Geographica Helvetica 1984 - Nr. 1 Conradin A. Burga

Beobachtungen zum Lineargefüge des Adula-Kristallins und zum Quartär am San Bernardino-Paß (Graubünden/Schweiz)

L Stratigraphie und Tektonik Dürrenbüel heute ausgenutzt wird. Die oben erwähn¬ ten Amphibolitzüge in den Glimmerschiefern treten Die letzte ausführliche Arbeit zur Geologie und oft in Verbindung mit Triaszügen auf (g.frisch¬ Petrographie des San Bernardino-Paßgebietes stammt knecht, 1923, S. 79). Es sind dabei mesozoische und von G. FRISCHKNECHT (1923). In E.HEYDWEILLER (1918), H.JENNY, G. FRISCHKNECHT Und J.KOPP (1923) sowie agansser (1937) sind in umfangreichen Literaturverzeichnissen die älteren und geologischen Kirchalphorn. jq4q petrographischen Untersuchungen zusammengestellt. ;:::;::': Das Paßgebiet gehört vollständig zum Kristallin der tiefpenninischen Adula-Decke. In der Gegend von Hohberghom Wälschberg und Alp Montagna bildet sie eine scharfe JOOS Grenze zur Misoxer-Mulde, welche ein N-S-streichen- Passo E der, axial mit etwa 40° nach einfallender Synklinal¬ S Bernardino 2065 zug darstellt. In der mächtigen Uccello-Wand im E der Paßfurche sind Bündnerschiefer mit Prasinitbändern wunderbar aufgeschlossen (vgl. Profile von a.gans- ser, 1937, und die tektonische Karte vom selben Pizzo Muccia 2963 Autor, S.804). Die Misoxer-Zone bildet die tekto¬ San_ Bernardino nische Trennung zwischen der Adula- und der \ tektonisch höher liegenden mittelpenninischen Tambo-Decke östlich des Bernhardins (vgl. Abb. 1). Die Adula-Decke wird weiter westlich von den tiefpenninischen Soja- und Simano-Decken unterla¬ gert. Die Lagerungsverhältnisse der Adula-Decke sind in der Gegend des Bernhardin gut überschaubar. So fallen die Schichten bei San Bernardino nach ESE bis E. Weiter nördlich findet ein Abdrehen der Fallinie nach E statt. Bei der Tällialp zeigt sich ein Abdrehen Mesocco in ein N-Fallen (g.frischknecht, 1923, S.92; der Pitzo delle Streghe 2911 mittlere Fallwinkel beträgt 28°, vgl. Abb. 2). In der 4Km Gegend des Bernhardins besteht die Adula-Decke zur Hauptsache aus Granit- und Orthogneisen sowie aus Glimmerschiefern und Paragneisen, die oft Amphibo- Kristallin der Adula-Decke. Ortho- und Paragneise Bei den lit-Linsen enthalten. Laghit d'Ardei und Trias der Adula-Decke, Quarzite und Dolomite westlich des Laghetto di Moesola treten in N-S- Bündnerschiefer (Aultlappen, Tomüllappen. obere Valser- verlaufender Grenze zum zentralen Orthogneis Glim¬ Schuppen) merschiefer und Paragneise auf. Diese Gesteinsgren¬ M Tambo-Decke (Kristallin, Gneis- und Sedimentschuppen) zen fallen morphologisch zum Teil deutlich durch Bruschghorn-Schuppe (Areuazone, Zone der Burgruine Schichtköpfe auf. Diese Paragesteine werden als Splügen) paläozoische Ablagerungen betrachtet und bilden die Abb. 1 Tektonische Karte des San Bernardino-Paßgebietes Sedimenthüllen um die Orthokeme. Die dem Deckenkern entsprechenden Orthogneise zeigen einen großen Wechsel in der Struktur, so daß sie in größeren Entfernungen nicht mehr für lithostra¬ werden tigraphische Korrelationszwecke verwendet Conradin A. Burga, Dr. phil. nat. können. Diese Gneise fallen vor allem durch ihre Geographisches Institut der Universität Zürich-Irchel, wundervolle Bankung auf, die beim Steinbruch Winterthurerstr. 190, 8057 Zürich

