BERLIN Kiez für Kiez Spaziergänge durch die ganze Hauptstadt Inhalt 3 Einleitung 7 Inhalt Autoren & Fotonachweis 258 94 Bezirk Friedrichshain- Register 260 Boxhagener Kiez 96 Impressum 264 Stralauer Kiez & Halbinsel Stralau 98 Oberbaumbrücke & 101 10 Samariterkiez 103 12 Karl-Marx-Allee & Volkspark Friedrichshain 105 & 19 Friedrichstraße 24 Kreuzberg 108 Friedrich-Wilhelm-Stadt 28 Bergmannkiez 110 & 32 Gentrifizierung 111 Rosenthaler Vorstadt 37 Deutsches Technikmuseum 112 Graefekiez 112 40 Oranienstraße 115 Zoo & Tiergarten 42 Wrangelkiez 118 Hansaviertel 44 Regierungsviertel & 46 Bezirk Mitte Bezirk & Botschaftsviertel 49 122 Charlottenburg- 52 Kurfürstendamm 124 Savignyplatz 127 56 & Klausener Kiez 129 Rund um die Müllerstraße 58 & 132 60 Wilmersdorf 134 Rund um die Wilhelmsaue 136 138 64 Grunewald II 140 Kastanienallee & Mauerpark 66 Kollwitzkiez 70 Helmholtzkiez 72 Schöneberg 142 Bezirk -Schöneberg Wins- & Bötzowviertel 74 Nollendorfkiez 144 Potsdamer Straße 146 78 148 Pankow-Zentrum 80 Rathaus Schöneberg & Rote Insel 150 Schlosspark & Majakowskiring 82 Bürgerpark & Schönholzer Heide 85 Tempelhof 152

Bezirk Pankow Bezirk , & Co 86 Zentralflughafen & Fliegersiedlung 154 Tempelhofer Freiheit 157 Weißensee 88 Alt-Tempelhof 158 Jüdischer Friedhof 90 Ullsteinhaus & ufaFabrik 160 Rund um den Weißen See 91 162 Alt- & 163 4 Inhalt Inhalt 5

Neukölln 164 Hohenschönhausen 214 Reuterkiez 166 Alt-Hohenschönhausen 216

Schillerkiez & Hasenheide 168 Bezirk Alt-Rixdorf 170 Lichtenberg 218 172 Victoriastadt & Rummelsburger Bucht 220 Zentralfriedhof 222

Bezirk Neukölln Bezirk 223

Steglitz 174 Schloßstraße 176 Botanischer Garten 178 179

Zehlendorf 182 226 Bezirk Marzahn- 184 Alt-Marzahn & Gärten der Welt 228 Museumsdorf Düppel 186 -Mitte 186 Hellersdorf 230 Krumme Lanke 189 Hellersdorf-Mitte 232 191 & 234

Bezirk -Zehlendorf Bezirk Glienicker Park 193

Spandau 194 Altstadt 196 199 202 Treptow 236 238 Bezirk Treptow-Köpenick

Bezirk Spandau Bezirk 242 Schöneweide 245

Reinickendorf 204 Köpenick 248 Rund um Alt- 206 Alt-Köpenick 250 207 252 210 Wilhelmshagen & 254 211 Grünau 256 Lübars 212 Bezirk Reinickendorf Bezirk 7

