Bemerkenswerte Schmetterlingsfunde Aus Bayern Im Rahmen Des Projekts Barcoding Fauna Bavarica - 2
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Nachrichtenblatt der Bayerischen Entomologen Jahr/Year: 2012 Band/Volume: 061 Autor(en)/Author(s): Haslberger Alfred, Grünewald Theo, Lichtmannecker Peter, Heindel Richard, Segerer Andreas H. Artikel/Article: Bemerkenswerte Schmetterlingsfunde aus Bayern im Rahmen des Projekts Barcoding Fauna Bavarica - 2. Beitrag (Insecta: Lepidoptera). 60-70 © Münchner Ent. Ges., download www.biologiezentrum.at 60 NachrBl. bayer. Ent. 61 (3/4), 2012 Bemerkenswerte Schmetterlingsfunde aus Bayern im Rahmen des Projekts Barcoding Fauna Bavarica – 2. Beitrag (Insecta: Lepidoptera) Alfred HASLBERGER, Theo GRÜNEWALD, Peter LICHTMANNECKER, Richard HEINDEL & Andreas H. SEGERER Abstract Noteworthy records of rare Lepidoptera from Bavaria (southern Germany) are reported, predominantly from the year 2011. Data were accumulated in the course of the genetic all-species survey of Bavarian animals, Barcoding Fauna Bavarica. Faunistic significance is briefly commented under each species. Tinea flavescentella HAWORTH, 1828 (Tineidae), Coleophora brevipalpella WOCKE, 1874 (Coleophoridae) and Clavigesta purdeyi (DURRANT, 1911) (Tortricidae) are recorded for the first time from Bavaria. The following species, having been missed since decades, were rediscovered: Tischeria decidua WOCKE, 1876; Coleophora adjectella HERRICH- SCHÄFFER, 1861; Sophronia chilonella (TREITSCHKE, 1833) (Gelechiidae); and Aethes ardezana (MÜLLER-RUTZ, 1922) (Tortricidae). Im Jahr 2011 wurde das molekularbiologische Projekt Barcoding Fauna Bavarica (BFB) der Zoologischen Staatssammlung München intensiv fortgeführt, welches der Erstellung einer Referenzbibliothek zur genetischen Identifikation der heimischen Tierarten dient (http://www.faunabavarica.de/; HASZPRUNAR 2009, HAUSMANN et al. 2011). Sowohl die aktuellen Aufsammlungen in 2011, als auch die Bearbeitung von älterem Material erbrachte einmal mehr eine Reihe von für Bayern bemerkenswerten faunistischen Nachweisen, die wir nachfolgend anführen. Unser Beitrag ergänzt damit den im vergangenen Heft des „Nachrichtenblattes“ erschienenen Artikel (SEGERER et al. 2012). Abkürzungen Naturräumliche Haupteinheiten Bayerns gemäß den Grundlagen der Roten Liste gefährdeter Tiere Bayerns (VOITH 2004): SL – Schichtstufenland; OG – Ostbayerische Grundgebirge; TS – Tertiär-Hügelland und voralpine Schotterplatten; AVA – Voralpines Hügel- und Moorland (Alpenvorland) und Alpen. Weitere Abkürzungen: BC ZSM Lep<#> Eindeutige Identifikationsnummer für DNA-Barcoding BOLD Barcode of Life Data System (http://barcodinglife.com) (RATNASINGHAM & HEBERT 2007) G leg. et coll. GRÜNEWALD H leg. et coll. HASLBERGER HEI leg. et coll. HEINDEL (coll. ZSM) L leg. et coll. LICHTMANNECKER LF Lichtfang RL <Kategorie> Gefährdungskategorie gemäß Definition in den Grundlagen der Roten Liste gefährdeter Tiere Bayerns (VOITH 2004). S leg. et coll. SEGERER (in coll. ZSM) TF Tagfang/Kescherfang ZSM Zoologische Staatssammlung München Nachweise Tischeriidae Tischeria decidua WOCKE, 1876 – RL 0 (SL: –, OG: –, TS: 0, AVA: –) (Abb. 1a) Wiederfund für Bayern