TENDENZ 2.10 Das Magazin der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien www.blm.de

Journalismus unter Zugzwang Medien im Zeitalter des sozialen Netzes

Journalismus von morgen Hörfunk und social Media Online-Journalismus Die kunst der Interpretation Radio 2.0 dialog auf augenhöhe Meinungsbildung in der Online-Gesellschaft Noch üben die Radiosender Online ist keine Einbahnstraße! inhalt

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Medien im zeitalter des sozialen Netzes Interview Titelthema Kulturwandel zur Kenntnis nehmen Journalismus unter Zugzwang Prof. Dr. Otfried Jarren zur veränderten Rolle der Journalisten. Kooperation statt Konkurrenz: Das soziale Netz Von Bettina Pregel 18 eröffnet neue Chancen für journalistische Inhalte. Von Ulrike Langer 4 MEDIENFORSCHUNG

Qualitätsjournalismus Bausteine für ein neues Modell Die Kunst der Interpretation zur Medienkonzentration In der Online-Gesellschaft ändert sich der Meinungs- Wie Meinungsmacht neu bemessen werden kann. bildungsprozess und die Funktion der Journalisten. Von Johannes Kors 30 Von Volker Lilienthal 12 Veranstaltungen Wert der Information TV-Nachrichten – nur ein Kostenfaktor? 25 Jahre BLM Fernsehnachrichten halten Zuschauer für selbstverständlich. Kernaufgaben Innovationsförderung und Qualitätssicherung Manche Privat-TV-Manager sehen darin ein Sparpotenzial. Von Sandra Eschenbach 36 Von Sissi Pitzer 16 Service © iStockphoto.com/José Luis Gutiérrez, © jala/photocase.com, Frank by Gutiérrez, © kallejipp/photocase.com, Faces Luis © iStockphoto.com/José Kleon Medugorac, : Thesen zum Online-Journalismus Medienticker Bayern t n h a l

Dialog auf Augenhöhe I Lokalrundfunktage 2010 15 Online ist keine Einbahnstraße! Von Richard Gutjahr 22 Ausbildungskompass Europa in den regionalen Medien 21 Hörfunk und Social Media Frank von Grafenstein | Grafenstein von Frank

Radio 2.0 Literaturtipps e : t Noch üben die Radiosender den Umgang mit Social Media. Neuerscheinungen und Publikationen zum Thema 29

Der Dialog mit dem Hörer ist so leichter. R ü c k s e i TV-Marktanteile im April und Mai 2010 Von Guido Schneider 24 Lena wird in Oslo zum Star 34 Ausbildung im Wandel Gesucht: eierlegende Wollmilchsau Termine Der Trend geht zur »ver-Netz-ten« Journalistenausbildung, Übersicht über medienrelevante Veranstaltungen 39 denn die Medien suchen breit aufgestellten Nachwuchs. Statements zur These »Das Internet verbessert den Journalismus« finden Sie online unter www.blm.de, Rubrik Tendenz online. pistola/© rose | iStockphoto.com/Qiun

Von Angelika Knop 26 e l : t T i

2 | tendenz 2.10 Editorial

Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien

Autoren dieser Ausgabe

Ulrike Langer ist freie Medien- und Marketingjour- Journalismus nalistin in Köln. In ihrem Blog www.medialdigital.de schreibt sie regelmäßig über Neues, Interessantes im Wandel und Seltsames aus der digitalen Medienszene. 4 »Wozu noch Journalismus?«. Dieser Titel einer Serie auf sued- Prof. Dr. Volker Lilienthal ist Inhaber der Rudolf- deutsche.de und Veranstaltungs­motti wie »Qualität unter Augstein-Stiftungsprofessur für Praxis des Qualitäts- Druck« verdeutlichen, dass sich der Journalismus im Inter- journalismus in Hamburg. Zuvor arbeitete er net-Zeitalter, vor allem aber durch den Einfluss des sozialen 20 Jahre lang für den Fachdienst »epd medien«. Netzes, neuen Herausforderungen stellen muss. Die Bedeutung 12 der Journalisten als Nachrichten­übermittler und »Gatekeeper« schwindet, sie verlieren ihr früheres Deutungs­monopol. In der Sissi Pitzer ist Managing Partner des Consulting- Online-Gesellschaft hat sich der klassische Pro­zess der demo- Büros isip communications. Seit 1997 verantwortet kratischen Mei­nungsbildung ver­ändert. Blogs und Commu- die Medienfachjournalistin das MedienMagazin nities bieten Bürgern und Internet-Nutzern die Möglichkeit, beim Bayerischen Rundfunk. Politik und Medienbeiträge zu beobachten und zu kom­men­ 16 tieren. So waren es auch Blogger und Hörer, die klassische Leit- Richard Gutjahr ist Moderator beim Bayerischen medien auf die Brisanz des Interviews aufmerksam machten, Fernsehen und bloggt unter http://gutjahr.biz/blog. das der Bundes­präsident einem Journalisten von Deutschland­ Als erster Käufer des iPads in New York zog er vor radio gegeben hatte. Künftig wird die »Kunst der Interpreta- kurzem viel Aufmerksamkeit auf sich. tion« im Journalismus an Bedeutung gewinnen, meint unser 22 Autor Volker Lilienthal, der an der Universität Hamburg Qualitätsjourna­lismus lehrt. Die Chancen von Social Media Guido Schneider arbeitet als freier Medienfach- zu nutzen, zum Beispiel durch Kooperationen zwischen Profis journalist und Medienentwickler in Mannheim. und Amateuren oder mittels alterna­tiver Finanzierungsformen, Er schreibt für verschiedene Fachtitel und gehört ist für die Anbie­ter journa­listischer Inhalte sinnvoller als eine dem Autorennetzwerk PBM Medien an. Konkurrenz durch Blogger und zu fürchten. Radio und 24 Fernsehen haben sich auf die Entwicklung bereits eingestellt. In Angelika Knop gründete 2009 die Partnerschaft diesen Zeiten als privater Sender an den Nachrichten zu sparen, ist fit for crossmedia in München, die vor allem Presse­ sicher nicht der richtige Weg. Auch wenn Nachrichten im Inter- arbeit und Moderation anbietet. Zuvor war die net oder gar über Twitter schneller verbreitet werden können. Diplom-Journalistin Leiterin der afk-tv-Lehrredaktion. Was in allen Medien zählt, ist die Qualität der Vermittlung! 26 Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring

Johannes Kors ist Leiter des Bereiches Presse-, Öffentlichkeitsarbeit und Medienwirtschaft in Impressum eco.events/Alexander Franz Zöllner (Flickr), Medientage München, Isip Communications, Sessner/BR, Eschenbach BLM, Sandra Communications, crossmedia, for Isip fit Privat, München, eco.events/Alexander Zöllner Medientage (Flickr), Franz der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien e n : r tendenz o in München. Das Magazin der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien erscheint vierteljährlich. Bezug a U T 30 kostenlos. | Herausgeber: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), Postfach 83 01 51, 81701 München | Anschrift der Redaktion: Bayerische Landeszentrale für neue Medien, Redak- Sandra Eschenbach arbeitet als freie Journalistin tion Tendenz, Heinrich-Lübke-Str. 27, 81737 München, Telefon 089 / 6 38 08-318, Fax 089 / 6 38 08-340 Website: www.blm.de | E-Mail: [email protected] | Verantwortlich: Johannes Kors und Redakteurin in München. Ihre Fachgebiete sind Redaktion: Bettina Pregel | Redaktionsschluss für diese Ausgabe: 18. Juni 2010 | Für nament- Medien- und Wirtschaftsthemen. Sie verfügt über lich gekennzeichnete Beiträge sind die Autoren verantwortlich. Für unverlangt eingesandte Beiträge Christoph Vohler/BLM Vohler/BLM |Christoph wird keine Haftung übernommen. | Art Direction: Rose Pistola GmbH, Grafik: Karin Höfling

i a l : mehrjährige Erfahrung im Corporate Publishing. r (Ltg.), Frank von Grafenstein | Druck: Holtz Druck, Neudrossenfeld o t 36 d i

E Copyright: BLM, Juni 2010

2.10 tendenz | 3 Thema: Medien im Zeitalter des sozialen Netzes

Journalismus unter Zugzwang: Durch die veränderte Mediennutzung geraten die traditionellen Medien unter Druck. 4 | tendenz 2.10 © kallejipp/photocase.com (links), © TimToppik/photocase.com © kallejipp/photocase.com (links), © TimToppik/photocase.com o t o s :

F Wie Wasser und Brot: Social Media oder auch der iPod sind für »Digital Natives« selbstverständlich. Netzwerken im Web 2.0 – was gehört dazu?

Chats Chatter schreiben sich Kurznachrichten in Echtzeit, entweder über Chatprogramme Blogs wie ICQ oder in Internet-Foren oder Diese Online-Tagebücher ermöglichen jedem sozialen Netzwerken, die entsprechende Internet-Nutzer Einträge zu veröffentlichen. Funktionen anbieten. Blogs werden von Privatpersonen genauso Soziale Netzwerke wie von Journalisten betrieben. Wichtig ist Sie heißen Facebook, MySpace, Schüler- dabei der Dialog mit den Lesern, die und Studi-VZ oder Xing. Die Nutzer jederzeit Kommentare verfassen können. stellen in die so genannten Communities Eine Sonderform der Weblogs sind die ihren Lebenslauf oder Fotos ein und Watch-Blogs, die Personen, Unternehmen vernetzen sich mit Freunden. Video- und Fotoportale oder Medien beobachten. Video- oder Fotoportale wie YouTube, Plattformbetreiber Wikis Sevenload oder Clipfish machen das Unternehmen, die Plattformen für das Ein Text, an dem viele Autoren arbeiten. Internet zum Bewegtbild-Archiv. Eingestellt Mitmach-Internet zur Verfügung stellen, Jeder kann ändern, löschen, hinzufügen oder werden über das Streaming-Verfahren betreiben diese zum großen Teil einen Link zu einem anderen Artikel setzen. private und Unternehmensinhalte. Über kommerziell (Finanzierung über Werbung). Bekanntestes Beispiel ist das Online-Lexikon YouTube ist schon so mancher Künstler Eine Ausnahme bildet das nicht- Wikipedia, das die »Weisheit der Massen« entdeckt worden. Das gleiche Prinzip für kommerzielle Online-Lexikon Wikipedia. repräsentiert. Fotos verfolgt Flickr. RSS-Feeds Podcasts Mit deren Hilfe können Internet-Nutzer Mit Aufnahmegeräten und Videokameras die Überschriften und den Anfang eines oder Webcams kann heute jeder seine Textes in ihr Mailfach oder ein spezielles eigenen Radio- oder Fernsehbeiträge über Programm legen. Ein Link verweist auf den das Web verbreiten. Wenn zum Ton vollständigen Artikel. Videoaufnahmen hinzukommen, wird von Video-Podcasts gesprochen. Der Begriff setzt sich aus Apples »iPod« und der © Mikromaus/photocase.com (links), © iStockphoto.com/Jean-Francois Vermette Vermette © Mikromaus/photocase.com (links), © iStockphoto.com/Jean-Francois ver­kürzten Form von Broadcast zusammen. o t o s : F

6 | tendenz 2.10 Wie verändert der Paradigmenwechsel durch das Netz das journalistische Rollenverständnis?

2.10 tendenz | 7 Thema: Medien im Zeitalter des sozialen Netzes

Journalismus unter Zugzwang

In hyperlokalen Strukturen, Kooperationen mit Amateuren und alternativen Finanzierungsformen liegen neue Chancen für Anbieter journalistischer Inhalte im Zeitalter des sozialen Netzes. Noch werden sie in Deutschland wenig genutzt. T e x t Ulrike Langer

n der kanadischen Stadt setzen, haben allerdings schon Erfolge vor- Street Journal«. ProPublica beschäftigt Toronto startete Mitte Mai zuweisen. Sie sind Zeichen für einen Wan- 32 Redakteure und finanziert sich nicht I ein neues lokales Online- del, der das Verhältnis von Medienpro­ auf dem freien Markt, sondern aus einer Portal als journalisti­sches duzenten zu seinen Medienkonsumenten, Stiftung mit einem Grundstock von zehn Experiment. Open File will nicht nur das Mediennutzungsverhalten, die Finan- Millionen Dollar aus dem Vermögen des dem Namen nach sondern tatsächlich zierung von Journalismus und in der Folge Ex-Ban­kiers Herbert Sandler. Die Platt- »offene Dateien« statt fertig recherchierter all dessen auch den Journalismus selbst form publiziert regelmäßig für renom- Berichte ins Netz stellen. »Sie sollten mit immer deutlicher verändern. mierte Medien, darunter die »New York uns kooperieren«, ruft Digital­chef Craig Silverman auf dem Portal alle kommu- nal interessierten Bürger und Gruppen »Wir wollen unsere Leser an einer auf, sich an Themenfindung und Recher- che zu beteiligen.An den Dokumenten im offenen Diskussion beteiligen, Netz kann nach dem Wikipedia-Prinzip jeder, egal ob Profi-Journalist oder Ama- anstatt ihnen zu sagen, worüber teur, nach gewissen Regeln mitschreiben. sie Bescheid wissen sollten.« Ohne redaktionelle Vorauswahl, ohne Redaktionsschluss und ohne formale oder stilistische Beschränkungen. In den USA, wo sich einerseits der seit der Times«, die »Washington Post« und die Zwei der Projekte, mit denen sich Jour- Jahrtausendwende deutliche Auflagen- Nachrichten des TV-Networks ABC. Für nalisten und Bürger auf dem Portal derzeit verlust von Print­medien mit Beginn der einen Bericht über die medizinische Versor- gemeinsam be­schäftigen, sind der Einsatz Wirtschaftskrise noch beschleunigt hat, gungskatastrophe nach der Überschwem- von Energiesparlampen in der Straßen- und wo zum anderen die meisten Ent- mung in New Orleans, der im »New York beleuchtung und eine Übersicht über Fi- wicklungen im Internet ihren Ursprung Times Magazine« erschien, recherchierte nanzanlagen bei lokalen Banken, die mit haben, lässt sich der Medienwandel be- die von »ProPublica« beauf­tragte Jour- islamischem Recht vereinbar sind. Für sonders gut beo­bachten. Im direkten Zu- nalistin Sheri Fink fast ein Jahr lang. Das weitere Themen sollen Bürger selbst neue sammenhang mit dem Niedergang der Magazin und ProPublica teilten sich die Dateien eröffnen. »Wir wollen unsere Le- US-Zeitungen steht der kometen­hafte Kosten von 400.000 Dollar und nach der ser an einer offenen Diskussion darüber Aufstieg der politischen Web-Plattformen Veröffentlichung auch einen Pulitzer Preis. beteiligen, was in Toronto wirklich pas- »Huffington Post« und »Publica« in Weitere Beispiele für erfolgreiche jour- siert, anstatt ihnen zu sagen, was wir den- Washington. Erstere ist das Blog-Netzwerk nalistische Plattformen, die von Stiftungen ken, worüber sie Bescheid wissen sollten«, von Arianna Huffington, das mittlerweile und Spenden finanziert werden, sind etwa heißt es auf dem Portal. über eine gemeinnützige Stiftung auch California Watch in Berkeley, Spot.Us in Noch muss Open File beweisen, dass investigative Recherchen anderer (Web) San Francisco, Los Angeles und Seattle sich dieses Konzept in der Praxis tat- medien unterstützt. ProPublica ist eine (Hier schlagen Bürger investigative The- sächlich umsetzen lässt. Andere Projekte, in­vestigative politische Netzplattform men vor und finanzieren die Recherchen die weniger radikal auf den Bruch mit unter der Leitung von Paul Steiger, dem mit einer Vielzahl von Einzelspenden vor), etablierten journalistischen Traditionen ehemaligen Chef vom Dienst des »Wall oder »Voice of San Diego«, eine an lokalen