Einleitung Ein Sträußchen am Hute, den Stab in der Hand Berlin zu Fuß – keine geringe Aufgabe! Dem Spa- ziergänger, dem Flaneur und dem Stadtwanderer sei hiermit ein Buch zur Hand gegeben, das ihn leicht und dennoch fundiert durch die Stadt in all ihren Fa- cetten begleitet. Wo der Weg zu weit wurde, sind die Autoren ab und an auf das Fahrrad umgestiegen oder haben Teilstrecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Die Wege der Routen sind unterschied- lich lang. Zwischen ausgedehnten Wanderungen am Stadtrand und kleineren, konzentrierten Gängen in zentraler gelegenen Gegenden sind Spazierwege für jede Art von Ausdauer im Buch enthalten. Dieser Stadtführer präsentiert die Bezirke nach der historischen Gliederung von Groß-Berlin 1920. Drei Stadtteile kamen erst später dazu: Marzahn (1979), Hohenschönhausen (1985) und Hellersdorf (1986). Bei der Bezirksreform im Jahr 2001 wurden aus den 23 Bezirken mit mittlerweile 3,4 Millionen Einwohnern zwölf Großbezirke. Doch in den Köpfen und Herzen der Berliner und ihrer Besucher leben die „Alt“-Bezirke fort. Die Entscheidung, Berlin anhand dieser, von der Verwaltung überholten Aufteilung zu präsentieren, folgt deshalb der Absicht, die Stadtteile in einem möglichst authentischen und gleichzeitig überschaubaren Zusammenhang zu präsentieren. Spazieren zu gehen, das bedeutet natürlich, die berühmten Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt an- zusteuern. Spazieren gehen bedeutet aber genauso, sie zu passieren, und im Weitergehen auch dem Bei- läufigen und Alltäglichen zu begegnen. Denn das Leben und Wohnen macht Berlin mindestens so sehr aus wie das Prunkvolle oder Dramatische. Die Ursprünge liegen rund um die ­ insel. Hier befanden sich die Dörfer Alt-Berlin und Cölln. Im Jahr 1307 schlossen sich beide zur Stadt Berlin zusammen und übernahmen die Vorherrschaft im Berliner Raum. Bezogen auf die heutige Stadtaus- dehnung ist jedoch Spandau an der Havel die älteste Siedlung (1197 erstmals erwähnt). Auch in Köpe- nick schrieb man bereits 1209 erstmals Urkunden. 8 Einleitung

Seit Anfang des 15. Jahrhunderts regierten ununter- brochen die Hohenzollern die Stadt, sie waren erst Kurfürsten der Mark Brandenburg, dann preußische Könige und schließlich Kaiser. 1709 fügte Friedrich I., König in Preußen, die Städte Berlin, Cölln, , Dorotheen- stadt und zur Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin zusammen. Damals hatte Berlin 55 000 Einwohner, 1755 waren es schon 100 000, da- von 26 000 Soldaten. Mit der Industriellen Revoluti- on im 19. Jahrhundert explodierte die Einwohnerzahl Berlins. 1850 lebten hier 400 000 Menschen. Berlin wurde viertgrößte Stadt Europas. 1861 wurden Wed- ding, Moabit sowie die Tempelhofer und Schöneber- ger Vorstadt eingemeindet. Ab 1862 entstanden nach dem Hobrecht-Plan die großen Gründerzeitviertel. Als Berlin 1871 Hauptstadt des neu gegrün- deten Deutschen Kaiserreichs wurde, zählte man Herzlichen Dank! 800 000 Einwohner. Kurz darauf zur Millionenstadt Die Herausgeberin angewachsen, baute man 1873–93 endlich die Ka- bedankt sich bei nalisation, 1896 die erste U-Bahn und Vorortzüge. den Mit-Autoren Um das Stadtzentrum herum entstanden die großen sowie Tanja Onken, Mietskasernenstädte, im Südwesten Villenkolonien. Stefanie Pott, 1920 regelte das Groß-Berlin-Gesetz Eingemein- Jessika Haack und dungen und den Zusammenschluss zu den Bezirken, Klaus Scheddel im die wir heute noch kennen. Die Bezirksstruktur blieb via reise verlag für trotz der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg die schöne Zusam- und über 40 Jahre deutsch-deutscher Teilung erhal- menarbeit. Lieben ten. Heute leben hier etwa 3,8 Millionen Menschen. Dank an Felix Müller Berlin, das sind Monumente und Dorfanger, Grün- für die bereits viel- derzeitvillen und Wohnblöcke, Narben und Neuan- fach bewährte und fänge. All dies (und noch viel mehr) beschreibt die- stets vergnügliche ses Buch aus den unterschiedlichen Perspektiven der Begleitung bei der schreibenden Stadtspaziergänger, die auf Seite 258 Stadterkundung vorgestellt werden. und an Martin Berlin ist ständig in Bewegung. Das ist an gro­ Brodauf, der sich um ßen Bauprojekten und an vielen kleinen, alltäglichen dieses Buch durch Veränderungen zu spüren. Um da mithalten zu kön- seine akribischen nen, wurde dieses Buch 2012 umfassend überarbei- Recherchen verdient tet und um einige Kapitel ergänzt und auch danach machte. mehrmals, zuletzt 2019, auf den neuesten Stand ge- bracht. Julia Brodauf

