aus: organ 2/2006

© Schott Music 2006

Die neue Konzertsaalorgel der Philharmonie Luxemburg

Daniel Roth am Spieltisch der Karl Schuke-Orgel (2005) orgInstrumentan

ie ganz im innersten Zentrum der französischen schen) Barockstil bzw. nach den Maßgaben eines unter DKapitale auf der Seine-Insel Île Saint-Louis gelegene stilkritischen Aspekten stets halbherzigen Synkretismus Pfarrkirche Saint-Louis-en-l’Île beherbergt seit Som- des „Orgue néoclassique“ gestaltete und disponierte mer vergangenen Jahres die explizit als solche bezeich- Orgel eine tatsächliche orgelbauliche „Première“ mit nete erste „Bach-Orgel“ des mit seinen heute rund drei- Blick auf die bestehende und wie schon gesagt stark hundert Orgeln mit Fug und Recht auch als europäi- durch das 19. und 20. Jahrhundert geprägte Pariser Or- sche „Capitale des orgues“ anzusprechenden Paris. geltopografie. Kulturpolitische Zielsetzung des von der Ville de Paris Nach Jahrzehnten intensiver Vorüberlegungen und Pla- vollumfänglich finanzierten instrumentalen Großpro- nungen (vgl. Kasten „Der Orgelneubau“ auf S. 7) er- jekts war von Anfang an in der Tat die Schaffung eines folgte 1997 schließlich die öffentliche Ausschreibung des qualitätvollen Spitzeninstruments jenseits der durch Neubaus. Ein knappes Dutzend namhafter europäischer Clicquot und Cavaillé-Coll geprägten Orgelästhetik der Orgelbauer reichte seine Vorschläge ein: so die deut- Stadt, ganz in der Klangtradition des deutschen (vor-) schen Werkstätten Ahrend, Eule, Führer, Klais sowie bachischen Orgelbarock. Die Bach-Verehrung ist seit Felsberg und Kuhn aus der Schweiz, Daniel Kern und den Tagen Widors und Guilmants, fortgesetzt durch Mühleisen aus Strasbourg – und die Manufacture d’Or- Louis Vierne und Marcel Dupré sowie deren Schüler, in gues Bernard Aubertin aus Courtefontaine (Jura), die Frankreich traditionell bekanntlich sehr groß, ausgelöst den Zuschlag für die Ausführung der Arbeiten erhielt. durch die Brüsseler Organistenschule um Lemmens und Die mit Sinn und Verstand ausgeklügelte Disposition Fétis. Aber auch die Nachfolge-Generationen französi- des dreimanualigen, durch und durch mechanischen scher Organisten haben sich aufs Neue und ihrerseits Werks mit seinen 51 klingenden Registern sowie dessen intensiv um das Thema Bach und seine Vorgänger ge- „harmonisation allemande“ orientieren sich nach Aus- kümmert; hier wären zuerst klangvolle Künstlernamen kunft des Erbauers ganz an Bachs dokumentierten Klang- wie Marie-Claire Alain, Michel Chapuis, André Isoir vorstellungen, vorab an seinem Wunsch nach „Majestät oder Louis Thiry u.a.m. zu nennen. Und in der jungen und Gravität“ des Klangs einer „recht schönen und gro- Organistengeneration Frankreichs bricht sich gegenwär- ßen Orgel“, die dem Spieler eine nahezu unbegrenzte tig das stetig wachsende Interesse an dem großen Kom- Vielfalt klangfarblicher Kombinationsmöglichkeiten plex der so genannten norddeutschen Orgelschule mit bietet. Macht Bahn. Damit geht der nahe liegende Wunsch ein- Am Sonntagnachmittag des 19. Juni 2005 erfolgte im her, für die (Neu-) Entdeckung dieses umfangreichen Rahmen einer feierlichen Messe die kirchliche Weihe des (prostestantischen!) mittel- und nordeuropäischen Orgel- neuen Instruments durch Weihbischof Monseigneur repertoires v. a. des 17. und 18. Jahrhunderts auch eini- Pierre d’Ornellas sowie den Curé von Saint-Louis, Père germaßen stiladäquate Instrumente zu besitzen. In die- Gérard Pelletier, in der bis auf den letzten Platz besetz- sem Sinne bedeutete das neue Instrument von Saint- ten Kirche. Unter der Leitung des Komponisten erklang Louis als erste große, nicht im klassischen (französi- zum Sortie die dreiteilige Hommage à Saint Louis von

4 Eine „Bach-Orgel“ für Paris

Die neue Orgel von Bernard Aubertin (2005) in der Kirche Saint-Louis-en-l’Île

Von Axel Flierl, Paris

Jacques Castérède (geb. 1926), eine Auftragskompositi- on in der Besetzung drei Blechbläser und große Orgel, mit dem früheren Titulaire von Saint-Louis, Georges Guillard. Ebenfalls am Spieltisch des neuen Instruments saßen die im Mai 2005 neu ernannten Titulaires von Saint-Louis, Benjamin Alard und Vincent Rigot. Bleibt als eher kuriose Marginalie anzumerken, dass sich der musikkundige Messbesucher hier freilich mindestens auch ein größeres Orgelstück von Bach oder eines be- deutenden „norddeutschen“ Meisters gewünscht hätte. Schließlich war dieses neue Pariser Prachstück eigens zu diesem Zweck konzipiert und projektiert worden. So fand die Feuertaufe mit dem „Wasser Bachs“ in der Messe enttäuschenderweise nicht statt! Lokale musikali- sche Befindlichkeiten und über hundertjährige eingeüb- te Usancen scheinen selbst (oder bisweilen: gerade?) in einer Millionenmetropole wie Paris langlebiger und

