Masarykova univerzita Filozofická fakulta

Katedra germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

Nemecký jazyk a literatúra

Eva Škultétyová

Karpatendeutsche im Hauerland Bakalárska diplomová práca

Vedúca práce: Mgr. Sylvie Stanovská, Dr.

2010 Erklärung: Ich bestätige hiermit, dass ich diese Bakkalaureatsarbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.

Brno, den 27.4. 2010 ...... Unterschrift

2 Ich möchte mich an dieser Stelle bei meiner Familie für die Unterstützung während des ganzen Studiums und bei der Betreuerin meiner Bakkalaureatsarbeit Mgr. Sylvie Stanovská, Dr. für die fachkundige Beratung bedanken. Mein großer Dank an alle, die mir die ganze Zeit geholfen haben.

3 Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung...... 5 1.1 Einleitung in die Problematik...... 5 1.2 Ziel der Arbeit...... 5 2. Siedlungsgebiete der Karpatendeutschen in der Slowakei ...... 8 2.1 Pressburg und Umgebung...... 9 2.2 Die Zips...... 10 2.3 Das Hauerland...... 11 2.3.1 Sprachinseln im Hauerland...... 12 2.3.2 Die deutschen Gemeinden im Hauerland...... 13 3. Kultur und Bräuche...... 17 3.1 Bräuche und Feiertage...... 17 3.1.1 Advent...... 17 3.1.2 St. Lucia Tag...... 18 3.1.3 Weihnachten...... 18 3.1.4 Ostern...... 19 3.1.5 Das Ghonnesweie - das Johannisfeuer...... 20 3.1.6 Skapulierfest in Deutsch-Proben...... 20 3.2 Die Bekleidung der Karpatendeutschen...... 21 3.2.1 Kleidung der Frauen...... 21 3.2.2 Kleidung der Männer...... 22 3.3 Traditionelle Kost der Karpatendeutschen...... 23 4. Arbeit, Handwerk und Zünfte...... 25 4.1. Bergbau ...... 25 4.2 Handwerk...... 26 4.3 Zünfte...... 27 4.3.1 Die Zünfte in Deutsch-Proben...... 29 4.3.2 Die Zünfte und Fabriken in anderen Gemeinden...... 31 5. Mundart der Karpatendeutschen...... 32 5.1 Mundartliche Benennung der einzelnen Ortschaften des Hauerlandes ...... 33 5.2 Praktische Beispiele der gewählten Mundarten im Hauerland ...... 34 6. Berühmte Persönlichkeiten des Hauerlands...... 37 7. Die Vertreibung und das Leben der Karpatendeutschen nach dem Jahre 1945 ...... 41 7.1 Vereine der Karpatendeutschen...... 43 7.1.1 Karpatendeutscher Verein...... 43 7.1.2 Karpatendeutsche Assoziation...... 44 7.1.3 Internationale Kontakte Jugendarbeit- Karpatendeutsche Jugend (IKeJA-KDJ) ...... 44 7.2 Karpatendeutsche Zeitschriften...... 45 7.2.1 Karpatenblatt...... 45 7.2.2 Deutsch-Probner Heimatblatt...... 45 7.3 Kulturelle Begegnungen der Karpatendeutschen ...... 46 8. Zusammenfassung...... 48 9. Anhang...... 50 10. Bibliografie...... 59

4 1. Einleitung

1.1 Einleitung in die Problematik

Deutsche Bevölkerung in der Slowakei, konkret in der Mittelslowakei im Dreieck Deutsch-Proben, Krickerhau und Kremnitz (Hauerland genannt) habe ich mir als Thema für meine Bakkalaureatsarbeit ausgewählt, weil ich in Ober-Neutra (Horná Nitra), in der Nähe von Deutsch-Proben wohne – in der Stadt Priewitz (Prievidza) und ich in diesem Gebiet aufgewachsen bin. Aus diesem Grunde ist mir dieses Thema nah und ich möchte die Besiedlung, die Kultur, und das Leben der Karpatendeutschen in der Mittelslowakei näher beschreiben.

1.2 Ziel der Arbeit

Ich möchte auf die grundelegenden Dinge, die mit den Karpatendeutschen zusammenhängen, hinweisen. Ich schildere die Gründe ihrer Ankunft in die Slowakei und beschreibe kurz die Geschichte der Dörfer, in denen sie sich angesiedelt haben. Ich konzentriere mich vor allem auf Deutsch-Proben als das Siedlungsgebiet der deutschen Kolonisten in der Mittelslowakei und auf ihre Geschichte in dieser Gegend. Im dritten Kapitel konzentriere ich mich auf die Beschreibung der Kultur und Traditionen der Karpatendeutschen, die eine große Menge von Sitten in die Slowakei mitbrachten. Sie hatten eine eigenartige Kultur und ihre Traditionen sind bis in unsere Tage behalten, aber leider nicht mehr in so intensiver Form wie früher. Ich gehe auf manche Rituale an den Festtagen ein, sowie auf die Tradition in der Ankleidung. Natürlich erwähne ich Gerichte, die Hauerländer im Alltag und während den Feiertagen zubereiteten. Das vierte Kapitel enthält eine Übersicht über die typischen Tätigkeiten und Berufe der Hauerländer. Die Männer wurden entweder im Bergbau oder als Meister in einer von den Zünften beschäftigt. Hauerland wurde nicht nur durch die Montanindustrie bekannt, sondern auch durch die vielfältigen handwerklichen Berufe. Die Waren von den Handwerkern wurden in der ganzen Slowakei und im Ausland verkauft. Im fünften Kapitel gehe ich auf die Mundart ein. Man kann anhand der vorgelegten Beispiele die Unterschiede zwischen einzelnen Mundarten erkennen. Im sechsten Kapitel erwähne ich die bekanntesten Personen des Hauerlands. Im Hauerland wurden viele Persönlichkeiten geboren, die mit ihrer Arbeit auch weltbekannt waren. Viele von ihnen waren vor allem im Ausland tätig und mit den Ergebnissen ihrer

5 Tätigkeit reprästierten erfolgreich die Slowakei. Am Ende meiner Arbeit beschreibe ich die Schicksale der Karpatendeutschen nach dem Jahre 1945, als sie das Land unfreiwillig verlassen mussten. Ich erwähne verschiedene Vereine, die danach gegründet wurden und erläutere, wie die Situation nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aussah und wie Kontakte weiterhin gepfl egt worden sind.

6 Heimat, liebes Hauerland!

Wo die Gran zum Kniefall schreitet bis ins Neutra- Turzgebiet, Heimat, liegst du ausgebreitet, der Karpaten schönstes Glied.

Harte Hände, Gottes Segen bauten Reichtum dir und Glanz, wehrten Feinde allerwegen, einten friedlich sich zum Kranz.

Bergstadt blinkender Dukaten, schwarzer Diamanten Ort, dunkle Wälder, grüne Saaten, alles lebt im Geiste fort.

Daß aufs neu Erfüllung werde, was der deutsche Fleiß einst schuf, Herrgott, segne Deine Herde, höre, Heimat, ihren Ruf!

Neig zu uns dein Antlitz wieder, strecke aus die milde Hand, Sehnsucht klagen uns' re Lieder, Heimat, liebes Heimatland!1

JOSEF ENGL

1 vgl. WOHLAND, Ludwig. Hauerländer erzählen. Stuttgart, 1998, S. 5.

7 2. Siedlungsgebiete der Karpatendeutschen in der Slowakei

Zunächst ist es wichtig, die Bezeichnung ,,Karpatendeutsche “ zu erläutern. Bis jetzt ist es eine wenig bekannte Bezeichnung, obwohl diese Gruppe auf eine mehr als 800-jährige Geschichte zurückblicken kann. Erst nach dem Jahre 1918 wurden sich die Karpatendeutschen ihrer eigenen Identität bewusst. Bis zu dieser Zeit waren sie deutsche Ungarn, ein Teil der deutschen Bevölkerung auf ungarischem Gebiet von insgesamt zwei Millionen, was 10 % der Bevölkerung ergab. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden sie gemeinsam mit den Sudetendeutschen und mit Transkarpathian Rus (Zakarpatská Rus) ein Teil der Tschechoslowakei. Weil sie sich stark von den Sudetendeutschen durch ihre Geschichte unterschieden, nahmen sie die Bezeichnung Karpatendeutsche an. Den Begriff Karpatendeutsche prägte zum ersten Mal kurz vor dem Krieg der Historiker Raimund Friedrich Kaindl als gemeinsame Bezeichnung für die in Kroatien, Ungarn, Bukowina und Galizien lebenden Deutschen.2

Schon seit dem ersten König Ungarns, Stephan (1000 – 1038), wurden die Deutschen als Fachleute ins Land gerufen: Handwerker, Bergleute, Kaufleute, Ritter aber auch Geistliche. Die Besiedlung der Slowakei durch die Karpatendeutschen kann nach Horváthová (2002: 8) in vier Etappen unterteilt werden.

Die erste Etappe war die Kolonisation, die im 12. Jahrhundert begann und von der Zahl der Kolonisten her die größte war. Sie dauerte bis ins 15. Jahrhundert. Sie brachte eine neue Kultur, Wirtschaft und ein hoch entwickeltes Rechtssystem. Besiedelt war die obere und untere Zips, die Bergstädte der Mittelslowakei, die Städte der Ostslowakei, Preßburg, Tyrnau und kleinkarpatische Weinbaustädtchen. 3

Die zweite Etappe hing mit der Gegenreformationsbewegung in Europa im 16. – 17. Jahrhndert zusammen. Von der Tiefebene von Záhorie (Záhorská Nížina) bis zum Trentschin (Trenčín) siedelten sich Einwohner aus Bayern, Tirol, der Schweiz und viele Andere aus den deutschen Ländern an. Sie bekannten sich zu einer anderen Form des Glaubensbekenntnisses – zum Anabaptismus. Bei uns wurden sie Habaner genannt. 4

Zur dritten Etappe der Besiedlung kam es im 18. Jahrhundert. Damals verlief eine

2 vgl. PETRÁŠOVÁ, Mária. Karpatskí Nemci na Slovensku a v oblasti Nitrianskeho Pravna . Nitra, 2005, S. 69. 3 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku. Komárno, 2002, S. 8. 4 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku. Komárno, 2002, S. 9.

8 Rekonstruktion der Wirtschaft und der Neusiedlung auf den verwüsteten Gebieten nach den Einfällen der Türken. Mehrere Feudalherren und Eigentümer vom Großgrundbesitz luden Ansiedler aus den deutschen Ländern auf ihre Besitze unter beiderseits günstigen Bedingungen ein. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besiedelten die Holzfällergruppen aus Tirol, den Alpen und der Steiermark die Grundbesitze Palffys in Smolenitz (Smolenice) und Bibersburg (Červený Kameň). Nach ihrer deutschen Benennung Holzfäller und Holzhacker entstand der Terminus ,,Huncokári“. Der Zustrom der deutschen Kolonisten wurde während der Regierung des Joseph II. intensiver. Zum Beispiel die Deutschen aus Schwaben, Bayern und Elsaß- Lothringen bekamen in Sládkovičov einen zugeteilten Boden, Vieh und Nährmittel. 5

Die vierte Etappe der Besiedlung in der Slowakei verlief während des ganzen 19. Jahrhunderts. Es begann die Gründung und Entwicklung der Industriebetriebe, Metallurgie und Eisenhandlung. Industrialisierung, Gründung und Entwicklung der Betriebe knüpfen auf die Anfänge in der josephinischen Zeit an. 6

In der ganzen Slowakei entstanden drei Sprachinseln, in denen sich noch bis 1945 insgesamt etwa 150 000 Einwohner zu der deutschen Nationalität bekannten.

Diese Sprachinseln waren: Pressburg und Umgebung, die Zips – die Oberzips und die Unterzips (zur Zips wird auch das Bodwatal gezählt), das Hauerland-Gebiete Kremnitz, Krickerhau und Deutsch-Proben. 7

2.1 Pressburg und Umgebung

Pressburg hatte seit jeher im Hinblick auf seine Lage viele Kontakte mit der deutschen Bevölkerung. Die erste Erwähnung ist aus der Zeit Großmährens (Veľká Morava), andere finden sich bei den Kriegszügen, deren Ziel die Beherrschung Ungarns war, aber auch die Anwerbung der Kämpfer für die Kreuzzüge.

Nach der Tatarenplünderei wurden die Kontakte noch intensiver. Belo IV. lud Gäste mit zahlreichen Vorrechten ins Land ein. Pressburg hatte den anderen slowakischen Städten gegenüber einen großen Vorteil in der Applikation des Weinbaurechtes nach dem Vorbild

5 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku. Komárno, 2002, S. 10. 6 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku. Komárno, 2002, S. 10. 7 vgl. ebd., S. 10.