Die Weisestraße im Neuköllner Schillerkiez 10 11 Bezirk: Mitte Mitte Mitte. Unendliche Weiten. Breite Straßen und große, weitläufige Plätze bestimmen das repräsentative Herz Berlins. Gleich dahinter liegen aber schmale Gassen und verwinkelte Höfe. Zwischen Alexan- derplatz und Brandenburger Tor, Rosenthaler Platz und Leipziger Straße befinden sich die Ursprünge der Stadt seit ihren Anfängen im 13. Jahrhundert. Auch wenn das alte Berlin heute eher als Idee existiert – es befand sich dort, wo nun das Nikolaiviertel steht Steckbrief (8 Seite 19). Gleich gegenüber, auf der anderen Seite der Spree, lag die Schwesterstadt Cölln. In Mitte stand das kurfürstliche, später kaiserliche Schloss, hier befinden sich die repräsentativen Bauten der Museumsinsel, der Boulevard Unter den Linden und die Friedrichstadt. Auch die Regierungsgebäude waren hier: im Königreich Preußen, im Kaiserreich, in der Weimarer Republik, im Nationalsozialismus. In Mitte war Berlin durchgehend Hauptstadt, auch Bezirk zu DDR-Zeiten. Daran erinnert nicht zuletzt das un­ Mitte übersehbare Wahrzeichen der Stadt, der Fernsehturm. Einst Zentrum der Subkultur, heute schick saniert: die Spandauer Vorstadt Einwohner Der steht auf einer großzügigen Platzanlage nahe 101 932 Rotem Rathaus und Marienkirche. Ehemals war an 27–45 Jahre dieser Stelle ein dicht besiedeltes Altstadtviertel. Es Nach der Wende 1989 blühte hier die legendäre 39 % fiel dem Bombenkrieg und den Umstrukturierungen Kunst-, Musik- und Subkulturszene, die Berlin welt- Über 65 Jahre der Nachkriegszeit zum Opfer. Auch heute wird rings weit zum Magneten für Kreative und Querdenker ge- 13 % um Rathaus, Kirche und Alex gewohnt, allerdings in macht hat. Was in besetzten Häusern, selbst organi- Baudenkmale sechs-, sieben-, acht- und mehrstöckigen Wohnblö- sierten Clubs und kleinen Bars begann, etablierte sich 613 cken aus der Plattenbau-Ära. im Laufe von zwei Jahrzehnten zu höchst erwachsenen Im Gegensatz dazu beginnt nordwestlich des Alex- Gastronomiebetrieben. Auf die Künstler folgten die In- an­der­platzes das Scheunenviertel. Als im 17. Jahrhun- vestoren, die aus dem Gammelcharme schmucke, ener- dert der spätere Alex ein Viehmarkt war, wurden hier, gieoptimierte und dem Denkmalschutz entsprechende noch außerhalb der Stadtmauer, Scheunen für das Tier- Gründerzeithäuser heraussanierten. Die Jugend denkt futter errichtet. Später wurde das Viertel ein jüdisches und feiert längst weiter südlich oder östlich, die ex- Ghetto. Auch die gesamte Spandauer Vorstadt, die sich perimentelle Kunstszene nutzt bezahlbare Räume im bis zur Friedrichstraße hinzog, war stark jüdisch ge- Wedding oder Neukölln. Die Galerien, die heute so prägt. Im Zweiten Weltkrieg nur wenig zerstört, friste- zahlreich zu finden sind, sind feste Größen am Kunst- te diese Gegend in den DDR-Jahren ein stilles Dasein, markt. Die Berliner Mitte ist wieder bürgerlich gewor- zwar zentral gelegen, doch heruntergekommen. den. Julia Brodauf 12 Mitte Unter den Linden 13