27 von Orthogneis umschlossene paläozoische Amphi- scholsee angelegt wurde, ist eine Versetzung im bolite zu unterscheiden. Morphologisch fallen die Luftbild erkennbar. Allgemein sind die Brüche bzw. Amphibolite wegen ihrer größeren Verwitterungsresi¬ Verwerfungen schief bis quer zum Streichen angelegt, stenz auf. Sie bilden oft das Dach der Rundhöcker. was zur Annahme führt, daß diese Störungen nach Die auffälligen Quarz-Gänge in der Paßgegend, welche der Faltung bzw. der Platznahme des Adula-Kristal¬ von g. frischknecht (1923) als hydrothermalen, lins entstanden sein müssen. Im Gebiet südlich der apomagmatischen Ursprungs während der herzyni¬ Via Mala durchscheren N 75° W-S 75° E streichende schen Granitinstrusionen angesehen werden, sind Verwerfungen die Schieferhülle der Adula-Decke und bisher nicht weiter untersucht worden (bei e.heyd- die Serien der Gelbhorn-Decke (a.buxtorf. 1919, zit. weiller, 1918 auf S.58 erwähnt). Auch sie treten in: v. streiff, 1976, S. 91), was dem Verlauf von Bruch¬ infolge größerer Erosionsresistenz in der Landschaft schar 3 derselben tektonischen Einheit ganz ähnlich deutlich in Erscheinung. So kann man in der Gegend kommt. der Laghit d'Ardei schöne N-S-streichende, durch Dank den zahlreichen durch das Lineargefüge des Glazialerosion blank polierte Quarzbänder beobach¬ Adula-Kristallins bedingten Hohlformen verdanken ten. Da sie nirgends die Trias schneiden, sind sie wohl die zahlreichen Niedermoore (teilweise mit Hoch¬ paläozoischen Alters (g. frischknecht, 1923, S. 93). moor-Anflügen) ihre Entstehung. So sind dies die Moore der Alp Marschol und der Paßhöhe (z. B. Nr. 3, 6, 7, 8 in Abb.2) sowie der Südseite (z.B. Nr.4, 5 in 2. Zum Lineargefüge (Sekundärgefüge) des Adula- Abb. 2). Ferner bieten die abflußlosen Vertiefungen Kristallins zwischen den zahlreich vorhandenen Rundhöckern günstige Ansatzstellen für Moorbildungen. So z.B. Eine photogeologische Auswertung des zentralen das Gebiet der Laghit d'Ardei (Nr. 2 in Abb. 2), Sass Paßgebietes zeigt bezüglich Anlage der zahlreichen de la Golp und Strada Romana (Nr. 5 und 4 in Abb. 2). Seelein und Bachläufe interessante Zusammenhänge (Abb. 2). Im Luftbild fallen zunächst die wunderschö¬ nen Lineationen der Alp Marschol auf, in denen 3. Anorganische Sedimentation und Moorwachstum zahlreiche Seelein, Tümpel und Vermoorungen einge¬ bettet sind. Dieses eine System ist durch die Schicht¬ Die folgenden Ausführungen zur Sedimentologie der bzw. Bankungs-Köpfe des S 16° E-N 16° W. streichen¬ Verlandungs-Niedermoore beruhen auf den Ergebnis¬ den Adula-Kristallins (vgl. Fallzeichen in Abb. 2) sen der Bohrungen 1-9 (vgl. Abb. 3), auf im bedingt. Die Köpfe der prächtig gebankten Gneisse¬ durchgeführte Sondierungen sowie auf pollenanalyti¬ rien treten im Luftbild im Bereich von Marschol schen Untersuchungen dieser Ablagerungen (vgl. deshalb so deutlich in Erscheinung, weil der Hinter¬ ca. burga. 