9 Österreichs und Ungarns. Der offensichtliche Einfluss der Kolonisten ist in den ökonomie- wirtschaftlichen Geschäften, wie auch in der Stadt- und Gewerbeentwicklung und im ganzen Rechtssystem zu sehen. Die Befreiung von den Steuern und Gebühren war sicher ein wichtiger Punkt, aber das wichtigste Privilegium der Kolonisten war die freie Wahl des Dorfrichters, die jedes Jahr am ,,Jurajtag“ stattfand. Der Dorfrichter mit seinen Vereidigten sollte Auseinandersetzungen unter den Bürgern und Ausländern lösen .8

Weitere Sonderrechte waren freie Benutzung des Hafens, Eigentum von Schiffen, Handelsfreiheit mit Stoffen, Fischen, Vieh und Anderem. Nach der Schlacht bei Mohacs (Moháč) und der türkischen Expansion wurde die Nationalitätenstruktur der Städte abwechslungsreicher. Hierher strömte nicht nur ungarischer Adel und Edelleute, sondern auch Kroaten, Serben und Deutsche aus den ungarischen Städten. 9

Die Stärkung der älteren Schichten der deutschen Bevölkerung fing während der Reformation an, als Pressburg noch nicht rekatholisiert wurde. Im 18. und 19. Jahrhundert kamen nach Pressburg mehr als in die anderen Städte Handwerker, Künstler, Kaufleute und Industrielle aus den deutschen Ländern. 10

2.2 Die Zips

Die erste Welle deutscher Kolonisten kam bereits im 12. Jahrhundert in die Zips, die zweite zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Die älteste Urkunde über die Kolonisten stammt aus dem Jahre 1209. Zu den Kolonisten gehörte auch holländisches Volk, das noch kein kompaktes ethnisches Gebiet besiedelte, sondern es siedelte sich in den Regionen an, die entweder gar nicht oder kaum von den Slawen besiedelt waren. Weitere Ströme der germanischen Bevölkerung kamen meist aus dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Die Mehrheit der deutschen Kolonisten – die Sachsen – besiedelte die Zips erst nach dem Tatarenverheeren, also nach 1241. Die Tatarenankunft beendete sowohl die slawische als auch die germanische Besiedlung von Zips. Diese Situation nützte ein neuer starker Strom der sächsischen Kolonisten, von denen die Dörfer neben den Flüssen oder an Wegkreuzungen bevölkert waren,

8 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku. Komárno, 2002, S. 12-13. 9 vgl. ebd., S. 13-16. 10 vgl. ebd., S. 16.

10 wo sie bewusst handwerksgeschäftliche Zentren errichteten. 11

Eine besondere Kategorie bilden Gemeinden im Bodwatal (Údolie rieky Bodvy). Die älteste Gründung im Bodwatal ist Stoss (Štós) und Metzenseifen (Medzev). Metzenseifen ist ein Teil der deutschen Besiedlung in der Südzips-Gründler. Die ursprüngliche Siedlung war in der Nähe vom Bach Priving, der durch das Dorf floß. Später wurde diese Gruppe ins Gebiet Ober- und Untermetzenseifen (Vyšný- Nižný Medzev) umgesiedelt, um Erze abzubauen und auch wegen Bergbauarbeiten.12

2.3 Das Hauerland

Nach Horváthová (2002: 33) war das Hauerland das bedeutsamste bergmännische Gebiet in Ungarn. Seine Benennung wurde erst während des Zweiten Weltkrieges allgemein bekannt. Es ist von zahlreichen Ortsnamen, die auf ,,hau “ enden, abgeleitet. Dieses ,,Hau“ wiederum weist auf die Rodung bzw. auf das Hauen hin, durch welche Ackerland gewonnen wurde. Deutsche Einwanderer kamen nämlich in die Region, die im 11. und 12. Jahrhundert gar nicht bewohnt wurde und sie bauten ihre Ansiedlungen von Anfang an nach ihren Erfahrungen aus der Heimat.

Zur Zeit der Entstehung der Orte auf ,,hau“ gehörte das Land entweder dem König oder einem weltlichen oder geistlichen Grundbesitzer. Der jeweilige Gutsherr beauftragte seinen Vertreter, den Pachtvermittler oder ,,Locator “, ein angemessenes Waldstück zu roden und zu besiedeln. Dabei wurde die Anlage des Dorfes festgelegt und den Siedlern eine Hofstätte nebst einem Stück Rodungsland zugesprochen. Siedlunglage und Flurformen ergeben jedoch bei allen Orten jeweils dasselbe Bild: Längs des Baches und Weges reiht sich Haus an Haus, hinter den Häusern schließt sich in derselben Reihenfolge in langen, bis an die Flurgrenze reichenden Streifen, der bäuerliche Grundbesitz an. Die auf solche Art angelegten Dörfer bezeichnet man als Waldhufendörfer.13

11 vgl. PETRÁŠOVÁ, Mária. Karpatskí Nemci na Slovensku a v oblasti Nitrianskeho Pravna . Nitra, 2005, S. 16. 12 vgl. PETRÁŠOVÁ, Mária. Karpatskí Nemci na Slovensku a v oblasti Nitrianskeho Pravna . Nitra, 2005, S. 17. 13 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku.Komárno, 2002, S. 33-35.

11 2.3.1 Sprachinseln im Hauerland

Das Hauerland gliedert sich in drei Sprachinseln:

(1) Die Deutsch-Probener mit neun rein deutschen Gemeinden um Deutsch-Proben:

Die Sprachinsel Deutsch-Proben liegt im nördlichsten Teil des Neutratales. Die Nachbardörfer von Deutsch-Proben sind Zeche, Fundstollen, Schmiedshau, Gaidel, Beneschau und Bettelsdorf. Die älteste Urkunde stammt aus dem Jahre 1267. 14 Deutsch-Proben ist eine geographisch und historisch selbständige Gemeinde und gehörte zusammen mit den anderen Dörfern zu dem Besitztum der Weinitzer Herrschaft.

(2) Die Kremnitzer Insel mit der alten Bergstadt Kremnitz und zwölf deutschen Gemeinden:

Kremnitz als zweite Sprachinsel taucht in der Geschichtsschreibung ziemlich spät auf, obwohl hier schon früher eine primitive Förderung von Gold durchgeführt wurde. Im 13. Jahrhundert wurde goldenes und silbernes Erz gewonnen und man setzt das Bestehen von den sieben kleineren Bergbausiedlungen voraus, die der Gemeinde Cremnychbana gehörten. Auf Grund der Herstellung, die auf Gold konzentriert war, erteilte der ungarische König Karl Robert von Anjou im Jahre 1328 den Einwohnern dieser Gemeinde Privilegien der Stadt Kuttenberg bei dem Anlass der Prägegründung und Kremnitz wurde eine freie königliche Bergbau- und Münzstadt. Münzfachleute aus Kuttenberg wurden einberufen, um in der neuen Bergstadt Münzprägestätten zu errichten und Goldmünzen zu prägen. Außer diesen Münzfachleuten kamen auch eingeladene deutsche Bergbauunternehmer, Kaufleute und Handwerker nach Kremnitz. Die Arbeitsteilung stand im 15. Jahrhundert auf hohem Niveau, eine ganze Reihe von Funktionen wurde entwickelt. Der erste schriftliche Beleg der Kremnitzer Gruben ist aus dem Jahre 1361. Der Bergmännische Beruf zog viele Arbeiter an und deshalb begann die Stadt neue Bergstädte zu gründen. Diese Bergstädte verwalteten sich selbst und lebten nach deutschem Recht.15

14 vgl. DEDÍKOVÁ, Eva. Geschichte, Mundart und Kultur von Deutsch-Proben . Bratislava, 2004, S. 8-9. 15 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 38.

12 (3) Die Hochwieser Sprachinsel mit den Gemeinden Hochwies und Paulisch:

Zur dritten Sprachinsel Hauerlands zählt man Hochwies und Paulisch, die zugleich die südlichsten Gemeinden sind. Hochwies wurde erstmals im Jahre 1390 erwähnt und es ist verzeichnet, dass in der Umgebung der Dörfer Gruben voll Erz waren. Die Besiedlung von Paulisch verlief gleichzeitig mit Hochwies. Nach der Gründung des Bistums Neusohl im Jahre 1787 wurde Paulisch eine selbständige Pfarrgemeinde. 16

Horváthová (2002: 32) zählt zum Hauerland noch Städte Neusohl (Banská Bystrica) und Schemnitz (Banská Štiavnica), die selbständigen Verwaltungseinheiten. Aufgrund der Förderung vom Kupfererz im Bereich Neusohl wurden mehrere Bergdörfer schon anfangs zweiter Hälfte des 13. Jahrhunderts von deutschen Ansiedlern gegründet. Zum Beispiel Montana (Špania Dolina – 1263 gegründet), Altgebirge (Staré Hory – die erste Erwähnung im 1563, aber man setzt voraus, dass sie schon im 13. – 14. Jahrhundert gegründet wurden) oder Donoval (Donovaly). In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden Bewohner dieser Dörfer, Holzhauer, Köhler, Fuhrleute und Bergleute Ortseinwohner der königlichen Bergkammer und ihre Verhältnisse wurden genauer erst im 1700 geregelt.

2.3.2 Die deutschen Gemeinden im Hauerland

Beneschau (Vyšehradné) – Es wurde vermutlich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundert von Siedlern aus den Gemeinden um Deutsch-Proben gegründet. Die Siedler betrieben neben der Landwirtschaft vor allem Schafzucht und Steinbearbeitung.

Bettelsdorf (Solka) – Über die Gründung von Bettelsdorf ist bis jetzt nichts bekannt. Es scheint, dass diese Gründung noch auf slowakischem Volksboden erfolgte. Im Jahre 1424 hatte die Siedlung bereits einen ungarischen Namen: Zolka (davon das heutige slowakische "Solka"). Der Ort war einst im Besitz der Turzer Probstei. Bettelsdorf war die kleinste Hauerlandgemeinde.

Blaufuss () – wird im 14. Jahrhundert als Gemeinde der Holzfäller, Bergmänner und Köhler gegründet. Der Name des Dorfes wurde anscheinend vom Gründer Henricus Blaufuß abgeleitet. Grundherr der Ortschaft war Kremnitz.

16 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku.Komárno, 2002, S. 40.

13 Bries (Briešte) – Die ersten deutschen Siedler kamen vermutlich aus den älteren Orten um Deutsch-Proben. Die erste Erwähnung des Ortes findet sich in einer Urkunde von 1392 unter der Bezeichnung Beryssth.

Deutsch-Litta (Kopernica) – Zur Gründung kam es vor 1350. Das Graner Erzbistum, vertreten durch die Gutsverwaltung von Heilig Kreuz, hatte die Grundherrschaft.

Deutsch-Proben () – Das Gründungsdokument ist nicht erhalten, aber indirekt lässt sich der Zeitpunkt auf 1337 oder kurz davor festlegen. Der Ort blieb immer von der Grundherrschaft Weinitz abhängig. 1430 wurde er als Stadt bezeichnet, das Stadtrecht wurde 1651 bestätigt und 1886 aufgehoben. Der Ort war neben der Landwirtschaft wegen seiner vielen Handwerkermeister bekannt.

Drexlerhau () – Gründung um 1376. Grundherr war zunächst der Graner Erzbischof, seit 1776 das Bistum Neusohl. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1487.

Fundstollen (Chvojnica) – Wenn auch für die Gründung von Fundstollen die historischen Belege fehlen, kann man mit Sicherheit annehmen, dass die Gründung vielleicht von Deutsch- Proben aus geschah, da Deutsch-Probener Bürger bis zuletzt noch dort Besitz hatten. Fundstollen war eine Bergbausiedlung, das bezeugten noch die aufgelassenen Stollen und Schächte.

Gaidel (Kľačno) – Wahrscheinlich erfolgte die Anlage des Dorfes durch eingewanderte Siedler nach deutschem Recht in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die erstmalige urkundliche Erwähnung erfolgte 1413. Während der meisten Zeit gehörte der Ort zur Burgherrschaft von Weinitz. Mit der Zeit wurde Gaidel ein ziemlich wohlhabender Ort, der im 16. und 17. Jahrhundert als Städchen verwaltet worden ist.

Glaserhau (Sklené) – In der erhaltenen Gründungsurkunde steht: 1360 schließt die Herrschaft Mutna mit Peter Glaser einen Vertrag über die Anlegung des Ortes nach Silleiner Recht ab. Seit 1502 war Kremnitz Grundherr der Ortschaft.

Hedwig (Hedviga) – Die Gründung erfolgte gegen Ende des 14. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Herrschaft von Windisch-Proben. Die Siedler dürften aus den bereits bestehenden Orten des oberen Neutratales gekommen sein. Dieses Dorf existiert heutzutage nicht mehr. Nach der Kriegszeit blieb hier nur die Kirche mit dem Friedhof, auf dem die letzten Dorfbewohner ruhen.

14 Hochwies (Veľké Pole) – Diese Ortschaft wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts gegründet. Grundbesitzer Baracskay überließ den Ort 1390 den Pauliner-Mönchen vom Kloster Lefant bei Neutra. 1667 wurde dem Ort das Markt- und Jahrmarktsrecht verliehen.

Honneshau (Lúčky) – wird als "Hannushaw" gleichzeitig mit Kuneschhau zum ersten Mal genannt, als mehrere Orte von König Sigismund 1429 an Kremnitz verpfändet wurden.

Johannesberg (Kremnické Bane) – ist nördlich von Kremnitz, am Übergang vom Gran- ins Turztal gelegen. Der Ort wurde 1339 urkundlich zum ersten Mal als ,,villa Johanni “ erwähnt. 1429 kaufte die Stadt Kremnitz der königlichen Kammer den Ort ab.

Kremnitz () – Die Erhebung der Siedlung zur Stadt erfolgte 1328 durch König Karl Robert. Die reichen Goldfunde wurden durch deutsche Fachleute erschlossen. Kremnitz wurde bald zur bedeutendsten ungarischen Bergbaustadt. Die Blütezeit des Bergbaus fiel in das 14. und 15. Jahrhundert. Mit seiner Münzeprägestätte erreichte es europäische Bedeutung.

