Excavations at Tell Brak, Vol. 4: Ten Königreich Nagar Führt
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0993-8_BIOR_2008/1-2_01 21-04-2008 14:39 Pagina 92 179 BIBLIOTHECA ORIENTALIS LXV N° 1-2, januari-april 2008 180 Die folgenden fünf Kapitel behandeln dann die Ergebnisse zu den einzelnen Perioden. Die Befunde und Funde der Früh- (Kap. 3, „Traces of Early Complexity“, S. 25-51, R. Mat- thews) und Mitteluruk-Zeit (Kap. 4, „Developing Comple- xity“, S. 53-95, C. Felli) in Tell Brak haben sich als Teil einer weitreichenden Kontaktzone zwischen Nordmesopotamien und den benachbarten Gebieten — Südostanatolien einerseits, Südmesopotamien andererseits — während des fünften und frühen vierten Jahrtausends erwiesen. In einer sprachlich sehr dichten und inhaltlich sehr umfassenden Darstellungsweise wird nicht nur die Keramik (und andere Funde) beschrieben und eingeordnet, sondern die Autoren weisen immer wieder auf den Zusammenhang zwischen technologischer Entwick- lung und dem gesellschaftlichen Kontext hin (z.B. S. 37-38; 73-75). Der chronologische Rahmen der einzelnen Perioden wird zusätzlich durch insgesamt 39 C14-Analysen von ver- kohltem Getreide abgesichert. Eine der zentralen Aufgaben der Kampagnen 1994-96 war es, die in Tell Brak erst seit 1988 nachgewiesene Bebauung der Ninive 5-Zeit intensiver zu untersuchen (Kap. 5, „A Chief- dom on the Northern Plains“, S. 97-191, R. Matthews). Offen- bar lassen sich in diesem Zeitraum umfassende gesellschafts- politische Veränderungen aufzeigen: Die Kontakte zu ARCHEOLOGIE Südmesopotamien enden plötzlich und um etwa 3000 v. Chr. setzt eine neue, eigenständige kulturelle Entwicklung ein, die spätestens um 2500 v. Chr. zu dem aus den Eblatexten bekann- MATTHEWS, R. (ed.) — Excavations at Tell Brak, vol. 4: ten Königreich Nagar führt. Aus diesem Zeitraum ist eine ein- Exploring an Upper Mesopotamian Regional Centre, räumige Tempelanlage belegt (HS4, Phase1) 5-4), die Paralle- 1994-1996. Oxbow Books, Oxford, 2003. (26 cm, XVIII, len zu Bauten in Kashkashok, Schicht III, Chagar Bazar, 446). ISBN 1-902937-16-3. £ 75,-. Schicht 4 und Tell al-Raqa'i, Schicht 3 besitzt (S. 109-115). Das vorliegende Buch darf als ein für die Archäologie des Der Bereich HS4 hat eine sehr wichtige Abfolge für die Vorderen Orients sehr wichtiger, in vielerlei Hinsicht sogar Ninive 5-Periode erbracht (Phasen 11-4), beginnend mit der grundlegender Beitrag angesehen werden. Tell Brak ist zwei- vor-Ninive 5-zeitlichen Phase 11 (Periode H nach Oates) und fellos einer der bedeutendsten mehrperiodigen Siedlungs- einer über mehrere Phasen reichenden Entwicklung von plätze in Nordostsyrien. Die dort bisher nachgewiesene geritzter (incised) zur kerbschnittverzierten (excised) Ware Besiedlung reicht von dem Spätchalkolithikum (LC 1) bis in (Perioden J und K nach Oates). Das gesamte Inventar dieser die Eisenzeit (vgl. Tabelle 1.1.). Die hier behandelten Gra- Periode wird ausführlich besprochen und anhand von Ver- bungskampagnen von 1994-1996 haben vor allem neue gleichen in einen regionalen Kontext gestellt (S. 123-134). Ergebnisse zu den frühen Perioden bis hin zur Akkadzeit Dabei finden die entsprechenden Funde und Befunde aus sowie zur Mittleren Bronzezeit erbracht. Schon