5 INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort ...... 8

Geschichte und Stadtentwicklung von - ...... 11

Lage und Grenzen ...... 11 Naturraum ...... 13 Ur- und Frühgeschichte ...... 14 Stadt, Vorstadt, Ackerland ...... 17 Vor den Toren des mittelalterlichen ...... 17 Die Köpenicker Vorstadt ...... 17 Die ...... 21 Stadtentwicklung im 19. Jahrhundert ...... 25 Das Kreuzbergdenkmal ...... 25 Bebauungspläne für die ...... 26 Die bauliche Entwicklung der Luisenstadt bis 1860 ...... 29 Das Stadtviertel am Schlesischen Tor ...... 33 Bahnhöfe und Eisenbahnlinien ...... 35 Der Hobrechtplan ...... 37 Die bauliche Entwicklung der Luisenstadt nach 1860 ...... 40 Die Tempelhofer Vorstadt ...... 45 Südliche Friedrichstadt und Friedrichvorstadt ...... 52 Großstadtarchitektur ...... 58 Mietshäuser ...... 58 „Kreuzberger Mischung“ ...... 62 Kirchen und Friedhöfe ...... 63 Schulen und Sozialeinrichtungen ...... 70 Nahverkehr ...... 75 Die Stadt im frühen 20. Jahrhundert ...... 79 Citybildung und Abwanderung ...... 79 Das Viertel am Anhalter Bahnhof ...... 80 Das Versicherungs- und Filmviertel in der Friedrichstadt ...... 81 Das Zeitungsviertel in der Friedrichstadt ...... 84 Das Exportviertel in der Luisenstadt ...... 85 Der Bezirk Kreuzberg 1920 bis 1945 ...... 87 Das Ende des Kaiserreichs ...... 87 Bezirksgründung ...... 87 Großstadtleben ...... 88 Kreuzberg unter nationalsozialistischer Herrschaft ...... 90 Von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart ...... 91 Der Wiederaufbau nach 1945 ...... 91 Umbrüche nach dem Mauerbau ...... 96 Von der „Kahlschlagsanierung“ zur behutsamen Stadterneuerung ...... 100 Die Internationale Bauausstellung (IBA 1987) ...... 103 Entwicklungen seit 1990 ...... 109 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 6 7 Die Denkmale in Berlin-Kreuzberg ...... 113 Anhang

Gebiet 1 – Südliche Friedrichstadt ...... 113 Anmerkungen ...... 431 Friedrichstraße und Nebenstraßen ...... 114 Bibliographie ...... 452 ...... 133 Denkmalliste Berlin, Ortsteil Kreuzberg ...... 454 Lindenstraße und Axel-Springer-Straße ...... 136 Register ...... 467 Stresemannstraße ...... 152 Bildnachwei s ...... 480 Gebiet 2 – Friedrichvorstadt und Gleisdreieck ...... 159 Askanischer Platz und Anhalter Bahnhof ...... 159 Beilage Zwischen Schöneberger Straße und Köthener Straße ...... 161 Gleisdreieck ...... 174 Denkmalkarte Zwischen Möckernstraße und Stresemannstraße ...... 182 Gebiet 3 – Luisenstadt nördlich der Hochbahn ...... 187 Westliche Luisenstadt ...... 188 Exportviertel Ritterstraße ...... 202 Luisenstädtischer Kanal ...... 207 Rund um den Oranienplatz – Oranienstraße ...... 210 Zwischen Mariannenplatz und Schlesischem Tor ...... 233 Köpenicker Straße ...... 246 Gebiet 4 – Luisenstadt südlich der Hochbahn ...... 257 Schlesische Straße ...... 259 Lohmühleninsel ...... 269 Wrangelkiez ...... 272 Zwischen Görlitzer Park und Paul-Lincke-Ufer ...... 280 Vor dem Kottbusser Tor ...... 295 Englische und Städtische Gasanstalt ...... 308 Gebiet 5 – Östliche Tempelhofer Vorstadt ...... 312 Grimmstraße und Graefekiez ...... 313 Hermannplatz ...... 330 Zwischen Urbanstraße und Hasenheide ...... 331 Fontanepromenade ...... 334 Zwischen Baerwald- und Brachvogelstraße ...... 337 Gebiet 6 – Westliche Tempelhofer Vorstadt ...... 343 Blücherplatz ...... 344 Friedhöfe vor dem Halleschen Tor ...... 348 Westlich des Mehringdamms ...... 359 Südlich der Yorckstraße, zwischen Großbeerenstraße und Mehringdamm ...... 375 Am ...... 384 Der Kreuzberg ...... 390 Schultheiss-Brauerei und Dudenstraße ...... 394 Villenkolonie Wilhelmshöhe und südlicher Mehringdamm ...... 399 Zwischen Mehringdamm und Nostitzstraße ...... 403 Am Tempelhofer Berg ...... 407 Viertel am Chamissoplatz ...... 409 Kasernengelände ...... 414 Am Marheinekeplatz ...... 415 Am Südstern ...... 419 Friedhöfe an der Bergmannstraße ...... 422 Geschichte und Stadtentwicklung Geschichte und Stadtentwicklung 48 49 Betrieb auf, die das beliebte Bockbier herstellte. 75 Zur Brauerei, zinnenbekrönten Türmen an normannische Kastelle erinnert, die 1920 von Schultheiss übernommen und 1922 stillgelegt wur - nahm 515 Soldaten auf, während in den rückwärtigen Stallungen de, gehörte ein Ausschank mit Restaurant und Biergarten. Die Pri - 600 Pferde untergebracht werden konnten. Auf dem Gelände vatstraße Am Tempelhofer Berg, die erst 1925 zur öffentlichen zwischen Pionierstraße (heute Blücherstraße) und Urbanstraße Straße erklärt wurde, erschloss zwei größere Brauereistandorte. 76 wurde 1863–66 nach Entwurf von August Ferdinand Fleischinger 1860 entstand die Actien-Societäts-Brauerei, die 1872 von Con - die Kaserne für das Kaiser-Franz-Garde-Grenadier-Regiment Nr. rad Habel erworben wurde und seitdem als Habels Brauerei fir - 2 errichtet. 79 Die Unterkunftsgebäude und das Exerzierhaus wa - mierte. Der Betrieb ging 1906 in der Brauerei Königstadt AG und ren um einen rechteckigen Kasernenhof angeordnet. Die Back - 1921 in der Berliner Kindl-Brauerei AG auf, bevor er stillgelegt steinbauten wurden im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört. Er - wurde. Auf dem Nachbargrundstück stellte die 1876 gegründete halten blieb nur das Offizierskasino. Das 2. Garde-Dragoner-Re - Weißbierbrauerei von F. W. Hilsebein obergäriges „Bayerischbier“ giment bezog das schräg gegenüberliegende, 1875–78 bebaute her. Die Berliner Bierbrauerei AG vorm. F. W. Hilsebein wurde Kasernengelände zwischen Pionierstraße (heute Blücherstraße) 1906 von Schultheiss übernommen. 