Krickerhau (Handlová) – Wie die Schenkungsurkunde von 1367 belegt, ist der Ort um 1350 gegründet worden. Sowohl der deutsche als auch der slowakische Name gehen auf den Ortsgründer Heinrich Krikker, einen Kremnitzer Bürger, zurück. Von seiner Gründung an bis 1945 war Krickerhau die größte dörfliche Ansiedlung des Hauerlands.

Kuneschhau (Kunešovo) – Die Urkunde über die Gründung besagt, dass der Ort im Besitz des ungarischen Königs und deutschen Kaisers Sigismund war. Da er zu jener Zeit viel Geld benötigte, verkaufte er Kuneschhau 1429 an die Stadt Kremnitz. Unter dieser Herrschaft blieb sie bis zum Jahre 1887.

Münnichwies (Vrícko) – Die ersten Siedler waren Deutsche aus der Umgebung Deutsch- Proben. Die Gründung des Ortes erfolgte an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert. Der Ort gehörte zur Grundherrschaft des Konvents von Kloster (Kláštor pod Znievom). 1788 wurde dieses Jesuitenkloster aufgelöst und Münnichwies kam in den Besitz der Ofener (Budaer) Universität.

Neuhau (Nová Lehota) – Über seine Entstehung schweigen die Quellen, möglich ist eine Besiedlung vom nahen Krickerhau her. Die Grundherrschaft hatte der Graner Erzbischof und seit 1776 das Neusohler Bistum. Grundlage des Lebensunterhalts war die Landwirtschaft, verbunden mit der Arbeit in den umliegenden Wäldern und nach 1910 auch im Krickerhauer Kohlebergwerk.

15 Oberstuben (Horná Štubňa) – Laut Gründungsurkunde wurde der Ort 1390 auf dem Besitz des Petrus von Haj von deutschen Siedlern angelegt. Der Gründungsname ist ,,Wylehota “, was ,,Neuhau“ bedeutet.

Oberturz – ,,Turczia superior“ (Horný Turček) – Es wurde wahrscheinlich im 14. Jahrhundert, genauer vor 1371 gegründet. Das Gemeindegebiet lag ursprünglich im Bereich der Herrschaft Haj, 1523 ging der Ort endgültig in die Zuständigkeit von Kremnitz über. Besonders wichtig für den Bergbau war die im 14. Jahrhundert angelegte Wasserleitung. 1905 brannten fast alle Gebäude des Ortes nieder.

Paulisch (Píla) – Der Name Paulisch dürfte im Zusammenhang mit dem Pauliner Orden stehen, der seinen Sitz im Kloster Lefand bei Neutra hatte und Grundherr der Gemeinde war. Der Ort war zunächst Teil von Hochwies, 1534 wurde es unabhängig aktenkundig.

Schmiedshau (Tužina) – In diesem Fall fehlen historische Belege. Es ist lediglich bekannt, dass es eine Siedlung der Schmiede gewesen war, die man für das ehemalige Bergwerk brauchte.

Unterstuben (Dolná Štubňa) – Dieses Dörfchen wurde erstmals als Unterstuben im Jahre 1493 erwähnt. Damit wurde die Besiedlung des Gebietes Turz beendet.

Unterturz (Dolný Turček) – Erstmalig wird es 1371 in einer Kaufurkunde als ,,Thurczia inferior“ erwähnt. Das Gebiet gehörte ursprünglich zur Herrschaft Haj, 1526 kam es endgültig in den Besitz der Stadt Kremnitz. Für den Bergbau war die künstlich angelegte Wasserführung und der Holzreichtum vom besonderen Interesse.

Zeche (Malinová) – Neben Deutsch-Proben ist es die älteste Ansiedlung. Der Name hängt mit dem hier einst betriebenen Goldabbau zusammen. Der Ort wurde 1339 vom Schulzen Heinrich auf dem bewaldeten Grund der Weinitzer Grundherrschaft von deutschen Bergleuten angelegt. Die Bewohner befassten sich mit der Goldschürfung (Waschen und Graben) und betrieben nebenbei auch Landwirtschaft.17

17 Zdroj: Dom stretávania Karpatských Nemcov v Nitrianskom Pravne, 2009.

16 3. Kultur und Bräuche

Karpatendeutsche brachten ins Hauerland viele Sitten und Traditionen, die während vieler Jahre von Einzelnen oder von der ganzen Gruppen gepflegt wurden. In diesem Kapitel möchte ich dem interessierten Leser diese Bräuche näher bringen. Ich erwähne Traditionen bei konkreten Anlässen, die eine besondere Atmosphäre hatten. Ich beschreibe auch Kleidung, die für Hauerländer spezifisch war und widme mich der Ernährung der Bevölkerung.

3.1 Bräuche und Feiertage

Es gibt viele Feiertage im Jahr, außer den wichtigsten wie Weihnachten oder Ostern, an die man sich noch erinnert, die aber leider heutzutage nicht mehr gefeiert werden. Deswegen führe ich ein paar von ihnen an, damit der Leser eine Vorstellung über die vergessenen Feiertage gewinnt.

3.1.1 Advent

Der Advent ist eine frohe Weihnachtszeit, die das Kirchenjahr eröffnet. Es waren Roratemessen in der Weihnachtszeit sehr beliebt. Bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts gab es in Deutsch-Proben keine Straßenbeleuchtung, deshalb war es schön und romantisch, als die Gläubigen mit Laternen in den Händen um 5 Uhr morgens in die Kirche aufbrachen, um rechtzeitig an der Messe um 6 Uhr teilnehmen zu können. 18

Der 4. Dezember war für Deutsch-Proben und seine Umgebung ein ,,Lostag “. Manche Familien steckten Kirschbaumzweige ins Wasser und zu Weihnachten erwarteten sie ihre Blüten. An den langen Adventabenden widmeten sich die Menschen der Herstellung des Christbaumschmucks – Wallnüsse wurden vergoldet, ,,Salonzucker“ wurde gekocht und verpackt.

18 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 218.

17 3.1.2 St. Lucia Tag

Dieses Brauchtum hatte nichts mit St. Lucia zu tun, weil ,,Lutza“ in der Deutsch- Probner Mundart Hexe, böses Weib und Unhold bedeutete. Die Tradition, die bösen Geister des Winters zu vertreiben, war ein heidnisches Überbleibsel. Die ,,Lutzen“ gingen am Abend des 13. Dezember mit Strohbändern behangen und hinter Gesichtsmasken von Haus zu Haus, um die Kinder zu erschrecken und zu strafen. An diesem Abend waren auf den Straßen keine Kinder, die Kleinen versteckten sich in den Wohnungen, weil die ,,Lutzen“ mit ihnen kein Erbarmen hatten.19

Vom Lutzatag an bastelten die Männer ein Stühlchen ohne Nägel. Man sagte, wer sich während der Christmette auf dieses Stühlchen setzte, konnte die Hexen sehen und beobachten, wie sie wüteten.

3.1.3 Weihnachten

Schwertsik (1979: 220-222) beschreibt Weihnachten im Hauerland als eine Zeit, die alle mit Freude erwartet haben. Der Heilige Abend war ein strenger Fastentag, man aß tagsüber nur wenig. Auf dem festlich bedeckten Tisch brannte in der Mitte die geweihte Kerze. Auf dem Nebentisch waren alle Früchte des Jahres: Roggen, Weizen, Hafer, Gerste, Nüsse, Äpfel, Kartoffeln und Brot. Nachdem man sich zum Abendbrot gesetzt hatte, eröffnete den Abend ein gemeinsames Gebet und Lied. Man trank ein Gläschen ,,Prombei“ (Branntwein mit Zucker gesüßt und gebräunt), jeder erhielt ein Stück vom Apfel, dessen Kerne nicht angeschnitten werden durften, weil es Unglück für das nächste Jahr verhieß. Falls sich der Docht der geweihten, brennenden Kerze zu jemandem neigte, sollte der im kommenden Jahr sterben. In keinem Haus konnte ,,Loketschn“ fehlen – ein gebackener Kuchen aus Hefeteig mit gemahlenem Mohn und Zucker bestreut. Nach dem ersten Weltkrieg gab es schon in vielen Haushalten Karpfen mit Kartoffelsalat, anschließend wurden Delikatessen, Gebäck, Nusskerne oder Oblaten mit Honig und Knoblauch herumgereicht. Während des ganzen Abendessens lag ein gefüllter Geldbeutel auf dem Tisch, damit im ganzen Jahr Geld vorhanden sei. Im

19 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 220.

18 Wohnzimmer erfolgte die Bescherung, wo unter dem ,,Bepä“ (Wipfel) die Geschenke lagen. Nach der Bescherung sangen alle zusammen Weihnachtslieder und alle Gläubigen gingen zur Christmette.

3.1.4 Ostern

Ostern begann mit der Fastenzeit, die in die Familien Ernst und Stille brachte. Am Aschermittwoch versammelten sich Gläubige in der Kirche, wo sie vom Priester mit Asche das Kreuzzeichen auf die Stirn bemalt bekamen. An diesem strengen Fastentag gab es meist eine magere Suppe für die Kinder und ein Stück Brot zum Mittagessen, viele Eltern aßen nichts und verzichteten sogar auf Trinkwasser. In den Wochen der Fastenzeit aßen Leute zum Beispiel ,,Getschinge“ – gedörrte Äpfel, Birnen oder Zwetschken mit Brot. 20

Tag des Fastens war außer Aschermittwoch noch Karfreitag. An diesem Tag versammelten sich die Bewohner des gesamten Kirchensprengels zur Predigt und Passionsandacht in der Kirche.

Schwertsik (1979: 231) beschreibt weiter den Osternsonntag, an dem die Osterspeise in der Frühmesse geweiht wurde. Nach einem alten Brauch wurde in den Osterteller für jedes Familienmitglied ein selbstgefärbtes Ei gelegt, dann ein Stück vom Osterbrot (Striezel) dazugelegt, außerdem ein Tütchen Salz und ein Stück fein geriebenem, mit Zucker leicht versüßtem Kren.

Ostermontag war der Tag für die Jugend. Jungen und Männer haben alle Frauen, Mütter, Schwestern, Freundinnen, Nachbarmädchen, Bräute mit Wasser begossen und mit Weidenruten (Korbatschen) ,,ausgepeitscht“. Dafür kriegten vor allem Jungen neben gefärbten Eiern auch ein Geldstück. Die Osterfeiertage endeten schließlich mit einem Theaterstück, das meistens von Mitgliedern des katholischen Jünglingsvereins veranstaltet wurde. 21

20 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 228. 21 vgl. WOHLAND, Ludwig. Hauerländer erzählen. Stuttgart, 1998, S. 83.

19 3.1.5 Das Ghonnesweie – das Johannisfeuer

Nach den Erinnerungen der Deutsch-Probner und der Menschen aus den Nachbardörfern war das Johannisfeuer das Fest der Jugendlichen. Alles fing am Vorabend des 24. Juni zum Fest des heiligen Johannes des Täufers an. Zu diesem Anlass wurde nach dem aus heidnisch-germanischer Zeit stammenden Brauch das Sonnwendfeuer abgebrannt. Größere Jungen kümmerten sich um die Vorbereitung und Durchführung des Abbrennens der Johannisfeuer. Sie baten zuerst den Stadtwirt, dem die Waldung und deren Betreuung unterstanden, um die Bewilligung zum Schlagen eines Baumes – meistens war es eine Föhre. Am interessantesten ist, dass die Jungen nicht nur einen Baum, sondern eine ganze Reihe abbrannten. In jeder Straße gab es einen Standort zum Abbrennen des Baumes. Einen Nachmittag vorher verbrachten die Jungen mit dem Schmücken des Baumes und die Mädchen flochten Kränze aus Margaretenblumen, die am Baum befestigt wurden. Nach der Abenddämmerung wurde der Baum entzündet. Inzwischen sangen die Mädchen alte Volkslieder.22

3.1.6 Skapulierfest in Deutsch-Proben

Das Skapulierfest war für Deutsch-Proben und die Nachbargemeinden ein wichtiges Kirchenfest mitten im Sommer. Aus nah und fern wanderten fromme Pilger nach Deutsch- Proben aus dem Neutratal oder aus den Gemeinden des Turzer Landes (Turiec), um das monumentale Bauwerk Deutsch-Probens, den Kalvarienberg, aufzusuchen. 23

Als das Skapulierfest am 22. Juli 1827 gefeiert wurde, wurden die Deutsch-Probner Kirche und 48 Häuser Opfer eines Großbrandes. Plötzlich kamen viele Menschen um ihre Lebensmittel, um ihre Wohnungen. Um die Erinnerung an das große Feuer im Herzen der Einwohner wach zu halten, wurde hundert Jahre später auf dem Galgenberg die bedeutendste Sehenswürdigkeit Deutsch-Probens, der Kalvarienberg, aufgebaut. 24

22 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 237. 23 vgl. ebd., S. 238. 24 vgl. ebd., S. 239.

20 3.2 Die Bekleidung der Karpatendeutschen

Die Kleidung der Karpatendeutschen im Hauerland war in einzelnen Ortschaften unterschiedlich. Charakteristisch war die Tracht, die durch Sitte und Brauchtum zur einheitlichen und eigenartigen, ständigen Kleidung des Volkes geworden war. Überall entwickelten sich Volkstrachten, die durch ihre Formen- und Farbunterschiede sowohl lokale als auch Standesunterschiede ausdrückten.