8 | tendenz 2.10

Themen und am lokalen Gemeinwohl ori- defizitäre Quali­tätszeitung »The Guar- und dann immer schneller vom einem rei- entierte Webzeitung, bei der Bürger frei- dian« wäre aus wirtschaftlichen Gründen nen »Lesenetz« mit weitgehend statischen willig zahlende Mitglieder werden können ebenfalls wohl längst eingestellt worden, Webseiten in ein »Mitmachnetz« verwan- und für ihre Mitgliedschaft, je nach Bei- wenn nicht hinter dem Guardian und delt, in dem in atemberaubendem Tempo tragshöhe, Zugang zu Vesammlungen oder dem ebenfalls rote Zahlen schreibenden Inhalte von Nutzern erstellt, hochgeladen Work­shops bekommen. Schwester­blatt »The Observer« mittler- und in Echtzeit kommentiert und weiter- Der Leiter des investigativen Recher- weile eine Stiftung stünde. geleitet werden. Schon längst kann das chefonds der Huffington Post, Nick Pen- Vom Lesenetz soziale Netz in all seinen Facetten nicht niman, glaubt, dass kommerziell betrie- mehr als vorübergehende Modeerschei- zum Mitmachnetz bene US-Medien innerhalb der nächsten nung abgetan werden: In jeder Minute zehn Jahre aus Kostengründen gar keine Wie in den USA schießen auch in Großbri- werden bei »YouTube« neue 100 Stunden investigativen Recherchen mehr betrei- tannien hyperlokale Blogs und Blognetz- Videomaterial hochgeladen. Als Such- ben werden. Andere Experten sind skep- werke aus dem Boden. Als Folge etablieren maschine wird YouTube in der Beliebt- tisch, ob allein nationale Stiftungen und sich Dienstleister, die freie Journalisten und heit nur von »Google« übertroffen. Wäre Spenden von Bürgern die Wächterrolle Bürger als neue Medienanbieter unterstüt- »Facebook« mit seinen weltweit über 450 der Presse ersetzen können. »Gemeinnüt- zen. Die Plattform »Help Me Investigate« Millionen Mitgliedern ein Land, dann hät- zige Organisationen können einen Teil der des Journalismusdozenten Paul Bradshaw ten nur China und Indien noch mehr Ein- journalistischen Aufgaben übernehmen, in Birmingham funktioniert ähnlich wie wohner. Und beim Kurznachrichtendienst aber nicht alle«, betont Marc Duvoisin, Spot.Us. »Fix My Street« ist eine intelli- »Twitter« mit seinen über 100 Millionen der bei der »Los Angeles Times« redak- gent programmierte Eingabemaske mit aktiven Nutzern wurden im April 1,7 Mil- tionelle Sonderprojekte betreut. »Stif- Datenbank, um auf örtliche Missstände liarden Tweets abgesetzt. Tendenz bei allen tungen und Spenden werden nicht alle aufmerksam zu machen – wichtig vor Beispielen: stark steigend. Projekte finanzieren können«, sagt auch allem in Orten, in denen keine Tageszei- Auch dem Fernsehen und Radio stehen Maggie Mulvihill, Mitgründerin des New tung mehr erscheint. »Newstilt« hilft freien Umwälzungen bevor. Zwar ist die durch- England Center for Investigative Repor- (und gerade entlassenen) Journalisten, eine schnittliche Seh­dauer außer bei den ganz ting an der Universtität Boston. eigene Nutzerbasis aufzubauen, um Jour- jungen Zielgruppen erstaunlich konstant, Die Zahlen sprechen für die pessi- nalismus auch ohne Zeitungen oder Spen- aber die elektronischen Medien müssen mistischere Sichtweise. Laut dem Poyn- der direkt vermarkten zu können. sich die Aufmerksamkeit der Nutzer mit ter Institute in Florida haben die US-Zei- In Frankreich wiederum, wo renom- den neuen sozialen Medien teilen. Jedes tungen in den vergangenen fünf Jahren mierte Zeitungen wie »Le Monde«, »Libé- Face­book-Mitglied verbringt durchschnitt- ihre Redaktionsetats zwar insgesamt um ration« oder »Le Figa­ro« seit Jahren staat- lich eine knappe Stunde pro Tag in seinem gewaltige 1,6 Milliarden Dollar zurückge- lich subventioniert und mit ihren Auflagen Freundesnetzwerk – und schaut vielleicht fahren (das entspricht einem Drittel). In dennoch im freien Fall sind, will die Re- nebenher fern oder hört Webradio. Wäh- der gleichen Zeit sind in dem Land mit gierung in den kommenden drei Jahren rend jeder Folge »Deutschland sucht den der wohl weltweit ausgeprägtesten Stif- 60 Millionen Euro aus einem Digitalisie- Superstar« (RTL) oder »Schlag den Raab« tungs- und Spendenkultur aber nur 143 rungsfonds an Verlage auszahlen. Die neue (ProSieben) werden allein bei Twitter über Millionen Dollar Stiftungsgelder an neue Subvention soll Qualität und Vielfalt im 1000 Kurznachrichten mit dem Stichwort Medienprojekte ausgezahlt worden. Online-Journalismus fördern. Auch unab- #DSDS abgesetzt. Für diese Zuschauer die- Stiftungen hängige Online-Publikationen wie »rue89« nen die Fernseh­shows mehr als Kulisse. Im und »Mediapart« haben sich um die Hil- eigentlichen Mittelpunkt steht das gemein- als neue Finanziers? fen beworben – viele Blogger kritisieren same Mitfiebern oder Lästern auf dem Auch in europäischen Ländern lässt sich dagegen, dass solche Staatshilfen bloß den virtuellen Fernsehsofa, auf dem sich die derzeit ein Wandel beobachten, bei dem Wettbewerb zwischen Alt und Neu verzer- Netzgemeinde versammelt. ehemalige journa­listische Hoheitsauf- ren und einen notwendigen Medienwan- Personalisierte gaben inzwischen auch von ganz neuen del verzögern. Nachrichtenströme Anbietern übernommen werden, wäh­ Dieser Wandel, der mittlerweile mehr rend etablierte Medien mit teilweise lan- einer Revolution gleichkommt, ist aller- Gravierend für Medienmacher aber ist ger Tradition ins Straucheln geraten sind. dings nicht nur auf wirtschaftliche Fak- vor allem der Umstand, dass ihre jour- In Großbritannien gibt es beispielsweise toren zurückzuführen, sondern mindestens nalistischen Angebote von jüngeren Nut- die Tageszeitung »The Independent« nur ebenso auf stark veränderte Mediennut- zern, die viel Zeit in sozialen Netzwerken noch deshalb, weil sie als Gratisblatt vom zungsgewohnheiten im digitalen Zeitalter. verbringen, kaum noch aktiv aufgesucht russischen Mäzen Alexander Lebedew Seit dem Start von »Wikipedia« im Jahr werden. Mit dem Ausspruch »Wenn die weitergeführt wird und die chronisch 2001 hat sich das Internet erst langsam Nachricht wichtig ist, dann wird sie

2.10 tendenz | 9 Thema: Medien im Zeitalter des sozialen Netzes

mich finden«, wurde ein von einer Me- Dieses Bedürfnis setzt der Augsburger treffe, die gute Beiträge sichtbar macht, dienforscherin befragter US-Student vor Dienstleister Gogol Medien seit 2003 suk- berichtet Huber. Auch die Koblenzer zwei Jahren in der »New York Times« zessive mit seinem Bürgerreporternetzwerk »Rhein-Zeitung«, die am augenfälligsten zi­tiert. Aus welchen Originalquellen die »MyHeimat« um. Auf der webbasierten mit Social Media experimentierende Nachrichten stammen, ist dem proto­ Plattform haben inzwischen über 34.000 Regionalzeitung Deutschlands, macht typischen neuen Mediennutzer egal: Eher Nutzer 190.000 lokale Berichte und 900.000 mit ihrer Kooperation mit interessierten früher denn später landen alle für ihn Fotos veröffentlicht. Seit kurzem geht das Bürgern sehr gute Erfahrungen. Über wichtigen News in seinem personali­sierten auch über eine iPhone Applikation. Vor Twitter und mehr als ein Dutzend eigene Nachrichtenstrom im Netz. Das anonyme allem im Schwäbischen, in Hessen und Ortsgruppen bei dem in Rheinland-Pfalz Bekenntnis ist inzwischen zu einem der Niedersachsen unterhält myHeimat Koope- sehr stark genutzten Netzwerk »Wer- Leitsätze des Medienwandels geworden. rationen mit Verlagen als Lizenznehmern. kenntwen.de« steht das Blatt mittlerweile Immer mehr klassische Medien reagie- »Hannoversche Zeitung«, »Marburg extra«, bis tief in die ländlichen Regionen mit ren auf den entbündelten Nachrichten- »Waldeckische Landeszeitung« und mehr den Einwohnern im Dialog. Immer wie- konsum in Netzwerken, in dem sie selbst als ein Dutzend weiterer Tages-, Wochen- der werden aus Anregungen von Bürgern twittern, eigene Kanäle bei YouTube anle- und Anzeigenblätter bedienen sich aus Online-Geschichten oder Stories für das gen und eigene Facebook-Fanseiten an­ dem Pool örtlich relevanter Beiträge für Blatt, wobei das Feedback wiederum ins bieten. Spiegel Online zählte Mitte Mai die Zeitung, Online oder neue Printpro- soziale Netz gespiegelt wird. 44.000 Facebookfans und über 40.000 dukte, wobei die Beiträge, Magazine oder Demand Media Abonnenten bei @spiegel_eil (Das ist der Broschüren mit einem »MyHeimat«-Logo als Konkurrenz beliebteste von 24 Spiegel Online-Profilen gekennzeichnet werden. bei Twitter). Seit Mitte April bietet Face- Martin Huber, Ge- Im Fernsehen betreibt der Journalist book Webseiten-Betreibern außerdem an, schäftsführer von Andre Zalbertus sein Center.tv Heimat- einen »Gefällt mir«-Button unter ihre Bei- Gogol Medien in fernsehen für mittlerweile fünf deutsche Augsburg, setzt mit träge zu platzieren. Nutzer können damit der Community Regionen schon seit Jahren konsequent nicht bloß per Mausklick ihren Gefallen »MyHeimat« auf nach dem Prinzip, dass jeder Bürger einer bekunden, sondern diesen Umstand auto- Bürgerreporter. Stadt mindestens einmal im Jahr in sei- matisch ihren Facebook-Kontakten mit- nen Sendern zu sehen sein soll. Die Bin- teilen. Nach vier Wochen hatten mehr als dung an den Sender hat dabei weniger mit 100.000 Webseiten den Button integriert Für die zweimal wöchentlich erschei- der Programmqualität zu tun als mit dem und berichteten teilweise über 30 Prozent nende kostenlose »Gießener Zeitung«, an Umstand, dass viele Bürger (sowie ihre Zuwachs bei den Besuchen auf ihrer Seite. der Madsack beteiligt ist, schreiben Jour- Nachbarn und Freunde) diesem Moment In den USA hat Facebook auf den großen nalisten und Bürger gemeinsam. Auch die entgegenfiebern. Und das um so mehr, als Nachrichtenseiten mittler­weile Google als Madsack Heimatzeitungen (MH), die mit Center.tv ihnen die Gelegenheit gibt, große größten Traffic-Bringer abgelöst, in Groß- acht Ausgaben in 22 Städten im Umland Teile des Programms mit einfach zu bedie- britannien ist die Hälfte des mobilen Da- von Hannover erscheinen, sind seit über nenden Videokameras selbst zu gestalten. tenverkehrs Facebook-bedingt. An der einem Jahr dabei. »Themen, die Bürgerre- Anfangs stattete der Sender die Bürger enormen Beliebtheit des Netzwerks hat porter ausgraben, haben unsere Redak- dazu mit Videokameras aus. Inzwischen ist auch die anhalten­de Kritik an den kompli- teure häufig auch auf dem Radar. Aber der Zulauf an unbezahlten Bürgerreportern zierten Privatsphäre-Einstellungen nicht manchmal eben auch nicht«, begründet so groß geworden, dass die Ama­teure ihre das Geringste geändert. MH-Chefredakteur Peter Taubald die Kameras selbst kaufen müssen. Kooperation von Profis Vorteile der Koopera­tion. Martin Huber, Doch die eigentliche Welle der billigen Geschäftsführer von Gogol Medien, Amateurkonkurrenten rollt auf profes- und Bürgerreportern betont, dass hyperlokale Geschichten sionelle Journalisten gerade erst zu, und Doch Nutzer wollen nicht nur kommen- nicht allein von professionellen Journa- zwar in Form von so genannten Content- tieren und »Gefällt mir« klicken, sie sind listen entdeckt werden können. »Wer Farmen, nachfrage-orientierten Inhal­te­ längst auch selbst Produzenten. Auch wer tiefer in die Regionen ein­steigen will, muss fabriken. Die größte von ihnen, Demand nicht gleich mit viel Aufwand ein eigenes ergänzend andere Quellen benutzen.« Die Media mit einem dreistelligen Millionen- Blog betreiben möchte – diese Art der Be- anfängliche Skepsis von Redakteuren, sie Dollar-Jahres­umsatz, lässt über einen tätigung im sozialen Netz ist hierzulande müssten unter Umständen Zehntausende Algorithmus erst einmal bestimmen, im internationalen Vergleich unterreprä- von unredigiertem und weitgehend unge- wonach bei Google vergeblich ge­sucht sentiert – will Beiträge unterbringen und eignetem Material sichten, lege sich in der wird. Danach wird geprüft, wie lukrativ Anstöße geben. Am liebsten natürlich Praxis, weil die myHeimat-Community diese Begriffe für die Werbevermarktung dort, wo sie auch wahrge­nommen werden. per Abstimmung bereits eine Vorauswahl sind. Dann erst gehen Aufträge an einen

10 | tendenz 2.10 Pool von zehntausend Hobbyautoren und sei die Beteiligung der Leser an den jour- wo der erst 20-jährige Fachinformatiker -filmern heraus. Ihre fertigen Beiträge, die nalistischen Pro­duktionsprozessen eine Michael Wagner beweist, dass sich En- selten mit mehr als 30 Dollar bezahlt wer- feine Sache, so Lorenz-Meyer gegenüber gagement auch für Spiel­berichte aus den den, werden suchmaschinenoptimiert ins dem österreichischen »Standard«. »Ich unteren Ligen lohnen kann. Seine Web- Netz gestellt. Bei der Plattform »Suite 101« glaube nur nicht, dass uns das so viel wei- seite »fußball-passau.de« wurde für den können sich Autoren zwar selbst aussu- terbringt. Das Internet sollte nicht nur die Grimme Online Award 2010 nominiert. chen, worüber sie schreiben wollen, aber Leser mitreden lassen, sondern vor allem Bis zu 350.000 Nutzer klicken monatlich das Prinzip ist ähnlich. Hier verdient am die relevanten Akteure.« Dem Online- die werbe­finanzierte Plattform an und meisten, wer es schafft, dass sich seine Spezialisten schwebt die Gründung eines erzeugen dabei 3,5 Millionen Seitenabrufe. Texte möglichst lange weit oben auf den offenen Experten-Netzwerks auf dem in- Das sind Nutzerzahlen, die das Lokalblatt Ergebnisseiten der Suchmaschinen halten. tellektuellen Diskurs-Niveau des »Perlen­ »Passauer Neue Presse« inzwischen deut- Die erfolgreichen Beiträge sind in der Regel taucher« vor. lich zu spüren bekommt. Allerweltstexte mit konkretem Nutzwert. Bislang ungenutzte Chancen in der Ko- Anstatt zu hoffen, die ungeliebte Kon- lokale Blogs Als operation zwischen erfahrenen Journa- kurrenz aus dem sozialen Netz möge listen und interessier­ten journalistischen einfach wieder ver­schwinden, sollten re- chance erkennen Amateuren liegen allerdings weniger im gionale Medienunternehmen lieber mit Neben dem Billigheimerargument ist intellektuellen als vor allem im sub­lokalen den lokalen Bloggern kooperieren, emp- ein weiterer häufig zu hörender Einwand Bereich. In Tschechien gilt die Wochen- fiehlt Weichert. Verlage haben Erfah- von Journa­listen, die der Kooperation mit zeitung »Nase Andrea« als Vorzeigeobjekt rung in der Redaktion, im Vertrieb und Bürgern skeptisch gegenüberstehen, der sprichwört­liche Bürgerpilot, von dem man sich nicht in den Urlaub fliegen las- »Journalismus wird nur sen will. Oder der Bürgerchi­rurg, von dem man nicht operiert werden will. Natürlich noch von einer Minderheit hinken diese Vergleiche, denn Piloten und professionell ausgeübt.« Chirurgen haben bekanntlich strenge Aus- wahlverfahren und langjährige Ausbil- dungen erfolgreich bestanden, die man für hyperlokale Medien. Sie wird in einem in der Werbe­vermarktung. Sie könnten für den Journalismus dagegen nicht un- Café produziert, wo sich die Redaktion ein ganzes Netzwerk von Blogs in ih- bedingt braucht. »Journalismus ist keine und ihr Publikum ständig begegnen. Hier- rer Region betreuen. Die Blogger wiede- exklusive Profession mehr. Journalismus zulande darf man so genannten »gläser- rum brennen für ihre Themen und haben Wolfgang Blau, nen Redaktionen« nur von außen beim ein Gespür für den Dialog im sozialen Chefredakteur von Arbeiten zusehen. »Die Verlage haben die Netz. Sie könnten den Lokaljournalismus Zeit Online, hält Entwicklung eines hyperlokalen Journalis- beleben. »Wenn sich die Verlage um die- Journalismus nicht mehr für eine mus verschlafen«, sagt Stephan Weichert, sen Markt nicht kümmern, dann wer- exklusive Profession. Professor für Journalistik an der Macro- den es Studenten mit ihrem Laptop tun«, media Hochschule für Medien und Kom- warnt der New Yorker Journalismuspro- munikation in Hamburg. fessor und Blogger Jeff Jarvis. Noch gibt In die publizistischen Lücken sind in- es solche Verlagskooperationen mit exter- ist zu einer Aktivität geworden, die nur zwischen die ersten Blogger gestoßen. In nen Bloggern nur bei den von Burda ver- noch von einer Minderheit professionell Heddesheim startete der Journalist Hardy markteten Netzwerken Glam (Mode) und ausgeübt wird«, betonte Zeit Online-Chef- Prothmann im April 2008 das Heddes- Scienceblogs (Wissenschaft). redakteur Wolfgang Blau jüngst in einem heimblog, das inzwischen zwei Able- Doch in der Zange zwischen chro- Beitrag für die »SZ«-Serie »Wozu noch ger in Nachbarorten hat und über eine nisch unterfinanzierten Redaktionsetats, Journalismus?« Die Nähe zu den Ama- Million Mal monatlich abgerufen wird. neuer Konkurrenz aus dem Amateur- teuren auf der Plattform Internet, auf der Prothmann stellt eine »Repolitisierung im lager und Nutzern, die Nachrichten aus jeder publizieren kann, sei für manche Lokalen« fest, weil sein Blog zu einer pu- ihrem Netzwerk zapfen, haben Medien- Jour­nalisten mit einer Kränkung des be- blizistischen Gegenstimme in den Orten häuser und Journalisten vor allem dann ruflichen Selbstbildes verbunden. wurde, in denen zuvor der »Mannheimer eine Chance, wenn sie sich in der (loka- »Nicht mehr so extrem enthu­siastisch« Morgen« ein langjähriges Meinungsmo- len) Nische spezialisieren und gleich- steht Lorenz Lorenz-Meyer, Professor für nopol hatte. Noch versucht die Zeitung, zeitig kooperieren. Oder, wie Jeff Jarvis Gogol Medien (links), Medientage München GmbH München (links), Medientage Medien Gogol Online-Journalismus in Darmstadt, dem die lästige neue Lokalkonkurrenz tot- empfiehlt: »Tue, was du am besten kannst o s : t