durchsetzungsfähiger zu sein als progressive ästhetische Fotos: Sonja Aubertin Neuorientierungen, zumal wenn sie – wie in diesem Fall Blick vom linken Pedalturm auf den Spieltisch der – zum Teil gewissermaßen obrigkeitsstaatlich von oben neuen „Bach-Orgel“ von Bernard Aubertin in der Kirche her dekretiert erscheinen. Saint-Louis-en-l’Île in Paris Bei der konzertanten Einweihung am 22. Juni 2005 spielten Alard und Rigot sowie Altmeister Michel Cha- puis ausgewählte Werke von Böhm, Bruhns, Buxtehude, Schönheit der fast ausnahmslos solofähigen Einzelregi- Bach, Alain (Litanies) sowie eigene Improvisationen. ster und sich nicht zuletzt von der superben Intonati- Die Association des Grandes Orgues organisierte unter onskunst Bernard Aubertins überzeugen. der Präsidentschaft von Robert Ranquet von September bis Dezember 2005 fünf weitere Orgelkonzerte im Rah- Prospekt und technischer Werkaufbau men des ersten Pariser „Europa-Bach-Festivals“. Hier spielten Pascal Rouet, Carolyn Shuster Fournier, Eric Die architektonische Konzeption des gleichfalls neu Ampeau, Frédéric Denis und Francis Jacob. gestalteten Orgelprospekts, mit einer Gesamthöhe von Der Autor hatte im Übrigen Gelegenheit, das Instru- rund zwölf Metern, fügt sich organisch in die spätba- ment ausgiebig zu spielen und konnte sich so am Spiel- rocke Sakralarchitektur des Innenraums ein und adap- tisch selbst ein Bild machen von der berückenden tiert im Detail geschickt dessen dekorative Vorgaben.

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Die Fassade mit ihren aufwändigen Handschnitzereien, Kleine Baugeschichte kunstvoll gearbeiteten Schleierbrettern und in Gold ge- der Kirche Saint-Louis-en-l’Île fassten Skulpturen folgt bewusst dem im protestantisch- hanseatischen Orgelbau des Barock wohl am konse- 1623 Erste Pfarrkapelle nachweisbar (genannt „Notre- quentesten realisierten „Werkprinzip“. Dame-de-l’Île”) In die Brüstung der Orgeltribüne mittig eingelassen 1642 „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. (le roi soleil) beauf- steht das Rückpositiv (Positif de dos), darüber im Zent- tragt den Neubau einer größeren, „Saint Louis“ rum des Hauptkorpus, unmittelbar oberhalb des drei- geweihten Kirche nach den Plänen seines Bruders, manualigen Spielschranks (console en fenêtre) als Brust- François Le Vau. Später leiten die Baumeister werk das Unterwerk (Récit). Den vertikalen Abschluss Gabriel le Duc, Pierre Bullet und Jacques Doucet bildet darüber das zentrale Hauptwerk (Grand Orgue), die umfangreichen Arbeiten das mit einer Krone und zwei geschnitzten Posaunen- 1702-1726 Neubau des 60 Meter langen dreischiffigen engeln (aus dem Vorgängerinstrument des 19. Jahrhun- Tonnengewölbes und des Transsepts im so genann- derts) geschmückt ist; hierdurch wird die vertikale Achse ten „Jesuiten-Stil“, das als vollendetes Beispiel des elegant betont und verleiht dem monumentalen Schau- französischen Barock im 17. Jahrhundert gilt und prospekt insgesamt eine ausgesprochen