Karte Seite 13 Unter den Linden Hinter dem Schloss befindet sich das ehemalige Schinkel Pavillon Staatsratsgebäude 3 der DDR, darin eingebaut Oberwallstraße 1 Start Die Pracht des historischen Berlins ein Portal des alten Stadtschlosses. Rechts über die (030) 20 88 64 44 Haltestelle , www.schinkelpavillon.de Start am Lustgarten 1 zu einem Gang entlang der Spreebrücke kommt man zum Werderschen Markt. Bus 100, 245, 300 Do–So 12–18 Uhr wichtigsten touristischen Achse der Hauptstadt: Davor fällt eine Hausattrappe auf: Die Schinkelsche Ziel Zeitgenössische Kunst S Unter den Linden ­Unter den Linden. Der mehrspurig befahrene Pracht- existiert derzeit nur als lebensgroßes­ boulevard war ursprünglich ein Reitweg und ver- Modell und harrt ihrer bevorstehenden Rekonstruk- Länge Stadtschloss 2 Auswärtigen 2 km band das mit dem Tiergarten. Das tion. Gegenüber steht der Neubau des Stadtschloss? Der Neubau ist beinahe fertig. Der ita- Amtes 4 , der an das historische Haus am Werder- lienische Architekt Francesco Stella rekonstruierte schen Markt anschließt, das 1913 für die Reichsbank Barockfassade, Kuppel und Innenhof. Nur im Osten, gebaut wurde. In der DDR-Zeit residierte hier das in Richtung Fernsehturm, erkennt man die moderne Zentralkomitee der SED. Auch am Platz befindet sich Bauform. Auch im Inneren spielen barocke und zeit- die Friedrichswerdersche Kirche 5 , die erste neu- genössische Bauformen zusammen. Und natürlich gotische Kirche der Stadt, erbaut von Karl Friedrich ist das Innenleben vorwiegend zeitgemäß: Ins soge- Schinkel. Die Kirche dient normalerweise als Aus- Alle Informationen zum nannte Humboldt-Forum werden hochkarätige Mu- stellungsraum der Nationalgalerie für Skulpturen, Stadtschloss unter seen und die Stadtbibliothek einziehen, die Eröffnung ist aber auf Grund von Bauschäden bis auf Weiteres www.humboldtforum.de ist für September 2020 geplant. Vor Ort informieren nicht zugänglich. Also zunächst zurück zur Karl- zwei temporäre Infocenter über den Schlossbau. Liebknecht-Straße am Schlossplatz. Das historische Stadtschloss hatte Andreas Schlü- Rechter Hand ist die Rekonstruktion der histo- ter um 1700 zu einer barocken Residenz ausgebaut. rischen Mitte so gut wie abgeschlossen: Der Lustgar- Den Grundstein legte bereits 1441 der Kurfürst Fried- ten macht den Auftakt zur Museumsinsel. Nach dem rich II., und zwar genau in die Mitte zwischen Alt- Willen Friedrich Wilhelms III. und seines Architekten Berlin und Cölln. Es war eher eine Burg, von erbosten wurde die Inselbebauung zu Bürgern gar als „Zwingburg“ geschmäht. Empört tru- einer an die Akropolis angelehnte Gruppierung von gen sie Steine von der Baustelle und blockierten die tempelartigen Bauten. Das -Ensemble rund Bauarbeiten. Der darob erboste Kurfürst drohte der um Berliner Dom ist reich an Kunstschätzen von der Stadt schließlich gar mit Krieg. Auch der spätere Schlüterbau machte seinen M1 ·12 Bewohnern nicht nur Freude. Victoria, Mutter des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., fand es zugig M4 und kalt und vermisste die Bäder und Wasserklosetts M6 Reiterstandbild 11 ihres englischen Heimatschlosses. Beides wird es im 9 Friedrichs II. Unter Neubau gewiss geben. Das Berliner Schloss war im 10 8 den Linden M1 M4 M5 M6 Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und 1950 von 12 7 der DDR-Regierung abgerissen worden. Stattdessen 6 1 (U-Bahn erbaute man hier den Palast der Republik, zentrales (U-Bahn 18 16 14 12 im Bau) im Bau) 2 Kulturhaus der DDR, in dem auch das machtlose Par- 17 13 lament, die Volkskammer, tagte. Das Gebäude wurde 15 (U-Bahn im Bau) nach der Wende asbestsaniert und von 2006 bis 2008 19 5 3 schließlich abgetragen (und teilweise in ein Hoch- 4 haus in Dubai verbaut). Ein Kunst-am-Bau-Projekt 12 des Künstlers Tim Trantenroth wird die Fassade des Palasts im Treppenhaus des Schlosses reinszenieren. 14 Mitte Unter den Linden 15