F o Bür­gerjournalismus gegenüber. Im Prinzip zuschweigen. Ähnlich auch in Passau, und verlinke zum Rest.«

2.10 tendenz | 11 12 | tendenz 2.10 QualitätsJournalismus Die Kunst Der Bürger, der bloggt, wird in der Online-Gesellschaft mehr und mehr zu einem »Medium und Faktor« der öffentlichen Meinungsbildung, während der professionelle Redakteur immer weniger die Gatekeeper-Funktion erfüllt. Im Journalismus von der morgen ist die Kunst der Interpretation gefragt. Interpretation T e x t Volker Lilienthal

as ist nur mit Deutschlands Journalisten los? gatekeeper, als Torwächter darüber entscheidet, was bekannt wer- Lassen sich von Twitter und Bloggern ins Bocks- den soll und was nicht. In der radikalisierten Online-Gesell- W horn jagen – verkennen aber die Brisanz, wenn schaft lässt sich nichts mehr unter der Decke halten – und dieser der Bundespräsident kurz vor Pfingsten in einem Zuwachs an Transparenz ist zweifelsohne auch ein Gewinn für Radiointerview militärische Mittel zur Sicherung der wirtschaft- unsere Demokratie. Doch sollten wir nicht einem naiven Tech- lichen Interessen Deutschlands ins Spiel bringt. Erst mit einer nikoptimismus verfallen. Die beschriebenen Chancen des Inter- Zeitverzögerung von fünf Tagen wurde das am 27. Mai zum nets müssen auch genutzt werden. Das ist zwar immer mehr der großen Nach­richten­thema. Während sich eine Leserin der »taz« Fall, wie alle Studien zur Online-Nutzung zeigen. Auch Seni- schon am Pfingstsonntag in einem Online-Kommentar über oren werden zu »Silver Surfern«, und das Fernsehen steht in der die Ausführungen des Staatsoberhaupts wunderte – »ab Minute Gefahr, seinen Status als Leitmedium an das Internet zu verlieren. 2:55«, wie sie akribisch notierte. Das im Internet noch verfüg- Allerdings sind drei Einschränkungen notwendig: bare Originalinterview hatte sie sich ange­hört – professionelle Nachrichtenredakteure offenbar nicht. Die menschlich nicht mehr zu erfassende Fülle des online Die Anekdote zeigt im Kleinen, dass Bürger, die sich ihre Mei- verfügbaren Informationsmaterials­ muss auch sortiert und nung bilden wollen, im Ernst­fall auf Medien nicht mehr ange- verstanden werden. wiesen sind. Sie besorgen sich dann die Originalquellen – das Die viel gerühmten Blogger, die die journalistischen Kom- Internet macht’s möglich. Das sollte uns aber nicht zu dem Trug- mentatoren angeblich überflüssig machen, leiden unter schluss verleiten, der Journa­lismus werde überflüssig. Denn ver- einem strukturellen Aufmerksamkeitsproblem: Im Milliar- gessen wir nicht: Es war ein professioneller Journalist, Christo- denmeer der Internetquellen müssen sie erst mal aufgefun- pher Ricke vom Deutschlandradio, der Köhler auf dem Rückflug den werden, und das ist trotz Suchmaschinen schwer genug. aus Afghanistan interviewte. Ohne Rickes Arbeit und sein Repor- terglück hätte es das Interview – Material für die Meinungsbil- Bürger, die sich im Netz informieren, und Blogger (dieses dung – nie gegeben. Der klassische Prozess der demokratischen Zwitterwesen aus Bürger und Journalist) folgen jeweils Meinungsbildung hat sich verändert. Ökonomisch gesprochen: einem besonderen Interesse, einem sehr speziellen Thema durch den Marktzutritt neuer Wettbewerber. Nicht mehr nur – von Globalisierung bis Kleintierzucht. Von der Pflicht zur die Politiker und Parteien bieten (vermeintliche) Lösungen für universalen Nachrichtengebung sind die Laien der Welt­ drängende Probleme an, und die etablierten Medien verkün- informationsgesellschaft entbunden. Eine Gesellschaft, die den das in Richtung Volk. Sondern es sind die Blogger, die sich sich mittels Selbstaufklärung steuern will, muss aber zur kommentie­rend einmischen, die Politiker kritisieren und den Entscheidungsfindung potenziell alles wissen. Und dieses Journalisten deren früheres Deutungsmonopol­ streitig machen. Alles liefern ihr die professionellen Journalisten – sorgfältig Der Bürger, der bloggt, wird mehr und mehr zu einem »Medium recher­chiert und nachvollziehbar aufbereitet, intelligent sor- und Faktor« der öffentlichen Meinungsbildung. tiert und möglichst klug interpretiert. Die mögliche Teilhabe an der res publica hat sich also dank

© iStockphoto.com/davincidig/rose pistola Internet intensiviert und radika­lisiert. Strittige Aussagen von Im Begriff derInterpretation, die sich in reiner Kommentierung

i o n : Politikern, für die diese sich verantworten müssen, sind online bei Weitem nicht erschöpft, scheint eine renovierte Funktions- t a tr s jederzeit für jedermann verfügbar. Es ist immer weniger der bestimmung für den Journalismus von morgen auf. Er ist es, der u i l l Redakteur in einem professio­nellen Medienbetrieb, der als ein vollständiges Bild der Wirklichkeit zusammensetzt, der

2.10 tendenz | 13 QualitätsJournalismus

die Komplexität von Aufga­ben und Problemen ohne Verkürzung beschreibt und die widerstreitenden Strömungen und die allge- genwärtigen Interessen- und Zielkonflikte bei der Problemlösung dokumentiert. Er ist es, der das Gesamtbild dann auch wieder auf das Wesentliche verständlich reduziert, der die Phänomene im Zusammenhang auslegt, erklärt und deutet – kurz: interpretiert. »Was hat es zu bedeuten?« – gültige Antworten auf diese Frage zu geben, ist die unverzichtbare und bis auf Weiteres durch keine Alternative zu substituierende Verständnis- und Verständigungs­ leistung des Journalismus. Idealbegriff Qualitätsjournalismus Der Zeitgeist hat sich darauf geeinigt, dergleichen im Idealbegriff des »Qualitätsjournalismus« zusammenzufassen. Diese Rede ist wohlfeil und seit einigen Jahren in aller Munde. Dabei ist das Niveau dieses Diskurses höchst unterschiedlich. Die Extreme schwanken zwischen dem hohen Ton einer Sonntagsrede und dem hämischen Missklang einer gedankenlosen Herabsetzung.­ Mit großem Selbstbewusstsein treten die Verleger auf. Sie verkaufen die Qualität ihrer Zeitun­gen als eine angeblich all- tägliche Standardleistung, die auch nach hundertfachem Abbau von Redakteursstellen nicht gefährdet sei. Das ist der eine Pol. immer wieder anstreben müssen. Auf dass sie im Kampf um die Der andere, der der Geringschätzung, findet sich zum Bei- Aufmerksamkeit des Publikums zu bestehen mögen. Konkur- spiel auf den virtuellen Litfaßsäulen unserer Branche. »Quali- renten gibt es wahrhaft genug; man wird sie nur mit besseren tätsjournalismus ist ein Kampfbegriff der Ewiggestrigen aus dem Inhalten, die es so nirgendwo sonst gibt, ausstechen können. Print-Bereich«, lautete im Herbst 2009 ein Twitterkommentar, Die reine Nachricht, die pure Meldung vom Ereignis, ist heute der sich mit einer Tagung über Online-Journalismus befasste. infolge des Internets im Handumdrehen entwertet – der Haupt- Das Blog carta.info veröffentlichte im April 2010 einen kru- grund für die momentane Krise der Nachrichtenagenturen. den Quasi-Essay, der die Rede vom »Qualitätsjournalismus« Wenn aber die Nachricht nicht mehr genügt, weil es sie gratis an als »Systemkrise des elitären Führungsanspruchs« zu deuten jeder virtuellen Ecke im WWW gibt, müssen andere Leistungen versuchte. Qualitätsjournalismus habe das gleiche »Unwortpo- her, um den Be­griff »Journalismus« mit Leben zu füllen. tenzial« wie die Rede vom »Public Value« öffentlich-rechtlicher mehr reflektieren als Reportieren Programmangebote. Die »journalistischen Eliten« hätten das Ideal Qualitätsjournalismus als »moralisches Bollwerk« aufge- Werner D’Inka, Mitherausgeber der »Frankfurter Allgemeinen baut – gegen die eigenen Redaktionen, gegen den Boulevard- Zeitung«, sieht in der »Dienst­leistung des Erklärens« eine der journalismus, gegen das »Management« (der eigenen Verlage?) Hauptaufgaben von morgen. In die gleiche Richtung denkt der »und nicht zuletzt gegenüber den Lesern«. Innenpolitik-Chef der »Süddeutschen Zeitung«, Heribert Prantl, Wer das für eine Verschwörungstheorie hält, kommentiert wenn er dafür plädiert, die Zeitung zu reintellektualisieren. Ihre noch sehr freundlich. Die Leser, Hörer und Zuschauer aber muss Zukunft liege weniger im Reportieren als in der Reflexion des man gegen diese Bollwerk-Polemik unbedingt in Schutz neh- Zeitgeschehens, sie solle ein »Generalschlüssel« zum Verständ- men. Denn die Medienrezipienten halten die allgegenwärtige nis der Wirk­lichkeit werden. Eigenschaften, wie siealle Medien Forderung nach Qualitäts­journalismus zu Recht für einen Pleo- gut gebrauchen können. nasmus, für einen »weißen Schimmel«. Sie erwarten legitimer- Fragt sich nur, ob wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht weise, dass aller Journalismus, den man ihnen vorsetzt, »qua- haben. Denn wir sind es gewöhnt, im Internet fast alles umsonst litätsvoll« sei – wahr­haftig und relevant, gut recherchiert und zu bekommen, wir schätzen das Gute, das von Menschen erst ansprechend geschrieben und was der konkreten Ausdeutungen erarbeitet werden muss, zu wenig. Unsere Zahlungs­bereitschaft von denkbaren Qualitäten noch mehr sind. Jeder Mediennutzer tendiert gegen null. Positiv gewendet: Es geht um eine zivil- weiß, dass diese Erwartung im Alltagsbetrieb oft genug enttäuscht gesellschaftliche Entwicklungsaufgabe auch im Interesse der wird: schlecht recherchierte Artikel, plump komponierte Sen- Demokratie. Das Publikum muss zurückfinden zu einem Werte- dungen, langweilige Präsentationen, Kommentare ohne Esprit. bewusstsein – zur Einsicht, dass qualitativ hochwertiger Journa- Doch entwerten diese Minderleistungen nicht den Anspruch lismus etwas kostet. Die meritorischen Güter sind im Wortsinne

»Quali­­tätsjournalismus« an sich – ein Ideal, das gut ausgebildete verdienstvoll. Aber das bleibt blasse Theorie, wenn ihr Verdienst © iStockphoto.com/zoomstudio o : t

Journalisten und personell hinreichend ausgestattete Redaktionen von der Mehrheit nicht mehr anerkannt wird. F o

14 | tendenz 2.10 F o t o s : Faces by Frank auf denPunkt gebracht«. internatio­ datio, sei: »epochal« »emotional, so das,werk, sein für Fernsehpreis Bayerischen den erhielt dinger überreicht.Filmkomponist Martin Wirtschaftsminister vom stv. Ministerpräsidenten und 2010 Mai 21. am wurden ther« Raab. Stefan Herbert Till Berger, Senta preises gehören Fernseh- Bayerischen jährigen dies- des Preisträgern den Zu verliehen Bayerischer F ter ist online un Geschäftsordnung betreffen. Medienrats des vorbera an Medienratsmitglieder fremder ausschuss- Teilnahmerecht ein Vor schlossen, die vor allem eine neue in der B Änderungen hat Medienrat Der BLM- Änderung der Bayern zu beteiligen. hat, sich nicht mehr an der wendig geworden, nachdem sich D über TV Bibel M ge­ Regionalfernsehen Uhr zusätzlich das Programm von 19:00 bis 18:00 von täglich wird S restlichen der in (Teleshopping) Uhr ausgestrahlt und 09:00 Uhr und von 22:00 bis 00:00 Euronnewsbis 06:00 von täglich genehmigt. 60) (K ( bayern und D die 2010 Mai 20. am hat (BLM) L Bayerischen der Medienrat Der Neue DVB- Meldu endezeit. andeszentrale fürneueMedien VB-T-Verbreitung von ie ONA sendet. schrift ­schrift zur Vertraulichkeit und www.blm.de S N C ender eugenehmigungen sind not hannel 21 in München/ Geschäftsordnung -TV nun das Programm Programm das nun -TV L Knaup, M-Geschäftsordnung be K 66) und in in und 66) nal, unterhaltend und unterhaltend nal, I In ng n München/ E tenden ­tenden uro ürnberg wirdstatt Nürnberg T eil in seiner in Zeil e Bae Pan- »Blauen Die e -Belegung D ­sport entschieden Annette Frier und abzurufen. n Klaus VB-T ver VB-T ernsehpreis anach wird Danach A O Endemann, us Channel 21 ber S Doldinger, N E schüssen ­schüssen üdbayern D uronews ürnberg ürnberg L ­breitet. BV-T in bayern ­bayern - ebens S L D Z D üd au- ol eil ie ie - - - - -

jährigen M jährigen im stehenalter Werte der Medien im digitalen mischen wie auch gesellschaftlichen statt. Welt« gitalen di der in Medien der »Wert(e) dem unterMünchen gress im 2010 15. bis 13. vom finden D kumentieren den Redaktionsalltag der bayerischen den aus stammen Fotos ter der Messe Videoausstellung im und Foto- eine es wird Bayern in Privatfunks des Bestehen rigen Medienwelt. derten lokalen Nürnberg ist die in 2010 Juli 7. und 6. am tagen shops auf den 18. E Das Medienfest auf der Kaiserburg wird wieder ein Highlight der Lokalrundfunktage werden. MedienfestDas einLokalrundfunktage der auf Highlight Kaiserburg der wieder wird in ie 24. M S chwerpunktthema der Work Chancen des lokalen lokalen des Chancen C ) e Messe der (ICM) enter Rundfunks in der verän- EDIENTAGE Inter­ EDIEN m Wert(e) Mediender in Nürnberg geben. edie L Medientage München 2010: natio­ Z okalfunker und do Entwicklung des T entrum der dies der entrum A L okalrund der digitalen Welt digitalen der G C E

nalen um 25-jäh- Zum MÜ ongressC . D A L e ökono ie n eitmotto ngesichts ktober Oktober Archiven NC ti Rundfunks ­funk L C H Z on- Die okalrundfunktage 2010 inNürnberg en- EN eit c - ­ ­ - - - -

ke Mediengipfel und dem Mediengipfelund D Vorstandsvorsitzenden durch die Mediengipfels,des Themader das onsindustrie. gesamtender frage zur Medien der und N geringen des Verfalls der Werbepreise und der ter zu Wort kommen zu lassen, die - Mitarbei jungen die es, ist tation Trend?der geht wohin verändern, sich wird L den sie Frage,wie der zu gnosen Pro mit Videoaufnahmen zieren der Mitarbeiter Volontärekunft: oder die jüngsten sondern auch einen Blick in die gibt aber nicht nur einen Rückblick, Jahren.25 letzten den in funks die und okalfunk im Jahr 2025 sehen. Was öpfnereröffnet wird. utzerWerbungderwirdWertder r

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eynote- Informationsnutzung haben. ständnis von Technik, Me­ werden und ein anderes in cations D ay« gewidmet. tag ist u.a. dem »Mobile angeboten, und der dritte ten Themenschwerpunkt wird am zwei Weitere tent-Gipfel am Freitag, 15. hinzugekommenen neu den 14. am Print-Gipfel es noch den turgipfel am ersten und Vermarktung. Analyse der eine – vor Webradiomonitors des die stellt Goldhammer media- kal-TV- lungen zur L Gerd Mediafuturist wie Experten ohr shlen he Vorstel­ ihre schildern eonhard ukunft Zukunft das Ruder ­ überneh K ongresstag » S S tationendiskutieren S trategien, und Prof. Neuerungen: peaker ukunft Zukunft des Radios. Internet­ nline-Gipfel Online-Gipfel und den

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TV-Nachrichten – nur ein kostenfaktor?

