mit unterstützung von land und europäischer union Impressum

Projektträger, Eigentümer, Herausgeber und Bezugsquelle: Naturschutzbund , Esterházystraße 15, 7000 Eisenstadt, www.naturschutzbund-burgenland.at. ISBN: 978-3-902632-21-0

Urheberrechtlich geschützt, jede Form der Vervielfältigung – auch auszugsweise – zu gewerblichen Zwecken ohne Zustimmung des Herausgebers ist verboten.

Redaktion: Dr. Klaus Michalek, Dr. Werner Lazowski, Dr. Thomas Zechmeister

Lektorat: Mag. Margit Nöhrer, Dipl. Päd. SR Josef Weinzettl, Dr. Helmut Höttinger

Titelbild: Seitenarm der Raab bei Mogersdorf, Manfred Fiala Bild Rückseite: Erlenbruchwald bei Forchtenstein, Manfred Fiala

Die inhaltliche Bearbeitung erfolgte im Rahmen des Central Europe-Projekts „TransEcoNet“

Layout und Druck im Rahmen des Projektes „Koordinationsprojekt Öffentlichkeitsarbeit“ (Ländliche Entwicklung - Sonstige Maßnahmen) mit Unterstützung von EU und Land Burgenland (2008- 2011)

Layout: Baschnegger & Golub, 1180 Wien.

Druck: MDH-Media GmbH, 1220 Wien

November 2012 This project is implemented through the CENTRAL EUROPE Programme co-financed by the ERDF

2 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Vorwort Andreas Liegenfeld Landesrat für Naturschutz

Das Burgenland zeichnet sich durch lativ geringen Anzahl und der daraus eine vielfältige Natur- und Kultur- resultierenden Seltenheit Ziel des hei- landschaft aus. Wälder, Ackerflä- mischen Naturschutzes. Ihre Vernet- chen, Wiesen, Auen, Seen, Teiche zung ist aus Sicht der Flora und Fauna und Flusslandschaften bilden eine ab- notwendig. wechslungsreiche Gesellschaft unter- Das vorliegende Handbuch der schiedlicher und auch gegensätzlicher Feuchtgebietsinventarisierung des Lebensräume. Aufgrund des kontinen- Burgenlandes ist die notwendige wis- talen Klimas sind die Jahresnieder- senschaftliche Arbeit um nicht nur ei- schlagsmengen relativ gering und im nen Überblick über die Feuchtgebiete Laufe der letzten Jahre unterschiedlich des Burgenlands zu geben, sondern um stark lokal verteilt. Die ariden Gebie- auch Basis für künftige Maßnahmen in te dominieren das Burgenland. Umso diesen Gebieten zu sein. größer sind daher die Bedeutung und die Gefährdung von Feuchtgebieten. Sie sind Heimat und Rückzugsgebiet einer Vielzahl an Tieren und Pflan- zen. Sie sind aber auch wertvolles Er- holungs- und Freizeitgebiet für Gäste und Bewohner. Sie bilden klimatische Inseln. Ihr Erhalt ist aufgrund der re-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 3 Vorwort Em.O.Univ.Prof. Dr.phil. Dr.h.c. Erich Hübl

Gerade weil das Burgenland, betrach- Seite am Ende der Einzeldarstellungen Das Burgenland hat wohl von allen tet man die gesamte Spanne der Nie- vorgestellt. Bundesländern die spektakulärste Ent- derschläge, abgesehen von Wien das Der „Rest“ des Burgenlandes findet wicklung seit dem Ende des Zweiten trockenste österreichische Bundesland zu Unrecht meist weit weniger Auf- Weltkrieges genommen. Die junge Ge- ist, spielen Feuchtgebiete eine beson- merksamkeit. Vielen ist wohl nicht neration kann sich kaum mehr vorstel- ders wichtige Rolle. Dies ist evident im bewusst, dass ein nicht unerheblicher len, dass in den 1950iger Jahren in Neu- Bereich von Neusiedler See und See- Anteil des Burgenlandes zu den Al- siedl der Autobus wegen des Viehtriebes winkel, wo vor allem jahreszeitliche pen und seinem östlichen Vorland ge- anhalten musste oder dass in den Orten Schwankungen der Feuchtigkeit, ver- hört, mit einer reizvollen, kleinräumig des Seewinkels die Gänse frei umher- bunden mit verschiedenen Graden der gegliederten Kulturlandschaft, einem liefen. Die Tierhaltung (abgesehen von Versalzung, zu einer für das mitteleuro- vom trockenen pannonischen im Nor- Pferden) ist stark zurückgegangen. Frü- päische Binnenland einmaligen Vielfalt den zum feuchteren illyrischen im Sü- heres Weideland ist in Weingärten und von Biotopen und einer entsprechen- den überleitenden Klima und durchaus Äcker umgewandelt, verbaut worden den Vielfalt von Flora und Fauna führt. bemerkenswerten biologischen Beson- oder brach gefallen. Mit der Viehwirt- Dieses Gebiet hat schon seit der derheiten. schaft ist auch die Nutzung und damit Schaffung des Burgenlandes im vori- Außer dem Neusiedler See gibt es der kommerzielle Wert der Mähwie- gen Jahrhundert die Aufmerksamkeit im Burgenland keinen natürlichen See. sen zurückgegangen, was besonders der österreichischen Biologen auf sich Von biologischer Bedeutung sind Tei- die Feuchtwiesen betrifft. gezogen. Ein großer Teil des Seewin- che, wie die Güssinger Fischteiche. Es Feuchtbiotope gehören, wie in ganz kels gehört heute zum international gibt im Burgenland auch keinen großen Österreich, mittlerweile zu den am anerkannten Nationalpark Neusiedler Strom und nur wenige Flüsse mit gut meisten gefährdeten Lebensräumen. See - Seewinkel und unterliegt damit erhaltenen Auwäldern, wie die Leitha. Eine Inventarisierung war höchst not- strengen Schutzbestimmungen. Der Es überwiegen kleine Flüsse und Bä- wendig. Das nun vorliegende Ergebnis Nationalpark war nicht Gegenstand der che mit schmalen Begleitwäldern und wird eine unentbehrliche Grundlage Biotopkartierung. Zur Abrundung des Feuchtwiesen. Dazu kommen sumpfige sowohl für weitere wissenschaftliche vorliegenden Handbuches werden aber Senken mit Bruchwald oder Seggenbe- Untersuchungen als vor allem auch für seine Feuchtgebiete von kompetenter ständen. praktische Maßnahmen sein.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 4 M. Fiala Vorwort Mag. Dr. Ernst Breitegger Obmann Naturschutzbund Burgenland

Für die Lebewesen dieser Erde stellt 2010 700 bis 800 mm Niederschläge von Siedlungsfläche, oder einfach, weil Wasser das herausragende Lebens- in der Jahressumme. Der Landesnor- es unordentlich aussieht, zugeschüt- medium dar. Die meisten bestehen den ist (auf jeden Fall optisch) geprägt tet und dadurch vernichtet. Der Na- selbst aus einem Gutteil daraus; beim von der 285 Quadratkilometer großen turschutzbund Burgenland wurde in Menschen sind das etwa 70 %. Was- Wasserfläche des Neusiedlersees; da- den Jahren 2003 bis 2005 von der Bur- ser löst Stoffe und transportiert sie an von 220 Quadratkilometer auf öster- genländischen Landesregierung beauf- jede Stelle des Körpers. Wasser garan- reichischem Gebiet. Lange Trockenpe- tragt, ein Inventar der Feuchtlebens- tiert die Festigkeit und Stabilität von rioden und viele Sonnenstunden (etwa räume zu erstellen. Die Verantwortung Zellen. Wir alle sind eingebunden in 2000 jährlich) zeichnen diese kontinen- lag in den Händen von Dr. Thomas ein dynamisches System: wir funktio- talen Bedingungen als pannonisches Zechmeister, Dr. Klaus Michalek und nieren ausschließlich über Stoffaufnah- Klima aus. Südlich von Oberpullendorf DI. Roland Pickl. Dieses Projekt hat- me, Stoffverwertung und Stoffabgabe. nimmt die Niederschlagsmenge jähr- te uns wirklich „in das kalte Wasser“ Manchen Organismen dient Wasser lich auf etwa 800 bis 900 mm zu; der gestoßen; war doch der Rahmen im als Lebensraum; oder es beginnen die illyrische Einschlag wird deutlich. Ausmaß zunächst nicht abschätzbar. ihre ersten Lebensstadien im Wasser. Seen, Weiher, Tümpel, Teiche, aber Zahlreiche Helferlein mussten beige- Das Wasser auf der Erde ist in sei- auch Baggerseen, Gräben, Kanäle, zogen werden, besonders für die Kar- ner Funktion für das Leben ein wert- Gartenteiche, Schwimm- und Fisch- tierarbeiten. Vor allem im Landes- volles und seltenes Gut. Es ist zu 97 % teiche bilden nun ein Netzwerk an süden boten sich viele Überraschun- in den Ozeanen vorhanden und steht limnischen Biotopen im ganzen Land. gen. Dankenswerter Weise wurden von somit für die oben genannten Funktio- Entsprechend ihrer Struktur sind die- der Landesregierung die Geldmittel für nen nicht zur Verfügung. Nur der klei- se unterschiedlich durch Lebewesen dieses Vorhaben immer wieder aufge- ne Anteil von 3 % liegt als Süßwasser besiedelt. Für die gesamte Lebewelt ist stockt. So konnte diese wichtige Auf- vor; der ist wiederum zu 70 % in Eis- Wasser jedenfalls das Basiskapital für stellung von diesen besonders gefähr- kappen und Gletscher gebunden. Der die Existenz. Sofern nicht touristisches deten Lebensräumen gemacht werden. Minimalrest davon, die flüssige Form, Interesse für Schwimm- und Badezwe- Jede Pflegemaßnahme, jeder Manage- sichert den Menschen, den Tiere und cke oder für die Fischerei vorliegt, sind mentplan oder jede Änderung in der den Pflanzen das Überleben. Wasserlebensräume aus dem öffentli- Raumordnung kann diese Daten als Im Einzugsbereich der Donau und chen Interesse verschwunden. Sie wer- Basis heranziehen. der Leitha erhält das Burgenland laut den im Zuge von Straßen- und We- Statistischem Jahrbuch Burgenland gebauten, im Rahmen der Gewinnung

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 5 Inhalt

I. Einführung 1. Das Klima des Burgenlands ...... 8 2. Die Geologie des Burgenlands ...... 10 3. Die Böden des Burgenlands ...... 12

II. Die Feuchtgebietsinventarisierung des Burgenlands 1. Ein Überblick ...... 14 2. Methodik der Feuchtgebietsinventarisierung im Burgenland ...... 16 3. Beschreibung der Biotoptypen der Feuchtgebiete des Burgenlands ...... 22 4. Management von Auen und Bruchwäldern im Burgenland ...... 53 5. Möglichkeiten einer Wiesenrückführung am Beispiel der Willersdorfer Schlucht - Aschauer Au . . . 57 6. Feuchtgebietsinventarisierung und Wasserwirtschaft ...... 60 7. Ausgewählte Gebiete der Feuchtgebietsinventarisierung 7.1 Die Lußwiesen in der Leithaniederung ...... 62 7.2 Feuchtgebiete im Leithagebirge ...... 65 7.3 Der vergessene Sulzsee zwischen Siegendorf und St. Margarethen ...... 67 7.4 Die Wiesentypen der Willersdorfer Schlucht und Aschauer Au ...... 69 7.5 Die Wiesenvergetation des Lafnitztales ...... 71 7.6 Vegetationsökologische Untersuchungen der Erlenbruchwälder des Südburgenländischen Hügel- und Terrassenlandes ...... 76 7.7 Die Großseggenriede am Dürren Bach bei ...... 81 7.8 Die Tal-Wiesen bei St. Michael und Rauchwart an der Strem ...... 83 7.9 Die Pfeifengraswiesen bei Urbersdorf und Strem ...... 87 7.10 Wiesen im Südburgenland – ein naturnaher Vegetationstyp und dessen Entwicklung im Zuge des sozioökonomischen Wandels ...... 89 7.11 Auen und Feuchtwälder des Burgenlands ...... 98 7.12 Teiche und Lacken als Ökoinseln – die ökologische Bedeutung von Stillgewässern in der Kulturlandschaft ...... 110 8. Ausgewählte Tiergruppen der Feuchtgebiete des Burgenlands 8.1 Zur Vogelwelt der Schwarzerlenwälder des Bezirks Oberwart im Südburgenland ...... 115 8.2 Die Heuschrecken (Saltatoria) – Habitatansprüche, Verbreitung und Gefährdung ...... 117 8.3 Tagfalter-Charakterarten in den Feuchtgebieten des Burgenlands ...... 123 8.4 Die Amphibien des Burgenlands – Verbreitung, Lebensraumansprüche und Gefährdung . . . . 128 8.5 Flusskrebse im Burgenland ...... 131 8.6 Flussmuscheln im Burgenland ...... 133

6 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 9. Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel – Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung 9.1 Feuchtgebietslandschaft des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel: See, Schilfgürtel, Salzlacken ...... 135 9.2 Feuchtgebietslandschaft des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel: Die Zitzmannsdorfer Wiesen ...... 139 9.3 Zur ornithologischen Bedeutung des Ramsar-Gebiets Neusiedler See - Seewinkel ...... 148

III. Feuchtgebiete des Burgenlands 1. Wert und Bedeutung der Feuchtgebiete des Burgenlands 1.1 Die Bedeutung der Feuchtgebiete für die Erhaltung der Biodiversität ...... 157 1.2 Die Bedeutung der feuchter Kleinstrukturen in der Landschaft ...... 158 1.3 Die Bedeutung von Feuchtgebieten für Grund- und Trinkwasser ...... 160 1.4 Die Bedeutung der Feuchtgebiete als Hochwasserrückhalteräume und natürlichen Hochwasserschutz ...... 162 1.5 Die Bedeutung der Feuchtgebiete für den Tourismus und als Naherholungsgebiet ...... 164 1.6 Die Denaturierung von Feuchtgebieten und ihre Gefährdungsursachen ...... 165 2. Schutz- und Fördermöglichkeiten zur Erhaltung von Feuchtgebieten im Burgenland ...... 168 3. Bewußtseinsbildung – Umwelterziehung – Umweltpädagogik ...... 173 4. Unkonventionelle Überlegungen zum Landschaftswandel und zu Wasserlebensräumen im Burgenland ...... 175

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7 I. Einführung

1. Das Klima des Burgenlandes Dr. Klaus Michalek

Großen Einfluss auf Landschafts- gleich das Gebiet der „Pannonischen oft zu langen Hitzeperioden, die etwa form, Vegetation und Tierwelt ha- Florenprovinz“. Der Rest des Mittel- die Lacken des Seewinkels regelmäßig ben die jeweiligen klimatischen Ver- und Südburgenlandes steht unter dem austrocknen lassen. Im Winter kommt hältnisse einer Region. Ganz Ungarn Einfluss des illyrischen Klimas. Das aus der gleichen Richtung oft stren- sowie die Randzonen seiner Nachbar- pannonische Klima ist weit weniger ger Frost. staaten werden dem panonnischen von atlantischen oder mediterranen Das kontinental geprägte Klima Klimabereich zugeordnet. Strömungen geprägt als die Klima- des Burgenlandes ist gekennzeichnet Auf österreichischer Seite rechnet zonen Westösterreichs. Dies führt zu durch geringe Jahresniederschlags- man das Weinviertel, die Wachau, das einer nach Osten hin zunehmenden mengen von etwa 600 bis 700 mm, Marchfeld, das Wiener Becken, den Kontinentalität. Vom Südosten – also kalte Winter mit Frostperioden und Bereich der Thermenlinie sowie große vom Inneren des eurasischen Konti- heiße, trockene Sommer. An der Jah- Gebiete des Nord-, aber auch die öst- nents her – strömt im Sommer heiße resniederschlagskarte des Burgenlan- lichen niedrigen Teile des Mittel- und und trockene Luft in den pannoni- des wird ersichtlich, dass es sich vor Südburgenlandes dazu. Dies ist zu- schen Klimabereich. Dies führt dann allem beim pannonischen Nordbur-

8 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz H.-M. Berg H. Höttinger

genland um eine relativ trockene und halten viele Gebirgsregionen im Wes- Temperaturverhältnisse. Zusätzlich sehr warme Gegend mit 500 bis 600 ten Österreichs mindestens 2.000 mm von Bedeutung sind der geologische mm Niederschlag pro Jahr handelt. Niederschlag pro Jahr, manche Glet- Untergrund und der Boden, auf dem Im August kann sich die Lufttempe- schergebiete sogar 3.000 mm. die Pflanzen wachsen. ratur im Seewinkel den 40 Grad nä- An diese Situation – hohe Durch- hern. Ins Südburgenland dringen da- schnittstemperaturen, heiße Sommer, Literatur: gegen Einflüsse vom Balkan vor. Die relativ große Temperaturunterschiede Fischer, M. A. & Fally, J. (2006): Pflanzenfüh- rer Burgenland. Eigenverlag Mag. Dr. Josef Fally. Niederschlagsmenge ist mit etwa 800 zwischen Sommer und Winter; ver- Kautzky, J. (2002): Burgenland. Wandern, beob- mm pro Jahr höher, die Extreme sind gleichsweise wenig Niederschlag pro achten, Natur erleben. Verlag Styria Graz Wien weniger ausgeprägt und die Jahres- Jahr, kombiniert mit oftmals mehr- Köln. durchschnittstemperatur liegt um 1 wöchigen Trockenperioden – müssen bis 2 Grad niedriger als im pannoni- sich alle Lebewesen anpassen, wenn schen Raum. sie hier leben wollen. Dies beweisen Die höchsten Niederschläge unter anderem die fast 2.000 ver- gibt es in den gebirgigen Abschnit- schiedenen Gefäßpflanzen des Nord- ten, z. B. im Günser Gebirge, wo burgenlandes. Für die Pflanzenwelt der Jahresniederschlag auf 900 bis sind nicht nur die Jahresmittelwer- 1.000 mm ansteigt und die Jahres- te des Niederschlages entscheidend, durchschnittstemperatur um 3 bis sondern vor allem die jahreszeitliche 4 Grad sinkt. Zum Vergleich dazu er- Verteilung der Niederschläge und der

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 9 2. Die Geologie des Burgenlandes Thomas Mikuz

Das Burgenland hat als das östlichste aller Bundesländer im von den Ost- alpen dominierten Österreich für den Laien beträchtlich wenig Anteil an den hohen, teils schroffen und unwirtlichen Gebirgszügen der Alpen. Ganz im Ge- genteil, für die meisten Österreicher stellt es oft schon das „Flachland“ dar, das östlich an den alpinen Gebirgskör- per anschließt und sich weit in den Eu- rasiatischen Raum behauptet. St. Margarethen – Römersteinbruch mit Nichtsdestotrotz zählt das Burgen- tur beherrscht, dem Wiener Becken. Leithakalken (K. Michalek) land, tektonisch wie sedimentär und Das Wiener Becken ist ein intramon- auch geographisch, zu den Alpen und tanes Becken, das sich vor ca. 17 Mio. im Burgenland erhalten (Paläogen von fast jede noch so kleine Erhebung im Jahren zwischen den Alpen und den Wimpassing an der Leitha). Burgenland ist dem alpinen Gebirgs- Karpaten einsenkte. Das Eisenstädter Im burgenländischen Anteil des körper zuzurechnen. Becken steht in direkter Verbindung westpannonischen Beckens werden die- mit dem Wiener Becken und setzt sich se tertiären Sedimente von quartären 1. Die tertiären Becken: westlich bis zur Mattersburger Bucht Ablagerungen überlagert. Diese quartä- Das Burgenland liegt am Übergang fort. Östlich werden das Wiener und ren Sedimente werden größtenteils der von der Zentralzone der Ostalpen das Eisenstädter Becken durch das Lei- Donau (Donauschotter) zugeordnet. zum Westungarischen Tiefland. Zur thagebirge bzw. den Ödenburger-Rus- Südlich des Eisenstädter Beckens Zeit des Jungtertiärs (ca. 29 – 2 Mio. ter Bergzug vom westpannonischen liegt, getrennt durch Teile des Rosali- Jahren) bildeten sich am Rande der Becken getrennt. en- und des Ödenburger Gebirges, das Ostalpen tektonische Becken, welche Das Wiener und Eisenstädter Be- Oberpullendorfer Becken (Landseer die Geologie und Geomorphologie des cken wurden am Beginn ihrer Ent- Bucht). Das Oberpullendorfer Becken Burgenlandes prägen. wicklung im Jungtertiär noch von ei- steht im Osten in direkter Verbindung Der nördliche Teil des Burgenlan- nem Meer dominiert, in dem Sande, mit dem westpannonischen Becken des wird von einer großen, in Ostöster- Tone und Kiese, aber auch Kalke ab- und ist im Süden durch das Günser reich dominanten tektonischen Struk- gelagert wurden (z. B. zahlreiche Mu- Gebirge vom Oststeirische Becken ge-

Pauliberg (Regionalmanagement Burgenland) schelvorkommen im Leithagebirge und trennt. Das Oststeirische Becken wird im Ödenburger Gebirge). Am Ende im Süden durch die südburgenländi- des Tertiärs süßte dieses Meer aus sche Schwelle vom Westpannonischen und es kamen limnische Tone (zahl- Becken getrennt. Die Sedimentation reiche Kohlenvorkommen im und um den Neufeldersee) und fluviatile Sande Sandgrube Wiesfleck (K. Michalek) und Konglomerate zur Ablagerung. Es gibt jedoch auch Anzeichen für eine ältere Beckensedimentation, die darauf schließen lässt, dass zur Zeit des Alt- tertiärs der gesamte Alpenkörper von einem Meer bedeckt war. Die Ablage- rungen dieses Meers sind in Relikten

10 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Südlich des Oberpullendorfer Be- ckens liegt ein bedeutender Aufschluss des alpinen Grundgebirges, das Gün- ser Gebirge, das zusammen mit süd- westlich anschließenden Aufbrüchen des Grundgebirges die Südburgenlän- dische Schwelle bildet. Das Günser Gebirge besteht aus mehreren tekto- dürfte in beiden Becken ähnlich wie Burg Güssing (K. Michalek) nischen Fenstern (Mölterner-, Bern- in den nördlich gelegenen Eisenstäd- steiner-, Rechnitzer Fenster und Eisen- ter und Wiener Becken verlaufen sein. und den kleinen Karpaten (Hundshei- berg), in denen die tektonisch tiefste Über marinen Sanden, Tonen und Kal- mer Berge). Das Leithagebirge wird aus Einheit der Ostalpen zutage tritt, gleich ken folgen auch hier fluviatile und lim- metamorphen Gesteinen der Grobg- wie im 200 km weiter westlich gele- nische Sedimente. neiseinheit (Glimmerschiefer, Gneise) genen Tauernfenster. Die teils hoch- Über das gesamte Jungtertiär weg aufgebaut. Randlich finden sich oolit- wurden die Randlagen dieser Becken hische Kalke aus dem Tertiär, die soge- von einem intensiven Vulkanismus er- nannten Leithakalke, die ein beliebter fasst, dessen Ursachen nicht genauer Baustoff sind (Wiener Ringstraßenge- bekannt sind. Die bekanntesten Auf- bäude, Römersteinbruch bei St. Mar- schlüsse dieser basischen Vulkanite garethen). Das Rosalien und das Öden- sind die Basalte des Pauliberges oder burger Gebirge sowie die Sieggrabener des Schloßberges bei Güssing. Schwelle sind durch das Eisenstädter Lokal entlang der großen burgen- Becken vom Leithagebirge getrennt. ländischen Flüsse werden die tertiä- Das Rosalien Gebirge und die Sieggra- ren Beckensedimente von quartären bener Schwelle schließen östlich an das Flussterrassen überlagert (Leitha, Wul- Semmering- und Wechselgebirge an. Günser Gebirge (K. Michalek) ka, Pinka, Strem und Lafnitz). Beide Gebirgszüge werden hauptsäch- Innerhalb der tertiären Becken tre- lich aus Gesteinen der Grobgneis- und metamorphen Gesteine des Günser ten überall im Burgenland kristalline der Wechseleinheit (Glimmerschiefer, Gebirges (Blauschiefer, Serpentinite) Gesteine der Zentralalpen zu Tage. Die Gneise) aufgebaut. In der Sieggrabener werden unter dem Begriff ´Rechnitzer Gesteine des kristallinen Untergrun- Schwelle, der geographischen Grenze Einheit´ zusammengefasst und reprä- des lassen sich im Wesentlichen den zwischen dem Nord- und dem Mit- sentieren Teile eines Ozeans (Ophio- großen tektonischen Einheiten des Un- telburgenland, werden diese Gesteine lithe des penninischen Ozeans), der terostalpins (Grobgneiseinheit, Wech- stellenweise von hochmetamorphen während einer frühen Phase der alpi- seleinheit) und dem Penninikum zu- Gesteinen (Amphibolite, Eklogite) der nen Gebirgsbildung unter den Alpen- ordnen. Ihr Alter ist im Wesentlichen Sieggrabener Einheit überlagert. hauptkörper subduziert wurde. Die auf das Paläozoikum und das Mesozoi- Das Ödenburger Gebirge ist die Metamorphose erfasste dabei sowohl kum beschränkt und reicht stellenwei- östliche Verlängerung der Sieggrabe- die Gesteine des Ozeanbodens als auch se bis ins Ordovicium zurück (ca. 490 ner Schwelle. Der Kern des Ödenbur- die überlagernden und angrenzenden Mio. Jahre). Die mesozoischen Einhei- ger Gebirges wird von Gesteinen der Sedimente (Grünschiefer, Phyllite, Se- ten der Nördlichen Kalkalpen fehlen Grobgneiseinheit aufgebaut, die aber, rizitkalkschiefer). dem Burgenland völlig. bis auf wenige Ausnahmen, südlich von Rust, hauptsächlich auf ungarischem Literatur: 2. Das Alpine Grundgebirge Staatsgebiet, aufgeschlossen sind. Der Faupl, P. (1984): Einführung in die historische Das Leithagebirge ist der östlichste österreichische Anteil des Ödenbur- Geologie, Prugg Verlag, Eisenstadt. Schönlaub, H. P. (2000): Geologie der Öster- Ausläufer der Zentralalpen und bildet ger Gebirges besteht hauptsächlich aus reichischen Bundesländer, Burgenland. Geolo- die Verbindung zwischen den Alpen marinen Sedimenten des Jungtertiärs. gische Bundesanstalt; Wien.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 11 3. Die Böden des Burgenlandes Birgit Pinc

Unter dem Begriff Boden versteht man jene Schichten der Erdoberflä- che, die durch Verwitterungsprozesse der Gesteinsunterlage und Umwand- lung durch tierischen und pflanzlichen Organismen entstanden sind. Weiters kennzeichnen sich Böden durch steti- ge Ab-, Um- und Aufbauvorgänge aus. Zu ca. 50 % bestehen Böden aus fes- ten Teilen (Mineral-, Lebewesen und Humus) und zu 50 % aus Poren, die entweder mit Luft pder Wasser gefüllt sind. Böden mit „gleichen“ Entwick- lungsständen, d.h. mit einheitlichen Ei- H. Höttinger genschaften, ermöglichen eine Eintei- lung – anhand der dadurch bedingten Schichtung – in Bodentypen. Terrestrische Böden: Gestein, Relief, Klima, Pflanzenwelt, Die österreichische Bodensyste- 1. Rohböden Tierwelt, Menschen und Zeit gehö- matik (aus dem Jahr 2000), die zur 2. Auflagehumusboden (Rendsina, Pa- ren zu den bodenbildenden Faktoren. Beschreibung der Bodenverhältnisse rarendsina, Ranker, Tschernosem) Diese Faktoren sind in Österreich sehr dient, lässt somit folgende Ordnung zu: 3. Braunerde heterogen und führen somit zu einem Hydromorphe Böden: Wechsel von kleinräumig ausgeprägten 1. Gleye Bodentypen. 2. Pseudogleye Der 1992/93 durchgeführte bur- 3. Moore, Anmoore, Feuchtschwarz- genländische Bodenerhebung (auf 174 erde Standorten-Ackerland und Grünland) 4. Salzböden ergab, dass Tschernoseme am häufigs- Die Böden in Österreich weisen ein Al- ten auftreten und mittelschwere Böden ter von rund 6000 Jahren auf. Beson- überwiegen mit stark schwankenden ders bedeutend ist die Bodenerhaltung, pH-Wert zwischen 4 und 8. Die Be- da verunreinigte Böden sich nicht in stimmung der anorganischen Schad- ihren ursprünglichen Zustand zurück- stoffen diente eine Analyse folgender führen lassen und erodierte Böden sich Metalle an allen untersuchten Stand- äußerst langsam (wenn überhaupt) nur orten: Arsen, Quecksilber, Zink, Blei, wieder erholen. Deshalb wurde 1990 Cadmium, Kobalt, Nickel, Chrom, im Burgenland ein Bodenschutzge- Kupfer, Selen, Molybdän und Man- setz zum Schutz des Bodens und zur gan. Eine Überschreitung der Richt- Vermeidung der Qualitätsminderung werte konnte bei Arsen an 14 %, bei des landwirtschaftlichen Bodens ver- Nickel an 7,5 %, bei Chrom an 2,3 % abschiedet, die den Hauptfunktionen und bei Quecksilber, Cadmium und des Bodens – Produktion, Filter und Kobalt an 0,6 % der Standorte nachge-

H. Höttinger Infrastruktur – schützend nachkom- wiesen werden. men sollen.

12 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Beschreibung der im Burgenland vorkommenden Bodentypen Ranker: auf kalkfreier, silikatischer Unterlage; exponierte Lagen im Ge- birge, Trockenrasen, Wald Rendsina: Humusboden auf Karbo- natgestein; wichtigster Typ in den Kalkalpen, auch auf Kalkschotter im Wr. Becken; flachgründig, daher ero- sionsgefährdet; Trockenrasen, Zwerg- strauchgesellschaften; Nutzung: Grün- land und Weinanbau Braunerden: Fels- und Lockerbrau- nerden; silikatisch, carbonatisches Ausgangsmaterial; ebene Lagen; mitt- leres und südliches Burgenland; Acker- und Grünland Tschernosem: aus feinem Locker- material; mächtiger Humushorizont H. Höttinger sehr fruchtbar; pannonischer Raum – kontinentales Klima; Ackernutzung, Pseudogleye: Sickerwasser auf Stau- durch Fließgewässer charakterisiert Schutzwald körper im Wechsel mit Trockenperio- sind; junges Schwemmmaterial; Ein- Gleye: anstehendes Grundwasser, da- den führt zu Rostflecken und Verfah- fluß von Grundwasser und Überflu- her intensiver Einfluß – sauerstoff- lung > Marmorierung; mittelwertiges tung; nährstoffreich arm; auf Lockermaterialien; Tal- und Ackerland Niedermoor: entsteht bei Verlandun- Beckenlagen; mittelwertiges Grünland, Auböden: Bodentypen, die durch gen von Gewässern; Torf (ca. 30 cm Wald Sedimentation von Gesteinsmaterial hoch) entsteht aus Bewuchs (unter anaeroben Bedingungen) und in Folge dieser Bodentyp Anmoor: mehr als 30 cm Torf; humus- reicher Mineralboden Feuchtschwarzerde: silikatisches Feinmaterial; Grundwassereinfluß; pannonischer Raum; Ackerland Salzböden: Solonetz und Solontschak entstehen bei starker Trockenheit, in- folge hoher Verdunstung wird Grund- wasser nach oben gezogen und nimmt dabei aus Gesteinen gelöste Salze mit nach oben; Solontschak: Weißalkali- boden – Salze kristallisieren als weiße Salzkruste an Oberfläche aus. Solonetz: Schwarzalkaliboden – salz- ärmerer oberer Horizont, Vegetation möglich – salztolerante Arten (Hut-

H. Höttinger weiden); Seewinkel

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 13 II. Feuchtgebietsinventarisierung des Burgenlands

1. Ein Überblick Klaus Michalek, Roland Pickl und Thomas Zechmeister

Feuchtgebiete sind Lebensräume haben damit große Bedeutung für die das Lokalklima mit Luftfeuchtigkeit mit einer großen Fülle an Lebensge- Erhaltung der Biodiversität in unserer anreichern. Feuchtgebiete sind Hoch- meinschaften, für die ein umfassender Kulturlandschaft. Feuchtgebiete sind wasserrückhalteräume (= Retentions- Schutz dringend notwendig ist. Des- unentbehrlich für die Gewässerrei- räume) und damit natürlicher Hoch- halb wurde im Auftrag der Burgenlän- nigung und Grundwasserneubildung wasserschutz. Feuchtgebiete gliedern dischen Landesregegierung unter der – und somit für unseren Trinkwas- und bereichern das Landschaftsbild Projektleitung des Naturschutzbundes servorrat. Besonders Auen und Bruch- und erhöhen damit den Erlebnis- und Burgenland eine flächendeckende Er- wäldern kommt große Bedeutung als Erholungswert. Sie haben große Be- hebung aller Feuchtgebiete durchge- Regenerationsraum von Gewässern deutung als Naherholungsraum und führt. Je nach Menge, Art und Angebot und als Trinkwasserreserve zu. Feucht- für den Tourismus. des Wassers werden verschiedene Ty- gebiete beeinflussen das Klima, indem Leider sind Feuchtgebiete aufgrund pen von Feuchtgebieten unterschieden. sie bei Trockenheit als Feuchtigkeits- verschiedener Nutzungsansprüche des Sie sind Lebensraum für zahlreiche ge- spender das Wasser an die umgeben- Menschen an die Landschaft stark be- fährdete Tier- und Pflanzenarten und de Luft wieder abgeben und dadurch droht und gehören mittlerweile zu

H. Höttinger

14 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz den am meisten gefährdeten Lebens- räumen. Die bedeutsamsten Gefähr- dungen von Feuchtgebieten sind Stra- ßen- und Wegebau, Umwidmungen zu Siedlungs-, Bau-, Gewerbe- und Indus- trieland sowie Erholungs-, Sport- und Tourismuseinrichtungen. Weitere Bedrohungen für Feucht- gebiete gehen von strukturellen Verän- derungen in der Landwirtschaft durch Flurbereinigung, Entwässerung, Rück- gang der Heu- und Streuwiesennut- zung, Grünlandumbruch, verstärkte Düngung und Aufgabe der Pflege bis hin zur Aufforstung mit standortsfremden Baumarten aus. Eine weitere Ursache für die Gefährdung von Feuchtgebieten stellt der Ausbau von Fließgewässern bzw. die Errichtung von Hochwasser- schutzeinrichtungen dar. H. Höttinger Ziel der Feuchtgebietsinventari- sierung Burgenland war die parzel- material wurden auch Management- (GIS) und den damit verknüpften In- lenscharfe Erfassung und Digitalisie- vorschläge für die einzelnen Standorte formationen darstellt. rung aller vom Wasser andauernd oder erstellt, die zur Erhaltung hochwertiger Aussagen z. B. über Standorte von zeitweilig geprägten Lebensräume mit Feuchtlebensräume und zur ökologi- fast 1.000 Pflanzenarten, Vegetati- einer Mindestgröße von 100 m2, die schen Verbesserung von Feuchtgebie- onstypus, Flächengrößen, notwendi- charakteristische und typische Pflan- ten führen sollen. Die Datenbank ist ge Managementmaßnahmen etc. sind zen- bzw. Tierarten beherbergen. Da- eine wesentliche Grundlage für Na- nun per Mausklick möglich, Statistiken bei wurde eine Bewertung der Lebens- turschutzbehörden, Gemeinden und über die in den einzelnen Gemeinden raumtypen wie Seen, Weiher, Tümpel, Planungsbüros, aber auch für weitere und Bezirken vorkommenden Flächen Altarme, Teiche, Röhrichte, Au- und wissenschaftliche Untersuchungen. Sie ermöglichen Aussagen über die relati- Bruchwälder, Feuchtwiesen und Moo- ist außerdem die Basis für die Erhal- ve Verteilung der Feuchtgebietsareale re nach Schutzwürdigkeit und natur- tung und den Schutz von Grund- und im Landesgebiet. Die Datenbank bietet schutzfachlichen Kriterien erstellt, Trinkwasservorkommen im Burgen- Möglichkeiten der Programmierung u. a. Lebensraumtyp, floristische Zu- land. von Abfragen, die einzelne Flächen sammensetzung, Vegetationsverbände, Die Feuchtgebietsinventarisierung aus dem Datenfundus nach bestimm- Geomorphologie, Hydrologie, Indika- wurde 2003 bis 2005 durch Mitarbei- ten Suchkategorien, wie etwa dem Er- toren für den Erhaltungszustand, Be- ter des Naturschutzbundes Burgen- haltungszustand oder Schutzstatus, wertung des Lebensraumtyps, Defizite land durchgeführt. Die über 12.000 filtern. Der Aufbau ermöglicht eine Im- und Gefährdung sowie Management- kartierten Einzelflächen wurden 2005 plementierung im Internet. Aufgrund bedarf. Als Ergebnis liegt die Daten- und 2006 digitalisiert, überarbeitet und des Datenumfangs stellt die Feuchtge- bank „Feuchtgebietsinventar Burgen- mit Bildern sowie einer Datenbank ver- bietsinventarisierung des Burgenlan- land“ auf DVD-ROM vor. knüpft. Jede Feuchtgebietsfläche ist des sowohl in Österreich als auch im Die Inventur bietet die Möglichkeit, durch eine eindeutige Identifikations- mitteleuropäischen Umfeld ein in sei- Erhaltungsmaßnahmen künftig noch nummer (ID) identifiziert, die das Ver- ner Qualität einzigartiges Arbeitsinst- gezielter umsetzen zu können. Durch bindungsglied zwischen der geographi- rument für die Raum- und Umweltpla- die gewonnenen Daten und das Bild- schen Lage im Geoinformationssystem nung sowie für den Naturschutz dar.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 15 2. Methodik der Feuchtgebietsinventarisierung im Burgenland Angelika Vitovec Erstmals in Österreich wurde flä- wurden 2005 und 2006 digitalisiert, Geländeerhebung: chendeckende das Feuchtgebietsin- überarbeitet und mit Bildern und ei- Gewässer und Feuchtgebiete inner- ventar des Burgenlandes erhoben. Die ner Datenbank verknüpft. halb der Ortschaften (verbautes Ge- Inventarisierung wurde 2003 bis 2005 Für eine erfolgreiche Durchführung biet, Gartenteiche etc.) wurden nicht durch 10 Mitarbeiter des Naturschutz- des Projektes mussten viele Parameter kartiert. Das Ortsgebiet und andere als bundes Burgenland durchgeführt. Die erhoben werden, die im Folgenden er- Bauland oder Industriegebiet gewid- über 12.000 kartierten Einzelflächen läutert werden: mete Gebiete wurden mit roter oder einer anderen Farbe in die Orthofotos eingezeichnet.

A Erhebungsbogen

1. Bezeichnung des Feuchtgebietes Die Feuchtgebiete werden mit dem Ge- meindenamen und einer fortlaufenden Nummer versehen (z. B. Drassmarkt 1, Drassmarkt 2 bis Drassmarkt n). Lie- gen in einem großen Feuchtgebiet (z. B. einem Tal) mehrere unterschiedliche Kategorien von Feuchtgebieten, emp- fiehlt sich die Vergabe von Unternum- mern (z. B. Drassmarkt 1 (Tal), Drass- markt 1_1 (Feuchtwiese), Drassmarkt 1_2 (Erlenbruchwald), Drassmarkt 1_3 (Teich) etc.)

2. Kategorie Kategorien von Feuchtgebieten sind: Feuchtwiese, Auwald, Brucherlenwald, Teich, Weiher, Tümpel, Kiesgrube, Fischteich, Badeteich, Altarm etc.

3. Seehöhe Messen oder anhand der Karte abge- schätzt.

Feuchtgebiete und geschütz- 4. Grundeigentümer und te Gebiete des Burgenlandes Grundeigentumsverhältnisse (ohne Neusiedler See) Der Grundeigentümer und die Eigen- GIS-Bearbeitung und Grafik: tumsverhältnisse sind in den seltens- J. Pennerstorfer ten Fällen im Gelände ermittelbar und wurden somit vor Ort vernachlässigt.

16 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 5. Flächenwidmung Die Flächenwidmung wurde im Gelän- Projekttitel: Erhebung und Digitalisierung der Feuchtgebiete des Burgenlandes de aufgenommen als: Grünland, land- wirtschaftliche Nutzflächen, Wald, Ge- Projektförderschiene: Landschaftspflegefonds wässer etc. Projektleitung: Naturschutzbund Burgenland Projektkoordination: 6. Vegetation DI Roland Pickl (GIS und Kartierungskoordination, Auswertung), Kurze Aufnahme und Klassifizierung Mag. Thomas Mikuz (GIS und Kartierungskoordination), Mag. des Feuchtgebietes (z. B. Erlen(bruch) Dr. Klaus Michalek (Kartierungskoordination), Mag. Dr. Thomas wald, Hartholzau etc.) anhand der Ve- Zechmeister (Gesamt-Koordination), DI Lorenz Höpler (GIS, getation. Auswertung) Projektberatung: 7. Geomorphologie und Untergrund Univ. Prof. Dr. Alois Herzig, Mag. Anton Koo, Dr. Eduard Weber, Die Morphologie des Geländes be- Dr. Werner Lazowski, Mag. Monika Paar, MSc Josef Pennersdorfer, Mag. Hermann Frühstück, Mag. Herbert Szinovatz stimmt die Entstehung von Feucht- gebieten zusammen mit dem Un- Projektmitarbeiter, Kartierer: tergrund. Es wurde stichwortartig Mag. Claudia Loos, Stefan Weiss, Mag. Renate Roth, Mag. Nina Breitensee-Habermann, Mag. Monika Lazowski, DI Phillip Stanzel, festgehalten, wo das Feuchtgebiet liegt Mag. Karin Friedrich, Dr. Joachim Tajmel; Mag. Björn Beckmann, (Geomorphologie) und wenn möglich, Thomas Haberler, Dr. Thomas Exner, DI Harald Grabenhofer, wie der Untergrund beschaffen ist (aus DI Alexandra Köninger, Mag. Silke Farmer, Dr. Petra Thyr, geologischen Karten eruierbar). Dr. Sylvia Pöcheim, Mag. Max Kamenar, Josef Reich Beschreibende Sätze über z. B. den Projektauftraggeber: Amt der Bgld. Landesregierung, Abteilung V – Verlauf eines Baches, Mäandrierungen Anlagenrecht, Umweltschutz und Verkehr, Hauptreferat Natur- und oder Regulierungsarten wurden fest- Umweltschutz gehalten. Kontakt: Mag. Barbara Dillinger Projektdauer: 2003 – 2006 Geländeformen: - Verebnung Erhebungsmethodik: Abgrenzung homogener Biotoptypen laut Kartierungsschlüssel und Verortung auf Orthofotos (BEV 1998) - Terrasse - Abflussrinne - Talsohle Polygon z. B. in der Talsohle, in einem A eben bis schwach geneigt 0-5 ° - Hang (Hangform: gestreckt, konvex, Graben, in einer Senke, am Hangfuß B leicht hängig bis hängig 5-15 ° konkav) oder auf einem Hang liegt. C stark hängig 15-20 ° - Oberhang D steilhängig über 20 ° - Unterhang Beschreibung der Grabentiefe: - Schwemmfläche Wie tief bzw. wie hoch sind die Sei- Verlauf des Tales oder Grabens: - Schotterbänke tenwände: z. B. von NO (Oberlauf) nach SW (Un- - Sandbänke A 0-5 m terlauf), wurde aus der Luftbildkarte - Hangfuß B 5-15 m oder ÖK-Karte entnommen - Senke C 15-30 m - Rücken D 30-50 m Ufer des Teiches: - Riedel A steil - Kuppe Relief des Geländes, in dem das B flach - Mulde Feuchtgebietspolygon liegt: C beides - Graben Die Nomenklatur für das Relief ist der Auch bei einem Teich oder anderen Legende der Bodenkarten entnom- Stillgewässern wurde angeben, ob das men.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 17 Boden und Untergrund: Zufluss und Abfluss der Schüttung (Uhr und Becherglas): Weiters wurden Aussagen über Boden Feuchtstandorte: Die Wassermenge schwankt sehr stark und Untergrund gemacht, da sie für Gibt es Zu- bzw. Abflüsse, oberirdisch je nach Niederschlag in der jüngeren Erosionsvorgänge und Versickerung (Hangwasser, Quelle, Brunnen, La- Vergangenheit. Die Amplitude der maßgeblich sind. Anhand der geo- teralerosion, Zuleitung über Draina- möglichen Schwankungen beträgt in logischen Karten des Burgenlandes gerohr, Überlauf, Entwässerungsgrä- der Regel oft ein Vielfaches der durch- 1:200 000 wurden Aussagen über den ben, Bewässerung, Aufstauung) oder schnittlichen Wasserführung. Deshalb Untergrund gemacht (z. B. Talfüllung unterirdisch (grundwassergespeist, benützen wir eine Rundung: – jüngster Talboden (Kies, Auelehm), grundwasserhydraulische Verbindung A Fließgewässer 0 l - 10 l/sec inneralpines Tertiär (Ton, Sand, Kies). zwischen zwei Teichen oder zu Fließ- kleiner Quellbach Aus der hydrogeologischen Karte gewässer)? B Fließgewässer 10 l - 100 l/sec Österreichs 1:1 000 000 wurden Infor- z. B. Graben mit permanentem Bach (z. B. Willersbach) mationen über den Untergrund hin- Wasser, z. B. 5l/s lässt auf Quelle(n) C Fließgewässer 100 l - 1.000 l/sec sichtlich der Wasserwegigkeit abgele- und Hangwasser schließen; Graben, großer Bach (z. B. Lafnitz) sen (z. B. überwiegend Ton, Mergel, der momentan kein Wasser führt, aber D Fließgewässer 1.000 l - 10.000 l/sec Sand, lokal Kies mit lokalen Grund- Spuren von fließendem Wasser zeigt, kleiner Fluss (z. B. Raab) wasservorkommen; überwiegend Kies, lässt auf Hangwasser schließen. Abstand der Gewässersohle von Sand mit sehr ergiebigen Grundwas- z. B. Zufluss und Abfluss bei Tei- Flur- oder Geländeoberkante: servorkommen). chen und Seen: z. B. Zufluss aus der Muss bei jedem Feuchtgebiet, das ne- Aus den Bodenkarten wurden bo- Strem oder Quelle oder Brunnen oder ben einem fließenden Gewässer liegt denkundliche Bezeichnungen heraus- Regenwasser; Abfluss in die Strem. bzw. für das fließende Gewässer selbst gelesen (z. B. Brauner Auboden aus angegeben werden: Abstand der Ge- feinem Schwemmmaterial; Pseudogley Wasserversorgung wässersohle von der Geländeoberkante aus feinem Schwemmmaterial). der Feuchtstandorte: (xm und GOK). Ein Vorschlag zur Standardisierung der 8. Hydrologie Erhebung der Kriterien der Wasser- Wasserstand bei Teichen und Die Hydrologie des Feuchtgebietes versorgung der Feuchtstandorte (an- Stillgewässern wurde grob erfasst. Handelte es sich gelehnt an „biodigitop“ von Zimmer- Bei Teichen und anderen stehenden um ein Fließgewässer, wurden die mann 1993, von J. Tajmel): Gewässern muss auch der Abstand Schüttung und der Abstand der Ge- Boden in abflusssammelnder Hang- zwischen momentaner Gewässersoh- wässersohle zur Fluroberkante abge- oder Grabenlage: le und maximaler Gewässersohle an- schätzt. Wesentlich war auch, ob und A hangwasserbeeinflusst – Was- gegeben werden, da der momentane inwiefern der natürliche Verlauf eines serbewegung lateral der Hangneigung Wasserstand bei Trockenheit etc. oft Gewässers anthropogen verändert folgend tiefer liegt als wenn es sehr feucht ist: wurde. B tagwasserbeeinflusst – Boden in Abstand des Wasserspiegels kann in Quellen, Bodenfeuchte oder an- Mulden, staunass, von Sickerwasser, xm vom momentan ersichtlichen Was- stehendes Grundwasser wurden ver- Niederschlagswasser geprägt, Wasser- serstand zum maximalen Wasserstand merkt, falls sie in Bezug zu einem bewegung vertikal angegeben werden. Feuchtgebiet standen. Grundwasser- Überflutungszeiger fehlen: pegel und Brunnen innerhalb eines C grundwasserbeeinflusst – Wasser- Regulierungsart: Feuchtgebietes wurden in ihrer Lage bewegung unterirdisch, überwiegend I: Nicht reguliert, natürlich mäandrie- erfasst. vertikal ziehend rend mit natürlichem Bewuchs Bei Teichen und Seen wurden Ab- Überflutungszeiger dominieren: II: Bachverbau mit Berücksichtigung fluss und Zufluss bzw. Überläufe und D grundwasserbeeinflusst und peri- des natürlichen Laufes der Wasserstand sowie die Trophie odisch überflutet - Beibehaltung des natürlichen Laufes aufgenommen. soweit wie möglich - Grobe, raue Steinsicherung

18 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz - Natürlicher Bewuchs (z. B. Schwar- - Beeinträchtigung durch Tourismus stark degradiert durch …) eine neue zerlen-Uferbegleitwald) - Beeinträchtigung durch Fischbesatz standardisierte Bewertung mittels Zif- III: Linearer Ausbau als Erdgerinne - Beeinträchtigung durch Uferverbau fer 1-6 eingetragen: ohne Steinsicherung und mit natür- und Regulierungsmaßnahmen 1 natürlich und schützenswert lichem Bewuchs (z. B. Schwarzerlen- - Errichtung von Retentionsbecken 2 trotz sichtbaren menschlichen Ein- Uferbegleitwald) - Beeinträchtigung durch Wassersport flusses naturnah ausgebildet und IV: Linearer Ausbau als Erdgerinne mit - Trockenlegung und Entwässerung schützenswert Steinsicherung und mit Bewuchs (z. - Flurbereinigung u. Kommassierung 3 mäßig naturnah bis degradiert und B. Weidengehölz an befestigten Ufern) - Siedlungs-, Gewerbe- und Industrie- aufgrund des hohen Potenzials zur Re- bereiche naturierung schützenswert 9. Beobachtungen von Tieren - Umwandlung von Weihern und Tei- 4 mäßig naturnah bis degradiert und In der Reihenfolge wurden Säugetie- chen in Fischzuchtgewässer aufgrund des fehlenden Potenzials zur re, Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische - Aufforstung mit standortsfremden Renaturierung nicht schützenswert und Wirbellose (insbesondere Schmet- Baumarten (z. B. Fichte) 5 stark degradiert und mit Potenzial terlinge und Libellen) angeführt. - Robinien verdrängen natürlichen zur Renaturierung, kann durch Ma- Wald nagementmaßnahmen mit absehba- 10. Natürliche, historische, - Verbuschungsgefahr durch Aufgabe rem Aufwand in den schützenwerten bisherige und aktuelle Nutzung der Mahd Zustand zurückgeführt werden Landwirtschaft (Futterwiese, Weide, - Fehlende Mahd 6 stark degradiert, Renaturierung auf- Obstgarten) - Mahd zu einem falschen Zeitpunkt grund der Situation in der Umgebung Forstwirtschaft (Niederwaldbewirt- - Zu häufige Mahd nicht möglich oder denkbar schaftung, Kahlschlagbewirtschaftung, - Verhüttelung Femelung, Plenterung) - Errichtung von Fischteichen 14. Vegetation Privates Erholungsgebiet - Andere Die wissenschaftlichen Artennamen Badebetrieb der vorgefundenen Pflanzenarten wur- Fischerei 12. Bisher ersichtliche den eingetragen, aus Zeitgründen wur- Retentionsbecken Pflegemaßnahmen den nicht alle Arten der Fläche erfasst. Andere - Mahd (Mähwiese) - Pflegemahd (Brache) Vegetation an Teichen oder anderen 11. Offensichtliche Schäden - Beweidung Stillgewässern: - Ablagerung von Bauschutt - Schwendung - Vegetation im Wasser (z. B. Nympha- - Ablagerung von Müll - Künstliche Anlage v. Schotterbänken ea alba, …) - Einleitung von kontaminierten Ab- - Bepflanzung mit charakteristischer - Vegetation am Ufer (z. B. Typha lati- wässern aller Art Vegetation folia, Iris pseudacorus, Binsen, Groß- - Einschwemmung von Düngemitteln seggen, …) und Pestiziden aus der Landwirt- 13. Erhaltungszustand und - Vegetation an der Uferböschung, schaft Schutzstatus wenn es sich um ein Steilufer han- - Zerschneidung von Lebensräumen Während der Erhaltungszustand ei- delt (z. B. Rubus caesius, Solidago sp., (Biotopverbunden) durch Wasserab- ner subjektiven Bewertung unterliegt, …) leitungen, Straßen usw. ist der Schutzstatus im GIS eruierbar - Vegetation am Teichgelände (z. B. - Intensivierung der landwirtschaftli- (siehe auch Naturschutzinformations- englischer Rasen, Alnus glutinosa, chen Nutzung karten). Picea abies, Picea pungens …) - Wasserbauliche Maßnahmen Zu der Skalierung des Erhaltungs- - Ackerbau (z. B. rundherum Acker- zustandes und Schutzstatus wurde bei bau, Wiesenumbruch) jedem Polygon zusätzlich zur subjek- - Forstwirtschaft (Aufforstung von tiven Beschreibung (z. B. 1 natürlich, Wiesen) 2 naturnah und 3 beeinträchtigt oder

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 19 15. Fotos B) Natürliches und naturnahes B Luftbildkartierung Von jedem Feuchtgebiet mussten Fo- Grasland tos gemacht werden. Für die Bezeich- 1) 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkrei- Als Kartierungsgrundlage dienen nung der Fotos wurde die Feuchtge- chem Boden, torfigen und tonig- Luftbilder aus den Jahren 1998/99. Es bietsbezeichnung verwendet, z. B. schluffigen Böden (Molinion caeru- bestehen daher vereinzelt Unterschie- Wiesfleck_8_34a, Wiesfleck_8_34b etc. leae) de zwischen Luftbild und heutiger Si- 2) 6430 Feuchte Hochstaudenfluren tuation! Jede Gemeinde wird anhand 16. Wasserbeprobung der planaren und montanen bis alpi- mehrerer Luftbilder (foliert, A3-For- Im Rahmen der naturschutzfachli- nen Stufe mat; Maßstab ca. 1:5000) kartiert. Auf- chen Bewertung wurden Wasserpro- 3) 6440 Brenndolden-Auenwiesen genommen werden ausschließlich un- ben genommen. Die Entnahme sollte (Cnidion dubii) verbautes Gebiet und Randlagen. sich ausschließlich auf „renaturierba- 4) 6510 Magere Flachland-Mähwiesen Um den Vorgang des Digitalisierens re bzw. renaturierenswerte Feuchtge- (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of- zu vereinfachen, wurden die Bilder mit biete“ beschränken, d. h. Gebiete, die ficinalis) wasserunlöslichen Stiften je nach einer durch ihre Einzigartigkeit und ihren der 7 Kategorien (= 7 versch. Layer im Artenreichtum auffallen und deren C) Hoch- und Niedermoore GIS) in den folgenden Farben kartiert. Renaturierung sinnvoll und technisch 1) 7140 Übergangs- und Schwingra- • Stillgewässer (Fläche > 50 m2): blau möglich erscheint. Zu Beproben ge- senmoore • Uferbegleitende Vegetation an Still- langten vorrangig Quellaustritte und 2) 7210 Kalkreiche Sümpfe mit Cladi- gewässern (b > 10 m): blau strichliert Oberflächenfließgewässer. um mariscus und Arten des Caricion • Uferbegleitende Vegetation an Fließ- FFH-Lebensraumtypen, die für davallianae gewässern (b > 10 m): blau strichliert Feuchtgebiete im Burgenland in Frage 3) 7220 Kalktuffquellen (Cratoneurion) • Wälder feuchter Standorte (Fläche > kommen. 4) 7230 Kalkreiche Niedermoore 50 m2): braun • Gebüsche und Hochstauden feuch- Für folgende Biotoptypen sollte D) Wälder ter Standorte (Fläche > 50 m2): braun extra ein FFH-Bogen ausgefüllt 1) 9180 Schlucht- und Hangmischwäl- strichliert werden: der (Tilio-Acerion) • Feuchtwiesen (Fläche > 50 m2): grün 2) 91D0 Moorwälder • Der Verlauf großer Feuchtgebiete (d. A) Süßwasserlebensräume 3) 91E0 Auenwälder mit Alnus gluti- h. Täler, Senken etc.) wurde schwarz 1) 3130 Oligo- bis mesotrophe stehen- nosa und Fraxinus excelsior (Alno-Pa- eingezeichnet, wo nach geomorpho- de Gewässer mit Vegetation der Litto- dion, Alnion incanae, Salicion albae) logischen und hydrologischen Krite- relletea uniflorae und/oder der Isoeto- 91F0 Hartholzauenwälder mit Quercus rien ein Feuchtgebiet zu erwarten war Nanojuncetea robur, Ulums laevis, Ulmus minor, Fra- (`Vernässungszonen` oder `Über- 2) 3140 Oligo- bis mesotrophe kalk- xinus excelsior oder Fraxinus angusti- schwemmungsbereiche`), in Wirk- haltige Gewässer mit benthischer Ve- folia (Ulmenion minoris) lichkeit aber keines existiert (weil es getation sich um z. B. Ackerland oder Bauland 3) 3150 Natürliche eutrophe Seen mit handelt). Entlang von Linien, an denen einer Vegetation des Magnopotamions diese Zonen mit Begrenzungen einer oder Hydrocharitions der 6 obengenannten Kategorien zu- 4) 3260 Flüsse der planaren bis mon- sammentreffen, wurde die Farbe der tanen Stufe mit Vegetation des Ranun- Feuchtgebietskategorie verwendet. Für culion fluitantis und des Callitricho- den Kartierer waren schwarze Linien Batrachion also nur Verbindungslinien zwischen 5) 3270 Flüsse mit Schlammbänken blauen, braunen und grünen Linien. mit Vegetation des Chenopodion ru- Diese 7. Kategorie wurde im GIS bri p.p. und des Bidention p.p. ein 7. Layer, der die Gesamtheit der Feuchtgebiete je Gemeinde darstellt.

20 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz C Naturschutzfachliche D Ausblick Internet. Aufgrund des Datenumfangs Bewertung stellt die Feuchtgebietsinventarisierung Als Ergebnis der Feuchtgebietsin- des Burgenlands sowohl in Österreich Die Feuchtgebietsinventarisierung ventarisierung liegt nun die Daten- als auch im mitteleuropäischen Um- verfolgt zwei wesentliche Ziele: bank „Feuchtgebietsinventar Bur- feld ein in seiner Qualität einzigartiges • Erstellung einer Karte sämtlicher genland“ auf DVD-ROM vor. Die Arbeitsinstrument für die Raum- und Feuchtgebiete des Burgenlandes Inventur bietet die Möglichkeit, dass Umweltplanung sowie für den Natur- • Naturschutzfachliche Bewertung Erhaltungsmaßnahmen künftig noch schutz dar. Die Datenbank ist als DVD- ausgewählter Feuchtgebiete gezielter umgesetzt werden können. ROM beim Naturschutzbund Burgen- Die naturschutzfachliche Bewertung Durch die gewonnenen Daten und land (Esterhazystr. 15, 7000 Eisenstadt, ergibt sich mehr oder weniger aus den das Bildmaterial wurden Management- [email protected]) er- Punkten A 1-16. Zusätzlich sollte noch vorschläge für die einzelnen Standorte hältlich. das hydrologische Einzugsgebiet des erstellt, die zum Erhalt hochwertiger Feuchtgebietes bzw. die Lage versie- Feuchtlebensräume und zur ökologi- gelter Flächen in und um das Feucht- schen Verbesserung von Feuchtgebie- gebiet erhoben werden. Dieser Schritt ten führen sollen. Die Datenbank ist konnte auch im GIS durchgeführt wer- eine wesentliche Grundlage für Na- den. Beobachtungen im Gelände sind turschutzbehörden, Gemeinden und aber trotzdem wichtig und immer zu Planungsbüros, aber auch für weitere vermerken! wissenschaftliche Untersuchungen. Sie Durch die erwartete große Anzahl ist außerdem die Basis für den Erhalt an Feuchtgebieten war es nicht sinn- und Schutz von Grund- und Trinkwas- voll, alle naturschutzfachlich zu be- servorkommen im Burgenland. werten. Speziell private Teiche und Jede Feuchtgebietsfläche ist durch Seen, bei denen ein Eingriff juristisch eine eindeutige Identifikationsnummer und finanziell sehr schwierig ist, wur- (ID) identifiziert, die das Verbindungs- den nicht zu genau bearbeitet. Welches glied zwischen der geographischen Feuchtgebiet ein hohes Potential zur Lage im Geoinformationssystem (GIS) Renaturierung aufweist bzw. nachhal- und den damit verknüpften Informati- tig geschützt werden sollte, wurde vom onen darstellt. Kartierer bereits vor Ort entschieden. Aussagen, z. B. über Standorte von Auf solche Gebiete beschränkte sich fast 1.000 Pflanzenarten, Vegetations- dann auch die Wasserbeprobung. typus, Flächengrößen, notwendige Ma- Die Wasserqualität ist ein wichtiger nagementmaßnahmen etc. sind nun Punkt in der naturschutzfachlichen Be- auf Knopfdruck möglich, Statistiken wertung. Aus Kostengründen wurde über die in den einzelnen Gemeinden sie aber möglichst einfach und nur in und Bezirken vorkommenden Flächen- naturschutzwürdigen Feuchtgebieten größen ermöglichen Aussagen über die durchgeführt. relative Verteilung der Feuchtgebietsa- Die naturschutzfachliche Bewer- reale im Landesgebiet zueinander. Die tung ist als erster Schritt zur Renatu- Datenbank bietet Möglichkeiten der rierung zu sehen. Das ÖNB-Team soll- Programmierung von Abfragen, die te am Ende der Inventarisierung eine einzelne Flächen aus dem Datenfun- Empfehlung abgeben können, nach dus nach bestimmten Suchkategori- der Feuchtgebiete renaturiert werden en, wie etwa dem Erhaltungszustand könnten. oder Schutzstatus, filtern. Der Aufbau ermöglicht eine Implementierung im

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 21 3. Beschreibung der Biotoptypen der Feuchtgebiete des Burgenlandes Werner Lazowski

Naturraum Burgenland Das Burgenland vermittelt zwischen den europäischen Naturräumen der Alpen und des Pannonikums, wobei dieser Übergang seinerseits in land- schaftlicher und regional überaus mannigfaltiger Weise vollzogen wird. Für die Lebensräume, insbesondere die Feuchtbiotope des Burgenlandes, ergeben sich daraus ebenso vielfältige wie spezifische Verhältnisse. Die Lage der Feuchtgebiete im sommertrocke- nen pannonischen Klima erhöht de- ren ökologischen Kontrast und verleiht diesen Gebieten ihren unverwechsel-

baren Reiz. Der Neusiedler See und die Schandorfer Wald, nahe der Pinka- Salzlacken des Seewinkels repräsentie- schlucht (J. Weinzettl) wurde vor den großen Regulierungs- ren in dieser Lage wohl eines der be- maßnahmen bei außerordentlichen kanntesten Feuchtgebiete Europas. Ihr sche Tiefebene und liegt hier eben- Hochwasserereignissen von der Donau Status als Feuchtgebiet von internatio- falls in der eupannonischen biogeo- zurückgestaut und überflutete auch naler Bedeutung (Ramsar-Konvention) graphischen Region. Letztere ist vor sonst regelmäßig ausgedehnte Teile und Teil einer bilateralen, ungarisch- allem durch die Flora bestimmt und der heutigen Leithaniederung. Selbst österreichischen Nationalpark-Regi- zeigt in dieser Hinsicht, im Vergleich die vor einigen Jahren durchgeführten on ist heute allgemein anerkannt und zu den mitteleuropäischen Vegetati- Rückbaumaßnahmen können den heu- selbstverständlich. onsverhältnissen bzw. zu den bereits tigen Laufcharakter eines eingedämm- Auch die Leitha durchzieht mit ih- den Alpen zugehörenden burgenlän- ten, begradigten Gerinnes nicht grund- ren Auen im nordburgenländischen dischen Randgebirgen, eine deutliche sätzlich verändern. Abschnitt bereits die Kleine Ungari- Eigenständigkeit. Das Randgebirge, welches das Mit- Der ursprünglich von weitläufigen telburgenland in nördlicher, südlicher Feuchtgebieten und Flussauen geprägte und westlicher Richtung umrahmt, Naturraum des Pannonikums ist heute, ist Teil der kristallinen Zentralalpen angesichts entwässerter Niederungs- und weist einige klimatische und geo- landschaften und kanalisierter Fließge- morphologische Besonderheiten auf. wässer, kaum mehr vorstellbar. So war Als niederschlagsbegünstigter, mon- der Hanság einst ein Retentions- und taner Naturraum bildet es zudem das Grundwasseraustrittsgebiet mit aus- Nährgebiet zahlreicher Fließgewässer, gedehnten Niedermooren und Bruch- welche überwiegend in südlicher und wäldern, dessen historische Kultur- östlicher Richtung zur Raab hin ent- Das Burgenland liegt zwischen der alpi- nen und der pannonischen biogeographi- landschaft im heutigen Seewinkel von wässern (Rabnitz, Lafnitz u. a.). Zu schen Region, wird selbst aber der konti- Feuchtwiesen und Weiden bestimmt erwähnen sind die zahlreichen Bach- nentalen Region zugezählt. war (Wasen). Die Leitha wiederum täler bzw. Bachschluchten mit bruch-

22 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz waldartigen Schwarzerlenauen, einer Besonderheit des Burgenlandes! Frü- her waren hier auch Niedermoore und Feuchtwiesen mit montanen Floren- elementen verbreitet. Das Mittelburgenland entspricht geographisch wiederum dem Ober- pullendorfer Becken, einer randlichen Bucht der Kleinen Ungarischen Tief- ebene. Es ist überwiegend ein Riedel- und Plattenland mit asymmetrischen Bachtälern und Terrassen bzw. na- turräumlichen Flächentreppen. Die- se zentralen Teile gehören der collin- planaren Höhenstufe und bereits der pannonischen Region an. Die Fließge- Die Raab bei Neumarkt (W. Lazowski) wässer wurden hier fast durchgehend wiesen“ bei Hagensdorf und Luising. reguliert. Reste von Bachauen (z. B. ten und den ursprünglichen flussmor- Zu den im Südburgenland verbreite- Stoober Bach) und Auwäldern (z. B. phologischen Merkmalen nach dem ten Teichen treten noch Stauseen (z. Hainbuchenauen in der Rabnitzniede- Unterlauf bzw. dem Potamal zugeord- B. Urbersdorf) bzw. wasserführende rung) weisen auf die ursprünglich ver- net. In den regulierten Abschnitten be- Hochwasser-Rückhaltebecken (z. B. an breiteten wasserabhängigen Lebens- finden sich häufig Altarme, Reste der der Strem) hinzu. Vielfach bilden diese raumtypen hin. Die Feuchtwiesen der ehemaligen Flussmäander. Als Beson- die einzigen, obwohl künstlichen, na- alten Kulturlandschaft der Niederun- derheit ist die in Abschnitten frei mä- turnahen Stillgewässer des mittleren gen wurden überwiegend in Ackerland andrierende Lafnitz bei Loipersdorf- und südlichen Burgenlandes. umgewandelt. Teiche befinden sich Kitzladen zu erwähnen, welche noch hier u. a. im Bereich der von Grund- eine entsprechende Vielfalt an Bioto- Stillgewässer und Hangwasser beeinflussten Feucht- pen und Formen aufweist. Flussmor- Stillgewässer bilden wichtige Land- stellen, an Bächen und in Schottengru- phologisch und naturschutzfachlich schaftselemente und Bestandteile ben. Sie wurden häufig als Fischteiche ist hier, im burgenländisch-steirischen landschaftlicher Ökosysteme. Dabei bzw. als Bewässerungsteiche angelegt. Grenzabschnitt, eine einmalige Refe- handelt es sich um nicht oder kaum Das Südburgenland ist schließlich renzsituation erhalten geblieben. Als bewegte Oberflächenwasserkörper, die Teil des weit gespannten südöstlichen Teil des Ramsar-Gebietes „Lafnitztal“ mit dem Grundwasser in Verbindung Alpenvorlandes, einem tertiären Hü- sowie als Natura 2000-Gebiet ist die stehen können. Durch Veränderun- gelland mit markanten, von Nord- gesamte Lafnitz von internationaler gen in der Wasserzufuhr, dem Abfluss westen nach Südosten verlaufenden Bedeutung! und der Verdunstung ändern sich die Sohlentälern (Raab, Lafnitz, Pinka). In Die Flüsse des Südburgenlandes Wasserstände. Dies geschieht meist ihren oberen Abschnitten sind diese werden in längeren Abschnitten cha- in Abhängigkeit von den Jahreszeiten submontan, in den unteren Abschnit- rakteristisch von Weidenauen beglei- und vom Wettergeschehen, d. h. es las- ten aber schon subpannonisch beein- tet. Zu erwähnen sind weiters die fluss- sen sich häufig charakteristische Was- flusst. Das burgenländische Murgebiet begleitenden Tal- und Feuchtwiesen serstandsschwankungen beobachten. (Neuhauser Hügelland) wiederum ist und hier wiederum vor allem an der Stillgewässer, insbesondere Klein- und bereits deutlich illyrisch geprägt. Lafnitz. Hainbuchen-Auwälder, als Kleinstgewässer, können dabei regel- Die größeren Fließgewässer der Reste der Harten Auen bzw. Edelholz- mäßig und vollständig austrocknen. breiten Sohlentäler werden hinsichtlich Mischwälder der Talböden, befinden Die Wassererneuerung der Stillge- ihrer Lebensgemeinschaften (Biozöno- sich an der Unteren Strem in Kontakt wässer findet generell über einmün- sen), dem Gefälle sowie den Sedimen- mit den bekannten „Schachblumen- dende Fließgewässer, das Grundwasser

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 23 sowie über Niederschläge statt. Was- Seen!) aufweist, vom Licht vollständig Die Stillgewässer des Burgenlandes serzufuhr und -abfluss können auch durchflutet und deshalb von höheren sind in der Mehrzahl nährstoffreich gänzlich über das Grundwasser voll- Wasserpflanzen (Makrophyten) flä- (eutroph), seltener mesotroph mit zogen werden. chendeckend besiedelt werden kann. mittlerem Nährstoffangebot oder gar Seen bilden wohl den prominentes- Strenggenommen ist der Neusiedler oligotroph, also ausgesprochen nähr- ten Stillgewässertyp, wobei der Neu- See daher ein riesiger Weiher und kein stoffarm. Oligo- bzw. mesotrophe Ge- siedler See als „Steppensee“ v. a. für See oder vielleicht eher die Ausnahme, wässer sind grundsätzlich eher im kris- den mitteleuropäisch-pannonischen die die Regel bestätigt. tallinen Mittelgebirge zu erwarten, die Raum typisch ist. Stillgewässer werden Zu den regelmäßig austrocknen- Stillgewässer des Flachlandes sind in nach ihrer Größe und Tiefe (Wasservo- den Gewässern (Tümpel) zählen wie- der Regel eutroph. Letztere sind häu- lumen), ihrer Entstehungsweise sowie derum Waldtümpel, Kleingewässer im fig von Großröhrichten und Seggenrie- nach dem Nährstoffhaushalt und der Bereich von Abbaustellen (z. B. in den den umgeben und weisen eine jeweils Vegetation unterschieden. Differenzie- Serpentin-Steinbrüchen bei Bernstein mehr oder weniger ausgeprägte Ver- rend wirkt auch die Sichttiefe. oder in Schottergruben), aber auch landungstendenz, d. h. eine sukzessive Außer dem Neusiedler See gibt es manche Salzlacken im Seewinkel, letz- Auffüllung mit organischen Sedimen- im Burgenland keine Seen als Groß- tere eine gewässerökologische Sonder- ten, auf (= biogene Verlandung). gewässer. Bemerkenswert ist aller- form der Tümpel. Tümpel und Pfützen Intensiv bewirtschaftete bzw. künst- dings die Vielzahl an Flachgewässern (Kleinstgewässer wie Grundwasser- liche Stillgewässer, wie manche Fisch- und Kleingewässern sowie an künstli- oder Regenlacken) beherbergen eine teiche oder Abwasserteiche, können chen Stillgewässern, z. B. Teiche, Staue, spezialisierte Fauna, etwa eine Vielzahl sogar hypertrophe Zustände, mit sehr Kiesgruben, Löschwasserteiche u. a. an Kleinkrebsen („Wasserflöhe“, Ruder- hohem Nährstoffgehalt und entspre- Bemerkenswert sind auch die vielen fußkrebse), u. a. die sogenannten „Ur- chend hoher Biomasseproduktion, Altarme an den verschiedenen Fließ- zeitkrebse“ (Blattfußkrebse). annehmen. Häufig kommt es dabei gewässern, v. a. des Flachlandes (z. B. Stillgewässer stehen häufig mit auch zu so genannten „Algenblüten“, Leitha), und der breiten Sohlentäler, v. Niedermooren (Seggenriede, „Wald- der enormen Vermehrung von Algen a. des Südburgenlandes (Lafnitz, Raab, gallen“), mit Schwarzerlenbrüchen, oder Cyanobakterien („Blaualgen“) in Strem, Pinka). Die genannten Gewäs- Auwäldern sowie mit Resten von relativ kurzer Zeit. Die Sichttiefe hy- ser entsprechen in der Mehrzahl, so- Feuchtwiesen im Zusammenhang. pertropher Stillgewässer ist generell weit sie ständig Wasser führen, dem sehr gering. Zumindest nahe dem Ge- Gewässertyp eines Weihers, welcher Natur- und Landschaftsschutzgebiet wässerboden kann regelmäßig Sau- keine Tiefenschicht (dem Merkmal von „Teichwiesen“ in der Kulturlandschaft des erstoffschwund auftreten. Vor allem Mattersburger Hügellandes (W. Lazowski) künstlich angelegte Stillwasserkörper, wie etwa Schottergruben, verändern ihren Nährstoffgehalt mit zunehmen- dem Alter. Verschlechterungen der Wasser- güte und Beeinträchtigungen des ge- wässerökologischen Zustandes haben entweder direkte oder indirekte Ursa- chen. Letztere ergeben sich oft aus der Summe verändernder Umweltbedin- gungen, welche insgesamt auf das Ge- wässer einwirken. Als Beispiel sei der nahezu allgegenwärtige diffuse Stick- stoff- und damit Nährstoffeintrag in die Oberflächengewässer genannt. In- tensive Nutzungen und Standortver-

24 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Neben der Sanierung des Gewäs- serhaushaltes und der Gewässergüte im Anlassfall bzw. im Rahmen der aus der EU-Wasserrahmenrichtlinie sich ergebenden Verpflichtungen, ist bei einzelnen Stillgewässern an Restaurie- rungsmaßnahmen („Renaturierung“) zu denken. Dies betrifft vordringlich den Wasserhaushalt, die Biotopqualität und die Vegetationsausstattung, welche u. a. durch gestalterische und landschafts- pflegerische Maßnahmen positiv zu be- einflussen wären. Bei Auengewässern etwa sind diese Altarm der Leitha bei Bruckneudorf Maßnahmen eng mit der natürlichen änderungen, früher auch als „Melio- (W. Lazowski) Flussdynamik zu sehen, z. B. durch die ration“ bezeichnet, schlagen sich hier Anbindung von Nebenarmen an den ebenfalls zu Buche. Die Überdüngung Stillgewässer vom Fluss gebildet wer- Fluss oder durch die Einbindung ehe- der Gewässer, die „Eutrophierung“, den. So sind an der burgenländischen maliger Flussschlingen in das Haupt- allgemein alle negativen Veränderun- Raab fast sämtliche der durch die Re- bett zur Wiederherstellung der Mäan- gen des Nährstoffhaushaltes und der gulierung entstandenen Altarme infol- derynamik. gewässerchemischen Situation, müs- ge des Sedimenteintrages sowie durch Von den burgenländischen Natura sen als Hauptprobleme der Oberflä- Grundwasserabsenkungen trockenge- 2000-Gebieten sind im Hinblick auf chengewässer in der Kulturlandschaft fallen. Sie stehen bestenfalls bei Hoch- das Vorkommen von Stillgewässern angesehen werden. Ähnliches gilt für wasser mit dem Fluss in Verbindung der Neusiedler See und der Seewinkel das Grundwasser. Hinzu kommen Ver- oder werden durch das periodisch auf- (41.735 ha) sowie das Lafnitztal (Euro- schlechterungen im Wasserhaushalt, steigende Grundwasser gefüllt. paschutzgebiet „Lafnitzauen“; 566,33 etwa durch Veränderungen im Zufluss, Der Umgang mit Stillgewässern er- ha) von Bedeutung. Beide Naturräu- dem Grundwasserkontakt oder infolge fordert Sachkenntnis und Sensibilität, me unterstehen auch der Ramsar- der künstlichen Regulierung der Was- vor allem im Hinblick auf die genann- Konvention. Am Neusiedler See liegt serstände, z. B. durch Einstau oder ten gewässerökologischen Probleme. zudem die ungarisch-österreichische durch das willkürliche Ablassen der Eingriffe sind hier nur in Kenntnis des Nationalparkregion Fertö-Hanság/ Gewässer. Grundwasser-Absenkungen spezifischen Nährstoff-, Wasser- und Neusiedler See-Seewinkel. Zu erwäh- im Bereich der Talräume und des Tief- Sedimenthaushaltes durchzuführen. nen sind vielleicht noch diverse Teiche landes zeigen bis heute Auswirkungen Zu beachten sind in diesem Zusam- und Kleingewässer in der Kultur- und auf den Bestand von Auen und Feucht- menhang besonders die Sauerstoff- Waldlandschaft des Europaschutzge- gebieten, insbesondere ihrer charakte- und Lichtverhältnisse im jeweiligen bietes „Südburgenländisches Hügel- ristischen Stillgewässer. Gewässer, welche im Zeitverlauf stark und Terrassenland“ (14.294 ha) sowie An begradigten Flüssen führt die wechseln können. Ökologisch wie auch das Europaschutzgebiet „Hangwiesen Verlandung von Augewässern, hier naturschutzfachlich sinnvoll sind jeden- Rohrbach-Schattendorf-Loipersbach“ hauptsächlich durch den Eintrag von falls die Einrichtung geschützter Puf- (90,18 ha) mit dem Natur- und Land- Sand und Schwebstoffen bei Hoch- ferzonen im Anschluss an die Ufer, die schaftsschutzgebiet „Teichwiesen“ wässern (= minerogene Verlandung), Abstimmung der Nutzungen und eine (15,17 ha), letzteres ein verschilftes, längerfristig zum weitgehenden Ver- entsprechende Zonierung der Gewässer flaches Stillgewässer, umgeben von lust dieser Gewässer. Durch die regu- unter Einschluss ihres Umlandes (siehe Feuchtwiesen, welche ihrerseits in die lierungsbedingt unterbundene Mäan- Kapitel „Uferbegleitende Lebensräume landschaftsbestimmenden Hangwie- derdynamik können auch keine neuen an Stillgewässern und Niedermoore“). sen übergehen.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 25 Vegetation Ein ? bedeutet, dass das Vorkommen dabei um besonders schützenswerte Für naturnahe Stillgewässer können die der Vegetationseinheit für das Burgen- Lebensräume von gemeinschaftlichem folgenden Vegetationseinheiten ange- land fraglich ist. Das gilt auch für die Interesse. Die Gefährdungskategorie führt werden (Grabherr & Mucina et al. bei den jeweiligen Biotoptypen angege- der Roten Liste (RL-Kategorie) für den 1993). Dabei handelt es sich um Vege- benen Pflanzengesellschaften. jeweiligen Biotoptyp ist der oben ge- tationsverbände und ausgewählte, für nannten Roten Liste Österreichs, in die Gewässer- und Feuchtlebensräu- Biotoptypen mehreren Teilen herausgegeben vom me des Burgenlandes charakteristische Nach der Biotoptypenliste des Um- Umweltbundesamt, entnommen. Ver- Pflanzengesellschaften (-> Pflanzenso- weltbundesamtes bzw. der Roten Lis- einfacht dargestellt bedeuten die jewei- ziologie). Die nachstehend genannten te (RL) der gefährdeten Biotoptypen ligen Kategorien folgendes: 1 = Bio- Pflanzengemeinschaften werden von Österreichs entsprechen den burgen- toptyp von vollständiger Vernichtung wurzelnden bzw. im offenen Wasser- ländischen Stillgewässern die folgen- bedroht, 2 = Biotoptyp stark gefährdet, körper schwebenden Wasserpflanzen den, ausgewählten Biotoptypen (BT). 3 = Biotoptyp gefährdet, 4 = Biotoptyp und von Schwimmblattpflanzen gebil- FFH-Lebensraumtypen sind natürli- ungefährdet. In Klammer kann der re- det. Manche der Makrophyten ertra- che Lebensräume, welche im Anhang gionale Bezug der Gefährdung ange- gen auch eine zeitweise Austrocknung I der EU-Fauna-Flora-Habitat-Richt- geben sein (z. B. Pann = pannonisches des Wohngewässers (Amphiphyten). linie aufgelistet sind. Es handelt sich Gebiet, söAV = südöstliches Alpenvor- land, ZAlp = Zentralalpen). Vegetation: Stillgewässer

Armleuchteralgen-Gesellschaften: Charion • Gesellschaft des Spreizenden Hahnenfu- • Teichlinsen-Gesellschaft: Lemno-Spirode- vulgaris (Krause et Lang 1977) Krause 1981 et ßes: Potamo perfoliati-Ranunculetum circi- letum polyrhizae Koch 1954 Charion canescentis Krausch 1964 nati Sauer 1937 • Gesellschaft der Untergetauchten Wasser- • Gesellschaft der Gemeinen Armleuchter- • Gesellschaft des Großen Nixenkrautes: linse: Lemnetum trisulcae Knapp et Stoffers alge: Charetum vulgaris Corillion 1957: in Najadetum marinae Fukarek 1961 1962 der Regel in klaren, nicht nährstoffbelasteten • Teichfaden-Gesellschaft: Parvopotamo- • Sternlebermoos-Gesellschaft: Riccietum Gewässern; auch in jungen Baggerteichen Zannichellietum tenuis Koch 1926 fluitantis Slavnić 1956 und in Schottergruben (z. B. Römersee bei • Gesellschaft des Durchwachsenen Laich- • Schwimmlebermoos-Gesellschaft: Riccio- Bad Sauerbrunn) krautes: Potamogeton perfoliatus-Gesell- carpetum natantis R. Tx. 1974 ? • Gesellschaft der Grauen Armleuchteralge: schaft ? Verband der Froschbiss-Gesellschaften: Charetum canescentis Corillion 1957: Neu- • Gesellschaft des Kammlaichkrautes: Pota- Hydrocharition Rübel 1933: Wasserschweber- siedlersee? mogeton pectinatus-Gesellschaft und Schwimmblattgesellschaften Fluthahnenfuß-Gesellschaften: Ranunculion Seerosen-Gesellschaften: Nymphaeion al- • Froschbiss-Gesellschaft: Hydrocharitetum fluitantis Neuhäusl 1959 bae Oberd. 1957: Schwimmblattgesellschaften morsus-ranae van Langendonck 1935: z. B. • Gesellschaft des Untergetauchten Merks: • Wassernuss-Gesellschaft: Trapetum na- an der Strem Beruletum submersae Roll 1939: im Bereich tantis Kárpáti 1963: in Teichen (z. B. Güs- • Krebsscheren-Gesellschaft: Stratiotetum von Wechselwasserzonen (Amphiphyten- sing) und Altarmen aloidis Nowinski 1930: z. B. am Güttenbach Gesellschaft) • Teichrosen-Gesellschaft: Nymphaeetum • Hornblatt-Gesellschaft: Ceratophylletum Untergetauchte Laichkrautgesellschaften: albo-luteae Nowinski 1928 demersi Hild 1956 Potamion pectinati (Koch 1926) Görs 1977 • Gesellschaft der Seekanne: Limnantheme- Verband der Wasserschlauch-Gesellschaf- • Wasserfeder-Gesellschaft: Hottonietum tum nymphaeoidis Bellot 1951: in Teichen ten: Utricularion vulgaris Passarge 1964: palustris R. Tx. 1937: Amphiphyten-Ge- (z. B. Lafnitztal) typische Wasserschwebergesellschaften. sellschaft in Brüchen bzw. Schwarzerlen- • Gesellschaft des Schwimmenden Laich- Wasserschlauch-Arten zählen zu den fleisch- Bruchwäldern (Südburgenland) und im Be- krautes: Potamogeton natans-Gesellschaft fressenden Pflanzen (Carnivora). reich von Wechselwasserzonen Gesellschaften der Kleinen Wasserlinse: • Gesellschaft des Gewöhnlichen Wasser- • Gesellschaft des Gewöhnlichen Wasser- Lemnion minoris de Bolós et Masclans 1955 schlauches: Lemno-Utricularietum vulgaris hahnenfußes: Ranunculetum aquatilis Géhu • Gesellschaft der Kleinen Wasserlinse: Soó 1947 1961 Lemnetum minoris Oberd. ex T. Müller et Wassermoosgesellschaften der planaren bis • Tausendblatt-Laichkraut-Gesellschaft: Görs 1960 montanen Stufe: Fontinalition antipyreticae Myriophyllo-Potametum lucentis Soó 1934? • Buckellinsen-Gesellschaft: Lemnetum gib- W. Koch 1936 bae Miyawaki et J. Tx. 1960 • Quellmoos-Gesellschaft: Fontinaletum an- tipyreticae Kaiser 1926

26 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Biotoptypen: Stillgewässer Naturnahe Teiche und Weiher Wurden im Rahmen der Feuchtgebietskartie- rung unter den Kategorien „Weiher, Tümpel“ und „Fisch-, Bewässerungs-, Badeteich“ auf- Naturferne Teiche und Tümpel Salzhaltige Stillgewässer genommen. Wurden im Rahmen der Feuchtgebietskartie- Wurden im Rahmen der Feuchtgebietskartie- BT Oligotropher naturnaher Teich und rung unter den Kategorien „Weiher, Tümpel“ rung unter den Kategorien „Weiher, Tümpel“ Weiher tieferer Lagen und „Fisch-, Bewässerungs-, Badeteich, de- und „See“ aufgenommen. • Pflanzengesellschaften: naturiert, ohne Uferstruktur“ aufgenommen. BT Perennierender salzhältiger Flachsee Charetum vulgaris BT Naturferner Teich und Tümpel z. B. Neusiedlersee u. a. BT Versiegelter Teich und Tümpel • Pflanzengesellschaften: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Charetum canescentis Burgenland: selten Alt- und Totarme Potamogeton pectinatus-Gesellschaft Wurden im Rahmen der Feuchtgebietskartie- • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) u. a. rung unter der Kategorie „Altwasser, Totarm“ • FFH-Lebensraumtypen: • Verbreitung bzw. Seltenheit im aufgenommen. 3140 Oligo- bis mesotrophe kalkhaltige Burgenland: sehr selten Gewässer mit benthischer Vegetation aus BT Altarm • RL-Kategorie: 3 (Pann) • Pflanzengesellschaften: Armleuchteralgen BT Temporärer salzhältiger Flachsee Fontinaletum antipyreticae BT Meso- bis eutropher Weiher und z. B. Seewinkel-Lacken Ceratophylletum demersi meso- bis eutropher naturnaher Teich • Verbreitung bzw. Seltenheit im Ranunculetum aquatilis tieferer Lagen Burgenland: sehr selten Potamo perfoliati-Ranunculetum circinati • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: 2 (Pann) Potamogeton perfoliatus-Gesellschaft Charetum vulgaris • FFH-Lebensraumtypen: Potamogeton pectinatus-Gesellschaft Fontinaletum antipyreticae *1530 Pannonische Salzsteppen und Beruletum submersae Lemnetum gibbae Salzwiesen • Verbreitung bzw. Seltenheit im Lemnetum minoris Burgenland: selten Lemnetum trisulcae Uferpionierstandorte der Stillgewässer • RL-Kategorie: 2 (Pann), 1 (söAV) Lemno-Spirodeletum polyrhizae Wurden im Rahmen der Feuchtgebietskartie- • FFH-Lebensraumtypen: Lemno-Utricularietum vulgaris rung nicht gesondert aufgenommen. 3260 Flüsse der planaren bis montanen Limnanthemetum nymphaeoidis BT Vegetationsloses Schlammufer der Stufe mit Vegetation des Ranunculion Ceratophylletum demersi Stillgewässer fluitantis und des Callitricho-Batrachion Stratiotetum aloidis • Verbreitung bzw. Seltenheit im 3130 Oligo- bis mesotrophe stehende Hottonietum palustris Burgenland: selten Gewässer mit Vegetation der Littorelle- Hydrocharitetum morsus-ranae • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) tea uniflorae und/oder der Isoeto-Nano- Myriophyllo-Potametum lucentis BT Nährstoffreiches Schlammufer der juncetea Nymphaeetum albo-luteae Stillgewässer mit Pioniervegetation Parvopotamo-Zannichellietum tenuis BT Totarm • Pflanzengesellschaften: • Pflanzengesellschaften: Potamogeton pectinatus-Gesellschaft Rumici-Alopecuretum aequalis Charetum vulgaris Potamogeton perfoliatus-Gesellschaft Bidentetum cernui Fontinaletum antipyreticae u. a. Leersietum oryzoidis Lemnetum gibbae • Verbreitung bzw. Seltenheit im Cyperus fuscus-Gesellschaft Lemnetum minoris Burgenland: selten bis sehr selten Polygono lapathifolii-Bidentetum Lemnetum trisulcae • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) Bidenti-Polygonetum hydropiperis Lemno-Spirodeletum polyrhizae • FFH-Lebensraumtypen: u. a. Lemno-Utricularietum vulgaris 3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer • Verbreitung bzw. Seltenheit im Ceratophylletum demersi Vegetation des Magnopotamions oder Hy- Burgenland: selten bis mäßig verbreitet Stratiotetum aloidis drocharitions • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) Hottonietum palustris BT Poly- bis hypertropher Teich u. Weiher • FFH-Lebensraumtypen: Hydrocharitetum morsus-ranae z. B. Fischteiche 3130 Oligo- bis mesotrophe stehende Myriophyllo-Potametum lucentis Gewässer mit Vegetation der Littorelle- Naturnahe Tümpel Nymphaeetum albo-luteae tea uniflorae und/oder der Isoeto-Nano- Wurden im Rahmen der Feuchtgebietskartie- Parvopotamo-Zannichellietum tenuis juncetea rung unter der Kategorie „Weiher, Tümpel“ Potamogeton perfoliatus-Gesellschaft BT Nährstoffarmes Schlammufer der aufgenommen. Potamogeton perfoliatus-Gesellschaft Stillgewässer mit Pioniervegetation BT Naturnaher Tümpel u. a. • Pflanzengesellschaften: z. B. Waldtümpel, Wiesentümpel und sons- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Hottonietum palustris tige temporäre Kleingewässer Burgenland: selten u. a. • Verbreitung bzw. Seltenheit im • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: selten bis mäßig verbreitet • FFH-Lebensraumtypen: Burgenland: selten bis mäßig verbreitet • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) 3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) • FFH-Lebensraumtypen: Vegetation des Magnopotamions oder • FFH-Lebensraumtypen: 3130 Oligo- bis mesotrophe stehende Ge- Hydrocharitions 3130 Oligo- bis mesotrophe stehende wässer mit Vegetation der Littorelletea uni- 3130 Oligo- bis mesotrophe stehende Gewässer mit Vegetation der Littorelle- florae und/oder der Isoeto-Nanojuncetea Gewässer mit Vegetation der Littorelle- tea uniflorae und/oder der Isoeto-Nano- 3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer tea uniflorae und/oder der Isoeto-Nano- juncetea Vegetation des Magnopotamions oder Hy- juncetea drocharitions Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 27 Uferbegleitende Lebensräume an Stillgewässern und Niedermoore

Ufer sind nicht bloß der Rand eines Die Vegetation zeigt meist eine Ab- EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie Gewässers oder eine Linie auf der folge unterschiedlicher Pflanzenge- (FFH-Habitat 1530 „Pannonische Salz- Landkarte. In der Natur kennzeichnen sellschaften, welche das Stillgewässer steppen und Salzwiesen“ und FFH-Ha- sie vielmehr den Übergang zwischen gürtelförmig umfassen können. Be- bitat 7210 „Kalkreiche Sümpfe mit Cla- Lebensräumen und Ökosystemen, ginnend mit den Wasserpflanzen- und dium mariscus und Arten des Caricion zwischen Wasser und Land. Trotz- Schwimmblattgesellschaften, z. B. jener davallianae“). Prioritäre Lebensräume dem bilden sie in vielfacher Hinsicht der Teichrose (Nuphar lutea), bilden die sind natürliche Lebensraumtypen von einen eigenen Lebensraum und zwar, Röhrichte das zentrale, flächig hervor- gemeinschaftlichem Interesse, für de- wie auch mit vorliegender Kartierung tretende Element der Ufervegetation an ren Erhaltung unbedingt und meist belegt, einen mit hoher Vielfalt (Diver- Stillgewässern. Landseits werden diese auch dringend Schutzmaßnahmen sität), Struktur und Funktion. Ökolo- von Seggenrieden abgelöst, welche im getroffen werden müssen. gisch werden solche Übergangszonen Kulturland in Feuchtwiesen und Wei- Die charakteristische Vegetations- als Ökotone bezeichnet, gewisserma- den übergehen können. Das Vorland zonierung im Bereich uferbegleitender ßen als „Spannungsfelder“ zwischen des Neusiedler Sees zeigt dort, wo es Lebensräume an Stillgewässern steht Ökosystemen, welche von vielen Ar- noch traditionell genutzt wird, eine sol- in Abhängigkeit von der Wassertiefe ten spezifisch genutzt werden. che Abfolge natürlicher und naturnaher bzw. vom Grundwassereinfluss, je nach Uferzonen bilden häufig amphibi- Vegetationseinheiten. Lage zur Wasser- bzw. zur Landseite sche Zonen im Schwankungsbereich In diesem Zusammenhang ist auf hin. Hinzu kommen die Schwankungen der Wasserstände aus (Wechselwasser- die Sonderstandorte der Salzböden der Wasserstände, im Oberflächenwas- zonen) bzw. nehmen von der Vegetati- bzw. von ionenhaltigem Grundwasser serkörper wie auch im Grundwasser- on mitunter stark strukturierte Seicht- beeinflusste Biotope einzugehen, wel- körper. Natürliche Schwankungen der wasserzonen ein. Damit unterscheiden che eine typische Salzbodenvegetati- Wasserstände bilden ein wichtiges dy- sie sich von der offenen Wasserfläche on wie Brackwasser-Röhrichte, locke- namisches Element der Feuchtgebiete, bzw. der tieferen Freiwasserzone eines re Halophyten-Gesellschaften, z. B. in etwa durch das Auslösen periodischer Gewässers. der Uferzone der Seewinkel-Lacken, Überschwemmungen oder über die oder „Salzwiesen“ aufweisen. Sämtli- zeitweise Abtrocknung der Oberbö- che Biotope entsprechen prioritären den, z. B. im Bereich der Seggenzone Die Schilfzone am Neusiedler See – eines der größten Röhrichte Europas Lebensraumtypen nach Anhang I der oder von Wiesen. Die angesprochene (www.aufsichten.com)

28 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Habitattrennung bei Schilfvögeln am Neusiedler See (Grüll, UBA, 1994).

