Haben Franz Von Sickingen Und Ulrich Von Hutten Luther Vor Der
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Nummer 2/2017 BadKreuznacher Beilage Bad Kreuznach Heimatblätter Haben Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten Luther vor der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen bewahrt? Die Ebernburg als Strategiezentrum während Luthers schwerster Tage VON DR. FRIEDRICH ULBRICHT, KOBLENZ Einleitung ren, zum Ketzer verurteilt und verbrannt. Was sich Rom folglich vorgenommen hatte, „Sobald das Geld im Kasten klingt, die versuchte es durchzusetzen. So reichte ihm Seele in den Himmel springt“, verkündete die Erhebung zur Staatskirche nicht; es der päpstliche Ablasshändler Johann Tet- wollte auch die weltliche Macht. Auf lega- zel. Für den Kauf dieser „Versicherungspo- lem Wege nicht erreichbar, wurde das not- lice“ das Volk leiden sehend, verkündete wendige Edikt (Konstantinische Schen- am 31. Oktober 1517 der Mönch Martin Lu- kung) gefälscht. Seit dem Pioniergedanken ther 95 Thesen. Kern ihres Inhaltes: der Papst Innozenz III. von 1215 war gar Frei- Papst könne nicht durch Zahlung von Geld kauf von Verfehlungen bei Zahlung eines die Seele retten. Damit hatte Luther gegen Geldbetrages (Ablassgeld) möglich. das kirchliche Lehramt verstoßen. Anders als bei Hus, zeigte Leo X. drei Jahre Ge- duld. Zeit für Luther, zu widerrufen. Statt- Der Mönch Martin Luther dessen veröffentlichte er immer neue Denk- schriften. Schließlich riss Leo X. der Ge- Luther, am 10. November 1483 in Eisle- duldsfaden: er verhängte den Kirchenbann. ben geboren, im katholischen Glauben er- Um Luther nach Rom zu verschleppen, zogen, sollte Rechtsgelehrter werden. Nach musste vom Kaiser auch die Reichsacht ver- Beendigung seines Studiums an der Uni- kündet werden. Das sollte 1521 auf dem versität Erfurt wurde er kurz vor dem Ort Wormser Reichstag geschehen. Es sei denn, Stotternheim fast von einem Blitz getroffen Luther „käme endlich zur Vernunft“. Doch und schwor daraufhin, Mönch zu werden. Luther blieb wieder standhaft. Verunsi- Franz von Sickingen. Foto: Heimatwissenschaftliche Zent- Im Augustiner Kloster Erfurt hungerte, chert, weil einen Aufstand befürchtend, ent- ralbibliothek, Bad Kreuznach (HWZB) wachte und fror er mehr als seine Mitbrü- schloss sich der Kaiser gegen den Willen der, damit alles Menschliche in ihm abge- Roms die Acht erst auszusprechen, wenn tötet würde. 1510 reiste er nach Rom, glaub- Luther auf seine Weisung hin wieder abge- te dort die ständigen inneren Anfechtungen reist sei. So kam die Verkündung zu spät: riell irdischer Art, sondern eine spirituell endlich überwinden zu können; war aber Luther, bald in Sicherheit, war für Rom jenseitige. bald tief enttäuscht, als er die Ausschwei- nicht mehr greifbar. Für den Christenmenschen galt somit, fungen der Geistlichkeit sah. Versetzt ins Was im Einzelnen geschah und was für ei- sich für die Erlösung im Jenseits vorzube- Kloster Wittenberg, bewegt von Seelennö- ne besondere Rolle zwei Reichsritter spiel- reiten. Diese Vorbereitung gewährte die ten und Glaubensfragen, promovierte er ten, als Luthers Leben nur noch an einem durch den Zusammenschluss der Gemein- zum Doktor der Theologie und erhielt an seidenen Faden hing, soll