Nachrichten im Fernsehen –eine Selbst­verständlichkeit? So sehen es zumindest die Zuschauer und die private Rundfunkaufsicht. Doch dass sich der Wert der Information verändert hat, zeigt die Diskussion über die Notwendigkeit des »Zuschuss­­ge­schäfts«

Nachrichten im privaten Fernsehen. T e x t Sissi Pitzer

ie Zuschauer zumindest Uwe Brückner, seit über 20 Jahren Pro- wieder mehr Qualität wagen. Dass sie schalten nach wie vor mil- grammverantwortlicher bei den Münchner ihren Beitrag zur Selbstverständigung der D lionenfach die Nachrich- Lokalsendern und aktiv in der Arbeitsge- Gesellschaft leisten. Dass neben der Ren- ten ein, ob nun die gute meinschaft Privater Rundfunk (APR), die dite die gesellschaftliche Dividende nicht alte »Tagesschau«, »RTL Aktuell« oder die Rolle loka­ler und regionaler Informations- zu kurz kommt.« »Sat.1 Nachrichten«. Und sie klinken sich sendungen. Ausgelöst hat diese Debatte um eine auch regelmäßig bei den Regionalfenstern Nicht weniger nachdrücklich fällt das »Selbstverständlichkeit«, wie sie der DLM- »Guten Abend RTL« und »17:30 live« oder Plädoyer von Thomas Fuchs aus, ZAK- Vorsitzende nannte, die Sorge um die Zu- bei den lokalen Angeboten, von TV Augs­ Beauftragter für Programm und Wer- kunft des Nachrichtenkanals N 24 – und burg bis Donau TV ein. Der Zuspruch bung (ZAK=Kommission für Zulassung ein inzwischen legendäres­ Interview des gerade zur lokalen und regionalen Infor- und Aufsicht): »Nachrichten in privaten Vorstandsvorsitzenden der ProSieben­Sat.1 mation, so zeigt es die jährliche Funkana- Programmen sind unerlässlich. Sie sind AG, Thomas Ebeling, in der Süddeut- lyse der BLM, nimmt nicht ab. notwendig für die Meinungsbildung schen Zeitung. Darin bezeichnete er am »Nachrichten sind das Rückgrat eines und werden aufgrund der besonderen 27. November 2009 Nachrichten als »Zu­ jeden Senders. Sie sind wichtig für Image Wirkungsweise des reichweiten­starken schuss­­geschäft« und als »wirtschaftliches und Profil, ihre Anchormen und -women Rundfunks auch durch Angebote im In- Problem«. Das hat er inzwischen gelöst. sind das ‘Gesicht des Senders’. Sie schaffen ternet nicht relativiert.« Der DLM-Vor­ Mitte Juni wurde N24 verkauft. 15 Inte- Vertrautheit und Vertrauen beim Publi- sitzende Thomas Langheinrich brachte ressenten gab es. Den Zuschlag erhielt das kum und begleiten es zuverlässig durch es beim DLM-Symposium 2010 auf den Mangement-Buy-Out unter Führung von den Alltag«. Fast schon eupho­risch sieht Punkt: »Wir wollen, dass die Sender N24-Senderchef Torsten Rossmann und

16 | tendenz 2.10 Wert der Information

Vorstandsvorsit­ nicht durch Werbung unterbrochen wer- Selbstverpflichtung der Sender eingefordert, zender Thomas Ebeling, ProSieben­ den dürfen und so kaum refinanzierbar die sich auf Aufwand, Platzierung, Umfang Sat.1 AG, löste sind, innerhalb von Sendern quersubven- und Qualität von News-Angeboten bezieht eine rege Debatte tioniert werden, war schon immer so. und auch die Frage betrifft, ob diese eigen- über Wert und Bei der RTL-Gruppe, die sich mit n-tv produziert oder zugekauft sind. Notwendigkeit von ebenfalls einen News- und Doku-Kanal TV-Nachrichten aus. Nachprüfbare Standards leistet, sieht man das offensichtlich nicht als Problem. RTL hat, so das Er­geb­nis des Sollten diese Bemühungen nichts fruchten, Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust – jüngsten ALM-Programmberichts 2009, wurde eine Konkretisierung durch gesetz- die von Ebeling von Anfang an präferierte sein Informationsangebot in den vergan­ liche Vorgaben in Aussicht gestellt. Der Lösung. Der Preis: eine Halbierung des genen Jahren deutlich weniger ausgedünnt Aufschrei der privaten TV-Veranstalter News-Etats und rund 100 Entlassungen. als Sat.1. Wobei zu fragen bleibt, was war laut. Er reichte bis zum Vorwurf, die Der Newskanal soll neu konzipiert werden. alles unter der Kategorie »Information« Regulierer griffen in die Programmautono- Die Zulieferung der Nachrichten an Pro- verbucht wird, zu der auch Sport zählt, mie der Sender ein. Inzwischen haben sich Sieben, Sat.1 und Kabel 1, bis 2016 durch oder Boulevardmagazine wie »Explosiv« die Wogen geglättet. Die Landesmedien­ einen Vertrag mit dem bisherigen Eigner und populäre Wissenschaftssen­dungen anstalten, Vertreter von ProSiebenSat.1, abgesichert, soll das Überleben garantie- wie »Galileo«. Die Programmforscher RTL und VPRT haben Gespräche begon- ren. Dazu braucht man aber zusätzlich eine haben festgestellt, dass in der Primetime nen. Dabei soll die Forderung der DLM, Menge Neu-Geschäft, das Aust bei pri- die Unterhaltungs­publizistik mit Sex and nachprüfbare Nachrichtenstandards zu vaten und öffentlich-rechtlichen Sendern Crime, Stars und Sternchen über die Jahre schaffen, verknüpft werden mit Anrei- generieren will, u.a. durch große TV-Re- immer mehr zugenommen hat. Bei RTL zen, die es den Sendern ermöglichen, das portagen. Auch sein gescheitertes Projekt sind allerdings die harten politischen In- »Zuschussgeschäft Nachrichten« besser »Die Woche«, das von den Mitfinanziers formationen deutlich stärker vertreten zu refinanzieren. Das könnte zu Locke- Springer und WAZ-Gruppe mangels Re- als in den Programmen der ProSieben­ rungen bei den Werberegelungen führen. finanzierbarkeit fallen gelassen worden Sat.1-Gruppe. Das soll sich, so die neuen Zu solchen Incentives könnte aber auch ist, hofft Aust über N24 wiederzubeleben. Mehrheitseigner Aust und Rossmann, jetzt eine »Must-be-found«-Regel für die digi- Gedacht als »Hybrid-Magazin« in Print ändern. N24 und die zugelieferten News tale Verbreitung gehören, die eine bessere und Online, mit viel Bewegtbild, könnte sollen »politischer« werden. Geplant ist Platzierung auf dem EPG vorsähe. Damit ein TV-Sender im Rücken der Idee neues auch der Aufbau eines eigenen Teams mit soll es für Vollprogramme attraktiv bleiben, Leben einhauchen. Videojournalisten, die über Deutschland sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung verteilt zum Einsatz kommen sollen. auch durch ein ausreichendes und gutes Nachrichten als Einsparpotenzial Insgesamt hat die kontinuierliche Fern- Nachrichtenangebot zu stellen. Ein Gut- Dennoch ist fraglich, wie Umfang und sehprogrammforschung der ALM erge- achten soll die Verknüpfung von Inhaltsan- Qualität von Nachrichten bei N24 und den ben, dass sich der zeitliche Umfang von forderungen und Anreizen untersuchen. Münchner Sendern mit weniger Geld und Nachrichten im privaten Fernsehen suk- »Es ist richtig, in Zeiten, in denen sich die weniger Personal aufrecht erhalten wer- zessiv, aber im Ergebnis über die Jahre Sender, die ihrer den sollen. Die DLM hat den geplanten zum Teil dramatisch reduziert hat, dass Informationspflicht Budget- und Personalabbau kritisiert und es eine Tendenz gibt, Nachrichten und nachkommen, sollen nach Ansicht des vor Qualitätsverlusten gewarnt. Rund 70 Informationen auf wenig attraktive Sen- ZAK-Beauftragten Millionen Euro nannte Ebeling als bishe- deplätze zu schieben und dass es zu einer Thomas Fuchs, rigen Kostenfaktor für N 24, das Werbe- Entpolitisie­rung der Nachrichten gekom- bestimmte Anreize erhalten. einkommen lag 2009 nur bei etwa 20 Mio. men ist, die durch die Poolbildung bei den Euro. Die Kosten für die Nachrichtenzu- beiden großen Sender­familien noch präg- ProSiebenSat.1 Media AG, ALM AG, Media ProSiebenSat.1

o s : lieferungen sollen jetzt auf 30 Mio. Euro nanter hervortritt. Begrenztheit der Übertragungswege auflöst, t

F o sinken. Statt 50 Mio. Euro Verlust rech- Dieser Befund und die Debatte um über neue regulatorische Gegenleistungen, net die ProSiebenSat.1 AG nur noch mit den Fortbestand von N 24 hatten die über Anreize und Privilegien nachzuden-

rose pistola | pistola rose 25 Millionen. Nachrichten als Einspar- Landesmedienan­stal­ten alarmiert, die im ken, welche Sender erhalten können, wenn

i o n : potenzial – das ist neu in der deutschen März dieses Jahres ihr Positions­papier sie ihrer Informationspflicht nachkom- t a tr s Privat-TV-Szene. Denn dass Informati- »Nachrichtensendungen im privaten men«, gibt ZAK-Beauf­tragter Fuchs die u l l I onssendungen, die im privaten Fernsehen Rundfunk« vorstellten. Darin wird eine Richtung in Sachen Nachrichten vor.

2.10 tendenz | 17

interview

forschung an der Universität

len Massenmedien stärker zur Kenntnis nehmen, meint Prof. Dr. Otfried Jarren KuDen durchlttraditionel das Ivomnternet­ IurwnstitutZürich. ausgelösten für DieA Publizistikwissenschaftuswirkungen B edeutungKulturwandel fürdes anüberschätzt. müssenSocial und Web die Medien hält Journalisten erde­ mit Blick in denauf die l publizistischen i n t e rv i e w Bettina Pregel | F o t o s Faces By Frank nicht so einfach, zumal, wenn man zeitversetzt Zur Person agiert. Man kann mit Social Media zwar Grup- Prof. Dr. Otfried Jarren ist seit 1997 Ordina- penkommunikation orga­nisieren, aber der zwi- rius für Publizistikwissenschaft am IPMZ schenmenschliche Dialog bleibt weitestgehend – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung – der Universität Zürich. nicht technisch vermittelt. Zuvor war er Direktor des Hans-Bredow- Halten Sie denn, auf den Journalismus bezogen, Instituts für Medienforschung in Hamburg. diese Formel für richtig? Zu seinen Arbeits­schwerpunkten gehören Nein. Denn, wer will Feedback geben, und wer will u.a. Kommunikations- und Medienpolitik, das alles wissen, was da so gemeint wird? Dieser Politische Kommunika­tion, Medien und gesellschaftlicher Wandel sowie Medien­ Dialog erreicht keine allgemeine Relevanz. Jour- system und Medienstrukturen. nalisten übernehmen für bestimmte Gruppen die Beobachtung und Deutung von bestimmten Sach- verhalten und geben das auch wieder zurück. Aber Tendenz: Das Internet und Social Media haben die Rahmen­ sich das »one-to-one« vorzustellen, würde bedeuten, Journalisten bedingungen für die Informations­vermittlung grundlegend ge- wären Sozialarbeiter, Pfarrer oder Therapeuten, die Beratungs- ändert. Welche Folgen hat dieser Wandel? kompetenz aufbauen. Das ist nicht das, was Jour­nalisten machen Prof. Dr. Otfried Jarren: Ich bin davon überzeugt, dass ein großer sollen, nämlich das allgemein Relevante herzustellen. Teil dessen, was unter den Begriffen Social Web und Social Media Wie haben sich angesichts des veränderten Kommunikations- läuft, keine im engeren Sinne publizistische Funktion hat, son- prozesses Rolle und Aufgabe der Journalisten gewandelt? dern eher Privat- und Gruppenkommunikation ist. Communi- Die publizistische Kernaufgabe im Journalismus bleibt es, ties sind sicher nicht mit allgemein öffentlicher Kommunikation geprüfte, wissenswerte und relevante Informationen über Politik, gleichzusetzen, für die sich alle interessieren. Ausnah­men bestä- Wirtschaft, Kultur, Sport, Wissenschaft und Social Life aufzube- tigen die Regel, zum Beispiel in Krisen- oder Kriegssituationen. reiten. Ich kann mir nicht vorstellen, warum das jetzt entbehrlich Communities schaffen eine Form von Gruppen- oder Themen- sein sollte. Selbst, wenn weniger Geld für Werbung zur Verfü- öffentlichkeit und sind sozial, aber in ihren Auswirkungen nicht gung steht, bedeutet das nicht das Ende der Publizistik. Der Jour- wirklich gesellschaftlich dauerhaft relevant. nalismus wird aber breiter aufge­stellt sein: Bürgerjournalismus Mit der Formel »Dialog statt Botschaft« versuchen viele das ver- beispielsweise gibt es schon länger. Die Mehrzahl dieser Ver- änderte Kommunikations­modell angesichts von Facebook, Twit- suche hat sich aber nicht gehalten, weil sie keine übergreifende ter und Co. zu beschreiben. Wie bewerten Sie diese Definition? gesellschaftliche Funktion haben, sondern nur eine partielle Kul- Sie erinnert mich an alte Diskussionen um Berthold Brecht, aus turfunktion. Bürgerjournalismus muss ja auch bezahlt werden. dem Radio einen Kommuni­kationsapparat zu machen. Irgend- In den USA gibt es jetzt schon die Form des Spendenjour­nalismus. wie gibt es eine menschliche Sehnsucht danach, dass etwas dia- Aber warum würden Sie dafür zahlen? Sie müssen ja wissen, logisch laufen soll. Das ist in einer Massengesellschaft natürlich dass etwas wirklich Rele­vantes für Sie dabei herauskommt.

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Oder ich bezahle einfach nur für die Infrastruktur, in der Hoff- nung, dass etwas Gutes dabei herauskommt, das ich nutzen kann. Aber zu glauben, man könnte Leistung auf Gegenleistung be­ zahlen, also Pay-for-Content, das hat bisher nicht ge­klappt. So- lange es Alternativen gibt, die praktisch nichts kosten, nehme ich natürlich diese wahr. Inwiefern lassen sich die Begriffe Leitmedien und Informa­ti­ons­ elite angesichts des Wandels noch aufrecht erhalten? Ich denke, das publizistische System insgesamt wird einfach grö- ßer. Wir sind aber gewohnt, immer nur auf die klassischen Mas- senmedien zu schauen. Und da sinken die Auflagen, Reichweiten und Werbung gehen zurück. Was wir dagegen nicht genügend berücksich­tigen, sind die Online-Medien, in die, was die Medien- nutzungszeit betrifft, viel Aufmerksam­keit investiert wird. Es gibt jetzt einfach mehr und dadurch entsteht der Eindruck von einer reduziert werden muss. Angesichts der Vielzahl der Dinge, die wahnsinnigen Vielzahl, nicht Vielfalt. Das führt meines Erach- wir zu erledigen haben, müssen wir uns auf irgendwelche Short- tens dazu, dass man glaubt, es gibt keine Leitmedien mehr, aber Cuts oder Reduktionen verlassen können. die haben wir noch. FAZ oder SZ beispielsweise werden zentral Wie müssen sich also die Journalisten, die für die klassischen zitiert, sind relevant in der New York Times, bei der UNO oder Medien arbeiten, umstellen? UNESCO. Da werden sie gelesen und verarbeitet. Und die Eliten, Ich glaube, die klassischen Medien haben das Problem, dass sie die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen, orientieren sich hochgradig männerorientiert sind. Es gibt – gerade in den lei- daran. Was nicht heißt, dass es nicht andere Themenfelder gibt, tenden Positionen – nur einen geringen Frauenanteil. Das wirkt die von Communities getrieben wer- sich auf die Inhalte aus und auf die den wie Mode, Sport, Freizeit oder der Denkmuster einer doch männlich Kontaktmarkt. Aber es würde sicher geprägten Weltvorstel­lung. Gesell- keiner auf die Idee kommen, Face­ schaftlich haben wir einen kräftigen book oder ähnliches als Leitmedien Wandel erlebt, aber die klassischen en zu bezeichnen. i Medien bilden noch zu stark die tra- Sind die Communites die neue Ent­ ditionellen Eliten ab, ob nun in der scheidungshilfe und die Suchma- das Interneterarch Politik oder in der Berufswelt. Das e Hi schinen die neuen »Gatekeeper« der di in Frage zieht sich auch durch die Lokalpresse: Informationsgesellschaft? Durchen Da werden dann der Bürgermei- Das kommt auf den Zweck Ihrer d ster und die Lokal­honoratioren eher Informationssuche an. Wenn Sie bei- wer stärkergestellt. positiver dargestellt. Diese von den spielsweise Gartenartikel kaufen wol- traditionellen Eliten dominierte Kul- len, schauen Sie sich natürlich an, wo tur unterscheidet sich aber erheblich Sie die besten Produkte bekommen, von der Lebenswirklichkeit, in der und welche Geschäfte in der Nähe zum Beispiel auch das Lebens­bild der sind. Aber in der Publizistik macht Ausländerinnen und Ausländer eine diese Art von Suche keinen Sinn, denn Sie werden sich in ent­ große Rolle spielt: bei der Betreuung von Kin­dern, von alten scheidenden Situationen nicht auf die rein »gegoogelten« Infor- Menschen und in der Pflege. All das wird noch nicht genügend mationen verlassen. wahrgenom­men, weil die klassischen Medien offenbar ein altes Zu publizieren, ist in der digitalen Welt nicht mehr mit hohen Politik- und Gesellschaftskonzept mitge­schleppt haben. Hürden verbunden. Welche Vor- und Nachteile ergeben sich Wie sieht denn das neue Gesellschafts­modell des Internet- dadurch für die Mediennutzer, und welche Auswirkungen hat Zeitalters aus? das auf die Journalisten? Wie bereits angedeutet, werden über die demokratische Beteili- Zu den Vorteilen gehört es, dass die Repräsentationsmöglich- gung durch das Internet die Hierarchien stärker in Frage gestellt. keiten steigen. Man selbst oder auch Gruppen können sich Auch das freche Abweichende kann sich plötzlich dar­stellen. Im besser erklären und darstellen. Die Teilhabe der Bürger und Netz kann ich einiges besser bekommen als in den traditionellen Bür­gerinnen am Meinungsbildungsprozess ist demokratisch, Medien. Warum zum Beispiel produzieren Lokal- und Regional- erhöht die Meinungsvielfalt und ermöglicht mehr Austausch. zeitungen Beilagen über den Golfsport, wofür sie doch eigent- Journalisten können diesen Austausch beobachten und dadurch lich gar nicht die Kompetenz haben? Sie sollten sich doch auf Anregungen gewinnen. Dieser Informationszugewinn muss aber ihre eigentlichen Stärken besinnen. In diesem Punkt ist bei den wieder selektiert werden. Unsere Gesellschaft sucht immer mehr Journalisten in den traditio­nellen Medien noch ein Lernprozess nach Rankings: Schulen werden gerankt, Unis werden gerankt, notwendig. Den insbesondere durch das Internet ausgelösten alles wird gerankt. Das zeigt, dass die Vielfalt auf das Wesentliche Kulturwandel müssen sie einfach zur Kenntnis nehmen.