1957 musste der Brauerei - und Gneisenaustraße. 80 Von den Unterkunftsgebäuden und Stal - betrieb eingestellt werden. Am Rand der Hasenheide hatten sich lungen haben sich aufgrund der Kriegszerstörung keine Reste er - zwei Brauereien niedergelassen. 77 Die vor 1850 gegründete halten. Das zwölf Hektar große Kasernengelände für das Köni - Friesenstraße, Ka - Brauerei von Franz Happoldt wurde 1941 von Schultheiss er - gin-Augusta-Garde-Grenadier-Regiment Nr. 4 und das Garde-Kü - serne des Königin- worben und stillgelegt. Aus der 1863 gegründeten Gratweilschen rassier-Regiment 81 am Rand des Tempelhofer Felds hat den Zwei - Augusta-Garde- Brauerei ging 1870 die Berliner Unions-Brauerei AG hervor. ten Weltkrieg hingegen ohne größere Schäden überstanden. Die Grenadier-Regi - ments Nr. 4 und des Zum Brauereigelände, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, im deutschen Renaissancestil gestalteten Kasernenbauten wurden Garde-Kürassier- gehörten ein Biergarten und verschiedene Restaurationsgebäude, 1894–97 aus rotem Backstein errichtet. Das Königin-Augusta- Regiments, 1895– darunter der Kaisersaal. Garde-Grenadier-Regiment Nr. 4 nutzte die Unterkunftsgebäude 97, Ansichtskarte Das Tempelhofer Unterland geriet recht früh in das Blickfeld des an der Friesenstraße und Jüterboger Straße sowie eine im Hof lie - (1916 gelaufen) preußischen Militärs, weil es hier, nahe dem Truppenübungsplatz gende Exerzierhalle, während das Garde-Kürassier-Regiment in auf dem Tempelhofer Feld, große unbebaute Flächen gab, auf de - den Kasernentrakten an der Prinz-August-von-Württemberg-Stra - nen man Kasernen errichten konnte. Von den dreizehn Regimen - ße (heute Columbiadamm) untergebracht war. Die Pferdeställe tern der Berliner Garnison hatten fünf ihren Standort in der Tem - sind um vier Höfe angeordnet. Das Militär prägte das Stadtbild pelhofer Vorstadt. Die Regimenter gehörten ausnahmslos zu den der Tempelhofer Vorstadt. Wenn die Soldaten und Offiziere, von Gardetruppen, die als Elite des preußischen und deutschen Hee - Militärmusik begleitet, zum Tempelhofer Feld zogen, wo die gro - res galten. Nachdem das Kriegsministerium 1848 den nördlichen ßen Aufmärsche und Kaiserparaden stattfanden, versammelten Teil des Upstalls, der früheren Weide der Tempelhofer Bauern, ge - sich in den Straßen große Menschenmengen, die sich von den far - kauft hatte, wurde dort 1850–53 die Kaserne des 1. Garde-Dra - bigen Uniformen und glänzenden Waffen begeistern ließen. Nicht goner-Regiments errichtet. 78 Das von Wilhelm Drewitz entwor - zuletzt hatte das Militär eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung fene Hauptgebäude an der Belle-Alliance-Straße, das mit seinen für das Stadtviertel. Gewerbebetriebe, Händler und Gastwirt -

Großbeerenstraße mit Blick auf den Kreuzberg, Aufnah - me von F. Albert Schwartz 1887

schaften hatten sich auf die Bedürfnisse der Soldaten und Offi - Mietshäuser entstanden, und das westlich anschließende, bis zur ziere eingestellt. Möckernstraße reichende Gebiet. Am Tempelhofer Ufer wurden Die Mietshausbebauung der Tempelhofer Vorstadt setzte um 1850 Mietshäuser und Fabriketablissements errichtet, während sich an ein, nachdem die Separation des Tempelhofer Unterlands zum Ab - der Möckernstraße Schankwirtschaften und Gartenrestaurants an - schluss gekommen war. Nach der Ablösung der Grundlasten siedelten. Zu den Grundstücksspekulanten, die von der Erschlie - Schultheiss-Brauerei am Kreuzberg, Biergar - konnten die Tempelhofer Bauern ihr Land mit Gewinn verkaufen. ßung des Baulands profitierten, gehörte der Hof-Pianofortefabri - ten, Gotischer Saal, um Die Bautätigkeit erstreckte sich zunächst auf die Grundstücke an kant Theodor Stöcker, der seine Klavierfabrik 1853 ans Tempel - 1910 der Belle-Alliance-Straße, wo die ersten vier- bis fünfstöckigen hofer Ufer verlegt hatte. Es gelang ihm, bis 1865 fast das gesamte Geschichte und Stadtentwicklung Geschichte und Stadtentwicklung 50 51 Land zwischen Obentrautstraße und Yorckstraße zu erwerben. sich auf der früheren Schlächterhütung zwischen dem Land - Nach der Durchlegung der Straßen konnte er das Ackerland in wehrkanal und der Hasenheide ausbreitete. baureife Parzellen teilen, die er mit erheblichem Gewinn veräu - Die wohlhabenden Bürger, die nicht in Mietshäusern wohnen ßerte. 82 An der Großbeerenstraße, einer auf das Kreuzbergdenk - wollten, zogen an den Rand der Stadt, etwa ins Tiergartenviertel, mal ausgerichteten Straßenachse, wurden um 1855 die ersten oder in die Vororte, wo sie vornehme Villen errichten ließen. Ei - Mietshäuser errichtet. 1858–59 entstand das stark veränderte, aber ne andere Möglichkeit, der überfüllten Stadt zu entgehen, boten noch vorhandene Haus Großbeerenstraße 17A. Eher ländlichen die Villenkolonien, die im Umland Berlins aus dem Boden schos - Charakter hatte das 1853 erbaute und 1994 abgebrochene Wohn - sen. 1871 wurde am östlichen Hang des Kreuzbergs, zwischen haus in der Kreuzbergstraße 11. Mit seinen zwei Geschossen und Lichterfelder Straße (heute Methfesselstraße) und Belle-Alliance- dem Satteldach ähnelte es den Landhäusern, die seit etwa 1820 Straße (heute Mehringdamm) die Villenkolonie Wilhelmshöhe ge - in der Umgebung des Kreuzbergs entstanden waren. Als das Tem - gründet, nachdem sich 22 Berliner Familien unter Führung der pelhofer Unterland zum 1. Januar 1861 nach Berlin eingemein - Kaufleute Eugen Kühnemann und Paul Munk zur Villen-Socie - det wurde, hatte die Vorstadt etwa achttausend Einwohner. tät Wilhelmshöhe zusammengeschlossen hatten. 