1980). rhein-Gletscher hier das Relief nicht so stark geglättet Vor allem folgende Faktoren beeinflussen die Werte bzw. ausgeglichen hat wie auf der S- und SE-Seite des der mittleren Sedimentationsrate: Passes. Denn hier sind im Luftbild kaum mehr 1. Sediment-Typ, Art des Materialtransportes, Einbet¬ Schicht-Köpfe zu erkennen. tungsmedium. Quer und schräg zum Streichen verlaufen drei 2. Innerhalb derselben Pollenzone (Chronozone) kön¬ unterschiedlich orientierte Bruchscharen (Verwerfun¬ nen verschiedene Sedimenttypen vorkommen. gen): Bruchschar 1 verläuft etwa S 50° E-N 50° W und 3. Schichtlücken. ist im Bereich der Paßhöhe zu sehen. Der ersten 4. Unterschiedlicher Zersetzungs- und Kompaktions¬ ähnlich verläuft Bruchschar 2 S68°E-N68°W im grad. nördlichen Teil der Alp Marschol, welche die Anlage 5. Innerhalb jeder Pollenzone (Chronozone) wurde des Marscholsees und der nördlich gelegenen Flach¬ eine konstante Wachstumsrate des Sediments ange¬ moore bedingte. Bruchschar 3 streicht S 85°E-N nommen. 85° W nahezu quer zur Lagerung der Adulagneise. Der merkwürdige Verlauf des Masegg-Baches, der auf Die anorganische Sedimentation beginnt in den der Alp Marschol entspringt und zunächst nach S meisten Profilen mit blaugrauem oder hellgrauem fließt und bei Pt. 2041 plötzlich nach NE umbiegt (vgl. Ton, welcher hauptsächlich als abgelagerte Gletscher¬ Abb. 2), ist durch den markanten, auch im Gelände trübe aufzufassen ist. Inwieweit diese Tone und Silte leicht erkennbaren Bruch (Bruchschar 1) bedingt. Der («Glazialtone») den heutigen gletschernahen Ablage¬ Laghetto di Mo'esola, im wesentlichen parallel zum rungen entsprechen, ist noch weitgehend unklar. Streichen angelegt, ist aber möglicherweise in der Die Profile Laghit d'Ardei, S. Bernardino-Paßhöhe, Entstehung dadurch begünstigt worden, weil hier Alp Marschol und Moräne Marschol beginnen mit mehrere Brüche sich kreuzen, so daß primär bereits meistens gut gewaschenem Quarzsand. Die später eine Schwächezone vorlag, die während der Eiszeit einsetzende Tongyttja-AbXaLgtxung als Ausdruck einer vom Hinterrhein-Gletscher verstärkt ausgeweitet und zunehmenden Eutrophierung der Gewässer kenn¬ zu einer Wanne modelliert wurde (vgl. Abb. 2 und zeichnet den Beginn der organischen Sedimentation. ca.burga 1981). Bei der Verwerfung, wo der Mar- Tongyttja- und besonders die Gyrr/a-Ablagerungen