20 | tendenz 2.10 Service ausbildungskompass

Meldungen

Web-TV-Monitor 2010 auf den Medientagen Analog zum Webradio-Monitor (vgl. unten) hat die Bayerische Landeszentrale für neue Medi- en (BLM) die Strategieberatung Gold­media nun auch mit einem Web-TV-Monitor beauftragt. Die Ergebnisse dieser Analyse der Web-TV-Landschaft in Deutsch- land mit einer Anbieter-Typologi- sierung werden im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN am Freitag, 15. Oktober, vorgestellt. Wie sich Entscheidungen aus Brüssel vor Ort auswirken, zeigen die lokalen Medien.

Seminar für Mitarbeiter von TV- und Radiostationen am 21. Juli Webradio-Monitor 2010 Zum zweiten Mal hat die Berliner Strategieberatung Goldmedia im Auftrag der BLM die deutschland- Europa in den weite Befragung zum Webradio- markt gestartet. Ende 2009 gab es in Deutschland bereits mehr als 2.200 Webradios. Der Web­ regionalen Medien radio-Monitor 2010 liefert außer- Der Berichter­stattung über Eu- so dass die EU-Berichterstattung Fernseh- und Radiostationen aus dem Informatio­nen über Verbrei- ropa in den lokalen und regi- in den lokalen und regionalen Me- Bayern sowie an den öffentlich- tung und Nutzung, Werbeformen, onalen Medien kommt immer dien immer mehr an Bedeutung rechtlichen Rundfunk und bun- Reichweiten und Leistungswerte. mehr Bedeutung zu, wie es ein gewinnt. Diese Entwicklung ist desweit verbreitete TV-Sender. Im Seminar am 21. Juli in der BLM Thema einer gemeinsamen Veran- Seminar soll gezeigt werden, wie in München thematisieren wird. staltung der Vertretung der Euro­ über Europa vor Ort berichtet wer- Gerade aktuelle Ereignisse wie die päischen Kommission in München, den kann, welche Hilfestellungen Eurokrise haben gezeigt, wie stark der Agen­tur Luna Park 64 und der die Europäische Kommission bie- sich die Entscheidun­gen in Brüs- Bayerischen Landes­zentrale für tet, und welche inhaltlichen und sel auf die Menschen in den EU- neue Medien (BLM) am Mittwoch, redaktio­nel­len Hürden existieren. Mitgliedsstaaten auswirken. Denn 21. Juli, von 11.00 bis 16.00 Uhr, Die Anmeldung sollte bis 12. Juli Webradio – quo vadis? diese Entschei­dungen haben un- in der BLM. Das Seminar wendet unter www.blm.de erfolgen (unter Die Ergebnisse werden im Rah- mittelbare Konsequenzen für die sich an Redakteure und Volontäre aktuelle Veranstaltungen auf der men der diesjährigen Lokalrund- Lebensumstände der Menschen, lokaler, regionaler und landesweiter Homepage). funktage in Nürn­berg (6./7. Juli) vorgestellt. Nähere Infos unter: www.lokalrundfunktage.de. Gaming 2010 Schulradiotag Deutschland spielt online Am Samstag, 24. Juli 2010, ist Schulradiotag im Rahmen des »Der Markt von morgen ist zum Panel »Vom Zinn­soldaten zum In einem Impulsreferat forderte der 3. Mittelfränkischen Hörfesti­vals eindeutig der Online-Gaming- virtu­ellen Warrior: Wenn das Kin- Vorsitzende der KJM, Prof. Dr. Wolf- »Hört, Hört!« (23.--25. Juli in Markt«, so ist die Einschätzung derzimmer zum Kriegsschauplatz Dieter Ring, ein Umdenken der Fürth). Eine Werkstattpräsenta­ von Branchenexperte Arwed-Ralf wird« ein­geladen. Kriegsspiele gehö- Branche: »Wenn Computerspiele tion, Work­shops und eine Sound- Grenzbach, Keynote-Speaker bei ren zu den Bestsellern der Games- – zu Recht – offiziell als Kultur- spielaktion warten auf die Teil- der Munich Gaming 2010. Branche. Und obgleich viele dieser gut deklariert werden, dann sollten nehmer. Inhalte der Workshops Deutschland spielt mittlerweile be- Spiele nur für Er­wach­sene freigege- sie diesen Anspruch auch erfüllen. sind: Sprechen, Moderation, Ein- vorzugt online – eine Entwicklung, ben sind, werden sie auch gern von Es ist ein Missverhältnis, dass viele stieg ins Schulradio, Sound und die Chancen und Risi­ken birgt, wie Jugendlichen gespielt. Das sieht die der beliebtesten Spiele nach wie Musik. Anmeldung und Fragen die Diskussionen im Rahmen des KJM kritisch. Denn die Verharmlo- vor auf Gewalt fokussieren und auf an [email protected]. Weitere zweitägigen Fachkongresses Ende sung oder Befürwortung von Ge­walt den einschlägigen Mes­sen intensiv EU-Kommission/Regionalvertretung München, @ iStockphoto.com/darklord_71, © cop/photocase.com @ iStockphoto.com/darklord_71, München, EU-Kommission/Regionalvertretung Informationen finden Sie unter März zeigten. So hatte die Kommis- kann Kinder und Jugend­liche in ih- beworben werden.« Nähere Infos o s : t

F o www.hoerfestival.de. sion für Jugendmedienschutz (KJM) rer Ent­wicklung beeinträchtigen. unter www.munichgaming.de.

2.10 tendenz | 21 Thesen zum Online-Journalismus

Dialog auf Augenhöhe Online zu arbeiten, müssen auch die tradier­ten Regeln und mit seinem Nutzer (formally known as Richtlinien für »guten Journalismus« im au­dience) in einen Dialog treten. Und bedeutet nicht Netz erweitert werden. Folgende sieben zwar auf Augenhöhe. einfach, einen Text Punkte habe ich ausgemacht, die sich in Journalismus als der Online-Arbeit von meiner bis­herigen Prozess begreifen ins Internet Tätigkeit als Print-, Hörfunk-, und Fern- Online-Journalismus ent- zu stellen. sehjournalist unterscheiden. Vieles davon wickelt sich immer mehr mag trivial erscheinen. Jedoch habe ich zu einem Prozess-Journa- »Tendenz« hat den im Laufe der letzten Jahre immer wieder lismus, der nicht mit der Blogger und Fernseh- feststellen müssen, wie wichtig es ist, diese Veröffentlichung eines Textes oder eines Kriterien zu beherzigen. Beitrages endet. Nutzer-Kommentare, journalisten Richard Online ist keine Face­book-Diskussionen oder Hinweise, Gutjahr gefragt, EinbahnstraSSe die über Twitter kommen, können wert- Einer der größten Fehler der volle Informa­tionen für die Fortschrei- welche Kriterien klassischen Medien ist es, das bung einer Geschichte liefern. Oft sind für »guten« Online- Internet lediglich als ein wei- sie auch Ausgangspunkt für eine neue teres Medium wie Fernsehen Story, auf die man – abgeschirmt in sei- Journalismus gelten. oder Hörfunk zu betrachten. Es ist weit nem Redaktionsbüro – nie gekommen mehr als das. Amir Kassaei von der DBB wäre. Auch hier werden viele Medienhäu- Wenn wir davon reden, was guten Online- Group bezeichnet das Netz als die »Infra- ser jenen unzähligen Möglichkeiten nicht Journalismus auszeichnet, dann gibt es struktur des 21. Jahrhunderts«. Kom­mu­ gerecht, die das Internet bietet. darauf nur eine Antwort: das gleiche, nikation verläuft nicht länger nur in eine GröSStmögliche was wir unter gutem Print- oder Rund- Richtung. PR-Profi Gunnar Bender spricht Transparenz funkjournalismus verstehen; nämlich die von einem »Wandel der Massenmedien« Durch die gigantischen umfassende Recherche, das Streben nach hin zu einem »Medium der Massen«. Umwälzungen innerhalb Ausgewogenheit, Transparenz und Fair- Talkback-Funktionen, Votings, Crowd- unserer Branche verges- ness bei der Berichterstattung. Wir alle sourcing oder User Generated Content- sen wir oft, dass nicht haben unsere sieben Ws gelernt, kennen Plattformen werden heute noch in vie- nur wir, die Produzenten, einen Wandel den Pressekodex. Doch in der Online- len Medienunternehmen nur halbherzig durchmachen, sondern auch die Kon- Welt gelten andere Bedingungen als in und äußerst begrenzt ein­gesetzt. Wer sich sumenten, unser Publikum. Ob »Digital der klassischen one-to-many-Kommuni- aber in Zukunft als ernstzunehmender Native« oder »Silver Surfer«, die Nutzer kation. Das gilt insbesondere für Bereiche Kommunikationspartner verstehen will, von Online-Medien sind sehr viel ver- wie Soziale Netzwerke oder Blogs. Daher muss raus aus seinem Elfenbeinturm und netzter und medienerfahrener als das Thesen zum Online-Journalismus

Publikum, mit dem wir es früher zu tun zu entwickeln. Das gilt übrigens auch für digitalen Sau hinterherzulaufen, die durch hatten. Die Menschen bedienen sich die Vorgesetzten. Nur wer die Zwänge und das virtuelle Dorf getrieben wird. Es geht aus unterschiedlichen Quellen, und das Möglichkeiten aller Medienformen kennt, darum, zu begreifen, wie sich Kommuni- immer mehr zeit- und ortsunabhängig. kann die richtigen Entscheidungen treffen. kation verändert. Denn so wie es mal war, Sie durchschauen die Mechanismen heute Teamarbeit wird es nie mehr sein. Wer daran zweifelt, viel besser, unter denen Bericht­erstattung Die Zukunft gehört nicht sollte mal versuchen, den Menschen heute zustande kommt, hinterfragen daher auch der eierlegenden Woll- ihre Handys wieder wegzunehmen. mehr. Durch Watchblogs wie zum Bei­ milchsau, die schreiben, fil- Es tun! spiel das BILDblog sind Medien nicht men und parallel dazu auch Der vielleicht wichtigste mehr länger die alleinige vierte Gewalt, noch den eigenen Web-Auf- Punkt aber ist, sich nicht sondern stehen plötzlich selbst unter Beo- tritt betreuen muss. Die Zukunft gehört damit zufrieden zu geben, bachtung. Fehlerhafte Recherche oder gar den Team­playern. Durch die Komplexi- auf Medienkonferenzen Falschinformationen unter den Teppich tät der Aufgaben und durch die rasante über Buzz-Words wie Social zu kehren, ist nicht mehr so leicht mög- Beschleunigung im Netz wird redaktio- Media oder das iPad zu diskutieren. lich – im Netz »versendet« sich nichts. Es nelle Arbeitsteilung und Teamarbeit wich- Tauchen Sie ein in das Netz und probie- ist keine Schande, Fehler zu machen. Auf tiger denn je. Reporter für die New York ren Sie es aus. Und mit Aus­probieren den richtigen Umgang damit kommt es Times setzen bereits zu Beginn eines Ter- meine ich nicht: anschauen und dann an. Auch die Bedingungen, unter denen mins eine Kurzfassung ihrer Geschichten wieder zurück zum »business as usual«. ein Bericht oder ein Interview zustande per Blackberry ab. Ein Autorenteam in der Werden Sie aktiv und bleiben Sie dran! kommt, sollten dem Publikum zugänglich Redaktion verarbeitet die Informationen Beginnen Sie ein Blog. Twittern Sie - und gemacht werden. Nur dadurch bleibt man und Bilder zu einer sich fortschreibenden hören Sie nicht eher wieder damit auf, bis auch im Netz glaubwürdig. Geschichte. Social Media-Manager die- Sie den wahren Sinn dahinter begriffen Multimediales nen als Kuratoren dieser Inhalte gegen­ haben. Melden Sie sich bei einem Geo- Denken über der Leserschaft und geben Feedback location-Dienst wie Foursquare an und Wenn von Online-Journa- an die Autoren. malen Sie sich aus, wie man diese Technik lismus die Rede ist, fallen LeRNBereitschaft gewinnbringend für die eigene Bericht- immer wieder Begriffe wie Lebenslanges Lernen – für erstattung nutzen könnte. Die Möglich- Multimedia oder Trimedi- viele von uns gehört das zu keiten sind schier endlos. alität. Dabei kommt es weniger darauf an, jenen leeren Worthülsen, Nicht alle Ideen werden sich umsetzen las- dass ein einzelner Journalist alle Medien wie das Nutzen von Syner- sen. Nicht alles wird funk­tio­nieren. Doch parallel bedienen muss. Sehr wohl muss gien. Das kontinuierliche nur, wenn Sie oft genug scheitern, werden er aber für alle Medienformen denken Lernen jedoch gehört in der Tat zu den Sie erfolgreich sein. Viele sagen: In Zeiten können. Dazu sollten Journalisten heut- Schlüsselqualifikationen der Zukunft. wie diesen können wir uns Experimente zutage in allen Bereichen mal gearbeitet Redaktionssysteme kommen und gehen, nicht leisten. Ich behaupte das Gegenteil: @ iStockphoto.com/Martin (links), @ iStockphoto.com/Life Kraft White On haben, um zumindest das nötige Grund- die Innovationszyklen werden kür- Wir können es uns nicht länger leisten, o s : t

F o verständnis für multimediales Arbeiten zer. Dabei geht es nicht darum, jeder nicht zu experimentieren.

2.10 tendenz | 23 Hörfunk und Social Media

RaRaRaRaRaRaRaRaddddddddiiiiiiiioooooooo 2.02.02.02.02.02.02.02.0 SozialeRaRaRaRa Netzwerke unddddd iiiioooo 2.02.02.02.0 Microblogging-Dienste erleichtern den Radio­ sendern den Dialog mit ihren Hörern und liefern der Redaktion zusätzliche Themen und Inhalte. Noch aber üben die Sender den Umgang mit Social Media.