83 Das Gelände, Das Straßennetz der Tempelhofer Vorstadt geht einerseits auf äl - auf dem sich früher eine Sandgrube befand, umfasst einen tiefen tere Straßen und Feldwege, andererseits auf den 1862 erlassenen Taleinschnitt, der in die Landschaftsgestaltung einbezogen wur - Bebauungsplan von James Hobrecht zurück. Hasenheide, Gnei - de. 1864 wollte Baurat Oppermann auf diesem Terrain eine Villa senaustraße und Yorckstraße bilden den östlichen Abschnitt der errichten, für die Peter Joseph Lenné einen Gartenentwurf erstel - von Hobrecht als Boulevard konzipierten Gürtelstraße. Die Stra - len sollte, aber die Villa ist nie ausgeführt worden. Da Lenné 1866 ßen erhielten ihre Namen 1864 nach Generälen (Yorckstraße, War - gestorben war, kann er nicht an der weiteren Planung der Villen - tenburgstraße, Gneisenaustraße, Blücherplatz) und Schlachten kolonie beteiligt gewesen sein. Der Ankauf der Grundstücke be - Urbanhafen, Aufnahme 1955 (Katzbachstraße, Möckernstraße, Großbeerenstraße, Belle-Alli - gann 1868. Den Bebauungsplan erstellten die bekannten Archi - ance-Straße) der Befreiungskriege 1813–15. König Wilhelm I. tekten Wilhelm Ende und Wilhelm Böckmann. Auf dem drei - verstand die Namensgebung als patriotische Geste, mit der er auf eckigen Geländestück sollten, eingebettet in eine parkartige Gar - das Volk zugehen wollte. In den 1860er Jahren verstärkte sich die tenlandschaft, etwa dreißig Villen errichtet werden. Die Grund - Abrisse, Um- und Neubauten stark verändert. Erhalten blieben le - eingefügt, die Solmsstraße ergänzt, die Mittenwalder Straße Bautätigkeit. Es bestand ein großer Bedarf an Mietwohnungen, da stücke werden durch die umliegenden Straßen und eine in die Vil - diglich die Villen Mehringdamm 116 und Methfesselstraße 23. durchgelegt und die Fürbringerstraße bis zur Solmsstraße verlän - jährlich zehntausende Menschen nach Berlin strömten. 1863 ent - lenkolonie hineingeführte Privatstraße erschlossen. Ende & Böck - In den drei Jahrzehnten zwischen 1870 und 1900 wuchsen die gert. Dass die Riemannstraße nachträglich entstanden ist, lässt standen die ersten Häuser der Gneisenaustraße, und 1863–73 wur - mann planten elegante klassizistische Villen und Landhäuser im Wohnhäuser, Ansiedlungen, Kasernen und Brauereistandorte zwi - sich noch heute an der Ecke zur Nostitzstraße nachvollziehen, wo de der nördliche Teil der Nostitzstraße durchgehend mit Miets - Schweizerhausstil, von denen einige auch ausgeführt worden schen Landwehrkanal, Kreuzberg und Hasenheide zu einem ge - die fensterlose Brandwand eines nach dem alten Bebauungsplan häusern bebaut. 1871 zählte man in der Tempelhofer Vorstadt sind. Bis 1890 entstanden etwa zwanzig Villen, während auf der schlossenen Stadtgebiet zusammen. Die Bautätigkeit konzen - errichteten Mietshauses zur Riemannstraße weist. Für das Terrain 32.886 Einwohner. Die Wohnungsnot führte dazu, dass um 1870 nördlichen Geländespitze eine geschlossene Mietshausreihe er - trierte sich zunächst auf die Blöcke links und rechts der Belle-Al - nördlich der Bergmannstraße wurde 1877 ein neues Straßennetz tausende Menschen in einer Barackensiedlung kampierten, die richtet wurde. Das Bild der Villenkolonie hat sich seitdem durch liance-Straße, wo die 1872 gegründete Belle-Alliance Berliner entwickelt. Dabei wich man vom bisher üblichen Rastersystem ab. Bau-Gesellschaft auf Actien die Parzellierung vornahm. Die Ter - Der in der befindliche Chamissoplatz wird von zwei blind raingesellschaft machte die Grundstücke baureif, um sie dann an endenden Straßenachsen begrenzt (Arndtstraße, Willibald-Alexis- Bauunternehmer zu verkaufen, die für den Mietshausbau sorgten. Straße), die über kurze Straßensegmente mit der Bergmann- und Im Baublock zwischen Belle-Alliance-Straße, Hagelberger Stra - Fidicinstraße verbunden sind. Das Straßensystem wurde 1882 bis ße, Großbeeren- und Yorckstraße wurden die meisten Häuser von zur Heimstraße verlängert, nachdem die Chemische Fabrik Kun - Wilhelm Riehmer erbaut. Der Maurermeister hatte 1860 in der heim & Co. ihr an den Tempelhofer Bergen gelegenes Fabrikge - Gegend größere Landstücke erworben und 1864 in der Hagel - lände zur Bebauung freigegeben hatte. Um die Wasserversorgung berger Straße 2 das erste Haus des gesamten Blocks errichtet. der Tempelhofer Vorstadt sicherzustellen, errichtete man 1887–88 1865 zog er in das Haus Belle-Alliance-Straße 17 (heute Meh - auf dem höchsten Punkt des Höhenrückens einen Wasserturm, der ringdamm 50), wo er bis zu seinem Tod lebte. Die Mieteinnah - aufgrund seiner markanten Bauform zum Wahrzeichen des Vier - men investierte Riehmer, der stets bestrebt war, seinen Häusern tels wurde. In der Arndtstraße, die schon Hobrecht vorgesehen einen vornehmen und herrschaftlichen Charakter zu verleihen, in hatte, entstanden 1875 die ersten Häuser, doch in den übrigen Stra - neue Bauvorhaben. 