3.2.1 Kleidung der Frauen

Für Frauen war die Volkstracht ein wichtiger und bedeutender Bestandteil nicht nur ihres Lebens sondern auch der Kultur. Außer der Grundfunktion den Körper zu schützen, brachten sie auch die Zugehörigkeit der Besitzerin zu einer gewissen sozialen Umwelt und Region zum Ausdruck. Ich stelle nachfolgend die Tracht aus der Umgebung Deutsch-Probens vor.

Frauen trugen ein Unterhemd aus hausgemachten Leinen, das von der Achselhöhe bis unter die Knie reichte und mit zwei Bändern über die Schultern gehängt wurde (Bändehemp= Bändelhemd). Darüber hatten sie Midala – ein bis zu den Hüften reichendes, weites, faltiges aus Baumwollstoff gefertigtes Hemd. Am Hals war es mit einem schmalen, weiß oder farbig gestickten und mit gekräuselten Spitzen empor stehenden Koller versehen und mit einem Bändchen zusammengeknüpft. Die Ärmel langten bis zur Hälfte des Unterarms. Über der Midala wurde ein Prauslek getragen, das in der Mitte geschlossen und mit etlichen Verzierung geschmückt war. Über zwei oder drei Unterröcke wurde der bis fast zu den Knöcheln reichende Kattunrock getragen. Über dem Rock wurde eine Schürze (Schjätze) getragen. Als Fußbekleidung trugen vor allem junge Frauen rote Schuhe mit Holzabsatz. 25

Im Winter trugen Frauen einen bis unter die Hüften reichenden Mantel (das Mentäke) aus braunem Stoff, mit langen Ärmeln aus Samt oder Tuch. Zum Zumachen und zur Verzierung wurden Silberknöpfe oder Spangen gebraucht. 26 Um den Hals wurde vor dem Anziehen des Mentäkes ein buntes Seidentuch gelegt. Bei Unwetter trugen Frauen statt des

25 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 176-178. 26 vgl. TÓTHOVÁ, Vlasta. Nitrianske Pravno 1335-1985 . Nitrianske Pravno, 1985, S. 169.

21 Drümels ein Kopftuch, das sogenannte Fünf-Vierteltuch ( ,,Wenf Wiäte Tieche“). Wenn es recht kalt war, nahm man das Kotzentuch (Kotzntiche). 27

Ein auffälliges Symbol der Tracht der Frauen besteht in einer Haube. Verheiratete Frauen trugen eine Nackenhaube, die in der Mitte ein geblümtes oder mit farbiger Seide gesticktes Haubenfleckchen oder ein mit Gold- oder Silberfäden gesticktes Samtfleckchen zierte. An der Haube waren zwei gestickte Bänder befestigt. 28

Goldene oder silberne Hauben wurden nur zu festlichen Anlässen getragen und waren ein Zeichen des Familienstandes. Der festliche Kopfputz der Frauen hieß Dreme (Drümel). Das Dreme wurde an die Haube angelegt. Es bestand aus vier Meter langem und vierzig Zentimeter breitem, feinem, geglättetem Leinen. Der mittlere Teil wurde am Hinterkopf in Falten gelegt, die beiden Enden des Dremes wurden unten um den Bogen geschlungen und mit den Haubenbändern unter den Brustfleck gesteckt. Zu dieser umständlichen Arbeit wurde nur eine Drümelknüpferin (Dremeknäperen) gerufen. 29

3.2.2 Kleidung der Männer

In der Bekleidung der Männer ist ein starker Einfluß der Bergmannstracht zu sehen. Im Alltag trugen sie Kleidung aus schwarzem, dunkelblauem oder braunem Tuch, enge Hosen, Mäntel und weiße Hemden. Außer der bürgerlichen Kleidung wurde in Deutsch-Proben auch einfache Handwerk- oder Bauernkleidung getragen. 30

Die Festtagskleider der Männer waren prunkvoller. Für die Unterwäsche verwendete man hausgemachtes Leinen oder Baumwolle. Das Hemd hatte keinen Kragen, am Hals wurde es mit einem Bändchen geknüpft. Für die Hosen verwendete man dunkelblauen Stoff, die vorne mit einen Latz versehen waren. Die Hosen wurden mit Lederriemen festgehalten. An den hohen Festtagen wurde über den Anzug ein in mehrere Silberringe gesteckter Schnürengürtel gegürtet. Um die Schultern wurde ein dunkler, mit Schnüren und Silberknöpfen verzierter Umhängepelz (Mentäke) geworfen. Zum Schließen der beiden oberen Enden leistete man sich eine silberne Spange, eine breite, silberne Kette und eine

27 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 178-183. 28 vgl. ebd., S. 178. 29 vgl. ebd., S. 180. 30 vgl. TÓTHOVÁ, Vlasta. Nitrianske Pravno 1335 – 1985. Nitrianske Pravno, 1985, S. 170.

22 Schnürschlinge. Als Fußbekleidung dienten die in Deutsch-Proben hergestellten genähten Stiefel (,,Schuh“).31

Ein dreieckiger, schwarzer Hut mit breiter Krempe bedeckte den Kopf bei Unwetter, im Winter war es eine warme Lammfellmütze. Wenn es kalt war, hängte man sich über den Oberkleidern einen Mantel (Guba) um. 32

3.3 Traditionelle Kost der Karpatendeutschen

Fiľo (2007: 43) ist der Meinung, dass dem Thema der Ernährung in der Kultur der Karpatendeutschen nicht viel Aufmerksamkeit in der slowakischen Ethnographie gewidmet wurde. Die Ernährung der Karpatendeutschen hatte viele charakteristische Merkmale, die den Zusammenhang mit den ursprünglichen, kulturellen Traditionen ihrer Vorfahren widerspiegeln. Die Gewinnung des Rohstoffes für die Zubereitung der Gerichte entsprach den natürlich- geographischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen der Einwohner.

Die Grundversorgung der Nahrung war der Anbau der landwirtschaftlichen Früchte und die Zucht der Haustiere. Im Allgemeinen dominierten bei der Zubereitung eines Mahles vorwiegend Rohstoffe pflanzlicher Herkunft. Die angepflanzten Grundarten des Getreides waren Gerste, Weizen und Roggen. Aus Weizenmehl der ersten Qualität wurden Kuchen gebacken. Die zweite Qualität war für die Zubereitung der Teigwaren vorbehalten. Aus Roggenmehl wurde Brot gebacken. Kleie verwendete man als Futter für die Säue. Gerstenkleie benutzte man als Einlauf für die Suppen, für die Zubereitung des Breis oder beim Abschlachten. Bis ins 19. Jahrhundert war Hafer- und Buchweizenbrei sehr beliebt. Aus dem gekeimten Getreide backte man sgn. ,,Punkebrot“ (kalkýš) und aus dem Maismehl ,,Gerhe“ (posúch).33

Gemüse war Bestandteil der alltäglichen Nahrung. Man konsumierte es roh, gekocht oder als Eingesottenes. Gemüsegerichte wurden in größerer Menge während der Fastenzeit gegessen. Einen bedeutsamen Anteil bildeten in der alltäglichen Kost Hülsenfrüchte. Es wurden vor allem Bohnen oder Erbsen angebaut. Man kochte dicke Suppen, Breie und Tunken. Wurzelgemüse wurde als Zutat in den Fleisch- und Hülsenfruchtgerichten zugegeben.

31 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 174-176. 32 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 174-176. 33 vgl. FIĽO, Rastislav. Chute a vône Slovenska. Martin, 2007, S. 43-44.

23 Zwiebel und Knoblauch hatten einen vielseitigen Gebrauch in der Küche, wurden roh auf dem Brot oder gekocht in einem Fleischgericht gegessen. Die am häufigsten verwendete Gemüsesorte war Sauerkraut. Sauerkraut wurde ungekocht konsumiert, gedünstet wurde Sauerkraut zum Fleisch oder als Beilage zur Mehlspeise serviert. Gurken wurden roh oder in einem Salat gegessen. Man baute auch Kürbis, rote Rüben, Kohlrüben oder Zuckerrüben an. 34

Rohes Obst war als Zusatz in der Nahrung. Die verbreitetsten Obstbäume waren Apfel, Birne, Pflaume, Kirsche und Johannisbeere. Nach dem Backen des Brotes wurden im Backofen Äpfel, Birnen und Pflaumen gedörrt. Aus Pflaumen wurde Marmelade gekocht, die in Mehlspeisen sehr beliebt war. Gelegentlich wurden Erdbeeren, Himbeeren und Brombeeren gepflückt.35

Nach Fiľo (2007: 44-45) wurden Kartoffeln allmählich ein wichtiges Nahrungsmittel. In den Gebieten, wo wenig fruchtbarer Boden war, ersetzten Kartoffeln das Brot. Man kochte aus Kartoffeln zum Beispiel Kartoffelbrei (,,Kasche“) oder gebackene Kartoffeln mit Butter. Zu solchen Gerichten trank man gewöhnlich Sauermilch. Kartoffeln waren nicht nur in Suppen, sondern auch in Mehlspeisen, damit mehr Mehl übrigblieb.

Lebensmittel tierischer Herkunft wie Fleisch, Milch, Käse, Eier und Fette waren überwiegend aus eigener Aufzucht. Fleischgerichte wurden selten gekocht, besonders an den Festtagen oder zur Familienzeremonie. 36

Ein übliches Getränk war Trinkwasser aus dem Brunnen oder aus der Quelle. Neben der süßen oder sauren Milch trank man Buttermilch, Molke oder Milchwasser. Man trank auch Malz- oder Gerstkaffee – man mischte ihn mit Milch wie weißen Kaffee. Der Tee wurde nur in Form der Heilkräuter als Arzneimittel gebraucht. Von den alkoholischen Getränken wurden vor allem Branntwein (Sliwowitz, Pflaumenschnaps, Kornschnaps) oder Prompai (Branntwein mit Zucker gemischt und als Karamell gebräunt) getrunken. Was den Wein betrifft, trank man Obst-, Johannisbeer- und Apfelwein. Kinder mochten gekaufte Limonade (Kracherl). 37

34 vgl. FIĽO, Rastislav. Chute a vône Slovenska. Martin, 2007, S. 44. 35 vgl. ebd., S. 45. 36 vgl. ebd., S. 45. 37 vgl. ebd., S. 46.

24 4. Arbeit, Handwerk und Zünfte

4.1. Bergbau

Seit dem 13. Jahrhundert luden die ungarischen Könige deutsche Fachleute ein, ins Land zu kommen, denn sie waren fähig, wertvolle Erze sachkundig zu fördern. Bergleute aus Kärnten und dem Harz, aus Böhmen und Mähren kamen in die Slowakei und errichteten die sieben ,,niederungarischen Bergstädte“ im Hauerland und die sieben ,,oberungarischen Bergstädte“ in der Zips. Besonders die sieben ,,niederungarischen Bergstädte“ Kremnitz, Schemnitz, Neusohl, Dilln (Banská Belá) 38, Pukanz (Pukanec)39, Königsberg (Nová Baňa) 40 und Libethen (Ľubietová)41 spielten in der Vergangenheit in der Mittelslowakei eine wichtige Rolle. Die Bergstädte das ,,goldene Kremnitz“, ,,silberne Schemnitz“ und das ,,kupferne Neusohl“ waren in ihrer Blütezeit im 14. – 16. Jahrhundert die Grundlage der Geldwirtschaft in ganz Ungarn.42

Außer in den sieben ,,niederungarischen Bergstädten“ waren und sind z.B. noch in Krickerhau Bodenschätze. Die Erträge der Gruben in der Umgebung von Deutsch-Proben aus dem 15. Jahrhundert sind bis jetzt nicht bekannt. Man kann darüber nur durch die mündliche Überlieferung etwas erfahren, aber sie müssen wirklich groß gewesen sein, weil das vergessene Gebiet von Ober-Neutra dicht besiedelt wurde. Die Prosperität der Gruben sicherte Deutsch-Proben und den umliegenden Gemeinden einen wirtschaftlichen Aufstieg. Ein Nachweis der Prosperität dieses Städtchens und der Hoffnung auf einen perspektivischen Anstieg der Goldförderung ist eine Sonderausdehnung des Ringplatzes, der auch nach dem Bergbauverfall und der Stagnation Deutsch-Probens groß blieb und zu den größten seiner Art gehört in der Slowakei. 43

Durch die Zusammenarbeit zweier Unternehmerfamilien – der Augsburger Fugger und der Zipser Thurzos – wurde der Bergbau des Hauerlands im 16. Jahrhundert zu seinem

38 Der Ort wurde im 13. Jahrhundert am Ort mehrerer Silberberggruben gegründet. 39 Diese Gemeinde liegt am Fuße der Schemnitzer Berge. Der Bergbau in der Stadt konzentrierte sich auf Gold und Silber. 40 Man findet hier tiefe Löcher, deutliche Spuren nach dem Bergbau. In der Schacht ,,Althandel“ wurde in den Jahren 1721 – 1724 zum ersten Mal in Europa eine Wasserhebemaschine vom Engländer Isak Potter verwendet. 41 Libethen befindet sich im Region Neusohl. Hier wurde vor allem Kupfer abgebaut. 42 vgl. HOCHBERG, Ernst. Einführung in die Geschichte der Karpathendeutschen in der Slowakei [online]. 2000 [zit.3.3.2010]. Verfügbar über: . 43 vgl. PETRÁŠOVÁ, Mária. Karpatskí Nemci na Slovensku a v oblasti Nitrianskeho Pravna . Nitra, 2005, S. 69.