T e x t Guido Schneider | I l l u s tr at i o n Kleon Medugorac

adio rühmt sich, nicht nur das älteste elek- Netzwerken. Andere gehen gleich in Facebook oder Twitter und tronische Medium zu sein, sondern auch versuchen dort Fans und Follower um sich zu scharen. Die Ziele , das die Gemeinschaft mit seinen der Radiomacher: Sie wollen die Nutzer zum Dialog auffordern, Nutzern vorlebte. Schon früh machten ihnen eigene In­halte bieten und so für ihr Programm werben. sich die Programm­strategen daran, ihre R Soziale Netze: ein Meinungsjahrmarkt Hörer über das Telefon einzubinden oder sie in Clubs zu organisieren. Doch inzwischen hat das Internet Die MDR-Jugendwelle Sputnik hat sich gleich mehrfach mit dem Radio den Rang als Community-Medium Nummer eins ihren Hörern vernetzt: Sie verfügt mit mySputnik.de über ein abgelaufen. In StudiVZ, Facebook oder dem Microblogging- eigenes soziales Netzwerk, in dem auch Nachwuchsbands für Dienst Twitter suchen und finden sich Millionen von Gleichge- sich werben dürfen. Der Sender bezieht darüber hinaus seine sinnten und tauschen sich aus. Profile bei Facebook, StudiVZ oder Twitter in den Dialog mit Allerdings können auch Radiosender das Netz nutzen, um ihre den Nutzern ein. »Wer mit einem jungen Radio dicht an sei- Hörer zu organisieren und mit (zusätzlichen) Services und jour- nen Hörern sein will, kommt um soziale Netze nicht herum«, nalistischen Informationen einzudecken. Manche bauen selbst ist Eric Markuse über­zeugt: »Sie sind ein Aufmerksamkeits- und eigene Communities auf und verknüpfen sie mit anderen sozialen Meinungsjahrmarkt. Hier erfährt man quasi in Echtzeit, was die

24 | tendenz 2.10 Hörfunk und Social Media

Menschen beschäftigt«, sagte der Sputnik-Programmchef dem dass auf unserer Facebook-Seite auch unqualifizierte oder ver- SLM-Maga­zin themen + frequenzen. Und diese Reaktionen letzende Inhalte eingestellt werden, hat sich nicht bestätigt.« nimmt eine spezielle Social-Media-Redak­tion auf, die die eigene Die Hemmschwelle zum Einstellen eigener Inhalte in soziale Community ebenso mit Informationen bestückt wie Sputnik- Netzwerke ist offenbar deutlich niedriger als die Hürde, beim Auftritte bei Facebook, StudiVZ oder auf Twitter. Sender anzurufen, hat der bayerische Jugendsender Radio Galaxy Eigene Journalisten für Social Media hat Hans-Dieter Hill- erfahren. In seiner interaktiven Nachmittagssendung »Galaxy moth noch nicht eingestellt. »Wir trennen kaum zwischen klas- U« würden sich immer weniger Hörer melden. Seit der Sender sischer Hörfunkredaktion und Redaktion für soziale Netzwerke. kürzlich neue Chatmöglichkeiten über Twitter und Facebook Hausintern ist längst alles miteinander verzahnt«, erklärt der eröffnet habe, beteiligten sich deutlich mehr Hörer an den Dis- Geschäftsführer der Radio/Tele FFH (Hit-Radio FFH, planet kussionen, berichtet Thomas Harmsen, Leiter der Internetabtei- radio, Harmony.FM). Damit bestätigt er indirekt sein Credo, lung im Funkhaus Regensburg. dass Radio und Social Media zusammengehören. Informationsvorsprung durch Facebook Hillmoth hat sein ganzes Unternehmen auf Web 2.0 getrimmt und als einer der wenigen Privatradiomanager offensiv in den Die sozialen Netzwerke dienen den Sendern aber auch dazu, digitalen Auftritt seiner Radiomarken investiert. Hit-Radio FFH, eigene Inhalte zu verbreiten: So schart Hit-Radio FFH inzwi- planet und Harmony sind längst bei Facebook und Twitter dabei. schen rund 8.000 Twitter-Follower um sich, die sich vor allem Der Austausch mit den Nutzern dort soll die Hörerbindung stär- an überregionalen und regionalen Infos sowie Blitzermeldungen ken und – über Weiterempfehlung – neue Nutzer bringen. Das interessiert zeigen. Radio Gong 96,3 veröffentlicht bei Facebook jung positionierte planet radio verfügt bereits seit über sechs wichtige Programmaktionen oder Nachrichten. »Das ver­schafft Jahren mit p2go über eine eigene, rund 30.000 Nutzer umfas- den registrierten Hörern einen kleinen Informationsvorsprung«, sende Community, die seit kurzem mit Facebook verknüpft ist. erläutert Dingler. Ähnlich wie Hillmoth will er den Kontakt mit Dort hat planet inzwischen über 34.000 Fans. Das zeigt: Fremde den Hörern auf diesen Weg vertiefen. »Wir setzen in Social Netzwerke können den eigenen Markenauftritt stärker pushen Media das fort, was wir auch in unserem Programm versuchen als ein eigenes. zu vermitteln: die Gong 96,3-Familie mit den Hörern zu bilden, Die neuen Social-Media-Kanäle nutzen die Sender haupt- sie zu beteiligen und zu Wort kommen zu lassen.« Glaubt man sächlich für den Austausch mit den Usern bzw. Hörern. Ganz Dingler, nehmen die Hörer das Angebot an: »Durch die Face- nebenbei kommen sie so aber auch an Inhalte, die Neudeutsch book-Applikationen auf Handys sind die Hörer immer direkt in als »User Generated Content« bezeichnet werden. Planet bei- der Lage, auf unser Pro­gramm zu reagieren und tun das auch.« spielsweise baut in der Radiosendung »p2go – Die Community- Richtig eingesetzt, können die sozialen Netzwerke die Hörer Show« werktags zwischen 18 und 22 Uhr auch Beiträge aus den aktivieren und neue Nutzer an die Marke heranführen. Doch Social-Media-Plattformen ein. Patentrezepte gibt es dafür nicht. Deshalb probieren die Macher Ähnlich offensiv geht Radio Gong 96,3 zu Werke. Seit kurzem beim bayerischen Jugendradio Galaxy einiges, um möglichst viele ist der Münchner Lokalsender auf Facebook präsent und nutzt Fans und Follower bei Facebook oder Twitter auf ihre Seiten zu den Kanal zur Ansprache seiner besonders engagierten Hörer. lotsen. Dabei muss das Programm laut Internet-Chef Harmsen Eine eigene Redaktion braucht Radio Gong dafür nicht, erklärt einen Spagat meistern: Einerseits sollen die Social-Media-Nutzer Sendergeschäftsführer Georg Dingler. Stattdessen berät die Hör- andere für Radio Galaxy begeistern. Andererseits muss der Sender funk-Mannschaft Tag für Tag, welche Themen sie postet. Drei aufpassen, dass Facebook und Co. nicht zu einer Konkurrenzver- Mitarbeiter sind als Administratoren registriert und überprüfen anstaltung werden, die sich von der Sendermarke abkoppelt. die Seite täglich. Das hält Dingler für »absolute Pflicht«, auch wenn die bisherigen Erfahrungen mit den Nutzern positiv sind: »Eine erste Angst, ! Achtung Werbung ! Die Radiomacher tun sich schwer, ihre Nutzer-Kontakte in sozialen Netz- werken zu vermarkten. »Das ist ein äußerst sensibles Thema«, erklärt FFH- Chef Hans-Dieter Hillmoth. Um das zarte Pflänzchen nicht kaputtzutreten, verzichtet sein Senderverbund vorerst auf werbliche Aktivitäten: »Wir ver- markten keine Daten und geben sie auch nicht an Dritte weiter.« Auch Ra- dio Gong 96,3 bleibt vorsichtig, lässt neben eigenen Programmaktionen aber auch Sonderwerbeformen auf Facebook zu. Diese sollen den Werbepartnern Traffic bringen und sind über ein automatisches Tool imS ocial Network aus den USA genau auswert­bar. In Zukunft will Senderboss Dingler weitere Ver- marktungschancen testen und Nutzer über gezielt gestreute Mehrwerte wie Gewinnspiele oder Programmaktionen zum Mitmachen animieren.

2.10 tendenz | 25 ausbildung im Wandel

Gesucht: eierlegende Wollmilchsau. Der Trend geht zur »ver-Netz-ten« Journalisten­ausbildung, die sich in den letzten Jahren stark gewandelt hat. Online-Community- Management oder Such­ maschinen-Optimierung

sind mittlerweile in die Ausbildungspläne integriert. Denn die breit aufgestellten Medien­ häuser suchen Nachwuchs, der nicht nur auf eine Mediengattung fixiert ist.

T e x t Angelika Knop ausbildung im Wandel

nöpfe und Reg- müssen sich darauf einrichten, mehr selbst je »auszuprobieren, zu reflektieren und das ler blitzen auf, zu machen - denn die Qualität des Ergeb­ Rezeptionsverhalten zu verstehen«. »Was Köpfe und Kame- nis­ses wird Online nicht nur an einem wir aber noch mehr in den Lehrplänen ras verschwim- gelungenen Text, sondern auch an den Bil- verankern müssen, sind freies Arbeiten K men, Schlagzeilen dern oder Info­grafi­ken, an der gelungenen und Existenzgründung«, so Meier. In und Bildschirme Präsentation, an der anregenden Debatte den USA verwandelt der Internetguru springen dem Betrachter entgegen. »Das mit dem Autor gemessen.« Jeff Jarvis seine Studenten durch Kurse ist Crossmedia«, verspricht das Video auf Vielleicht, mutmaßt Christiane Hawra- in »unternehmerischem Journalismus« der Homepage der Axel Springer Aka- nek, liegt die Skepsis auch daran, dass ihre nach eigenen Worten »in leidenschaft- demie in Berlin, die sich »Deutschlands Kollegen bereits studiert haben und mit liche Kapitalisten«. Sie planen Startups modernste Journalistenschule« nennt. Mitte 20 bis Mitte 30 noch nicht wirk- und bekommen nach gelungener Präsen- Zum Stundenplan gehören dort Inhalte lich als »Digital Natives« mit dem Inter- tation von einer Stiftung das Kapital für wie Nutzerführung oder Handyrepor- net aufgewachsen sind. Dass dort span- ihre Gründung. ting. Dafür sammelt die 2007 gegründete nender Qualitätsjournalismus möglich ist Professor Michael Haller, Direktor des Ausbildungsschmiede Preise. Ein Inter- und nicht nur schlecht bezahlter Schicht- Instituts für praktische Journalismusfor- net-Dossier der Volontäre zum Mauerfall dienst vor dem Bild­schirm, davon konn- schung in Leipzig, hält diesen Unterricht wurde für den Grimme-Online-Award ten sie viele Praktika nicht überzeugen. »für einen Irrweg«. »Breit aufgestellte Me- nominiert. Der Trend geht eindeutig zur Beim Verein Nachwuchsjournalisten in dienhäuser«, meint er, werden »gut aus- »ver-Netz-ten« Journalistenausbildung: Bayern, wo Christiane aktiv ist, kennt gebildeten Journalisten« auch in Zukunft Auch Burdas Journalisten­schüler vollzie- sie Studenten in den ersten Semestern. Erwerbsmöglichkeiten bieten. Zur guten hen den Wandel des Verlages zum Mulit- Ausbildung, da ist sich Haller mit den mei- media-Unternehmen nach. Gestrichen Sprache und sten Kollegen einig, zählt neben »einer ho- wurde das obligatorische Zeitungsprak- Recherche sind hen technischen Kompetenz im Umgang tikum, statt dessen trainieren sie Web­ mit verschiedenen Kanälen« immer noch video, Online-Community-Management immer noch die das journalistische Handwerk: Sprache und Suchmaschinenoptimierung. Selbst Grundlagen des und Recherche. All das wird seiner Mei- bei der Bayerischen Fernsehakademie journalistischen nung nach zu selten dort gut vermittelt, ist der Name nicht mehr das ganze Pro- wo laut Deutschem Journa­listenverband gramm. Ein Fünftel des Curriculums Handwerks. (DJV) 80 Prozent der Berufsanfänger widmet sie dem Internet. Und die Evan- starten: im Volontariat. »Die Leute wer- gelische Journalistenschule in Berlin setzt den durchgeschleust und müssen überall erstmals »Crossmediale Grundlagen« an aufspringen. Außerdem fehlt oftmals das den Anfang der Ausbildung. »Die haben eher Lust darauf, als Video- fachliche und didaktische Know How.« Christiane Hawranek, die dort dieses journalisten oder crossmedial für Online »Crossmediale Arbeitstechniken« stehen Jahr ihren Abschluss macht, begrüßt die unterwegs zu sein. Je jünger, desto aufge- zwar seit 2008 im Musterausbildungsplan Änderung. Sie hat bereits als Videojourna- schlossener.« Aufgeschlossen für crossme- des DJV für Volontäre an Tageszeitungen, listin gearbeitet – bimedial für den Spar- diale Arbeiten sind auch die Hochschulstu- doch manchmal bringen die Auszubilden- tenkanal BR alpha und die Online-Seiten diengänge, die zum Bachelor oder Master den hier durch Radio- oder TV-Praktika der Nürnberger Nachrichten. »Aber in der im Journalismus führen. An der Univer- mehr Erfahrung mit als ihre Vorgesetzten, Klasse bin ich mit meiner Begeisterung sität Dortmund sitzen die Redakteure von werden sogar gezielt dafür »eingekauft«, ziemlich allein. Die meisten finden es zwar »eldoRadio«, »do1-TV«, »Pflichtlektüre« die Webvideo-Abteilung aufzubauen. Die toll, alles zu kennen, wollen aber nicht alles und »pflichtlektuere.de« am gemeinsamen Volontariate Print und Online sind meist gleichzeitig machen.« Das journalistische Newsdesk und greifen demnächst auf eine noch deutlich getrennt, selbst wenn es Pendant zur eierlegenden Wollmilch- gemeinsame Datenbank zu. »Hier trainie- schon einen gemeinsamen Newsdesk gibt. sau – die videodrehende AudioSlideshow ren wir nicht nur Routine, sondern ent- Medienkonvergenz muss also gelernt Edelfeder oder gar die twitternde Web- wickeln Formate für alle Plattformen und werden, z.B. an der Akademie der Baye- designDatenbankCommunitymanage- meistern Umstellungen«, erklärt Professor rischen Presse in Crossmedia-Kursen, die rin – finden sie nicht erstrebenswert. Klaus Meier vom Lehrstuhl für crossmedi- starken Zulauf haben. »Zu Beginn denken Diese Profile sind ein wenig zugespitzt, ale Entwicklungen des Journalismus. Die viele«, so Dozentin Barbara Weidmann, aber nicht fernab der Realität. Christoph Hochschulaus­bildung, von der manche »dass es Crossmedia ist, wenn sie ihre Texte Dowe, geschäfts­führender Redakteur bei Redakteure immer noch abraten, könne online stellen. Doch Crossmedia heißt: der

© iStockphoto.com/Maudib Zeit Online, skizziert seine Erwartungen »jetzt ihre Stärken voll ausspie­len«. Denn richtige Content im richtigen Kontext auf o : t

F o an Mitarbeiter so: »Selbst Edel­federn in der Medienkrise sei es wichtiger denn der richtigen Plattform.«

2.10 tendenz | 27 ausbildung im Wandel

Ulrich Brenner, Leiter der Deutschen Journalistenschule, zur veränderten Ausbildung

Wie sieht das konkret aus? nicht, ob ich mit der Klasse weiter arbeiten In den ersten Wochen üben wir die Basics kann. Die meinen alle, im Internet stehe Recherche, Schreiben, Interviews – am nur Schwachsinn.« Beispiel Zeitung. Anschließend trainieren Wollen jetzt in der Medienkrise weniger wir Online-Journalismus – vor allem im junge Leute Journalisten werden? Hinblick auf die Unterschiede. Das große Ich dachte auch, mit den Horrormeldungen Magazin, das dann folgt, konzipieren und würden die Bewerberzahlen abnehmen. produzieren die Schüler von Anfang an Aber sie sind im letzten Jahr um ein Drittel crossmedial - mit verschiedenen Inhalten gestiegen. Viele erwarten sich gerade durch und Erzählweisen für das gedruckte Heft unsere Ausbildung gute Zukunftschancen. und als Auftritt im Netz (www.klartext- Doch die Zahl der festangestellten Jour- magazin.de). Im Radio- und Fernsehblock nalisten hat deutlich abgenommen ... ergänzen sie das mit Audiobeiträgen, dre- Viele wissen, dass sie als Freie starten müs- hen und schneiden Webvideos. sen. Wir bieten Seminare »frei arbeiten« Befürchten Kollegen nicht, dass diese an. Da bringen die Dozenten ihre Kalku- »eierlegenden Wollmilchsäue« Arbeitsbe- lationen mit und geben sogar Steuertipps. dingungen und Qualität verschlechtern? Bietet das Internet den fertigen Redak- Diesen Vorwurf höre ich immer wieder. teuren Arbeitsplätze? Er trifft aber nicht zu: Unsere Absolventen Rund ein Zehntel geht nach der Schule zu dilettieren ja nicht auf allen Gebieten. Sie reinen Online-Medien, meist zu renom- sollen alles kennen und vieles können – mierten wie sueddeutsche.de, FAZ.net oder aber später nicht alles machen. Sie landen SpiegelOnline oder zu Seiten öffentlich- in der Regel auch in Redaktionen, die auf rechtlicher Sender. die journalistischen Tugenden Wert legen. Vor welche Probleme stellt der rasche Welche Eigenschaften sollen zukünftige Medienwandel die Schule? Crossmedia-Journalisten mit­bringen? Wir müssen in kürzeren Abständen in Wir suchen neugierige, sprach­gewandte, neue Technik investieren. Als gemeinnüt- sozial kompetente Menschen, die am ziger Verein können wir das nur stemmen, Die DJS bildet jährlich 45 Redakteure Geschehen in Deutschland und der Welt weil neue, medienfremde Träger hinzuge- aus: 15 davon in einem 16monatigen interessiert sind. Hinzu kommt jetzt noch kommen sind. Früher überdauerten Lehr- Kompaktkurs, 30 weitere gemeinsam mit eine positive Einstellung zur Technik. pläne mehrere Jahre, heute überarbeiten der Ludwig-Maximilians-Universität im Wo haben die Bewerber Praxis gesam- wir sie ständig. So überlegen wir gerade, Master-Studiengang Journalismus. melt – bei der Lokal­zeitung oder eher ob und wie wir für mobile Medien oder das Tendenz: Wie hat die zunehmende Me­ im Netz? iPad produzieren sollten. Meine Nachfol- dien­­­­konvergenz die Ausbildung an der Die sind alle wild darauf, Journalisten zu ger werden also noch gut zu tun haben. DJS verändert? werden und gehen das sehr systematisch an, Ulrich Brenner: Das Internet verbindet haben oft schon Praktika in verschiedenen Ulrich Brenner Text, Bild, Audio und Video. Deshalb Medien absolviert. Sie können perfekt mit Zu den Stationen des gelernten haben wir unseren traditionellen Säulen dem Computer um­gehen, recherchieren im Journalisten gehören - Print, Radio und Fernsehen auch nicht Internet, und fast alle lesen Blogs. Manche schrift Natur, die Süddeutsche Zeitung und das BMW-Magazin. einfach Online als vierte hinzugefügt, bloggen auch selbst. Das war vor einigen Der Leiter der DJS geht 2011 © iStockphoto.com/imagestock, Journalistenschule Deutsche © iStockphoto.com/imagestock, : sondern gestalten die Ausbildung konse- Jahren noch nicht so. Einer meiner ersten in den Ruhestand. S o t quent crossmedial. Online-Dozenten sagte zu mir: »Ich weiß F o