Antike bis zum 19. Jahrhundert und vermag kunsthis- passte sie nicht durchs Portal. Das Alte be- Information torisch Interessierte viele Tage lang zu beschäftigen. herbergt seit 1904 die Antikensammlung und eine Am Lustgarten Museumsinsel In den 1820er-Jahren begann Friedrich Schinkel Auswahl der Münzsammlung. Den Auftakt macht Tgl. außer Mo 10–18 Uhr, www.smb.museum Do bis 20 Uhr (030) 2 66 42 42 42 mit der Planung und dem Bau der Museumsinsel, eine dem Pantheon nachempfundene Rotunde. Peter Joseph Lenné entwarf den zur klassizistischen Links neben dem Alten Museum erblicken wir James-Simon-Galerie Besucherzentrum der Strenge passenden Rasenplatz. Der ursprüngliche eine Freitreppe. Sie führt zum neuen Besucherzen- Bodestraße 1–3 Museumsinsel Lustgarten geht noch auf die Gartenanlagen der trum der Museumsinsel, einer beeindruckenden Säu- Tgl. außer Mo 10–18 Uhr, Tgl. 9.30–18.30, ersten, kurfürstlichen Burg zurück. An seiner Ost- lenhalle, der James-Simon-Galerie. Do bis 20 Uhr Do bis 20.30 Uhr seite thront der Berliner Dom 6 . Seine Geschichte Von hier aus gelangt man in das Neue Museum 8 . ist ebenso alt wie die des Schlosses, die Vorgänger- Von David Chipperfield architektonisch ergänzt, kom- Pergamonmuseum bauten wurden zunächst von Schinkel ersetzt. Aber plettiert es die Museumsinsel mit dem Ägyptischen Am Kupfergraben 5 der Dom sollte noch prächtiger werden und wurde Museum und den Antikensammlungen. Hier ist Ber- Tgl. 10–18 Uhr, von Schinkel-Schüler August Stüler überarbeitet. Die lins berühmtester Kunstschatz, die Nofretete, zu sehen Do bis 20 Uhr Bauarbeiten kamen zwischendurch zum Erliegen und und auch der „Berliner Goldhut“ aus der Bronzezeit. Bode-Museum 9 wurden erst 1904 von Julius Raschdorff noch ba- Daneben liegt die Alte Nationalgalerie , die Monbijoubrücke rocker und prunkvoller vollendet. In der Gruft des einem römischen Tempel nachempfunden ist und die Tgl. außer Mo 10–18, Doms können die Särge zahlreicher Mitglieder des Kunst des 19. Jahrhunderts ausstellt: Meisterwerke Do bis 20 Uhr Hauses Hohenzollern besucht werden. von Caspar David Friedrich, oder Gegenüber beeindruckt die mächtige Säulenreihe Max Liebermann belegen den Übergang von Klassi- des Alten Museums 7 . Die Granitschale vor dem zismus und Romantik bis zur beginnenden Moderne. Bodestraße 1–3 Museum mit fast sieben Metern Durchmesser ist aus In nördlicher Richtung wartet noch ein besonders Tgl. 10–18 Uhr, einem riesigen, brandenburgischen Findling gefer- beeindruckender musealer Ort: Der 36 Meter breite Do bis 20 Uhr tigt und sollte eigentlich im Museum stehen. Leider und 34 Meter tiefe Pergamonaltar kam im 19. Jahr-