28 V*.

a£ te te

© r$

Alp Marschol , o $ Wälschberg ® ^»^1

0S> 2041 cj;, d'Ardei 2066 0,2.^1 Laghit <^Shett0^Moesola

<±>

te

fes

Schichtkopf

Bruch /Verwerfung

Km Fallzeichen nach G. FRISCHKNECHT (1923)

Bohrstellen 5. Sass de la Golp Koord. 734.125/149.125 1. Koord. Wälschberg 734.350/151.700 6. San Bernardino 1 Koord. 732.930/151.400 2. Laghit dArdei Koord. 733.750/150.950 7. San Bernardino 2 Koord. 732.875/151.725 3. San Koord. Bernardino-Paßhöhe 733.000/150.925 8. Alp Marschol Koord. 732.900/152.725 4. Strada Romana Koord. 733.500/149.150 9. Moräne Marschol Koord. 732.350/152.700

Abb. 2 Gefüge-Karte zum San Bernardino-Paßgebiet

29 setzen oft während einer klimatisch besseren Phase Bei Gyttja ist allgemein eine geringere Ablagerungs¬ ein. So z. B. in Sass de la Golp (Bölling-Interstadial), rate zu erwarten als bei Torf. Es ist deshalb erstaun¬ Moräne Marschol (Präboreal). Bisweilen werden die lich, daß die Werte von Tongyttja nicht in allen Fällen minerogenen Ablagerungen ohne eine Gyttja-Zwi- vom Torf übertroffen werden (Lai da Vons, Crapteig- schenlage direkt von Cyperaceae-Torf bzw. sandigem Via Mala). Allerdings ist zu bemerken, daß der hohe Torf überlagert (z. B. Wälschberg, S. Bernardino 1, Alp Tonanteil in diesen Proben eine wichtige Rolle in der Marschol). Dies muß dann nicht unbedingt auf rasche Sedimentationsrate spielen mag. und junge Verlandungsvorgänge deuten, wie z.B. bei Auffällig ist die hohe Wachstumsrate von 1,0 mm/Jahr Wälschberg, wo bereits im Bölling- oder Alleröd- während der Pollenzone Ibc im Profil Crapteig-Via Interstadial eine Ablagerung sandigen Torfes festge¬ Mala, welches seit dem Boreal eine recht tiefe Rate stellt werden konnte. von nur 0,1 mm/Jahr (Bruchwaldtorf) aufweist. In Fällen, wo das Profil direkt mit Torf beginnt, wie Der Beginn des Moorwachstums ist in allen unter¬ das bei S. Bernardino 2 festgestellt wurde, liegt suchten Profilen durch stark zersetzten Torf gekenn¬ meistens eine ganz junge Verlandungsgeschichte vor. zeichnet. Bei Mooren, die ehemals relativ tiefe Es ist dann auch keine «See-Phase» (mit limnischen Becken darstellten, dauerte die «Seephase» (Ablage¬ Sedimenten) und somit kein üblicher Verlandungsvor- rung von limnischen Sedimenten) länger, so daß hier gang (Ton/Sand-Tongyttja-Gyttja/Seekreide-[Braun- das Moorwachstum wesentlich später eintritt im moostorfj-Cyperaceaetorfl-Sphagnumtorf)) nachweis¬ Gegensatz zu flachgründigeren Seebecken (vgl. Abb. 3 bar. Eine solche «unvollständige» Sedimentabfolge und 4). kann aber auch bei einer quartärgeologisch gesehen «alten» Hohlform vorliegen. In diesem Fall kann dies auf eine länger dauernde Erosionstätigkeit, bei der in max. Dauer der der betreffenden Hohlform lange kein Material Profil Profiltiefe «Seephase»* sedimentieren konnte, deuten. Oftmals setzt dann im Lauf des