Geschichtsblätter für Lüdenscheid Stadt und Land Herausgegeben vom Lüdenscheider Geschichtsverein e. V.

Nr. 123 Dienstag, 13. Juli 1993

Meine sehr geehrten Damen nate in der Heimat; Grün be- und Herren! Professor Dr. Konrad Ameln: richtet: er »trieb unaufhörlich Wir sind hier zusammenge- Musik, suchte die zur Musik kommen, um das Gedächtnis tauglichen Arbeiter aus der eines Mannes zu ehren, der neu angelegten größeren Fa- heute vor 150 Jahren in Lü- Gedenkrede auf brik seines Vaters heraus, er- denscheid geboren ist. Sein El- theilte Unterricht, versam- ternhaus stand in der Wil- melte sie abends zu Auffüh- helmstraße gegenüber der Er- rungen und war ganz Capell- löserkirche, etwas oberhalb Gustav Nottebohm meister. Daneben compo- der Adler-Apotheke. Sein Va- nierte er eifrig, auch Lieder ter war der tüchtige und ange- gehalten am 12. 11. 1967 in Lüdenscheid, Stadthaussaal mit Guitarrebegleitung für sehene Fabrikant Franz Fried- seine noch lebende Schwester rich Nottebohm (1778-1842); Alwine, lernte selbst Guitarre, aus dessen mit Maria Gertrud Composition für acht Instru- rend der Lehrzeit im nahen El- blieben. Der »alte Notte- spielte Flöte, Geige und vor al- Tappe 1802 geschlossener Ehe mente! Woher er alle die berfeld bei einem Klavierleh- bohm«, wie ihn die Kinder lem Ciavier«. gingen elf Kinder hervor. Das Schlüssel zu diesen Instrumen- rer Dillenberg, bei dem er Un- schon frühzeitig nannten, war Im Jahre 1838 wurde Notte- achte war der spätere Fabri- ten hatte - es wurde in dem terricht nahm. Trotzdem er- eine »kerntüchtige, arbeit- bohm Soldat, und zwar diente kant Heinrich Nottebohm Stück geblasen und gestrichen füllte er auch als Kaufmanns- same Natur«, er hatte sich aus er als Einjährig-Freiwilliger in (1812-1869), der sich als Bür- - weiß der Himmel. Ich war lehrling seine Pflichten so gut, bescheidenen Verhältnissen Berlin bei den Garde-Schüt- germeister große Verdienste verblüfft. Dann gab er auf dem daß seine Lehrherren dem Va- emporgearbeitet, war stolz auf zen, die sich vornehmlich aus um die Stadt erwarb und zu ih- Ciavier die einzelnen Parti an ter vorschlugen, er möge ihnen das Geschaffene und wäre von dem unter preußischer Hoheit rem Ehrenbürger ernannt und spielte zuletzt das Ganze, Gustav ganz überlassen, und sich aus gar nicht auf den Ge- stehenden Kanton Neufchatel wurde. Als zehntes Kind soweit eben das Cembalo zwar als Teilhaber in ihrem danken gekommen, daß einer rekrutierten und darum von wurde Martin Gustav Notte- reichte. Später erst nahm er Geschäft. Vater Nottebohm seiner Söhne nicht bereit sei, den Berlinern die »Neffchan- bohm am 12. Nov. 1817 gebo- Unterricht auf der Flöte; er aber wies den Vorschlag ener- sein Werk fortzusetzen. Als deller« genannt wurden. Mit ren, der als Komponist und blies schauerlich, ich dünkte gisch ab; er wollte, daß der Gustavs' Neigung, die Musik Exerzieren und Wachestehn Musikforscher einen angese- mich ihm sehr überlegen; aber Sohn in das eigene Unterneh- zum Beruf zu erwählen, im- wurde er nicht viel geplagt, da henen Platz in der Musikge- er wußte, was er lernen wollte. men einträte. Das ist umso mer deutlicher hervortrat, er bei der Bataillons-Musik zu schichte einnimmt. Sein Le- Dann kam die Violine an die verständlicher, als von seinen mußte dies zu heftigen Kon- verwenden war. Auch scheint bensweg führte ihn schon früh Reihe, zu demselben Zwecke. vier Söhnen zwei in zartem Al- flikten führen. Nach Beendi- er viel freie Zeit gehabt zu ha- von Lüdenscheid fort. Doch Aber auf die Orgel übertrug er, ter gestorben waren, so daß gung der Lehre war er als ben; er nutzte sie, um bei Lud- ehe wir darauf eingehen, wol- etwa dreizehnjährig, sein ge- ihm nur Heinrich und Gustav Zwanzigjähriger einige Mo- wig Berger Klavier und bei len wir hören, was sein Schul- schicktes Ciavierspiel ganz Kontrapunkt kamerad Karl Grün, der be- vorzüglich. Ich war als Sohn zu studieren, und blieb auch kannte Vorkämpfer des Sozia- des wohlbestallten Organisten 1839, als sein Militärdienst be- lismus, über seine Jugend und im Besitz des Orgelschlüssels, endet war, noch einige Zeit seine Wesensart berichtet. Der und da gingen wir in freien dort. Als er schließlich doch sechs Wochen ältere Freund, Stunden hin, abwechselnd heimkehren mußte, stand sein der ihn um knapp fünf Jahre spielend, abwechselnd die Entschluß fest, sich ganz der überlebte, hat ihm in der Bei- schweren Bälge niederkeu- Musik zu widmen. Nach lan- läge zur Augsburger Allgemei- chend. Wie war ich aber er- gem Kampf erreichte er, daß nen Zeitung vom 29. Novem- staunt, als ich gewahrte, daß er der Vater ihm noch fur einige ber 1882 einen warmherzigen die 32 Register und die 2 Ma- Jahre das Studium ermög- Nachruf gewidmet, dem wir nuale wie ein kleiner Feldherr lichte, wogegen er auf seinen das folgende entnehmen: allmählich beherrschte und Anteil am Vermögen und Erbe »Gustav war ein absonder- das Pedal halb stehend, halb verzichten mußte. - 1840 ging licher Knabe. Er machte die hangend zum Brummen der Nottebohm zunächst nach Elementarschule, dann die Melodie zwang.« Dessau zu dem dortigen Hof- Rectoratschule mit uns ande- Was Karl Grün hier schil- kapellmeister Friedrich ren durch, erfüllte seine dert, läßt erkennen, daß auf Schneider, der aber rasch er- Lernpflichten nicht weniger, dem damals zweifellos musi- kannte, daß die von ihm gelei- aber auch nicht mehr als der kalisch recht kargen Boden des tete Schule ihn nicht wesent- Durchschnitt; was ihn aber »Knopfmacherstädtchens par lich fördern könnte, und ihn früh auszeichnete, war sein excellence«, wie Grün es nach verwies. Dort lei- Hocken am Ciavier in jeder nennt, ein Talent aufwuchs, tete -Bar- freien Stunde und die Ver- das trotz mangelnder Unter- tholdy das Konservatorium, nachlässigung seines Äußern, weisung sich Bahn brach und wirkte als die ihn oft zum Stichblatt kna- autodidaktisch die Lücken Komponist und als führender benhafter Epigramme machte. auszufüllen suchte, die der un- Musikschriftsteller; bei ihnen Gesellig war er auch nicht, bei zureichende Unterrricht of- wurde Nottebohm nicht nur gemeinsamem Spiele sah man fenließ. Doch wagte Notte- musikalisch, sondern auch ihn wenig, er spielte dafür Cia- bohm zunächst nicht, die Mu- menschlich gefördert. Als vier. ... Wie eng begrenzt auch sik zu seinem Hauptberuf zu seine Familie Zweifel äußerte, sein Umgang sein mochte, mit wählen. Nach der Konfirma- ob Nottebohms Begabung aus- Freuden kann ich sagen, daß tion, als Karl Grün auf das reiche, schrieb Schumann wir beide viel zusammen ver- Gymnasium ging, beugte Not- 1844 an den Mann der ältesten kehrten; das Band zwischen tebohm sich dem Willen des Schwester, den Pfarrer Johann uns bildete die Musik, so sehr Vaters, besuchte das Handels- Schöneberg in Sprockhövel: er mich darin auch bald über- institut Kortegarn in Lennep »Verehrtester Herr, Ihre Be- holte. Eines Tages - er zählte und trat anschließend in die sorgnisse lassen sie fallen! Das 11 Jahre - nahm er mich mit in kaufmännische Lehre bei der edle tüchtige Streben Ihres sein Ciavierzimmer und zeigte Firma Orth und Heyn zu Bar- Schwagers verbürgt Ihnen und mir eine - Partitur von seiner men; er wohnte jedoch wäh- Gustav Nottebohm ihm gewiß eine ehrenvolle Zu- kunft«. Auch Mendelssohn sem Gebiet hat er nicht nur Werkbeschreibungen er- wurde, bezeugt ein Brief von ner Zeit bekannten Musikleh- hatte schon vorher ihm in ei- Bahnbrechendes geleistet, schöpfte, auf das Werk des Johannnes Brahms an den rer Johann Rufinatscha, dem nem Brief an seine Angehöri- sondern auch Arbeiten gelie- großen Meisters hin, dessen Verleger Rieter-Biedermann Musikschriftsteller Graf Fer- gen das beste Zeugnis ausge- fert, die trotz aller Fortschritte Schaffen er bis in die tiefsten vom 15. Okt. 1870, in dem er dinand Peter Laurencien und stellt, und als Nottebohm auf der Wissenschaft auch heute Wurzeln aufzuhellen sich be- u.a. schreibt: »Ich bin nicht dem als Gegner Wagners, den Rat des westfälischen noch von großem Wert sind; mühte. Seit 1861 leitete er die Gelehrter, meine Empfehlung Brückners und Tschaikowskis Oberpräsidenten von Vincke das beweisen die Neuauflagen kritische Gesamtausgabe der darf ich Nottebohms Arbeiten berühmt gewordenen Musik- sich 1843 mit einem Gesuch und Nachdrucke; drei seiner Werke Beethovens. nicht anhängen; aber Sie kön- kritiker Eduard Hanslick. um Befreiung von weiterer Mi- Arbeiten über Beethoven sind nen überzeugt sein, daß es Re- Wirklich nahe standen ihm litärpflicht unmittelbar an den z.B. in den letzten beiden Jah- Es ist in diesem Rahmen nicht sultate eines immensen Flei- aber nur wenige; vielleicht ge- König Friedrich Wilhelm IV. ren in England unverändert möglich, alle Arbeiten Notte- ßes und von höchstem Inter- hörte in jüngeren Jahren Ro- von Preußen wandte, schrieb nachgedruckt worden. bohms zu würdigen. Um zu esse für Künstler, Kenner und bert Schumann dazu, der ihn ihm Mendelssohn ein Attest, Im Mittelpunkt seiner For- zeigen, daß er nicht einseitig Liebhaber sind. Daß er außer- in einemBriefe von 1847 »Lie- das dies Gesuch so nachhaltig schungen stand Beethoven. war, seien nur kurz erwähnt: dem unverdrossen für licht- ber Nottebohm«, im Jahre unterstützte, daß es - gegen alle Das »Thematische Verzeich- das »Thematische Verzeichnis