1880 begann er, Riehmers Hofgarten anzule - ßen setzte die Bautätigkeit erst nach 1880 ein. 1887 gestaltete Gar - gen, eine aus achtzehn Hauseinheiten bestehende Wohnanlage, die tenbaudirektor Hermann Mächtig die Platzfläche des Chamisso - sich in ihrer Bauweise von der damals üblichen Mietshausbebau - platzes. 1897 konnten die letzten Baulücken geschlossen werden. ung unterscheidet. 84 Die gleich hohen Hauseinheiten orientieren Die Straßen wurden recht zügig bebaut. Um die Mietshäuser der sich um einen im Blockinnenbereich angelegten Hofgarten, der Willibald-Alexis-Straße auszuführen, brauchte man nur fünf Jah - über eine Privatstraße zu erreichen ist. Die straßenseitigen Ein - re (1889–94), in der Fidicinstraße waren es elf Jahre (1887–97). gangshäuser und die Hofgartenhäuser erhielten prächtige Stuck - Die östliche Tempelhofer Vorstadt zwischen Blücherstraße, Ha - fassaden. Die großzügigen Wohnungen mit drei bis sieben Zim - senheide und Kottbusser Damm wurde erst relativ spät erschlos - mern waren für Beamte, Offiziere, Künstler und Kaufleute ge - sen. Das Straßennetz mit den platzartig aufgeweiteten Nord-Süd- dacht. Riehmers Hofgarten war 1899 fertig gestellt. Achsen (Fontanepromenade, Grimmstraße, Baerwaldstraße), dem Im Gebiet östlich der Belle-Alliance-Straße waren die Baublöcke, Kirchplatz in der Achse des Luisenstädtischen Kanals, auf dem die James Hobrecht in seinem Bebauungsplan vorgesehen hatte, 1904–06 die Melanchthonkirche errichtet wurde, und der als Riehmers Hofgarten, viel zu groß. Die Terraingesellschaft veranlasste daher eine Block - Hauptstraße konzipierten Urbanstraße beruht auf dem 1862 er - Bauakte, 1880 unterteilung. 1873 wurde die Riemannstraße in das Straßenraster lassenen Hobrechtplan. Da sich die Bebauung verzögerte und die Geschichte und Stadtentwicklung Geschichte und Stadtentwicklung 52 53 Grundstücksspekulation erst spät einsetzte, waren die Grundstü - wehrkanals waren hauptsächlich von Handwerkern, Geschäfts - cke recht günstig zu erwerben. Das nutzte die Stadt Berlin, um in leuten und Offizieren bewohnt, die sich mit ihren Einkommen diesem Viertel städtische Einrichtungen mit großem Platzbedarf größere Wohnungen leisten konnten. In den anderen Straßen do - unterzubringen. Das städtische Gasunternehmen errichtete an der minierten die Fabrikarbeiter, die meist in Ein- oder Zwei-Zimmer- Fichtestraße ab 1874 vier große, nahezu baugleiche, mit Back - Wohnungen lebten, während in den Vorderhäusern größere Woh - steinmauerwerk ummantelte Gasbehälter, die das im Gaswerk an nungen für besser verdienende Familien eingerichtet waren. In den der Gitschiner Straße erzeugte Gas zu speichern hatten. Das Hinterhöfen der Tempelhofer Vorstadt befanden sich Handwerks - Grundstück der Gasanstalt am Landwehrkanal war zu klein ge - betriebe und Kleinfabriken, doch war die Anzahl der Gewerbe - wesen, um dort Speichervorrichtungen unterzubringen. Zwischen betriebe nicht so hoch wie in der Luisenstadt. Eine Ausnahme bil - Urbanstraße und Dieffenbachstraße legte Stadtbaurat Hermann deten lediglich die Brauereien. Die Belle-Alliance-Straße war ei - Blankenstein 1887–90 das Krankenhaus Am Urban an. Neben ne frequentierte Geschäftsstraße. 88 dem Kirchplatz entstand 1891–96 eine Hafenanlage, die allerdings Ein Großteil der Arbeiter neigten der Sozialdemokratischen Par - anders als im Hobrechtplan vorgesehen angelegt wurde. Der tei Deutschlands (SPD) zu, die nach der Aufhebung der Sozialis - Urban hafen 85 war der erste städtische Hafen Berlins. Der Land - tengesetze 1890 ihre Geschäftsstelle im ersten Stock des Hauses wehrkanal, der 1883–90 eine gemauerte Ufereinfassung erhalten Katzbachstraße 9 einrichtete. Die Wohnung gehörte dem Reichs - hatte, wurde im Hafenbereich aufgeweitet. Ein 22 Meter breiter tagsabgeordneten Ignaz Auer. Im März 1900 zog der Parteivorstand Seitenkanal trennte eine trapezförmige Ladeinsel ab, die über ei - in die Kreuzbergstraße 30 um, bevor 1905 die Geschäftsstelle in ne Hubbrücke zu befahren war. Die Schiffe konnten sowohl an der das neu erworbene Haus Lindenstraße 69 verlegt werden konnte. Ladeinsel als auch am landseitigen Ufer anlegen. Die Erwartun - gen, die man bezüglich des Hafenbetriebs hatte, erfüllten sich nicht, da ein Gleisanschluss fehlte und größere Schiffe den Land - Südliche Friedrichstadt und Friedrichvorstadt wehrkanal nicht befahren konnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Seitenkanal zugeschüttet und das Hafengelände in ei - In der Südlichen Friedrichstadt kam es im 19. Jahrhundert zu ei - nen Park umgewandelt. ner starken Verdichtung. 89 Die bisher als Gartenland genutzten Die Mietshäuser in der östlichen Tempelhofer Vorstadt sind über - Blockinnenflächen wurden bebaut. Mietshäuser mit Seitenflügeln wiegend zwischen 1885 und 1900 entstanden. Die in den Ho - und Hofgebäuden verdrängten die barocken Wohnhäuser. Um die henstaufenplatz mündende Dieffenbachstraße wurde zwischen großen Blockflächen weiter zu erschließen, fügte man nach 1840 1882 und 1890 bebaut. Da der von Grimm-, Dieffenbach-, Grae - die Bessel- und Puttkamerstraße ins Straßennetz ein. Die Char - fe- und Urbanstraße begrenzte Block zu groß erschien, fügte man lottenstraße wurde nach Süden verlängert. Karl Friedrich Schin - die Müllenhoffstraße ein, deren Mietshäuser 1895–97 ausgeführt kel errichtete 1832–35 auf dem Gartengelände eines geräumigen „Situationsplan von der wurden. Die herrschaftlichen Häuser am Planufer entstanden Baublocks zwischen Friedrich- und Lindenstraße die Berliner Haupt- und Residenz- Stadt Berlin und Umge - zwischen 1887 und 1902. Zur Jahrhundertwende verschwanden Sternwarte. 