postglazialen Wärmeoptimums (besonders Wälschberg 2101m 620 cm Ia-Ib/n im Atlantikum, vgl. Abb. 3) ein rasches Torfwachstum Sass de la Golp 1953 m 740 cm Ia-VI ein, das außerdem auch für die zahlreich auf der Lai da Vons 1991 m 763 cm Südseite des Bernhardins vorhandenen Deckenmoore ia-vn verantwortlich sein dürfte. (Seekreide) Crapteig 1020 m 360 cm Ia-Ib Das Profil Moräne Marschol (Nr. 9 in Abb. 3) wider¬ Alp Marschol 2010 m 380 cm la-III spiegelt die Abhängigkeit des Moores von der geo¬ Moräne Marschol 1985 m 360 cm 7III-V (Glet¬ morphologischen Situation: Die Hohlform wurde erst scherstand) mit der Ablagerung der daunäquivalenten großen Pale digl Urs 1834 m 280 cm 7II-VI Seitenmoräne des Hinterrhein-Gletschers geschaffen (vgl. ca.burga, 1981). So konnte die Sedimentation mit Sand/Ton erst während der jüngeren Dryas-Zeit einsetzen. "Die Dauer der «Seephase» ist in Form von Pollenzonen Betrachtet man den Kurvenverlauf der mittleren (Chronozonen) angegeben. Die Bezeichnungen bedeuten: la Sedimentationsraten in mm/Jahr (vgl. Abb. 4), so sind Älteste Dryas, Ib Bölling. II Alleröd. III Jüngere Dryas, IV die Werte im Spätglazial allgemein höher als diejeni¬ Präboreal, V Boreal, VI - Älteres Atlantikum, VII Atlantikum. gen des Postglazials. In der Nacheiszeit treten nur Jüngeres dann ebenso hohe Sedimentationsraten auf, wenn Sphagnum- und Braunmoostorf längere Zeit im Sediment vorherrschen (z. B. Sass de la Golp: Subbo¬ real; Alp Marschol: älteres Subatlantikum). Es zeigt sich hier, daß die Dauer der «Seephase» bis Zur Zeit des Bölling-Interstadials ist in allen Profilen zu einem gewissen Grad von der Höhenlage des (auch in denjenigen aus dem Schams, vgl. ca burga, Moors abhängig ist (vgl. Lai da Vons und Crapteig- 1980, und Abb. 4) eine erhöhte Sedimentationsrate Via Mala). Dem stark zersetzten Torf folgen gegen organischen Materials festzustellen, die z.T. erst oben meistens schwächer abgebaute Cyperaceae- und wieder im jüngeren Postglazial ähnliche Werte errei¬ Moostorfe in Wechsellagerung (in Crapteig-Via Mala chen: Sass de la Golp: 0,9 mm; Lai da Vons: 0,8 mm; zusätzlich Bruchwald-Torf). Crapteig-Via Mala: 1,0 mm/Jahr. Diese vermehrte Die Moostorf-Bildung kann nicht mit feuchteren organische Sedimentation steht wohl in engem Epochen direkt korreliert werden, da Sphagnen und Zusammenhang mit der beträchtlichen böllingzeitli- Braunmoose zu ganz verschiedenen Zeiten in den chen Klimaverbesserung. Mooren wachsen. Sedimentationsraten verschiedenen Materials sind Das stärkste Moorwachstum ist für das Atlantikum selbstverständlich kaum miteinander vergleichbar. Die und Subboreal festzustellen: 0,2, 0,3, 0,5 bis hier genannten hohen böllingzeitlichen Raten stam¬ 0,6 mm/Jahr. Dies ist zu erwarten, da dies mit dem men aber aus einheitlicher Tongyttja. postglazialen Klimaoptimum zusammenfällt. Maxi-

