Die Existenz des Gulachtens, das hier zum ersten Mal veröffent- lieht, und erläutert, wird, war bis auf die Jüngste Zeit den deutschen l.ecInshistorikern, wie es scheint., vollständig entgangen. Ich selbst verdanke ihre Kenntniss einer gelegentlichen Bemerkung voll Horawit.z. Nachdem Rivier durch seine Monographie über Claudius Cantiuncul;i ‚ die Aufmerksamkeit wieder auf diesen, auch für die Bechlsgeschichte der Reichslande so interessanten Rechtsgelehrten hingelenkt kitte, theilte Horawitz aus seinen reichen handschriftlichen Sammlungen noch eine Reihe weiterer Briefe 2 Cantiunculas mit. Gleichzeitig machte er auf einige noch ungedruckte Gutachten des- selben Metier Juristen aufmerksam, von denen eines schon durch seinen Gegenstand ein besonderes Interesse in Anspruch nehmen musste, das Gutachten über den Friedensbruch Franz von Sickingens wegen seiner Fehde gegen den Kurfürsten von Trier, voll schon Horawitz erklärte, (lass es wohl editt werden sollte. Seit Jahren mit Forschungen 0 her die Geschichte des röm. Bechts in den Reichslanden beschii fügt, nahm ich mir diese Mahnung zu Herzen, zumal ich nicht fand, dass ein Anderer Neigung zu der Puh- lication verspürte . Diese erschien aber um so dringlicher, als das Gutachten selbst dein Fleisse eines tjlmann entgangen war und dieser letzte Biograph des tapfern Ritters mir weder die den Sickingenschen Fehden zu Grunde liegenden Beclitsverhujltnisse befriedigend darzulegen,
1 Claude Chanson iiette, juriseonsulte Messin et ses iettres iü6dites l3ruxefles 1879. 2 Briefe des Claudius Cantitnicula und Ulrich Zasius voll Wien 1873. v. Stintzing macht in seiner Erörterung über Cantiuncula (Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft 1) 244 f.), in der er die voll über- sehene Anstellung desselben als Refemens ext,raord. am Kammergericht beibringt jenes Gutachten gar nicht ein mal namhaft, obschon er die Puhli- cation von Horawitz anführt -
Document II I I I l 1110011 IlllHhI nAnnnnrrfl4 A rr — vi —
noch der in ihnen zu Tage Iretenden Gesinnung uni Absicht volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen schien. Dass die Volksstinimc in Siekingen den Vollzieher der Gerechtigkeit sah, ist ja bekannt genug; dass aber ein Jurist von der Bildung und Stellung eitles Gantiuncula den Grund zu jener Fehde in der Indigiiation Siekingens über Wort- bruch und Justizverweigerung erblickte, «Dinge, die gerade Männer von hohem Sinn unerlräglicll finden »‚ das musste doch zu einer sorg- fähigeren Prüfung auffordern. Freilich dient dem 1-JisIoiker doppelt zur Entschuldigung, was selbst dem hier einsetzenden Juristen zu Gute kommen muss, dass es nämlich noch au einer Reihe der nü- titigsten Vorarbeiten fehlt haben wir (loch, 11111 1101 das wichtigste hervorzuheben, nicht einmal eine befriedigende Darstellung der Ge- schichte des Reichskamincrgcrichts, am wenigsten für die Zeit vor 1530, wö das Gericht end ich in der Reicltsstad t Speier seinen stän- digen Sitz fluid. Die Handschrift, welche unser Gut achten enthält,eliört zu dcii Schätzen der Wiener Hofhibliohliek und trägt die Nummer 8987. Das Gutachten selbst steht fol. 6 —48 a 1 Die freundliche Ih- inittlung der Kollegen Franz Hofmann und Horawitz verschaffte mir eine sorgfältige Abschrift der äusserst fehlerhaften Handschrift. Diese ist hicht das Original des Gutachtens, sondern selbst nur eine Abschrift nach dein schwer lesbaren Manuseript Gantiuncuhas, angefertigt Von einem Weihet, der gar ii icht wusste was er schrieb. Zwar hat eine zweite Hand manches corrigirt, aber gleich[hlls ohne altes Vei- ständniss, ja bisweilen scheint die richtige Lesart erst. durch sie verdorben zu sein. Unter dieser Ahschrift steht deutlich der Name des Verfassers : Ganl.inncuha 1uriscon. ‚ und zwar hat der Schreiber die Unterschrift, wie es scheint, einigermassen der des Originals nach- gebhdet. Die Herstellung des Wer mitgetheihten Textes war nicht leicht. eine Menge VO]) Worten mussten nach dein Zusamnienhange erralhei, weiden. Bei einer Reihe besonders fraglicher Stellen hat Professor HofialIlIn sich in stets gleicher Liebenswürdigkeit der Mühe unter- zogen, persönlich eine sorgfältige Naclive gleichung anzustet ieii, um mir so mehrere erwünschte Aufschlüsse zu geben. Insbesondere ver- danke ich ihm auch die obige nähere Charakterislik der Handschrift. liti Allgemeinen aber konnte diese Vergleichung nur die Genauigkeit der mir zu Gebote stehenden Copic bestätigen. Das Gutaöliten prüft Rechtsansprüche der Kinder Sickingens, und zwar vonzweierlei Art: einmal Forderungen gegen den Kaiser aus ‚ VgL das Gutachten p. 23. Den ganzen Inhalt der Handschrift s. Tabulac codicum scriptoruni hibi. PalaL Yindob. V, 317 sq. und dazu Ilorawitz a. a. 0. S. 7 f. - -VII -