Vegetationsabfolge ist in der Regel mit Landschaftsrelief, insbesondere das und die Bedeutung der verschiedenen einem Wechsel von Strukturen ver- Klein- bzw. Mikrorelief, bilden eben- Altersstadien, Strukturelemente und bunden, d. h. die verschiedenen Ein- falls Strukturen, welche in Kombina- Teilhabitate für die Vogelwelt erläutert. heiten unterscheiden sich charakte- tion mit der Vegetation oder Totholz Ähnlich den natürlichen Urwäldern ristisch in der Höhe und Dichte, dem gezielt von Tieren aufgesucht und ge- weist auch der „Rohrwald“ verschie- Alter bzw. der Schichtung der Vege- nutzt werden. dene Altersstadien und mannigfaltige tationselemente. Am auffälligsten ist Erinnert sei an die „Schilfvögel“, ins- Strukturstadien auf. Abgestorbenes dieser Wechsel etwa zwischen Pflan- besondere die Brutvögel der Schilfröh- Altschilf trägt, vergleichbar dem Tot- zengesellschaften, welche von Gräsern richte, an die Fauna der Schlamm- und holz in Wäldern, wesentlich zu dieser bzw. krautigen Sprosspflanzen domi- Kiesbänke, die Bedeutung der Seicht- Strukturbildung bei. Hinzu kommen niert werden und Gehölzformationen wasserzonen als Nahrungsökotope Veränderungen in der Wuchsform, der wie Feuchtgebüschen oder Wäldern. für Wasser- und Watvögel sowie als Bestandesdichte und der Produktivität. Im Gegensatz zu der mehr horizon- „Kinderstuben“ für Fische, weiters an Jungschilf am wasserseitigen Rand talen Zonierung bzw. Verteilung der die zahlreichen „Wiesenvögel“ und die der Schilfzone, im Übergang zur offe- Vegetation ist die Fauna der Uferzonen wechselnde Bedeutung der verschiede- neren Seefläche, aber auch auf Mäh- eher vertikal verteilt bzw. an bestimm- nen Teile der Uferzonen in den jewei- und Brandflächen, wird bevorzugt von te Strukturen gebunden. Häufig spie- ligen Entwicklungsphasen bestimm- Halmkletterern unter den Schilfvö- len auch die Kombination von Wasser ter Tiergruppen (z. B. Amphibien, div. geln, wie dem Drosselrohrsänger und und Vegetationsstrukturen eine Rolle Wasserinsekten). dem Teichrohrsänger, besiedelt. Beide bzw. die Gewässertiefe oder das Aus- Die Struktur des Röhrichts am sind Spezialisten vertikal strukturier- maß offener Wasserflächen. Elemen- Neusiedler See, eine der produktivs- ter Lebensräume der Röhrichte sowie te der unbelebten Natur, wie Gestei- ten und größten Schilfzonen in Europa, der Übergangszonen zwischen Wasser ne und mineralische Substrate, das wurde diesbezüglich näher untersucht und Land.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 29 Ab dem dritten Jahr verdichten gesprengt und differenzieren nicht nur flutet zumindest regelmäßig einen sich die Bestände und reichern sich die Vegetation, sondern auch den Was- Großteil der Gewässer. Charakteris- zunehmend mit Altschilf an, charak- serkörper dieses komplexen Lebens- tisch sind allerdings die ständig oder teristisch sind auch im Wasser stehen- raumes. phasenweise auftretenden Schwebstof- der Schilfhorste und die Ausbildung In den landseitigen Randzonen des fe im Gewässer, welche das Lichtkli- horizontaler Strukturelemente durch Röhrichts dringen zunehmend Groß- ma maßgeblich beeinflussen. Generell umgeknickte Halme („Knickschicht“). seggen in das Schilf ein, dessen Bestän- hoch ist der Feinsedimentanteil in den Halmschilfkletterer und –läufer wie de zudem nur mehr unregelmäßig und Unterwasserböden und meist auch in der Rohrschwirl sind in den fortge- seicht überflutet werden (mit Übergän- der mineralischen Umrahmung der schrittenen Stadien nun häufiger fest- gen in das Schilf-Landröhricht; dies Gewässer. zustellen. Erreichen die Halme ihre oftmals in Verbindung mit „Schleier- Neben dem Neusiedler See und den maximale Höhe und Stärke, ist auch gesellschaften“, welche reich an Win- Lacken des Seewinkels sind hier vor der Drosselrohrsänger im Oberstand den und anderen „Kletterpflanzen“ allem die Augewässer der größeren des Schilfbestandes wieder häufiger. sind und hohe Anteile an Brennnes- Flüsse, wie der Raab und der Lafnitz Im fünf- bis zehnjährigen Schilf wird seln und Neophyten aufweisen kön- im Südburgenland sowie der Leitha im die Unterschicht zunehmend dichter nen). Das ist wiederum das Habitat des Nordburgenland, zu erwähnen. Viel- und die Bestandesstruktur immer he- Schilfrohrsängers und der Wasserral- fach bilden „Altarme“ und Altwässer terogener. Solche Stadien werden wie- le. Im Übergang zur Kulturlandschaft, die letzten naturnahen Refugien in den derum vom Teichrohrsänger und von dem Bereich der Landröhrichte, Asch- durch Landwirtschaft und allgemeine „Altschilfspezialisten“ wie dem Kleinen weidengebüsche und früher auch von Flächeninanspruchnahme intensiv ge- Sumpfhuhn und dem Mariskensänger Bruchwäldern (Hanság), tritt wieder- nutzten Tallandschaften. Als Charak- besiedelt. In Lückenräumen des Schilf- um das Blaukehlchen als Charakter- teristikum der flussnahen Augewässer bestandes tritt der Rohrkolben (Typha vogel auf. ist, wie bereits erwähnt, der Sedimen- angustifolia) gewissermaßen als „Pio- Die natürlichen Stillgewässerty- teintrag vom Fließgewässer her zu nen- nierart“ des Röhrichts auf. Auch hier pen des Burgenlandes sind Stillgewäs- nen. Dieser führt schließlich auch zur zeigen sich Parallelen zur Dynamik von ser der Niederungen bzw. des panno- Verlandung der Auen-Stillgewässer. Wäldern, etwa bei der Besiedelung von nischen Flachlandes. Als nicht zu tiefe, Im Verlauf des Verlandungsvor- Bestandeslücken in der Altersphase mehr oder weniger ausgedehnte Was- ganges entstehen im Altarm bzw. im von Wäldern oder auf Windwurf- und serkörper erreicht das Licht in der Re- Seitenarm Sand-, Schlamm und Kies- Brandflächen („Katastrophenlücken“). gel den Gewässerboden oder durch- bänke, welche charakteristisch von Offene Schlamm- und Wasserflächen Pflanzen besiedelt werden. Anders als mittlerer Größe sind in das Röhricht Der „Rohrwald“ – ein vielfältig die vom Typus der „Seenverlandung“ des Neusiedler Sees immer wieder ein- strukturierter und besiedelter her bekannte Zonierung der Gewäs- Lebensraum (M. Fiala) ser- und Ufervegetation vollzieht sich hier, oft relativ rasch, ein Wechsel der Pflanzengemeinschaften, eine Suk- zession. Allgemein versteht man dar- unter die zeitliche Abfolge von Arten und Artengemeinschaften eines Bio- tops. Im Falle der Fluss-Altarme kann diese etwa von den Schlammböden der Verlandungszonen ausgehen und z. B. mit Zwergbinsengesellschaften (Nanocyperion), Bach- und Kleinröh- richten oder Zweizahn- (Bidens spp.)- bzw. Knöterich (Persicaria spp.)-Ge- sellschaften ihren weiteren Verlauf

30 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz nehmen. Auf Sand- und Kiesbänken gehen die Zweizahn-Knöterich-Ufer- säume (Bidention) teilweise direkt in Weichholzauen über bzw. entwickeln sich gleichzeitig mit den auf Feinsubst- rat und sandigem Kies sich oft flächen- deckend verjüngenden Weiden, Erlen und Pappeln. An naturnahen Flüssen, welche noch freie Mäander ausbilden können, entstehen durch die Abschnürung der Flussschlingen regelmäßig neue Alt- wässer, was den Prozess der Verlan- dung insgesamt wieder ausgleicht. Durch die Regulierung der Niede- rungsflüsse ist diese Dynamik aller- dings zum Erliegen gekommen und die Lange Lacke und Wörthenlacke – typische meisten Altarme tatsächlich verlandet. „Salzlacken“ im zentralen Teil des Seewin- des von Natur aus breit angelegten Hinzu kommen regulierungsbeding- kels (www.aufsichten.com) Überganges vom Wasser zum Land. te Grundwasserabsenkungen, welche Oft geschah dies auch im Zuge von das Trockenfallen der Augewässer be- Regulierungen der Gewässerufer schleunigen. Altarme und „Totarme“, Echte Hochmoore (Regenmoore) und der künstlichen Stabilisierung letztere weisen keine Verbindung mit kommen im Burgenland nicht vor. Als der Wasseranschlagslinien. Aktuell den Fließgewässern im Relief bzw. kei- Niedermoor mit Torfbildungen ist je- existieren häufig nur mehr artenar- nen Gerinnekontakt auf, zählen des- doch das Apfelleitenmoor bei Ober- me, isolierte „Röhrichtinitialen“ an halb zu den gefährdetsten Biotopen des wart zu erwähnen. Es wurde von Stei- den Stillgewässerrändern oder Reste Burgenlandes. Als frei mäandrierender ner (1992) als „sauer-mesotrophes von Schilfbeständen ohne Zusam- Fluss zeigt die Obere Lafnitz hingegen Versumpfungsmoor“ klassifiziert und menhang mit dem Gewässer. noch das Wechselspiel zwischen Lau- liegt in einem abgeschiedenen Talkessel • Veränderungen der (chemischen) fänderung, Augewässerentstehung, des Hügellandes zwischen Lafnitz und Wasserbeschaffenheit, insbesondere Verlandungsprozess und Auwaldent- Pinka (Strem-Hügelland). B. Wallnöfer durch Überdüngung. In Flachgewäs- wicklung in eindrucksvoller Weise. beschrieb aus dem Apfelleitenmoor ei- sern und seichten Uferzonen setzen Im Gegensatz zur pannonischen nige für das Burgenland und teilweise dadurch regelmäßig „Algenblüten“ Ebene und den breiten Flusstälern wei- für das östliche Österreich einmalige und sauerstoffzehrende Prozesse ein. sen das burgenländische Mittelgebirge, Vorkommen von Pflanzenarten, dar- • dem „Trockenfallen“ der Uferbioto- aber auch das weitläufige Riedelland unter die Fadensegge (Carex lasiocar- pe durch Absenkungen der Wasser- so gut wie keine größeren natürlichen pa). Ehemals moorbildende Torfkör- stände im offenen Wasserkörper des Stillgewässer auf. In den Bachtälern per werden seit über 120 Jahren in Bad Stillgewässers oder im korrespondie- können Teiche allerdings zahlreich Tatzmannsdorf für medizinische Zwe- renden Grundwasserkörper. Auch sein, wobei einige durch den direkten cke abgebaut („Eisenmoor von Tarcsa“). Verlandungsvorgänge, wie bei den Aufstau der Bäche entstanden oder Teil Beeinträchtigungen des Erhal- Fluss-Altarmen erläutert, reduzieren von Hochwasserrückhaltebecken sind. tungszustandes der uferbegleitenden langfristig die aktiven Uferzonen. Manche der alten Teiche, wie etwa jene Lebensräume an Stillgewässern erge- Um einen günstigen Bestand der bei Güssing, welche zum Teil noch tra- ben sich vor allem aus uferbegleitenden Lebensräume an ditionell genutzt werden, weisen reich • der Reduktion der Uferzonen, d. h. Stillgewässern und der Niedermoore entwickelte Uferzonen und Schwimm- der Nivellierung oder Kultivierung zu erhalten, ist jedenfalls der biotop- blattdecken auf. (Entwässerung, Melioration u. a.) typische, intakte Wasserhaushalt von

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 31 entscheidender Bedeutung. Auch die für soll die gegenständliche Kartierung folgenden Vegetationseinheiten ange- Artenzusammensetzung der Vegeta- auch Grundlagen erbringen. führt werden (Grabherr & Mucina et al. tion (Diversität) und letztlich die ge- Uferbegleitende Lebensräume an 1993). Dabei handelt es sich um Vege- samte Biozönose sind stark vom Was- Stillgewässern und Niedermoore wer- tationsverbände und ausgewählte, für sereinfluss abhängig. Die Beurteilung den durch die für die Feuchtlebens- die Gewässer- und Feuchtlebensräu- der Diversität ergibt sich aus dem Ver- räume der Stillgewässer angeführten me des Burgenlandes charakteristische gleich mit den für diese Biotope cha- Großschutzgebiete (Natur 2000-Ge- Pflanzengesellschaften. Die nachste- rakteristischen Pflanzengesellschaften biete, Nationalpark) abgedeckt. Von hend genannten Pflanzengemeinschaf- und einer regional regelmäßig durch- den Naturschutzgebieten sind hier, ten sind v. a. für Großröhrichte, Bach- zuführenden floristischen bzw. pflan- neben den bereits erwähnten „Teich- und Kleinröhrichte, Seggenriede (bzw. zensoziologischen Bearbeitung kon- wiesen“ im Mattersburger Hügelland, seggenreiche Feuchtwiesen und Bra- kreter Lebensräume („Monitoring“). der „Zylinderteich“ bei Hornstein, der chen) sowie einige Einheiten der he- Hydrologie und Artenzusammen- „Waldteich Deutschkreutz“ sowie das terogenen „Schlammbodenvegetation“ setzung wiederum bestimmen wesent- an der Leitha liegende Feuchtbiotop repräsentativ. lich spezifische Strukturen und Funk- „Batthyanyfeld“ anzuführen. Derzeit tionen der für die Lebensraumtypen ohne Schutzstatus sind etwa die Güs- Biotoptypen charakteristischen Ökosysteme. Das singer Teiche oder die Altarme an der Nach der Biotoptypenliste des Um- Verhältnis zwischen dem Areal, d. h. Raab und der Leitha. weltbundesamtes bzw. der Roten Lis- der Verbreitung der Lebensraumty- te (RL) der gefährdeten Biotoptypen pen in einer Region, und ihrer jeweils Vegetation Österreichs entsprechen den uferbe- konkreten Flächenausprägung (Größe) Für naturnahe Ufer von Stillgewässern gleitenden Lebensräumen an Stillge- kann ebenfalls in die Bewertung des und Niedermoore (siehe Anmerkun- wässern und Niedermooren die folgen- Erhaltungszustandes einfließen. Da- gen zu Beginn des Kapitels) können die den, ausgewählten Biotoptypen (BT).

Biotoptypen: Uferbegleitende Lebensräume an Stillgewässern und Niedermoore

Waldfreie Sümpfe und Moore • Verbreitung bzw. Seltenheit im Bolboschoenetum maritimi BT Großseggenried horstig Burgenland: Pann selten, fehlt söAV Schoenoplectetum tabernaemontani • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: 3 (Pann) Bolboschoeno-Phragmitetum communis Caricetum elatae • FFH-Lebensraumtypen: Caricetum melanostachyae Caricetum paradoxae *7210 Kalkreiche Sümpfe mit Cladium ma- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Caricetum paniculatae riscus und Arten des Caricion davallianae Burgenland: Pann selten, söAV - Caricetum cespitosae Röhrichte • RL-Kategorie: - Caricetum buekii BT Großröhricht an Stillgewässern und • FFH-Lebensraumtypen: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Landröhricht *1530 Pannonische Salzsteppen und Burgenland: zerstreut • Pflanzengesellschaften: Salzwiesen • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) Phragmitetum vulgaris (Schilf-Wasserröhricht) Kleinröhrichte • FFH-Lebensraumtypen: - Phragmites australis-Gesellschaft (Schilf- BT Kleinröhricht BT Großseggenried rasig Landröhricht) • Pflanzengesellschaften: • Pflanzengesellschaften: Scirpetum lacustris Oenantho aquaticae-Rorippetum amphibiae Cicuto-Caricetum pseudocyperi Typhetum angustifoliae Oenantho-Hottonietum palustris Caricetum acutiformis Typhetum latifoliae Sagittario-Sparganietum emersi Caricetum gracilis Glycerietum aquaticae Eleocharito palustri-Hippuridetum vulgaris Caricetum vesicariae Acoretum calami Scirpetum radicantis Galio palustris-Caricetum ripariae Sparganietum erecti Glycerietum fluitantis Caricetum intermediae Phalaridetum arundinaceae Glycerietum plicatae Caricetum vulpinae Cicuto-Caricetum pseudocyperi Leersietum oryzoidis Caricetum melanostachyae Iris pseudacorus-Gesellschaft Equisetetum limosi • Verbreitung bzw. Seltenheit im • Verbreitung bzw. Seltenheit im Eleocharitetum palustris Burgenland: zerstreut Burgenland: Pann selten, söAV zerstreut • Verbreitung bzw. Seltenheit im • RL-Kategorie: 3 (Pann), 2-3 (söAV) • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) Burgenland: selten • FFH-Lebensraumtypen: - • FFH-Lebensraumtypen: - • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) SUBTYP Schneidbinsenried SUBTYP Brackwasser-Großröhricht an Still- • FFH-Lebensraumtypen: - • Pflanzengesellschaften: gewässern Mariscetum serrati • Pflanzengesellschaften: 32 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Vegetation: Uferbegleitende Lebensräume an Stillgewässern und Niedermoore Großröhrichte: Phragmition communis Koch • Flut-Schwaden-Bachried: Glycerietum flu- Schwingrasen- und Übergangsmoorgesell- 1926 itantis Eggler 1933 schaften: Caricion lasiocarpae Vanden Berg- • Schilf-Wasserröhricht: Phragmitetum vul- • Falt-Schwaden- Bachried: Glycerietum pli- hen in Lebrun et al. 1949 garis Soó 1927 catae Kulczynski 1928 • Fadenseggengesellschaft Caricetum lasio- • Schneidebinsen-Gesellschaft: Mariscetum • Brunnenkressen-Gesellschaft: Nasturtie- carpae Osvald 1923 em. Dierßen 1982: im serrati Zobrist 1935 tum officinalis Seibert 1962 Burgenland nur im Apfelleiten-Moor • Seebinsen-Röhricht: Scirpetum lacustris • Bachbungenflur: Veronica beccabunga-Ge- Feucht- und Nasswiesen: Calthion R. Tx. Chouard 1924 sellschaft 1937 em. Bal.-Tul. 1978 • Wasserschwaden-Röhricht: Glycerietum Verband der Wasserfenchel-Kleinröhrichte: • Rasen-Seggen-Wiese: Caricetum cespito- aquaticae Hueck 1931 Oenanthion aquaticae Hejný ex Neuhäusl 1959 sae Steffen 1931 • Röhricht des Breitblättrigen Rohrkolbens: • Wasserfenchel-Kressen-Gesellschaft: • Ufergesellschaft der Banater Segge: Ca- Typhetum latifoliae Lang 1973 Oenantho aquaticae-Rorippetum amphibi- ricetum buekii Kopecký et Hejný 1965: im • Röhricht des Schmalblättrigen Rohrkol- ae Lohmeyer 1950 Südburgenland verbreitet bens: Typhetum angustifoliae Pignatti 1953 • (Wasserfenchel-)Wasserfeder-Gesell- Zwergbinsen-Verband: Nanocyperion Koch • Kalmus-Röhricht: Acoretum calami Schulz schaft: Oenantho-Hottonietum palustris ex Libbert 1932 1941 Lazowski 1995: Amphiphyten-Gesellschaft • Krötenbinsen-Fahrspur-Gesellschaft: • Reisquecken-Sumpf: Leersietum oryzoidis in Schwarzerlen-Bruchwäldern (Südburgen- Juncetum bufonii Felföldy 1942 Eggler 1933 land) • Nassbrachen-Ysop-Blutweiderichgesell- • Igelkolben-Graben-Gesellschaft: Sparga- • Pfeilkraut-Röhricht: Sagittario-Sparganie- schaft: Veronico anagalloidis-Lythretum nietum erecti Roll 1938 tum emersi R. Tx. 1953 hyssopifoliae Wagner ex Holzner 1973 • Teichschachtelhalm-Röhricht: Equisete- • Tannenwedel-Gesellschaft: Eleocharito pa- • Schlammufergesellschaft: Heleocharito tum limosi Steffen 1931 lustri-Hippuridetum vulgaris Passarge 1955 acicularis-Limoselletum aquaticae Wen- Weitere: • Walbinsen-Ried: Scirpetum radicantis delberger-Zelinka 1952 • Rohrglanzgras-Wiese: Phalaridetum arun- Hejný in Hejný et Husák 1978 • Cerastio-Ranunculetum sardoi Oberd. ex dinaceae Libbert 1931 Großseggen-Flachmoore mesotropher Vicherek 1968 • Flussröhricht: Rorippo-Phalaridetum Ko- Standorte: Magnocaricion elatae Koch 1926 • Centunculo-Radioletum linoides Krippel pecký 1961 (Phalaridion arundinaceae Ko- • Wasserschierling-Zypergrasseggen-Ge- 1959: verschollen! pecký 1961) sellschaft: Cicuto-Caricetum pseudocyperi • Salzbunge-Zypergrasgesellschaft: Samo- Flussgreiskraut-Schleiergesellschaften: Boer et Sissingh in Boer 1942 lo-Cyperetum fusci Müller-Stoll et Pietsch Senecionion fluviatilis R. Tx. 1950 • Steifseggen-Sumpf: Caricetum elatae Koch 1985 • Schilf-Landröhricht: Phragmites austra- 1926 • Cypergras-Rumpfgesellschaft: Cyperus lis-Gesellschaft • Sumpfseggen-Gesellschaft: Caricetum fuscus-Gesellschaft • Winden-Teufelszwirn-Schleiergesellschaft: acutiformis Eggler 1933: im Südburgenland Verband der Zweizahn-Knöterich-Melden- Cuscuto europaeae-Convolvuletum sepium häufig Ufersäume: Bidention tripartiti Nordhagen R. Tx. 1947 • Schlankseggen-Sumpf: Caricetum gracilis 1940 em. R. Tx. in Poli et J. Tx. 1960 • Lanzettblatt-Sternblumen-Staudenflur: As- Almquist 1929 • Ampferknöterich-Zweizahnflur: Polygono ter lanceolatus-Gesellschaft • Blasenseggen-Sumpf: Caricetum vesicariae lapathifolii-Bidentetum Klika 1935 • Flur des Drüsigen Springkrautes: Impati- Chouard 1924 • Zweizahn-Wasserpfefferflur: Bidenti-Poly- ens glandulifera-Gesellschaft • Uferseggen-Sumpf: Galio palustris-Cari- gonetum hydropiperis Lohmeyer in R. Tx. • Gesellschaft der Späten Goldrute: Solidago cetum ripariae Bal.-Tul. et al. 1993 1950 gigantea-Gesellschaft • Wunderseggen-Sumpf: Caricetum para- • Strandampfer-Gesellschaft: Rumicetum Binnenländische Brackwasser-Röhrichte: doxae Aszód 1936 maritimi Sissingh ex R. Tx. 1950 Cirsio brachycephali-Bolboschoenion (Pas- • Rispenseggen-Sumpf: Caricetum panicu- • Rotfuchsschwanzrasen: Rumici-Alopecu- sarge 1978) Mucina in Balátová-Tulácková et latae Wangerin ex von Rochow 1951 retum aequalis Cirtu 1972 al. 1993 • Kammseggen-Ried: Caricetum interme- • Sumpfkressen-Wasserdarm-Gesellschaft: • Kontinentales Meersimsen-Röhricht: Bol- diae Steffen 1931: in Feuchtwiesen und Bra- Rorippo palustris-Myosotetum Kutschera boschoenetum maritimi Eggler 1933 chen der Leithaniederung 1961 corr. Gutermann et Mucina 1993 • Röhricht der Grauen Seebinse: Schoeno- • Fuchsseggen-Gesellschaft: Caricetum vul- • Gesellschaft des Nickenden Zweizahns: plectetum tabernaemontani Soó 1947 pinae Soó 1927 Bidentetum cernui Kobendza 1948 • Brackwasser-Schilf-Röhricht: Bolboschoe- • Gesellschaft der Schwarzährigen Segge: Graumelden-Verband: Chenopodion glauci no-Phragmitetum communis Borhidi et Ba- Caricetum melanostachyae Balázs 1943 Hejný 1974 logh 1970 • Sumpfried-Gesellschaft: Eleocharitetum • Zweizahn-Spießmeldenflur: Bidenti-Atri- Niedrige Bachröhrichte: Glycerio-Sparga- palustris Ubrizsy 1948 plicetum prostratae Poli et J. Tx. 1960 corr. nion Br.-Bl. et Sissingh in Boer 1942 • Wasser-Schwertlilien-Bestand: Iris pseu- Gutermann et Mucina 1993 dacorus-Gesellschaft

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 33 Uferbegleitende Lebensräume an Fließgewässern Einzugsgebietes, den Chemismus der und Quellfluren Fließgewässer. Sediment, Gefälle und Abflussver- halten wiederum prägen die Form – die Morphologie – der Fließgewässer, welche grundsätzlich gewunden (Mä- ander) bzw. pendelnd oder verzweigt ausgebildet ist. Bei eingeschnittenen Laufabschnitten sind die geologischen Bedingungen für die Talbildung (z. B. Kerbtal, Talmäander) maßgeblich – aber auch die entsprechenden geolo- gische Zeiträume. Flussmorphologische Bewegungen des Gewässerbettes (Morphodynamik) sind Ausdruck von Ausgleichsbewe- gungen bzw. eines Gleichgewichtsstre- bens, welche mit dem Abfluss korre- liert sind und sich in gewisser Hinsicht ständig an das Gefälle anpassen bzw. dagegen entwickeln. Als Motor dieser Formänderungen ist das Wechselspiel Grenzstrecke der Raab bei Mogersdorf, Im Gegensatz zu den Stillgewässern von Erosion und Sedimentation zu mit Weidenauen und Schleiergesellschaf- sind Fließgewässer in Bewegung, d. h. ten am naturnahen Ufer (W. Lazowski) nennen. Erosion bedingt Sediment- von einer energiereichen Abwärtsbe- transport und lokalen Sedimentab- wegung – dem Fließen – bestimmt. veränderliche Größe. Neben der Ver- bau (Kurvenbildung oder Eintiefung Dabei wird ein mehr oder weniger änderlichkeit des Großklimas – eine im Bereich des Fließgewässerbettes), hohes bzw. wechselndes Gefälle über- Tatsache, welche die aktuelle Um- Sedimentation bedingt Materialab- wunden. Das Einzugsgebiet umfasst weltsituation maßgeblich bestimmt lagerung (Aufhöhung, z. B. Hebung jenes Gebiet, das von einem Fließge- – sind es die regionalen landschaftli- der Austandorte, Uferwallbildung), wässer und seinen Zubringern entwäs- chen Gegebenheiten, die sowohl den Flachuferbildung und, zumindest lo- sert wird. Es wird von Wasserscheiden Niederschlag als auch den Abfluss kal, Gefällsverminderung. begrenzt (Önorm B 2400, Hydrologie). beeinflussen (z. B. Talklima, Einfluss Fließgewässer sind in naturräum- Der zum Tal bzw. zum Meer gehen- von Gebirgen). Dem Einfluss des Kli- licher und ökologischer Hinsicht aus- de Abfluss wird vom Niederschlag ge- mawandels auf die Fließgewässer und gesprochen dynamische Lebensräume, speist, welcher in einem bestimmten Feuchtgebiete kann hier allerdings ein Umstand, der bei der Gestaltung Einzugsgebiet niedergeht. Zwischen nicht weiter nachgegangen werden. und Integration der Fließgewässer im dem Niederschlag und seinem Abfluss Als eine weitere, den Lebensraum menschlichen Lebensraum bzw. in der können noch verschiedene Grundwas- der Fließgewässer beeinflussende Kulturlandschaft unbedingt zu beach- serkörper dazwischen geschaltet sein, Komponente sind die Sedimente der ten ist. welche das Wasser speichern und ver- Fluss- und Bachbetten – Kiese, Sande Als naturräumlicher Rahmen eines zögert (gedämpft) an die Fließgewässer und auch feinere Partikel (Schwebstof- Fließgewässers wurde sein Einzugsge- abgeben. Im Bereich der Quellen wird fe und „Flussschlamm“) zu erwähnen. biet erwähnt. Der ökologische Rahmen dieser Wasserübertritt in die Oberflä- Sie bilden wesentlich die Struktur der wiederum wird von der Reichweite des chengewässer sichtbar. Biotope (z. B. Substrataufbau und -ver- Einflusses eines Fließgewässers auf sein Der Niederschlag ist eine Kom- teilung) und bedingen, im Zusammen- Umland bestimmt, womit etwa der ponente des Klimas und damit eine hang mit dem geologischen Aufbau des Abflussbereich periodischer Hoch-

34 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz ler bilden. Gesamtheitlich betrachtet Neben Begradigungen wurden im ist das Burgenland ein Land der Bäche Zuge von Gewässerregulierungen und der kleineren bis mittleren Flüsse. zahlreiche Gerinne künstlich tiefer ge- Echte Gebirgsflüsse fehlen dem Bur- legt, einerseits, um Hochwässer bes- genland. ser abzuleiten und andererseits, um Die größeren Fließgewässer des das Umland effektiver entwässern zu Burgenlandes befinden sich überwie- können. Fortschreitende Flussbettein- gend im Unterlauf (Potamal), in dem tiefungen sind darüber hinaus oft die sie ursprünglich sowohl im Tiefland Folge naturferner Regulierungen und (z. B. Leitha) als auch im Bereich der verursachen heute nicht nur hydro- Sohlentäler Mäander ausbildeten (z. logisch-ökologische (Grundwasser!), 14 B. Raab). sondern vielfach auch wasserbauliche 15 Bäche niedriger Ordnungszahl be- Probleme. 27 finden sich im kristallinen Mittelge- Generell ist die Trennung des Fließ- 33 birge und im tertiären Hügelland und gewässers von seinem Umland nega- 34 weisen dort einen auch aktuell hohen tiv zu bewerten, wobei als ökologisch 35 Formenreichtum auf (z. B. Quellläufe, wirksamer, technischer Eingriff die ge- Kerbtalstrecken, Bachmäander, Tro- wässernahe Anlage von Dämmen an- ckenbäche). Im oberen Bereich der zuführen ist. Durch die Abdämmung 4/X: Fließgewässer-Naturräume nach Bacheinzugsgebiete treten vermehrt von Auen ging vielfach wertvoller Re- Fink et al. (2000) Quellen, meist Sickerquellen, in den tentionsraum verloren. Viele wasser- 14 … Kalkschotterflächen des Steinfeldes 15 … Feuchte Ebene in die Berghänge tiefer eingeschnit- wirtschaftliche Probleme und Sach- 27 … Nordost-Ausläfer der Zentralalpen tenen Bachgräben auf. Bäche höhe- schäden durch Hochwässer stehen 33 … Oststeirisches und rer Ordnungszahl sind vorwiegend in damit im Zusammenhang. Nicht nur Südburgenländisches Hügelland den Beckenlandschaften und teilweise der heute noch abstrakt erscheinende 34 … Mittelburgenländische Bucht auch im Hügelland ausgebildet, aktuell Klimawandel trifft uns, sondern auch (Oberpullendorfer Bucht) allerdings weitgehend begradigt und die direkte und indirekte Einflussnah- 35 … Nordburgenländische Bucht anthropogen überformt (z. B. Rabnitz, me auf den regionalen und globalen (Eisenstädter Bucht) Oberpullendorfer Bach). Wasserkreislauf, mit Effekten, die vor wässer (Retention) im Gelände oder dem Setzen dieser vielen Maßnahmen der begleitende, mit dem Fließgewäs- Fließgewässer bieten naturnahe Erholung gar nicht absehbar waren. ser in Verbindung stehende Grund- und sollten erlebbar bleiben – historisches Die Auenvegetation ist eng mit wasserkörper (Infiltration) gemeint ist. Flussbad an der Leitha – an der Stelle dem jeweiligen Fließgewässer verbun- Hinsichtlich der typologischen besteht heute, nach der Regulierung der den und von den maßgeblichen Fakto- Charakteristik der Fließgewässer des Leitha, nur noch ein naturferner, für die ren der Gewässerdynamik abhängig. Burgenlandes ist die Lage am Alpe- Anrainer kaum nutzbarer Kanal. nostrand mit seinen Becken- und Ter- rassenlandschaften, Mittelgebirgen und dem breiten Alpenvorland, dem südburgenländischen Riedelland, ent- scheidend. Im Berg- und Riedelland nehmen zahlreiche Fließgewässer ihren Aus- gang. Zusätzlich wird das Flach- und Hügelland von Flüssen durchzogen, die im alpinen Hochgebirge entspringen und z. B. im Vorland breite Sohlentä-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 35 Dies betrifft einerseits den Wechsel der gebaut wird und sowohl Gebüsche als gewässer. Sie weisen häufig Neophy- Wasserstände – vom Niederwasser bis auch Wälder bildet. ten auf, welche die Pflanzengesellschaf- zum Hochwasser – und andererseits Zwischen den Pioniergesellschaf- ten dominieren können. Das Drüsige die Veränderung und Neuentstehung ten und den Weichholz-Gehölzen sind Springkraut (Impatiens glandulifera) gewässernaher Standorte im Zuge des häufig, in der Regel auf profilierteren und der Japanische Knöterich (Fallo- Erosions-Sedimentations-Prozesses im Uferböschungen, Hochstaudenfluren pia japonica) seien hier als Beispiele und am Fließgewässer. und sogenannte „Schleiergesellschaf- erwähnt. So beginnt mit der Besiedelung von ten“ eingebettet. Letztere erhielten Fließgewässer bilden ökologische Kies- und Schlammbänken mit Grä- ihren Namen von den zahlreichen Korridore in der Kulturlandschaft. Sie sern und meist einjährigen Kräutern Klimm- und Kletterpflanzen, insbe- dienen gewissermaßen dem Transport die Sukzession, die zeitliche Abfolge sondere von der Zaunwinde (Calys- und der Ausbreitung von Tier- und von Arten und Pflanzengesellschaften tegia sepium), welche die oft auffälligen Pflanzenarten sowie der Vernetzung auf einem Standort. Über diese „Pio- Vegetationsschleier bilden. Hochstau- von Lebensräumen, die in der Agrar- niergesellschaften“ geht die Sukzessi- den- und Schleiergesellschaften bilden landschaft häufig fragmentiert oder on bzw. die Vegetationsentwicklung auch Ersatzgesellschaften von Weiden- unterbrochen sind (z. B. Wälder). Im meist in die Weiche Au über, welche gehölzen nach deren Rodung bzw. auf mehr oder weniger geschlossenen Le- von Weiden, Pappeln und Erlen auf- den Uferböschungen regulierter Fließ- bensraum der Waldlandschaft wieder-

Vegetation: Uferbegleitende Lebensräume an Fließgewässern und Quellfluren

Pestwurz-Fluren: Petasition officinalis Sillin- • Knollen-Sonnenblumen-Graben-Flur: Ge- • Bruchweiden-Ufergehölz: Salicetum fragi- ger 1933 sellschaftsgruppe mit Helianthus spp. div. lis Passarge 1957 • Staudenflur der Gewöhnlichen Pestwurz: • Brennessel-Hopfen-Gesellschaft: Humulus Erlenauwälder: Alnion incanae Pawlowski in Chaerophyllo-Petasitetum officinalis Kaiser lupulus-Gesellschaft Pawlowski et Wallisch 1928 (Alnenion gluti- 1926 • Flur des Drüsigen Springkrautes: Impati- noso-incanae Oberd. 1953) Andere Gesellschaften des Petasition of- ens glandulifera-Gesellschaft • Schwarzerlen-Eschenwald: Pruno-Fraxine- ficinalis • Graben-Schilf-Röhricht: Phragmites aust- tum Oberd. 1953 • Riesenschachtelhalm-Gesellschaft: Equi- ralis-Gesellschaft • Grauerlen-Au: Alnetum incanae Lüdi 1921 setum telmateia-Gesellschaft • Japan-Knöterich-Hochstaudenflur:Fallo - • Hainmieren-Schwarzerlenwald: Stellario Flussröhrichte: Phalaridion arundinaceae Ko- pia japonica-Gesellschaft nemorum-Alnetum glutinosae Lohmeyer pecký 1961 • Sonnenhut-Gesellschaft Rudbeckia lacini- 1957 • Flussröhricht: Rorippo-Phalaridetum Ko- ata-Gesellschaft • Bach-Eschenwald: Carici remotae-Fra- pecký 1961 • Kanada-Goldruten-Gestrüpp: Solidago ca- xinetum Koch ex Faber 1936 Verband der Flutrasen: Potentillion anseri- nadensis-(Senecionion)-Gesellschaft Zwergbinsen-Verband: Nanocyperion Koch nae R. Tx. 1947 • Gesellschaft der Späten Goldrute: Solidago ex Libbert 1932 • Straußgras-Schotterflur: Rumici crispi- gigantea-Gesellschaft • Schlammufergesellschaft: Heleocharito Agrostietum stoloniferae Moor 1958 Andere Gesellschaften der Galio-Urticetea acicularis-Limoselletum aquaticae Wen- • Rohrschwingel-Rasen: Dactylido-Festuce- • Waldreben-Schleiergesellschaft: Clematis delberger-Zelinka 1952 tum arundinaceae R. Tx. ex Lohmeyer 1953 vitalba-Gesellschaft • Krötenbinsen-Fahrspur-Gesellschaft: Flussgreiskraut-Schleiergesellschaften: • Kratzbeer-Gestrüpp: Rubus caesius-Ge- Juncetum bufonii Felföldy 1942 Senecionion fluviatilis R. Tx. 1950 sellschaft • Cypergras-Rumpfgesellschaft: Cyperus fu- • Winden-Teufelszwirn-Schleiergesellschaft: • Brennessel-Säume: Urtica dioica-(Ga- scus-Gesellschaft Cuscuto europaeae-Convolvuletum sepium lio-Urticetea)-Gesellschaft Verband der Zweizahn-Knöterich-Melden- R. Tx. 1947 Girsch-Saumgesellschaften: Aegopodion po- Ufersäume: Bidention tripartiti Nordhagen • Flussgreiskraut-Gesellschaft: Senecione- dagraria R. Tx. 1967 1940 em. R. Tx. in Poli et J. Tx. 1960 tum fluviatilis T. Müller ex Straka in Mucina • Pestwurz-Geißfuß-Gesellschaft: Phala- • Ampferknöterich-Zweizahnflur: Polygono 1993 rido-Petasitetum officinalis Schwickerath lapathifolii-Bidentetum Klika 1935 • Zaunwinden-Engelwurz-Flussuferflur: 1933 • Rotfuchsschwanzrasen: Rumici-Alopecu- Convolvulo-Archangelicetum Passarge 1964 Weiden-Weichholzauen: Salicion albae Soó retum aequalis Cirtu 1972 • Zaunwinden-Weidenröschen-Gesell- 1930 Beschattete, moosarme Quellfluren: Carici- schaft: Convolvulo-Epilobietum hirsuti Hil- • Purpurweidengebüsch: Salix purpu- on remotae Kästner 1941 big et al. 1972 rea-Gesellschaft • Milzkraut-Gesellschaft: Cardamino-Chry- • Wasserdost-Flur: Convolvulo-Eupatorie- • Mandelweiden-Korbweidengebüsch: Sa- sosplenietum alternifolii Moor 1959 em. tum cannabini Görs 1974 licetum triandrae Malcuit ex Noirfalise in Zechmeister 1993 • Lanzettblatt-Sternblumen-Staudenflur: As- Lebrun et al. 1955 ter lanceolatus-Gesellschaft • Silberweidenauwald: Salicetum albae Issler 1926 36 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz um bilden etwa Bäche wichtige innere Feuchtlebensräume des Burgenlan- Biotoptypen Strukturen und Achsen aus. des charakteristische Pflanzengesell- Nach der Biotoptypenliste des Um- schaften. Die nachstehend genannten weltbundesamtes bzw. der Roten Liste Vegetation Pflanzengemeinschaften sind v. a. für (RL) der gefährdeten Biotoptypen Ös- Für die uferbegleitenden Lebensräu- Uferstaudengesellschaften, Flussröh- terreichs entsprechen den uferbeglei- me an Fließgewässern und die Quell- richte und Flutrasen, Annuellengesell- tenden Lebensräumen an Fließgewäs- fluren können folgende Vegetations- schaften, Teile der Weichen Auen und sern und den Quellfluren die folgenden, einheiten angeführt werden (Grabherr Quellfluren repräsentativ. ausgewählten Biotoptypen (BT). & Mucina et al. 1993). Dabei handelt es sich um Vegetationsverbände und ausgewählte, für die Gewässer- und Biotoptypen: Uferbegleitende Lebensräume an Fließgewässern und Quellfluren

Bäche und Flüsse Impatiens parviflora-Gesellschaft Anthriscus sylvestris-Gesellschaft Hügellandbäche Aster lanceolatus-Gesellschaft Aegopodium podagraria-Gesellschaft BT Gestreckter Hügellandbach Artemisia verlotiorum-Gesellschaft • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- BT Verzweigter Hügellandbach • Verbreitung bzw. Seltenheit im land: selten bis zerstreut (ZAlp) BT Mäandrierender Hügellandbach Burgenland: zerstreut bis mäßig häufig • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) BT Begradigter Hügellandbach • RL-Kategorie: - • FFH-Lebensraumtypen: BT Gestauter Hügellandbach • FFH-Lebensraumtypen: - 6430 Feuchte Hochstaudenfluren der pla- Tieflandbäche BT Pestwurzflur naren und montanen bis alpinen Stufe BT Mäandrierender Tieflandbach • Pflanzengesellschaften: 6431 Nitrophile staudenreiche Saumge- BT Begradigter Tieflandbach Chaerophyllo-Petasitetum officinalis sellschaften BT Gestauter Tieflandbach Phalarido-Petasitetum officinalis BT Flussgreiskrautflur BT Verzweigter Hügellandfluss • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • Pflanzengesellschaften: BT Mäandrierender Hügellandfluss selten (Pann) bis mäßig häufig (ZAlp) Cuscuto europaeae-Convolvuletum se- BT Begradigter Hügellandfluss • RL-Kategorie: 3 (söAV) pium BT Gestauter Hügellandfluss • FFH-Lebensraumtypen: Senecionetum fluviatilis Tieflandflüsse 6430 Feuchte Hochstaudenfluren der plana- Convolvulo-Archangelicetum BT Verzweigter Tieflandfluss ren und montanen bis alpinen Stufe Convolvulo-Epilobietum hirsuti BT Mäandrierender Tieflandfluss 6431 Nitrophile staudenreiche Saumgesell- Humulus lupulus-Gesellschaft BT Begradigter Tieflandfluss schaften Phragmites australis-Gesellschaft BT Gestauter Tieflandfluss BT Brennesselflur • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Röhrichte • Pflanzengesellschaften: land: zerstreut Großröhrichte an Fließgewässern Urtica dioica-Gesellschaft • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) BT Großröhricht an Fließgewässern über • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • FFH-Lebensraumtypen: Feinsubstrat mäßig häufig 6430 Feuchte Hochstaudenfluren der pla- • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: - naren und montanen bis alpinen Stufe Rorippo-Phalaridetum • FFH-Lebensraumtypen: - 6431 Nitrophile staudenreiche Saumge- Dactylido-Festucetum arundinaceae BT Mädesüßflur sellschaften Phalaridetum arundinaceae • Pflanzengesellschaften: Waldsäume • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Filipendulo-Geranietum palustris Frische bis feuchte Waldsäume land: selten bis zerstreut Lysimachio vulgaris-Filipenduletum BT Nährstoffarmer frischer bis feuchter • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) Valeriano officinalis-Filipenduletum Waldsaum über Silikat • FFH-Lebensraumtypen: - Epilobio hirsuti-Filipenduletum • Pflanzengesellschaften: Hochstauden- und Hochgrasfluren • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Epilobio-Geranietum robertiani Hochstaudenfluren der tieferen Lagen zerstreut Campanulo rapunculoides-Brachypodie- BT Neophytenflur • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) tum sylvatici • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: - Circaetum lutetianae Impatiens glandulifera-Gesellschaft BT Doldenblütlerflur • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Fallopia japonica-Gesellschaft • Pflanzengesellschaften: land: selten (Pann) bis mäßig häufig (ZAlp) Rudbeckia laciniata-Gesellschaft Aegopodio-Anthriscetum nitidi • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) Solidago canadensis-Gesellschaft Chaerophylletum aromatici • FFH-Lebensraumtypen: - Solidago gigantea-Gesellschaft

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 37 Biotoptypen: Uferbegleitende Lebensräume an Fließgewässern und Quellfluren

BT Nährstoffarmer frischer bis feuchter BT Schwarzerlen-Eschenauwald Salicetum auritae Waldsaum über Karbonat Ufergehölzstreifen Salicetum cinereae • Pflanzengesellschaften: Naturnahe Ufergehölzstreifen Phragmiti-Salicetum cinereae Epilobio-Geranietum robertiani BT Weichholzdominierter Ufergehölzstrei- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Cephalarietum pilosae fen land: selten bis zerstreut (ZAlp) Circaetum lutetianae • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: 2 (Pann), 2-3 (söAV) Campanulo rapunculoides-Brachypodie- Alnetum incanae Gebüsche frischer Standorte tum sylvatici Stellario nemorum-Alnetum glutinosae BT Holundergebüsch • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Carici remotae-Fraxinetum • Pflanzengesellschaften: land: selten bis zerstreut (ZAlp) Pruno-Fraxinetum Sambucus nigra-Gesellschaft • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) Salicetum albae Sambucetum racemosae • FFH-Lebensraumtypen: - Salicetum fragilis • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- BT Nährstoffreicher frischer-feuchter • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: land: selten (ZAlp) bis zerstreut Waldsaum Pann zerstreut, söAV mäßig häufig • RL-Kategorie: - • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) BT Haselgebüsch frischer Standorte Sambucetum ebuli • FFH-Lebensraumtypen: • Pflanzengesellschaften: Conio-Charophylletum bulbosi FFH 91 E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa Carpino-Prunetum Alliario-Chaerophylletum temuli und Fraxinus excelsior Rubo-Coryletum Anthriscetum trichospermi BT Edellaubbaumdominierter Ufergehölz- Populo-Coryletum Lactuco-Anthriscetum caucalidis streifen Corylus avellana-Gesellschaften Anthrisco-Asperugetum procumbentis • Pflanzengesellschaften: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Torilidetum japonicae Querco-Ulmetum land: Pann mäßig häufig, sonst zerstreut Urtico-Cruciatetum laevipidis Fraxino pannonicae-Ulmetum • RL-Kategorie:3 (söAV) Urtico-Parietarietum officinalis Fraxino-Populetum BT Hartriegelgebüsch Alliaria petiolata-Gesellschaft • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • Pflanzengesellschaften: Chelidonium majus-Gesellschaft zerstreut, ZAlp selten Cornus sanguinea-Gesellschaft Impatiens parviflora-Gesellschaft • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Charophylletum aromatici • FFH-Lebensraumtypen: land: zerstreut, ZAlp selten Chaerophylletum aurei 91 E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und • RL-Kategorie:3 (Pann, söAV) Aegopodio-Anthriscetum nitidi Fraxinus excelsior BT Schlehengebüsch Geranio phaei-Urticetum 91 F0 Hartholzauwälder mit Quercus ro- • Pflanzengesellschaften: Urtico- Lamietum albi bur, Ulmus laevis, Ulmus minor, Fraxinus Carpino-Prunetum Sisymbrietum strictissimi excelsior Prunus spinosa-Gesellschaft Aegopodio-Menthetum longifoliae Naturferne Ufergehölzstreifen • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Euphorbietum strictae BT Ufergehölzstreifen auf anthropogen land: zerstreut, ZAlp selten Chaerophyllum hirsutum-Gesellschaft überformtem Standort • RL-Kategorie:3 (Pann, söAV) Aegopodium podagraria-Gesellschaft • Pflanzengesellschaften: BT Brombeer- und Kratzbeer-Gestrüpp Elymus caninus-Gesellschaft Fragmente des Alnetum incanae • Pflanzengesellschaften: Anthriscus sylvestris-Gesellschaft Salicetum albae Rubo-Coryletum Galeopsis pubescens-Gesellschaft Salicetum incanae-purpureae Rubus caesius-Gesellschaft Galeopsis speciosa-Gesellschaft • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- zerstreut land: zerstreut, söAV mäßig häufig land: zerstreut (ZAlp) bis mäßig häufig • RL-Kategorie: + (Pann, söAV) • RL-Kategorie: - • RL-Kategorie: - BT Ufergehölzstreifen mit naturferner Ar- Quellfluren • FFH-Lebensraumtypen: - tenzusammensetzung Basenarme-Quellfluren • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • Pflanzengesellschaften: BT Basenarme beschattete Quellflur land: zerstreut (ZAlp) bis mäßig häufig Fragmente des Alnetum incanae • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: - Salicetum albae Cardamino-Chrysosplenietum alternifolii • FFH-Lebensraumtypen: - Salicetum incanae-purpureae Tichocoleto-Sphagnetum Auwälder • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Strauchweidenau zerstreut, ZAlp selten land: zerstreut BT Mandelweiden-Korbweidengebüsch • RL-Kategorie: + (Pann, söAV) • RL-Kategorie:3 (Pann, söAV) Weichholzauwälder Gebüsche nasser bis feuchter Standorte • FFH-Lebensraumtypen: - BT Weidenauwald BT Feuchtgebüsch BT Grauerlenauwald • Pflanzengesellschaften:

38 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz der Trockenrasen und -wiesen). Hoch- stauden sind relativ hochwüchsige (+/- 1 m), häufig breitblättrige Stauden und in der Regel Hemikryptophyten, d.h. ihre Überdauerungsknospen befinden sich relativ nahe der Bodenoberfläche (nach Fischer et al., 2008). Als vegetationsbildende Elemente befinden sie sich häufig in ökologischen Übergangszonen (Ökotone), etwa zwi- schen unterschiedlichen Hauptvegeta- tionstypen oder Lebensräumen (z. B. Gewässerränder, zwischen Wald und Offenland u. a.). Nährstoffreiche Feuchtstandorte bilden jedenfalls einen Verbreitungs- schwerpunkt von Hochstaudenge- meinschaften, auf Brachen bilden sie in der Regel fortgeschrittene Entwick- lungsstadien. Hochstaudensäume und -fluren finden sich etwa an Wald- und Gebüschrändern, im Bereich von Schlagflächen, auf Fluss- und Bach- böschungen sowie in Lücken und an den Rändern von Ufergehölzen. Ihre Der Wasserdost (Eupatorium cannabinum) bildet ein typisches Element feuchter jeweiligen Ausbildungen sind entweder Hochstaudenfluren – hier mit einem Nachtfalter, dem Russischen Bär (Euplagia quad- linear oder flächig ausgeprägt. Alpine ripunctaria) (W. Lazowski) Hochstaudenfluren (Lägerfluren) kom- men im Burgenland nicht vor. Gehölze und Hochstaudenfluren feuchter Standorte Hochstaudenfluren verdienen eine Gebüsche und Gehölzgruppen können orten entstehen im Zuge dieser Suk- bewusste Wahrnehmung und markie- sich, insbesondere auf feuchten Stand- zession von Hochstanden dominierte, ren wesentliche Aufgabenbereiche der orten, genauso wie Hochstaudenfluren mitunter flächenbestimmende Pflan- Landschaftspflege. Dabei gilt es, vor al- infolge der Nutzungsaufgabe etablie- zengemeinschaften sowie einzeln oder lem die Funktionen und die Wirkung ren oder ausdehnen. Die Ursachen des locker stehende bzw. bestandesbilden- dieser Vegetationstypen zu erhalten Brachfallens sind verschieden, von be- de Gehölze. Letztere bilden in der Re- bzw. zu fördern. triebswirtschaftlichen Gründen in der gel das Folgestadium der gräser- und • Dazu zählen die Pufferbildung von Landwirtschaft oder dem Entstehen staudenreichen Brachen. Vegetationssäumen, etwa an Gewäs- von „Freiflächen“ im Zuge landeskul- Stauden sind ausdauernde, mehr- sern, an Weg- und Straßenrändern u. tureller Projekte und Planungen bis zur mals bzw. regelmäßig blühende, unver- a. Puffer schaffen Abstand und bie- bewussten Außernutzungstellung im holzte Kräuter, im Gegensatz zu den ten Schutz, etwa vor dem Eindrin- Rahmen von Naturschutzmaßnahmen, nur einmal blühenden (=hapaxanthen) gen (z. B. für schutzwürdige bzw. um nur einige Beispiele zu nennen. So Kräutern (z. B. viele Arten spontan trittsensible Vegetationsbestände) vielfältig die „Auslöser“ natürlicher Ve- aufkommender Vegetationstypen, oder funktionell z. B. über die Fil- getationsentwicklungen in der Kultur- etwa der Schutt- und Unkrautflora, terwirkung (Staub, Immissionen) landschaft sind, so unterschiedlich sind der Annuellenflora trockenfallender von Saum- und Hochstaudengesell- auch deren Effekte. Auf Feuchtstand- Teich- bzw. Schlammböden oder jener schaften.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 39 • Ältere, eingewachsene Hochstau- auffällige Vertreter sind z. B. Kanadische Forstwirtschaft, des Wasserbaus und dengesellschaften stabilisieren und Späte Goldrute (Solidago canaden- insgesamt der Landschaftspflege. Standorte und können mittels be- sis, S. gigantea), Japanischer Knöterich Von den Gehölzen bzw. Gebüschen stimmter Pflanzen auch zur Ufersi- (Fallopia japonica), Rudbeckie (Rud- auf Feuchtstandorten sollen einige der cherung herangezogen werden. beckia laciniata), Topinambur (Heli- bekannteren, bestandsbildenden ge- • Hochstaudenfluren sind zudem anthus tuberosus) u. a. Aufgrund ihrer nannt werden. So sind Aschweiden-Ge- Konzentrationsstellen blütenbesu- strukturellen Dominanz und anderer büsche (Salicetum cinereae), auch als chender Insekten (Hymenopteren, verdrängender Eigenschaften bilden „Kugelweiden“ bezeichnet, charakteris- Schmetterlinge, Käfer u. a.) und lokal Neophyten meist Reinbestände (Mono- tische Elemente der Feuchtwiesen und wichtige Elemente der Biodiversität. kulturen) oder dominierende Gruppen entsprechender Kulturlandschaften der • Als band- und linienförmige Struktu- innerhalb der Pflanzengemeinschaften Talböden (z. B. des Südburgenlandes). ren dienen sie der Vernetzung ähn- aus. Erwähnt sei auch die Erosionsanfäl- Ihre Vorkommen erstrecken sich dar- licher Lebensräume und insgesamt ligkeit derart artenarmer Monokulturen über hinaus auf Brüche bzw. Grund- der Ausbreitung und Wanderung an Gewässerrändern, z. B. auf Uferbö- wasserauen (z. B. an der Leitha) oder von Arten. schungen, oder die phytotoxische Wir- auf Randbereiche des Schilfgürtels am • Nicht zuletzt bereichern sie die kung mancher Arten. Neusiedler See. Aschweidengebüsche Landschaft optisch, auch im Sinne Invasive Neophyten zählen zu sind häufig mit dem Faulbaum (Fran- individueller Wahrnehmungsmög- den aktuellen Bedrohungen der Bio- gula alnus) vergemeinschaftet. lichkeiten und Bezugsbildungen. diversität und bedürfen dringend ei- Purpurweidengebüsche (Salix pur- Die Etablierung von Hochstauden- nes Managements. Ihre Kontrolle und purea) wiederum finden sich häufig im fluren wird, insbesondere auf anthro- Reduktion sowie die Umwandlung Bereich feuchter Brachen und kenn- pogenen Standorten (z. B. Erdbauwer- der Bestände in naturnahe, ausgegli- zeichnen deren weiter fortgeschritte- ken wie Böschungen und Dämme an chenere Pflanzengemeinschaften wä- ne Vegetationsentwicklung. Natürliche Gewässern, ehemaligen Baustellen und ren wichtige Aufgaben der Land- und Vorkommen finden sich auch auf kie- Deponien), von einer Ausbreitung und sigen Alluvionen von Gebirgsflüssen bereichsweisen Dominanz von Neophy- Auwald- und Gewässerränder bilden die bzw. des Alpenvorlandes. Für das Bur- ten begleitet. Wichtige, landschaftlich bevorzugten Standorte von Hochstauden genland können naturnahe Vorkom- und zunehmend auch von Neophytenbe- men an Fließgewässern nur für einige ständen (W. Lazowski) Bereiche an der oberen Leitha genannt werden. Zu den Feuchtgebüschen im weite- ren Sinne lassen sich auch die Holun- dergebüsche (Sambucus nigra) zählen, welche insbesondere auf trockengefal- lenen Feuchtstandorten bzw. im Be- reich degradierter Weidenauen gehäuft bzw. sogar flächig auftreten können. Von den verbreiteten Gebüschen sind für Auen noch Schlehdornhecken und Hartriegelgebüsche zu nennen. Auf höheren bzw. trockengefallenen Standorten der Hartholzauen treten Haselgebüsche mitunter gehäuft auf. Die strukturbildende Funktion der Gebüsche, sowohl im Waldbestand als auch im Offenland, ist jedenfalls zu be- tonen. Damit ist nicht nur der Anteil

40 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz der Sträucher an der vertikalen Struk- Vegetation gesellschaften trockenerer Standorte turierung der Vegetationsbestände ge- Für Gehölze und Hochstaudenfluren erwähnt. meint, sondern vor allem ihre Position feuchter Standorte können die folgen- und ihre Verbindung innerhalb hetero- den Vegetationseinheiten angeführt Biotoptypen gener, sich entwickelnder Vegetations- werden (Grabherr & Mucina et al. Nach der Biotoptypenliste des Um- bestände. Heterogenität bzw. Struk- 1993). Dabei handelt es sich um Ve- weltbundesamtes bzw. der Roten Lis- turvielfalt bezieht sich über die Form getationsverbände und ausgewählte, te (RL) der gefährdeten Biotoptypen und das „Gerüst“ der Vegetation hinaus für die Gewässer- und Feuchtlebens- Österreichs entsprechen den Gehöl- auch auf ihre Artenzusammensetzung räume des Burgenlandes charakteristi- zen und Hochstaudenfluren feuchter und letztlich auf die Biodiversität der sche Pflanzengesellschaften. In einigen Standorte die folgenden, ausgewählten gesamten Lebensgemeinschaft. Fällen werden hier auch die Kontakt- Biotoptypen (BT).

Vegetation: Gehölze und Hochstaudenfluren feuchter Standorte

Verband der Strauchweiden-Bruchwälder: • Flussgreiskraut-Gesellschaft: Senecione- • Klettenkerbelflur: Torilidetum japonicae Salicion cinereae T. Müller et Görs 1958 tum fluviatilis T. Müller ex Straka in Mucina Lohmeyer ex Görs et T. Müller 1969 • Aschweiden-Gebüsch: Salicetum cinereae 1993 • Kreuzlabkraut-Saum: Urtico-Cruciatetum Zólyomi 1931 • Zaunwinden-Engelwurz-Flussuferflur: laevipedis Dierschke 1974 • Phragmiti-Salicetum cinereae Weisser Convolvulo-Archangelicetum Passarge 1964 • Schwarznessel-Glaskraut-Staudenflur: Ur- 1970 • Zaunwinden-Weidenröschen-Gesell- tico-Parietarietum officinalis Klotz 1985 • Purpurweidengebüsch: Salix purpurea- schaft: Convolvulo-Epilobietum hirsuti Hil- • Lauchkraut-Flur: Alliaria petiolata-(Galio- Gesellschaft big et al. 1972 Alliarion)-Gesellschaft Mädesüß-Staudenfluren: Filipendulenion • Wasserdost-Flur: Convolvulo-Eupatorie- • Saum des Kleinblütigen Springkrauts: Im- (Lohmeyer in Oberd. et al. 1967) Bal.-Tul. 1978 tum cannabini Görs 1974 patiens parviflora-(Galio-Alliarion)-Gesell- • Kälberkropf-Mädesüß-Staudenflur: Cha- Verdrängungsgesellschaften: andere Gesell- schaft erophyllo hirsuti-Filipenduletum Niemann schaften des Senecionion fluviatilis • Brennnessel-Schöllkraut-Staudenflur: Ch- et al. 1973 • Lanzettblatt-Sternblumen-Staudenflur: As- elidonium majus-(Galio-Alliarion)-Gesell- • Sumpf-Storchschnabel-Mädesüß-Flur: Fi- ter lanceolatus-Gesellschaft schaf lipendulo-Geranietum palustris Koch 1926 • Knollen-Sonnenblumen-Graben-Flur: Ge- Frische Waldsäume und Schlagfluren: Im- • Gelbweiderich-Mädesüß-Flur: Lysimachio sellschaftsgruppe mit Helianthus spp. div. patienti noli-tangere-Stachyion sylvaticae Görs vulgaris-Filipenduletum Bal.-Tul. 1978 • Brennnessel-Hopfen-Gesellschaft: Humu- ex Mucina hoc loco • Baldrian-Mädesüß-Flur: Valeriano offici- lus lupulus-Gesellschaft • Stink-Storchschnabelflur: Epilobio-Gera- nalis-Filipenduletum Sissingh in Westhoff • Flur des Drüsigen Springkrautes: Impati- nietum robertiani Lohmeyer ex Görs et T. et al. ex Donselaar 1961 ens glandulifera-Gesellschaft Müller 1969 • Weidenröschen-Mädesüß-Flur: Epilobio • Graben-Schilf-Röhricht: Phragmites aust- • Gesellschaft der Behaarten Karde: Cepha- hirsuti-Filipenduletum Sougnez 1957 ralis-Gesellschaft larietum pilosae R. Tx. Ex Oberd. 1957 • Sumpf-Schwertlilien-Ried: Iridetum sibi- • Japan-Knöterich-Hochstaudenflur:Fallo - • Brennnessel-Rühr-mich-nicht-an-Flur: ricae Philippi 1960 pia japonica-Gesellschaft Circaeetum lutetianae Kaiser 1926 • Ufergesellschaft der Banater Segge: Cari- • Sonnenhut-Gesellschaft: Rudbeckia laci- • Wald-Zwenken-Rasen: Campanulo rapun- cetum buekii Kopecký‘ et Hejný‘ 1965 niata-Gesellschaft culoides-Brachypodietum sylvatici Mucina • Binsen-Hochstaudenflur: Mentho aquati- • Kanada-Goldruten-Gestrüpp: Solidago 1993 ad interim cae-Juncetum effusi Aichinger 1963 canadensis-(Senecionion)-Gesellschaft Klasse der Schlagfluren und Vorwald-Ge- Mädesüß-Gesellschaft: Filipendula ulmaria- • Gesellschaft der Späten Goldrute: Solidago hölze: Epilobietea angustifolii R. Tx. Et Prei- (Molinietalia)-Gesellschaft gigantea-Gesellschaft sing in R. Tx. 1950 Stromtal-Hochstaudenfluren: Veronico lon- Thermophile Säume halbschattiger und • Schlagflur des Bunten Reitgras: Calamag- gifoliae-Lysimachion vulgaris (Passarge 1977) schattiger Standorte: Galio-Alliarion (Oberd. rostis varia-Gesellschaft ? Bal.-Tul. 1981 1957) Lohmeyer et Oberd. In Oberd. Et al. • Adlerfarn-Polykorm-Gesellschaft: Pteridi- • Sumpf-Wolfsmilch-Staudenflur: Phragmi- 1967 um aquilinum-Gesellschaft ti-Euphorbietum palustris Issler 1932 • Attich-Flur: Sambucetum ebuli Bodensaure Schlagfluren: Carici piluliferae- Flussgreiskraut-Schleiergesellschaften: • Flur des Knolligen Kälberkropfes: Conio- Epilobion angustifolii R. Tx. 1950 Senecionion fluviatilis R. Tx. 1950 Chaerophylletum bulbosi Pop 1968 • Weidenröschen-Schlag: Senecioni sylvati- • Winden-Teufelszwirn-Schleiergesellschaft: • Taumel-Kälberkropf-Flur: Alliario-Chae- ci-Epilobietum angustifolii R. Tx. 1937 Cuscuto europaeae-Convolvuletum sepium rophylletum temuli Lohmeyer 1949 • Landschilf-Holzschläge: Calamagrostis R. Tx. 1947 epigejos-(Carici-Epilobion)-Gesellschaft

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 41 Vegetation: Gehölze und Hochstaudenfluren feuchter Standorte

Girsch-Saumgesellschaften: Aegopodion po- • Saum mit Hunds-Quecke: Elymus caninus- • Schlehengebüsche: Prunetalia spinosae R. dagraria R. Tx. 1967 (Aegopodion)-Gesellschaft Tx. 1952 • Würz-Kälberkropf-Staudenflur: Chaero- • Wiesenkerbel-Gesellschaft: Anthriscus • Schlehengebüsch: Prunus spinosa-Gesell- phylletum aromatici Neuhäuslová-Novotná sylvestris-(Lamio albi-Chenopodietalia)- schaft et al. 1969 Gesellschaft • Hartriegel-Gebüsch: Cornus sanguinea- • Glanzkerbel-Saum: Aegopodio-Anthrisce- • Flaum-Hohlzahn-Kräuterflur: Galeopsis Gesellschaft tum nitidii Kopecký 1974 nom. Inv pubescens-(Lamio albi-Chenopodietalia)- Gruppe von Gehölz-Gesellschaften • Saum mit Braunem Storchschnabel: Gera- Gesellschaft • Sommerflieder-Gebüsch: Buddleja davi- nio phaei-Urticetum Hadac et al. 1969 • Galeopsis speciosa-(Lamio albi-Cheno- dii-(Lamio albi-Chenopodietalia)-Gesell- • Saum mit Weißer Taubnessel: Urtico-La- podietalia)-Gesellschaft schaft mietum albi Forstner et Mucina ass. nova Thermophile Gebüschgesellschaften Mittel- • Bocksdorn-Gebüsch: Lycium barbarum- • Saum mit Steifer Rauke: Sisymbrietum europas: Berberidion Br.-Bl. 1950 (Lamio albi-Chenopodietalia)-Gesellschaft strictissimi Brandes in Mucina ass. nova • Thermophiles Haselgebüsch: Populo-Co- • Robinien-Haine und -Gebüsche: Gesell- • Ross-Minzen-Staudenflur: Aegopodio- ryletum Br.-Bl. 1950 schaftsgruppe mit Robinia pseudacacia Menthetum longifoliae Hilbig 1972 Brombeer-Schlehen-Gebüsche: Rubo-Pruni- • Schwarz-Holunder-Gebüsch: Sambucus • Feuchtsaum mit Steifer Wolfsmilch: Eu- on spinosae (R. Tx. 1952) T. Müller in Oberd. nigra-(Lamio albi-Chenopodietalia)-Gesell- phorbietum strictae T. Müller ex Mucina Et al. 1967 schaft • Brennnessel-Girsch-Staudenflur: Aegopo- • Hainbuchen-Schlehen-Gebüsch: Carpino- dium podagraria-Gesellschaft Prunetum R. Tx. 1952

Biotoptypen: Gehölze und Hochstaudenfluren feuchter Standorte

Hochstauden- und Hochgrasfluren • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: BT Flussgreiskrautflur Hochstaudenfluren der tieferen Lagen mäßig häufig • Pflanzengesellschaften: BT Neophytenflur • RL-Kategorie: - Cuscuto europaeae-Convolvuletum se- • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: - pium Impatiens glandulifera-Gesellschaft BT Mädesüßflur Senecionetum fluviatilis Fallopia japonica-Gesellschaft • Pflanzengesellschaften: Humulus lupulus-Gesellschaft Rudbeckia laciniata-Gesellschaft Chaerophyllo hirsuti-Filipenduletum Phragmites australis-Gesellschaft Solidago canadensis-Gesellschaft Filipendulo-Geranietum palustris • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Solidago gigantea-Gesellschaft Lysimachio vulgaris-Filipenduletum land: zerstreut Impatiens parviflora-Gesellschaft Valeriano officinalis-Filipenduletum • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) Aster lanceolatus-Gesellschaft Epilobio hirsuti-Filipenduletum • FFH-Lebensraumtypen: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: 6430 Feuchte Hochstaudenfluren der pla- zerstreut bis mäßig häufig zerstreut naren und montanen bis alpinen Stufe • RL-Kategorie: - • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) 6431 Nitrophile staudenreiche Saumge- • FFH-Lebensraumtypen: - • FFH-Lebensraumtypen: - sellschaften BT Pestwurzflur BT Doldenblütlerflur Schlagfluren • Pflanzengesellschaften: • Pflanzengesellschaften: BT Grasdominierte Schlagflur Chaerophyllo-Petasitetum officinalis Aegopodio-Anthriscetum nitidi • Pflanzengesellschaften: Phalarido-Petasitetum officinalis Chaerophylletum aromatici Calamagrostis epigejos-Gesellschaft • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Chaerophylletum aurei Calamagrostis varia-Gesellschaft? selten (Pann) bis mäßig häufig (ZAlp) Charophyllum hirsutum-Gesellschaft • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • RL-Kategorie: 3 (söAV) Anthriscus sylvestris-Gesellschaft land: zerstreut bis mäßig häufig • FFH-Lebensraumtypen: Aegopodium podagraria-Gesellschaft • RL-Kategorie: - 6430 Feuchte Hochstaudenfluren der pla- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • FFH-Lebensraumtypen: - naren und montanen bis alpinen Stufe selten bis zerstreut (ZAlp) 6431 Nitrophile staudenreiche Saumge- • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) sellschaften • FFH-Lebensraumtypen: BT Brennesselflur 6430 Feuchte Hochstaudenfluren der plana- • Pflanzengesellschaften: ren und montanen bis alpinen Stufe Urtica dioica-Gesellschaft 6431 Nitrophile staudenreiche Saumgesell- schaften

42 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Biotoptypen: Gehölze und Hochstaudenfluren feuchter Standorte

BT Stauden- und farndominierte Schlag- Sisymbrietum strictissimi BT Schlehengebüsch flur Aegopodio-Menthetum longifoliae • Pflanzengesellschaften: • Pflanzengesellschaften: Euphorbietum strictae Carpino-Prunetum Senecioni sylvatici-Epilobietum angustifo- Chaerophyllum hirsutum-Gesellschaft Prunus spinosa-Gesellschaft lii Aegopodium podagraria-Gesellschaft • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Pteridium aquilinum-Gesellschaft Elymus caninus-Gesellschaft land: selten (ZAlp) bis zerstreut • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Anthriscus sylvestris-Gesellschaft • RL-Kategorie: 3- (Pann söAV) zerstreut bis mäßig häufig (ZAlp) Galeopsis pubescens-Gesellschaft BT Neophytengebüsch • RL-Kategorie: - Galeopsis speciosa-Gesellschaft • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: - • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Buddleja davidii-Gesellschaft Waldsäume zerstreut (ZAlp) bis mäßig häufig Lycium barbarum-Gesellschaft Frische bis feuchte Waldsäume • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- BT Nährstoffarmer frischer bis feuchter • FFH-Lebensraumtypen: - land: mäßig häufig (Pann) bis zerstreut Waldsaum über Silikat Gebüsche (söAV) • Pflanzengesellschaften: Gebüsche nasser bis feuchter Standorte • RL-Kategorie: - Epilobio-Geranietum robertiani BT Feuchtgebüsch Strauchmäntel Campanulo rapunculoides-Brachypodie- • Pflanzengesellschaften: BT Strauchmantel feuchter bis nasser tum sylvatici Salicetum auritae Standorte Circaeetum lutetianae Salicetum cinereae • Pflanzengesellschaften: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Phragmiti-Salicetum cinereae Salicetum cinereae selten (Pann) bis mäßig häufig (ZAlp) • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Salicetum auritae • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) selten bis zerstreut (ZAlp) Phragmiti-Salicetum cinereae • FFH-Lebensraumtypen: - • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- BT Nährstoffarmer frischer bis feuchter Gebüsche frischer Standorte land: zerstreut Waldsaum über Karbonat BT Holundergebüsch • RL-Kategorie: 2-3 (Pann, söAV) • Pflanzengesellschaften: • Pflanzengesellschaften: BT Strauchmantel frischer Standorte Epilobio-Geranietum robertiani Sambucus nigra-Gesellschaft • Pflanzengesellschaften: Cephalarietum pilosae Sambucetum racemosae Ligustro-Prunetum Circaeetum lutetianae • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Corylus avellana-Gesellschaft Campanulo rapunculoides-Brachypodie- selten (ZAlp) bis zerstreut Cornus sanguinea-Gesellschaft tum sylvatici • RL-Kategorie: - Rubo-Coryletum • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: BT Haselgebüsch Carpino-Prunetum selten bis zerstreut (ZAlp) • Pflanzengesellschaften: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) Carpino-Populetum land: zerstreut (ZAlp) bis mäßig häufig • FFH-Lebensraumtypen: Rubo-Coryletum • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) BT Nährstoffreicher frischer-feuchter Populo-Coryletum BT Strauchmantel stickstoffreicher, ru- Waldsaum Carpino-Prunetum deraler Standorte • Pflanzengesellschaften: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • Pflanzengesellschaften: Sambucetum ebuli zerstreut bis mäßig häufig (Pann) Sambucus nigra-Gesellschaft Conio-Chaerophylletum bulbosi • RL-Kategorie: 3- (söAV) Sambucetum racemosae Alliario-Chaerophylletum temuli BT Hartriegelgebüsch • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Anthriscetum trichospermi • Pflanzengesellschaften: land: selten (ZAlp) bis mäßig häufig (Pann) Lactuco-Anthriscetum caucalidis Cornus sanguinea-Gesellschaft • RL-Kategorie: - Anthrisco-Asperugetum procumbentis • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Einzelbäume und -sträucher, Baumreihen Torilidetum japonicae selten (ZAlp) bis zerstreut und Alleen, Baumbestände Urtico-Cruciatetum laevipidis • RL-Kategorie: 3- (Pann söAV) Einzelbäume und -sträucher Urtico-Parietarietum officinalis BT Brombeer- und Kratzbeer-Gestrüpp BT Kopfbaum Alliaria petiolata-Gesellschaft • Pflanzengesellschaften: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Chelidonium majus-Gesellschaft Rubo-Coryletum land: selten Impatiens parviflora-Gesellschaft Rubus caesius-Gesellschaft • RL-Kategorie: 1 (Pann, söAV) Chaerophylletum aromatici • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Chaerophylletum aurei zerstreut bis mäßig häufig (söAV) Aegopodio-Anthriscetum nitidi • RL-Kategorie: - Geranio phaei-Urticetum Urtico-Lamietum albi

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 43 Feuchtwiesen und -brachen Äcker von Wiesen zu unterscheiden sollte wohl kein Problem sein, auch wenn das Getreide eigentlich aus Grä- sern besteht und im Frühjahr bzw. als Wintergetreide kurzrasig und grün er- scheint. Doch bei den Wiesen wird dies zunehmend zum Problem, nicht nur für Fachleute. Wiese ist nicht gleich Wiese! In dieser Hinsicht lassen sich die Wiesen und Weiden der traditionel- Feuchtwiesen im Vorgelände des Neusied- len Kulturlandschaft vom modernen bzw. mehr als zweimal im Jahr gemäht. ler Sees (www.aufsichten.com) Wirtschaftsgrünland unterscheiden. Bei den Weiden wiederum haben Vor allem die traditionell gemähten das Weidevieh (Pferde, Rinder, Ziegen, Wiesen auf mageren, d.h. nährstoffar- gen Wiesenvegetation ein entscheiden- Schafe u.a.) sowie der Zeitpunkt und men, Standorten und die Feuchtwie- der Faktor. die Dauer des Auftriebs einen wesent- sen zählen zu den naturschutzfachlich So ist die Unterscheidung des ge- lichen Einfluss auf die Zusammenset- wertvollsten Pflanzengemeinschaften mähten vom beweideten Grünland in zung der Vegetation. Auch hier ist zwi- der Wiesenvegetation. Wiesen und Weiden grundlegend. Bei schen extensiven, d. h. zeitweiser oder Die natürliche Gliederung der Wie- den Wiesen sind der Zeitpunkt und die räumlich ausgedehnter, und intensiver sen erfolgt nach dem Standort, etwa Häufigkeit (Frequenz) der Mahd sowie Beweidung (z. B. Dauerweide, Flächen- nach der Höhenlage (Höhenstufe), dem der jeweilige Geräteeinsatz (Sensen, zäunung) zu unterscheiden. Wasserhaushalt (z. B. nach der Nieder- Balkenmäher oder moderne Trommel- Traditionelle Nutzungsarten sind in schlagsmenge, entsprechend dem Kli- und Scheibenmähwerke) von Bedeu- den meisten Fällen jedoch nur mehr matyp, nach dem Überschwemmungs- tung. Intensiv genutzte Wiesen (=Inten- im Rahmen von Vertragsnaturschutz- und Grundwassereinfluss etc.) oder sivwiesen) werden in der Regel gedüngt Vereinbarungen (z. B. Österreichi- nach dem Substrat (geologischer Un- sches Programm zur Förderung einer tergrund und Böden). Differenzierend Gelbe Taglilie (Hemerocallis lilioasphode- umweltgerechten, extensiven und den wirkt nicht zuletzt die Nutzungsart, lus) – eine stark gefährdete Art extensiv natürlichen Lebensraum schützenden sie ist für die Abgrenzung der heuti- bewirtschafteter Feuchtwiesen des Süd- Landwirtschaft, abgekürzt ÖPUL) burgenlandes (J. Weinzettl) aufrecht zu erhalten. Zu groß ist der Druck, die Bewirtschaftung auf im- mer größeren Betriebsflächen zu in- tensivieren. Wenn das Grünland der allgemeinen Produktivitätssteigerung oder dem „Markt“ nicht entspricht, kam oder kommt es zur Änderung der Kulturart. Ein Großteil der Niede- rungswiesen und Talwiesen Ostöster- reichs wurde so in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, etwa bis in die siebziger Jahre, in Äcker umgewan- delt. Ende der achtziger Jahre und in den neunziger Jahren entspannte sich die Situation zwar, doch fanden echte Wiesenrückführungen nur in einem

44 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz begrenzten Umfang statt. Der Be- stand insbesondere an Feuchtwiesen blieb nur mehr in Resten erhalten, ein Teil des umgebrochenen, ehemaligen Grünlandes verbrachte (s. u.). Durch das Auslaufen der konjunkturellen Stilllegung steht nun ein Großteil die- ser faktisch zu Grünland gewordenen Brachen einer weiteren (intensiven) Nutzung offen. Auch Optionen der Biomassenutzung des Grünlandes sind der intensiven Nutzungsart zuzurech- nen. So gesehen bleibt das Grünland, insbesondere die Feuchtwiesen, natur- schutzfachlich wie auch wirtschaftlich in einer kritischen Situation. Als wichtige Feuchtwiesengebiete Pfeifengraswiesen („Molinietum“) – verblieben im Burgenland im Norden eine im Burgenland weitgehend abhan- passiven Hochwasserschutzes wurde die Leithaniederung, mit ausgedehn- den gekommene, naturnahe Wiesenge- erwähnt, die Erhaltung dieser Wiesen ten Grundwasser-Austrittsflächen an sellschaft grundwassernaher Standorte im Rahmen (natur-) touristisch inte- der Kleinen Leitha, weiters Feucht- (J. Weinzettl) ressanter Gebiete und im Sinne des wiesen des Seevorgeländes und Teile EU-Habitatschutzes ist ein weiteres der Zitzmannsdorfer Wiesen. Zu er- Die Talwiesen an der Raab wurden, (Landschaftsschutzgebiete, Natur- wähnen sind auch manche Wiesenres- da in einer Gunstlage des Maisanbaues parks, Natura 2000-Gebiete etc.). te in den Talböden des Mattersburger gelegen, schon sehr früh umgebrochen. Wirtschaftlich ergeben sich einige Hügellandes (z. B. Natur- und Land- Hinzu kamen die Flussregulierung und Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen schaftsschutzgebiet Teichwiesen) oder die Entwässerung des Talbodens. An- der Qualitätsproduktion (Futterheu, die Schattendorfer Grenzwiesen. Im sonsten befinden sich Feuchtwiesen Beweidung im Rahmen artgerech- Mittelburgenland sind hierfür in erster noch in manchen Tälern des südbur- ter Nutztierhaltung usw.), aber auch Linie kleinere Bachtäler im Mittelgebir- genländischen Hügellandes (z. B. NSG im Hinblick auf eine bioenergetische ge zu nennen (z. B. Erlaubach bei Dörfl, Zickenbachtal). Nutzung des Grünlandes („Kraftwerk Günstal). Die einst weitläufig von Wie- Perspektiven für die Feuchtwie- Wiese“). Hier stehen Forschung und sen eingenommene Rabnitz-Niederung sen ergeben sich nicht nur aus ihrem Entwicklung allerdings erst am Anfang ist schließlich nur noch als historisches Nutzwert, obgleich in diesem Zusam- und es bedarf weiterer naturschutz- Wiesengebiet erwähnenswert. menhang die meisten Anreize zur Wei- fachlicher Bewertungen bzw. eines Im Südburgenland konzentrie- terführung der Bewirtschaftung liegen. differenzierteren Nutzungsansatzes. ren sich die letzten größeren zusam- Ihre Biodiversität und die Diversität Von den wichtigsten Wiesentypen menhängenden Feuchtwiesen auf das der vom Wasser beeinflussten Stand- seien hier einige kurz erwähnt. Sie bil- Strem- und das Lafnitztal, wobei an orte stellen jedenfalls einen Wert für deten auch den Schwerpunkt der Kar- der Lafnitz größere Flächen als passive sich dar. Artenreiche, abwechslungs- tierung. Hochwasserschutzmaßnahme in das reich blühende Wiesen stellen wichtige Glatthaferwiesen (Arrhenatheri- öffentliche Wassergut überführt wur- ökologische Ausgleichsflächen dar, ab- on) nehmen meist frische bis mäßig den (z. B. NSG Stögersbachmündung). gesehen von ihrem hohen Erholungs- trockene Standorte der Talböden ein. Damit sollten naturnaher Retentions- und Erlebniswert. In diesem Zusam- Auf gut versorgten Böden bilden sie raum gesichert und weitere, überwie- menhang bilden sie als Elemente der ertragreiche Fettwiesen, wobei nur gend harte Regulierungen und Damm- Kulturlandschaft einen Schwerpunkt die traditionell gemähten Wiesen dem bauten überflüssig werden. der Landschaftspflege. Das Beispiel des Glatthafertyp entsprechen. Alte, einge-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 45 wachsene und extensiv genutzte Wie- sen genutzt, heute bilden sie vielfach genständlichen Kartierung wurden die sen, insbesondere auf trockenen oder Brachen, welche mehr oder weniger Salzwiesen und Salzsümpfe der See- nährstoffärmeren Standorten, können regelmäßig gehäckselt werden. Dau- winkellacken als Teil des Nationalparks sehr artenreich sein. Außerhalb der erbrachen dieses Typs werden in kur- Neusiedler See nicht aufgenommen. Schutzgebiete sind solche Wiesen al- zer Zeit von Weidengebüschen (vor Ihre Erfassung bleibt der FFH-Le- lerdings sehr selten geworden. allem Aschweiden) oder vom Auwald bensraumtypenkartierung vorbehal- Auf feuchten Böden mit wechselnd abgelöst. Natürliche oder naturnahe, ten, welche hier später integriert wer- hohen Grundwasserständen bilden extensiv genutzte Seggenriede sind am den kann. Anzumerken ist jedoch der wiederum Fuchsschwanzwiesen mit Rande größerer Seeröhrichte ausgebil- schwach halophile Charakter des Nass- dem namengebenden Fuchsschwanz- det (z. B. im Vorgelände des Neusied- grünlandes der nordburgenländischen gras (Alopecurus pratensis) die Leit- ler Sees). Auch sie zählen heute zu den Leithaniederung. Diese Standorte wur- gesellschaft. Der Wiesentyp ist in den Pflegefällen des Naturschutzes. den im Rahmen des Feuchtgebietsin- Auen noch verbreitet, wobei aber auch Einen Sonderfall stellen die Salzwie- ventars jedenfalls erfasst. hier enorme Flächenverluste zu ver- sen des Seewinkels dar, welche stark Brachen wiederum sind spontan zeichnen sind. Feuchtwiesen auf Stand- vom sommerwarmen, windreichen entstandene Vegetationsbestände auf orten mit (permanent) hohem Grund- pannonischen Klima und aufsteigen- nicht mehr genutzten, landwirtschaft- wasserstand werden einerseits durch den, mit löslichen Salzen (z. B. Nat- lichen Flächen. Als ehemals unver- Bachdistelwiesen bzw. die Gruppe der rium) angereicherten Grundwasser zichtbarer Bestandteil der Dreifeld- Dotterblumen-Wiesen (Calthenion) geprägt und bedingt sind. Die hohe erwirtschaft wurden Brachen gezielt und andererseits durch die ehemals Evapotranspiration fördert die Salzan- eingesetzt, um die Bodenfruchtbarkeit vielfältigen Pfeifengraswiesen (Moli- reicherung im Boden. In den Uferzo- zu erhalten. Das war Teil der histori- nion) repräsentiert. Letztere sind im nen der Lacken ist eine Reihe natürli- schen landwirtschaftlichen Praxis und Burgenland vom Aussterben bedroht. cher Salzpflanzengesellschaften, meist entsprach dem damaligen Verständnis. Auf Boden mit Wasserüberschuss in zonierter Anordnung bzw. Abfolge, Man würde heute dazu Agrarmaß- und langer Überflutungsdauer sind ausgebildet. Sie gehen im Weiteren in nahme oder Agrarmanagement sa- wiederum Nasswiesen charakteris- die eigentlichen Salzwiesen über, wel- gen, ganz sicher war es jedoch eine tisch. Sie werden von den verschiede- che auch als Weiden bewirtschaftet landschaftsprägende Nutzungsart. Im nen Großseggen in mehreren Pflan- werden können. Im Rahmen der ge- Zuge des Düngemitteleinsatzes, insbe- zengesellschaften gebildet. Traditionell sondere von Mineraldünger, und der wurden die Nasswiesen als Streuwie- Grau-Steppenaster (Galatella cana) Intensivierung der landwirtschaftli- (E. Köllner) chen Produktion im 20. Jahrhundert verschwanden Brachen zunehmend aus der Landschaft. Die auf der Fläche nahezu hundertprozentig intensiv ge- nutzte Agrarlandschaft entstand vor allem im pannonischen Flachland und in den Hügelländern im Vorfeld der Al- pen. Hier gab es etwa in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts kaum mehr Brachen, zumindest nicht solche, welche ganze Parzellen oder größere Flurstücke einnahmen. Diese Situation unterschied sich allerdings zu jener der damaligen Agrarlandschaften Ungarns, welche durchaus von ungenutzten Flächen durchsetzt waren und teilweise einen

46 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz extensiv genutzten Eindruck mach- raschwüchsiger Energieholzplantagen ten. Die Intensivierung der landwirt- geführt hat. Für das Feuchtgebietsin- schaftlichen Nutzung geschah dort ventar könnte dieser Umstand die Ak- allerdings über die Vereinheitlichung tualität der Flächendarstellung in den und Zusammenführung der am bes- nächsten Jahren beeinflussen. ten geeigneten Standorte zu großen Grundsätzlich sind für die ökologi- Produktionsflächen, unter Aufgabe sche Ausprägung und die Beurteilung der örtlichen Nutzungs-, Besitz- und von Brachen die Dauer der Brachle- Flächenstrukturen. gung, Standort und Lage der Fläche, In den neunziger Jahren entstanden die Vornutzung sowie das Start- und in Österreich als Maßnahme zur Ent- Folgemanagement von Bedeutung lastung des Agrarmarktes sogenannte (nach A. Ringler). Maßnahmen des konjunkturelle Stilllegungsflächen, eine landwirtschaftlichen bzw. landschafts- gezielte und geförderte Brachlegung pflegerischen Managements sind etwa von Äckern, allerdings weitgehend ein mehr oder weniger regelmäßiger ohne ökologische Auflagen bzw. ohne Schnitt, unter zumindest teilweisem eine entsprechende Auswahl. Daneben Abtransport des Mähgutes, das ein- bis wurden zunehmend landwirtschaftlich zweimalige Häckseln (Mulchen) der genutzte Flächen bzw. Biotope im Rah- Fläche im Jahr, das Grubbern und die men des Vertragsnaturschutzes exten- Beweidung. Prognosen zur Entwick- siviert oder von Naturschutzverbänden lung der jeweiligen Brachflächen sind erworben bzw. langfristig gepachtet. allerdings oft nur schwer zugeben, wo- Nach dem Beitritt Österreichs zur Eu- bei auch „unerwünschte“ Entwicklun- ropäischen Union wurden einige Ex- gen möglich sind (Dominanzbestän- tensivierungsmaßnahmen und solche de, Neophyten, Problemunkräuter) der ökologisch qualifizierten Nut- und „Unvorhergesehenes“ jederzeit zungsaufgabe im Rahmen des ÖPUL eintreten kann. Zumindest die als na- durchgeführt, wobei die aktuellen Ver- turschutzfachlich relevant erkannten einbarungen bis 2013 laufen. Flächen sollten weiter beobachtet und Brachen entstanden u. a. auch durch es sollten bei Bedarf Pflege- bzw. Er- das Auflassen der Wiesennutzung oder haltungsmaßnahmen gesetzt werden. als Sozialbrachen, insbesondere im Die wichtigsten Brachetypen sind: Wiesen-Siegwurz (Gladiolus imbricatus) Zuge des Rückganges der kleinbäuerli- • Rotationsbrache: ein- bis mehrjähri- (J. Weinzettl) chen Landwirtschaft. Manche Brachen ges Wechseln zwischen Nutzung und haben sich zu ökologisch interessanten Brachlegung, jedenfalls kurzfristig be- Die wichtigsten, zumeist längerfris- und naturschutzfachlich wertvollen stehend tig bestehenden Brachetypen in den Ausgleichsflächen und Vernetzungs- • Dauerbrache: langfristig bestehend, Feuchtgebieten sind Gräserbrachen elementen entwickelt, sodass deren be- meist ohne Management; nach länge- (Extensivwiesen), Hochstaudenfluren wusste Erhaltung bzw. Einplanung im rer Liegezeit Umwandlung in Exten- und Großseggenwiesen (Riede). Sinne der Landschaftspflege und des sivwiese Die Diversität wechselt je nach Bra- Naturschutzes sinnvoll erscheint. • Grünbrache: mit Bewuchs, meist mit chestadium. Meist ist die Anfangspha- Die konjunkturellen Stilllegungs- Management se sehr artenreich (Acker- und Wiesen- flächen wurden schließlich 2009 als • Buntbrache: mit Aussaat (z. B. Pha- brachen) und verringert sich im Zuge Programm aufgelassen, was seither zu celia, Wildäsungsflächen) der Sukzession. Spätere Phasen, etwa einem vermehrten Umbrechen auch • Schwarzbrache: ohne Bewuchs, na- bei beginnendem Gehölzaufkommen, der mittlerweile wertvoll gewordenen turschutzfachlich kaum von Bedeu- weisen wiederum ein erhöhte Struk- Brachflächen und v. a. zur Pflanzung tung tur- und damit Artendiversität auf.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 47 Vegetation lebensräume des Burgenlandes charak- Österreichs entsprechen den Feucht- Für Feuchtwiesen und Feuchtbrachen teristische Pflanzengesellschaften. wiesen und Feuchtbrachen die folgen- können die folgenden Vegetationsein- den, ausgewählten Biotoptypen (BT). heiten angeführt werden (Grabherr & Biotoptypen Mucina 1993). Dabei handelt es sich Nach der Biotoptypenliste des Um- um Vegetationsverbände und ausge- weltbundesamtes bzw. der Roten Lis- wählte, für die Gewässer- und Feucht- te (RL) der gefährdeten Biotoptypen