30 Isl N

WTVii I M 11111 III Cyperaceae-Torf, schwach zersetzt 11111 11111 IX - iijMy Cyperaceae-Torf, stark zersetzt 11111iiiii 1 3~-1 11111 ^ IM1 _ 11111 \\.\X\\ Ton-/sandreicher Torf I- - "'" t!i!i i!i! (rS >/» |i|i|i|i|| Braunmoostorf ij^ig VI ife^) Sphagnumtorf iiiiiiii v

~ " ¦ Gyttja 3iH'c rr --vi &&r ffl -¦ 2 5m - I \J\ Tongyttja "iiiiiiii |V *//// 2,8m : : v [TTTTI Sand 2£m_ / /IA

::: 17 vtrcn in pTTTTl| Ton/Silt, hellgrau ::: III

TTTTTTTT7T 3.7m **-*-? la 3,6m [*1*1 Ton, blaugrau, «Glazialton» 4- 3,8m *5§w5 wjH] Fels * « L* » :::: vu

§3$ 5,3m

6- 6,2m m

7.4m -

Abb. 3 Bohrprofile der Verlandungs-Niedermoore am Bernhardin-Paß male Sedimentationsraten von 0,3, 0,6, 0,7 oder gar Mooroberfläche sich festsetzen konnten. Offenbar 1,2 mm/Jahr erreichen die jüngsten Torfabschnitte des erreichte der Grundwasserspiegel bereits seit dem Subatlantikums. Diese Werte stimmen gut überein mit Boreal einen tieferen Stand, der sich seither kaum der mittleren Torfbildungsrate von 0,5 bis 1,5 mm/Jahr verändert hat. für jüngere Profilabschnitte, die g.grosse-brauck- Gute Beispiele für ein kontinuierliches Moorwachstum mann (1976, S.452) für Norddeutschland angibt. stellen die Profile Sass de la Golp, S. Bernardino- k.heeb und m.welten (1972) nennen für das Profil Paßhöhe, Strada Romana, Moräne Marschol, Alp Untermoos (Schwarzenegg) Cyperaceae-Hypnaceae- Marschol und Pale digl Urs dar. Torfzuwachsraten, welche ebenfalls sehr ähnliche Ein analoges Beispiel für stagnierendes Moorwachs¬ Werte wie bei den hier untersuchten Mooren ergeben. tum nennen k.rybnicek und e.rybnickovä (1977) Wesentlich höhere Sedimentationsraten gibt z.B. anhand des Zirbenwald-Moores, 2150 m (Obergurgl, f. matthey (1971) für Moore des Schweizer Juras an. Ötztaler Alpen). Hier lauten die Sedimentationsraten: Die hohen Zuwachsraten in den jüngsten Profilab- Boreal: 1,6-2,1 mm/Jahr; Atlantikum: 0,4 mm/Jahr; schnitten sind teilweise auch durch den geringeren Stagnierung: Jüngeres Atlantikum bis anfangs Älteres Zersetzungs- und Kompaktionsgrad des Torfmaterials Subatlantikum: 0,06-0,08 mm/Jahr; seit dem Älteren bewirkt. Subatlantikum verstärkte Torfbildung mit 0,5 mm/ Die geringe Torfbildungsrate von 0,1 mm/Jahr seit Jahr. Als Gründe für den Wachstumsstillstand werden etwa dem Älteren Atlantikum bis zur Gegenwart im genannt (S.275): Senkung des Grundwasserspiegels Profil Crapteig-Via Mala (vgl. Abb. 4) muß doch im Atlantikum, Austrocknung und hernach Birkenbe¬ erstaunen. Innerhalb von rund 7500 Jahren wurden wuchs, dichtere Waldbestände. Infolge der anthropo- nur 110 cm Torf abgelagert. Die zahlreichen Holzreste genen Entwaldungen seit dem Älteren Subatlantikum (vorw. Alnus incana) im Cyperaceae-Torf deuten auf erfolgte um die Zeitwende erneutes Wachstum, das eine Stillstandsphase im Moorwachstum, während auf die steigende Wassermenge der nun waldfreien dieser Erlen, Fichten und andere Gehölze auf der Stelle zurückgeführt wird.

¦ittlere Sediientationsrate in n/Jahre

I 1.0. Sass de la Golp 1953 m (5)

ru

Alp Marschol 2010 m (8)

i - Moräne Marschol 1985 m (9) 0.5 ¦ " --_^ 0.1 1

k 1991 m i »^ Lai da Vons (Schams: Sufers) 1.0- \. 0.5_ ~-~-~~~~~ ^_^-___ 0.1 ^^ *