90 Das Grundstück hatte man ausgewählt, weil es nicht gend“ von Liebenow, die letzten Baulücken in der Baerwaldstraße. Stadtbaurat Ludwig weit von Akademie und Universität entfernt lag. Der längliche 1867, Ausschnitt südliche Hoffmann errichtete 1898–1901 das Stadtbad Baerwaldstraße zweigeschossige Bau hatte eine bewegliche, drehbar gelagerte Friedrichstadt und eine dahinter angeordnete Gemeindeschule, während an der Kuppel. Nachdem 1896 die Treptower Sternwarte eröffnet wor - Wilmsstraße eine Kirche in die Blockrandbebauung eingefügt den war, brauchte man die alte Sternwarte in der Friedrichstadt wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Tempelhofer Vor - nicht mehr. 1913 wurde sie abgebrochen und die Enckestraße als stadt flächendeckend bebaut. Mit dem Landwehrkanal, dem An - verlängerte Charlottenstraße über das Gelände geführt. halter Güterbahnhof, dem Tempelhofer Feld und der Hasenheide Das Rondell am Halleschen Tor wurde nach der Schlacht von Wa - hatte das Viertel klare stadträumliche Grenzen. Eine grenzüber - terloo am 18. Juni 1815, in der englische und preußische Trup - schreitende Bebauung gab es nur im Osten, wo der Kottbusser pen unter General Wellington und Feldmarschall von Blücher den Damm die Stadtgrenze zwischen Berlin und Rixdorf (seit 1912 endgültigen Sieg über Napoleon errungen hatten, in Belle-Alli - Neukölln) markierte. Die Viertel beiderseits des Kottbusser ance-Platz umbenannt. Da die entscheidenden Kämpfe nahe dem Damms wuchsen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem ein - Wirtshaus Belle-Alliance stattfanden, setzte sich in Preußen die - heitlichen, hoch verdichteten Stadtgebiet zusammen. ser Name durch. 91 In der Platzmitte wurde 1839 die von Christi - 1867 lebten in der Tempelhofer Vorstadt 23.671 Menschen. 1880 an Gottlieb Cantian entworfene Friedenssäule mit der Statue der war die Einwohnerzahl auf 72.370 gestiegen. Den größten Be - Viktoria errichtet. Die geflügelte Siegesgöttin, geschaffen von völkerungszuwachs gab es zwischen 1880 und 1890, als sich die Christian Daniel Rauch, versinnbildlicht den Sieg über das na - Einwohnerzahl auf 141.369 verdoppelte. 1905 erreichte die Tem - poleonische Frankreich. pelhofer Vorstadt mit 171.045 Einwohnern ihre höchste Bevöl - Auf dem Geländestreifen zwischen Wilhelmstraße und Akzise - kerungszahl. 86 Das soziale Gefüge war in der Tempelhofer Vor - mauer befanden sich Garten- und Ackerflächen, die erst spät von stadt etwas anders als in der Luisenstadt. Der bürgerliche Anteil der städtischen Entwicklung erfasst wurden. Der größte Garten war höher, es gab mehr Offiziere und Beamte und nicht so viele gehörte zum Palais des Prinzen Albrecht. Das Gelände hinter dem Menschen aus unteren Einkommensschichten. 87 Die Villenkolo - Prinz-Albrecht-Palais wurde mit zwei Museen bebaut: Martin Berliner Sternwarte, nie Wilhelmshöhe am Kreuzberg bildete ein Refugium reicher Gropius und Heino Schmieden entwarfen das 1877–81 ausge - 1832–35 von Karl Fried - 92 bürgerlicher Familien. Die Mietshäuser an der Yorckstraße, im führte Kunstgewerbe-Museum. Der dreistöckige würfelförmige rich Schinkel, Stahlstich Stadtviertel am Chamissoplatz oder an den Uferstraßen des Land - Backsteinbau, reich verziert mit Mosaiken und Terrakotten, war um 1835 Die Denkmale in Berlin-Kreuzberg Luisenstadt südlich der Hochbahn 272 273 wichtiges Dokument der frühen Verkehrsgeschichte, denn sie entstand bereits 1852 im Zusammenhang mit dem Ausbau des Landwehrkanals. Damit ist die Treptower Brücke die letzte noch erhaltene Kanalbrücke, die aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt. Da die Brücke über den nicht schiffbaren, von Beginn an ausschließlich der Wasserregulierung dienenden Flutgraben führt, konnte man sie, anders als die siebzehn hölzernen Klappenbrü - cken, die über den Landwehrkanal führten, komplett massiv aus - führen. Während die Klappenbrückenkonstruktionen, die sich schon wenige Jahrzehnte nach ihrer Fertigstellung sowohl für den Straßen- als auch für den Schiffsverkehr als hinderlich erwiesen, im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausbau des Landwehrka - 184. Vor dem Schlesischen Tor, Obere Freiarchenbrücke, 1893–94 von Otto nals und der Spreeregulierung durch neue Konstruktionen ersetzt Stahn und Zanders wurden, blieb die Treptower Brücke bis heute nahezu unverändert erhalten. Ihr nüchternes Erscheinungsbild entspricht ihrer Funk - tion als Zweckbau an einem Ort von untergeordneter städtebau - ben Meter. Während sich die Brücke im Straßenraum nur dezent licher Bedeutung. Mit drei flachen, gleich weitgespannten Seg - durch schmiedeeiserne Geländer und wenige Werksteinpfeiler mentbögen wölbt sich die Brücke über den Flutgraben. Die mas - bemerkbar macht, zeigt sie wasserseitig eine aufwendigere Ge - sive Bogenkonstruktion und die Widerlager verkleidete man mit staltung. Die Geländer tragen mittig angeordnete Kartuschen mit rotem Ziegelmauerwerk, in das als schmückende Zutat horizon - Namen und Baujahr der Brücke. Die blockartigen Widerlager tale gelbe Ziegelstreifen eingelegt wurden. Die Vorstreckungen wurden mit gelben Ziegeln verblendet und an den Blockecken mit der im Wasserlauf stehenden Bogenstützen erhielten eine Abde - Werksteineinfassungen akzentuiert. Große reliefierte Terrakotta - ckung aus Werkstein. 