Vegetation: Feuchtwiesen und -brachen

Planar-subalpine Kleinseggengesellschaf- • Großer Wiesenknopf-Auenwiese: Sangu- palustris Darimont ex Bal.-Tul. 1973 ten basenreicher Niedermoore: Caricion isorbo-Festucetum commutatae Bal.-Tul. • Waldsimsen-Wiese: Scirpetum sylvatici davallianae Klika 1934: z. B. Zitzmannsdor- 1959 Ralski 1931 fer Wiesen Tal-Fettwiesen: Arrhenatherion Koch 1926 • Wiesenknopf-Schlangen-Knöterich-Wie- • Gesellschaft der Schwarzen Kopfbinse: • Tal-Glatthafer-Wiese, Fromental-Wiese: se: Sanguisorbo-Polygonetum bistortae Bal.- Junco obtusiflori-Schoenetum nigricantis Pastinaco-Arrhenatheretum Passarge 1964 Tul. 1983 Allorge 1921 • Knollen-Hahnenfuß-Glatthaferwiese: Ra- Kälberkropf-Wiesen: Chaerophyllum hirsu- • Gesellschaft der Stumpfblütigen Binse: nunculo bulbosi-Arrhenatheretum Ellmauer tum-(Molinietalia)-Gesellschaft Juncetum subnodulosi Koch 1926 in Ellmauer et Mucina 1993 Rasen-Schmielen-Wiese: Deschampsia cespi- • Davallseggengesellschaft: Caricetum dav- • Fuchsschwanz-Frischwiese: Ranunculo re- tosa-(Molinietalia)-Gesellschaft allianae Dutoit 1924 pentis-Alopecuretum pratensis Ellmauer in Mädesüß-Gesellschaft: Filipendula ulmaria- Großseggen-Flachmoore mesotropher Ellmauer et Mucina 1993 (Molinietalia)-Gesellschaft Standorte: Magnocaricion elatae Koch 1926 • Ruderale Glatthafer-Wiese: Tanaceto-Ar- Brenndolden-Überschwemmungswiesen: • Steifseggen-Sumpf: Caricetum elatae Koch rhenatheretum Fischer ex Ellmauer in Ell- Cnidion Bal.-Tul. 1966 1926 mauer et Mucina 1993 • Sumpf-Platterbsen-Auenwiese: Lathyro • Rispenseggen-Sumpf: Caricetum panicu- • Wegwarten-Wegrand-Gestrüpp: Cicho- palustris-Gratioletum Bal.-Tul. 1966 latae Wangerin ex von Rochow 1951 rietum intybi R. Tx. ex Sissingh 1969 • Frühe-Seggen-Auenwiese: Gratiolo-Cari- • Fuchsseggen-Gesellschaft: Caricetum vul- • Italienisches-Raigras-Matten: Lolietum cetum suzae Bal.-Tul. 1966 pinae Soó 1927 multiflorae Dietl et Lehmann 1975 • Brenndolden-Auenwiese: Cnidio dubii- • Sumpfseggen-Gesellschaft: Caricetum • Filipendulo vulgaris-Arrhenatheretum Violetum pumilae (Korneck 1962) Bal.-Tul. acutiformis Eggler 1933 • Bromus hordeaceus-Gesellschaft 1969 • Schlankseggen-Sumpf: Caricetum gracilis Fettweiden und Parkrasen: Cynosurion R. • Gnadenkraut-Auenwiese: Gratiolo-Cari- Almquist 1929 Tx. 1947 cetum fuscae Wagner 1950 • Kammseggen-Ried: Caricetum interme- Rotschwingel-Straußgras-Weide: Festuco • Filz-Seggen-Auenwiese: Ophioglosso-Ca- diae Steffen 1931 commutatae-Cynosuretum R. Tx. ex Bü- ricetum tomentosae Wagner 1950 • Blasenseggen-Sumpf: Caricetum vesicariae ker 1942 • Wegerich-Überschwemmungs-Wiese: Chouard 1924 • Weidelgras-Weiden: Lolio perennis-Cyno- Serratulo-Plantaginetum altissimae Ilijanić‘ • Uferseggen-Sumpf: Galio palustris-Cari- suretum Br.-Bl. et de Leeuw 1936 1968 cetum ripariae Bal.-Tul. et al. 1993 Parkrasen: Trifolio repentis-Veronicetum fili- Illyrische Überschwemmungswiesen: De- Pfeifengras-Streuwiesen: Molinion Koch formis N. Müller 1988 schampsion Horvatić 1930 1926 Calthion: Feucht- und Nasswiesen R. Tx. 1937 • Rasenschmielen-Wiese: Succisello in- • Mitteleuropäische Pfeifengras-Wiese: Se- em. Bal.-Tul. 1978 flexae-Deschampsietum cespitosae Ellmau- lino-Molinietum caeruleae Kuhn 1937 Dotterblumen-Wiesen: Calthenion (R. Tx. er in Ellmauer et Mucina 1993 • Pannonische Blaugras-Pfeifengraswie- 1937) Bal.-Tul. 1978 Verband der Flutrasen: Potentillion anseri- se: Succiso-Molinietum caeruleae (Kovács • Kohl-Distel-Wiese: Angelico-Cirsietum nae R. Tx. 1947 1962) Soó 1969 oleracei R. Tx. 1937 • Knickfuchsschwanz-Gesellschaft: Ranun- • Duftlauch-Pfeifengras-Wiese: Allio sua- • Graue Distel-Wiese: Scirpo-Cirsietum cani culo repentis-Alopecuretum geniculati R. veolentis-Molinietum Görs in Oberd. ex Bal.-Tul. 1973 Tx. 1937 Oberd. 1983 • Rasen-Seggen-Wiese: Caricetum cespito- • Straußgras-Schotterflur: Rumici crispi- • Lungen-Enzian-Streuwiese: Gentia- sae Steffen 1931 Agrostietum stoloniferae Moor 1958 no pneumonanthes-Molinietum litoralis • Bach-Distel-Wiese: Cirsietum rivularis • Rohrschwingel-Rasen: Dactylido-Festuce- Ilijanić ex Kuyper et al. 1978 Nowinski 1928 tum arundinaceae R. Tx. ex Lohmeyer 1953 • Binsen-Pfeifengras-Wiese: Junco-Molinie- • Spreiz-Klee-Wiesen: Trifolio patentis-Cal- • Roßminzen-Blaubinsen-Hochstaudenflur: tum Preising in R. Tx. et Preising ex Klapp thetum Kuyper et al. 1978 Junco inflexi-Menthetum longifoliae Loh- 1954 • Baldrian-Kohldistel-Wiese: Valeriano-Cir- meyer 1953 • Silgen-Auenwiese: Silaetum pratensis sietum oleracei Kuhn 1937 • Gänsefingerkraut-Gesellschaft: Agrostis Knapp 1954 • Binsen-Weide: Epilobio-Juncetum effusi stolonifera-Potentilla anserina-Gesellschaft • Färber-Scharten-Auenwiese: Serratulo- Oberd. 1957 • Kriechfingerkraut-Gesellschaft: Potentilla Festucetum commutatae Bal.-Tul. 1966 • Sumpf-Distel-Wiesen: Angelico-Cirsietum reptans-Gesellschaft 48 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Vegetation: Feuchtwiesen und -brachen

• Kriechhahnenfuß-Gesellschaft: Ranunculus • Spieß-Melden-Salzflur: Atriplicetum pros- • Nassbrachen-Ysop-Blutweiderichgesell- repens-Gesellschaft tratae Wenzl 1934 corr. Gutermann et Mu- schaft: Veronico anagalloidis-Lythretum • Pfennigkraut-Gesellschaft: Lysimachia cina in Mucina 1993 hyssopifoliae Wag-ner ex Holzner 1973 nummularia-Gesellschaft • Salz-Zyperngras-Flur: Cyperetum panno- • Cerastio-Ranunculetum sardoi Oberd. ex Binnenländische Salzsumpfwiesen: Scor- nici (Soó 1933) Wendelberger 1943 Vicherek 1968 zonero-Juncion gerardii (Wendelberger 1943) Zickgraswiesen auf Solontschakböden: Puc- • Centunculo-Radioletum linoides Krippel Vicherek 1973 cinellion peisonis Wendelberger 1943 corr. Soó 1959: verschollen! • Salz-Gänseweide: Loto-Potentilletum an- 1957 • Salzbunge-Zypergrasgesellschaft: Samolo- serinae Vicherek 1973 • Solontschak mit Salz-Kresse: Lepidietum Cyperetum fusci Müller-Stoll et Pietsch 1985 • Scorzonero parviflorae-Juncetum gerardii crassifolii Wenzl 1934 • Zypergras-Rumpfgesellschaft: Cyperus fu- (Wenzl 1934) Wendelberger 1943 • Neusiedler-Zickgras-Flur: Atropidetum scus-Gesellschaft • Taraxaco bessarabici-Caricetum distantis peisonis Franz et al. 1937 Ackerunkrautgesellschaften der versalzten Wendelberger 1943 Solonetz-Fluren: Puccinellion limosae Klika Böden: Matricario chamomillae-Chenopodi- • Carici distantis-Eleocharitetum quinque- et Vlach 1937 on albi Timár 1954 florae (Wendelberger 1950) Mucina 1993 • Plantagini tenuiflorae-Pholiuretum panno- • Matricario chamomillae-Atriplicetum li- Therophytenreiche Solontschakgesellschaf- nici (Soó 1933) Wendelberger 1943 toralis Timár 1954 ten: Cypero-Spergularion salinae Slavnić 1948 • Salz-Gersten-Pußta: Hordeetum hystricis Knöterich-Spörgel-Gesellschaften: Spergu- • Grasschmalz-Flur: Salicornietum prostra- Wendelberger 1943, ausgestorben? lo-Oxalidion Görs in Oberd. Et al. 1967 tae Soó 1964 • Kampferkraut-Flur: Camphorosmetum an- • Hirse-Vielsamiger Gänsefuß-Unkrautge- • Mitteleuropäische Strand-Salzmelden- nuae Wenzl 1934 sellschaft: Panico-Chenopodietum polysper- Flur: Crypsido aculeatae-Suaedetum mari- • Zickgrasland mit Sumpf-Salzschwaden: mi R. Tx. 1937 timae (Wendelber-ger 1943) Mucina 1993 Puccinellietum limosae Soó 1936 Weitere: • Flur der Ungarischen Salzmelde: Suaedetum Zwergbinsen-Verband: Nanocyperion Koch • Graben-Schilf-Röhricht: Phragmites aust- pannonicae (Soó 1933) Wendelberger 1943 ex Libbert 1932 ralis- (Senecionion)-Gesellschaft • Dorngras-Solontschak-Gesellschaft: Cryp- • Acker-Kleinlingsgesellschaft: Centunculo- • Kriech-Quecken-Ruderalrasen: Elymus sidetum aculeatae Wenzl 1934 em. Mucina Anthocerotetum punctati Koch ex Libbert repens-Gesellschaft 1993 1932 • Reitgras-Feldraine: Camalagrostis epigejos- • Atriplici prostratae-Chenopodietum • Krötenbinsen-Fahrspur-Gesellschaft: Gesellschaft crassifolii Slavnić 1948 corr. Gutermann et Juncetum bufonii Felföldy 1942 Mucina in Mucina 1993

Biotoptypen: Feuchtwiesen und -brachen

Kleinseggenriede Caricetum elatae Caricetum intermediae Basenreiches Kleinseggenried Caricetum paradoxae Caricetum vulpinae BT Basenreiches, nährstoffarmes Klein- Caricetum paniculatae Caricetum melanostachyae seggenried Caricetum cespitosae • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • Pflanzengesellschaften: Caricetum buekii land: zerstreut Junco obtusiflori-Schoenetum nigricantis • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • RL-Kategorie: Pann 3, söAV 2-3 Juncetum subnodulosi zerstreut • FFH-Lebensraumtypen: - Caricetum davallianae • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) SUBTYP Schneidbinsenried • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • FFH-Lebensraumtypen: - • Pflanzengesellschaften: land: sehr selten BT Großseggenried rasig Mariscetum serrati • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) • Pflanzengesellschaften: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • FFH-Lebensraumtypen: Cicuto-Caricetum pseudocyperi land: Pann selten, fehlt söAV 7230 Kalkreiche Niedermoore Caricetum acutiformis • RL-Kategorie: Pann 3 Großseggenriede Caricetum gracilis • FFH-Lebensraumtypen: BT Großseggenried horstig Caricetum vesicariae *7210 Kalkreiche Sümpfe mit Cladium • Pflanzengesellschaften: Galio palustris-Caricetum ripariae mariscus und Arten des Caricion daval- lianae

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 49 Biotoptypen: Feuchtwiesen und -brachen

Grünland feuchter bis nasser Standorte • FFH-Lebensraumtypen: BT Überschwemmungswiese Feucht- und Nassgrünland nährstoffarmer 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Bo- • Pflanzengesellschaften: Standorte den, torfigen und tonig-schluffigen Böden Dactylido-Festucetum arundinaceae BT Basenreiche Pfeifengras-Streuwiese (Molinion caeruleae) Potentillion anserinae • Pflanzengesellschaften: Feucht- und Nassgrünland nährstoffreicher Cnidion p. p. Succiso-Molinietum caeruleae Standorte • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Gentiano pneumonanthes-Molinietum BT Feuchte bis nasse Fettwiese land: zerstreut bis selten (große Flusstäler) litoralis • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: Pann 2-3, söAV 2 Allio suaveolentis-Molinietum Scirpo-Cirsietum cani • FFH-Lebensraumtypen: - Silaetum pratensis Cirsietum rivularis Grünlandbrachen nasser bis feuchter Serratulo-Festucetum commutatae Trifolio patentis-Calthetum Standorte • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Valeriano-Cirsietum oleracei BT Basenreiche Pfeifengras-Streuwie- land: selten Angelico-Cirsietum palustris senbrache • RL-Kategorie: RL 1 (Pann, söAV) Scirpetum sylvatici • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: Sanguisorbo-Polygonetum bistortae Succiso-Molinietum caeruleae 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Lychnido floris-cuculi-Festucetum rubrae Silaetum pratensis Boden, torfigen und tonig-schluffigen Bö- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Gentiano pneumonanthes-Molinietum den (Molinion caeruleae) Pann selten, sonst zerstreut mit Schwerpunkt litoralis BT Basenreiche feuchte bis nasse Mager- im söAV Allio suaveolentis-Molinietum weide • RL-Kategorie: Pann 1, söAV 2 • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: - land: selten bis sehr selten Succiso-Molinietum caeruleae BT Feuchte bis nasse Fettweide • RL-Kategorie: 1 (Pann, söAV) Gentiano pneumonanthes-Molinietum li- • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: - toralis Epilobio-Juncetum effusi 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Allio suaveolentis-Molinietum Junco inflexi-Menthetum longifoliae Boden, torfigen und tonig-schluffigen Silaetum pratensis Mentho aquaticae-Juncetum effusi Böden (Molinion caeruleae) Serratulo-Festucetum commutatae Scirpetum sylvatici BT Basenarme Pfeifengras-Streuwiesen- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Deschampsia cespitosa-Molinietalia- brache land: Pann fehlend?, söAV sehr selten Gesellschaft • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: Pann -, söAV 1 Angelico-Cirsietum oleracei Junco-Molinietum • FFH-Lebensraumtypen: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Juncetum sylvatici 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Pann sehr selten, söAV zerstreut bis selten Sanguisorbo-Festucetum commutatae Boden, torfigen und tonig-schluffigen Bö- • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- den (Molinion caeruleae) • FFH-Lebensraumtypen: - land: Pann fehlend?, söAV sehr selten BT Basenarme Pfeifengras-Streuwiese BT Pannonische und illyrische Auwiese • RL-Kategorie: Pann?, söAV 1 • Pflanzengesellschaften: • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: - Junco-Molinietum Lathyro palustris-Gratioletum 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Juncetum sylvatici Gratiolo-Caricetum suzae Boden, torfigen und tonig-schluffigen Sanguisorbo-Festucetum commutatae Cnidio dubii-Violetum pumilae Böden (Molinion caeruleae) • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Gratiolo-Caricetum fuscae BT Feuchte bis nasse Grünlandbrache land: Pann fehlend?, söAV sehr selten Ophioglosso-Caricetum tomentosae nährstoffreicher Standorte • RL-Kategorie: Pann -, söAV 1 Serratulo-Plantaginetum altissimae • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: Succisello inflexae-Deschampsietum cespi- Angelico-Cirsietum oleracei 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem tosae Scirpo-Cirsietum cani Boden, torfigen und tonig-schluffigen Bö- Oenantho silaifoliae-Alopecuretum pra- Caricetum cespitosae den (Molinion caeruleae) tensis (=Wiesensilgen-Rebendolde-Fuchs- Cirsietum rivularis BT Basenarme feuchte bis nasse Mager- schwanzwiese, um 1980 bei Rauchwart aus- Trifolio patentis-Calthetum weide gerottet!) Valeriano-Cirsietum oleracei • Pflanzengesellschaften: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Angelico-Cirsietum palustris Junco-Molinietum Pann selten, söAV sehr selten Scirpetum sylvatici Juncetum sylvatici • RL-Kategorie: Pann 2, söAV 1 Sanguisorbo-Polygonetum bistortae Sanguisorbo-Festucetum commutatae • FFH-Lebensraumtypen: - • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- 6440 Brenndolden-Auenwiesen (Cnidion land: selten bis sehr selten land: Pann fehlend?, söAV sehr selten dubii) • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) • RL-Kategorie: Pann -, söAV 1 • FFH-Lebensraumtypen: -

50 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Biotoptypen: Feuchtwiesen und -brachen

Grünland frischer, nährstoffarmer Standorte • FFH-Lebensraumtypen: - Taraxaco bessarabici-Caricetum distantis der Tieflagen BT Intensivweide der Tieflagen Loto-Potentilletum anserinae BT Frische basenreiche Magerwiese der • Pflanzengesellschaften: Carici distantis-Eleocharitetum quinque- Tieflagen Lolio perennis-Cynosuretum florae • Pflanzengesellschaften: Trifolio repentis-Veronicetum filiformis • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Ranunculo bulbosi-Arrhenatheretum • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: land: Pann selten bis sehr selten Filipendulo vulgaris-Arrhenatheretum Pann selten, söAV zerstreut • RL-Kategorie: Pann 2, söAV- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • RL-Kategorie: - • FFH-Lebensraumtypen: Pann zerstreut, söAV selten • FFH-Lebensraumtypen: - *1530 Pannonische Salzsteppen und • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) Grünlandbrachen frischer, nährstoffarmer Salzwiesen • FFH-Lebensraumtypen: Standorte BT Therophytenreiche Salzfläche 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alo- BT Frische basenreiche Grünlandbrache • Pflanzengesellschaften: pecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) nährstoffarmer Standorte der Tieflagen Salicornietum prostratae BT Frische basenreiche Magerweide der • Pflanzengesellschaften: Crypsido aculeatae-Suaedetum mariti- Tieflagen Ranunculo bulbosi-Arrhenatheretum mae • Pflanzengesellschaften: Filipendulo vulgaris-Arrhenatheretum Suaedetum pannonicae Festuco commutatae-Cynosuretum • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Crypsidetum aculeatae • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Pann zerstreut, söAV selten bis sehr selten Atriplici prostratae-Chenopodietum Pann fehlend?, söAV zerstreut bis selten • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) crassifolii • RL-Kategorie: Pann 0, söAV 1-2 • FFH-Lebensraumtypen: Atriplicetum prostratae • FFH-Lebensraumtypen: - 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alo- Cyperetum pannonici Grünland frischer, nährstoffreicher Stand- pecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) Lepidietum crassifolii orte der Tieflagen Grünlandbrachen frischer, nährstoffreicher Atropidetum peisonis Frische Fettwiesen der Tieflagen Standorte Plantagini tenuiflorae-Pholiuretum pan- BT Frische, artenreiche Fettwiese der Tief- BT Frische Grünlandbrache nährstoffrei- nonici lagen cher Standorte der Tieflagen Hordeetum hystricis, ausgestorben? • Pflanzengesellschaften: • Pflanzengesellschaften: Camphorosmetum annuae Pastinaco-Arrhenatheretum Tanaceto-Arrhenatheretum Puccinellietum limosae Ranunculo repentis-Alopecuretum praten- Ranunculo bulbosi-Arrhenatheretum • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- sis Ranunculo repentis-Alopecuretum praten- land: Pann sehr selten (Salzlacken Seewin- Bromus hordeaceus-Gesellschaft sis kel) • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Festuco commutatae-Cynosuretum • RL-Kategorie: 2 (Pann) zerstreut • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: • FFH-Lebensraumtypen: • RL-Kategorie: 2-3 (Pann, söAV) zerstreut bis selten *1530 Pannonische Salzsteppen und • FFH-Lebensraumtypen: • RL-Kategorie: 3 (Pann, söAV) Salzwiesen 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alo- • FFH-Lebensraumtypen: BT Vegetationslose Salzfläche pecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alo- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- BT Intensivwiesen der Tieflagen pecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) land: Pann sehr selten (Salzlacken Seewin- • Pflanzengesellschaften: Salzwiesen und Salztrockenrasen kel) Lolietum multiflorae BT Salzsumpfwiese und -weide • RL-Kategorie: 2 (Pann) Bromus hordeaceus-Gesellschaft • Pflanzengesellschaften: • FFH-Lebensraumtypen: Pastinaco-Arrhenatheretum Scorzonero parviflorae-Juncetum gerardii *1530 Pannonische Salzsteppen und • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Taraxaco bessarabici-Caricetum distantis Salzwiesen Pann zerstreut bis selten, söAV mäßig häufig Loto-Potentilletum anserinae BT Salztrockenrasen bis häufig Carici distantis-Eleocharitetum quinque- • Pflanzengesellschaften: • RL-Kategorie: - florae Artemisietum santonici • FFH-Lebensraumtypen: - • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: Centaureo pannonicae-Festucetum pseu- Frische Fettweiden der Tieflagen Pann selten bis sehr selten dovinae BT Frische, artenreiche Fettweide der Tief- • RL-Kategorie: Pann 2, söAV- • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- lagen • FFH-Lebensraumtypen: - land: Pann sehr selten (Seewinkel) • Pflanzengesellschaften: *1530 Pannonische Salzsteppen und • RL-Kategorie: 2 (Pann) Festuco commutatae-Cynosuretum Salzwiesen • FFH-Lebensraumtypen: • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: BT Salzsumpfbrache *1530 Pannonische Salzsteppen und Pann selten, söAV zerstreut bis selten • Pflanzengesellschaften: Salzwiesen • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) Scorzonero parviflorae-Juncetum gerardii

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 51 Biotoptypen: Feuchtwiesen und -brachen

Stillgewässer • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) • RL-Kategorie: 2 (Pann, söAV) Uferpionierstandorte der Stillgewässer • FFH-Lebensraumtypen: • FFH-Lebensraumtypen: - BT Flutrasen 3130 Oligo- bis mesotrophe stehende Ge- BT Acker auf salzhaltigem Standort • Pflanzengesellschaften: wässer mit Vegetation der Littorelletea uni- • Pflanzengesellschaften: Heleocharito acicularis-Limoselletum florae und/oder der Isoeto-Nanojuncetea Matricario chamomillae-Atriplicetum li- aquaticae Äcker toralis Samolo-Cyperetum fusci Extensiv bewirtschaftete Äcker Veronico anagalloidis-Lythretum hysso- Polygono lapathifolii-Bidentetum BT Acker auf vernässtem Standort pifoliae Bidenti-Polygonetum hydropiperis • Pflanzengesellschaften: Cerastio-Ranunculetum sardoi Rumicetum maritimi Centunculo-Anthocerotetum punctati Samolo-Cyperetum fusci Rumici-Alopecuretum aequalis Juncetum bufonii • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Bidentetum cernui Veronico anagalloidis-Lythretum hyssopi- land: Pann selten Catabroso-Polygonetum hydropiperi foliae • RL-Kategorie: 1 (Pann) Bidenti-Atriplicetum prostratae Rorippo palustris-Myosotetum • FFH-Lebensraumtypen: - • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgen- Panico-Chenopodietum polyspermi land: Pann zerstreut, söAV selten • Verbreitung bzw. Seltenheit im Burgenland: selten

Lungen-Enzian Fink, M., Moog, O. & Wimmer, R. (2000): (Gentiana pneumonanthe) Fließgewässer – Naturräume Österreichs. Um- weltbundesamt (UBA)-Monographien, Band (J. Weinzettl) 128: 110 pp., Wien. Fischer, I., Paar, M. & Weber, E. (1994): Land- schaftsinventar Burgenland. UBA-Monographi- en, Bd. 46, 235 pp., Wien. Fischer, M. A., Oswald, K. & Adler, W. (2008): Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3. Aufl., Biologiezentrum der OÖ Landesmuseen, 1391 pp., Linz. Grabherr, G. & Mucina L. (Hrsg.) (1993): Die Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil II. Na- türliche waldfreie Vegetation, 523 pp., Gustav Fischer Verlag, Jena. Mucina, L., Grabherr, G. & Ellmauer, T. Literatur: (Hrsg.) (1993): Die Pflanzengesellschaften Ös- Dick, G., Dvorak, M., Grüll, A., Kohler, B. & terreichs. Teil I. Anthropogene Vegetation, 578 Rauer, G. (1994): Vogelparadies mit Zukunft? pp., Gustav Fischer Verlag, Jena. Ramsar-Gebiet Neusiedler See - Seewinkel. Um- Mucina, L., Grabherr, G. & Wallnöfer, S. weltbundesamt (Ed.), 356 pp.+ Karten, Wien. (Hrsg.) (1993): Die Pflanzengesellschaften Ös- Essl, F., Egger, G., Ellmauer, T. & Aigner, S. terreichs. Teil III. Wälder und Gebüsche, 353 pp., (2002): Rote Liste gefährdeter Biotoptypen Ös- Gustav Fischer Verlag, Jena. terreichs. Wälder, Forste, Vorwälder. Umwelt- Steiner, G. M. (1992): Österreichischer Moor- bundesamt-Monographien, Band 156: 104 pp. schutzkatalog. Grüne Reihe des BM f. Umwelt, + Karten, Wien. Jugend u. Familie, Band 1, 4. Aufl., 509 pp.+ Kar- Essl, F., Egger, G., Karrer, G., Theiss, M., Aig- ten. ner, S. (2004): Rote Liste der gefährdeten Bio- Traxler A., Minarz E., Englisch T., Fink B., toptypen Österreichs. Grünland, Grünland- Zechmeister H., Essl F. (2005): Rote Liste der brachen und Trockenrasen Hochstauden- und gefährdeten Biotoptypen Österreichs. Moore, Hochgrasfluren, Schlagfluren und Waldsäume Sümpfe und Quellfluren, Hochgebirgsrasen, Gehölze des Offenlandes und Gebüsche. Um- Polsterfluren, Rasenfragmente und Schneebö- weltbundesamt-Monographien, Band 167: 272 den. Umweltbundesamt-Monographien, Band pp., Wien. 174: 286 pp., Wien. Ellmauer, T. & Traxler, A. (2000): Handbuch Weber, E. (2006): Liste der Farn- und Blüten- der FFH-Lebensraumtypen in Österreich. Um- pflanzen des Burgenlandes. 4. Auflage. Veröff. weltbundesamt-Monographien, Band 130, 208 d. Int. CLUSIUS-Forschungsges. Güssing, Heft pp., Wien. 10, 64 pp.

52 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 4. Management von Auen und Bruchwäldern im Burgenland Werner Lazowski Naturschutz-Management ist eine Wortschöpfung unserer Zeit. Doch schon der Begriff von Naturschutz ist gar nicht so klar (Holzner & Kriech- baum 2005, Scherzinger 2005). Schutz vor was oder wem? Veränderung und Zerstörung – als Folgen menschlicher Eingriffe – könnte man anführen, vor denen die Natur zu schützen wäre. Jeg- liche Nutzung würde die Natur ver- ändern und sollte unterbleiben, wäre ein folgerichtiger Schluss. Nun ist Veränderung in gewisser Hinsicht ein kategoriales Merkmal der Natur. Die Ökologie ist die Wissenschaft dieser Regelmäßige Mahd und der Abtransport Veränderungen, der Beziehungen und des Mähgutes bilden notwendige Voraus- Die FFH-Richtlinie definiert die eu- Wechselwirkungen sowie der Stoff- setzungen für die Entstehung und den ropaweit zu schützenden Arten und Erhalt naturschutzfachlich wertvoller und Energieflüsse im Naturhaushalt. Lebensräume (Anhänge I und II), ähn- Wiesen (J. Weinzettl) Jede Dynamik ist mit Veränderungen lich auch die Vogelschutz-Richtlinie. verbunden. tun“ im Naturschutz ist eine bewuss- Beide Richtlinien zielen auf die Schaf- Eine These soll nun formuliert wer- te, heute vielfach geplante Schutzmaß- fung eines Netzwerkes besonderer den. Naturschutz dient der Erhaltung nahme und ohne ein Mindestmaß an Schutzgebiete ab. In diesen nun zum und der Entwicklung von Qualitäten Beobachtung und Monitoring natur- größten Teil bereits deklarierten Na- der Natur. schutzfachlich wertlos. tur 2000-Gebieten soll sich der Erhal- Naturschutz bedient sich dabei der Landschafspflege und Landschafts- tungszustand der Ökosysteme nicht Planung (Einteilung, Bestandesbegrün- gestaltung sind als etablierte Katego- verschlechtern. Zur Erhaltung und dung), der Regelung (z. B. Bestandes- rien den aus der modernen Ökologie nötigenfalls Schaffung eines günsti- regulierung), der laufenden Betreu- kommenden Schutzkonzepten gegen- gen Zustandes der betroffenen Lebens- ung und Pflege (mit vielfach regelnden über zu stellen, nämlich dem Prozess- raumtypen (LRT) und Arten wird ein Funktionen, z. B. Mahd, Gehölzschnitt) schutz bzw. dem „Wildniskonzept“. „Management“ der Natura 2000-Ge- sowie der Nutzung (Ernte, Entnahme Hier ist das „Planen“ und „Eingreifen“ biete vorgeschlagen, welches Erhal- von Biomasse), der Gestaltung (z. B. etwas zurückgestellt, wenn auch nicht tungsmaßnahmen im Rahmen spezi- Anlage, Restaurierung, Initiierung) ganz ausgeschlossen. fischer Entwicklungs- und integrierter bzw. in Verbindung mit der Planung, Auch der Schutzbezug ist einem Bewirtschaftungspläne vorsieht (Arti- der Schaffung räumlicher Vorausset- Wandel unterworfen: von der ge- kel 6). Maßnahmen und Projekte eines zungen für ökologische Entwicklun- schützten Einzelart und dem Na- solchen „Managements“ können aus gen. Schließlich dient die Beobachtung turdenkmal über das klassische bestimmten EU-Fonds (z. B. LIFE+, (z. B. wissenschaftliches Monitoring) Naturschutzgebiet zur Idee der Groß- Regionalentwicklung) gefördert wer- der Analyse und Bewertung, das ist schutzgebiete und dem europäischen den. Qualitätskontrolle (Evaluation). Die Natura 2000-Schutzgebietssystem. Na- Für die Auen- und Feuchtwälder Begriffe weisen einen starken inneren turschutz auf der ganzen Fläche bildet wäre, in traditioneller Hinsicht, viel- Zusammenhang auf. Auch das „Nichts- nun einen umfassenden Bezug. fach eine nachhaltige und naturnahe

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 53 Bewirtschaftung anzuwenden und 1984, Scherzinger 1996). In diesem Zu- Retentionsräumen wurde an anderer für die meisten Bestände auch aus- sammenhang spricht man von Wald- Stelle erwähnt. Auch hier kann auf reichend. Für die Erlenbruchwälder landschaftspflege. Auch die natürliche Traditionen der Mähzeiten, Mähgut- bedeutet das die Aufrechterhaltung Vegetation kann geeignete Leitbilder behandlung und Verwertung, organi- der extensiven Niederwaldwirtschaft bieten. Dabei gilt es, die ökologische sche Düngung oder Extensivnutzung und der Einzelstammnutzung. Bei den Waldentwicklung (u. a. Sukzession) rekurriert werden. Der Nährstof- Hainbuchen- bzw. Hartholzauen wäre und die biologische Vielfalt (Biodiver- fentzug und die Extensivierung des der Hoch- und Mittelwaldbetrieb un- sität) z. B. in Form der natürlichen Ver- Grünlandes sind naturschutzfachlich ter Erhöhung der Umtriebszeiten be- jüngung, aber auch in Form der spe- sinnvoll, aber nicht unbedingt öko- wusster, d. h. durch Anwendung na- zifischen Altersstadien von Alt- und nomisch. So wird das Verhältnis von turnaher Waldbaumethoden, weiter Totholz soweit als möglich in die Be- Aufwand und Wirtschaftlichkeit zu zu entwickeln. Hier wird in Zukunft wirtschaftung zu integrieren. naturschutzfachlichen Erfordernissen ein Ausgleich zwischen Wertholz- Maßnahmen der Landschaftspfle- häufig in Frage gestellt. und Brennholz (Biomasse!)-Nutzung ge und pflegerisch-nachhaltigen Be- Die Mähzeiten wurden u. a. von zoo- zu finden sein. Patentrezepte können wirtschaftung betreffen auch andere logischer Seite diskutiert (Vögel, Säu- jedoch in keinem Fall geboten werden. Gehölzstrukturen wie Hecken und ger, Insekten), auch die Art der Mahd So ist die im Burgenland traditionell im Kopfweiden (z. B. an der Leitha) und und die verwendeten Geräte. Eine Niederwaldbetrieb genutzte Schwar- vor allem das Grünland. Erwähnt sei- ganz neue Diskussion wurde durch zerle durchaus geeignet, ältere Hoch- en etwa die europaweit gefährdeten mögliche Nutzungen der Biomasse waldbestände aufzubauen (Schneide- Feuchtwiesen (z. B. Cnidion, Molinion des Grünlandes angeregt („Kraftwerk und Schälholzqualität!). als FFH-LRT). Die Nutzung der Wie- Wiese“), wenngleich praktikable Lö- Grundsätzlich sollte dem Standort sen in den für den passiven Hoch- sungen erst in Ansätzen erkennbar und seinen Potenzialen entsprechend wasserschutz freigehaltenen Tal- und sind. In ökologischer Hinsicht würde bewirtschaftet werden, unter Verwen- der relativ frühe Nutzungszeitpunkt dung der standortsheimischen Gehöl- ganz erhebliche Auswirkungen auf die Der typisch „invasive Neophyt“ Impa- ze und regionalen Sippen sowie un- tiens glandulifera bildet an Flussufern Artenzusammensetzung und Struktur ter Beachtung naturschutzfachlicher sogenannte „Verdrängungsgesellschaf- des Grünlandes haben, eine mögliche Aspekte (AK forstliche Landespflege ten“ gegenüber der standortsheimischen Düngung ist dabei noch nicht berück- Vegetation. (J. Weinzettl) sichtigt. Hier sind zweifellos in Zukunft Kompromisse zu suchen. Die artenrei- che Magerwiese wird allerdings immer ein Pflegefall des Naturschutzes blei- ben, etwas besser stehen vielleicht die extensiv genutzten Feuchtwiesen da. Jedenfalls nehmen im Rahmen der Naturraumerhebung naturschutzfach- lich wertvolle Wiesengesellschaften allenfalls Minimalpositionen ein. Ob- wohl ihre wirtschaftliche Integrierbar- keit begrenzt ist, kann die Erhaltung vielfältiger Extensivwiesen argumen- tiert werden, nicht zuletzt als Arten- pool der Kulturlandschaft. Hier ist Raum für weitere Entwicklungen of- fen zu lassen und sind Potenziale zu erhalten. Neben der Biomassenutzung des

54 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Grünlandes könnte auch dessen Be- weidung im Flach- und Hügelland wie- der eine größere Rolle spielen, wie eini- ge Beispiele an der March zeigen (UBA 1999). In einem viel größeren Zusam- menhang wird dies zurzeit in Deutsch- land diskutiert (Stichwort „Weideland- schaften“) und in den Niederlanden bereits praktiziert (Kampf 2000). Naturschutz kann allerdings nicht in jedem Fall ökonomisch oder „wissen- schaftlich“ argumentiert werden, ein „non profit“-Motiv genügt sich selbst. Ähnliches gilt für die Landschaftspfle- ge als querschnittsorientiertem „Inst- rument“ bzw. als Dienstleistung, auch des Naturschutzes. So ist das „Neophytenproblem“, so- fern die angesprochenen Arten wirk- lich invasiv und fachlich wie auch prak- Naturschutzgebiet „Batthyany-Feld. Ehe- Diversifizierung angeregt werden und malige Absetzbecken der Zuckerfabrik tisch als Problem zu beurteilen sind, in es kann zur weiteren Entwicklung kom- Bruck an der Leitha, heute ein erfolgreich den meisten Fällen auf fehlende Pfle- restauriertes Feuchtgebiet (W. Lazowski) men. Natürliche Flussufer weisen viel- gemaßnahmen der Land- und Forst- fältigere Pflanzengemeinschaften auf wirtschaft, des Wasserbaues und von Die Landschaftsgestaltung wieder- als regulierte Uferböschungen oder ein- Seiten der Verwaltung sowie der Pra- um zielt planerisch auf die Schaffung getiefte Flussbetten, vielfach mit (Neo- xis des Naturschutzes zurückzufüh- von Landschaftselementen ab, sei es phyten-) Dominanzbeständen bzw. ei- ren. Ein Beispiel bietet die heute kaum die Anlage bestimmter Biotope bzw. ner degradierten Begleitvegetation. mehr durchgeführte Uferstreifenpfle- ihrer gestalteten, abiotischen Kompo- Die Pflege bzw. die Wiederherstel- ge. Die Bepflanzung von Uferböschun- nenten (Formen und Strukturen von lung von Landschaftselementen kann gen mit autochthonen Strauchweiden Gesteinen bzw. Substraten, Gelände- auch über den Artikel 10 der FFH- und Erlen oder ihre Mahd kann die konfigurationen, Gewässern etc.) oder Richtlinie argumentiert werden, der durchgehende Ausbreitung von Arten von Vegetationselementen, welche be- solche Maßnahmen für die Natura wie Japanischem Knöterich (Fallopia wusst begründet oder sukzessiv ent- 2000-Gebiete angibt. „Hierbei han- japonica), Himalaya-Springkraut (Im- wickelt werden (z. B. Hecken, Alleen, delt es sich um Landschaftselemente, patiens glandulifera), Rudbeckie (Ru- Streuobst- und „Naturwiesen“). die aufgrund ihrer linearen, fortlau- dbeckia laciniata) u. a. durchaus ein- Planung und Gestaltung im land- fenden Struktur (z. B. Flüsse mit ihren schränken bzw. minimieren. schaftlichen Maßstab ist heute Aufga- Ufern) oder ihrer Vernetzungsfunkti- Auch der Kahlschlag in Wäldern be von Projekten der Restaurierung von on für die Wanderung, die geographi- oder die nicht mehr fachgerecht durch- Ökosystemen z. B. von Fließgewässern, sche Verbreitung und den genetischen geführte Nebenbestandspflege führen, Auen und Feuchtgebieten. Die „Rena- Austausch wildlebender Arten wesent- zumindest lokal, zur quasi „invasiven“ turierung“ regulierter Fließgewässer lich sind“. Ausbreitung von Arten wie der Gol- etwa erhöht den Wasserrückhalt in Über die Eigengesetzlichkeit und Zu- drute (Solidago gigantea, S. canaden- der Landschaft und aktiviert eine Reihe fälligkeit natürlicher Prozesse entsteht sis). Ähnliches ist in pannonischen ökologischer Prozesse, z. B. Sediment- ein wenig von dem, was als „Wildnis“ Trockenwäldern (Mittelwald) mit der dynamik, Sukzessionen. Darüber hin- der Kultur- bzw. „Industrielandschaft“ Robinie (Robinia pseudacacia) zu be- aus kann damit die hydromorphologi- unserer Zeit abhanden gekommen ist. obachten. sche Differenzierung und biologische Die Strömung des Schutzes und der

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 55 Schaffung solcher „Robinson-Inseln“ schutz betrifft, im Burgenland durch- Lebensraum schützenden Landwirt- verzichtet wieder auf das „Manage- aus Handlungsbedarf gegeben. schaft“ (ÖPUL) finanziell gefördert. ment“, knüpft in gewisser Weise an die „Naturzonen“ von Nationalparken Für Umwelt- und Naturschutz-Maß- Romantik des frühen Naturschutzes an befinden sich meist im „öffentlichen nahmen der Forstwirtschaft existieren und lässt die Dinge wachsen, wie sie Besitz“ bzw. auf größeren Flächen mit derzeit allerdings noch keine ausrei- können. Als einzige Maßnahmen wer- einheitlichen Besitzverhältnissen. An chend vergleichbaren Fördertöpfe. den „Einräumen“ und „Gewähren las- Fließgewässern kann das „öffentliche Naturschutz zwischen „Manage- sen“ angewandt und es wird mehr auf Wassergut“ eine wichtige Rolle spielen, ment“ und „Wildnis“ zielt auf Quali- die räumliche Dimension der Ökosys- um den Flüssen wieder mehr Platz zu täten der Natur ab. Diese Behauptung teme Wert gelegt. gewähren. Auch Flächen im Besitz von bedarf nicht unbedingt eines Beweises. Am Beispiel natürlicher oder groß- Naturschutzverbänden dienen immer Artenreiche, strukturierte Kulturland- zügig renaturierter Fließgewässer ver- mehr der Sicherung, Gestaltung und schaften, mit ausreichend großen und mittelt die Flussdynamik solche Qua- Pflege von Biotopen und besonderer vernetzten „Inseln“ und „Korridoren“ litäten, etwa am Beispiel primärer Artenvorkommen (z. B. ÖNB, Biolo- naturnaher und natürlicher Ökosyste- Sukzessionsreihen auf neu entstanden gische Arbeitsgemeinschaft). me sind auch Qualitäten des ländlichen Kiesinseln und Gleitufern. Nie genutz- Naturwaldreservate werden in der Raumes. Diese bedürfen heute mehr te Bestände solcher Flussbiotope, etwa Regel im Rahmen privatrechtlicher denn je unseres Schutzes, der Pflege ältere Stadien von Weidenauen, stel- Vereinbarungen eingerichtet, genauso und planerischen Abstimmung. len echte Urwälder dar. Im Bereich wie bestimmte landschaftspflegerische der Hainbuchen- und Hartholzauen Dienstleistungen der Landwirtschaft Literatur: wiederum können durch die Außer- (Vertragsnaturschutz). Letztere werden Arbeitskreis forstliche Landespflege (1984): Biotoppflege im Wald, ein Leitfaden für die forst- nutzungstellung bestimmter Bestän- durch das „Österreichische Programm liche Praxis. Kilda-Verlag, Greven, 230 pp. de zumindest Naturwaldqualitäten, zur Förderung einer umweltgerech- Ellmauer, T. & Traxler, A. (2000): Handbuch z. B. Alter, Bestandeszyklus, Verjün- ten, extensiven und den natürlichen der FFH-Lebensraumtypen in Österreich. Um- gungsmuster und Totholzstrukturen, weltbundesamt - Monographien, Band 130, 208 pp., Wien. Schwarzerlen-Eschenwald auf grund- entwickelt werden (Naturwaldreserva- European Commission (1999): Interpretation wassernahen Standorten an der Leitha te). So ist, was den Auen-Naturwald- Manual of European Union Habitats. EUR 15, (W. Lazowski) Version 2, 119 pp., DG Environment. Europäische Kommission (2000): Natura 2000-Gebietsmanagement: Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG. 73 pp., Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg. Holzner, W. & Kriechbaum, M. (2005): In- tegrativer Naturschutz – Einige Gedanken zur allgemeinen Diskussion. Wissenschaft & Umwelt Interdisziplinär 9: 81-93, Forum Österreichischer Wissenschaftler für Umweltschutz, Wien. Kampf, H. (2000): Großflächige Beweidung in den Niederlanden. Arbeitsgemeinschaft Bio- logischer Umweltschutz Soest (ABU), info 24 (2/00), 19 pp. Scherzinger, W. (1996): Naturschutz im Wald. Qualitätsziele einer dynamischen Waldentwick- lung. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart: 447 pp. Scherzinger, W. (2005): Welche Natur wollen wir schützen – und warum? Wissenschaft & Umwelt Interdisziplinär 9: 3-18, Forum Öster- reichischer Wissenschaftler für Umweltschutz, Wien. UBA (1999): Fließende Grenzen. Lebensraum March-Thaya-Auen. 384 pp., Umweltbundes- amt, Wien.

56 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 5. Möglichkeiten einer Wiesenrückführung am Beispiel der Willersdorfer Schlucht - Aschauer Au Dr. Klaus Michalek Die Willersdorfer Schlucht – ging viel vom landschaftlichen Reiz Aschauer Au war bis vor wenigen Jah- des Tales verloren und der Bestand ei- ren eine der letzten wenig berührten, niger schützenswerter Pflanzenarten großräumig naturnahen Landschaf- ging deutlich zurück. Neben Auffor- ten des Burgenlandes. Leider kam es stungen ist die Verbrachung die größte zu einer zunehmenden Verwaldung Bedrohung des Wiesenbestandes. Da und einer dadurch verursachten Er- vor allem die ertragsärmeren Extensiv- schwernis der Wiesenbewirtschaftung wiesen, die allgemein eine höhere Ar- durch Verinselung der für die heuti- tenanzahl aufweisen, aus der Nutzung ge Zeit extrem kleinen Wiesenparzel- genommen wurden, sind schon einige len mit einer durchschnittlichen Grö- der ehemals vorkommenden seltenen ße von ungefähr 1.500 m2. Durch den Pflanzen wie z. B. die Mücken-Händel- Crocus albiflorus (J. Weinzettl) Strukturwandel in der Landwirtschaft wurz (Gymnadénia conopséa) oder das ging der Bedarf an Heu immer mehr Sumpf-Herzblatt (Parnássia palústris) die Willersdorfer Schlucht von Gustav zurück und viele Wiesen wurden auf- im Gebiet verschollen (Josef Weinzettl, Wendelberger in das Landschafts- geforstet oder verbrachten. Dadurch mündl. Mitt.). Die Aufforstungen wur- inventar für das Burgenland als eine den entweder mit Schwarzerle, ver- schutzwürdige Landschaft aufgenom- einzelt auch mit Esche und Bergahorn men. Seither gab es immer wieder Be- oder im schlechtesten Falle mit Fich- mühungen, das Tal oder Teile davon te vorgenommen. Bereits 1969 wurde unter Schutz zu stellen.

Karte Wiesenrückführung Willersdorfer Schlucht – Aschauer Au (E. Weber)

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 57 Diese Bemühungen führten aber zu im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie en) und die langfristige Sicherung der großen Unstimmigkeiten in der Bevöl- umgesetzt werden. extensiven Bewirtschaftung durch kerung. Durch die Ausweisung eines Aufbauend auf die Informatio- „Naturschutzbauern“, die über einen Naturschutzgebietes fühlten sich die nen der Machbarkeitsstudie wurde langen Zeitraum hinweg die benö- Bewirtschafter zu sehr in ihren Nut- vom Naturschutzbund Burgenland tigten Förderungen sicher zuerkannt zungsmöglichkeiten eingeschränkt. im Rahmen der sogenannten „Um- bekommen sollen. Ein weiteres lang- 2003 gab die Gemeinde Ober- setzung der Sonstigen Maßnahmen fristiges Ziel ist es, die Willersdorfer schützen eine Machbarkeitsstudie zur des Österreichischen Programms für Schlucht als Naherholungsgebiet für Wiesenerhaltung in der Willersdorfer die Entwicklung des Ländlichen Rau- die Bevölkerung der Großgemeinde Schlucht - Aschauer Au bei einem In- mes“ im Auftrag der Burgenländischen Oberschützen zu erhalten und als Er- genieurbüro in Auftrag, mit dem Ziel, Landesregierung das Wiesenrückfüh- holungsgebiet für die Thermenregion die noch vorhandenen Wiesen zu er- rungsprojekt Willersdorfer Schlucht Bad Tatzmannsdorf zu etablieren. Alle halten, deren Bewirtschaftung länger- - Aschauer Au begonnen und durch- Aktivitäten wurden in enger Abstim- fristig zu sichern sowie Möglichkeiten geführt. Ziele des Wiesenrückfüh- mung mit der auf breiter regionaler auszuloten, verbrachte oder bewalde- rungsprojektes waren die Wiederher- Trägerschaft aufgebauten „Plattform te Parzellen in Wiesen rückzuführen. stellung eines Wiesen-Kontinuums Willersdorfer Schlucht - Aschauer Au“ Die Wiesenerhaltung auf vertraglicher in Teilbereichen der Schlucht durch durchgeführt. Durch diese Plattform Basis im Rahmen des Österreichischen Rodung von Gehölzbeständen unter sowie durch die Projektkoordination Programms für eine Umweltgerechte der Begleitung eines vegetationsöko- von Dieter Posch und Bernard Tobias, Landwirtschaft (ÖPUL) mit einer WF5 logischen Monitorings, die Erhaltung welche einen Teil der Wiesen im Pro- Magerwiesenförderung („Wertvolle der einzigartigen Kulturlandschaft mit jektgebiet bewirtschaften, und Herrn Flächen / WF“ ohne Düngung und mit vielen gefährdeten Tier- und Pflanzen- OAR Zetter von der Gemeinde Ober- späterer Mahd nicht vor 15. Juni) stellte arten (z. B. Schmetterlinge, Orchide- schützen war eine zügige Projektab- sich als der einzig gangbare Weg her- wicklung gewährleistet. Parallel zum aus. Ein erster Schritt zum Schutz von Wiesenrückführungsprojekt wurde ein ungefähr 3 ha Wiesen konnte bereits Willersdorfer Schlucht – Aschauer Au, Naturerlebnispfad in der Willersdorfer neu eingesäte Wiese (K. Michalek) Schlucht und Aschauer Au erstellt. Das Wiesenrückführungsprojekt begann im Juli 2004 und endete im Februar 2006. Von Juli bis Dezember 2004 gab es vorbereitende Gespräche mit den Grundbesitzern und wurde das Rodungsverfahren vorbereitet. Zur endgültigen Bewilligung der Rodung kam es dann im Juli 2005. Bereits im Winter 2004/2005 schlägerten die ehe- maligen Besitzer die Bäume und brach- ten das Holz weg. Nach Erhalt der Ro- dungsbewilligung wurden im August 2005 mit Hilfe eines Forstmulchers die Stöcke zerkleinert und der Boden be- gradigt. Dadurch war bereits eine erste Humusdecke vorhanden und es konn- te händisch eine Grasmischung einge- sät werden. Im Rahmen des Projektes wurden ca. 1 ha Wald gerodet und ca. 0,5 ha Brachen in Wiesen rückgeführt.

58 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz nunculo repentis-Alopecuretum) han- delt. Parallel zur Wiesenrückführung liefen Verhandlungen mit potentiellen Bewirtschaftern, die die Flächen in Zu- kunft über Vertragsnaturschutz 1 bis 2-mal jährlich mähen werden. Eine große Herausforderung für die Zukunft der Willersdorfer Schlucht und Aschauer Au wird es sein, die be- stehenden und neu angelegten Wie- sen durch eine extensive ökologische Bewirtschaftung über Vertragsnatur- Breitblatt-Knabenkraut, Weiters wurden im Zuge des Projek- schutz langfristig zu sichern, um die- Dactylorhiza majalis (J. Weinzettl) tes 2,8 ha Wiesen und Auwald im Be- sen für das Burgenland außergewöhn- reich der Willersdorfer Schlucht und lichen und einzigartigen Charakter Aschauer Au, in dem sich auch Wie- durch Dr. Ingo Korner von der Arge einer Kulturlandschaft für zukünftige senrückführungsflächen befinden, vom Vegetationsökologie & Landschaftspla- Generationen zu erhalten. Ein weiteres Amt der Burgenländischen Landesre- nung Wien, dessen Ergebnisse als Ab- Ziel muss neben der Erhaltung der be- gierung (Abt. 9 Wasser und Abfallwirt- schlussbericht vorliegen und beim Na- stehenden Wiesen die sukzessive Aus- schaft, Referat Flussbau) gekauft (siehe turschutzbund Burgenland als pdf-file weitung der Wiesenflächen durch neu- Karte). In den Jahren 2004 und 2005 angefordert werden können (vgl. auch erliche Rodungen aufgeforsteter oder lief ein wissenschaftliches Monitoring Kap. 7.4). Das Monitoring zeigte un- verbrachter ehemaliger Wiesen sein, ter anderem, dass es sich bei einem um annähernd den früheren Zustand Großteil der Wiesen in der Schlucht eines durchgehenden Wiesenkontinu- Willersdorfer Schlucht – Aschauer Au, um Fuchsschwanz-Frischwiesen (Ra- ums zu erhalten. Blumenwiese (K. Michalek)

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 59 6. Feuchtgebietsinventarisierung und Wasserwirtschaft Herbert Szinovatz

Im Rahmen der Intensivierung der Landnutzung in Mitteleuropa wurden im 19./20. Jahrhundert nach dem damaligen Stand der Erkennt- nisse nicht nutzbare Feuchtgebiete – wie Moore, Sümpfe und Feuchtwie- sen – mit Dränagen durchzogen und somit für eine Nutzung durch Land- und Forstwirtschaft nach dem noch heute gängigen Muster erschlossen. In dieser Zeit der „großen Trocken- legungen“ machte der Mensch sich Nährstoff- und Landressourcen zu- nutze, deren Bewirtschaftung nach heutigen Erkenntnissen zwar noch immer produktiv, jedoch keinesfalls Hochwasser Willersdorf (1986) nachhaltig ist. tanz wird zum Teil mineralisiert und (J. Weinzettl) Mit diesen Trockenlegungen wur- in die Nahrungskreisläufe vor Ort ein- den für die gängigen Kulturpflanzen gebracht. Durch Ausfällung werden der Forst- und Landwirtschaft phasen- mit die Fließgeschwindigkeiten sehr Basen sowie ein Teil des Phosphors weise gute Wachstumsbedingungen stark herabgesetzt werden. Hierdurch aus der fließenden Welle zurückge- geschaffen, gleichzeitig aber der Was- kommt es zu Sedimentations- und halten. Letzteres wird zusammen mit serhaushalt der Landschaft verändert Fällungsprozessen. Im Dränwasser Schlammpartikeln oder in Form von und damit der Stoffrückhalt der be- enthaltene Partikel (Schlamm, parti- Eisenverbindungen ausgefällt. wirtschafteten Flächen zerstört. kulare organische Substanz) sedimen- Ein positiver Effekt in Feuchtge- Wirkungsprinzip aller Feuchtgebie- tieren im Feuchtgebiet. Sie bilden das bieten ist die Bereitstellung möglichst te ist zunächst, dass die Aufenthalts- neue Sediment, die organische Subs- großer Phasengrenzflächen zum Was- zeit des durchfließenden Wassers in ser. An den Oberflächen der Pflan- der Landschaft erhöht wird und da- zen, Steine etc. kommt es zu Verwir- Hochwasser (J. Weinzettl) belungen des strömenden Wassers, hier können sich Mikroorganismen ansiedeln. Diese bilden den oben ge- nannten Biofilm, der dem Wasser die für seine Existenz notwendigen Nähr- stoffe entzieht. Hier werden Kohlen- dioxid, Stickstoff und Phosphor von höheren Pflanzen und Algen aufge- nommen. Einige Pflanzen nehmen direkt Kohlensäure aus dem Wasser auf. Dadurch werden Karbonate auf- gespalten und Basen ausgefällt.

60 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Neben der Funktion des Stoffrück- halts können bewirtschaftete Feucht- gebiete durch ihre Struktur und Funk- tionalität weitere wichtige Aufgaben erfüllen. Sie fungieren durch ihren Was- serrückhalt als Wasserspeicher und „Hochwasserentschärfer“. Feucht- gebiete können somit zum einen Grundlage einer oberflächenwas- serorientierten Trinkwasserversor- gung werden, andererseits werden durch Hochwasservermeidung orts- versetzte Schäden vermieden. Durch die hohen Verdunstungsraten von Feuchtgebieten werden Temperatur- schwankungen gepuffert, es entstehen Fischaufstiegshilfe an der Lafnitz (J. Weinzettl) kurzgeschlossenere Wasserkreisläufe (Evapotranspiration-Kondensation). • In Uferbereichen Umwandlung • Auen sind dynamische Lebensräu- Diese beiden Aspekte der Funktiona- von Acker in Grünland, um Über- me, die periodisch und episodisch lität von Feuchtgebieten sind für die schwemmungsflächen zu gewinnen. von Wasser überflutet werden. In Projektierung neben den Zielen des Ackerbau führt zu einer Verdich- Auengebieten sollten die Chancen möglichst optimalen Stoffrückhalts tung des Bodens, die Wasserauf- genutzt werden, einerseits diese Zo- und einer optimaler Ressourcennut- nahme ist erschwert. Wiesenflächen nen als Überschwemmungsgebiete zung sehr wichtig. hingegen können Hochwasserspit- zu nützen – Schutzbauten müssen • Erhaltung der Auen als natürli- zen als „Schwämme“ abfangen und außerhalb diese Gebiete errichtet che Überschwemmungsgebiete größere Wassermengen langsam oder, wenn schon vorhanden, wie- und Wiederherstellen verloren ge- wieder abgeben. Die Bewirtschaf- der zurückgebaut werden. Ander- gangener Retentionsräume im Sinne tung gewässernaher Zonen ist daher seits ist die Dynamik in den Auen des passiven Hochwasserschutzes. standortgerecht anzupassen. Finan- zu erhalten, um einen entsprechen- Rückhaltemaßnahmen sind im ge- zielle Einbußen könnten über Ver- den Austausch mit dem Grundwas- samten Einzugsgebiet von Flüssen tragsnaturschutz abgegolten wer- ser wie auch die Selbstreinigung der von großer Bedeutung. den. Gewässer zu gewährleisten.

Anlage eines Retentionsbeckens (J. Weinzettl)

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 61 7. Ausgewählte Gebiete der Feuchtgebietsinventarisierung

7.1 Die Lußwiesen in der Leithaniederung Renate Roth und Stefan Weiss

Die Lußwiesen befinden sich im nörd- Das Feuchtgebiet liegt auf einer wieder vermehrt zu einer Flächenstill- lichsten Teil des Nordburgenlandes. einheitlichen Seehöhe von 133 m, wo- legung und somit zu einer Ausbrei- Sie teilen sich in zwei etwa gleich gro- bei geringfügige Schwankungen vor- tung der Brachflächen. Ein Großteil ße Teilgebiete; die Mitterluß im Ge- liegen. Das Gebiet ist durchzogen von der Brachflächen konnte durch Pfle- meindegebiet von Zurndorf und die Altarmen der Leitha in verschiedenen gemaßnahmen wieder in wertvolle Rohrluß in der Gemeinde Gattendorf. Verlandungsstadien. Das unebene Ge- Feuchtgebiete umgewandelt werden. Gleichzeitig liegen die Flächen im lände wird durch Senken und Mulden Ein Teilbereich der Rohrlußwiesen westlichsten Teil der Leithaniederung. geprägt, die Reste dieser Altarme dar- wurde vom Naturschutzbund Bur- stellen. An der Sohle der Altarme sind genland gepachtet. Diese und andere Lungenenzian (J. Weinzettl) je nach Verlandungsstadium Sumpff- Flächen werden aufgrund eines Ma- lächen, Großseggenriede oder Feucht- nagementplanes jährlich gemäht. wiesen ausgebildet. An den Hängen und Rändern kommt es zu einer Aus- Klima und Geologie bildung von wechselfeuchten Wiesen Die Geologie wird aus Ablagerun- und Magerwiesen. Im Bereich der gen der Leitha gebildet. Lehmig-san- Mitterluß wurde ein Altarm wieder dig-schotterige Ablagerungen vom an die „Kleine Leitha“ angebunden, Postglazial bis Jungpleistozän über- und es kommt somit zu einer perma- wiegen. Der Boden besteht aus ei- nenten Flutung des Feuchtgebietes. nem kalkhaltigen Gley aus feinem Ausgedehnte Wiesenflächen finden Schwemmmaterial. Es ist feucht, we- sich vor allem in der Rohrluß östlich nig durchlässig und hat eine große von Gattendorf. In der Mitterluß sind Speicherkraft. Grünlandbrachen, Teiche und bruch- Der pannonische Raum, in dem waldähnliche Waldstücke zu finden. die Leithaniederung zur Gänze liegt, Die Wasserversorgung erfolgt ist durch ein semi-arides Übergangs- durch Grundwasser der „Kleinen klima gekennzeichnet. Das kontinen- Leitha“ und Niederschlagswasser der tale Klima prägt sich im nördlichen Leithaniederung. In niederschlagsrei- Burgenland in Niederschlagsarmut, chen Perioden und insbesondere im geringer Zahl der Niederschlagstage Frühjahr ist das Gebiet großflächig und relativ geringer Bewölkung aus. überflutet. Das Temperaturmittel beträgt 10 ° C Im Zuge der Industrialisierung der und die Jahresniederschläge liegen bei Landwirtschaft wurden ein Großteil 500-600 ml (Hübl 1959). der ursprünglich als Weideflächen und als Streuwiesen genutzten Grün- Auwaldreste im Bereich der flächen in Ackerland umgewandelt Mitterluß und die Altarme zugeschüttet. Nur In der Mitterluß wurde ein Teil ei- mehr wenige Wiesen blieben erhal- nes großen Altarmes renaturiert und ten. In den letzten Jahrzehnten kam es durch einen Stichkanal wieder an

62 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz die Hochwasserdynamik der Kleinen Leitha angebunden. Der Großteil die- ses Gebietes wird von jagdlich intensiv genutzten Teichen sowie Brachflächen eingenommen. Daneben finden sich aber noch einige kleinflächig ausgebildete Au- waldreste, die wegen des regelmäßig oder sogar ständig an der Oberfläche anstehenden Grundwassers teilwei- se bruchwaldähnlichen Charakter aufweisen. Je nach Höhenlage bzw. Standort sind diese Auen von Alnus glutinosa, Fraxinus verticillata oder Salix alba dominiert. Während die Erlen-Eschen-Auen weitgehend na- türlichen Ursprungs sein dürften, weist die niederwaldartige Nutzung der Silberweiden-Bestände auf ei- nen sekundären Charakter hin. Die Strauchschicht ist nur schwach aus- gebildet und besteht überwiegend aus Sambucus nigra und Rubus caesius. In der Krautschicht dominieren neben Großseggen (Carex riparia, Carex Rohrlußwiese in Gattendorf an der acutiformis und Carex elata) sowie in einem geringeren Ausmaß auch Leitha (K. Michalek) Phragmites australis vor allem Urti- die Mitterluß auf Zurndorfer Gebiet ca dioica, Solanum dulcamara, Ly- sind von ausgedehnten Feuchtwiesen copus europaeus, Mentha aquatica, Seggenriede bilden artenarme geprägt. Auf den ehemals als Streu- Lysimachia vulgaris und Lysimachia Gesellschaften. Im Gebiet sind Ca- wiesen genutzten Flächen, die ins- nummularia. rex riparia, Carex acutiformis, Alis- besondere im Frühling weitflächig ma plantago-aquatica, Persicaria überschwemmt sind, finden sich die Großseggen-Flachmoore der amphibia, Mentha aquatica, Lyth- oben angeführten Arten der Groß- eutrophen Standorte rum salicaria, Lysimachia vulgaris, seggen-Flachmoore eng verzahnt mit (Caricenion gracilis) Schoenoplectus lacustris, Pulicaria Elementen der Pfeifengraswiesen. Die Die Bestände des Großseggen-Flach- dysenterica, Equisetum palustre, Ly- Kuppen des durch die Mäander ver- moores sind an eutrophe, sommer- copus europaeus die häufigsten Pflan- landeter Altarme leicht unebenen Ge- warme Standorte gebunden. Als Ver- zen. Diese Pflanzengesellschaft ist im ländes weisen Übergänge zu wechsel- landungsgesellschaft besiedeln sie im gesamten Gebiet verbreitet. In Folge feuchten Wiesen bzw. Magerwiesen Bereich der Lußwiesen die Altarme. der weiteren Verlandung der Altarme auf. Die Bodenfeuchtigkeit unterliegt hier entwickelt sich diese Gesellschaft zu Kennarten dieser artenreichen und großen Schwankungen. Neben dem Feuchtwiesen. im Kernbereich störungsfreien Wie- Nährstoffangebot sind die Höhe der sengesellschaften sind Carex acuti- Überschwemmungen und ihre Dauer Nass- und Feuchtwiesen der formis, Carex elata, Carex disticha, maßgeblich. Es handelt sich um mine- Leithaluß Serratula tinctoria, Deschampsia cae- ralische Gleyböden mit guter Nähr- Insbesondere die Rohrlußwiesen im spitosa, Ranunculus repens, Lythrum stoffversorgung (Mucina et al 1993). Bereich östlich von Gattendorf und salicaria, Iris pseudoacorus, Lysima-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 63 chia nummularia, Silaum silaus, San- tigsten Rastplätze für Zugvögel in dehnte, monodominante Bestände guisorba officinalis, Succisa pratensis, Österreich sowie ein bedeutender (Mucina et al 1993). Caltha palustris, Lysimache vulgaris, Brutplatz für Bodenbrüter. Im Untersuchungsgebiet besiedelt Mentha aquatica, Gentiana pneumo- diese Gesellschaft Ackerbrachen, Grä- nanthe, Orchis palsutris, Senecio er- Gesellschaft der Späten ben und ungemähte Wiesenabschnit- raticus, Inula salicina, Galium bore- Goldrute (Solidago gigantea) te. In sumpfigen Bereichen ist diese ale, Sonchus palustris sowie Allium Solidago gigantea, eine aus Nord- Goldrutenflur meist locker ausgebil- angulosum. amerika stammende Goldrutenart, det und mit typischen Sumpfpflan- Neben dieser Fülle an botanischen ist wahrscheinlich der erfolgreichste zen durchsetzt. Durch Einsaat von Kostbarkeiten sind die Lußwiesen in mitteleuropäische Neophyt. Die Art Feuchtwiesenvegetation und Wieder- der Leithaniederung einer der wich- bildet auf Grünlandbrachen ausge- einführung der Mahd kann die Gol- drute verdrängt werden. Unter an- derem kommen folgende Arten vor: Solidago gigantea, Cirsium arvense, Pulicaria dysenterica, Agrostis stoloni- fera, Calamagrostis epigejos, Lycopus europaeus, Cirsium canum, Epilobi- um tetragonum, Ranunculus repens, Potentilla anserina, Senecio erraticus.

Literatur: Hübl, E. (1959): Die Wälder des Leithagebirges – Eine vegetationskundliche Studie. Zoobota- nische Gesellschaft, Wien. Mucina, L., Grabherr, G. & Ellmauer, Th. (Hrsg.) (1993): Die Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil I. Gustav Fischer Verlag, Jena. Mucina, L., Grabherr, G. & Wallnöfer, S. (Hrsg.) (1993): Die Pflanzengesellschaften Ös- terreichs. Teil III. Gustav Fischer Verlag, Jena. Lazowski, W. (1993): Auen in Österreich. Vegetation, Landschaft und Naturschutz. UBA-Monographien Band 81, Wien. Sauberer, N, (1993): Zur Bestandessituation der Feuchtwiesen im pannonischen Raum. UBA – Reports 03 085, Wien.

Kurzkopf-Kratzdistel (W. Lazowski)

64 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7.2 Feuchtgebiete im Leithagebirge Stefan Weiss

Der 5 bis 7 Kilometer breite Hö- henzug des Leithagebirges bildet die Grenze zwischen dem Burgenland und Niederösterreich. Der nördliche Teil des Leithagebirges fällt nach Osten zum Neusiedlersee ab, während sich südlich des Ortes Schützen zwischen Leithagebirge und See das Ruster Hü- gelland einschiebt. Im Südwesten fällt der Höhenzug in die Ebenfurter Pforte ab. Die höchste Erhebung bildet der Sonnenberg mit 481 m Seehöhe. Der Kern des Gebirges besteht hauptsäch- lich aus Glimmerschiefer. Umrahmt und zum Teil überlagert wird das Kris- tallin von tertiären Sedimenten. Die daneben vorhandenen Grauwacken- gesteine sind nur wenig ausgedehnt (Quarzite, Kalke und Dolomite). Das Kristallin bildet auf weite Strecken den Höhenkamm des südwestlichen und mittleren Gebirgsteiles. Die terti- Schwarzerlenbruchwald auf einer ären Sedimente umhüllen die Flanken Terrasse im Leithagebirge im Bach-Erlen-Eschenwald des Gebirges und greifen stellenweise Gemeindegebiet von Purbach (S. Weiss) (Cariciremotae-Fraxinetum) auch auf den Höhenkamm über. Von Die Schwarzerle dominiert, nur aus- den tertiären Sedimenten (Tone, Mer- geringer Zahl der Niederschlagstage nahmsweise sind Esche oder Ber- gel, Leithakalk, Schotter und Sande) und relativ geringer Bewölkung aus. gahorn beigemischt. Die Strauch- hat der Leithakalk die größte Bedeu- Das Temperaturmittel beträgt 10° C schicht (Corylus avellana, Prunus tung. und die Jahresniederschläge liegen bei padus, Sambucus nigra, Cornus san- Der Höhenzug ist von Terrassenflä- 600 - 700 ml. guinea, Salix caprea) ist gut und die chen geprägt, die die Wasserscheiden Infolge der isolierten Lage, der ge- Krautschicht (Urtica dioica, Lamium bilden. Bäche mit ständiger Wasser- ringen Höhe und geringen geomor- galeobdolon, Geum urbanum, Eupa- führung herrschen vor, nur im süd- phologischen Mannigfaltigkeit er- torium cannabium, Impatiens glan- westlichsten und im nordöstlichsten reicht die Flora eine geringe Vielfalt. dulifera, Hedera helix) ist meist üppig Teil dominieren Bäche mit intermit- Den größten Teil des Waldes nimmt entwickelt. Der Boden ist feucht bis tierender Wasserführung. Das Gefäl- der Eichen-Hainbuchenwald ein nass und nährstoffreich. Die Bestän- le der Bäche liegt zwischen 130 und (Hübl 1959). de werden im Frühling meist kurz- 24 %. Im Leithagebirge sind kleinflächige fristig überschwemmt. Der Bach-Er- Der pannonische Raum, in dem Stillgewässer, bachbegleitende Wäl- len-Eschenwald tritt bachbegleitend das Leithagebirge zur Gänze liegt, ist der, Schwarzerlenbruchwälder und im ganzen Gebiet auf und ist an of- durch ein semi-arides Übergangskli- Schwarzerlen-Eschenwälder zu fin- fenes, fließendes Wasser gebunden ma gekennzeichnet. Das kontinen- den, wobei bei diesen Lebensräumen (Hübl 1959). Der Baumbestand wird tale Klima prägt sich im nördlichen eine relativ große Einheitlichkeit fest- in Folge der Umfeldnutzung nieder- Burgenland in Niederschlagsarmut, gestellt werden kann. waldartig bewirtschaftet.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 65 Schwarzerlenbruchwälder Die Schwarzerlen-Bruchwälder Tümpel, Weiher und Teiche (Alnetalia glutinosae) sind im Leithagebirge nur in Frag- In Mulden über Gley kommt es im ge- Im Leithagebirge sind in Quellmulden menten erhalten. Die ausschlagsfähi- samten Leithagebirge zur Ausbildung über Pseudogley oder Gley Schwar- gen Erlen werden im Leithagebirge im von kleinflächigen Stillgewässern. Die- zerlenwälder mit vielen Frische- Niederwaldbetrieb genutzt. Viele der se Feuchtbiotope entstanden zum Teil und Nährstoffzeigern ausgebildet. Bruchwälder sind entwässert worden durch künstliche Vertiefung der Mul- Die Schwarzerle vermag als einziger und gehen weiterhin stark zurück. de oder in einem speziellen Fall wie in Laubbaum die Dauer-Bruchstand- der Gemeinde Hornstein in Bomben- ortsbedingungen zu ertragen. Die- Schwarzerlen-Eschenwald trichtern des „Zweiten Weltkrieges“. se Fähigkeit resultiert aus der Stel- (Pruno-Fraxinetum) Gespeist werden die Biotope durch zwurzelbildung, der Verbindung mit Der Schwarzerlen-Eschenwald be- Hangwasser oder Tagwasser, das sich der Außenluft durch Lentizellen und siedelt vernässte Standorte mit hoch in der Mulde sammelt. Große Wasser- der Wurzelknöllchenbildung und da- anstehendem, periodisch austreten- standsschwankungen, die bis zu einer mit Luftstickstoffassimilation. Die dem und sich langsam bewegendem vollkommenen Austrocknung führen, Schwarzerle dominiert in der Baum- Grundwasser. Vorkommen im Leitha- sind verbreitet. Je nach Standort und schicht, selten sind einzelne Exempla- gebirge in Senken auf Gleyböden. Alter des Baumbestandes im Umfeld re von Salix fragilis, Fraxinus exelsior Bestandesbildend sind in der ist die Vegetation artenreich ausgebil- und Quercus robur eingestreut. In der Baumschicht Alnus glutinosa und Fra- det. Vorkommen von Typha latifolia, schütteren Strauchschicht sind Salix xinus excelsior. An besonders nassen Lythrum salicaria, Lycopus europaeus, cinerea und Viburnum opulus häufig Standorten kann die Esche ausfallen. Mentha aquatica, Angelica sylvestris, anzutreffen. Die Krautschicht ist recht Die Strauchschicht ist zumeist üppig Eupatorium cannabium, Lysimachia locker ausgebildet, unverrottetes Er- entwickelt. Am häufigsten kommen vulgaris, Iris pseudacoris, Lemna min- lenlaub bedeckt den offenen Boden. Prunus padus und Sambucus nigra or, Ranculus repens, Galium paluste, Arten der Großseggenriede über- vor. Die Krautschicht ist relativ vari- Scirpus sylvestris, Carex acutiformis, wiegen im Unterwuchs. Der Boden abel. Häufiges Vorkommen von Vera- Carex elata, Juncus sp., Lysimachia ist sehr stickstoffreich und es kommt trum album (Mucina et al. 1993). Vie- nummularia als typische Arten der zu einer Ausprägung einer Bul- le Standorte sind entwässert und die Ufergesellschaften. Die beiden größ- ten-Schlenken-Struktur. Häufig sind Nutzung erfolgt in Form einer Nie- ten Biotope sind die Schwarzlacke Übergangsstadien zu Gesellschaften derwaldbewirtschaftung. (Hornstein) und der Entensee (Ei- der nicht überfluteten mineralischen senstadt). Künstlich angelegte Teiche Nassböden zu beobachten (Mucina sind in den breiten Talsohlen der Bä- Schwarzlacke in der Gemeinde Hornstein et al. 1993). che zu finden. Die Gewässer stellen (S. Weiss) einen wichtigen Lebensraum für die Amphibien- und Libellenfauna des Leithagebirges dar.

Literatur: Hübl, E. (1959): Die Wälder des Leithagebirges – Eine vegetationskundliche Studie. Zoobotische Gesellschaft, Wien Mucina, L., Grabherr, G. & Wallnöfer, S. (Hrsg.) (1993): Die Pflanzengesellschaften Ös- terreichs. Teil III. Gustav Fischer Verlag, Jena.

66 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7.3 Der vergessene Sulzsee zwischen Siegendorf und St. Margarethen Renate Roth

Während der Neusiedler See und die maligen Uferlinien des Sees deutlich östlich daran grenzenden Salzlacken zu erkennen sind. weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt sind, dürfte kaum je- … und heute mand wissen, dass sich zwischen St. Im Jahr 1885 wurde der Sulzsee zum Margarethen und Siegendorf bis vor Anbau von Zuckerrüben für die Sie- rund 150 Jahren der zweitgrößte See gendorfer Zuckerfabrik innerhalb nur des Burgenlandes befand. weniger Monate komplett trockenge- legt. Die technischen Arbeiten wurden Der See einst … vom Triester Bauunternehmer Ongaro Die so genannte „Sulzlacke“, auf un- Giacomo und seinem Adjunkten Ruffi- garisch „Soóstó“, lag zum Teil auf St. ni Romolo, der später Steinbruchleiter Margarethener und zum Teil auf Sie- in St. Margarethen wurde, nach Plänen gendorfer Hotter. Der rund 1-1,50 m von Ing. Hanák Johann durchgeführt. tiefe, abflusslose See erstreckte sich Dazu wurde der See von einem Netz zwischen Schuschenwald, Sulzhof, aus Drainagegräben mit einer Gesamt- Ödenburger Straße und Sommerhof. länge von 13 km durchzogen, die über Die tiefste Stelle mit etwa 3-4 m dürf- einen 300 Meter langen unterirdischen te sich im südlichen Bereich befunden Stollen in den Nodbach münden. Äl- haben, an dem auch heute noch Was- teren Angaben zufolge erreicht die ser zutage tritt, allerdings dürfte der Abflussgeschwindigkeit im Frühjahr See wesentlich größer gewesen. Über- 12 m/sec., was einer Wassermenge setzungen aus alten ungarischen Auf- von 200l/min. entspricht. Wegen der zeichnungen weisen darauf hin, dass allgemeinen Grundwasserabsenkung Aspektbildend auf der Salzsumpfwiese der See etwa 2,8 km lang und 1,25 km dürfte diese Menge heute etwas nied- im Frühjahr: Orchis palustris (R. Roth) breit war, also eine Fläche von rund riger liegen. 350 ha einnahm. Diese Angaben wer- Heute erinnern an den ehemaligen Vegetation des ehemaligen den auch durch ein Luftbild aus dem Sulzsee nur noch der Name der Nie- Seebodens Jahr 1968 bestätigt, auf dem die ehe- derung, „Sulzbreiten“, und das diese Die Gräben, einst allesamt Wasser füh- durchziehende rend und bis zu 2 m tief, sind heute Luftaufnahme des Gebietes zwischen Siegendorf und dichte Netz aus durchwegs seichter (rund 0,8 bis 1 m St. Margarethen mit deutlich erkennbaren Uferlinien des Sees Drainagegräben. tief) und zwar deutlich feucht, aber nur Derzeit wird in niederschlagsreichen Perioden Was- das Gelände als ser führend. eher minder- Der Großteil der Gräben ist von wertiges Acker- einem meist dichten Gebüschstrei- land genutzt, in fen gesäumt. Dominierende Art ist den letzten Jah- hier der Blutrote Hartriegel (Cornus ren wurden vie- sanguinea), daneben findet man auch le Flächen brach andere Baum- und Straucharten wie gelegt. Ein Teil den Schwarz-Holunder (Sambucus des Gebietes nigra), den Gewöhnlichen Liguster wird auch inten- (Ligustrum vulgare), den Eingriffel- siv bejagt. Weißdorn (Crataegus monogyna), die

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 67 Hunds-Rose (Rosa canina) und den garis), Weißes Berufkraut (Erigeron sammen mit der historisch belegten Eschen-Ahorn (Acer negundo). Der annuus), Kanadaberufkraut (Conyza Tatsache, dass der See abflusslos und Unterwuchs ist gekennzeichnet durch canadensis), Acker-Kratzdistel (Cirsi- seine Ufer seicht waren, lässt sich dar- typische Pflanzen feuchter Standor- um arvense) und vereinzelt Zottiges aus schließen, dass es sich beim Sulzsee te. Sehr häufig kommen hier Schilf Weidenröschen (Epilobium hirsutum). um einen typischen Steppensee han- (Phragmites australis), der Gewöhn- delte. Bis zu seiner Trockenlegung war liche Wolfstrapp (Lycopus europaeus), Der Sulzsee – einst der westlichste er wahrscheinlich der westlichste See der Gewöhnliche Gilbweiderich (Ly- Steppensee Europas? seiner Art in Europa. simachia vulgaris), der Gewöhnliche Beim Boden des ehemaligen Sees han- Blutweiderich (Lythrum salicaria), delt es sich um einen aggradierten, Salzwiese am Westufer des das Zottige Weidenröschen (Epilobi- karbonathaltigen Solonetz aus feinem Neusiedler Sees um hirsutum), der Sumpf-Schachtel- Schwemmmaterial. Die oberste Bo- Ein bis heute noch erhaltenes Relikt halm (Equisetum palustre) und der denschicht wird aus 0 bis 0,5 m brau- dieses interessanten Gebietes ist die im Gewöhnliche Froschlöffel (Alisma ner, lehmiger Erde gebildet. Darunter ehemaligen südwestlichen Uferbereich plantago-aquatica), aber auch rude- befindet sich eine 0,5 bis 0,8 m dicke angesiedelte Salzsumpfwiese mit einer rale Pflanzen wie die Große Brennes- Schicht schwarzer, anmooriger Erde, Reihe interessanter Halophyten in en- sel (Urtica dioica), der Gewöhnliche unter welcher eine einige Zentimeter ger Verzahnung mit Elementen der an- Beifuß (Artemisia vulgaris) sowie der dicke weißlichgraue Tonschicht die grenzenden Pfeifengras-Streuwiesen. Glatthafer (Arrhenaterum elatius) Grenze gegen die feinen weißlichen Unter den typischen Salzpflanzen fin- vor. Stellenweise dominieren auch Pannonsande mit reicher Fossilfüh- det man hier den Salz-Wegerich (Plan- Großseggen, vor allem die Ufer-Segge rung, insbesondere eiszeitlichen Ost- tago maritima), die Salz-Schwarzwurz (Carex riparia) und die Sumpf-Segge rakoden und eingeschwemmten Land- (Scorzonera parviflora) und die Salz- (Carex acutiformis). schnecken, bildet. Simse (Juncus gerardii). Salztolerante Die Brachflächen im Gebiet des ehe- Dieser Bodenaufbau weist darauf Besonderheiten der Wiese sind das maligen Sees sind vollkommen rude- hin, dass der Sulzsee ein Salzsee war. Sumpf-Knabenkraut (Orchis palustris), ralisiert und nur mehr mäßig feucht. Das unterstreichen auch der Name der Spargelklee (Tetragonobolus mari- Das Bild ist geprägt von Pflanzen wie „Sulzsee“ (abzuleiten von „Salzsee“) timus), die Kurzkopf-Kratzdistel (Cir- Glatthafer (Arrhenaterum elatius), und insbesondere der ungarische sium brachycephalum) sowie die Farn- Großes Flohkraut (Pulicaria dysente- Name „Soóstó“, was wörtlich über- Schafgarbe (Achillea aspleniifolia). rica), Wilde Möhre (Daucus carota), setzt ebenfalls „Salzsee“ bedeutet. Zu- Echte Schafgarbe (Achillea millefoli- Literatur: um), Wiesen-Pippau (Crepis biennis), Das heutige Bild des ehemaligen Kaus, K.: pers. comm. Gewöhnlicher Beifuß (Artemisia vul- Sulzsees: Äcker, Brachflächen und Koo, A. (1995): Naturschutz im Burgenland. Entwässerungsgräben (J. Weinzettl) Teil I: Geschützte Gebiete. Amt der Burgenlän- dischen Landesregierung, Abteilung IV – Natur- und Landschaftsschutz, Eisenstadt. Zala, K.: pers. comm. Zala, T. (1992): Der See. In: J. Altenburger, Fest- schrift 750 Jahre St. Margarethen, pp. 136-137, Salzlebensräume in Österreich. Umweltbun- desamt, Wien 2006 Burgenländische Landestopographie, Band II: Der Verwaltungsbezirk Eisenstadt und die Freistädte Eisenstadt und Rust. Amt der Burgen- ländischen Landesregierung, Abteilung XII/2, Eisenstadt 1963 http://bfw.ac.at/rz/bfwcms.web?dok=4887 (di- gitale Bodenkarte des BFW) http://www.geologie.ac.at/GBADB1/index.html (geologische Karten der Geologischen Bundes- anstalt)

68 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7.4 Die Wiesentypen der Willersdorfer Schlucht und Aschauer Au Ingo Korner und Markus Staudinger

Die Willersdorfer Schlucht liegt im Dreiländerdreieck Steiermark – Niederösterreich – Burgenland am Ostrand der Buckligen Welt und er- streckt sich annähernd in Nord-Süd- Richtung mit einem Seitenarm Rich- tung Aschau, der vom Krumpaubach gebildet wird. Das ausgedehnte und teils extensiv genutzte Wiesengebiet liegt auf einer Seehöhe zwischen 450 und 500 m. Großräumlich betrachtet schneidet die Willersdorfer Schlucht zwischen Pinkafeld und Bernstein tief in die Mittelgebirgslandschaft des Bernsteiner Berglandes ein. Dieses er- streckt sich westlich des Zöbernbaches und geht durch die Sattellandschaft Talbodenmähwiese Willersdorfer von Holzschlag in das Günser Berg- Schlucht (I. Korner) Richtung mit sich bringt. So liegen die land über. Die aus einer Hochfläche Niederschlagssummen bei Bernstein entstandenen, tief zertalten Hänge be- ner und Günser Berglandes befinden um 800 mm, bei mittleren Temperatu- sitzen keinen ausgeprägten Kamm wie sich bereits in einem klimatisch illy- ren von 8 ° C (Koo 1994). Insgesamt ist das Günser Gebirge, sondern bestehen risch beeinflussten Gebiet, was einen der Ostrand der Buckligen Welt durch aus einer Gruppe von Hügeln mit einer Niederschlagseinfluss aus südöstlicher einen vergleichsweise kühlen Klima- Gipfelhöhe von rund 800 m. Die Mit- charakter gekennzeichnet, was auch telgebirgslagen des Landseer, Bernstei- Hangwiese Willersdorfer Schlucht durch die Vegetation der vorkommen- (I. Korner) den Wiesentypen klar hervortritt. Das Niederschlagsmaximum liegt im Juni und Juli, wobei der illyrisch begrün- dete Frühjahrs- und Herbstanteil noch relativ gering ist (Kilian et al. 1994). Das Bernsteiner Hügelland ist als un- terostalpine Decke dem Penninikum (Bernsteiner Fenster) zuzuordnen, das eine Schichtfolge aus Phylliten, Kalk- schiefern, Grünschiefern sowie Ser- pentiniten zeigt (Koo 1994). Die in der Willersdorfer Schlucht anzutreffenden Böden sind vorwiegend als basenar- me Braunerden bzw. Braunlehme an- zusprechen (Kilian et al. 1994). Die Wiesentypen der Willersdorfer Schlucht besitzen einerseits eine relativ große Einheitlichkeit, andererseits sind deutlich differenzierende Nutzungs-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 69 Gradienten zwischen Intensiv- und entlang von Bächen und Flüssen aus- haferwiesen (Phyteumo-Trisetion), Magerwiesen ausgebildet, die auch am gebildet. Unter den kühlen und relativ die durch höhere Deckungswerte von Artenspektrum deutlich ablesbar sind. schattigen Bedingungen der Willers- Goldhafer (Trisetum flavescens) und Die in der Willersdorfer Schlucht vor- dorfer Schlucht wird der ansonsten die vor allem Geflecktem Johanniskraut kommenden Wiesentypen umfassen: Tal-Fettwiesen dominierende Glattha- (Hypericum maculatum) gekennzeich- • Fuchsschwanz-Frischwiesen (Ranun- fer (Arrhenatherum elatius) vom Wie- net sind. Diese Wiesentypen, die eine culo repentis–Alopecuretum) sen-Fuchsschwanz (Alopecurus pra- ausgewogene Dominanzstruktur der • Rispengras-Goldhaferwiesen in Tief- tensis) als dominantem Gras abgelöst. beteiligten Gräser und einen relativ hö- lagenformen (Poo-Trisetetum) In der Willersdorfer Schlucht sind die heren Artenreichtum aufweisen und • Ferkelkraut-Furchenschwingel-Ma- typisch ausgeprägten Fuchsschwanz- am ehesten der Rispengras-Goldha- gerrasen (Hypochoerido-Festucetum Frischwiesen durch das gemeinsame ferwiese (Poo-Trisetetum) zuzuordnen rupicolae) Auftreten von Wiesen-Fuchsschwanz sind, kommen in tieferen Lagen fast • Rossminzen-Staudenflur (Aegopo- (Alopecurus pratensis), Gamander- nur in kaltluftführenden Mulden vor. dio-Menthetum longifoliae) Ehrenpreis (Veronica chamaedrys), Das Vorkommen von Kahlem Kreuzl- • Pestwurz-Geißfuß-Gesellschaft (Pha- Kriechendem Hahnenfuß (Ranuncu- abkraut (Cruciata glabra) in diesen larido-Petasitetum officinalis) lus repens) und Behaarter Segge (Carex goldhaferreichen Beständen spiegelt Der Großteil der Wiesenflächen in hirta) sowie der Kuckucks-Lichtnelke die östliche Lage des Gebietes wider der Willersdorfer Schlucht wird von gekennzeichnet. und vermittelt zu Wiesentypen der der Fuchsschwanz-Frischwiese (Ra- Bei abnehmendem Nährstoffgehalt Hohen Tatra. nunculo repentis-Alopecuretum) ein- des Bodens und abnehmender Feuch- Die trockensten Bereiche des Wil- genommen, die in unterschiedlichen tigkeit kommt es zur Ausbildung ei- lersdorfer Talbodens nimmt der Fer- nutzungs- und nährstoffbedingten nes eher mageren Typs, der von der kelkraut-Furchenschwingelrasen (Hy- Ausbildungen im Gebiet vorkommen. typischen Ausbildung durch höhere pochoerido-Festucetum rupicolae) Fuchsschwanz-Frischwiesen nehmen Deckungswerte von Wolligem Ho- ein, der eine Mittelstellung zwischen den feuchten Flügel der Tal-Fettwie- niggras (Holcus lanatus), Ruchgras den kalkreichen submediterran-sub- sen des Verbandes Arrhenatherion ein (Anthoxanthum odoratum), Rotem atlantischen Trespenhalbtrockenrasen und sind typischerweise in Talböden Straußgras (Agrostius tenuis) und Rot- des Bromion erecti und den eher bo- Schwingel (Festuca rubra) geprägt ist densauren atlantisch-subatlantischen Kuckucks-Lichtnelke (I. Korner) und der schon zu den Goldhaferwiesen Borstgrasrasen des Violion caninae vermittelt. In solchen Flächen ist auch einnimmt. Bisher ist dieser Wiesentyp als besondere Art der Alpen-Krokus nur aus dem Feistritztal im oststeiri- (Crocus albiflorus) anzutreffen. schen Hügelland bekannt, dürfte aber Als Brachestadien entwickeln sich eine durchaus weitere Verbreitung be- aus den eher feuchteren Fuchsschwan- sitzen. Neben dem Furchenschwingel zwiesen nitrophile Saumfluren, die ei- (Festuca rupicola) sind Magerkeitszei- nerseits von der Gemeinen Pestwurz ger wie Kleines Habichtskraut (Hiera- (Petasites hybridus) beherrscht wer- cium pilosella) oder Borstgras (Nardus den und sich zur Pestwurz-Geißfuß- stricta) für diesen Typ bezeichnend. Gesellschaft (Phalarido-Petasitetum officinialis) weiterentwickeln, oder Literatur: von der Rossminze (Mentha longifo- Kilian, W., Müller, F. & Starlinger, F. (1994): lia), wobei sich die Rossminzen-Stau- Die forstlichen Wuchsgebiete Österreichs. Eine Naturraumgliederung nach waldökologischen denflur (Aegopodio-Menthetum lon- Gesichtspunkten. Berichte der forstlichen Bun- gifoliae) herausbildet. desversuchsanstalt, Wien. Besonders hervorzuheben sind in Koo, A. (1994): Pflegekonzept für die Natur- schutzgebiete des Burgenlandes. BFB-Bericht der Willersdorfer Schlucht Tieflagen- 82. Biologisches Forschungsinstitut für Burgen- ausbildungen von Mittelgebirgs-Gold- land: 5-9

70 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7.5 Die Wiesenvegetation des Lafnitztales Ingo Korner

Die Lafnitz entspringt im Wechsel- gebiet und mündet nach der Staats- grenze bei St. Gotthart in Ungarn in die Raab. Die Flusslänge beträgt ca. 110 Kilometer. Das Ramsar-Gebiet umfasst den Abschnitt der Lafnitz zwischen den Orten Lafnitz bzw. Neustift a. d. Lafnitz im Norden und Fürstenfeld bzw. Rudersdorf im Süden. In diesem Bereich bildet die Lafnitz die Grenze zwischen Burgenland und Steiermark, als „eine der ältesten Grenzen Euro- pas“, und ist zugleich einer der letzten mäandrierenden Tieflandflüsse Öster- reichs. Das Lafnitztal entwässert Teile der Oststeiermark und des Südburgen- landes. Es ist der Großlandschaft des Oststeirischen Hügellandes zuzuord- nen, das aus tertiären Lockergesteinen aufgebaut wird. Das illyrische Klima Weißstorch bei der Nahrungssuche in bringt über die submediterranen Luft- prägt, andererseits finden sich hier aber den Extensivwiesen des Lafnitztales strömungen von der Adria höhere Nie- (I. Korner) auch noch ausgedehnte extensive Mäh- derschlagsmengen, die Jahresnieder- wiesen mit Fuchsschwanz (Alopecurus schlagssummen schwanken zwischen in die 1960er Jahre als Mähwiesen ge- pratensis) und an trockeneren Stellen 700 und 1.000 mm. Da die Nieder- nutzt. Erst in den letzten Jahrzehnten mit Glatthafer (Arrhenatherum elatior) schläge großteils in den Sommermona- war der Wiesenanteil mit zunehmen- und Ruchgras (Anthoxanthum). Diese ten fallen, treten hier häufiger als sonst der Bedeutung des Ackerbaues und Wiesen sind sehr insektenreich (Heu- in Österreich Gewitter und Hagel auf. einer starken Abnahme der Viehbe- schrecken, Grillen, Schmetterlinge) Vor allem das Einzugsgebiet der Laf- stände stark rückläufig. Die derzeitige und stellen bedeutende Nahrungsha- nitz ist bekannt für Gewitter mit extre- Verteilung der Wiesen spiegelt einer- bitate für Vogelarten der offenen Land- men Starkregenereignissen, welche die seits die Bewirtschaftbarkeit (Feucht- schaft (wie beispielsweise den Weiß- Lafnitz über die Ufer treten und den standorte, Relief) des Talbodens, aber storch) dar. umliegenden Talraum überschwem- auch die Bereitschaft zur Erhaltung Ebenfalls typisch für den Talraum men lassen. des wertvollen Kulturgutes der Wie- sind ausgedehnte Feuchtbrachen ehe- In einer ursprünglichen, von un- senlandschaft mit ihrer Artenvielfalt mals agrarisch genutzter Flächen (Mäh- gestörter Dynamik geprägten Strom- wider. wiesen), die jetzt hauptsächlich von landschaft kommt kaum ausreichender Im Bereich von Wolfau weitet sich Hochstauden eingenommen werden. Lebensraum für Wiesenarten vor. Sie das Lafnitztal auf eine Breite von meh- Diese Flächen sind zwar vorwiegend traten erst mit zunehmender Einfluss- reren Kilometern auf. Zusätzlich zum von Goldrute, Rohrglanzgras und der nahme des Menschen an jenen Stel- Hauptgewässer treten hier kleinere Gewöhnlichen Rasenschmiele (De- len größer flächig auf, an denen der Nebengewässer auf, die oft bis zu 1 schampsia cespitosa) dominiert, wer- Auwald gerodet wurde. Einhergehend km von der Lafnitz entfernt sind. Der den aber durch Bruchweidengebüsch, mit der Zunahme der Viehzucht wur- Talboden der Lafnitz wird einerseits zahlreiche Grauweiden sowie einzelne den weite Teile des Talbodens noch bis durch intensive Ackerbaunutzung ge- Gruppen von Schwarzerlenjungwuchs