0.8 Pale digl Urs 1834 m (Schams: )

0.5

i Zeit 1.0 j. Crapteig 1020 m (Via Mala) It) 0.3. ' \*-___ 0.1 i ¦>

la Ib l< II IV VII VIII

U'000 lO'OOO

Abb. 4 Mittlere Sedimentationsraten in mm/Jahr

32 4. Zusammenfassung 5. Literatur

Eine gefügekundliche Auswertung von Luftbildern BURGA, CA. (1980): Pollenanalytische Untersuchungen zur des engeren S. Bernardino-Paßgebietes ergab drei Vegetationsgeschichte des Schams und des San Bernardino- Schweiz). Dissertationes Botanicae, unterschiedlich orientierte Bruchscharen, die quer und Paßgebietes (Graubünden, Band 56. schräg zum Streichen verlaufen. Diese nach der Faltung bzw. Platznahme des Adula-Kristallins ent¬ BURGA, CA. (1981): Glazialmorphologische Untersuchungen standenen Bruchsysteme sind zusammen mit den im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Paß. In: Vjschr. Natf. Ges. Bankungs-Köpfen der Augengneise für die Anlage in Zürich, Jahrgang 126, Heft 4: 237-267. und den Verlauf Seen und von Bächen, Mooren FRISCHKNECHT. G. (1923): Geologie der östlichen Adula. In: verantwortlich. Beitr. z. geolog. Karte der Schweiz, N. F., Lief. 51: 65-94. Die quartären Ablagerungen der Paßregion werden GANSSER, A. Der Nordrand der Tambodecke. Geolo¬ auf Grund von neun Bohrprofilen aus Flachmooren (1937): gische und petrographische Untersuchungen zwischen San beschrieben, mittels pollenanalytischer Untersuchun¬ Bernardino und Splügenpaß. In: Schweiz. Min. Petr. Mitt., Band gen chronologisch gedeutet und paläoklimatologisch 17, Heft 2. interpretiert. G. Zum Verlauf der Verlan¬ Der größte Teil der ausgewerteten Moor-Bohrprofile GROSSE-BRAUCKMANN, (1976): dung bei einem eutrophen Flachsee (nach quartärbotanischen weist eine mehr oder weniger «vollständige» Verlan- Untersuchungen am Steinhuder Meer). II. Die Sukzessionen, ihr auf. Die Sedimentation der tiefsten dungsabfolge Ablauf und ihre Bedingungen. In: Flora, Band 165: 415-455. Seebecken (Wälschberg, Sass de la Golp, Alp Mar¬ schol) begann nachweislich spätestens zur Zeit der HEEB, K. und WELTEN. M. (1972): Moore und Vegetationsge¬ schichte der und des Molassevorlandes ausgehenden Ältesten Dryas-Zeit, also vor mehr als Schwarzenegg zwischen dem Aaretal unterhalb Thun und dem oberen 13 000 Jahren vor heute. Auf die würmeiszeitliche Emmental. In: Mitt. Natf. Ges. Bern, N. F.. Band 29:1-54. Gletschergeschichte bezogen heißt das, daß der ehemals vom nach S ins Misox abflie¬ HEYDWEILLER, E. (1918): Geologische und morphologische In: ßende südliche Seitenlobus des Hinterrhein-Glet¬ Untersuchungen in der Gegend des St. Bernardinopasses. Eclogae geol. Helvet., Band 15:149-297. schers bereits während der ausgehenden Ältesten Dryas-Zeit nicht mehr vorhanden war. Die würmeis¬ JENNY, H FRISCHKNECHT, G. und KOPP, J. (1923): Geolo¬ zeitliche Eistransfluenz über den Bernhardin brach gische Karte der Adula, 1:50 000, Spez.-Karte Nr. 104. In: also spätestens zur Zeit der ausgehenden Ältesten Geologie der Adula. 3eitr. z. geolog. Karte der Schweiz, N. F., Lief. 51. Dryas ab. In den absolut datierten Sedimentabfolgen (Radiocar¬ MATTHEY, F. (1971): Contribution ä l'evolution tardi - et bon-Methode) wurden mittlere Sedimentationsraten postglaciaire de la Vegetation dans le Jura central. In: Beitr. z. berechnet. Diese sind im Spätglazial allgemein höher geobotan. Landesaufn. der Schweiz, Heft 53. als im Postglazial: 0,3-2,0 mm/Jahr bzw. 0,1- RYBNiCEK, K. und RYBNiCKOVÄ, E. (1977): Mooruntersuchun¬ 0,6 mm/Jahr. Während des postglazialen Klimaopti¬ gen im oberen Gurgltal, Ötztaler Alpen. In: Fol. Geobotan. mums ist erwartungsgemäß das größte Moorwachs¬ Phytotax. Band 12: 245-291. tum zu verzeichnen. So betragen die mittleren STREIFF, V. (1976): Erläuterungen zur Geologischen Karte der Sedimentationsraten für das Atlantikum und Subbo¬ Schweiz, Blatt 1235 Andeer. In: Streift V. et al. 1976: Erläuterun¬ real 0,2-0,6 mm/Jahr. gen zum Blatt 1235 Andeer, Bern.

33