Schöne, neue alte Fassade: Der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses ist umstritten 16 Mitte Unter den Linden 17

hundert nach Berlin. Für ihn wurde eigens das ur- ziger Bau in der Umgebung den Zweiten Weltkrieg Maxim Gorki Theater sprünglich jüngste Gebäude der Museumsinsel, das unversehrt und kann mit einer ganzen Reihe unter- Am Festungsgraben 2 Pergamonmuseum 10 gebaut, das heute auch das schiedlicher, prachtvoller Original-Säle aufwarten – (030) 20 22 11 15 Vorderasiatische Museum sowie das Museum für Is- ein Ort für Festivitäten, aber auch für Kultur: Das www.gorki.de Theater im Palais lamische Kunst beherbergt. Bis 2023 wird der Altar spielt seit 1990 mit literarischem Theater im Palais allerdings saniert. Ersatzweise lässt er sich in einer Schwerpunkt. Das Haus hat allerdings hohen Sanie- Am Festungsgraben 1 Panorama-Installation des Künstlers Yadegar Asisi rungsbedarf, weswegen seine zukünftige Nutzung (030) 2 01 06 93 bewundern. aktuell diskutiert wird. www.theater-im-palais.de Das Bode-Museum 11 an der nördlichen Spitze Nun überqueren wir doch die Straße: Um ei- der Insel wurde 1904 als Kunstmuseum eröffnet. Ver­ nen Blick in das Fenster auf dem Boden des Be- Café Einstein glichen mit seinen klassizistischen Nachbarn ist es ein belplatzes 15 zu werfen. Es ist das Mahnmal des Unter den Linden 42 quirliger, neobarocker Stilmix. Es ragt wie ein Schiff israelischen Künstlers Micha Ullmann, das an die (030) 2 04 36 32 in die Spree und präsentiert die Skulpturensammlung Bücherverbrennung erinnert – an dieser Stelle war- Mo–Fr ab 7, Sa/So ab 8 Uhr Renommiertes Caféhaus und und das Museum für Byzantinische Kunst. fen 1933 auf Anweisung von Goebbels Studenten Promitreff auf der Sonnen- Zurück in Richtung Süden, nach Überqueren der 20 000 „undeutsche“ Bücher ins Feuer. seite des Boulevards Schlossbrücke, finden geschichtlich Interessierte das Am steht auch die Sankt-Hedwigs- Wilhelm von Humboldt, Deutsche Historische Museum 12 im rosafarbenen Kathedrale, Kathedrale des Bistums Berlin, sowie die Gründer der Humboldt- . Es wurde um 1700 errichtet und ist da- ehemalige Königliche Bibliothek, heute juristische Universität vor ebendieser mit das älteste Gebäude des Boulevards Unter den Fakultät der Humboldt-Universität 16 . Deren Haupt- Linden. Seine