Darlehen und ahideril Schuldveiliältnissen, und dann Eigenl hums- ansprüche auf mehrere väterliche Burgen, welche gewisse Fürsten in Besitz genommen hatten. Diese Ansprüche waren bedingt durch die Entscheidung der Vorfrage, ob die.11eiclisaelit, in die Sickingen gefallen war, recbtsgültig gewesen, und in wie fern dieselbe die natürlichen II echte der KindarKinder beseitige. Gani i uncula war nur zur , gui achtl ichei i Aeusserung über diese Rechtsfragen veranlasst die dem Streit zu Grunde liegenden Tlt;itsaehen waren im Allgemeinen notorisc.h DCI Verfasser, der das selbst hervorhebt 7, skizzi rt sie denn auch nur ganz suni mariseli . Für unser Verständniss des Gutachtens abet ist eine genauere Darlegung der Verhältnisse unerlässlich. Schon der Verfasser selbst gellt später, hei der recit tlicheu Beurtheilung der Sickingen vorgeworfenen Handlungen, auf die Verhältnisse näher ein. Ja die allerer ste Frage, die er autwiril, ist die, 01) Sickingen durch Ansagen der Fehde überhaupt ein Verbrechen begangen, ob ei nicht vielleiciLt gesetzliche und ehrenhafte Gründe für die Kriegserklärung gehabt habe als erkennbaren Grund scheine sich allein eine Justiz- Verweigerung von Seiten des Kurfürsten von Trier zu ergehen i. Eine andere Frage sei, 01) Sickingen die Absicht gehabt habe, den Kur- fürsten zu tödien, wofür nach dem Gutachten gar kein Beweis vor- 110 II, Besonders lebhaft liebt der Verfasser die bezüglich des Fehde- wesens in ganz Deutschland bestehende Praxis hervor . . Wir vollends, die nicht Zeitgenossen Sickingens sind, müssen die der Fehde zu Grunde liegenden und in dem Gutachten im Allge- meinen als bekannt vorausgesetzten Thatsachen erst sorgfältig fest- stellen, uni sie mit dem r{eehtsgelelirten würdigen und dessen Schlüsse controliren zu können.
Das gewalttliätige Treiben der Ritterschaft noch im Anfang des 16. Jahrhunderts ist oft genug geschildert worden, aller weit seltener Grunde wird der zu liegende he rech igte I Iiel) 1 lervo gehoben. Und doch befand sich der Adel in nahezu ebenso unleidlicher Lage wie die Bauern Am wenigsten Sympathie genoss die neue Art der Rechtspflege, ins- besondere (las Kanintergericht, obgleich (las Cotlegiurn der Assessoren
O p. 213 mihi de iure i]iterr ogato. Die Ausführung p. 6-26. 7 p. 5 oben. ßo facinore mox invulgäto ilaqus notorio, ul inficiari i,eiiio potest. - Die specieS facti 1).3-5 9 p. 6. 10 23, vgl. . 7, 8 sq., 16, ii r . 21, 22. - 12 p . 25 S(j. - vrrt -
zur Hälfte «auf (las Geringst aus der Ritterschaft geboren» sein sollte. Die Verbindung des gelehrt er) und des ritterliclren Eleme]rts führte, da man sich nicht verstand, nur zu gegenseitigen Ansclruldigringen. Noch in den vierzi ger Jahren hatten die adeligen, Beisitzer, auch die Kammerriehter selbst, viel von dn Doctoren zu leiden, zumal wenn sie unkundig wa ren- Unter diesen Umständen suchten die adeligen Beisitzer sich an den Sitzungen möglichst vor- heizumacheu. Die gelehrten Beisitzer aber wurden, wenn auch als geschickt., so doch nicht, selten, wie es in einem Visitationshci iclrle schonend heisst., «sonst, in ihrem Wesen etwas mangelhaft befunden». Noch schlimmer stand es mit deinHülfspersonal Bei der «Stumpf- heit der Richter», so sagt Melanchilion, «dringen in die Gerichtsstätten die fadesbm Rahu listen als Sachwalter ein, die aus einem Prozess den andern herleiten, ihre Klienten schinden,. . und die unwissenden Richter zum Spott machen ». Am schlimmsten stand es vielleicht mit den Notaren. Die Notariatsordnung Maximilians vom