25 Höhepunkt geführt. Der König Ladislav II. brauchte viel Geld. Viel Geld hatte damals der reichste Mann seinerzeit – Jacob Fugger. Der König gab ihm daher seine ,,oberungarischen Bergstädte“. Die Lagerstätte war in der damaligen Zeit nur wenig profitabel und deswegen suchte er einen technisch und organisatorisch begabten Verbündeten. Zusammen mit Johan Thurzo aus der Zips gründeten sie ein Bergbauunternehmen, das mit Fuggers Geld und Thurzos Erfahrungen bessere Bedingungen für die Verwertung der Bodenschätze bot. Im Mittelalter war Kupfer für die Herstellung von Kanonen sehr wertvoll. Gold und Silber spielten in der Zeit eine Nebenrolle. 44

Ereignise wie die Entdeckung Amerikas, Türkeneinfälle mit Brandschatzungen, Pestepidemien und antihabsburgische Aufstände verursachten schließlich den Ruin und Untergang vieler Bergwerke. Eine Wiederbelebung und Blütezeit erlebten die Montangebiete während der Regierung von Maria Theresia. Eine besondere Bedeutung für den Bergbau hat die erste Montanhochschule der Welt, die 1762 in Schemnitz gegründet wurde und eine nach 1910 in Krickerhau erschlossene Lagerstätte mit hochwertiger Pechbraunkohle. 45

4.2 Handwerk

Grundsätzliche Veränderungen in der handwerklichen Erzeugung hängen mit der deutschen Besiedlung der Slowakei und den Städtegründungen zusammen. Der persönlich freie städtische Handwerker ersetzte den mit der Landwirtschaft verbundenen Dorfhandwerker. Der entscheidende deutsche Einfluss und ein Ausbildungssystem für junge Handwerker waren die Basis für das Handwerk in der Slowakei und daher war sein technologisches Niveau mit dem westeuropäischen vergleichbar. Die Bezeichnungen für handwerkliche Geräte, Arbeitsverfahren und Produkte stammen ursprünglich aus deutscher Sprache. 46

In den deutschen Orten des Hauerlands hatte Handwerk eine wichtige Bedeutung. Es war vor allem auf die Verarbeitung der Produkte dieses Gebietes orientiert. Kremnitz war eines der Hauptzentren der handwerklichen Fertigung in der mittelalterlichen Slowakei. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gab es hier mehr als 100 Handwerker (z.B. Schwertmacher,

44 vgl. FILOVÁ, J. História ťažby zlata na Hornej Nitre [online]. 2009 [zit. 3.3.2010]. Verfügbar über: . 45 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 39. 46 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 40.

26 Handschuhmacher, Buchbinder, Zinngießer, Kupferschmiede, Kürschner, Fleischer, Bäcker, Lebkuchenbäcker, Töpfer u. a.). In Schemnitz gab es hinsichtlich des hochentwickelten Bergbaus eine Vielzahl von Schmieden. Noch im 17. Jahrhundert blieb Schemnitz hinter Neusohl zurück, das gleiche Niveau erreichte Schemnitz erst im 18. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert wurde die handwerkliche Fertigung in Ober-Neutra sehr dynamisch entwickelt. Die Hauptzentren waren Deutsch-Proben und Priewitz. In dieser Gegend florierten Tuchmacherei, Lederherstellung, Schuhmacherei oder Schneiderei. Der außerordentliche Reichtum an Edelmetallen und die Erfindungsgabe der Kunsthandwerker schufen Raum für die Herstellung wertvoller Sakralgegenstände, Tafelgeschirr, Schmuck und Dekorationsgegenstände. 47

4.3 Zünfte

Die Handwerkervereinigungen – Zünfte – entstanden seit dem 14. Jahrhundert in der Slowakei und ihre Organisation richtete sich nach dem Vorbild der in allen deutschen Landen schon seit dem 12. Jahrhundert bestehenden Zünfte. In den bedeutendsten Städten des Hauerlands (Kremnitz, Schemnitz und Deutsch-Proben) entwickelte sich allmählich ein reges Zunftleben.48 Zünfte waren Zwangsverbände, das heißt ein Handwerker konnte nicht selbständig arbeiten, sondern nur als Mitglied einer Zunft. Die Arbeitsweise war in den ,,Zunftbriefen“ festgelegt. Die darin enthaltenen ,,Artikel“ (artikuly) waren nicht beliebig verfasst, sondern mussten zur Begutachtung der Stadtverwaltung vorgelegt werden, um von dieser oder sogar vom König ihre Bestätigung bekommen. Die Mitgliedschaft in den Zünften war anfangs nur auf die Deutschen beschränkt. Die erste Form der Zünfte waren die sogenannten Bruderschaften. 49

Zünfte hatten die Berechtigung, die Lehrlinge aufzunehmen und zu entlassen, die Arbeitszeit und Löhne der Gesellen zu bestimmen. Zwischen den Meistern sollten die Zünfte eine wirtschaftlich-gesellschaftliche Gleichheit, kollegiale Verhältnisse, ein ehrwürdiges Benehmen in der Öffentlichkeit, eine persönliche Teilnahme an der Beerdigung eigener Mitglieder und deren Angehörigen sichern. Für das charakteristischste Zeichen des

47 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku.Komárno, 2002, S. 69-70. 48 Zdroj: Dom stretávania Karpatských Nemcov v Nitrianskom Pravne, 2009. 49 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 45.

27 Zunftwesens hielt man die Pflichtmitgliedschaft in den Zünften für alle Handwerksmeister, weil jeder Handwerker, der außerhalb der Zunft stand, als ,,Fuscher“ betrachtet und von anderen in den Zünften eingetragenen Handwerkern verfolgt wurde. (Horváthová 2002: 56).

Die Lehrlinge (Lehrknechte)

,,Wollte ein Meister einen Jungen in die Lehre nehmen, musste er ihn beim Zechmeister anmelden. Nach vierzehntägiger Probezeit erschienen mit ihm entweder seine Eltern oder der zukünftige Meister von der Zunft, wo gewöhnlich ein Meister mit einer Rede um die Aufnahme des Lehrlings bat.“50 Falls der Junge christlichen Glaubens war, wurde er vom Zechmeister vor der offenen Lade als Lehrling in die Zunft aufgenommen. Die Aufnahme wurde in das Zechbuch eingetragen und die Eltern des Lehrlings mussten das Aufnahmegeld in Höhe von zwei bis zehn Gulden bezahlen. Nach der Lehrzeit, in der Regel von 3 bis 4 Jahren, konnte der Lehrling zum Gesellen erklärt werden. 51

Die Meister

Die Klasse der Meister wurde in Kategorien untergeteilt. Die hochgebildeten Meister hießen die ,,alten Väter“ oder die ,,alten Meister“, die Meister in den mittleren Jahren waren ,,Mittelmeister“, die jüngeren trugen den Titel ,,Meister“ und die jüngsten waren ,,Jungmeister“. Die Einteilung nahm man nach der Anzahl der vorhandenen Meister vor.

Jungmeister waren noch nicht unabhängig und selbständig arbeitende Meister. Sie konnten ihre Arbeit ausüben und ihren Familien Geld übergeben. Sie wurden von den älteren Meistern kontrolliert und hatten noch immer mehr Pflichten als Rechte.

Nach zwei oder drei Jahren wurde der Jungmeister zum Meister erklärt. Meister waren die offiziellen Mitglieder der Zünfte. Sie arbeiteten selbständig und waren für ihre Arbeit persönlich veranwortlich. Sie waren auch verpflichtet nach den Zunftregeln zu leben und sich unter allen Umständen an die Vorschriften zu halten. 52

50 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 46. 51 vgl. ebd., S. 46. 52 vgl. ebd., S. 50-51.

28 Der Zunftvorstand

Der Vorsteher eines Zunftvorstandes war ein Zunft- oder Zechmeister, dem alle Angelegenheiten der Zunft oblagen und der für die Einhaltung der in den Artikeln festgelegten Bestimmungen verantwortlich war. Der Zechmeister ließ die Meister zum ,,Eingang“ (Zunftsitzung) zusammenrufen, führte den Vorsitz und sorgte für die Durchführung der Beschlüsse. Sein Vertreter war der Nebenzechmeister. Schriftführer war der Zunftnotar. Die Zunftangelegenheiten wurden im ,,Eingang“ in Anwesenheit aller Meister erledigt. 53

Die Zechmeisterwahl

Die Amtszeit des Zechmeisters dauerte nur ein Jahr. Die Neuwahl wurde bei einem ,,Eingang“ durchgeführt. Die Zechmeisterwahl war die wichtigste Begebenheit in der Zunft und deshalb nahmen alle Meister an der Wahl teil. 54

4.3.1 Die Zünfte in Deutsch-Proben

In Deutsch-Proben gab es in der Blütezeit des Zunfthandwerks neun Zünfte, vier große – Tuchmacher, Schuhmacher, Kürschner, Schmiede und fünf kleinere – Fleischer, Schneider, Töpfer, Bauerzunft und Tschischmenmacher-Zunft.

Die bedeutendste Zunft war die Tuchherstellung, die auch für den ausländischen Markt bestimmt war. Die Tuchmacherzunft erhielt 1619 die Gründungsurkunde von der Zunft in Modern, weil die Originalurkunde verloren gegangen ist. Es wurde eine Kopie nach dem Muster der Modern-Urkunde angefertigt. Die Anordnungen wurden an die Verhältnisse in Deutsch-Proben angepasst. Der Tuchherstellung widmeten sich 13 Meister, im Jahre 1753 waren es schon 110. Die mit der Tuchherstellung beschäftigte Handwerker hatten sehr gute Bedingungen für ihre Arbeit. Im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde von den Probner Tuchmachern viel Schafwolle aus der regionalen Schafzucht verarbeitet. Ihre Spezialität war das weiße Halenatuch, das weit über das Neutratal abgenommen wurde. Außer des Tuches

53 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 45. 54 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 51.

29 wurden auch dicke Bodenteppiche und Pferdedecken aus Rindenhaaren gefertigt. 55 Nach 1887, als die handwerkliche Fertigung durch Maschinen ersetzt wurde, wurde die Produktion auch auf feine Anzugstoffe ausgedehnt. Das älteste Zechbuch der Schuhmacher ist mit dem 3. März 1644 datiert. Schuhmacher gerbten die Tierhäute für die Erzeugung ihrer speziellen ,,Schuh“ – Stiefel genannt. Diese Schuhe waren ganz genähte, plumpe, faltige ,,Bauernschuhe“ (Bauernstiefel oder Plumpschuhe). Die Kürschner hatten Zunftregeln aus dem Jahre 1618 und das erste Zechbuch beginnt im Jahre 1619. Den Schmiedegesellen gab der Magistrat am 16. März 1643 einen Zunftbrief, der aus 30 Punkten besteht. Die ältesten erhaltenen Zunftregeln hat die Fleischer-Zunft aus dem Jahre 1583. Am 12. November 1645 wurde der Fleischer- Zunft eine aus neun Punkten bestehende Ergänzung übergeben. Die Schneider erhielten die Zunftregeln vom Besitzer der Weinitzer Herrschaft, Stanislaus Christophorus Thurzo im Jahr 1613 und der Magistrat ergänzte und bestätigte sie 1642. Das älteste Zunftbuch der Töpfer begann am 31. Januar 1630. Die letzten Artikel erhielt diese Zunft mit Zustimmung der Kaiserin Maria Theresia und mit der Unterschrift der Statthalterei am 12. Juli 1741. Der Zunftbrief der Bauerzunft wurde vom städtischen Magistrat am 30. Dezember 1714 erneuert. Die Meister der Tschischmenmacher-Zunft sind seit dem 23. April 1730 schriftlich erwähnt. Die Tschischmenmacher verwendeten im Vergleich zu den Schuhmachern feines, verschieden gefärbtes Leder für ihre schöner gestalteten ,,Schuh“. 56

4.3.2 Die Zünfte und Fabriken in anderen Gemeinden

In Kremnitz wurden schon im 15. Jahrhundert verschiedene Zünfte gegründet. In 1446 wurde die Schneiderzunft und im Jahre 1465 die Handwerksgesellenzunft gegründet. Im 16. Jahrhundert kamen noch Halenatuchmacher (halenári), Knopfmacher und Hutmacher dazu. Eine wichtige Rolle von Kremnitz dokumentieren 38 Zünfte im 17. – 18. Jahrhundert. In der Umgebung von Kremnitz verbreitete sich vor allem im 19. Jahrhundert die Produktion der Klöppelspitze, die die ungewisse soziale Situation der Frauen verbesserte. 57

Dank des Bergbaus waren in Schemnitz vor allem Schmiedegesellen. Schemnitz war aber auch ein Zentrum des heimischen Webens. Das Interesse am Schemnitzer Webgarn ist ab

55 vgl. DEDÍKOVÁ, Eva. Geschichte, Mundart und Kultur von Deutsch-Proben. Bratislava, 2004, S. 23. 56 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 52-53. 57 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku.Komárno, 2002, S. 69.