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 71 strukturiert. Als Begleitarten treten ein Viertel dieser wertvollen Wiesen- Im Bereich Loipersdorf ist der Tal- dichte Beständen von Echtem Mäde- gesellschaft vorhanden. Ein Schutz raum der Lafnitz weitgehend vom süß (Filipendula ulmaria), Rauhaar- der noch verbliebenen Flächen bzw. Ackerbau dominiert, neben Getreide segge (Carex hirta), Flatterbinse (Jun- die Wiederaufnahme der Nutzung bei wird hier auch relativ großflächig Mais cus effusus) und Großem Wiesenknopf verbrachenden Flächen wäre hier drin- angebaut. Dies gilt vorrangig für den (Sanguisorba officinalis) auf. Vereinzelte gend erforderlich. rechtsufrigen, steirischen Bereich des Mähwiesen im Talboden des Lafnitzta- Der Grünlandanteil hat im Bereich Talraumes, in dem der Wiesenanteil les finden sich auch südlich von Wörth, der Ortschaft Unterrohr eine nicht so bei ca. 10 % liegt. Am gegenüberliegen- zwar nicht mehr so großflächig, aber starke Veränderung erfahren. Die Tal- den linken Ufer hingegen dominieren dennoch immer wieder in die agrarisch landschaft entlang der Lafnitz auf stei- die gemähten oder beweideten Wie- genutzte Kulturlandschaft eingestreut. rischer Seite, zeichnet sich durch eine sen. Ein Teil dieser Flächen wird mit Dieser relativ strukturreiche und mit vielfältige und strukturreiche Kultur- Schafen beweidet, der Rest gemäht. Im einigen Wiesen ausgestattete Bereich landschaft aus. Die Pfeifengras-Streu- Talraum nahe dem Gewässer finden erstreckt sich bis nach Neudau. Von wiesen sowie Feucht- und Nasswiesen sich noch zahlreiche reliktäre Fluss- Wörth bis zur Lungitzbachmündung beherbergen in diesem Gebiet noch mäander, in denen Großseggenbestän- geht der Wiesenanteil hingegen deut- eine Reihe typischer und bemerkens- de vorkommen. Entlang dieser alten lich zurück. Hier setzt sich der Acker- werter Pflanzenarten. Als Besonder- Flussmäander dominiert die Wiesen- bau durch. So reduzierte sich im Lauf heiten, die im Bereich dieser Wiesen- nutzung, da das Relief für den Acker- der letzten Jahrzehnte der Anteil an ex- gesellschaften vorkommen, sind hier bau ungünstig ist. tensiv genutzten ein- bis zweimähdigen etwa der seltene Lungenenzian (Gen- Grünlandbeständen um gut 50 %. tiana pneumonanthe), die Rasige Seg- Wiesentypen Der starke Rückgang der Pfeifen- ge (Carex cespitosa), die Kriechweide Nach Wendelin et. al. (1997) so- gras-Streuwiesen setzt sich auch nörd- (Salix repens subsp. rosmarinifolia), wie Steinbuch (1995) entspricht der lich der Lungitzbachmündung fort So die Färberscharte (Serratula tinctoria) Hauptteil der Wiesen dem Typ der ist heute im Gebiet zwischen Wörth oder die Sumpf-Schafgarbe (Achillea (Ranunculo repentis-Alopecuretum und der Landesstraßenbrücke Unter- ptarmica) zu nennen. pratensis) in einer feuchteren Ausbil- rohr/Wolfau, einschließlich der Berei- dung. Etwas seltener findet sich die che am Lungitzbach, nur mehr rund Schutzgebiet Lafnitz-Wolfau (J. trockenere Ausbildung der Tal-Fett- Weinzettl) wiesen, die Glatthafer-Wiesen (Pasti- naco-Arrhenatheretum elatioris). Der zweite Hauptanteil der Wiesen ist dem Unterverband der Dotterblumen-Wie- sen (Calthenion), also den Feucht- bzw. Nasswiesen, zuzuordnen. Dazu zählen die Bach-Distel-Wiesen (Cirsietum ri- vularis) und die Waldsimsen-Wiesen (Scirpetum sylvatici). Die überwiegende Zahl der Wiesen kann dieser feuchteren Ausbildung der Tal-Fettwiesen, der Fuchsschwanz-Fri- schwiese (Ranunculo repentis-Alope- curetum pratensis), zugeordnet wer- den. Die Fuchsschwanzwiese findet man vor allem auf lehmig-tonigen, ver- gleyten Talböden entlang von Flüssen und Bächen. Die Standorte sind feucht (Grundwassereinfluss) bzw. wechsel-

72 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz feucht. Es handelt sich um kurzzeitig überflutete Wiesen im Nahbereich des Flusses, wodurch diese Standorte eu- troph sind, oder um feuchte, gedüng- te Wiesen. Die meist stark gedüng- ten Wiesen sind relativ artenarm (im Schnitt nicht mehr als 30 Arten pro pflanzensoziologischer Aufnahme). Der Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecu- rus pratensis) und/oder das Wollige Honiggras (Holcus lanatus) sind die dominierenden Grasarten, der Glatt- hafer verliert an Bedeutung. Aufgrund der Standortsbedingungen sind in der Artenzusammensetzung laut Muci- na (1993) bereits vermehrt Arten der Feuchtwiesen (Ordnung Molinietalia), wie Wiesen-Schaumkraut (Cardami- ne pratensis), Kuckucks-Lichtnel- ke (Lychnis flos-cuculi), Pfennigkraut Trollblumenwiese auf (Lysimachia nummularia) und Gro- gung wieder zugeführt, wobei dies mit steirischer Seite (J. Weinzettl) ßer Wiesenknopf (Sanguisorba offici- Stallmist, Jauche, Gülle oder minerali- nalis) anzutreffen. Teilweise bestehen schem Dünger erfolgen kann. Zu star- Übergänge zu Beständen der Flutrasen und Goldhafer (Trisetum flavescens) ke Düngung mit Jauche oder Gülle be- (Ordnung Potentillo-Polygonetalia), auf. Unter den Kräutern dominieren günstigt allerdings einen Massenwuchs die in den feuchteren, periodisch über- Wiesen-Sauerampfer (Rumex aceto- von Doldenblütlern wie dem Wiesen- schwemmten Bereichen der Wasser- sa), Schafgarbe (Achillea millefolium), Kerbel (Anthriscus sylvestris) und dem läufe und Altarme vorkommen. Diese Löwenzahn (Taraxacum officinale) Gewöhnlichen Bärenklau (Heracleum Ausbildung ist gekennzeichnet durch und Wiesenklee (Trifolium pratense). sphondylium) und senkt damit den das vermehrte Auftreten von Arten Feuchtezeiger treten gegenüber den Futterwert der Wiesen. wie Kriech-Hahnenfuß (Ranunculus Fuchsschwanz-Frischwiesen zurück, Im Laufe der Vegetationsperio- repens), Gewöhnliches Rispengras stellenweise bildet die Wiesen-Glo- de wechseln mehrere Blühaspekte (Poa trivialis), Kriech-Klee (Trifoli- ckenblume (Campanula patula) einen auf der Glatthafer-Wiese ab. Auffällig um repens), Rohr-Glanzgras (Phalaris farbenprächtigen, violettblauen Blüh- sind besonders der Ranunculus acris- arundinacea) u.a. aspekt aus. Vom Erscheinungsbild her und der Anthriscus sylvestris-Aspekt Viel seltener findet man die trocke- handelt es sich sowohl bei den Fuchs- im Frühjahr und der Pastinaca sativa- nere Ausbildung der Tal-Fettwiesen, schwanz-Frischwiesen als auch bei den und Heracleum sphondylium-Aspekt die Glatthafer-Wiese (Pastinaco-Ar- Glatthafer-Wiesen um hochwüchsige, im Spätsommer. Auch manche Grä- rhenatheretum). Diese kommen auf dichte Wiesen mit sattgrüner Farbe ser treten oft bestandsbildend auf, so weniger feuchten, frischen Brauner- der Gräser, beides Merkmale, die dar- etwa Knaulgras (Dactylis glomerata), deböden vor, die aber ebenfalls gut auf hinweisen, dass die Böden gut mit Wiesen-Schwingel (Festuca pratensis) mit Nährstoffen versorgt sind. Wie Wasser und Nährstoffen versorgt sind. und Gold-Hafer (Trisetum flavescens). der Name schon erkennen lässt, tritt Die Glatthafer-Wiesen sind Dauer- Vom landwirtschaftlichen Gesichts- der Glatthafer (Arrhenatherum elatius) gesellschaften, die nur durch regelmä- punkt liefert das Pastinaco-Arrhena- als dominante Grasart, als Untergrä- ßige Mahd oder Beweidung waldfrei theretum ein sehr gutes Heu mit we- ser Wiesen-Rispengras (Poa pratensis), gehalten werden können. Der Biomas- nig Bröckelverlusten, da der Grasanteil Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) seentzug wird dem Boden durch Dün- recht hoch liegt (etwa bei 60 %). Trotz-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 73 dem wird die früher weit verbreitete Scirpetum sylvatici). Die Staunässe der dens von Lafnitz und Feistritz weitaus Glatthafer-Wiese zugunsten des er- Böden nimmt dabei von den Bach-Dis- häufiger. Ihre Artengarnitur umfasst tragreicheren Ansaatgrünlandes durch tel-Wiesen zu den Waldsimsen-Wiesen viele Feuchte- und Magerkeitszeiger, Intensivierungsmaßnahmen (starke hin zu. Dementsprechend zeigen die die mit zunehmendem Düngereinsatz Düngung und mehrmaliger Schnitt) auf eher lehmigen Böden wachsenden verschwinden. Einzelne Wiesen die- immer stärker zurückgedrängt. Bach-Distel-Wiesen neben den typi- ser Typen finden sich noch bei Bur- Der zweite Hauptanteil der Wiesen schen Feuchtwiesenarten noch einen gau, Neudau und Wolfau sowie im ist dem Unterverband der Dotterblu- großen Anteil an Fettwiesen-Arten. Mündungsbereich der Feistritz in die men-Wiesen (Calthenion), also den Die Bestände der Waldsimsen-Wie- Lafnitz. Die Bedeutung dieser selten Feucht- bzw. Nasswiesen (Verband: sen, die die stark vernässten Gelände- gewordenen Wiesentypen liegt in der Calthenion, Ordnung: Molinietalia), mulden besiedeln, werden dagegen von Vielzahl an gefährdeten Pflanzenarten zuzuordnen. Dabei handelt es sich um Sauergräsern, wie z. B. der Waldsimse (insgesamt über 30 Arten), zu denen gedüngte, 1 bis 2-schürige Wiesen, die (Scirpus sylvaticus), dominiert. Auch beispielsweise die Sibirische Schwert- als Ersatzgesellschaften von feuchten bei den Feucht- bzw. Nasswiesen wur- lilie (Iris sibirica) zählt. Auwäldern und Bruchwäldern wech- den Übergänge zu den stärker über- Die Binsen-Pfeifengras-Wiese (Jun- selfeuchte bis nasse Standorte besie- schwemmten Flutrasen festgestellt. In co-Molinietum arundinaceae) wird deln. Bedingt durch die gute Wasser- diesen Beständen dominieren Kriech- vom Rohr-Pfeifengras dominiert und und Nährstoffversorgung sind auch hahnenfuß (Ranunculus repens), Pfen- tritt meist in Geländesenken am Ran- diese Wiesen saftig grün, hochwüch- nigkraut (Lysimachia nummularia) de des Lafnitztales auf. Die Standor- sig und dicht. Mit zunehmender Näs- und Knick-Fuchsschwanz (Alopecu- te sind durch Stau- bzw. Grundwasser se treten vermehrt Sauergräser in den rus geniculatus). beeinflusst. In Feuchteperioden reicht Beständen auf. Im Wesentlichen han- Die beiden nachfolgend beschriebe- das Grundwasser bis in die obersten delt es sich bei den Feuchtwiesen des nen Wiesentypen waren vor den um- Bodenschichten, in Trockenperioden Lafnitztales um Bach-Distel-Wiesen fangreichen Meliorationen des Talbo- trocknet der Oberboden zeitweise aus. (Gesellschaft: Cirsietum rivularis) und Neben dem namensgebenden Rohr- Waldsimsen-Wiesen (Gesellschaft: Pfeifengraswiese Oberwart Pfeifengras treten seltene Kleinseggen Wehoferbach (K. Michalek) wie die Hirse-Segge (Carex panicea), eine Art der Feuchtwiesen und Flach- moore, sowie vereinzelt auch die Sibi- rische Schwertlilie auf. Aufgrund der für die Bewirtschaftung ungünstigen Standortsbedingungen werden diese Wiesen nicht regelmäßig genutzt. Im Unterschied dazu ist die Teu- felsabbiss-Pfeifengras-Wiese (Suc- ciso-Avenuletum pubescentis) auf hö- her gelegenen Niveaus zu finden. Die Böden sind nur bei hohem Grund- wasserstand (Hochwässer) gut durch- feuchtet, trocknen aber dann relativ rasch wieder ab. Je nach Häufigkeit der Hochwässer können diese Wiesen oft nur einmal pro Jahr gemäht wer- den. Kennzeichnend sind neben dem Rohr-Pfeifengras der namensgebende Teufelsabbiss sowie typische Arten der Pfeifengraswiesen wie Färberscharte

74 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz einer derart extensiven Bewirtschaf- tung entwickelt die Bach-Kratzdistel- Wiese die höchste Artenvielfalt. Die obere Bodenschicht ist beim Cirsietum rivularis in der Regel Lehm. Diesem Wiesentyp wurde in der Vergangen- heit nur dann seitens des Naturschut- zes Aufmerksamkeit gewidmet, wenn auffallende Arten wie die Trollblume (Trollius europaeus) enthalten waren. Dadurch gingen große Wiesenflächen dieses Typs durch die Intensivierung der Landwirtschaft verloren. Der hohe Anteil an großblättrigen Kräutern und Binsen mindert den Futterwert stark. Sibirische Schwertlilie (J. Weinzettl) Die Düngung dieser Standorte erfolgt entweder natürlich durch Hochwässer oder durch die Bewirtschaftung (Stall- (Serratula tinctoria) und die Betonie mist, Handelsdünger). Auffallend ist (Betonica officinalis). Nur wenn rela- der hohe Anteil von Arten, die eigent- tiv spät gemäht wird, gelangen die an- lich den sauren Kleinseggensümpfen geführten Arten auch zur Blüte. Trotz zuzuordnen sind (wie etwa Carex nig- der Bemühungen des Naturschutzes ra, C. leporina und C. panicea). gingen große Flächen dieses Wiesen- Eine ebenfalls nur extensiv genutz- typs durch Melioration in den letzten te Wiesengesellschaft ist das Großseg- Jahren verloren. Diese Entwicklung ist genried oder der Schlankseggen-Sumpf insoferne besonders bedauerlich, als (Caricetum gracilis). Die Großseggen- Riesen-Goldrute (J. Weinzettl) sich die „mageren“ Feuchtwiesen durch bestände des Gebietes sind entweder eine hohe Artenvielfalt auszeichnen. anthropogen bedingt oder Verlan- Ebenfalls auf nassen, aber oft tro- dungsgesellschaften in der Aue. Sie senarten (der Ordnung Molinietalia) ckenfallenden Böden kommt eine wei- wurden früher zur Gewinnung von wie z. B. Blutweiderich (Lythrum sa- tere eher extensiv genutzte Wiesenge- Stalleinstreu regelmäßig gemäht, liegen licaria), Echtes Mädesüß (Filipendula sellschaft, die Bach-Kratzdistel-Wiese heute aber großteils brach. Die noch ulmaria) Gewöhnliche Rasenschmie- (Cirsietum rivularis), vor (z. B. bei vorhandenen Großseggenbestände le (Deschampsia cespitosa), aber auch Neudau). Die Böden, meist Gley oder sind nur kleinflächig ausgebildet. Sie Hochstauden wie Riesen-Goldru- Pseudogley, manchmal auch etwas an- befinden sich in feuchten Senken, ent- te (Solidago gigantea) und Bärenklau moorig, sind zwar frisch bis feucht, ha- weder inmitten des Auwaldes oder sel- (Heracleum sponyleum). Die Großseg- ben aber eine relativ niedrige Wasser- tener an Wiesen und Gehölzstreifen genbestände bilden meist relativ stabile kapazität. Damit verbunden ist auch oder Auwaldflächen. Im Wesentlichen Gesellschaften aus, die über lange Zeit die erhöhte Bodenwärme der Standor- handelt es sich dabei um Bestände, in keinerlei Pflege bedürfen. Auch wenn te. Überschwemmungen können zwar welchen die Spitz-Segge (Carex acuta) sie eher artenarm sind, zählen sie zu vorkommen, dauern aber nicht lange dominiert. Als Begleitarten treten in den gefährdeten Grünlandgesellschaf- an. Die zeitweise nassen, nährstoffrei- der Regel Brennessel (Urtica dioica), ten. Wie in anderen Waldersatzgesell- chen Böden des Überschwemmungs- Echte Zaunwinde (Calystegia sepium), schaften kommen mit der Zeit Weiden gebietes der Lafnitz erschweren die Schilf (Phragmites australis) und Rohr- (v.a. Salix fragilis) und die Grauerle Bewirtschaftung, so dass dieser Wie- glanzgras (Phalaris arundinacea) auf, (Alnus incana) auf, was längerfristig sentyp oft nur einmal gemäht wird. Bei zusätzlich einwandernde Feuchtwie- zu einer Wiederbewaldung führt.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 75 7.6 Vegetationsökologische Untersuchungen der Erlenbruchwälder des Südburgenländischen Hügel- und Terrassenlandes Eveline Neubauer

Der Großteil des Waldbestandes im Folgende Assoziationen und Gesellschaft konnten in den untersuchten Südburgenländischen Hügel- und Ter- Erlen- und Strauchweiden-Bruchwäldern gefunden werden: rassenland besteht aus Laubwäldern, in • Walzenseggen-Schwarz-Erlen-Bruchwald die allerdings oft Fichten eingepflanzt (Carici elongatae-Alnetum glutinosae) sind. Reine Koniferenforste bilden nur • Sumpfseggen-Schwarz-Erlen-Bruchwald einen geringen Prozentsatz der Wälder. (Carici acutisformis-Alnetum glutinosae) Die Klasse Erlen- und Strauchwei- • Uferseggen-Schwarz-Erlen-Bruchwald (Carici ripariae-Alnetum glutinosae) den-Bruchwälder (Alneteae glutinosae) Steifseggen-Schwarz-Erlen-Bruchwald (Carici elatae-Alnetum glutinosa) umfasst laubabwerfende Baum- und • Gebüschgesellschaften nährstoff- oder • Sumpfdotter-Erlenwald, Trockener Erlenbruch (Caltha palustris-Alnus glutinosa-Gesellschaft) mäßig nährstoffreicher (eutropher bis mesotropher) Standorte. Das Grund- wasser ist hochanstehend oder zeit- konzentriert sich auf die planar-colline Walzenseggen-Schwarz-Erlen- weise auch austretend, stagnierend und und submontane Stufe. Bruchwälder Bruchwald (Carici elongatae- langsam versickernd (Oberdorfer 1992). sind stabile Endstadien und entwickeln Alnetum glutinosae) Sie charakterisieren Talauen und sich nur bei einer Senkung des Grund- Die Gesamtdeckung der Vegetation Muldenlagen. Holzeinschläge, Um- wasserspiegels weiter. Heute sind Er- ist hoch und liegt fast immer bei 80 %. wandlungen in Nasswiesen und Ent- lenwälder oft forstwirtschaftlich nutz- Der Grundwasserzeiger Schwarz-Er- wässerungen führen zu irreversiblen los und werden entwässert und somit le (Alnus glutinosa) bildet zusammen Standortveränderungen und machen oft nur mehr in Fragmenten erhalten mit der Stieleiche (Quercus robur) die die Gruppe der Alnetea zu einer ge- (Wallnöfer et al. 1993). hohe Baumschicht. Die Hainbuche fährdeten Pflanzengesellschaft. Die Al- (Carpinus betulus) ist mit geringem netea glutinosae ist eurosibirisch und Schwarzerlenbruchwald im Frühling Deckungswert meist in der niedrigen (K. Michalek) Baum- und Strauchschicht vertreten. Weiters findet man des öfteren den Stickstoffanzeiger Schwarz-Holunder (Sambucus nigra), Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), Brombeere (Rubus sp.) und Hasel (Corylus avellana) in der eher schütteren Strauchschicht. Die Baum- und Strauchschichten ha- ben eine geringe Deckung. Im Un- terwuchs dominieren neben dem Staunässeanzeiger Walzensegge (Ca- rex elongata) auch noch der Feuchtig- keits- und Stickstoffanzeiger Brennes- sel (Urtica dioica), der Stickstoff- und Lehmanzeiger Klett-Labkraut (Gali- um aparine), der Nährstoff- und Leh- manzeiger Riesen-Goldrute (Solidago gigantea), der Nährstoffanzeiger Ech- te Gundelrebe (Glechoma hederacea) und Busch-Windröschen (Anemone

76 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz nemorosa), Wasserschwertlilie (Iris pseudacorus), Steifsegge (Carex elata), die auffällige Bulte bildet, und weiters noch der Quell- und Grundwasseran- zeiger Gewöhnliche Rasenschmiele (Deschampsia cespitosa), Gewöhnli- cher Wolfsfuß (Lycopus europaeus), Milder Knöterich (Persicaria mitis), Großblütige Vogel-Sternmiere (Stel- laria neglecta) und Sumpf-Labkraut (Galium palustre). Die Riesen-Gol- drute (Solidago gigantea) tritt z. B. auf, wenn Überflutungen ausbleiben und kann somit auch als Veränderungs- anzeiger bezeichnet werden (Lazow- ski mündl.). Der Unterwuchs bedeckt mit 80 %, im Gegensatz zu den vorigen Schichten, einen wesentlich höheren Prozentsatz. Einige typische Auwaldpflanzen Schwarzerlenbruchwald, Königsdorf zeigen den Übergang in diese Ge- (J. Weinzettl) aus dem Stickstoff- und Feuchtig- sellschaft an. Der charakteristische keitszeiger Brennessel (Urtica dioi- Frühlingsaspekt fehlt, da im Frühjahr Sumpfseggen-Schwarz-Erlen- ca), dem Stickstoff- und Lehmanzei- der Boden überflutet ist. Kistenreich Bruchwald (Carici acutiformis- ger Klett-Labkraut (Galium aparine), (1993) begründet dies damit, dass Alnetum glutinosae) dem Lehm- und Nährstoffanzeiger durch die Vernässung der Wuchsorte Die Gesamtdeckung der Vegetation Riesen-Goldrute (Solidago gigantea), oft weit bis in den Frühling (im Vor- liegt bei 70-95 %. Die hohe Baum- dem Grundwasseranzeiger Gewöhn- frühling) viele Arten nicht zum Zuge schicht, die nicht immer vorhanden liche Rasenschmiele (Deschampsia kommen. Die ersten Farbakzente bil- ist, wird von Bruchweide (Salix fra- cespitosa), Sumpf-Segge (Carex acu- det gegen Ende des Vorfrühlings die gilis) und dem Grundwasseranzeiger tiformis), Flaum-Hohlzahn (Galeopsis Sumpfdotterblume (Caltha palustris). Schwarz-Erle (Alnus glutinosa), die pubescens), Gold-Hahnenfuß (Ranun- Im Sommer beherrschen Sumpfstau- auch die niedrige Baumschicht be- culus auricomus), Busch-Windrös- den, Farne, Gräser und Seggen die herrscht, gebildet. Eingriffel-Weiß- chen (Anemone nemorosa), Weiches Bodenvegetation und dadurch blei- dorn (Crataegus monogyna) und Ge- Lungenkraut (Pulmonaria mollis), ben auch die prächtigen Blüten von wöhnliche Traubenkirsche (Prunus Gewöhnliches Wiesen-Schaumkraut Wasserschwertlilie (Iris pseudacorus) padus), die auch Grundwasser anzei- (Cardamine pratensis) und Zaunwinde und Stickstoffanzeiger Bittersüßer gen, kommen ebenso vor. Da die hohe (Calystegia sepium). Die Krautschicht Nachtschatten (Solanum dulcama- Baumschicht nicht immer vorhanden hat Deckungswerte von 70-90 %. Es ra) im Blattgewirr des Unterwuchses ist, deckt sie nur 15 %. Die niedrige sind bereits einige typische Auwald- verborgen. Baumschicht deckt 40 %. Die Strauch- pflanzen enthalten. Diese zeigen das Die mehrschichtige Bestandesstruk- schicht fällt teilweise aus. Man findet Übergangsstadium an. tur befindet sich in den Geländefor- hier den Lehmanzeiger Roter Hart- Die Moose treten sehr unterschied- men von Ebenen, Mulden und Unter- riegel (Cornus sanguinea), den Nähr- lich auf, von 5-60 %. Die häufigsten hängen. stoffanzeiger Auen-Brombeere (Rubus Arten sind Brachythecium rutabulum Aufnahmen dieser Assoziation wur- caesius), Schlehdorn (Prunus spinosa) und Hypnum cupressiforme. den im Untersuchungsgebiet in Maria und Faulbaum (Frangula alnus). Der Alle untersuchten Flächen befinden Weinberg und Steinfurt gemacht. Unterwuchs besteht unter anderem sich in der Ebene als Talböden, Unter-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 77 hänge oder ebenen Flächen. Sie sind tula pendula) gebildet und hat eine ches Lungenkraut (Pulmonaria mollis), teilweise im Frühling überschwemmt. Deckung von 5-60 %. In der vielfäl- Gewöhnlicher Wolfsfuß (Lycopus eu- Sie begleiten Gräben, sind neben tigen Strauchschicht findet man die ropaeus) und Steifsegge (Carex elata) Feuchtwiesen, Salix-Gebüschen und Lehmzeiger Roter Hartriegel (Cornus zusammen. Der deckungsreiche Un- anderen Erlenwäldern zu finden. sanguinea) und Gewöhnlicher Spin- terwuchs variiert von 40-80 %. Die untersuchten Flächen kommen delstrauch (Euonymus europaea), Aus der Krautschicht differenzieren im Untersuchungsgebiet in Deutsch Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) und sich 2 Subassoziationen: Ehrensdorf und Punitz vor. Eingriffel-Weißdorn (Crataegus mono- 1. Subassoziation galietosum aparinis gyna). Vereinzelt ist auch Ohr-Weide und 2. Subassoziation lycopetosum Uferseggen-Schwarz-Erlen- (Salix aurita) in der niedrigen Baum- europaei. Bruchwald (Carici ripariae- und Strauchschicht eingestreut. Die Die Subassoziation galietosum apa- Alnetum glutinosae) Weisser 1970 Deckung der Strauchschicht beträgt rinis ist durch folgende Arten gekenn- Die Gesamtdeckung der Vegetati- meist 5 %, kann jedoch bis zu 50 % zeichnet: Hopfen (Humulus lupulus), on liegt bei 70-85 %. Die Zitter-Pap- ausmachen. Die Krautschicht setzt sich Steifsegge (Carex elata), Brennessel pel (Populus tremula) kann die hohe hauptsächlich aus dem Stickstoff- und (Urtica dioica) und Klett-Labkraut Baumschicht beherrschen. Es kommt Feuchtigkeitszeiger Brennessel (Urti- (Galium aparine). auch Trauben-Eiche (Quercus petrae) ca dioica), dem Lehm- und Stickstoff- Die Subassoziation lycopetosum eu- vor. Manchmal ist keine hohe Baum- zeiger Klett-Labkraut (Galium apa- ropaei unterscheidet sich weiter durch schicht vorhanden. Die geringe hohe rine), dem Gleybodenzeiger Echtes Gewöhnlicher Wolfsfuß (Lycopus euro- Baumschicht schwankt zwischen 0 - Mädesüß (Filipendula ulmaria), dem paeus), Kriechender Hahnenfuß (Ra- 70 %. Die weitaus bestimmendere nied- Grundwasserzeiger Gewöhnliche Ra- nunculus repens), Sumpfdotterblume rige Baumschicht wird vor allem von senschmiele (Deschampsia cespitosa), (Caltha palustris), Gewöhnliche Ra- dem Grundwasserzeiger Schwarz-Erle Hopfen (Humulus lupulus), Gold-Hah- senschmiele (Deschampsia cespitosa), (Alnus glutinosa), Stieleiche (Quercus nenfuß (Ranunculus auricomus), Wei- Flatter-Simse (Juncus effusus), Schlan- robur) und Gewöhnliche Birke (Be- gen-Knöterich (Persicaria bistorta) Wiesenraute (W. Lazowski) und Sumpf-Vergißmeinnicht (Myoso- tis scorpioides). Die Sträucher sind nicht typisch für eine Gesellschaft der Alnetea und vie- le Auwaldpflanzen zeigen bereits den Übergang zum Pruno-Fraxinetum an (Lazowski mündl.). Als floristische Besonderheit ist der Scheiden-Goldstern (Gagea spatha- cea) zu nennen. Er kommt in schatti- gen, vernässten Wäldern vor und gilt als gefährdet. Sein Vorkommen im Südburgenland wird auch von Adler et al. (1994) angegeben. Leider wurde die Aufnahmefläche mit der Pflanze kahlgeschlagen und so- mit ist sein weiterer Bestand im Gebiet nicht mehr gesichert. Die Moose decken meist 5 % und die häufigsten Vertreter sind Brachytheci- um rutabulum, Polytrichum formosum und Hypnum cupressiforme.

78 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Scharbockskraut (Ranunculus ficaria). Als floristische Besonderheit kann die Türkenbundlilie (Lilium martagon) hervorgehoben werden. Im Frühling beleben u. a. der Frischezeiger Traun- Blaustern (Scilla drunensis) und Fin- ger-Lerchensporn (Corydalis solida) den Waldboden. Brachythecium rutabulum und Hypnum cupressiforme sind die am häufigsten auftretenden Moose und sie decken mit den anderen Vertretern im Median 7,5 %. Anhand der vorkommenden Pflan- zen ist bereits ein Übergang zum Au- wald ersichtlich. Die Geländeformen sind Unter- Stieleiche (J. Weinzettl) dioica), dem Vernässungs- und Ver- hänge, Talböden und Mulden, die im dichtungszeiger Seegras-Segge (Ca- Frühjahr häufig unter Wasser stehen. Die mehrschichtigen Bestände sind rex brizoides), dem Nährstoff- und Die Pflanzengesellschaft grenzt oft an teilweise im Frühling überschwemmt. Fruchtbarkeitszeiger Geißfuß (Aego- Gewässer und Gräben und wird von Die untersuchten Flächen kommen podium podagraria), dem Stickstoff- Feuchtwiesen begleitet, die an Brachen im Untersuchungsgebiet in Moschen- und Lehmzeiger Klett-Labkraut (Ga- und Äcker anschließen können. dorf, Urbersdorf und Kroatisch Eh- lium aparine), dem Nährstoff- und Die untersuchten Flächen kommen rensdorf vor. Lehmzeiger Scharbockskraut (Ranun- im Untersuchungsgebiet in Strem, culus ficaria), Steifsegge (Carex elata), Deutsch Ehrensdorf, Punitz, Kroatisch Steifseggen-Schwarz-Erlen- Sumpfdotterblume (Caltha palustris), Ehrensdorf und bei Urbersdorf vor. Bruchwald (Carici elatae-Alnetum Wiesenschaumkraut (Cardamine pra- glutinosae) Franz 1990 tensis) und Buschwindröschen (Ane- Sumpfdotter-Erlenwald, Trockener Die Gesamtdeckung der Vegetation mone nemorosa). Die Krautschicht ist Erlenbruch (Caltha palustris- beträgt 70-95 %. Der Grundwasseran- die vorherrschende Schicht mit De- Alnus glutinosa-Gesellschaften) zeiger Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) ckungswerten von 70 bis 80 %. Trotz des vermehrten Auftretens von ist der bestimmende Baum in der ho- Es lässt sich eine trockenere Subas- Querco-Fagetea-Arten werden sie zu hen und niedrigen Baumschicht. Die soziation aegopodietosum podagrariae den Alnetea glutinosae gezählt, da sie Strauchschicht ist kaum entwickelt. von der Subassoziation caricetosum dort in der Literatur auch häufig im Es gibt keine herausragenden Arten. vesicariae unterscheiden. Rahmen der Erlenbruchwälder behan- Die Deckung der hohen Baumschicht Die Subassoziation aegopodietosum delt werden und sie auch Übergänge mit gelegentlich 0 %, der niedrigen podagrariae differenziert sich durch darstellen (Oberdorfer 1992). Baumschicht mit 30 % und auch der den Nährstoff- und Fruchtbarkeitszei- Die Gesamtdeckung der Vegetation Strauchschicht mit 10 %, ist eher ge- ger Geißfuß (Aegopodium podagraria), variiert von 70-100 %. Die hohe Baum- ring einzustufen. Der Unterwuchs den Stickstoffzeiger und Lehmzeiger schicht wird, wenn sie nicht fehlt, vor dagegen ist sehr artenreich, vor al- Klett-Labkraut (Galium aparine), den allem von dem Grundwasseranzeiger lem mit dem Gleybodenzeiger Echtes Vernässungs- und Verdichtungszei- Schwarz-Erle (Alnus glutinosa), Win- Mädesüß (Filipendula ulmaria), dem ger Seegras-Segge (Carex brizoides), ter-Linde (Tilia cordata) und Bruch- Nährstoffzeiger Riesen-Goldrute (So- den Feuchtigkeits- und Stickstoffzei- Weide (Salix fragilis) gebildet und hat lidago gigantea), dem Feuchtigkeits- ger Brennessel (Urtica dioica), Busch- eine mittlere Deckung von 65 %. Ne- und Stickstoffzeiger Brennessel (Urtica windröschen (Anemone nemorosa) und ben der Schwarz-Erle (Alnus glutinosa)

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 79 in der niedrigen Baumschicht findet (Ranunculus repens), Sumpfdotter- von anderen Baumarten kann ein Nie- man auch Kirsche (Prunus avium), Sal- blume (Caltha palustris), Gewöhnli- derwald, der hauptsächlich aus Erlen Weide (Salix caprea) und Bruch-Wei- cher Wolfsfuß (Lycopus europaeus), besteht, entstehen (Lazowski mündl.). de (Salix fragilis). Sie decken 30 %. Die Wasser-Schwertlilie (Iris pseudacorus), Die Geländeformen sind Ebenen, Strauchschicht ist sehr variabel, ohne Hopfen (Humulus lupulus), Sumpf- Unterhänge, Talböden und Mulden hervorstechende Gehölze mit der De- baldrian (Valeriana dioica), Milder mit keiner oder geringer Hangneigung ckung von 20 %. Im Unterwuchs fin- Knöterich (Persicaria mitis), Gebirgs- und zum Teil entstehenden Frühjahrs- det man vor allem den Stickstoff- und Vergißmeinnicht (Myosotis nemorosa) überschwemmungen. Öfters sind die Feuchtigkeitszeiger Brennessel (Urtica und Wiesen-Schaumkraut (Cardamine Flächen unbewirtschaftet, mit viel lie- dioica), den Lehm- und Nährstoffzei- pratensis). Die Krautschicht hat De- gendem Totholz. Neben den Bächen ger Riesen-Goldrute (Solidago gigan- ckungswerte von 70-90 %. Moose be- gibt es auch des Öfteren Aufforstun- tea), den Stickstoff- und Lehmzei- decken meist stark den Boden,, bis zu gen, die an die Gesellschaften an- ger Klett-Labkraut (Galium aparine), 35 %. Die beständigsten Vertreter sind schließen. Landschaftsprägend sind die Nährstoffzeiger Echte Gundelre- Hypnum cupressiforme, Brachytheci- stehende Gewässer oder markante be (Glechoma hederacea) und Ech- um rutabulum, Atrichum undulatum, Einzelbäume, die auch als Überhälter te Nelkwurz (Geum urbanum), den Plagiomnium undulatum und Eurhyn- bezeichnet werden. Vernässungs- und Verdichtungszeiger chium swartzii. Die untersuchten Flächen kommen Seegras-Segge (Carex brizoides), den Eigentlich sind alle durchgehenden im Untersuchungsgebiet bei Kroa- Stickstoffzeiger Bittersüßer Nacht- Arten Auwaldpflanzen und zeigen das tisch Ehrensdorf, Urbersdorf, neben schatten (Solanum dulcamara), den Übergangsstadium an. Durch Bewirt- dem Urbersdorfer Stausee und dem Nässe- und Störzeiger Flatter-Simse schaftungsmaßnahmen und Entnahme Urbersdorfer Haselbach vor. (Juncus effusus), den Lehm- und Ver- dichtungszeiger Kriech-Hahnenfuß Literatur: Schwarzerlenbruchwald, Königsdorf Adler, W., Oswald, K., Fischer, R. (1994): Ex- (J. Weinzettl) kursionsflora von Österreich. (Hrsg) Fischer M. A. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart Wien. Braun-Blanquet, J. (1964): Pflanzensoziologie. Grundzüge der Vegetationskunde. 3. Aufl. Wien, New York. Frahm, J.-P. & Frey, W. (1992): Moosflora. 3. Aufl. Stuttgart. Franz, W. R. (1988): Bruchwälder und Über- gangsgesellschaften zu Eschen-Erlen-Wäldern in Kärnten. Carinthia II. Naturwissenschaftliche Beiträge zur Heimatkunde Kärntens 178/98: 627- 645. Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereins für Kärnten. Klagenfurt. Oberdorfer, E. (Hrsg) (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften. 1. Aufl. Gustav Fischer Verlag, Jena. Oberdorfer, E. (2001): Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 8. Aufl. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart. Wallnöfer, S., Mucina L. & Grass, V. (1993): Querco-Fagetea. In: Mucina, L., Grabherr, G. & Wallnöfer, S. (Hrsg) Die Pflanzengesellschaf- ten Österreichs. Teil III: 26-40. Wälder und Ge- büsche, Gustav Fischer Verlag, Jena. Weisser, P. (1970): Die Vegetationsverhältnisse des Neusiedlersees. Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland, Heft 45. Eisenstadt.

80 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7.7 Die Großseggenriede am Dürren Bach bei Rauchwart Björn Beckmann & Thomas Haberler

Entwässerung, wasserbauliche Maß- nischen sich entlang eines Feuchteg- nahmen sowie Intensivierung der radienten ein. In den im Frühjahr am Nutzung sind wohl die häufigsten längsten unter Wasser stehenden Berei- Bedrohungen für naturnahe Feucht- chen dominiert die Ufer-Segge (Carex gebiete. Die durch extensive Nutzung riparia), gefolgt von der Spitz-Segge geformten „anthropogenen“ Feuchtha- (Carex acuta) an weniger nassen Stel- bitate sind zusätzlich durch die Aufga- len und Gewässerrändern. Dazu kom- be der traditionellen Nutzungsformen men eingestreute Horste der seltenen bedroht. Schwarzschopf- oder Wunder-Segge Die von Kemeten stromabwärts (Carex appropinquata) an quelligen durch wasserbauliche Maßnahmen Stellen des Hangfußes. Im Halbschat- oft stark beeinträchtigte Strem besitzt ten von Erlen und in Senken, wo sich zahlreiche seitliche Zuflüsse, denen das Torf ansammelt, kommen die klein- Schicksal der Regulierung zum Teil er- wüchsige Rasen-Segge (Carex cespito- spart geblieben ist. Etwa auf der Hälfte sa) bzw. die größere nährstoffliebende zwischen Kemeten und Güssing mün- Steif-Segge (Carex elata) vor. In nähr- den bei Rauchwart von Norden mit stoffreichen und basischen Bereichen dem Dürren Bach und dem Haselbach siedelt sich die Ährensegge (Carex gemeinsam zwei solche recht natur- paniculata) zusammen mit anderen belassenen Bäche ein. Während der Nährstoffzeigern wie Mädesüß (Fili- Großseggenried am Dürren Bach bei Haselbach stark mäandrierend über- pendula ulmaria) und Großer Bren- Rauchwart, Mai 2006. Im Vordergrund wiegend im Wald verläuft, gab es am nessel (Urtica dioica) an. Die Standor- Sumpfdotterblume, nur vereinzelt steht Unterlauf des Dürren Baches bis nach tansprüche der Großseggen überlappen hier im zentralen Teil des Riedes Rie- dem 2. Weltkrieg umfangreiche Wie- sich in weiten Bereichen, so dass die sen-Goldrute (Solidago gigantea). Im sen- und Weidenutzung (R. + A. Wag- Gesellschaften mitunter floristisch Hintergrund beginnende Sukzession mit ner, mündl. Mitt.). Hier sind durch ähnlich und insgesamt schlecht cha- Grauweiden, Schwarzerlen und anderen Gehölzen (B. Beckmann) Aufgabe der Nutzung als Folgegesell- rakterisiert sind (Pott 1995). Die Rie- schaften der Feuchtwiesen einige aus- de am Dürren Bach werden hier daher gen vereinzelt behaupten können, sind gedehnte Großseggenriede entstanden. nur lose nach der häufigsten Art der Sumpf-Helmkraut (Scutellaria galeri- Diese geben ein sehr charakteristisches Gesellschaft dem Uferseggen-Sumpf culata), Bittersüßer Nachtschatten (So- Bild und beheimaten derzeit mehre- (Galio palustris - Caricetum ripariae) lanum dulcamara), Sumpf-Schwertlilie re schützenswerte Arten, sind jedoch zugeordnet. (Iris pseudacorus), Dreiteiliger Zwei- ihrerseits wegen fehlender Nutzung In Flutmulden und entlang von Ge- zahn (Bidens tripartitus), Wasser-Min- durch Sukzession bedroht. wässern bilden sich gürtelförmig um ze (Mentha aquatica), Geflügeltes Jo- Der Verband der Großseggenrie- die Grau-Weiden (Salix cinerea) dichte hanniskraut (Hypericum tetrapterum), de (Magnocaricion elatae) gehört zur Bestände des Wasserschwadens (Glyce- Gewöhnlicher Blutweiderich (Lythrum Klasse der Phragmiti-Magnocaricetea ria maxima) aus. salicaria) und Wasserpfeffer-Knöterich (Balátová-Tuláčková et al. 1993). Meist Unter den Hochstauden fällt beson- (Polygonum hydropiper). sind es artenarme Bestände, in denen ders ein größeres Vorkommen der Flü- Die Riesen-Goldrute (Solidago gi- eine der großen herdenbildende Seg- gel-Braunwurz (Scrophularia umbrosa) gantea), ein Neophyt aus Nordamerika, genarten zur Dominanz gelangt. Die auf, von der auf einer der Flächen im besiedelt die trockeneren Randberei- Riede am Dürren Bach haben großteils Herbst 2005 über 150 blühende Exemp- che der Riede und erlangt hier oft eine eine rasige (nicht bultige) Struktur, und lare gezählt wurden. Weitere Arten, die nahezu alle anderen Arten verdrängen- die namengebenden Großseggenarten sich zwischen den hochwüchsigen Seg- de Dominanz.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 81 Nutzungsgeschichte und die im Herbst gemeinsam auf die Rasen-Schmiele (Deschampsia cespi- Bruchwälder des Alnion glutinosae Flächen getrieben wurden. Heute gibt tosa), Wiesen-Fuchsschwanz (Alope- und Frangulo-Salicetum cinereae sind es im ganzen Dorf Rauchwart keine curus pratensis), Echter Beinwell (Sym- die natürliche Klimaxvegetation dieser Viehhaltung mehr, dementsprechend phytum officinale), Bach-Kratzdistel Standorte und waren hier postglazi- wurde die Wiesen- und Weidenut- (Cirsium rivulare), Wiesen-Kerbel al bis zur Rodung großflächig verbrei- zung bis auf wenige verpachtete Flä- (Anthriscus sylvestris), Wiesen-Platt- tet. Am benachbarten Haselbach kann chen vollständig aufgegeben (R. + A. erbse (Lathyrus pratensis), Kriechen- man noch eine ungestörte Ausprä- Wagner, mündl. Mitt.). der Hahnenfuß (Ranunculus repens), gung dieser Gesellschaften beobach- Zur Zeit der Wiesen- und Wei- Sumpf-Storchschnabel (Geranium pa- ten. Dort treten an besonders nassen denutzung müssen hier großflächige lustre), Sumpf-Baldrian (Valeriana di- Stellen im Wald und im Bereich von Feucht- und Nasswiesen gestanden ha- oica) und der stark gefährdete Sumpfa- Wildsuhlen kleinflächig hochstauden- ben, z. B. Kohldistelwiesen (Angelico- bbiss (Succisella inflexa). reiche Großseggenriede auf, die in der cirsietum oleracei) und Sumpfdotter- nacheiszeitlichen Urlandschaft durch blumenwiesen (Calthenion-Verband). Schutz die Aktivität von Großherbivoren Durch fehlende Nutzung sind diese Der Unterlauf des Dürren Baches und wahrscheinlich auch großflächiger of- nun Großseggenrieden als Folgege- insbesondere der Haselbach stellen fen gehalten wurden. Auf einer dieser sellschaften gewichen bzw. aufgeforstet zwei hydrologisch nahezu naturbe- natürlichen Lichtungen wurde der süd- worden. Typische Feuchtwiesenarten, lassene Bäche im tertiären Hügelland osteuropäische Banater-Wasserfenchel die ohne periodische Mahd nicht ge- des Südburgenlandes dar, an denen (Oenanthe banatica) als Relikt erstmals gen die Seggen bestehen können, sind die Vielfalt der Ausprägung eines im Jahr 2005 für Österreich entdeckt. nur noch vereinzelt zu finden. Auf ei- Schwarz-Erlen-Auwaldes und -Bruch- Etwa bis zum 2. Weltkrieg wurden ner wohl zu jagdlichen Zwecken regel- waldes, von Grau-Weiden-Gebüschen die angrenzenden Flächen beiderseits mäßig gemähten Schneise kann man und Großseggenrieden studiert wer- des Dürren Baches großflächig als Fut- noch erahnen, welche Gesellschaften den kann. Vordringlich ist es daher, den terwiesen und Weiden genutzt. Die Flä- hier einst großflächig gestanden ha- guten hydrologischen Zustand weiter chen wurden zweimal jährlich gemäht ben dürften – hier wachsen Sumpf- zu erhalten und von Erschließungen (Ende Mai/Juni und Juli/August) und dotterblume (Caltha palustris), Ech- (wie dem Bau einer Gasleitung am Ha- anschließend als Gemeinschaftsweide tes Mädesüß (Filipendula ulmaria), selbach) abzusehen. beweidet. Fast jeder Haushalt im Dorf Zusätzlich sollte ein Management- Rauchwart besaß eigene Kühe, für die Uferseggen-Sumpf mit Bulten der stark ge- plan erstellt werden, der die extensi- im Sommer Grünfutter gemäht wurde fährdeten Wundersegge am Dürren Bach ve Nutzung der Vegetation umfasst. bei Rauchwart, Mai 2006 (B. Beckmann) Denkbar wären eine Beweidung mit alten Tierrassen im Kernbereich (z. B. mit den bei Güssing von Graf Dras- kovich gezüchteten Heckrindern und Ziegen) und eine Energienutzung (z. B. für die Biogasanlage Güssing) im Rand- bereich, um eine regelmäßige Entfer- nung der Biomasse zu gewährleisten.

Literatur: Balátová-Tuláčková, E., Mucina, L., Ellmauer, T. & Wallnöfer, S. (1993): Phragmiti-Magnoca- ricetea. In: Grabherr, G. & Mucina, L. (Hrsg.), Die Pflanzengesellschaften Österreichs, Teil II, pp. 79 – 130. Gustav Fischer Verlag, Jena. Pott, R. (1995): Die Pflanzengesellschaften Deutschlands. 2. Auflage, Ulmer Verlag, Stutt- gart.

82 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7.8 Die Tal-Wiesen bei St. Michael und Rauchwart an der Strem Thomas Haberler

Geologie, Geomorphologie, Klima und Böden Das mittlere Stremtal zwischen Bocks- dorf und erreicht bei St. Michael seine größte Ausdehnung von einem Kilometer und war vor der Regulierung ein stark versumpfter Talboden, in dem die Strem sich aufzweigte, Altarme und periodisch aufgefüllte Gräben hinter- ließ und nach länger dauernden Über- schwemmungen in Flutmulden eine Sukzessionsreihe von aquatischen zu amphibischen bis zu semiterrestri- schen Vegetationstypen in Gang setzte. Davon sind in der heutigen Landschaft nur mehr Fragmente und Degradati- onsformen vorhanden. Gelbe Taglilie (J. Weinzettl) bestehend aus Gley und zum Großteil Das Gebiet liegt geologisch im vergleyter Lockersediment-Brauner- Bereich der Südburgenländischen ausgeprägte sommerliche Trocken- de, auf. Der Humusgehalt liegt je nach Schwelle, die das Steirische vom West- klemme auf, während im Herbst häufig ackerbaulicher Nutzung zwischen pannonischen Becken trennt. Das Bin- noch ein zweites Niederschlagsmaxi- 5,3 % und 9 %. Die Böden haben ei- nenmeer wurde im Pannon (im Tertiär) mum auftreten kann. Ein Großteil der nen hohen Schluff- und Tongehalt und von einer bis 600 m mächtigen Schicht 700 mm des jährlichen Niederschlages sind in beiden Fällen dicht und fein- aus Sanden, Tonen und Lehmen un- fällt jedoch bereits zum Teil als Star- porig mit hoher Wasserhaltekapazität. ter warm-gemäßigten Bedingungen kregen und Gewitter im Sommer. Die Durch die Regulierung und Entwäs- aus dem steirisch-burgenländischen Jahresmitteltemperatur beträgt etwa serung im Zuge der Stremregulierung Randgebirge aufgefüllt. Im Pleistozän 9,0 °C, in Riedellagen beträgt dieser sank aber der Grundwasserspiegel bis (Quartär) wurde durch den Wechsel Wert aufgrund der thermischen Be- zu 2 m ab und die unteren Boden- von Breitenerosion in den Tälern, ver- günstigung zumeist auch etwas mehr. schichten wurden belüftet, wodurch bunden mit der fluviatilen Akkumula- Im Bereich des Stremtalbodens diese weiter versauerten, da in diesen tion von Schottern in den Kaltzeiten und der Seitengerinne treten Alluvi- kalkfreien Böden die dabei entstehen- und Tiefenerosion in den Zwischen- onen auf, mit entkalkten Gleyen aus den Säuren nicht durch Karbonate eiszeiten, die heutige Terrassenland- feinem Schwemmmaterial, pH-Werten neutralisiert werden konnten (Schef- schaft herausmodelliert, wobei sich zwischen 5 und 6, und an den flachen fer/Schachtschnabel 1998). Aus mit- diese aufgrund abschnittsweise un- Unterhängen und Hangfüßen Hang- telwertigen Ackerstandorten wurden terschiedlicher Hebungen und damit gleye aus feinen, umgelagerten Terti- dadurch minderwertige. verbundenen Abgleitens der Gerinne är-Sedimenten mit pH-Werten unter asymmetrisch ausbildete. 5. Auf der orographisch linken Seite Nutzung, Bedeutung und Der Untersuchungsraum gehört zur sind auf den ebenen oder nur schwach Gefährdung des Gebietes illyrischen Klimaprovinz, weist jedoch geneigten Flächen Pseudogleye in un- Das Tal des Strembaches war ur- auch Einflüsse des pannonisch-konti- terschiedlichen Ausprägungen domi- sprünglich als Resultat der mensch- nentalen Klimas auf. In diesem ther- nant. Entlang der kleinen Gräben tritt lichen Nutzung (Futter, Streu) fast misch kontinental, hygrisch ozeanisch aufgrund des verstärkten Grundwasse- flächendeckend mit extensiv bewirt- geprägten Raum tritt nur eine schwach reinflusses ein Bodenformenkomplex, schafteten Feuchtwiesen, die regelmä-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 83 ßig überschwemmt wurden, bedeckt. Felder umgewandelt. Das Vorkommen Naturschutzwürdigkeit (Natura Durch harte Regulierungsmaßnahmen ist somit zur Gänze ausgerottet, Kate- 2000), Flächenanteile und der letzten Jahrzehnte ging ein Großteil gorie 1.1. Weiters: Da bei der genann- Vegetation dieser haturschutzfachlich wertvollen ten Regulierung nicht nur das Gerin- Auf dem Gebiet der Gemeinden Flächen verloren. Sie büßten durch den ne entsprechend vergrößert und der Rauchwart, St. Michael und Tobaj exis- gefallenen Grundwasserspiegel ihren Grundwasserspiegel abgesenkt wurde, tierte bis zur Regulierung der Strem ein Charakter als Feuchtwiesen ein, wur- sondern auch ein Badesee und meh- Netz aus regelmäßig überschwemm- den nur noch selten überschwemmt rere ausgedehnte Staubecken angelegt ten, nährstoffreichen Auenwiesen über und in Folge, weil auch der Viehbestand werden, ist der Schaden an der Flora schweren Alluvialböden (Deschamp- stetig zurückging und sie ihrer Funkti- und Vegetation gigantisch. Auch die sion), Tal-Fettwiesen (Alopecurion, on als Futterlieferant verlustig gingen, mächtigen Großseggenverbände, die Ranunculo repentis-Alopecuretum umgebrochen und zu Ackerland um- prachtvollen Gruppen von Iris sibiri- pratensis), Feuchtwiesenbrachen, gewandelt. So schreibt Hofrat Prof. Dr. ca und I. pseudacorus, die Vorkom- Grauweiden-Sümpfen (Salicetum cine- Gottfried Traxler in Natur und Umwelt men von Oenanthe aquatica und O. reae) und mit diesen in Kontakt stehen- im Burgenland, 4. Jahrgang, 1981, im fistulosa, Peucedanum palustre, Ve- den Großseggen-Rieden (Magnocarici- Kapitel“ Nachträge zur Roten Liste der ronica scutellata, Gratiola officinalis, on elatae: Caricetum elatae, Caricetum Gefäßpflanzen des Burgenlandes“ über Carex cespitosa, Trifolium fragiferum, gracilis, Caricetum acutiformis, Galio die landesweite Ausrottung zweier Re- Triglochin palustre und vieler anderer palustris - Caricetum ripariae, Groß- bendolden-Arten (Oenanthe silaifolia Feuchtbiotoppflanzen sind im Rauch- röhrichten (Rorippo-Phalaridetum), und O. fistulosa): „Im Jahre 1980 wurde warter Gebiet ausgelöscht.“ Zu diesen Wasserschwaden-Rörichten (Glycerie- auch der letzte Rest der von der sel- weiteren Verlusten gehören Wasser- tum aquaticae) und entlang von Sei- tenen Pflanze (O. silaifolia) besiedel- pflanzen mesotropher Gewässer wie tengerinnen Bruchweidengebüschen ten Fläche von den Grundbesitzern in Utricularia vulgaris, Ranunculus cir- (Salicetum fragilis), Hochstaudenflu- cinatus und Hottonia palustris, die alle ren (Lysimachio vulgaris-Filipendule- Erdbeer-Klee (C.Fischer) von G. Traxler für den Raum Rauch- tum, Veronico longifoliae-Lysimachi- wart-Schallendorf bis in die späten on vulgaris) und Schleiergesellschaften 1970er Jahre dokumentiert wurden! (Convolvulo-Epilobietum hirsuti). In Heute breiten sich dort großflächige den Gewässern selbst findet man das Mais- und Kürbisäcker und artenarme Myriophyllo-Potametum lucentis Brachen aus. und fand früher auch das Hottonie- Zum Teil lanciert durch die betrie- tum palustris, die beide mesotrophe, bene Förderpolitik, gab es einen gro- halbschattige Standorte besiedeln. An ßen Druck auf die Landwirte in Rich- den Ufern zeitweise trockenfallender tung Umwandlung zu Acker- bzw. im Wassergräben findet sich auf Schlick- Endeffekt zu Brachland, weil diese für böden das Leersietum oryzoidis ein. das Brachland Stilllegungsprämien Durch die Regulierung der Strem fiel einstreichen konnten. Nach der neu- der Grundwasserspiegel, mit der Folge, en EU-Agrar-Richtlinie für 2007-2013 dass die regelmäßigen Überschwem- geht der Druck weiter, insofern, als die mungen ausblieben, Seitengerinne Landwirte ihr Grünland innerhalb von abgeschnitten wurden und ehemali- fünf Jahren ackern müssen, wenn sie ge Feuchtflächen in Ackerland umge- diese Nutzungsform nicht gänzlich wandelt werden konnten. Vor allem verlieren wollen. Schon im Frühjahr die Nivellierung des Mikroreliefs hat 2006 war zu bemerken, dass einige zu einem großen Biodiversitätsverlust im Jahr davor kartierte Feuchtwiesen beigetragen. Dennoch sind von diesen frisch umgebrochen worden waren! Feuchtwiesen auch heute noch schüt- Der Verlust nimmt also kein Ende! zenswerte Reste vorhanden, wobei die

84 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Langen Wiesen im Winkel zwischen Neuberger Bach, Strem und Gütten- bach südlich bis südöstlich von St. Mi- chael die größte zusammenhängende Fläche bilden. Ich möchte im Folgenden die Auf- merksamkeit auf den Biotoptyp Illyri- sche Auenwiesen, Verband Deschamp- sion mit der Assoziation Succisello inflexae-Deschampsietum cespitosae, lenken, der nach der Richtlinie 92/43/ EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im Anhang I un- ter dem Natura 2000-Code 6440 auf- gelistet ist und zu dem sich die EU-

Mitgliedsstaaten zur Nennung, zum Kriechender-Hahnenfuß (Karelj) Schutz und Monitoring verpflich- tosae im unteren Stremtal (Urbersdorf) tet haben. Dieser Vegetationssub- die Beeinträchtigung herangezogen: beschrieben und in ihren Aufnahmen typ kommt in Österreich fast nur im Kriterien der ersten Gruppe sind die durchschnittlich 37 Arten festgestellt. Stremtal vor und ist ein Ausläufer ei- Indikatoren Flächengröße und Ar- Die Deckung liegt meist über 85 % und nes auf der nördlichen Balkanhalbin- tenzusammensetzung, die im Gebiet die der Moosschicht zwischen 3-20 %. sel (Kroatien) weiter verbreiteten Typs. überwiegend der Gruppe B (guter Über der reichlich vorhandenen Moos- Nach der Roten Liste der gefährdeten Erhaltungsgrad, mittlere Beeinträch- schicht ist eine Krautschicht in zwei Biotoptypen Österreichs (2004) hat tigung) zugehören, während die qua- Stockwerken ausgebildet. Im unteren Österreich eine starke Verantwortlich- litativen Indikatoren Hydrologie, Voll- befinden sich die kriechenden Poten- keit zu seiner Erhaltung. Den Kriterien ständigkeit der lebensraumtypischen tillion anserinae-Arten (Agrostis sto- Seltenheit, Flächenverlust und Quali- Habitatstrukturen und Störungszeiger lonifera, Gratiola officinalis (im Ge- tätsverlust entsprechend steht dieser meist im Bereich C, ungünstiger Er- biet wahrscheinlich verschwunden), Vegetationstyp in den höchsten Kate- haltungszustand (starke Beeinträchti- Lysimachia nummularia, Potentilla gorien und wird als schwer regenerier- gung), liegen. anserina, Prunella vulgaris, Ranun- bar beurteilt. Sylvia Pöcheim hat in ihrer Disser- culus repens, Rorippa sylvestris, Eleo- Um den Erhaltungszustand der tation über die Grünlandgesellschaften charis palustris ), darüber erheben Flächen zu beurteilen, werden quan- des Südburgenlandes (2004) das Succi- sich die Gräser (Alopecurus pratensis, titative und qualitative Kriterien für sello inflexae-Deschampsietum cespi- Deschampsia cespitosa, Festuca pra- tensis), Simsen (Juncus effusus, J. cong- lomeratus) und Kräuter (Sanguisorba Folgende Statistik stellt sich nach der Auswertung der Biotopkartierung für das Stremtal dar: officinalis, Galium verum, Succisella St. Michael: 82,081 ha, davon 49,243 ha FFH & Corine (19,142 ha) Deschampsion inflexa, Veronica longifolia). In An- s.l., 9,017 ha Molinion, 8,122 ha Calthenion, 5,437 ha Arrhenatherion, 4,995 ha Ma- lehnung an Kovács hat sie diese As- gnocaricion, 1,314 ha Weidenau, 0,662 ha Glycerietum aquaticae, 0,541 ha Filipendu- soziation aufgrund bodenökologischer lion, 0,013 ha Myriophyllo-Potametum lucentis); 31,225 ha Nicht-FFH. Rauchwart: 40,928 ha, davon 26,160 ha FFH & Corine (2,231 ha) Deschampsion, und floristischer Verhältnisse in vier 7,769 ha Calthenion, 3,851 ha Glycerietum aquaticae, 10,583 ha Magnocaricion, 1,726 Subassoziationen gegliedert, die vom ha Salicetum cinereae); 15,614 ha Nicht-FFH. feuchten bis zum trockenen Flügel rei- Tobaj: 57,795 ha, alle Nicht-FFH (Fettwiesen). chen. Der feuchte Flügel, der durch das Total: 180, 804 ha, davon 51,718 ha bewirtschaftete Feuchtwiesen (FFH) und 85,184 ha Feuchtwiesen (Nicht-FFH), also 136,902 ha sind bewirtschaftete Wiesen. Auftreten von Veronica longifolia und Succisella inflexa geprägt ist, steht in

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 85 Kontakt mit dem Caricetum elatae, Wasserspiegel vermehrt in die ober- Ausblick bachbegleitenden Schwarzerlen- und irdische Stamm-Biomasse investieren Im Sinne der Österreichischen Feucht- Bruchweidengehölzen und Solidago gi- musste und weniger Nährstoffe unter- gebietsstrategie (Jungmeier & Werner gantea-Dominanzbeständen. Der tro- irdisch zu recyclen vermochte, mit der 1999) sollte alles unternommen wer- ckene Bereich, in dem die Wiesenarten Folge, dass jene Arten einen Konkur- den, um diese wertvollen und schüt- Poa pratensis, Ranunculus repens und renzvorteil behielten. Hingegen hatte zenswerten Feuchtwiesen wieder her- Leontodon autumnale vorherrschen, S. gigantea einen höheren Gehalt an zustellen bzw. zu erhalten. Nach dem grenzt an bachbegleitende Salix und Trockenbiomasse, kleinere spezifische Vorbild des von DI Christian Holler Alnus-Bestände und an Äcker. Blattflächen (SLA) und ähnliche Nähr- mitentwickelten Gewässerbetreuungs- Eine große Gefahr für die Integri- stoffkonzentrationen wie heimische konzeptes Unteres Stremtal 1994-1996 tät dieses Biotoptyps stellt die Invasion Hochstauden, wodurch S. gigantea sollten auch im mittleren Stremtal der Riesen-Goldrute (Solidago gigan- von der Tendenz invasiver Arten nach Maßnahmen zur Wiederherstellung tea) dar. Vor allem nach Aufhören der nährstoffreichen Blättern mit hoher der ökologischen Funktionsfähig- regelmäßigen Mahd verdrängt diese SLA abweicht. Auf der anderen Seite keit getroffen und darüber hinaus der Art die charakteristischen Arten mas- kann diese Art in mineralisierten, hy- Rückbau der begradigten Strem mit siv. In einer Studie über die funktio- dromorphen Böden den organischen Anbindung der Seitengerinne überlegt nellen biologischen Eigenschaften von Anteil durch Wurzelausscheidungen und in einem EU-Projekt (z. B. Leader Solidago gigantea in einer Schweizer erhöhen und zu einer Ankurbelung +) umgesetzt werden. Seenverlandungszone (Grande Cari- des Nährstoffkreislaufes beitragen, was caie) fanden die Autoren heraus, dass wiederum die Konkurrenzkraft dieser die Kolonisationsfähigkeit dieser Art Art weiter erhöht. Literatur: Ellmauer, T. & Essl, F. (2005): Entwicklung von primär von einem hohen (Grund-) In Anbetracht dieser Untersuchun- Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerten zur Wasserspiegel begrenzt wird, da der gen ist zu fordern, dass der Grundwas- Beurteilung des Erhaltungszustandes der Natura Wurzel (Rhizom)-Luftraum bei die- serspiegel im Gebiet wieder erhöht und 2000-Schutzgüter, Bd 3: Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie. Broschüre i.A. d. Bundesländer ser Art geringer als bei anderen ver- alle Flächen wieder zweischürig ge- u. d. BM f. Land- u. Forstwirtschaft, Umwelt- u. gleichbaren Hochstauden (Lysimach- mäht und nicht nur gemulcht werden! Wasserwirtschaft u. d. UBA-GmbH. ia vulgaris, Mentha aquatica) ist, was Grabherr, G & Mucina, L & Ellmauer, T. dazu führte, dass S. gigantea bei hohem Ufer-Segge und Walzen-Segge (1993): Die Pflanzengesellschaften Österreichs, (J. Weinzettl) Teil 1: Anthropogene Vegetation, Gustav Fischer Verlag, Jena. Güsewell, S., Zuberbühler, N., Clerc, C. (2005): Distribution and functional traits of So- lidago gigantea in a Swiss lakeshore wetland, Bot. Helv.115: 63-75. Jungmeier, M. & Werner, K. (1999): Österrei- chische Feuchtgebietsstrategie. Broschüre i.A. d. Bundesländer u. d. BM f. Umwelt, Jugend und Familie: 31 S. Klein, M.: Landschaftsökologische Gliederung des Stremtales zwischen St. Michael im Bur- genland und Tobaj, DA- II 1323839, UNI Wien, 2001. Pöcheim, S.: Grünlandgesellschaften des Süd- burgenlandes in Beziehung zu Landnutzung und Landschaftsentwicklung, Diss-11648, UNI Boku, 2004. Scheffer, F., Schachtschnabel, P. (1998): Lehr- buch der Bodenkunde. 14. Auflage, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart. Traxler, G. (1981): Zur Roten Liste der Gefäß- pflanzen des Burgenlandes. Nachträge, Ergän- zungen und Berichtigungen (II), Natur und Um- welt im Burgenland, 4.Jg, S. 22-25.

86 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7.9 Die Pfeifengraswiesen bei Urbersdorf und Strem Sylvia Pöcheim

Die Wiesengesellschaften im Strem- tal wurden durch menschliches Ein- wirken, insbesondere durch die Ge- wässerregulierungen in den letzten Jahrzehnten, stark verändert. Trotz- dem gibt es infolge der Extensivie- rung in der Landwirtschaft, wenn meist auch nur kleinflächig, noch im- mer Sumpfwiesen, die zum Großseg- genverband (Magnocaricion elatae) gehören und artenreiche Bestände an Pfeifengraswiesen (Selino-Molinietum caeruleae) bei Urbersdorf und Strem. Die mäßig feuchten bis nassen Talbö- den weisen Fuchsschwanzwiesen (Alo- pecuretum pratensis) auf, während auf trockeneren Böden Glatthaferwiesen (Arrhenatheretalia) verbreitet sind. Feuchtwiese mit Gold-Hahnenfuß, verhindert die Speicherung von Re- Diese Gesellschaften beherber- Urbersdorf (J. Weinzettl) servestoffen, wodurch das Pfeifen- gen noch zahlreiche seltene und vom gras geschwächt wird. Die erhobenen Aussterben bedrohte Arten. Die be- merocallis lilio-asphodelus). Schon Ca- Bestände werden mindestens einmal deutendsten vorkommenden heimi- rolus Clusius, der berühmte Botaniker jährlich bzw. einmal in zwei Jahren im schen Wasser- und Uferpflanzen sind des 16. Jahrhunderts, hat diese sub- Spätsommer oder Frühherbst gemäht. der Südliche Sumpf-Abbiß (Succi- mediterrane Pflanze in seinem Buch Werden die Wiesen nicht mehr genutzt sella inflexa) und der Sumpf-Haar- »Rariorum aliquot stirpium historia« oder durch Düngung in das Intensiv- strang (Peucedanum palustre). In 1584 ausführlich beschrieben (Guglia grünland einbezogen und in Calthion- den Pfeifengraswiesen und in Sümp- & Festetics 1969). An den bekannten Wiesen verwandelt, tritt meist eine fen wachsen der Lungenenzian (Gen- Fundorten ist sie mehrfach mit der Verkrautung durch das Echte Mäde- tiana pneumonanthe) und die Ber- Trollblume (Trollius europaeus) ver- süß (Filipendula ulmaria), Filipendula tram-Schafgarbe (Achillea ptarmica). gesellschaftet (z. B. bei Punitz). ulmaria-Stadium, ein. Unter den steten An Gewässern und in Sümpfen fin- Die Pfeifengraswiesen (Selino-Mo- Arten finden sich Pfeifengras (Molinia det man häufig schöne Bestände der linietum caeruleae) stehen auf nur caerulea), Kümmel-Silge (Selinum car- Wasser-Schwertlilie (Iris pseudacorus). mäßig nährstoffreichen, mehr oli- vifolia), Teufelsabbiß (Succisa praten- Zwischen den Großseggen-Beständen gotrophen, wenn auch meist basen-, sis), Scharfer Hahnenfuß (Ranunculus und in den Pfeifengraswiesen leuch- aber nicht immer kalkreichen, mine- acris), Vogel-Wicke (Vicia cracca) und ten oft prachtvolle Gruppen der Sibiri- ralischen oder humosen Grundwasser- weitere Molinietalia-Arten. schen Schwertlilie (Iris sibirica) hervor. oder Sickerwasserböden (Gley, Pseu- Nutzungsaufgabe oder die Um- Auch die Prachtnelke (Dianthus super- dogley). Sie werden nicht gedüngt und wandlung in Intensivgrünland haben bus ssp. superbus), mit fein geschlitzten höchstens einmal im Jahr gemäht. Die diesen heute betriebswirtschaftlich in- rosenroten Blüten, konnte im Stremtal Bewirtschaftung darf jedoch nicht zu effektiven Bewirtschaftungstyp in vie- vereinzelt angetroffen werden. Bei Ur- intensiv sein, da Düngung zwar das len Regionen aus der Landwirtschaft bersdorf und Strem blüht Anfang Juni Pfeifengras fördert, dieses aber durch verschwinden lassen (Balátová-Tuláč- eine der bedeutendsten heimischen konkurrenzkräftigere Wiesenpflanzen ková et. al. 1993, Balátová-Tuláčková & Wildpflanzen, die Gelbe Taglilie (He- verdrängt wird. Mehrmaliges Mähen Venanzoni, 1989).

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 87 Die untersuchten Pfeifengraswiesen zeigen eine Gesamtdeckung zwischen 80 und 95 %, wobei die Moosschicht von 3-20 % nur einen geringen Anteil einnimmt. Eine diagnostisch wichtige Rolle spielen das Pfeifengras (Molinia caerulea), Gemeine Betonie (Betoni- ca officinalis), Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis), Färber-Schar- te (Serratula tintoria), Kümmel-Silge (Selinum carvifolia), Blutwurz (Poten- tilla erecta) und weitere Molinion-Ar- ten. Erwähnenswert ist auch das Vor- kommen vom Aussterben bedrohter Arten, die auf der Roten Liste stehen, Pfeifengras-Feuchtwiese mit Grauerlen, beispielsweise von Breitblättrigem Urbersdorf (J. Weinzettl) Die analysierten Bestände sind mit Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), 34-41 Arten relativ artenarm. In der Langblättrigem Blauweiderich (Pseu- Artengarnitur dominieren die Ver- dolysimachion longifolium) und Bert- rus pratensis), Kriech-Günsel (Aju- bands- und Assoziationskennarten, ram-Scharfgabe (Achillea ptarmica). ga reptans), aber auch Feuchtezeiger diese erreichten eine Höhe von bis Als Substrat findet man kalkfreien wie Pfeifengras (Molinia caerulea), zu 130 cm. Die Gesellschaft beinhal- Gley aus feinem Schwemmmaterial. Kümmel-Silge (Selinum carvifolia), tet auch zahlreiche gefährdete Arten Eine mittlere Feuchtezahl von 5,3 bis Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cu- wie Borstige Glockenblume (Campa- 6,3 lässt auf einen mittelfeuchten bis culi), die einen Schwerpunkt auf mit- nula cervicaria), Lungenenzian (Gen- gut durchfeuchteten, aber nicht nassen telfeuchten bis gut durchfeuchteten tiana pneumonathe) und Langblättri- Boden schließen. Die Bodenreaktion Böden zeigen. Die Bodentypen sind ger Blauweiderich (Pseudolysimachion ist sehr schwach sauer (pH-Werte von kalkfreier Gley und Extremer Gley aus longifolium). Das Substrat ist stark 5,4 bis 6,1; R: 5,8 ). Die mittlere Stick- feinem Schwemmmaterial. Die wech- humoser, kalkfreier Gley aus feinem stoffzahl bewegt sich im Bereich von selfeuchten, schluffigen Lehm- und Schwemmmaterial. Die Gesellschaft 3,4 bis 4,4, die Subassoziation zeigt nur Tonböden besitzen eine hohe Was- zeigt geringe Nährstoffansprüche (N: geringe Nährstoffansprüche. Als Kon- serspeicherkraft und geringe bis ge- 3,8) und eine sehr schwach saure Bo- taktgesellschaften wurden beobachtet: hemmte Durchlässigkeit, infolge einer denreaktion (R: 5,4), bei einer mittleren Arrhenatherion-Gesellschaften, frag- Dichtlagerung des Bodens in ca. 30- Feuchtezahl von 5,8. mentarische Carex elata-Bestände, Be- 40 cm Tiefe. Es handelt sich um einen stände mit Echtem Mädesüß (Filipen- mäßig stickstoffreichen bis stickstoff- Literatur: Guglia, O. & Festetics, A. (1969): Pflanzen und dula ulmaria), Wiesengesellschaften armen Standort (N: 4,3). Die gemesse- Tiere des Burgenlandes. Österreichischer Bun- mit dominierendem Wiesen-Fuchs- nen pH-Werte liegen im sehr schwach desverlag für Unterricht, Bildung und Kunst, schwanz (Alopecurus pratensis) und sauren Bereich (pH-Wert: 5,8; R: 5,9). Wien. Balátová-Tuláčková, E., Venanzoni, R. (1989): Aufforstungen mit Schwarzerle (Al- Die Gelbe Taglilie (Hemerocallis Sumpf- und Feuchtrasengesellschaften in der nus glutinosa). lilio-asphodelus) hat ihren Verbrei- Verlandungszone des Kalterer Sees (Lago di Die Bestände mit steten Vorkom- tungs-schwerpunkt in der collinen Stu- Caldaro), der Montiggler (Monticolo) Seen und in der Etsch (Adlige) Aue, Oberitalien. men von Sibirischen Schwertlilie (Iris fe, in feuchten Wiesen und feuchten bis Balátová-Tuláčková, E. et al. (1993): Phragmiti- sibirica) haben eine durchschnittli- nassen lichten Wäldern. Im Stremtal Magnocaricetea. In: Grabherr G. & Mucina L. che Artenzahl von 35 Arten pro Auf- wurden regelmäßig Bestände in den Die Pflanzengesellschaften Österreichs, Teil II. nahme. Mit einer mittleren Feuchte- Pfeifengraswiesen angetroffen, verein- Gustav Fischer Verlag, Jena. Dierssen, K. & B. (2001): Moore. Ökosysteme zahl von 5,8, findet man Frischezeiger zelt dringen sie aber auch in die an- Mitteleuropas aus geobotanischer Sicht. Ulmer, wie Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecu- grenzenden lichten Alnion-Wälder vor. Stuttgart.

88 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 7.10 Wiesen im Südburgenland – ein naturnaher Vegetationstyp und dessen Entwicklung im Zuge des sozioökonomischen Wandels Joachim Tajmel

Die Biotopformen der Grasländer bestehen in Gebieten, in denen auf- grund bestimmter Gegebenheiten das Gedeihen von Bäumen eingeschränkt oder verhindert wird. In den Hochge- birgslagen sind dies die extreme Witte- rung, der kurze Sommer und die dün- ne Bodenschicht, die ab einer gewissen Meereshöhe selbst die Existenz genüg- samer Nadelbäume verhindern. Auch unterhalb einer gewissen Mindestmen- ge an Niederschlag von 500 mm kön- nen Bäume nicht mehr gedeihen. In der Karte der großen Vegetationszonen der Erde wird diese Zone als Steppen- gürtel erkennbar. Wenn es jedoch in unseren Breiten, in einer Zone, wo der mitteleuropäische Laubwald das Pflan- zenkleid bestimmt, bestimmte Formen Auf den Furschenschwingel-Wiesen findet jedoch heute den Goričko im Norden man oft beträchtliche Bestände des Kleinen von Grasland, eben Wiesen, gibt, dann Sloweniens und einen kleinen südli- Knabenkrauts (J. Tajmel) hat das ganz bestimmte Gründe, die in chen Teil des Örség bevölkern. der Landnutzung liegen. Um das Ende des zwölften Jahrhun- und andererseits die Stallhaltung des derts bahnten sich weitere einschnei- Die Bevölkerung im Südburgen- Viehs. Durch die Stallhaltung wurden dende Entwicklungen an. Die Erfin- land und die Geschichte der Land- die Exkremente des Viehs gesammelt, dung des mit einem eisernen Sech und wirtschaft aus ökologischer Sicht welche dann als Dünger zur Verfügung einer eisernen Pflugschar ausgestatte- Die menschliche Besiedlung im Süd- standen. ten Pfluges, mit dem man die schweren burgenland ist bis in die Jungstein- Die Heilsversprechung des Chris- Böden im Bereich der Talsohle bear- zeit nachweisbar. Die Feldarbeit wur- tentums war ab dem zwölften Jahr- beiten konnte, ermöglichte eine Inten- de meistens mit Rindern als Zugvieh hundert nicht mehr den Herrschen- sivierung der Landwirtschaft und Aus- und dem Hakenpflug verrichtet. Der den vorbehalten, sie erschloss sich weitung der Anbauflächen. Durch die Hakenpflug konnte nur auf den leich- auch dem Volk. Bernhard de Clair- Erfindung des Kummet konnten auch ten Böden im Hügelland verwendet veaux revolutionierte das Ordenswe- Pferde als Zugtiere verwendet werden. werden. Durch den Hakenpflug wur- sen und forderte die Mönche auf, in Wahrscheinlich schrieb man das de der Boden oberflächlich aufgebro- die Wälder zu gehen, um hier zu arbei- zwölfte Jahrhundert, als die Zisterzi- chen, aber nicht Schar für Schar um- ten. Papst Urban schenkte dem Klos- enser die Auwälder im Raabtal großflä- gebrochen. Um ein günstiges Saatbeet ter Szentgotthárd die Gemeinden Gy- chig rodeten und damit die Grundlage herzustellen, musste daher die Fläche anafalva/Jenavci. Es waren slawische für die flächendeckende Landwirt- mehrfach gepflügt werden. Siedlungen, bewohnt von Bauern, de- schaft in der Gegend herstellten, wie Bereits die Kelten der La TèneZeit ren Sprache im südburgenländischen wir sie heute kennen. erfanden die eiserne Sense und ermög- Gebiet im dreizehnten Jahrhundert im Das neu gerodete Land und auch die lichten dadurch einerseits die Bevorra- Zuge einer deutschsprachigen Besied- schon bisher bewirtschafteten Flächen tung von Heu in der Wiesenwirtschaft lung verschwand, deren Nachkommen wurden nach dem System der geregel-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 89 ten Dreifelderwirtschaft genutzt. Nach Städte Arbeit. Viele Männer wurden Basis die Landwirtschaft ist, wurde zwei Jahren der intensiven ackerbauli- Pendler, gingen nach Graz oder Wien, nicht mehr im Rahmen betriebsinter- chen Nutzung folgte eine Brachephase, wo sie unter anderem am Bau der Wie- ner Stoffkreisläufe bewirtschaftet, son- in der das Land beweidet wurde und ner Ringstraße mitarbeiteten (Braun- dern die Landwirtschaft funktionierte der Boden sich erholen konnte. Die Ex- Maurer aus Rudersdorf). ab dem Ende der Neunzehnhundert- kremente der Weidetiere waren eine Andere wanderten nach Übersee, siebzigerJahre auch im Großteil des zusätzliche Düngung. Das Problem an meist Amerika, aus. So galt Chicago Südburgenlandes nach industriellen diesem System war, dass das gesamte als die „größte Stadt des Burgenlandes“. Grundsätzen. Dorf synchronisiert seine Wirtschafts- Im 19. Jahrhundert wurde die Nach der zunehmenden Industri- weise umstellen musste. Es durfte kein Fruchtwechselwirtschaft eingeführt, in alisierung der Landwirtschaft durch Bauer sein Vieh auf Flächen halten, ne- der nach dem Anbau bodenaufbauen- die Verwendung industrieagrarischer ben denen der Nachbar gerade Feld- der Kulturpflanzen (Rotklee, Bohnen) Betriebsmittel wurde durch die Kom- früchte anbaute. Die außer Kontrolle zehrende Kulturen (Kukuruz) angelegt massierung der Felder und Wiesen die geratenen Rinder, Schafe oder Ziegen wurden. Die Bauern wirtschafteten Betriebsführung rationalisiert. Somit hätten das Feld des Nachbarn in kür- weitgehend in Harmonie mit der Natur. konnten zu großen Grundstücken zu- zester Zeit so sehr verwüstet, dass ihn Bis in die Siebzigerjahre des zwan- sammengelegte Wiesen und Ackerflä- das um seinen Ertrag gebracht hätte. zigsten Jahrhunderts wurden schon chen mit großen Maschinen bearbeitet Koordination in der Dorfgemeinschaft die meisten Felder mit Traktoren be- werden. Dadurch konnte viel Anreise- war notwendig. baut. Die Zugtiere hatten ausgedient. zeit eingespart werden, wodurch die In der zweiten Hälfte des 19. Jahr- Die Wiesen als Graslieferanten zur Bewirtschaftung rationeller und die hunderts waren Haus, Hof und Land Ernährung der Arbeitstiere hatten an Landwirtschaften konkurrenzfähiger nicht mehr Lehen, sondern wurden Bedeutung verloren. Außerdem hat- wurden. persönliches Eigentum des Bauern, das ten sich Kunstdünger, Herbizide, Fun- vererbt und verkauft werden konnte. gizide und Insektizide weitgehend Subsistenzwirtschaft und der Die Ablösesummen und die not- durchgesetzt. Weil die Antriebskraft hofeigene ökologischökonomische wendigen Investitionen führten zur vom Traktor bereitgestellt wurde und Kreislauf Verschuldung der Bauern. Alle Kinder der Dünger als Mineraldünger gekauft Der Großteil der bäuerlichen Bevölke- erbten gleichberechtigt einen gleich werden konnte, wurden Viehzucht und rung lebte in manchen Gegenden des großen Teil der Landwirtschaft. Durch Ackerbau vollständig entkoppelt. Die Südburgenlandes noch in der ersten diese Erbteilung waren viele Landwirt- traditionelle Kulturlandschaft, deren Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts schaften bald viel zu klein, um eine Fa- in fast perfekter Subsistenzwirtschaft. milie zu ernähren. Die Menschen such- Die Subsistenzwirtschaft war eine Fol- Die typische Wiesenblume des Südbur- ten daher in den Industrieanlagen der ge der Grundteilung durch das Erb- genlandes – die Weißmiere (J. Tajmel) recht und schließlich der Armut der kleinbäuerlichen Wirtschaften. Sub- sistenzwirtschaft war sicher nicht die Freude an der wirtschaftlichen Unab- hängigkeit. Die bäuerliche Bevölkerung hatte nur wenig Geld, konnte daher nur das allernotwendigste kaufen und musste das meiste, das sie zum Leben brauchte, selbst erzeugen. Alles, außer Salz und Eisen, erzeugten die Bauern selber auf ihren Höfen. Salz fand man nur in den Alpen und die Salzberg- bauregionen wurden steinreich. Eisen konnten die Menschen zumindest bis

90 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz in das achtzehnte Jahrhundert als Ra- seneisenerz im Strem und Zickental suchen und abbauen und in Ringöfen verhütten. Den Dorfnamen „Eisen- berg“ gibt es gleich zweimal im Süd- burgenland, „Eisenhüttl“ ist ein Dorf, wo in den umgebenden Wäldern be- sonders viele Ringöfen gefunden wur- den. Vas heißt auf ungarisch „Eisen“ und auch das gesamte Komitat, das bis 1918 große Teile des Südburgenlandes umfasste, heißt Vas. In Zahling, einem Ortsteil von Eltendorf, arbeiteten im Spätmittelalter mehr als 70 Schmiede! An der Lafnitz bei Loipersdorf-Kitz- laden wurde in den Batthyánischen Hammerschmieden bis ins achtzehn- te Jahrhundert das Eisen aus dem Zi- ckental verarbeitet. Die Sensenfabrik Große Goldschrecke auf Heil-Ziest in Szentgotthárd wurde erst um 1930 hinausgetragen und dann mit dem Wa- (J. Tajmel) geschlossen. gen weggeführt. Bearbeitet wurden die landwirt- Für eine ständige extensive Weide- schaftlichen Flächen mit Zugtieren. Roggenstroh wurde auch als Einstreu haltung hatten die Bauern zu wenig Reiche Bauern konnten sich die Hal- verwendet, falls es nicht als Baumate- Land. Die Tiere wurden deshalb, so- tung von Ochsen oder gar Pferden leis- rial (siehe unten) benötigt wurde. Man bald im Frühjahr das Gras wuchs, bis ten, ärmere Bauern verwendeten ihre sollte sich auch daran erinnern, dass in den Herbst hinein täglich von 16.00 Kühe, um sie vor den Pflug, die Egge in vielen Bereichen des Südburgenlan- bis 20.00 von den eigenen Kindern, die oder den Leiterwagen zu spannen. Die- des noch bis in die Neunzehnhundert- noch zur Schule gingen, und den „Hal- se Tiere brauchten Futter, im Sommer sechzigerJahre die Mahd des Grases an terbuam“, welche für diese Arbeit zu- war das Gras, im Winter Heu, Stroh Wegrändern von den Gemeinden an mindest das Essen bekamen, auf die und Rüben. Das Kukuruzstroh wurde die Bewerber als Zuwendung, manch- Weide getrieben. Weideflächen waren in der Nähe des Bauerhofes in Kegeln mal gegen einen Pachtpreis, vergeben die ca. 2 m breiten „Auniwaundn“ der um die Bäume des Streuobstgartens wurde. Ackerflächen, Obstgärten oder schwie- aufgestellt. Das Kukuruz, Weizen und Die Wiesen waren in der Regel riges Gelände wie zum Beispiel gra- Roggenstroh wurde mit dem Hackge- Dauerwiesen. Diese bestanden in Be- benreiche Grundstücke, welche nicht rät in ca. 2 cm lange Stücke gehäck- reichen der Landschaft, die für den gemäht werden konnten. Nach der selt und als sogenanntes Ghack den Ackerbau wegen ihrer besonderen letzten, meistens der zweiten, Mahd Rüben beigemischt. Das Hafer und Situation nicht geeignet waren. Dies („Gruamat“), wenn das Gras noch Gerstenstroh musste nicht gehäckselt waren überschwemmungsgefährdete nachwuchs, aber viel zu kurz blieb, um werden. Das Stroh wurde im Winter Lagen in der Nähe eines Flusses, steile es ein weiteres Mal zu mähen und als mit den Stoppel oder Halmrüben und Hänge im Hügelland, staunasse Berei- Heu zu ernten, ließ man die Rinder zur Burgunderbitzeln, dem „Am“ (Spreu che im Tal oder trockene Grundstücke Nachweide auf die Wiesen („Zu Micha- oder Getreidespelzen, Abfallprodukt auf sandigen oder felsigen Hügelkup- eli darf man überall beweiden“). beim Dreschen des Getreides) und der pen. Aus den sauren Wiesen und Nie- Kleie (Abfallprodukt beim Mahlen von dermooren (z. B. Moor von Rohr), wo Stoffkreisläufe Getreide) vermischt und als sogenann- es zu nass zum Hineinfahren war, wur- Der Dünger in jener Zeit war der Mist tes „Luader“ verfüttert. Überschüssiges den die Heuhaufen mit zwei Rechen der Rinder und Schweine und für den

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 91 Gemüsegarten auch der Hühnermist. In ihren Ställen brauchten die Rin- von Föhren, des Vorjahres zusammen. Der Rindermist war die Basis der Dün- der Einstreu, um hier einen einigerma- Durch die Einstreu von Laub wurde der gerwirtschaft. Die Makronährstoffe ßen weichen und trockenen Liegeplatz Mist außerdem mit Calcium, das im Stickstoff, Kalium und Phosphor wur- zu haben. Stroh war in diesen Zeiten Falllaub reichlich enthalten ist, angerei- den durch die Verdauung des Rindes ein wichtiger Werkstoff. Besonders das chert. Außerdem mähten sie die sauren aus der Wiesen-Biomasse aufgeschlos- Roggenstroh beinhaltet in Halm und Sumpfwiesen, die reich an Seggen wa- sen und standen in neuer Form wieder Blatt sehr wenig Stickstoff und ist da- ren und daher von den Rindern ungern den Pflanzen, diesmal nach der Dün- her sehr beständig gegen Verrottung. gefressen wurden. Diese Wiesen hatten gung, den Kulturpflanzen der Äcker, Aus Roggenstroh nähte man dichte eben als echte Streuwiesen ohnehin ei- zur Verfügung. Für die Wiesen blieb Körbe und Bienenbeuten. Stroh war nen sehr geringen Wert als Futtergras. als Dünger höchstens die Jauche. Es das wichtigste Material zum Decken Die Landwirtschaft folgte notgedrun- wurden nur jene Wiesen gedüngt, die der Dächer. Gehacktes Stroh wurde gen dem Prinzip, die Nährstoffe soweit auch durch eine gute Wasserversor- dem Lehm beigegeben, mit dem dann wie möglich im System zu halten. Die gung die Düngung in einen guten Er- die Mauern gesatzt wurden. Auch zum in diesem System der Mangelwirtschaft trag umsetzen konnten. Doch selbst Verputzen der Blockwände wurde ein betriebene Wirtschaftsweise stellte da- diese Wiesen wurden in der Regel nur Stroh-Lehmgemisch verwendet. Wir her ein ökologisches System dar. selten mit Jauche gedüngt. Die meisten können noch heute diese traditionel- Wiesen wurden nicht gedüngt und mit len bäuerlichen Bauten im Kellerviertel Woher stammen die Wiesen? jeder Mahd wurden Nährstoffe über besichtigen. Wiesen sind vom Menschen geschaf- die Heuernte entzogen. In den Talbe- Zur Gewinnung der Einstreu für den fene Biotopformen mit einem – je reichen sorgten die Überschwemmun- Stall fuhren die Bauern mit Fuhrwerken nach Standort – mehr oder weniger gen der Bäche und Flüsse durch die in den Wald, ausgestattet mit einem ei- artenreichen Bewuchs aus autochtho- Ablagerung von Feinsediment für den gens aus Weidenband geflochtenen nen Pflanzenarten. Die ursprünglich Nachschub von Makronährstoffen. Die Aufbau, und sie rechten das trocke- flächenmäßig vorherrschende natür- Wiesen, die nicht gedüngt oder über- ne Laub und die Nadeln, vor allem liche Biotopform in der Region des schwemmt wurden, hagerten aus und Südburgenlandes ist der Mitteleuropä- wurden durch die regelmäßige Nähr- Zypressenwolfsmilch und Doldiger ische Laubwald. Dieser Wald bedeck- stoffentnahme in einem Zustand der Milchstern, häufige Pflanzen der te fast das gesamte Land. An den Stel- Halbtrockenrasen des Südburgenlands Nährstoffarmut gehalten. len von verlandeten Biberseen und im (J. Tajmel) Bereich von Waldbrandflächen wur- de das Aufkommen des Jungwaldes von Großpflanzenfressern (Auerochs, Wildpferd, Wisent, im Gefolge ergän- zend durch Rothirsch) mittelfristig be- hindert, sodass sich relativ kleinräumig eine Vegetation entwickeln konnte, de- ren Pflanzenarten das Bild der heuti- gen Naturwiesen bestimmen. Eine Form von „Dauerwiese“ dürfte auch an extrem trockenen felsigen Stellen bestanden haben, der primäre Tro- ckenrasen. Das Bild einer Wiese hängt von den Gegebenheiten des Standor- tes ab. Kleinklima, Wasserversorgung und Bodentyp bieten verschiedenen Pflanzenarten unterschiedlich gute Wachstumsbedingungen. Im histori-

92 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz schen Zeitraum, also vor der industri- seit dem Abklingen der Eiszeit vor. Sie ellen Landwirtschaft, bestimmten die- wuchsen in den ursprünglichen Urwäl- se Regelgrößen den Wiesentyp. dern Europas wahrscheinlich auf Wald- Durch die Praxis der ackerbaulichen lichtungen, die von Großtieren wald- Anlage der Wiesen hat sich in diesem frei gehalten wurden. Sie sind also echte Rahmen sehr viel geändert. Durch die Archaephyten. In den Streuwiesen ge- Anlage sogenannter Feldfutterflächen sellten sich Arten aus den Verlandungs- oder des Dauergrünlandes werden zonen der Altarme und der Flachmoore in ihrem Bestand sehr stabile Pflan- hinzu. Um als Wiesenpflanze zu über- zen in die Flächen künstlich eingesät leben, ist es vor allem wichtig, die jähr- und einer Wiese gemäß durch jährlich liche Mahd zu vertragen. meist mehrere Mahden beerntet. Die- se Grünfutterflächen haben zwar von Wiesentypen umweltökologischer Warte aus einige im Südburgenland Vorteile gegenüber den Ackerflächen, sind jedoch naturschutzökologisch Durch den Selektionsfaktor „Mahd“ von recht geringer Wertigkeit. Dies entwickelten sich Pflanzengesellschaf- beruht darauf, dass ihr Artenbestand ten, die je nach Wasserhaushalt des sich auf ertragsstarke Gras und Klee- Standortes, lokalem Klima und Bode- arten und Sorten beschränkt, die in der neigenschaften ihre besonderen, ve- Regel nicht autochthon sind. Zudem getationskundlich klar unterscheid- behindert diese angesäte Pflanzen- baren Varianten entwickelten. Im decke langfristig die Ansiedlung von Südburgenland können wir vor allem standorttypischen Gräsern und Kräu- die Wiesen des Typs der Pfeifengras- Der Kugelfrüchtige Pyrenäenmilchstern, tern und unterbindet dadurch die Ent- Streuwiesen, der Feucht und Nasswie- eine Rarität des Südburgenlands südlich wicklung der standorttypischen Wie- sen (wie z. B. DotterblumenWiesen) der Raab (J. Tajmel) senvegetation. und der Wiesen, bei denen der Glatt- Die Wiese als Vegetationsform ist hafer eine wichtige Kennart darstellt, Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica), in ihrem Bestand durch die jährliche unterscheiden. Gottesgnadenkraut (Gratiola officina- Beerntung durch Mahd bedingt. Die lis), Niedere Schwarzwurzel (Scorzo- Mahd ist nicht selektiv und erfasst alle Pfeifengras-Streuwiesen nera humilis), Goldschopf-Hahnenfuß auf der Fläche wachsenden Pflanzen- Diese Wiesen entwickelten sich auf (Ranunculus auricomus agg.) und et- arten. Dadurch unterscheidet sie sich feuchten und wechselfeuchten Böden was später gegen Ende Mai die Gelbe von der Beweidung, bei der bestimmte mit geringem Nährstoffgehalt. Die Ar- Taglilie (Hemerocallis lilioasphodelus). Pflanzenarten bevorzugt gefressen, an- ten des Pfeifengrases Molinia caerulea Im Spätsommer blühen Färberschar- dere wiederum vom Weidevieh in ver- und Molinea arundinacea verlagern te (Serratula tinctoria), Teufelsabbiss schiedenem Ausmaß oder vollständig die Nährstoffe vor dem Vergilben der (Succisa pratensis) und Lungenenzian verschmäht werden. Dadurch können Blätter in unterirdische Organe. Wer- (Gentiana pneumonanthe). Weidepflanzen aus ihrer Giftigkeit, aus den diese Wiesen im Spätsommer ge- Durch die Trockenlegung der dem Gehalt von Bitterstoffen oder dem mäht, bleibt der Großteil der Nähr- Feuchtgebiete und Aufdüngung mit Besatz mit Stacheln oder Haaren einen stoffe der Pflanze erhalten. Wegen des Mineraldünger sind diese Wiesen im Vorteil erzielen, indem sie vom Vieh geringen Nährstoffgehaltes des Gra- Südburgenland in den meisten Gebie- nicht verbissen werden. Pflanzen der ses wurden die Pfeifengraswiesen als ten ihres Vorkommens verschwun- Wiese aber werden ohne Unterschied Streuwiesen genutzt. Der Blühaspekt den. Mit der Zunahme des Ackerbaus alle zu bestimmten Zeiten abgemäht. der Streuwiesen ist einer der sensatio- und des Anfallens großer Mengen von Die meisten Pflanzen unserer Wie- nellsten phänologischen Ereignisse im Stroh seit der Mitte der 1980er Jahre sen kommen in unserer Region schon Jahreslauf. Ab Anfang Mai blühen hier und der Abschaffung der Anbindehal-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 93 tung der Rinder gibt es für Streu nur gissmeinnicht (Myosotis palustris), ders charakterisiert werden sie durch mehr sehr wenig Bedarf. Wenn die dem Kleinen Baldrian (Valeriana di- das Vorkommen von Wilder Möhre Mahd zur Streugewinnung aufgegeben oica) und vom Wiesen-Fuchsschwanz (Daucus carota), Ackerschachtelhalm wird, können sich Pflanzen ansiedeln, (Alopecurus pratensis) geprägt. Hier (Equisetum arvense), Luzerne (Medi- die nicht an die Mahd angepasst sind. findet man auch das Breitblättrige Kna- cago sativa) und Großem Wiesenk- Es siedeln sich Gehölze wie Grauwei- benkraut (Dactylorhiza majalis). nopf (Sanguisorba officinalis). Eine im den und Schwarzerlen an, wo es tro- Fuchsschwanzwiesen sind nähr- Südburgenland bis heute noch häufige ckener (wechselfeucht) ist auch Birken stoffreiche Feuchtwiesen, die aus auf- Form dieser Wiesen sind die von Wie- und Zitterpappeln, und die Wiesen gedüngten Bachkratzdistelwiesen her- sen-Fuchsschwanz, Kuckucks-Licht- verbuschen. Heute hängt die Erhaltung vorgegangen sind. Dichte Bestände von nelke und Scharfem Hahnenfuß domi- der Pfeifengras-Streuwiesen daher von Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pra- nierten Flächen. Diese Wiesen sind in regelmäßigen Pflegemaßnahmen ab. tensis), Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis der Regel wesentlich feuchter als die floscuculi), vom Scharfen Hahnenfuß typischen Glatthaferwiesen, werden Feucht und Nasswiesen (Ranunculus acris) und Großen Sauer- meistens gedüngt, bringen einen gu- Die Bachkratzdistelwiesen stehen in ampfer (Rumex acetosa) kennzeichnen ten Ertrag an Grünfutter oder Heu und ihren Anforderungen an die Wasser- diesen Wiesentyp. vertragen mehrere Mahden im Jahr. versorgung zwischen Pfeifengras- und Glatthaferwiesen und sind nasse Wie- Tal-Glatthafer-Fettwiesen Knollen-Hahnenfuß- sen, die in der Regel zweimal jährlich Diese Wiesen sind mäßig feucht und Glatthaferwiese gemäht und oft auch gedüngt werden. gut mit Nährstoffen versorgt. Ihr Er- Auf etwas trockeneren Standorten ge- Historisch entstanden diese Wiesen scheinungsbild wird vom Glatthafer deiht dieser Wiesentyp, der durch die wahrscheinlich an Stellen von gerode- (Arrhenaterum elatius), der Wieseng- Nelkensegge (Carex caryophyllea), den ten SchwarzerlenAuwäldern. Sie kön- lockenblume (Campanula patula), Knollen-Hahnenfuß (Ranunculus bul- nen sich aber auch nach deren Tro- dem Wiesen-Pippau (Crepis bien- bosus) und den Wiesen-Salbei (Salvia ckenlegung und Aufdüngung anstelle nis), dem Pastinak (Pastinaca sativa) pratensis) gekennzeichnet ist. Außer- von Pfeifengraswiesen entwickeln. Die- und der Großen Pimpinelle (Pimpi- dem kommt auf diesen Wiesen auch ser Wiesentyp ist im Südburgenland nella major) gekennzeichnet. Beson- die Kleine Pimpinelle (Pimpinella saxi- nur noch in einigen kleinen Reliktflä- fraga) vor. In dieser nährstoffärmeren chen erhalten und sehr gefährdet. Die Form der Glatthaferwiese findet sich Flora wird von der Bach-Kratzdistel Die Schopfige Traubbenhyazinthe auch die Heilbetonie (Betonica officina- wächst oft in den Streuobstwiesen des (Cirsium rivulare), dem Sumpf-Ver- lis). Diese Pflanze ist kein Indikator für Südburgenlandes (J. Tajmel) eine bestimmte Feuchtigkeit, sondern weist durch ihr Vorkommen auf nähr- stoffarme Böden hin. In diesen Berei- chen gedeiht auch der Östliche Wiesen- Bocksbart (Tragopogon orientalis), der durch seine großen Flugsamen auffällt.