schlanke Ele- heute unter Denkmalschutz steht (classé monument ganz und Leichtigkeit. Die flankierenden Pedaltürme historique) mit den großen Pfeifen des Principal 16’ im Prospekt 1726 14. Juli: Weihe der neuen Kirche sind – analog zum Hauptwerk – gleichfalls je mit einer 1740 Zerstörung des ersten Glockenturms durch einen hölzernen Corona optisch nach oben hin verlängert. Blitzschlag 1765 Neubau des heutigen originellen Glockenturms Der Spieltisch im neogotischen Stil mit Spitze in Form eines Obelisken Die übersichtliche ergonomische Anordnung der 51 Re- 1789 Schließung der Kirche während der Französischen gisterzüge (+ Koppelzüge + Tremulant) mit den ge- Revolution drechselten Manubrien verraten ihre Werkzugehörigkeit 1798 Verkauf der Kirche als „Nationaleigentum“ (bien durch den unterschiedlichen Beizton eines je nachdem national) dunkleren oder helleren Eichenholzes (cheˆne). Maître 1817 Ankauf und Reinigung der Kirche durch die Stadt Bernard Aubertin hat es sich schließlich nicht nehmen Paris, die auch heute noch verantwortlich für deren lassen, zuletzt auch jedes einzelne der aus Papier gefer- Instandhaltung ist tigten Registerschilder eigenhändig mit blauer bzw. ro- in Folge Wiederherstellung der Inneneinrichtung und ter Tinte zu beschriften. Die somit obwaltende Klarheit -dekoration durch Spenden der Stadt Paris (Chor- der Staffelung und Bezeichnung der Register ermöglicht fenster, nördliche Kapellen, Ausmalungen) unter dem Spieler – wie auch dem Gastorganisten! – eine der Ägide des kunstbegeisterten Père Louis-Auguste- schnelle Orientierung beim Finden der einzelnen Klang- Napoléon Bossuet (Pfarrer an St-Louis-en-l’Île von farben auf diesem großen Instrument. 1864-88) Die mit Ebenholz (Obertasten) und Knochenbelag (Un- 2003-04 Instandsetzungsmaßnahmen durch die Stadt Pa- tertasten) versehenen Manualklaviaturen mit einem ris (Überholung der Elektrifizierung, Renovierung komfortablen Ambitus von C bis g3 sind hinsichtlich der Empore für die Aufstellung der neuen Orgel) der Tastenmensuren an historischen Vorbildern (vgl. Ottobeuren) orientiert und infolgedessen entsprechend kurz. Die Tasten des streng parallel angeordneten Pedals mit einem Ambitus von C bis f1 sind aus Eichenholz ge- fertigt und gegenüber historischen Vorbildern um einige Millimeter verbreitert. Die ebenfalls „historisierend“ ge- baute Orgelbank lässt sich leider nur mittels eines Keilsystems eingeschränkt in der Höhe variieren. Das Hauptwerk (II) und das Unterwerk (III) werden über eine sensible, hängende Traktur angespielt. Das überaus angenehme, weil reaktionsfreudig-leichtgängige Spielgefühl beruht auf einem hervorragend austarier- ten „vitalen“ Druckpunkt, der einen sehr natürlichen, leichten Anschlag und damit eine feine und differenzier- te Artikulation ermöglicht. Die drei verkoppelten Manuale spielen sich gleichwohl noch mit bemerkens- werter Leichtigkeit – trotz der beachtlichen Entfernun- gen zu den Pfeifenstöcken mit ihren rückwärtigen Windladen.