lairr 1512 sagt ganz ehrlich, dass « der offl nen Notarien oder deren, die sich iii solch Amt zu üben schlauen, im heil. Reich viet erfunden werden, die (wie wir aus kundhicher Erfahrung und merklicher Klag vernehmen) Stands, Wesens und Kunst hal ber gebrechlich, ihrer etliche in viel in Weg unnütz,.., etliche Falschheif ihren Notariat-Aemtern begangen, oder mit andern Misst.hater) hetleckt. Ode] öffentlich berücirtiget, ihrer etliche säumig und ihrer etliche u]]geül)et und unverständig sein, aus welcher ihrer Unwissenheit, Säumniss und Geihrtichkeit unzählbar viel Leni ohnzweii entlich verfül]rt, versüumt und beschwert werden,)) - Zu diesen Mängeln kam die Unse]bshndigkeit des Gericinis hinzu. Ganz abgesehen davon, dass der Kaiser sich seines direcien Einflusses auf das Gericht nicht begab, es vielmehr wenn es ihm behiet,te, an seinen Hof berief, - auch der Ei irtluss, der voll Fürsten auf das Geikirt ausgeübt ward, hob seine Unabhängigkeit auf. Nicht mit Unrcht behauptete die Iteichsritlerschaft, dass, wenn ein Fürst sehe, er werde unterliegen, er den Prozess zu verinindern wisse. Am traurigsten war es mit der Execution der Ui tlieile bestellt. Ging das Reichsgericht überhaupt, einmal gegen einen Fürsten vor, so war an eine Ausführun g des glücklich er strittenen Ur theils nichtS zu denken. Nur dem Edel]liann war in der Landfriedensordnung das Schwert genommen, keineswegs dem Fürsten. So galt die Justiz nur als ein Palladium für die Schwachen, als ein Palladium, das einestheils fast verächtlich, anderseits dazu noch unwirksam erschien. Alte Be- schwerung hil Reich ward auf die Gebrechlichkeit des Rechts- und Landfriedens zurückgeführt. Die papierneri Ordnungen des Reichs konnten für einen selbstl]ewussten Ritter, der seine Kraft und die der Reichsorgane kannte, keine massgehe]lde sein. - ix -
«In Schwaben conso]idirl.en sich die Veihindungen der Reichs- ritlerschaft unter dem Schirme des Bundes; auch in Franken hatte man ähnliche Bestrebungen; zuweilen versammelten sich die sechs Orte der schwäbischen Ritterschaft, z. B. 1511 und 1515; hauptsächlich un ihre Streitsachen den fürstlichen Horgerichten zu en.röcken. Am RheinRhein blieb Alles tumultuarisch 13.» Auf der Reichsversammlung zu Mainz im Jahr 1517, auf •der besonders lebhaft geklagt ward ühei die Unzulänglichkeit der Einrichtungen, welche Frieden und Rechi, verbürgen sollten, ward auch eine Reform des Ritterstandes ins Auge gefasst ; ja der Kaiser wollte den Rittern ein neues Recht setzen, dieweil sie sich des langen Verzugs im Recht. gegen Kurfürsten und andere Fürsten beklagten. Aber das neue Ritterrecht, das ihnen vorgelegt ward, betraf nur die Jleclilsliändel unter ihnen selbst, während doch, wie sie unter sich selbst «mit endlichen Austiägen und Rechten genugsam versehen» waren, es hierfür einer besondern Rechtsordnung nicht bedurfte. Nur gegen Uehergriffc Mächtigerer verlangte die Ritterschaft Hfulfe von der lleichsgesetz- gebung 12 aher umsonst. Die Fürsten hatten sich in der Kammer- gerichtsoiihiuug von 1495 das Prinzip gesichert, dass sie zuerst vo r i 1 ren eigen e Rät Ii e n verklagt werden mussten; die an sich dann mögliche Appellalion an das Kammergericht war illusorisch, weil von den im Fürslenlhuni ansässigen Notaren und Sachwaltern keiner gegen den Fürsten aufzutreten wagte. Maximilian selbst gestand otien, der Arme von Adel vermöge entweder gar kein Recht zu er- langen, oder es sei «scharf und spitzig», dass es i hrn nichts fructite I Mit dein Tode Mainiilians War alle Hoffnung auf eine gemeldete Behandlung der Ritter geschwunden. Die dem neuen König Kai-] auf- erlegte Wahlverschreihung sicherte die Privilegien der Kurfürsten und daneben auch die anderer fürstlicher Reichsstände. Auf dem ersten Reichstag des jungen Kaisers begegnen wir nochmals dem Versuch, die auseinandergehenden Anschauungen über die Rechtspflege zwischen fürstlichen und nichtfürsllichen Personen zu vereinigen. Grafen und etliche vorn Adel reichten eine Supplication ein, die Bestimmung von 1495 durch eine weniger beschwerliche zu ersetzen. Man gedachte an die Stelle des Verfahrens vor den fürstlichen Riithen ein Austragsver!ahren zu setzen, zu welchem die Beisitzer von den Parteien gestellt werden sollten. Ein Ausschuss sollte diese Frage berathen; aber die Sache
