Teil B (Band 1 Nach Der Nummerierung Des Leipziger Stadtarchivs) ______
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________________________________________________________ Rudolf Mothes Lebenserinnerungen Teil B (Band 1 nach der Nummerierung des Leipziger Stadtarchivs) ________________________________________________________ In diesem Teil kommen viele Abkürzungen vor, die in dieser Abschrift nicht ausgeschrieben worden sind, weil sie typisch sind für das Militär im Ersten Weltkrieg. Da sie aber nicht mehr Allgemeingut sind, wurden sie in der folgenden Liste zusammengestellt und erklärt. Einige Abkürzungen wurden vereinheitlicht, zum Beispiel kam AOK neben A.O.K. vor oder O.B. neben OB; es wurden die Schreibweisen mit Punkten gewählt. a.D. außer Diensten A.O.K. Armee-Oberkommando Akonach Kommandeur der Nachrichtentruppen Bba Bahnbeauftragter d.L. der Landwehr d.L.K. der Landwehr-Kavallerie Dr. Doktor EK Eisernes Kreuz Fea Fliegerersatzabteilung Frhr. Freiherr Gfrt. Gefreiter I a 1. Stabsoffizier unter dem Chef des Stabes, zuständig für Truppenführung, Taktik, Organisa- tion, Transport, Unterbringung, Luftschutz, Auswertung von Erfahrungen... I b 2. Stabsoffizier unter dem Chef des Stabes, zuständig für Versorgung und Quartier I c 3. Stabsoffizier unter dem Chef des Stabes, Vertreter des I a k. und k. königlich und kaiserlich (österreichisch-ungarisch) Kofl Kommandeur der Flieger Koflak Kommandeur der Flugabwehrkanonen Kogenluft Kommandierender General der Luftstreitkräfte Koluft Kommandeur der Luftschiffer kv kriegsverwendungsfähig (Soldaten) Lt. Leutnant L.V.G. Luftverkehrsgesellschaft AG, Berlin, gegründet 1911 von dem Bauunternehmer Arthur Müller, eigentlich eine Flugzeugherstellerin für Ein- und Doppeldecker M Mark (Geld) MStGB Reichs-Militärstrafgesetzbuch (von 1872, gültig bis 1945) NO Nachrichtenoffizier Nr. Nummer NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei („Nazis“) O.B. Oberbefehlshaber O.H.L. Oberste Heeresleitung OQ Oberquartiermeister PG Parteigenosse (der NSDAP) RFC Royal Flying Corps, umbenannt am 1. April 1918 in Royal Air Force (RAF) - Rudolf Mothes, Erinnerungen, Teil B, Seite 1 von 95 - RStGB Reichs-Strafgesetzbuch Sanka Sanitätskraftwagen St. Sankt Stabia Stabsbildabteilung Stofl Stabsoffizier der Flieger z.b.V. zur besonderen Verwendung ___________________________________________________________________________ - Rudolf Mothes, Erinnerungen, Teil B, Seite 2 von 95 - Der Erste Weltkrieg Beim Landsturm-Bataillon Döbeln Als Ende Juli 1914 die politische Hochspannung eintrat und die Mobilmachung bevorstand, suchte ich in der Mappe, worin ich meine Militärpapiere verwahrte, nach der Mobilmachungsbe- stimmung, die ich die Jahre daher regelmäßig erhalten und aufbewahrt hatte. Ich fand wohlver- wahrt die Mobilmachungsbestimmung für 1913 und konnte die für 1914 nicht ausfindig machen. Ich schwebte in tausend Ängsten vor den fürchterlichen Strafen, die das Militärstrafgesetzbuch drohte. Aus dem Unterricht über Kriegsartikel, den Offiziere erteilten, und den Vorlesungen in den Kontrollversammlungen dämmerte mir in halbverblasster Erinnerung die häufig wiederkeh- rende Wendung: „.... oder mit dem Tode bestraft“. Endlich kam ich in meiner Not auf den