1992–93 wurde die Brücke instand gesetzt tafeln der Tonwarenfabrik March schmücken die Wandfelder. Auf und beidseitig wieder mit ihrer ursprünglichen Brüstung, einer Ba - den qualitätvoll gearbeiteten Tafeln sind detaillierte florale und fi - lustrade aus roten Ziegelsteinen, versehen. Heute ist die Brücke gürliche Motive zu sehen. In der Mitte befindet sich jeweils eine für den Autoverkehr gesperrt. von Putten, Rankwerk und Fruchtgehängen eingefasste Wappen - kartusche in Renaissance-Manier. Anfang der 1990er Jahre wur - de die Brücke grundlegend überholt. Zwar blieb dabei das ur - Wrangelkiez sprüngliche äußere Erscheinungsbild weitgehend unangetastet, 186. Wrangelstraße 50–51, Kath. Liebfrauenkirche, 1904–06 von Ludwig Becker doch wurde die baugeschichtlich wertvolle alte Spannkonstrukti - Das Stadtviertel zwischen Spree und Görlitzer Straße wurde frü - on mit den Trägern aus Flusseisen durch eine neue Balkenkon - her als Schlesisches Viertel bezeichnet. Heute spricht man vor - struktion ersetzt. wiegend vom Wrangelkiez, ein Name, der sich von der Wrangel - hausbebauung in geschlossener Blockrandbauweise aus. Die Fas - in strenger Symmetrie um einen zur Straße geöffneten Atriumhof. straße herleitet, die das Quartier als Hauptachse erschließt. Das saden sind nach dem Zweiten Weltkrieg vielfach vereinfacht wor - Im Ergebnis entstand eine architektonisch bemerkenswerte kloster - An der Südspitze der Lohmühleninsel befindet sich die Trepto - Viertel wird vom Landwehrkanal, vom Gelände des früheren den. ähnliche Anlage von großer Einheitlichkeit. In der kompakt bebau - wer Brücke .577 Als einer der ältesten Bogenbrücken in Berlin ver - Görlitzer Bahnhofs und von Skalitzer und Schlesischer Straße be - ten Wrangelstraße setzt die Liebfrauenkirche somit ein außerge - bindet sie die Insel mit der auf der Treptower Seite verlaufenden grenzt. Das Stadtgefüge des 19. Jahrhunderts ist größtenteils er - Schulen und Kirchen, die traditionellen Leitbauten der wilhemi - wöhnliches Merkzeichen. Ihr imposantes Erscheinungsbild beruht Lohmühlenstraße (Abb. 185, Liste Nr. 211). Die Brücke ist ein halten. Es zeichnet sich durch eine dichte fünfgeschossige Miets - nischen Stadt, gliedern sich im Wrangelkiez in das strenge Stra - aber nicht allein auf der effektvollen Baumassengliederung, sondern ßenraster ein. So erhielt die katholische Gemeinde nur eine dop - ist auch auf die inmitten von Putzbauten kontrastierend wirkende pelte Hausparzelle in der Wrangelstraße 50–51 . Auf dem eng Werksteinverkleidung der Fassaden sowie den prachtvollen Baude - bemessenen Grundstück errichtete der Mainzer Dombaumeister kor zurückzuführen. Die steil aufragende Kirche schließt den Atri - Ludwig Becker 1904–06 die Kath. Liebfrauenkirche (Abb. umhof nach hinten ab. Ihre trutzige westwerkartige Doppelturm - 186–187, Liste Nr. 335). 578 Es handelt sich um einen gruppier - fassade ist der gestalterische Höhepunkt der Anlage. Rundbogenar - ten Kirchenbau, bei dem die Kirche, das zugehörige Gemeinde- kaden, ein großes Bogenfenster und das Hauptportal gliedern die und Pfarrhaus und ein zusätzliches Wohnhaus zu einer gestalte - Werksteinfront. Den hohen gestalterischen Anspruch auch im bau - rischen Einheit verschmolzen sind. Dombaumeister Ludwig Be - lichen Detail bezeugen die sorgsam detaillierten Säulen mit ihren va - cker baute in den Jahrzehnten um 1900 in ganz Deutschland ei - riantenreich ausgearbeiteten Würfelkapitellen und Schäften, aber ne namhafte Anzahl katholischer Kirchen in den unterschied - auch das prächtig ausstaffierte Hauptportal mit den Reliefs von lichsten Stilausprägungen. Bei der Liebfrauenkirche griff Becker Ecclesia und Synagoge. Der dreischiffige Innenraum von monu - auf das Formenvokabular der rheinischen Romanik zurück. Mög - mentaler Anmutung wird von einem mächtigen Tonnengewölbe und licherweise war er in seiner Stilwahl durch den wichtigsten ka - im Bereich der Vierung von einer Flachkuppel überspannt. Die ein - tholischen Kirchenarchitekten der Kaiserzeit, Christoph Hehl, be - gezogene Apsis ist mit einem Umgang ausgestattet. Vor den weiß einflusst worden. Hehl baute in Berlin vorwiegend in neoroma - getünchten Wänden kommen die Werksteinsäulen gut zur Geltung, nischen Formen. die nach dem Vorbild der romanischen Klosterkirche in Hamersle - In der Ausnutzung des Grundstücks erinnert die Liebfrauenkirche ben im Harz gestaltet sind. Die Kuppel wurde 1945 beschädigt und 185. Lohmühlenstraße, an Friedrich August Stülers St.-Jacobi-Kirche in der Oranienstraße. danach nur mehr vereinfacht wieder aufgebaut. 1993 hat man den Treptower Brücke, 1852 Die Gebäudeteile, die sich bewegt nach oben staffeln, ordnen sich Innenraum instand gesetzt. Die Denkmale in Berlin-Kreuzberg Luisenstadt südlich der Hochbahn 274 275

187. Wrangelstraße 50–51, Kath. Lieb- frauenkirche, Innenansicht