13 flanke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation 10, 136. 14 lilinann, Franz von Sickingen. Leipzig 1872, S. 236 ff. Seine Auffas- siiikg, als eh der Bitter - eine Sache vertbeidigt hätte, welche das Licht scheute (5. 2391, ist mir uuversl iiiidlicli. Die Behauptung einer gewissen corporativen Autonomie war doch wohl berechtigt. 15 flanke 1, t34. - x
k;riu nicht aus der Siehe, im Gegenitreil verständigte man SiGI) iJtiIiiCi, weniger Ir . - Kein Zweifel, (lass hier das eindringende rühi. Recht die Gegen- sätze vollends unversöhnhar machte. Die Entstehung des Begriffs des « gemeinen Rechts » schuf ein neues, alle Glieder des Reichs zusammenfassendes rechtliches Band. Den Privilegien ward damit der Krieg erklärt aber nur die Privilegien der minder Starken wurden bewältigt, nicht die der Fürsten. in allen zweifelhaften und als zweifelhaft angesehenen Fidlen trat das gemeine Recht UI die Stelle des Standesrechts. Audi dein Adel ward das gemeine Recht aufge- nöthigt. Es war nicht nur die Lust. des Nivellirens, welche die Itomanisten hier vorgeherX hiess,: auch Missgunst gegen dcii bevor- rechteten Stand kam hinzu. Machte dieser für sein altes ] echt das Herkommen geltend, so spottete der Romanist über (las so «pre- scrihiert Recht.» Den Rittern erschien der Weg des Austrags als der einzig ricltl ige. Diesem austräglichen Recht, das er aus eigener Praxis wohl kannte, war auch Sich i ngen aufs entschiedenste zugetitan \Vo dies Mittel, einen Streit zu schlichten, versagte, da fehlte esuieist an einer Hülfe, (Ja giitT er zu den Waffen, mehr für Andere als für sich selbst. Siekingen hat nicht nur in der Geschichte der Reformation, sondern auch in der der deutschen Rechtspflege eine Stelle zu bean- spruchen, allerdings in anderer Weise, wie sein Standes- und Zeit- genosse Schwarzenherg. Beide, der rheinische und der fränkische Ritter, waren mit den Besten ihrer Zeitgenossen einig in der lieber- Zeugung voll Nolhwendigkeit einer Justizrüforjn ; beide waren auch tliätig bei der Anhahnuug dieser Reform, unser Sickingen durch seine praktische Kritik der Urtheilssprüche der deutschen Gerichte, welche seinem Schutz empfohlene Personen gegen die «Gerechtigkeit» verletzten. Auch Sickingens Biograph fhsst ‚ wie das nicht anders sein kann, die Tendenz der voll Ritter unternommenen :treliden in s Auge; Er flndet, sie in (,[ein die Mittel zu gewinnen, um eine seinem Ehrgeiz zusagende Rolle spielen zu können, nicht, wenigstens in erster Linie mlii, in der gerechten Theilnahnie für die Vergewaltigten ja, er statuirt iii dieser Hinsicht einen geraden Gegensatz zu Ulrich voll Bullen wenn es nach Hatten gegangen whre hätte sein mächtiger Freund wohl noch öfter, gleichsam iii! Dienst einer höliern Gerechtigkeit, mit dem Schwert dreinschlagen müssen. Aber diese Aumissung entspiichi. nicht ganz den Zeugnissen der Geschichte und wird Sickingens Charakter nicht gerecht.
‚° Ulmaiin S. 240 t xi -
Wenn 1-lullen mit tierRechts vi .s sen s c haft seiner Zeit auf subleclilem Fusse shrid, dagegen Sickingeif sich hier, soviel wir wissen, jedes ijrtheils enthielt., so war (las nur sachgemäss, da er ins Gegensatz zu , einem Freunde kein Gelehrter war. Um so entschie- dener stand er dafür im Kampf gegen die damalige Reclsis p fI eg e und die dem Volksgeist entfremdeten Richter; nicht als ob er etwa gegen die Wohithaten einer geordneten llechtspilege ungerecht gewesen wäre ‚ wie TJlinann seltsamer Weise von Hullen sagt ‚ sondern weil die sog. geordnete Rechtspflege selbst die organisirte Unordnung und Willkflr wai Anderseits aber vor Sickingen -nicht der phanlastr- sehe Don Quixote, der bIos ans Begeisterung für sein ideal der Gerechtigkeit drein geschlagen hätte ; vielmehr trat es immer nur für Männer auf, die sonst kein Recht zu finden vermochten und durch ihn zu Recht zu kommen hofften. Was Sich i ngen xii Fehden veranlasste, war in der [hat in erster Linie « gerechte Theilnaisine für die Vergewaltigten>. TJlmann selbst (ionstZitirt gelegentlich, (lass es Ic ei ne vereinzelte Thatsache in dem Leben Sickingens war, wenn er unschuldig Verfolgten seine uneigen- nätzige Tlteilnahine zuwandte (5. 