Ge- danken, die Heerordnung und die Wehrordnung nachzusehen. Die Ausgabe des Grafen Hue de Grais war mir zur Hand. Da fand ich die Erlösung von meinen Sorgen. Am 1. April des Jahres, in dem man das 39. Lebensjahr erfüllte, trat man zum Landsturm über. Nur als Offizieraspirant und Vizefeldwebel der Landwehr hatte ich die Mobilmachungsbestimmung erhalten. Da ich 1875 geboren war (am 5. September) , so fiel die Mobilmachungsbestimmung 1914 zum ersten Male weg. Nun konnte ich wieder ruhig schlafen. Ungemütlich aber war mirs doch, als der Mobilma- chungsbefehl erging und die Reservisten und Landwehrleute einberufen wurden, als die Re- gimenter mit fliegenden Fahnen und klingendem Spiel im Rausche der Kriegsbegeisterung aus- rückten. Ich hatte mich seinerzeit nicht als Offizier zur Wahl gestellt, weil ich mich nicht von einem geistig unbegabten Bezirkskommandeur unter politische Vormundschaft nehmen lassen wollte. Ich hatte diesen Entschluss immer für richtig gehalten, bis 1914 der Krieg ausbrach und ich zunächst daheim bleiben musste trotz voller körperlicher Rüstigkeit, als Mann ohne Kind und Kegel. Ein starkes Gefühl des Missbehagens und der Unzufriedenheit mit mir selber kam über mich. Ich hoffte, beim 8. Sächsischen Infanterieregiment Nr. 107 noch Offiziere zu treffen, die mich aus der aktiven Dienstzeit und von den Reserve- und Landwehrübungen her kannten. Ich fuhr nach der Kaserne hinaus. Dort herrschte ein buntes Treiben. Bekannte traf ich nicht. In der Schreibstube des Regiments sagte mir ein Unteroffizier, dass Freiwillige jetzt nicht angenommen würden. Die Einberufung des Landsturms würde in den Zeitungen angekündigt. Und richtig, durch Säulenanschläge wurden die Unteroffiziere des Landsturms Mitte August 1914 nach der Turnhalle am Frankfurter Tor bestellt. Es war wie in dem bekannten Gedicht: „Der König rief und alle, alle kamen.“ Jeder hatte damit gerechnet, dass man zunächst eine Stammrolle aufstellen und uns einstweilen wieder nach Hause schicken würde. Wir hatten aber alle nicht mit den son- derbaren Gedankengängen der Herren vom Kommiss gerechnet. Der Major a.D. Schwanecke ließ zehn Glieder in Linie antreten und teilte ab, 60 Mann dahin, 60 Mann dorthin und so weiter. Als er in meine Nähe kam, teilte er wieder 6 Rotten zu je zehn Mann ab: „Rechts - um, ohne Tritt - Marsch, Transport nach Döbeln!“ Da schrie einer auf, er müsse seinen Zigarrenladen doch erst schließen. Ein anderer rief, er sei Gerichtsvollzieher und müsse seine Kasse übergeben und so fort. Dass Geschäfte des bürgerlichen Lebens zu erledigen und Familienangehörige zu be- nachrichtigen waren, daran hatte ein hochweises Bezirkskommando nicht gedacht. Wenn ich mich recht erinnere, durfte der Gerichtsvollzieher seine Kasse noch übergeben und der Zigar- renhändler seinen Laden noch schließen. Angehörige konnte man nicht benachrichtigen. Als meine Abteilung abrückte, wurde mir eine weiße Binde auf den linken Oberarm gestreift; ich musste als Gruppenführer heraustreten. Wir marschierten durch den Brühl. Dort begegnete uns der Rechtsanwalt Dr. Koritzer. Diesen bat ich, meinem Sozius Dr. Dietsch mitzuteilen, dass ich auf dem Transport nach Döbeln sei, und ihn zu ersuchen, meine Mutter zu verständigen 1. In unendlich langsamer Fahrt