nachfolgend – oft den entstandene Kirche. Mit der Zunahme der Universität Wittenberg eine Professur. verdichtet – aufgezeigt werden. der Christen bildeten sich feste Strukturen; Die ganze Bibel auswendig kennend, er- Zwei Fragen sind vorab zu klären: warum die kirchliche Hierarchie entstand. Nach- kannte er: Das ewige Heil ist nicht durch gu- reagierte die römische Kirche so unnach- dem das Christentum unter Kaiser Kons- te irdische Taten zu erwerben, es ist viel- giebig und was bewegte Luther, nicht von tantin (306–337) eine bestimmende Macht mehr eine Gnade Gottes. Als die Öffent- seiner Sache abzugehen? wurde, betrachteten sich die Bischöfe von lichkeit durch Ablassprediger erregt wurde, Rom als Nachfolger Petri. Dies führte zum rief er mit seinen 95 Thesen zu einem bren- Papsttum. Um ihren Anspruch – alleinige nenden Protest auf. Die römisch-katholische Kirche Heilsverkünder zu sein – zu festigen, wur- den immer mehr Regeln – Riten, Gebote, Gründe für die nach Jesu Tod sich bil- Verbote – eingeführt. Mit diesem so ent- Luthers Leben gerät in Gefahr denden christlichen Gemeinden waren standenen Lehramt beanspruchte Rom das Endzeitstimmung und Messiaserwartung. Recht, über Wahrheit und Irrtum in Glau- Einer der Ablasshändler war der Domi- Als Christus nicht wieder kam und damit bensfragen verbindlich zu entscheiden. Wer nikaner Johann Tetzel. Zum Apostolischen die Erlösung ausblieb, wurde der Tod Chris- dagegen verstieß, wurde bestraft, in schlim- Kommissar für das Ablasswesen ernannt, ti umgedeutet: die Erlösung sei nicht mate- men Fällen, wie bei Hus und vielen ande- erwarb er sich mit seiner mächtigen Stimme 2 (Seite 6 des Jahrgangs) Bad Kreuznacher Heimatblätter - 2/2017 große Verdienste. Mit der Würde seines waren Gerechtigkeit und Freiheit für sein Amtes, auftretend, verkündete er, jeder der erniedrigtes, vom Verfall bedrohtes, deut- bereit sei, zu zahlen, erhalte einen „Versi- sches Vaterland. In einer Schlacht gegen Ul- cherungsschein“ für das Jenseits. Auch für rich von Württemberg lernte er Franz von Si- Verstorbene war der Erwerb eines Ablass- ckingen kennen. Der Kampf gegen Rom briefes möglich; sie konnten dann schnur- hinderte ihn nicht, eine Stellung beim mäch- stracks vom Fegefeuer in den Himmel fah- tigen Mainzer Kardinal Albrecht anzutre- ren. Das „Gute“ an diesem Ablassgeld: es ten. Das Rütteln Luthers an den Grundfes- wanderte nicht nur in die Kassen Roms, ten Roms deckte sich mit seinen Zielen: er auch Bischöfe und das bei Wahlen die Be- wandte sich Luther zu. Schon länger kri- stechungsgelder finanzierende Bankhaus tisch beobachtet, erfuhr er, sein Drucker sei der Fugger profitierten von dem Segen. Mit- auf Verlangen Roms in Gewahrsam ge- ten in den Geldsegen schlug Luther seine nommen worden und von zwei Briefen Leos Thesen an. Begünstigt durch Gutenbergs X.: Sein Dienstherr sei aufgefordert, ihn Erfindung des Buchdrucks, waren sie in kur- nach Rom schaffen zu lassen. Nur die Flucht zer Zeit im deutschsprachigen Raum be- auf die Ebernburg Anfang September 1521 kannt. Luther hatte mit einfachen Worten, rettete ihn vor dem Scheiterhaufen. so, dass es jeder verstand, einen Paradig- Der Reichsritter Franz von Sickingen, am menwechsel herbeigeführt: aus dem bösen, 2. März 1481 auf der Ebernburg geboren, er- strafenden, Buße verlangenden Gott wurde zogen wie Hutten, heiratete 1499 Hedwig Ulrich von Hutten. Quelle: HWZB ein gnädiger Gott. Das Volk jubelte, aber von Flörsheim. Mit dem Tod seines Vaters bei der römischen Geistlichkeit löste er ei- 1505 erbte er ein großes Vermögen (Besitz- nen Sturm der Entrüstung aus: Luther hatte tümer zwischen Kraichgau und Nahe, da- gegen das Lehramt verstoßen und – der runter Silber- und Kupfergruben). Von 1508 Aleander. Die große Gefahr für Rom se- Geldfluss versiegte. Von nun an war er ein bis 1511 war er Amtmann zu Kreuznach. hend, war er ständig bemüht, an den Kaiser Ketzer. Der Tod seiner Frau 1515 war ein großer und seine Räte heranzukommen. Luthers So vorverurteilt, fand sich noch niemand, Einschnitt. Von nun an entwickelte er sich Speerspitzen waren Hutten, Sickingen und der ihn nach Rom verschleppen wollte. Sei- zunehmend zu einem Raubritter (mehrere im Hintergrund wirkend sein Landesvater. ne Sache wurde vielmehr als Mönchsge- Fehden, ein Überfall auf Kaufleute). Im glei- Zunächst verhängte Leo Anfang Januar zänk betrachtetet. Keiner vom geistlichen chen Jahr, in dem die Freundschaft mit Hut- 1521 den Kirchenbann, Luthers Verurtei- Stand, auch nicht Papst Leo X. – er förderte ten begann, trat er in den Dienst des neuen lung als Ketzer. Für die Romtreuen das lang die Wissenschaften und liebte schöne Frau- Kaisers. 1520 lernte er in Wittenberg zu- ersehnte Zeichen, ihn bei passender Gele- en – wollte zunächst erkennen, wie ernst es sammen mit Hutten Luther kennen. Sickin- genheit nach Rom zu schaffen. Luther be- Luther meinte: „Man möge das Mönchlein gen befehligte zu dieser Zeit bis zu 15 000 zweifelte die Rechtmäßigkeit der Bulle. beruhigen, bevor ein Brand ausbreche!“ Mann. Vielfach wird die Parteinahme Si- Schon im August 1520 hatte er vom Kaiser Zweimal wurde er deshalb aufgefordert, ckingens für Luther als „politisch“ motiviert verlangt, gehört zu werden und die kirchli- seine Ansichten zu widerrufen. Zunächst angesehen. Einerseits strebte er nach „fürs- chen Übeltäter von einem weltlichen Ge- nach Heidelberg bei den Augustinern, dann tenähnlichen Weihen“, andererseits stellte richt bestrafen zu lassen. Luther wurde da- nach Leipzig zu dem romfanatischen Pro- er sich eine Säkularisierung kirchlicher raufhin auf den Wormser Reichstag gela- fessor Eck. Doch Luther blieb standhaft. Güter vor: sie hätten an seine durch die den. Was machte Aleander? Er mischte sich Auch hatte er zweimal Glück. Nach der Vor- neue Kriegstechnik (Einsatz von Schuss- in den Vorgang ein: „Rom hat entschieden, ladung nach Heidelberg vom Papst nach waffen) teils verarmten, weil nicht mehr be- Luther muss vor das Inquisitionsgericht!“ Er Rom zitiert, weigerte sich sein Landesvater, nötigten Standesgenossen übergeben wer- drohte gar mit einem Interdikt, d. h.: Sak- Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, den können. ramente und kirchliche Begräbnisse würde ihn auszuliefern. Dann, nach dem Disput in Luther, Hutten und Sickingen hatten es nicht mehr geben. So verunsichert, zog Leipzig, starb Maximilian I. Nach langem folglich unterschiedliche Motive, aber ein der Kaiser die Einladung zurück. Jetzt be- Tauziehen bestieg der streng im römischen