121). Doch auch dieser Gesichtspunkt der blossen Theilnalime ist nicht der richtige vielmehr haben wie- es hier mit der Uehüng einer wirklichen Pflicht zu thun, die der Ritter sich auferlegt sah und der sich zu entziehen er für ehrlos erachtete. Die älteste Fehde, von der wir erfahren, ist im Interesse eines seiner Diener unternommen, der eine Forderung von 33 Gulden gegen den Grafen Reinhard von Zweibrücken hatte, aber nicht zu seinem Rechte kam 17 Die Metzer Fehde erfolgte zur Züchtigung der Stadt, weil sie einen Meuchelmord an seinem Velter Philipp Schluchterer angestiftet hajt8. Die Fehde gegen die Doini nikaner, welche zu Reuehlins Niichtheil, erlangleni Recht zum Trotz, den Prozess in die Länge zogen, erfolgte, weil Reuclilin seinen Eltern oftmals gefällige Dienste - ei-zeigt und ihn selbst in seiner Jugend zu sittlicher Tugend unterwiesen lsatt.e 19 . - Die Fehde gegen die Stadt. Frankfurt unternahm er mit Rücksicht auf seinen daselbst wohnenden Tochleijuann, vor dessen Haus man einen Saustall errichtet hatte 2O in der Fehde gegen \Vorms endlich war es Sickingens direkte
Ulinann S. 20. - 18 Ulinaitn S. 94 f. 19 Ulinann S. 9 und 160. 20 IJI,naiiis 8. 125. Worin die .Komik> liegt., dass ciii Artikel des Friedensvertrags die sofortige Niederreissung . des Stalles vorschrieb, ist mir nicht fasslich. Wie U Ima.nn sonst selbst hervorhebt, ist hier nicht der Masstab der Poesie, sondern der der praktischen Interessen zu Grunde zu legen. Vgl. für diesen Fall den Code civil Art. 674. - XII -
Vasallenpllie.h t, welche ihn für den Bischof und seine Beamten ein- treten liess, wie wir des Nähern darlegen werden. Schon diese Beispiele genügen, umaiicji hei der Beurtheiliung der Fehde gegen Trier vorsichti ger zu machen. Riet handelte es sich um die Züchligung eines Fürsten, der zu nächst hei der Kaiserwahl eine vom deutschen Standpunkte aus höchst verächtliche Rolle gespielt hatte, der ferner Luther verfolgte, den endlich Sickingen deriustizverweigerung be- schuldigte. Wegen selbst erliiluencr Kränkungen hat Sickingön am \ e nigsten Fehde geführt; ein Fall wie bei seinem Vater. der die Stadt Köln in Brand zu stecken beabsichtigte, weil ihm der Dolch, den er statuten- widrig mi Gürtel getragen, confisöirt worden, ist bei Franz unerhört Kein Wundei, dass hei dein ]‚ald begründetem Ruf und den glücklichen Erfolgen des tapfern .Ritters sich auch Fremde um seinen Beistand bewarben. Als z B. der Ei! urter Elans von Gotha angeblich ohne geiichtliches Verfahren aus der Stadt und einem Umkreis von drei Meilen verbannt worden war und auf seine Klage auch hei den sächsischen Herzögen keine Hilfe fand, da wandte er sich demüthig an SickJngen, der denn auch für ihn eintrat. Ein Anderer, der mit den Städten Danzig und Elhing in Prozess stand, richtete gleichfalls all ein dringendes Hilfsgesuch. Selbst ein Graf von ),ei- Hingen, der sich für vergewaltigt hielt., wandte sich an unsern Ritter. Dass Sicicingen, je mehr sein Fürwoit an Bedeutung gewann, s Um So weniger äng tlich hei den ihn umdrängenden Klienten die Güte ihrer Forderungen geprüft habe, wie (1 mann sagt, finde ich nicht. In manchen Fallen, wo Sickingen ifir Andere auftrat, liess er sich wohl die Ansprüche (leiselhen cedieren; Gewiss war diese Abtretung der I{echlobjeeie in der flegel nur eine scheinbare; aber daraus folgt nichts gegen die ritterliche Art der Schulzgewälnung die Cessionwardie rechtlich erforderliche oder doch die zweck- In k s s i gsi.e Art, um eine Vertretnngshefugniss xii e:ilangen. Die- selhe Bedeutung hat ohne Zweifel, wenn Sickingen den zit Sehü tzen den in seine Dienste nahm und dann für den Diener auftrat.. So hielt er es Z. 13. in • der \ ormser Fehde. Wald nun seinem Anspruehe nicht genügt, so ward der Rnl.li der Stadt, welcher der Schuldner angehörte, zur Erzwingung der schuldigen Leistung angehalten. So geschah es z.13., als ein Deposilar Sickingens aus Kreuznach einige