durch Kapi- Tell Chuera nur ansatzweise Berücksichtigung — zweifellos telüberschriften wird jeweils ein historisch-gesellschaftlicher eine Folge der derzeitigen Publikationslage für Tell Chuera. Zusammenhang impliziert, der gleichzeitig als grundlegende Einige Bemerkungen seien daher erlaubt. Für die jüngste Forschungsausrichtung anzusehen ist: von den Spuren früher Phase, HS4, Phase 4 (Periode K nach Oates), ist, allerdings gesellschaftlicher Komplexität — LC 1-4 — über sogenannte mit nur sehr wenigen Beispielen, das erstmalige Auftreten Häuptlingstümer (chiefdom) — FBZ I-II — zum Territorial- von Metallischer Ware in Tell Brak belegt. In Tell Chuera staat — Akkad. Dieser Zusammenhang wird dann noch ein- kommt diese Ware erstmals in der Periode Tell Chuera IB mal in Kap. 8 „Ceramics and society“ wieder aufgenommen, vor. Diese Periode ist in eine späte Phase (Bauphasen 10-12 kommt aber auch in allen anderen Kapiteln deutlich zum in Tell Chuera, Bereich K und 9-11 in Kharab Sayyar) und Ausdruck und darf als Grundlage der wissenschaftlichen in eine frühe Phase (Bauphasen 13-22 in Tell Chuera, K, und Konzeption des Herausgebers und seiner Mitarbeiter ver- 12-15 in Kharab Sayyar) zu unterteilen (J.-W. Meyer, R. standen werden. Hempelmann, Bemerkungen zu Mari aus der Sicht von Tell In Kap 1 („Issues and Approaches“, S. 1-6, R. Matthews) Chuera — Ein Beitrag zur Geschichte der ersten Hälfte des finden sich eine allgemeine Einleitung sowie Erläuterungen 3. Jts. v. Chr., AfO 33, 2006, 22-41, bes. 26-27). In beiden zur verwendeten Grabungs- und Dokumentationsweise. In Phasen kommen vor allem konische Becher der Metallischen dem 2. Kap. („Surface Investigations“, S. 7-23, R. Matthews) Ware zusammen mit kerbschnittverzierter (excised) Ninive wird die Anwendung inzwischen bewährter archäologischer 5-Keramik und mit Karababa-Ware vor; aus Bauphase 18 in Methoden der Oberflächenuntersuchungen — das intensive Tell Chuera stammt darüber hinaus eine Scherbe der geritz- Absammeln in begrenzten Flächen und das Abkratzen der ten Ninive V-Ware. Die Standardware der früheren Phase Oberflächen („collecting and scraping“) — deutlich. Mit lässt sich am ehesten mit Keramik aus Hammam VI east, Tell Hilfe dieser Vorgehensweise war es möglich, der Fragestel- lung entsprechende Grabungsbereiche zu lokalisieren, und gleichzeitig konnten zudem weiterreichende Aussagen über 1) Für den englischen Begriff „level“ wird hier die deutsche Überset- die verschiedenen Siedlungsperioden getroffen werden. zung „Phase“ verwendet. 0993-8_BIOR_2008/1-2_01 21-04-2008 14:39 Pagina 93 181 BOEKBESPREKINGEN — ARCHEOLOGIE 182 Bi'a und Kurban Hüyük, Periode IV vergleichen, während mehrere Beispiele) sowie zahlreichen weiteren frühdynasti- sich keramische Vergleiche für die spätere Phase in Tell Lei- schen und akkadischen Siegeln ein. lan IIId und Tell al-Raqa'i, Schicht 3 finden; aus den betref- Im Hinblick auf die relative Chronologie Nordostsyriens fenden Schichten in Tell Leilan und Raqa'i sind darüber hin- sei eine Anmerkung gestattet: offenbar lässt sich keine so aus auch Siegelabrollungen bekannt, die stilistisch und feste Trennlinie zwischen stilistisch und ikonographisch ein- ikonographisch Beispielen aus Tell Chuera