und neu für das nordbayerische Schichtstufenland. In Bayern seit Jahrzehnten verschollen, in früherer Zeit nur im Tertiär-Hügelland einzeln nachgewiesen (PRÖSE 1987, PRÖSE et al. 2004). Im Oktober 1999 verdächtige Minenfunde an Quercus robur im Regens- burger Stadtteil Keilberg (SEGERER); da die Minen jedoch verlassen und in stark degradiertem © Münchner Ent. Ges., download www.biologiezentrum.at NachrBl. bayer. Ent. 61 (3/4), 2012 61 Zustand waren, bestanden Zweifel an der Bestimmung, eine Publikation erfolgte bisher nicht. Neue und durchaus überraschende Falterfunde im benachbarten Stadtteil Brandlberg belegen jetzt definitiv das Vorkommen dieser hier äußerst lokalen Art und machen die Bestimmung der alten Minenfunde durchaus wahrscheinlich. SL: 2 verlassene Minen, Regensburg-Keilberg, Quercus robur, 23.10.1999 (S); 2%% Regensburg- Brandlberg, LF 6.7.2011, BC ZSM Lep 63934 (G). Tineidae Tinea flavescentella HAWORTH, 1828 (Abb. 1b) Neu für Bayern! In Mitteleuropa sehr selten gefunden. So gibt es aus der Schweiz bisher keinen Nachweis (SWISSLEPTEAM 2010) und aus Österreich nur Funde aus dem Bundesland Wien (HUEMER & TARMANN 1993). In Deutschland ist T. flavescentella vor 1980 aus den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen gemeldet (GAEDIKE & HEINICKE 1999), aktuell nur aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen (GAEDIKE 2009). Über die Biologie der Art ist wenig bekannt. T. flavescentella tritt ursprünglich wohl in Vogelnestern auf, sekundär werden die Raupen aber auch an Wolle, Pelzen, in Fellen, Bälgen und an Milcheiweiß gefunden (PETERSEN 1957, PETERSEN 1969, HANNEMANN 1977). Das aktuelle Belegstück wurde an der Hausmauer sitzend gefangen. Ob es aus einem der zahlreichen Vogel- nester, z.B. von Haussperling, Amsel, Hausrotschwanz, Blaumeise oder Mauersegler stammt, oder als Vorratsschädling eingeschleppt wurde, kann nicht mehr geklärt werden. Äußerlich ist die Art insbesondere mit der häufigen Tinea pellionella (LINNAEUS, 1758) leicht zu verwechseln, durch Genitaluntersuchung aber sicher zu bestimmen. AVA: Lkr. Berchtesgaden, Teisendorf, Waschau 500 m, 19.5.2007, GU HASLBERGER 7/2012, vid. et conf. R. GAEDIKE, BC ZSM Lep 35043 (H). Agnathosia mendicella (DENIS & SCHIFFERMÜLLER, 1775) In Bayern sehr selten gefunden und auch nur aus wenigen anderen Bundesländern bekannt (PETERSEN 1969; GAEDIKE & HEINICKE 1999; PRÖSE et al. 2003, 2004). Eine Art der Waldgebiete, die sich in Porlingen entwickelt und erst seit ca. 1997 wieder vermehrt, wenn auch in Einzelstücken, in naturnahen Wäldern und Naturwaldreservaten gefunden wurde (KOLBECK et al. 2005, HACKER & MÜLLER 2006:44). Es bleibt unklar, ob diese Funde auf eine Bestandszunahme zurückzuführen sind oder aber die Art mit Standardmethoden schwer nachzuweisen ist; die bei KOLBECK et al. (loc. cit.) geäußerte Ansicht, dass die Art weiter verbreitet ist als bisher angenommen, wird in jedem Fall durch die nachfolgenden Funde weiter gestützt: OG: Lkr. Passau, Untergriesbach, 28.7.2005 (L); Lkr. Freyung-Grafenau, Finsterau-Farrenberg, BC ZSM Lep 29171 (L). TS: Lkr. Landshut, Jenkofen, 6.8.2011, gen.präp. 4867/11, BC ZSM Lep 64424 (G). Neu für das Tertiär-Hügelland! Psychidae