Der Hof wird vom Pfarr- und vom Wohnhaus eingefasst, die sich den bilden nicht nur die optisch reizvollen Wandungen des Atri - jeweils über einem L-förmigen Grundriss erheben und an die umhofs, sondern präsentieren sich zur Straße als eine unver - Blockrandbebauung der Wrangelstraße anschließen. Ihre Fassa - wechselbare Architektur mit hohem Wiedererkennungs- und Iden - tifikationswert. Dabei fallen insbesondere die turmartigen Auf - bauten auf, die mit der Doppelturmfassade der Kirche korres - pondieren und dadurch ein markantes, zum Straßenraum orien - tiertes Tormotiv bilden. Der burgenartige Wandaufbau ist we - sentlich durch einen großen Reichtum an Rundbogenmotiven und Fensterformen geprägt. Der intim wirkende Innenhof wird zur Straße durch kleine Vorgärten und ein schmiedeeisernes Tor ab - geschottet. Die Mitte markiert ein Sandsteinbrunnen, dessen Säu - le ursprünglich eine Marienfigur trug. 2004 wurde die Brunnen - anlage umfassend saniert. 189. Taborstraße 17, Ev. Tabor- Kirche, 1903–05 von Das Grundstück Cuvrystraße 16 zählt zu den ersten Grundstü - Ernst Schwartzkopff cken, die in der Cuvrystraße bebaut wurden. Dabei beginnt die Baugeschichte des Mietshauses mit Fabrikgebäude (Abb. 188, Liste Nr. 116) ungewöhnlich. Statt des Vorderhauses ließ der Mau - de ist in den zeitüblichen spätklassizistischen Formen angelegt. gezogene Straßenachse hineinwirkt, bildet die Kirche eine wich - rerpolier Carl Liepold 1857 zuerst von Maurermeister Forkert und Wichtigstes Schmuckelement sind die von Geschoss zu Geschoss tige Landmarke im Wrangelkiez. Die evangelische Gemeinde Zimmermeister Wildgrube einen kleinen Seitenflügel mit Miet - variierenden Fensterverdachungen, die im ersten Obergeschoss wurde von der Emmaus-Gemeinde abgetrennt, deren Kirche auf wohnungen weit hinter der Baufluchtlinie errichten. Der zweige - besonders üppig ausfallen. Über die links angeordnete Durchfahrt dem Lausitzer Platz steht. Die Baukosten trug die Stadt Berlin, schossige Mauerwerksbau verfügt über ein Souterrain sowie ein gelangt man auf den langgestreckten Hof, der rechts von dem während die Gemeinde nur den Bau des Pfarr- und Gemeinde - ausgebautes Dachgeschoss. Anfänglich war er über alle Etagen schmalen Seitenflügel und einem kleineren Werkstättengebäude hauses finanzieren musste. Den Entwurf lieferte der Königliche mit sehr einfachen Wohnungen ausgestattet, die aus Stube, Kam - begrenzt wird. Die bauliche Verdichtung des Bereichs ist an dem Baurat und Dombaumeister Ernst Schwartzkopff, der noch vor mer und Küche bestanden. Die Toilettenanlagen waren in einem abschließenden Quergebäude zu erkennen. Die viergeschossige Abschluss der Bauarbeiten verstarb. Baurat Adolf Bürckner führ - separat erstellten Appartment-Gebäude untergebracht. Schon ein Stockwerksfabrik von außergewöhnlicher Gebäudetiefe wurde te den Kirchenbau zu Ende. Jahr nach seiner Fertigstellung wurde der Seitenflügel auf die dop - 1896 nach Entwürfen des Architekten A. Winkler ausgeführt. Die Tabor-Kirche wurde mit dem zugehörigen Pfarr- und Ge - pelte Länge erweitert. Das Vorderhaus kam erst 1870 hinzu. Mit meindehaus als Straßenkirche in den Blockrand der Taborstraße ihm griff der Bauherr auf den Bautyp des städtischen Mietshau - Die Wrangelstraße läuft auf die 1903–05 erbaute Ev. Tabor-Kir - eingefügt. Die Bauteile bilden eine funktionale und gestalterische ses aus dem Kernbereich der Luisenstadt zurück. Das Vorderhaus che zu, die bewusst auf diesem städtebaulich wichtigen Grund - Einheit. Charakteristisch für das äußere Erscheinungsbild der Ta - 188. Cuvrystraße 16, Mietshaus mit Fabrikgebäude, 1857, 1870 von ist erkennbar großstädtischen Formats und nahm früher Woh - stück in der Taborstraße 17 (Abb. 189–190, Liste Nr. 301) er - bor-Kirche ist die lebhafte, malerische Baumassengliederung. C. Liepold und J. C. Forkert nungen einfachsten Standards auf. Seine fünfgeschossige Fassa - richtet wurde. 579 Mit dem weithin sichtbaren Turm, der in die lang - Die Straßenfront legte Ernst Schwartzkopff als asymmetrische Die Denkmale in Berlin-Kreuzberg Luisenstadt südlich der Hochbahn 276 277

191. Görlitzer Ufer 2, 170. und 251. Gemeinde - 190. Taborstraße 17, schule, 1901–02 Ev. Tabor-Kirche, von Siegfried Innenansicht Neumann

Schaufassade in Formen der märkischen Backsteingotik an. Eine Es folgte die Vereinfachung des Innenraums in den 1960er Jah - element ist das hohe, schiefergedeckte Satteldach mit den lang - Türöffnungen haben mehrheitlich einen Segmentbogenabschluss. enorme Fülle an Gliederungs- und Schmuckelementen und eine ren. In den 1980er Jahren wurde die Kirche dann behutsam und gezogenen Schleppgauben. Mit Ausnahme des Werksteinsockels Als Schmuckformen dienen schwarze und rote Ziegeleinlagen, Vielfalt an Materialien und Farben beleben das alle Geschosse unter Berücksichtigung ihres baugeschichtlichen Werts instand ge - wurde die Schule mit einem beigefarbenen Glattputz versehen. Terrakotten und aus Formsteinen gefertigte Konsolgesimse. Das überziehende rote Klinkermauerwerk. Die roten Verblenderziegel, setzt. Dabei wurde die fünfte und sechste Etage des Pfarrhauses Nur wenige Werksteinglieder, darunter die massiven Fenster - Lehrerwohnhaus zeigt eine klar geschnittene würfelförmige die weißen Putzblenden und die schwarze Schieferdeckung erge - zu Wohnzwecken ausgebaut. kreuze, bereichern das Fassadenbild, weshalb die Schule ver - Grundform und ist mit einem flachen Dach ausgestattet. Die flä - ben einen harmonischen Farbklang. 