28 | tendenz 2.10 Service Literaturtipps

Bücher Publikationen ALM-schriftenreihe

Prof. Dr. Klaus Beck, Dennis Reineck, ALM (Hrsg.) Christiane Schubert Fernsehen Quo vadis in Deutschland 2009 journalistische Qualität? Programmforschung und Eine Studie zu den Rahmen­­ Programmdiskurs bedingungen von Qualitätsjour- Vistas Verlag, Berlin 2009 nalismus in strukturellen und konjunkturellen Krisenzeiten Der aktuelle ALM Programm­ bericht 2009 stellt die Befunde der In: Fachjournalist, Fernsehprogrammforschung der Ausgabe 2/2010, Seiten 3-11 Gabriele Hoofacker Nicole Simon, Nikolaus Bernhardt Landesmedienanstalten vor, in der Online-Journalismus Twitter die acht bedeutendsten Fernseh­ Günther Brandstetter, vollprogramme seit 1998 Texten und Konzipieren Mit 140 Zeichen zum Web 2.0 Peter Hörschinger für das Internet systematisch analysiert werden. Open Source Press, 2010 Journalismus & Social Media Econ Verlag, Düsseldorf 2010 »Ein tolles Buch, das in keinem Eine ikp-Studie in Kooperation Dieses »Handbuch für Ausbildung Bücherregal, weder eines Bloggers mit der Fachzeitschrift und Praxis«, so der Untertitel, noch eines Twitterfreundes fehlen »Der Österreichische Journalist« führt in das Handwerk des darf. Das Buch führt Schritt für In: Der Österreichische Journalist. Online-Textens ein. Schritt in die verrückte Zwitscher- Oder als PDF heunterladbar unter: welt einer gehypten und zugleich • http://news.prva.at/wp-content/up- süchtigen Web 2.0-Szene.« So hat Gabriele Hooffacker (Hrsg.) loads/ikp_Journalismus_Web20.pdf Auslaufmodell Fernsehen? eine Leserin bei Amazon das Buch rezensiert. Diese Studie befasst sich mit dem Online-Journalismus Einfluss von Social Media-Plattformen zwischen Bürgerbeteiligung und Professionalisierung Downloads auf das Berufs­bild von Journalisten und Kommunikations­experten: Dr. Gabriele Hoofacker Verlag, Stephan Weichert, Leif Kramp (Hrsg.) Rund acht von zehn Befragten sind München 2008 Wozu noch Journalismus? zumindest bei einer Social Media Ist jeder, der online veröffentlicht, Plattform wie Facebook, Xing oder auch gleichzeitig Journalist? Zehn Diese Serie mit Beiträgen Twitter angemeldet und geben an, ALM (Hrsg.) Interviews, die im Rahmen einer namhafter Publizisten auf die Mitgliedschaft für ihre tägliche Lehrveranstaltung am Medien­ sueddeutsche.de geht den Fragen journalistische Arbeit zu nutzen. ALM-Jahrbuch 2009/2010 campus Leipzig mit Bloggern, nach: Wie ist der Journalismus Landesmedienanstalten und zu retten – und wieso sollten Privater Rundfunk in Deutschland »klassischen« Journalisten und Klemens Skibicki Mitgliedern von Journalisten­ wir das überhaupt tun? Journalismus und die Vistas Verlag, Berlin 2010 verbänden geführt wurden, • www.sueddeutsche.de/thema/ Web 2.0-Revolution Im aktuellen Jahrbuch wird nicht nur sollen Aufschluss darüber geben. Zukunft_des_Journalismus die Neustrukturierung der Medien­ In: Fachjournalist, aufsicht detailliert dargestellt. Wie Ausgabe 1/2010, Seite 3-9 Stefanie Trümper Internet-Manifest jedes Jahr sind auch wieder Daten Weblog is watching you Wie Journalismus heute & Fakten zur programmlichen und Auf der Suche nach neuen Formen funktioniert. 17 Behauptungen. Qualität unter Druck – Jour- wirtschaftlichen Entwicklung des öffentlicher Medienkritik und ihrer nalismus im Internetzeitalter privaten Rundfunks dokumentiert. Zu den Unterzeichnern gehören Einbindung in den Journalismus Dokumentation einer Tagung u.a. Sascha Lobo, Robin Meyer- in Tutzing Druck Diplomica Verlag, Lucht, Thomas Knüwer, Markus Hamburg 2008 Beckedahl, Mercedes Bunz und Mit Beiträgen von Volker Herres, Die Autorin geht der Frage nach, Stefan Niggemeier. Volker Lilienthal, Hans-Jürgen Jakobs, Ulrich Brenner und Vera Lisakowski in­wie­weit Weblogs dazu beitragen • www.internet-manifest.de können, dass Medienkritik im Journa- In: epd medien, lismus wieder an Bedeutung gewinnt. Ausgabe 16/2009, Seiten 1-24

Empfehlung der TEndenz-redaktion Journalismus um Internet

Wie das Internet das Berufsfeld der Journalisten jeder an der öffentlichen Meinungsbildung teilhaben. verändert, ist Thema dieses Bandes, der ein For- Doch was geschieht mit der Flut an Informationen? schungsprojekt dokumentiert. Das Projekt wid- Treten die Journalisten weiterhin als Vermittler zwi- met sich der Dreiecksbeziehung zwischen Profession, schen den Kommunikatoren und Rezipienten auf Partizipation und Technik. Christoph Neuberger und oder selektiert die Internetgemeinschaft die Inhalte seine Kollegen gehen dabei der Frage nach, wie das selbst? Diese Fragen haben die Herausgeber des Internet das Berufsfeld des Journalisten verändert. Bandes im Forschungsprojekt zu klären versucht. Dessen Rolle als »Gatekeeper«, der maßgeblichen Christoph Neuberger / Christian Nuernberg / Einfluss auf Auswahl und Darstellung der in den Melanie Rischke (Hrsg.): Journalismus im Internet. Medien publizierten Themen hat, verliert im Web Profession – Partizipation – Technisierung. 2.0-Zeitalter ihre bisherige Bedeutung. Online kann VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009

2.10 tendenz | 29 Bausteine für ein Neues Modell zur Medienkonzentration

Die geplante Novellierung des Medienkonzentrationsrechts soll auch die wachsende Bedeutung des Internets einbeziehen. Wichtig für die Messung möglicher Meinungs- macht ist die Gewich­tung der einzelnen Medien­­gattungen. Die BLM hat dazu ein

Modell auf empirischer Basis entwickelt. T e x t Johannes Kors | I l l u s tr at i o n Michael Scholz

ie Entscheidung des Bundeskartellamts und entfalten, das Leistungs­dimen­sionen anderer Medien miteinan- der Kommission zu Ermittlung der Medien­ der verknüpft und neue Angebotsformen entwickelt. Der dadurch D konzentration (KEK), die Übernahme von Pro- ausgelöste Veränderungsprozess wirkt sich auf die Bedeutung SiebenSat.1 durch den Axel Springer Verlag 2006 der einzelnen Medien für die Informations- und Meinungsbil- abzulehnen, hat in der Öffentlichkeit neben Zustimmung auch dung aus. Nicht zuletzt wegen der veränderten Mediennutzung viel Kritik hervorgerufen. Im Mittelpunkt der Kritik standen besteht politisch inzwischen weitgehend Einigkeit darüber, dass nicht allein medienpolitische Erwägungen, sondern auch die das bestehende Medienkonzentrationsrecht modifiziert werden Berechnungen, die zur Entscheidung der KEK führten. Ins- muss. Das bisher fernsehfixierte Konzentrationsrecht soll deshalb besondere die Verrech­nung von Zuschauer-Marktanteilen mit weiterentwickelt werden und möglichst die neuen Angebots- Reichweitengrößen in verwandten Märkten wurde als frag­ und Machtstrukturen berücksichtigen. Dabei geht es auch um würdig eingestuft. die Frage, wie relevant im Sinne möglicher Meinungsmacht die Gemäß Artikel 26 des Rundfunkstaatsvertrags darf ein Unter- einzelnen Mediengattungen sind. nehmen im Zuschauermarkt nicht mehr als 25 Prozent sowie Neuer fünfstufiger Ansatz parallel dazu in weiteren meinungsrelevanten Medienmärkten eine so gewichtige Stellung haben, dass der Schwellenwert von 30 Insbesondere die Frage der Gewichtung der verschiedenen Prozent überschritten wird. Seit der Einführung dieser Regelung Medien ist entscheidend für die Fortentwicklung des Medien- der Medienkonzentration im Rundfunkstaatsvertrag im Jahre konzentrationsrechts, wie es mit der geplanten Novellierung der 1997 haben sich im Zuge der Digitalisierung der Medienmarkt Bestimmungen im Rundfunkstaatsvertrag angestrebt wird. Die und damit auch die Ge­gebenheiten auf dem Meinungsmarkt Bayerische Landeszen­trale für neue Medien (BLM) hat dazu ein stark verändert. Neben Fernsehen, Zeitungen, Hörfunk und Modell entwickelt, das am 17. März in Berlin vorgestellt wurde. Zeitschriften ist das Internet als weiteres bedeutsames­ Massen- Das Modell legt den Schwerpunkt auf die Ermittlung der quan- medium dazu gekommen. Damit hat sich nicht nur das Medi- titativen Reichweiten in den relevanten Medienmärkten und enangebot erheb­lich ausgeweitet, sondern gleiche Inhalte sind deren Verrechenbarkeit mit den Zuschauerreichweiten. Zwar ist über verschiedene digitale Plattformen verfüg­bar. So sind Fern- allen Beteiligten klar, dass auch qualitative sehinhalte zunehmend on demand über Mediatheken und Hör- Merkmale wie die unterschiedliche Wir- funkangebote als Podcast im Internet abrufbar. Zeitungen und kung von Angeboten eine hohe Bedeu- Zeitschriften haben neben ihren Printaus­gaben neue Marken tung für die Meinungsbildung haben. Im wie bild.de oder spiegel.de im Internet, die sich in ihrer Gestal­ tung aus Texten, Bildern und Videos zu einem neuartigen elektronischen Onlinemedium entwickeln. Das Inter- net ist im Begriff, sich zum Multifunktionsmedium zu

30 | tendenz 2.10 Medienforschung

Gegensatz zu quantitativen Daten sind qualitative Merkmale wie aufzuwenden wären, können die ag.ma-Daten Suggestivkraft nur schwer operationalisierbar. Das von der BLM grund­sätzlich für die Ermittlung der Reich­weiten vorgeschlagene Modell beinhaltet einen fünfstufigen Ansatz: in den verwandten Märkten herangezogen werden. Eine Herausforderung für den Aufbau eines Kon- 1. Bestimmung der meinungsrelevanten Mediengattungen wie zentrationsmodells ist die Bestimmung vergleich- Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk und Internet barer Messgrößen für die Reichweiten-Ermittlung. 2. Ermittlung der Reichweiten der meinungsrelevanten Medien So wurden bei der KEK-Entscheidung zu Sprin- auf Basis anerkannter und regelmäßiger Reichweitenstudien ger/ProSiebenSat.1 unterschiedliche Messgrößen wie Media Analyse und GFK-Meter zu einem Gesamtmarktanteil im Fernse- 3. Bestimmung vergleichbarer Messgrößen zur Reichweiten- hen addiert: der Zuschauer­marktanteil Ermittlung der verschiedenen Medien der ProSiebenSat1-Programme, die an der 4. Ermittlung der Relevanz bzw. Gewichtung der für die Auflage gemessenen Reichweiten­anteile Meinungsbildung relevanten Mediengattungen auf Basis des Axel Springer Verlags im Zeitungs- einer repräsentativen empirischen Erhebung und Zeitschriftenmarkt sowie Anteile an 5. Festlegung der Schwellenwerte für die Vermutung den »unique usern« vorherrschender Meinungsmacht im Onlinemarkt. Die Analyse der Reichweite und Nutzungsdauer ergibt, dass die Meinungsbildung hauptsächlich­ in den Massenmedien Fernse- hen, Hörfunk, Zeitungen, Zeitschriften und Internet stattfindet. Als aktuelle Medien werden Fernsehen und Hörfunk täglich von drei Viertel sowie Tageszeitungen und Internet von rund der Hälfte der Bevölkerung genutzt. Eine publizistische Relevanz kann noch den Anzeigenblättern zugeschrieben werden. Sie haben aber nur eine Bedeutung für die lokale Meinungsbildung und müssen deshalb nicht in einem überregionalen Konzentra- tionsmodell erfasst werden. Dagegen sind lokale Tageszeitungen und lokaler Rundfunk in das Modell mit einzubeziehen, da sie neben der lokalen Berichter­stattung ein überregionales Nach- richten- und Informationsangebot beinhalten. Die Reichweite der Medien wird in Deutschland unter dem Dach der Arbeits- gemeinschaft Media Analyse (ag.ma) erfasst. Die Vereinigung repräsentiert über ihre Mitglieder nahezu alle relevanten Medien in Deutschland und die werbungtreibende Wirtschaft. In Anbetracht der hohen Wertschät- zung und Aktualität der ag.ma-Daten und der Kosten, die für eine vergleich- bare Reichweiten­forschung Medienforschung

Eine Verrechnung unterschiedlicher Messgrößen führt aber Ausbildungsangeboten enthält. Nur ein Teil der Internetnutzung unweigerlich zu verzerrten Ergebnissen. Zudem beschreibt die ist deshalb Mediennutzung und damit für die Konzentrations- Auflage einer Zeitschrift lediglich das Reichweiten­poten­zial, sagt messung relevant. Mit Hilfe der Inhaltsanalyse ist es aber mög- jedoch nichts über die tatsächliche Nutzung der Inhalte aus. lich, den relevanten Online-Medienmarkt zu definieren. Messgrößen müssen verrechenbar sein Zu den Onlinemedien gehören die Angebote der Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh- und Radioveranstalter sowie neue Inhal- Für die Konzentrations­messung sollten deshalb Messgrö- teanbieter wie Portale. Die Angebote werden von der AGOF- ßen herangezogen werden, die die tatsächliche Nutzung eines Erhebung im Rahmen der ag.ma bisher nur in Bezug auf die Mediums beschreiben und möglichst miteinander verrechen- werberelevanten Online­medien ausgewiesen. Dagegen werden bar sind. Neben der bewähr­ten Erfassung der TV-Marktanteile im Nielsen Net Rating alle genutzten Internetangebote erfasst. bieten sich als kleinster gemeinsamer Nenner die Markt­an­teile Das Nielsen-Panel basiert auf der technischen Messung der an den Nutzerreichweiten an. Ein weiterer wichtiger Baustein für Internet-Nutzung von rund 24.000 Personen und ermöglicht die Entwicklung eines Konzentrationsmodells ist die Frage der eine Aggregation der medienrelevanten Websites. Dabei bedarf unterschiedlichen Gewichtung der Medien und Angebote für die es aber einer Verständigung darüber, ob zu den oben genannten Informations- und Meinungsbildung. Für das Fernsehen findet Onlinemedien auch Videoportale wie Youtube oder nutzergene- derzeit im Rahmen der Konzentrationskontrolle eine rein glo- rierte Inhalte wie Wikipedia gerechnet werden. bale Betrachtung von Zuschaueranteilen ohne Differenzierung Bezieht man die Nielsen-Auswertung auf reine Onlinemedien nach Inhalten statt. Es wird dabei unterstellt, dass nicht nur Nach- ergibt sich beispielsweise für April 2010 folgendes Ranking: Füh- richten und Informationsangebote sondern auch unterhaltende rend sind die Portalangebote t-online mit einem Marktanteil an Inhalte (z.B. Lindenstrasse) eine Meinungsrelevanz haben. Diese der Nutzerreichweite von 7,9 Prozent sowie web.de (6,5%) und pragmatische Vorgehensweise sollte grundsätzlich beibehalten yahoo (6,4%). Angebote von reichweitenstarken Printobjekten werden und auch richtungsweisend für die Einbeziehung der ver- wie bild.de und spiegel.de erzielen mit Nutzeranteilen von 3,5 wandten Märkte sein. Prozent bzw. 2,4 Prozent auch im Internet beachtliche Werte Eine Reduktion meinungsrelevanter Medien auf bestimmte (vgl. Top 20-Tabelle unten). Auch die privaten TV-Anbieter Angebote und Sendungen innerhalb einer Gattung, z.B. Nach- RTL und ProSieben sind mit Anteilen von 2,5 Prozent bzw. 1,5 richtenmagazine, wird dem relativen Bezug zur Relevanz einer Prozent unter den Top 20, Einzelangebote der öffentlich-recht- Mediengattung für den Meinungsmarkt nicht gerecht. Außerdem lichen Anstalten dagegen nicht. ARD Gesamt (Aggregation der muss eine Bewertung vorgenommen werden, die ein Werturteil Angebote aller ARD-Anstalten) erreicht immerhin Platz 4 im erfordert, dass zwangsläufig subjektiv ist. Anders stellt sich die Ranking, ZDF Gesamt mit 1,6 Prozent Platz 18. Entgegen bis- Situation in Bezug auf das Internet dar, dass ein breites Ange- her vorherrschender Meinung ist es möglich, den Nutzungsan- bot von Dienstleistungen, e-commerce-Angeboten bis hin zu teil aller Onlinemedien zu erfassen und die Marktanteile der