Halbtrockenrasen, Knollenhahnen- fuß-Glatthaferwiesen Auf den trockenen und relativ mageren Böden der südexponierten Hänge der Hügel im Südburgenland entwickel- te sich dieser Wiesentyp. In den Zei- ten, als der meiste Wirtschaftsdünger fast ausschließlich auf die Äcker aus- gebracht wurde, war diese Form der

94 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Wiesen sehr häufig vertreten. Dieser Streuobstwiesen Wiesentyp ist mit bis zu 50 unter- Um im Südburgenland auch die Hänge schiedlichen Pflanzenarten der arten- der Hügel intensiver landwirtschaft- reichste in unserer Region. lich zu nutzen, haben die Bauern hier Sehr typisch für diese Wiesen sind Hochstamm-Obstbäume gepflanzt Knollenhahnenfuß (Ranunculus bul- und die Wiese unter diesen Baumbe- bosus), Echtes Labkraut (Galium ver- ständen weiterhin für die Heumahd um), Heidenelke (Dianthus deltoi- genutzt. Die Apfelernten konnten den des), Mittlerer Wegerich (Plantago Bauern den Einkommensausfall zur media), Zypressen-Wolfsmilch (Eu- Zeit der Kalamität der Reblaus um die phorbia cyparissias) und Wiesen-Sal- Jahrhundertwende 1900 zwar nicht bei (Salvia pratense). Die Polster des vollständig ausgleichen, aber die Äpfel Thymians (Thymus pulegioides) duf- aus dem Südburgenland wurden im- ten intensiv. Zerstreut findet man hier merhin als Tafelobst gehandelt. Ihre immer wieder das Brand-Knabenkraut Kultur wurde von der ungarischen Re- (Neotinea ustulata) und relativ häufig gierung gefördert (vor allem rote Äpfel das Kleine Knabenkraut (Anacamptis waren in Ungarn begehrt, Baumvere- morio). Wenn dieser Wiesentyp kurze delung wurde sogar in den Volksschu- Zeit nicht genutzt wird und verbracht, len unterrichtet). Die Kombination dann entwickeln sich bald Bestän- aus Obstbaumbestand und trockener de mit Berg-Haarstrang (Peuceda- Mähwiese vom Typ der Glatthaferwie- num oreoselinum), Hirsch-Haarstrang se oder des Halbtrockenrasens bildet (Peucedanum cervaria) und Wirbel- seither ästhetisch äußerst attraktive Fuchsschwanz-Wiesen im Stremtal im dost (Clinopodium verticillatum). An Biotopelemente in den Landschaften Mai (J. Tajmel) den Wegrändern und Böschungen des Südburgenlandes. In Streuobstwie- auf den sandigen Hügelkuppen im sen kommt im Südburgenland oft das Kleegras – die Südburgenland wächst die Essigrose Schopf-Träubel (Muscari comosum), produktionsoptimierte Wiese (Rosa gallica). Sie ist mit ihren großen, eine Art Traubenhyazinthe, vor, die Die ökonomisch optimierte Haltung leuchtend rosa gefärbten Schalenblü- erst im Juni blüht und daher auf eine von Wiederkäuern in der industriel- ten eine Ausnahme unter den Wildro- recht späte Mahd angewiesen ist. Der len Landwirtschaft, sei es in der Milch- sen, denn sie wächst nicht höher als naturschutzökologische Wert dieser wirtschaft oder zur Mast, erfordert zwanzig Zentimeter und kann ohne Wiesen besteht in der Kombination eine ertragreiche Form der Futter- Schaden gemäht werden. Eine Beson- der Strukturelemente der oft überal- wirtschaft. Als diese hat sich der An- derheit des Südburgenlandes sind die terten, teilweise hohlen Streuobstbäu- bau von Kleegras herausgestellt. Als reichen Vorkommen der Weißmiere me und der mageren Mähwiese. In die- Kleegras bezeichnet man meistens eine (Moenchia mantica), die im Mai die sem Habitat erscheint der Grünspecht Mischung von Rotklee (Trifolium pra- Wiesen der sonnigen Hänge mit ei- als Leitart und hier finden Wiedehopf, tense), Welschem und Deutschem Ray- nem weißen Schleier überzieht. Diese Gartenrotschwanz und Wendehals gras (L. multiflorum, Lolium perenne) Pflanze ist sehr typisch für die Wiesen günstige Lebensbedingungen vor. Im und anderen ertragreichen Klee und des Südburgenlandes, wobei die Pflan- Jahr 1976 wurde die letzte Brut der Grasarten, die in einen Acker eingesät ze weder in der Oststeiermark noch in Blauracke in einem hohlen Apfelbaum werden. Der Aufwuchs ist ein Grünfut- Slowenien in nennenswerten Bestän- in einer Streuobstanlage in Grieselstein ter von standardisierter Qualität und den vorkommt. In Ungarn erreicht ihr / Jennersdorf nachgewiesen (Samwald kann, je nach klimatischen Vorausset- Verbreitungsgebiet das Westufer des & Samwald 1990). zungen, jährlich bis zu sechsmal ge- Plattensees. Auf den Wiesen des Süd- mäht werden. Bei ausreichender Dün- burgenlandes entwickelt die Weißmie- gung kann eine Einsaat bis über fünf re eine wahre Pracht. Jahre lang genutzt werden. Dann treten

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 95 Mangelerscheinungen und Unkräuter lage einer äußerst arten- und individu- wandlung in Ackerland freigegeben. auf, die eine Neuanlage der Kultur er- enreichen Fauna von Insekten, Spin- Die Erhaltung der Landschaft mit fordern. nen und anderen Arthropoden, welche einer Vielzahl verschiedener Wiesen- Die Kultur von Kleegras hat im Ver- wiederum die Lebensgrundlage für Ar- biotope in den Natura 2000-Gebieten gleich zum jährlich durchzuführenden ten in den höheren Bereichen der Nah- des Burgenlandes dürfte für die Zu- Ackerbau eine Reihe von ökologischen rungspyramide bieten. kunft vermutlich sichergestellt sein. Vorteilen. Diese sind Kleegraswiesen sind artenarm und Darüber hinaus stellt die Erhaltung 1. die geringere Umweltbelastung in der Regel naturschutzökologisch der traditionellen Kulturlandschaft in durch die Verringerung der Bewirt- ohne weitere Bedeutung. den Naturparken ein wichtiges Ziel des schaftungsdurchgänge, Die Umwandlung einer Kleegras- Naturschutzes im Burgenland dar. War 2. die Stabilisierung der Bodenkrume wiese in eine „Naturwiese“ ist in der es früher die Intensivierung, die viele durch eine geschlossene Pflanzendecke, Regel nur sehr schwer möglich. Biotoptypen vernichtete, so ist es heute 3. die gute Durchwurzelung der Bo- die falsch verstandene „Landschafts- denkrume, Förderung der Gare und Schutz, Erhaltung und Pflege pflege“. Mittels Schlegelhäcksler wer- Anreicherung des Humusgehalts sowie In der Europäischen Union ist die Er- den heute aus artenreichen Wegrän- 4. die weitgehende Vermeidung der haltung von Grünland insofern vorge- dern, Steilböschungen und Brachen Anwendung von Agrarchemikalien. schrieben, als dass auf Ackerland, das ökologisch wertlose, ja sogar schädli- Abgesehen von den schon genann- durch die Umwandlung von Grünland che Fettwiesen. Immerhin beträgt der ten, gesamtökologisch wirksamen entstand, keine landwirtschaftlichen Stickstoffgehalt der Grünmasse auf ei- positiven Effekten auf Gewässer und Ausgleichszahlungen mehr in An- nem Hektar Brache zumindest 150 kg. Bodenstruktur ist aus naturschutzöko- spruch genommen werden dürfen. Die Diese Fracht wird bei der Verrottung logischer Sicht der Anbau von Klee- Gültigkeit dieser Regel hat eine gewisse zu einem Großteil mobilisiert, wird gras weniger günstig. Die Kulturform Unschärfe mit erheblichen Folgen. In in unsere Oberflächengewässer ein- „Kleegras“ wurde und wird in der land- der Umstellungszeit der Programm- geschwemmt und stellt dadurch eine wirtschaftlichen Praxis meistens nicht planungsperiode von ÖPUL 2000 auf sehr umfangreiche diffuse Wasserver- von der echten „Dauerwiese“ oder „Na- ÖPUL 2007 bestand die nationale Ver- schmutzung dar. turwiese“ unterschieden. pflichtung, zumindest neunzig Prozent Das äußerst artenreiche Pflan- der Grünlandfläche von 2000 in die Verwendung des Mähgutes zenkleid der Naturwiese ist durch jahr- neue Periode überzuführen. Die rest- Durch die Entkoppelung von Ackerbau hunderte oder zumindest jahrzehn- lichen zehn Prozent wurden zur Um- und Viehwirtschaft und durch die Er- telange Sukzession entstanden und tragsmaximierung im Rahmen der In- kann im Südburgenland in den ver- dustrialisierung der Landwirtschaft ist Naturschutzbund-Präsident schiedenen Wiesentypen über vierzig es oft problematisch, das Erntegut von HR Dr. Stüber auf Exkursion anlässlich Gefäßpflanzenarten aufweisen. Diese Naturwiesen zu verwerten. In den Ge- der Blüte der Gelben Taglilie im Stremtal Pflanzenarten bilden die Lebensgrund- (J. Tajmel) bieten, in denen ein naturschutzöko- logisch hochwertiger Wiesenbestand vorkommt, finden sich jedoch auch heute landwirtschaftliche Betriebe mit Mutterkuhhaltung. In dieser relativ ex- tensiven Form der Rinderzucht ist die Verwendung des Schnittguts aus einer frühen Mahd als Grünfutter meistens gut möglich. Generell jedoch entspre- chen die Mahdzeiten, welche für die Erhaltung der naturschutzökologisch wertvollen Wiesentypen förderlich sind, meistens nicht den Mahdzeiten,

96 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Eder, M. & Sengl, P. (2005): Botanische Erhe- bungen in der Kulturlandschaft im Bereich des Naturpark Raab. Bakkalaureatsarbeit zur Lehr- veranstaltung. Essl, F., Egger, G., Karrer, G., Theiss, M. & Aig- ner, S. (2004): Rote Liste gefährdeter Biotopty- pen Österreichs. Grünland, Grünlandbrachen und Trockenrasen, Hochstauden und Hochgras- fluren, Schlagfluren und Waldsäume, Gehölze des Offenlandes und Gebüsche. Monographi- en des Umweltbundesamtes Wien 167: 272 pp. Klug, B., Hübl, E. & Scharfetter, E. (2002): Struktur und Zusammensetzung der Phytomasse ostösterreichischer Wiesen nach Nutzungsände- rungen (Teilergebnisse eines dreijährigen BM:L- FUWProjekts). BAL, 10. Österr. Botanikerttref- fen, Gumpenstein. Mucina, L., Grabherr, G. & Ellmauer, T. (1993): Die Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil 1, Anthropogene Vegetation. G. Fischer Ver- lag. Stuttgart. Im Mai bedeckt die Kuckucks-Lichtnelke die geeignet sind, Schnittgut von ho- Neubauer, E. (1999): Eine vegetationskundliche die Fuchsschwanz-Wiesen im Stremtal mit hem Futterwert zu gewinnen. Das hat Untersuchung der Trockenwiesen und Fettwie- einem Farbenmeer (J. Tajmel) sen im Naturpark Raab-Örség-Goričko. Diplom- damit zu tun, dass auf Naturschutzwie- arbeit, Naturwissenschaftliche Fakultät, KFUni sen meistens spät blühende Pflanzen miger Teil der Wiesenfläche von sechs Graz, 173 pp. vorkommen, deren Samenreife abge- bis zehn Prozent der Gesamtfläche des Samwald, O. & Samwald, F. (1990): Die Vo- gelwelt der Bezirke Güssing und Jennersdorf. wartet werden soll. Bevor in der Land- Wiesenschlages soll jedoch über das Natur und Umwelt im Burgenland, Sonderheft wirtschaft auf Ertragsmaximierung Jahr als Ersatz eines Wiesenrains unge- 1990/91. größter Wert gelegt und noch nicht in mäht bleiben und sowohl Wiesenpflan- Steinbuch, E. (1995): Wiesen und Weiden der diesem Ausmaß gedüngt wurde, konn- zen die Möglichkeit zur Samenbildung Ost, Süd und Weststeiermark. Verlag Cramer Stuttgart. ten diese Pflanzenarten in den Feld und als auch Wieseninsekten die Möglich- Steinbuch, E. (2002): Einfluss der Nutzungsex- Wiesenrainen blühen und fruchten. keit der ungestörten Metamorphose tensivierung auf den Pflanzenbestand von Wie- Nach der Kommassierung der meis- und der Überwinterung bieten. Im Fol- sen – Ergebnisse einer Studie in Ostösterreich. BAL, 10. Österr. Botanikertreffen, Gumpenstein. ten landwirtschaftlichen Gebiete feh- gejahr soll dieser Altgrasbereich wieder Pöcheim, S. (1999): Vegetationskundlichöko- len Wiesenraine als ökologisch wich- in die Mahd und Nutzung aufgenom- logische Untersuchung von Streuobstwiesen im tige Landschaftselemente über weite men werden und an anderer Stelle ein südburgenländischen Naturpark Raab. Diplom- arbeit, Naturwissenschaftliche Fakultät, KFUni Bereiche. derartiger ungenutzter Streifen erhal- Graz, 134 pp. Eine ähnliche Problematik der Ver- ten bleiben. Weber, E. (1996): Das Südburgenland. Über- wertung des Mähgutes besteht in Ge- Im Rahmen der ÖPUL-Natur- blick über Flora und Vegetation. In: Wolkinger, F. bieten, in denen das Schnittgut als schutzmaßnahmen werden den Land- & Breitegger, E. (Hrsg) Naturführer Südburgen- land. Vom Günser Gebirge bis zum Neuhauser Biomasse für den Betrieb einer Biogas- wirten für die Wiesen verschiedenen Hügelland. Internationale CLUSIUSForschungs- anlage verwendet wird. Dafür sollte das Charakters unterschiedliche Bewirt- gesellschaft Güssing, Güssing: pp.85134. Mähgut wenig faserige Struktur auf- schaftungsrichtlinien vorgeschlagen. Weber, E.(2006): Liste der Farn und Blüten- pflanzen des Burgenlandes, Veröffentlichungen weisen und möglichst wenig verholzt Die Bewirtschaftungserschwernis und der Internationalen Clusius Forschungsgesell- sein. Auch diese Anforderungen kön- der Ertragsentgang werden dabei nach schaft Güssing, Heft 9 nen nur von Mähgut aus einem relativ einem definierten Schema abgegolten. Zechmeister, H.G., Sauberer, N., Moser, D. & frühen Mähtermin erfüllt werden. Da- Die Vereinbarung mit dem Landwirt Grabherr, G. (2002): Welche Faktoren bestim- men das Vorkommen von Pflanzen in der österr- bei soll durch folgendes Vorgehen eine erfolgt auf freiwilliger Basis. reichischen Kulturlandschaft? BAL, 10. Österr. Lösung gefunden werden: Auf dem Botanikerttreffen, Gumpenstein. Literatur: Großteil der Fläche soll durch frühe Balassa, I. & Ortutay, G.: Ungarische Volks- Mahd Grünschnitt für die Biogasanla- kunde, http://mek.oszk.hu/02700/02791/html/ ge gewonnen werden. Ein streifenför- index.html

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 97 7.11 Auen und Feuchtwälder des Burgenlandes Werner Lazowski und Monika Lazowski

Auen, Auwälder und Aulandschaf- ten weisen bereits in ihrem Namen ein wesentliches Element ihrer Natur auf. Es ist das Wasser, welches im al- ten Wort Au zum Ausdruck kommt. Frühe Begriffsbestimmungen etwa be- zeichnen Auwälder als die „Bewaldung der fruchtbaren Bewässerungsgebiete kleiner und größerer Flüsse, welche ... (in der Regel, Anm. d. Verf.) unter der Anschwellungshöhe dieser Gewässer liegen“. Unter Auvegetation wurden in der Folge die Pflanzengesellschaften der Alluvionen zusammengefasst, sofern diese als Standorte von Pflanzen auch Lafnitzauen (J. Weinzettl) hydrologisch beeinflusst sind. Um ei- nischen Becken, wobei die Dreigliede- ner modernen Definition zu folgen, (z. B. Südburgenland) auf und können rung des Burgenlandes zur weiteren können Auen als Ökosysteme im dort zu den Niedermooren (z. B. Seg- Differenzierung, insbesondere nach Schwankungsbereich von Wasserkör- genriede, Bruchwälder) überleiten. Fließgewässer-Naturräumen, heran- pern, Oberflächen- und Grundwasser- Naturräumlich liegt das Burgenland gezogen werden kann (Fink et al. 2000). körpern angesehen werden. Sie treten zwischen den Alpen und dem panno- a) Nordburgenland (nordburgenlän- damit an Fließgewässern, aber auch dische Bucht mit Leithagebirge): pan- in grundwasserreichen Niederungen Querschnitt durch eine naturnahe und nonischer Klimatyp; Ebenen (Leitha- (z. B. Nordburgenland) und Talböden eine naturferne Au (Arbeitsgemeinschaft niederung, Seewinkel) und Terrassen Biologischer Umweltschutz) (Parndorfer Platte); Leithaniederung mit ausgedehnten Leitha-Auen (plu- vionivales Abflussregime), Wulka- Einzugsgebiet mit auenbestandener Wulkamündung im Schilfgürtel des Neusiedlersees, kleinflächige Feucht- standorte und Bachauen im Leithage- birge. b) Mittelburgenland (mittelburgen- ländische Bucht mit kristalliner Ge- birgsumrahmung): Rabnitz-Einzugsge- biet, Bäche im Günser und Bernsteiner Bergland mit Schwarzerlenauen in Kerbtaleinschnitten (pluviale Abfluss- regime), Bachauen auch im vorgelager- ten Hügelland. c) Südburgenland: Hügel- und Rie- delland; illyrisch-subpannonischer Kli- maeinfluss; Raab, Lafnitz und Strem

98 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz als wichtigste Fließgewässer und „Au- enkorridore“ der Region (Sohlentäler), daneben zahlreiche Bäche im Hügel- land (z. T. Muldentäler); pluvionivale Abflussregime. Als Lebensräume weisen Auen glei- chermaßen Landstandorte (z. B. Au- wälder, Wiesen) und Gewässerbiotope auf, wobei die aquatischen Lebens- räume ihrerseits wiederum stehend oder fließend ausgeprägt sind bzw. permanent oder nur zeitweise beste- hen. Auwälder und Wiesen nehmen, in unterschiedlicher Entfernung zum Fließgewässer, verschiedene Gelän- deniveaus im Augebiet ein. Natürli- che Fließgewässer entsprechen einem flussmorphologischen Grundtyp, etwa Mäanderformen, wie sie in den Sohlen- tälern und Niederungen des Burgen- landes ursprünglich waren. Die meis- ten Fließgewässer sind heute allerdings begradigt und meist auch eingetieft, Ökosysteme eines Einzugsgebietes, die der Abfluss ist dadurch beschleunigt für das Erreichen der Wasserrahmen- Management natürlicher Ressourcen oder im Bereich von Kraftwerken und richtlinien-Ziele relevant sein können. sowie ihres Schutzes (Wasser, Biomas- Mühlen gestaut. se). Darüber hinaus sind Prozesse des Naturnahe Auen und Fließgewäs- anerkennt damit auch ihre Funktion Feststoffhaushaltes (z. B. Sedimentak- ser bilden ein natürliches Ganzes, ein für den Gewässerschutz im Sinne der kumulation und -erosion, Fraktionie- Ökosystem mit vielfältigen Funktio- WRRL. Die Rolle der natürlichen Re- rung) und des Chemismus (Gewässer, nen und Eigenschaften. Wasserwirt- tentionsräume für den Hochwasser- Böden, Pflanzen) zu erwähnen, mit schaftlich und ökologisch gleicherma- schutz wiederum erlangt im Zusam- zum Teil weit reichenden ökologischen ßen von Bedeutung ist ihr Einfluss auf menhang mit klimatisch induzierten, Auswirkungen. den Wasserrückhalt in der Landschaft. extremen Hochwasser-Ereignissen Auen bilden weiters ökologische Bei niedrigen und mittleren Abflüssen eine größere Bedeutung, wie auch die Korridore von hoher innerer Vernet- wird dieser wesentlich durch die Lauf- einschlägigen EcoFlood- und Flood- zung (Hydromorphologie, Biotop- länge und die Breite des morphologi- Risk-Konferenzen der letzten Jahre struktur, Ökotone) und relativer Ge- schen Flussbettes begünstigt. Während zeigen. schlossenheit, als Transportkorridore der Hochwasserphasen liegt das Re- Auen und eutrophe Feuchtgebie- (Wasser, gelöste Stoffe und Feststoffe, tentionspotenzial in den natürlichen te zählen zu den produktivsten Öko- Organismen) sowie Migrationsachsen Auen, dem flussbegleitenden Umland, systemen der gemäßigten Zone, mit von Tieren (z. B. Fische, Biber, Libellen ja sogar in dessen Grundwasserkör- hohen Stoffumsätzen, aber auch Po- u. a. Benthosorganismen) und Pflan- per. Der zur Umsetzung der EU-Was- tenzialen zur Nährstoffretention. Die- zen (Samen u. a. Verbreitungseinhei- serrahmenrichtlinie herausgegebene se Produktivität kommt in der Dyna- ten). Auenkorridore liegen heute in „Wetlands Guidance“ bezeichnet regel- mik und Struktur der Vegetation zum der überwiegend landwirtschaftlich mäßig benetzte Uferzonen und Über- Ausdruck (Verjüngungs- und Mosa- genutzten Kulturlandschaft und ste- schwemmungsgebiete als Bestandteile ikzyklen, Totholz). Damit bieten Auen hen mit dieser in einem besonderen der Wasserkörper (water bodies) und wichtige Ansätze für das nachhaltige ökologischen Zusammenhang. Über

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 99 bestimmte Landschaftselemente (z. B. wasser-Einfluss, wie etwa in der nord- Rabnitz. Sie sind deutlich pannonisch Hecken, Feuchtstellen, Brachen) kann burgenländischen Leithaniederung geprägt, was am Hervortreten der diese äußere Vernetzung erhöht bzw. oder in manchen Bachtälern des Mit- Quirlesche (Fraxinus angustifolia) in verbessert werden. tel- und Südburgenlandes, oder werden den beiden zuerst genannten Bestän- Als natürliche Ressource ist auch die maßgeblich vom Abflussgeschehen des den zum Ausdruck kommt. Quirl- und Biodiversität anzusehen. Dabei werden Fließgewässers beeinflusst, so etwa an Edelesche treten auf manchen grund- die Artenmannigfaltigkeit und die Bio- der Lafnitz und der Raab bzw. an der wasserbeeinflussten Au-Standorten topvielfalt sowie die Heterogenität der Strem. Auch die Auwaldtypen unter- zur Schwarzerle hinzu und bilden als Standortbedingungen als wechselseitig scheiden sich in Abhängigkeit von den Erlen-Eschenauen eine eigene Waldge- beeinflusste Faktoren einer Gesamt- naturräumlich-standörtlichen, insbe- sellschaft (z. B. Leitha, Südburgenland). größe betrachtet. Auen bilden „hot sondere hydrologischen Bedingungen. Bei den Auen können vom Wald spots“ der Biodiversität, womit aber In den Weichen Auen und Feuchtwäl- oder vom Grünland dominierte Land- meist die biologische Vielfalt der Ar- dern bilden einerseits die Silberweide schaftstypen unterschieden werden. ten (Taxa) gemeint ist. (Salix alba, teilweise S. fragilis agg.), Die früher für das Burgenland typi- Auen und Feuchtgebiete sind spe- etwa an der Raab, und andererseits die schen Tal- und Feuchtwiesen wurden zifische, mitunter charakteristische Le- Schwarzerle (Alnus glutinosa), wie in allerdings im letzten Drittel des 20. bensräume der jeweiligen Landschaf- den mittel- und südburgenländischen Jahrhunderts weitgehend in Äcker um- ten und Naturräume (z. B. Neusiedler Bachauen und Bruchwäldern bzw. als gewandelt, wobei diese heute vor allem See-Seewinkel). Im überregionalen eine Hauptbaumart der Leitha-Auen, auf Feuchtstandorten zunehmend ver- Vergleich werden allerdings auch die die Charakterbäume. Die Hartholzau- brachen. ökologischen Besonderheiten dieser en beschränken sich auf wenige, aller- Naturnahe Flussabschnitte (z. B. Biotope und feinere Unterschiede er- dings durchaus flächige Bestände, so z. Lafnitz) bilden nun wichtige Leitbil- kennbar. B. an der Leitha, der Strem und an der der für die Pflege und Restaurierung So unterliegen die Auen im Burgen- der Flüsse. Altarme als Regulierungs- land entweder einem stärkeren Grund- Niederwasserbett der Leitha bei Horn- reste (z. B. Raab) bilden naturschutz- stein (W. Lazowski) fachlich wertvolle Sekundärbiotope in der „ausgeräumten“ Kulturlandschaft und drohen nun ihrerseits im Zuge der Verlandung zu verschwinden. Nachfolgend ein Überblick mit ve- getationskundlichen Kurzcharakteris- tiken der bedeutendsten Auen des Bur- genlandes.

Leitha Die Leitha ist ein typischer pannoni- scher Niederungsfluss (Epipotamal) in einem hydrologisch stark beein- flussten Umland. Während die bur- genländisch-niederösterreichische Flussstrecke noch relativ naturnahe Verhältnisse aufweist (Mäander zwi- schen Potzneusiedl und Gattendorf), ist der Abschnitt von Gattendorf bis Nickelsdorf durchgehend begradigt und eingedämmt. Seit etwa 1990 wer- den in diesem Abschnitt allerdings

100 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Umgestaltungsmaßnahmen gesetzt und es wurde u. a. das Retentionsbe- cken bei Zurndorf errichtet. In der Leithaniederung besteht ein weitläufi- ges Wasserverteilungssystem (Kleine Leitha, Leithakanal, Komitatskanal), wobei die Kleine Leitha den zentralen Teil der Niederung umfließt und im mittleren Gewässerabschnitt Mäander ausbildet (Gesamtlänge: ca. 18,5 km). Im geologischen Untergrund dieses insgesamt etwa 65 km² großen Na- turraumes befinden sich ausgedehnte Grundwasservorkommen. Biogeographisch bemerkenswert ist die Lage im eupannnonischen Floren- distrikt Arrabonicum (Kleine Ungari- Tatarenahorn (W. Lazowski) an der Unteren Leitha seine Verbrei- sche Tiefebene) und das Vorkommen tungsgrenze erreicht. Die Hartholzau- (submediterran-) kontinentaler Arten zu Überflutungen. Floristisch kenn- en werden durch den Pannonischen wie Allium angulosum, Cirsium bra- zeichnend ist die Sommer-Knoten- Quirleschen-Ulmen-Eichenwald (Fra- chycephalum, Gratiola officinalis, La- blume (Leucojum aestivum), ein sub- xino pannonicae-Ulmetum) repräsen- thyrus palustris, Leucojum aestivum, mediterranes Florenelement, welche tiert (Lazowski 2001). Sie entsprechen Pseudolysimachion longifolium, Scutel- auf den Feuchtstandorten im Auwald dem Lebensraumtyp (LRT) „Harthol- laria hastifolia, Selinum dubium, Suc- und im angrenzenden Grünland auf- zauenwälder mit Quercus robur, Ulmus cisella inflexa u. a. Charakteristisch tritt. Es ist das einzige Vorkommen die- laevis, Ulmus minor, Fraxinus excelsior ist auch das Auftreten einer Reihe ha- ser attraktiven Zwiebelpflanze (Geo- oder Fraxinus angustifolia (Ulmenion lophiler bzw. salzertragender Arten phyt) im Burgenland. Der pannonische minoris)” (Code 91F0) der EU-Fauna- wie Althaea officinalis, Carex distans, Schwarzerlen-Eschenwald vermittelt Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL). Carex disticha, Carex otrubae, Centau- als Übergangsgesellschaft zwischen Die Standorte können allgemein als rium erythraea, Eleocharis uniglumis, den Hartholzauen (Ulmenion) und frisch bzw. als grundfeucht charakte- Juncus compressus, Orchis palustris, den Bruchwäldern (Alnion glutinosae). risiert werden. Am Komitatskanal sind Scorzonera parviflora, Sonchus arven- Aschweidengebüsche (Salicetum cine- sie allerdings deutlich trockengefallen. sis ssp. uliginosus, Sonchus palustris u. reae) und Uferseggenriede (Galio-Ca- Wasserwirtschaftlich-ökologische Un- a. in den Feuchtwiesen und -brachen. ricetum ripariae) bilden die Kontakt- tersuchungen zur Ausweitung der Re- Für den „Aspenwald“ bei Zurndorf gesellschaften des Fraxino-Alnetum. tentionsräume an der Leitha wurden ist der Pannonische Schwarzerlen- Echte Schwarzerlenbrüche werden durchgeführt. Eschenwald (Fraxino angustifoliae-Al- hier jedoch nicht ausgebildet. Innerhalb des von Leitha und Klei- netum glutinosae) anzugeben, in der Die eigentlichen Hartholzauen wie- ner Leitha umschlossenen Teiles der die Schwarzerle (Alnus glutinosa) mit derum stehen im „Aspenwald“ rand- Niederung bilden die „Rohr- und Mit- der Quirlesche (Fraxinus angustifolia lich in Kontakt mit der vorhin genann- terluss“, ehemals eine Hutweiden- und ssp. danubialis bzw. F. angustifolia x ten Waldgesellschaft und dominieren Wiesenlandschaft, eine tief gelegene, excelsior), ein Baum mit südosteuro- ansonsten den Waldkomplex am Ko- flach ausgebreitete Flur. Auf deren re- päischer Verbreitung, vergesellschaf- mitatskanal bei Nickelsdorf. Im „As- gelmäßig vom aufsteigenden Grund- tet ist. Der Standort wird stark vom penwald“ sowie bei Gattendorf ist wasser überschwemmten Standorten Grundwasser beeinflusst, im Frühjahr noch das Vorkommen des Tatarenah- dominieren nun Feuchtbrachen ne- (März-April) bzw. nach längeren Re- orns (Acer tataricum) anzuführen, der ben Mähwiesen und Äckern (Weiss & genperioden kommt es stellenweise als pannonisch-pontisches Element Roth, in diesem Band).

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 101 In den Brachen treten verschiedene gen ökologischen „Trittstein“ bzw. ei- nördlichen, trockeneren Teil viel Zer- Großseggen-Gesellschaften auf, z. B. nen mit diesen Großlebensräumen zu reiche und Feldahorn auf. Nach Süden Blasenseggenried (Caricetum vesica- verbindenden „Korridor“ aus. Eine geht er in einen Mittelwald über. Zur riae), Schlankseggenried (Caricetum Nennung für das Natura 2000-Netz- Rabnitz hin wird der Standort frischer gracilis), Uferseggenried (Galio palust- werk europäischer Schutzgebiete ist und tiefgründiger (Brauner Auboden). ris-Caricetum ripariae) und Kammseg- vorgesehen. Standort und Artengarnitur dieses Fri- genried (Caricetum intermediae). Dazu schen Eichen-Hainbuchenwaldes ent- kommen noch das Sumpfbinsenried Rabnitz sprechen hier allerdings einem grund- (Eleocharietum palustris), das Was- Die Rabnitz, ein Nebenfluss der Raab, wasserbeeinflussten Auwald. Solche serschwaden-Röhricht (Glycerietum bildet den regional wichtigsten Vor- „Hainbuchenauen“ wurden vor allem aquaticae), initiale Straußgrasfluren fluter im Mittelburgenland. Natürliche aus dem Bereich größerer Flussauen als (Rumici crispi-Agrostietum stolonife- Fließgewässer existieren hier nur mehr artenreiche Waldgesellschaften über rae) und die Wasser-Knöterich-Gesell- im bewaldeten Hügelland und in den lehmigen Böden beschrieben. schaft (Persicaria amphibia-Assozia- Bachtälern der Mittelgebirge (Kristal- In den Talböden des südöstlichen tion), letztere vor allem während der lin). Im zentralen Teil des Oberpullen- Alpenvorlandes sind Hainbuchenau- Überschwemmungsphasen. dorfer Beckens wurden die Fließgewäs- en allerdings ein seltener und in natur- Die Wirtschaftswiesen werden ser (Bäche) zum größten Teil reguliert schutzfachlicher Hinsicht wohl auch überwiegend von Fuchsschwanz- oder sind mehr oder weniger anthro- stark gefährdeter Waldtyp (s. a. Strem). Frischwiesen (Ranunculo repentis- pogen beeinflusst. Umso bemerkens- Sie entsprechen dem LRT Pannonische Alopecuretum pratensis), und zwar werter ist der naturnahe Abschnitt der Wälder mit Quercus petraea und Car- einer Tieflagen-Ausbildung der As- Rabnitz im Bereich der Taltiefenlinie pinus betulus (FFH-Code 91G0) der soziation, gebildet. Hingegen zeigen zwischen Klostermarienberg und Fran- FFH-RL. Das Alter und die Struktur Trockenwiesen auf Konvexformen eine kenau, welcher auch mit dem Umland der Hainbuchenauen (Hochwald) an Nahstellung zu Knollen-Hahnenfuß- (Frankenauer Wald) ökologisch und der Rabnitz bestimmen zusätzlich ih- Glatthaferwiesen (Ranunculo bulbosi- hydrologisch in Beziehung steht. ren naturschutzfachlichen Wert. Dar- Arrhenatheretum). Im Frankenauer Wald ist eine über hinaus ist das Zusammentreffen Die Leitha-Auen liegen zwischen Standortscatena von trockenen zu fri- von Trockenwald und Auwald bemer- der Donau (Trilaterales Ramsar-Gebiet schen Standorten ausgebildet. So weist kenswert. Die grenznahen Bestände Donau-March-Thaya-Auen, National- der zonale Eichen-Hainbuchenwald im sind für das Mittelburgenland einma- park Szigetköz) und dem Neusiedler lig und von überregionaler Bedeutung See-Gebiet und bilden einen wichti- Altwasser in den Leitha-Auen (vgl. auch Bemühungen zur Erhaltung (W. Lazowski) eines „Grünen Bandes“ in Europa). Al- lerdings sind die angeführten Aubio- tope und ist der gesamte Frankenauer Wald durch die geplante Weiterfüh- rung der Burgenland-Schnellstraße (S31) aktuell gefährdet. Als Ersatzgesellschaften der Auen und Ufergehölze treten unterhalb des Frankenauer Waldes streckenweise die monodominanten Hochstauden- bestände des Japanischen Knöterichs auf den Uferböschungen auf (Fallopia japonica-Senecionion-Gesellschaft). Die Talboden- und Feuchtwiesen des Mittelburgenlandes wurden zum größten Teil in Ackerland umgewan-

102 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz delt. Von den ehemals regionaltypi- schen Feuchtwiesengesellschaften wurden die Pfeifengraswiesen (cf. Junco-Molinietum) bis auf wenige Vorkommen zerstört. Ansonsten sind Fuchsschwanz- und Rasenschmielen- wiesen („Deschampsietum“) zu nen- nen. Auf den letzten Feuchtstandorten der Talböden sind aktuell jedoch vor allem Brachen ausgebildet. Wiesengesellschaften der mittle- ren Talstandorte und des Hügellandes können potenziell dem Arrhenatheri- on-Verband (Tal-Fettwiesen, Glattha- ferwiesen) zugeordnet werden, wobei die Fuchsschwanzwiesen in den Talla- gen wahrscheinlich weiter verbreitet waren. Schwarzerlenbestand am Liebinger gangen, teilweise wurden sie genutzt Bach (M. Lazowski) Bachauen und bilden Niederwälder aus. Im Göß- Sie sind eine Besonderheit des Bur- bachgraben traten sie im Zuge der Suk- genlandes, wobei insbesondere das rex pendula, Doronicum austriacum, zession anstelle von Pfeifengraswiesen Günser und Bernsteiner Bergland, als Veratrum album u. a. neben charakte- und Pflanzengesellschaften anmoori- zentralalpiner Gebirgsausläufer, und ristischen Arten wie Aegopodium po- ger Standorte (Sphagnum sp.). Die das südöstliche Alpenvorland natur- dagraria, Caltha palustris, Cardamine floristischen Besonderheiten des Ge- räumlich günstige Voraussetzungen amara, Chrysosplenium alternifloium, bietes, z. B. Achillea ptarmica, Arnica für Bachauen sowie begleitende Hang- Galium aparine, Geum urbanum, Im- montana, Drosera rotundifolia, Erio- und Schluchtwälder bieten. Bachauen patiens noli-tangere, I. parviflora, Iris phorum latifolium, Trichophorum al- befinden sich in etwas breiteren Kerb- pseudacorus, Juncus effusus, Lycopus pinum, welche mit ein Grund für die tälern der Mittelgebirge sowie in Mul- europaeus, Persicaria hydropiper, P. Unterschutzstellung waren, gelten nun dentälern des Riedel- und Hügellandes. mitis, Petasites hybridus, Rubus fruti- als teilweise verschollen. Im Kristallin Vegetationskundlich wenig be- cosus agg., Scirpus sylvaticus, Scutel- des Ödenburger Gebirges wiederum ist kannt waren bis jetzt die Schwarzer- laria galericulata, Solanum dulcama- z. B. der Aubach im Rohrbacher Wald len-Bachauen des Berglandes und des ra, Stachys sylvatica, Urtica dioica, bei Mattersburg anzuführen. vorgelagerten, bewaldeten Gebirgs- Veronica beccabunga u. a zu nen- Im Südburgenland zeigen die Bach- fußes bzw. Hügellandes. Charakte- nen. Beispiele bilden die Bestände an und Grabenauen deutliche Beziehun- ristisch sind der durchwegs feuch- den folgenden Bächen: Dorschabach, gen zu den Schwarzerlen-Eschenwäl- te, häufig überströmte Standort und Ganaubach, Gößbachgraben, Hüttwie- dern (Pruno-Fraxinetum) und weisen die mäandrierenden Bachläufe, wel- senbach, Koglgraben, Kranichgraben/ stellenweise Übergänge zu Bruchwäl- che zum Teil Parallelgerinne ausbil- Neuwiesenbach, Lebengraben, Obere dern (Carici elongatae-Alnetum gluti- den. Im geschlossenen, strauchfreien Güns, Schirnitzbach, Stubenbach, Vo- nosae) auf (Pomper 1998, Neubauer, Schwarzerlen-Reinbestand dominieren gelsanggraben, Weißenbachl und am in diesem Band). Hier sind vor allem Großseggen (Carex elata, C. elonga- Liebinger Bach, letzterer auch mit in- Bestände im Natura 2000-Gebiet „Süd- ta, C. remota), insbesondere als Carex teressanter morphologischer Ausprä- burgenländisches Hügel- und Terras- brizoides-Fazies, so dass stellenweise gung im Längsverlauf. senland“, namentlich am Haselbach-, der Eindruck von Bruchwäldern ent- Die Schwarzerlenbestände sind aus Limbach-und Schwarzgraben u. a. zu steht. Als seltene Begleitarten sind Ca- der natürlichen Verjüngung hervorge- nennen.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 103 Einen Schwerpunkt des Natur- Zu erwähnen sind für das Süd- Lafnitz schutzes in der Region bildet die Wil- burgenland weiters die Weidenauen Die Lafnitz ist der für den Fließgewäs- lersdorfer Schlucht, ein enges Bachtal und Feuchtwiesen am Zickenbach ser- und Auenschutz bedeutendste im Randbereich der hier auslaufen- (Gemeinde Rohr-, Natur- Fluss des Burgenlandes. Dem entspre- den Zentralalpen (Wechsel, Bucklige schutzgebiet), die Bruchwälder an der chen auch der internationale Status des Welt). Neben den Auwäldern (Schwar- Strem bei Güssing (Altarm) und bei Ramsar-Gebietes „Lafnitztal“(2180 zerlen-Eschenwälder) prägen flächige , der Au- und Bruchwaldbe- ha) und das Natura 2000-Schutzge- Pestwurzfluren (Petasites hybridus) stand „Apfelleiten“ an der Oberen Pin- biet „Lafnitzauen“ (251 ha) mit dem die bachnahen Standorte, für die auch ka bei Unterschützen sowie der Luka- Naturschutzgebiet „Lafnitz-Stögers- der Straußfarn (Matteuccia struthiop- bach bei Neuberg (Naturschutzgebiet) bachmündung“ und dem geschützten teris), die Wild-Mondviole (Lunaria und weitere Aubestände in schmalen Landschaftsteil „Kaltenbrunner Lahn“. rediviva), die Frühlings-Knotenblume Bachtälern der Waldlandschaft, z. B. Dabei hat die alte Grenzlage der (Leucojum vernum) und die Österrei- im Teichbach- und Rohrbachtal. oberen und mittleren Flussabschnitte chische Gamswurz (Doronicum aus- Der in der südburgenländischen wohl auch dazu beigetragen, die na- triacum) charakteristisch sind. Vor Kulturlandschaft (z. B. Raabtal, Neu- turräumliche Eigenart des Lafnitztales einigen Jahren wurden verbrachende hauser Hügelland) verbreitete Bachau- und seine Natursubstanz zu bewah- und aufgeforstete Teile der ehemali- enwald kann wiederum dem Hain- ren. Dieser submontane Talraum zählt gen Talwiesen wieder in Wiesen rück- mieren-Schwarzerlenwald (Stellario noch zum norischen Florenbezirk und geführt und die Mahd bzw. Pflege der nemorum-Alnetum glutinosae) zu- damit vegetationsgeographisch zum bestehenden Wiesen (überwiegend geordnet werden. Diese auch für die Alpenraum. Fuchsschwanzwiesen) im Rahmen na- Oststeiermark typische Pflanzengesell- Bemerkenswert ist der Laufab- turschutzorientierter, landwirtschaftli- schaft entspricht dem prioritären LRT schnitt bei Loipersdorf-Kitzladen, cher Förderprogramme gesichert (Kor- “Auenwälder mit Alnus glutinosa und im Übergang vom Hyporhithral zum ner & Staudinger, in diesem Band). Die Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Al- Epipotamal, mit aktiver Mäanderdy- Willersdorfer Schlucht gilt auch als nion incanae, Salicion albae)” (Code namik. Regelmäßige Abschnürungen Rückzugsgebiet zahlreicher Tierarten 91E0) der FFH-RL. von Flussschlingen, lokale Laufverla- (Vögel, Herpetofauna, Schmetterlin- gerungen und Altwasserbildungen sind ge u. a.). Natürliche Ufervegetation an der Oberen Ausdruck von flussmorphologischen Lafnitz (J. Weinzettl) Prozessen, die sonst kaum mehr wo zu beobachten sind. Die breiten, stellenweise übersan- deten Kiesbänke am Gleitufer der Mäander werden von verschiedenen Pioniergesellschaften eingenommen. Dabei bildet die Ampferknöterich- Zweizahnflur (Polygono lapathifo- lii-Bidentetum) aus dem Vegetati- onsverband der Ufer-Therophyten (Bidention) gewissermaßen den Kern dieser Pflanzengesellschaften. Interes- santerweise treten daneben „ruderale“ Vegetationseinheiten hervor, wie die Beifuß-Rainfarn-Gesellschaft (Tana- ceto-Artemisietum vulgaris), welche stellenweise die Struktur der Uferve- getation dominiert. Relativ kleinflächig bleiben an der Oberen Lafnitz hinge-

104 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz gen das Rohrglanzgras-Flussröhricht (Rorippo-Phalaridetum), Waldsim- sen-Bestände (Scirpetum sylvatici), die Straußgras-Schotterflur (Rumici crispi-Agrostietum stoloniferae) und Rotfuchsschwanzrasen (Rumici-Alo- pecuretum aequalis), letztere auf häufig überschlickten Standorten knapp an der Mittelwasserlinie. Zwischen dem Gleitufer und dem Talbodenniveau schließen an die Pio- niergesellschaften verschiedene Suk- zessionsstadien der Weidenauen an, wobei die Silberweidenau (Salicetum albae) und die Bruchweidenau (Salice- tum fragilis) geschlossene Weidenwäl- der aufbauen, welche sowohl mitein- ander als auch mit der Grauerlenau (Alnetum incanae) eng verzahnt auf- Lafnitz-Mäander (J. Weinzettl) treten. Solche Vegetationskomplexe deten Übergängen zum Umland sind der Weichen Au liegen meist zwischen nicht mehr vorhanden. den Mäanderschlingen der Lafnitz. (Phalaridetum) und Bestände der Ba- „Altarme“, entweder im Zuge der Floristisch weisen sie einen hohen An- nater Segge (Carex buekii) verbreitet. Regulierungen zu Stillgewässern ge- teil an Alnion- und Salicion albae-Ar- Die naturschutzfachlich bedeutends- wordene Flussschlingen oder durch ten und der naturräumlichen Situation ten Wiesen dienen nun größtenteils Mäanderabschnürungen entstan- entsprechende Vorkommen submon- dem passiven Hochwasserschutz, als den, bilden hier ein charakteristisches tan-montaner Arten auf, namentlich Teil bewusst erhaltener und extensiv Landschaftselement. Naturnahe Ver- von Anemone nemorosa, Anthriscus bewirtschafteter Retentionsräume (z. landungsgesellschaften konnten jedoch nitidus, Chaerophyllum hirsutum, B. NSG Lafnitz-Stögersbachmündung). nur im Bereich natürlich entstandener Cirsium oleraceum, Corydalis solida, Im weiteren Verlauf der Lafnitz bis Altwässer festgestellt werden. Dafür ist Doronicum austriacum, Dryopteris fi- in den Bereich der mittleren Abschnit- vor allem das Reisqueckenried (Leer- lix-mas, Lamiastrum montanum, La- te des Lafnitztales ändern sich sowohl sietum oryzoidis) zu nennen. Leersia thraea squamaria, Matteuccia struthi- die flussmorphologische Situation als oryzoides ist eine spät blühende und opteris, Ranunculus lanuginosus und auch die Begleitvegetation (geringeres fruchtende Art wärmebegünstigter Rubus corylifolius agg. (Lazowski & Gefälle, schwächere Mäanderdynamik, eutropher Feuchtstandorte. Sie ist mit Melanschek 2002). zum Teil geringere Laufentwicklung). dem Kulturreis verwandt. An Begleit- Die Talbodenwiesen sind das prä- Das Untere Lafnitztal ist durch sei- arten sind Alisma plantago-aquatica, gende Element der traditionellen Kul- ne collin-planare Höhenlage und den Bidens cernua, Iris pseudacorus, Lyco- turlandschaft an der Lafnitz (Stein- pannonischen Klimaeinfluss charak- pus europaeus, Poa palustris u. a. zu buch 1995, Korner, in diesem Band). terisiert. Der Flusslauf ist zwischen nennen. An der Wasserseite kann die Sie bilden, zumindest im flussnahen Rudersdorf und Heiligenkreuz aller- Igelkolben-Gesellschaft (Sparganietum Bereich, die wichtigsten Ersatzgesell- dings durchgehend reguliert, wobei erecti), auch als Kontaktgesellschaft schaften der natürlichen Auvegetati- die Streckung des Gerinnes auch eine des Reisqueckenriedes, und das Rohr- on. Zwischen den Auwaldbeständen deutliche „Rhithralisierung“ dieses kolben-Röhricht (Typhetum latifoliae) und im Bereich von Aufforstungen sind ursprünglich (epi-) potamalen Fluss- auftreten. Auf den Wasserflächen sind aktuell auch Brennessel- und Spring- abschnittes nach sich zog. Naturnahe im Sommer häufig geschlossene Was- kraut-Fluren, Rohrglanzgras-Wiesen Uferbiotope mit differenziert ausgebil- serlinsendecken (z. B. Lemnetum min-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 105 oris, Lemno-Spirodeletum polyrhizae) Die am Südrand des Unteren Laf- nummularia, Solanum dulcamara u. ausgebildet. Die Regulierungs-Altarme nitztales, zwischen Königsdorf und a. Davon ist der Wasserschierling (Ci- weisen hingegen meist Rumpfgesell- Rosendorf, gelegenen Feuchtwäl- cuta virosa) als floristische Besonder- schaften oder Initialstadien der Gewäs- der weisen wiederum eine Reihe na- heit zu erwähnen. An den gegenüber servegetation auf (z. B. Ceratophyllum turschutzfachlich bemerkenswerter anhaltenden Überflutungen empfind- demersum). Pflanzengesellschaften auf. Schwar- licheren Arten Athyrium filix-femina, Im Talboden bilden Bestände der zerlen-Bruchwälder, Aschweiden-Er- Cardamine pratensis, Deschampsia ce- Hohen Weidenau die einzigen Auwal- lenbrüche (Carici elongatae-Alnetum spitosa, Filipendula ulmaria, Lythrum dreste und ökologischen Ausgleichs- glutinosae caricetosum pseudocyperi), salicaria, Mentha aquatica, Persicaria flächen in der Agrarlandschaft. Die Dotterblumen-Erlen-Eschenwälder hydropiper, Peucedanum palustre, Sym- Bestände stocken auf mittleren Gelän- und Wasserfeder-Fenchelgemeinschaf- phytum officinale, Urtica dioica u. a., deniveaus und weisen eine gut entwi- ten (Oenantho-Hottonietum palustris) lassen sich kleinstandörtliche Unter- ckelte Strauchschicht (Sambucus nig- liegen im Umfeld sonst eher monoton schiede gut erkennen. ra) sowie u. a. Arten der Laubwälder wirkender Ausschlagbestände und Er- Mischbestände der Aschweide (Fagetalia) auf. Die Hohe Weidenau lenforste. Sie bilden mit einigen botani- (Salix cinerea) mit der Schwarzerle, entspricht einem weiter verbreiteten schen Raritäten das naturnahe Inventar in relikten Gerinnen der Lafnitz, wei- Waldtyp der Weidenauen. der von den Talrandhängen bis fast an sen eine sehr ursprüngliche Zusam- Die letzten, traditionell zweischü- die Lafnitz reichenden Feuchtwälder. mensetzung und Struktur auf. Solche rigen Mähwiesen in den breiten Soh- Auf den grundwasserbeeinflussten, Pflanzengemeinschaften scheinen den lentälern entsprechen Tal-Glatthafer- waldfreien Standorten des Talrandes Grundwasser-Brüchen der Naturland- wiesen (Pastinaco-Arrhenatheretum). treten stellenweise noch Bach-Distel- schaft weitgehend zu entsprechen. Die Auf feuchteren Standorten gehen wiesen (Cirsietum rivularis) auf. Niederwaldwirtschaft förderte und sie in Fuchsschwanzwiesen (Ranun- In der Krautschicht der Bruchwälder verdichtete die Erle im Bestand der culo-Alopecuretum) über. „Magere dominieren Großseggen (Carex ripa- heutigen Bruchwälder und verdräng- Flachland-Mähwiesen mit Alopecu- ria, C. vesicaria, C. elongata), insbeson- te so auch andere Gehölze wie die rus pratensis und Sanguisorba offici- dere die bultig wachsende Steifsegge Aschweide weitgehend. Als Differen- nalis“ bilden einen Lebensraumtyp der (C. elata) mit folgenden Begleitarten: tialart der Aschweiden-Erlenbrüche Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH- Galium elongatum ssp., Equisetum flu- kann Carex pseudocyperus angegeben Code 6510). Traditionell bewirtschaf- viatile, Glyceria maxima, Iris pseuda- werden. tete Glatthaferwiesen und insbesonde- corus, Lycopus europaeus, Lysimachia re die Tal-Feuchtwiesen zählen zu den Raab wichtigsten Schutzgütern des Südbur- Die Raab zeigt im burgenländischen Prachtnelke Dianthus superbus genlandes. Abschnitt eine ähnliche Fließgewäs- (W. Lazowski) sercharakteristik wie die Untere Laf- nitz, allerdings mit geringeren mitt- leren Abflusswerten. Dabei weist die zum größten Teil regulierte Raab un- terschiedliche Verbauungstypen, u. a. Stauabschnitte und eingetiefte Fließ- strecken, auf. Viele der durch die Regu- lierungen entstandenen und den fluss- nahen Talboden prägenden Altarme sind heute trockengefallen. Für die Altarme sind der Situati- on entsprechende Therophyten-Ge- meinschaften charakteristisch, allen voran Zweizahn-Wasserpfefferfluren

106 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz (Bidenti-Polygonetum) und Hühner- hirsen-Bestände (Echinochloo-Poly- gonetum). Von den Kleinröhrichten (Vegetationsverband Oenanthion) sind die Wasserfenchel- (Oenantho-Rorip- petum) und die Schwanenblumen-Ge- sellschaft (Butometum umbellati), von den Großröhrichten (Phragmition) das Rohrkolben- (Typhetum latifoliae) und das Wasserschwaden-Röhricht (Glyce- rietum aquaticae) sowie die Igelkolben- Gesellschaft (Sparganietum erecti) zu nennen. Am Grund verlandeter bzw. tro- ckengefallener Altarme können mehr oder weniger geschlossene Silberwei- denbestände (Salicetum albae) ausge- bildet sein. Sie stellen sozusagen die Schlussgesellschaft der Altarmverlan- Naturnaher Flusslauf der Raab im Ab- dung dar. Die Standorte werden regel- schnitt der Grenzstrecke bei Mogersdorf gebüsche und Schleiergesellschaften an mäßig, meist über das Grundwasser, (M. Fiala) Lafnitz und Raab ebenfalls zu erwäh- überflutet. Bestände dieser sogenann- nen. Die auffällige Kletterpflanze ge- ten Nassen Weidenau werden in der knöterich-Zweizahnflur und das Rohr- hört zur Familie der Kürbisgewächse Regel nicht genutzt (Hochwald). Sie glanzgras-Flussröhricht anzuführen. (Cucurbitaceae). sind naturschutzfachlich von besonde- Letzteres wird durch die Hühnerhirse Zwischen Fluss und Talboden befin- rem Interesse. In der Krautschicht der (Echinochloa crus-galli) von anderen det sich ca. 3 Meter über dem Mittel- strauchfreien Bestände tritt vor allem Ausbildungen der Gesellschaft diffe- wasserstand die hohe Weidenaustufe das Rohrglanzgras (Phalaris arundi- renziert (s. Obere Lafnitz). Auf den Bö- (Salicetum albae). Graduelle Über- nacea) dominant auf. Als Differential- schungen befinden sich Korbweiden- gänge zu feuchteren Standorten der arten sind Carex remota, Carex ves- gebüsche (Salicetum triandrae) sowie Weidenauen sind an der Raab eben- icaria, Iris pseudacorus, Lysimachia u. a. Hochstauden- und Schleiergesell- falls häufig festzustellen. In der hoch- vulgaris, Lythrum salicaria, Persica- schaften aus dem Vegetationsverband wüchsigen Krautschicht dominiert ria hydropiper, Persicaria mitis, Carex der Schleiergesellschaften (Senecioni- Urtica dioica, neben Aegopodium po- acuta, Lycopus europaeus, Solanum on), darunter Neophyten-Dominanz- dagraria, Alliaria petiolata, Calystegia dulcamara u. a. anzuführen. bestände wie die Springkraut-Flur sepium, Elymus caninus, Galeopsis spe- Als relativ naturnaher Referenzab- (Impatiens glandulifera-Gesellschaft), ciosa, Galium aparine, Glechoma hed- schnitt kann dem die Grenzstrecke der die Goldrutenflur (Solidago gigan- eracea, Impatiens glandulifera, Phala- Raab bei Mogersdorf gegenüber ge- tea-Gesellschaft) und die Japan-Knö- ris arundinacea, Poa trivialis, Rubus stellt werden. So weist das relativ tief terich-Hochstaudenflur (Fallopia japo- caesius, Stachys sylvatica u. a. Adoxa im Gelände liegende Flussbett eine ak- nica-Gesellschaft), letztere ist wohl die moschatellina und Chrysosplenium al- tive Mäanderdynamik und stellenwei- häufigste, optisch prägende Neophy- ternifolium bilden einen wenig auffälli- se 4-6 Meter hohe Erosionsufer auf. tengesellschaft im Raabtal. Der Japa- gen Frühjahrsaspekt. Die Standorte der Den unterschiedlich geneigten Ufer- nische Staudenknöterich stammt ur- Weidenauen werden mehr oder we- böschungen sind in den Innenbögen sprünglich aus Ostasien. Die wiederum niger regelmäßig überflutet, jene der übersandete Kiesbänke vorgelagert. aus Nordamerika stammende einjähri- Hohen Weidenau allerdings nur bei Von den darauf etablierten Pionierge- ge Stachelgurke (Echinocystis lobata) Starkhochwässern. Überschwemmte sellschaften sind wieder die Ampfer- ist als häufiger Bestandteil der Weiden- Weidenauen bilden im Allgemeinen

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 107 ein gutes Leitbild naturnaher Retenti- Ungarn bis Sarvar reicht. Er ist eine der Staatsgrenze zu Ungarn, sind die onsräume an Fließgewässern. der längsten, nahezu unregulierten bedeutendsten ihres Typs und die na- Die an der Raab die Flusslandschaft Metapotamalstrecken in Mitteleuro- turschutzfachlich wertvollsten der Tal- prägende Weiche Au entspricht dem pa. Auf den Zusammenhang zwischen böden des südöstlichen Vorlandes. Am prioritären LRT “Auenwälder mit Al- den Ramsar- und Natura 2000-Schutz- Südrand werden sie von den Hängen nus glutinosa und Fraxinus excelsior gebieten in Ungarn und Österreich ist des Großmürbischer Hügellandes und (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion hinzuweisen. in nördlicher Richtung von der zur St- albae)” (Code 91E0) der FFH-RL. Ihre rem hin auslaufenden Terrasse sowie Bestände zählen, hinsichtlich Alter, Strem der Pinka begrenzt. Zusammensetzung und Struktur (ver- Die Strem als „Hügellandbach“ weist Aufgrund des Vorkommens von Fra- gleichbar mit jenen im Nationalpark ein relativ großes Einzugsgebiet xinus angustifolia und weiterer Arten Donauauen), zu den naturschutzfach- (430 km2) mit starker Hochwasserent- können sie den Pannonischen Eichen- lich wertvollsten in Österreich. wicklung auf. Im Unterlauf (Epipota- Hainbuchenwäldern (FFH-Code 91G0) Unterhalb der Grenzstrecke beginnt mal) sind die mittleren Abflusswerte zugeordnet werden. Sie stellen damit bei Szentgotthard der weitgehend na- allerdings gering (1,64 m³/s). einen prioritären Lebensraumtyp nach turbelassene Lauf der Raab, welcher in Die verhältnismäßig großen Bestän- der FFH-RL dar. Nach der Roten Lis- de von „Hainbuchenauen“ in der süd- te gefährdeter Biotoptypen Österreichs Feuchter Hartholz-Auwald an der Strem östlichen „Ecke“ des Stremtales, nahe (Wälder, Forste, Vorwälder) zählen bei Hagensdorf (W. Lazowski) diese Bestände als „Subpannonischer bodenfeuchter Eichen-Hainbuchen- wald“ zu den österreichweit gefährde- ten Waldgesellschaften (RL-Kategorie 3). Seltenes Vorkommen, erheblicher bis starker Rückgang der Bestände bei schwer bis kaum möglicher Regenerier- barkeit werden als zusätzliche Attribute dieser Einschätzung genannt. Die Waldgesellschaft wird von Quercus robur, Carpinus betulus und teilweise von Fraxinus angustifolia aufgebaut. Als begleitende Baumarten sind Acer campestre, Ulmus minor, Al- nus glutinosa und auf den jeweiligen Standorten Tilia cordata und Ulmus laevis zu nennen. Der hohe Anteil an Fagetalia-Arten weist die Bestände an der Strem auch pflanzensoziologisch den Eichen-Hainbuchenwäldern (Car- pinion) zu. Sie werden vorläufig noch der Assoziation Fraxino pannonici- Carpinetum zugeordnet. (Lazowski & Melanschek 2002). In den Auwäldern bei Hagensdorf lassen sich den verschiedenen Stand- orten entsprechende Ausbildungen der Waldgesellschaft unterscheiden, z. B.: Hangwässergeprägte, „wechseltrocke-

108 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz nere“ Standorte des orographisch lin- Literatur: ken Terrassenrandes; Differentialarten: Common Implementation Strategy for the Wa- ter Framework Directive (2000/60/EC), 2003: Alliaria petiolata, Knautia drymeia, Wetlands Horizontal Guidance – Horizontal Lactuca quercina, Lamium macula- Guidance Document on the Role of Wetlands in the Water Framework Directive. Final Draft, 68 tum, Lapsana communis, Rubus fruti- pp., 7th October. cosus agg., Scrophularia nodosa; „Bau- Essl, F., Egger, G., Ellmauer, T. & Aigner, S. ernwälder“. (2002): Rote Liste gefährdeter Biotoptypen Ös- terreichs. Wälder, Forste, Vorwälder. Umwelt- Frische, mittlere Standorte der Au- bundesamt-Monographien, Band 156: 104 pp. + wälder im Talboden; Differentialarten: Karten, Wien. Campanula trachelium, Lathyrus ver- Ellmauer, T. & Traxler, A. (2000): Handbuch der FFH-Lebensraumtypen in Österreich. Um- nus, Maianthemum bifolium. weltbundesamt-Monographien, Band 130, 208 Im feuchten Flügel der Waldgesell- pp., Wien. European Commission (1999): Interpretation schaft Fraxino pannonici-Carpinetum Manual of European Union Habitats. EUR 15, fritillarietosum mit den Differential- Version 2, 119 pp., DG Environment. arten: Carex elongata, C. riparia, Fili- Fink, M., Moog, O. & Wimmer, R. (2000): Fließ- gewässer – Naturräume Österreichs. Umweltbun- pendula ulmaria, Fritillaria meleagris, desamt (UBA)-Monographien, Band 128: 110 pp., Phalaris arundinacea, Ulmus laevis. Wien. Fraxinus angustifolia dominiert hier Fischer, I., Paar, M. & Weber, E. (1994): Land- schaftsinventar Burgenland. UBA-Monographien, die Bestände; Nebenbaumart: Alnus Bd. 46, 235 pp., Wien. glutinosa; in der Krautschicht Groß- Fischer, M. A., Adler, W. & Oswald, K. (2005): seggenfazies; die Schachblume (Fritil- Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 2. Aufl., Land Oberösterreich, Biologie- laria meleagris) ist in der Einheit na- zentrum der OÖ Landesmuseen, 1392 pp., Linz. türlich vergesellschaftet. Grabherr, G. & Mucina L. (Hrsg.) (1993): Die Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil II. Natür- Pannonische Eichen-Hainbuchen- liche waldfreie Vegetation, 523 pp., Gustav Fischer wälder nehmen mit relativ naturnahen Verlag, Jena. Beständen auch vergleichbare Standor- Lazowski, W. & Melanschek, G. J. (2002): Ve- getationsaufnahmen aus Auen des Südburgen- Schachblume (Fritillaria meleagris) te an der Pinka, nördlich der Ortschaft landes (Südöstliches Alpenvorland, Österreich). (Jerpo) Luising, ein. BFB-Bericht 89, 57 pp. + Tabellen, Biologisches Die an der Strem gelegenen Forschungsinstitut für Burgenland, Illmitz. Scherzinger, W. (1996): Naturschutz im Wald. Lazowski, W. (1995): Zum Vorkommen von Hot- Qualitätsziele einer dynamischen Waldentwick- „Schachblumenwiesen“ sind größten- tonia palustris L. im Verband Oenanthion aquati- lung. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart: 447 pp. teils Glatthaferwiesen (Arrhenatheri- cae Hejný 59 an den Potamalflüssen Lafnitz und Steinbuch, E. (1995): Wiesen und Weiden der on), feuchte Ausbildungen leiten zu March. – Sauteria 6: 167-192, Salzburg. Ost-, Süd- und Weststeiermark. Dissertationes Lazowski, W. (2001): Waldgesellschaften der Botanicae, Band 253, 210 pp. + Anlage u. Tab., J. den Dotterblumen-Wiesen (Caltheni- burgenländischen Leithaniederung. Linzer biol. Cramer, Berlin-Stuttgart. on) über. Die Wiesen sind Bestandteil Beitr. 33/2: 827-875. Weber, E. (1989): Wärmeliebende Eichenwälder eines aus zwei Teilgebieten bestehen- Melanschek, G. (1995): Naturschutzmanage- des mittleren Burgenlandes. Diss. Formal- u. Na- ment – Schachblumenwiese Großsteinbach. turwiss. Fak. Univ. Wien, 122 pp. den Naturschutzgebietes, wobei sich Landwirtschaft und Naturschutz (Tagungsband, Weber, E. (2006): Liste der Farn- und Blüten- das Vorkommen der Schachblume herausgeg. v. d. Bundesanstalt f. alpenländische pflanzen des Burgenlandes. 4. Auflage. Veröff. d. Landwirtschaft Gumpenstein und vom Inst. f. Na- Int. CLUSIUS-Forschungsges. Güssing, Heft 10, nicht nur im Hagensdorfer Auwald, turschutz u. Landschaftsökologie, Graz): 65-72. 64 pp. sondern auch im ungarischen Teil des Mucina, L., Grabherr, G. & Ellmauer, T. (Hrsg.) Wendelberger-Zelinka, E. (1952): Die Vegeta- Waldgebietes fortsetzt. In Österreich (1993): Die Pflanzengesellschaften Österreichs. tion der Donauauen von Wallsee. Schriftenrei- Teil I. Anthropogene Vegetation, 578 pp., Gustav he der O.Ö. Landesbaudirektion Nr. 11, 196 pp.+ existiert sonst nur noch ein ebenfalls Fischer Verlag, Jena. Tab., Wels. geschützter Bestand im Feistritztal Mucina, L., Grabherr, G. & Wallnöfer, S. (Hrsg.) WWF (Ed.) (2001): Bewährte Praktiken bei der bei Großsteinbach (Steiermark). Die (1993): Die Pflanzengesellschaften Österreichs. integrierten Bewirtschaftung von Flusseinzugs- Teil III. Wälder und Gebüsche, 353 pp., Gustav gebieten. – Die Umsetzung der EU-Wasserrah- „Hainbuchenauen“ und „Schachblu- Fischer Verlag, Jena. menrichtlinie: ein Leitfaden für die Praxis. Schlüs- menwiesen“ bei Hagensdorf und Lu- Pomper, G. (1998): Die Vegetation der Schwar- selthemen, Praxiserfahrungen und Beispiele zerlenwälder im südlichen Burgenland. Diplom- ‘bewährter Praktiken’ aus der Seminarreihe von ising wurden als Natura 2000-Schutz- arbeit an der Formal- und Naturwiss. Fak. Univ. WWF und Europäischer Kommission zum Thema gebiet nominiert. Wien, 168 pp. Wasser 2000/2001, 75 pp., Brüssel.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 109 7.12 Teiche und Lacken als Ökoinseln – die ökologische Bedeutung von Stillgewässern in der Kulturlandschaft Joachim Tajmel

Unsere Landschaft war von je her Begriffsdefinitionen der verschiedenen Typen der Stillgewässer durch den Bestand von Stillgewäs- sind Stillgewässer, die nach der Verlagerung des Flusslaufes sern geprägt. Das größte Gewässer Altarme (Mäandersprung) entstanden sind. dieses Typs ist unser großer Step- pensee. Aber auch sonst waren über- Tümpel sind natürliche, flache temporäre Wasseransammlungen mit stark schwankenden Wasserständen. all im Land Stillgewässer als Altarme der Flüsse und Bäche zu finden. Diese Lacken sind episodische Gewässer, die nur durch die Niederschläge gespeist werden und jährlich mehrfach austrocknen können. Biotope werden von einer charakteris- tischen, artenreichen Flora und Fauna Teiche sind künstlich angelegte dauerhafte Gewässer mit Zu und Abfluss. besiedelt. Im Rahmen der landwirt- schaftlichen Aktivitäten entstanden Fischteiche. In diesen Teichen werden der intensiven Nutzung echte Natur- Frage, wie man genutzte Teiche gestal- bis heute in einem optimierten Regi- juwele dar. Naturbelassene Teiche ha- ten kann, damit sich auch die typische me von Besatz, Fütterung und Beern- ben in der Kulturlandschaft eine sehr Biozönose einstellt. Dazu muss zuerst tung Fische gezüchtet. Früher wurden wichtige ökologische Funktion. Nicht festgestellt werden, welche Form der Teiche auch als Wasserspeicher, als zuletzt aus diesem Grund, aber auch Teichnutzung weiter betrieben wer- Löschwasserteiche oder als Viehträn- aus Gründen der gärtnerischen Gestal- den soll. Am einfachsten ist der Fall ken in der Nähe der Bauernhöfe ange- tung, legen viele Gartenbesitzer einen zu lösen, wenn der Teich rein als „Bio- legt. Teiche entstanden auch als Folge „Biotopteich“ an, an dem sich bald die topteich“ betrachtet werden kann, weil des Abbaus von Mineralien. Überall Plattbauch-Libelle einstellt und die dann kann man der Sukzession freien im Burgenland gibt es Schotterteiche Springfrösche ihren Laich ablegen und Lauf lassen. Im schlimmsten Fall be- oder wassergefüllte Lehmgruben, aus dadurch für einen Schwarm an Kaul- darf es einiger Korrekturschritte, wie denen Rohstoffe für den Hausbau ge- quappen sorgen. der allfälligen Abfischung des Amur- wonnen wurden. Die meisten dieser Für den Naturschutz stellt sich die karpfens. Für die natürliche Gestaltung Teiche werden relativ bald von der re- bestehender Fischteiche gibt es im Bur-

gionaltypischen Flora und Fauna be- Kaulquappen in einer Schottergrube genland sogar eine Richtlinie. Bei der siedelt und stellen nach der Aufgabe (J. Tajmel) Widmung aufgelassener Abbaugruben sollte jedenfalls von der Seite des Na- turschutzes verstärkt die Nachnutzung „Naturschutz“ beantragt werden. So könnte der Mangel an Stillgewässern in der Kulturlandschaft wenigstens zum Teil ausgeglichen werden. Gene- rell gilt jedenfalls: Bei der Neuanlage von Stillgewässern ist von folgendem Grundsatz auszugehen: Erhalten geht vor Gestalten! Es darf keine Errichtung künstlicher Gewässer an Stelle wertvoller Lebens- räume erfolgen! Leider werden immer noch naturschutzfachlich wertvolle Feuchtwiesen aufgebaggert, um an ih- rer Stelle einen Teich anzulegen.

110 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Wenn diese Richtlinien respektiert arten, vor allem Goldfische, Goldor- werden, dann kann mit folgenden Leit- fen, Koi, Katzenwelse, Flussbarsche linien die Gestaltung eines Naturtei- oder Sonnenbarsche sollten keinesfalls ches erfolgen: eingesetzt werden, da diese als uner- müdliche Räuber alle Kaulquappen und Leitlinien zur Anlage und Pflege Wasserinsekten auffressen, einen gro- eines Naturteiches ßen Nahrungsumsatz haben und durch In den folgenden Punkten sollen die die Stickstofffreisetzung eine Überdün- wichtigsten Richtlinien für die Anlage gung des Kleingewässers verursachen. und Pflege eines Naturteiches aufgelis- Die kleinen Moderlieschen sind spezi- tet werden. alisiert auf kleine Oberflächentiere wie Gelsenlarven und helfen dadurch, eine ➤ Beschichtung und Abdichtung des Gelsenkalamität zu vermeiden. Teichbodens mit Lehm Lehm als Pflanzschicht ist ideal, aber ➤ Gestaltung von flachen Uferbe- als Dichtschicht zur Abdichtung des reichen Teichbodens ist Lehm insoferne nur Der größte Bereich der Ufer sollte als bedingt geeignet, als die Lehmschicht Flachufer ausgebildet sein. einerseits von Pflanzenrhizomen durchstoßen werden kann und ande- ➤ Stabilisierung von Steilufer Fischteiche ohne naurnahe Uferstrukturen rerseits sich nach dem Entleeren und Auch in kleinen Gewässern werden un- haben einen relativ geringen naturschutz- Austrocknen Trockenrisse bilden und befestigte Steilufer durch den stetigen ökologischen Wert (J. Tajmel) die Dichtigkeit verloren geht. Es sollte Wellenschlag abgeschwemmt. Mit ein- daher sicherheitshalber immer unter gebauten Weidenfaschinen kann das dem Lehm noch eine Plastikfolie ver- verhindert werden. Der Einbau von ➤ Bepflanzung der Uferbereiche legt werden. Blocksteinen, wie dies der Wasserbau mit Gehölz (regionaltypische Wei- leider noch immer praktiziert, sollte den oder Erlenarten) ➤ Ausreichende Tiefe unbedingt vermieden werden! Eine Gehölzbepflanzung in geschlos- Eine Tiefstelle im Teich von wenigs- senen Abschnitten sollte nur an einem tens einem Meter verhindert das voll- ➤ Natürliche Sukzession soll er- ausreichend großen Gewässer erfol- ständige Durchfrieren des Teiches und möglicht werden, gärtnerische Ge- gen. An einem kleinen Teich reicht sichert das Überleben der Teichbe- staltung ist beim Naturteich fehl am eine Kopfweide oder ein Röhrichtsaum wohner. Platz (Schilfrohr, jedoch möglichst kein Die Natur besiedelt den Lebensraum Rohrkolben) aus. ➤ Angemessener Fischbestand sukzessive mit den richtigen Pflanze- In einem Naturteich sollten keine oder narten. Zumindest Teilbereiche des ➤ Pufferzonen zu angrenzenden höchstens nur ganz bestimmte Fisch- Ufers sollten für die natürliche Suk- Acker und Siedlungsgebieten arten gehalten werden. Es sind dies zession erhalten werden. Naturteiche, Sofern möglich, sollte zwischen dem Arten, die auch in der Natur in Klein- die nicht vollständig bepflanzt sind, Teich und den umliegenden Agrar- gewässern vorkommen und an die haben als Lebensraum für Spezialisten flächen und Siedlungsgebieten eine Biotopform des Kleingewässers ange- eine wichtige Funktion. Die Gelb- und ausreichend breite Pufferzone beste- passt sind. Diese sind Moderlieschen, Rotbauchunke braucht diese offenen hen. Einerseits kann dadurch der Ein- Bitterling (mit mindestens einer Teich- Gewässer als Lebensraum und Laich- trag von Agrarchemikalien verhindert muschel) und Schlammpeizger. Diese gewässer und erfreut den Besitzer mit werden, andererseits vermeidet man Fischarten ertragen große Schwankun- ihren melodischen Rufen. Auch Laub- dadurch Konflikte mit naturentfrem- gen der Wassertemperatur und des frosch und Wechselkröte bevorzugen deten Anrainern, die einem Frosch- Sauerstoffgehalts. Alle anderen Fisch- offene Lacken. konzert nichts abgewinnen können.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 111 ➤ Sofern zulässig, keine Einzäunung längere Zeit aufhalten und auch fort- Treten zu viele Algen auf, dann ist das des Teichgeländes, um das Biotop pflanzen kann, kann auch ein relativ ein Zeichen dafür, dass viele minerali- für alle Tierarten zugänglich zu ma- kleiner Teich eine sehr wertvolle Rol- sche Nährstoffe im Wasser gelöst sind, chen le spielen. Besonders wertvoll ist ein diese nicht von den höheren Wasser- Die Einzäunung ist zum Schutz von solcher Teich, wenn er durch Migra- pflanzen aufgenommen werden und Kleinkindern oft erforderlich. Damit tionskorridore in Verbindung mit an- daher das Algenwachstum anregen. aber möglichst viele Tiere Zugang zum deren Stehgewässern, Flachmooren, Eine stärkere Bepflanzung des Teich- Teich haben, sollte ein Zaun mit mög- Sumpfwiesen und Bruch- und Auwäl- bodens und der Teichufer und die För- lichst großer Maschenweite (Weide- dern der Umgebung steht. Solche Kor- derung der Algenfresser (Besatz mit zaun) gewählt werden. ridore sind naturbelassene Gräben, die Wasserschnecken und Teichmuscheln) auch in das Pflegeprogramm der Na- können Abhilfe schaffen. Zuvor sollte ➤ Anlage von Lebensräumen im turschützerInnen aufgenommen wer- aber der Fischbestand soweit reduziert Umfeld (Altholzhaufen, Blumenwie- den sollten. werden, dass die Fische nicht mehr auf se, Hecke, …) die Fütterung des Pflegers angewie- Ein Teich stellt oft nur ein einzelnes Formen der Teichnutzung und sen sind. Sie sollten sich ihr Futter in Element in einem Komplex von not- Maßnahmen zur Entwicklung von Form von kleinen Wassertieren selbst wendigen Lebensraumtypen einer Naturräumen im Teich suchen. Die überzähligen Fi- Tierart dar. Die Amphibien brauchen sche können an andere Teichbesitzer Überwinterungsquartiere und einen Eine generelle Richtlinie für die Be- verschenkt oder, da sie ohnehin einer geeigneten Landlebensraum, die Li- treuung von Natur-Teichen autochthonen Art angehören, prob- bellen brauchen ein Jagdrevier und die Es ist unbedingt darauf zu achten, lemlos freigesetzt werden. Ringelnatter ihren Sonnenplatz. dass sich im Teich ein ausgewogenes In Öko-Badeteichen kann durch Verhältnis von Produzenten (Algen, den Betrieb des Skimmers eine derart ➤ Anlage eines Biotopverbundes Wasserpflanzen) und Konsumenten starke Wasserturbulenz erzeugt wer- Auch ein relativ großer Biotopteich (alle Tiere) einstellt und erhalten wird. den, dass das Zooplankton nicht in der wird nicht die Erhaltung einer be- Lage ist, sich zu entwickeln und die Al- drohten Art sichern können. Aber als gen daher von keinem Tier gefressen Biotopinsel, in der sich diese Art für Naturnah gestalteter Fischteich werden. Die chemischen Möglichkei- (K. Michalek) ten, diesem Problem zu begegnen, las- sen den Ökobadeteich als schlechten Witz erscheinen. Skimmer zurückdre- hen würde schon wirken.