hinterlegte Sachen heimlich all Frankfurter luden versetzt, hatte. Hier verlangte Sickingen vom Rath, (lass derselbe die Herausgabe der Güter an ihn vermitt.leZi. Eben so verfuhr er in der Trierer Fehde und sonst. Wenn auch die Stadt 21 Von -erbeuteten, Kaufmannsgütern darf man eigentlich nicht reden es handelt sieh vielmehr um eine Art Pfändung ans einer vermeintlichen solidarischen Haft. )iii - keine Hilfe schaffte, so wandte Sickingen sich an die Landesfürsten, so z. B. in der Sache des Erfurtr Bürgers; eben so in dci Ti ierer Fehde, die sieh schliesslich gegen den Kurfürsten wandte. Die Fehde war für Sickingen nur das äusserste Mittel, falls gütliche Vorsiellungen und Vergleic]isanerhietungen versagten. Auch das bestätigen eine Reihe von Fällen. Einer mag hier genügen. Als der Erfurter Bürger in Siekingens Klientel aufgenommen war, ersuchte der Ritter den Fürsten, jenem zu Verhör und zu Billigkeit zu verhelfen, und die Verhandlung kam in der That in Gang. Noch mehrmals freilich sah S)ckingen sich veranlassl, sein Fürwort ein- zulegen. Der Schulz, den er Schwächern der Justiz gegenüber zu Theil werden liess, war nicht allein der der aggressiven Fehde, sondern auch der der blossen Defensive. So nahm er nach den Unruhen in Worms eine Reihe von Flü(,htigen, die zu dem Bischof, seinem Lehnsherrn, in naher Beziehung standen, auf seiner festen Fbernburg auf; so bot er Luther im Laufe des •Winters 1520 wiederholt eine Zuflucht auf derselben Burg an, und erklärte dem kaiserlichen Beichtvalr, wo Luther gute Sachen spräche, wolle er ihn vertheidigen gegen alle Welt, und Rock, Kinder und Leben daran setzen; so nahm er den Caspar Aquila, den sein Eifer für Luther in s Gefängniss gebracht hatte, nach seiner Flucht aus der bischöflichen Haft mit. Weil) und Kind hei sich auf. Seine ganze Vergangenheit wies Sickingen auf ruhige und sach- gemässe Behandlung der RechIslindel. War er doch selbst Amt- mann ; für seine streitschlichtende amtliche Thähigkeit in Kreuznach halten wir noch die ]3e!ege in mehreren, durch ihn mit einem Kollegen, Mejnl.iart von Koppenstei 3 ‚ vorgenommenen Tlmeid ringen aus den Jahren 1505 - l 510 22, die in grellem Conirast stehen zu der straf- rechtlichen Tliätigkei t, die Bullen einige Jahre später im Dienste des Erzbischofs von Mainz in Erfurt und Halle übte 23 Auch ausseramtlich erscheint Sickingen als Theidungsma]tu so gab z. B. Johann Herr von fleifferscheid an Wilhelm Graf von Renne- berg und unserm Sic k i ngen die Voll macht, den Zwist zwischen ih in und dem Erzbischof von Trier gütlich beizulegen 24, Noch in einer 1521 Dienstag nach dem heil-drei-König Tag von Melchior von Rüdesheim ausgestellten Urkunde ist von der erfolgreichen gütlichen Unter- handlung des ehrenfesten, sondern, liehen Hnuptrnannes und Freundes Franz von Sickingen die Rede 25
22 Mönch. Franz von Sickingen, II, S. 10 ff, 23 Strauss, Ulrich voll Ihitten S. 73 f. 23 Mönch a. a, 0. 111. S. 4. 23 Mönch Iii, 17. XIV -
• Auch wo er selbst Partei war, sehen wir Sickingen Theidunei vornehmen, So haben wir z. 13. noch einen Vertrag zwischen Herrn Hans HofTwarL von Kirchheini, Bitter, und Franziskus von Sickingen, des Schlosses Hohenhurg halber, durch Herrn Steffan von Venningen, Ritter, und andere hetheidi ngt d. d. Jacohi 1522. Fassen wir das Resultat zusammen, so finden wir, dass Sickingen die Fehde nicht Bedfirfniss ist; dass, wo er sich zur Fehde ent- schliesst, sie in erkennbarer Weise nicht wegen eines «Triebes nach Machlerweiterung», sondern vielmehr in dem Gefühl unternommen wird, dass eine Itil.terpfliclrt zu erfüllen sei. In erkennbarer Weise sind es zunächst nicht eigennützige Interessen, welche er verficht, vielmehr ist es ein Dienst., den er Genossen, den er dem Schutzliern, den er Dienern und Klienten erweist. Dass er diesen Dienst nicht mit materieller Einbusse verrichtete, sondern sich, den Anwalt der Partei, schliesslich gleii:hfalls schadlos hielt, ist richtig, aber durchaus menschlich und natürlich. Prüfen wir diese Charakteristik an der ersten grösseren Fehde, die auch für die Beurtireilung der Trierer von Interesse ist. 1. Die Worniser Fehde.