gleichen, sich dort deutig spätfrühdynastischem Material und solchem der frühen aber in sekundärer Fundlage befanden. Auffallend sind wei- Akkadzeit ziehen, wie es das zur Zeit vorherrschende Chro- terhin Ähnlichkeiten zu Siegeln aus dem Diyala-Gebiet, die nologiesystem (M. Lebeau, Stratified archaeological evidence FD II datiert werden; gleiches gilt auch für die bekannten and compared periodizations in the Syrian Jezirah during the Statuetten, die zwar in einem Bauzusammenhang der Periode third millennium BC; in: K. Marro, H. Hauptmann, Chro- Tell Chuera ID gefunden wurden, aus ikonographischen nologies des Pays du Caucase et de l'Euphrate aux IVe-IIIe Gründen aber am ehesten der Periode IB früh (Bauphasen 13- Millénaires. Varia Anatolica XI, Paris 2000, 167-192) vor- 22) zuzuordnen sind. gibt (vgl. die entsprechende Kritik in Meyer, Hempelmann, Der so umschriebene Zeitraum gehört nach unserer Auf- AfO 33, 2006, 28-29 mit Anm. 43 und 44). Vielmehr scheint fassung zur Frühen Bronzezeit II, bzw. FD II in Südmeso- es — und das legen auch die betreffenden Befunde in Tell potamien. Gegen Ende dieses Zeitraums (oder eher zu Beginn Chuera nahe — einen ununterbrochenen Übergang zwischen von Tell Chuera IC) wurde die äußere Stadtmauer in Tell diesen beiden (südmesopotamischen) Perioden gegeben zu Chuera errichtet, d.h. zu diesem Zeitpunkt wurde, wie in Tell haben; eine erkennbare Veränderung tritt erst im Verlaufe Leilan, die Stadterweiterung durchgeführt. der Akkadzeit ein. Die Antwort auf die von den Autoren S. Demnach kann die Periode IB in Tell Chuera am ehesten 194 gestellte Frage, ob eine auf südmesopotamischen Ereig- mit den jüngeren Phasen von HS4 in Tell Brak — vielleicht nissen und Funden beruhende Terminologie und Typologie sogar nur mit der Phase HS4, Phase 4 — gleichgesetzt wer- ohne weiteres auf die nördlich gelegenen Gebiete übertragen den, da das Material aus Tell Chuera IA keine direkten Ver- werden darf, sollte daher mit „Nein“ beantwortet werden. gleiche mehr mit Tell Brak und dem Osten erlaubt. Vielmehr Auch in Tell Chuera finden sich stilistisch vergleichbare weisen vor allem die keramischen Beispiele auf Verbindun- Objekte (Siegelbilder, Keramik, Statuetten) in Kontexten der gen mit dem Norden und Osten hin. Anzuführen sind in die- Periode Tell Chuera ID, die anhand von C14-Daten um etwa sem Zusammenhang sowohl Töpfe mit der „reserved slip“- 2450 v. Chr. beginnt und bis in die Akkadzeit reicht (nun ist oder mit Kammstrich-Dekor, vor allem aber die recht zahl- ja auch in Südmesopotamien frühsargonidisches Material von reichen Belege für cyma recta-Schüsseln, die gute Ver- spät-frühdynastischen [FD IIIb] kaum zu unterscheiden). gleichsmöglichkeiten mit der FBZ I-zeitlichen Keramik in Zunächst im Gesamtkontext etwas isoliert wirkend findet Südanatolien erlauben (z.B. Kurban Höyük V, Samsat II, aber sich in Kap. 7 („A House on the Hill“, S. 271-319, H. McDo- auch Qara Quzaq, Schicht V und Tell Raqa'i, Schicht 5-7). nald, N. Jackson) ein Beitrag zu den Ergebnissen im Bereich Dieser Horizont entspricht aber zeitlich den älteren Phasen HN. Ziel war es, weitere Hinweise auf die Siedlungsstruktur im Bereich HS4 von Tell Brak. während der immer noch schlecht belegten Zeit um 2000