30 1783 gestiegen, als vier Kattunfabriken ihre Zusammenarbeit anboten, daraus zwei aus Österreich. Für die Lanschützer (Bernolákovo) Manufaktur webten etwa 500 Leute. 58

In Krickerhau wurde 1674 die Schuhmacher-Zunft gegründet und außer den üblichen Produkten fertigte die Zunft auch Opanken (krpce). Die Artikel der Schneider-Zunft übernahmen Krickerhauer 1700 aus Freistad (Hlohovec), nur ihre Fassung wurde aus dem Slowakischen ins Deutsche übersetzt. Außer Klöpplerinnen arbeiteten in Krickerhau auch Schindlermacher.59

Eine bedeutende Handwerksstadt des Hauerlands war Deutsch-Proben. In Schmiedshau und Deutsch-Proben war die Stickerei bekannt. Laut weibliche Beschäftigung war vor allem in bergmännischen Gebieten Klöppelei (čipkárstvo). In Kremnitz und Kuneschau arbeiteten Ende des 19. Jahrhunderts mehr als 250 Klöpplerinnen, ihre Waren wurden nach ganz Europa exportiert und hatten viele Abnehmer. Die Klöpplerinnen in Johannesberg und Honneshau waren auch berühmt. Blaudruck wurde in Deutsch-Litta hergestellt. Hervorragende Holzschnitzer gab es in Kuneschau, Fundstollen, Hochwies und Paulisch. Schmiedshau hatte Zimmerleute.60

58 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku.Komárno, 2002, S. 69. 59 vgl. HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku.Komárno, 2002, S. 70. 60 Zdroj: Dom stretávania Karpatských Nemcov v Nitrianskom Pravne, 2009.

31 5. Mundart der Karpatendeutschen

Die Siedler, die das slowakische Land im Mittelalter besiedelten, sprachen ein mittelalterliches Deutsch, welches als ,,Mittelhochdeutsch“ bezeichnet wird. In jeder Ortschaft des Hauerlands wurde eine eigene Mundart gesprochen und trotzdem konnten sich die Menschen gegenseitig verständigen. Nach Pöss (2007: 61) werden folgene Hauptgruppen unterschieden: Kremnitzer Stadtmundart (das Pergstädterische), die Mundart der sieben Ortschaften in der unmittelbaren Umgebung von Kremnitz (Blaufuss, Johannesberg, Ober- und Unterzips, Kuneschhau, Honneshau, Deutsch-Litta) und die Mundart der Gemeinden um Krickerhau und Deutsch-Proben und ihrer Umgebung.

Pöss (2007: 60) führt weiter an, dass die deutsche Mundart von Pressburg und Umgebung zum Teil mi der bayrisch-österreichischen Sprachlandschaft übereinstimmt. In den Oberzipser Mundarten spürt man rhein-fränkische und ostmittelhochdeutsche Elemente. In der Unterzips und im Bodwatal sind bayrische und oberzipser Elemente bemerkbar.

Schon in den Anfängen der deutschen Kolonisation kam es zu einer außerordentlich interessanten sprachlichen Entwicklung. Da neue Einwohner keinen Kontakt mit dem Mutterland hatten, behielten sie alte dialektale Formen. Keine einheitliche Sprache entstand in der Mittelslowakei, weil die Dorfbewohner ein ziemlich introvertiertes Leben führten. In jedem von den Dörfern Hauerlands entwickele sich eine eigene Mundart, was ein ungewöhnliches Ereignis ist. ,,Blaufuss und Kuneschhau sind von sich nur ein paar Kilometer entfernt, aber die Unterschiede in der Mundart sind relativ markant. Die Leute unterhalten sich problemlos, aber manche Wörter und Wortverbindungen sprechen sie ganz anders aus,“ sagte der kuneschhauerische Bürgermeister Ján Ihring im Interview für die Zeitschrift SME. 61

Mit der Mundart der bergmännischen Städten beschäftigte sich der Polyhistor des 17. und 18. Jahrhunderts Matej Bel, der diese Mundart in seinen ,,Notitia Hungariae Novae Historico-Geographica“ erwähnte. Im 19. Jahrhundert befasste sich mit dieser Thematik ein Germanist und Linguist aus Pressburg, Dr. Karl Julius Schröer. Systematisch widmete sich erst ein sudetendeutscher Völkerkundler, Josef Hanika, der hauerländischen Mundart, der diese Mundart in der Kriegszeit erforschte. Hanika interessierte sich sowohl für die Toponymie des

61 vgl. FAJČÍKOVÁ, Kveta. Hauerland – ostrov spomienok [online]. 2008 [zit. 20.3.2010]. Verfügbar über: .

32 Hauerlands als auch für die Untersuchung des Dialekts auf diesem Gebiet. 62

5.1 Mundartliche Benennung der einzelnen Ortschaften des Hauerlandes Gemeinde Der mundartliche Name der Gemeinde 63 Beneschau Benischhaa Bettelsdorf Pereschtschaf Blaufuss - Bries die Brees Deutsch-Litta Luitta / Lötta Deutsch-Proben Proom Drexlerhau Treschhaa Fundstollen D´Wuntschon Gaidel Gaaro Glaserhau Glosahaa Hedwig d´Hääwig Hochwies Houbüs Honneshau Honneshaa Johannesberg Pejag Kremnitz - Krickerhau Krikkahaa Kuneschhau Kunaschaa Münnichwies Menniwais / Bennabüs Neuhau Najhaa Oberstuben Nuastuum Oberturz Obentüez Paulisch Paul´sch Schmiedshau Schmitzhaa Unterstuben - Unterturz Nejd´tüez Zeche Zäch

62 vgl. ĽUPTÁK, Marek. Karpatskí Nemci na Slovensku s prihliadnutím na kremnický a pravnianský jazykový ostrov [online]. [zit. 22.3.2010]. Verfügbar über: . 63 Zdroj: Dom stretávania Karpatských Nemcov v Nitrianskom Pravne, 2009.

33 5.2 Praktische Beispiele der gewählten Mundarten im Hauerland

Deutsch-Proben – Neujahrwunsch

E boä scho benschen a glekselegs neis Joa, a pesʼs os biʼs oäda boa.

E boä scho benschenʼn gedekʼn Tesch, of jem Ekʼn gʼpokn Wesch.

Ond a dʼmet a Wlosch woä Bei, do boänʼs Mimla ondʼs Wetla lostek sei.64

Ich wollte schon wünschen ein glückliches Neues Jah, ein besseres als das alte war.

Ich wollte schon wünschen einen gedeckten Tisch, auf jeder Ecke einen gebackenen Fisch.

Und in der Mitte eine Flasche voll Wein, daß die Frau und der Mann wollten lustig sein.

Deutsch-Litta hai helt sich ad MautʼKeitl 65 er hält sich am Kittel der Mutter

Johannesberg hei steinkt nach Groschen (Šiffalovičová 2008: 44) er stinkt nach Geld

64 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 169. 65 vgl. ŠIFFALOVIČOVÁ, Martina. Karpatendeutsche Phraseologie [online]. 2008 [zit. 26.3.2010]. Verfügbar über: .

34 Krickerhau – Spruch di hobm da Ha: aiʼs Kraut gabjofn66 sie haben die Haue ins Kraut geworfen

Kuneschhau – Spruchweisheit

Bai boll bißn, bos gëut ëist, mouß nië wriegn, bos taia ëist. 67

Wer will wissen, was gut ist, muß nur fragen, was teuer ist.

Neuhau ea hot sich a boams Nä:st ausgesucht (Šiffalovičová 2008: 63) er hat sich ein warmes Nest ausgesucht

Oberstuben dea hot net die Gaschaitheit me ́m Leffel gawressen (Šiffalovičová 2008: 65) er hat nicht die Gescheitheit mit ́m Löffel gefressen

Schmiedshau dar hot da Wiß of da O:ksä ́ij g ́nomma (Šiffalovičová 2008: 44) er hat die Beine auf die Achsel genommen

66 vgl. ŠIFFALOVIČOVÁ, Martina. Karpatendeutsche Phraseologie [online]. 2008 [zit. 26.3.2010]. Verfügbar über: . 67 vgl. OSWALDOVÁ, Renáta. Die kuneschhauerische Mundart von Hauerland. Eine sprachliche Analyse. Bratislava, 2005/2006, S. 86.

35 DEUTSCH PROBNERISCH68 KUNESCHHAUERISCH69 Abend Ómt Uumt Ader Ode Uuda Affe Off Of Baum Paam Paam fahren woen waum Farbe Woeb Waup Fleisch Wlaasch Wlaasch Frau Wraa Wrao frei wrai wraë fremd wremd wremt Freude Wraad Wraët Fuchs Wukss Wauks Hase Hos Hoos lang long long lustig lostig lusteig Seife Saaf Saaf Seite Saat Saët Tisch Teesch Tisch Traum Traam Traam Wein Bai / Bei Baë Winkel Benke Bëinkļ Winter Bente Baënta wissen bessn bissn Wort Boet Baut Wurm Buem Baum

68 vgl. DEDÍKOVÁ, Eva. Geschichte, Mundart und Kultur von Deutsch-Proben. Bratislava, 2004, S. 35-48. 69 vgl. OSWALDOVÁ, Renáta. Die kuneschhauerische Mundart von Hauerland. Eine sprachliche Analyse. Bratislava, 2005/2006, S. 65-75.

36 6. Berühmte Persönlichkeiten des Hauerlands

Der Maler Jakub Veneny Jakub Veneny wurde am 23. Juli 1886 in Klein-Proben (Pravenec) als ältester Sohn von sechs Kindern des Försters Johann Veneny und seiner Frau Rosalie Elischer geboren. Er studierte am Gymnasium in Priewitz und später an der Lehrerbildungsanstalt in Kloster. Veneny trat nach seinem Studium die Stelle des Lehrers in Ober-Schutotz (Horné Šútovce) an. Er heiratete die Lehrerin Maria Priering und beide wurden an die Volksschule in Andreasdorf (Koš) versetzt. Im Ersten Weltkrieg war er in russischer Gefangenschaft und dank seiner sprachlichen Begabung wurde er dort meist als Dolmetscher tätig. Er war ein Mitglied des Vereins Slowakischer Künstlers. Er wurde 1932 zum Direktor der deutschen Volksschule in Gaidel ernannt. Nach 1941 zog er nach Deutsch-Proben um. Seit 1944 lebte er in Trentschin, wo er am 27. Dezember 1967 starb.

Venenys Bilder charakterisieren eine realistische Abbildung der Wirklichkeit, mit der Neigung, Details genauer aufzunehmen. Er malte hauptsächlich Landschaftsbilder aus seiner Umgebung. Seine Aquarelle und Ölgemälde waren meist thematisch an seine Umwelt gebundene landschaftliche Kompositionen, die vor allem die Natur und das Dorfleben der Region Obere Neutra veranschaulichten. Er respektierte das Spiel von Licht und Schatten, benutzte oft einen hellen Hintergrund und satte Farben. Er malte frei, ohne Vorzeichnung, immer mit Nachdruck auf eine bestimmte und präzise Charakteristik im Detail gerichtet. In der Landschaft suchte er vor allem Gefühl und Atmosphäre, die er mit Farben darstellen konnte. Seine Bilder mit volkskundlicher Thematik stellen ein wertvolles historisches Dokument über Deutsch-Proben, Gaidel und andere Dörfer der Umgebung dar. 70

Der Bildhauer Josef Damko

Josef Damko wurde am 15. Oktober 1872 in der Familie des Kürchners und Mauermeisters Jozef Damko und seiner Frau Rosina Wesserle als erstes Kind geboren. Schon in der Volksschule entwickelte sich bei ihm das Interesse am Malen, hier erlangte er eine Vorbildung, hier waren die Anfänge seiner Gabe und seines Talents für die Kunst und Schönheit. Als 13-jähriger ging er als Mauerlehrling nach Budapest. Sein Meister entdeckte

70 Múzeum kultúry karpatských Nemcov, Bratislava, 2009.

37 Josefs Talent und empfahl ihn einem schon damals bekannten Bildhauer, Alojz Štróbl, der als Professor an der Akademie in Budapest tätig war. Unter seiner Leitung wurde Damko ein akademischer Bildhauer, der mit seinem Werk in der ganzen Welt berühmt war. Josef Damko starb am 11. Dezember 1955 in Budapest. 71

Die akademische Bildung erweiterte er in Paris an der Julien Akademie und in den Jahren 1904-1907 auf einem Studienaufenthalt in Rom. Er beschäftigte sich mit kleinen Terrakotta Figuren, 20-50 cm groß, die häufig von einem launischen Humor begleitet sind und die sowohl die ungarische Volksseele charakterisieren, als auch typische Berufe der damals verbreiteten deutschen Bevölkerung in Ungarn darstellen, z. B. ,,Der alte Schäfer“, ,,Der ungarische Bauer“, ,,Puszta Richter“ oder ,,Angebot zum Kosten“. Der Künstler konnte auf der Suche nach neuen Motiven nicht die Armut und das Elend bei der einfachen Bevölkerung übersehen, deswegen porträtierte er auch solche Gestalten, die nur schwer verkäuflich waren. Diese Gestalten dienen als Dokumentierung für die Nachwelt ( ,,Das Elend“, ,,Der Holzsammler“, ,,Alte Bäuerin“...). Alle Repräsentanten der Armut, des Elends und des Alters porträtierte Damko realistisch, mit leidenden oder vergrämten Gesichtsausdrücken. 72

Die schnell fortschreitende Industrialisierung und Mechanisierung der Landwirtschaft und der Bauboom förderten ein Aufblühen der Künste. In dieser Epoche realisierte Damko seine großartigen Werke: ,,Königin Elisabeth“ im Park am Budaer Donauufer, ,,Der Schuster“, ,,Der Kavalerist“, ,,Elisabeth von Österreich“, ,,Kaiser Franz Josef I.“... .73 Damko ist der Autor des Grabmales für Papst Sylvester II., seine großen Marmorstatuen verzieren viele Kirchen in Budapest und in anderen Zentren ungarischer Städte. Mit Werken, die er in Rom fertigte, beteiligte er sich an Ausstellungen in Paris, Venedig und Rom. 74 Außerdem nahm er an Ausstellungen in Budapest, Turin, London, St. Luis (USA), Valencia, Monza und Barcelona teil. Damko widmete sich während seines Lebens hauptsächlich der Denkmal- und Sakralkunst, Statuen- und Reliefkunst, für die er viele Preise gewann: Auszeichnung vom Medaillenkammerverein, Harkanyi Preis, Saxlehner Preis, Halmos Preis, Silber- und Goldmedaillen u.a. Sein Lebenswerk, das im Raum Slowakei bewahrt wurde, ist in den Sammlungen vom Weinitzer Schloss dargestellt. 75

71 vgl. B.H. Osobnosti nášho regiónu: Jozef Damko [online]. 2002 [zit.13.3.2010]. Verfügbar über: . 72 vgl. KOLEKTÍV AUTOROV. Josef Damko und sein Werk. Nitrianske Pravno, S. 15. 73 vgl. ebd., S. 22. 74 vgl. ebd., S. 27. 75 vgl. ebd., S. 114.