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„Majestät und Gravität“ – Die Vorgängerorgeln Klangkonzept nach Bach’schem Gusto in Saint-Louis-en-l’Île1 Als vorbildhaftes Modell für die klangliche Grundkon- zeption der neuen Orgel von Saint-Louis-en-l’Île dien- 1744-45 Neubau einer Orgel durch Lesclop ten, so Erbauer Bernard Aubertin, zunächst die meister- 1789 Die Orgel Lesclops sowie die gesamte Inneneinrich- lichen Instrumente des von Johann Sebastian Bach selbst tung wird während der Französischen Revolution sehr geschätzten Orgelbauers Zacharias Hildebrandt zerstört. (1688-1757), einem bedeutenden Schüler des hoch 1888 Installation eines neuen, kleinen Instruments berühmten und nicht minder empfindlichen Gottfried (15 Register) der Firma Merklin (Paris) durch Silbermann (1683-1753). Père Louis Bossuet auf dessen eigene Kosten Der erste persönliche Kontakt zwischen beiden Aus- 1923 Neubau eines größeren Instruments durch Charles nahmetalenten, Bach und Hildebrandt, ereignete sich Mutin (34/III/P) 1723 in Störmthal in Sachsen. Bach spielte hier die „Or- 2002 Abbau der Orgel von Charles Mutin gelweihe“ und hatte eigens für diese Gelegenheit die Kantate Höchsterwünschtes Freudenfest BWV 194 ge- schrieben. Die dauerhafte Freundschaft zwischen Bach und Hildebrandt erreichte einen Höhepunkt anlässlich des Neubaus der großen Orgel in der St. Wenzelskirche zu Naumburg an der Saale in den Jahren 1743-46. Die differenzierte Ausarbeitung der Naumburger Wenzels- Disposition stellte fraglos die Frucht einer engen Zu- sammenarbeit beider dar. Hier finden sich die Merkmale und Konstanten derjenigen Dispositionen realisiert, die Bach bei seinen Gutachten stets empfahl: ein hervor- Die „alte“ Mutin-Orgel ragendes Gleichgewicht zwischen den Registerfamilien von 1923 mit einer reichen 16-, 8-, 4-Fuß-Palette und eine gravitä- tische 32-Fuß-Zunge im Pedal, um seinem Wunsch nach Majestät und Gravität des Klangs zu entsprechen. Hildebrandts Orgeldispositionen entfernten sich ziem- lich rasch von den in einem gewissen Sinne „stereotypen“ Der Orgelneubau (1976-2005) Modellen seines berühmten Lehrmeisters Silbermann; neuartige Register wie Violon 16’ und 8’, Viola da Gamba 1976 Erste Erwägungen der Stadt Paris für einen Orgel- 8’, Gemshorn 8’ und 4’ traten hinzu und bereicherten neubau für das deutsche Repertoire des 17. und seine Dispositionen. Diese „neuartigen“ Stimmen der 18. Jahrhunderts als Projekt einer „Bach-Orgel“ Bachzeit finden sich sowohl im Pedal wie im Hauptwerk 1977 Georges Guillard wird zum zweiten Organisten an (II) der neuen „Bach-Orgel“ von Saint-Louis-en-l’Île. Saint-Louis ernannt. Er initiiert in Zusammenarbeit Daneben begegnen wir in der Disposition auch deutli- mit der Stadt Paris ein Neubau-Projekt und gründet chen norddeutschen Reminiszenzen: etwa dem Scharff eine Orgelkommission, die Jürgen Ahrend als (hochliegende Mixture IV) im Rückpositiv, der Wald- Orgelbauer favorisiert. flöte 2’ (Flageolet 2’ im Rückpositiv), einem Terzchor 1983-1993 Entwicklung und Prüfung des Neubau- (Mixture V) im Pedal, Dulciane 32’ (Silbermann hatte Projekts auf der Basis des Vorschlags von Georges niemals eine 32-Fuß-Zunge gebaut) usw. Diese Klang- Guillard durch die Stadt Paris mit Unterstützung farben hatte auch Bach bei seinen Reisen in die Hanse- der Association des Grandes Orgues de Saint-Louis- städte Lüneburg, Hamburg und Lübeck bekanntlich en-l’Île im Stil des norddeutschen Orgelbarocks zur mehrfach gehört und gerühmt. Interpretation der Orgelwerke Johann Sebastian Die Mensuren einiger der „norddeutschen“ Register Bachs sind nach Angaben von Michael Praetorius (1571-1621) 1997 Öffentliche Ausschreibung eines Wettbewerbs. in dessen dreiteiligem Musiktraktat Syntagma Musicum Teilnahme u. a. der Werkstätten Eule (D), D. Kern (1619) gebaut. Im zweiten Teil („De Organographia“) (F), Klais (D), Felsberg (CH), Kuhn (CH), Ahrend behandelt Praetorius die einzelnen Musikinstrumente, (D),2 Mühleisen (F), Führer (D) und Aubertin (F) wobei insbesondere die barocke Orgel mit exakten 1999 28. Januar: Maître Bernard Aubertin, Courtefon- Zeichnungen und Beschreibungen der einzelnen Regis- taine (Jura), erhält den Zuschlag für den Neubau. ter den breitesten Raum einnimmt. Besonders gelungen 2000-2005 Bau der neuen Orgel3 unter Mitarbeit von ist in diesem Zusammenhang die sehr enge, silbrige zwölf Orgelbauern in 26 000 Arbeitsstunden Gambe 8’ des Hauptwerks (nach Praetorius’ Schweit- (Gesamtkosten: ca. 1 100 000 Euro) zerpfeiffe) mit ihrem charakteristischen expressiven 2005 19. Juni: Kirchliche Weihe der Orgel Strich, die Traversine 2’ des Unterwerks (nach Praeto-