In Worms, der it Mutter. der Reichslage» und dem wenigstens zeitweiligen Sitz des Kammergerichts, traten all die Gegensätze, welche das Reich zerklüfteten, in engem Baum um so heftiger auf. Nachdem die Stadt seit dem 14. Jahrhundert ihre Selbständigkeit nicht hatte behaupten können, war sie fast ganz dein preis- gegeben, der selbst nicht viel mclii war als ein Vasall des Pfalz- grafen. Seit 1483 hatte die Stadt sich denn auch in den Schutz des Pftilzgrafen begehen. Zwar erklärte Friedrich 111. sie im Jahre i/iSS für eine Reichsstadt und cassirte alle Verträge, welche sie dem Reich zuwider mit, dem Bischof abgeschlossen hatte. Wirklich nahm die Stadt die Besetzung der Aemter mehrmals allein vor, so dass der Klerus mit, Protest auszog. Aber schon 1501 kam der Bischof mit dem Pfalzgrafen wieder in die Stadt und vollzog die Besetzung nach allein Im folgenden Jahr brach der Streit von Neuem aus. Als dann nach dem Tode des Bischofs, 1503, Reichard von Bippui , der zur Partei des Pfalzgrafen gehörte, gewählt worden, fiel derselbe in dem pfalzhaiertschen Krieg gleichfalls in die kaiserliche Acht, und die Stadt erhielt alle Hoheitsrechte, welche der Bischof bisher besessen hatte. Demnach wurde die Verfassung der Stadt mannigfach geändert und (las Stadtgericht mit einem gelehrten Juristen, Dr. .l3althasar MeTel, besetzt.; dieser ward auf Lebens- zeit als Schultheiss angestellt. Vergehens suchte der Bischof wieder in den Besitz-der alten Rechte zu gelangen Erst 4509 kam ein Com- promiss zu Stande, zufolgedessen man auf die Rnchtimg von 1386 zurückging. — XVL —
Der Bischof selbst war mit dem Abkommen nicht zufrieden, ja nahm eine schon von seinem Vorgänger erhobene Besitzstörungsklage auf; a her der Kaiser inh hirte das Verfahren. Das dann ad perpe- main rei memorin in heim Kammergericht erwirkte Zeugenverhör ward durch die Stadt verhindert So wandte der Bischof sieh endlich im Jahre 1510 an die Reiclisskinde, ihm zu seinen, Rechte zu verhelfen. «Ich werde »‚ schloss er seine Darstellung der Vorgänge von 1494- 1510, «ich weide in alle Wege unhitlig wider Recht von offen- harlicher Gerechtigkeit verdrungen, umgetrieben, zu unleidigen Kosten und Verderben bracht., und mag kein gebührlich Gerechtigkeit erlangen, das doch billig alle fürstliche Herzen erbarmen und zu Mitleiden bewegen sollte. » Wirklich bewogen die Fürsten den Kaiser zu einem Mandat an das Kammergericht (29. April 1510),dem Bischof wegen eini gei Punkte gegendie «Widerpartei » unverzüglich Recht ergehen zu lassen. Allein vier Tage darauf (3. Mai) erliess der Kaiser ein anderes Mandat, worin er den kais. ICammerprocurator für die Widerpartei erklärte und jedes Vorgehen gegen die Stadt nnters.agte. « Wir hauen »‚ so heisst es in diesem Mandat, (rin Kraft unser und des Reichs Acht und Oheraht, darin derselbe Bischof in dem vergan- genen baierischen Krieg um sein Ungehorsam und Verachtung gefallen ist, dieselben Wag, Zoll und ander Gerechtigkeit als contis- cirt (]ein ... Bürgernieisl.er und Rath der Stadt. Worms gnädiglich zugestellt, ihnen auch ernstlich geboten, sich derliall, in keine Antwort noch Rechtfertigung zu begehen. Demnach empfehlen wir Euch ernstlich und wollen, dass Ihr auf des Bischofs zu Worms Klag in Rechten wider die genannten Bürgermeister und Rath zu Worms nicht proced.irt, urtheilt noch handelt und ibm allein uni die berührten sein Spruch und Forderung gegen unsern Fiskal als die Wideiparlei Recht ergeben lasst, wie sich gebührt.» Es sollte also nur untersucht werden, 01) der Kaiser das flecht gehabt habe, während deX Acht dein jene Einkünfte zu nehmen. Auf dem Reichstag zu Köln (1512) kam die Sache wieder zur Sprache; dem Kammergericht ward abermals aufgegeben, dem Bischof « förderticl ist und unverzügliclist zu Recht zu. verhelfen und sich durch kein Mandat, Befehl oder sonst, ichts irren zu lassen. » Es blieb indess hei dem blossen Befehl, und das Kammergemicht, überzeugt, dass dem Kaiser nicht mit einer schnellen Justiz gedient sei, hidss de Sache liegen . Sickingens Stellung zu diesem Streit zwischen Stadt und Bischof war durch die Geschichte seines Geschlechts und seine eigene
1 Arnold, Verfassungsgeschichte der dentsohen l ieistiitte Il, S. 4A5 ff. - XVIL -