580 Obgleich das eigentliche gleichsweise zurückhaltend dekoriert erscheint. Aufwendig gear - chige Fassade ist streng symmetrisch gegliedert. Unmittelbar ne - Kirchengebäude organisch mit dem rechts angegliederten Ge - Am Görlitzer Ufer 2 steht im Blockinnenbereich und größten - beitet sind vor allem die Portale, insbesondere das auf der Süd - ben dem Wohnhaus befindet sich das aus Mauerwerkspfeilern und meindehaus verschmolzen wirkt, sind die unterschiedlichen Funk - teils umgeben von vier- bis fünfgeschossiger Wohnbebauung die seite gelegene, mit zwei Korbbogenöffnungen ausgestattete eins - schmiedeeisernem Gitter bestehende Portal der Schule. Der ka - tionseinheiten nach außen hin ablesbar geblieben, da sich die Fas - 170. und 251. Gemeindeschule , heute Fichtelgebirge-Grund - tige Hauptportal. Innen blieben die ursprüngliche Raumaufteilung sade im Bereich der Kirche ungleich prächtiger zeigt. 581 Zwischen schule (Abb. 191, Liste Nr. 160). 582 Die schlichte und zweckmä - und die bauzeitliche Ausstattung nahezu vollständig erhalten. Glocken- und Treppenturm, den prägenden Hauptmotiven, liegt ßige Formgebung des Schulgebäudes kann als Beispiel für die Re - Von besonderem Wert sind die mit Holzvertäfelungen und Holz - der übergiebelte Mittelteil mit der großen Fensterrose, dem drei - formarchitektur um 1900 gelten. Die Lehranstalt wurde 1901–02 balkendecke ausgestattete Aula, die Wendeltreppen der Seiten - teiligen Portalvorbau und der vorgelagerten großen Treppenanla - als Gemeindedoppelschule für Jungen und Mädchen nach Plänen flügel und das eingewölbte Haupttreppenhaus. ge. Durch eine Christusfigur und ein Mosaik im Tympanon ist das von Stadtbauinspektor Siegfried Neumann errichtet, nachdem Hauptportal besonders hervorgehoben. Die Tuffsteinskulptur nach sich die Einwohnerzahl in der Luisenstadt jenseits der Akzise - Auf der Blockinnenfläche der Görlitzer Straße 51 steht die 177. Berthel Thorvaldsen ist ein Werk von Julius Wucherer. Das von mauer im ausgehenden 19. Jahrhundert stark erhöht hatte. Wie bei und 191. Gemeindeschule , (Abb. 192, Liste Nr. 49), die als ty - A. Becker geschaffene Mosaik stellt die Verklärung Christi auf den Gemeindeschulen oftmals üblich steht die Schule auf einer pische Gemeindedoppelschule 1890–91 unter Stadtbaurat Her - dem Berg Tabor dar. Als Grundrissform griff man auf das latei - Blockinnenfläche, während die straßenseitige Zufahrt von einem mann Blankenstein errichtet wurde, als die Schülerzahlen in der nische Kreuz zurück. Der Innenraum wirkt allerdings stark zen - Lehrerwohnhaus begrenzt wird, das sich in den Blockrand einfügt. südöstlichen Luisenstadt rapide anwuchsen. 583 Mit Ausnahme ei - tralisiert. Er beeindruckt durch seine zu weiten Teilen noch vor - Das Wohngebäude hat jedoch ebenso wenig wie die im Hofbe - nes kleinen Abortgebäudes hat die Anlage im Zweiten Weltkrieg handene historische Innenausstattung. Dazu gehören das zentra - reich angeordnete Turnhalle den Krieg unbeschadet überschaden. kaum Schaden genommen. Sie umfasst einen viergeschossigen le Sterngewölbe mit Oberlicht, die in Maßwerk aufgelöste Em - Einzig der Klassentrakt ist ohne größere Zerstörungen geblieben. Klassentrakt, ein dreigeschossiges Lehrerwohnhaus und eine porenbrüstung, die gemauerten Strebebögen und Sandsteinpfei - Er besteht aus einem langgestreckten viergeschossigen Riegel, Turnhalle. Als Baugrund standen die Innenfläche des Baublocks ler. Ein wichtiger Ausstattungsbestandteil ist die bauzeitliche Or - dem an seiner Südseite zwei Seitenflügel mit runden Treppentür - sowie ein schmaler Grundstücksstreifen an der Görlitzer Straße gel, die von der in Berlin ansässigen Orgelbauanstalt Gebrüder men angegliedert sind. Stilistisch orientiert sich Neumanns Ent - zur Verfügung. Das straßenseitige Lehrerwohnhaus schließt sich Dinse gefertigt wurde. Erhalten blieben desgleichen die Wand - wurf sichtlich an den Schulbauten des ihm vorgesetzten Stadt - an die Blockrandbebauung an und begrenzt den Hofzugang. Es gemälde in den beiden Seitenemporen mit Geburts- und Aufer - baurats Ludwig Hoffmann. Die zum Schulhof gerichtete Fassade folgt hofwärts zunächst die Turnhalle und auf dem rückwärtigen stehungsszenen, die die Charlottenburger Malerfirma Birkle & ist symmetrisch gestaltet. Ihre Gliederung erfolgt über schmale Teil des Grundstücks schließlich der Klassentrakt. Stadtbaurat Thomer ausführte. Gesimse und die Fenster, die Neumann zu charakteristischen Fi - Blankenstein hat die Gebäude durchweg als massive Mauer - 1945 wurde der Turmhelm zerstört. Nach dem Krieg wurde die guren gruppierte, die in strenger Axialität und genau definiertem werksbauten angelegt. Während Sockel und Erdgeschossbereich Kirche in mehreren Etappen innen und außen saniert und in Tei - Rhythmus die Fassaden überziehen. Die mittleren Achsen sind im eine Verblendung mit roten Klinkern erhielten, hat man die Ober - 192. Görlitzer Straße 51, 177. und 191. Gemeindeschule, 1890–91 von Her - len umgestaltet. Eine erste Instandsetzung nahm man 1958 vor. Bereich der Aula höher geführt. Ein wesentliches Gestaltungs - geschosse mit gelbem Sichtmauerwerk versehen. Die Fenster- und mann Blankenstein