ging die Reise nach Döbeln. Dort war rein gar nichts los und für 1 Der Vater Hugo Mothes, geboren 20. September 1835, war bereits am 16. März 1888 verstorben, die Mutter, Helene geborene Schiebler, war am 5. August 1849 geboren, also 65 Jahre alt; Rudolf Mothes war bei der Einberufung 39 Jahre alt. - Rudolf Mothes, Erinnerungen, Teil B, Seite 3 von 95 - uns keine Verwendung. Ich kam zugleich mit dem Vizefeldwebel Vollert, einem Handlungsrei- senden der Firma Th. Kettembeil & Co. in Leipzig in Bürgerquartier zum Viehhändler Oehmigen in der Bahnhofstraße. Auf der Kammer kleidete man uns ein. Dabei bekamen wir die Achselstü- cke von Offiziersstellvertretern. Eingekleidet ging man in die Stadt, um sich Schwamm, Seife, Nachtzeug und so weiter zu kaufen. Dank der Umsicht des Majors a.D. Schwanecke hatten wir ja derlei Dinge nicht von zu Hause mitnehmen können. Ich bestellte mir bei einem Schneider dicht vor der Kaserne eine Uniform von feldgrauem Kordstoff. Die Kameraden lächelten über diesen Luxus. „Wenn die Blätter fallen, sind wir doch wieder daheim.“ Erst als wir eine Woche mit Nichtstun in Döbeln verbracht hatten, trafen die Mannschaften ein. Nun gabs etwas Dienst. Mein Kompanieführer wurde der Waldheimer Bürgermeister, Hauptmann d.L.a.D. Dr. Dressner, ein alter Nikolaitaner. Kompanieoffizier war der Leutnant d.L.a.D. Dressler, Rat am Landgericht in Leipzig. Als Bataillonskommandeur stellte sich der Oberst a.D. Weigandt ein, der als Kom- mandeur des Infanterie-Regiments Nr. 133 verabschiedet worden war, weil es im Offizierskorps dieses Regiments zu einer Skandalgeschichte um den Hauptmann L. von H. kam und die Öffent- lichkeit noch wegen mehreren Affären in kleinen Garnisonen und einer dadurch angeregten Lite- ratur unliebsam beschäftigt gewesen war. Der Roman „Jena oder Sedan“ und das Theaterstück „Zapfenstreich“ von Franz Adam Beyerlein sowie „Rosenmontag“ von Otto Erich Hartleben waren beachtliche literarische Leistungen. Nebenher entwickelte sich im Anschluss an einen Ro- man „Aus einer kleinen Garnison“ im Verlage eines gewissen Sattler eine Skandalliteratur. Dieser glaubte, von der Skandalsucht leben zu können, verfiel jedoch in Konkurs, weil sich für seine Verlagserzeugnisse keine Leser mehr fanden. Der Oberst Weygandt hatte das Pech gehabt, dass sich in seinem Regimente die Affäre ereignete, als das öffentliche Interesse für gewisse Vorgänge im Offizierskorps noch sehr rege war. Mir machte er den Eindruck, als sei er wegen des jähen Abbruchs seiner Laufbahn etwas verbittert. Er zog mit seinem Landsturmbataillon, das vorwie- gend aus Leipzigern zusammengesetzt war, nach Marienbourg in Belgien. Zu diesem Bataillon wurden auch meine Freunde, die Buchhändler Georg Merseburger und Dr. Ernst Wiegandt von der Firma Alfred Lorentz als Feldwebelleutnante eingezogen. Sie besuchten mich eines Tages mit Leutnants-Achselstücken, Gurkenschalen und Schwungrädern in La Fére 2. Später wurden sie zu Leutnanten der Landwehr ernannt und durften die Gurkenschalen und die Schwungräder able- gen. In meiner Döbelner Dekade gab ich einmal Unterricht über das Militärstrafgesetzbuch und einmal über Waffengebrauch. Zu diesen Instruktionsstunden fanden sich auch die Kompanieof- fiziere ein. Selbstverständlich