ursprüngliche Funktion war die eines gebäude befindet sich gegenüber auf der Nordsei- Waffenlagers, daran erinnert sein Fassadenschmuck: te der Linden. Dort säumen die Statuen der Brüder Legionärshelme auf der Südseite, maskenartige Ge- Alexan­der und Wilhelm von Humboldt den Boule- sichter gemarterter Krieger im Innenhof. vard, letzterer Gründer der altehrwürdigen Uni. Dem Zeughaus gegenüber liegt das Kommandan- Am Reiterstandbild 17 , das Friedrich II. zeigt, tenhaus. Die historisierende Fassade täuscht: Das beginnt endlich der baumbestandene Mittelstreifen, Gebäude wurde von der Bertelsmann AG erst 2003 in der der Straße ihren Namen gibt: Wir gehen nun un- Anlehnung an vage Erkenntnisse über die ursprüng- ter Linden. Rechts liegt die Staatsbibliothek 18 (mit liche Bebauung neu errichtet und ist von innen ein lauschigem Innenhof). Es modernes Bürohaus. Wir bleiben auf der Straßensei- kreuzt die Friedrichstraße. Seit 1990 ist das Brandenburger Tor ein Symbol der te des Zeughauses und betrachten von hier aus das Auf der linken Stra- Deutschen Einheit und das . ßenseite kommt der trut- Hier befindet sich die Kunsthalle der Deutschen Bank zige Bau der Russischen Deutsches Historisches mit dem schmissigen Namen „Palais Populaire“. Da- Botschaft in Sicht, zwei Museum ran schließt die Staatsoper Unter den Linden 13 an, Häuser weiter residie- Unter den Linden 2 die G. W. von Knobelsdorff für Friedrich II. erbaute. ren in der Wilhelmstraße (030) 20 30 40 Wir gehen weiter die Nordseite der Linden ent- die Briten. Am Ende des Tgl. 10–18 Uhr www.dhm.de lang. Das kleine, tempelartige Gebäude neben dem Boulevards öffnet sich Zeughaus ist die 14 . Sie wurde von der mit dem Karl Friedrich Schinkel 1816 als Königswache ent- Wahrzeichen Berlins: Prinzessinnenpalais – Palais Populaire worfen und ist heute Zentrale Gedenkstätte der dem Brandenburger Tor. Unter den Linden 5 Bundes­republik. Dahinter befindet sich das Maxim Ursprünglich stand hier Tgl. außer Di 11–18, Gorki Theater und, daran angebaut, das Palais am ein Stadttor, das die Stadt Do 11–21 Uhr Fes­tungs­graben. Letzteres war ein Geschenk Fried- zum Tiergarten und dem www.db-palaispopulaire.de richs II. an seinen Kammerdiener, überstand als ein- dahinter beginnenden 18 Mitte Alexanderplatz & Nikolaiviertel 19