Fischteiche Generell gilt für Fischteiche, dass in ei- nem Teich, der reich mit den natürli- chen Vegetationszonen ausgestattet ist, die Fütterung reduziert werden kann. Jede Fütterung führt zu einem Nähr- stoffeintrag in den Teich, fördert die Bildung von Faulschlamm, verändert das Verhalten der Fische, macht sie ab- hängig, stört natürliche Nahrungsket- ten (Gepp, Kauch 1984). Sämtliche Maßnahmen verlieren ihre Wirkung, wenn im Teich der Fischbestand zu groß ist. Leichte Ver-

112 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz besserungen am Teich können schon dazu beitragen, eine artgerechte und naturnahe Haltung des Fischbestandes zu gewährleisten. Für naturnahe Fischteiche gibt es im Burgenland eine Richtlinie, die sich nicht nur auf die Anlage, sondern vor allem auch auf die Erhaltung und die Bewirtschaftung bezieht. Die Regeln der Burgenländischen Landesregie- rung, Abteilung 5, Naturschutz, für die Anlage, Erhaltung und Nutzung naturnaher Fischteiche sind in folgen- den Punkten zusammengefasst: 1. Keine Haltung von Amur oder To- stolob in den Teichen (ein bereits vor- handener Bestand dieser Arten ist möglichst vollständig abzufischen); 2. Mindestgröße des gesamten Feucht- gebietes: 0,1 ha (an die offene Wasser- Die sogeannten Amurkarpfen sind Pflan- fläche angrenzende Röhrichtbereiche, 9. Zur Fütterung ist grundsätzlich Ge- zenfresser, welche die Röhrichtbestände Großseggenbestände und Sumpfwie- treide zu verwenden. Mischfutter darf am Ufer vollständig vernichten (J. Tajmel) sen können in diese Fläche von 0,1 ha lediglich im Bedarfsfall zur vorüber- eingerechnet werden); 6. Sonstige Chemikalien dürfen nur zur gehenden Konditionierung des Besat- 3. Schilf und Röhrichtbestände sowie Bekämpfung von Fischkrankheiten im zes im Frühjahr bis Ende Mai sowie im Sand und Schotterbänke sind vollstän- unbedingt notwendigen Ausmaß ver- Herbst ab September und zur Aufzucht dig zu erhalten und, soweit erforder- wendet werden; die Notwendigkeit ist der Karpfenbrut verwendet werden; lich, zu pflegen. Totes Astholz und / durch schriftliche Aufzeichnungen zu oder Rauhbäume sind als Fischunter- dokumentieren (Kontrollbericht eines Zierteiche stand oder zum Schutz von Uferberei- Tierarztes). Zierteiche sollen hübsch aussehen. chen im Teich zu belassen. Projektspezifische Auflagen: Dieser Anforderung kann aber auch 4. Es sind Aufzeichnungen über Fisch- 7. Nebennutzung der Teiche, wie z. ein mit einheimischen Pflanzen be- besatz (Art, Menge), Fütterung (Art, B. Wettfischen, Baden, Bootfahren standener Teich genügen. Dabei sollten Menge), Abfischungsergebnisse (Tag, und sonstige Freizeitnutzungen oder die Pflanzen jedoch aus dem Fachhan- Menge, Art), ev. vorliegende Unter- andere wesentliche Störungen des del bezogen werden, weil die dekora- suchungsergebnisse (Zufluss, Abfluss, Teichlebensraumes, die nicht in un- tiven Arten wie Froschbiss, Wasserfe- Teichwasser sowie Brunnen in der nä- mittelbarem Zusammenhang mit der der, Schwanenblume und Sumpfkalla heren Umgebung von Grundwassertei- Teichbewirtschaftung stehen, ist auf im Freiland bereits sehr selten sind chen) und Auftreten von Krankheiten die Bereiche außerhalb der Röhricht- und daher ein Ausgraben verboten und Fischfressern zu führen; zonen beschränkt. ist. Da das Wasser im Zierteich mög- 5. Keine Düngung des Teichwassers; 8. Auf zumindest 50 % der Uferlänge lichst immer klar sein sollte, wird kein Kalkgaben sind außerhalb der Produk- sind Flachwasserzonen, besiedelt mit Lehm eingebracht. Dadurch und we- tionszeit erlaubt. Umzäunungen sowie natürlicher Ufervegetation bestehend gen der ästhetischen Vorgaben ist eine sämtliche anderen Maßnahmen zur aus Schilf, sonstigem Röhricht oder freie Entwicklung der Vegetation in der Ausgrenzung und Abschreckung von Ufergehölzen (z. B. im Wasser wur- Regel nicht erwünscht. Dennoch kann Wildtieren dürfen nicht vorgenommen zelnde Weiden) zu erhalten oder an- ein etwas naturbelassener Zierteich als werden. zulegen. Trittstein-Biotop fungieren.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 113 Schwimmteiche Ob als Fischteich oder in einer Kyek, M. & Werner S. (1993): Amphibien- Die große Mode sind Schwimmteiche, Schottergrube, Teiche spielen in vie- schutz an Straßen in Österreich – Empfehlungen für den Straßenbau. – Studie im Auftrag des Mi- auch „Quaxi-Pools“ genannt. Eine gro- len Formen sehr wichtige ökologische nisteriums für wirtschaftliche Angelegenheiten. ße Röhrichtzone, in der alles mögliche Rollen in der Kulturlandschaft. Ihre Lazowki, W., Melanschek, G., (2002): Vege- Getier kreucht und fleucht, sorgt hier Bedeutung im Naturhaushalt kann tationsaufnahmen aus Auen des Südburgenlan- des (Südöstliches Alpenvorland, Österreich). für die Reinigung des Wassers. Den- durch eine ökologisch verträgliche Biologische Station Neusiedlersee. Biologisches noch kann es zur Wassertrübung Form der Nutzung wesentlich gestei- Forschungsinstitut für Burgenland, Bericht , 57, durch die Entwicklung planktischer gert werden und der ökologische As- 89 pp. Algen kommen. Das ist ganz natürlich pekt kann meistens in jedem Nutzteich Melanschek, G. & Petutschnischnig, W. (1991): Biotoperhebung Raabtal, unveröff. und entspricht dem sommerlichen Zu- beachtet werden. Tajmel, J. (2004): Laichwanderung der Am- stand eines Teiches in unserer Region phibien, – Straßenquerungen im Burgenland, und sollte einfach akzeptiert werden. Bericht 2003, Zusammenfassung 2001-2003, Amt der Burgenländischen Landesregierung, Leider haben es sich die Poolbesit- unveröff. zer anders vorgestellt und greifen, so Literatur: Tajmel, J.: www.fluesseverbinden.net/down- Biologie, Ökologie und Schutz wie im Schrebergarten auch, auf die Blab, J. (1986): load/Votrag_fuerstenfeld_naturschutz_tajmel. von Amphibien. 3. Auflage. Schriftenreihe für pdf.de.wikipedia.org/wiki/Stillgewässer Mittel der chemischen Kriegesfüh- Landschaftspflege und Naturschutz, Heft 18, 150 Tiedemann, F. & Häupl, M. (1994): Rote Liste pp., Kilda Verlag. Bonn, Bad Godesberg. rung zurück. Mit einem im Obstbau der in Österreich gefährdeten Kriechtiere (Rep- als Fungizid-Spritzmittel verwendeten Cabela, A. & Tiedemann, F. (1985): Atlas der tilia) und Lurche (Amphibia). In: Rote Listen ge- Amphibien und Reptilien Österreichs. Neue fährdeter Tiere Österreichs. Grüne Reihe des Kupferpräparat kann man die Algen Denkschriften des Naturhistorischen Museums Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und vergiften. Dabei sterben auch alle Was- in Wien. 4. Band, 80 pp., Verlag F. Berger & Söh- Familie, Band 2. 66–74. serschnecken. ne. Wien, Horn. Gepp, J. (1994): Rote Listen der gefährdeten Tie- Ob man dann noch von Ökoteich re Österreichs. – Grüne Reihe des Bundesminis- Kleingewässer, wie dieser Tümpel in sprechen sollte, bleibt eine Frage des teriums für Umwelt, Jugend und Familie, Verlag einem verwachsenen Abflussgraben, Ulrich Moser, Graz. Verständnisses. sind meistens sehr wertvolle Biotopte (J. Tajmel)

114 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 8. Ausgewählte Tiergruppen der Feuchtgebiete des Burgenlands

8.1 Zur Vogelwelt der Schwarzerlenwälder des Bezirks Oberwart im Südburgenland Klaus Michalek

Feuchtgebiete haben große Bedeu- tung als Grundwasser- und Trink- wasserspeicher, als passiver, umwelt- gerechter Hochwasserschutz, als Erholungsraum, für das Klima ihrer Umgebung, als naturnahe Vernet- zungsflächen und vor allem für den Natur- und Artenschutz. Feuchtge- biete sind Lebensraum für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten und damit ein zentraler Faktor für die Erhaltung der Biodiversität. Deshalb wurden im Zuge der Feuchtgebietsin- ventarisierung ausgewählte Pflanzen und Tiere, darunter auch die Vögel, mit aufgenommen. Unsere Kenntnis über die Zusammensetzung und Häufigkeit der Vogelwelt der Schwarzerlenwälder ist im Burgenland und auch im gesam- ten Österreich noch sehr unvollstän- dig. Deshalb wurden in dieser Arbeit exemplarisch für das gesamte Burgen- Die Verteilung der Schwarzerlenwälder land alle Schwarzerlenwälder im Bezirk im Bezirk Oberwart im Südburgenland fer (0,09 %), Baumpieper (0,09 %) und Oberwart in Bezug auf das Vorkom- Graureiher (0,19 %) kommen als Nah- men und den Status aller Vogelarten samt wurden 65 Vogelarten festgestellt. rungsgäste und Durchzügler, Wespen- ausgewertet. Da es sich hier um kei- Unter den in Österreich gefährdeten bussard (0,19 %), Dohle (0,19 %) und ne rein ornithologische Untersuchung Vogelarten kommen 13 Arten in den Bienenfresser (0,28 %) als Überflieger handelt, müssen viele Fragen, vor allem Schwarzerlenwäldern des Bezirkes vor. Die am häufigsten beobachteten hinsichtlich der genauen quantitativen Oberwart vor, der Kleinspecht (1,22 Vogelarten in Schwarzerlenwäldern Zusammensetzung der Vogelgemein- %) und der Eisvogel (0,19 %) unregel- waren Kohlmeise (10,12 %), Zilpzalp schaften, des Status und der Habitat- mäßig als Brutvögel. Der Halsband- (8,34 %), Buntspecht (8,25 %), Mönchs- nutzung der einzelnen Vogelarten, un- schnäpper (0,09 %) wurde am Rande grasmücke (6,09 %), Amsel (5,44 %), beantwortet bleiben. eines Erlenbruchwaldes am Übergang Buchfink (4,69 %), Rotkehlchen (3,94 In der folgenden Publikation wer- zu einem Hangwald singend (Revier %), Schwarzspecht (3,47 %), Goldam- den die Prozentsätze der Beobachtun- anzeigend) festgestellt. Die anderen mer (3,47 %) und Mäusebussard (3,19 gen der einzelnen Vogelarten bei zu- in Österreich gefährdeten Vogelarten %). Davon dürften außer dem Schwarz- fälligen einmaligen Begehungen in den wurden nur sehr selten als Nahrungs- specht und dem Mäusebussard alle einzelnen Schwarzerlenwälder-Polygo- gäste, Durchzügler oder Überflieger Arten in Schwarzerlenwäldern brü- nen angegeben. 1065 Vogelregistrie- beobachtet. Schwarzstorch (0,09 %), ten. Von der Leitartengruppe der Er- rungen bilden dabei die 100 %. Insge- Bekassine (0,09 %), Waldwasserläu- lenbruchwälder, die Flade (1994) für

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 115 Deutschland beschrieben hat, kommen kommt im Burgenland nur sehr selten Literatur: die Bodenbrüter des lichten Bestandes- als Durchzügler vor, konnte aber im Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaf- ten Mittel- und Norddeutschlands. Grundlagen inneren, nämlich Kranich und Wald- Zuge der Kartierung nicht beobachtet für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der schnepfe, in den Schwarzerlenwäldern werden. Von den Baumhöhlenbrütern, Landschaftsplanung. IHW-Verlag, Eching. des Bezirkes Oberwart als Brutvögel die Flade (1994) anführt, kommen hin- Zulka, K.-P. (2005): Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs. Checklisten, Gefährdungs- nicht vor. Von den Waldrandbrütern gegen mit Kleinspecht, Weidenmeise ursachen, Handlungsbedarf. Teil 1: Säugetiere, konnte der Schlagschwirl mit 1,12 % und Sumpfmeise alle drei Leitarten in Vögel, Heuschrecken, Wasserkäfer, Netzflügler, festgestellt werden. Der Sprosser, der in den Schwarzerlenwäldern des Bezirkes Schnabelfliegen, Tagfalter. Böhlau Verlag Wien – Köln – Weimar. deutschen Erlenbruchwäldern brütet, Oberwart als Brutvogel vor. Die Vogelwelt der Schwarzerlenwälder des Bezirkes Oberwart im Südburgenland Nr. Artname Anzahl % Gefährdung Nr. Artname Anzahl % Gefährdung 1 Graureiher 2 0,19 NT 34 Gelbspötter 2 0,19 LC 2 Schwarzstorch 1 0,09 NT 35 Klappergrasmücke 1 0,09 LC 3 Stockente 5 0,47 LC 36 Mönchsgrasmücke 65 6,09 LC 4 Wespenbussard 2 0,19 NT 37 Waldlaubsänger 1 0,09 LC 5 Sperber 5 0,47 LC 38 Zipzalp 89 8,34 LC 6 Mäusebussard 34 3,19 LC 39 Wintergoldhähnchen 2 0,19 LC 7 Turmfalke 10 0,94 LC 40 Sommergoldhähnchen 3 0,28 LC 8 Jagdfasan 10 0,94 LC 41 Halsbandschnäpper 1 0,09 NT 9 Bekassine 1 0,09 CR 42 Schwanzmeise 2 0,19 LC 10 Waldwasserläufer 1 0,09 CR 43 Sumpfmeise 20 1,87 LC 11 Lachmöwe 1 0,09 NT 44 Weidenmeise 19 1,78 LC 12 Hohltaube 1 0,09 NT 45 Haubenmeise 8 0,75 LC 13 Ringeltaube 24 2,25 LC 46 Tannenmeise 3 0,28 LC 14 Turteltaube 9 0,84 LC 47 Blaumeise 19 1,78 LC 15 Kuckuck 9 0,84 LC 48 Kohlmeise 108 10,12 LC 16 Eisvogel 2 0,19 VU 49 Kleiber 65 6,09 LC 17 Bienenfresser 3 0,28 VU 50 Waldbaumläufer 5 0,47 LC 18 Grünspecht 31 2,91 LC 51 Pirol 6 0,56 LC 19 Schwarzspecht 37 3,47 LC 52 Neuntöter 4 0,37 LC 20 Buntspecht 88 8,25 LC 53 Eichelhäher 28 2,62 LC 21 Kleinspecht 13 1,22 NT 54 Elster 4 0,37 LC 22 Baumpieper 1 0,09 NT 55 Dohle 2 0,19 NT 23 Gebirgsstelze 6 0,56 LC 56 Rabenkrähe/Nebelkrähe 6 0,56 LC 24 Bachstelze 4 0,37 LC 57 Kolkrabe 4 0,37 LC 25 Zaunkönig 32 3 LC 57 Star 7 0,66 LC 26 Rotkehlchen 42 3,94 LC 58 Feldsperling 2 0,19 LC 27 Schwarzkehlchen 1 0,09 LC 59 Buchfink 50 4,69 LC 28 Amsel 58 5,44 LC 60 Grünfink 7 0,66 LC 29 Wachholderdrossel 4 0,37 LC 61 Stieglitz 3 0,28 LC 30 Singdrossel 12 1,12 LC 62 Erlenzeisig 10 0,94 LC 31 Misteldrossel 6 0,56 LC 63 Gimpel 9 0,84 LC 32 Schlagschwirl 12 1,12 LC 64 Kernbeißer 1 0,09 LC 33 Sumpfrohrsänger 7 0,66 LC 65 Goldammer 37 3,47 LC 1067 Vogelregistrierungen … 100 % IUCN-Gefährdungskategorien nach der Roten Liste Österreichs (Zulka 2005): CR … Critically Endangered – Vom Aussterben bedroht VU … Vulnerable – Gefährdet NT … Near Threatened – Gefährdung droht LC … Least Concern – Nicht gefährdet 116 BurgenländischeFett markiert sind Feuchtgebietedie 10 häufigsten und Vogelarten ihre Bedeutung in Erlenwäldern. im Naturschutz 8.2 Die Heuschrecken (Saltatoria) – Habitatansprüche, Verbreitung und Gefährdung Emanuel Lederer

Von den 89 rezent im Burgenland nachgewiesenen Vertretern der Heuschrecken (Zuna-Kratky et al. 2009) sind 17 mehr oder weniger eng an Feuchtlebensräume gebunden. Die Gründe für ihr primäres Vorkommen in Feuchtlebensräumen sind unter- schiedlich, manchmal spielen auch mehrere Faktoren zusammen. Von großer Bedeutung sind bei bestimm- ten hygrophilen Arten z. B. eine gute Durchfeuchtung des Eiablagesubst- rates und eine hohe Luftfeuchtigkeit während der Embryonalentwicklung. Dies ist auf die Tatsache zurückzufüh- ren, dass ihre Eier während der Em- bryonalentwicklung verhältnismäßig viel Wasser aufnehmen müssen und Zwitscherschrecke (Tettigonia cantans) LC = Least Concern (Nicht gefährdet) vergleichsweise hohe Transpirationsra- (J. Weinzettl) DD = Data Deficient (Datenlage un- ten aufweisen. Unterschiedliche Tran- In den vier letztgenannten Fällen wird genügend) spirationsraten und Tracheendurch- auch von indirekter Hygrophilie ge- NE = Not Evaluated (Nicht eingestuft) messer bedingen weiters, dass Larven sprochen. Näheres dazu in Ingrisch und Imagines hygrophiler Arten bei & Köhler (1998). Im Folgenden wer- Langflügelige Schwertschrecke bestimmten Temperaturen und Was- den die 17 als hygrophil einzustufen- (Conocephalus fuscus) NT serdampfsättigungsgraden der Luft ak- den Heuschrecken des Burgenlandes Die sehr flugtüchtige Art ist 12-17 mm tiv andere Mikrohabitate aufsuchen als kurz beschrieben und hinsichtlich ih- lang und mit Ausnahme der braunen mesophile und xerophile Arten. Bei ei- rer Biotopansprüche, Verbreitung und Pronotumoberseite einheitlich hell- nigen Heuschrecken ist eine Bindung Gefährdungsursachen charakterisiert. grün. Die Weibchen besitzen eine an Feuchtlebensräume dadurch ge- Die Gefährdungskategorie, hinter dem lange, gerade Legeröhre. Als Imago geben, dass sie zur Eiablage Pflanzen wissenschaftlichen Namen angeführt, ist Conocephalus fuscus stark vertikal benötigen, die primär in aquatischen basiert auf der Roten Liste der Heu- orientiert und hält sich bevorzugt auf Lebensräumen vorkommen, bei an- schrecken Österreichs (Berg et al. den Stängeln von Hochstauden und deren dadurch, dass sie hier ihre be- 2005). hohen Gräsern auf, hinter denen sie vorzugte Nahrung finden (z. B. Moo- Den Kürzeln entsprechen folgende sich bei Störung geschickt zu verste- se, Algen). Von großer Attraktivität internationale und deutsche Bezeich- cken weiß. Die Eier werden v. a. in die können schließlich für einige geophile nungen: Stängel von Juncus effusus, Typhaspec. Arten die für bestimmte Feuchtbio- RE = Regionally Extinct (Regional aus- Lolium perenne, Carex spec. und Cirsi- tope (z. B. Sand- oder Schlammbän- gestorben oder verschollen) um oleraceum gelegt (vgl. Detzel 1998). ke an Gewässerufern, Regenwasser- CR = Critically Endangered (Vom Aus- Die Langflügelige Schwertschrecke sutten in Äckern) charakteristischen, sterben bedroht) besiedelt u. a. die Verlandungszonen geringen Vegetationsdeckungsgrade EN = Endangered (Stark gefährdet) von Gewässern, Hochstaudenfluren, sein sowie die gute Durchdringbarkeit VU = Vulnerable (Gefährdet) Großseggenriede, ein- bis zweischü- feuchter Substrate zwecks Anlage un- NT = Near Threatened (Gefährdung rige Feuchtwiesen und frische Wald- terirdischer Gänge und Brutkammern. droht) schläge, kommt bisweilen aber auch in

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 117 trockeneren Lebensräumen wie z. B. in Die Eiablage erfolgt in die Blattschei- auf. Ruspolia nitidula kommt schwer- verbrachten Halbtrockenrasen vor. Sie den und Stängel der bei Conocephalus punktmäßig im Süd- und Nordburgen- ist weitgehend über das gesamte Bur- fuscus genannten Pflanzen. Darüber land vor (Zuna-Kratky et al. 2009), wo- genland verbreitet, mit Schwerpunkt hinaus sind Phragmites spec., Cal- bei offensichtlich Unterschiede in der im nördlichen Landesteil (Zuna-Kratky la palustris (Fruchtstände), Phalaris Habitatbindung bestehen. Während et al. 2009). arundinacea, Glyceria maxima und die Art im illyrisch getönten Süden Sparganium erectum als Eiablagesub- des Landes faktisch in allen Lebensräu- Kurzflügelige Schwertschrecke strate nachgewiesen (vgl. Detzel 1998). men der offenen Kulturlandschaft an- (Conocephalus dorsalis) EN Conocephalus dorsalis scheint enger an zutreffen ist (Braun et al. 1995), scheint Die Art unterscheidet sich von der Feuchtgebiete gebunden zu sein als Co- sie im pannonischen Raum enger an vorangehenden primär durch die kür- nocephalus fuscus und empfindlicher Feuchtbiotope gebunden zu sein (Berg zeren, nur bis zur Abdomenmitte rei- auf Entwässerung, Verbrachung bzw. & Zuna-Kratky 1997). Der Verlust an chenden Flügel und die kürzere, deut- Ruderalisierung zu reagieren. Die Ver- Feuchtwiesen und Veränderungen des lich aufwärts gebogene Legeröhre. breitungsschwerpunke liegen im Neu- Wasserhaushaltes zählen hier zu den siedler See-Gebiet sowie in den Bezir- wichtigsten Gefährdungsursachen. ken Güssing und Jennersdorf, wobei in Mit dem geraden Ovipositor legt das ersterem Fall primär die Verlandungs- Sumpfgrille Weibchen der Langflügeligen Schwert- schrecken die Eier in Pflanzenstengel und zonen des Sees und der Lacken, in (Pteronemobius heydenii) VU Blattscheiden (J. Weinzettl). zweiterem Fall Großseggenriede (z. B. Mit 6-7 mm Körperlänge ist sie deut- Bocksdorfer Großseggensumpf) und lich kleiner als die allseits bekannte Rohrglanzgrasbestände besiedelt wer- Feldgrille (Gryllus campestris). Sie tritt den (Lederer 2004, Zuna-Kratky et al. in einer rötlich- bis gelblichbraunen 2009). Bei beiden Conocephalus-Arten und einer schwarzen Morphe auf. Die wirkt sich angesichts ihrer vergleichs- Flügel reichen bis zur Abdomenmit- weise späten Entwicklung und entspre- te, bei hoher Populationsdichte kön- chend späten Eiablage eine herbstliche nen mitunter aber auch makroptere, Mahd negativ auf die Bestandsdichte flugfähige Individuen beobachtet wer- aus. Eine Gefährdung besteht primär den. Die geophile Art kommt schwer- durch die Zerstörung von Feuchtle- punktmäßig in den Bezirken Güssing bensräumen. Im Südburgenland sind und Jennersdorf sowie im Neusiedler großflächige Habitatverluste durch See-Gebiet vor (Lederer 2004, Zu- Aufforstung und Verbuschung zu be- na-Kratky et al. 2009). Ausschlagge- obachten (Lederer 2004). bend für ein Vorkommen sind u. a. eine gute Durchfeuchtung des Bodens Große Schiefkopfschrecke während der Larvalentwicklung und (Ruspolia nitidula) NT eine aufgelockerte Vegetationsdecke. Die Art ähnelt im Habitus den beiden Während die Sumpfgrille im pannoni- Vertretern der Gattung Conocephalus, schen Raum mehr oder weniger eng an mit denen sie auch nahe verwandt ist. Feuchtwiesen und Verlandungszonen Mit 20-34 mm Körperlänge ist sie je- gebunden ist (Kaltenbach 1962), sind doch deutlich größer. Die Flügel errei- im Südburgenland auch frische bis ver- chen doppelte Abdominallänge und nässte Äcker und Brachen, Gräben und überdecken beim Weibchen die lange, Schottergruben von Bedeutung (Lede- gerade Legeröhre. Meist sind die Tie- rer 2004). Zu den wichtigsten Gefähr- re grün gefärbt, in geringer Zahl (vgl. dungsursachen zählen Entwässerung, Braun et al. 1995) treten aber auch hell- Verbrachung von Feuchtwiesen und braune bis schiefergraue Exemplare das Zuschütten von Flutmulden.

118 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Südliche Grille (Eumodicogryllus tungsschwerpunkte liegen im Neu- bordigalensis) DD siedler See-Gebiet sowie in den Bezir- Mit einer Körperlänge von 11-14 mm ken Güssing und Jennersdorf (Lederer handelt es sich hier um einen mittel- 2004, Zuna-Kratky et al. 2009). Melio- großen Vertreter der Gryllidae. Die ration und der Verlust an Dauergrün- Art ist durch ausgedehnte helle Zeich- land sind zweifelsohne die gravierends- nungen auf dem überwiegend dunk- ten Gefährdungsursachen. len Körper charakterisiert und besitzt Flügel, die fast bis zur Abdomenspitze Säbeldornschrecke reichen. Sie wurde v. a. in der Leitha- (Tetrix subulata) LC niederung, am Westufer des Neusiedler Bei diesem Vertreter der Tetrigidae Sees und im Seewinkel nachgewiesen ragt das für die Familie typische, zu (Zuna-Kratky et al. 2009). In den Ha- einem Dorn verlängerte Halsschild bitaten ist eine enge Bindung an lücki- bis weit über das Abdomenende hin- ge Vegetation und ein gut ausgeprägtes aus. Die sehr langen Flügel verleihen Hohlraumsystem des Bodens erkenn- den Tieren ein gutes Flugvermögen. bar. Neben Bahndämmen werden vor Die Körpergröße schwankt zwischen allem periodisch überschwemmte oder 7 und 12 mm. Die geophile Art ist in gut durchfeuchtete Böden besiedelt, die allen Teilen des Burgenlandes nachge- beim Auftrocknen Trockenrisse entste- wiesen, der Verbreitungsschwerpunkt hen lassen (Berg & Zuna-Kratky 1997). scheint jedoch im Südburgenland zu Im Seewinkel sind dies v. a. die Verlan- liegen (Lederer 2004, Zuna-Kratky et dungszonen der Lacken mit einem al. 2009). Hier werden zwar nicht nur lückigen Bewuchs aus Bolboschoenus Feuchtlebensräume besiedelt, die Vor- maritimus, Schoenoplectus tabernae- liebe für schütter bewachsene Flächen montani u. a. Wichtigste Gefährdungs- bzw. Bereiche mit geringem horizonta- Die Große Schiefkopfschrecke (Weib- ursache ist hier der mit der Grundwas- len Raumwiderstand bedingt aber oft chen) verdankt ihren Namen der charak- serspiegelabsenkung einhergehende ein Vorkommen in diesen. Klassische teristischen Kopfform (J. Weinzettl). Verlust an Salzstandorten. Mikrohabitate sind z. B. Sand- und Schlammbänke an Flüssen, Traktor- Pfeifengraswiese mit Fragmenten der Maulwurfsgrille fahrrinnen auf Feldwegen, Regenwas- Puccinellia-Aster-Assozioation er- (Gryllotalpa gryllotalpa) NT sersutten in Äckern, Hangwasseraus- wähnt (Kaltenbach 1962, Schmidt & Mit einer Körperlänge von bis zu 50 tritte oder Grabenböschungen mit Schach 1978, Schmidt 1987). Tetrix mm zählt die Maulwurfsgrille zu den einer dichten Auflage aus liegendem bolivari ist vor allem durch die Ver- größten heimischen Heuschrecken. Mähgut. brachung und Verschilfung von Salz- Sie ist an ihrer einheitlichen braunen wiesen und Lackenufern bedroht, die Färbung und den zu Grabschaufeln Bolivars Dornschrecke zahlreichen Beweidungsprojekte im umgewandelten Vorderbeinen gut zu (Tetrix bolivari) CR Neusiedler See-Gebiet könnten ihr erkennen. Die großteils unterirdische Diese pontomediterrane Art ähnelt aber durchaus entgegenkommen. Lebensweise bedingt eine Vorliebe für sehr der vorangegangenen, ihr Mittel- lockere, gut durchfeuchtete Böden. schenkel weist jedoch einen gewellten Gefleckte Grabschrecke (Xya Nachweise gelingen meist nur über den Unterrand auf. Sie wird als hygrophil variegata) DD und Pfändlers nächtens vorgetragenen, monotonen, eingestuft und ist in Österreich aktu- Grabschrecke (Xya pfaendleri) EN surrenden Gesang. Ehemals sogar als ell fast nur aus dem Seewinkel bekannt Diese beiden nahe verwandten und nur Schädling in großer Zahl auftretend, (Zuna-Kratky et al. 2009). Als Habita- schwer voneinander zu unterscheiden- ist sie heute auch im Burgenland nur te werden z. B. eine Kiesgrube, ein den Grabschrecken zählen mit einer noch regional verbreitet. Die Verbrei- Niedermoor, eine Zicklacke und eine Körpergröße von 4-6,5 mm zu den

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 119 kleinsten heimischen Heuschrecken. Flachuferbereiche, eine Aufforstung die Verbrachung bzw. Verschilfung von Ihre Körper weisen eine dunkelbraune von Böschungen und eine starke Tritt- Feuchtwiesen und Lacken infolge Nut- bis schwarze Grundfärbung und in un- belastung der Uferzonen einher. zungsaufgabe, Entwässerung, Grund- terschiedlicher Ausdehnung gelbliche wasserspiegelabsenkung und Entsal- bis weißliche Zeichnungen auf. Auf- Grüne Strandschrecke zung bedroht. fällig sind die extrem verdickten Hin- (Aiolopus thalassinus) EN terschenkel, ein kugelförmiges, hin- Die Grüne Strandschrecke erreicht Pannonische Strandschrecke ten und vorne abgestutztes Halsschild im männlichen Geschlecht eine Län- (Epacromius coerulipes) CR sowie die kurzen, stark chitinisierten ge von 15-19 mm, im weiblichen von Die Pannonische Strandschrecke er- Vorderflügel. Während Xya pfaendleri 21-29 mm. Kennzeichnend sind neben reicht im männlichen Geschlecht im Süd-, Mittel- und Nordburgenland einer meist grünen, seltener braunen, eine Länge von 14-25 mm, im weib- nachgewiesen wurde, ist Xya variegata Grundfärbung lange, das Abdomen lichen von 22-32 mm. Der Körper hat lediglich aus dem Bezirk Neusiedl be- überragende Deckflügel, die oft eine eine graubraune Grundfärbung. Die kannt (Berg et al. 2000, Lederer 2004, dunkle Fleckung aufweisen, sowie röt- das Abdomen überragenden Elytren Zuna-Kratky et al. 2009). Beide Arten liche, basal schwarz und weiß geringel- sind heller, durchscheinend, braun besiedeln hauptsächlich Sand-, Schot- te Hinterschienen. Die sehr flugtüchti- gesprenkelt, aber ohne dunkle Quer- ter- und Lehmgruben sowie Fischtei- ge und ausgeprägt geophile Art kommt binden. Die Art kommt nur im Neu- che, die aus Nassbaggerungen hervor- im Burgenland schwerpunktmäßig im siedler See-Gebiet bzw. im westlichen gegangen sind. Xya pfaendleri konnte Neusiedler See-Gebiet bzw. Seewin- Teil des Seewinkels vor und zeigt eine weiters im Seewinkel an Lacken und kel vor (Zuna-Kratky et al. 2009). Hier enge Bindung an Salzstandorte (Zuna- bei in ihrem vermut- ist sie ein Charaktertier von Verlan- Kratky et al. 2009). Sie besiedelt typi- lich ursprünglichen Habitat, auf einer dungs- und Salzwiesen, die aufgrund scherweise wechselfeuchte Salzwiesen Sand- und Schotterbank der unregu- von regelmäßiger Überstauung, ho- und Hutweiden sowie trockengefallene lierten Raab, nachgewiesen werden hem Salzgehalt und Beweidung eine Lackenböden. Die geophilen Tiere be- (Berg et al. 2000, Lederer 2004, Zu- lückige Vegetation bzw. offene Boden- vorzugen offene Bodenstellen mit ge- na-Kratky et al. 2009). Die Tiere leben stellen aufweisen. Einzelne Nachweise ringem horizontalen Raumwiderstand, meist nahe der Wasserlinie auf fein- liegen auch aus Kiesgruben vor und in dringen mitunter aber auch in höhe- körnigem, feuchtem und nur schütter sommerlichen Dürreperioden werden re Vegetation vor (Kaltenbach 1962, bewachsenem Substrat, in das sie auch gerne die trockenfallenden Lackenbö- Schmidt & Schach 1978, Schmidt 1987, ihre Wohnröhren graben. Die Nahrung den von den Uferzonen aus besiedelt Karner 1992). Hinsichtlich der Gefähr- besteht hauptsächlich aus Algen. Bei- (Kaltenbach 1962, Schmidt & Schach dung gelten die bei Aiolopus thalassi- de Arten sind primär durch die Wie- 1978, Schmidt 1987, Karner 1992). Aio- nus genannten Ursachen. derauffüllung ausgebeuteter Schotter- lopus thalassinus ist vor allem durch gruben sowie deren Nachnutzung als Sumpfschrecke Fischteiche gefährdet. In letzterem Fall Die Sumpfschrecke (Weibchen) zählt zu (Stethophyma grossum) VU gehen damit meist eine Zerstörung der den Arten mit der engsten Bindung an Die Art weist eine olivgrüne bis braune Feuchtlebensräume (J. Weinzettl). Grundfärbung auf, ist jedoch vor al- lem im weiblichen Geschlecht oft sehr variabel gefärbt. Kennzeichnend sind ein gelblicher Streifen am Unterrand der Deckflügel, ein meist roter Un- terrand der Hinterschenkel, schwar- ze Dornen auf den Hinterschienen und ein unverwechselbarer Gesang, der an das Knipsen von Fingernägeln erinnert. Die Größe der Männchen schwankt zwischen 12 und 25 mm,

120 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz jene der Weibchen zwischen 26 und 39 mm. Abgesehen von einzelnen Re- liktvorkommen im Verlandungsbe- reich des Neusiedler Sees konnte die Sumpfschrecke ausschließlich im Süd- burgenland nachgewiesen werden (Le- derer 2004, Zuna-Kratky et al. 2009). Hier ist sie v. a. ein Charaktertier von ein- bis zweischürigen Bachkratzdis- telfeuchtwiesen (Cirsietum rivularis). Der hohe Feuchtigkeitsbedarf der Eier während der Embryogenese (Ingrisch 1983a in Detzel 1998) bedingt vielfach auch ein Vorkommen von Flutmul- den im Habitat. Die Tiere reagieren angesichts hoher Transpirationsra- ten empfindlich auf die abrupte Mahd Die Lauchschrecke (Weibchen) zählt von 17-23 mm. Die Deckflügel rei- großer Flächen (Kiel 1999) und wei- zu den flugtüchtigsten heimischen chen bei den Männchen fast bis zur Heuschrecken (J. Weinzettl). chen, sofern noch vorhanden, in un- Abdomenspitze, bei den Weibchen gemähte Wiesen, Hochstaudenfluren bis zur Abdomenhälfte. Die Tiere sind und Großseggenriede aus. Wichtigste Zuna-Kratky et al. 2009). Hier ist die sehr variabel grün, gelb, braun und Gefährdungsursachen sind Meliorati- Lauchschrecke ein typischer Bewohner schwärzlich gefärbt. Der Sumpfgras- on, Wiesenumbruch, Fragmentierung wechselfeuchter, ein- bis zweischüri- hüpfer zählt in Europa zu den Arten des Lebensraumes, zu intensive und ge Mähwiesen, erreicht aber auch in mit der am stärksten ausgeprägten Hy- häufige Mahd sowie das Zuschütten trockeneren Fettwiesen und Fettbra- grophilie, was primär auf die geringe feuchter Senken. chen sowie in Kleefeldern beachtliche Trockenresistenz der Eier zurückzu- Dichten. Vermutlich spielen bei Me- führen ist (Ingrisch 1983b in Detzel Lauchschrecke costethus parapleurus die Vegetati- 1998). Er tritt in allen Teilen des Bur- (Mecostethus parapleurus) NT onsstruktur und das damit verbunde- genlandes auf, allerdings oft nur sehr Die Körperlänge dieser sehr flugtüch- ne Mikroklima eine größere Rolle als punktuell in isolierten, weit vonein- tigen Art variiert im männlichen Ge- die Bodenfeuchte (Landmann 1993). ander entfernten Vorkommen (Zuna- schlecht zwischen 17 und 23 mm, im Wie bei der Sumpfschrecke tendie- Kratky et al. 2009). So wurde er z. B. in weiblichen zwischen 28 und 32 mm. ren jedenfalls sowohl Larven als auch den Bezirken Güssing und Jennersdorf Die meist hellgrün, bisweilen aber auch Imagines unmittelbar nach der Mahd lediglich im Naturschutzgebiet Auwie- olivgrün oder braun gefärbten Tie- dazu, in angrenzende, ungemähte bzw. sen Zickenbachtal bei Rohr gefunden re sind neben ihren braunen Flügeln hochwüchsige Flächen auszuweichen. (Lederer 2004). Zusammenhängendere vor allem an einem schwarzen Streifen Neben Lebensraumvernichtung und Bestände finden sich noch in den Ver- zu erkennen, der sich vom Auge über Melioration ist daher die zunehmende landungswiesen des Neusiedler Sees den Pronotumseitenrand bis fast zur Fragmentierung von feuchtem Dauer- (Karner et al. 1992). Da Chorthippus Deckflügelmitte zieht. Hinsichtlich der grünland die wichtigste Gefährdungs- montanus dichte, hochwüchsige Vege- Verbreitung im Burgenland sind deut- ursache. tationsformen sowohl als Lebensraum liche zonale Unterschiede erkennbar. als auch als Eiablagesubstrat meidet Während aus der pannonisch getönten Sumpfgrashüpfer (Reise 1970 und Fröhlich 1994 in Det- nördlichen Landeshälfte nur vereinzel- (Chorthippus montanus) NT zelL 1998), stellt die Verbrachung von te Nachweise vorliegen, ist die illyrisch Der Sumpfgrashüpfer erreicht im Feuchtwiesen neben Melioration und beeinflusste Südhälfte mehr oder we- männlichen Geschlecht eine Körper- Habitatfragmentierung eine der wich- niger dicht besiedelt (Lederer 2004, länge von 13-16 mm, im weiblichen tigsten Gefährdungsursachen dar.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 121 Weißrandiger Grashüpfer wechselfeuchtes Dauergrünland stellt Braun, B., Lederer, E., Sackl, P. & Zechner, L. (1995): Verbreitung, Phänologie und Habi- (Chorthippus albomarginatus) jedoch das wichtigste Habitat dar und tatansprüche der Großen Schiefkopfschrecke, NT und Weißfüßiger Grashüpfer beherbergt auch die größten Bestän- Ruspolia nitidula SCOPOLI, 1786, in der Stei- (Chorthippus oschei) NE de. Darüber hinaus werden Kleefelder, ermark und im südlichen Burgenland (Saltato- ria, Tettigoniidae). Mitt. Abt. Zool. Landesmus. Diese beiden sehr nahe miteinander Ackerbrachen, Ruderalfluren, Raine Joanneum, 49: 57-87. verwandten Arten lassen sich am ehes- und grasige Feldwege besiedelt (Karner Detzel, P. (1998): Die Heuschrecken Baden- ten anhand ihres Balzverhaltens bzw. et al. 1992, Berg & Zuna-Kratky 1997, Württembergs. 580 pp., Ulmer, Stuttgart. Ingrisch, S. & Köhler, G. (1998): Die Heuschre- Balzgesangs unterscheiden (Vedenina Lederer 2004). Entscheidend für ein cken Mitteleuropas. Neue Brehm-Bücherei, 629, & Helversen 2009). Kennzeichnend Vorkommen ist vor allem eine lückige 460 pp., Westarp Wissenschaften, Magdeburg.. ist im männlichen Geschlecht die ge- Grasnarbe, die eine gute Besonnung Kaltenbach, A. (1962): Zur Soziologie, Etholo- schwungene Radialader im Deckflügel, des Bodens gewährleistet. Neben Me- gie und Phänologie der Saltatoria und Dictyop- tera des Neusiedlerseegebietes. Wiss. Arb. Bur- im weiblichen Geschlecht ein heller lioration und Lebensraumvernichtung genland, 29: 78-102. Längsstreifen im Costalfeld. Chorthip- stellt daher die zunehmende Verbra- Karner, E. (1992): Die Heuschrecken des Illmit- pus oschei weist darüber hinaus meist chung von feuchtem Dauergrünland zer Seedammes (unpubl.), 37 pp. Karner, E., Ranner, A. & Zuna-Kratky, T. helle Antennenspitzen und Tarsalglie- die wichtigste Bedrohung dar. (1992): Zur Heuschreckenfauna der Zitzmanns- der auf. Die Körperlänge schwankt dorfer Wiesen und des angrenzenden Seedam- bei den Männchen zwischen 13 und Literatur: mes (Neusiedler See, Burgenland). BFB-Ber., 78: Berg, H.-M. & Zuna-Kratky, T. (1997): Rote 31-46. 15 mm, bei den Weibchen zwischen Listen ausgewählter Tiergruppen Niederöster- Kiel, E.-F. (1999): Heuschrecken und Mahd. 18 und 21 mm. Da eine saubere Tren- reichs – Heuschrecken und Fangschrecken (In- Empfehlungen für das Pflegemanagement in nung der beiden Arten im Zuge von secta: Saltatoria, Mantodea). 1. Fassung 1995, Feuchtwiesenschutzgebieten. LÖBF-Mitt., 3: 112 pp. NÖ Landesregierung, Abteilung Natur- 63-66. Kartierungen erst seit einigen Jahren schutz, Wien. Lederer, E., (2004): Autökologische Untersu- erfolgt, sind wir über deren Verbrei- Berg, H.-M., Gross, H. & Paill, W. (2000): Die chungen an Heuschrecken, Saltatoria und Fang- tung im Burgenland nur unzureichend Dreizehenschrecke Xya variegata LATREILLE, schrecken (Mantodea) im südlichen Burgenland. 1809 (Orthoptera: Tridactylidae), neu für Ös- informiert. Die bisherigen Ergebnis- Diplomarbeit an der Naturwissenschaftlichen terreich. Beiträge zur Entomofaunistik 1: 3-8. Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz, 119 se deuten jedenfalls darauf hin, dass Berg, H-M, Bieringer, G. & Zechner, L. (2005): pp u. Anhang. Chorthippus albomarginatus die nörd- Rote Liste der Heuschrecken (Orthoptera) Ös- Landmann, A. (1993): Die Heuschrecken der terreichs. In: Rote Listen gefährdeter Tiere Ös- liche, Chorthippus oschei hingegen pri- Nordtiroler Trockenrasen. Mit einer Analyse des terreichs, Grüne Reihe 14/1, 167-209. Bundes- Zustandes und der Gefährdung der Trockenbio- mär die südliche Landeshälfte besie- minist. f. Land- u. Forstwirtschaft, Umwelt und tope und einer allgemeinen Übersicht über die delt. (Zuna-Kratky et al. 2009). Beide Wasserwirtschaft (Hrsg.), Wien. Böhlau Verlag Heuschrecken Nordtirols (Artenbestand, Ver- Wien, Köln, Weimar. breitung und Gefährdung). Studie im Auftrag Arten sind zwar nicht eng an Feucht- der Tiroler Landesregierung, Innsbruck, 182 pp. lebensräume gebunden, frisches bis Weissrandiger Grashüpfers (Weibchen) Schmidt, G. Schach, H. & G. (1978): Biotop- (J. Weinzettl) mäßige Verteilung, Vergesellschaftung und Stri- dulation der Saltatorien in der Umgebung des Neusiedlersees. Zoologische Beiträge N.F. 24 (2): 201-308. Schmidt, G. H. (1987): Nachtrag zur biotopmä- ßigen Verbreitung der Orthopteren des Neusied- lersee-Gebietes mit einem Vergleich zur unga- rischen Puszta. Burgenländische Heimatblätter 49 (4): 157-182. Vedenina, V. von Helversen, Y.& O. (2009): A re-examination of the taxonomy of the Chorthippus albomarginatus group in Europe on the basis of song and morphology (Orthoptera: Acrididae). Tijdschrift voor Entomolgie 152: 65- 97, Figs 1-81. Zuna-Kratky, T., Karner-Ranner, E., Lederer, E., Braun, B., Berg, H.-M., Denner, M., Bierin- ger, G., Ranner, A. & Zechner, L. (2009): Ver- breitungsatlas der Heuschrecken und Fangschre- cken Ostösterreichs. Verlag Naturhistorisches Museum Wien, Wien. 304 pp.

122 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 8.3 Tagfalter-Charakterarten in Feuchtgebieten des Burgenlandes Helmut Höttinger

Tagfalter gelten als gute Bioindika- Tagfalter-Charakterarten in Feuchtgebieten des Burgenlandes toren zur Beurteilung der Qualität von Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Gefährdungsgrad* Lebensräumen. Dies gilt insbesondere Großes Wiesenvögelchen Coenonympha tullia Ausgestorben auch für Feuchtgebiete. Von den 143 Randring-Perlmutterfalter Boloria eunomia Ausgestorben Tagfalterarten (Lepidoptera: Papilio- Goldener Scheckenfalter Euphydryas aurinia Ausgestorben noidea & Hesperioidea), welche bisher Lungenenzian-Ameisen-Bläuling Maculinea alcon Vom Aussterben bedroht im Burgenland nachgewiesen wurden Baldrian-Scheckenfalter Melitaea diamina Stark gefährdet (Höttinger, unveröffentlicht), können Heilziest-Dickkopffalter Carcharodus floccifera Stark gefährdet neun als Charakterarten von Feucht- Heller Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling Maculinea teleius Gefährdet gebieten angesehen werden (siehe Ta- Dunkler Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling Maculinea nausithous Gefährdet belle). Charakterarten sind Arten, die Mädesüß-Perlmutterfalter Brenthis ino Gefährdet in einem größeren Gebiet ganz oder Deutsche und wissenschaftliche Namen nach Höttinger & Pennerstorfer (2005), * Gefährdungskategorien der Roten Liste der Tagfalter des Burgenlandes nach Höttinger (unveröffentlicht). vorzugsweise in einem bestimmten Biotoptyp vorkommen. Die meisten dieser Charakterarten gelten als prio- zahl von Gefährdungsursachen stark ritäre Zielarten des Naturschutzes und zurückgedrängt oder erst kürzlich kommen im Burgenland nur mehr in ausgerottet worden (Goldener Sche- wenigen Populationen und auf kleinen ckenfalter). Da alle diese Arten rela- Flächen vor. Als Zielarten werden da- tiv standorttreu bis sehr standorttreu bei Arten verstanden, die im Zentrum sind, wirkt sich die Zerstörung der von Artenschutzbemühungen stehen Habitate meist besonders negativ aus, und in einer Region vorrangig zu er- da auf Grund der geringen Ausbrei- halten und zu fördern sind (Höttinger tungsfähigkeit eine Wiederbesiedlung 2002). (potenziell) geeigneter Habitate aus Diese Charakterarten werden im angrenzenden Populationen – sofern Folgenden kurz besprochen, wobei als solche überhaupt noch vorhanden sind aktuelle Funde alle Nachweise aus dem – sehr erschwert oder gar unmöglich Zeitraum 1980 bis 2011 gelten. gemacht wird. Es ist daher ein abso- Das Große Wiesenvögelchen lutes Gebot der Stunde, den Restvor- Goldener Scheckenfalter (Euphydryas (Coenonympha tullia) kam nur sehr kommen dieser Arten (und seien sie aurinia) (J. Pennerstorfer) lokal an wenigen Stellen vor und ist noch so klein) umfassende Schutz- und auf Grund der Zerstörung seiner Le- Pflegemaßnahmen zukommen zu las- Goldener Scheckenfalter bensräume spätestens in den 1960er sen! Als erster wichtiger Schritt dazu Der Goldene Scheckenfalter ist im An- Jahren im Burgenland ausgestorben sollten in Schutzgebieten (inklusive hang II der FFH-Richtlinie verzeichnet (Details vgl. Höttinger 2004). Den Natura 2000-Gebieten) die Manage- und kam bis vor kurzem noch in ei- Randring-Perlmutterfalter (Boloria ment- und Pflegepläne möglichst par- ner Population im Natura 2000-Gebiet eunomia) ereilte – obwohl erst 1990 zellenscharf auf die Ansprüche dieser „Südburgenländisches Hügel- und Ter- an einer einzigen Stelle im Burgen- Feuchtgebiets-Charakterarten abge- rassenland“ vor. Der letzte Nachweis land entdeckt (Timpe & Timpe 1990) stimmt werden. Auch außerhalb von aus dem Burgenland stammt aus dem – bereits einige Jahre später dasselbe Schutzgebieten verdienen Vorkommen Jahr 2004. Seitdem wurde die Art trotz Schicksal (Höttinger, unveröffentlicht). dieser Arten prioritären Schutz. Zu- oftmaliger gezielter Nachsuche nicht Die restlichen sieben Arten waren dem sind alle Vorkommen, insbeson- mehr gefunden und muss daher wohl im Burgenland früher wesentlich wei- dere jene der FFH-Arten, einem regel- als ausgestorben gelten (vgl. Höttinger ter verbreitet und sind durch eine Viel- mäßigen Monitoring zu unterziehen. 2004a, 2007, 2008).

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 123 Die Art besiedelte im Burgenland ausschließlich magere, extensiv ge- nutzte Feuchtgebietskomplexe, insbe- sondere Sumpf- und Feuchtwiesen und deren junge Brachestadien. Die Raupen entwickelten sich dort an Teufelsabbiß (Succisia pratensis). Die Gefährdungsfaktoren, die zum Aussterben im Burgenland geführt haben, sind vielfältig und zahlreich: Zerstörung von Feuchtgebieten (Um- bruch, Entwässerung, Aufforstung, Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea dia- Die Art besiedelt ausschließlich ex- Überschüttung, Verbauung), Eutro- mina) (J. Pennerstorfer) tensiv genutzte, nährstoffarme Sumpf- phierung, ungünstige Bewirtschaftung und Feuchtwiesen (insbesondere deren (Intensität, Termine), Intensivierung land nur mehr in einer Population in junge Brachestadien) mit Vorkommen der Grünlandnutzung, zu starke Ver- der Bewahrungszone Zitzmannsdorfer des Lungenenzians (Gentiana pneu- brachung und Verbuschung der Habi- Wiesen im Nationalpark Neusiedlersee monanthe), der im Burgenland einzi- tate und deren zunehmende Fragmen- - Seewinkel vor. Diese Population wur- gen Raupennahrungspflanze. Die Rau- tierung und Verinselung. Eine Vielzahl de kürzlich zur Typenpopulation die- pen fressen zuerst einige Wochen an negativer Eingriffe (z. B. als direkte ser Art erklärt und ist somit von inter- Lungenenzian und vollenden ihre Ent- oder indirekte Folge von Kommassie- nationaler Bedeutung (vgl. Höttinger wicklung zum fertigen Schmetterling rungen, welche in Natura 2000-Gebie- 2008)! Allerdings ist die Pflege der be- in Ameisennestern bestimmter Knote- ten des Burgenlandes ohne fachlich siedelten und potenziell besiedelbaren nameisen (im Burgenland wahrschein- fundierte FFH-Verträglichkeitsprüfun- Habitate noch verbesserungsbedürftig. lich hauptsächlich Myrmica scabrino- gen durchgeführt wurden und werden) Erste positive Schritte dazu erfolgten dis), wo die Raupen räuberisch leben. in die letzten besiedelten Lebensräume 2011, wo ein noch größerer Anteil der Diese spezielle Lebensweise ist auch und deren Umgebung haben das Aus- Fläche als bisher auf den Zitzmanns- ein Grund für die starke Gefährdung sterben im Burgenland beschleunigt dorfer Wiesen erst im Herbst gemäht dieser Schmetterlingsart. Grundsätz- oder gar erst herbeigeführt! wurde. lich bestehen folgende Gefährdungs- ursachen, welche auch zum Ausster- Lungenenzian-Ameisen-Bläuling: ben im Südburgenland geführt haben: Der standorttreue Lungenenzian- Ehemaliger Lebensraum des Goldenen Grünlandumbruch, Entwässerungen, Ameisen-Bläuling kommt im Burgen- Scheckenfalters (Euphydryas aurinia) in Aufforstungen, ungünstige Mahdter- Urbersdorf (H. Höttinger) mine, Eutrophierung und Überdün- gung, Ausbreitung von Neophyten (z. B. Goldruten), Fragmentierung und Isolation sowie zu starke Verschilfung oder Verbuschung der Habitate (vgl. Höttinger et al. 2003). Das geplante Artenschutzpro- gramm für diese Art im unteren Strem- tal kommt wohl zu spät. Die dortigen (Teil-)Populationen wurden kürzlich durch eine Vielzahl negativer Eingrif- fe geschädigt, insbesondere als direkte oder indirekte Folge von Kommassie- rungen. Die Art konnte in den in den

124 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Jahren zuvor besiedelten Habitaten trotz gezielter Nachsuche nicht mehr festgestellt werden und ist im Südbur- genland damit höchstwahrscheinlich ausgestorben (Höttinger 2004a, 2007, 2008).

Baldrian-Scheckenfalter Von dieser Art existieren aktuell im Burgenland Populationen nur mehr in folgenden Gebieten und Gemeinden: Zitzmannsdorfer Wiesen, Rohrbach- Loipersbach-Schattendorf-Draßburg, Siegendorf, Wolfau, Kirchfidisch, Kro- atisch Ehrensdorf, Punitz und Strem. Alle Vorkommen sind lokal eng be- grenzt und individuenarm. Möglicher- weise sind einige davon mittlerweile bereits erloschen. Der Baldrian-Scheckenfalter be- Lebensraum des Lungenenzian-Ameisen- siedelt im Burgenland hauptsächlich Einzelfunde gibt es auch aus Punitz, Bläulings (Maculinea alcon) und beider feuchte Habitate: Feuchtwiesen (-bra- Wiesenknopf-Ameisen-Bläulinge (Macu- Dobersdorf und Rechnitz. chen), feuchte Hochstaudenfluren, linea nausithous, Maculinea teleius) auf Die Raupen entwickeln sich im Bur- Niedermoore und Großseggenriede. den Zitzmannsdorfer Wiesen genland wahrscheinlich ausschließlich Einige wenige Populationen sind auch (H. Höttinger) an Heilziest (Betonica officinalis) in in trockenen Habitaten anzutreffen feuchten Lebensräumen. Dabei werden (Waldschläge, Waldwiesen, Waldlich- und Wegebaumaßnahmen, Anlage von nur extensiv genutzte, nährstoffarme tungen). Wald- oder Gebüschnähe Deponien); Fragmentierung und Isola- Sumpf- und Feuchtwiesen (und deren wird grundsätzlich bevorzugt (Wind- tion der Habitate. junge Brachestadien) mit reichlichem schutz, Mikroklima). Die Raupen le- In den Vorkommensgebieten sind Vorkommen von Heilziest – welcher ben hauptsächlich an Baldrian-Arten die Erhaltung des Grünlandes, die gleichzeitig die wichtigste Nektarquelle (Valeriana spp.). Fortführung der extensiven Nut- darstellt – besiedelt. Gefährdungsfaktoren: Grünlandin- zung (einschürige Mahd), die Erhal- Die Gefährdungsfaktoren sind zahl- tensivierung (Düngung, Erhöhung der tung hochstaudenreicher Säume und reich (vgl. Fotobeispiele bei Höttinger Schnittfrequenz, großflächige Mahd); Randstreifen sowie der Verzicht auf 2007): Entwässerungen, Umbruch Trockenlegung und/oder Umbruch Düngung notwendig. Günstig ist eine von Feuchtwiesen und Umwandlung von Sumpf- und Feuchtwiesen und möglichst späte oder jahr- und ab- in Ackerland (in der Regel Maisäcker), Anlage von Äckern (meist Mais), In- schnittsweise ausgesetzte Mahd (z. B. Aufforstungen, Nutzungsaufgabe und tensivgrünland oder Ackerbrachen; zu Streifenmahd, „Wanderbrache“) mit zu starke Verbuschung oder Verschil- starke Verbuschung der Habitate durch leichten Maschinen und hoch ange- fung (mangels extensiver Pflege) von Sukzession oder nach Nutzungsaufga- setztem Schnitthorizont. feuchten Wiesenbrachen, Grünlandin- be (z. B. auf Waldschlägen oder von tensivierung (Düngung, Erhöhung der Grünlandbrachen); Aufforstung (oft Heilziest-Dickkopffalter Mahdfrequenz, ungünstige Mahdter- mit Fichte) der Habitate, leider auch in Der Großteil der aktuell bekannten mine, zu niedrig angesetzter Mahd- Schutzgebieten (vgl. Foto in Höttinger Populationen dieser Art im Burgen- horizont, Überbeweidung), Ausbrei- 2007); Überbauung oder Überschüt- land befindet sich im unteren Stremtal tung von Neophyten (z. B. Goldruten), tung der Habitate (z. B. durch Straßen (Höttinger 2004a, 2007, 2008. Aktuelle Überschüttung, Zerstörung feuchter

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 125 Habitatkomplexe durch Straßenbau chestadien mit Großem Wiesenknopf deren Lebensräume wurden und wer- und andere Infrastrukturprojekte. (Sanguisorba officinalis), der einzigen den aktuell im Burgenland durch eine Leider gehen auch derzeit noch Raupennahrungspflanze. Die Raupen Vielzahl negativer Eingriffe massiv ge- massiv besiedelte und potenzielle Le- leben zuerst einige Wochen in den schädigt, leider auch in Schutzgebie- bensräume – auch und insbesondere Blütenköpfen des Großen Wiesen- ten (Details zu Gefährdungsfaktoren in Natura 2000-Gebieten – verloren, knopfs, danach parasitär in Ameisen- und Schutzmaßnahmen vgl. Höttinger speziell als direkte oder indirekte Folge nestern (M. teleius vor allem bei Myr- 1998 und Höttinger et al. 2005). von Kommassierungen und der Pro- mica scabrinodis, M. nausithous meist duktion nachwachsender Rohstoffe für bei Myrmica rubra). Auch sonst sind Mädesüß-Perlmutterfalter Biogasanlagen (vgl. Höttinger 2004a, die Habitatansprüche beider Arten Der aktuelle Verbreitungsschwerpunkt 2007, 2008). etwas unterschiedlich. Die Maßnah- von Brenthis ino im Burgenland liegt im men zum Schutz und zur Pflege der südlichen Landesteil. Im mittleren Bur- Heller und Dunkler Wiesenknopf- Lebensräume müssen sich sowohl auf genland (vgl. Höttinger 1998) und im Ameisen-Bläuling die Raupennahrungspflanze als auch nördlichen Landesteil kommt die Art Der aktuelle Verbreitungsschwer- auf die artspezifischen Wirtsameisen nur an wenigen Stellen vor. Einige dieser punkt beider Arten liegt im südlichen beziehen. Populationen sind aber in den letzten und mittleren Burgenland. Während Da der Helle Wiesenknopf-Amei- Jahren wahrscheinlich erloschen. Maculinea teleius noch einige weni- sen-Bläuling die anspruchsvollere und Die Art besiedelt Feuchtwiesen- ge lokale Vorkommen im nördlichen etwas stärker gefährdete der beiden brachen, feuchte Hochstaudenfluren Burgenland – insbesondere im Bezirk Arten ist, sollte er bei gleichzeitigem und Großseggenriede in Wiesentä- Mattersburg und auf den Zitzmanns- Vorkommen beider Arten bei Schutz- lern und entlang von Gräben und Ba- dorfer Wiesen – aufweist, kommt Ma- und Pflegemaßnahmen bevorzugt be- chufern mit ausgedehnten Beständen culinea nausithous dort nur mehr auf rücksichtigt werden. von Mädesüß (Filipendula ulmaria), den Zitzmannsdorfer Wiesen vor (vgl. Die Gefährdungsfaktoren sind na- der Haupt-Raupennahrungspflanze. Verbreitungskarten bei Höttinger et al. hezu identisch mit jenen, welche beim Wahrscheinlich werden aber unter- 2005). Heilziest-Dickkopffalter angeführt geordnet auch noch andere Pflanzen Beide Arten sind in den Anhän- wurden. Auch diese beiden Arten und zur Raupenentwicklung genutzt, z. B. gen II und IV der FFH-Richtlinie ver- Großer Wiesenknopf (Sanguisorba of- zeichnet und kommen oft gemeinsam ficinalis)und Brombeeren (Rubus spp.) Lebensraum des Heilziest-Dickkopffalters in einem Lebensraum vor. Dies sind in (Carcharodus floccifera) in Heiligenbrunn. (Zimmermann et al. 2003). Die Vor- erster Linie feuchte und nasse Wiesen Gleichzeitig ehemaliger Lebensraum des kommen im Burgenland sind meist nur und insbesondere deren (junge) Bra- Lungenenzian-Ameisen-Bläulings (Macu- sehr lokal und individuenarm. Indivi- linea alcon) (H. Höttinger) duenstarke Populationen entwickeln sich nur in ausgedehnten, weitgehend ungenützten Feuchtgrünlandkomple- xen, in denen Mädesüß-Hochstauden- fluren vorherrschen. Durch Nutzungsaufgabe feuchter Mähwiesen wurde regional und/oder temporär eine Arealausdehnung wie auch eine zunehmende Häufigkeit re- gistriert, z. B. in den 1970er Jahren im Südburgenland (Issekutz 1972). Ab den 1980er Jahren ging die Art auf Grund einer Vielzahl von Gefährdungsfakto- ren aber wieder zurück. Fortschrei- tende Sukzession und insbesondere

126 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Band 2: Arten des Anhangs II der Fauna-Flora- Habitat-Richtlinie. Im Auftrag der neun öster- reichischen Bundesländer, des Bundesministeri- ums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und der Umweltbundesamt GmbH: 426-515. Höttinger, H. & Pennerstorfer, J. (2005): Rote Liste der Tagschmetterlinge Österreichs (Lepi- doptera: Papilionoidea & Hesperioidea). – In: Zulka, K.P. (Red.): Rote Listen gefährdeter Tie- re Österreichs. Checklisten, Gefährdungsanaly- sen, Handlungsbedarf. Teil 1: Säugetiere, Vögel, Heuschrecken, Wasserkäfer, Netzflügler, Schna- Aufforstungen in Feuchtgebieten ge- „Schlafgesellschaft“ des Hellen (Maculi- belfliegen, Tagfalter. – Grüne Reihe des Bun- nea teleius; li. u. re.) und Dunklen Wie- fährden die Art weiterhin massiv. Auch desministeriums für Land- und Forstwirtschaft, senknopf-Ameisen-Bläulings (Maculinea Umwelt und Wasserwirtschaft 14/1: 313-354. Beweidung schadet der Art, da Mäde- nausithous; Mitte) auf Großem Wiesen- Höttinger, H., Steiner, F. M. & Schlick-Steiner, The Alcon blueMaculinea alcon süß weideempfindlich ist: Je intensiver knopf (H. Höttinger) B. C. (2003): die Beweidung ist, desto drastischer ist (Lepidoptera: Lycaenidae) in eastern : status and conservation measures. – Ekológia der Rückgang. Dies führte bereits in (insbesondere mit reichlichem Vorkom- (Bratislava) 22(2): 107-118. einigen Schutzgebieten im Burgenland men von Mädesüß) kann die Art geför- Issekutz, L. (1972): Die Schmetterlingsfauna des südlichen Burgenlandes. 2. Teil: Microlepi- zu starken Bestandseinbußen oder gar dert werden. Günstig ist daher eine jahr- doptera. – Wissenschaftliche Arbeiten aus dem zur Ausrottung der Art. und abschnittsweise ausgesetzte Mahd Burgenland 49: 1-129. Als vorrangige Maßnahme ist der (z. B. Streifenmahd, „Wanderbrache“) Timpe, W. & Timpe, H. (1990): Proclossiana eunomia Esp., ein Neufund für das Burgenland Schutz des Feuchtgrünlandes (insbe- mit leichten Maschinen und hoch an- (Lepidoptera, Nymphalidae). – Burgenländische sondere von Brachestadien) vor Um- gesetztem Schnitthorizont. Heimatblätter 52(3): 124-127. bruch, Aufforstung oder Intensivierung Zimmermann, K., Fric, Z., Filipova, L. & Kon- vička, M. (2005): Adult demography, disper- anzusehen. Durch die Erhaltung hoch- Literatur: sal and behaviour of Brenthis ino (Lepidoptera: staudenreicher Säume und Randstreifen Höttinger, H. (1998): Die Bedeutung unter- Nymphalidae): how to be a successful wetland schiedlicher Grünland-Lebensräume für die butterfly. – European Journal of Entomology Tagschmetterlingsfauna (Lepidoptera: Rhopa- 102: 699-706. Raupe des Mädesüß-Perlmutterfalters locera & Hesperiidae) im mittleren Burgenland (Brenthis ino) auf Mädesüß (H. Höttinger) (Bezirk Oberpullendorf) – ein regionaler Beitrag zu einem Artenhilfsprogramm für eine stark ge- fährdete Tiergruppe. – Dissertation am Institut Lebensraum des Mädesüß-Perlmutterfal- für Zoologie der Universität für Bodenkultur, ters (Brenthis ino) im mittleren Burgenland Wien. 160 S. bei Lackenbach (H. Höttinger) Höttinger, H. (2002): Tagfalter als Bioindikato- ren in naturschutzrelevanten Planungen (Lepi- doptera: Rhopalocera & Hesperiidae). – Insecta 8: 5-69. Höttinger, H. (2004): Im Burgenland (östliches Österreich) ausgestorbene oder verschollene Tagschmetterlingsarten (Lepidoptera: Papilio- noidea). – Beiträge zur Entomofaunistik 5: 79-92. Höttinger, H. (2004a): Tagfalterschutz – Feuchtwiesen Unteres Stremtal. – Natur und Umwelt im Pannonischen Raum 4/2004: 14-15. Höttinger, H. (2007): Rückschlag für Tagfal- terschutz im Stremtal. – Natur und Umwelt im Pannonischen Raum 1/2007: 21-22. Höttinger, H. (2008): Schutz von Tagfalter-Cha- rakterarten auf Feuchtwiesen im unteren Strem- tal, Burgenland (östliches Österreich). – Beiträge zur Entomofaunistik 9: 81-106. Höttinger, H., Huemer, P. & Pennerstorfer, J. (2005): Schmetterlinge. – In: Ellmauer, T. (Hrsg.): Entwicklung von Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerten zur Beurteilung des Erhal- tungszustandes der Natura 2000-Schutzgüter.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 127 8.4 Die Amphibien des Burgenlandes – Verbreitung, Lebensraumansprüche und Gefährdung Eva Csarmann

Aufgrund ihrer wassergebundenen sonders gefährdet. Unter anderem ist 2001), die im Folgenden kurz vorge- Fortpflanzungsbiologie sind Feucht- es der Bau bzw. Ausbau von Straßen stellt werden sollen. gebiete mit fischfreien Klein- und und Siedlungsgebieten, der nicht nur Kleinstgewässern für alle Amphibien- zum direkten Verlust von Lebensraum, Feuersalamender arten ein unentbehrlicher Bestandteil sondern auch zur Zerschneidung der (Salamandra salamandra) ihres Lebensraumes. Der Laich und die verbleibenden Reste führt. In unserer Dieser bis zu 20 cm lange Schwanz- Larvalstadien entwickeln sich im Was- modernen, intensiv genutzten Land- lurch fällt durch sein charakteristisches ser, während sich die adulten Tiere – schaft bleiben den Tieren immer we- gelb-schwarzes Fleckenmuster auf und je nach Art – mehr oder weniger weit niger „Inseln“, die noch dazu durch ist kaum mit einer anderen Amphi- vom Gewässer entfernen. Als Landle- unpassierbare Barrieren voneinander bienart zu verwechseln. Er besiedelt bensräume benötigen sie strukturrei- getrennt werden. Laub- und Mischwälder, wobei feuchte che Biotope, die ausreichend Versteck- In der aktuellen Roten Liste sind alle Schlucht- und Hangwälder bevorzugt möglichkeiten und Nahrung bieten. heimischen Arten sowohl landes- als werden (Blab 1996). Eine Besonderheit Ihre vielfältigen Habitatansprüche auch bundesweit als gefährdet oder stellt das Fortpflanzungsverhalten des und ihre dünne, für Strahlung und stark gefährdet eingestuft (Szucsich Feuersalamanders dar. Anders als bei chemische Substanzen durchlässige 1997; Gollmann 2007). Das heißt, es den meisten Amphibienarten findet Haut machen Amphibien zu wichti- handelt sich um „Arten mit niedrigen die Paarung der Tiere im Sommer an gen Bioindikatoren. Ihr Vorkommen Beständen“ bzw. um „Arten, deren Land statt. Die Embryonalentwicklung – oder Verschwinden – liefert wertvol- Bestände im nahezu gesamten heimi- vollzieht sich im Mutterleib und dauert le Rückschlüsse auf die Qualität eines schen Verbreitungsgebiet signifikant ca. 10 Monate. Im folgenden Frühling Biotops (Chovanec & Grillitsch 1994). zurückgegangen oder regional ver- werden dann schon weit entwickelte Durch ihr Wanderverhalten sind schwunden sind“. Larven geboren, die vom Weibchen in Amphibien durch die zunehmende Im Burgenland sind 17 Amphi- sauerstoffreiche, kleine Bachläufe ab- Fragmentierung der Landschaft be- bienarten nachgewiesen (Cabela et al. gesetzt werden. Im Burgenland gibt es regionale Status der Amphibienarten auf der Roten Liste (Burgenland) Feuersalamander-Nachweise in den Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Status Rote Liste Bgld. mittleren und südlichen Landesteilen. Feuersalamander Salamandra salamandra gefährdet (Kat. 3) Bergmolch Triturus alpestris stark gefährdet (Kat. 2) Bergmolch (Triturus alpestris) Alpenkammmolch Triturus carnifex stark gefährdet (Kat. 2) Eine lokale Besonderheit stellt in Bur- Donaukammmolch Triturus dobrogicus stark gefährdet (Kat. 2) genland das Vorkommen des Bergmol- Teichmolch Triturus vulgaris gefährdet (Kat. 3) ches dar. Für diese Art, die typischer- Rotbauchunke Bombina bombina gefährdet (Kat. 3) weise submontane bis hochsubalpine Gelbbauchunke Bombina variegata gefährdet (Kat. 3) Lebensräume besiedelt, gibt es Fund- Knoblauchkröte Pelobates fuscus stark gefährdet (Kat. 2) meldungen aus dem Gebiet Geschrie- Erdkröte Bufo bufo gefährdet (Kat. 3) benstein. Wechselkröte Bufo viridis, Pseudepidalea viridis stark gefährdet (Kat. 2) Laubfrosch Hyla arborea gefährdet (Kat. 3) Moorfrosch Rana arvalis wolterstorffi gefährdet (Kat. 3) Kammmolche Springfrosch Rana dalmatina gefährdet (Kat. 3) (Triturus cristatus - Komplex) Grasfrosch Rana temporaria gefährdet (Kat. 3) Die Kammmolche stellen mit einer Kleiner Wasserfrosch Pelophylax lessonae stark gefährdet (Kat. 2) maximalen Körperlänge von ca. 15 cm Teichfrosch Pelophylax esculentus gefährdet (Kat. 3) die größten Vertreter unter den heimi- Seefrosch Pelophylax ridibundus gefährdet (Kat. 3) schen Molchen. Während sie an Land

128 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz – wie alle Molche – unauffällig schwarz oder braun gefärbt sind, beeindrucken sie im Frühjahr mit ihrer bunten Was- sertracht. Dem hohen, gezackten Rü- ckenkamm der Männchen verdanken die Tiere ihren Namen. Ihr Lebensraum sind fischfreie, gut besonnte Gewässer mit reichlicher Vegetation. Alle heimischen Kammmolchar- ten sind eng miteinander verwandt. Im Burgenland ist regional der Alpen- kammmolch (Triturus carnifex) anzu- treffen, weiter verbreitet ist der Donau- kammmolch (Triturus dobrogicus). Der hohe Gefährdungsgrad der Kammmolche zeigt sich in der Ein- Rotbauchunke im Laichgewässer stufung auf der Roten Liste, wo sie als das Wasser verlassen, messen sie gera- (E. Csarmann) „stark gefährdet“ geführt werden. Dar- de mal 2 bis 3 cm! Dies deutet auf den über hinaus sind sie im Anhang II der unke höhere Lagen. Wo sich die Le- gewaltigen Energieverbrauch während Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aufge- bensräume beider Arten überschnei- der Umwandlung hin (Blab 1996). nommen. Das heißt, dass es sich um den, kann es zu Mischpopulationen Da diese Art in ihrer Verbreitung in Arten handelt, für die geeignete Schutz- und umfangreichen Hybridisierungen Österreich auf den Osten beschränkt gebiete ausgewiesen werden müssen, kommen (Gollmann, 1981). ist, kommt dem Burgenland für ihre Er- um ihr Vorkommen zu sichern. Neben den Kammmolchen stehen haltung eine besondere Bedeutung zu. die Unken als zweite Vertreter heimi- Teichmolch (Triturus vulgaris) scher Amphibien im Anhang II der Erdkröte (Bufo bufo) Der Teichmolch ist ein schlanker, etwa Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Mit bis zu 15 cm Länge und einem kräf- 10 cm großer Molch. Bei der Wasser- tigen, gedrungenen Körperbau ist die tracht sind dunkle Längsstreifen am Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) Erdkröte der größte Vertreter unter den Kopf charakteristisch – die Art wird Die Knoblauchkröte gehört zur Fami- heimischen Anuren. Ihre weite Verbrei- daher manchmal auch als „Streifen- lie der Krötenfrösche und stellt damit tung spricht für ihre Anpassungsfähig- molch“ bezeichnet. Im Flachland ist einen stammesgeschichtlich recht ur- keit. Als einzige Art kann sie sich auch Triturus vulgaris weit verbreitet, und tümlichen Vertreter unter den hei- in jenen Gewässern gut fortpflanzen, da er gerne geeignete Gartenteiche als mischen Amphibien dar. Als Lebens- die von Fischen besiedelt sind. Ersatzbiotope annimmt, ist er oft auch raum benötigt diese wärmeliebende Ihr ausgeprägtes Wanderverhalten in Siedlungsnähe anzutreffen. Art Biotope mit sandigem, lockerem – adulte Erdkröten bewegen sich in ei- Substrat. Die Tiere besitzen verhärtete nem Radius von 2 bis 3 km – und ihre Unken (Bombina sp.) Hornschwielen an den Hinterbeinen, Laichplatztreue machen sie besonders Aus der Gattung Unken (Bombina) mit denen sie sich tagsüber und bei Ge- anfällig für die zunehmende Lebens- kommen in Europa zwei Arten vor: fahr in den Boden eingraben können. raumzerschneidung. die Rotbauchunke (Bombina bombi- Besonders eindrucksvoll sind die na) und die Gelbbauchunke (Bombina Kaulquappen der Knoblauchkröte, die Wechselkröte (Bufo viridis, variegata). Beide sind auch im Burgen- eine Länge von 10 cm – in Ausnah- Pseudepidalea viridis) land anzutreffen. Während die Rotbau- mefällen sogar bis zu 18 cm (Nakott Die Wechselkröte gehört – zusammen chunke eine typische Tieflandart ist, 1967) – erreichen. Der dann folgende mit Erd- und Kreuzkröte – zu den Ver- die ihren Verbreitungsschwerpunkt im Größenverlust bei der Metamorphose tretern der „echten Kröten“. An ihrem Osten hat, bevorzugt die Gelbbauch- ist erheblich: Wenn die jungen Kröten auffälligen, dunkelgrünen Fleckenmus-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 129 ter auf weißem bis grauem Grund ist Moorfrosch Gegenstand zahlreicher wissenschaft- sie leicht zu erkennen. Dazwischen (Rana arvalis wolterstorffi) licher Untersuchungen (Kauri 1959, befinden sich oft einzelne Warzen mit Durch seine versteckte Lebensweise Tunner 1976, Blab 1996). roten Spitzen. Die ursprünglich in den und seine Seltenheit gehört der Moor- Wie der Name bereits vermuten Steppen Zentralasiens beheimatete Art frosch zu den weniger bekannten Am- lässt, sind diese Arten besonders stark ist nach der Eiszeit in Ost- und Mittel- phibienarten. Die leuchtend blaue Fär- ans Wasser gebunden und leben meist europa eingewandert. Ihr Hauptver- bung der Männchen zur Paarungszeit ganzjährig am und im Gewässer. Einzig breitungsgebiet sind die pannonisch ist jedoch eine schöne Besonderheit. die Jungtiere wandern ab und können beeinflussten trocken-warmen Tieflän- Der Verbreitungsschwerpunkt der Art in regnerischen Nächten manchmal der im Osten Österreichs. In unserer liegt im Burgenland im Gebiet Neu- weit entfernt vom Laichplatz gefunden Kulturlandschaft findet die Wechsel- siedler See - Seewinkel, wo die Popu- werden. Durch ihre Lebensweise sind kröte vor allem auf vegetationsarmen lationsdichte im Vergleich zu älteren Wasserfrösche besonders durch Ge- Ruderalflächen, Äckern, trockenen Berichten allerdings abgenommen hat wässerverschmutzung, Eutrophierung Brachen, steinigem Gelände oder in (Csarmann 2008). und Uferverbauung gefährdet. Weingärten geeigneten Lebensraum. Springfrosch (Rana dalmatina) Literatur: Blab, J. & Vogel, H. (1996): Amphibien und Laubfrosch (Hyla arborea) Seinen extrem langen Hinterbeinen und Reptilien erkennen und schützen. Alle mittel- Während es unter den tropischen dem damit verbundenen Sprungvermö- europäischen Arten. Biologie, Bestand, Schutz- Amphibien viele Kletterer gibt, ist der gen verdankt dieser Braunfrosch seinen maßnahmen. BLV Verlagsgesellschaft, München. Cabela, A., Grillitsch, H. & Tiedemann, F. Laubfrosch bei uns in Österreich die Namen. Im Frühling ist der Spring- (2001): Atlas zur Verbreitung und Ökologie der einzige Art, die sich die Hecken und frosch unter den ersten, die am Laich- Amphibien und Reptilien in Österreich. Umwelt- Baumkronen als Lebensraum erschlos- gewässer anzutreffen sind. Er beginnt bundesamt. Wien. Chovanec, A. & Grillitsch, B. (1994): Amphi- sen hat. Obwohl der Laubfrosch mit seine Wanderung, sobald es die Tempe- bien als Bioindikatoren für die Schadstoffbelas- 4 bis 5 cm Körpergröße relativ klein raturen zulassen – oft schon im Feber. tung von Kleingewässern, UBA-BE-016 Berichte, ist, besitzt er die lauteste Stimme unter Im Flachland weit verbreitet, ist die Art Band 016, Wien. Csarmann, E. (1998): Ökologie von Amphibien den Fröschen. Im Frühling und Som- auch im Burgenland häufig anzutreffen. in ausgewählten Lacken des Seewinkels. Diplom- mer bilden die Tiere oft Chöre, die arbeit Universität Wien. nach Einbruch der Dämmerung weit- Grasfrosch (Rana temporaria) Gollmann, G. (1981): Zur Hybridisierung der einheimischen Unken (Bombina bombina und hin zu hören sind. Die Art ist im ge- Der Grasfrosch – neben Moor- und Bombina variegata). Dissertation Universität samten Landesgebiet verbreitet. Springfrosch die dritte Braunfroschart Wien. in Österreich – ist im gesamten Bun- Gollmann, G. (2007): Rote Liste der in Ös- terreich gefährdeten Lurche (Amphibia) und Rufender Laubfrosch desgebiet weit verbreitet. Er fehlt je- Kriechtiere (Reptilia). In: Bundesministerium für (E. Csarmann) doch im östlichen Tiefland und kommt Land- und Forstwirtschaft (Hrsg.): Rote Liste ge- fährdeter Tiere Österreichs, Teil 2: Kriechtiere, im Burgenland nur regional im Mittel- Lurche, Fische, Nachtfalter, Weichtiere. Böhlau und Südteil des Landes vor. Verlag, Wien-Köln-Weimar. Kauri, H. (1959): Die Rassebildung bei euro- päischen Rana-Arten und die Gültigkeit der Wasserfrösche (Pelophylax spp.) Klimaregeln, Skånska Centrltryckeriet, Lund, Aus der Gruppe der Wasserfrösche Schweden. kommen in Österreich der Kleine Nakott, J. (1967): Riesenkaulquappe entdeckt. Kosmos 8: 5. Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Szucsich, N. U. (1997): Rote Liste gefährdeter der Seefrosch (Pelophylax ridibunda) Tiere des Burgenlandes. In: Herzig, A. (Hrsg.): sowie der Teichfrosch (Pelophylax es- Rote Liste Burgenland. BFB-Bericht 87, 15-33. culenta) – ein Hybrid aus beiden Ar- Tunner, H. & Dobrowsky, M. T. (1976): Zur morphologischen, serologischen und enzymolo- ten – vor. Alle drei Formen sind auch gischen Differenzierung von Rana lessonae und im Burgenland anzutreffen. Die Ver- der hybridogenetischen Rana esculenta aus dem Seewinkel und dem Neusiedler See (Österreich, wandtschaftsverhältnisse und die Un- Burgenland), Zoologischer Anzeiger, Jena, 197 terscheidung der Wasserfrösche war (1/2): 6-22

130 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 8.5 Flusskrebse im Burgenland Christian Holler & Gerhard Woschitz

Im Auftrag des Amtes der Burgen- ländischen Landesregierung (Abt. 9 Wasser- und Abfallwirtschaft so- wie Abt. 5 Natur- und Umweltschutz) wurden in den Jahren 2003 bis 2006 die Fließgewässer des Burgenlandes auf das Vorkommen von Flusskrebsen untersucht. Damit liegt ein flächende- ckender Überblick über die aktuelle Si- tuation der Flusskrebse im gesamten Burgenland vor. Aufbauend auf die- ser Bestandsaufnahme wurde im Auf- trag des Naturschutzbundes Burgen- land ein Artenschutzkonzept für die Flusskrebse erarbeitet. Dies erfolgte im Rahmen der „Sonstigen Maßnahmen des Österreichischen Programms für die Entwicklung des Ländlichen Rau- Edelkrebs (Astacus astacus) mes“ (gefördert durch Land Burgen- (C. Holler) Der Steinkrebs (Austropotamobi- land, Bund und EU). Im Artenschutz- us torrentium) ist im Burgenland nur konzept werden die erforderlichen in den Fließgewässern des Berglandes Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederansiedelung der heimischen heimisch. Im Zuge der Untersuchung Flusskrebse im Burgenland gegliedert konnten nur mehr zwei isolierte Vor- Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus) nach Regionen dargestellt. kommen des Steinkrebses in burgen- (C. Holler) Der ehemals im gesamten Burgen- ländischen Fließgewässern nachgewie- land in Fließgewässern und stehenden sen werden. Diese Vorkommen sind Gewässern heimische und verbreitete hochgradig in ihrem Bestand bedroht. Edelkrebs (Astacus astacus) ist heu- Der ursprünglich nur im Nord- te auf einige naturnahe Abschnitte im burgenland heimische Europäische Oberlauf der Fließgewässer zurückge- Sumpfkrebs oder Galizier (Astacus drängt. Darüber hinaus gibt es noch leptodactylus) konnte aktuell nur an drei einige Vorkommen in Teichanlagen. Punkten (Teiche und ein Fließgewäs- Edelkrebsvorkommen mit größerer ser) nachgewiesen bzw. belegt werden, Ausdehnung sind in den Fließgewäs- diese Vorkommen gehen auf Besatz- sern nur mehr im Pinkaeinzugsgebiet maßnahmen zurück, vereinzelte wei- nördlich von Oberschützen, an den tere Vorkommen in Teichanlagen sind Nord- und Südabhängen des Öden- anzunehmen. Das von früher bekannte burger Gebirges, an den Südabhängen Vorkommen des Sumpfkrebses im Neu- des Günser Gebirges sowie im Neu- siedler See dürfte erloschen sein. hauser Hügelland vorhanden. Darü- Der aus Nordamerika eingeschlepp- ber hinaus existieren noch vereinzelte te Signalkrebs (Pacifastacus leniuscu- Vorkommen im Stremgebiet sowie an lus) ist mittlerweile über das gesamte einzelnen Zubringern zu Lafnitz, Raab, Burgenland verbreitet und besiedelt Rabnitz und Wulka. vor allem die größeren Fließgewässer

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 131 (Raab, Untere Lafnitz, Obere Pinka mit Verbreitung der Flusskrebsarten Zickenbach und Tauchenbach, Zöbern im Burgenland und Güns, Stooberbach, Leitha). Die Ausbreitung dieser Art stellt aktuell die größte Bedrohung für die heimischen Flusskrebse dar. Der Signalkrebs ver- drängt die heimischen Krebse aus ih- rem Lebensraum, vor allem aber ver- breitet er die so genannte Krebspest, eine Pilzkrankheit, die für die heimi- schen Flusskrebsarten tödlich ist. Das Hauptaugenmerk beim Fluss- krebsschutz im Burgenland liegt auf der Erhaltung der letzten verbliebe- nen Vorkommen der heimischen Ar- ten in den Oberläufen der Gewässer sowie auf der Wiederansiedelung hei- mischer Krebse in geeigneten krebs- freien Gewässern. Hierbei kommt beim Edelkrebs und auch beim Euro- päischen Sumpfkrebs der Etablierung von Populationen in Teichanlagen – als geschützte Genpools – eine große Be-

deutung zu. Eine Wiederansiedelung Edelkrebs des Steinkrebses kommt im Burgen- Steinkrebs Europ. Sumpfkrebs land nur in ausgewählten Oberläufen Signalkrebs

der Fließgewässer im Bergland in Frage. Gewässernetz Der Verhinderung der weiteren Seen Bezirke Ausbreitung des Signalkrebses zum Schutz der heimischen Flusskrebse hat hohe Priorität. Hierunter fallen die Be- kämpfung des Signalkrebses durch Be- fischung, die Verhinderung der aktiven Verbreitung durch den Menschen so- wie die Einschränkung der selbsttäti- gen Ausbreitung. Der Aufklärung von Fischereiaus- übenden und Teichbewirtschaftern kommt eine zentrale Rolle im Fluss- krebsschutz zu. Die Unkenntnis über die heimischen Flusskrebse und vor allem über die Problematik des Besat- gewonnen werden. Nur wenn die Ak- Literatur: zes mit Exoten (Signalkrebs) trägt we- teure am Gewässer über den Wert Holler, C. & Woschitz, G. (2007): Flusskrebse in den Fließgewässern des Burgenlandes. End- sentlich zur aktuellen Gefährdung der und die ökologische Funktion intakter bericht zur Flusskrebskartierung 2003-2006 und heimischen Krebse bei. Die Fischerei Flusskrebsbestände und die aktuelle Artenschutzkonzept für Flusskrebse im Burgen- land. – Studie im Auftrag des Amtes der Bur- und die Teichbewirtschafter müssen Gefährdung informiert werden, kann genländischen Landesregierung und des Natur- als aktive Partner im Flusskrebsschutz der Flusskrebsschutz gelingen. schutzbund Burgenland, Eisenstadt.

132 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Gemeine Bachmuschel (Unio crassus) 8.6 Flussmuscheln im Burgenland (C. Holler) Christian Holler & Gerhard Woschitz

Im Auftrag des Amtes der Burgen- Primäres Ziel der Verbreitungsstu- alle anderen in Österreich heimischen ländischen Landesregierung (Abt. 5 dien war eine orientierende Erfassung Großmuscheln auch im Burgenland Natur- und Umweltschutz sowie Abt. 9 aktueller Vorkommen von Flussmu- vor. Sie gehören ausnahmslos zur Fa- Wasser- und Abfallwirtschaft) wurden scheln im Allgemeinen und im Beson- milie Unionidae, wobei 3 Arten zur in den Jahren 2004 bis 2006 die Fließge- deren von Unio crassus (als Schutzgut Gattung Unio (Unio crassus, Unio pic- wässer des Burgenlandes auf Vorkom- gemäß FFH-Richtlinie) im Burgenland. torum, Unio tumidus) und 2 Arten zur men von Flussmuscheln untersucht. Weiters die Zusammenfassung des bis- Gattung Anodonta (Anodonta anatina, Damit liegt ein flächendeckender herigen Kenntnisstandes zur Großmu- Anodonta cygnea) zählen. Die Gattung Überblick über die aktuelle Situation schelfauna und die Abschätzung der Pseudanodonta ist mit einer Art ver- der Flussmuscheln in den Fließge- ursprünglichen Verbreitungsareale der treten (Pseudanodonta complanata). wässern im gesamten Burgenland vor. einzelnen Arten anhand ihrer ökologi- Die Gemeine Teichmuschel (Ano- Darauf aufbauend wurde im Auftrag schen Charakteristika und Lebensrau- donta anatina) und die Große Teich- des Naturschutzbundes Burgenland mansprüche. muschel (Anodonta cygnea) weisen ei- ein Artenschutzkonzept für die Fluss- Alle in Österreich vorkommenden nen Verbreitungsschwerpunkt in den muscheln erarbeitet. Dies erfolgte im heimischen Großmuscheln zählen zur stehenden Gewässern auf, sie nehmen Rahmen der „Sonstigen Maßnahmen Überfamilie der Unionacea (auch als auch Teichanlagen als Lebensraum an. des Österreichischen Programms für Najaden bezeichnet). Mit Ausnahme Sie sind im gesamten Burgenland zu die Entwicklung des Ländlichen Rau- der Flussperlmuschel (Margaritifera finden, jedoch ist die Große Teichmu- mes“. Im Artenschutzkonzept werden margaritifera), die zoogeographisch schel dabei wesentlich seltener als die die erforderlichen Maßnahmen zum in Österreich auf Gewässer im Kris- Gemeine Teichmuschel. Schutz der heimischen Flussmuscheln tallin der Böhmischen Masse nördlich Die anderen Großmuschelarten dargestellt. der Donau beschränkt ist, kommen sind heute auf relativ wenige Gewäs-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 133 serabschnitte beschränkt. Eine beson- ben Gewässerverschmutzung, Nähr- tung und Förderung der heimischen dere Bedeutung für die Großmuscheln stoff- und Sedimenteintrag vor allem Großmuscheln sind artunspezifisch im Burgenland haben die untere Strem der Strukturverlust auf Grund von Ver- wirksam. In weiten Bereichen decken und die untere Pinka mit ihren Zubrin- bauung und Regulierung der Fließge- sich die erforderlichen Maßnahmen gern. Hier kommen alle sechs im Bur- wässer und der damit einhergehende zum Schutz der anderen Großmu- genland heimischen Großmuschelar- Verlust an geeigneten Lebensräumen. schelarten mit jenen zum Schutz von ten vor. Die Abgeplattete Teichmuschel Ein entscheidender Faktor dürfte in Unio crassus. Synergieeffekte im Sinne (Pseudanodonta complanata), die Ma- vielen Gewässern aber auch das Feh- der Erhaltung aller Arten sind somit lermuschel (Unio pictorum) und die len geeigneter Wirtsfische sein, an de- bei der Umsetzung der Maßnahmen Aufgeblasene Flussmuschel (Unio tu- nen sich die Larven (Glochidien) der zu erwarten. Viele der notwendigen midus) kommen nur hier vor. Muscheln entwickeln können. Maßnahmen lassen sich ohne erheb- Bei der Gemeinen Bachmuschel Das Hauptaugenmerk beim Ar- lichen Aufwand sowohl innerhalb als (Unio crassus) konnten neben Vor- tenschutz für Großmuscheln im Bur- auch außerhalb der Natura 2000-Ge- kommen in den Natura 2000-Gebieten genland sollte bei den Gewässern mit biete umsetzen. auch einige wesentliche Vorkommen Vorkommen von Unio crassus liegen. außerhalb der Natura 2000-Gebiete Weiters ist die Umsetzung von Maß- Literatur: Holler, C. & Woschitz, G. (2007): Flussmu- festgestellt werden. Diese Vorkommen nahmen an der unteren Pinka und an scheln in den Fließgewässern des Burgenlandes. waren zum Teil bisher unbekannt bzw. der unteren Strem und ihren Zubrin- Endbericht zur Flussmuschel – Verbreitungs- nicht dokumentiert und umfassen teil- gern zum Schutz und zur Förderung studien 2004-2006 und Artenschutzkonzept für Flussmuscheln im Burgenland. – Studie im Auf- weise Bestände von landesweiter Be- von Pseudanodonta complanata, Unio trag des Amtes der Burgenländischen Landesre- deutung. pictorum und Unio tumidus notwendig. gierung und des Naturschutzbund Burgenland, Eisenstadt. Ursachen für die Gefährdung der Die Mehrzahl der erforderlichen heimischen Großmuscheln sind ne- Maßnahmen zum Schutz, zur Erhal-

Malermuschel (Unio pictorum) (C. Holler)

134 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 9. Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel – Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung 9.1 Feuchtgebietslandschaft des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel: See, Schilfgürtel, Salzlacken Alois Herzig

Der Neusiedler See, ein windexponier- ter, extrem flacher Steppensee (mittlere Tiefe: 117 cm) mit besonderem Che- mismus liegt zwischen den Alpen und der zum Pannonischen Beckensystem gehörenden Kleinen Ungarischen Tief- Historische ebene. Zum alpinen Raum gehören das Karte aus Wulkabecken und die Höhenzüge des dem Jahr Ödenburger-, Rosalien- und Leithage- 1802, als birges und des Ruster Hügellandes, die der Waasen gleichzeitig die westliche Begrenzung noch Teil des Seebeckens darstellen. Die Be- des damals „L-förmi- grenzung gegen Norden, die Parndor- gen“ Neu- fer Platte, und die Begrenzung gegen siedler Sees Osten und Süden, der Seewinkel, der war. Hanság (Waasen) und das Ikvatal, und das Seebecken selbst sind der Kleinen Bis zum Beginn des 20. Jahrhun- im Spätherbst und Winter, Südost. Der Ungarischen Tiefebene zuzuordnen. derts war der See abflusslos. 1909– Jahresniederschlag kann unter 400 mm Der See entstand durch eine tekto- 1911 wurde der Hanság- oder Einser- betragen, in regenreichen Jahren aller- nische Einsenkung im Spätglazial und Kanal errichtet und damit der See an dings auch 900 mm erreichen (Herzig ist etwa 13.000 Jahre alt. Die Wasser- die Donau angebunden. Das Ziel dieser & Dokulil 2001). stände des nacheiszeitlichen Sees lagen Maßnahme war, das Gewässer trocken Ein zentrales Problem stellt der zeitweise bis zu 5 m über dem gegen- zu legen und den Boden für landwirt- Wasserhaushalt dar. Das Einzugsgebiet wärtigen Seespiegel. Damit waren Teile schaftliche Zwecke nutzbar zu machen. des Sees ist nur 3,6-mal so groß wie die des südlichen Seewinkels und Hanság Dieses Ziel wurde nicht erreicht und Seefläche. Damit wird der Wasserhaus- vom See überflutet. In der wechselhaf- heute dient die Schleuse im Kanal zur halt v. a. durch die auf den See fallen- ten Geschichte des Sees gab es aber ne- Regulierung des Seewasserstandes. den Niederschläge und die Verduns- ben großflächigen Ausuferungen im- Der Raum um den See stellt klima- tung geprägt. Unterirdischer Zu- und mer wieder Perioden, in denen der See tisch die wärmste Region Österreichs Abfluss haben für die Wasserbilanz nur zur Gänze ausgetrocknet war. Diese dar. Im langjährigen Mittel treten an geringe Bedeutung. Austrocknungen schienen immer dann 61 Tagen Temperaturen über 25 °C auf. Die geringe Tiefe des Sees und die aufzutreten, wenn Dürreperioden mit Im Winter friert der See in der Regel starke Windexposition lassen kaum anthropogen begünstigten Abflussver- zur Gänze zu, wobei die Dauer der Eis- eine längerfristige thermische Schich- hältnissen im Hanság zusammenfie- bedeckung bei 30–90 Tagen liegt. Die tung des Wasserkörpers zu. Die Was- len. Die letzte völlige Austrocknung Jahresmittel der Lufttemperatur lagen sertemperaturen folgen mit geringer geschah 1865–1868. Fünf Jahre später im Zeitraum 1960–1998 zwischen Verzögerung der Temperatur der Luft. wurde bereits wieder ein Wasserstand 8,9 und 11,4 °C. Die vorherrschenden So kommt es im Frühjahr zu einer ra- von 2–3 m festgestellt. Windrichtungen sind Nordwest und, schen Erwärmung (bereits März/April

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 135 sind Temperaturen > 15 °C möglich) und damit des Wasservolumens. Star- ausweisen. Im freien See herrschen als und im Herbst zu einer ebenso schnell ke Winde aus einer Richtung können Folge der atmosphärischen Belüftung, erfolgenden Abkühlung; dabei können eine Aufhöhung des Wasserspiegels der guten Durchmischung und der Temperaturveränderungen von > 10 °C um 20–50 cm am gegenüberliegen- vergleichsweise geringen organischen innerhalb von 2–5 Tagen auftreten. den Ufer verursachen und nach Ende Belastung gute Sauerstoffverhältnisse Im Sommer sind Wassertemperatu- des Windereignisses zu entsprechen- vor. Innerhalb des Schilfgürtels treten ren über 25 °C keine Seltenheit, Tem- den Wasserspiegeloszillationen führen hingegen häufig anoxische Bedingun- peraturen von über 28 °C sind möglich. (Herzig & Dokulil 2001). gen auf, die von der hohen organischen Durch die häufigen Windereignisse Aufgrund seiner geologischen und Belastung und der geringen Wasser- wird ständig feines Sediment vom See- hydro-geologischen Gegebenheiten durchmischung herrühren. In den boden aufgewirbelt. Dies führt zu einer weist der See eine hohe Salzkonzentra- Übergangszonen (Ökotonen) freier See permanenten Trübung des Gewässers, tion (Leitfähigkeit 1.300–3.200 µS cm-1; – Schilf kann der organische Anteil im die sich in geringen Sichttiefen und ei- 25 °C) und einen alkalischen Charakter Sediment zunehmen. Dennoch herr- ner Beeinflussung des Lichtklimas un- (pH-Wert > 8) auf. Heute liegt der Ge- schen hier gute Sauerstoffbedingungen ter Wasser äußert. Der Wasserkörper samtsalzgehalt zwischen 1 und 2 g l-1, vor, da ausreichender Wasseraustausch des Neusiedler Sees zerfällt daher in was verglichen mit früheren Jahren vorhanden ist. In diesen Zonen entwi- zwei sehr unterschiedliche Bereiche, (1903: 16 g l-1, Berger & Neuhuber ckeln sich die höchsten planktischen den stark getrübten offenen See und 1979) eine relativ geringe Konzentra- und benthischen Individuendichten das klare Braunwasser im Inneren des tion darstellt. Gelegentlich, im Spät- und die größten Fischbestände. Diese Schilfgürtels. sommer trockener Jahre, können auch Ökotone sind die produktivsten Berei- Bedingt durch Form und Ausdeh- über 2 g Salze pro Liter gefunden wer- che des Sees und auch jene mit dem nung des seichten Seebeckens führt den. Die Salzkonzentration setzt sich höchsten Grad abiotischer und bioti- die Erhöhung des Wasserspiegels um im Wesentlichen aus den Kationen Na- scher Vernetzungen.

nur einen Zentimeter zu einer we- trium und Magnesium sowie den An- Die unterschiedlichen O2-Gehalte sentlichen Vergrößerung der Fläche ionen Hydrogenkarbonat, Sulfat und führen zu Denitrifizierung von aus der Chlorid zusammen (Berger & Neuhu- freien Seefläche oder dem Umland in Schwimmendes Laichkraut ber 1979). Da das Natrium als Natri- den Schilfgürtel eingetragenem Nitrat. (H. Höttinger) um-Hydrogenkarbonat vorliegt, wird Gleichzeitig wird Phosphor aus par- der See auch als „Sodasee“ bezeichnet. tikulären P-Verbindungen rückgelöst. Der Schilfgürtel stellt somit für Stick- Mehr als die Hälfte der Oberfläche stoff eine Senke, für Phosphor hinge- des Sees bedeckt ein Schilfgürtel, ge- gen durch Remobilisierung eine Quelle bildet aus Phragmites australis. Dieser dar (Herzig & Dokulil 2001). Röhrichtgürtel ist ein extrem hetero- Neben den natürlich bedingten gener Lebensraum, ein Netzwerk un- Schwankungen und Veränderungen terschiedlich dichter und alter Schilf- der Salinität, Trübe und Lichtdurch- bestände, Rohrlacken und Kanäle. Er lässigkeit kam es in den letzten 30 Jah- ist sehr produktiv und ein idealer Brut- ren zu einem ausgeprägten Anstieg der und Nahrungsplatz für zahlreiche Wat- Nährstoffgehalte und damit des Phyto- vögel, Reiher und Sänger. Dieser Be- planktons. Auslöser waren v. a. der ge- reich des Sees bietet auch Lebensraum steigerte Abwasseranfall als Folge des und Laichgründe für fast alle vorkom- zunehmenden Tourismus bei gleichzei- menden Fischarten (Herzig & Wolf- tiger unzureichender Entsorgung der ram 2001). Abwässer (zu geringe Kapazität der Die bereits oben erwähnten unter- Kläranlagen, Kanalnetz nicht entspre- schiedlichen Bereiche des Sees lassen chend ausgebaut) und die Landwirt- sich auch durch den Sauerstoffgehalt schaft, insbesondere die Ausweitung

136 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz des Weinbaues Ende der 1960er Jahre, ren Jahresniederschlag von rund 574 durch vermehrten Düngemittelaufwand mm (ZAMG 2002). Hohe Tempera- und Erosionswirkung. Auch die mas- turen und die für das Gebiet typischen siven Besatzmaßnahmen der Berufsfi- starken Winde führen im Sommer zu scher (z. B. Aal, Graskarpfen) und die hohen Verdunstungsraten. daraus resultierenden unausgewogenen Fischbestände wirkten auf die Entwick- Die landschaftsprägenden Elemente lung des Sees ein. Die Jahresmittelwer- des Seewinkels sind die Salzlacken te des Totalphosphors (TP) stiegen seit – flache Vertiefungen oder Mulden 1970 im freien See kontinuierlich an, im Gelände, die nicht perennierend erreichten mit 162 µg l-1 im Jahre 1979 mit Wasser gefüllt sind. Um 1900 gab den bislang höchsten Wert und nahmen es über 100 Salzlacken, deren Was- danach mehr oder weniger stetig ab. serfläche ca. 3.000 ha betrug. Im 20. Hauptgrund für den starken Rückgang Jahrhundert gingen 75 % der Feucht- der Konzentrationen ist die erfolgrei- gebietsfläche aufgrund großflächig che Abwasserentsorgung im Einzugsge- angelegter Trockenlegungen verlo- biet. Im Gegensatz zum Phosphor stie- ren (224 km Drainagekanäle existie- gen die mittleren Konzentrationen an ren noch immer). Heute gibt es nur Wasserfloh (P. Hebert) Nitrat-Stickstoff bis heute weiter an und mehr 36 Lacken, wovon 20 als intakte erreichten zuletzt fast 300 µg l-1. Ökosysteme bezeichnet werden kön- dem Einserkanal. Die flache Ausfor- Parallel zum Anstieg der P-Konzen- nen. 16 Lacken sind mehr oder weniger mung der Lackenmulden und die ge- trationen nahm auch die Biomasse des gestörte Ökosysteme, wobei die Stö- ringen Wassertiefen führen dazu, dass Phytoplanktons (gemessen als Chloro- rungen aus Drainagen, Baggerungen schon geringfügige Schwankungen der phyll-a) deutlich zu und erreichte mit in der Lacke, Befüllung der Lacke mit Wassertiefe in gravierender Weise die einem Jahresdurchschnitt von 14 µg l-1 Grundwasser im Sommer und starker Größe der Wasserfläche, die Länge und im Jahr 1978 ein vorläufiges Maximum. Eutrophierung aus dem Umfeld resul- die Lage der benetzten Uferlinie, das Danach gingen die Algenmengen wie- tieren (Herzig 1994). verfügbare Wasservolumen und damit der zurück, und seit 1986 liegen die Die Lacken entlang des Neusiedler einhergehend die physikalisch-chemi- Chlorophyll-Konzentrationen im Jah- See-Ostufers (Raum Illmitz – Poders- sche Beschaffenheit des Lackenwassers resdurchschnitt zwischen 4 und 12 µg l-1 dorf) stellen abgeschnürte Teile eines beeinflussen (Steiner 1994). (Herzig & Dokulil 2001). ehemals ausgedehnteren Neusiedler Als Untergrund der Salzlacken wie Insgesamt kann der Neusiedler See Sees dar. Die Salzlacken des zentralen auch ihres Umlandes findet man So- als mesotropher Flachsee bewertet Seewinkels entstanden während der lontschak oder Solonetz, die gemein- werden, wobei die Uferzonen lokal als letzten Eiszeit aus Eislinsenbildungen sam rund 6 % aller Böden im Seewinkel eutroph einzustufen sind. Trotz der („Pingos“) (Riedl 1965). ausmachen (Nelhiebel 1980). Boden- hohen Nährstoffgehalte werden keine Die Lackenmulden besitzen (ur- proben zeigen einen salzführenden entsprechenden Algenmengen erzeugt, sprünglich) keine oberirdischen Zu- Horizont an, der aus der Riß-Würm- da die natürliche Trübung des Sees das und Abflüsse. Ihr Wasserbudget ist als Zwischeneiszeit stammt und mögli- Lichtangebot einschränkt und zusam- im Wesentlichen von Niederschlag, cherweise das Sediment eines ehema- men mit dem Salzgehalt das Wachstum Verdunstung und Grundwasserzu- ligen Flachsees darstellt. Die Herkunft der Algen begrenzt (Herzig & Dokulil bzw. -abfluss abhängig. Heute sind der Salze ist in tertiären marinen Abla- 2001). einige Lacken durch Kanäle vernetzt; gerungen zu suchen. Von dort steigen Der Seewinkel erstreckt sich östlich z. B. entwässert der Zweier Kanal den salzhältige Wässer in das im Schotter des Neusiedler Sees am Westrand der zentralen Seewinkel südlich von Frau- eingeschlossene Grundwasser auf, wel- Ungarischen Tiefebene. Klimatisch ist enkirchen und verbindet unter ande- ches kapillar mit dem salzführenden der Seewinkel eine der trockensten Ge- rem den St. Andräer Zicksee, die Wör- Horizont in Verbindung steht (Krach- genden Österreichs mit einem mittle- thenlacken und die Lange Lacke mit ler et al. 2000).