Rebelia bavarica WEHRLI, 1926 – RL 2 (SL: 2, OG: 2, TS: –, AVA: D) Das ursprünglich als Lokalrasse von Rebelia herrichiella STRAND, 1912, beschriebene und inzwischen – wie schon in der Urbeschreibung von WEHRLI selber vermutet – als eigenständige Art angesehene Taxon ist in Bayern nur sehr lokal verbreitet (WEHRLI 1926, OSTHELDER 1932, WOLFSBERGER 1974, WOLF 1988). Historische Angaben sind nicht immer eindeutig und legen teilweise Verwechslungen mit R. herrichiella nahe. Es handelt sich um eine reliktäre, stenöke Art von warm-trockenen Stellen, die empfindlich auf Sukzession und Eutrophierung reagiert (HERR- MANN 1994:439-444). Aus diesem Grunde ist sie heute vermutlich noch stärker bestandsbedroht, als die gegenwärtige Einstufung in der Roten Liste Bayerns (PRÖSE et al. 2004) vermuten lässt. Obschon die Art den historischen Literaturangaben (loc. cit.) zufolge an den Fundplätzen häufig gewesen sein mag, ist das heute sicher nicht mehr der Fall und auch in den Sammlungsbeständen der ZSM sind nur wenige Exemplare aus Nord- und Südbayern vorhanden. Aus dem Großraum Regens- burg, wo sich auch der Typenfundort (Kelheim) befindet, ist die Art nach unserer Kenntnis in den letzten Jahrzehnten nur zweimal gefunden worden (SEGERER et al. 1994: 83, sowie diese Arbeit) und inzwischen als extrem selten anzusehen. Beide Fundplätze sind in starkem Maße von Eutrophierung durch Luftdüngung betroffen, zumindest hier ist die Art vom Aussterben bedroht. SL: 1% Kallmünz, 12.7.2009, BC ZSM Lep 37491 (S). Bucculatricidae Bucculatrix ratisbonensis STAINTON, 1861 – RL 3 (SL: 3, OG: 0, TS: –, AVA: –) Die in Nordbayern sehr lokale, aus der Umgebung von Regensburg beschriebene und in Bayern ansonsten nur noch von Grafenwöhr bekannte Art wurde am Typenfundort in den letzten © Münchner Ent. Ges., download www.biologiezentrum.at 62 NachrBl. bayer. Ent. 61 (3/4), 2012 Jahren nur sehr wenig gefunden (PRÖSE 1988, SEGERER et al. 1994: 90). Neue Nachweise stammen aus 2009, in den kühlen Sommern 2010 und 2011 trotz Nachsuche dort nicht mehr angetroffen. SL: Kelheim, Ihrlerstein, ex larva 26.6.2009, 2.7.2009, Artemisia campestris, BC ZSM 63969, 63964 (S); Eilsbrunn, 5 Falter ex larva 26.6.-2.7.2009, A. campestris, BC ZSM 63963, 63966 (S). Plutellidae Plutella porrectella (LINNAEUS, 1758) – RL 3 (SL: 3, OG: 2, TS: 0, AVA: 0) Die Raupen der Art leben im März und wieder im Mai/Juni gesellig zwischen zusammen- gesponnenen Herzblättern junger Pflanzen von Hesperis, Cheiranthus und anderer Brassicaceae (SCHÜTZE 1931). OSTHELDER (1951) bezeichnet P. porrectella noch „als in der Ebene weit verbreitet in zwei Generationen“ und als „ausgesprochenen Gartenschädling, der zahlreich an Hesperis matronalis gezüchtet werden kann“. Inzwischen in der Roten Liste Bayerns gesamt in der Kategorie 3 geführt, im Tertiär-Hügelland/Voralpine Schotterplatten und im voralpinen Hügel- und Moorland (Alpenvorland)/Alpen galt die Art sogar als ausgestorben (PRÖSE et al. 2004). TS: Landshut-West, 11.-16.5.1996, BC ZSM Lep 28345 (G); dto., 8.-12.6.2011, BC ZSM Lep 50815 (G); Lkr. Landshut, Adlkofen, LF 19.6.2005 (L); München-Laim, 9.9.2011 (R. OSWALD); 1? Lkr. Günzburg, NSG Taubried bei Ellzee, 480 m, LF 14.7.2009