Originalveröffentlichung in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 81 (2018), S. 242-255

Lena Bader Verdrängte Orte und einverleibte Bilder Die Antropofagia-Bewegung im Spiegel transregionaler Bilderwanderungen

I. Un peu d’Humour? aus Paris vorgesehen. Trotz aller Euphorie und Präzision, mit der die Neuigkeiten angekündigt Als 1931 nach jahrelanger Planung die Pariser werden, kann für den Leser kein Zweifel be­ Kolonialausstellung eröffnet, ist das Echo in stehen: Der Artikel ist Satire; es geht, wie ein den Medien stark. Das parallel zur Ausstellung Hinweis in der rechten oberen Ecke bestätigt, lancierte Journal de l’exposition coloniale ist nur um »un peu d’Humour...«. Das auf die Spitze eine Stimme im Gewirr der sich Überschlagen­ getriebene Detournement hätte alle Ingredien­ den Meldungen. Eine auf der vorletzten Seite zen, produktive Verwirrung zu stiften, wären der Juni-Ausgabe platzierte Annonce hätte da nicht die sechs begleitenden Darstellungen kaum mehr Gewicht gehabt, trüge sie nicht den (Abb. 1). In ihnen scheinen alle schwarzen Ak­ sensationellen Titel Exposition de Blancs chez teure klischeehaft verzerrt und auf Marionetten les Noirs. Der Artikel stammt von Max Deau­ verdutzter Zuschauer reduziert, wohingegen die ville und berichtet von vorangeschrittenen weißen Präsentatoren als belehrende Wissens ­ und nunmehr abgesegneten Plänen, die »Ein­ übermittler hervortreten. Das letzte Bild zeigt heimischen« aus der Metropole 1934 unter den die »Rachedes Weißen Mannes«: eine umge­ Palmen von Timbuktu auszustellen. 1 Unter der kehrte Kannibalenszene, aus der der Europäer Leitung von Andre Citroen würde ein Konvoi zwar nackt, aber mit dem Leben davonkommt; von Autofahrzeugen die »weißen Urbewohner« der Andere, der Fremde, ist und bleibt Opfer. in die Ferne transportieren. Vor Ort seien Trotz demonstrativer Umkehrung scheinen neben einem »Stand Peugeot« auch Konzerte die Hierarchien bewahrt. Die Bilder sind un­ sowie Spektakel mit diversen Schaustellerinnen gewohnt und dennoch vertraut.

1 Zwei Darstellungen aus dem Journal de /'Exposition coloniale, Juni 1931

242 Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 Die Zeichnungen erweisen sich als Karikatur eines unmöglichen Detournements, in dem die tradierten Macht- und Rollenverhältnisse der Kolonialherrschaft umso vehementer durch­ scheinen. Sie sind ein negatives Pendant zu den von Viktoria Schmidt-Linsenhoff im ersten Kapitel ihres Buches Ästhetik der Differenz ana­ lysierten »Künstler- und Entdeckerblicken«, die inmitten der europäischen Kolonialkulturen ästhetische Spielräume für Selbstreflexion und Subversion eröffnen.2 Gerade weil sie vorgeben, Differenz anders erfahrbar zu machen, lassen die französischen Karikaturen kaum mehr »dif- ference within«3 zu und bestärken stattdessen hegemoniale Diskursmuster im Medium des Bil­ des. Sie antworten auf höchst defensive Art und Weise auf die beeindruckende Bandbreite inter­ kultureller Begegnungen, die in den sogenannten Annees Folles in Paris zusammenkam - von for­ cierten und pervertierten Beziehungen im Rah­ men der >zoo humains< bis hin zu idealisierten, imaginierten Bewegungen und realen Kontakten 2 ,» Negra, 1923, Öl auf Leinwand, 100 x 81,3 cm. im Umkreis der Avantgarde-Künstler. Wie das Säo Paulo, Museu de Arte Contemporänea da Universidade de Beispiel Tarsila do Amarals aus Säo Paulo zeigt, Säo Paulo war die Ambivalenz der Begegnung auch für die Erfahrung der aus anderen Ländern angereisten Künstler und Intellektuellen prägend. Ihre Bilder der Hundertjahrfeier der brasilianischen Un­ aber zeugen von einer anderen Art der Auseinan­ abhängigkeit statt und gilt als Initialzündung dersetzung mit Vorbildern und Vorurteilen; sie der Moderne.4 Im Jahr darauf schuf Tarsila do zeugen von einer anderen Art des Umgangs mit Amaral A Negra (Abb. 2): die Darstellung einer der Erinnerung an das nie Gesehene.schablonenhaft reduzierten schwarzen Figur mit fülliger Brust und dicken Lippen. Sie ist im Schneidersitz dargestellt, beide Hände vor II. A Negra - Tarsila do Amaral in Parisdem Bauch gekreuzt, als hielten sie eine Brust und verdeckten die andere; ihr Blick scheint Gemeinsam mit der Malerin und direkt an den Betrachter gerichtet. Die schwarze denSchriftstellern Menotti del Picchia, Mario Frau ist in erdigen Tönen dargestellt, während de Andrade und ihrem Ehemann Oswald de im Hintergrund mehrfarbige Linien ein stark Andrade zählt Tarsila do Amaral zu dem so­ schematisiertes Palmenblatt abstrakt zu umran­ genannten Grupo dos Cinco, der für die Be­ den scheinen. gründung des Modernismo in Brasilien bekannt Tarsila do Amaral hatte sich 1921 in der Aca- ist. In Amerika gab es die Armory Show (New demie Julian eingeschrieben, zur Zeit von A York, 1913), in Brasilien die Semana da Arte Mo- Negra war sie Schülerin von Fernand Leger. In derna (Säo Paulo, 1922); letztere fand im Kontexteinem vielzitierten Brief berichtet die Künst-

Zeitschriftfür Kunstgeschichte 81. Band/2018 243 lerin ihrer Familie von den Eindrücken aus ren suchten (und damit die Strukturen eines Paris, wo sie neben Schlüsselfiguren der euro­ internalisierten Kolonialismus bestärkten), hebt päischen Avantgarde auch Akteure des New A Negra die schwarze Frau in ihrer prallen Kör­ Negro Movement getroffen haben dürfte: »Ich perlichkeit als bildwürdiges Thema hervor, ohne fühle mich jedes Mal mehr brasilianisch: [....] sie zu folklorisieren. Denkt nicht, dass diese brasilianische Tendenz Der brasilianische Modernismo ist von An­ in der Kunst hier schlecht angesehen wird. fang anmit dem beschäftigt, was viele Jahre Ganz im Gegenteil. Was man sich hier wünscht, später von Kobena Mercer, Stuart Hall u. a. als ist, dass jeder seinen Beitrag aus dem eigenen »bürden of representation«6 kritisch zur Dis­ Land mitbringt. So erklärt sich der Erfolg der kussion gestellt wird. Die Frage der >brasilidade< russischen Ballette, der japanischen Stiche, der wurde zunächst im Zusammenhang der Litera­ Musik der Schwarzen. Paris hat genug von der tursprache aufgeworfen und fand in der Phase Pariser Kunst.«5 Zu einem Zeitpunkt, alsnam­ Pau-Brasil auf starke Weise auch bildhaft ihren hafte Vertreter der brasilianischen Intelligentsia Niederschlag. Sie impliziert eine grundlegende den Fortschritt des Landes mittels rassistischer Auseinandersetzung mit der eigenen Iden­ Whitening-Theorien über eine zunehmende tität und der Relevanz europäischer Einflüsse, >Mulattisierung< der Gesellschaft zu beschwö­ die sich angesichts der langen Kolonialvergan­ genheit jedoch äußerst komplex gestaltete. Die neuen künstlerischen Tendenzen aus Europa boten zwar einen Ausweg aus Akademismus und Folklore, stellten aber kulturelle, politische und historische Konfliktlinien zur Diskussion. A Negra zeigt bereits an, wie im Medium der Kunst Wege zur produktiven Durchdringung dieser ambivalenten Lage erschlossen wurden.

III. »Tupy, or not tupy«

Zwei Jahre nach A Negra entsteht Abaporu (Abb. 3), ein Gemälde, das heute zu den Ikonen der lateinamerikanischen Kunst zählt: »eine ein­ zelne, monströse Figur, immense Füße, auf einer grünen Ebene sitzend; der gebeugte Arm auf dem Knie ruhend, die Hand das Federgewicht des winzigen Kopfes tragend. Im Vordergrund, ein in eine absurde Blume zersprengender Kaktus«.7 In ihrer pointierten Beschreibung ver­ zichtet Tarsila do Amaral auf allegorische Pro­ jektionen, um den programmatischen Bruch mit der akademischen Tradition der brasilianischen Eliten zu betonen. Der Titel Abaporu bedeutet 3 Tarsila do Amaral, Abaporu, 1928, Öl auf Leinwand, 85x72 cm. Tupi-SpracheMenschen Buenos Aires, Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires, in der »Mann, der isst«. Fundaciön Constantini Es sollte die Initialzündung zur Antropofagia-

244 Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 Bewegung werden. Als Geschenk an ihren dafür das Prinzip der Einverleibung als kulturelle Ehemann weitergegeben, Strategie: Nach dem Vorbild der brasilianischen taucht das Bild kurz darauf als Umrisszeichnung Tupinambä-Indianer, die Teile ihrer wichtigsten wieder auf, als dieser im Mai 1928 in der ersten Feinde in Stammesritualen aufaßen, um sich de­ Ausgabe der Revista de Antropofagia, die auf ren Mut, Kraft und Stärke anzueignen, gelte es, ihrem Titelbild eine Illustration zu Hans von ausgewählte Elemente der fremden Kultur einem Stadens berühmtem Reisebericht trägt, das An­ Totem gleich in sich aufzunehmen (statt sie von thropophagische Manifest veröffentlicht.8 vorne herein abzuweisen oder bloß zu kopieren) Verschiedentlich haben Künstler der Avant­ und sie mit den indigenen und afrikanischen garde in Europa auf die Rede vom Kanniba­ Überlieferungen zu vermengen. Es geht hier also lismus rekurriert, um sich in humoristischer, nicht um Einfluss oder Transfer, sondern um rea­ provokatorischer oder metaphorischer Geste len Kontakt, um Austausch und Begegnung. Die für »das große Außerhalb, die große Anders- Rede von der Anthropophagie ist abstrakt, speist heit«9 der modernen Zivilisation auszusprechen sich aber aus der Unhintergehbarkeit körper­ (Francis Picabia, Tristan Tzara, Filippo T. Ma- licher Erfahrungen und betont die Bedingtheit rinetti, Blaise Cendrars, Marcel Duchamp, Man individueller Identitäten. Sie verwehrt sich gegen Ray, Alfred Jarry etc.). Im Kontext der brasilia­ »die Illusion des Sich-Selbst-Genügen[s] oder der nischen Avantgarde erfährt die »klassische Figur Autonomie« und beharrt auf das »Immer-schon- der Transgression«10jedoch eine besondere Prä­ verwiesen-sein auf den Anderen im Verhältnis zu gung; sie ist historisch und kulturell verankert, ihm«.14 Anthropophagie heißt Verschlingen, Ver­ konkreter und philosophischer zugleich. Die zehren und Zerstören, aber auch Metissage, Ver­ Grundidee des Manifestes basiert auf einer In­ mischung und Degustation: »L’anthropophagie version: Das europäische Zerrbild des primiti­ est le desir de l’autre en tant qu’autre, dans la voie ven Kannibalen, »die kolonialistische Metapher de l’interdependance, de la relation. Ouvertüre par excellence«'1, wird zum Signum des Wider­ devoratrice, maisdevoration critique, car sou- standskämpfers erklärt, um der sowohl his­ mise ä selection: ne pas manger n’importe quoi!«15 torisch als auch geographisch vernachlässigten Das Manifest ist mit viel Humor geschrieben Peripherie eine neue Aktualität abzugewinnen. und vereint eine Fülle (kulturhistorischer und Das Programm verspricht Emanzipation durch intellektueller Referenzen, die mit subtilem Absorption, Verflechtung und Transformation; Wortwitz und kreativ-assoziativ zueinander es erfasst alleBereiche der Kultur und ist auch in Beziehung gesetzt werden. Genährt durch heute noch von großem Einfluss. die Lektüre von Sigmund Freud, Jean-Jacques Die Bewegung richtet sich gegen die Übermacht Rousseau, Michel de Montaigne, Lucien Levy- der kolonialistischen Einwirkungen, fordert je­ Bruhl und anderen wird die lange Zeit unter­ doch im Gegensatz zu zeitgleichen nationalisti­ drückte indigene Kultur samt ihrer von außen schen, xenophobischen Strömungen (wie die ein­ an sie herangetragenen Konnotationen als Kul­ wanderfeindliche Gegenbewegung Verdamarelo turell-Unbewusstes in Erinnerung gerufen und oder die um das Symbol des pflanzenfressenden zur symbolischen Identifikationsfolie erhoben. Tapirs als Totemtier Brasiliens konzipierte Anta- Damit markiert das Manifest eine doppelte Be­ Gruppe12) keine radikale Ablehnung der euro­ wegung: die Umwandlung europäischer Zerr­ päischen Einflüsse -sie unterstreicht vielmehr bilder und die Abwendung von verklärenden »die Notwendigkeit, das Nationale in dialogisch­ Tendenzen des brasilianischen Indianismus. Es dialektischem Zusammenhang mit dem Uni­ galt, ein Gegenmodell zur passiven Assimilation versalen zu denken«13. Das Manifest propagiert zu entwerfen, ohne einen neuen Essenzialismus

Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 245 Leger, Constantin Bräncusi, Giorgio de Chirico, Robert Delaunay und anderen und unterstützte den interkulturellen Austausch über Einladun­ gen namhafter Intellektueller nach Brasilien. Sie stand in enger Beziehung zu einer Großzahl der damals tonangebenden Akteure aus Paris, über deren Aktivitäten sie regelmäßig für die brasilia­ nische Presse berichtete.171928 fand bereits ihre dritte Einzelausstellung in Paris statt (die erste erfolgte 1926, in Brasilien hingegen erst 1929). Ein weiteres Schlüsselbild entstand: Antropofa- gia (Abb. 4), eine Art Selbstkannibalisierung von A Negra und Abaporu. Das Gemälde unterstreicht den konstitu­ tiven Doppelcharakter der Bewegung: In der 4 Tarsila do Amaral, Anfropofag/'a, 1929, Öl auf Leinwand, 126x 142 cm. Forderung nach einem selbstbewussten Bezug Säo Paulo, Fundagäo Jose e Paulina Nemirovsky auf die eigene Tradition wird das Begehren nach dem fremden Anderen nicht unterdrückt, sondern bestärkt. Die Antropofagia-Bewegung zu lancieren. Die verschlingende Metamor­ ist zukunftsorientiert, propagiert aber keinen phose ist gleichermaßen kreative Praxis und po­ naiven Fortschrittsoptimismus. Anders als der litisches Konzept - auch für das Manifest selbst, Futurismus, den Amaral selbst einmal als »Auf­ das die doppelte Prämisse untermauert, indem schrei der Revolte gegen die Vergangenheit« an­ es das Prinzip der Einverleibung thematisch als prangerte, fordert die Antropofagia-Bewegung Phänomen und erzähltechnisch als Strategie keine »Tabula Rasa zur Konstruktion einer aufeinander bezieht: »Tupy, or not tupy that is neuen Welt für einen neuen Menschen«.18 Statt the question«16 lautet einer der Schlüsselsätze der aus einer Geste der Selbstverneinung speist sich projizierten Einverleibung, die auf diesem Wege die Bewegung aus der Wertschätzung der eige­ sogleich performativ vollzogen wird. Das em- nen Kultur- und Naturgeschichte. Auch jenseits blematische Wortspiel ist Programm.von Primitivismus und Surrealismus boten sich ihr in Europa dafür fruchtbare Anregungen. Vor dem Hintergrund einflussreicher Kolonial­ IV. Andere Moderne? ausstellungen und deren kritischer Rezeption war eine komplexe Konstellation gegeben, in der Der brasilianische Modernismo ist die Bewe­ Konzepte von Zentrum und Peripherie einem gung einer privilegierten, kultivierten Klasse permanenten Aushandlungsprozess ausgelie­ mit ausgezeichneten Sprachkenntnissen und fert waren. Im Rahmen der Erfahrungen einer Zugang zu fremdsprachiger Literatur. Seine Ak­ transkulturellen Moderne werden die Konturen teure verkehrten zwischen Europa und Latein­ dessen greifbar, was fidouard Glissant mit Blick amerika und agierten ihrerseits als wichtige auf »Mikro- und Makroklimate einer gegenseiti­ Kulturmittler einer frühen transkulturellen gen Durchdringung in Sprache und Kultur« als Moderne. Tarsila do Amaral übernahm wieder­ »Chaos-Welt« umschrieb: das unerwartete Auf­ holt Kaufaufträge für ihre Freunde aus Brasilien, einanderprallen von verschiedenen Elementen, sammelte selbst bedeutende Werke von Fernand aus dem sowohl komplexe Kulturen (»cultures

246 Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 composites«) als auch damit verbundene Ängste spektiven eröffnen sich nicht zuletzt mit Blick und Abwehrmechanismen hervorgehen.1’ auf die Arbeiten Aby Warburgs; auch er, so Die Antropofagia-Bewegung schaßt Durch­ Georges Didi-Huberman, »desorientiert die Ge­ einander im Projekt der Moderne. Sie beharrt schichte, [...] öffnet und kompliziert sie.«25 auf der Idee einer dynamischen Verflechtung und entzieht sich dem Mythos stabiler Iden­ titäten. Das Motiv der Einverleibung setzt eine V. Bildwandlungen und Bildwanderungen Reihe fundamentaler Binome in Frage (modern/ primitiv, Original/Kopie, Zivilisation/Barba­ Das unvollendet gebliebene Mnemosyne-Pro- rei, Eigene/Fremde, Natur/Kultur, Vergangen- jekt, mit dem die »Einverseelung vorgeprägter heit/Gegenwart etc.): »Einerseits erscheint der Ausdruckswerte [...] von der hilflosen Versun­ andere als Anderer, andererseits lässt er sich kenheit bis zum mörderischen Menschenfraß«26 nur imEinen als Anderer beschreiben - und anschaulich werden sollte, korrespondiert nicht wird somit Teil des Einen.«20 Mit diesem »Jen- allein zeitlich mit der Antropofagia-Bewegung. seits-der-Grenze-Phänomen« werden wichtige Im Bemühen einer transhistorischen Ver­ Ordnungsprämissen, Bezeichnungsstrategien flechtung zwischen Phantasie und Vernunft, und Kategorisierungsverfahren der Moderne Mythos und Logos, und nicht zuletzt in den in Frage gestellt: »Kannibalismus ist in der Tat Bezeichnungsmodalitäten, die Warburg dafür ambivalent; er schafft absolute Differenz, in der wählte, werden zwar aufschlussreiche Berüh­ Opposition von Esser und Gegessenem und rungen manifest - aber auch bedeutende Ab­ gleichzeitig löst er diese Differenz durch den weichungen, die sich den jeweils unterschied­ Akt der Einverleibung auf.«21 Die Antropofagia- lichen Schauplätzen verdanken, jenachdem ob Bewegung begrüßt eben jene Vermischung, die sie tendenziell eher einer »westlichen Moderne« laut Bruno Latour konträr zum Programm der oder einer »transkulturellen globalen Moderne« Moderne steht. Letztere versuche hybride Kons­ zugehören.27 Warburgs Aufsatz zu Edouard tellationen zu verleugnen, führe damit aber erst Manets Frühstück im Grünen (Abb. 5), mit dem recht zu deren Vermehrung; die gegenläufigen das Mnemosyne-Projekt abschließen sollte, Tendenzen von Reinigung und Ent-Differen- ist in diesem Zusammenhang besonders in­ zierung sind aufs Engste aufeinander bezogen: teressant. Der Text handelt von »Wandlungen »plus on s’interdit de penser les hybrides, plus und Verpuppungen«28 der europäischen Kultur­ leur croisement devient possible«.22 Die An­ geschichte und wurde wenige Monate nach Aba- tropofagia-Bewegung agiert nicht im Sinne der poru verfasst. Mit Manets Frühstück im Grünen >Großen Trennung<, sie stiftet Konfusion in­ wählte Warburg »ein zentrales Schwellenwerk mitten des modernen Projektes der rationali­ der Moderne«2’, das als radikaler Bruch mit der sierenden >Entmischung<. Sie vermengt wildes Vergangenheit gefeiert wurde: als »Paradigma Denken und modernes Denken und lässt die avantgardistischer, das heißt mit den tradierten Konturen einer »peripheren Moderne«23 erkenn­ Konventionen bewusst brechender und folglich bar werden. Eingedenk der Notwendigkeit, neue vom Publikum abgelehnter Malerei«.30 Für War­ Präsentismen abzuwehren, bieten sich hier in­ burg entspringt die Neuartigkeit Manets jedoch teressante Anknüpfungspunkte zu jüngeren keiner voraussetzungslosen Wendeerscheinung, Diskussionen um Kontaktzonen, Hybridität, sie ist vielmehr Resultat folgenreicher Bild­ Migration oder Transkulturalismus. Auch für wandlungen und Bildwanderungen. Wie er aus die Kunstgeschichte gehen damit wichtige Per­ der Zusammenschau mit einem Kupferstich spektivwechsel einher.24 Bildtheoretische Per­ der Renaissance und einem antiken Sarkophag

Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 247 5 Edouard Manet, Le Dejeuner sur l'herbe, 1863, Öl auf Leinwand, 208 x 264,5 cm. Paris, Musee d'Orsay

ableitet, lässt sich mit Manets Gemälde belegen, nischem Mittler werden angesichts von Manets »dass Teilhabe am geistigen Gesamterbgut erst Nachbild aufschlussreiche Verrückungen sicht­ die Möglichkeit schafft, einen neue Ausdrucks­ bar, namentlich in der Transformation einer werte schaffenden Stil zu finden, weil diese ihre Figurengruppe von drei lagernden Nymphen: Durchschlagskraft nicht aus der Beseitigung Die »minutiöse Vergleichung der Allüren im alter Formen, sondern aus der Nuance ihrer Halbgötterpublikum«33 lasse erkennbar wer­ Umgestaltung schöpfen«?1 den, inwiefern die Überlieferung das pagane Warburg erörtert das »Problem der über­ Bildmaterial umformt. Der vergleichende Blick lebenden Kraft antikisierender Vorstellun­ dient jedoch nicht der Bescheinigung einer blo­ gen«32, indem er ältere Vorbilder hinzuzieht, ßen Motivgeschichte oder dem Nachweis von darunter auch den Kupferstich Das Urteil des Form-Analogien. Vielmehr geht es darum, hie­ Paris von Marcantonio Raimondi, der auf einen rarchische Übertragungsmodelle einer reinen verlorenen Karton Raffaels zurückgeht, dem Einflussgeschichte zu überwinden und jenseits seinerseits das Relief eines Sarkophags aus der strikter Kausalzusammenhänge tiefer gehende Villa Medici in Rom zugrunde lag. In der Zu­ Bildbeziehungen in den Blick zurücken. Die sammenschau von antiker Bildwelt und italie­ Frage, was »formale und sachliche Zusammen­

248 Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band / 2018 hänge mit der Tradition«34 aussagen, birgt bei und Nachahmung als auf Transformation, Warburg stets auch psychologische, ethische Auseinandersetzung und Inversion (»Umver- und spirituelle Komponenten.seelung<). Der Erinnerung liegt hier eine ver­ Anhand von »anscheinend ganz unbedeuten­ ändernde Kraft zugrunde, die ihr Potential aus den Abweichungen« in subtilen Details zeigt der der >Nuance ihrer Umgestaltung< schöpft: »In Hamburger Bildhistoriker, wie die Ehrfurcht der mnemischen Funktion trifft das Wunder vor den himmlischen Göttern schwindet. Für der Konstanz mit dem ebenso großen Wunder Warburg offenbart sich die »energetische Um- der Wandlung zusammen«.42 verseelung« vor allem im Blickwechsel zwischen Indem Warburg Phänomene der Wiederkehr den olympischen Gottheiten und den erd­ und Fragen des Nachlebens der Bilder erörtert, gebundenen Halbgöttern: Während die antike drängt er tradierte Denkmuster von Einfluss Figurengruppe eine »schauende Ergriffenheit« und Rezeption in die Enge. Seine Erinnerungs­ bezeuge und ihren Blick hilflos gen Himmel theorie steht konträr zu den ideologischen Im­ richtet, wenden sich die Lagernden bei Raimondi plikationen von kunsthistorischer Strukturana­ und Manet der »beschauenden Aussenwelt« zu.35 lyse und Autonomieästhetik. Das Bewusstsein Dieses »Zuschauerbewußtsein« sei Ausdruck für die Wanderwege der Bilder sprengt den einer »energetischen Inversion«36: »Aus der kul­ Fokus auf das isolierte Kunstwerk. Es geht nicht, tisch zweckgebundenen Geste untergeordneter wie beispielsweise für Dagobert Frey, um dessen blitzfürchtiger Naturdämonen auf dem antiken »Einzigartigkeit, Einmaligkeit und Erstmalig­ Relief vollzieht sich über den italienischen Stich keit«, um »Ausschließlichkeit« oder »Nichtdage­ die Prägung freien Menschentums, das sich im wesenes«,43 sondern um Nachleben und Wieder­ Licht selbstsicher empfindet.«37 kehr. Für Warburg sind Kunstproduktion und Kunstrezeption eng miteinander verwoben, das Vorbild wird im Nachbild aktiv und vice versa: VI. Nachleben und Wiederkehr»le proto-type comme pre-type, comme pre- image, se presente aussi comme une post-image, Manet, »der Vorwärtsschreitende«, so Warburg, instituee a posteriori par l’artiste moderne.«44 gelangtzu Neuerung und Originalität »durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind Rückwärtswendung«.38 Die Übernahme ver­ unlösbar miteinander verflochten: Erinnerung erbter Formenelemente findet hier als Akt einer ist >Einverseelung<, die Rückwärtswendung kreativen Integration Würdigung: Sie ist keine eine Vergegenwärtigung, in der das Vergangene passive Anpassung, sondern aktive Trans­ transformiert wird. Warburg widersetzt sich formation in Reaktion auf »die vorprägende einem linearen Geschichtsverständnis, um ana­ Funktion heidnischer Elementargottheiten für chronistische Bildgeschichten zu aktivieren. Ed­ die Entwicklung modernen Naturgefühls«.39 gar Wind kommentiert: »Die Geschichte >rollt< Cornelia Zumbusch hält fest: »Manet erinnert nicht einfach >ab<, sondern sie vollzieht sich in die antiken Vorbilder in einem neuen Bild und Krisen, und ihre entscheidenden Ereignisse sind löst sich von der Vorlage, gerade indem er sie die >Pausen der Besinnung*, denen das Wagnis aufnimmt«.40 Analog dazu folgert Andrea Pi- der Handlung folgt. Gerade in diesen Krisen aber notti: »Emprunter signifie des lors reprendre, muß sich die gestaltende Macht der Erinnerung non pour imiter, repeter, confirmer, mais plutöt bewähren, die durch Ergreifung und Belebung pour transformer, varier, et, ä la limite inverser. überkommener Symbole zur Besinnung aufruft Continuer pour rompre ou rompre pour conti- oder zur Handlung treibt und so die Umkehr nuer?«41 Der Fokus zielt weniger auf Kontinuität periodisch auslöst«.45

Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 249 VI. Erinnerungsgemeinschaftlez Garcia dem Kaktus in der bildenden Kunst widmete, ließe sich das in den Gemälden von Jenseits formaler Berührungen zwischen Ma­ Tarsila do Amaral wiederkehrende Pflanzen­ nets Frühstück im Grünen und Tarsila do motiv als feines Indiz für diese doppelte Ver- Amarals Gemälden Abaporu und Antropofagia, fasstheit betrachten: ein Sujet, das archaisch er­ die sich auchmit Blick auf Fragen »lastender scheint und zugleich ausgesprochen modern ist52 Noch-Körperlichkeit«46 durchdenken ließen, - keine Pathosformel, aber doch ein Phantom, zeigen Warburgs Mnemosyne-Projekt und die das wiederkehrt: »Gerade Dinge, die seit langem brasilianische Antropofagia-Bewegung tiefer tot sind, spuken besonders wirkungsvoll - und gehende Verwandtschaftsbeziehungen. Sie be­ auf besonders gefährliche Weise -in unserem gegnen sich insbesondere in ihrer Konzeption Gedächtnis.«53 Die Wiederkehr des Verdrängten der Erinnerung als einem Akt der bewusst- ist zentrales Movens der Anthropophagischen machenden Vergegenwärtigung vergessener, Initiative, die sich auf diesem Wege dezidiert zu verschütteter Potenziale. Warburgs Konzept einer memoire involontaire bekennt. der >Einverseelung< und Andrades Idee der Ein­ Der Kannibale ist eines dieser Gespenster, die verleibung stehen gleichermaßen im Dienste die Antropofagia-Bewegung in der Tradition der der Selbstaufklärung, »des Selbsterziehungsver­ Avantgarde-Bewegungen humoristisch über­ suchs«47. Hier wie dort werden Metaphern für spitzt wiederzubeleben vorgibt. Er steht pars pro Transfer- und Aneignungsprozesse bemüht, um toto für ein Kulturell-Unbewusstes, das im Zei­ Möglichkeiten einer Verflechtung zu erproben, chen der Kolonialisierung verdrängt, deformiert in der Affektion nicht zur Unterwerfung führt. und umgedeutet wurde. Wie die Pueblo-India­ Warburg und Andrade skizzieren das Konzept ner in Warburgs Interpretation des Schlangen­ einer '»Erinnerungsgemeinschaft«, die aus dem rituals, wenn auch auf andere Art und Weise, nuancierten Rückgriff auf die Vergangenheit impliziert der Anthropophage in der Lektüre »retrospektive Besonnenheit«48 und Kraft zur Andrades einen »Misch- und Übergangszu­ Veränderung schöpft. Auch hier gilt, was Wal­ stand«, der konträr zum Latourschen Projekt ter Benjamin mit seiner paradoxen Wendung der Moderne steht, indem er das »Nebeneinan­ der »Bilder, die wir nie sahen, ehe wir uns ihrer der von logischer Zivilisation und fantastisch erinnerten«,49 prägnant auf den Punkt brachte: magischer Verursachung« verkörpert: »in der Erinnerungstheorie und Bildverständnis stehen Mitte zwischen Magie und Logos [...], zwischen in engster Beziehung zueinander.Greifmenschen und Denkmenschen«.54 Auch Wie die Lektüre Didi-Hubermans ihrerseits das Manifest zelebriert ihre Vermischung. Aus suggeriert, berühren sich die Antropofagia- jeweils anderer Perspektive, und dennoch ver­ Bewegung und Warburgs Interesse für eine wandt, argumentieren Warburg und Andrade Kunstgeschichte, in der auch anthropologische mithilfe des primitiven Menschen gegen Eng­ Fragen des Aberglaubens Platz haben, in ihrer pässe eines abendländischen Fortschrittsglau­ Desorientierung der Geschichte: »Jede Periode bens. Hier wie dort steht die Erinnerung im ist ihr eigener Knoten aus Altertümern, Ana­ Zeichen der Emanzipation, die Wiederkehr im chronismen, Gegenwärtigem und Ansätzen zu Bild ist eine kulturelle Bewältigungsstrategie. Künftigem«.50 Diesem »Diachronieprinzip« zu­ Nirgends aber geht es um ein Zurück zu ver­ folge ist »jedes Bild eine Kreuzung aus aktuel­ lorenen, vermeintlich unverfälschten Wurzeln, lem Anlass und Reaktion auf Vor-Bilder«.51 Mit um Beginn oder Anfangspunkt: »Der Ursprung Blick auf einen bemerkenswerten Aufsatz, den ist [...] selbst schon eine unreine Zeitlichkeit aus der spanische Kunsthistoriker Angel Gonza­ Mischformen und Ablagerungen, Vorauswei­

250 Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 sendem und Zerfallenem«.55 Die Geschichte ist werden sollte. Zu dieser Idee einer umgekehrten von vornherein eine vielschichtige Assemblage Kolonialisierung, für die nunmehr die Ressour­ aus Verflechtungen, Augenblicken und Wieder­ cen aus Europa auszubeuten wären, bietet die kehr. Lektüre von Kalinca Costa Söderlund eine in­ Die unkonventionelle Datierung des An­ teressante Alternative. Ausgehend von Kenneth thropophagischen Manifests unterstreicht die Framptons in Städtebau- und Architektur­ anachronistische Perspektive: »Ano 374 da De- theorie eingeführtem Konzept des »kritischen gluti^äo do Bispo Sardinha« - ein um zwei Jahre Regionalismus« zeigt die Autorin, inwiefern die versetzter Rückverweis auf den ersten (damals) Antropofagia-Bewegung eurozentrische Nar­ überlieferten kannibalistischen Akt, die Ver- rationsmuster in der Vermittlung zwischen glo­ speisung Pedro Fernandes Sardinhas, dem ers­ balen und lokalen Phänomenen zu unterlaufen ten Bischof Brasiliens, der 1556 auf der Reise nach versucht: »As a sophisticated Arriere-Garde Portugal Schiffbruch erlitt und Indianern zum that not only tackled universal civilisation from Opfer fiel. Andrade setzt dieses Ereignis an den without, but also from within, Antropofagia Beginn der brasilianischen Zeitrechnung. Doch emancipated Brazilian cultural production in nicht allein die Zeiten werden durcheinander­ relation to that of the centre for it problemati- gewürfelt. Als Ort der Publikation nennt das zed, within a post-colonial reality, cultural and Manifest Piratininga, was in der Sprache der political bürdens as heavy as those inherent to Tupi das Dorf bezeichnet, auf das die Stadt Säo the local-global relation.«56 Damit ist nicht zu­ Paulo zurückgeht. »Em Piratininga Ano 374 da letzt auch die Instrumentalisierung der eigenen Degluti^äo doBispo Sardinha«: Das Manifest Geschichtsschreibung angesprochen. verrückt sowohl temporale als auch lokale und Für Söderlund liegt die Stärke des Programms linguistische Komponenten der historiogra- darin, dass es die Frage der Einverleibung gerade phischen Narration. Die anachronistische Per­ nicht auf der Ebene der Identität verhandelt, spektive impliziert eine Ausrahmung des his­ sondern als Modus des Austauschs im Sinne torischen Diskurses, die spielerische Verortung einer »fusional alterity«: »the anthropophagous dessen Deterritorialisierung. Diese doppelte does not find a means of expression through Bewegung hat weitreichende Folgen, auch und the other, but reproduces the cultural dynamic gerade in der Zusammenschau mit Warburg. with which the Tupi cannibal allows the seif and Sie lädt dazu ein, die Denkräume kanonischer the other to merge; to produce culture from the Kunstgeschichten auszurahmen und verstärkt identitarian space in which they converge.«57 nach antikolonialen Phänomenen zu fragen.Die kämpferische Geste des Kannibalen richte sich in erster Linie gegen den internalisierten Kolonialismus der brasilianischen Eliten, nicht VII. Vorbilder, Vororte gegen die Impulse aus Europa, die vielmehr in ihrer Rolle alsLebenselixier relativiert würden. Es ist Usus geworden, das Anthropophagische Demnach speise sich die Bewegung weniger aus Manifest im Sinne einer bloßen Reversion zu dem Bewusstsein der kulturellen Abhängig­ deuten. Demnach wäre die intendierte Bewe­ keit als aus dem Bestreben, die Mechanismen gung die einer Umkehrung, wie sie wenig später, der Beziehung selbst auszurahmen (statt sie im 1931, auf ironisch-sarkastische Weise im Journal Modus einer Umkehr, die das Kräfteverhältnis de l’exposition coloniale (Abb. 1) in Reaktion zwar umdreht aber strukturell beibehält, zu be­ auf zeitgenössische Begegnungen zwischen stätigen). Die Einverleibungsmetapher zielt auf den (Bild-)Kulturen auf die Spitze getrieben eine kritische Geste, die dazu auffordert, Tempo-

Zeitschriftfür Kunstgeschichte 81. Band/2018 251 ralitäten und Topographien, die zur Konstruk­ sondern Verfremdung zugunsten eines Perspek­ tion von Zentrum und Peripherie geführt haben, tivwechsels, um sich der eigenen Denkbilder be­ umzudenken. Es geht darum, das Nachleben der wusst zu werden - dem »impense«, »dem Nicht- Bilder ernst zu nehmen, ohne die Vororte (aus) Gedachten des Denkens«.59 Die Karikaturen aus der Geschichte zu verdrängen. In der Antropo- dem Journal de l’exposition coloniale eröffnen fagia-Bewegung werden nicht nur Erinnerungs­ keine solchen Kontaktzonen des »in-between«:60 theorie und Geschichtsverständnis verhandelt, Die Bilder stehen im Dienste der Kolonialausstel­ sondern auch Kulturbegriffe und Identitätskon­ lung und ihrer von Seiten der Gegenausstellung zepte. Es gilt, die Gleichrangigkeit zwischen den (La verite sur les colonies) zu Recht kritisierten verschiedenen Elementen zu behaupten, um aus rassistischen Denkmuster;1 23456' sie bewahren und ihrer Begegnung heraus ein Komposit zu ent­ erhärten die tradierten Hierarchien, statt sie wickeln. Wie bereits die ambivalente Metapher aufzubrechen. Sie bilden vertraute Klischees le­ der Anthropophagie suggeriert, werden die diglich ab, ohne die Erfahrung des Fremdseins Turbulenzen, die damit einhergehen können, zuvergegenwärtigen. Die Antropofagia-Bewe- nicht verklärt. Nochmals Glissant: »Teclatement gung hingegen fordert einen dritten Raum ein, des cultures n’est pas leur eparpillement, ni leur in dem Phänomene von Einverseelung und Ein­ dilution mutuelle. II est le signe violent de leur verleibung nicht nur anachronistisch, sondern partage consenti, non impose.«58 auch transkulturell gedacht werden können: ein Die Geste gleicht jenem »depaysement de la Denkraum deplatzierter Bilder, für den die Frage pensee«, von dem Francois Jullien über den der Vergegenwärtigung immer auch eine Frage Umweg über China berichtet: kein Ortswechsel, der dekolonialen Verortung wäre.

1 Max Deauville, Exposition de Blancs chez les Noirs, (Ausst.-Kat. Madrid, Fundacion Juan March), hg. von in: Le Journal de l’Exposition coloniale 6,1931,3.Fundacion Juan March, Madrid 2009. 2 Viktoria Schmidt-Linsenhoff, Ästhetik der Differenz. 6 Siehe u. a. Kobena Mercer, Black art and the bürden of Postkoloniale Perspektiven vom 16. bis 21. Jahrhundert, representation, in: Third text. Third World perspectives 2 Bde., Marburg 2010, Bd. 1, 21 - 27. on Contemporary art & culture 10,1990, Heft 4, 61-78; 3 Elizabeth A. Meese und Alice A. Parker (Hg.), The Monica Juneja, Global art history and the >burden of difference within. Feminism and critical theory, Ams- representatiom, in: Hans Belting, Jakob Birken und terdam/Philadelphia, Pa. 1989. Andrea Buddensieg (Hg.), Global studies. MappingCon­ 4 Siehe einführend u. a. Carlos Rincon, Avantgarden temporary art and culture, Stuttgart 2011,274 - 297. in Lateinamerika, in: Wolfgang Asholt und Walter 7 Tarsila do Amaral 1939, zit. nach Amaral 2003 (wie Fahnders (Hg.), Der Blick vom Wolkenkratzer. Anm. 5), 249, Übersetzung der Autorin. Avantgarde - Avantgardekritik - Avantgardeforschung, 8 Oswald de Andrade, Manifeste Antropofago, in: Amsterdam 2000, 207-229; Ana Paula Cavalcanti Revista de Antropofagia 1,1928,3 und 7. Im Folgenden Simioni, Le modernisme bresilien, entre consecration zitiert aus der deutschen Übersetzung in: Entre Pin- et contestation, in: Perspective. Actualite en histoire de dorama (Ausst.-Kat. Stuttgart, Künstlerhaus Stutt­ l'art 2, 2013, URL: https://perspective.revues.org/3893 gart), hg. von Elke aus dem Moore und Giorgio (letzter Zugriff am 10. März 2017). Ronna, Nürnberg 2005, 26-30. Siehe einführend 5 Tarsila do Amaral an ihre Eltern, 19. April 1923, zit. u.a. Jens Andermann, Antropofagia. Fiktionen der nach Aracy A. Amaral, Tarsila. Sua obra e seu tempo, Einverleibung, in: Annette Keck, Inka Kording und Säo Paulo 2003, 101-102, Übersetzung der Autorin. Anja Prochaska (Hg.), Verschlungene Grenzen. An­ Zu dem Gemälde A Negra u.a. Monica Fauss, »Tupy, thropophagie in Literatur und Kulturwissenschaften, or not tupy that is the question«. Drei Gemälde Tübingen 1999,19-31; Carlos A. Jauregui, Antropofa­ Tarsila do Amarals oder: Primitivismus und An-gia: consumo cultural, modernidady utopia, in: ders., thropophagismus in der Kunst des brasilianischen Canibalia. Canibalismo, calibanismo, antropofagia Modernismo, in: kritische berichte 25, 1997, Heft 3, culturaly consumo en America Latina, Madrid/Frank­ 22-42, hier 25-28. Siehe u.a. Tarsila do Amaralfurt a. M. 2008, 393-461. Zur Rolle Tarsilas: Maria

252 Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 Jose Justino, O banquete canibal. A modernidade em in their most radical aspects, the philosophical and Tarsila doAmaral (1886-1973), Curitiba 2002. political views and the conception of culture of Os­ 9 Michel Foucault, Vorlesung vom 29. Januar 1975, in: wald de Andrade and Tarsila do Amaral must be ders., Die Anormalen. Vorlesungen am College de read rather as the very opposite of the futurist cult France (1974-1975), Frankfurt a. M. 2003, 108-142, to the machine and industrialism, and the Surrealist hier 141, in Bezug auf Kannibalismusund Inzest. scatology of simulacrums and their promise of virtual Siehe u. a. Joachim Schultz, Kannibalen undsoweiter redemption«. Eduardo Subirtas, From Surrealism to - Das Fremde und das Komische in der europäischen Cannibalism, in: Brasil, 1920-1950. Da antropofagia Avantgarde, in: Ludger Scherer und Rolf Lohse (Hg.), a Brasilia (Ausst.-Kat. Säo Paulo, MAB-FAAP Museu Avantgarde und Komik, Amsterdam/New York 2004, de Arte Brasileira), hg. von Jorge Schwartz, Säo Paulo 159-172. 2002,529 - 533, hier 532. 10 Volker Pantenburg, Fairn de Cinema. Jean-Luc Go- 19 Edouard Glissant, Kreolisierung in der Karibik,in dard: hungrig, in: Jochen Fritz und Neil Stewart Nord- und Südamerika, in: ders., Kultur und Iden­ (Hg.), Das schlechte Gewissen der Moderne. Kultur­ tität. Ansätze zu einer Poetik der Vielheit, Heidelberg theorie und Gewaltdarstellung in Literatur und Film 2013, 7-22, hier 15. Siehe auch ders., Sprachen und nach 1968, Köln 2006,25 - 55, hier 26. Ausdruckweisen, in: ebenda, 23-35, hier 27-28. 11 Rincön 2000 (wie Anm. 4), 212. 20 Badura 2005 (wie Anm. 14), 191. 12 Siehe Michael Rössner, Spuren der europäischen 21 Sandführ 2001 (wie Anm. 14), 4 und 7. Avantgarde im >modernistischen Jahrzehnt< in 22 Bruno Latour, Nous n’avons jamais ete modernes. Brasilien, in: Harald Wentzlaff-Eggebert (Hg.),Euro­ Essais d’anthropologie symetrique, Paris 1997, 22. päische Avantgarde im lateinamerikanischen Kontext, 23 BeatrizSarlo, Una modernidadperiferica. Buenos Aires Akten des internationalen Berliner Kolloquiums 1920 y 1930, Buenos Aires 1988. Auch Nestor Garcia 1989, Frankfurt a. M. 1991,31 - 50, hier 36 - 39. Canclini (»hybride Modernität«) und Jose Joaquin 13 Haroldo de Campos, Über die anthropophagische Brunners (»periphere Modernität«) argumentieren Vernunft: Europa im Zeichen des Gefressenwerdens, zugunsten einer Abgrenzung von Habermas univer­ in: Curt Meyer-Clason (Hg.), Lateinamerikaner über salistischem Moderne-Projekt: Hermann Herling­ Europa, Frankfurt a. M. 1987,101-117, hier 102. haus und Monika Walter, Lateinamerikanische Peri­ 14 Thomas Sandführ, Sö a Antropofagia nös une. pherie - diesseits und jenseits von Moderne, in: Robert Assimilation und Differenz in der Figur des An- Weimann (Hg.), Ränder der Moderne. Repräsentation thropophagen, Diss. Universität Düsseldorf 2001, 13 - und Alterität im (post)kolonialen Diskurs, Frankfurt 14, URL: http://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/ a.M. 1997, 242-300, hier 252-253; Natascha Ueck- DerivateServlet/Derivate-2302 (letzter Zugriff am 2. mann, Hybriditätskonzepte und Modernekritik in März 2017); Jens Badura, Mit dem Anderen anders Lateinamerika, in: Wolfgang Klein, Walter Fähnders werden. Kulturtheoretische Sondierungen zum an­ und Andrea Grewe (Hg.), Dazwischen. Reisen - Metro­ thropophagischen Manifest, in: Moore und Ronna polen - Avantgarden. Festschrift für Wolfgang Asholt, 2005 (wie Anm. 8), 191-193, hier 193. Bielefeld 2009,507 - 529. 15 Hugues Henri, Anthropophagie et hybridation, in: 24 Zu Recht kritisierte Viktoria Schmidt-Linsenhoff die Dominique Berthet (Hg.), Vers une esthetique du Perpetuierung tradierter Engpässe im Anschluss an metissage?, Paris 2002, 91-107, hier 94. Siehe analog den iconic turn, wenn er »auf eine historische An­ dazu: Suely Rolnik, Anthropophagie zombie, in: thropologie des Bildes abzielt« (Viktoria Schmidt- Bresil/Europe: repenser le Mouvement Anthropopha- Linsenhoff, Kunst und kulturelle Differenz oder: gique, Kolloquium des College international de Phi­ Warum hat die Kunstgeschichte in Deutschland losophie (Paris 2007), Paris 2008,43 - 57, URL: http:// den >postcolonial turn< ausgelassen?, in: Kunst und www.ciph.org/IMG/pdf/papiers6o.pdf (letzter Zu­ Politik, Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft 4, 2002: griff am 10. Februar 2017). Postkolonialismus, 7-17, hier 9). Ihre Forderung 16 Andradei928(wieAnm.8), 3. nach einem engagierteren Austausch zwischen 17 Einen guten Eindruck der Lage vermittelt die reiche bildwissenschaftlicher Forschung und Postcolonial transatlantische Korrespondenz zwischen Mario Studies ist von ungebrochener Aktualität, bedarf de Andrade und Tarsila do Amaral: Aracy Abreu aber inzwischen ihrerseits einer kritischen Revision Amaral, Correspondencia. Märio de Andrade & mit Blick auf verschiedene Entwürfe einer Global Art Tarsila do Amaral, Säo Paulo 1999. Vgl. dazu ihre History. Siehe u.a. Monica Juneja, Kunstgeschichte Veröffentlichungen in: Laura Taddei Brandini (Hg.), und kulturelle Differenz. Eine Einleitung, in: kritische Crönicas e outros escritos de Tarsila do Amaral, berichte 40, 2012, Heft 2,6-12. Campinas 2008. 25 Georges Didi-Huberman, Das Nachleben der Bilder. 18 Tarsila do Amaral, Ismos, 1936, in: ebenda, 77-80, Kunstgeschichte und Phantomzeit nach Aby Warburg, hier 79. Entsprechend betont Subirtas: »[P]recisely Frankfurt a. M. 2010,95.

Zeitschrift für Kunstgeschichte 81.Band/ 2018 253 26 Aby Warburg, Der Bilderatlas Mnemosyne (Ge­ be recognized as paradoxical.« Wayne Andersen, sammelte Schriften, Bd. 2.1), hg. von Martin Warnke, Manet and the Judgment of Paris, in: Art news 2,1973, Berlin 2012,3. 63 - 69, hier 65 27 Für eine Differenzierung der Tendenzen: Christian 41 Andrea Pinotti, Archeologie des images et logique Kravagna, Für eine post koloniale Kunstgeschichte des retrospective. Note sur le >Manetisme< de Warburg, Kontakts, in: Texte zur Kunst 91, 2013: Globalismus, in: Images Re-vues, hors-serie 4, 2013: Survivance 110 -131, besonders 117. d’Aby Warburg, URL: https://imagesrevues.revues. 28 Martin Warnke, Vier Stichworte: Ikonologie - Pa­ org/3043 (letzter Zugriff am 12. Dezember 2016). thosformel - Polarität und Ausgleich - Schlagbilder 42 Warburg, 14. April 1928, zit. nach Claudia Wedepohl, und Bilderfahrzeuge, in: Werner Hofmann, Georg Aby Warburg’s Theory ofMemory, in: Bruniana Syamken und Martin Warnke (Hg.), Die Menschen­ e Campanelliana 20, 2014, 385- 402, hier 397. rechte des Auges. Über Aby Warburg, Frankfurt a. M. Zumbusch unterstreicht die »Betonung der Trans­ 1980, 53-83, hier 75. Siehe Aby Warburg, Manets formation durch Erinnerung« und leitet daraus >Dejeuner sur l’herbe< [1929/1937], in: Dieter Wuttke aufschlussreiche Verwandtschaften zu Benjamins (Hg.), Kosmopolis der Wissenschaft. Ernst Robert Begriff des Eingedenkens ab: Zumbusch 2004 (wie Curtius und das Warburg Institute. Briefe und andere Anm. 36), 108. Dokumente, Baden-Baden 1989, 257-273, hier 262. 43 »Jedes wirkliche Kunstwerk ist etwas schlechthin Vgl. dazu die Editionen des Diktats von 1929 in: Neues, Nichtdagewesenes. Bei aller Abhängigkeit, Aby Warburg, Bilderreihenund Ausstellungen (Ge­ Beeinflussung und Stilverwandtschaft bleibt ihm sammelte Schriften, Bd. 2.2), hg. von Uwe Fleckner doch ein Charakter der Ausschließlichkeit eigen, der und Isabella Woldt, Berlin 2012, 372-375; und in: erst das wahre Kunstwerk ausmacht. Darauf beruht Martin Treml, Sigrid Weigel und Perdita Ladwig ebenso die Unersetzlichkeit des Originals wie die (Hg.), Aby Warburg. Werke in einem Band, Berlin künstlerische Minderwertigkeit selbst einer formal 2010, 647 - 657. hochqualifizierten Nachbildung.« Dagobert Frey, 29 Gerd Blum, Edouard Manet, Le Dejeuner sur l’herbe: Kunst und Geschichte [1949/1950], in: ders., Bausteine Die Erfindung der Moderne aus der Vergangenheit, zu einer Philosophie der Kunst, Darmstadt 1976,1-35, in: Reingard M. Nischik und Caroline Rosenthal hier 9-10. (Hg.), Schwellentexte der Weltliteratur, Konstanz 44 Pinotti 2013 (wie Anm. 41), 28. 2otn, 201 - 232. 45 Edgar Wind, Einleitung in die Kulturwissen­ 30 Christoph Zuschlag, Vom Kunstzitat zur Metakunst. schaftliche Bibliographie zum Nachleben der Antike Kunst über Kunst im 20. Jahrhundert, in: Wett­ [1934], in: Wuttke 1989 (wie Anm. 28), 279 - 294, hier streit der Künste. Malerei und Skulptur von Dürer 286. bis Daumier (Ausst.-Kat. München, Haus der Kunst 46 Warburg 1929/1937 (wie Anm. 28), 269. - Eine ver­ und Köln, Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Cor- gleichende Studie mit Blick auf Jan van der Straets boud), hg. von Ekkehard Mai, Wolfratshausen 2002, Kupferstich Americen Americus retexit ist als Teil des 170-189, hier 171. Zur Rezeption des Bildes: Jürgen Forschungsprojektes »DeplatzierteBilder. Moderne Zänker, Edouard Manets >Dejeuner sur l’herbe< in der Schauplätze der Kunst« am DFK Paris in Arbeit. modernen Kunst und Warenwerbung, in: kritische 47 Warburg, zit. nach Zumbusch 2004 (wieAnm. 36), berichte 8,1980, Heft 3,5 - 31. 107. Siehe weiterführend vor allem die Beiträge 31 Warburg 1929/1937 (wie Anm. 28), 262. im Rahmen des Projekts Bilderfahrzeuge. Aby 32 Warburg 1929 (wie Anm. 28), 655. Warburg's legacy and the future of iconology, URL: 33 Ebenda, 268. http://iconology.hypotheses.org/ (letzter Zugriff am 34 Ebenda, 262. 7. Februar 2018). 35 Ebenda, 268. 48 Warburg 1929, zit. nach Roland Kany, Mnemosyne als 36 Warburg zit. nach Cornelia Zumbusch, Wissenschaft Programm. Geschichte, Erinnerung und die Andacht in Bildern. Symbol und dialektisches Bild in Aby zum Unbedeutenden im Werk von Usener, Warburg Warburgs Mnemosyne-Atlas und Walter Benjamins und Benjamin, Tübingen 1987, 185. Der Begriff der Passagen-Werk, Berlin 2004,107. Erinnerungsgemeinschaft taucht erstmals 1913 bei 37 Warburg 1929/1937 (wie Anm. 28), 263. Warburg auf. Siehe ebenda, 176. Aus einer anderen Per­ 38 Ebenda, 262. spektive - über eine Zusammenschau mit Benjamin 39 Ebenda, Untertitel. und Foucault - hat Vinicius Nicastro Honesko eine 40 Zumbusch 2004 (wie Anm. 36), 107. Entsprechend vergleichende Sicht auf Warburgs Schlangenritual Andersen: »At the same time that he alludes to und Andrades Manifest vorgeschlagen, um nach Giorgione’s painting, Manet also disassociates his Modellen archäologischer Geschichtsschreibung zu own picture from it, isolates it from history [...]. It is fragen: Vinicius Nicastro Honesko, Da esquizofrenia essential that Manets references to earlier paintings ä antropofagia: leituras da histöria, in: Confluenze.

254 Zeitschrift für Kunstgeschichte 81. Band/2018 Rivista di studi iberoamericani 1, 2009, Heft 2, 244- 57 Ebenda, 16. 266. 58 Edouard Glissant, Poetique de la Relation, Poetique 49 Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, Bd. 2.3, hg. III, Paris 1990,46 - 47. von RolfTiedemann und Hermann Schweppenhausen 59 Francois Jullien, L’ecart et l’entre. Ou comment Frankfurt a. M. 1991,1064. penser l’alterite (Working Papers Series Föndation 50 Didi-Huberman 2010 (wie Anm. 25), 95. maisons des Sciences de l’homme, Bd. 3), Paris 2012, 51 Horst Bredekamp, Bildwissenschaft, in: Ulrich Pfis­ URL: https://halshs.archives-0uvertes.fr/halshs-006 terer (Hg.), Metzler Lexikon Kunstwissenschaft: Ideen 77232/document (letzter Zugriff am 23. November - Methoden - Begriffe, Stuttgart 2004,56 - 58, hier 58. 2016); siehe Francois Jullien, Der Umweg über China. 52 Angel Gonzalez Garcia, Meditaciön de los cactus, in: Ein Ortswechsel des Denkens, Berlin 2002,176-178. ders., El Resto. Una Historia Invisible del Arte Con- 60 Über diese »interstitial spaces« als »spaces where tempordneo, Bilbao 2000,216 - 231, hier 221. Ich danke relationships, situations, identities and interactions Georges Didi-Huberman für den Hinweis auf diesen are shaped through concrete processes of cultural Text. translation«: Doris Bachmann-Medick, Translation 53 Didi-Huberman 2010 (wie Anm. 25), 96. - A concept and model for the study of culture, 54 Aby Warburg, Schlangenritual. Ein Reisebericht, in: Birgit Neumann und Ansgar Nünning (Hg.), Berlin 2011,31-32. Travelling concepts for the study of culture, Berlin/ 55 Didi-Huberman 2010 (wie Anm. 25), 98. New York 2012, 23-43, hier 33. Siehe dazu ins­ 56 Kalinca Costa Söderlund, Antropofagia: An early besondere: Silviano Santiago, The Space in-between. Arriere-Garde manifestation in 1920s Brazil, in: RIHA Essays on Latin American culture, Durham/London Journal 0132, 2016, URL: http://www.riha-journal. 2001. org/articles/2oi6/oi3i-oi4o-special-issue-southern- 61 Jody Blake, The truth about the colonies, 1931: Art modernisms/0132-costa-soederlund (letzter Zugriff indigene in Service of the revolution, in: Oxford Art am 13. Februar 2017). Journal 1, 2002,35 - 58.

Abbildungsnnachweis: 1 Deauville 1931 (wie Anm. i), 3. — 2, 3 Ausst.-Kat. Tarsilado Amaral 2009 (wie Anm. 5), 111 und 30. — 4 XXIV Bienal de Säo Paulo (Ausst.-Kat., Säo Paulo, Fundatjäo Bienal Säo Paulo), 3 Bde., Bd. 1: Nücleo historico: antropofagia e historias de canibalismos, Säo Paulo 1998, A-369. — 5 Manet Manet. Zwei Bilder im Dialog (Ausst.-Kat, London, Courtauld Institute of Art Gallery und München, Neue Pinakothek), hg. von James Cuno und Joachim Kaak, München 2004, 45.

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