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 137 Die überwiegende Zahl der Salzla- lacken“ (geringe Schwebstoffgehalte) Literatur: cken sind Sodagewässer, der Ionenge- (Löffler 1959). Diese Einteilung muss Bácsatyai, L., Csaplovics, E., Márkus, I. & Sindhuber, A. (1997): Digitale Geländemodel- halt wird von Natriumkarbonat geprägt. man allerdings relativieren, denn die le des Neusiedler See-Beckens. Wiss. Arb. Bur- In manchen Fällen kann auch Glauber- meisten Lacken variieren im Verlaufe genland 97: 1-53. salz (Natriumsulfat) in größeren Men- eines Jahres sehr stark: Z. B. im Un- Berger, F. & Neuhuber, F. (1979): The hydroche- mical problem. In: Löffler, H. (ed.) Neusiedlersee: gen vorkommen. Albersee und Herrn- terstinker können in einem Jahr die The Limnology of a Shallow Lake in Central Eu- see weisen auch noch größere Mengen Schwebstoffgehalte von < 10 mgl-1 bis rope. Monographiae Biologicae 37: 89-99. Dr. W. Junk bv Publishers, The Hague-Boston-London. Bittersalz (Magnesiumsulftat) auf. Der > 400 mgl-1 gemessen werden; er zeigt Green, J. (1993): Zooplankton associations in hohe Gehalt an Karbonaten und Bikar- eine klare Saisonalität, die mit der East African lakes spanning a wide salinity range. bonaten (hohe Alkalinität) resultiert in Ausbildung einer dichten Characeen- Hydrobiologia 267: 249-256. pH-Werten bis zu 10. population zusammenhängt, die eine Herzig, A. (1994): Monitoring of lake ecosys- tems: case study Neusiedler See and Seewinkel. Die chemisch-physikalischen Para- Aufwirbelung des feinen Sedimentes In: Aubrecht, G., Dick, G. & Prentice, C. (eds.): meter der Salzlacken lassen Extrem- verhindert und somit für geringe Trü- Monitoring of Ecological Change in Wetlands of Middle Europe: 17-28. IWRB Publication 30 werte und auch extrem hohe Schwan- be des Wassers sorgt (Wolfram et al. (Stapfia 31). kungen erkennen. So kann an einem 2004). Herzig, A. & Dokulil, M. (2001): Neusiedler Tag eine Höchsttemperatur von > 35 ° Die Salzlacken weisen häufig hohe See – ein Steppensee in Europa. In: Dokulil, M., Hamm, A., 6 (??)Kohl, J.-G. (Hrsg.): Ökologie C und in der folgenden Nacht ein Mi- Phosphorkonzentrationen auf, wobei und Schutz von Seen: 401-415. UTB Facultas- nimum von < 20 ° C gemessen werden. zumeist die partikuläre Fraktion do- Universitätsverlag. Im Verlaufe einer Saison (maximaler miniert. Wolfram et al. (2004) geben Herzig, A. & Wolfram, G. (2001): Fish distributi- on and limiting factors in the reed belt of a shal- Wasserstand im Frühjahr bis Austrock- Totalphosphorwerte in einem Be- low lake in Austria. In: Field, R., Warren, R.J., Ok- nen im Spätsommer) wird ein Schwan- reich von 24 µgl-1 und 75 mgl-1 an. Die arma, H. & Sievert, P.R. (eds.): Wildlife, Land and People: Priorities for the 21st Century: 393-396. kungsbereich des Salzgehaltes von 1,3 Phosphor-Konzentrationen sind eng The Wildlife Society, Bethesda, Maryland, USA. bis 81,9 ‰ oder der Leitfähigkeit von mit dem Schwebstoffgehalt korreliert. Krachler, R., Krachler, R., Milleret, E. & Wes- < 1200 µScm-1 bis > 70.000 µScm-1 fest- Die Konzentration von Totalstickstoff ner, W. (2000): Limnochemische Untersuchun- -1 gen zur aktuellen Situation der Salzlacken im gestellt (Wolfram et al. 2004). schwankte zwischen 696 µgl und Burgenländischen Seewinkel. Bgld. Heimatblät- -1 Die unterschiedliche Trübe der La- 91 mgl . Dominierende Fraktion war ter 62: 3-49. cken führte zu einer Unterscheidung der gelöste organische Stickstoff (re- Löffler, H. (1959): Zur Limnologie, Entomostra- ken- und Rotatorienfauna des Seewinkelgebie- in „Weißwasserlacken“ (hohe Schweb- lativer Anteil am Gesamtstickstoff im tes (Burgenland, Österreich). Sitzungber. Österr. stoffgehalte) und „Schwarzwasser- Median 79 %)(Wolfram et al. 2004). Akad. Wiss. Abt.I, 168: 315-362. Den hohen Nährstoffgehalten ent- Metz, H. & Forró, L. (1989): Contributions to Strand-Salzmelde (Suaeda maritima) the knowledge of the chemistry and crustace- (Archiv Nationalpark Neusiedler See - sprechend können auch hohe Algen- an zooplankton of sodic waters: the Seewin- Seewinkel) biomassen in den Lacken auftreten, kel pans revisited. BFB (Biologische Forschung wobei Wolfram et al. (2004) ein Ma- Burgenland)-Bericht 70: 73 S. -1 Nelhiebel, P. (1980): Die Bodenverhältnisse ximum von 670 µgl messen konnten. des Seewinkels. BFB (Biologische Forschung Die „Stars“ der Salzlacken sind jene Burgenland)-Bericht 27: 41-48. Organismen, die unter diesen extre- Riedl, H. (1965): Beiträge zur Morphogenese des Seewinkels. Wiss. Arb. Bgld. 34: 5-28. men abiotischen Bedingungen leben Steiner, K.-H. (1994): Hydrogeologische Unter- können. Dabei gilt generell: je höher suchungen zur Beurteilung des Wasserhaushal- der Salzgehalt, umso geringer die Ar- tes ausgewählter Salzlacken im Seewinkel (Bur- genland). Diplomarbeit Univ. Wien, 91 S. tenzahl (Green 1993, Metz & Forró Wolfram, G., Schagerl, M., Donabaum, K. & 1989). Von höchstem Interesse sind Riedler, P. (2004): Untersuchung der räumli- die salztoleranten und salzliebenden chen und zeitlichen Verteilung benthischer Ever- tebraten in den Salzlacken des Seewinkels und Arten. Zu letzteren zählen Spezialisten ihre Rolle als Nahrungsgrundlage für Wasservö- wie das Rädertier Hexarthra jenkinae gel: Teil I. Abiotische Charakterisierung. Eigen- und die Kleinkrebse Arctodiaptomus verlag Donabaum & Wolfram, 107 S. ZAMG (2002): Klimadaten von Österreich spinosus, Moina brachiata, Branchi- 1971-2000. CD-ROM der Zentralanstalt für necta ferox und B. orientalis. Meteorologie und Geodynamik.

138 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 9.2 Feuchtgebietslandschaft des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel: Die „Zitzmannsdorfer Wiesen“ Johann E. Köllner

Einleitung Innerhalb der Feuchtgebietslandschaft des Nationalparkes Neusiedler See - Seewinkel nimmt die Wiesenlandschaft der Zitzmannsdorfer (bzw. Neusiedler) Wiesen auf Grund der standörtlichen Vielfalt und aktuellen Naturausstattung eine Sonderstellung ein.

Namensgebung Die Namensgebung „Zitzmannsdor- fer Wiesen“ leitet sich von dem im Jahre 1529 anlässlich des ersten Tür- kensturms gegen Wien zerstörten Dor- fes Zitzmannsdorf ab. Letzte Reste der Wüstung dieses Dorfes sind im Bereich des ehemaligen Schutzgebietes „Obere Neunmahd“ an den parallel zur nahen Landesstraße L 205 „Seestraße“ verlau- fenden Erdwällen, die noch heute die Seevorgelände (www.aufsichten.com) Gols, J. Lehner, mündl. Mitt. 2006) die verfallenen Häuserzeilen nachzeich- Grenze der Zitzmannsdorfer Wiesen. nen, zu erkennen. Heute ist das Wie- Die Zitzmannsdorfer Wiesen um- Dieser künstlich geschaffene Graben sengebiet Teil einer Exklave des Ge- fassen bei einer Nord-Süd-Erstreckung entwässert die zur Vernässung neigen- meindegebietes Neusiedl am See und von ca. 4 km und einer West-Ost-Aus- den Nördlichen Randmulden zwischen trägt daher auch alternativ den Namen dehnung von ca. 1,6 km aktuell unge- dem Hangfuß der Parndorfer Platte „Neusiedler Wiesen“. fähr 430 Hektar Wiesenflächen und ca. und dem Nordrand der Kleinland- 300 Hektar Brachflächen. Im Norden schaft „Heideboden“ zum Neusiedler Landschaftliche Bezüge und reichen die Wiesen bis knapp an die See. Er quert ab der Landesstraße west- Ausdehnung breite Unterhangschleppe des Steilab- wärts die wiesenrelevante Seerand- Die Zitzmannsdorfer Wiesen liegen falls (Wagrams) der Parndorfer Plat- zone und in weiterer Folge Richtung nordöstlich des Neusiedler Sees. te heran. Die östliche Begrenzung ist Freiwasserzone des Neusiedler Sees Sie werden vom See und dessen brei- zum einen im Bereich des ehemaligen noch den Seedamm, das Seevorgelän- ter Verlandungszone des Schilfgürtels Schutzgebietes (s. o.) mit dem westli- de und den geschlossenen Schilfgürtel durch die fast am gesamten Ostufer chen Begleitweg entlang der Landes- am Ostufer des Sees. des Sees saumartig entlang verlaufen- straße L 205 bzw. zum anderen mit der Naturräumlich hat das Wiesenge- de, ca. 2,5-3,5 m hohe und ca. 30 m westlichen Nutzungsgrenze am Ter- biet Anteil an vier der insgesamt acht breite Kleinlandschaft „Seedamm“ na- rassenrand der früher fast geschlosse- Kleinlandschaften des Seewinkels: Der turräumlich getrennt. Zwischen See- nen Weingartenflur entlang der Lan- Trockenrasenstreifen westlich entlang damm und Schilfgürtel des Sees liegt desstraße gegeben. Im Süden bildet der Landstraße liegt auf einer sporn- noch die schmale Landschaftseinheit der in Ost-West-Richtung verlaufen- artig nordwestwärts ausstrahlenden „Seevorgelände“, mit zum Teil noch de Unterlauf des „Neusiedler Grabens“ flachrückenartigen Exklave der „zen- primären offenen Salzsteppen auf So- (= Grenzgraben zwischen den Katas- tralen Seewinkler Schotterflur“ („See- lontschak-Salzboden. tralgemeinden Neusiedl am See und winkel-Terrasse“ korrespondierend mit

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 139 der Wiener „Arsenal-Terrasse“). Un- Bodentypen 2. Nördliche Seerandzone gefähr 120-140 m westlich der Straße und Standortsverhältnisse In der tiefer gelegenen Nördlichen See- fällt diese ca. auf Seehöhe 120 m ü. A. Entsprechend der genannten Land- randzone prägen im Wesentlichen liegende Terrasse aus würmeiszeitli- schaftsgliederung resultieren un- 1. der im Untergrund vorhandene (d. h. cher Donauschotterablagerung mit terschiedliche Standortsverhältnisse, heute begrabene) Salzboden, der wohl einem flachen Übergang auf die ca. Bodenvorkommen (Übersicht nach dem „Salzführenden Horizont“ nach 2-3 m tiefer liegende Kleinlandschaft Nelhiebel 1979) und Vegetationsbe- Franz et al. 1937 zuzuordnen ist, als „Seerandzone“, die den Hauptteil des stände: Ausgangsmaterial für die rezenten Bo- Wiesengebietes darstellt, ab. Die „See- denverhältnisse, randzone“ ihrerseits war früher der 1. Schotterflur 2. die wechselnde Mächtigkeit und östliche Teil der weitläufigen Verlan- Die höchsten und zugleich trockensten Textur der darüber lagernden Boden- dungszone im Nordteil des Neusied- Geländelagen der flachrückenartigen auflage der ebenen Flächen bzw. der ler Sees und wurde an ihrer heutigen Schotterflur-Exklave entlang der Lan- darin eingesenkten unterschiedlich westlichen Begrenzung von diesem desstraße umfassen einen Paratscher- tiefen Mulden und Rinnensysteme durch die erst ca. 2000 Jahre alte Klein- nosem aus feinem, kalkfreiem Locker- bzw. die flachen Geländeerhebungen landschaft „Seedamm“ naturräumlich material. Seewärts schließt am flach in Form von Rücken und Kuppen und abgetrennt. zur Seerandzone hin abfallenden Ter- 3. die lokalen Wasserverhältnisse die Mit dem nordwärts gerichteten rassenrand ein tiefergründiger, dunk- Standortsverhältnisse. Auskeilen der flachrückenartigen ler, trockener bis wechseltrockener So dominieren entlang des am Ter- Schotterflur-Exklave knapp südlich der Tschernosem (Steppenschwarzerde- rassenfuß flächig austretenden Grund- Verbindungsbahnlinie zwischen dem boden) aus feinem, sandigem Locker- wassers die beiden Bodentypen „ver- österreichischen Bahnnetz und der material an. Ein in der Seerandzone salztes, karbonathaltiges Niedermoor“ ungarischen Raab-Ödenburger-Bahn auf Flachrücken und -kuppen eben- aus karbonathaltigem Schwemmma- geht das Nordende des Wiesengebie- falls auftretender Tschernosem zeigt terial (Seesedimente) bzw. „versalztes tes innerhalb des nördlichen Randbe- im Gegensatz dazu bereits einen ent- karbonathaltiges Anmoor“ aus feinem reiches der Seerandzone direkt in die sprechenden Versalzungseinfluss aus Ausgangsmaterial, hingegen im daran unmerklich etwas höher liegende, von dem Unterboden an. westwärts anschließenden Hauptteil hier entlang der Bahnlinie südostwärts des Wiesenareals, der im überwiegen- dahinziehende „Nördliche Randmul- den Anteil auf ombrogene Wasserver- Zitzmannsdorfer Wiesen, denzone“ über. Scheiblingsee (www.aufsichten.com) sorgung angewiesen ist, dominieren mit einigen Ausnahmen verschiedene Ausbildungen „versalzter karbonat- hältiger Feuchtschwarzerden“. In sei- ner Funktion als Tagwasserstauschicht nimmt dabei der begrabene Salzboden wesentlichen Einfluß auf die jahreszeit- lich stark schwankenden Wasserver- hältnisse v. a. im Bereich dieser un- terschiedlich mächtigen Auflage der lokalen Feuchtschwarzerdevorkom- men und der darin unterschiedlich tief eingesenkten Geländemulden (Flut- mulden) mit entsprechenden Aus- wirkungen auf die Vielfalt der darauf stockenden Vegetation. Lediglich im zentralen Südteil der Wiesen vermittelt das Auftreten des Salzbodentyps „kar-

140 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz bonathaltiger Solontschak-Solonetz“ In der zweiten Hälfte des letzten in tieferen Geländemulden bereits zur Jahrhunderts wurde das Gebiet zwei- südwärts nur einige hundert Meter mal eingehender bearbeitet (Hübl, E. u. entfernt liegenden „Golser Lacke“ mit Niklfeld, H., Mitte der Sechziger Jahre, ihren umrahmenden Salzwiesen- und ined., bzw. Köllner 1983, ined.). Die in Brackröhrichtbeständen über Solont- der letztgenannten Arbeit nach öko- schak und damit landschaftlich bereits logischen Gesichtspunkten zu lokalen zur gebietstypischen Salzlackenland- Gesellschaften gefassten Vegetations- schaft der Seewinkler Seerandzone, die bestände konnten nunmehr für die ge- durch die etwas höher gelegene Land- genständliche Darstellung provisorisch schaft im Bereich der Ortschaft Poders- über 30 Assoziationen der syntaxono- dorf in eine nördliche und eine südliche mischen Übersicht „Die Pflanzenge- Teillandschaft gegliedert werden kann sellschaften Österreichs“ (Mucina et (Nördliche Seerandzone und Südliche al. 1993) zugeordnet werden. Seerandzone). Nach Erscheinen dieser Pflan- Die an der Oberfläche sehr trockene, zengesellschaften-Übersicht erfolgte schmale sanddünenartige Landschafts- mittlerweile zum einen eine weitere einheit Seedamm, einschließlich deren überblicksartige vegetationskundliche ostexponierter flacher Abhang im Süd- Berarbeitung im Rahmen der Erstellung westteil des Wiesengebietes, wird vom eines Pflegekonzeptes für die burgen- weitgehend profillosen Bodentyp „kar- ländischen Schutzgebiete, die sich dem- bonathaltiger Lockersediment-Roh- gemäß für das Gebiet Zitzmannsdorfer boden“ aus den Ausgangsmaterialien Wiesen wiederum nur auf das damalige Kalksand und Schotter aufgebaut. Naturschutzgebiet „Obere Neunmahd“ an der Landesstraße beschränkte (Koó Vegetationübersicht 1994), und zum anderen im Rahmen Grau-Steppenaster (Galatella cana) einer Diplomarbeit eine Sukzessions- (E. Köllner) 1. Bisherige Bearbeitungen studie zur Vegetationsentwicklung auf Die Vegetationsverhältnisse der Zitz- Sozialbrachen der Zitzmannsdorfer tig wirksamer Nutzungswandel: mannsdorfer Wiesen wurden bereits Wiesen (Knogler 1999). Beide Arbei- 1. Heuwiesennutzung als Winterbevor- in der ersten Hälfte des letzten Jahr- ten orientieren sich an diesem syntaxo- ratung für die Viehherden einschließ- hunderts teilweise von H. Bojko (1932 nomischen Referenzwerk (Mucina l.c.). lich spätsommerlicher Nachweide auf und 1934) bearbeitet, wobei damals den höher gelegenen Geländepartien v. a. der Blickpunkt auf die vermeint- 2. Nutzungsgeschichte bis in die erste Hälfte des 20 Jahrhun- lichen Überreste eines westlichen Wesentlichen Einfluss auf das heuti- derts. Ausläufers der primären südrussi- ge Erscheinungsbild des Wiesengebie- 2. Zunehmende Nutzungsintensivie- schen Rasensteppen auf der Seewin- tes nahm deren langjährige Nutzung: rung durch Parzellierung und Draina- kel-Schotterflur-Terrasse an der Straße im Bereich der Schotterflur v. a. Hut- gierung beginnend ab den Zwanziger- gelegt wurde. Diese Annahme führ- weidenutzung, danach Parzellierung jahren des letzten Jahrhunderts und te auch zur Errichtung eines entspre- in den Zwanzigerjahren des letzten zuletzt chenden „Banngebietes“ im Jahre 1931 Jahrhunderts, darauffolgend ca. 60-70 3. ca. 30 Jahre lang v. a. in trockeneren für die Laufzeit von zehn Jahren, unter Jahre Weingarten- bzw. Ackernutzung Jahren immer wieder Inkulturnahme- Miteinbeziehung der am Hangfuß aus- und seit nunmehr ca. 20 Jahren wieder versuche zur ackerbaulichen Nutzung tretenden, in Naturstein als Schacht- zunehmend Extensivierung mit unter- und Anlage von Weinkulturen auf den quelle gefassten „Römischen Quelle“ schiedlich alten Brachflächen. Flächenanteilen der Schotterflur und und der daran anschließenden Kalk- Im Bereich der Seerandzone erfolg- auch auf – zumindest höhergelegenen Flachmoorwiesen. te ein mehrfacher, noch heute nachhal- – Teilflächen der Seerandzone. Zent-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 141 raler Punkt dabei war die Anlage dreier reichs“ (Mucina l.c.) dargestellt werden Festucetum pseudovinae) zeugen noch weit verzweigter Drainagegräben mit können und im Wesentlichen auf den heute von der früheren Nutzung als Entwässerungsrichtung zum Neu- eingehenden vegetationskundlichen frühsommerlich und herbstlich be- siedler See, die jedoch auf Grund des Untersuchungen von Köllner (1983) stoßene Hutweiden. Die zunehmende großteils bindigen und alkalinisierten basieren. floristische Verarmung dieser artenrei- Bodens nicht den seitens der Grund- chen Trockenwiesen zeigt sich u. a. am eigentümer erhofften Drainageeffekt 3. Pflanzengesellschaften der Verschwinden des Stengellosen Tra- für eine dauerhafte ackerbauliche Nut- Schotterflur-Trockenwiesen gants (Astragalus exscapus; Rote Liste- zung dieser Grenzertragsböden zeig- Im Bereich des Gebietsanteils des frü- Einstufung (= RL) 1) oder am starken ten. Ende der Siebzigerjahre erfolgte heren Naturschutzgebietes „Obere Rückgang seltener und zugleich auf- daher die letzte Aktivierung eines Teils Neunmahd“, der Exklave der Land- fallender Arten wie Rau-Tragant (As- der Gräben durch Nachschneiden. schaftseinheit Schotterflur, hat inner- tragalus asper, RL2) oder des Öster- 4. Seit den späten Fünfzigerjahren er- halb der letzten drei Jahrzehnte ein reichischen Salbeis (Salvia austriaca, folgten dann der Übergang zur parzel- merklicher Wandel der Vegetation der RL2). Diese Vegetationstypen prägen lenweise unterschiedlich intensiven Kontinentalen Trockenrasen (Festuci- auch im Wesentlichen die aktuelle Be- Mähnutzung und der Beginn der Ex- on valesiacae) von artenreichen Tro- stockung der Sandflächen des Seedam- tensivierung durch staatlich geförderte ckenwiesenbeständen vom Typ der mes und die trockensten Bereiche der Flächenstillegung ab 1987. Pannonischen Tragant-Pfriemen- Flachrücken und -kuppen in der See- 5. Ab der Eingliederung der Wiesen als grasflur (Astragalo austriaci-Festu- randzone. Heute tritt der Rau-Tragant Bewahrungszone in den Nationalpark cetum sulcatae; Köllner l.c.) teilweise hingegen zum Teil herdenbildend in 1993 erfolgt nunmehr reine einschü- hin zu stark ruderalisierter Salbei- älteren, bereits zur Vergrasung neigen- rige Mähnutzung ohne Nährstoffaus- Glatthafer-Fettwiese (Arrhenathere- den Brachflächen der aufgelassenen gleich. tum elatioris Braun 1915 Subass. von Weingärten im Bereich der Schotter- Entsprechend der landschaftlichen Salvia pratensis) bzw. zur Quecken- flur auf. Gliederung sowie der standörtlichen Trockenrasen-Brache mit Graugrü- Vielfalt und wechselvollen Nutzungs- ner Quecke (Elymus hispidus) am Rand 4. Pflanzengesellschaften der geschichte der Wiesen ergibt sich eine zu früheren Weingärten eingesetzt. Nördlichen Seerandzonen-Wiesen Vielzahl an Vegetationstypen, die in Restbestände der Seewinkler Schwin- (Übersicht wesentlicher Gesellschafts- diesem Rahmen nur überblicksartig gel-Sandpußta (Potentillo arenariae- zusammenhänge) und nur teilweise mit provisorischer Die ausschließliche Zuordnung der pflanzensoziologischer Zuordnung zu Tal-Fettwiesen-Bestände v. a. auf fri- den „Die Pflanzengesellschaften Öster- Neusiedler See – schilffreier schen bzw. trockenen bis wechseltro- Podersdorfer Strand (E. Köllner) ckenen, vormals zur Intensivierung der Mähnutzung gedüngten Standorten (v. a. die höhere Ebenenlagen sowie Flach- kuppen und -rücken) innerhalb der Pflanzengesellschaften-Übersicht von Mucina et al. (l.c.) zur Knollen-Hah- nenfuß-Glatthaferwiese (Ranunculo bulbosi-Arrhenatheretum) einschließ- lich einer feuchten Subassoziation mit Cirsium canum und Serratula tincto- ria erscheint nach Ansicht des Autors derzeit unbefriedigend und überarbei- tungsbedürftig. Die mittleren, ebenen Lagen und ge- ringfügig flach wannenartig eingesenk-

142 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz ten Geländebereiche werden von den Pfeifengras-Streuwiesen (Molinion) vom Typ Pannonische Blaugras-Pfei- fengraswiese (Succiso-Molinietum caeruleae) eingenommen. Diese stellen mit ihrem flächenmäßig größten An- teil am Wiesengebiet mit verschiede- nen Untergesellschaften einerseits die Verbindung zu den Kalk-Flachmoo- ren (Kleinseggen-Sümpfe und Groß- seggen-Flachmoore) und andererseits zu den Flutrasen mit geringerem Sal- zeinfluß bzw. bei Anreicherung der Ar- tengarnitur mit Salzzeigern wie z. B. Festuca parviflora, Plantago maritima, Tripolium pannonicum, Carex distans und Juncus gerardii zu deutlich stärker Der zugefrorene Illmitzer Zicksee oberbodenversalzten tieferliegenden von Pfeifengraswiesen in meist höher (E. Köllner) Flutmulden mit zum Teil Dominanz- gelegenen flachen Mulden und Wan- beständen solcher Salzzeiger im Mul- nenlagen und mit randlichen Über- denzentrum (v. a. Tripolium pannoni- mannsdorfer Wiesen stellen aber auch gängen auf die pfeifengrasbestockten cum) her. Solche zum Teil verschilften ein lokal hochkarätiges floristisches Mittellagen des ebenen Geländeni- Vegetationsbestände vermitteln insbe- Sammelbecken zum Teil höchst selte- veaus der Seerandzone sind floristisch sonders im Südteil des Wiesengebie- ner bzw. bemerkenswerter Pflanzen- und standörtlich in die Nähe der Duft- tes bereits deutlich zu den gebietstypi- vorkommen dar: so z. B. für eine Reihe lauch-Pfeifengraswiese (Allio suaveo- schen Salzwiesen und Brackröhrichten von Rote-Liste-Arten wie Orchideen lentis-Molinietum) zu stellen, da sie verlandender Sodalacken. (Klein-Hundswurz Anacamptis morio, ebenfalls wie diese bereits schwache Geländemäßig etwas höher und RL3, Wanzen-Hundswurz A. coriopho- Anklänge an benachbarte Kleinseg- trockener steht die Mitteleuropäi- ra, RL2, Helm-Knabenkraut Orchis gen-Kalkflachmoorwiesen aufweisen sche Pfeifengraswiese (Selino-Moli- militaris, RL2, Brand-Keuschständel bzw. bereits stärker zu den Feucht- nietum caeruleae), die in Form einer Neotinea ustulata, RL2), aber auch für und Nasswiesen des Calthion-Ver- Ausbildung mit der Filz-Segge (Carex andere bereits selten gewordene Arten bandes, namentlich zur Grau-Dis- tomentosa) soziologisch die naturnahe wie Kerner-Wiesen-Augentrost (Euph- tel-Wiese (Scirpo-Cirsietum cani) Verbindung zu den Glatthafer-Wiesen rasia kerneri, RL2), Österreich-Kranz- des Unterverbandes der Dotterblu- bzw. gebietstypischen Furchenschwin- enzian (Gentianella austriaca, RL2) men-Wiesen (Calthenion) bzw. zum gel-Halbtrockenrasen herstellt bzw. bei und für den schmetterlingsschutzre- Sumpf-Schwertlilien-Ried (Iridetum entsprechenden Standortsbedingun- levanten Lungen-Enzian (Gentiana sibiricae) innerhalb des Unterverban- gen durch Nutzungs-intensivierung pneumonanthe, RL2) oder die Pracht- des der Mädesüß-Staudenfluren (Fili- aus der Pannonischen Blaugras-Pfei- Nelke (Dianthus superbus, RL3). Dazu pendulenion), vermitteln. fengraswiese hervorgehen kann. Auf kommt noch als herausragende floris- Diesem Filipendulenion, nament- gedüngten Parzellen frischer bis wech- tische Rarität ersten Ranges das euro- lich der Gelbweiderich-Mädesüß- selfeuchter Standorte erfolgte die An- paweit einzige bekannte autochthone Flur (Lysimachio vulgaris-Filipendu- bindung an die Glatthaferwiesen über disjunkte Vorkommen des zentralasi- letum), zuzuordnen sind als planare Rohr-Schwingel- und Wiesen-Schwin- atisch beheimateten Schlitzblatt-Beifu- Höhenstufen-Vikariante auch noch die gel-dominierte Wiesenbestände (s. u. ßes (Artemisia laciniata, RL1). saumartig bis flächig in der Litoralzone unter Rohr-Schwingel-Rasen). An Kanten-Lauch (Allium angulo- von tieferen Wiesenweihern auftreten- Die Pfeifengraswiesen der Zitz- sum) reiche feuchtere Ausbildungen den Lysimachia vulgaris-dominierten

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 143 Bestände, die einerseits zu den zum den stockenden mesotrophen Groß- und E. latifolium) und dem derzeit Teil verschilften Großseggenrieden seggen-Rieden (Magnocaricion elatae). nach den Roten Listen als verschollen und andererseits zu den Sumpfwiesen Der Kalkflachmoorwiesenverband eingestuften Moor-Glanzständel (Li- bzw. bei deutlich ausgeprägten Gelän- ist durch folgende Gesellschaften paris loeselii) unterstrichen. Diese flo- deabrisskanten gleich direkt hinauf zu vertreten: zum einen durch die – ge- ristisch hochrangige Naturausstattung den Pfeifengraswiesen vermitteln. genüber den Schoeneten des Wiener der Kalkflachmoorwiesen und deren Die ebenfalls zum Unterverband Beckens an „dealpinen“ Arten stark langfristige Sicherung stellen daher ei- Calthenion zählende Bach-Distelwie- verarmten – Molinio-Schoenetum ni- nen wesentlichen Teilaspekt hinsicht- se (Cirsietum rivularis) steht auf ver- gricantis, das von Mucina et al. (l.c.) lich des Pflegemanegements dieser Na- nässten bzw. überrieselten Flächen, der typischen Subassoziation der Ge- tionalpark-Bewahrunsgzone dar. z. B. von am Hangfuß der Schotter- sellschaft der Schwarzen Kopfbinse Auf ganzjährig vernässten tieferen flur-Terrasse beständig austretendem (Junco obtusiflori-Schoenetum nigri- Geländemulden und Flachsenken (ver- Grundwasser, und wird an deren Rän- cantis) zugeordnet wurde, und zum landende Flachmoortümpel) stocken dern von den meist saumartig ausgebil- anderen durch die Gesellschaft der auf mesotrophen, oberflächlich hu- deten Beständen des Sumpf-Schwert- Stumpfblütigen Binse (Juncetum musreichen Standorten (Flachmoor- lilien-Rieds abschnittsweise umrahmt. subnodulosi), welche zum einen syn- torfauflagen aus Seggentorf stammend) Diese mit Ausnahme von trockenen ökologisch und auf Grund der floris- folgende Flachmoor-Großseggen- Jahren ganzjährig vernässten Flächen tischen Anreicherung mit Molinion- gesellschaften: Steifseggen-Sumpf- vermitteln in weiterer Folge zu den in Arten zu den Pfeifengraswiesen und ried (Caricetum elatae) u. a. mit an flachen Senken auf versalztem, kalk- zum anderen zur Schneidebinsen- Uferseggen (Carex riparia) reichen haltigem Anmoor bzw. Niedermoor Gesellschaft (Mariscetum serrati) der Beständen, die zu den Flutmulden – stockenden dauervernässten basen- mesotrophen Großseggen-Flachmoo- einschließlich jener mit zum Teil do- reichen Kleinseggen-Kalk-Flachmoor- ren vermittelt. Die Zentralgesellschaft minierenden Salzzeigern – vermitteln, wiesen (Caricion davallianae) sowie der Kalkflachmoorwiesen, dieDavall - sowie mit artenarmen verschilften weiter zu den in tieferen Geländemul- seggen-Gesellschaft Caricetum dav- Beständen, die mit dem Vorkommen allianae, lässt sich lokal in eine arme des Gewöhnlichen Wasserschlauchs Iris spuria (E. Köllner) und in eine Sumpfdotterblumen-Un- (Utricularia vulgaris) an einigen Stel- tergesellschaft gliedern, wobei die ers- len (tiefe Wiesentümpel) bzw. mit tere insbesonders die Anbindung an Ufer-Sumpfkresse (Rorippa amphi- die Großseggen-Flachmoore (v. a. in bia, RL3), Sumpf-Wolfsmilch (Eupho- Richtung Sumpfseggen-Gesellschaft rbia palustris, RL2) und Wasser-Knö- Caricetum acutiformis) herstellt und terich (Persicaria amphibia) in ca. 1 die zweite auf anmoorigen Standorten m tiefen Bombentrichtern letztlich zu zum Calthenion-Unterverband bzw. den Röhrichten (v. a. dem Schilf-Röh- nutzungsbedingt (früher herbstliche richt Phragmitetum vulgaris, seltener Streunutzung, heute frühsommerliche dem Seebinsen-Röhricht Scirpetum Heunutzung!) zum Molinion-Verband. lacustris bzw. dem Röhricht des Sch- Die hohe Wertigkeit dieser zum Teil malblättrigen Rohrkolbens Typhe- noch intakten Flachmoorwiesen wird tum angustifoliae) überleiten. Weiters durch das Vorkommen floristischer die Schneidebinsen-Gesellschaft Kostbarkeiten wie beispielsweise dem (Mariscetum serrati) auf wasserzügi- Sumpf-Läusekraut (Pedicularis palus- gen Standorten mit dem dominanten tris), Herzblatt (Parnassia palustris), Vorkommen der reliktären Schneide Sumpf-Ständelwurz (Epipactis palus- (Cladium mariscus) und deren räum- tris), Sumpf-Hundswurz (Anacamptis lichen Anbindung an benachbart sto- palustris), Schmalblatt- und Breitblatt- ckende Kalkflachmoorwiesen (v. a. Wollgras (Eriophorum angustifolium an die Gesellschaften der Schwarzen

144 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Kopfbinse bzw. der Stumpfblütigen Schlankseggen-Sumpfes (Caricetum Binse) sowie die häufig an dasSteif - gracilis) und dem Kammseggen-Ried seggen-Sumpfried randlich anschlie- (Caricetum intermediae) am Rande ßende Sumpfseggen-Gesellschaft von flachen, nicht zu lange überstauten (Caricetum acutiformis). Floristisch Grabenabschnitten und angrenzenden interessante Steifseggen-Sumpfried- flachen Senken und zum anderen mit bestände mit dem seltenen Fieberklee dem Uferseggen-Sumpf (Galio palust- (Menyanthes trifoliata, RL2) und der ris-Caricetum ripariae), v. a. am Rande Rosmarin-Kriech-Weide (Salix repens tieferer Wiesentümpel, und der Rohr- ssp. rosmarinifolia, RL2) sind entlang glanzgras-Wiese (Phalaridetum arun- von tiefen Wiesengräben und angren- dinaceae) in flachen, nährstoffreichen zenden ganzjährig vernässten flachen Senken mit stark schwankender Was- Wiesentümpeln am Übergang zu den serführung. Davallseggen-Kalkflachmoorwie- sen anzutreffen. Durch die Aufgabe Wesentlich das Landschaftsbild prä- der Wiesenmahd sind diese Flächen gendes Element des Wiesengebietes derzeit stark verschilft, wodurch der der Seerandzone stellen die großteils lichtliebende Fieberklee zunehmend tieferliegenden Geländemulden mit verschwindet. Auf Teilflächen die- kaltjahreszeitlich langer Überstauungs- ser Bestände hat sich mittlerweile im charakteristik dar. Diese zum Teil bis Rahmen der Sukzession ein Strauch- knapp einen Meter tiefen und dadurch weidenbruchgebüsch vom Typ ei- bis in das späte Frühjahr hinein De- nes Schilf-Aschweiden-Gebüsches zimeter hoch wassergefüllten Gelän- (Phragmiti-Salicetum cinereae aus dem desenken (tiefen Flutmulden) trocknen Verband der Strauchweiden-Bruchwäl- in Niederschlagsnormaljahren erst im Wollgras (Archiv Nationalpark Neusied- der Salicion cinereae) etabliert. Aus Laufe des Frühsommer oberflächlich ler See - Seewinkel) dem ehemaligen Steifseggen-Sumpf- aus. Auf Grund dieser stark schwan- ried mit der Rosmarin-Kriech-Weide kenden Wasserverhältnisse im Jahres- entstand durch die Nutzungsaufga- gang erfolgt die Besiedlung der Mul- einen deutlichen Ruderaleinschlag so- be dieses dauervernässten Weichbo- den hauptsächlich durch floristisch wie einen deutlichen Anteil an Fettwie- dengebietes mittlerweile ein Bestand, ungesättigte ranglose Gesellschaften sen-Ordnungs- und Klassencharakter- der analog zum benachbart stocken- (artenarme Dominanzbestände des arten. Sein Gesellschaftsaufbau erfolgt den Schilf-Aschweiden-Gebüsch Flutrasenverbandes Potentillion an- hauptsächlich nicht aus ausläufertrei- als Schilf-Rosmarin-Kriech-Wei- serinae) v. a. von Potentilla anserina, benden Kräutern, sondern überwie- den-Gebüsch (Phragmiti-Salicetum Potentilla reptans, Ranunculus repens gend aus horstig wachsenden Gräsern rosmarinifolia) zu interpretieren ist. und Lysimachia nummularia. Am und Stauden. Diese Artengarnitur spie- Diese Bestände werden an einigen Flutmuldenrand schließt in Richtung gelt insgesamt eine ganzjahreszeitlich Stellen von Einzelbäumen bzw. klei- der ebenen Mittellagen des Wiesen- wesentlich trockenere Standortsituati- nen Gruppen der Pioniergehölzart gebietes meist eine von Deschampsia on wider. Es gehört daher die auf den Schwarz-Pappel (Populus nigra) rand- cespitosa dominierte Rasen-Schmie- Zitzmanndsorfer Wiesen, v. a. auf par- lich begleitet, jedoch nicht unmittelbar len-Wiese oder gleich direkt eine Pfei- zellenscharf abgegrenzten nutzungsin- zentral überschirmt. fengras-Wiese an. tensivierten Flächen von vormals leicht Der Unterverband der Großseg- Der von Mucina (l.c.) ebenfalls in oberbodenversalzten Pfeifengrasbe- gen-Flachmoore eutropher Standorte diesen Flutrasen-Verband gestell- ständen, auftretende Gesellschaft we- (Caricenion gracilis) ist v. a. mit fol- te Rohrschwingel-Rasen (Dactyli- der floristisch noch standörtlich in den genden Gesellschaften vertreten: zum do-Festucetum arundinaceae) zeigt Flutrasen-Verband. Sie stellt vielmehr einen mit dem seltenen Auftreten des hingegen im zönologischen Aufbau als Düngungsvariante der Pfeifen-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 145 graswiesen, ausgehend von etwas tie- ferliegenden bis in die leicht erhöhten Mittellagen-Geländeniveaus, die kul- turbedingt häufigste Anbindung an die Glatthaferwiesen dar. Auf Grund des nunmehr bereits zwölfjährigen Ausha- gerungsmahdregimes im Rahmen der pfleglichen traditionellen Mähnutzung der jetzigen Bewahrungszone inner- halb des Nationalparkes ist die Mög- lichkeit einer langsam einsetzenden Tendenz zur Rückentwicklung dieser vormals gedüngten Wechselfeuchtwie- sen in Richtung Pfeifengraswiesen zu- mindest theoretisch in Erwägung zu ziehen (Überprüfungsbedarf). Zu klären bleibt nach wie vor auch die zönologische Einordnung der lo- kalen Sumpfwiesenbestände v. a. mit Im Frühjahr stehen Teile der Zitzmanns- erhalten. Daran schließen auf tiefer dorfer Wiesen unter Wasser (Archiv Deschampsia cespitosa und Cnidium liegenden Geländemulden mit leicht Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel) dubium, die Anklänge einerseits an das salzigem Boden die Fuchsseggen-Ge- illyrische Deschampsion sowie ande- sellschaft (Caricetum vulpinae) und rerseits auch an das kontinental ge- RL3), Salz-Binse (Juncus gerardii, RL3), die Gesellschaft der Schwarzährigen tönte Cnidion und an das Potentillion Lücken-Segge (Carex distans, RL3) Segge (Caricetum melanostachyae) anserinae zeigen, zumindest in Teilen und Kriech-Straußgras (Agrostis sto- aus dem Großseggen-Unterverband in die Deschampsia-(Molinietalia)- lonifera) zu einer seit 1967 nicht mehr Caricenion gracilis u. a. mit dem Vor- Gesellschaft. Lehrbuchgemäß ste- gemähten, mittlerweile queckenver- kommen des seltenen Ruten-Blut- hen diese Bestände zwischen den il- brachten wechseltrockenen Salzwie- weiderichs (Lythrum virgatum, RL2) lyrischen Überschwemmungswiesen se mit den sehr seltenen Vorkommen und der Strand-Knollenbinse (Bolbo- des Deschampsion und den kontinen- der Salzwiesen-Schwertlilie (Iris spu- schoenus maritimus, RL3) an. In eini- tal-subkontinentalen Brenndolden- ria, RL2) und Grau-Aster (Galatella gen tieferen Geländemulden mit ei- Überschwemmungswiesen (Cnidion) punctata, RL2) v. a. im Norden der nem beträchtlichen Versalzungsgrad der Auen großer Flüsse (Mucina l.c.). Seerandzonenwiesen vermitteln. Die- des Bodens und kaltjahreszeitlicher Balátová-Tuláčková (1976, cit. Mucina se queckenverbrachte Salzwiese wurde Überstauung konnten sich analog den l.c.) betrachtet in diesem Zusammen- auf Grund der seltenen Pflanzenvor- Salzüberschwemmungswiesen an den hang den Deschampsion-Verband als kommen von Grau-Aster und Salzwie- Seewinkler Sodalacken Bestände der Vikariante des Cnidion-Verbandes. sen-Schwertlilie vom bereits verstorbe- Neusiedler-Zickgras-Flur (Atropi- Einer eingehenderen Überprüfung nen Wiener Schmetterlingskundler des detum peisonis) des Verbandes der zur soziologischen Eingliederung be- Naturhistorischen Museums, Dr. Fritz Zickgraswiesen auf Solontschakbö- dürfen auch jene wechselfeuchten Kasy, privat in den Sechziger Jahren den (Puccinellion peisonis) mit domi- Fuchsschwanz-Wiesen in die Fuchs- des letzten Jahrhunderts gekauft und nierender Pannonien-Salzaster (Tri- schwanz-Frischwiese (Ranunculo mit der Auflage „jeglichen Nutzungs- polium pannonicum, RL3) sowie dem repentis-Alopecuretum pratensis), verbotes“ als Schutzgebietsfläche dem Neusiedlersee-Salzschwaden (Pucci- die zum Teil mit faziell auftretenden Österreichischen Naturschutzbund nellia peisonis, RL3), dem Strand-We- Beständen von Wiesen-Fuchsschwanz zur weiteren Betreuung übergeben. Bis gerich (Plantago maritima, RL3) und (Alopecurus pratensis), Einspel- heute ist sie als Teilfläche der National- der Salz-Simse (Juncus gerardii, RL3) zen-Sumpfried (Eleocharis uniglumis, park-Bewahrungszone in dieser Form etablieren. Die Salz-Kresse (Lepidium

146 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz cartilagineum, RL3) ist hingegen auf Literatur: fer des Neusiedler Sees.Verhandlungen d. Zoo- logisch-Botanischen Gesellschaft Österreichs, den Zitzmannsdorfer Wiesen nur an Bojko, H. (1932): Über die Pflanzengesellschaf- ten im burgenländischen Gebiete östlich vom 86/87, 297-364, Wien ganz wenigen Stellen mit geringer Indi- Neusiedler See. Burgenländische Heimatblätter, Geiselbrecht-Taferner, L. & Wallnöfer, S. viduenzahl innerhalb der Landschafts- Heft 1-2, 43-54, Eisenstadt (1993): Alnetea glutinosae. In: Mucina, L., Grab- herr, G. & Wallnöfer, S. (Hrsg.). Die Pflanzenge- einheit Seerandzone anzutreffen. Bojko, H. (1934): Die Vegetationsverhältnisse im Seewinkel II. Beihefte Botan. Centralblatt, sellschaften Österreichs. Teil III, 26-43, Gustav Im Bereich des Unterhanges und LI, Abt. II: 601-747. Fischer Verlag, Jena Hangfußes des Terrassenabfalls von Balátová-Tuláčková, E. et al. (1993): Phragmiti- Knogler, E. (1999): Vegetationsentwicklung auf der Schotterflur zur Seerandzone ha- Magnocariceteta. In: Grabherr, G. & Mucina, L. Sozialbrachen. Eine Sukzessionsstudie im Ge- biet der Zitzmannsdorfer Wiesen / Nationalpark ben sich innerhalb der letzten zwei (Hrsg.). Die Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil II, 79-130, Gustav Fischer Verlag, Jena. Neusiedler See, 56 pp, Diplomarbeit, Univ. Wien Jahrzehnte in Folge der Nutzungsauf- Ellmauer, T. & Mucina, L. (1993): Molinio- Köllner, J. (1983): Vegetationsstudien im west- gabe (Anm.: bis in die späten Achtziger Arrhenatheretea. In: Mucina, L., G. Grabherr lichen Seewinkel (Burgenland) – Zitzmannsdor- fer Wiesen und Salzlackenränder, ined.: 254 pp., Jahre des letzten Jahrhunderts erfolg- & Ellmauer, T. (Hrsg.). Die Pflanzengesellschaf- ten Österreichs. Teil I, 297-401, Gustav Fischer Diss., Univ. Salzburg te intensive Weingarten- bzw. Acker- Verlag, Jena Koó, A. (1994): Pflegekonzept für die Natur- nutzung) auf dem gut mit Nährstoffen Essl, F. et al. (2002): Rote Liste gefährdeter Bio- schutzgebiete des Burgenlandes. BFB-Bericht 82, 5-9, Biologisches Forschungsinstitut für und Wasserangebot versorgten Brach- toptypen Österreichs. Wälder, Forste Vorwälder. Umweltbundesamt (Hrsg.), Monographien, 156, Burgenland flächen zum Teil dichte, undurch- 29, Wien Mucina, L. (1993): Galio-Urticetea. In: Muci- dringliche streifenförmige Bestände Essl, F. et al. (2004): Rote Liste gefährdeter na, L., Grabherr, G. & Ellmauer, T. (Hrsg.). Die des Schwarz-Holunder-Gebüsches Biotoptypen Österreichs. Grünland, Grünland- Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil I, 203- 251, Gustav Fischer Verlag, Jena (Sambucus nigra-(Lamio albi-Chen- brachen und Trockenrasen, Hochstauden- und Hochgrasfluren, Schlagfluren und Waldsäume, Nelhiebel, P. (1977): Die Bodenverhältnisse im opodietalia)-Gesellschaft) entwickelt. Gehölze des Offenlandes und Gebüsche. Um- Raume nördlich des Seewinkels. Wien Im Bereich der „Römischen Quelle“ weltbundesamt (Hrsg.), Monographien, 167, Steiner, G.M. (1993). Scheuchzerio-Caricetea 144-145, Wien reicht dieser dichte, den Quellbereich fuscae. In: Grabherr, G. &. Mucina, L. (Hrsg.). Fischer, M. A., Adler, W. & Oswald, K. (2005): Die Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil II, zur Gänze umrahmende Gebüschgür- Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein 131-165, Gustav Fischer Verlag, Jena tel sogar bis nahe an die Terrassenober- und Südtirol. Biologiezentrum d. OÖ Landes- Weber, E. (2005): Liste der Farn- und Blüten- kante herauf. museen, 1392 pp., Linz pflanzen des Burgenlandes. Veröffentlichungen Franz, H., Höfler, K. & Scherf, E. (1937): Zur der Internationalen Clusius Forschungsgesell- Biosoziologie des Salzlackengebietes am Ostu- schaft, Güssing, 9: 1-60

Kasy-Wiese mit Aster canus (E. Köllner)

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 147 9.3 Zur ornithologischen Bedeutung des Ramsar-Gebietes Neusiedler See - Seewinkel Bernhard Kohler

1. Einleitung zum Ramsar-Gebiet erklärt, ein we- • Typ „R“ – saisonal wasserführende Die vogelkundliche Bedeutung des sentliches Kriterium waren die hier Sodaseen (entspricht der Mehrzahl der Neusiedler See-Gebietes soll in die- vorhandenen Wasser- und Watvogel- Lacken des Seewinkels). sem Beitrag vor allem aus der Per- bestände. Seither fokussieren Monito- • Typ „Ss“ – zeitweise überflutete So- spektive und mit den Begriffen der ringaktivitäten, Forschungs- und Na- dasümpfe (hiezu gehören die Salz- Ramsar-Konvention beschrieben wer- turschutzprojekte immer wieder auf sümpfe und Alkalisteppen im Umkreis den – also aus der Sicht des Abkom- die reiche Wasservogelfauna. der Seewinkellacken). mens zum Schutz international be- Tatsächlich finden wassergebun- • Typ Xf – baumbestandene Sümpfe deutender Feuchtgebiete. Zwar ist die dene Vogelarten im Ramsar-Gebiet (im Gebiet nur durch relativ kleinflä- Ramsar-Konvention schon längst nicht „Neusiedler See - Seewinkel“ ein brei- chige Weiden- und Erlenbestände an mehr nur das „Abkommen zum Schutz tes und für Mitteleuropa höchst un- Quellaustritten in der Verlandungszo- international bedeutender Wasser- und gewöhnliches Spektrum an Feuchtge- ne des Sees vertreten). Watvogelbestände“, als das sie einst bietstypen vor. In dem rund 440 km2 Im ungarischen, 84 km2 großen Teil konzipiert wurde, sondern ein viel großen österreichischen Anteil des des Gebietes, der unter der Bezeich- umfassenderes Regelwerk zum Schutz Gebietes sind nach der Einteilung der nung „Lake Fertő“ seit 1989 ebenfalls von Feuchtgebieten, in dem zahlrei- Ramsar-Konvention folgende Feucht- Ramsar-Gebiet ist, finden sich diesel- che Organismengruppen, vor allem gebietstypen zu unterscheiden: ben Feuchtgebietstypen, die vorliegen- aber auch ökosystemare Aspekte so- • Typ „Q“ – ständig wasserführende de Übersicht beschränkt sich allerdings wie Fragen der nachhaltigen Nutzung Sodaseen (hiezu gehören der Neusied- auf den österreichischen Abschnitt der eine wichtige Rolle spielen; dennoch ler See und einige große Seewinkella- Gesamtregion. kommt den Beständen wassergebun- cken). Die große Vielfalt an Feuchtlebens- dener Vogelarten bei der Ausweisung, • Typ „Sp“– ständig wasserführende räumen und ihr spezieller ökologischer beim Management und der laufenden Brackwassersümpfe (umfasst die röh- Charakter führen zu einem bemer- Zustandskontrolle von Ramsar-Gebie- richtbestandenen Verlandungszonen kenswerten Reichtum der Avifauna. ten nach wie vor eine Schlüsselstellung des Sees und der perennierenden La- Weil manche Lebensraumtypen in zu. Das Neusiedler See-Gebiet wurde cken). beträchtlicher Ausdehnung vorhan- im Jahr 1983, kurz nach dem Beitritt den sind, erreichen die Bestände vieler Österreichs zur Ramsar-Konvention, Löffler (Archiv Nationalpark Neusiedler Vogelarten international bedeutende See - Seewinkel) Größenordnungen. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammen- hang, dass die Feuchtgebiete der Neu- siedler See-Region in ein landschaftli- ches Mosaik eingebettet sind, das aus hochproduktivem, intensiv genutztem Agrarland und extensiv bewirtschafte- ten Flächen wie Hutweiden und ein- schürige Mähwiesen besteht. Etliche Vogelarten – darunter auch solche mit großen, international bedeutenden Be- ständen – nutzen gezielt diese Kombi- nation aus naturnahen Feuchtgebieten, extensiv bewirtschafteten Resten der traditionellen Kulturlandschaft und modernen Intensivlandwirtschaftsflä-

148 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz chen. Die enge Verflechtung mit dem teratur). Anlässlich der Kartierung des Agrarland stellt allerdings auch ein la- SPA Neusiedler See - Seewinkel in den tente Gefahr für die Integrität und den Jahren 2005 und 2006 (Dvorak et al. Fortbestand der naturnahen und der 2008b) wurden Bestandserhebungen traditionell bewirtschafteten Flächen bei allen Natura 2000-relevanten Vo- dar, denn sie führt zu Interessens- und gelarten durchgeführt. Bei Arten, die Nutzungskonflikten, die trotz der viel- bereits Gegenstand des Nationalpark- fältigen und insgesamt sehr erfolgrei- monitorings sind, wurden die Erhe- chen Schutzbemühungen noch nicht bungen auch auf bislang nicht kont- restlos beseitigt sind. rollierte Gebietsteile ausgeweitet. Die Weite Teile des Gebietes genießen SPA-Studie stellt für viele Arten die ak- als Nationalpark bereits den höchst- tuelle Zusammenfassung der Bestands- möglichen Schutzstatus und unter- situation dar. Wichtige Bestandsdaten liegen einem gezielten, naturschutzo- aus der Zeit vor 2001 stammen aus rientierten Gebietsmanagement, das Projekten der Nationalparkforschung sich auch sehr positiv auf die Vogel- – Schreitvögel (Nemeth & Grubbauer welt ausgewirkt hat. Handlungsbedarf 2005, Nemeth et al. 2003), durchzie- besteht vor allem außerhalb der Nati- hende Limikolen (Laber 2003a, Koh- onalparkgrenzen – teils, um die Qua- ler & Rauer 2009), Schilfvögel in der lität der dort noch vorhandenen natur- Naturzone des Nationalparks (Dvorak nahen Lebensräume zu sichern, teils, et al. 1997) – sowie aus langfristigen um negative Einflüsse auf die Natio- Erhebungsprogrammen, die von Di- nalparkflächen zu beseitigen, die von plomarbeiten und Dissertationen ih- der intensiven Landnutzung und der ren Ausgang genommen haben (Braun menschlichen Inanspruchnahme des 1996, Kohler 1997, Kohler 1999). Nur Umlandes ausgehen. Den notwendi- vereinzelt muss auf ältere Angaben zu- Säbelschnäbler (Archiv Nationalpark gen Rahmen dafür bietet vor allem der rückgegriffen werden, wobei zumeist Neusiedler See - Seewinkel) Status des Neusiedler See-Gebietes als auf die Zusammenstellung in Dick et Natura 2000-Gebiet. al. (1994) Bezug genommen wird. Um 3. Die Bestände wassergebundener den Text des vorliegenden Überblicks Vogelarten in den verschiedenen 2. Quellenübersicht nicht mit Zitaten zu überfrachten, wer- Feuchtgebietstypen der Region Die weit zurückreichende Traditi- den die oben genannten Quellen bei Die Gliederung dieses Abschnitts on vogelkundlicher Untersuchun- der Angabe von Bestandsgrößen nicht folgt der oben skizzierten Feuchtge- gen im Neusiedler See-Gebiet, sein neuerlich zitiert. Da sich die Original- bietstypologie – d.h. es werden der naturschutzfachlicher Stellenwert, arbeiten zumeist auf einzelne Arten Reihe nach die wichtigsten Vogelbe- der hochrangige Schutzstatus und die bzw. klar abgegrenzte Artengruppen stände des Sees, des Schilfgürtels, der damit verbundenen Monitoring-Ver- beziehen, sollte eine Zuordnung aber Lacken sowie der Sodasümpfe, Alka- pflichtungen haben dazu geführt, dass nicht schwer fallen. Bei den Bestands- listeppen und Feuchtwiesen bespro- das Wissen über die Vogelbestände der größen werden zumeist die Schwan- chen. Nicht behandelt werden wegen Region ungewöhnlich gut ist. Die vor- kungsbereiche angegeben, die im Zeit- der Kleinflächigkeit ihres Vorkom- liegende Zusammenstellung stützt sich raum 1995-2008 beobachtet worden mens im Gebiet die „baumbestande- in erster Linie auf das umfassende Da- sind. Alle Bestandsangaben beziehen nen Sümpfe“. Generell ist natürlich zu tenmaterial, das seit 2001 im Rahmen sich auf den österreichischen Teil des beachten, dass in der Realität nur we- des von BirdLife Österreich durchge- Gebietes, mit Ausnahme der Gänse, nige Arten streng an einen bestimmten führten ornithologischen Monitorings bei denen eine sinnvolle Trennung von Feuchtgebietstyp gebunden sind. Die im Nationalpark Neusiedler See - See- den Rastbeständen auf ungarischer meisten Wasservögel nutzen die ver- winkel erarbeitet worden ist (siehe Li- Seite nicht möglich ist. schiedenen Teilräume des Gebietes –

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 149 nicht zuletzt in Abhängigkeit von den 2.000 und 5.000 Individuen, in einzel- flutungstiefe und -dauer. Zusätzliche saisonal und jahresweise schwanken- nen milden Wintern mit lang anhalten- Strukturvielfalt entsteht durch das Ne- den Wasserständen – in jeweils unter- der Eisfreiheit wurden aber fast 12.000 beneinander von verschiedenen Al- schiedlichem Umfang. Individuen gezählt. Auf die Gänserast- ters- bzw. Sukzessionsstadien: Ältere bestände, die den See als Ausweich- Bestände zeichnen sich z. B. durch eine 3.1 Die offene Wasserfläche gebiet nutzen, wird im Abschnitt 3.3 verfilzte Knickschicht aus totem Schilf des Neusiedler Sees eingegangen. aus. Weiter erhöht wird die Habitat- Die offene Seefläche, deren Ausdeh- vielfalt durch Wasserstandsschwan- nung rund 130 km2 beträgt, ist für 3.2 Der Schilfgürtel des kungen, die im Zusammenspiel mit Wasservögel nur zeitweise von Be- Neusiedler Sees dem Mikrorelief zu einem wechseln- deutung, sie dient speziell in trocke- Der aus internationaler Perspektive den Angebot an Seichtwasserbereichen nen Jahren als herbstlicher Rastplatz mit Abstand bedeutendste Vogelle- und Schlammbänken in den offenen für durchziehende Kormorane, En- bensraum des Gebietes ist sicherlich Teilen des Schilfgürtels führen. ten und Möwen. Wenn die Lacken der Schilfgürtel des Sees. Mit 163 km2 Seine ungewöhnliche Größe und die des Seewinkels im Winter zufrieren, (davon 101 km2 auf österreichischem reiche innere Strukturierung machen dann können auch Seeteile, die etwas Gebiet) ist er der zweitgrößte Schilf- den Schilfgürtel des Neusiedler Sees länger eisfrei bleiben, vorübergehend bestand Europas und eine der umfang- zu einem der wichtigsten europäischen als Schlaf-, Bade- und Trinkplätze für reichsten Röhrichtflächen weltweit. Für Brutplätze für röhrichtbewohnende durchziehende Gänse dienen. Für die die Besiedelung durch Vögel ist aus- Vögel. Die Brutbestände von Rohr- Wasservögel besonders attraktiv ist schlaggebend, dass die Schilfbestände dommel (Botaurus stellaris, 150-180 diesbezüglich die für den Bootsver- des Neusiedler Sees keine gleichmäßig BP), Silberreiher (Casmerodius albus, kehr gesperrte Naturzone des Natio- mit Röhricht bedeckten Flächen sind, 486-745 BP), Moorente (Aythya nyro- nalparks. In den letzten Jahren wurden sondern ein Mosaik aus unterschied- ca, 50-150 BP) und Kleinem Sumpf- auf dem offenen See Maximalbestände lich dicht bewachsenen Bereichen und huhn (Porzana parva, 1.000-2.000 von 200 Kormoranen (Phalacrocorax eingestreuten, röhrichtfreien Lichtun- BP) sind wegen ihres Umfangs von in- carbo), 50 Pfeifenten (Anas penelope), gen darstellen, deren Größe von klei- ternationalem Stellenwert. Nationale 400 Schnatterenten (A. strepera), 1.670 nen Blänken bis zu quadratkilometer- Bedeutung haben die Bestände von Krickenten (A. crecca), 2.400 Stocken- großen Rohrlacken reichen kann. Die Zwergtaucher (Tachybaptus ruficol- ten (A. platyrhynchos), 550 Knäkenten Vitalität der einzelnen Schilfbestände lis, 150-300 BP), Zwergdommel (Ixob- (A. querquedula), 1.800 Löffelenten (A. variiert je nach Nährstoffversorgung, rychus minutus, 60-120 BP), Purpur- clypeata) und 350 Kolbenenten (Net- Ausmaß der Durchströmung mit sau- reiher (Ardea purpurea, 35-298 BP), ta rufina) registriert. Die Höchstwerte erstoffreichem Wasser und der Über- Löffler (Platalea leucorodia, 38-81 BP), gleichzeitig angetroffener Schwimm- Graugans (Anser anser, 600-900 BP), vögel (ohne Gänse) lagen zwischen Kiebitz (M. Dvorak) Kolbenente (Netta rufina, 100-200 BP), Rohrweihe (Circus aeruginosus, 120- 260 BP), Wasserralle (Rallus aquati- cus, 500-2.000 BP), Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana, 50-100 BP). Keine aktuellen Angaben liegen für die wahr- scheinlich ebenfalls national bedeuten- den Populationen von Teichhuhn (Gal- linula chloropus), Blässhuhn (Fulica atra) und Lachmöwe (Larus ridibun- dus) vor. Die im Schilfgürtel brüten- den Bestände von Stockente, Knäk- ente (Anas querquedula, 75-150 BP), Löffelente (20-60 BP) und Tafelente

150 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz (Aythya ferina) stehen in engem Zu- sammenhang mit den Vorkommen an den Seewinkellacken und haben damit ebenfalls nationalen Stellenwert. Be- sonders hervorzuheben sind die au- ßerordentlich kopfstarken Bestände schilfbewohnender Singvögel, deren Bedeutung wahrscheinlich weit über die Grenzen Österreichs hinausreicht. Sie gehören zu den größten Einzelbe- ständen Europas und dürften als pro- duktive Quellpopulationen für be- nachbarte Gebiete eine wichtige Rolle spielen. Zu nennen sind Blaukehlchen (Luscinia svecica, 230-320 BP), Rohr- schwirl (Locustella luscinoides, 8.000- 16.000 BP), Mariskensänger (Acroce- phalus melanopogon, 2.100-5.200 BP), Schilfrohrsänger (A. schoenobaenus, Silberreiher (M. Dvorak) 3.000-7.000 BP), Teichrohrsänger (A. chen auf den Nationalpark übergegrif- scirpaceus, 45.000-60.000 BP), Dros- fen haben, sowie durch „Schneebruch“ selrohrsänger (A. arundinaceus, 700- Bekassinen (Gallinago, bzw. Lymnoc- in ihrer Ausdehnung stark zurückge- 1.100 BP), Bartmeise (Panurus biar- ryptes), aber auch für manche Strand- gangen, die Bestände der Altschilfspe- micus, wahrscheinlich mehr als 10.000 läufer und Regenpfeifer (Calidris sp., zialisten dürften darunter erheblich ge- BP) und Rohrammer (Emberiza scho- bzw. Charadrius sp.). litten haben. Ein typischer Bewohner eniclus, 4.500-6.700 BP). Zu erwähnen Die Verteilung der Vogelbestände der regelmäßig bewirtschafteten Tei- ist auch das für Schilfgebiete eigentlich wird stark von der menschlichen Nut- le des Schilfgürtels ist hingegen der untypische Brutvorkommen des Grau- zung des Schilfgürtels, d.h. von der Teichrohrsänger, der an dicht stehende, reihers (Ardea cinerea, 81-128 BP) so- Schilfernte und dem damit zusam- mittelalte Röhrichte ohne Knickschicht wie das gelegentliche Brüten von Sei- menhängenden Feuereinsatz beein- gebunden ist. Weiters werden die Ern- denreiher (Egretta garzetta, bis 5 BP) flusst. In Bereichen wie der Naturzo- tegebiete auch von Arten besiedelt, die und Nachtreiher (Nycticorax nyctico- ne des Nationalparks, in denen mehr gegenüber der Schilfstruktur relativ in- rax, bis 41 BP). Ein interessanter Neu- keine Schilfbewirtschaftung stattfin- different sind, z. B. von der Wasserral- zugang, dessen weitere Bestandsent- det, sind die Bedingungen vor allem le. Dennoch dürfen die Umtriebszeiten wicklung abzuwarten bleibt, ist die für Altschilfspezialisten wie das Klei- bei der Schilfbewirtschaftung nicht zu Zwergscharbe (Phalacrocorax pyg- ne Sumpfhuhn, den Rohrschwirl und kurz sein, denn allzu häufig gemähte maeus, 2007 erstmals 14, 2008 16 BP, den Mariskensänger günstig. Dagegen bzw. abgebrannte Flächen sind für kei- Nemeth 2008b). Einige der genannten sind andere Röhrichtbewohner, wie z. ne Schilfvogelart günstig. In Zukunft Röhrichtbewohner kommen auch in B. der auf vitales, starkhalmiges Schilf wird es wichtig sein, für die außerhalb den Schilfbeständen und Seggensümp- angewiesene Drosselrohrsänger oder des Nationalparks gelegenen Teile des fen der Seewinkellacken vor, während der landseitig in seggendurchsetzten Neusiedler See-Schilfgürtels ein Schilf- umgekehrt typische „Lackenvögel“ wie Schilfbeständen lebende Schilfrohr- vogel- und damit Natura 2000-gerech- durchziehende Limikolen in Jahren mit sänger, in langjährig unbewirtschaf- tes Flächenmanagement zu entwickeln. niedrigem Wasserstand in erheblichem teten deutlich unterrepräsentiert. In Die Schilfbestände der Seewinkel- Umfang auf die weiträumigen Blänken jüngster Zeit sind die Altschilfbestände lacken sind von wesentlich geringerer im Schilfgürtel ausweichen. Das gilt vor der Naturzone durch Brände, die aus Ausdehnung als jene des Sees, fallen allem für Wasserläufer (Tringa sp.) und benachbarten, bewirtschafteten Flä- häufiger trocken und dürften eine ge-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 151 ringere strukturelle Vielfalt aufweisen. Am anderen Ende des Spektrums ste- Mit bis zu 49.000 gleichzeitig anwe- Sie beherbergen deshalb nur eine Aus- hen weitgehend degradierte Gewässer, senden Individuen überschreiten sie wahl an Schilfvogelarten. Umfangrei- die sowohl ihre Wassertrübe als auch die Schwelle von mindestens „20.000 chere Bestände sind bei Rohrdommel ihren Salzgehalt eingebüßt haben, zu- Wasservögeln“ deutlich. Konkret sind (20-30 BP), Zwergdommel (10 BP), nehmend von nicht-halophilen und es drei Arten, die das Lackengebiet Rohrweihe (20-30 BP), Blaukehlchen meist hochwüchsigen Pflanzenarten als Zugrastplatz bzw. als Vorwinter- (je nach Wasserstand bis zu 100 BP) erobert werden und in absehbarer Zeit oder Winterquartier nutzen: Bläß- und Drosselrohrsänger (150-200 BP) verlanden werden. Zwischen den bei- gans (Anser albifrons, Jahresmaxima bekannt. Die typischen Bewohner des den Extremen gibt es eine Reihe von 17.000-37.100 Individuen), Graugans landseitigen Röhrichtrandes, der zu Übergangsstadien, der die Mehrzahl (7.000-17.500 Ex.) und Saatgans (Anser den Feuchtwiesen und Alkalisteppen der noch vorhandenen Lacken ange- fabalis, 6.700-12.500 Ex.). Bei allen drei vermittelt, werden im Abschnitt 3.4 hört. Diese Standortsvielfalt kommt Arten stellen die Seewinkler Bestände behandelt. den Ansprüchen recht unterschiedli- einen bedeutenden Anteil der jeweili- cher Wasservögel entgegen und bildet gen biogeographischen Population dar, 3.3 Die Lacken des Seewinkels eine der Grundlagen für den großen bei der Graugans ist zeitweise der ge- Von der ursprünglich reichen Aus- Artenreichtum der Lacken-Avifauna. samte zentraleuropäische Bestand im stattung des Seewinkels mit saisonal Für Wasservögel attraktiv sind die La- Seewinkel versammelt. Für den lokalen wasserführenden Sodaseen hat nur ein cken aber vor allem wegen ihrer hohen Brutbestand der Graugans, der auf den kleiner Teil die Entwässerungs- und Produktivität, ihrer geringen Wasser- Schilfgürtel des Neusiedler See-Ostu- Meliorationsbestrebungen der letzten tiefe und der engen Verzahnung mit fers konzentriert ist und nur auf die 100 Jahre überstanden. Derzeit gibt es einem Umfeld, das sowohl aus natur- größten und schilfreichsten Gewässer im Seewinkel noch 48 Lacken mit ei- nahen, extensiv bewirtschaften Flä- des Seewinkels ausstrahlt, bilden die ner summierten offenen Wasserfläche chen als auch aus intensivem Agrar- Lacken sowie die angrenzenden Wie- von 656 Hektar (Dvorak und Wendelin land besteht. sen- und Weideflächen allerdings das unpubl.). Der Erhaltungszustand dieser Für den internationalen Stellenwert bevorzugte Jungenaufzuchtgebiet. Im Gewässer ist sehr unterschiedlich. Bei des Lackengebietes sind in erster Linie Frühling und Frühsommer prägen die wahrscheinlich weniger als 10 Lacken die Durchzugsbestände von Gänsen, zahlreichen führenden Grauganspaare handelt es sich noch um intakte So- Enten und Limikolen ausschlaggebend. das Bild der Lackenlandschaft. daseen mit ausgeprägter Wassertrü- Allein die Gänsebestände würden Bei den im Seewinkel durchziehen- be, hohem Salzgehalt, niedrigwüchsi- schon die elementaren numerischen den Enten bleibt die Individuensumme ger Halophytenvegetation und einem Kriterien für ein „Feuchtgebiet von aller Arten meist unter 15.000 Exem- periodischen Wechsel zwischen Aus- internationaler Bedeutung“ erfüllen: plaren, international relevante Grö- trocknung und Überflutung, jedoch ßenordnungen werden bei den Rast- ohne langfristige Verlandungstendenz. beständen von Krickente (Ana crecca, Rotschenkel (R. Triebl) Maxima 12.500 Ex.) und Löffelente (2.000 Ex.) sowie bei den Mauserbe- ständen der Kolbenente (bis 1.850 Ex.) erreicht. Von zumindest nationaler Bedeutung sind die Rastbestände von Pfeifente (A. penelope, bis 1.600 Ex.), Schnatterente (bis 480 Ex.), Stocken- te (bis 4.600 Ex.), Spießente (A. acuta, bis 90 Ex.) Knäkente (bis 300 Ex.) und Tafelente (bis 350 Ex.). Mehrere Ente- narten treten auch als Brutvögel an den Lacken auf, wobei es sich – zusammen mit den Vorkommen im Schilfgürtel

152 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz des Sees – jeweils um die wichtigsten nationalen Bestände handelt: Löffel- ente (28-217 BP), Stockente (37-125 BP), Knäkente (13-113 BP), Tafel- und Kolbenente (jeweils 0-30 BP), Spie- ßente (0-9 BP) sowie Moorente (0-8 BP). Der Umfang der Schwimmvogel- brutbestände zeigt einen engen Zu- sammenhang mit der Wasserführung der Lacken: Hohe Bestände werden in nassen Jahren erreicht, in Trockenpe- rioden schrumpfen die Populationen rasch. Nur bei sehr guten Wasserstän- den brütet der Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis) im Gebiet (0-60 BP). Andere Lappentaucher spielen da- gegen nur eine marginale Rolle: Vom Bläßhuhn (M. Fiala) überschreiten den 1 %-Schwellenwert Zwerg- und Haubetaucher (Podiceps für die betreffende biogeographische cristatus) brüten meist weniger als 15 Bestandsangabe wie jene der Gänse auf Population und sind deshalb von inter- Paare an den Lacken. Ein auffälliger den österreichischen und den ungari- nationaler Bedeutung. Relativ umfang- Neuzugang unter den Schwimmvögeln schen Anteil des Gebietes bezieht. Ein reiche Rastbestände gibt es darüber ist die Brandgans (Tadorna tadorna), zunehmend häufiger Durchzügler ist hinaus auch bei Bekassine (Gallina- die das Gebiet erst in den 1990er Jah- der Kranich (Grus grus), dessen Rast- go gallinago, Jahresmaxima bis 1.700 ren besiedelt hat und deren Population bestände in der jüngsten Vergangen- Ex.), Dunklem Wasserläufer (Tringa mittlerweile auf rund 25 BP angewach- heit von einigen wenigen Individuen erythropus, bis 440 Ex.), Rotschenkel sen ist. Der ebenso auffällige Höcker- auf mehrhundertköpfige Scharen an- (T. totanus, bis 580 Ex.), Flußregen- schwan (Cygnus olor) ist hingegen gewachsen sind. pfeifer (Charadrius dubius, bis 260 nur ein sporadischer Brutvogel, auch Zur charakteristischen Vogelfauna Ex.), Bruchwasserläufer (T. glareola, wenn zum Zeitpunkt der Algenblüte der Lacken gehören unbedingt auch bis 380 Ex.), dem Großen Brachvogel im Frühsommer mehr als 100 Ex. im die Limikolen. Mit Tagessummen, die (Numenius arquata, bis 315 Ex.), dem Seewinkel anwesend sein können. Kei- 11.000 Individuen überschreiten kön- Zwergstrandläufer (Calidris minuta, ne vollständigen Zahlen gibt es für die nen, stellt diese Artengruppe aus orni- bis 600 Ex.) und dem Seeregenpfei- Brut-, Mauser- und Durchzugsbestän- thologischer Sicht den dritten Pfeiler fer (Charadrius alexandrinus, bis 80 de des Blässhuhns. Außer den bisher dar, auf dem der internationale Stellen- Ex.). Allerdings werden die genannten genannten Schwimmvögeln gehören wert des Gebietes beruht. Die häufigste Höchstwerte nur in den günstigsten, noch 4 weitere Enten- und 3 Gänsear- Art ist der Kampfläufer (Philomachus d.h. wasserreichsten Jahren erreicht. ten zu den regelmäßigen, wenn auch pugnax) mit jährlichen Durchzugsma- Zu den regelmäßig durchziehenden zahlenmäßig unbedeutenden Durch- xima, die 10.400 Individuen erreichen Limikolen gehören 17 weitere Arten, züglern des Gebietes. können. Es folgen Kiebitz (Vanellus va- die aber nur mit geringen Zahlen ver- Die reichen Gänse- und Entenbe- nellus, bis 3.800 Ex.), Uferschnepfe (Li- treten sind. Einige Watvogelarten brü- stände bilden die Nahrungsgrundlage mosa limosa, bis 830 Ex.), Säbelschnäb- ten auch an den Lacken: Es sind dies für den Seeadler (Haliaetus albicilla), ler (Recurvirostra avosetta, bis 725 Ex.) Stelzenläufer (Himantopus himanto- der seit 2003 wieder mit einem Paar im und Alpenstrandläufer (Calidris alpi- pus, 25-78 BP), Säbelschnäbler (79-243 Gebiet brütet. Im Winter halten sich na, bis 1.200 Ex.), die gemeinsam mit BP), Flußregenpfeifer (40-60 BP) und bis zu 17 Exemplare dieses eindrucks- dem Kampfläufer mehr als Dreiviertel Seeregenpfeifer (25-45 BP), deren Be- vollen Großgreifvogels im Raum See- aller gezählten Individuen stellen. Zu- stände von herausragender nationaler winkel-Hanság auf, wobei sich diese mindest die Säbelschnäblerbestände Bedeutung sind. Zu diesen auf die Ge-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 153 wässer beschränkten Arten kommen nennenswerte Bestände nur bei der an ren – und dies, obwohl sie im unbeein- noch die typischen Wiesenbrüter unter den Lacken brütenden Flußseeschwal- trächtigten Zustand alle Wechselfälle den Limikolen, die im Abschnitt 3.4 be (Sterna hirundo, 60-130 BP) und bei des Klimas seit der letzten Eiszeit über- besprochen werden. der als Durchzügler in Erscheinung standen haben. Verschärft wird die an- Möwen sind wohl die am wenigs- tretenden Trauerseeschwalbe (Chli- gespannte Situation noch durch ver- ten genau untersuchten Wasservögel donias niger, Maxima 100-300 Ex.). mehrte Grundwasserentnahmen zu des Neusiedler See-Gebietes. Sie sind Die langfristige Bestandsentwick- landwirtschaftlichen Beregnungszwe- an den Seewinkellacken vor allem mit lung aller Lackenvögel wird maßgeb- cken. Das durch die menschlichen Ein- den kopfstarken, nachbrutzeitlichen lich vom künftigen Management der griffe in den Wasserhaushalt des See- Ansammlungen der Mittelmeermö- Wasserressourcen im Seewinkel ab- winkels verursachte „Lackensterben“ we vertreten (Larus michahellis, eini- hängen. Zwar ist eine Fortsetzung der wird nur zu stoppen sein, wenn die ge hundert, vereinzelt bis zu 6.000 Ex) aktiven Zerstörung von Sodalacken Wasser- und Salzableitung aus dem sowie den Brut- und Durchzugs(?)be- durch deren Unterschutzstellung im gesamten Gebiet auf ein absolutes ständen der Lachmöwe (1.200-1.500 Nationalpark nun weitgehend ausge- Minimum reduziert wird und wenn BP, mehrere tausend Ex. außerhalb der schlossen, doch leiden fast alle noch der Grundwasserstand zumindest im Brutzeit). Wesentlich weniger umfang- vorhandenen Gewässer des Seewinkels Bereich der Schutzgebiete wieder flä- reich sind die Durchzugsbestände von unter der anhaltenden, flächendecken- chenhaft angehoben werden kann. Zwergmöwe (Larus minutus, Maxima den Entwässerung der Landschaft. Zur Beides wäre durch den Rückstau von 100-300 Ex., Spitzenwerte > 1.100 Ex.) Gewinnung von Ackerland und Sied- Entwässerungsgräben und eine rest- und Sturmmöwe (Larus canus, maxi- lungsraum ist in der ursprünglich ab- riktivere Regelung der landwirtschaft- mal einige hundert Ex.). Die Schwarz- flusslosen Region während der letzten lichen Grundwassernutzung zu errei- kopfmöwe (Larus melanocephalus) 100 Jahre ein dichtes Netz von Ent- chen, hat aber einen lokalen Verzicht ist ein regelmäßiger, aber immer noch wässerungsgräben errichtet worden, auf die ackerbauliche Nutzung be- seltener Brutvogel mit bis zu 36 BP. dessen Wirksamkeit durch Pumpwer- stimmter Flächen und eine entschie- Unter den Seeschwalben finden sich ke noch weiter erhöht wird. Dieses dene Beschränkung des Siedlungs- Entwässerungssystem funktioniert wachstums zur Voraussetzung (keine Schilfrohrsänger (Archiv Nationalpark bis zum heutigen Tag fast ohne Ein- weitere Baulanderschließung in ehe- Neusiedler See - Seewinkel) schränkungen und führt enorme Men- maligen Überschwemmungsräumen). gen an Grund- und Oberflächenwasser Als Begleitmaßnahmen zur Erhaltung aus dem Seewinkel ab. Es beeinflusst bestehender Salzlebensräume und als damit die gesamte Landschaft, inner- Voraussetzung zur Wiederherstellung halb wie außerhalb der Nationalpark- degradierter Standorte sind auch Pfle- grenzen. Im Bereich der Lacken führen geeingriffe in die Vegetation notwen- die Entwässerungsgräben nicht nur zu dig, wie extensive Beweidung, Mahd, einem direkten Wasser- und Salzent- Schilf- und Neophytenbekämpfung. zug, sondern sie haben auch eine groß- Würde dieses Programm – das im flächige Grundwasserstandsabsenkung Entwurf zum Managementplan für den zufolge, die sich auch auf Gebietsteile Nationalpark Neusiedler See - Seewin- auswirkt, die weitab von Gräben und kel (Kohler & Korner 2007) ausführlich Kanälen liegen. Das ist deshalb pro- dargestellt ist – konsequent umgesetzt, blematisch, weil im Bereich von So- bestünden nicht nur Aussichten, den dalacken, Brackwassersümpfen und Status quo zu sichern, sondern auch, Alkalisteppen schon eine dauerhafte geschädigte Lacken wieder herstellen Grundwasserstandsabsenkung von nur zu können. Damit könnte die Eignung einigen Dezimetern genügt, um diese des Seewinkels als Wasservogelrast- sensiblen Lebensräume binnen weni- platz nicht nur erhalten, sondern wei- ger Jahre unwiederbringlich zu zerstö- ter ausgebaut werden.

154 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 3.4 Brackwassersümpfe, Alkalisteppen und Feuchtwiesen Untrennbar mit den Lacken und dem Neusiedler See verbunden sind die an- grenzenden Brackwassersümpfe, Al- kalisteppen und mehr oder weniger salzarmen, niedermoorartigen Feucht- wiesen. Sie gehören einerseits zur na- türlichen Vegetations-Zonierung rings um die Sodagewässer, andererseits sind viele von ihnen aus der anthro- pogenen Entwässerung von Lacken bzw. der Verlandung von Seeteilen hervorgegangen. Charakterstisch für das Pannonikum ist die enge Verzah- Bekassine (Archiv Nationalpark Neusied- nung dieser Feuchtlebensräume mit überregional bedeutenden Refugium ler See - Seewinkel) Trockenstandorten, die eine steppen- für diese europaweit bedrängte Arten- artige Vegetation auf kargen Sand- und BP), Sumpfohreule (1-4 BP), Bekassi- gruppe entwickeln. Schotterböden bzw. auf fruchtbaren ne (<10 BP) und Großem Brachvogel Tschernosemböden tragen. Wo sich (10-15 BP). 4. Fazit – wie z. B. im Lange Lacken-Gebiet Für die Zukunft der Feuchtsteppen- Das Neusiedler See-Gebiet stellt so- –ausgedehnte Komplexe aus salz- und Wiesenbewohner des Neusiedler wohl aus nationaler als auch aus in- beeinflussten Feuchtstandorten und See-Gebietes ist neben der Wieder- ternationaler Sicht einen Hotspot der beweideten Steppenflächen erhalten herstellung eines naturnäheren Was- Artenvielfalt dar – nicht nur was die haben, herrschen für eine Reihe von serhaushaltes auch die Aufrechter- Wasservogelwelt betrifft. Es kann ohne Offenlandarten besonders günstige haltung bzw. Wiedereinführung der Übertreibung als eines der Juwele un- Verhältnisse. extensiven Grünlandbewirtschaftung ter den europäischen Feuchtgebieten Zu den wichtigsten Vertretern entscheidend. Hier hat der National- bezeichnet werden. Auch wenn in dieser Feuchtsteppenfauna zählen park in den 15 Jahren seines Bestehens der Pflege und weiteren Entwicklung im Neusiedler See-Gebiet die drei große Leistungen vollbracht. Aktuell des Gebietes noch viel zu tun bleibt „Wiesenlimikolen“-Arten Kiebitz (330- werden fast alle Flächen, deren Lage, – speziell was die Sanierung des an- 620 BP), Uferschnepfe (90-160 BP) und Größe und Form es erlaubt, mittels geschlagenen Wasser- und Salzhaus- Rotschenkel (120-290 BP), weiters naturschutzorientierter Mahd- und haltes des Seewinkels betrifft bzw. was Schafstelze (Motacilla flava, 600-700 Beweidungsprogramme gepflegt. Die das Management des Neusiedler See- BP), Feldlerche (Alauda arvensis) und Mehrzahl dieser Gebiete hat vor Ein- Schilfgürtels außerhalb der National- Grauammer (Miliaria calandra). Zu richtung des Nationalparks zum Teil parkkernzone angeht – so haben die ihnen gesellen sich im Übergangsbe- jahrzehntelang brachgelegen. Erfahrungen der letzten 20 Jahre doch reich zwischen Röhricht und Feucht- Die Einführung eines Flächenma- gezeigt, dass konsequenter Feuchtge- grünland noch Feldschwirl (Locustella nagements, das traditionelle Land- bietsschutz sich bezahlt macht und naevia), Schilfrohrsänger (1.500-2.000 nutzungsformen und Naturschutz- für Natur und Mensch gleicherma- BP im Seewinkel) und Rohrammer. An zielsetzungen erfolgreich miteinander ßen fruchtbringend ist. Es ist zu hof- seggenreichen Lacken kommt zudem vereint, hat bereits zu einem nachweis- fen, dass das Burgenland diese Erfah- das Tüpfelsumpfhuhn vor (10-25 BP). baren Anstieg der „Wiesenvogel“-Be- rung weiterhin beherzigt, das bisher Weitgehend auf die salzarmen Nie- stände geführt. Sollte nun auch noch Erreichte sichert und sich den neu- dermoore der Region beschränkt sind für die Wasserproblematik eine be- en Herausforderungen im nachhalti- hingegen die kleinen Brutvorkommen friedigende Lösung gefunden werden, gen Umgang mit seinem wichtigsten von Wiesenweihe (Circus pygargus, 2-3 so kann sich der Seewinkel zu einem Feuchtgebiet erfolgreich stellt!

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 155 Literatur: drei burgenländischen Natura 2000-Gebieten Laber, J. (2007-2009): Der Brutbestand von Bieringer, G., Rauer, G. & Kohler, B. (2007- Neusiedler See - Seewinkel, Nordöstliches Lei- Stelzenläufer (Himantopus himantopus) und 2009): Die Wiesenlimikolenbestände des thagebirge und Mattersburger Hügelland. Bird- Schwarzkopfmöwe (Larus melanocephalus) im Seewinkels. Ornithologisches Monitoring im Life Österreich und CoopNATURA, Wien und Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel. Orni- Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel (Na- Krems, 238 S. thologisches Monitoring im Nationalpark Neu- tionalpark-Projekt NP 25), BirdLife Österreich, Kohler, B. 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Erarbeitung von Managementgrundlagen in den S. 66-75.