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rius’ Querpfeiffe) und die Allemande 4’ des Rückposi- Disposition der neuen Aubertin-Orgel tivs (vgl. dazu die Ausführungen weiter unten). Bemer- (2005) von Saint-Louis-en-l’Île, Paris kenswert ist darüber hinaus auch das feine, stille Quin- taton 8’ des Rückpositivs (I). II. Hauptwerk, C-g3 I. Rückpositiv, C-g3 Principal (Prospekt) 16’ Montre 8’ Die Registerfamilien in den einzelnen Octave 8’ Bourdon 8’ Werken und ihre Intonation Gambe 8’ Quintaton 8’ Flûte 8’ Prestant 4’ Jedes Werk besitzt seinen eigenen Klangcharakter inner- Prestant 4’ Flûte à cheminée 4’ halb des ausgewogenen, sehr homogenen Gesamtklangs Flûte cônique 4’ Flageolet 2’ der Orgel, gestützt durch eine solide Prinzipalpyramide Quinte 3’ Flûte 1 1/3’ vom 16- bis 2-Fuß: das helle und im Raum sehr präsente Octave 2’ Sexquialtera II Rückpositiv (I) mit seiner direkten Klangabstrahlung, Mixture IV-VI Mixture IV das etwas dunkler getönte gravitätische Hauptwerk (II) Basson 16’ Dulciane 8’ auf 16-Fuß-Basis, das farbig-expressive Unterwerk (III) Trompette 8’ Allemande 4’ sowie als klangliche Grundierung und Fundament des Cornet VI* gesamten Klanggebäudes: das ganz in deutscher Tradi- tion reich besetzte Pedalwerk auf (10 2/3- bzw.) 32- III. Unterwerk, C-g3 Pedal, C-f1 Fuß-Basis. Die Klangcharakteristika der Teilwerke stellt Bourdon 8’ Principal 16’ sich wie folgt dar. Principal (ab F) 8’ Violon 16’ Traversière (überbl.) 8’ Bourdon 16’ Prinzipal- und Flötenchor Unda Maris 8’ Quinte 12’ Octave 4’ Octave 8’ Auffallend ist die oben bereits erwähnte, von Bach aus- Flûte 4’ Bourdon 8’ drückliche gewünschte Disposition vollständiger „Con- Nazard 3’ Prestant 4’ Traversine 2’ Flûte 2’ Zusammensetzung der Mixturen Octave 2’ Mixture IV Terz 1 3/5’ Dulciane 32’ Mixture IV-VI Hauptwerk (II) Quinte 1 1/3’ Buzène 16’ Cc f#c1#g1 d2 g3 Sifflet 1’ Trompette 8’ 1 1/3233444 Mixture III Cornet 4’ 11 1/322344 Fagott 16’ V. Chor der Mixture 4/5’ 2/311 1/32233 Voix humaine 8’ 1/2 2/3 1 1 1/3 2 3 3 1/2 2/3 1 1 1/3 2 2 * kursiv = zusätzlich realisierte Register 22 Stimmung: leicht ungleich schwebend (1800 Young) Winddruck: 95 mmWS (Manuale), 115 mm (Pedal) Mixture IV Rückpositiv (I) Cc c1 c2 f2 c3 g3 Spielhilfen ■ Koppeln: Gabelkoppeln III/II; II/III [!] wahlweise Schiebe- 11 1/323444 koppel II/I; II/pédale 2/311 1/32333 ■ Tremulanten: I und III; II 1/2 2/3 1 1 1/3 2 2 2 ■ Appel Anches Pédale ■ Voix humaine 8’ (III) im eigenen kleinen Schwellkasten 1/3 1/2 2/3 1 1 1/3 2 2