Vergangenheit bestimmt. Die Burg Sicicingerr war kurpfälzisches Lehen. Wie der Vater unseres Franz, Schwicker, pfhlzischer Amt- mann ih Ebernbirrg und Kreuznach gewesen, 50 war auch Franz A ml.man n in 1< r euzn ach und ]Jeciceln. Bald trat sein 51 tester, nach dem Grossvater benannter Sohn gleichfalls in pfälzische Dienste. Auch zu dem bischöflichen Stift in Worms bestanden directe Beziehungen. War doch ein Beinhard von Sickingen 4445-1482 selbst Bischof von Worms gewesen 2• Und als im Jahre 1482--1483 die Stadt Worms mit dein Nachfolger dieses Bischofs, Johann 111., dem früheren kurpfälzischen Kanzler, über die Form der Huldigung im Streile lag , wählte der Bischof neben einem Geistlichen Herrn Eitel von Sickingen als Schiedsrichter, während die Stadt den Alt- ammeister Peter Schott von Strassburg und den Altbürgermeister Arnold Holzhausen von Fnwkfurt erkor 3. Unser Bitter aber war ein ].elrnsnann des Bischofs Reinhard, der so bitterlich über Ver- gewaltigung klagte. Da der Bischof selbst aus der Stadt ausgeschlossen war, so fun- girte der Offizial als sein Vertreter . Dieser aber hatte mit der Stadt über die Rechtspflege die heftigsten Kämpfe auszutechlen. Was besonders streitig war, können wir entnehmen aus der spätem Pfalzgrafenrachtirng von 1519, welche in 67 Artikeln die Raths- und Gerichtsverfassung neu bestimmte. Hiernach geli6rten alle geistlichen Sachen, wie Lehnt- und Eliestreifigkeiten, vor die geistlichen Gerichte. Güter der Bürge , auf denen geistlicher Zins ruhte, hatten ihr Forum vor dein tlichen Gericht. Unter einander durften die Geistlichen liegende Güter vor, geistlichem oder vor weLtlichem Gericht verkaufen und auflassen. Der Geistlichen ungeweihtes Gesinde war in persönlichen Ci vil klagen der geistlichen, in allen dinglichen und peinlichen Klagen der weltlichen Gerichtsbarkeit unterworfen. Die Juden endlich hatten in peinlichen Sachen ihren Gerichtsstand vor dem Rath, in hü gerlichen vor dem Stadlgericht, aus Zinswucher vor dein Gericht,. Mit Ausnahme von Injurien- und Erhzinssachen durfte in bür- gerlichen Streitigkeiten nur appellirt werden, wenn das Streitohject den Wer th von 50 Gulden erreichte. A ppellationssachen mussten, wenn der Appellant nichi die Verweisung an das Kammergericht forderte, vor das bischöfliche Gericht gebracht verden5. Auch das ICainmergericht griff in die Geschicke der Stadt wesentlich mit ein.
2 Arnold a: a. 0. S. 450. 3 Arnold 5. 460 f. 4 Vgl. Arnold S. 458. 5 Arnold S. 495 if. - XVIII -
Auf dem Reichstag zu Costnilz 1507 . einigle man sich, das ganz in der Luft schwebende K.aminergericht nach den Wormser Re- schlissen auf sechs Jahre herzustellen und seine Besetzung fester zu regeln. Zu J. egenshurg ward dann auf Grundlage der kanonisch- römischen Doctrin eine neue Kammergericht.sordnung aufgerichtet. Der Reichsabschied zu Costnitz hatte in §. 24 bestimmt, dass das Kammergericht. das erste Jahr zu Begensbnig gehalten, das folgende Jahr aber ohne alte Verzögerung und Säumniss gegen Worms vor- rücken und allda die bestimmte Übrige Zeit aushalten solle, « sofern der Bischof, Pfafllieit und die Stadt daselbst mit einander vertragen und vereinigt werden». Aber die Vereinigung kam noch immer nicht zu Stande. Der J1eichsabschied zu Köln, gegeben am 8. October 1512, bestimmte in 21, dassdür Inung und Spän halber, die zwischen dein Bischof von \Voims und der Stadt bestehen, « wir jetzt etliche ICote missa]ien ‚ so unparteiisch seind ‚ verordnen, hiezwischen und des nächsten iinsers Reichstags gütlich zu handeln, oh sie die Par- leien vertragen möchten » Als dann 1513 der Beichslag und zugleich das Kammergericht zu Worms gehalten werden sollte, brach zu Anfang des Jahres in der Stadt ein wilder Aufstand aus, der ohne Zweifel vorbereitet war und voii hischölliclien Rechlsgelehrten geleitet ward. Dass der Bischof selbst dahinter steckte, kann uni so weniger einem Zweiltl unterliegen, als ei aus seinem Vorhaben schon in dein Schreiben Voll 1510 kein Hehl gemacht hatte. «Wo abermals», so heisst es zum Schluss, «diese E. G. gnädig Fürbitt und Forderung hei kais. Majestät nit Statt und Vertrag erlangen, so geh ich E. G. in der Wahrheit zu erkennen, 1ass nur und meinem Stift solches länger zu erleiden nit möglich, sondern Pflicht undd No Ui d u rft. mich zwingen werden, Recht nnd Gerechtigkeit an da Orten und Enden zu suchen, ich traue und hoffe, dieselbe zu bekommen.» Eine ganz geringfügige Veranlassung zu einer Missl.immung hil- dde den Ausgang der systelnalisch betriebenen Agitation, bei der 1-laib- gelelute, insbesondere ein Fürsprech dann aber audi Advokaten und Räthe, desgleichen ein Notar des bischöflichen Hofs als die leitenden Personen hervortraten. Es waren namentlich Dr. Ludwig Sachs Johann Diefenbach, Licentiat. beider Jiechle und Magister l3althasar Sclulör, der Notari Ohne Zweifel durch diese Männer bestimmt, ver- langte das Volk, dass man ler St adtA. dvokaten, Doctoren, Gerichts- schreiber und andere Gelehrte urlauben, dass ferner keine gelehrte Ratlisperson mehr im Bat Ii Seil) oder vor Rath oder Gericht im RedIll, etwas reden solle. Abgesehen war es yohl vor allein auf den rechts- gelehrten Schultheiss und den Shdtschreiher Glantz. XIX -
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