38 Der Historiker, Münzsammler und Universitätsprofessor Josef Wesserle Josef Wesserle wurde in einer kinderreichen Familie eines Gerbers am 12. März 1781 in Deutsch-Proben geboren. Die Grundbildung erlangte er in Priewitz und später setzte er seine Ausbildung mit Studien in Tat und Székésfehérvár fort. In Vacov studierte er Philosphie und Jura. Sein Studium beendete er mit einem Doktortitel und gleich im Anschluss begann er als Professor der Philosphie, Geschichte und der ungarischen Sprache und Literatur in Diakovár zu arbeiten. 1810 wurde er Professor an der Königakademie in Kaschau, wo er auch Bibliothekar war. Er beherrschte die lateinische, ungarische, deutsche, französische und slowakische Sprache. Ab 1817 übte er die Funktion eines Professors am Lehrstuhl der Numismatik und Archeologie an der Universität in Pest aus. Seine private numismatische Sammlung enthielt 4896 Stücke römischer und griechischer Münzen, die Sammlung der ungarischen Münzen hatte 10912 Stücke. Zusammen mit der Sammlung von Stephan Schönwisner stellte sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Höhenpunkt der numismatischen Forschung dar. 1822 wurde er zum Dekan der philosphischen Fakultät erklärt. Am 30. Juli 1838 sollte er Rektor der Universität werden, aber in der Nacht vor der Ernennung starb Wesserle unerwartet. Er ist in Budapest begraben. 76

Der Sprachwissenschaftler Andrej Briestenský Andrej Briestenský wurde am 10. Dezember 1769 in Deutsch-Proben geboren. Er war ein katholischer Priester, national-kultureller Arbeiter und eifriger Anhänger des sprachlichen und nationalen Programms von Anton Bernolák. Er stammte aus einer Edelfamilie aus Bries (Briešte). Briestenský studierte Theologie in Pressburg, wo er sich mit dem Gründer der ersten slowakischen Schriftsprache Anton Bernolák traf. Er war als Pfarrer in Šoškút und Ercs tätig. Während seiner Wirkung im Pfarrbezirk war er ein aktives Mitglied der ,,Slowakischen gelehrten Gesellschaft“ und widmete sich der Volksbildung. Zu seinen literarischen Werken zählt man das in ,,Bernolák-Slowakisch“ verfasste Gebetbuch, die 1817 in deutscher Sprache herausgegebene ,,Slowakische Grammatik“, das ,,Abc-Buch“ und das ,,Slowakisch-ungarische Abc-Buch“. Viele von seinen Abhandlungen blieben in seiner Handschrift, die unter dem Namen ,,Miscellanae“ bekannt sind. Außer sämtlichen Schriften hinterließ er auch eine wertvolle Bibliothek. 77

76 vgl. KOLEKTÍV AUTOROV. Nitrianske Pravno 1335 – 1985. Nitrianske Pravno, 1985, S. 197. 77 vgl. KOLEKTÍV AUTOROV. Nitrianske Pravno 1335 – 1985. Nitrianske Pravno, 1985, S. 190.

39 Weitere bekannte Menschen des Hauerlands waren:

Pädagoge und Methodiker Inocent Alex Greschner (1780 – 1834) Professor, Doktor, Philologe, Schriftsteller und Abt Vojtech Briestenský (1786 – 1851) Pädagoge und Publizist Ján Nepomuck Greschner (1805 – 1851) Historiker Gabriel Ceizel (1835 – 1920) Publizist und Gönner Venant Ceizel (1837 – 1881) Naturwissenschaftler Jozef Loczka (1855 – 1912) Naturwissenschaftler, Sprachwissenschaftler und Historiker Josef Bossanyi (1855 – 1946) Priester Anton Richter (1863 – 1942) Pädagoge, Ethnograph und Publizist Stephan Mathias Richter (1865 – 1951) Bischof Dr. Josef Lányi (1868 – 1931) Lehrer und Musiker Alojz Diera (1879 – 1958) Baumeister Anton Briestenský (1885 – 1957) völkerkundlicher Sammler und Publizist Anton Damko (1892 – 1970) Archivar und Kustos des Heimatmuseums Anton Wesserle Historiker und Sammler Jozef Kotschner Regisseur Ján Roháč (1932 – 1980)

40 7. Die Vertreibung und das Leben der Karpatendeutschen nach dem Jahre 1945

Das Leben der Karpatendeutschen hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg wesentlich verändert. Aufgrund der Beneš-Dekrete sind sie ehr-, recht- und besitzlos geworden. 78 Die Mehrheit von ihnen kehrte ins ehemalige Heimatland zurück und diejenigen, die verblieben, waren gezwungen, Mitglieder der reinen slowakischen Gesellschaft zu werden.

Die deutsche Bevölkerung wurde schon im Mai 1945 aus dem normalen Leben absolut ausgeschlossen. Die Deutschen durften weder Mitglieder politischer Parteien noch in Vereinen versammelt sein und nach dem Kaschauer Regierungsprogramm vom April 1945 wurde allen Karpathendeutschen außer Antifaschisten und in gemischten Ehen lebenden Deutschen die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft entzogen und ihr mobiles und immobiles Eigentum konfisziert.79

Die Vertreibung der Karpatendeutschen aus dem slowakischen Gebiet blieb sicher in Erinnerungen von allen Einwohnern. Zu den schlimmsten Ereignissen zählt Pöss (2007: 15) die planmäßige Evakuierung der Deutschen aus der Slowakei, die im Herbst 1944 stattfand. ,,Von den 150 000 Karpatendeutschen verließen vor Kriegsende im Rahmen der Evakuation ungefähr 130 000 Personen die Slowakei. Die evakuierten Deutschen hinterließen ein beträchtliches mobiles und immobiles Eigentum, das in Folge von Chaos und Machtvakuum oft Diebstählen und Raub zum Opfer fiel.“80

In den Jahren 1944 – 1945 geschahen tragische Vorkommnisse, die das Schicksal der Karpatendeutschen betrafen. Bei den schlimmsten Maßnahmen kamen viele unschuldige Menschen ums Leben. ,,In den von den Partisanen beherrschten Regionen wurde die deutsche zivile Bevölkerung Opfer von Gewalt und Mord.“ 81 In den Gemeinden Glaserhau, Rosenberg, Schemnitz und Magurka fanden den Tod Hunderte Männer. ,,In meinem Priesterleben musste ich mehrere traurige Pflichten erfüllen. Zu den schlimmsten gehörte der Eintrag von ungefähr 70 Namen der Erschossenen in die Schemnitzer Matrikel der Verstorbenen Ende September 1944. Viele von den Toten konnten nicht identifiziert werden.“ 82

78 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 19. 79 vgl. ebd., S. 17. 80 vgl. ebd., S. 15 81 vgl. ebd., S. 15. 82 vgl. BABIK, J. Kolektívna vina. Prešov, 2003, S. 25.

41 Diejenigen, die in der Slowakei geblieben, oder von der Evakuierung zurückgekommen sind, verließen auf Grund des Prinzips der Kollenktivschuld elementare Bürgerrechte. Fast alle wurden in Arbeits- oder Sammellagern unter unmenschlichen Bedingungen interniert und Taten, die gegen sie begangen wurden, wären unter normalen Umständen strafbar.83

Anzahl der Deutschen auf heutigem slowakischen Staatsgebiet bei der Volkszählung:

1880: 228.799 / 221.771 (9,3%/ 9,1%)

1910: 198.385 / 198. 755 (6,8%)

1921: 139.900 (4,7%)

1930: 148.214 (4,5%)

1947: 24.000 (0,7%)

1961: 6.266 (0,2%)

1980: 4.093 (0,1%)

1991: 5.414 (0,1%)

2001: 5.405 (0,1%)84

Wie man anhand der Übersicht sieht, war die Existenz der Karpatendeutschen Ende der 80er Jahre wegen der bewussten Assimilation und Auflösung der deutschen Schulwesens ernsthaft bedroht. Eine neue Hoffnung kam nach 1989. Der Karpatendeutsche Verein (KDV) und die slowakische Regierung schätzen, dass die Zahl aus dem Jahre 2001 doppelt so hoch ist.85

Heutzutage bemüht sich das Kulturministerium der Slowakischen Republik in Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland und anderen ausländischen Organisationen sowohl moralisch als auch materiell die in der Slowakei lebenden Karpatendeutschen zu unterstützen. Ziel ist es, die Kultur und Traditionen wieder zu erneuern.

83 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 17. 84 vgl. Sonderblatt. Poprad, 2008. 85 vgl. PETRÁŠOVÁ, Mária. Karpatskí Nemci na Slovensku a v oblasti Nitrianskeho Pravna . Nitra, 2005, S. 84.

42 7.1 Vereine der Karpatendeutschen

7.1.1 Karpatendeutscher Verein

Der Karpatendeutsche Verein (KDV) wurde am 27. August 1990 durch eine Registrierung im Innenministerium der Slowakischen Republik gegründet. Der KDV in der Slowakei ist eine überparteiliche und überkonfessionelle, gesellschaftliche und kulturelle Vereinigung von Bürgern der Slowakei deutscher Nationalität, deutscher Herkunft oder deutscher Muttersprache. Mitglieder können alle Sympathisanten der deutschen Minderheit in der Slowakei und ihrer Kultur werden. Der KDV hat seinen Sitz in Kaschau. Das Symbol des KDV ist ein Wappen, welches aus den Symbolen der drei deutschen Siedlungsgebiete in der Slowakei – Pressburg, Kremnitz und Kesmark und dem slowakischen Doppelkreuz besteht. Für die wichtigsten Ziele des KDV hält man die Wiederbelebung und Festigung der Identität der deutschen Minderheit in der Slowakei, Schutz der deutschen Kultur, Unterstützung von Aktivitäten der Jugendlichen deutscher Herkunft, Veröffentlichung ursprünglicher Literatur und Wiederbelebung der deutschen Sprache. Der KDV hat ca. 4800 Mitglieder in 32 Ortsgemeinschaften, die auf Grund ihrer historischen und territorialen Zugehörigkeit in fünf Regionen zusammengeschlossen sind: Pressburg, Hauerland, Oberzips, Unterzips, Bodwatal. Heutzutage ist der Vorsitzende des KDV Ondrej Pöss. 86

7.1.2 Karpatendeutsche Assoziation

Eine effiziente Hilfe der Bundesrepublik Deutschland in der Slowakei ist die wirtschaftliche Förderung kleiner und mittlerer Privatunternehmer in den Regionen der Karpatendeutschen. Die Karpatendeutsche Stiftung für die Unterstützung wurde im Jahre 1993 gegründet und im November 1997 in eine bürgerliche Vereinigung umgewandelt. Die Karpatendeutsche Assoziation ist im Innenministerium der Slowakischen Republik registriert und hat ihren Sitz in Kaschau. Karpatendeutsche Assoziation leitet der Vorsitzende Ján König.87

86 vgl. Sonderblatt. Poprad, 2008. 87 vgl. Karpatskonemecký spolok na Slovensku . [online]. 2009 [zit.6.12.2009]. Verfügbar über: .