Akademie der Künste Brandenburg abgrenzte. Der heutige, neoklassizis- Abstecher auf die Rückseite von Adlon und Akade- Denkmal für die ermor- Pariser Platz 4 tische Bau aus Elbsandstein wurde 1788–91 von Carl mie der Künste zum ­Holocaust-Denkmal. deten Juden Europas (030) 2 00 57 10 00 Gotthard Langhans errichtet. Die sechs dorischen Dieses architektonisch einzigartige Denkmal für Ort der Information Tgl. 10–22 Uhr Säulen, jede 15 Meter hoch, haben am Fuß einen die ermordeten Juden Europas 20 wurde 2005 nach unter dem Stelenfeld Ausstellungen: (030) 2 00 57 10 00 Di–So 11–20 Uhr Durchmesser von 1,75 Metern. Die Skulpturen von einem Entwurf von Peter Eisenman fertiggestellt. Apr.–Sep. Di–So 10–20 Uhr, www.adk.de Mars und Minerva in den Torhäusern hat Johann 2 711 leicht geneigte Betonquader unterschiedlicher Okt.–März 10–19 Uhr Gottfried Schadow entworfen, ebenso die Quadriga Höhe bilden ein steinernes Meer, in dem jeder Be- Stelenfeld tgl. 24h geöffnet auf dem Dach. Die Wagenlenkerin, die Siegesgöttin sucher Isolation empfindet. Den sinnlichen Eindruck www.stiftung-denkmal.de Max-Liebermann-Haus Pariser Platz 7 Viktoria, wurde 1806 von Napoleon als Kriegsbeute des Verlassenseins ergänzt ein Dokumentations­ (030) 22 63 30 30 nach Paris entführt. Acht Jahre später brachte Feld- zentrum um die historischen Fakten. Auch das Denk- www.stiftungbrandenbur- marschall Blücher sie wieder zurück. mal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homo- gertor.de Der Pariser Platz wurde im Krieg zerstört und sexuellen gegenüber im Tiergarten und das Denkmal Mo, Mi, Do, Fr 10–18 Uhr war im geteilten Deutschland Grenzgebiet. Bis zur für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti Sa/So 11–18 Uhr Wende stand hier nichts, nur die Mauer führte di- und Roma, das 2012 in der Scheidemannstraße zwi- rekt am Brandenburger Tor vorbei. Inzwischen wur- schen Brandenburger Tor und Reichstag eingeweiht de der Platz auf den alten Grundrissen neu bebaut. wurde, erinnern an die Verbrechen jener Epoche. Zu finden sind hier das Adlon, Luxushotel­ Berlins Julia Brodauf schlechthin, daneben der Neubau der Akademie der Künste 19 , dann die DG-Bank und die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Maler Max Liebermann beschrieb den Weg zu Alexanderplatz & Nikolaiviertel seinem Haus am Pariser Platz einst so: „wenn man Zwischen Disneyland und Bären­zwinger nach Berlin reinkommt, gleich links“ – vom Tiergar- ten kommend. Hier steht das Haus auch heute wieder. Zum Ursprung Berlins Der Ort, an dem Berlin gegrün- Karte Seite 20 Der ursprüngliche Bau von Stüler wurde von Josef det wurde, ist heute eine städtebauliche Skurrilität: Paul Kleihues rekonstruiert und beherbergt die Stif- Start Das Nikolaiviertel ist eine künstliche Altstadt, neu tung Brandenburger Tor. Nachbarn sind die Dresdner S/U Alexanderplatz erbaut in den 1980er-Jahren. Es liegt in Laufweite der Bank und die Franzö- Ziel zentralen Berliner Sehenswürdigkeiten. Die ursprüng- Das Holocaust-Denkmal erinnert an die ermordeten Juden sische Botschaft. U Märkisches Museum liche Mitte der Stadt ist ein merkwürdig rauer Ort. Ein Europas Hinter dem Bran- Länge beeindruckender allerdings – Spuren und Narben von denburger Tor endet 2 km Altem und Neuem sind fest ineinander verwachsen. dieser historische Teil Ber­lins schlagartig. Die Dieser Spaziergang führt vom Alexanderplatz vorbei ehemaligen fürstlichen an Fernsehturm, Marienkirche und Rotem Rathaus Jagdgebiete sind ein zu besagtem Nikolaiviertel. Und dann finden wir an Haus der Statistik riesiger Park, der Tier- der Franziskaner-Klosterkirche doch noch roman- Alexanderplatz 1 garten. Im Norden tisch-historische Spuren. Ein interessanter Abstecher Der ehemalige Sitz der liegt das Regierungs- führt zum Märkischen Ufer. Staatlichen Zentralverwal- viertel, im Süden sieht tung der Statistik (SZS) der Start ist am Alexanderplatz, der heute 80 000 Qua- man schon die bunt DDR wird derzeit in einem dratmeter groß ist und täglich 300 000 Passanten leuchtende Kuppel offenen Werkstattverfahren verzeichnet. Ursprünglich war er schlicht der Platz des Sony Centers am in eine neue Nutzung über- vor dem nördlichen Stadttor, dem Georgentor, und führt. Weitere Infos: Potsdamer Platz. Wir diente dem Viehhandel. Außen herum wurden Woll- www.hausderstatistik.org machen einen letzten