156 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz III. Feuchtgebiete des Burgenlands 1. Wert und Bedeutung der Feuchtgebiete des Burgenlands 1.1 Die Bedeutung der Feuchtgebiete für die Erhaltung der Biodiversität Klaus Michalek

Feuchtgebiete haben eines gemein- sam: den Reichtum an Wasser. Die Art und das Angebot an Wasser sind nicht überall gleich und reichen vom großen See bis zu den Feuchtwiesen. Feuchtgebiete leisten eine Reihe wich- tiger ökologischer Aufgaben: Sie sind Gebiete voller biologischer Vielfalt und spielen eine bedeutende Rolle in den verschiedenen Wasserkreisläu- fen. Sie tragen zur Sicherung unse- Fischotter (B. Landgraf) 68 % in der Roten Liste Österreichs res Trinkwassers, zur Erhaltung des als gefährdet eingestuft. Feuchtgebie- Grundwassers, zur Verbesserung der hend oder fließend, Süß-, Brack- oder te sind auch wichtige Lebensräume Wasserqualität, zur Speicherung der Salzwasser sind, einschließlich solcher für gefährdete Vogelarten (z. B. Wie- Niederschläge und zum Hochwasser- Meeresgebiete, die eine Tiefe von sechs senbrüter wie Bekassine, Wiesenwei- schutz bei und sind als Kohlenstoff- Metern bei Niedrigwasser nicht über- he oder Großer Brachvogel), Säuge- Speicher auch wichtig für den Kli- steigen. Zwei burgenländische heraus- tiere (z. B. Biber und Fischotter) und maschutz, denn rund ein Fünftel des ragenden Feuchtgebiete sind internati- Amphibien (z. B. Wechselkröte). 52 % weltweit vorhandenen Kohlenstoffes onal nach der Ramsar-Konvention als der in Österreich vorkommenden Vo- ist in Feuchtgebieten gebunden. Sie „Ramsar-Gebiete“ anerkannt. Kaum gelarten, 52 % der Säugetierarten und bereichern das Landschaftsbild und anderswo findet man eine so reich- 100 % der Amphibien sind gefährdet dienen vielfach auch als Erlebnis- und haltige Artenvielfalt wie in den beiden oder vom Aussterben bedroht. Da- Erholungsräume für den Menschen. Ramsar-Gebieten Lafnitztal und Neu- her liegt oberster Handlungsbedarf in Feuchtgebiete haben eine wichti- siedler See - Seewinkel. der Erhaltung bestehender Feuchtge- ge Funktion in Ökosystemen: Sie sind Leider sind Feuchtlebensräume wie biete und bei der Wiederherstellung „Hotspots“ der Biodiversität – der ge- Flüsse mit Auwäldern, Seen, Tümpel, der ökologischen Funktionsfähigkeit netischen Vielfalt, der Artenvielfalt und Teiche, Quellen, Moore und Feucht- bereits beeinträchtigter Feuchtlebens- der Vielfalt an Lebensräumen. „Feucht- wiesen in ihrem ursprünglichen Zu- räume. Bei Fließgewässern muss die gebiete“ spielen daher eine wichtige stand und Ausmaß kaum mehr erhal- Durchgängigkeit von der Quelle bis zur Rolle im Natur- und Artenschutz, denn ten und damit stark bedroht. Viele der Mündung das Ziel sein, wie dies schon sie tragen entscheidend zur Erhaltung höchst gefährdeten Tierarten Öster- an der Lafnitz im Rahmen eines Life- der Artenvielfalt bei. Im Ramsar-Ab- reichs sind dem Lebensraum Wasser Projektes erreicht wurde. Dazu be- kommen werden Feuchtgebiete fol- und den Feuchtgebieten zuzuordnen. darf es der konsequenten Umsetzung gendermaßen definiert: Feuchtgebie- Durch die Zerstörung von Feucht- der Wasserrahmenrichtlinie und der te im Sinne dieses Übereinkommens gebieten sind viele von ihnen stark FFH-Richtlinie. Auch ist verstärkt auf sind Feuchtwiesen, Moor- und Sumpf- gefährdet oder vom Aussterben be- die extensive Landnutzung (Streuwie- gebiete oder Gewässer, die natürlich, droht. Fische sind gute Indikatoren senmahd, Düngeverzicht, Belassen von künstlich, dauernd oder zeitweilig, ste- für intakte Gewässer. Von ihnen sind Tümpeln, Ausweitung von Uferrand-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 157 streifen) zu achten. Feuchtgebiete be- nötigen langfristige Managementpläne sowie effiziente Gebietsbetreuung und Monitoring. Neben der Durchführung wissenschaftlicher Erhebungen kom- men der strategischen Planung geeig- neter Maßnahmen und der Bewusst- seinsbildung eine wichtige Rolle beim Schutz von Wasserlebensräumen zu. Die Akteure sind dabei Bund und Län- der, besonders die Wasserwirtschaft, die Landwirtschaft, der Naturschutz, die Raumplanung, aber auch die Wis- senschaft, NGOs, verschiedene Medi- en und Bildungseinrichtungen. Literatur: Troi, M., Neuwirth, G. & Pühringer, C. (2008): Überleben – Für mehr Artenvielfalt. Natur- schutzbund Österreich. http://umwelt.lebensministerium.at http://www.naturschutzbund.at http://www.vielfaltleben.at Weide an der Lafnitz (J. Weinzettl)

1.2 Die Bedeutung feuchter Kleinstrukturen in der Landschaft Angelika Vitovec Feuchte Kleinstrukturen sind un- haben, wie zum Beispiel Kleinkrebse, Restbiotope ehemaliger Streuwie- ter anderem Gräben, Weiher, kleine Wasserinsekten und Amphibien. Diese sen, Kleinseggenriede, vernässte land- künstlich angelegte Teiche, Gehölz- in der Landschaft wohl oft übersehe- wirtschaftlich „wertlose“ Feuchtstellen strukturen, kleine Senken und Mul- nen Strukturen weisen einen „Klein- inmitten oder am Rande von Wiesen den, Rinnen und Wiesenreste. Klein- biotopcharakter“ auf, oftmals finden oder Äckern erhöhen den landschaft- gewässer, die periodisch austrocknen wir sie mitten in der Ackerlandschaft. lichen Reiz und tragen zur Struktur- können, wie Tümpel oder kleine Pfüt- Dort sind sie als Rückzugsgebiet für und Artenvielfalt einer sonst „aus- zen, beherbergen oft viele Tierarten, viele Tier- und Pflanzenarten von gro- geräumten“ und somit unattraktiven die sich an das Austrocknen angepasst ßer Bedeutung. Landschaft bei. Wiesenreste sind meist verinselte Reste ehemaliger gro- ßer Wiesenlandschaften. Sie können ihr ursprüngliches Artenspektrum nicht erhalten, da aus der Umgebung Schadstoffe (Agro-Chemikalien) von Ackerland eingetragen werden oder Bodenmeliorationen im Umkreis statt- gefunden haben, die den Wasserhaus- halt beeinflussen (Sauberer, 1993). Diese Flächen könnten jedoch in Zukunft ihr Potential als „Samenspen- der“ für benachbarte Flächen bieten, die bei Nutzungsaufgabe zur Wiesen-

158 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im NaturschutzJ. Weinzettl rückführung freigegeben werden. Ihre ursprüngliche Ausprägung wird jedoch nicht mehr erreicht werden. Künstlich angelegte Gräben beher- bergen interessante und seltene Pflan- zen- und Tierarten und sollten daher in ihrer schönen und natürlichen Ausprä- gung erhalten bleiben. Sie werden auch zu Recht als „Lebensader in der Kultur- landschaft“ (LfU, 1999) bezeichnet, da sie speziell angepasste Tier- und Pflan- zenarten beherbergen. Sie dienen als Vorfluter zur Regulierung des Boden- wasserhaushaltes und führen überwie- gend oder zeitweise Wasser. Durch den Verlust von Feuchtgebieten und Alt- H. Höttinger wässern sind sie oft die letzten Rück- zugsgebiete für viele Tier- und Pflan- zum Beispiel wenn ein Schilf- oder • Feuchte Mulden und Senken im zenarten geworden. Gräben würden Gehölzgürtel einem natürlichen Ge- Acker, an Ackerrandzonen oder am ohne geräumt zu werden mit der Zeit wässer vorgelagert ist Straßenrand wieder verlanden, da die Boden- und • Nicht zuletzt der Erholungswert für • Nassstellen in der Feuchtwiese oder Nährstoffeinträge aus den angrenzen- den Menschen am Acker den Nutzflächen das Biomassewachs- Die Strukturvielfalt in einer Land- • Röhrichte tum fördern (LfU, 1999). Eine schonen- schaft trägt zur Artenvielfalt bei, es • Quellaustritte u. a. de Entkrautung im (Spät-) Herbst kann bilden sich viele verschiedene Lebens- Abhilfe schaffen. gemeinschaften zwischen Tieren und Empfohlene Maßnahmen zur Erhal- Die Gefährdungsursachen dieser Pflanzen. So gibt es auch keine Biotop- tung, zum Schutz oder zur Entwick- feuchten Kleinstrukturen sind oftmals typen, die gleich ausgeprägt sind, da je- lung feuchter Kleinstrukturen: Degradierung durch zu hohe Einträge des einzigartig betreffend Zusammen- • Pufferzonen schaffen von Pestiziden, Abwässern und Dün- setzung und Abundanz der Individuen • Reduzierung schädlicher Einträge ger. Leider befinden sich dort oft auch ist. Wird ein Biotop zerstört, ist somit • In unmittelbarer Nähe keine Dünger Müll- oder Schuttablagerungen. auch die einzigartige Vielfalt der Le- und Pestizide einsetzen bensgemeinschaft, die sich oft in un- • Müll entfernen Die wesentliche Bedeutung vorstellbarer Zeit entwickelt hatte, für • Standortgerechte Bepflanzung (au- feuchter Kleinstrukturen in der immer verschwunden. tochthones Pflanzmaterial) Landschaft ist im Folgenden Im Zuge von Kommassierung, Rati- • Neuanlage bzw. Schaffung von Klein- zusammengefasst: onalisierung, Mechanisierung und Bo- strukturen • Landschaftlicher Reiz als land- denmelioration sind natürliche Struktu- • Pflege von Gräben durch schonen- schaftsprägendes Element relemente und Feldrandzonen, welche des Ausräumen der pflanzlichen Bio- • Erhaltung der Biodiversität seltener als Pufferbereiche von Bedeutung sind, masse usw. bzw. regionaltypischer Gehölze, Blu- weiters Quellaustritte und feuchte Mul- men und Gräser den verschwunden. Dazu zählen: Literatur: • Rückzugsgebiet, Lebensraum, Brut- • Pfützen und Tümpel LfU(1999): Gräben – Lebensadern der Kultur- landschaft. Bayerisches Landesamt für Umwelt- und Balzplatz, Nahrungsstätte für • Gräben in der Kulturlandschaft (Ent- schutz (LfU). Vögel, Insekten, Amphibien, Repti- wässerung, Vorfluter) Sauberer, N. (1993): Zur Bestandessituation der Feuchtwiesen im Pannonischen Raum. Umwelt- lien, Säugetiere • Natürliche Gräben bundesamt Wien, 97 S. (Bundesministerium für • Können als Pufferzonen fungieren, • Altwässer Umwelt, Jugend und Familie; 85).

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 159 1.3 Die Bedeutung von Feuchtgebieten für Grund- und Trinkwasser Klaus Michalek

Das Grundwasser hat eine besonde- mäßigen Zustand des Grundwassers Sowohl ein guter mengenmäßiger als re Bedeutung als wichtigste Quelle für zu erreichen. Für bestimmte chemi- auch chemischer Zustand sollen er- unser Trinkwasser. In Österreich stam- sche Stoffe im Grundwasser werden in reicht werden. Die Mitgliedsstaaten men 99 % des Trinkwassers aus Quell- der Wasserrahmenrichtlinie bzw. der müssen unter anderem anthropoge- und Grundwasser. Umgekehrt hängt Grundwasserrichtlinie Schwellenwer- ne Veränderungen der Grundwas- die Qualität von Trink- und Grund- te festgelegt. Sie sichern die Grund- serqualität und des Wasserspiegels wasser vielfach vom sorgsamen Um- wasserqualität als Trinkwasser und soweit beherrschen und rückgängig gang mit Feuchtgebieten ab. Feucht- vermeiden einen negativen Einfluss machen, damit gewährleistet ist, dass gebiete sind Trinkwasserreservoirs, sie auf Oberflächengewässer und Land- diese Veränderungen (a) keine signifi- tragen zur Erhaltung des Grundwas- ökosysteme, die unmittelbar mit dem kanten Schädigungen der unmittelbar sers und zur Verbesserung der Was- Grundwasser in Verbindung stehen. von Grundwasserkörpern abhängen- serqualität bei und speichern Nieder- Der gute mengenmäßige Zustand für den Landökosysteme und (b) keine si- schläge. Porengrundwasserkörper und einen Grundwasserkörper besteht gnifikante Beeinträchtigung der che- Karstwasservorkommen nehmen eine dann, wenn die jährliche Entnahme mischen oder ökologischen Qualität zentrale Rolle im Trinkwassermanage- die verfügbare Grundwassermenge der mit Grundwasserkörpern in Ver- ment ein. In Österreich werden bereits nicht überschreitet. Ziele der Was- bindung stehenden Oberflächenwas- 50 % der Bevölkerung mit Trinkwasser serrahmenrichtlinie sind der Schutz, serkörper bewirken. Landökosysteme aus Karstgebieten versorgt. die Verbesserung und die Sanierung werden als grundwasserabhängig oder Der Grundwasserschutz ist über aller Grundwasserkörper sowie die als „grundwasserbeeinflusste Ökosys- die EU-Wasserrahmenrichtlinie und Gewährleistung eines Gleichgewich- teme“ bezeichnet, wenn der Abstand über die Grundwasser-Richtlinie tes zwischen Grundwasserneubil- vom Boden bis zur Oberfläche des (Tochterrichtlinie) geregelt. Das Ziel dung und Grundwasserentnahme. Grundwassers weniger als drei Me- der Wasserrahmenrichtlinie ist, ei- ter beträgt. Dies entspricht etwa der Belastung des Grundwassers durch die nen guten chemischen und mengen- Tiefe, bis zu der Pflanzen ihr Was- Landwirtschaft (J. Weinzettl) ser noch direkt aus dem Grundwas- ser entnehmen können. Liegt der Grundwasserspiegel tiefer, steht den Pflanzen lediglich das Wasser zur Ver- fügung, das als so genanntes Haft- wasser im Boden und im Untergrund gebunden ist. Landökosysteme, die an das Grundwasser angeschlossen sind, sind zum Beispiel Auengebiete, Feuchtwiesen und Moore. Ein guter Zustand des Grundwassers schließt eine signifikante Schädigung grund- wasserabhängiger Ökosysteme aus. Absenkungen des Grundwasserspie- gels können den Zustand grundwas- serabhängiger Ökosysteme wie zum Beispiel auch die Lacken im National- park Neusiedler See - Seewinkel stark beeinflussen und verändern. Ursachen für die Beeinflussung oder nachhalti-

160 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Grundwasservorkommen für Trink- und Nutzwasser. Die Wasserentnah- men für Haushalte, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft betreffen in Sum- me lediglich rund 3 % des gesamten nutzbaren Wasservorkommens. Trotz- dem ist in Zukunft auch weiter darauf zu achten, dass zumindest ein Gleich- gewicht zwischen Grundwasserent- nahme und Grundwasserneubildung herrscht und dass Absenkungen des Grundwasserspiegels angesichts der Gefährdung und Sensibilität grund- wasserabhängiger Ökosysteme unbe- dingt zu vermeiden sind.

Bachregulierung (J. Weinzettl) ge Veränderung der Grundwasserver- Literatur: hältnisse sind: te Nitratwerte bei vier (Ackerbaugebiet Fenz, R. & Brandstetter, S. (2009): Aktiv für unser Wasser. Lebende Flüsse, saubere Seen. - Flussbau Marchfeld, Parndorfer Platte, südliches Bundesministerium für Land- und Forstwirt- - Kanalbau Wiener Becken und Leibnitzer Feld) schaft, Wien. Keppner, L. & Kirschbaum, B. (2008): Grund- - Entwässerung – Melioration von 136 untersuchten Grundwasser- wasser in Deutschland. Bundesministerium für - Tunnel, Stollen und sonstige Tief- körpern ist in den meisten Fällen eine Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, bauten intensive landwirtschaftliche Boden- Berlin. - Wasserhaltungen (Baugeschehen – nutzung auf Standorten mit seichten temporär, Bergbau – langfristig) Böden bzw. geringen Niederschlägen. Wegbefestigung (J. Weinzettl) - Abbau von Sand und Kies Der Ökologische Landbau verzichtet - Großflächige Steigerung der Ver- auf den Einsatz chemisch-syntheti- dunstung (Intensivierung in der scher Pflanzenschutzmittel. Stickstoff- Landwirtschaft) Mineraldünger werden ersetzt durch - Flächenversiegelungen – Verringe- Anbau von Leguminosen in Verbin- rung der Grundwasserneubildung dung mit vielfältigeren Fruchtfolgen – - Entnahme von Trink- und Nutzwas- problematische Nitratverlagerungen ser, einschließlich landwirtschaftli- ins Grundwasser sind daher selten. cher Beregnung Ein intakter Boden und Bodenwas- Laut Untersuchungen werden 93 % der serhaushalt sind für den ökologischen untersuchten Grundwasserkörper in Landbau eine wesentliche Vorausset- Österreich den guten chemischen Zu- zung und führen dadurch auch zu einer stand voraussichtlich erreichen. Das verbesserten Grundwasserneubildung. sind 96 % der österreichischen Staats- Maßnahmen zum Grundwasserschutz fläche. Belastungen treten punktuell bewirken immer auch eine Vermin- zum Beispiel bei Deponien oder flä- derung von Nährstoffbelastungen in chenhaft durch den Eintrag von Stick- jenen Fließgewässern, die mit dem stoff sowie Pflanzenschutzmitteln aus Grundwasser verbunden sind. Insge- der Landwirtschaft auf. Österreich samt verfügt Österreich aufgrund sei- liegt aber bei der Düngerintensität im ner geographischen Lage und seiner Vergleich zu den anderen EU-Staaten geoklimatischen und hydrogeologi- im unteren Bereich. Ursache für erhöh- schen Merkmale über ausreichende

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 161 1.4 Bedeutung der Feuchtgebiete als Hochwasserrückhalteräume und natürlichen Hochwasserschutz Sabine Tomasits und Richard Artner

Natürliche Feuchtgebiete sind Flä- trockengelegt und für die landwirt- 2006). Wo noch Auwälder und Feucht- chen, die – gemeinsam mit den an- schaftliche Produktion (Stichwort: flächen vorhanden sind, sind sie häufig grenzenden Gewässern – Teil eines 10. Bundesland) oder für Siedlungs-, vom Gewässer abgetrennt und nicht komplexen Interaktionssystems mit Verkehrs- oder Infrastrukturflächen mehr essentieller Bestandteil der na- Überschwemmungen, Flussverlage- genutzt. Im Zuge von Hochwasser- türlichen Gewässerdynamik. Dadurch rungen, temporären und permanenten schutzmaßnahmen für Siedlungen und kam es zu einem Verlust von Retenti- Wasserflächen darstellen. Bereits im landwirtschaftliche Flächen wurden onsräumen und einer Unterbindung 19. Jahrhundert (teilweise auch früher) Bäche begradigt, kanalisiert und einge- der natürlichen Hochwasserdynamik. wurden Eingriffe in die Fließgewässer dämmt sowie Flussschlingen und Altar- Ist man vor 20 Jahren noch davon vorgenommen, diese beschränkten me abgetrennt und trockengelegt. Da- ausgegangen, dass Überflutungen und sich aber fast ausschließlich auf klein- mit verbunden wurde auch die Struktur Hochwasserschäden mit technischen räumige bzw. punktuelle Maßnahmen der Gewässer mit ihren Ufern, Auen, Mitteln und entsprechenden Bauwer- (z. B. Mühlen, Regulierungen in Städ- dem Umland und dem Abfussregime ken (wie Deichen, Dämmen etc.) zu ten etc.). teils erheblich verändert. Laut WWF verhindern sind, so haben gerade die Mit dem wirtschaftlichen Auf- wurden seit 1950 ca. 30.000 km Fließ- Hochwässer der vergangenen Jahre die schwung ab der 2. Hälfte des 20. Jahr- gewässer reguliert oder verstaut, wei- Grenzen des „technisch Machbaren“ hunderts wurden diese Eingriffe in- ters wurden 400.000 Hektar an Über- aufgezeigt und gleichzeitig einen Um- tensiviert und es wurde verstärkt und flutungsflächen abgedämmt (WWF, denkprozess ausgelöst, welche wichtige auch großräumig in das Umland ein- Funktionen Retentionsräume für den gegriffen. Viele Feuchtflächen wurden Renaturierungsstrecke an der Drau „passiven Hochwasserschutz“ haben. (Quelle Habersack/Schober, 2003) Auch die Verantwortlichen haben erkannt, dass ein technischer Hoch- wasserschutz nicht ausreicht, sondern dass ein nachhaltiger Hochwasser- schutz nur durch das Zurverfügung- stellen entsprechender Flächen erzielt werden kann. Zu diesem Zweck beson- ders geeignet sind bereits vorhandene Feuchtflächen, die • in der Regel etwas tiefer liegen und somit natürliche Mulden und Senken für den Wasserrückhalt bilden, • im Gegensatz zu intensiv genutz- ten landwirtschaftlichen Flächen eine entsprechende Vegetationsbe- deckung und somit einen Erosions- schutz bieten, • an die Gewässerdynamik, hohe Grundwasserstände und Überflu- tungen angepasst sind und • Hochwasserereignisse ohne größere Schäden zumeist problemlos über- stehen.

162 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz da die Schaffung neuer Überflutungs- räume diese natürlichen Strukturen mit ihren vielfältigen Funktionen nicht ersetzen kann (Schmitt, 2003). In diesem Zusammenhang sollten zur langfristigen Sicherung der Re- tentionsräume gewässerbegleitende (Feucht-)Flächen gekauft bzw. gepach- tet werden. Für den Kauf – nicht nur für den Wasserbau, sondern auch für die Ökologie – interessanter Flächen H. Höttinger stellt die Feuchtgebietskartierung eine wichtige Grundlage dar. Zwar wird man auch in Zukunft nicht und andere abgesenkte Feuchtflächen Literatur: gänzlich ohne technische Schutzmaß- erhöhen die Retentionswirkung noch Schmitt, H. (2003): Hochwasser: Ursachen, nahmen auskommen (v. a. im Bereich zusätzlich (Mößmer, 2000). Schutz und Konzepte in Deutschland, Geogra- bereits bestehender Siedlungen oder Feuchtflächen im Gewässerumland phisches Institut der Universität Kiel, Kiel. Mößmer, E. M. (2000): Der Auwald – Leben bei beengten Platzverhältnissen), aber können als Retentionsräume auch ge- mit dem Wasser, in Wald.Wasser.Leben, Bonn. der vermehrten Nutzung von Feucht- zielt überflutet und so andere Flächen Bundesministerium für Land und Forstwirt- flächen als Retentionsräume bzw. der (Siedlungs-, Industrie-, Verkehrs und schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Le- bensministerium) (2006): Bundeswasserbau- Anlage neuer Feuchtgebiete (z. B. Re- Ackerflächen) vor Hochwasser ge- verwaltung, Jahresbericht 2005, Wien. tentionsbecken) sowie der Wiederan- schützt werden. ÖROK (Österreichische Raumordnungskon- ferenz) (2005): ÖROK-Empfehlungen Nr. 52 bindung von Altarmen und Auwäldern Hochwässer werden auch in Zu- zum präventiven Umgang mit Naturgefahren wird in der Wasserwirtschaft verstärkt kunft nicht vermeidbar sein, durch in der Raumplanung (Schwerpunkt Hochwas- Bedeutung zukommen und damit zu entsprechende Maßnahmen können ser), Wien. Habersack, H., Moser, A. (Hrsg) (2003): Er- einer ‚Ökologisierung im Schutzwas- die auftretenden Schäden jedoch re- eignisdokumentation Hochwasser August 2002, serbau‘ führen. duziert werden. ZENAR – Zentrum für Naturgefahren und Risi- komanagement, Plattform Hochwasser 02/2003 Feuchtgebiete haben für den Hoch- Als Hauptziel gilt hierbei, die Wie- Universität für Bodenkultur, Wien wasserrückhalt in der Landschaft eine derherstellung eines möglichst natur- WWF (2005): Mit der Natur für Menschen – vielfältige Funktion. Bei starken, lang nahen Abflussverhaltens zu erreichen. Maßnahmenpaket Hochwasser, Wien anhaltenden Niederschlägen bieten Dies wird nur durch eine Kombinati- vor allem die Auen an den Oberläu- on aus verschiedenen Renaturierungs- fen der Flüsse natürlichen Rückhalt für maßnahmen zu erreichen sein. Dazu die Wassermassen. Nicht nur die Auen zählen neben dem Rückbau von harten selbst, sondern auch die Böden mit ih- Verbauungsmaßnahmen in erster Li- ren teils mächtigen Kies- und Schot- nie die Wiederanbindung von Feucht- terschichten können viel Wasser zwi- flächen und Altarmen, beispielsweise schenspeichern. Zusätzlich bremst die durch Verlegung von Dämmen von Auenvegetation das abfließende Was- den Flussufern in das Umland (hinter ser. Je mehr Wasser zurückgehalten die eventuell noch vorhandenen Au- werden kann und je stärker die ab- enstrukturen). bremsende Wirkung der Vegetation ist, Besonderes Augenmerk ist dabei auf desto langsamer läuft die Hochwasser- die Einbeziehung und Erhaltung der welle und desto niedriger sind die auf- noch vorhandenen natürlichen Reten- tretenden Abflussmengen im Unterlauf tionsflächen und Augebiete zu legen sowie die Gefahr großräumiger Über- (Eingriffe in diese empfindlichen Öko- H. Höttinger schwemmungen. Altarme, Altwässer systeme sind in der Regel irreversibel),

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 163 1.5 Die Bedeutung der Feuchtgebiete für den Tourismus und als Naherholungsgebiet Klaus Michalek

Eine intakte Natur, und dazu gehö- ren auch Feuchtgebiete wie z. B. der Nationalpark Neusiedler See - Seewin- kel, das Natura 2000-Gebiet Lafnitztal oder das Natura 2000-Gebiet Auwiesen Zickenbachtal, ist eine der wichtigsten Grundlagen für den Erfolg des Tou- rismus im Burgenland. Die Erhaltung und nachhaltige Nutzung unserer in- takten Natur- und Kulturlandschaft ist daher vielen Menschen, die im Touris- mus tätig sind, ein großes Anliegen. In den Zentren des Massentourismus und in ökologisch empfindlichen Gebieten kann es aber zur Übernutzung der na- türlichen Ressourcen kommen. Die ökologische und soziale Verträglich- keit muss daher bei der touristischen Nutzung immer im Vordergrund ste- hen. Hingegen kann ein nachhaltiger Badespaß in der Donau-March-Thaya-Au Tourismus dazu beitragen, die natür- (J. Weinzettl) tigung der Unbedenklichkeit für die lichen Ressourcen zu erhalten, indem Erhaltung der biologischen Vielfalt er zur nachhaltigen Regionalentwick- wird. Eine Neuerschließung wertvol- möglich. Öffentlichkeitswirksame Ini- lung und zur Erhaltung von Kulturland- ler Feuchtgebiete für den Tourismus tiativen sollen den Konsumenten über schaften beiträgt. Eines der Hauptziele ist nur nach der Prüfung der Umwelt- die Auswirkungen ihres Freizeit- und des Tourismus in Feuchtgebieten muss verträglichkeit und unter Berücksich- Reiseverhaltens informieren. Die Zu- daher sein, dass die biologische Vielfalt sammenarbeit zwischen Tourismusbe- durch den Tourismus nicht gefährdet Kanutour auf der March (J. Weinzettl) trieben und der lokalen Landwirtschaft muss ausgebaut werden, um z. B. die Direktvermarktung zu fördern. Es gibt ein eigenes Österreichisches Umwelt- zeichen und Marketing für Tourismus- betriebe.

Literatur: Gottsberger, T. (2006): Biologische Vielfalt schützen und nachhaltig nutzen. – Eine Zusam- menfassung der Ziele und Maßnahmen aus der österreichischen Biodiversitäts-Strategie. Bun- desministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. AV + Astoria Druckzentrum GmbH Wien.

164 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 1.6 Die Denaturierung von Feuchtgebieten und ihre Gefährdungsursachen Gründe für die Intensivierung von Angelika Vitovec und Klaus Michalek Feuchtwiesen und ihre Auswirkun- Durch die zunehmende Mechani- Feuchtgebiete gehören mit ihren gen sind in ARGE Vegetationsökologie sierung in der Landwirtschaft, die Pflanzen- und Tierarten zu den am (1997) folgendermaßen zusammenge- vor mindestens fünf Jahrzehnten ein- stärksten gefährdeten Lebensräumen. fasst: gesetzt hat, konnten sogenannte un- In Österreich wurden zwischen 1945 Flurbereinigung und Kommassie- produktive Flächen maschinell und und 1987 ca. 188.000 Hektar entwäs- rung: Stichwort Schaffung einer „ma- mühelos in ertragreiches Acker- und sert, die Anzahl der zerstörten Ökosys- schinengerechten Grundstücksform“. Intensivgrünland umgewandelt wer- teme ist in Wirklichkeit viel höher, da Melioration und Entwässerung: Zur den. Vor allem artenreiches und exten- nur jene Flächen in der angegebenen Gewinnung landwirtschaftlicher Nutz- siv genutztes Feuchtgrünland fiel der Zahl erfasst wurden, die auch mit flächen werden Drainagierungsmaß- Intensivierung zum Opfer. Verstärkter Fördergeldern (Bundes- und Landes- nahmen durchgeführt. Feuchte, unpro- maschineller Einsatz, neue Anbaume- mittel) z. B. in ertragreiches Acker- duktive Flächen werden trockengelegt thoden, Pflanzenzüchtungen, inten- oder Grünland umgewandelt wurden und Kleingewässer abgeleitet. sivere Düngung und Schädlingsbe- (Liebel, 1991). Rückgang der Streuwiesennutzung: kämpfung führen heute immer mehr Der Verlust an Feuchtwiesen be- Durch die Spezialisierung einiger Be- zu enormen Produktionssteigerungen gründet sich hauptsächlich in der land- triebe auf Tierhaltung wird die Ein- (vgl. ARGE Vegetationsökologie, 1997). wirtschaftlichen Intensivierung, teil- streuwirtschaft zugunsten der ratio- Die Feuchtflächen werden weiterhin weise auch in der Siedlungstätigkeit nelleren Güllewirtschaft verdrängt. „melioriert“, es werden nach wie vor und in der Anlage von Fischteichen und Grünlandumbruch: Durch die Spezi- Entwässerungsgräben angelegt und die Wildäckern. Grundwasserabsenkung, alisierung auf Ackerbaubetriebe wird oft schweren Maschinen verursachen Rückgang von Überschwemmungen, Grünland verstärkt in Ackerland über- schließlich Bodenverdichtung. Typisch Flussregulierungen zum Schutz der geführt, wodurch sich der Düngerein- sind die sogenannten „Fahrspurrillen“ Siedlungen und landwirtschaftlichen trag in den Boden erhöht. in den Intensivwiesen, die meist eine Kulturen sowie Nährstoffeintrag wir- Verstärkte Düngung aufgrund des eigene Trittgesellschaft infolge starker ken maßgeblich auf die Feuchtgebiete steigenden Produktionsdruckes und Bodenverdichtung beherbergen. (Sauberer, 1993). aus Mangel an Wirtschaftsdünger vor allem in pflanzenbaulichen Betrieben im Osten Österreichs (NÖ, W, B). Auswirkungen: Konflikte aus land- schaftlicher Sicht.

Absenkung des Grundwasserspiegels Drainagierungen, technische Verän- derungen des Geländes und umfang- reiche Wasserentnahmen führen zu Absenkung des Grundwasserspiegels. Entwässerung bewirkt auch Änderun- gen des Nährstoffhaushaltes, nachdem infolge einer besseren Durchlüftung des Oberbodens die Mineralisie- rungshorizonte zunehmen und Nähr- stoffe frei werden beziehungsweise K. Michalek auch ausgewaschen werden können.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 165 Erhöhung des Nährstoffniveaus derungen begünstigen niedrigwüchsige Durch Mineralisierung infolge einer und lichtbedürftige Arten mit hohem Entwässerung oder durch den ver- Regenerationsvermögen, welche wie- stärkten Eintrag von Düngemitteln derum an den ursprünglichen Standort kommt es zu Nährstoffanreicherun- angepasste Arten verdrängen können. gen einst nährstoffärmerer Standorte. Grundsätzlich sind die Nährstoffe Verbuschung und Verwaldung im Wirtschaftsdünger erst nach Um- Durch Aufgabe der Mahd verbleiben wandlung durch Bodenlebewesen für mehr Nährstoffe im Boden, wodurch die Pflanzen verfügbar und dann im nährstoffzeigende Arten wie die Hoch- Boden gebunden. Beim Handelsdün- stauden vorerst gute Bedingungen vor- ger stehen die Nährstoffe den Pflan- finden und gleichzeitig die Artenzahl zen gleich zur Verfügung, werden aber sinkt. Infolge der natürlichen Sukzes- auch schneller in das Grundwasser sion wird sich später eine Waldgesell- ausgewaschen. Als Nachteil ist auch schaft ausbilden, die im Vergleich zu zu bewerten, dass sich die Struktur niedrigwüchsigen Flächen eine erhöhte des Bodens infolge eines verstärkten Transpiration hat und somit den Bo- Humusabbaues negativ verändert, da- denwasserhaushalt beeinflusst. H. Höttinger durch der Boden schneller verdichtet und das Wasserhaltevermögen sinkt. Änderung der Die Intensivierung der landwirt- Artenzusammensetzung schaftlichen Nutzung wie z. B. Wie- Rückgang von Streuwiesen und An gedüngten, nährstoffreichen Stand- senumbruch und die darauffolgende vermehrte Mahd orten werden Magerkeitszeiger zu- Ackerlandnutzung sowie Nährstoff- Ursprünglich ein- oder zweimähdige gunsten wettbewerbsfähiger Arten einträge aus der Landwirtschaft waren ungedüngte Streuwiesen werden nun verdrängt, die Anzahl der Arten sinkt die Hauptgefährdungsursachen von häufiger gemäht und intensiver ge- dabei erheblich. Feuchtgebieten im Burgenland. Der düngt, wodurch die früheren, an extre- Bedarf an Wiesen hat in den letzten mere Bedingungen angepassten Pflanz- Aktuelle Gefährdungsursachen von Jahrzehnten aufgrund des Rückganges engesellschaften verdrängt werden. Die Feuchtgebieten im Burgenland an Milchbauern stark abgenommen. Artenzusammensetzung hängt nicht Im Zuge der Feuchtgebietsinventari- 2009 gab es nur noch rund 600 bur- nur von Zeitpunkt und Häufigkeit der sierung des Burgenlandes (2003 bis genländische Milchbauern mit 22.000 Mahd ab, auch infolge häufiger Mahd 2005) wurden folgende Gefährdungs- Rindern. Diese füttern aber großteils auftretende mikroklimatischen Verän- ursachen erhoben: nur mehr Gras- und Maissilage. Sila- gewiesen werden aber vier- bis fünf- mal gemäht und mit Gülle und Kunst- dünger gedüngt, was sich sehr negativ auf die Artenvielfalt und den Zustand der Wiesen auswirkt. Nur ein geringer Teil der Feuchtwiesen, vor allem in den Schutzgebieten, wird ökologisch über ÖPUL mit 1-2maliger Mahd und ohne Düngung bewirtschaftet (z. B. Natura 2000-Gebiet Neusiedler See - Seewin- kel oder Zickenbachtal). Dort wurden Rinderbetriebe mit Mutterkuhhaltung angesiedelt, um für das anfallende Heu auch eine Verwendung zu haben.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 166 H. Höttinger Nach der Feuchtgebietsinventari- sierung 2003–2005 wurden durch die verstärkte Förderung der Biomasse- nutzung fast alle Stilllegungsflächen in den Feuchtgebieten des Burgenlandes (Ausnahmen bildeten Flächen in den Natura 2000-Gebieten wie z. B. im Na- tura 2000-Gebiet und Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel) und auch sehr viele Feuchtwiesen umgebrochen und der Mais-, Getreide- und Rapsan- bau stark gefördert. Pappelplantagen zur Biomassegewinnung, wie in ande- ren Bundesländern, sind im Burgenland erfreulicherweise kaum anzutreffen. Oft bleibt das Mähgut auf Feucht- wiesen liegen oder Wiesen werden K. Michalek nur mehr gehäckselt. Fehlende Mahd führt schließlich zur Verbrachung und Bereich von Wiesen, die verbrachen Reduktion des Zuwachses dauerhaft Verbuschung (Nutzungsaufgabe). Oft und nicht mehr gemäht bzw. bewirt- versiegelter Flächen auf maximal ein werden Feuchtwiesen, die nicht mehr schaftet werden) dar. Vor allem im Zehntel des heutigen Wertes“ anstrebt, bewirtschaftet werden, aufgeforstet. Nordburgenland verdrängen Robini- aber die Umsetzung fehlt oft. Häufig wurden standortsfremde Baum- en oft den natürlichen Auwald. Viele Die Ablagerung von Müll, Schutt, arten wie Fichte, Esche, Bergahorn Feuchtgebiete mit Feuchtwiesen und Mähgut und Baumschnitt stellt ein oder Kirsche, im besten Fall Schwar- Auwäldern entlang von Flüssen wur- weiteres Problem in der Zerstörung zerlen, aufgeforstet. Die Aufforstung den in den letzten Jahrzehnten durch und Verschandelung von Feuchtgebie- von Wiesen stellte bis zur Zeit der Regulierungsmaßnahmen zerstört. ten dar. Im Nordburgenland wird vor Feuchtgebietsinventarisierung 2003 Siedlungs-, Gewerbe- und Indus- allem häufig in Schilfbrachen Müll de- bis 2005 ein großes Naturschutzprob- triegebiete nehmen oft sehr viel wert- poniert. Dies wäre eigentlich gar nicht lem dar und wurde von der Landwirt- volle Feuchtgebietsflächen in An- notwendig, da es im gesamten Burgen- schaftskammer sogar gefördert. Diese spruch. Häufig werden Feuchtgebiete land ein gut etabliertes Müllentsor- Förderung konnte mit dem Abschluss auch durch Verkehrswege zerschnitten gungssystem gibt. Für die nachhaltige der Feuchtgebietsinventarisierung und und zerstört. Von 2001 bis 2004 nahm Verwertung von Mähgut und Baum- des Wiesenrückführungsprojektes in der Flächenverbrauch (Flächenversie- schnitt bedarf es allerdings noch gu- der Willersdorfer Schlucht - Aschau- gelung und Bebauung) in Österreich ter Konzepte, zumal seit 2010 das Ver- er Au erfreulicherweise eingestellt um 6,1 % zu. Der Flächenverbrauch brennen biogener Materialien in ganz werden. Die Aufforstung von Wiesen beträgt 31 Fußballfelder oder 23,4 ha Österreich generell verboten ist. ist seither naturschutzfachlich bewil- pro Tag. Die Baufläche allein hat um ligungspflichtig! Viele Feuchtgebie- 17,7 ha/Tag, die Verkehrsfläche um 2,7 Literatur: ARGE Vegetationsökologie (1997): Feuchtge- te im Burgenland, wie z. B. auch der ha/Tag zugenommen. Die Hauptursa- biete in der Kulturlandschaft. Seewinkel, sind durch Grundwasser- che dafür liegt in der Konkurrenz der Fischer I., & Paar M. (1994): Landschaftsin- absenkung, Trockenlegung und Ent- Gemeinden um Einwohner, Betriebs- ventar Burgenland. Lexer W. (2004): Zerschnitten, versiegelt, ver- wässerung stark bedroht. Ein weiteres ansiedlungen und Steuereinnahmen. baut. Natur & Land, 90. JG. – Heft 5/6. Gefährdungspotential stellt die Neo- In der Österreichischen Strategie zur Liebel G. (1991): Stand der Erhebung von phyteneinwanderung (Japan-Knöte- nachhaltigen Entwicklung (2002) steht Feuchtgebieten in Österreich, in: Feuchtgebiete – Erhaltung, Neuanlage und Gestaltung. Öko- rich und Drüsen-Springkraut entlang zwar geschrieben, dass die Österreichi- Text 5/91, Österreichische Gesellschaft für Na- von Fließgewässern und Goldrute im sche Bundesregierung bis 2010 „eine tur- und Umweltschutz.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 167 2. Schutz- und Fördermöglichkeiten zur Erhaltung von Feuchtgebieten im Burgenland Klaus Michalek

angeführt sind. Die Landesregierung muss diese nach Maßgabe der finanzi- ellen Mittel schützen und einen güns- tigen Erhaltungszustand wahren und wiederherstellen. Ein Feuchtgebiet, das als geschützter Lebensraum verordnet wurde, ist die Wehoferbachwiese in Oberwart.

Geschützter Landschaftsteil Kleinräumige, naturnah erhaltene Landschaftsteile oder Kulturlandschaf- ten (historische Garten- und Parkanla- gen), die das Landschafts- und Ortsbild besonders prägen, die zur Belebung oder Gliederung des Landschafts- und Ortsbildes beitragen oder die für die Erholung der Bevölkerung bedeutsam sind, können von der Landesregie- rung zum Geschützten Landschafts- Naturschutzgebiet Thenau (K. Michalek) teil erklärt werden. Der Lahnbach bei Naturschutzgebiete Deutsch Kaltenbrunn im Bezirk Je- Naturschutzgebiete sind Gebiete, die Neben den ungefähr dreißig Natur- nnersdorf ist derzeit der einzige Ge- sich durch völlige oder weitgehende schutzgebieten gibt es im Burgenland schützte Landschaftsteil im Burgen- Ursprünglichkeit auszeichnen und in fünf Geschützte Lebensräume, einen land. denen der Ablauf einer natürlichen Geschützten Landschaftsteil, sechs Entwicklung gewährleistet ist. Na- Naturparke, 140 Naturdenkmäler, Naturdenkmal turschutzgebiete beherbergen seltene acht Landschaftsschutzgebiete, sech- Zu Naturdenkmalen können durch Be- oder gefährdete Tier- oder Pflanzenar- zehn Natura-2000-Gebiete und einen scheid der zuständigen Bezirksverwal- ten bzw. sind Gebiete, in denen seltene Nationalpark. Der Anteil der Natu- tungsbehörde erklärt werden: oder wissenschaftlich interessante Mi- ra-2000-Gebiete an der Landesfläche Naturgebilde, die wegen ihrer Eigen- neralien und Fossilien vorkommen. Das des Burgenlandes beträgt 27.7 % und art, Schönheit, Seltenheit, wegen ih- erste Naturschutzgebiet im Burgenland 33 % der Landesfläche stehen unter ir- res besonderen Gepräges, das sie der wurde 1931 errichtet (Banngebiet Zitz- gend einem Schutz. Landschaft verleihen oder wegen ih- mannsdorfer Wiesen). Feuchtgebiete, rer besonderen wissenschaftlichen und die zu Naturschutzgebieten erklärt Geschützte Lebensräume kulturellen Bedeutung erhaltungwür- wurden, sind z.B. die Frauenwiesen in Geschützte Lebensräume sind selte- dig sind oder Leithaprodersdorf, der Zylinderteich ne Lebensraumtypen, wie besondere kleinräumige Gebiete, die für den Le- in Hornstein, die Friedhofswiesen in Wiesenarten, Trockenrasen, besonde- benshaushalt der Natur, das Klima oder Jabing, die Lafnitz-Stögersbach-Auen re Waldtypen, Felsregionen, welche im als Lebensraum bestimmter Tier- und oder die Auwiesen Zickenbachtal. Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG Pflanzenarten besondere Bedeutung

168 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz haben (Kleinbiotope) oder in denen seltene oder wissenschaftlich interes- sante Mineralien oder Fossilien vor- kommen. Ein Beispiel für eine Feucht- wiese, welche zu einem Naturdenkmal erklärt worden ist, ist die Trollblumen- wiese in Gerersdorf bei Güssing.

Naturparke Landschaftsschutzgebiete oder Tei- le derselben sowie geschützte Land- schaftsteile, die sich in hervorra- gendem Maße für die Erholung und Vermittlung von Wissen über die Na- tur oder die historische Bedeutung ei- nes Gebietes eignen und in denen die Voraussetzungen für eine fachliche Information und Betreuung gegeben sind, können durch Verordnung der Landesregierung die Bezeichnung Na- turpark erhalten. Der Clusius Natur- park war der erste Naturpark im Bur- „Naturpark in der Weinidylle“ genland, er ist jetzt größer und heißt (F. Kovacs) Neusiedler See und Umgebung, die „Naturpark in der Weinidylle“. Landschaftsschutzgebiete Rosalia – gierung zu Landschaftsschutzgebieten Kogelberg, Bernstein – Lockenhaus Landschaftsschutzgebiete erklärt werden. Im Burgenland gibt es - Rechnitz, Südburgenländisches Hü- Gebiete, die sich durch besondere land- das Natur- und Landschaftsschutzge- gel- und Terrassenland, Kellerviertel schaftliche Schönheit oder Eigenart biet Hangwiesen Loipersdorf, Rohr- Heiligenbrunn, Landseer Berge und auszeichnen, die für die Erholung der bach, Schattendorf mit dem Feucht- Raab. Bevölkerung oder für den Tourismus gebiet Teichwiesen in Rohrbach, das besondere Bedeutung haben oder die Natur- und Landschaftsschutzgebiet Nationalpark historisch bedeutsame Landschaftstei- Besonders eindrucksvolle, formenrei- le umfassen, können von der Landesre- Naturdenkmal Gerersdorf bei Güssing che und großflächige Gebiete, die für (K. Michalek) Österreich charakteristisch oder his- torisch bedeutsame Landschaftsteile umfassen und zum überwiegenden Teil vom Menschen in ihrer Ursprüng- lichkeit nicht oder nicht nachhaltig beeinträchtigt wurden, können zum Nationalpark erklärt werden. Der Na- tionalpark Neusiedler See - Seewin- kel wurde mit Beschluss des Burgen- ländischen Landtages am 29.11.1992 gegründet. Im Juli 1993 erfolgte eine Erweiterung des Nationalparkgebietes durch die Einbindung der Langen La- cke und deren Umgebung.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 169 Natura-2000-Gebiete bzw. 434 Pflanzenarten) gemäß Fauna-Flo- werden müssen. Im Burgenland gibt Europaschutzgebiete ra-Habitatrichtlinie (FFH-Richtlinie) es die sechs Vogelschutzgebiete Neu- Mit dem Beitritt Österreichs zur EU für geeignet halten. Im Burgenland siedler See-Seewinkel, Auwiesen Zi- sind für unser Land zwei EU-Richt- gibt es zwölf Natura-2000-Gebiete, ckenbachtal, Mattersburger Hügel- linien über den Naturschutz wirk- welche nach der Flora-Fauna-Habitat land, Parndorfer Platte-Heideboden, sam geworden. Ein wesentliches Ziel Richtlinie nominiert sind. Dazu gehö- Nordöstliches Leithagebirge und Waa- ist die Schaffung eines europäischen ren die Natura-2000-Gebiete Neusied- sen-Hanság. Schutzgebietssystems mit einheitli- ler See-Seewinkel, Bernstein-Locken- chen Kriterien für bedrohte Tier- und haus-Rechnitz, Südburgenländisches Förderungen Pflanzenarten und für seltene Lebens- Hügel- und Terrassenland, Lafnitzau- für Schutzgebiete räume. Mit dem EU-Beitritt hat sich en, Zurndorfer Eichenwald und Hut- Österreich verpflichtet, die beiden weide, Siegendorfer Pußta und Heide, Das von der EU geförderte Pro- Richtlinien umzusetzen und unter Lange Leitn Neckenmarkt, Hang- gramm zur Entwicklung des Länd- dem Namen „Natura 2000“ ein Netz wiesen Rohrbach-Schattendorf-Loi- lichen Raums ist die wichtigste Fi- besonderer Schutzgebiete einzurich- persbach, Frauenwiesen Leithapro- nanzierungsquelle für die Umsetzung ten. Das Schutzgebietsnetz „Natura dersdorf, Haidel bei Nickelsdorf, von Naturschutzzielen in der reich- 2000“ soll jene Gebiete umfassen, die Parndorfer Platte und Nordöstliches haltigen Kulturlandschaft Öster- die Mitgliedsstaaten für den Schutz Leithagebirge. reichs. Maßnahmen zur Erreichung der Lebensraumtypen des Anhanges Es umfasst aber auch alle nach der dieser Ziele laufen über das Österrei- I (253 Lebensraumtypen wie z.B. Pfei- Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenen chische Programm zur Förderung ei- fengraswiesen auf kalkreichem Boden, besonderen Schutzgebiete („Special ner umweltgerechten, extensiven und torfigen und tonig-schluffigen Böden, Protection Areas o. SPAs“). Die Vogel- den natürlichen Lebensraum schüt- Magere Flachland-Mähwiesen, Auen- schutzrichtlinie listet 182 Vogelarten zenden Landwirtschaft (ÖPUL) und wälder mit Alnus glutinosa und Fraxi- und Unterarten auf, welche geschützt über den Landschaftspflegefonds. Die nus excelsior) sowie die Habitate der ÖPUL-Naturschutzmaßnahmen fallen Anhang II-Arten (200 Tierarten und Naturschutzgebiet Siegendorfer Puszta unter die Maßnahme WF (= Erhaltung mit ehemaligem Sulzsee (J. Weinzettl) und Entwicklung naturschutzfachlich wertvoller und gewässerschutzfach- lich bedeutsamer Flächen). Hier kön- nen Entschädigungen für Auflagen in Schutzgebieten wie zum Beispiel Na- tura-2000-Gebieten, Prämien für um- weltschonende Wirtschaftsweisen im Wald und im Offenland aber auch Bil- dungsmaßnahmen und sonstige Na- turschutzprojekte (z.B. Flussrückbau- ten) gefördert werden. Im österreichischen Programm wird bei etlichen Maßnahmen durch die verpflichtende Einbindung der je- weiligen Naturschutzbehörde gewähr- leistet, auf welche Art und Weise die zu fördernden Maßnahmen Beiträge zur Erhaltung und Entwicklung der Biodi- versität leisten können. • Erstaufforstungen auf landwirt- schaftlichen Flächen sind z.B. nur im

170 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz Einvernehmen mit der Naturschutz- behörde förderbar, um Aufforstun- gen von wertvollen Naturflächen (z.B. Feuchtwiesen) zu verhindern. • Waldumweltmaßnahmen werden gemeinsam mit Forst- und Natur- schutzbehörden umgesetzt, um zu garantieren, dass Belange des Na- turschutzes (z.B. Schaffung von Spechtbäumen, Horstbäumen, Na- turwaldzellen, ökologisch sinnvolle Baumartenzusammensetzung) aus- reichend berücksichtigt werden. • Entschädigungen für Natura 2000 Auflagen auf land- und forstwirt- schaftlichen Flächen können nur mit Zustimmung der Naturschutzbehör- de ausbezahlt werden. ÖPUL und Naturschutzmaßnahmen Birnbaumlacke (R. Krachler) nahmen werden gegenwärtig noch auf werden mit Hilfe des Betriebsgesprä- 15 weitere Projektgebiete wie Hanság, ches möglichst gut an die Ziele des Be- ein gesamtbetriebliches Konzept um- Parndorfer Platte, Lacken im Seewin- triebes angepasst. Die Rolle der Natur- gesetzt. kel, Seerandwiesen, Zieselschutzgebie- schutzbehörde äußert sich hier in der Diese Beratung hatte für den bishe- te, Erweiterung der Siegendorfer Puß- Gesamtkoordination der Beratungen rigen Erfolg des Vertragsnaturschut- ta und alle Betriebe mit Viehbesatz im sowie in der Abwicklung der individu- zes in Österreich eine sehr große Be- Burgenland ausgeweitet und betra- ellen Verträge. deutung. Das Gespräch zwischen gen ca. 6,6 Mio. Euro an Förderungen Landwirt und Ökologen, die gemein- pro Jahr. Davon bezahlt 75 % die EU, Naturschutzmaßnahmen same Besichtigung der bewirtschaf- 15 % der Bund und 10 % das Land Bur- im ÖPUL teten Wiesen und Felder, die Ausei- genland. Während in den meisten europäischen nandersetzung des Ökologen mit der Ländern Bauern im Rahmen ihrer Um- wirtschaftlichen und strategischen Landschaftspflegefonds weltprogramme Flächen für umwelt- Situation des Betriebs und die Aus- Der Burgenländische Landschafts- schonende Maßnahmen und Aufla- einandersetzung des Landwirtes mit pflegefonds wurde zur Förderung und gen „einfach anmelden“ und damit für der ökologischen Situation „seiner“ Finanzierung von Maßnahmen zur Er- 5 Jahre unter Vertrag nehmen, gibt es Landschaft und des Naturhaushaltes reichung der Ziele des Burgenländi- in Österreich für die ÖPUL- Natur- sind wesentliche Schlüsselfaktoren für schen Naturschutz- und Landschafts- schutzmaßnahmen ein Jahr vor dieser ein gutes, nachhaltig wirksames Kon- pflegegesetzes – NG 1990 eingerichtet. Anmeldung eine individuelle Betriebs- zept. In den Evaluierungsergebnissen Die Mittel werden von der Landesre- beratung. aus dem Jahr 2005 kam klar zum Aus- gierung auf der Grundlage von Richt- Landwirt und Ökologe besichtigen druck, dass die Akzeptanz für Natur- linien verwaltet. Derzeit erlassene dabei gemeinsam wertvolle Flächen schutzmaßnahmen in betreuten Na- Förderprogramme sind das Kultur- des Betriebs und legen danach einver- tura-2000-Gebieten wesentlich (ca. landschaftsprogramm und das Arten- nehmlich Ziele und Auflagen für diese 35 %) höher ist als in nicht betreuten und Lebensraumschutzprogramm. Flächen fest. Bei der Maßnahme „Ge- Natura-2000-Gebieten. Derzeit wer- Das Kulturlandschaftsprogramm samtbetrieblicher Naturschutzplan“ den im Burgenland 11.500 ha über Burgenland ist ein Förderprogramm werden alle Flächen des Betriebs be- ÖPUL Naturschutzmaßnahmen be- zur Erhaltung naturschutzfachlich rücksichtigt und darauf aufbauend wirtschaftet. Diese vertikalen Maß- wertvoller Acker- und Grünlandflä-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 171 chen durch nachhaltige landwirt- Schutzprogramm zur Erhaltung gerfristig stellen solche Reliktstandor- schaftliche Bewirtschaftung und Pflege natürlicher Lebensräume des te jedoch wichtige Keimzellen für die sowie Flächenstilllegung und Wiesen- Anhanges I der FFH-Richtlinie Neubesiedlung stillgelegter oder ex- rückführung auf ausgewählten Flä- (Richtlinie 92/43/EWG des Rates tensivierter landwirtschaftlicher Flä- chen, welche durch Umgestaltungs- vom 21. Mai 1992) im Burgenland chen der näheren Umgebung dar. Um maßnahmen und Neuanlagen von Mit dem Schutzprogramm zur Er- die Funktion eines derartigen Gen- Landschaftselementen wichtige öko- haltung natürlicher Lebensräume des reservoirs erfüllen zu können, ist das logische Funktionen erfüllen. Anhanges I der FFH-Richtline wer- Überleben möglichst aller Floren- und Das Burgenländische Arten- und den vom Naturschutzbund Burgen- Faunenelemente sicherzustellen. Pacht Lebensraumschutzprogramm ist ein land mehrere Lücken im Netz landes- bzw. Kauf sowie Pflegemaßnahmen Förderungsprogramm zur Bewahrung weiter Schutzgebiete geschlossen und sind kurzfristig unumgängliche Inst- und Verbesserung des Erhaltungszu- ein Beitrag zum System europaweiter rumente hierfür. standes gefährdeter wildlebender Schutzgebiete entsprechend „Natura Derzeit organisiert der Natur- Pflanzen- und Tierarten sowie gefähr- 2000“ geleistet. schutzbund Burgenland mit diesem deter Lebensräume. Besonders gefährdete und schüt- Schutzprogramm die Pflege von ca. zenswerte Lebensräume sind oft nur 60 ha nicht geschützten wertvollen in sehr kleinen und winzigen Überres- Lebensräumen mit seltenen Pflanzen- ten vorhanden, die – zumindest vorerst und Tierarten. Davon sind 25 ha im Be- – für eine Unterschutzstellung recht- sitz des Naturschutzbundes, der Rest licher Art zurückgestellt werden. Län- ist angepachtet. Die Pflege durch Mahd Landschaftspflege (K. Michalek) oder Entbuschung wird entweder von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Na- turschutzbundes und des Vereins der Burgenländischen Naturschutzorgane oder von Bauern und Landschaftspfle- gern wahrgenommen.

LEADER-Projekt Gemeindeschutzgebiete Eine weitere Möglichkeit, um ökolo- gisch wertvolle Flächen, wie z. B. auch Feuchtgebiete, zu erhalten, ist die Aus- weisung als „Gemeindeschutzgebiet“. Ziel dieses Projektes ist die Einrichtung von kleinräumigen Schutzgebieten im lokalen Verwaltungsbereich von Ge- meinden zur langfristigen Erhaltung und Entwicklung naturschutzfachlich wertvoller Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Die Flächen- auswahl findet aufgrund naturschutz- fachlicher Erhebungen und Kartierun- gen statt. Unter die förderbaren Kosten fallen Planungkosten, Kosten für Revi- talisierung, Kosten für bewusstseins- bildende Maßnahmen (z. B. Tafeln, Pulte, Folder) und für Flächenankauf.

172 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 3. Bewusstseinsbildung – Umwelterziehung – Umweltpädagogik Angelika Vitovec

Noch vor wenigen Jahrzehnten wur- den so genannte unproduktive Feucht- flächen „melioriert“, um dem Mangel an Nahrungsmitteln in der Nach- kriegszeit entgegenzuwirken. Die Be- völkerung begrüßte damals die Tro- ckenlegung „sauerer Wiesen“ und Moore, schließlich galt es als Erfolg in der Landwirtschaft, neue produktive Flächen zu schaffen. Seither wurden in Österreich viele tausende Hektar der ökosensiblen Feuchtflächen, ein- schließlich Gräben, Altarme, Weiher, feuchte Senken etc., für Produktions- Umweltspürnasen stellen die Gewässer- steigerungen, aber auch für Flächen- deutung von Feuchtgebieten kann dazu güte fest (J. Weinzettl). gewinnung für Gewerbebauten und beitragen, die Sicht des Menschen für Siedlungen zerstört. Heute produzie- und Nutzungswert des Wassers für den diese besonderen Lebensräume zu ver- ren wir Überschüsse, dem wenig üb- Menschen. Demnach müsste hier an- bessern (Steiner, 1991). rig gebliebene Feuchtlebensraumreste gesetzt werden, bewusstseinsfördernde Wer das Glück hatte, in der Kindheit gegenüber stehen, die gerade jetzt be- Maßnahmen einzulenken. Leider spielt in einer Pfütze oder am Bachrand zu sonderen Schutz benötigen, um nicht auch die Tatsache eine Rolle, dass ein spielen und viele Wasserlebewesen in noch weiteren Bodenmeliorationen Bauer, der seine Flächen nicht „ordent- ihrer Entwicklung beobachten konnte, oder Verbauungen zum Opfer zu fal- lich gepflegt“ hat, als schlampig galt, wird auch als Erwachsener zu schätzen len. Mit so manchen trockengelegten möglicherweise auch heute noch als wissen, welchen hohen Erlebnis- und Feuchtlebensräumen ist wohl auch das solcher gilt. Jedoch für die Tier- und Erholungswert bereits kleine Feucht- Wasser aus der Landschaft verschwun- Pflanzenwelt spielt eine durch „legere“ strukturen für den Menschen haben. den (Scharf, 1991). Wirtschaftsweise entstandene Struk- Vor allem sollte dem Menschen be- Alleine schon dieses Faktum sollte turvielfalt eine große Rolle. wusst sein, natürliche oder naturnahe den Menschen zum „Umdenken“ be- Auf der anderen Seite gibt es auch Feuchtlebensräume als „Erbe“ seinen wegt haben, aber leider werden weiter- in der Landwirtschaft von Seiten der Nachkommen zu bewahren. In einer hin Feuchtgebiete zerstört. Offensicht- Grundeigentümer die vorbildliche bereits „ausgeräumten“, unattraktiven lich ist jenen Menschen nicht bewusst, Bereitschaft, ehemalige Feuchtgebie- Landschaft kann jeder Mensch einen welch große Bedeutung und vor allem te, denaturierte Weiher und ande- Beitrag leisten, Feuchtstrukturen wie- welche Funktionen Feuchtstrukturen re Feuchtstrukturen wieder aus der der zu revitalisieren, um wieder eine aller Art in der Landschaft haben. Die Nutzung zunehmen, um sie der Natur lebenswertere Heimat auch für seine Palette reicht schließlich vom Lebens- zurückzugeben (Scharf, 1991). Mög- Nachwelt zu schaffen. raum für viele Pflanzen und Tierar- licherweise liegt dem ein Umweltbe- Schacht (1991) misst dem umwelter- ten, die ausschließlich oder teilweise wusstsein zugrunde, ein Erkennen des zieherischen Wert bereits renaturierter an Feuchtlebensräume gebunden sind, Wertes der Feuchtstandorte im Land- oder naturnah gestalteter kleiner Seen, über den Grundwasserschutz (Erhal- schafts- und Naturhaushalt. Eine bes- Weiher und Teiche allergrößte Bedeu- tung, Sauberkeit) bis zum Erholungs- sere Kenntnis der Funktionen und Be- tung bei, da diese Feuchträume eine

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 173 große Vielfalt an spielerisch-sportli- Blumen für „das Auge“. Wie wichtig Projekte in Feuchtgebieten chen Betätigungsmöglichkeiten bie- Insekten, ja auch kleinste Lebewesen Salzburgs: ten. Natur, die spielerisch erfasst, be- wie Mikroorganismen im Naturkreis- • Langwiesen (2004): griffen, erlebt und „benutzt“ wird, prägt lauf sind und welche Rolle sie spielen, Die Langwiesen sind ein Streuwie- sich besser ein und wird als wertvoll kann mit Naturpädagogik spielerisch sengebiet, reich an Tier- und Pflan- empfunden. Damit soll mehr Natur- erlernt werden. An naturnahen Bä- zenarten, bei Großgmain am Fuß verständnis geweckt werden als durch chen und Flüssen können sich viele des Salzburger Untersberges. Da die viele andere Wege der Umwelterzie- Erwachsene und Kinder mit flusspäd- Langwiesen in den vorangegangenen hung (Schacht, 1991). agogischen Spielen begeistern. Jahren nicht mehr gemäht wurden, Viele Eltern haben jedoch selbst verbuschten sie zunehmend. Die Teil- nicht mehr das Wissen oder das Be- Beispiele für erfolgreiche nehmerinnen und Teilnehmer hatten wusstsein für die Natur, ja viele ken- Projekte zur Bewusstseins- die Aufgabe, aufkommende Gebüsche nen nicht einmal häufig vorkommende bildung für Feuchtgebiete: zu entfernen, zu mähen und einige Pflanzenarten beim Namen oder ihre alte Gräben wieder instand zu setzen. volkstümliche Bedeutung. Es ist genau- Umweltbaustellen: P.U.L.S. – Pro- Mit dem angefallenen Material wurde so wichtig, die Begeisterung und das jekte der Alpenvereinsjugend des danach an einem sonnigen Platz ein Interesse für die Natur der Erwachse- Österreichischen Alpenvereins. Ar- Reptilienhügel gebaut (Umweltdach- nen zu erwecken wie auch jenes aller beitseinsätze für Natur und Umwelt: verband, 2004). Kinder und Jugendlichen. Eine Ferienwoche für die Natur arbei- Das Wissen unserer älteren Genera- ten. Junge Leute zwischen 16 und 30 Projekte in Feuchtgebieten tionen könnte einen wichtigen Beitrag arbeiten unentgeltlich, beheben einen Oberösterreichs: leisten, die Menschen wieder für Heil- Umweltschaden oder helfen der Na- • Traun-Auen (2004) kräuter, Wildgewürze- und -gemüse zu tur mit einem konstruktiven Beitrag. Die Traun-Auen sind ein geschütztes interessieren. Natur- und Landschafts- Unterkunft und Verpflegung kosten Natura 2000-Gebiet im Bereich der führungen können überall, auch auf ei- nichts, und ein oder zwei freie Tage Mündung der Traun in die Donau. ner „Gstettn“ oder bei einer Pfütze oder sorgen für Ausgleich und Spaß (www. Seltene dort lebende Tier- und Pflan- einem Acker, stattfinden, denn auch alpenverein.at). zenarten sind durch ihre Lebensweise auf stark anthropogen beeinflussten hoch spezialisiert und wurden vielfach Standorten gibt es Arten der „Roten Projekte in Feuchtgebieten des zerstört. Die Aufgabe der Umweltbau- Liste“, viele Heilkräuter oder einfach Burgenlandes: stelle war, vorhandene Biotope zu pfle- • Revitalisierung regulierter Bäche gen, ungemähte Magerrasen zu entbu- durch Rückverbauung mit Kindern schen und Amphibien-Laichgewässer und Jugendlichen (Johannes Müller, auszuräumen bzw. einzutiefen (Um- mündl.). weltdachverband, 2004). • Renaturierung von Hochwasser- Literatur: becken (2004): Umweltdachverband (2004): Ökoferienjobs & An mehreren Bächen und Flüssen des Praktika, Broschüre. Burgenlandes befinden sich Hochwas- Schacht, H. (1991): Ziele und Aufgaben aus der Sicht der Landschaftsplanung, in: Feuchtgebiete ser-Rückhaltebecken, in denen sich mit Erhaltung, Neuanlage und Gestaltung – Öko- der Zeit viele interessante Tier- und Text 5/91. Österreichische Gesellschaft für Na- tur- und Umweltschutz. Pflanzenarten angesiedelt haben. Die Scharf, W. (1991): Vorwort, in: Feuchtgebiete Aufgabe der Teilnehmerinnen und Erhaltung, Neuanlage und Gestaltung - Öko- Teilnehmer an der Umweltbaustelle Text 5/91. Österreichische Gesellschaft für Na- tur- und Umweltschutz. war, die Biotope genauer zu untersu- Steiner, G.M. (1991): Feuchtgebiete: Standort- chen, gleichzeitig Biotopverbesserun- bestimmung, Begriffe, Typisierung, in: Feucht- gebiete Erhaltung, Neuanlage und Gestaltung gen zu entwickeln und diese auch um- – Öko-Text 5/91. Österreichische Gesellschaft Umweltspürnasen beim Tümpeln (J. Weinzettl) zusetzen (Umweltdachverband, 2004). für Natur- und Umweltschutz.

174 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 4. Unkonventionelle Überlegungen zum Landschaftswandel und zu Wasserlebensräumen im Burgenland Josef Fally

In der vorliegenden Publikation wird flussung in der Landschaft fast über- den, 800 bis 900 mm erhalten nur un- man überwiegend mit Texten konfron- all zu spüren, und wahrscheinlich ist sere höchsten “Gebirgsspitzen“. tiert werden, die sachlich und fundiert es daher sinnvoller, des Öfteren vom Wir bekommen also in Summe abgefasst sind. Dieser Einleitungstext “Kulturraum“ zu sprechen, der - und gar nicht sehr viel vom Leben spen- erhebt jenen Anspruch nicht. Aber als das will schon auch betont sein - gott- denden Nass ab, aber zum einen ist eine Art Einstimmung sei ein Stil er- lob sehr oft noch als relativ “naturnah“ unser Land vielfach sehr flach und laubt, der ein wenig populärwissen- bezeichnet werden kann. eben, somit bleibt das Wasser gerne schaftlich bis reißerisch aufgemacht Was im Burgenland ohne Zutun hier stehen, zum anderen sind bur- ist. Der Artikel muss deswegen nicht des Menschen entstanden ist, sind die genländische Dörfer und Städtchen unseriös sein. Ich hoffe jedenfalls auf Ausläufer der Zentralalpen vom Leit- oftmals nah genug an Gewässern ge- eine einsichtige Leserschaft. hagebirge über die Landseer Berge bis legen, um dann und wann auftretende zum 884 m hohen Geschriebenstein. Überflutungen schon ein wenig fürch- Den Naturraum gestalten Nach Osten zu verschwinden sie unter ten zu müssen. Rund um die Siedlun- Sedimenten des tertiären Randmeeres gen liegen landwirtschaftlich genutzte Wenn man mit “Natur“ all jene Er- und den Ablagerungen aus der Eiszeit. Flächen und auf diesen will der Bauer scheinungsformen des Kosmos meint, Flüsse und Bäche entwässern das Land nicht zuviel und nicht zuwenig Was- an denen der Mensch praktisch nichts also vom hügeligen Westen Richtung ser haben. Drainagegräben und Be- verändert hat, dann wird man im Bur- östliche Tiefländer, und von der Was- wässerungsanlagen, regulierte Bäche genland nur schwer “Räume“ finden, serführung her nehmen sich Raab, Laf- und Hochwasserschutz-Dämme, Re- auf die das Attribut “natürlich“ im nitz, Pinka, Stooberbach und Wulka genrückhaltebecken und künstliche strengen Sinn überhaupt zutrifft. Wir relativ bescheiden aus im Vergleich Teiche wurden also nicht aus Jux und haben keine Urwälder mehr, keine etwa zu Donau oder Mur. Tollerei gebaut. unberührten Bergregionen und keine Was die jährliche Niederschlags- Denn seit der Steinzeit, als die ers- von der Landwirtschaft unbeeinfluss- menge betrifft, können wir auch nicht ten Menschen nach und nach ins Bur- ten Gewässer. mit den meisten westösterreichischen genland kamen, galt die Maxime: Lasst Im relativ dicht besiedelten Mittel- Gegenden mithalten: Viele burgenlän- uns das Leben angenehmer gestalten! europa wäre etwa die Errichtung vieler dische Gebiete müssen oft mit weniger Und sie gilt im Großen und Ganzen Nationalparke gar nicht möglich ge- als 500 mm Regen das Auslangen fin- auch noch heute. Wälder roden und wesen, hätte die IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) 1973 ihre strengen Kriterien nicht ein wenig den hiesigen Verhältnissen angepasst. Und 2001 hat die UNESCO (eine Unterorgani- sation der UNO) unseren Neusiedler See und sein Umland nicht zum Welt- „Natur“-Erbe, sondern eben zum Welt- “Kultur“-Erbe erkoren. Der langen Rede kurzer Sinn: Im Burgenland ist die menschliche Beein-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 175 H. Höttinger den Boden unter den Pflug nehmen, Die Landschaft kultivieren, Mineraldünger und Pestiziden ehe- die Bären ausrotten, Mineraldünger aber wie? möglichst einen Zustand zu schaffen, einsetzen, Traktoren bauen und Ärzte der uns nie wieder von Lebensmittel- ausbilden, im Prinzip soll all dies dem Während der letzten Eiszeit sah unsere Lieferungen aus dem Ausland abhängig Wohle der Menschen dienen. Heimat ganz anders aus als heute. Erst machen sollte, klatschten wohl alle Bei- Den Einser Kanal graben, Bäche in in den Jahrtausenden danach etablierte fall. Als man, beginnend in den 1970er- Betonkorsette zwängen und feuchte sich ein Spektrum an Tier- und Pflan- Jahren, diese Ziele nach und nach er- Wiesen trockenlegen gehören auch zenarten, das den Grundstock für jene reicht hatte (mehr Getreide als wir dazu. Fauna- und Flora-Elemente bildet, die brauchen können, mehr Milch als wir Dass Manipulationen dieser Art je- wir heute als “heimisch“, als “natürlich“, trinken können, mehr Fleisch als wir doch oftmals sehr ambivalente Aus- als “ursprünglich“ bezeichnen. essen können) und sich unsere Über- wirkungen nach sich ziehen, ist auch Wie sehr hat nun menschliches schüsse auch nicht so ganz einfach im klar: Ein Wald “will“ natürlicherweise Eingreifen (als Jäger und Sammler, als Zuge des Exports zu Geld machen lie- ein Wald bleiben, Bären “wollen“ leben Landwirt, als Haus- und Gartenbesit- ßen, begann allmähliches Umdenken wie andere Lebewesen auch, Mineral- zer, als Freizeitsportler, als Autofahrer, Platz zu greifen. Was nicht heißt, dass dünger verändern die Bodenfauna in als Tourist etc.) unsere Natur seither somit alle Geldflüsse in weitere Land- ungewollter Weise, Traktoren emittie- verwandelt? Wie sehr wurden die ein- schaftszerstörung (so hießen ertrags- ren das Treibhausgas Kohlendioxid* zelnen “Lebensräume“ (also das jewei- steigernde Maßnahmen im Jargon der und Ärzte können das Leiden von Pa- lige Zuhause von tierischen und pflanz- Öko-Mahner) augenblicklich gestoppt tienten manchmal erbarmungslos ver- lichen Mitbewohnern) verändert? Gibt wurden – Landwirtschaftslobbyisten, längern. Welche Eingriffe nun gesetzt es heute mehr oder weniger Arten als Kommassierer, Wasserbauer, Techniker werden (dürfen), kann von Politik und vor 100 oder 1000 Jahren? Hat man aus und Politiker taten gerne das, was sie Wissenschaft zwar ein wenig gelenkt Fehlern der Vergangenheit gelernt? immer schon getan hatten. Nach und werden, wenn der (monetäre) Vorteil Als man nach 1945 in Österreich nach setzte aber auch bei ihnen ein fall- für zumindest bestimmte Gruppen von daran ging, durch Urbarmachen von weises Umdenken ein. Und nach und Menschen spürbar wird, dann kom- Ödland und durch Entwässern saurer nach wurde nun möglich, wovon Jahre men ambivalente Überlegungen aber Wiesen flächenmäßig ein “10. Bun- und Jahrzehnte zuvor nur Naturschutz- auch regelmäßig zu kurz. Und noch desland“ zu schaffen und gemeinsam Utopisten zu träumen gewagt hatten. dazu sind nicht alle Auswirkungen im mit Verbesserungen in der Tier- und Als Beispiel sei das Jahr 1988 ge- Vorhinein erkennbar, oft genug treffen Pflanzenzucht, mit Einsatz moderner nannt, das Jahr, in dem die Burgen- sie uns völlig unerwartet. Maschinen und mit Verwendung von ländische Landesregierung einen Arbeitsausschuss zur Vorbereitung eines grenzüberschreitenden Natio- nalparkes (Neusiedler See – Seewin- kel) installierte. Möglich war dies si- cher erst dadurch geworden, dass der Druck seitens der Landwirtschaft auf jeden Quadratmeter Boden nachge- lassen hatte. Längst war man damals ja schon dazu übergegangen, den Bau- ern Geld für das “Nicht-Produzieren“ von Produkten auszuzahlen. Warum sollte man also landwirtschaftliche

* Wenn man bedenkt, dass etwa anthropoge- ne gasförmige Emissionen sich weltweit in der Lufthülle verbreiten, dann finden wir auf der ge- samten Erde kein “natürliches“ Plätzchen mehr.

176 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im NaturschutzH. Höttinger Nutzflächen nicht in Nationalpark- Gebiete umwandeln – gegen Bares, versteht sich? Alsbald rühmten sich etwa Kom- massierer, im Zuge ihrer Grundstücks- zusammenlegungs-Projekte Hecken und Bachränder erhalten zu haben. Und es waren und sind noch heute teilweise dieselben Wasserbau-Inge- nieure, die 30 Jahre zuvor einen Bach begradigt hatten und ihn nun wieder in Schlingenform “zurückbau(t)en“. Wenn Naturschützer heute die kleinstrukturierte, agrarisch genutz- te Landschaft, wie sie bis etwa 1950 Bestand hatte, als abwechslungsrei- ches Mosaik aus idealen Lebensräu- H. Höttinger men hochstilisieren, dann mag das im Vergleich zu “modernen“ monotonen schrieb Baron Riesbeck 1784 über das der dritte ist ertrunken. Damals hat es Mais- oder Weizenfeldern schon seine riesige Sumpfgebiet, das im Südosten in der unteren Gasse von den Häusern Richtigkeit haben. Hier wie dort waren an den Neusiedler See anschloss. Als die Schweineställe und auch Schütt- und sind dies aber “Lebensräume aus schließlich um 1900 der Einser Kanal kästen, Weinfässer und viel Hausgerät zweiter Hand“, nichts Natürliches im gebaut wurde, ging dieser Wunsch in mitgerissen. Auch Wirtschaftsgebäude ursprünglichen Sinn. Der liebe Gott Erfüllung, gleichzeitig aber auch ein stürzten ein. Kleine Ferkel und Saug- hat die Puszta nicht in den Seewinkel wertvoller Feuchtlebensraum verlo- kälber gingen zugrunde.“ So erzählt ein gebracht und die schönen Streuobst- ren. Der Waasen / Hansag ist heute nur Bürgermeister namens Paul Petschow- wiesen nicht ins Süddburgenland – mehr ein kümmerlicher Rest davon. itsch in der Ortschronik “800 Jahre Ho- sie sind naturschutzfachlich wertvolle Das war damals. Als 1994 der ers- ritschon“. Produkte menschlichen Wirtschaftens te grenzüberschreitende Nationalpark Und gleich auf der nächsten Seite aus einer Zeit, in der “ökologische Zu- Österreichs eröffnet wurde, ging man ist der Wortlaut eines Protokolls ab- sammenhänge“ noch nicht Bestandteil auch daran, durch Staumaßnahmen in gedruckt: “Mit Zahl X-124/1 aus 1958 von Politiker-Reden waren. vielen Entwässerungskanälen des See- vom 25.6.1958 wurde durch Bescheid winkels das wenige Wasser länger im der Bezirkshauptmannschaft Oberpul- Mal zuviel und Land zu halten. Und seit einigen Jah- lendorf der Gemeinde Horitschon die mal zuwenig Wasser ren wird ernsthaft überlegt, bei Bedarf Errichtung eines Betonrohrkanals in der Donauwasser in den Neusiedler See zu Kotgasse (Nomen est Omen, sie heißt Beispiel Neusielder See - Seewinkel leiten, um ein etwaiges Austrocknen zu heute Florianigasse; Anm.) genehmigt. Man will berechnet haben, dass der verhindern. In den (seltenen) feuchten Das Projekt hatte den Zweck, die Kot- Fürst (gemeint ist Fürst Esterhazy, Herr Jahren vergisst man dies wieder. gasse zu kanalisieren, und zwar sollte auf Schloss Fertöd in Ungarn, Anm.) die Einleitung von Niederschlagswäs- mit der Hälfte des Geldes, welches er Beispiele aus Horitschon, sern und Haushaltsreinwässern erfol- auf seinen Garten verwendet, nicht nur stellvertretend für viele gen. Es sah auch gleichzeitig die Absen- die Moräste hätte austrocknen, sondern burgenländische Gemeinden kung des Grundwasserspiegels durch noch einmal so viel Land dem See ent- “1840 ... war eine Überschwemmung Verlegung von Drainagen vor. ... reißen können. ... Es käme nur darauf durch Wolkenbruch, wobei drei Männer Nach Besichtigung ergab sich fol- an, durch einen Kanal das überflüssige mitsamt der Holzbrücke im Ort mitge- gender Befund: ... In den beiden öffent- Wasser in die Donau abzuleiten ... So rissen wurden. Zwei konnte man retten, lichen Brunnen ist der Wasserspiegel

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 177 um 40 bis 50 cm gefallen, desgleichen setarife sogar im Hochsommer zu ver- beherrscht von Themen, die mit der auch in einigen anderen angrenzenden stromen und die dabei anfallende Wär- Trockenheit zu tun hatten. Von ver- Hausbrunnen. Seit Durchführung der me einfach an die – ohnedies schon dorrten Landstrichen in Südeuropa Bauarbeiten ist das Wasser der öffent- heiße – Umwelt abzugeben.) Privat-In- war da die Rede, von Trinkwasser- lichen Brunnen, welches zur Speisung teressen einzelner Bauern in Richtung knappheit in vielen Großstädten und eines Feuerlöschteiches und der Spritz- Entwässerung ihrer Nutzflächen oder von viel zu heißen Sommermonaten brühanlage diente, ausgeblieben ... gar Umbrechen von Feuchtwiesen etc. generell. Die zwei Beispiele führen vor Augen, muss daher die öffentliche Hand einen Im Burgenland gab es Enque- worin das Grundproblem dereinst ge- Riegel vorschieben, auch wenn dies mit ten über die Verwendung des See- legen hat (und auch heute noch liegt). Ausgleichszahlungen einhergeht. winkel-Grundwassers für Bewässe- Die Menschen brauchten, ja liebten das Was Hochwässer betrifft, so war in rungszwecke, mittelburgenländische Wasser, daher war die Nähe zum le- den vergangenen Jahren in Österreich Weinbauern installierten immer öfter bensnotwendigen Nass Voraussetzung leider des Öfteren Gelegenheit (z. B. an Tröpfchenbewässerungsanlagen in ih- für jede weitere Entwicklung. Sie hass- der March, an der Donau, am Kamp, ren Rebzeilen und so mancher südbur- ten das Wasser jedoch, wenn es ihnen an der Ybbs etc., seltener - Gott sei´s genländischen Gemeinde brachte man potenzielle Ackerflächen nahm, sie gedankt! – an burgenländischen Flüs- in trockenen Sommern das Trinkwas- fürchteten es in Form von Hochwasser sen), Ursachen zu studieren. Fliessge- ser mit dem Tankwagen. oder an den Hauswänden hochsteigen- wässer in enge Korsette zu zwängen, Vor diesen geschichtlichen Hinter- der Feuchtigkeit. Es ist aber auch er- ihnen somit den Raum für eventuelle gründen also, im Wechselspiel zwi- kennbar, dass Gegenmaßnahmen nicht Hochwasserereignisse zu nehmen, das schen trockenen und feuchten Jah- nur Vorteile gebracht haben ... gewonnene Land als billigen Hausbau- ren, im Wissen um die Entspannung Heutzutage braucht man Sumpfge- grund auszuweisen und dann darauf am Agrarsektor in Bezug auf Nutz- biete nicht mehr auszutrocknen, um zu hoffen, dass 50- oder 100-jährliche flächen, belastet allerdings mit vielen ordentlich bebaubare Felder zu gewin- Hochwasserspitzen hoffentlich nie gemachten Fehlern in der Vergangen- nen – es sind in Summe genügend vor- eintreten werden, ist ein Hasard-Spiel, heit, treten Naturschützer, Landwirt- handen. (Wiewohl in jüngster Zeit der bei dem letztendlich niemand gewin- schaftsvertreter, Wasserbauer, Raum- Druck auf landwirtschaftliche Flächen nen kann, nicht die Hausbesitzer und planer und Politiker gemeinsam an, um aller Art wieder zunimmt, will man nicht die Tier- und Pflanzenarten, die Landschaft erneut zu gestalten. Es ist doch um jeden Preis Biomasse produ- auf diese Weise ihres Lebensraumes nicht mehr als ein weiterer Schritt in zieren, um diese nicht nur ökologisch beraubt wurden. der langen Geschichte der Eingriffe in sinnvoll, also mit hohem Wirkungs- Öfter jedoch als Berichte über unsere Umwelt, und auch dieser wird grad, zur Raumheizung zu nutzen, Hochwasser-Ereignisse waren die bereits in wenigen Jahrzehnten genau sondern sie auch gegen gute Einspei- Medien in den vergangenen Jahren so – rückblickend – bewertet werden, wie wir das Absenken des Grundwas- serspiegels in der Gemeinde Horit- schon im Jahre 1958 bewertet haben. Bleibt zu hoffen, dass man uns dann ein bestimmtes Maß an Klugheit und Weitsicht attestieren wird.

Naturschutz-Management ist nicht immer einfach

Nur ganz selten erscheint die Beurtei- lung eines Sachverhaltes so eindeutig, dass alle wissen, was richtig oder falsch ist. Und oftmals kann ein und dasselbe

Archiv178 NationalparkBurgenländische Neusiedler See Feuchtgebiete- Seewinkel und ihre Bedeutung im Naturschutz Vorhaben nicht nur von zwei, sondern gleich von mehreren Seiten betrachtet werden.

Beispiel 1: Vor 250 Jahren, also zu Lebzeiten etwa eines Joseph Haydn, gab es rund um den Neusiedler See noch keinen Schilf- gürtel, wie wir ihn heute kennen. Die- ser ist erst seit der Wasserstandsstabi- lisierung vor 100 Jahren bzw. seit der Einstellung der Rohrnutzung so präch- tig gewachsen. War der See nun im na- turschutzfachlichen Sinn vor 250 Jah- ren - also ohne den “grünen Dschungel“ – wertvoller als heute? Wenn das Schilf H. Höttinger ein interessanter Lebensraum für Sil- berreiher, Löffler, Rohrweihen etc. dar- lern, deren Rückgang uns schließlich dass man Landschaftspfleger dafür stellt, ist dann ein weiteres Verschilfen besorgniserregend auffällt. Und ganz bezahlen könnte, hat das Land auch des Sees wünschenswert? generell ist dem Buch zu entnehmen, wieder nicht. Bliebe als Ausweg das Es gibt keine eindeutigen Antwor- dass Wasserverschmutzung sich nicht kontrollierte Abbrennen im Spätwin- ten. Vielleicht ist jene Ansicht akzepta- immer negativ etwa auf die Wasser- ter. Zugegeben, auch das eine umstrit- bel, die behauptet, dass man im Sinne vogelwelt auswirken muss. Genauso tene Maßnahme, vor allem deshalb, des Biotop- wie auch des Artenschut- wie in einem Naturschutzgebiet, das weil man lange gebraucht hat, um das zes sowohl freie Wasserflächen als sich selbst überlassen bleibt, der Ar- Strohverbrennen auf den Feldern nach auch Schilfareale erhalten möge. Für tenreichtum nicht automatisch steigen dem Drusch und das Abfackeln von das Schilf an den Seewinkellacken wol- muss, im Gegenteil. Böschungen im Frühjahr gänzlich zu len manche Experten dies allerdings verbieten. Niemand wagt es im Bur- nicht gelten lassen, vegetationsfreie Beispiel 3: genland, dieses heiße Eisen anzufas- Uferbereiche sind nämlich hochspe- Viele unserer Naturschutzgebiete und sen. Daher sei noch einmal auf Prof. zifische Lebensräume etwa für Salz- sonstigen schutzwürdigen Flächen sind Reichholf zurückgegriffen, der über pflanzen und Watvögel. dadurch entstanden, dass sie beweidet das flächige Abflämmen schreibt: “Es bzw. regelmäßig gemäht wurden. Das wurde gänzlich verboten, weil es Rauch Beispiel 2: ist der Grund, warum man im Natio- erzeugt und die Kleinlebewesen schä- Josef H. Reichholf weist in seinem nalparkgebiet des Seewinkels Rinder- digt. Beides trifft zwar zu, ist aber zu Buch “Die Zukunft der Arten“ ( Ver- herden grasen lässt bzw. ausgedehnte kurz gegriffen. Die abgeflämmten Stel- lag C. H. Beck, München 2005) nach, Wiesenareale einer Mahd unterzieht len werden schnell wieder besiedelt, dass übertriebene Sauberkeit der Flüs- – Naturschutz ganz im Stil der Land- behalten über diese Maßnahme aber se (durch hochwirksame Kläranlagen wirtschaft der 1950er-Jahre. Dort, wo ihren offenen, mageren Landschaft- – wer soll da schon was dagegen ha- dies unterbleibt – und das ist auf rela- scharakter sowie die zugehörige Tier- ben?) einen Mangel an organischem tiv kleinräumigen Flächen überall und und Pflanzenwelt“ (S. 142 f.). Detritus (der ja nicht giftig ist) bedeu- sehr häufig im Land der Fall - verfilzt tet, was einen enormen Rückgang der die Grasdecke, verbuscht der Trocken- Beispiel 4: Massen an Zuckmückenlarven und rasen, verarmt die Magerwiese an Tier- Wer erinnert sich nicht an die viele Jah- Schlammröhrenwürmern nach sich und Pfanzenarten. re, ja Jahrzehnte kursierenden Horror- zieht, die den Karpfen ebenso fehlen Niemand mäht mehr diese Flä- meldungen, dass – so ähnlich – welt- wie den Schwalben und Mauerseg- chen aus Eigennutz und soviel Geld, weit stündlich eine Tierart und täglich

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 179 eine Pflanzenart ausstirbt. Begründet gemäß hinter sich gelassen haben. Dies gen, hilft nicht weiter, auch wenn uns (wenn auch nicht sehr fundiert) wurde kann man dann wieder – in bewährter jene noch so giften. Alles fließt, Wasser (und wird teilweise noch heute) dies ambivalenter Weise – loben oder kriti- besonders. mit der Zerstörung der Regenwälder in sieren. Immer aber geht es darum, dass den Tropen, der Ausbreitung der Wüs- wir Menschen (und zwar möglichst Gebt den Bächen wieder Platz! ten, dem Wuchern der Großstädte usw. viele von uns!) dadurch oft und lange Wer die Wiese am Bachrand nicht Wie bewerten wir nun im Gegensatz glücklich sein können. Denn wenn es mehr braucht, weil die Kühe schon dazu diese Meldung: Das Bundesamt auf dieser Welt um etwas geht, dann längst verkauft wurden, der ackert sie für Naturschutz in Deutschland veröf- kann es nur darum gehen. um und baut Kukuruz an. Streicht man fentlichte unlängst eine Statistik, dass dem Maisanbau in Flussnähe die Sub- derzeit 48 000 Tierarten in der Bundes- Was wollen wir uns leisten? ventionen, ist auch dieser nicht mehr republik leben, um sage und schreibe Wir leisten uns subventionierte Ther- rentabel. Bleibt die Umwidmung in 4000 mehr als noch vor 20 Jahren ... men, Schnellstraßen und Autobahnen, Hausplätze – doch Vorsicht: Gerade teure Schulen und moderne Operati- die letzten Jahre haben gezeigt, dass Nun sollen diese Beispiele nicht onssäle. Wir leisten uns Kläranlagen, idyllische Flüsschen infolge von Star- dazu verleiten, alles im Naturschutz weil in unseren wasserarmen Flüs- kregen den Traum vom Häuschen als eitel Wonne abzuhaken. Es soll sen die Fäkalien sofort schmerzlich im Grünen oft sprichwörtlich weg- nur erstens daran erinnert sein, dass bemerkt würden. Wir leisten uns ei- schwemmen können. Wenn es zudem nichts Beständigeres existiert als der nen Nationalpark, einige Naturparke stimmt, was manche Klimaforscher Wandel selbst, und zweitens eventuell und viele Naturschutzgebiete. Dies al- prophezeien, dass nämlich Ereignisse auch noch daran, dass heute gelten- les kostet Geld. Genauso wie geziel- wie Hitze, Trockenheit und ergiebi- de Naturschutz-Ansichten morgen tes Management von wasserbaulichen ge Niederschläge in den kommenden schon wieder überholt sein können. Maßnahmen nicht zum Nulltarif zu Jahrzehnten zunehmen werden, wor- Schließlich soll, drittens, nicht uner- haben ist. auf warten wir dann? wähnt bleiben, dass wir uns – wenn Gerade im letztgenannten Bereich wir wollen – auch leisten können, im ist viel geschehen in den letzten Jahren, Kauft die Uferzonen! Sinne des Naturschutzes das Rad der und die Chancen, auch künftighin Her- Her mit den ufernahen Flächen, die die Zeit anzuhalten und einem Gebiet eine zeigbares umzusetzen, stehen gar nicht Landwirtschaft ohnedies nicht braucht! „Pflege“ angedeihen zu lassen, die Ag- schlecht. Vorwurfsvoll die Finger in die Man errichte auf diesen Feuchtwiesen, rarökonomen schon längst als unzeit- Wunden vergangener Jahrzehnte zu le- Teiche und Tümpel, man pflanze Erlen und Weiden, man erlaube dem Fluss, sich frei zu entfalten, ... – es wird uns schon was Schönes einfallen. Das kos- tet Geld. Na und? Gebt diese Flächen jedenfalls nicht den subventionierten Strom-Produzenten, die aus schnell- wachsenden Pappeln mit kräftiger fi- nanzieller Unterstützung durch alle Strom-Konsumenten Strom erzeugen und uns dabei noch höchst zweifel- hafte Vorteile für die Umwelt einre- den wollen! Im Übrigen sei dieser Aufruf nicht nur an die Wasserbauer gerichtet. Wa- rum etwa sollen in Zukunft nicht die Kommunen initiativ werden und durch Grundstückskauf und -tausch jene Flä-

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 180 H. Höttinger chen in ihren Besitz bekommen, die erstens für gemeindeeigene Natur- schutzgebiete taugen und zweitens im Falle von Hochwasserereignissen Platz für die Wassermassen bieten würden? Was dabei sicher nicht gemeint sein kann: ein paar hundert Quadratme- ter Sumpfland schnell und billig (weil ohnehin ein “schlechter Grund“) zu erwerben und sich damit einen Frei- brief für Landschaftszerstörung überall sonst am Hotter zu genehmigen.

Lasst das Wasser da, und lasst es stehen! Wenn der Niederschlag in der Jahres- summe gering ausfällt oder wenn es zwar viel regnet, aber zuviel auf ein- mal und dann wieder lange Zeit nicht, Renaturierung am Stooberbach, nördlich Stoob (H. Höttinger) wenn stehende Gewässer in der Ver- gangenheit leider viel zu oft planiert, tausendmal besser sein, wenn damit sonstigen Rechten. Und zumeist gehen verschüttet oder sonstwie zerstört das Ufer eines Weihers seine vegetati- die Bürgermeister in die Knie, leider. wurden ... dann kann es doch nur von onsfreien Uferabschnitte verliert. Der naturschutzfachliche Wert sol- Vorteil sein, Altarme, Teiche, Retensi- cher Lebensräume hängt aber auch da- onsbecken, Versickerungsflächen etc. Erlaubt nicht alles! von ab, wie sehr Störungen jeglicher erneut anzulegen und entsprechend Nichts ist erbauender für einen Bür- Art hintangehalten werden können. naturschutzfachlicher Kriterien aus- germeister, als das neue Naherho- Bürgermeister, traut euch was! Wer zustatten bzw. zu pflegen. Kommt lungsgebiet, das im Zuge von Hoch- wenigen Lauten nicht alles erlaubt, schon wieder der Einwurf, wer denn wasserschutzmaßnahmen entstanden kann mit den Stimmen vieler Leiser dies finanzieren soll? Bitte um kritische ist, offiziell zu eröffnen. Wenn die Wie- rechnen. Betrachtung der EU-Fördergelder in senareale, die Tümpel und Altarme, die Europa! Wasserflächen usw. dort angelegt wur- Forscht begleitend! den, wo sich früher wenig Arten oder Bestehende Wasser- und Feuchtle- Schießt nicht übers Ziel hinaus! Getreidefelder ausgedehnt hatten, ist bensräume zu erhalten, neue anzule- Auf “Teufel komm raus“ Wasserle- auch alles in bester Ordnung. gen, alle, wenn erforderlich, zu pfle- bensräume aus zweiter Hand zu bau- Nun geht es aber los: Der Hun- gen, das macht Sinn. Aufzeichnungen en bzw. einzurichten, kann manchmal debesitzer will den Flocki im Teich darüber zu führen, Ergebnisse zu do- aber auch zuviel des Guten bedeuten. schwimmen sehen, der Jogger früh- kumentieren, Pflegepläne zu verbes- Wenn Regenrückhalte-Teiche auch morgens und spätabends durchs Ge- sern, wissenschaftliche Begleit-Un- schön, wertvoll und nützlich sind, lände traben, die Burschenschaft ei- tersuchungen zu ermöglichen etc. das muss man solche nicht gerade dort nen Grillplatz bauen, die Feuerwehr im wäre äußerst wünschenswert. Das vor- hinklotzen, wo eine schönere, wertvol- Winter am zugefrorenen Teich Punsch liegende Buch ist auch hier einzuord- lere und langfristig mindestens ebenso verkaufen, Fischer wollen die Rückhal- nen. Bravo! nützliche Feuchtwiese der Trollblume tebecken mit Karpfen besetzen und Jä- und dem Wollgras ein Zuhause bietet. ger und Naturschützer dort draußen Literatur: Reichholf, Josef H.: Die Zukunft der Arten – Und wenn eine Weidenhecke gut ist, allein sein und es gibt plötzlich viele Neue ökologische Überraschungen. Verlag C. müssen Tausende von Weiden nicht Grüppchen mit Besitzansprüchen und H. Beck, München, 2005, 237 Seiten.

Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz 181 ISBN: 978-3-902632-21-0 182 Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz