2016 - Flugzeugbau in Italien Einleitung Vor 60 Jahren erhob sich in Italien ein Flugzeug erstmals in die Luft, das bald auch sehr häufig über Bayern zu sehen sein sollte - der Erstflug der G.91 fand am 9. August 1956 in statt. Von diesem Typen be- stellte die neue Bundesluftwaffe über 300 Maschinen, die ab 1961 auch bei Dornier in Oberpfaffenhofen n Lizenz gebaut wurden. Die letzte davon wurde am 26. Mai 1956, also vor 50 Jahren, an die Luftwaffe übergeben. Dies nehmen wir zum Anlass, uns in unserem Jahresthema 2016 mit der Fiat G.91 und generell mit der Luftfahrtindustrie in Italien zu beschäftigen.

Überblick In der Frühzeit der Luftfahrt gehörten italienische Flugpioniere mit zu den aktivsten in Europa. Und auch die Streitkräfte entdeckten das neue Fortbe- wegungsmittel bald für sich. Im Krieg gegen das Osmanische Reich waren es die Italiener, die im Jahre 1911 in Nordafrika erstmals Flugzeuge für Aufklärungs- und auch Kampfeinsätze verwendeten. Die Mobilmachung Italiens gegen Österreich - Ungarn im Mai 1915 be- deutete auch gleichzeitig einen Auf- bzw. Ausbau der italienischen Luft- fahrtindustrie. Zunächst wurden größtenteils ausländische Typen in Lizenz gebaut, aber auch die italienische Luftfahrtindustrie mit Firmen wie Ansal- do (Jäger) und Caproni (Bomber) baute brauchbare Typen.

Mit der Machtübernahme der Faschisten unter Benito Mussolini und der Gründung der Regia Aeronautica im Jahre 1923 erhielt die italienische Luftfahrtindustrie erneut einen gewaltigen Schub. Firmen wie Breda, CANT, Caproni, FIAT, Macchi, Piaggio, Reggiane und Savoia - Marchetti erhielten staatliche Großaufträge, aber auch Exportaufträge aus aller Welt. Italienische Maschinen kamen während des Kolonialkrieges 1935 in Äthiopien und von 1936-39 im Spanischen Bürgerkrieg zum Einsatz. Wie wohl alle nach Spanien Waffen exportierenden Staaten, so nutzte auch Ita- lien den Spanischen Bürgerkrieg, um seine Muster zu testen.

Ab Mitte der 1930er Jahre war die italienische Luftfahrtindustrie technisch ins Hintertreffen geraten. Der Übergang vom Doppeldecker mit starrem Fahrwerk zum Eindecker mit einziehbarem Fahrwerk und Reihenmotor

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 1 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien wurde etwas verschlafen. In Italien konstruierte man auch noch lange in Gemischtbauweise, während man in Deutschland schon recht früh die Ganzmetallbauweise bevorzugte. Die Triebwerksentwicklung hinkte dem internationalen Standard ebenfalls hinterher. Dies führte einige Jahre spä- ter dazu, dass es zwar einige leistungsfähige Jagdeinsitzer gab, mangels ei- gener geeigneter Motorentypen diese jedoch mit Lizenzmotoren der deut- schen Typen Daimler - Benz DB601A-1 (1175 PS , gebaut bei Alfa Ro- meo als R.A.1000 "Monsonie") und DB605A-1 (1475 PS, gebaut bei FIAT als R.A.1050 "Tifone") flogen. Zu den Typen, die mit deutschen Motoren bzw. deren Lizenzbauten ausgerüstet wurden, gehörten: Caproni- Vizzola F.6M (DB605A-1), FIAT G.50V (DB601A-1), FIAT G.55 "Cen- tauro" (DB605A-1), FIAT G.56 (DB603A), Macchi M.C.202 "Folgore" (DB601A-1), Macchi M.C.205 (DB605A-1), Reggiane Re.2001 "Falco II" (DB601A-1) und Reggiane Re.2005 "Sagittario (DB605A-1).

Verschlafen wurde auch die Jet - Entwicklung. Am 27. August 1940 flog zwar die Caproni - Campini CC.2 (N.1). Bei dieser Maschine handelte es sich aber nur um einen "Fake-jet", bei dem die im Rumpfbug eintretende Luft durch einen 900 PS starken Kolbenmotor lediglich verdichtet und im Rumpfheck, nachdem dort Kraftstoff eingespritzt wurde, entzündet wurde. Diese Kombination wird als Motor-Luftstrahltriebwerk bezeichnet. Der erste "richtige" italienische Jet mit einem Turbo-Luftstrahltriebwerk war die Ambrosini "Sagittario" aus dem Jahre 1953. Die daraus weiter ent- wickelte Aerfer (Ambrosini) "Sagittario II" war 1956 das erste italienische Flugzeug, das Überschallgeschwindigkeit erreichte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg musste die italienische Luftfahrtindustrie weitgehend wieder neu aufgebaut werden. Man beschäftigte sich zunächst mit der Entwicklung von kleineren Trainings- und Schulflugzeugen. Die neuen, nun der NATO angegliederten Luftstreitkräfte, die AMI, vergaben auch wieder Aufträge. Wie auch in Deutschland, so sammelte man zunächst mit Lizenzbauten amerikanischer Muster Erfahrungen mit modernen Kampfjets. Hierzu ge- hörten Lizenzbauten der North American F-86K "Sabre" sowie der Lock- heed F-104G "Starfighter". Beide Muster wurden auch nach Deutschland exportiert und bei der neuen Luftwaffe eingesetzt. Die italienische Gruppe für den F-104 - Lizenzbau bestand aus den Firmen FIAT, Aerfer, Macchi, Piaggio, SACA und SIAI - Marchetti.

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Die italienische Luftfahrtindustrie ist heutzutage ein wichtiger Partner in- ternationaler Programme. Am britisch-deutsch-italienischen Panavia P.200 "Tornado" - Programm für ein Mehrzweck - Kampfflugzeug (MRCA) war Italien mit 15 % beteiligt. Der Erstflug dieses in Deutschland wegen seiner Kosten sehr umstrittenen Flugzeugs fand am 14. August 1974 im bayeri- schen Manching statt. Es wurden von der "Tornado" immerhin über 900 Maschinen u.a. in den Versionen IDS, ADV und ECR gebaut und auch nach Saudi - Arabien exportiert. An dem Eurofighter EF2000 "Typhoon" beteiligt sich die italienische Luft- fahrtindustrie ebenfalls, neben Firmen aus Großbritannien, Deutschland und Spanien. Erstflug des "Eufi`s" war am 27. März 1994. Italien beteiligt sich auch an der Lockheed Martin F-35 "Lightning II" (Joint Strike Fighter - JSF). Dazu wurde in Cameri bei Mailand eine eige- ne Endmontagelinie errichtet, in der Maschinen der Versionen F-35A und F-35B für Italien und andere europäische Länder entstehen. Die erste dort gebaute F-35A erhob sich am 7. September 2015 erstmals in die Luft.

Zu Beginn der 1980er Jahre tat sich mit der französischen Firma Aérospatiale zusammen, um unter dem Namen Avions de Transport Ré- gional (ATR) eine Familie von Regionalverkehrsflugzeugen mit Turbo- prop-Antrieb zu entwickeln. Als erstes flog im August 1984 die ATR42 für 42 Passagiere. 1985 folgte die gestreckte ATR72 für 74 Passagiere. Beide Typen wurden konsequent weiterentwickelt und befinden sich auch heute noch in Produktion und werden weltweit eingesetzt. Eine noch wei- ter gestreckte ATR92 wurde allerdings nicht weiter verfolgt.

Wie auch in anderen Ländern erlebte die Firmenlandschaft in Italien in den vergangenen Jahrzehnten eine deutliche Konsolidierung mit Übernahmen und Fusionen. Die meisten der traditionsreichen Firmen gehören heute zum staatlichen Finmeccanica-Konzern mit seiner Luftfahrtsparte Alenia, die 1990 durch Fusion von Aeritalia mit dem Rüstungselektronik-Konzern Selenia entstand, und 2012 wiederum mit Aermacchi fusioniert wurde.

Alenia ist auch der internationale Partner bei dem russischen Passagier- flugzeug Sukhoi "Superjet". Die auf dem militärischen Markt mit seiner Su-27 - Familie sehr erfolgreiche Firma hat mit zivilen Programmen nur

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 3 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien minimale Erfahrung und benötigte einen internationalen Partner mit mehr Erfahrung.

Aerfer Die Firma Aerfer ging 1950 aus der Industrie Meccaniche e Aeronautiche Meridionali (IMAM) hervor und sollte einige der bei Ende des Zweiten Weltkriegs abgebrochenen Entwicklungen weiter führen. Daraus entstan- den die Aerfer "Sagittario II" als erstes italienisches Überschallflugzeug und der Jagdbomber Ariete, der sich aber nicht gegen die Fiat G.91 durch- setzen konnte. Die Firma ging 1969 im Aeritalia Konzern auf.

Aeritalia Am 12. November 1969 wurde in Neapel aus der Luftfahrtsparte von FIAT sowie den Firmen Aerfer und Salmoiraghi der neue Konzern Aerita- lia gegründet. Er war eng liiert mit Boeing / USA. 1976 wurde Aeritalia vom Staatskonzern IRI Finmeccanica übernommen.

Agusta Die Firma Costruzioni Aeronautiche Giovanni Agusta SpA ist das älteste italienische Flugzeugwerk. Giovanni Agusta gründete seine Firma bereits im Jahre 1907. Ab 1908 entstanden zahlreiche leichte und ultraleichte Ex- perimental- und Serienmuster. Zweigwerke befanden sich in Albanien und Tripolis. Bis zum Zweiten Weltkrieg entstanden Schul- und Reisemuster. Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich Agusta dem Bau von Hub- schraubern zu. Die Hubschrauberentwicklung in Italien ist heute ganz fest mit dem Namen Agusta verbunden. Diese Aktivitäten begannen ab 1952 zunächst mit dem Lizenzbau der Bell 47 als Agusta - Bell AB.47. Es folgten Lizenzbauten der Bell 204 / 205 als AB.204 / AB.205, der Bell 206 als AB.206 sowie der Bell 212 als Bell AB.212. Seit den 1970er Jahren baute Agusta auch Versionen der US-a- merikanischen Sikorsky S-61 in Lizenz. Agusta beschäftigte sich aber auch schon früh mit eigenen leistungsstarken Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 4 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien Hubschrauber-Entwürfen. Der leichte Anti-U-Boot - Hubschrauber A.106 (Erstflug im November 1965) konnte z.B. zwei Torpedos tragen. Der be- kannteste eigene Entwurf ist sicherlich die Agusta A109 "Hirundo" (Erst- flug 4. August 1971), die sowohl als ziviler Geschäftsreisehubschrauber als auch als militärischer Mehrzweckhubschrauber eingesetzt und expor- tiert wird. Auf Basis der A109C entstand der Kampfhubschrauber A129 "Mangusta" mit einem Tandemcockpit, seitlichen Waffenträgern und einer bewegli- chen Kanone im Bug. Die A129 wurde nicht exportiert, die türkische Fir- ma TAI erwarb jedoch die Lizenz und entwickelt derzeit die T129 ATAK für das türkische Heer. 1997 vom Finmeccanica-Konzern übernommen, wurde Agusta 2000 mit dem traditionsreichen britischen Hubschrauberhersteller GKN Westland fusioniert und firmiert seitdem als AgustaWestland. Aktuell ist die Firma mit den Mustern AW139 (Erstflug 3.Februar 2001), AW149 (13.11.2009), AW159 (28.11.2009), AW169 (10.5.2012) und AW189 (21.12.2011) sehr stark vertreten im Markt der Militär- (AW159) aber auch Passagierhubschrauber, z.B. für den Offshore-Bereich. Auf Grundlage der erfolgreichen Zusammenarbeit bei den Bell-Hub- schrauberprogrammen beteiligte sich Agusta auch an der Entwicklung ei- nes zivilen Kipprotorflugzeugs BA609 für Geschäftsreise-Anwendungen, ähnlich der V-22 Osprey. Ein erster Prototyp erhob sich am 07.03.2003 in Arlington/Texas erstmals in die Luft. Nach vielen Verzögerungen und dem schließlichen Rückzug Bells im Jahr 2011 aus dem Programm führt Agu- staWestland es als AW609 alleine weiter. Die Musterzulassung ist für 2017 angestrebt.

Ambrosini Im Jahre 1934 entstand durch Fusion der Firmen Societa Aeronautica Ita- liana und Ambrosini ¬ Co. die Firma Societa Aeronautica Italiana, Ign. Ambrosini & C. (S.A.I. Ambrosini). Die Firma entwarf und baute über- wiegend mehrsitzige Reiseflugzeuge, Trainer sowie leichte Jagdflugzeuge.

Ansaldo

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 5 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien 1916 beauftragte das italienische Kriegsministerium die Schiffswerft Gio- vanni Ansaldo & Co. in Genua mit dem Serienbau eines von U. Savoia und R. Verduzio entwickelten Jagdflugzeugs als Ansaldo S.V.A. Die Wei- terentwicklung S.V.A.5 wurde zu einem der erfolgreichsten italienischen Bomber des Ersten Weltkriegs. Der Aufklärer und Bomber A-1 Balilla hatte 1917 seinen Erstflug. Der Typ wurde auch in Polen in Lizenz gebaut und erhielt eine gewissen Be- kanntheit durch seinen Einsatz im Russisch-Polnischen Krieg von 1920. 1919 erschien der Bomber/Aufklärer A.300, der ebenfalls nach Polen ex- portiert wurde.

Breda Im Jahre 1917 wurde die Societa Italiana Ernesto Breda gegründet. In den 1920er und 1930er Jahren entwickelte sie sich mit zu den größten italieni- schen Flugzeugwerken. Besonders bekannt ist die Reihe der Ba.25 - Ba.28 - Schuldoppeldecker. Zu den Typen der 1930er Jahre gehörte der einmoto- rige Tiefdecker Ba.65, der im Spanischen Bürgerkrieg als Bomber einge- setzt wurde. Während des Zweiten Weltkrieges entstand die zweimotorige Ba.88 "Lince" als italienisches Gegenstück zur deutschen Bf 110. Mit der Ba.201, einem Typ der ähnlich wie die Junkers Ju 87 ausgelegt wurde, versuchte man auch dem Trend zu einem Sturzkampfflugzeug zu folgen. Nach 1945 entstanden nur noch die zivilen Muster B.P.471 und B.Z.309. Beide wurden jedoch nicht mehr in Serie gebaut. In den 1950er Jahren wurde Breda liquidiert.

CANT Durch die Teilung der Firma Cantiere Monfalco entstand im Jahre 1923 die Firma Cantiere Navale Triesto (C.A.N.T. ) Diese ist in Italien seitdem für ihre Flugboote bekannt. Im Jahre 1931 wurde die Firma umorganisiert und wurde zur Cantieri Riuniti Dell`Adriatico (C.R.D.A.) In den 1930er Jahren entstand die CANT Z 501 "Gabbiano", ein großes einmotoriges Flugboot und die CANT Z 506A, ein großes dreimotoriges Wasserflug- zeug, das auch nach dem Krieg eingesetzt wurde. Die viermotorige Z.511, das größte Wasserflugzeug das je gebaut wurde, entstand ebenfalls bei

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 6 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien CANT Weniger bekannt sind die Landflugzeuge der Firma. Zu diesen gehörte der dreimotorige Bomber CANT Z.1007, der zweimotorige Bomber Z.1011 und der zweimotorige Bomber Z.1018 "Leone". Mit der Z.1012 entstand ein mit drei Vier-Zylinder - Motoren ausgerüsteter Kabinentiefdecker für vier Personen

Caproni Diese Firma gehörte mit zum "Urgestein" der italienischen Luftfahrtindus- trie. Sie wurde im Jahre 1908 von Gianni Caproni als Aero Caproni Trenti gegründet, mehrfach umformiert und umbenannt. Während des Ersten Weltkrieges war Caproni für seine riesigen, mehrmotorigen Bomber be- rühmt. Nach dem Krieg wurden auch zivile Großflugzeuge gebaut. Es ent- stand z.B. das riesige Flugboot Ca.60, das mit drei Dreidecker - Tragwer- ken hintereinander nur zwei kurze Flüge absolvierte, sowie der Großbom- ber Ca.70. Technisch gesehen boten die Konstruktionen jedoch wenig Neues. Caproni baute in den 1930er Jahren eine Reihe von Bombern, die als Hochdecker ausgelegt waren.Es entstanden aber auch Rekordflugzeu- ge. Am 22. Oktober 1938 erreichte eine mit einem speziellen Piaggio - Sternmotor ausgerüstete Ca.161 eine Höhe von 17.1100 m. Damit wurde der damalige Höhenrekord gleich um 660 m überboten Ab 1936 entstand eine ganze Reihe von Tiefdeckern in Gemischtbauweise die mit der Ca. 309 "Ghibli" begann und mit dem Wasserflugzeug Ca. 316 endete. Die Ca.310 und Ca.313 wurden auch nach Norwegen und Schwe- den exportiert. Im Jahre 1950 wurde die Produktion von Motor- und Strahlflugzeugen ein- gestellt. Danach erfolgte die Gründung mehrerer Firmen mit dem Namen Caproni. Ab 1969 als Caproni - Vizzola Serienbau von Segelflugzeugen.

CMASA Um das Deutschland von den alliierten Siegermächten des 1. Weltkriegs auferlegte Bauverbot zu umgehen, gründete Claude Dornier 1921 in Mari- na di die Costruzioni Meccaniche Aeronautiche S.A. Hier entstanden die ersten Flugboote vom Typ "Wal", die später den Namen Dornier rund

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 7 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien um die Welt tragen sollten.

FIAT Die im Jahre 1899 als FIAT (Fabbrica Italiana Automobil Torino) gegrün- dete Firma, einer der größten italienischen Konzerne, war lange Zeit Liefe- rant italienischer Flugzeuge. Nachdem man seit 1908 bereits Flugmotoren produzierte, wurde 1914 eine eigene Flugzeugabteilung gegründet.als So- cieta Anonima per Costruzione Ing. O. Pomilio & Co. Der Kompagnon war Umberto Savoia. Als Savoia-Pomilio S.P.1 bis S.P.4 entstanden stets weiter entwickelte Lizenzbauten der französischen Farman M.F.11. 1917 wurde die Firma in Societa Italiana Aviazione (S.I.A.) umbenannt, und ab 1926 wurde der Flugzeugproduktionsbereich als FIAT - Stabili- mento Avia oder kurz bezeichnet. Nach dem Ersten Weltkrieg entstand bei FIAT die Reihe der von Ing. Ce- lestino Rosatelli entwickelten C.R. - Jagd-Doppeldecker, die in den 1920er und 1930er Jahren zur Standardausrüstung der Regia Aeronautica gehör- ten. Zu diesen zählten die C.R.25, C.R.32 und die C.R.42 "Falco". Letztere wurde ab 1936 entwickelt und war bei ihrem Erstflug bereits veraltet. Den- noch wurden bis zur Produktionseinstellung im Jahre 1942 noch 1781 Ma- schinen gebaut. Die C.R.42 steht - ebenso wie die britische Gloster "Gla- diator" - für die letzten Kampfdoppeldecker, die im Einsatz standen, bis sie durch modernere Eindecker mit Einziehfahrwerk abgelöst wurden. Nach den C.R. - Jägern konstruierte Ing. Celestino Rosatelli für FIAT aber auch den zweimotorigen Bomber B.R.20 "Cicogna", von dem über 500 Stück gebaut wurden, und das ebenfalls zweimotorige Schwimmerflug- zeug R.S.14. Mit Giuseppe Gabrielli erhielt FIAT Anfang der 1930er Jahre einen weite- ren Konstrukteur mit einem eigenen Konstruktionsbüro. Unter seiner Füh- rung entstand im Jahre 1932 z.B. das dreimotorige Passagierflugzeug G.2, der zweisitzige Tiefdecker G.5 und der zweisitzige Doppeldecker G.8. Es entstanden auch einige Maschinen des zweimotorigen Passagierflugzeugs G.18 sowie der dreimotorigen G.12 (1940) und deren Weiterentwicklung G.212. Ab Mitte der 1930er Jahre wurde der einsitzige Jäger mit Einzieh- fahrwerk G.50 "Freccia" entwickelt. Dabei handelte es sich noch nicht um einen modernen Jäger á la Bf 109 oder "Spitfire", besaß die G.50 doch einen Sternmotor und noch ein offenes Cockpit. Erst der Nachfolger G.55

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 8 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien "Centauro" (Erstflug 30. April 1943) besaß diese modernen konstruktiven Eigenschaften. Dieser Typ gilt als einer der besten italienischen Jäger des Zweiten Weltkriegs Nach dem Krieg nahm FIAT mit der Konstruktion der G.46, G.56 und G.59 die alten Aktivitäten wieder auf und hatte dabei sogar einige Expor- terfolge (G.46 nach Argentinien, Belgien und Syrien, G.55 nach Ägypten, Syrien) vorzuweisen. Mit der G.80 aus dem Jahre 1954 entstand das erste Strahlflugzeug von FIAT. Die Entwicklung der einstrahligen Jettypen G.80 - 82 verlief zwar recht vielversprechend, wurde jedoch schließlich abgebrochen. An der Ausschreibung für einen leichten Jagdbomber für die NATO - Staaten aus dem Jahre 1954 nahm FIAT mit der G.91 teil, die die generelle Auslegung von der in Lizenz gebauten F-86K übernommen hatte, und ge- wann. Letztlich kamen für die G.91 jedoch nur Aufträge aus Italien und Deutschland, wo das Muster zwischen 1961 und 1966 bei Dornier in Li- zenz gebaut wurde. Als der Typ bei der Bundesluftwaffe außer Dienst ge- stellt wurde ,gelangten Maschinen auch nach Portugal. Aufgrund der NATO - Ausschreibung NBMR.4 entstand der mit zwei PTL - Triebwerken ausgerüstete Transporter G.222 (Erstflug 18. Juli 1970). Dieser wurde jedoch nur in recht begrenzten Stückzahlen gebaut, aber auch nach Argentinien, Libyen, Nigeria, Somalia und Venezuela expor- tiert. Mitte der 1990er Jahre, die Firma FIAT war inzwischen zur Aeritalia und danach zu Alenia geworden, wurde die G.222 in Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Firma Lockheed-Martin einem konstruktiven Up- date unterzogen und Cockpit- und Triebwerksseitig mit Komponenten der Lockheed C-130J aufgerüstet. Sie wird so mit der Bezeichnung C-27J "Spartan" als "kleiner Bruder der C-130J" vermarktet.

Macchi / Aermacchi Die Firma Aeronautica Macchi SpA wurde im Jahre 1912 in Varese von Giulio Macchi gegründet. Das erste Flugzeug entstand im Jahre 1913. Macchi war im Ersten Weltkrieg sehr bekannt für ihre Doppeldecker - Flugboote. Insgesamt entstanden im I. Weltkrieg 1375 Maschinen unter- schiedlicher Typen. Nach dem Kriege entstand das Doppelschwimmer - Flugzeug M.39, mit dem im Jahre 1926 der bekannte Schneider - Pokal gewonnen wurde. Die

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 9 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien für das nachfolgende Schneider-Trophy - Rennen im Jahre 1927 gebaute M.52 musste das Rennen wegen Motorproblemen abbrechen, konnte je- doch später mit 479,29 km/h einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord aufstellen. Die überarbeitete M.52bis schraubte diesen noch hoch auf 512,776 km/h. Für das Schneider - Rennen des Jahres 1933 entstand die M.C.72, wurde allerdings nicht rechtzeitig für das Rennen fertiggestellt. Wie leistungsstark sie war, zeigt sich jedoch daran, dass sie am 23. Okto- ber 1933 mit 709,209 km/h den absoluten Weltgeschwindigkeitsrekord aufstellte. Dieser Rekord wurde damals als schnellstes Flugzeug der Welt aufgestellt und wurde seitdem oftmals gebrochen. Er gilt jedoch als Re- kord für Schwimmerflugzeuge auch heute noch. Neben diesen Rennflugzeugen baute Macchi auch Wasserflugzeuge und Flugboote für den Einsatz als Aufklärer und Kampfflugzeuge, z.B. die M.41 aus dem Jahre 1927 oder die M.C.77 von 1934. Es entstanden aber auch Flugboote für den zivilen Einsatz wie die M.C.94 oder die dreimoto- rige M.C.100 für 24 Passagiere aus dem Jahr 1939. An einer Ausschreibung der Regia Aeronautica für ein neues Jagdflugzeug aus dem Jahr 1937 beteiligte sich Macchi mit der M.C.200 Saetta. Ähnlich wie die etwa zeitgleiche FIAT G.50 handelte es sich dabei um einen Tief- decker in Metallbauweise mit Sternmotor und Einziehfahrwerk. Obwohl der Prototyp bereits ein geschlossenes Cockpit hatte, erhielten die Serien- modelle wieder ein offenes Cockpit. Ausgerüstet mit einem DB601A V- Motor und geschlossenem Cockpit wurde daraus die M.C.202 Folgore, die leistungsmäßig an die Bf 109 heranreichte Wegen Lieferengpässen mit dem Triebwerk wurden allerdings lediglich 1500 M.C.202 gebaut. Ausge- rüstet mit dem DB605A Motor wurde daraus die M.C.205V Veltro, die aber zu spät kam, um im Krieg noch eine große Rolle zu spielen. Nach dem Krieg entstand zunächst das einmotorige Schul- und Reiseflug- zeug M.B.308, das in Italien sehr erfolgreich war. Erfolglos blieben dage- gen das zweimotorige Geschäftsreiseflugzeug M.B.320 sowie der Anfän- gertrainer M.B.323. Letzterer war gedacht als Ergänzung zur Fokker S.11 Instructor, die Macchi unter der Bezeichnung M.416 in Lizenz baute. Seit Dezember 1959 ist Lockheed / USA an Aeronautica Macchi beteiligt. Wenig später übernahm die Firma den zusammengezogenen Namen Aer- macchi für ihre neuen Entwürfe. Mit der M.B. 326 entstand ein italienisches Erfolgsmodell. Dieser zweisit- zige Strahltrainer war über lange Jahre Standard der AMI und wurde in di- versen Versionen weltweit exportiert. Lizenzen wurden nach Brasilien

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 10 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien (EMBRAER) und Südafrika (Atlas) vergeben. Auch die einsitzige Varian- te M.B. 326K war als leichter Jagdbomber sehr erfolgreich. Der Nachfolger M.B.339 entstand ebenfalls als einsitziger Jagdbomber und zweisitziger Trainer, konnte sich auf dem internationalen Markt aber nicht in gleichem Maße durchsetzen. Es wurden nur wenige nach Dubai, Malaysia und Nigeria exportiert. Mit der brasilianischen Firma EMBRAER wurde das AMX - Programm für einen leichten Jagdbomber verwirklicht. Bis auf Italien und Brasilien fanden sich aber auch hier keine internationalen Käufer. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs suchte die russische Firma Jakow- lew einen internationalen Partner für die Entwicklung ihres neuen Strahl- trainers Jak-130, und wurde 1993 bei Aermacchi fündig. Die Zusammen- arbeit endete allerdings im Jahr 2000. Danach entstand bei Macchi auf Ba- sis der Jak-130 der Fortgeschrittenentrainer M-346 Master, der 2004 zum ersten Mal flog. Neben einem ersten Auftrag für die AMI konnten inzwi- schen auch Aufträge aus Israel und Polen generiert werden. Als Ergänzung dazu wird die frühere SIAI-Marchetti S.211 als Anfänger- trainer M-345 angeboten.

Meridionali / Romeo / IMAM Im Jahre 1923 wurde die Flugzeugabteilung der Officine Ferroviarie Meri- dionali (etwa "Südliche Eisenbahnwerke") gegründet. Zwei Jahre später wurden Lizenzvereinbarungen mit der niederländischen Firma Fokker ab- geschlossen. Erstes Produkt war die Ro.1. Das Kürzel "Ro" wurde für alle seit 1925 hergestellten Typen verwendet und leitete sich vom Nachnamen des Firmeninhabers Nicola Romeo ab, der auch Besitzer des Mailänder Automobil- und Flugmotorenherstellers war. 1934 übernahm die extra für diesen Zweck gegründete Firma /Società Anonima Industrie Aeronautiche Romeo/(etwa: "Romeo Luftfahrtindustrie GmbH") diesen Teil des inzwischen insolventen Eisenbahnzulieferers und es wurde sofort dem Bau eigener Konstruktionen begonnen. 1936 erwarb Breda die Romeo Werke und formte schließlich die /Società Anonima In- dustrie Meccaniche e Aeronautiche Meridionali (IMAM). Die Flugzeuge waren nicht besonders erfolgreich. Lediglich die Aufklä- rungsflugzeuge IMAM Ro.37 und die IMAM Ro.43 wurden in nennens-

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 11 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien werten Stückzahlen hergestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg firmierte das Unternehmen ab 1950 als Aerfer.

Nardi Von den Brüdern Euste, Elio und Luigi Nardi 1934 in Mailand gegründet, entwarf und baute die Firma Fratelli Nardi hauptsächlich Schul- und Ver- bindungsflugzeuge für die italienische Luftwaffe, wie die F.N.305 und ihre Weiterentwicklungen. Nach dem Krieg entstand das Amphibien-Flugboot F.N.333 Riviera, das hauptsächlich in die USA exportiert wurde.

Partenavia Im Jahre 1957 wurde die Partenavia Costruzioni Aeronautiche SpA von den Brüdern Luigi und Nino Pascale zum Bau leichter Schul- und Reise- flugzeuge gegründet. Chefkonstrukteur war Luigi Pascale. Auf dem zivilen Sektor waren die Sport- und Reiseflugzeuge der Firma Partenavia relativ erfolgreich. Erstes Motorflugzeug war im Jahre 1952 der zweisitzige Kabi- nenhochdecker P.48B "Astore" und 1953 der dreisitzige Kabinentiefdecker P.52 "Tigrocco". Es folgten der ultraleichte Einsitzer P.53 "Aeroscooter", der ebenfalls ultraleichte Doppeldecker P.54 "Biplanino", das Rennflug- zeug P.55 "Tornado" und die einmotorige P-57 "Fachiro". Für den einmo- torigen Hochdecker P.64 "Oscar" konnte sogar eine Lizenz nach Südafrika vergeben werden. Etwas erfolgreicher, wenngleich auch keine Lizenz ver- geben wurde, war die zweimotorige P.86. Nach der Insolvenz wurde Parte- navia von Alenia übernommen. Diese wiederum verkauften die Firma Par- tenavia im Jahre 1993 an Aercosmos.

Piaggio Im Jahre 1886 wurde die Firma Piaggio Co., Societa per Azioni, gegrün- det. Sie baute Drachen und Marinegerät. Im Jahre 1916 wurde in Genua- Sestri der Flugzeugbau aufgenommen. Zunächst wurden hauptsächlich Li- zenzbauten produziert, darunter Muster von Caproni, aber auch Dornier Wal Flugboote. Später entstanden auch eigene Entwicklungen unter dem Chefkonstrukteur Giovanni Pegna. Ab 1925 wurden bei Piaggio auch Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 12 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien Flugmotoren gefertigt, darunter weltbekannte Höhenmotoren. Im Jahre 1938 entstanden neue Werksanlagen für Entwicklung und Bau von Großflugzeugen in Pontedera bei Pisa. Zu den bei Piaggio konstruier- ten Großflugzeugen gehörten die P.50 und der ab 1937 von Giovanni Casi- raghi, dem Nachfolger von Pegna, entwickelte viermotorige Langstrecken- bomber P.108B. Schon Anfang des Zweiten Weltkrieges entstand als zivi- le Weiterentwicklung das Passagierflugzeug P.108C. Dieser Typ wurde kriegsbedingt jedoch zu einem militärischen Transporter P-108T weiter- entwickelt und in bescheidenen Stückzahlen bei der deutschen Luftwaffe eingesetzt. Bis zur italienischen Kapitulation im September 1943 entstan- den noch das zweimotorige Versuchsflugzeug P.111 mit Druckkabine für Substratosphärenflüge und der einsitzige Jäger P.119 mit dem Motor im Flugzeugschwerpunkt, ähnlich der US-amerikanischen Bell P-39 / P-63. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand das zweimotorige Amphibienflug- zeug P.136 mit einem charakteristischem Knickflügel, das Projekt der fünfsitzigen Reisemaschine P.137 und das zwei. bzw. dreisitzige Sport- und Übungsflugzeug P.148 mit Spornfahrwerk. Von dieser erstmals am 12. Februar 1951 geflogenen Maschine wurden genau 100 Exemplare ge- baut. Aus der P.148 wurde die etwas größere, in Deutschland recht be- kannte, P.149D mit Bugradfahrwerk entwickelt, die in 190 Exemplaren auch bei Focke - Wulf in Lizenz gebaut wurde. In Italien selber wurde die P.149 nicht eingesetzt. Bei den wenigen Maschinen die nicht in Deutsch- land flogen handelte es sich hauptsächlich um Maschinen die bei der Bun- deswehr ausgemustert und exportiert wurden. Als Weiterentwicklung der P.136 entstand das zweimotorige Mehrzweck- flugzeug P.166. Die P.166 wurde über Jahrzehnte konsequent weiterentwi- ckelt, und war zuletzt mit PTL - Triebwerken ausgerüstet. Im Jahre 1964 wurde die Firma Piaggio zur Industrie Aeronautiche e Me- chaniche Rinaldo Piaggio SpA umgeformt. Zeitgleich wurde in Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Firma Douglas das zweistrahlige Geschäftsreiseflugzeug PD-808 konstruiert. Nachdem sich die Firma Douglas aus dem Programm zurückgezogen hat- te, entstanden bei Piaggio nur wenige Maschinen für die AMI. Ab 1982 ging man mit der zweimotorigen P.180 "Avanti" neue Wege. Das Drei-Flächen-Konzept und die aerodynamische Formgebung des Rumpfes suchen auch heute noch (2016) in ihrer Klasse ihresgleichen. Mit der P.1HH "Hammerhead" entstand eine neue, unbemannte, Version der "Avanti" für den immer größer werdenden Markt der Drohnen.

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 13 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien Die Flugzeugbausparte wurde 1998 als Piaggio Aero Industries aus dem Konzern ausgegliedert und von der Familie Ferrari übernommen. 2006 kauften die Mubadala Development Company aus den Vereinigten Arabi- schen Emiraten und die indische Tata-Gruppe die Firma auf. Letztere zog sich 2014 zurück und verkaufte ihre Anteile an Mubadala.

Reggiane Die zum Caproni - Konzern gehörende Officine Mecchaniche "Reggiane" S.A. baute von 1915 - 1918 Caproni - Maschinen. Zwischen den Kriegen kam der Flugzeugbau zum Erliegen. Erst im Jahre 1937 wurde bei Reggia- ne wieder der Flugzeugbau aufgenommen, als dort der zweimotorige Hochleistungsbomber Ca.405 "Procellaria", eine Konstruktion des Caproni - Mutterkonzerns, in zwei Exemplaren gebaut wurde. Es wurden auch 405 Maschinen des Typs S.M.79 in Lizenz gebaut. Ab 1939 entstanden auch eigene Jagdflugzeug - Typen wie z.B. die Re.2000 und die Re.2005 "Sagit- tario". Mit der Re.2007 sollte ein erster italienischer Düsenjäger entstehen, bei Kriegsende wurde nur noch auf das Triebwerk gewartet. Das Nachfol- geprojekt Re.2008 aus der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde ebenfalls nicht mehr verwirklicht Nach dem Krieg befasste sich Reggiane zunächst mit dem Karosseriebau, um sich dann in erster Linie auf den Bau von Lokomotiven zu konzentrie- ren.

Savoia-Marchetti / SIAI-Marchetti Im August 1915 wurde die Firma Societa Idrovolanti Alta Italia (S.I.A.I.) gegründet. Zunächst befasste man sich mit dem Lizenzbau von französi- schen/britischen Flugbooten, ging aber bald zu eigenen Entwürfen über. 1920 wurde die Società Anonima Costruzioni Aeronautiche Savoia über- nommen, und firmierte danach als SIAI-Savoia. Nachdem 1922 Alessan- dro Marchetti als neuer Chefingenieur die Arbeit aufgenommen hatte, bür- gerte sich die Bezeichnung Savoia-Marchetti ein. Der Schwerpunkt lag zunächst immer noch auf Entwurf und Bau von Flugbooten für die Regia Aeronautica. Besonders charakteristisch war die zweimotorige S.55 mit zwei Rümpfen und einer Gondel mit jeweils einem

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 14 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien Schub- und einem Zugpropeller über dem Mittelteil. Im Jahre 1930 flog eine ganze Flotte von S.55 von Rom nach Rio de Janeiro. Nachfolger der S.55 wurde die leistungsstärkere S.66 mit ähnlicher Auslegung Neben den Flugbooten entstanden ab 1930 auch diverse mehrmotorige zi- vile und militärische Transporter sowie Bombenflugzeuge. Zu den bekann- teren gehörte das zweimotorige Transportflugzeug S.M. 81 "Pipistrello", von dem über 500 Maschinen gebaut wurden. Aus der "Pipistrello" ent- stand die S.M.79 "Sparviero", die im Jahre 1934 zunächst als Schnell-Ver- kehrsflugzeug flog. Sie wurde in ihrer späteren Rolle als Bomber ein er- folgreiches Muster, das auch im Spanischen Bürgerkrieg eingesetzt wurde. Insgesamt wurden 1300 S.M.79 gebaut. Mit der S.M.82 "Marsupiale" ent- stand ein dreimotoriger Großraumtransporter, in dem Fracht auf zwei Ebe- nen geladen werden konnte. Die ursprünglich als viermotorige militärische Maschine gedachte S.M.95 wurde bis Kriegsende nur in vier Maschinen gebaut, erhielt nach Kriegsen- de jedoch eine Renaissance als Passagierflugzeug. Es wurde auch das zweimotorige Verkehrsflugzeug S.M.102 gebaut, dessen Produktion blieb mit etwa 20 Maschinen jedoch ebenfalls nur Stückwerk. 1944 wurde die Firma in SIAI-Marchetti umbenannt. Das Kriegsende brachte eine schwere finanzielle Krise, die erst in den 60er Jahren über- wunden werden konnte, auch dank der Arbeiten von Stelio Frati. Der be- kannte freischaffende Konstrukteur entwickelte für SIAI-Marchetti die einmotorige SF.260 und den zweimotorigen Hochdecker S.F. 600 "Cangu- ro". Für die italienische Armee wurde aus der US-amerikanischen Cessna O-1 "Birddog" das Beobachtungsflugzeug S.M.1019 mit Propellerturbine ent- wickelt. SIAI-Marchetti baute mit der S.205 und S.208 auch kleine Sport- und Reisemaschinen. Die S.211 wurde als Strahltrainer für die Anfänger- schulung ein bescheidener Exporterfolg in den 80er Jahren. Ab 1970 übernahm Agusta zunehmend Anteile an SIAI-Marchetti. Als Agusta 1997 zum Finmeccanica-Konzern ging, wurde SIAI-Marchetti an Aermacchi angegliedert. Die Firma ist heutzutage beteiligt an der Überholung von Lockheed C-130 und anderen Militärmaschinen. SIAI - Marchetti ist auch Zulieferer für an- dere Programme wie z.B. für die G.222.

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 15 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien Stelio Frati Eine Sonderstellung nehmen in der italienischen Luftfahrtindustrie die Ty- pen des bekannten Konstrukteurs Stelio Frati ein. Frati war ein begnadeter Konstrukteur, der einige recht bekannte Maschinen konstruierte, ohne je- doch bei einer bestimmten Firma angestellt zu sein. Seine ersten Konstruk- tionen waren die Ambrosini F.4 und F.7, Caproni F.5 sowie Pasotti F.6 und F.9. Der Sportzweisitzer F.8L "Falco", eine seiner bekanntesten Kon- struktionen, wurde bei Aviamilano gebaut, ebenso das viersitzige Reise- flugzeug F.14 "Nibbio". Der einmotorige Tiefdecker F.15 war ein drei- bis viersitziges Sport- und Reiseflugzeug das bei der Firma Procaer gebaut wurde. Der Erstflug fand am 7. Mai 1959 statt. Seine bekannteste Kon- struktion ist sicherlich die S.F.260 die, in über 900 Exemplaren, lange bei SIAI-Marchetti für eine weltweite Kundschaft gebaut wird und auch heute noch bei Alenia Aermacchi mit Propellerturbine erhältlich ist. Ebenfalls für SIAI - Marchetti entstand der leichte zweimotorige Hochdecker S.F.600 "Canguro".. Eine der letzten Maschinen an der Stelio Frati vor sei- nem Tod arbeitete war der Tiefdecker F.30. Alle seine Konstruktionen be- stachen durch eine sehr elegante Linienführung.

Tecnam Im Jahre 1986 gründeten die Brüder Luigi and Giovanni Pascale, beide ehemals bei der Firma Partenavia Costruzioni Aeronautiche SpA tätig, in Neapel die Firma S.R.L. Costruzioni Aeronautiche Tecnam zur Entwick- lung und Herstellung von Ultraleichtflugzeugen und VLAs (Very Light ). Die erste Maschine, die Tecnam auf den Markt brachte, war die P92 Echo, ein kleiner zweisitziger Hochdecker in der Klasse der Micro Light Aeroplane. Danach folgte die P96 „Golf“.

Vulcanair Vulcanair wurde im Jahre 1996 gegründet nachdem alle Typen- und Mar- kenrechte von Partenavia übernommen wurden. Im Folgejahr übernahm Vulcanair das SF.600 "Canguro" - Programm von Finmeccanica und spä- ter die Firma Samanta, ein LTB mit SF.600 und P.68 - Erfahrung. Etwa 1998 übernahm Vulcanair die in Mailand ansässige Firma Aercosmos, die im Jahre 1993 von Alenia die Partenavia Costruzioni Aeronautiche SpA Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 16 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien gekauft hatte. Heutzutage vermarktet Vulcanair also Weiterentwicklungen der SF.600 "Canguro" und der Partenavia P.68.

Bayerische Flugzeug Historiker e.V. Seite 17 /18 2016 - Flugzeugbau in Italien Quellenverzeichnis

Kens, Karlheinz: Die Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs 1939 - 1945 Kopenhagen, Wilfried: Das große Flugzeugtypenbuch Nowarra, Heinz J.: Dornier "Wal". Flugzeuge, die Geschichte machten. Stuttgart 1993.

Aero - Faszination des Fliegens, diverse Ausgaben Flieger Revue, diverse Ausgaben. Flug Revue, diverse Ausgaben. de.wikipedia.org (diverse Artikel) en.wikipedia.org (diverse Artikel)

www.bayflughist.de

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