volle Kürze und guten deut- darauf jedoch »Lieber Voraussicht - Erfolg hatte. So nis der im Druck erschienenen der Werke Schuberts« 1874, schen Stil sorgt, zeigt Ihnen Freund« anredete, später si- konnte Nottebohm noch ei- Werke«, das 1851 in erster seine Mitarbeit an der Men- z.B. sein 'Skizzenbuch Beetho- cherlich , der nige Jahre in Leipzig studie- Auflage anonym erschien, delssohn-Ausgabe, deren the- vens'«. Ähnliche Urteile sind auf die Nachricht von seiner ren; er vervollkommnete sich aber im wesentlichen aus sei- matischen Katalog er auch von anderen Komponisten, schweren Erkrankung an sein nicht nur im Klavierspiel und ner Feder stammte, wurde verfaßte, die »Mozartiana« ausübenden Musikern und Sterbebett eilte. Eng befreun- in der Kompositionslehre, 1868 unter seinem Namen in von 1880, Ergebnis seiner Mit- Musikforschern überliefert. det war er - außer mit dem Ju- sondern lernte auch die da- zweiter vermehrter Auflage arbeit an der großen Mozart- Solche Anerkennung durch gendfreunde Karl Grün - wohl mals vorhandene Musiklitera- veröffentlicht; es war für lange Ausgabe seit 1875, seine Vor- führende Persönlichkeiten sei- nur mit dem Komponisten tur eingehend kennen, wozu Zeit die Grundlage aller Beet- rede zu dem unvollendet ge- ner Zeit, im Urteil der Ge- Robert Volkmann (1815 - ihm u.a. der Bibliograph Karl schichte die höchste Ehre, die 1883), der 1854 bis 1858 in Ferdinand Becker verhalf. ein Mann wie Nottebohm er- Wien und danach als Professor 1846 ging Nottebohm nach werben konnte, wurde ihm in an der Musikakademie in Bu- Wien; verdiente seinen Le- der breiten Öffentlichkeit we- dapest wirkte. Mit ihm unter- bensunterhalt als Lehrer im HIER STAND niger zuteil. Nur vorüberge- nahm er weite Reisen, auch in Klavierspiel und in der Kom- hend war er 1858/59 Direk- fremde Länder, und unterhielt position, ließ sich aber selber DAS tionsmitglied der »Gesell- er einen Briefwechsel, der noch einmal in die letzten schaft der Musikfreunde«, nicht nur über die beiden Feinheiten des Kontrapunktes GEBURTSHAUS und als er 1864 Bibliothekar Freunde und ihr Verhältnis einweihen durch den Hoforga- und Archivar dieser Gesell- zueinander, sondern auch nisten , den an- DES schaft geworden war, gab er über das Wiener Musikleben gesehenen Theoretiker, bei diese Stelle schon im nächsten und diejenigen, die es trugen, dem noch MUSIKWISSENSCHAFTLERS Jahr wieder auf, um sie Carl höchst aufschlußreich ist. hatte studieren wollen und bei Ferdinand Pohl zu überlassen, Darum ist die Absicht, Notte- dem später Anton Bruckner UND der nach der Rückkehr von ei- bohms Briefe an Volkmann im viele Jahre gelernt hat. nem längeren Studienaufen- Druck herauszugeben, lebhaft Nottebohms Kompositio- KOMPONISTEN thalt in London auf eine solche zu begrüßen; unter ihnen ist nen stammen teils aus der Verdienstmöglichkeit ange- auch ein Brief vom 10. August Leipziger, teils aus der frühen wiesen war, während Notte- 1861 aus Lüdenscheid. Eine Wiener Zeit. Sein Klavier- bohm selber teils durch Mu- Anspielung auf seine Geburts- quartett op.l ist als Jugend- MARTIN GUSTAV sikunterricht, teils durch den stadt findet sich ferner in dem werk noch von großen Vorbil- Ertrag seiner Forschungsar- Briefe vom 21. Februar 1862 dern, besonders von Schubert, beiten im freien Beruf sein aus Wien in der Nachschrift: abhängig, während schon das NOTTEBOHM Auskommen fand. Dies dürfte »Ich lege noch einige vaterlän- Klaviertrio op.4, das wir nach- allerdings nur bei bescheide- dische Hemdknöpfe bei; sie her hören werden, sich durch nen Ansprüchen und bei grö- gehören Ihnen«. Man wird selbständige Erfindung und GEBOREN AM ßter Sparsamkeit möglich ge- daraus schließen dürfen, daß originelle Gedanken auszeich- wesen sein. Sein Freund Karl Erzeugnisse des »Knopfma- net. Seine »Charakter- und 12.11.1817 IN LÜDENSCHEID Grün, der ihn 1868 in Wien cherstädtchens« damals in Bu- Phantasiestücke für Klavier« besuchte, berichtet, daß er dapest das Hemd eines deut- op.6 fanden Schumanns Bei- GESTORBEN AM jede, auch die kleinste Aus- schen, zu seiner Zeit hoch ge- fall, der ihn brieflich mit gabe »in holder Nähe der Ein- schätzten Komponisten ge- freundlichem Zuspruch er- 29.10.1882 IN GRAZ nahme« in sein kleines Notitz- ziert haben. munterte: »Manches kömmt büchlein geschrieben hätte. Er Über Nottebohms Ende hat mir etwas grüblerisch vor - na- schildert Nottebohm weiter: Karl Grün in seinem Nekrolog mentlich in der Harmonie - »Derselbe stracke, etwas steife eingehend berichtet; da auch nur mutig und heiter weiter!« Am Geburtshaus Wilhelmstraße 46 wird mit dieser Tafel an Gu- Gang, dieselbe Schweigsam- dieser in der Briefausgabe ab- Bis zur Opuszahl 17, den schö- stav Nottebohm erinnert. keit, bis man 'zur Sache' zu al- gedruckt werden soll, kann ich nen vierhändigen »Variatio- ten Erinnerungen, zur Heim- mich hier kurz fassen. Grün nen über ein Thema von J. S. hovenforschung. Noch auf- bliebenen 4. Band der großen ath, zu wichtigen Erlebnissen berichtet, daß sein Freund Bach«, nämlich der Sarabande schlußreicher sind jedoch »Musikgeschichte« von Au- kam; derselbe Fleiß, dasselbe schon jahrelang leidend gewe- d-moll, die wir vorhin gehört seine Untersuchungen der gust Wilhelm Ambros 1878, ausschließliche Visiren des un- sen sei, davon aber kein Auf- haben, sind seine Kompositio- Skizzenbücher Beethovens, seine Mitarbeit an der Ge- terdessen genauer bestimmten hebens machen wollte. Was er nen größtenteils gedruckt wor- deren großen Wert für die For- samtausgabe der Werke von großen Zieles: die Wissen- als »Verschleimung« bezeich- den und in verschiedenen Mu- schung er als erster erkannt . Als schaft der musischen Kunst an nete und mit allerhand Säft- sikverlagen erschienen. Eine hatte; eins von ihnen hat er der Thomas-Kantor Wilhelm den Beispielen der Klassiker chen kurieren wollte, war in »Elegie für das Pianoforte« hat 1865 »beschrieben und in Karl Rust, der 1853-1878 festzustellen«. Nottebohm Wirklichkeit ein schweres er seinem Bruder Heinrich ge- Auszügen dargestellt«, ein nicht weniger als 18 Bände der war, wie es Pohl in seinem Lungenleiden. Es zwang ihn, widmet. Ein Klavierkonzert, zweites aus dem Jahre 1803 in Bach-Ausgabe herausgegeben Nachruf schildert, eine »eigen- seine geliebten Wanderungen zwei Streichquartette, ein vier- einer Arbeit von 1880 unter- hatte, sich 1882 von der Lei- artige Natur, die für Manche einzustellen und sich meist im stimmiges »Salve Regina« sucht. Weitere »Beethove- tung dieses Riesenunterneh- etwas Schroffes hatte; umso- Hause aufzuhalten, und kam wurden zwar gelgentlich auf- niana« erschienen 1872, mens zurückzog, wurde Notte- mehr überraschte Näherste- voll zum Ausbruch, als er geführt, blieben aber unge- 1875-79 und nach seinem bohm zu seinem Nachfolger hende ein gemüthlicher, selbst Mitte Juli 1882 von Wien in druckt. Tode 1887. Von großer Bedeu- auserSehen; doch war er be- kindlicher Zug, den die an- seine geliebte »Sommerfri- Im Umgang mit großen Mei- tung für die Beethovenfor- reits so schwer erkrankt, daß er scheinend rauhe Schale barg. sche« Salzburg gereist war, wo stern seiner Zeit, zu denen sich schung ist die Arbeit über diese Aufgabe nicht mehr Die Kunst, sich geltend zu ma- er jedoch vom unentwegt strö- in Wien Johannes Brahms ge- »Beethoven's Studien«, von übernehmen konnte. Unter chen, verstand er nicht. Von menden Regen gezwungen sellte, ist Nottebohm sicher- der aber nur ein Erster Band seinen Bach-Studien ist dieje- sich selbst, von seinen frühe- wurde, im Hause zu bleiben. lich zu der Erkenntnis gekom- 1873 erschien, der »Beetho- nige von 1880 hervorzuheben, ren Erlebnissen sprach er nie. Erst Ende August zog er einen men, daß er als Komponist ven's Unterricht bei J. Haydn, in der er den Nachweis führte, In seinen Lebensbedürfnissen Arzt zu Rate, der ihn nach sich mit ihnen nicht messen Albrechtsberger und Salieri« daß »J. S. Bachs letzte Fuge« höchst anspruchslos, lebte er Gleichenberg in der Steier- könnte. Es liegt in der Ent- nach den Originalmanuskrip- als unvollendeter Abschluß nur in seiner Kunst.« Hinter mark zur Badekur schickte. schiedenheit und Gradlinig- ten darstellt. Damit lenkte zur »Kunst der Fuge« gehört, dem verschlossenen Wesen Doch war es zu spät. Nach keit seiner Natur begründet, Nottebohm die Beethovenfor- womit er Recht behielt. , verbarg er ein warmes Gemüt, sechs Wochen trat Nottebohm daß er daraus die Folgerung schung von der Biographie, Wie sehr Nottebohm wegen das aber nur denen sich er- die Heimreise an, kam aber zog, auf weiteres künstleri- die zu seiner Zeit sich in der der Eindringlichkeit und Zu- schloß, die ihn näher kannten. nur bis Graz, wo er im Gast- sches Schaffen zu verzichten Wiedergabe von Erinnerungen verlässigkeit seiner Forschun- Mit vielen pflegte er geselligen haus »Zum Erzherzog Jo- und sich ganz der Musikfor- und Anekdoten sowie in mehr gen von den führenden Musi- Umgang, so mit dem Geiger hann« am 15. Oktober bereits schung zuzuwenden. Auf die- oder minder dilettantischen kern seiner Zeit geschätzt Joseph Joachim, dem zu sei- die Treppe heraufgetragen werden mußte. Briefe seiner hier in Lüdenscheid gestanden Freunde aus Wien veranlaßten hat, so daß wir - mangels ande- den Professor Dr. Max von rer bedeutender Namen, die Karajan, sich des Todkranken über die engeren Grenzen der anzunehmen. Dieser bewog Heimat hinaus Bedeutung er- ihn, sich am 26. Oktober ins langt haben - aus reinem Lo- Allgemeine Krankenhaus kalpatriotismus die Gelegen- bringen zu lassen, wo Notte- heit nicht vorübergehen lassen bohm am 29. kurz vor Mitter- möchten, einen Sohn dieser nacht starb. Brahms, der bis Stadt zu ehren? Wenn dem so zum Einbruch der Nacht bei wäre, stände ich jetzt nicht ihm gewesen war, hörte am an- hier! Ich bekenne, daß - je dern Morgen, daß kein eigent- mehr ich von und über Notte- licher Todeskampf stattgefun- bohm gelesen habe - diese Per- den hätte. Das Anlitz des To- sönlichkeit mich immer mehr ten habe ausgesehen wie in interessiert, ja fasziniert hat: besseren Tagen. die Zielstrebigkeit und Zähig- Dank der Vorsorge des Pro- keit, mit der Nottebohm sei- fessors von Karajan beteilig- nen Weg gegangen ist, die ten sich am Nachmittag des Selbstzucht und die Selbstkri- 31. Oktober die Vorstände tik, die er immer wieder geübt und Abordnungen aller Mu- hat, der unermüdliche Fleiß, sik- und Gesangvereine der die strenge Gewissenhaftigkeit Hauptstadt der Steiermark an seiner Forschungsarbeit, der dem feierlichen Begräbnis, an- nichts zu klein und unbedeu- geführt von Johannes Brahms tend erschien, daß es sich nicht und den Grazer Musikern und gelohnt hätte, ihm nachzuge- Musikforschern. Nottebohm hen, die Bescheidenheit und ruht auf dem Friedhof vor Uneigennützigkeit, mit der er dem Paulustor, wo ihm eine die Ergebnisse solcher Arbeit ehemalige Schülerin einen andern Forschern zugute kom- Historische Ansicht der oberen Wilhelmstraße: Hier wurde Gustav Nottebohm in dem Haus Denkstein setzen ließ. men ließ, all dies stempelt ihn oberhalb der heutigen Adler-Apotheke geboren. Was ist es nun, das uns be- zu einem der verdienstvollsten wegt, dieses Mannes zu geden- Gelehrten seines Jahrhun- den Einblick in den Schaffens- 29.11.1882,8.72-80. Hans Clauß, Gustav Notte- ken, der vor 150 Jahren gebo- derts. Selbst diejenigen, die prozeß der großen Meister, bohms Briefe an Robert Volk- ren wurde und vor 85 Jahren keins seiner Bücher gelesen vor allem Beethovens, vermit- Carl Ferdinand Pohl, Gu- mann, mit biografischer Ein- starb, eines Mannes, der ein und die besondere Art seines telt und sich damit unvergäng- stav Nottebohm. In: Allge- führung, Erläuterungen und Spezialist auf einigen Gebie- Vorgehens nicht kennenge- liche Verdienste erworben. meine Deutsche Biographie anderen zeitgenössischen ten der Musikforschung war lernt haben, ziehen noch heute Ehre seinem Andenken! 24, Leipzig 1887, S. 41-44. und dessen Werke daher an- Gewinn daraus; denn er hat Zeugnissen. Zum 150. Ge- scheinend auch nur einem eng die Musikwissenschaft ge- Hans Joachim Moser, Gu- burtstag Gustav Nottebohms begrenzten Kreis von Wissen- lehrt, den feinsten Wurzeln Quellen: Karl Grün, Nekro- stav Nottebohm. In: Westfäli- herausgegeben von der Stadt schaftlern etwas zu sagen ha- nachzuspüren, aus denen das log für Gustav Nottebohm. In: sche Lebensbilder, Hauptreihe Lüdenscheid (Beiträge zur ben? Ist es nur der rein äußere musikalische Kunstwerk ge- Beilage zur Augsburger Allge- Bd. VI, Münster i. W. 1957, S. westfälischen Musikge- Umstand, daß seine Wiege speist wird, er hat als erster meinen Zeitung vom 135-146. schichte Heft 1) 1967. Dr. Karl Friedrich Bertram, Lüdenscheid Die Entstehung des Kirchenkreises Lüdenscheid Der Kirchenkreis Lüden- Attendorn gehörte. Nach dem seit jeher bemüht waren, in ih- jede Gemeinde weitgehend der Länder mit dem Verspre- scheid, dem derzeit außer den über valoris, einem Verzeich- ren Ländern die kirchlichen freie Hand. Als 1541 auf dem chen, »die katholisch-römi- evangelischen Kirchenge- nis der Pfarreien der Kölner Befugnisse der Kölner Erzbi- Reichstag zu Regensburg be- sche wie auch andere christ- meinden des Lüdenscheider Diözese aus dem Anfang des schöfe, ihrer politischen Ne- schlossen worden war, alle liche Religion an jedem Ort im Stadtgebietes noch die evange- 14. Jahrhunderts - wahr- benbuhler, nach Möglichkeit Prälaten sollten in ihrem öffentlichen Gebrauch zu con- lischen Gemeinden in Mei- scheinlich eine Abschrift älte- einzuschränken. Sie hatten Sprengel »eine christliche tinuiren, manutenieren und nerzhagen und Valbert, Kier- rer Urkunden - umfaßte das durch die päpstliche Bulle Ordnung und Reformation« zuzulassen und darüber Nie- spe, Rönsahl, Halver, Schalks- Dekanat Lüdenscheid die in- »pastoralis officii« vom 16. Ja- vornehmen, um die Religions- manden zu turbiren, molesti- mühle, Hülscheid-Heedfeld, nerhalb des Bereiches nuar 1444 erreicht, daß ihre streitigkeiten zu beenden, ließ ren noch zu betrüben« 4). Rummenohl, Herscheid und Schwelm, Hagen, Elsey, Wib- Länder, zu denen die Graf- der Herzog von Kleve - ge- Von da an gingen die evan- vom Stadtgebiet Altena die lingwerde, Lüdenscheid, Kier- schaft Mark seit 1461 endgül- stützt auf die Bulle von 1444 - gelischen Gemeinden Kleves Kirchengemeinde Rahmede spe, Radevormwald gelegenen tig zählte, von der Gerichts- die allgemein abzuhaltenden und der Mark daran, Lehre, angehören, besteht im Jahre Pfarrkirchen, während Her- barkeit, Gewalt und geist- Visitationen zur Feststellung Kultusformen und die kirch- 1993 175 Jahre. Er ist also ein scheid, Meinerzhagen, Plet- lichen Hoheit des Erzbischofs der kirchlichen Verhältnisse liche Organisation festzule- Kind der Neuordnung des tenberg, Ohle, Werdohl, Val- von Köln befreit und der Bi- nicht zu, sondern ging selb- gen. So hielten die reformier- preußischen Staates und der bert zum Dekanat Attendorn schof von Utrecht beauftragt ständig, aber ohne nennens- ten Gemeinden 1610 in Duis- preußischen evangelischen gehörten 1). Jedes Dekanat wurde, die Spiritualien zu voll- werten Erfolg vor 3). Als dann burg ihre erste Generalsynode Landeskirche nach dem Ende war Jurisdiktionsbezirk in ziehen, aber nur auf Begehren 1598 die Spanier ins Land ab, auf der die presbyterial-sy- der Freiheitskriege. geistlichen Angelegenheiten; des Herzogs. Das führte aber rückten, um einem kaiser- nodale Verfassung, die Mit- Natürlich gab es auch schon der Dekan hatte über Verfeh- in der Reformationszeit nicht lichen Edikt von 1592 Nach- wirkung der Laien festgelegt vorher in unserem Raum Zu- lungen von Pfarrern und zu einer Besserung der sehr im druck zu verleihen, welches wurde und jeweils mehrere sammenfassungen der einzel- Pfarrkindern zu richten, wofür argen liegenden kirchlichen die katholische Religion samt Gemeinden zu Klassen zu- nen Kirchengemeinden unter- er Gebühren bezog. Das Verhältnisse. Die von Herzog Gericht und Recht wieder ein- sammengefaßt wurden mit ei- halb der bischöflichen bzw. machte u. U. sein Amt beson- Johann III. 1532 erlassene zuführen befahl, schien das genen Synoden. 1612 folgte später nach der Reformations- ders lukrativ, und so läßt sich Kirchenordnung änderte Ende der inzwischen zahlrei- die erste große Synode der lu- zeit der landeskirchlichen Di- erklären, daß das Amt des Lü- nichts; sein Nachfolger Herzog chen evangelischen Gemein- therischen Geistlichen der özesen. Erstmals waren in ka- denscheider Dekans ursprüng- Wilhelm V. konnte es weder den in Kleve und der Graf- Grafschaft Mark in Unna. rolingischer Zeit mehrere lich zu den Pfründen des Froh- mit den benachbarten refor- schaft Mark besiegelt. 1609 Hier wurde als Organisations- Pfarreien zu Dekanaten zu- stes von St. Georg in Köln ge- mierten Holländern noch mit wendete sich das Blatt aber form die Zweibrücker Kirche- sammengefaßt worden. Um hörte. Später wählten die Pfar- dem Kaiser und dessen Ver- wieder. Nach dem Aussterben nordnung von 1557 angenom- das Jahr 1000 war der westfäli- rer des Dekanates einen der ih- bündeten, den in den südli- des kleveschen Herzogshauses men, die die Bildung von Kir- sche Teil des Erzbistum Köln, rigen zum Dekan 2). chen Niederlanden, dem heu- einigten sich die aussichts- chenvorständen vorsah 5). zu dem das Sauerland gehörte, Im wesentlichen blieben die tigen Belgien, stehenden Spa- reichsten Erbberechtigten, die Auch bei den Lutheranern bil- in 8 Dekanate eingeteilt, wo- Verhältnisse so bis in die Re- niern verderben und änderte Herrscher von Pfalz-Neuburg deten mehrere Gemeinden bei der Süden des heutigen formationszeit. Es trug jetzt deshalb in kirchlicher Hin- und Brandenburg, im Dort- eine Klasse. Damit hatten die Märkischen Kreises zu den Früchte, daß die Grafen und sicht ebenfalls nichts. Zu An- munder Vertrag zunächst auf alten Dekanate aufgehört, im Dekanaten Lüdenscheid und späteren Herzöge von Kleve fang seiner Regierung hatte eine gemeinsame Verwaltung evangelischen Bereich zu be- Superintendent Superintendent Superintendent Superintendent Superintendent Peter Caspar Philipps Karl Schirmer Karl Niederstein Heinrich Kepp Walter Köilner 1835-1840 . 1841 -1848 1885-1910 1911-1922 1948-1964

Ordnung fußten auf älteren Sy- biet zwischen Rhein und We- 1814 bedankte sich der König meinden, Meinerzhagen, Neu- stehen, wenngleich wegen der enrade, Werdohl, Plettenberg, Wirren des 30jährigen Krieges nodalbeschlüssen. Hinsicht- ser wurde am 19. November und fügte etwas zweideutig die evangelischen Gemeinden lich der lutherische Ordnung 1813 für die ehemals zu Preu- hinzu, er werde sich den Rönsahl und Valbert. Der Lei- der Grafschaft Mark in Verfas- fällt auf, daß sie zwar in der ßen gehörenden Länder dieses Wunsch, die Synodalverfas- ter des Kirchenkreises trug Lehre sich streng an das luthe- Gebietes ein Gouvernement sung beizuhalten, »empfohlen nun die Bezeichnung Superin- sung und Kultus von der Be- tendent. achtung der Beschlüsse der er- rische Bekenntnis hielt, hin- eingesetzt, an dessen Spitze sein lassen« 9). Von ihrer Hal- sichtlich Kultus und Kirchen- der General von Heister und tung gingen die märkischen lu- Diese neuen Kreissynoden wähnten Synoden weit ent- sollten dem Übergangszu- fernt waren. verfassung sich aber an die re- der Freiherr von Vincke beru- therischen und reformierten formierte Kirchenordnung an- fen wurden. Am 24. Juni 1815 Synoden, die sich dann 1817 stand der Kirchenverfassung Erst nach dem Westfälischen in Hagen nach einem schon ein Ende bereiten und die mi- Frieden 1648 und besonders lehnte, so daß sich insoweit die nahm König Friedrich Wil- lutherische Kirche der Graf- helm III. von Preußen die im 1815 von der reformierten Sy- nisteriellen Kirchenordnungs- nach dem Erbvergleich von node gestellten Antrag zu einer entwürfe prüfen. Diese Ent- 1666, der die endgültige Auf- schaft Mark von anderen lu- Wiener Kongreß Preußen zu- therischen Kirchen unter- gesprochenen westfälischen einzigen Synode mit gemein- würfe waren mit dem bisheri- teilung der kleveschen Länder samem Abendmahl vereinig- gen, auf presbyterial-synoda- unter Brandenburg und Pfalz- schied und einen reformierten Länder in Besitz, darunter na- Charakter hatte. Das erleich- türlich die schon früher zu ten, nicht ab, obwohl der Staat ler Grundlage beruhendenZu- Neuburg brachte, konnten die schon 1815 durch die »Ver- stand nicht vereinbar. Über kirchlichen Verhältnisse in der terte nach dem Ende der Frei- Preußen gehörende Grafschaft heitskriege die Einfuhrung der Mark. Damit war das Ende der ordnung wegen verbesserter dem Presbyterium und dem nun zu Brandenburg gehören- Kirchenkreis stand der den Grafschaft Mark sich ru- Union zwischen Lutheranern Gouvernementsverwaltung Einrichtung der Provinzialbe- und Reformierten. gekommen. Für Westfalen hörden« auch in Münster als Fremdkörper des staatlichen hig entwickeln. Schon 1662 reine staatliche Sonderbe- Konsistoriums, das auch in in- hatten sich die reformierten Gegen Ende des 18. Jahr- wurde ein Oberpräsidium ein- hunderts gab es immer noch gesetzt; Oberpräsident wurde hörde für Kirchen- und Schul- nerkirchlichen Angelegen- Gemeinden eine Kirchenord- heiten wie Lehre, Liturgie, nung gegeben. Darin beruhte Gemeinden, die keiner Klasse Freiherr von Vincke. Die sachen ein Provinzialkonsisto- angehörten. Außerdem waren preußischen Bestrebungen rium einrichtete unter dem Kirchenzucht das letzte Wort der gesamte kirchliche Orga- Vorsitz des Oberpräsidenten. haben sollte, wozu noch das nismus auf der einzelnen Ge- die einzelnen Klassen inzwi- gingen von Anfang an dahin, schen von sehr unterschied- anstelle der alten Kirchenver- Diese Behörde übte das lan- Recht der Verwaltung und meinde. Sie wählte ihren Pfar- desherrliche Kirchenregiment Verfügung kam. Die gesamte rer und die Presbyter, die die licher Größe. Deshalb wurden fassungen, die zunächst keine 1797 die Klassen ohne Rück- Änderung erfuhren, für die aus. Sie war mindestens im Leitung der Kirche sollte also Gemeinde zu verwalten hat- Rheinland und in Westfalen nach diesen Entwürfen in der ten. Sie hatten auch die Syno- sicht auf die politischen Ämter ganze Monarchie eine einheit- neu eingeteilt. Diese Neuein- liche, den Regeln in den öst- mit den dort noch geltenden Hand des Staates liegen. Sol- den ihrer Klasse zu beschik- Kirchenordnungen nicht in che Pläne lehnten die Westfa- ken, über denen die General- teilung schuf erstmals eine lichen Landesteilen entspre- Klasse Lüdenscheid, der 11 chende und das landesherr- Einklang zu bringen. Wie zu- len auf allen Ebenen energisch synode mit dem Präses an der künftig nach Auffassung des ab. Die erste westfälische Pro- Spitze stand. 1687 kam dann Gemeinden zugeteilt wurden, liche Kirchenregiment heraus- die aber nur wenig Wirksam- stellende Kirchenordnung ein- Königs und der Staatsregie- vinzialsynode, die vom 1. bis auch die kleve-märkische lu- rung die Kirchenverfassung 12. September 1819 in Lipp- therische Kirchenordnung zu- keit entfaltete. Denn die Ein- zuführen. Das stieß in Westfa- teilung blieb zwar in der len und im Rheinland auf hart- aussehen sollte, zeigte sich in stadt tagte und die vom Konsi- stande, die in Anlehnung an der Kabinettsorder vom 27. storium mit dem Hinweis ein- die reformierte Kirchenord- »Franzosenzeit«, als die Graf- näckigen Widerstand. Die schaft Mark infolge der preu- märkische lutherische Gene- Mai 1816: Darin wurde die berufen worden war, sie könne nung von 1662 ebenfalls Pres- Einrichtung von Presbyterien, nur beratend tätig werden, byterien, Klassen und Con- ßischen Niederlage bei Jena ralsynode, die am 23. und 24. 1806 im Kriege gegen Napo- August 1814 zum ersten Mal Kreis- und Provinzialsynoden machte sich eine Erklärung zu vente (Synoden) vorsah. Die eigen, die von den Abgeordne- Synoden waren die anordnen- leon dem von Frankreich ver- wieder tagte 8), sandte an den angeordnet, die aber nur bera- walteten Großherzogtum Berg König nicht nur ein Glück- tende Funktionen haben soll- ten der Kreissynoden, die der den und richtenden Instanzen, alten Kirchenordnung ent- denen gleichzeitig bestimmte zugeschlagen wurde, erhalten, wunschschreiben, sondern ten in kirchlichen Interna wie die Klassen wurden aber nicht auch eine Darstellung der Lehre und Liturgie. Entschei- sprechenden vereinigten Sy- Verwaltungsfunktionen obla- node der Grafschaft Mark an- gen. Ein von ihnen gewählter mehr tätig 7). presbyterial-synodalen alten dungsbefugnisse sollten sie Unmittelbar nach dem Ein- märkischen Kirchenverfas- nicht haben. Vorerst konnten gehörten, nämlich der Kreissy- »Subdelegat« stand an ihrer noden Hamm, Unna, Bochum Spitze. Bei der Klasseneintei- marsch der Armee des Feld- sung, für deren Beibehaltung sich Kreissynoden nur dort marschalls Blücher in das Ge- sie sich aussprach. Im Oktober versammeln, wo schon nach , Hattingen, Hagen, Lüden- lung richteten sich die Luthe- den alten Kirchenordnungen - scheid, Iserlohn und Soest so- raner zunächst nach der politi- wie in der Mark - synodale wie zusätzlich der Kreissy- schen Landeseinteilung in Einrichtungen vorhanden wa- node Dortmund, vor Eintritt Ämter. Zur Klasse Altena ge- ren. Diese Synoden übten zu- in die Beratungen abgegeben hörten die Kirchspiele Altena, nächst weiter ihre alten Rechte worden war 12). Darin waren Lüdenscheid, Kierspe, Mei- aus. die Gründe für die Erhaltung nerzhagen, Breckerfeld, Her- Um überall Kreissynoden der presbyterial-synodalen scheid, Halver und Rönsahl. Ordnung noch einmal einge- Die weniger zahlreichen refor- bilden zu können, verfügte das Konsistorium in Münster am hend dargelegt. Weil sich dar- mierten Gemeinden bildeten aus der gesamte Streitstand die Klassen Hamm, Unna-Ka- 9. Juli 1818 unter Anschluß an die neu gebildeten Landkreise und die Argumentationen er- men, Ruhr und Süderland, geben, sei diese Erklärung hier welch letztere ursprünglich die eine Neueinteilung Westfalens in 16 Kirchenkreise, wodurch im wesentlichen wörtlich wie- Gemeinden Wiblingwerde, dergegeben 13): das 1623 reformiert gewor- die bisherigen Klassen wegfie- dene Hülscheid, Werdohl, len. Unter diesen 16 Kirchen- »Die in der Grafschaft Mark Plettenberg und die kleine Ge- kreisen waren auch die Kreise vereinigten Gemeinden luthe- meinde Altena umfaßte. Spä- Hagen, Iserlohn und Lüden- rischen und reformierten Be- ter kamen hinzu Dahle und die scheid 11). Zum Kirchenkreis kenntnisses erfreuten sich bis- kleinen Gemeinden in Lüden- Lüdenscheid gehörten die da- her mit den Gemeinden Jü- scheid, Halver, Breckerfeld mals bestehenden Kirchenge- lich, Kleve und Berg einer und Iserlohn 6). Superintendent Superintendent meinden Halver, Herscheid, freien Presbyterialverfassung, Sowohl die reformierte als Karl-Friedrich Mühlhoff Hans Ulrich Köster Hülscheid-Heedfeld, Kierspe, nach welcher die Kirche dieser auch die lutherische Kirchen- 1964-1988 ab 1988 die drei Lüdenscheider Ge- Länder sich als eine selbstän- dige, freie und unabhängige zu führen, damit das Recht ordneten Behörden in der würfe eine neue Ordnung, die Georg Friedrich Keßler aus Gemeinschaft darstellt und nicht verletzt und notwendi- Presbyterial Verfassung der der König selbst in einigen Werdohl von 1818 bis 1830, sich durch frei gewählte Re- gen Staatszwecken nicht ent- Kirche gar keine Stelle zu ge- Punkten noch abänderte und Johann Friedrich Wilhelm präsentanten regiert, richtet gegen gehandelt werde, end- ben wissen, und daß wir uns mit Kabinetsordre vom 5. Geck aus Meinerzhagen von und verwaltet. Die Presbyte- lich die von der Kirche ausge- kein anderes Verhältnis der- März 1835 bestätigte und da- 1830 bis 1835, Peter Caspar rien dieser Gemeinden, von henden Anordnungen, Ur- selben zu den kirchlichen Be- mit in Kraft setzte. Eine Zu- Philipps aus Lüdenscheid von diesen gewählt, ernennen aus teile, Beschlüsse und Wahlen hörden denken können, als stimmung der Synoden vor ih- 1835 bis 1840, Karl Schirmer ihrer Mitte die Deputierten zu zu bestätigen oder die Bestäti- daß sie staatliche Behörden rer Bestätigung erfolgte nicht, aus Plettenberg von 1841 bis den Kreissynodalversamm- gung zu versagen, wenn da- sind, denen die Kirche Nach- der König hielt das offenbar 1848, Friedrich M. Werksha- lungen, neben, dem Prediger durch bestehende bürgerliche richt gibt von dem, was in ihr für überflüssig. gen aus Valbert von 1848 bis noch einen Ältesten, sowie Gesetze verletzt werden oder vorgeht. Denselben kann we- Diese Kirchenordnung war 1853, Dr. Karl Stöter aus Hül- diese aus den Predigern und der Staatszweck gehindert der eine anordnende noch ein Kompromiß. In den Ge- scheid von 1853 bis Ältesten bestehende Deputa- wird ... , richtende oder verwaltende meinden blieb die presbyte- 1859,Friedrich Wilhelm Geck tionen zu den Provinzialsyno- Wenn wir auch mit Rücksicht Autorität in der Kirche zu- riale Ordnung erhalten. Schon aus Meinerzhagen von 1861 den. Die Vorsteher (Modera- auf die in unseren bisherigen kommen«. beim Kirchenkreis zeigte sich bis 1885, Karl Niederstein aus toren) der kirchlichen Kreise Kirchenordnungen sich zei- Interessant ist, daß hier eine das staatliche Regiment, weil Lüdenscheid von 1885 bis und der kirchlichen Provinz gende Unvollständigkeit und reine presbyterial-synodale der Superintendent auch ein 1910, Heinrich Kepp aus Hül- werden von den diese Abtei- Unbestimmtheit eine neue Ordnung beansprucht wurde, Beauftragter des Konsistori- scheid von 1911 bis 1922, Karl lungen repräsentierenden Ver- Kirchenordnung für nötig hal- wie sie so rein auch früher ums war. In der Kirchenpro- Turck aus Lüdenscheid von sammlungen durch freie Wahl ten, so wird sich doch aus un- nicht bestanden hatte. Auf et- vinz endlich herrschte das 1922 bis 1933, Friedrich Ar- auf bestimmte Zeiträume er- serer Erklärung von selbst er- waige Interessen und Absich- Konsistorialprinzip, welches ning aus Lüdenscheid von nannt. Die Versammlungen geben, daß wir den uns vom ten des Staates wurde nicht die ganze übrige preußische 1933 bis 1947, Walter Köllner des Presbyteriums, der Kreis- Konsistorium zur Beratung eingegangen. Man hatte auch Landeskirche beherrschte. aus Lüdenscheid von 1948 bis und Provinzsynode sind in ih- übergebenen Entwurf einer nicht eine einheitliche Verfas- Wenn auch so das Rheinland 1964, Karl Friedrich Mühlhoff ren Geschäftskreisen die an- Synodalordnung nicht für an- sung der evangelischen Kirche und Westfalen ihre kirchliche aus Meinerzhagen von 1964 ordnenden und richtenden Be- gemessen halten, einer Verfas- des nach 1815 vergrößerten Sonderstellung innerhalb bis 1988, seither wird das Amt hörden, und der Staat hat bis- sungsurkunde für unsere Kir- preußischen Staates im Blick, Preußens behalten hatten, so von Hans-Ulrich Köster aus her nur das Recht geübt, die che zum Grunde gelegt zu wer- sondern beschränkte sich aus- waren doch viele Wünsche un- Lüdenscheid ausgeübt. von diesen Versammlungen den, und indem wir beantra- schließlich auf Westfalen, al- erfüllt geblieben. Gleichwohl ausgehenden Beschlüsse, Ur- gen, noch während der gegen- lerdings in Übereinstimmung empfand man dankbar, daß 1) Hömberg, Albert K., Das teile und Wahlen zu bestätigen wärtigen Verhandlungen der mit den rheinischen Gemein- das Provisorium mit seinen mittelalterliche Pfarrsystem oder, wenn sie bestehenden Provinzialsynode durch einen den. Zudem war auch von den vielen Unzuträglichkeiten und des kölnischen Westfalens, in: bürgerlichen Gesetzen entge- zu wählenden Ausschuß einen um die Jahrhundertwende im- den durch die unklare Verfas- Westfalen, 1961, S. 27-47. gen waren, die Bestätigung zu neuen Entwurf zur Verfassung mer mehr zu Tage getretenen sungslage hervorgerufenen Kümmel, A., Geschichte des verweigern. Diese Verfassung ausarbeiten zu lassen, wollen Mängeln der alten Kirchen- Hemmnissen ein Ende hatte. Kreises Altena, Altena 1911, gründet sich auf die Kirchen- wir kurz die Grundsätze auf- ordnungen mit dem Unver- Kirchenkreise und Kreissyno- S. 8. ordnungen dieser Länder, wel- stellen, die dabei maßgebend mögen der Synoden, die Be- den konnten nun ihre kirchen- sein müssen: stimmungen der eigenen Ord- ordnungsgemäßen Aufgaben Sauerländer, Wilhelm, Kir- che zuerst vom Großen Kur- chen- und Schulgeschichte der fürsten am 20. Mai 1662 und 1) Alle Glieder unserer Kir- nung durchzusetzen und Män- erfüllen. Insgesamt wirkte sich am 6. August 1687 und darauf che sind als solche gleich und geln abzuhelfen, nicht mehr die neue Kirchenordnung zum Stadt und des Kirchspiels Lü- von allen Regenten unseres haben gleiches Stimmrecht. die Rede. Damals hatte man Wohle des Gemeindelebens denscheid, Lüdenscheid o. J. 2) Alle ordinierten Prediger auf staatliche Hilfe geblickt, aus: Schon 6 Jahre nach ihrem (1953) S. 2 Landes bestätigt wurden. Dresbach, D. Ewald, Chro- Wenn wir hier im Namen unserer Kirche sind gleich, nun wollte man keinen staat- Inkrafttreten, 1841, konnte und es findet kein Rangunter- lichen Einfluß mehr 14). die Kreissynode Lüdenscheid nik und Urkundenbuch der unserer Gemeinden den leb- Kichengemeinde Halver, El- haften Wunsch für die Beibe- schied statt. Da weder der König noch feststellen, daß nach ihrer Ein- haltung unserer Verfassung 3) Alle Gemeinden und die westfälischen Synoden in führung in den Gemeinden berfeld 1898, S. 35. (Chronik). kirchlichen Kreise sind unter- den nächsten Jahren einlenk- das Interesse an kirchlichen 2) Sauerländer, a. a. O. aussprechen und die offene Er- (Anm. 1), S. 2 klärung abgeben, daß wir mit einander gleich und haben ten, gab es zwar noch einige Angelegenheiten gestiegen sei. unserer Einwilligung nie eine gleiches Stimmrecht. neue Kirchenordnungsent- 3) Dresbach, D. Ewald, Zur Verfassung annehmen wer- 4) Die Gemeinden haben würfe, wesentliches geschah Für uns heute ist bemer- Geschichte der Entstehung den, durch welche die wesent- das Recht, ihre Prediger durch aber lange Jahre nicht. Die kenswert, daß im damaligen und der Entwicklung des Kir- lichen Grundsätze unserer bis- freie Wahl zu ernennen, wo- märkischen Kreissynoden und »spätabsolutistischen« Preu- chenkreises Lüdenscheid, in: herigen umgestoßen werden, durch aber erweisliche Rechte die vereinigte märkische Sy- ßen die »Untertanen« 20 Jahrbuch des Vereins für west- so leitet uns dabei die wohl- der Patrone nicht einge- node bestimmten in dieser Jahre lang sich den Vorstellun- fälische Kirchengeschichte begründete Überzeugung, daß schränkt werden sollen. Zeit weiter nach den alten Kir- gen der Regierung zu widerset- 1937/38, S. 109 ff. (Kirchen- diese Verfassung die einzige 5) Die Versammlungen des chenordnungen selbst ihre Be- zen vermochten und sie kreis). einem evangelischen Kirchen- Presbyteriums, der Kreis- und ratungs- und Beschlußgegen- schließlich doch einigen Erfolg 4) Dresbach, Chronik (Anm. verein angemessene sei. Denn Provinzialsynoden sind die stände, mußten aber anderer- davontrugen insofern, als l)S. 7 und 8. sie gründet sich 1) auf die einzigen anordnenden und seits hier und da Eingriffe des letztlich ein tragbarer, ihre In- 5) Dresbach, Chronik (Anm. Grundsätze des natürlichen richtenden Behörden in rein Konsistoriums in ihre Befug- teressen nicht gänzlich beisei- 1)S. 8bisl0. Gesellschaftsrechts, sie ist 2) kirchlichen Angelegenheiten, nisse hinnehmen 1S). teschiebender Kompromiß in 6) Dresbach, Kirchenkreis die Verfassung, welche die er- von denen keine Berufung an Je länger nun der provisori- Kraft gesetzt wurde. Dabei (Anm. 3)S. 113. sten christlichen Gemeinden eine Staatsbehörde stattfindet. sche Zustand mit den unkla- darf natürlich nicht übersehen 7) Dresbach, Kirchenkreis annahmen, die sich als eine 6) Die von den Gemeinden ren Zuständigkeiten dauerte werden, daß König Friedrich (Anm. 3)S. 113. freie, in ihren innneren Ange- gewählten Ältesten sind be- und man erkannte, daß seitens Wilhelm III. sich von Anfang an scheute, in religiösen Din- 8) Aus dem damaligen Kir- Igenheiten vom Staate unab- rechtigt, an den Synodalver- der Staatsregierung allenfalls chenkreis Lüdenscheid nah- hängige Gemeinschaft be- sammlungen teilzunehmen, kleinere Zugeständnisse ge- gen einfach durch Gesetz zu befehlen. Er wollte vielmehr men daran teil der Subdelegat trachteten, und 3) gründet sie und diese sind nur gesetzliche macht werden würden, eine Müller aus Heedfeld und die sich auf das Bekenntnis der Versammlungen, wenn die der Lippstädter Erklärung ent- überzeugen, daß seine Vorstel- lungen richtig seien. Gleich- Pastoren Bode aus Halver, evangelischen Kirche, die nur durch die Verfassung be- sprechende Kirchenordnung Wille aus Ohle, Geck aus Mei- in Christi ihren ewigen Herrn stimmte Anzahl von Ältesten aber nicht zu erreichen sei, de- wohl ist der ganze Vorgang ein Beweis dafür, wie wenig blo- nerzhagen. Der Stadtprediger und König verehrt, aber von zur Beratung und Stimmab- sto mehr neigten die westfäli- Hueck aus Lüdenscheid fehlte. keinem anderen Gesetzgeber gabe gegenwärtig ist. schen Synoden zum teilweise ßer Untertanengeist in der er- sten Hälfte des 19. Jahrhun- S. Göbell, Walter, Die evange- und Richter wissen will, die al- 7) Die Vorsteher der Kreis- Nachgeben, um möglichst viel lisch-lutherische Kirche der len Christen gleiche Rechte zu- synode und der Provinzialsy- von den ursprünglichen Vor- derts, der Zeit des »Vormärz«, in Westfalen herrschte. Ange- Grafschaft Mark - Verfassung, gesteht und die in der Kirche node werden von den diese stellungen zu retten. Hinzu Rechtsprechung und Lehre - nicht zwei Stände, einen herr- Abteilungen der Kirche reprä- kam, daß wegen der »revolu- merkt sie noch, daß ähnlicher kirchlicher Widerstand sich kirchenrechtliche Quellen schenden und einen be- sentierenden Versammlungen tionsfreundlichen« allgemei- 1710-1818, 3 Bde, Lengerich herrschten, anerkennt... aus den Gliedern derselben nen politischen Lage in Eu- regte 1933 bei dem Versuch des NS-Regimes, die evangeli- 1983 (Beihefte zum Jahrbuch Indem wir also die Rechte nur auf bestimmte Jahre er- ropa um 1830 den demokrati- des Vereins für westf. Kirchen- nannt und sind wegen ihrer schen Prinzipien, die sich im sche Kirche Westfalens unserer Kirchengemeinschaft »gleichzuschalten«. Zu Beginn geschichte Heft 10), S. 1044 ff. als eines selbständigen und Verwaltung nur diesen kirch- presbyterial-synodalen Sy- 9) Köhne, Herta, Die Entste- lichen Versammlungen ver- stem darstellten, in Berlin we- des Kirchenkampfes in West- freien Vereins feierlich ver- falen spielte auch der Kampf hung der westfälischen Kir- fahren, erkennen wir ebenso antwortlich. nig Sympathien entgegenge- chenprovinz, Witten 1974 bracht wurden. um die Erhaltung der kirchen- die Rechte des Regenten hin- Da in dem von uns zu begut- ordnungsgemäßen Verfassung (Beiträge zur westf. Kirchen- sichtlich der Kirche an, näm- achtenden Entwurf die Konsi- Im Jahre 1833 schließlich der westfälischen Kirchenpro- geschichte Bd. 1), S. 60. lich Kenntnis zu nehmen von storien eine wichtige Stelle griff der preußische Kultusmi- vinz eine nicht unbeträcht- Dresbach, D. Ewald, Prag- allem, was in den kirchlichen einnehmen und überall als die nister Freiherr von Altenstein liche Rolle 16). matische Kirchengeschichte Versammlungen verhandelt anordnende, treibende und in die Frage der Kirchenverfas- der preußischen Provinzen und beschlossen wird, weiter Bewegung setzende Behörde sung der Provinz Westfalen Im Kirchenkreis Lüden- Rheinland und Westfalen, die Aufsicht über die Ver- erscheinen, so gestehen wir un- und der Rheinprovinz auf und scheid haben seit 1818 fol- Meinerzhagen 1931, S. 684 sammlungen und das kirch- umwunden, daß wir den Kon- konzipierte unter Benutzung gende Pfarrer das Amt des Su- (Kirchengeschichte). liche Gemeinwesen überhaupt sistorien als vom Staate ange- aller Vorarbeiten und Ent- perintendenten ausgeübt 17): (Fortsetzung nächste Seite) Georg Friedrich Aming Friedrich Arning - Superintendent in der Zeit des Kirchenkampfes Friedrich Aming wurde am Frauenhilfe und Jugendkreise Christen« angehörende Pfar- 26.12.1885 in Recklinghausen gefestigt wurde. rer Dr. Klein aus Plettenberg geboren, wo sein Vater in der Eine Beeinträchtigung trat konnte auch keine Mehrheit weitreichenden Diaspora-Ge- ein, als 1933 ein Presbyterium erreichen, so daß nach stun- meinde Pfarrer war. mit einer Mehrheit von denlangen heftigen Auseinan- Der Vater stammte aus einer »Deutschen Christen« gewählt dersetzungen Aming zum Su- Familie im Lipperland, die worden war. Es dauerte einige perintendenten, Dr. Klein durch die Erweckungsbewe- Zeit, bis ein Teil der »Deut- zum Assessor und Krause zum gung lutherisch geprägt war. schen Christen«, - insbeson- Scriba gewählt wurden. Die Zur den Vorfahren gehörten dere solche, die aus pietisti- beiden letzteren schieden als- seit der Reformationszeit viele schen Kreisen kamen - von ih- bald aus der Synode aus, so Pfarrer. rem Pastor überzeugt werden daß als Synodalassesssor Pfar- Bereits 1897 starb der Vater, konnten, daß sie dieser Irr- rer Schmalenbach (Schalks- die Mutter zog mit 5 Kindern lehre nicht weiter folgen dürf- mühle) sowie als Scriba Pfar- in ihre Heimatstadt Soest ten. Der weit überwiegende rer Stommel (Halver) eintra- zurück. Teil der Gemeinde hielt sich ten. Das war die letzte Tagung Dort besuchte Friedrich Ar- zur Bekennenden Kirche. der Kreissynode mit einer ning das humanistische Archi- Als der Reichsbischof im deutschchristlichen Mehrheit; November 1934 seine Verord- Gymnasium, an welchem er nun tagte eine Synode aus An- Superintendent Friedrich Arning 1933-1947 1904 das Abitur machte. nung über die Übertragung der gehörigen der Bekennenden Schon als Junge hatte er sich Befugnisse des Landesbischofs Kirche, der sich die überwie- tete Pfarrer zum Wehrdienst heimen Staatspolizei entschlossen, Theologie zu auf die Deutsche Evangelsiche gende Zahl der Pfarrer ange- eingezogen und dadurch dem überhört. studieren; das geschah in Tü- Kirche und auch das Kirchen- schlossen hatte. Zugriff der Gestapo entzogen Besondere Probleme erga- bingen, Berlin und Bonn. gesetz über die Leitung der Alle kirchenaufsichtlichen werden konnten. ben sich aus der Anerkennung Nach dem ersten theol. Ex- Evangelischen Kirche der alt- Maßnahmen wurden nun über Soweit nicht vorübergehend des Arierparagraphen und der amen in Münster erfolgte das preußischen Union, die beide den Präses der westfälischen ein Synodalvikar Hilfe leisten angeordneten Vereidigung der Vikariat in der lutherischen mit dem Kirchenrecht nicht Provinzialsynode D. Koch in konnte, oblag dem Superin- Pfarrer auf Adolf Hitler. Be- Gemeinde Dankersen bei vereinbar waren, wieder auf- Bad Oeynhausen abgestimmt, tendenten persönlch die ver- sonders letztere Maßnahme Minden. Nach dem 2. Examen gehoben hatte, wollten die der seinerseits bei formalen waltungsmäßige Erledigung sollte mit Drohungen und Ver- wurde er vor Erreichung des »Deutschen Christen« im kirchlichen Vorgängen das der anfallenden Schreib- und haftungen erzwungen werden. canonischen Alters mit Son- Presbyterium nicht einsehen, Konsistorium in Münster ver- Registraturangelegenheiten, Es wurde dann aber eine Form dererlaubnis 1910 durch den daß nun in Westfalen die im ständigte. Die jungen Theolo- es gab lediglich den Synodal- gefunden, die die Belange der Superintendenten des Kir- März 1934 durch die Gestapo gen unterzogen sich fast aus- rechner und den Synodalren- christlichen Kirche wahrte. chenkreises Minden in Berg- aufgelöste Provinzialsynode schließlich der Prüfung durch danten. Hier ist darauf hinzuweisen, kirchen ordiniert. mit einer Minderheit von die Leitung der Bekennenden In den Kriegsjahren ergaben daß dabei eine Übereinstim- Es folgten Hilfspredigerzei- »Deutschen Christen« offiziell Kirche und wurden nach de- sich besondere Schwierig- mung mit den Geistlichen der ten in Minden und Hagen. wieder in ihre Rechte einge- ren Weisung ordiniert. keiten durch die Einberufung katholischen Kirche erzielt Nach der einstimmigen setzt war. Diese Presbyter er- 1935 trat die Kirchenge- vieler Pfarrer zum Wehr- wurde. Wahl zum Pfarrer der Ge- klärten, sie unterstellten sich meinde Lüdenscheid an Ar- dienst; es konnte aber erreicht meinde Rahmede wurde er weiter dem deutschchrist- ning heran, er möge eine Pfarr- werden, daß in allen Gemein- Als gegen Ende des Krieges dort im Dezember 1911 durch lichen Kirchenregiment. Dar- stelle in der Stadt überneh- den ordnungsgemäß Gottes- eine Verbindung mit der Kir- den Superintendenten Kepp aufhin berief Pfarrer Aming men, nachdem dort eine Wahl dienste stattfanden. Dabei ga- chenleitung kaum noch be- eingeführt. keine Presbyteriumssitzung eines Bekenntnispfarrers si- ben die Verkehrsbehörden stand, traf der Superintendent Durch die folgenden Kriegs- mehr ein, weil eine erfolgrei- cher erschien. Verschiedene kaum eine Hilfe, so daß der vielfach Eil-Entscheidungen jahre, in denen jeweils der Pa- che kirchliche Arbeit nicht Gründe sprachen dafür, die- Superintendent vielfach dar- aus persönlicher Verantwor- stor die Gefallenen-Mitteilun- möglich schien. sem Ruf Folge zu leisten. Es er- auf verwiesen wurde, auf ei- tung. So wurden Vertriebene gen an die Angehörigen zu Seit den 20iger Jahren hat- schien für Aming, der 24 Jahre nem Lkw mit Sportvereinen als Pastoren in Gemeinden überbringen hatte, ergab sich ten sich insbesondere jüngere in der Gemeinde Rahmede zur Durchführung von Gottes- eingesetzt, deren Pfarrer sich bald ein besonders enges Ver- Pfarrer aus dem damals gro- amtiert hatte, angebracht, diensten zu fahren. noch in Kreigsgefangenschaft hältnis zwischen Pastor und ßen Kirchenkreis Lüden- einen Wechsel vorzunehmen, In Gemeinden mit deutsch- befanden oder vermißt waren. Gemeinde, das durch die scheid zu monatlichen Ar- bevor er das 50. Lebensjahr christlichen Presbyterien und Dazu kam die Hilfe für Ver- Gründung von Kirchenchor, beitsbesprechungen zusam- vollendet haben würde. Die den »Deutschen Christen« an- triebenen-Pfarrer-Familien. mengefunden, in denen je- Lüdenscheider wollten einen gehörenden Pfarrern wurden Die Besatzungsmächte zeig- Fortsetzung der weils ein bestimmtes Thema Pfarrer, der nicht so bald aus- durch den Superintendenten ten sich der Kirche gegenüber erörtert und vielfach eine Pre- scheiden würde, da mehrere besondere Gottesdienste der wohlwollend, auch wenn die Geschichte des digt, die ein Pfarrer vorher ge- jüngere Pfarrer zuvor Lüden- Bekennenden Kirche veran- allgemeine Notlage, insbeson- halten hatte, zur allgemeinen scheid nach kürzerer Zeit ver- staltet, die zumeist gut besucht dere Wohnraumbeschaffung Kirchenkreises Diskussion gestellt wurde. Ins- lassen hatten (Boue, Dr. Bar- wurden. und Heizmaterialmangel, 10) Veröffentlicht in der besondere arbeitete man in thelheimer, Baudert, lie. Mi- Im Zuge der kirchenfeind- nicht behoben werden konnte. preußischen Gesetzessamm- diesem Kreise über neuere chel). Dazu kamen auch (im lichen Maßnahmen des Staa- Friedrich Arning war eine lung 1815 S. 85. theologische Richtungen, z. B. Kriege immer bedeutsamer tes mußten die Zusammen- eigengeprägte Persönlichkeit, 11) Amtsblatt der Regierung Barth, was zu einem inneren werdende) Verkehrsprobleme, künfte der Superintendenten seine Entscheidungen traf er, - Arnsberg Nr. 520. Zusammenschluß der Beteilig- weil z. B. Pfarrer aus den Dia- mit der Bekenntnis-Kirchen- wenn auch zumeist nach Bera- 12)Köhnea.a.O.(Anm. 9), ten führte, der in der Zeit des spora-Gemeinden im kölni- leitung heimlich vereinbart tung mit den Amtsbrüdem, - S. 141. Kirchenkampfes bitter nötig schen Sauerland schlecht in ei- und durchgeführt werden. Es selbst und vertrat diese auch 13) Mitgeteilt bei Dresbach, war. nem Tage nach Altroggenrah- gab dafür z. B. die Weisung, gegenüber der Bekenntnis- Kirchengeschichte (Anm. 9), Typisch für jene Zeit waren mede und zurück kommen nicht »pastoral gekleidet« in Kirchenleitung, zumal er zu S. 694-696. die Vorgänge, die zur Wahl Ar- konnten. Kaum einer hatte da- Erscheinung zu treten. dieser volles Vertrauen hatte. 14) S. auch Köhne a. a. O. nings zum Superintendenten mals ein Auto! Die Korrespondenz erfolgte Während eines Urlaubs ver- (Anm. 9), S. 152. führten. In der Kreissynode Nach der Wahl zum Pfarrer weitgehend unter Benutzung starb Arning am 3.12.1947 an 15) Köhne a. a. O. (Anm. 9), 1933 hatten die »Deutschen der großen Kirchengemeinde von Deckadressen. Telefonge- den Folgen einer Blinddar- S. 95. Christen« die Mehrheit. Sie Lüdenscheid wurde Aming spräche wurden von der Ge- mentzündung in Versmold. 16) Hier sei statt vieler Lite- wollten natürlich einen »Deut- 1935 durch den Präses D. heimen Staatspolizei abge- Die Gemeinden nahmen ratur nur auf Brinkmann, schen Christen« zum Nachfol- Koch in sein Pfarramt einge- hört, was vielfach dazu führte, Abschied in einem Trauergot- Ernst, Die evangelische Kir- ger des in den Ruhestand tre- führt. daß die überwiegend noch hu- tesdienst in der Erlöserkirche che im Dortmunder Raum in tenden Superintendenten Auf Grund seiner Berufung manistisch gebildeten Pfarrer in Lüdenscheid, in dem Präses der Zeit von 1815-1945, Dort- Turck wählen. Nun lehnte zum nebenamtlichen Stand- sich dabei der griechischen, la- D. Koch die Ansprache hielt. mund 1979 (Geschichte Dort- aber die Mehrheit der Pfarrer ortpfarrer ergaben sich gute teinischen oder hebräischen Unter großer Beteiligung und munds im 19. u. 20. Jahrh.Bd. die Wahl des den »Deutschen Beziehungen zum Standort- Sprache bedienten. unter Vorantritt der Pfarrer- 2), S. 203 ff verwiesen. Christen« angehörenden Pfar- kommandeur; mit dessen Mehrfach erfolgten Haus- schaft erfolgte die Beisetzung 17) Nach Dresbach, Kir- rers Krause aus Neuenrade ab. Hilfe konnte erreicht werden, durchsuchungen; Predigten auf dem Friedhof in Lüden- chenkreis (Anm. 3), S. 173. Der ebenfalls den »Deutschen daß durch die Gestapo verhaf- wurden von Spitzeln der Ge- scheid. Dr. Hans Wilhelm Vahlefeld Aus dem Geheimbericht über die Einnahme von Lüdenscheid Dr. Vahlefeld ist geborener nerzhagen, Kierspe-Bahnhof, Das größte Hindernis bei 13. April: Um 2.26 Uhr trifft pitulation gegnerischer Kräfte Lüdenscheider. Er arbeitete Oberbrügge. Von dort sollte dem Unternehmen war die aus den USA die Nachricht leicht zu erreichen sei, wenn lange Jahre als Korrespon- der Angriff auf Lüdenscheid Zeit. Die Verteidigung von ein: Präsident Roosevelt tot. ihnen die Munition ausgehe dent des NDR in Washington. ausgehen. Die Kampfgruppe Lüdenscheid war relativ Ein gerade in Gefangenschaft und sie einsehen müßten, ge- Nach Freigabe der Doku- sollte in Oberbrügge absitzen schwach. Das Problem war, geratener deutscher Soldat be- gen einen weit überlegenen mente der USA-Armee aus und den Angriff von dort zu ausreichende Kräfte in Stel- richtet, Lüdenscheid werde Feind zu kämpfen. dem Zweiten Weltkrieg stieß Fuß beginnen. Auf dem lung zu bringen, um den leich- nicht verteidigt. In den Laza- er auf einen Geheimbericht Marsch wurden divisionsei- ten Widerstand zu brechen. retten lägen 7000 Verwundete. Die Stoßrichtung des aus über die Einnahme von Lüden- gene Transportmittel benutzt. Stunden wären bei der Ein- Um 13.20 Uhr wird notiert: dem Raum Plettenberg/Her- scheid. Er verfaßte einen Auf- Die motorisierte Kampf- nahme der Stadt gespart wor- ein großes und zwei kleine scheid vorrückenden Verban- satz, der jedoch bisher nicht gruppe fuhr ohne Panzerjäger den, wenn die Panzer rechtzei- Krankenhäuser in der Stadt. des galt der Stadt »Ostrich« veröffentlicht wurde. Vor eini- und Panzer am 12. um 22 Uhr tig vor Angriffsbeginn zur Ver- Keine Feindaktivitäten. (??? - Welche Stadt kann das gen Monaten stellte er mir das los. Die Panzer erreichten die fügung gestanden hätten. Die sein?). Auf dem Wege dorthin Mission als ganzes war ein Er- 14.15 Uhr: Lüdenscheid wurden am 14. April Klein- Manuskript für unsere Zeit- Kampfgruppe nicht, so daß verweigert die Kapitulation. schrift zur Verfügung. die Spitze der Vorhut während folg, denn Lüdenscheid wurde hammer und Augustental und Dr. Hostert des Vormarsches aus einem bei nur sehr geringen Verlu- 14.20 Uhr: Im Schutz von einen Tag später, wie es offi- Zug Infanterie und den zuge- sten schnell eingenommen. Panzern dringen Truppen in ziell heißt, »Albroggen« und teilten Pionieren bestand. Die Die Besetzung verhinderte die Stadt ein. »Rahmede« genommen. Am Der Angriff Straßen waren reichlich mit den Rückzug der umgangenen 17.55 Uhr: General Pope 15. April um 18.30 Uhr wurde Straßensperren und Unterbre- deutschen Einheiten in die macht sich auf den Weg nach dann gemeldet: Auftrag er- auf die Stadt chungen (washouts) übersät. strategisch gelegene Stadt und Lüdenscheid. füllt; stehen südlich von »Ost- Immer wieder mußten die Pio- ihre entschlossene Vertei- rich«. Drei Tage später kam Lüdenscheid wurde am 13. 19 Uhr: Die Stadt ist genom- April 1945, ohne nennenswer- niere in die Straßen einge- digung.« der Marschbefehl nach Süd- baute Sperren aus Baumstäm- men. Nächstes Ziel: Hohen- deutschland. ten Widerstand geleistet zu ha- limburg. ben, von amerikanischen men, über sechs Fuß hoch und Die Einnahme von Lüden- Truppen besetzt. Kurze und drei Fuß dick, dem schnell scheid war eine Teiloperation (Anmerkung: Bei den er- heftige Kämpfe aber fanden in vorrückenden Konvoi aus der aus dem Raum um Plet- wähnten Hitlerjungen ist eine Herscheid und im Volmetal dem Wege sprengen. tenberg und Attendorn nach null zu viel. Wir waren, so weit Die Eroberung bei Priorei statt. Das geht aus Norden vorstoßenden US- ich mich erinnere, höchstens den im Washingtoner Natio- Auf der Strecke wurde nur' Truppen. Die Einheiten führ- 30. Keine Hinweise habe ich des Volmetals nalarchiv der Öffentlichkeit zerstreuter Widerstand ange- ten während der Kampfhand- auf die Beschießung des mit Über Brügge erreicht ein Ba- zugänglichen Dokumenten troffen. Er konnte die Kolonne lungen Tagebuch. Die Eintra- großen roten Kreuzen gekenn- taillon des 341. Regiments am der amerikanischen 86. Divi- nicht aufhalten. Zeit hatte nur gungen ergeben folgendes Mo- zeichneten Krankenhauses an 13. April um 16 Uhr »Priorie«. sion hervor. An den Kämpfen fur kurze, eilige Aufklärung saik der dramatischen April- der Philippstraße gefunden. Es kommt unter schweres Ge- waren vor allem das 341., 342. bestanden. Die Folge war, daß tage 1945: Der in dem zusammenfassen- wehr- und Maschinengewehr- und 343. Regiment beteiligt. ständig sichergestellt werden Der 12. April ist warm und den Rückblick genannte US- feuer. Panzerfauste zerstören mußte, daß die Kolonne nicht sonnig: die Verfassung der mehrere amerikanische Fahr- Der nach den Kampfhand- General Ridgway legte vierzig die Richtung verlor. Über die amerikanischen Soldaten und Jahre später zusammen mit zeuge. Es gibt Verluste. »After lungen niedergeschriebene welligen, bewaldeten Hügel in a considerable firefight«, nach Rückblick auf die Eroberung ihrer Ausrüstung »excellent«: dem früheren deutschen Jagd- v den dunklen Nachtstunden die Kampfmoral »high«. Am flieger Johannes Steinhoff einem beträchtlichen Feuer- on Lüdenscheid hat in deut- und am frühen Morgen vor- wechsel, besteigen die Solda- scher Übersetzung folgenden Vortage ist Attendorn genom- während des Besuches von dringend, erreichte die men worden. Das feindliche US-Präsident Reagan in der ten gepanzerte Transporter Wortlaut: Kampfgruppe die Höhe genau Feuer war »fairly heavy«, Bundesrepublik auf dem Sol- und durchqueren die Stadt un- »Am 12. April 1945 traf Ge- südlich von Lüdenscheid vor ziemlich schwer. »Our casual- datenfriedhof in Bitburg einen ter ständigem Beschuß. Sechs neralmajor Matthew Ridgway, Anbruch der Morgendämme- ties mounting« - unsere Verlu- Kranz nieder.) Kilometer weiter trifft eine kommandierender General rung. Ein Angriff auf den west- ste steigen. Panzerfaust oder eine Granate des XIII. Airborne Corps, um lichen Rand der Stadt begann, einen Transportpanzer, tötet 4 Das 2. Bataillon des 343. Der 13. April im Raum Her- ^ Uhr im Divisionsgefechts- als es über den Hügeln im scheid: Soldaten des 343. Re- und verwundet 10 Amerika- stand der 86. Divisen ein und Osten Morgen wurde (as dawn Regiments in Attendorn hat ner. Kurz vor Mitternacht er- an diesem Tage 185 Gefan- giments haben Plettenberg befahl zur Durchführung eines was breaking over the hills to und morgens gegen neun Uhr reicht die Truppe die Außen- Sonderauftrags die Bildung ei- the East). Zwei Infanteriekom- gene gemacht und will noch bezirke von Hagen. am Abend in Herscheid sein. drei Viertel von Herscheid be- ner motorisierten Kampf- panien hatten den westlichen setzt. Um 13.45 Uhr starten ^uppe von Bataillonsstärke, Rand der Stadt umlOUhrein- Ein feindliches Auto mit ein- Der Bericht des 2. Bataillons geschaltetem Licht versucht 200 deutsche Infanteristen, dieses verstärkte Bataillon genommen. Ein Versuch angeführt von 6 Panzern, des 341. Regiments vom 14. sollte sich so schnell wie mög- wurde unternommen, die be- die amerikanische Linien zu April ist in »Dolstem« ge- durchbrechen und wird zer- einen Gegenangriff, der zu- lich in Bewegung setzen, durch dingungslose Übergabe der rückgeschlagen wird. Meldung schrieben. Durch Panzerfaust- d stört, aber seine Insassen kön- .ie linke Flanke der 8. Divi- Stadt auszuhandeln, um ihr, um 14.02 Uhr: die Deutschen beschuß seien bei Dahl drei sion rollen und bis zur Mor- was bei einem Angriff auf be- nen entkommen. Ein Kriegs- Fahrzeuge verlorengegangen. gefangener sagt aus, die Deut- konzentrieren ihre Kräfte im gendämmerung die Stadt Lü- wohntes Gebiet unvermeid- »Wyoming-Tal«. In den späten Stunden des Ta- denscheid einnehmen. Der lich ist, Zerstörung und den schen hätten Flak und Artille- ges sei die Truppe unter »very kommandierende General der Tod von Zivilisten zu erspa- rie bei Plettenberg zusammen- Das nächste Widerstands- heavy«, sehr schweres Feuer Division betraute Brigadege- ren. Die Verhandlungsversu- gezogen. Landkarten von Lü- nest heißt Hüinghausen. Die von Artillerie und Granatwer- neral Pope mit der Aufgabe, che blieben erfolglos, und so denscheid werden ange- Deutschen setzen schwere Ar- fern bei »Donstern« gekom- ^ie Kampfgruppe Pope, wie nahmen die angreifenden Ein- fordert. tillerie ein. »Movement of any men. 850 Gefangene seien ge- sie genannt wurde, bestand heiten die Besetzung der Stadt Der Gefechtsstand des 342. sort was practically impos- macht worden, davon viele in aus den folgenden Einheiten: wieder auf. Der Widerstand Regiments befindet sich am sible« - Bewegung jeglicher Zivil. Nach deren Aussagen sei dem 3. Bataillon des 342. In- mit Infanteriewaffen und 12. April in Mecklinghausen. Art war praktisch unmöglich. die Moral der Deutschen »ex- fanterieregiments; einem Zug durch Abwehrfeuer leichter Ein Bataillon für die »Task Die Amerikaner fordern Artil- tremely low«, äußerst der Aufklärungskompanie; ei- Flak war mäßig. Force Pope« zur Einnahme lerieunterstützung an und schlecht. Einer der Kriegsge- nem Zug Granatwerfer, Kali- von Lüdenscheid wird abge- können nach drei Stunden ih- fangenen will am 12. April den ber 4,2; einer Batterie Haubit- Lüdenscheid ist eine mo- stellt. Ein Aufklärungsflug- ren Vormarsch fortsetzen. Sie deutschen Befehlshaber des 2en, Kaliber 105; einer Batte- derne Stadt mittlerer Größe zeug hat mittags Truppenbe- besetzen Hüinghausen und Ruhrkessels, Feldmarschall rie Haubitzen, Kaliber 155; ei- auf einem Gebiet von rund 4 wegungen im Raum der Stadt machen tausend Gefangene. Model, in »Dahle« gesehen ha- nem Zug Panzerjäger; einem Quadratmeilen. Innerhalb der festgestellt. Um 21 Uhr wird ben. Dort sei Model mit dem 2ug Panzer; der Geschütz- Stadt gibt es mehrere kleine eingetragen, 300 leicht bewaff- In einem Rückblick auf den für ihn typischen Monokel im kompanie des 342. Infanterie- Hügel. Um die Stadt vollstän- nete »youth party members«, Monat April heißt es später, linken Auge aus dem Auto ge- ""egiments; einem Panzerab- dig kontrollieren zu können, Hiterjungen, wollten die Stadt die Deutschen hätten bei Her- stiegen und in einer Fabrik Wehrzug; einem Zug Pioniere. war es nötig, besonders die verteidigen. Die Stärke des scheid den verbissensten Wi- verschwunden. Er wolle sich Ein sofort herausgegebener Häuser auf diesen Hügeln vom Volkssturms bleibt unbe- derstand geleistet. Dort sei die in der Dechenhöhle verstek- Divisionsbefehl der 86. Divi- Feind zu säubern. Die Kampf- kannt. Von 50 Fallschirmjä- feindliche Truppenkonzentra- ken, wird ausgesagt. Am 16. sion bestimmte die Route, die gruppe Pope hatte Lüden- gern mit Granatwerfern, Pan- tion am stärksten gewesen. April kommt die Nachricht, Benommen werden sollte, wie scheid am 13. April um 14 Uhr zerfausten, MGs und Bazoo- Doch auch dort habe sich wie- Feldmarschall Model habe '<%: Attendorn, Valbert, Mei- gesäubert. kas ist die Rede. der herausgestellt, daß die Ka- sich erschossen. An diesem Tage meldet der Stab der 86. Infanteriedivision: seit 16.30 DECLASSIFIED PER EXECUTIVE ORDER 123515«. SECTI ON 3.3, Uhr gibt es im Divisionsgebiet 7^11 keinen organisierten Wider- BY ^0 N ÄRA , DATE_i2l. stand mehr. Die Feindmoral ist zusammengebrochen. Vor- sicht aber vor »Werewolf«. Die Verluste der Division be- trugen zwischen dem 4. und 17. April: 500 Gefallene, Ver- wundete, Vermißte und Ge- fangene. Very «oattered reilBtanca waa net along the route of Unter den Amerikanern, die advance and none of it*naterlally held up the colunn. There damals für kurze Zeit in deut- sche Kriegsgefangenschaft ge- had been tine.for but % vey abort and hurried recon^alaaance rieten, war auch Brigadegene- ral Gjelsteen. Zwei Tage and aa a reault conatajkt checking waa nedeaeary to prevent the wurde er im Raum Altena, Werdohl und Iserlohn, bis zu coiumn from loelng direction. Pushing acroas the rolling wooded seiner Befreiung am 16. April, hin und her transportiert. Un- hllla in the dark houra of the nl£:ht and etrly aornlng, the ter den Deutschen, die ihn an- ' tuek force reached ,ihe high ground Juet aouth of Lujrfdanacheid sprachen, war auch der »Land- f rau« von Iserlohn. Er bat den before dawn and intiatbd an aaeault on the ff edge of the town US-General um ein Papier, damit er unbehelligt durch die ae dawn waa breaking over the hilla to the I. Two coopaniea amerikanischen Linien komme. Zu den Gesprächs- of infantrj had aacured the W edge of the town by % 1000 houra partnern gehörte auch Oberst von Blattwitz, G-4 von Feld- and" an atteapt was Bade to negotiate the unconditional aurrender marschall Model, der von »Countess In Hein« begleitet of the town to prevent Ita deatructlon end the de&th of clviliana war. Beide ängstigten sich vor which inevitably ocoura in the aeeault through an inhabited der amerikanischen Kriegsge- fangenschaft. place, 'xho tttempta at nesotiution were unsucoeaeful and the General Gjelsteen versuchte attacking eleaenta reauntied the reduction of the town againat seinen Bewacher, einen in Iserlohn geborenen Leutnant, moderate reeietence ooneiatiag f 61 fire and liffht AA barragee. zu überreden, mit den Vertei- digern der Stadt Verbindung ludenecheld itself 1B e codern Diddle-eized city covering aufzunehmen, um die Kapitu- lation einzuleiten. Der Leut- an area of about four aqur.re milea. Within the town there are nant weigerte sich, weil er dazu keinen Befehl habe. Auf aeveral aaali hllla and it w .e neceaBary to ilean out the houeee Grund seiner Erfahrung im Rußlandkrieg hinterließ er particularly on thesö hills ino order to completely control the dem amerikanischen General city, "he Ttek ?orce Pope h^d the town of Ludenacheid cleared das Vermächtnis, Rußland TO werde Europa dominieren und by 1400 on the 13th of April. m » eines Tages Europa erobern. f f In the action the greateet obbtacle «aa time. The dcfenaeS Von anderen Deutschen hörten Amerikaner erfreuli- of Ludenecheld were rclt-tively weak - the problem was to get n chere Geschichten. Unter ih- D ren Kriegsgefangenen war oufficient force in poeitlon to overcome this light reeietence. > auch der 35jährige Leutnant Eugene Ledebur aus Wien. Als Thua the absent armor could have eaved houre in the reiuctior. "j Chefredakteur hatte er am 11. of tne toirn if it had had time to get on the scene of battle April in einer Lüdenscheider & Druckerei die letzte Ausgabe before the aeeault JumpeC off. The mieeion ta a whole was a vom »Festungsfunk« für den Ruhrkessel drucken lassen. Er eucco.ee lr. that the town of Ludeneched wt-n t^ken and taken qui erzählte den neuesten Witz: »Die Amis brauchen zur Be- witn very email lose. Ite full prevented the bypL.B&eü (jtjrMan seitigung einer Straßensperre unite from falling back to thie etrtiteglc.il.; loc-tod tow and »1 32 Minuten.« »Warum ausge- o rechnet 32 Minuten?« »30 Mi- effecting a determined -ur^neo.i'f'Tt i nuten lachen sie, und in den anschließenden 2 Minuten ist das Ding erledigt.« Faksimile des Militärberichts, freigegeben am 2.10.1987. Eine Seite, deren Inhalt in Spalte 2 Absatz 3 ff behandelt wird.

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung Herausgeber: Lüdenscheider Geschichtsverein. Schriftleitung Dr. Walter Hostert. Druck: Märkischer Zeitungsverlag