Mixture III Unterwerk (III) Cc c1 c2 f2 g3 11 1/32344 2/3 1 1 1/32 3 3 1/2 2/3 1 1 1/3 2 2

Mixture IV-V Pedale Cf1 22 1 1/3 1 1/3 11 4/5 4/5 2/3 2/3

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sorte“ (vollständige Registerfamilien gleicher Bauart) besonders im Prinzipal- und Flötenchor: Das Haupt- werk (II) verfügt über einen dunkel grundierenden Prin- cipal 16’, eine runde Octave 8’, die zusammen mit Pres- tant 4’, (Quinte 3’) und Octave 2’ einen vollen, weichen und zugleich exzellent zeichnenden Prinzipalchor bei hoher Verschmelzungsfähigkeit der Einzellagen ergibt. Zieht man die angenehm unaufdringliche, eher abgedun- kelte Mixture IV-VI hinzu, erklingt ein ausgesprochen weihevolles und nobles Hauptwerksplenum. Der Prinzipalaufbau des Rückpositivs (I) ist traditions- gemäß weitaus schlanker und besticht durch eine wun- derbar singende Klarheit (ein herrlich kantabler Montre 8’ + Prestant 4’ + Flageolet 2’). Es wird von einer bril- lanten, silberhellen Mixture IV (die die Funktion eines Der dreimanualige Scharff übernimmt) zu einem konzertanten Klein-Ple- Spieltisch; linke Seite: num gekrönt. Dieses Werk ist das strahlendste und do- Blick in das Pfeifenwerk des Rückpositivs

minierende der ganzen Orgel. Fotos: Sonja Aubertin Die Prinzipale des Unterwerks (III) „sprechen“ mit dem vergleichsweise stärksten Anblasgeräusch, was diesem Teilwerk neben der milden Mixtur besonders im Flöten- die rein barocke Orgelliteratur hinausgehenden Gebrauch chor (s. u.) einen ganz eigenen herben Charakter gibt. des Instruments. Schließlich verleiht der Violon 16’, ein Der Flöten-Consort (Flûte 8’ + Flûte cônique 4’) des für das Bach’sche Umfeld typisches Dispositionsmerk- Hauptwerks (II) ist etwas kräftiger und voller als der mal, mit seiner dunkel-streichenden Farbe und Anspra- helle, auch im Diskant angenehm weiche, dennoch klare che dem Pedal seine eigene geschätzte Charakteristik. Rückpositiv-Consort (Bourdon 8’, Flûte à cheminée 4’, Das majestätisch-wuchtige Klangbild des Pedals wird Flageolet 2’). vom kraftvollen Principal 16’ und dem Violon 16’ domi- Eine dispositionelle Besonderheit stellt die [Flûte] Alle- niert, die in Verbindung mit der Quinte 10 2/3’ die ge- mande 4’ dar. Es handelt sich dabei um einen überbla- lungene Illusion eines realen labialen 32-Fuß-Registers senden Bourdon (Bourdon harmonique) mit dreifacher erwecken. Der weiche Bourdon 16’ und der große Bour- Körperlänge ohne Überblasloch, dessen eigentümliche don 8’ füllen den Klang angenehm und ohne zusätzliche Ansprache entfernt an den Klang der Glasharmonika er- aufdringliche Massivität. Die Mixture IV (funktional innert. Ebenso verhält es sich mit der Bauweise der Tra- eine Art kräftiger Hintersatz), der ein charakteristischer versine 2’ im Unterwerk (III). Die sehr „streichende“ Terzchor hinzugefügt wurde, kann mit dem Prestant 4’ Ansprache von Traversière 8’, Flûte 4’ und Traversine 2’ als Cantus firmus-Registrierung fungieren. (gebaut in Anlehnung an die Traversine 2’ der Schnitger- orgel in St. Jacobi zu Hamburg) verleiht dem voll ausge- Zungenchöre bauten (!) Traversflöten-Consort im Unterwerk (III) ei- nen eigentümlich verschleierten, jedoch farbexpressiven Die Zungen (anches) sind ganz und gar deutsch-barocke Charakter, der dieses Manualwerk von seinen beiden Konstruktionen (Fuß und Nuss in Eiche, Trichter in „Nachbarn“ klanglich unterscheidet. Fichte gefertigt) und freilich ohne das für Aristide Ca- Bemerkenswerterweise ist jedes Manual mit seinem ei- vaillé-Coll so typische Ansteigen des Winddrucks im genen Kornett ausgestattet. Das Hauptwerk (II) besitzt Bassbereich, insofern das genaue Gegenteil der fülligen sogar ein vollständiges Cornet VI4 (composé); Rückposi- französisch-romantischen Trompettes und Bombardes tiv (I) und Unterwerk (III) verfügen über je ein zerleg- der sinfonischen Orgel des 19. Jahrhunderts. Wegen ih- tes Cornett (décomposé). Jeder dieser Terzchöre besitzt rer hohen Mischfähigkeit im Plenum eignen sie sich mit- einen dem Klangbild seines Werks entsprechenden indi- hin auch gut für das polyphone Spiel. viduellen Charakter, der vom sanften (überblasenden) Das Hauptwerk (II) verfügt über einen engen konischen Unterwerkskornett über das zwar milde, aber füllige Basson 16’ (Fagott), dazu gesellt sich eine schlanke, doch Hauptwerkskornett bis hin zum strahlend-obertonrei- herrlich volle und im Diskant strahlende Trompette 8’. chen Rückpositivkornett sorgfältig abgestuft ist und so Der runde, farbige und äußerst mischfähige Dulciane 8’ in jedem einzelnen Plenum Verwendung finden kann. des Rückpositivs (I) korrespondiert hier mit dem leise Einige Register, die in Frankreich à l’époque unbekannt surrenden Fagott 16’ des Unterwerks (III), das an den waren, findet man ab dem Jahr 1560 jedoch im Norden Klang eines weichen Dulzian 16’ erinnert. Europas. Die Unda maris 8’5 (III) wurde Mitte des 16. Eine bautechnische Besonderheit des Unterwerks (III) Jahrhunderts von Italien bis Skandinavien unter wech- bildet die in einem eigenen kleinen Schwellkasten (boîte selnden Namen (Voce Umana, Biffara, Piffaro, Unda- humaine) integrierte Voix humaine 8’. Es handelt sich Maris, Schwebung …) gebaut und ermöglicht einen über hier freilich nicht um ein romantisches Jalousien-Schwell-

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Die Orgelbauwerkstatt Bernard Aubertin, werk mit einem Schwelltritt à la mode de Cavaillé-Coll, das ein linear-stufenloses An- und Abschwellen des Courtefontaine Klangs ermöglichen würde. Die beiden „Schwell-Türen“ können – ähnlich wie bei manchen Orgeln Arp Schnit- Das von Bernard Aubertin gers – mittels eines rechts neben dem Spieltisch befindli- 1978 gegründete und gelei- chen Tritts in die Positionen „geöffnet“ oder „geschlos- tete Unternehmen befindet sen“ versetzt oder während des Spiels mit dem rechten sich in einer alten romani- Fuß zwischen diesen beiden Extrempolen (z. B. „halb ge- schen Priorei (gegründet öffnet“) justiert werden. Damit kann sowohl eine „Dämp- 1137) in dem kleinen Dorf fung“ des obertonreichen Zungenregisters (nach dem Courtefontaine (Jura) auf historischen Vorbild des ebenfalls im Diskant dämpfba- halbem Weg zwischen Dôle ren Renaissance-Bibelregals) als auch – in Verbindung und Besançon, nahe der mit den (angekoppelten) Grundstimmen (fonds) 16’ und schweizerischen Grenze. 8’ – quasi eine Art Récit-Wirkung erzielt werden. Die Werkstatt beschäftigt derzeit 14 Mitarbeiter, die sich alle der kunst- Die Pedalzungen zeichnen sich vorab durch ihre rund- handwerklich-traditionellen Bauweise des europäischen Orgelbaus ver- volltönende Basslage (zylindrischer, sehr gravitätischer pflichtet wissen. Die Orgelgehäuse werden aus massivem Eichenholz in Dulcian 32’ und zwischen Posaune und Fagott anzusie- Zapfenbauweise handgefertigt und mit delnde Buzène8 16’). Demgegenüber steht ein markan- handgeschnitzten Schleierbrettern sowie ter, strahlender Pedal-Diskant (Trompette 8’ und Cornet Skulpturen geschmückt.6 4’). Die Trompette 8’ beginnt dunkel und gewinnt in der Neben dem Neubau von Orgeln in Höhe an obertonreicher Brillanz; das Cornet 4’ ist im Frankreich,7 Deutschland, der Schweiz, Bassbereich eigentlich ein recht enger Clairon 4’, der Schottland, Portugal und Japan führt die sich zum Diskant hin klanglich weitet. Werkstatt Restaurierungen (denkmalge- Die Metallpfeifen bestehen aus gehämmertem Blei oder schützer) historischer Orgeln durch, aus Legierungen mit niedrigem Zinngehalt (35 Prozent vermietet eigene Continuo-Orgeln (415 oder weniger). Die eng mensurierte Gambe 8’, die Zun- und 440 Hz) und Regale, übernimmt genregister (Trompettes 8’ und 16’, Voix humaine 8’) so- Reparaturarbeiten für Orgeln aller Ar- wie die gegen Berührungsschäden und Langzeit-Oxida- ten und unterhält Pflegeverträge für die tion speziell klar lackierten Fassadenpfeifen weisen hin- Orgelstimmung und -wartung. gegen einen Zinnanteil von 75 bis 96 Prozent auf. Fotos: Sonja Aubertin Einer speziellen Fertigungsweise wurden auch die Holz- Bernard Aubertin stammt aus einer alten Kunsttischlerfamilie (ébénistes), pfeifen (aus Eiche oder Edelkastanie) unterzogen. Sie die sich seit fast zwei Jahrhunderten der Fertigung von Kirchenmobiliar weisen allesamt metallisierte Pfeifenlippen auf, d. h. die widmet. In der elterlichen Werkstatt in Elvange (Moselle) konnte er früh Innenkante der tieferen Pfeifenlippe ist mit einem ge- seine Vorliebe für den gestalterischen Umgang mit Holz kultivieren. Nach falzten Metallstreifen versehen. Der Effekt dieser Labie- dem Abitur und einem dreijährigem Studium der Arts Decoratifs in Stras- rungstechnik ist vielfältig: unmittelbare präzise Anspra- bourg bis 1975 konzipierte und zeichnete er 1976-77 zahlreiche Orgeln che, brillanter Obertonaufbau, besonders bei den tiefen für mehrere Unternehmen (u. a. für Orgelbau Felsberg/Schweiz). Nach Pfeifen, bei denen das menschliche Ohr oft bereits kurzen Studienaufenthalten bei zwei Orgelbauern gründete er im Alter Mühe hat, die genaue Tonhöhe zu bestimmen. Zuletzt von 25 Jahren sein eigenes Unternehmen, in dem er seine Instrumente resultiert daraus eine Sparsamkeit im Windverbrauch, selbst konzipiert, zeichnet und intoniert. Während seiner dreijährigen die für den Bassbereich der Manuale sehr wichtig ist, in- Lehrtätigkeit am Centre National de Formation des Apprentis Facteurs dem der Windruckabfall (während der Ansprache der d’Orgues (CNFA) baute er mit seinen Schülern eine komplette Orgel – Pfeife) dadurch begrenzt und die Leichtigkeit des An- von der Konzeption bis zur Intonation. schlags gewährleistet wird. Bernard Aubertin erhielt mehrere Preise und Auszeichnungen: 1994 den Eine Sonderform, die bei barock ausgerichteten Instru- „Grand Prix Crédit du Nord“ für die Restaurierung der alten Priorei (12. menten sehr selten anzutreffen ist, stellt die mittels eines Jahrhundert), 1995 den Titel „Maître d’Art en facture eisernen Schwertgriffs wahlweise in zwei Positionen d’orgues“ durch das französische Kultusministerium, einzuhängende Gabelkoppel III-II (Unterwerk – Haupt- 2004 die Ehrendoktorwürde der Universität von werk) oder II-III (Hauptwerk – Unterwerk [!]) dar. Da- Aberdeen (Schottland) sowie 2005 die „Médaille durch kann etwa bei einem Hauptwerksplenum ein Un- du Vermeil“ durch die Stadt Paris. terwerksplenum mit zusätzlich Fagott 16’, Terz 1 3/5’ und Quinte 1 1/3’ gegenübergestellt oder das Haupt- Kontakt: werk additiv angekoppelt werden. Neben den so zusätz- Bernard Aubertin, Organier-Maître d’Art Manufacture d’Orgues Bernard Aubertin lich realisierbaren klanglichen Kombinationsmöglich- L’Ancien Prieuré keiten steht weiterhin ein Appel Anches Pédale zur Ver- 39700 Courtefontaine fügung, der im Hinblick auf die oft plötzlichen Dyna- FRANKREICH [email protected] Das Firmenlogo mikwechsel in der norddeutschen Orgelliteratur als Spielhilfe überaus nützlich erscheint. Die leicht „atmen-

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de“ Windversorgung ermöglicht auch im vollen Werk soliden Ausstattung in wertvollen Edelmaterialien und ein vollgriffiges, lebendiges und dennoch weitgehend nicht zuletzt seiner ausnehmenden Klangschönheit und schwankungsfreies Spiel. Die milde, leicht ungleich „barocken“ Klangpracht wegen dem von Anfang an ihn schwebende Stimmung (1800 Young) mit sechs reinen heran getragenen hohen künstlerischen Anspruch voll- und sechs temperierten Quinten eignet sich ausgezeich- auf gerecht. Bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass es net für einen großen Teil des einschlägigen barocken so nicht allein zur Bereicherung der vielgestaltigen Pari- Orgelrepertoires. ser Orgellandschaft beiträgt, sondern auch dem zeit- genössischen (französischen) Orgelbau in beispielhafter Auf Sponsorensuche Weise neue Impulse zu verleihen vermag. ■ 1 Jean-Louis Coignet: Les Orgues de Tribune de Saint-Louis-en- Maître Bernard Aubertin unternahm im August 2002 l’Isle, Association des Grandes Orgues de Saint-Louis-en-l’Isle, eigens eine ausgedehnte Studienfahrt nach Sachsen und Paris 2005, S. 3-6. 2 Sachsen-Anhalt zu den weltberühmten Orgeln der Hof- Jürgen Ahrend wurde aufgrund eines administrativen Form- fehlers vom Verfahren ausgeschlossen. kirche zu Dresden (Gottfried Silbermann, 1750-55) so- 3 Vermessungen sowie die langwierige Restaurierung der wie der St. Wenzelskirche zu Naumburg (Zacharias Orgelempore verursachten immer wieder lange Baustopps (so Hildebrandt, 1743-46), die ihm im Wesentlichen als Vor- von März 2000 bis September 2001, Januar bis August 2002 und September 2003 bis Oktober 2004). bilder und Inspirationsquellen für die sechs zusätzlichen 4 Solo-Register mit zwei (!) 8-Fuß-Registern: 8’ (offen), 8’ (ge- Register9 dienten, die er „nach eigenem Gusto“ in seine deckt), 4’, 2 2/3’, 2’ 1 3/5’. In Kombination mit den zwei Haupt- Orgel von Saint-Louis-en-l’Île in Paris einbauen wollte. werks-Zungen auch als eine Art „Grand Jeu“ verwendbar. 5 Dieses Register findet sich laut Bernard Aubertin auch in den Diese Register wurden auf Aubertins eigenen Wunsch Dispositionen der oben erwähnten Orgeln von Naumburg (Z. und persönliches wirtschaftliches Risiko in diese Orgel Hildebrandt) und Dresden (G. Silbermann). 6 Das Firmenlogo fasst diese Philosophie grafisch zusammen: eingebaut und suchen derzeit für die entstandenen, ein Eichenbaum, der an seinen Wurzeln von drei Schmiede- einstweilen noch ausstehenden Fertigungs- und Installa- Blasebälgen zum Aufblühen gebracht wird und dessen Zweige tionskosten von rund 170 000 Euro dringend noch einen von Singvögeln bevölkert sind (vgl. linke Seite unten). 10 7 Gerade hat Bernard Aubertin eine neue Orgel mit 28 Registern wohltätigen Sponsor oder Paten (patron). für die katholische Kirche Saint-Jacques in Neuilly (westlicher Vorort von Paris) fertiggestellt. Im Bau sind außerdem neue Orgeln in Kofu (Japan) und Oxford (III/P/32). Resümee 8 französischer Neologismus für lat. buccina: Waldhorn, Hirten- horn, bes. Signalhorn. Die neue Aubertin-Orgel von Saint-Louis-en-l’Île ver- 9 Allemande 4’, Cornet VI, Sifflet 1’, Unda Maris 8’, Bourdon 16’, mag sowohl durch eine Fülle individueller Einzelklänge, Bourdon 8’ sowie der V. Chor (Terz 4/5’) der Mixture IV-VI. 10 Carolyn Shuster Fournier: „A New Aubertin Organ in the Ger- durch die nahezu unbeschränkten Möglichkeiten der man Baroque Style – Saint-Louis-en-l’Isle, Paris, France”, in: Ensembleregistrierungen und die verschiedensten Plena The Diapason, März 2006, S. 22-24. als auch besonders durch ihre charaktervolle, gleichzei- tig jedoch immer homogene und fein abgestimmte Bin- CD-Neuerscheinung ■ Für das Spätjahr 2006 plant ifo-records eine CD-Einspie- nenintonation zu überzeugen. Das solide klangliche lung mit Axel Flierl an der neuen „Bach-Orgel“ von Saint- Rückgrat bildet ein perfekt durchstrukturierter, gesun- Louis-en-l’Île in Paris. der Prinzipalaufbau, der dem Werk seine eigentliche Kraft verleiht (nicht die Mixturen oder die Zungen!). Alle Gattungen des mittel- und norddeutschen Orgelba- rock wie Choralbearbeitungen, stark koloristisch ange- Axel Flierl (geb. 1976) stu- legte Choralfantasien, Trios, Variationswerke (Ciacona, dierte Kirchenmusik (A), Passacaglia, Partita) wie die großen freien Präambula, Konzertfach Orgel bei Edgar Präludien, Toccaten (samt Fugen) lassen sich hier mit Krapp sowie Konzertfach charaktervollem Ausdruck und variationsreicher Far- Orgelimprovisation bei bigkeit in einer exzellenten „orgelgemäßen“ barocken Wolfgang Hörlin an der Akustik überzeugend darstellen. Staatlichen Hochschule für So lässt sich abschließend mit Fug und Recht und ohne Musik und Theater in Mün- Übertreibung konstatieren, dass die heute weltweit chen. Von 2004 bis 2006 meist ihrer großartigen sinfonischen Instrumente wegen studierte er als Stipendiat gerühmte Orgel-Metropole Paris nach insgesamt 23 Jah- des Bayerischen Kultusmi- ren Suche nach dem geeigneten Orgelbauer und sechs nisteriums, des Deutsch-Französischen Kulturrats und Jahren Forschungs- und Bauzeit über eine veritable, der französischen Regierung Orgel an Saint-Étienne-du- durchaus stiltypische „Bach-Orgel“ erster Qualitätsstu- Mont in Paris bei und Vincent Warnier. fe verfügt. Aufgrund des klug durchdachten Gesamt- Studienaufenthalt an der „Cité Internationale des Arts“ konzepts, das seine künstlerische Inspiration aus kon- in Paris. Internationale Konzerttätigkeit als Orgelsolist, kreten historischen Vorbildern speist, diese jedoch nicht mehrfach bei renommierten Musikfestivals, sowie sklavisch und fantasielos kopiert, wird dieses höchst Rundfunk- und CD-Aufnahmen (ifo). interessante Instrument mit seiner handwerklich hoch-

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