43 7.1.3 Internationale Kontakte Jugendarbeit- Karpatendeutsche Jugend (IKeJA-KDJ)

Im Rahmen des KDV wurde 1997 die Interessengruppe der Jugend IkeJA gegründet, die sich im Jahre 2000 vom KDV abtrennte und seither als eine selbständige Organisation tätig ist. 2001 wurde ebenso ,,Jugend des KDV“ gegründet. Am 14. Februar 2004 beschloss die Jugendversammlung der Jugendorganisation IKeJA und die Karpatendeutsche Jugend, eine einheitliche karpatendeutsche Jugendorganisation unter dem Namen IKeJA-KDJ einzurichten. IKeJA-KDJ ist eine Organisation für junge slowakische Bürger deutscher Abstammung oder deutscher Nationalität oder für diejenigen, die an deutscher Kultur interessiert sind. IKeJA- KDJ arbeitet mit dem KDV in der Slowakei zusammen. Sie hat insgesamt mehr als 1000 Mitglieder. IKeJA-KDJ organisiert verschiedene Veranstaltungen für Jugendliche im Bereich Bildung und auch Unterhaltung nicht nur in der Slowakei. IKeJA-KDJ unternimmt Ausflüge ins Ausland, wo man neue Kontakte knüpfen und neue Länder kennenlernen kann. ,,Ziel der IKeJA-KDJ ist es, alle positiven, humanistischen und demokratischen Traditionen des historischen und christlichen Erbes deutscher Kultur in der Slowakei zu pflegen und zu entwickeln,“ sagt die Vorsitzende der IKeJA-KDJ Andrea Kluknavská. 88

7.2 Karpatendeutsche Zeitschriften

7.2.1 Karpatenblatt

Seit Juli 1992 erscheint in deutscher Sprache das „Karpatenblatt“ als Monatsblatt der Deutschen in der Slowakei. Das Blatt wird vom Kulturministerium der SR unterstützt und in Deutschendorf herausgegeben. Julius Kiss war der Gründer und Chefredakteuer des Karpatenblattes. Heutzutage wird Karpatenblatt von Dr. Andrzej Mikolajeczek geleitet. Das Karpatenblatt ist auf mehreren internationalen Foren anerkannt worden. Für den Artikel „Der Friedhof in Zborov – Zeichen der Versöhnung“ zum Anlass des 50. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges, wurde dem Karpatenblatt der Journalistenpreis der Evangelischen Medienakademie in Frankfurt am Main verliehen. 89

88 vgl. Sonderblatt. Poprad, 2008. 89 vgl. Sonderblatt. Poprad, 2008.

44 7.2.2 Deutsch-Probner Heimatblatt

Das Deutsch-Probner Heimatblatt ist ein Heimatblatt für Deutsch-Probner in aller Welt, das drei mal jährlich erscheint. Es wird schon seit 21 Jahren vom Arbeitskreis Deutsch-Proben herausgegeben. In diesem Blatt kommen Artikel vor, die von den Bewohnern Deutsch-Probens verfasst werden und entweder aktuelle Ereignisse betreffen oder über die Geschichte der Gemeinde informieren. 90

7.3 Kulturelle Begegnungen der Karpatendeutschen

Die Organisationen Karpatendeutscher Verein oder IKeJA-KDJ veranstalten während des Jahres verschiede Begegnungen oder Feste bei den speziellen Anlässen, die dann entweder regelmäßig jedes Jahr oder nur einmalig stattfinden. Über mehrere Feste, Projekte, wie auch Treffen informiert monatlich das Karpatenblatt oder Deutsch-Probner Heimatblatt. Falls man eine Gelegenheit verpasst, an einer Veranstaltung vom Angebot teilzunehmen, berichtet man über das Geschehen in einer schon erwähnten Zeitschrift. Zum Beispiel im Dezember 2008 organisierte der Vorstand des KDV eine Weihnachtsveranstaltung und Adventabend, damit sich die Menschen durch Lieder, Vorträge und Gedichte an das Leben unserer Eltern erinnerten. Dann sangen die Teilnehmer Weihnachtslieder und es gab noch einen Wettbewerb mit kurzen Sprüchen im Krickerhauer Dialekt. 91

Auch Mitglieder der OG des KDV in Deutsch-Proben bereiten in Winterzeit jedes Jahr verschiedene Aktivitäten vor. Die Wintersaison fängt mit dem Nikolaustag an und es geht weiter mit dem Faschingsfest, Treffen der Jugendlichen aus der IKeJA-Region Hauerland und der Generalversammlung. Faschingsfest erlebt man regelmäßig auch in Schmiedshau. Die Erwachsenen können trinken und tanzen und die Kinder haben einen Karneval im Kulturhaus.92

Der Verein Neutrataler feierte vor zwei Jahren im Dezember sein zehnjähriges Bestehen. Vereinmitglieder engagierten sich für das Wiederaufleben von Brauchtümern und Traditionen. In Gaidel gingen die Frauen und Männer in Trachten in die Kirche zur feierlichen

90 vgl. Deutsch-Probner Heimatblatt. Grassau, Folge 57/2007, S. 32. 91 vgl. Karpatenblatt. Poprad, 1/2009, S. 4. 92 vgl. Karpatenblatt. Poprad, 4/2009, S. 6.

45 Messe. Das Projekt hatte Erfolg, man konnte 10 wunderschöne Trachten sehen. Ziel des Projektes war, der heutigen modernen Generation die früheren Traditionen näher zu bringen. 93

Ein schönes Fest war im September 2008 in Schmiedshau. Man feierte Kirmes – eine Kirchweih. Es belebte eine uralte Sitte und Tradition. Das ganze Programm war bunt. Es gab ein Konzert der Blasmusiker, dann trat die Schmiedshauer Singgruppe auf und Tanzgruppe präsentierte ihre Kunst. Alle Zuschauer aßen Gulasch und gegrillte Würste. 94

Die wichtigste und älteste Veranstaltung im Hauerland ist das Hauerlandfest. Die Anfänge reichen bis die Zeit des 650. Jahrestages der ersten Erwähnung der Gemeinde Kuneschhau. Man wollte die Region Hauerland vereinigen und ein Festival ist die beste Gelegenheit. Am Hauerlandfest nehmen jedes Jahr nicht nur die Einwohner des Hauerlandes teil, sondern auch die Mitglieder aus der ganzen Slowakei und aus dem Ausland. Das Hauerlandfest hat eine schöne Tradition, die von großer Bedeutung ist, weil man neben dem bunten und lebendigen Programm auch kulturelle Möglichkeiten und touristische Ziele des Hauerlandes nützen kann. 95

93 vgl. Karpatenblatt. Poprad, 1/2009, S. 5. 94 vgl. Karpatenblatt. Poprad, 10/2008, S. 5. 95 vgl. Karpatenblatt. Poprad, 9/2009, S. 7.

46 Hauerland- mein Heimatland

Hauerland- mein Heimatland, man kennt wohl deinen Namen, doch wer weiß, wie schön die Wälder sind, die rauschend dich umrahmen?

Und sind wir heut auch fern von dir- das Herz bleibt dir verbunden- über Grenzen und die Zeit hinweg woll´n wir dies stets bekunden.

Hauerland- mein Heimatland, de Erbe unsrer Ahnen- der Welt, die allzuschnell vergißt, gilt unser Ruf und Mahnen.96

Hanni Würch-Nikles

96 vgl. WOHLAND, Ludwig. Hauerländer erzählen: aus unserem Leben . Stuttgart, 1998, S. 222.

47 8. Zusammenfassung

In meiner Bakkalaureatsarbeit wollte ich sowohl die Geschichte der Karpatendeutschen im Gebiet Mittelslowakei als auch das gegenwärtiges Leben andeuten und die Gründe der Ankunft und Ausweisung, voriges und heutiges Leben dieser Etnikgruppe in unserem Gebiet aufklären. Auf diese Weise möchte ich auch den Leser motivieren und bei ihm Interesse für diese Minderheit wecken, nicht nur in allgemeiner Hinsicht, sondern auch aus der Sicht des sich für die Bedeutung dieser Gruppe interessierenden Menschen.

Mit der Beschreibung der Kolonisationszentren habe ich den Leser über die slowakischen Gebiete, die von deutscher Bevölkerung besiedelt oder gegründet wurden, informiert. Ich brachte auch Organisationen in der Slowakei näher, die hier entstanden, um die Kultur, die Arbeit, das Brauchtum und die Sprache zu bewahren. Eines von meinen Zielen war, tiefer auf die Problematik einzugehen und gewonnene Informationen einheitlich zu Gesamtheit zu präsentieren, damit eventuelle interessierte Leser Antworten auf Fragen finden, ohne andere spezifische Bücherpublikationen suchen zu müssen.

Meines Erachtens sind Karpatendeutsche ein wichtiger Teil der Geschichte und Gesellschaft der Slowakei. Sie haben ins unser Heimatland viel von ihren Traditionen und von ihrer Kultur mitgebracht, die sich wesentlich von der slowakischen unterscheidet. Zum Glück ging sie unter dem Einfluss der Verbote und Anordnungen nicht unter. Sie verdient nicht nur deshalb unseren Respekt und unsere Aufmerksamkeit.

48 9. Anhang

Siedlungsgebiet Hauerlande im Jahre 1940 97

98

97 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 26. 98 vgl. HOCHBERG, Ernst. Einführung in die Geschichte der Karpathendeutschen in der Slowakei [online]. 2000 [zit.10.4.2010]. Verfügbar über: .

49 Wintertracht Festliche Sommertracht mit zwei Goldhauben99

Die Bekleidung der Bergleute im Hauerland 100

99 vgl. RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben. Stuttgart, 1979, S. 177. 100 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 26.

50 Heilige Elisabeth, Terrakotta aus Bronze Alter Schäfer, Terrakotta, 20 cm hoch, 1932, Privatbesitz101 1900102

Gemälde von Jakub Veneny103

101 vgl. KOLEKTÍV AUTOROV. Josef Damko und sein Werk. Nitrianske Pravno, S. 83. 102 vgl. KOLEKTÍV AUTOROV. Josef Damko und sein Werk. Nitrianske Pravno, S. 12. 103 Múzeum kultúry karpatských Nemcov, Bratislava, 2009.

51 Sortiment der Töpfer aus dem Hauerland 104 Musterblatt für Steingut aus Kremnitz 105

Musterblatt für Steingut 106

104 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 41. 105 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 43. 106 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 43.

52 Tuchmacher aus Deutsch-Proben beim Prüfen der Schafwolle 107

107 vgl. PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . Bratislava, 2007, S. 41.

53 10. Bibliografie

Primärliteratur:

DEDÍKOVÁ, Eva. Geschichte, Mundart und Kultur von Deutsch-Proben: Diplomarbeit. Bratislava: Univerzita Komenského, Pedagogická fakulta, 2004.

HORVÁTHOVÁ, Margaréta. Nemci na Slovensku: Etnokultúrne tradície z aspektu osídlenia, remesiel a odievania. Komárno - Dunajská Streda: Lilium Aurum, 2002.

KOLEKTÍV AUTOROV. Chute a vône Slovenska. Martin: Slovenské národné múzeum, 2007.

KOLEKTÍV AUTOROV. Josef Damko und sein Werk. Nitrianske Pravno.

KOLEKTÍV AUTOROV. Nitrianske Pravno 1335 – 1985. Nitrianske Pravno: Miestny národný výbor v Nitrianskom Pravne, 1985.

OSWALDOVÁ, Renáta. Die kuneschhauerische Mundart von Hauerland. Eine sprachliche Analyse. Bratislava: Slowakisches Nationalmuseum – Museum der Kultur der Karpatendeutschen, 2005/2006.

PETRÁŠOVÁ, Mária. Karpatskí Nemci na Slovensku a v oblasti Nitrianskeho Pravna: diplomová práca. Nitra: Univerzita Konštantína Filozofa, Filozofická fakulta, 2005.

PÖSS, Ondrej/ TAKÁČ, Ladislav. Kolektívna vina. Prešov: Vydavateľstvo Michala Vaška, 2003.

PÖSS, Ondrej. Geschichte und Kultur der Karpatendeutschen . 1. Ausgabe. Bratislava: Slowakisches Nationalmuseum – Museum der Kultur der Karpatendeutschen, 2007.

RICHTER, Stephan/ SCHWERTSIK, Mathias. Deutsch-Proben: wie es daheim war. 1. Ausgabe. Stuttgart: Hilfsbund karpatendeutscher Katholiken, 1979.

WOHLAND, Ludwig. Hauerländer erzählen: aus unserem Leben. 1. Ausgabe. Stuttgart: Hilfsbund karpatendeutscher Katholiken, 1998.

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Deutsch-Probner Heimatblatt. Grassau: Arbeitskreis Deutsch- Proben, 2007.

Dom stretávania Karpatských Nemcov v Nitrianskom Pravne, 2009.

EIBEN, Anton. Die deutsche Besiedlung des Bodwatales [online]. 2003 [zit. 4.12. 2009]. Verfügbar über: .

FAJČÍKOVÁ, Kveta. Hauerland – ostrov spomienok [online]. 2008 [zit. 20.3.2010]. Verfügbar über: .

FILOVÁ, J. História ťažby zlata na Hornej Nitre [online]. 2009 [zit. 3.3.2010]. Verfügbar über: .

HOCHBERG, Ernst. Einführung in die Geschichte der Karpatendeutschen in der Slowakei [online]. 2000 [zit. 6.12. 2009]. Verfügbar über: .

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Karpatenblatt. Poprad: Karpatendeutscher Verein in der Slowakei, 2008-2009.

ĽUPTÁK, Marek. Karpatskí Nemci na Slovensku s prihliadnutím na kremnický a pravnianský jazykový ostrov [online]. [zit. 22.3.2010]. Verfügbar über: .

Sonderblatt, Poprad: Karpatendeutscher Verein in der Slowakei, 2008.

ŠIFFALOVIČOVÁ, Martina. Karpatendeutsche Phraseologie [online]. 2008 [zit. 26.3.2010]. Verfügbar über: .

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