Marktanteile der Medien in verwandten Medien

HÖRFUNK ONLINEMEDIEN ZEITUNGEN ZEITSCHRIFTEN Platz MA MA MA MA

01 NDR 1 Gesamt 6,8% t-online.de 7,9% BILD / Deutschland 20,5% ADAC motorwelt mo 6,7% 02 radio NRW 6,2% web.de 6,5% WAZ MEDIENGRUPPE 3,9% rtv wö 4,8% 03 Bayern 1 5,1% Yahoo 6,4% HAZ-Total 2,6% BILD am SONNTAG wö 3,9% 04 ANTENNE BAYERN 5,1% ARD Gesamt 5,2% Münchner Merkur / tz Gesamtausgabe 2,2% Prisma wö 2,9% 05 SWR3 4,5% GMX 4,8% STUTTGARTER ZTG 2,1% stern wö 2,7% 06 Radio-Kombi Baden-Württemberg 4,5% MSN 4,5% Zeitungsgruppe Bremen / Weser-Ems 2,1% TV SPIELFILM 14 2,3% 07 WDR 2 4,0% bild.de 3,5% Süddeutsche Zeitung 2,0% DER SPIEGEL wö 2,2% 08 WDR 4 4,0% chip.de 3,1% Rheinische Post 1,9% BILD der FRAU wö 2,2% 09 MDR 1 DIE ZIELGRUPPE 4,0% computerbild.de 2,6% Zeitungsgruppe Köln 1,9% TV Movie 14 2,1% 10 1LIVE 3,4% rtl.de 2,5% Frankfurter Allgemeine Zeitung 1,6% tv 14 14 2,1% 11 BAYERN FUNKPAKET 3,4% news.de 2,5% MITTEL HESSEN PRESSE 1,6% FOCUS wö 2,0% 12 NDR 2 2,8% spiegel.de 2,4% Nürnberger Nachrichten / Zeitung 1,4% HÖRZU wö 1,7% 13 SWR4 BW 2,8% welt.de 2,3% Neue Osnabrücker Zeitung / Ztgr Sw.-Ns. 1,4% SPORT BILD wö 1,5% 14 Bayern 3 2,8% aol.de 2,1% Mitteldeutsche Zeitung Gesamt 1,3% BUNTE wö 1,5% 15 Hit-Radio Antenne 2,3% focus.de 2,0% Sächsische Zeitung 1,3% COMPUTER BILD 14 1,5% 16 radio ffn 2,3% arcor.de 1,9% Südwest Presse 1,3% SUPERillu wö 1,3% 17 HIT RADIO FFH 2,3% 1und1.de 1,7% Freie Presse 1,3% Brigitte 14 1,3% 18 Deutschlandfunk 1,7% ZDF Gesamt 1,6% Zeitungsgruppe Rhein-Neckar 1,3% GEO mo 1,2% 19 hr3 1,7% prosieben.de 1,5% bremenplus 1,3% kicker-sportmagazin wö 1,2% Michael Scholz Michael

20 hr4 1,7% pcwelt.de 1,5% HNA Hess./Nieders.Allgemeine 1,2% tv Hören und Sehen wö 1,1% i k : f

a

Quelle: ma 2009 Radio II, Quelle: Nielsen NetView April 2010, Quelle: ma 2009 Pressemedien II, Quelle: ma 2009 Pressemedien II, gr o

Basis: Hördauer, eigene Berechnungen Unique Audience, eigene Berechnungen Basis: LpA, eigene Berechnungen Basis: LpA, eigene Berechnungen f n I

32 | tendenz 2.10 Relevanz der Medien für die Meinungsbildung Prozentwerte: Mehrfachnennungen möglich

TV Radio Tageszeitung Internet Zeitschriften Nutzer gestern 86% 64% 54% 51% 24% (Tagesreichweite)

Nutzer gestern 62% 47% 42% 19% 8% »Informierend«

Marktanteil an Nutzer 35% 26% 23% 11% 5% gestern »Informierend«

Wichtigstes Medium für 43% 9% 28% 15% 3% die Meinungsbildung TV Radio Tageszeitung Internet Zeitschriften Potenzielles Gewicht 40% 15% 25% 15% 5% für Meinungsbildung Nutzer gestern 86% 64% 54% 51% 24% (Tagesreichweite)

Quelle: TNS Infratest/BLM Nutzer gestern 62% 47% 42% 19% 8% »Informierend« Anbietergruppen zu bestimmen. Bezogen auf die Unternehmen ermöglicht werden, seine Marktstellung auf medienrelevanten hat Google den derzeit größten Reichweitenanteil am Online-Marktanteil anMärkten Nutzer durch35 die% Aufgabe von ihm2 zurechenbaren6% Beteili23% - 11% 5% medien-Markt, gefolgt von Deutsche Telekom, Microsoft, gesternUnited »Informierend« gungen entsprechend zu vermindern. Internet, Bertelsmann, von Holtzbrinck, Axel Springer, ProSie- Der Fokus des derzeitigen Konzentrationsmodells liegt auf Wichtigstes Medium für 43% 9% 28% 15% 3% benSat.1, Burda, Facebook, Yahoo, AOL und ARD. Zu überlegendie Meinungsbildung den klassischen Medien. Zunehmend haben aber auch Platt- ist aber noch, inwieweit Social Media- und Videoportal-Angebote, formanbieter, die den Zugang zu Medien kontrollieren, elek- die auf sehr hohe Reichweitenanteile kommen, in die MessungPotenzielles tronische Gewicht Programmführer40% und Suchmaschinenanbieter15% 2 einen5% 15% 5% für Meinungsbildung einbezogen werden sollen. direkten oder indirekten Einfluss auf die Meinungsbildung. Die Medienwirkungsforschung belegt, dass die Wirkung Die Bestimmungen zur Zugangsregulierung begrenzen bisher der einzelnen Medien auf die Nutzer­schaft unterschiedlich ist. nur zum Teil die Spielräume dieser Anbieter. Neben der Fest- Nicht jede Mediengattung ist deshalb gleich relevant für die Mei- legung der Schwellenwerte für die verwandten Märkte ist bei nungsbildung im medienrechtlichen Sinne. Die Ermittlung des der geplanten Novellierung des Medien­kon­zentrationrechts im Gewichts der Medien für die Informations- und Meinungsbil- Rundfunkstaatsvertrag der Erlass zusätzlicher Regeln für die son- dung er­scheint daher als weiterer Baustein für die Entwicklung stigen relevanten Märkte unbedingt notwendig, insbesondere für eines Konzentrationsmodells unerlässlich. Die BLM hat mit Netze/Platt­formen sowie Suchmaschinen. Immerhin 37 Prozent dem Forschungsinstitut Infratest ein Konzept zur Ermittlung der Nutzer, die im Internet Informationen rezipiert haben, haben der Gewichte der einzelnen Mediengattungen für die Meinungs­ sich laut der Infratest-Studie9 über8% eine Such­maschine zur Infor- Google bildung entwickelt. Basierend auf den Befragungsergebnissen der mation »gegoogelt« – zu 98 Prozent über Google, zu 15 Prozent Studie »Relevanz der Medien für die Meinungsbildung« ergeben über msn, zu acht Prozent über15 %Bing, zu fünf Prozent über Yahoo sich daraus folgende gerundete Werte (vgl. auch Grafik oben): und zu einem Prozent über Ask.commsn (vgl. Grafik unten). • Fernsehen 40 Prozent 8% • Zeitungen 25 Prozent Relevanz von SuchmaBing schinen • Onlinemedien 15 Prozent Suchmaschine Wie Internet-Nutzer zu ihren Informationen kommen genutzt: 37% 5% • Hörfunk 15 Prozent Quelle: TNS Infratest/BLM. Basis: InformierendeYahoo Internetnutzung gestern • Zeitschriften 5 Prozent (n = 444; 12,89 Mio.) /Suchmaschine genutzt (n = 147; 4,78 Mio.)

1% Auf Grundlage der Ge­­wichte der einzelnen Mediengattungen 98% keine Suchmaschine Ask.com Google können die Schwel­lenwerte für die Vermutunggenutz vont Meinungs: 62% - macht definiert werden. Dem Gesetzgeber wird somit die Mög- 15% lichkeit eröffnet, auf der Grundlage repräsentativer Markt- msn daten bzw. eines empirisch abgesicherten Erhebungsmodells, 8% die Schwellenwerte für die geplante Novellierung der kon- Bing zentrationsrechtlichen Bestimmungen im Rundfunkstaats­ Suchmaschine vertrag festzulegen und in zeitlichen Abständen zu aktuali- genutzt: 37% 5% sieren. Nach Auffassung der BLM sollte ein Unternehmen Yahoo nicht mehr als ein Sechstel am gesamten Meinungsmarkt 1% erhalten können. Die Unternehmen würden mit dem Modell keine Suchmaschine Ask.com einen praxisgerechten Rahmen für die Planung von Übernahmen genutzt: 62% und Fusionen erhalten, der zudem flexibel an die veränderten Bedingungen im Medienmarkt angepasst werden kann. Einem Unternehmen könnte bei Überschreiten der Schwellenwerte

2.10 tendenz | 33 Service TV-MarktantEIle

Nachrichten »Fräuleinwunder« Lena Als einen »Hoffnungsträger in Krisenzeiten« bezeichnet das Monheimer Institut die Siege- rin des Eurovision Song Contest, Lena. Das Institut hat aus medien- psychologischer Sicht untersucht, was das »Phänomen Lena Mayer- Landrut« ausmacht und was die Deutschen an ihr so fasziniert. Das Ergebnis: Lena sei ein Star, der durch Natürlichkeit und Nor- malität besteche und habe für viele Jugendliche jetzt schon Vor- bildfunktion. Nähere Infos unter www.monheimerinstitut.com.

Haushaltsabgabe Eine geräteunabhängige Haus- haltsabgabe in Höhe von ca. 18 Euro pro Monat soll nach dem Beschluss der Ministerpräsiden- ten ab 2013 jeder Haushalt in Deutschland zahlen. Die Reform der Rundfunkgebühr zielt darauf ab, dass nicht mehr der Besitz von Rundfunkempfangsgeräten Lena verschaffte der ARD mit ihrem Sieg im Eurovision Song Contest beste Quoten. ausschlaggebend ist, sondern pro Haushalt gezahlt wird. Im Frühjahr: RTL wieder vorne

TV-marktanteile BRD Bayern RTL 13,8 11,2 Lena wird zum Star ARD 12,9 13,6 Lena, die umjubelte Gewinne- den 14- bis 49-Jährigen). Pro Sieben abrutschten und damit nur 0,3 Pro- ARD Dritte 12,7 12,3 rin des Eurovision Song Contest, durfte Gewinnerin Lena dafür in zent über Sat.1 liegen. Im Ranking ZDF 11,6 11,3 sorgte in den Programmhits von TV-Total und anderen Sendungen folgen nach Marktführer RTL, das SAT.1 10,5 10,5 April bis Mai für einen ersten begrüßen. Außer der Begeisterung Erste Programm, die Dritten Pro- PRO7 6,9 7,3 Platz der ARD bei den TV-Zu- gramme der ARD und dann das VOX 5,7 5,4 schauern von 14 bis 49 Jahren. ZDF. Den Mainzern fehlte im April RTL II 4,0 3,5 Doch trotz der knapp 15 Millio- offenbar eine sichere Quotenbank Kabel 1 3,9 3,8 nen Zuschauer für den Eurovision mit »Wetten dass«, und das Doku- Super RTL 2,3 2,4 Song Contest am 29. Mai musste drama »Dutschke« erzielte nicht KI.KA 1,3 1,3 das Erste in den Frühlingsmonaten die erhofften Werte. Dafür punk- SPORT1 1,1 1,4 April und Mai (kumuliert) zurück- tete Sat.1 mit König Fußball. Das N 24 1,0 1,2 stecken und liegt nun mit 12,9 Pro- Champions League-Spiel zwischen N-TV 1,0 1,2 zent Marktanteil hinter dem Kölner Bayern München und Inter Mailand Tele 5 1,0 1,5 Sender RTL, der wieder zum Markt- platzierte sich in den Programmhits Phoenix 0,9 1,1 führer geworden ist. Die Kooperati- unter den ersten Zehn. Sat.1 hatte Die Grand Prix-Party nach dem on zwischen ARD und ProSieben- im April mit elf Prozent Marktan- NICK 0,8 0,6 Song Contest punktete ebenfalls. DMAX 0,7 0,8 Showprofi Stefan Raab hat sich teil bei den Zuschauern ab 3 Jahren VIVA 0,5 0,4 gelohnt. Die ARD hat über die Ca- für Lena und für die Superstars aus seinen stärksten Monat seit zwei MTV 0,4 0,4 stingshows jüngere Zuschauer ge- DSDS finden sich Fußball und For- Jahren. Vox hatte im Vergleich zum Comedy Cent. 0,3 0,3 wonnen: Mit der Ausstrahlung des mel 1 unter den Programmhits im März leichte Verluste, während Eurovision Song Contest erzielte April und Mai. Wenig zu bieten hat- RTL 2 in den Monaten März, April

Mo --So, 3.00--3.00 Uhr; Basis: Zuschauer Gorys) (2, oben RTL Lukas © links ARD (2); rechts das Erste traumhafte Quoten (un- te indes das ZDF, die im April auf ei- und Mai konstant bei vier Prozent ab 3 Jahren in allen TV-Haushalten in der BRD o s : t

und Bayern im Vergleich (in Prozent) gewohnte 61,4% Marktanteil bei nen Marktanteil von 11,3 Prozent Marktanteil lag. F o

34 | tendenz 2.10 Service

* TV-Marktanteile im 2.Quartal wegen des frühen Redaktions- April – Mai 2010* | schlusses nur bis einschließlich 31.05.2010 ausgewertet.

Programmhits | Zuschauer ab 3 jahren

RW in Mio MA in % 1 RTL Formel 1 – China, das Rennen So 18.04.2010 5,52 49,8 2 RTL Formel 1 – China, vor dem Rennen So 18.04.2010 4,35 49,2 3 ARD Eurovision Song Contest 2010 Sa 29.05.2010 14,73 49,0 4 RTL Formel 1 – Malaysia, das Rennen So 04.04.2010 6,06 48,0 5 RTL Formel 1 – Malaysia, vor dem Rennen So 04.04.2010 5,06 46,3 6 ARD Grand Prix Party Sa 29.05.2010 6,63 45,5 7 RTL Formel 1 – Monaco, das Rennen So 16.05.2010 7,43 44,0 8 Sat.1 ran, UEFA CL: FC Bayern-Inter Mailand (2. HZ) Sa 22.05.2010 12,64 43,7 9 RTL Formel 1 – Spanien, vor dem Rennen So 09.05.2010 5,67 40,2 10 RTL Formel 1 – Spanien, das Rennen So 09.05.2010 5,85 39,6 11 Sat.1 ran, UEFA CL: FC Bayern-Inter Mailand (1. HZ) Sa 22.05.2010 11,07 39,0 12 RTL DSDS – Die Entscheidung / Folge 10 Sa 17.04.2010 7,12 38,8 13 RTL Formel 1 – Türkei, vor dem Rennen So 30.05.2010 6,45 38,6 Das Formel 1-Rennen in China liegt, nach dem Markt­ 14 RTL Formel 1 – Türkei, das Rennen So 30.05.2010 6,74 37,2 anteil in Prozent gemessen, mit 49,8% bei den Zuschauern 15 Sat.1 ran, UEFA CL: Manchester United-FC Bayern (2.HZ) Mi 07.04.2010 11,08 37,0 ab drei Jahren vorne. Nach der Reichweite in Millionen 16 Sat.1 ran, UEFA CL: FC Bayern-Olympique Lyon (2.HZ) Mi 21.04.2010 10,35 35,0 hatte Lena mit knapp 15 Millionen aber eindeutig die 17 Sat.1 ran, UEFA CL: Olympique Lyon-FC Bayern (2.HZ) Di 27.04.2010 10,24 34,0 18 RTL Exclusiv-Spezial: Die Nacht der Superstars Sa 17.04.2010 4,37 33,8 meisten Fans vor dem Fernseher versammelt. 19 ZDF ZDF SPORTextra: FB DFB Bremen-FC Bayern Sa 15.05.2010 10,09 33,2 20 RTL Formel 1 – Malaysia, Qualifying Sa 03.04.2010 2,17 32,5

Programmhits | Zuschauer 14–49 Jahre

RW in Mio MA in % 1 ARD Eurovision Song Contest 2010 Sa 29.05.2010 8,42 61,4 2 ARD Grand Prix Party Sa 29.05.2010 4,32 52,2 3 RTL DSDS – Die Entscheidung / Folge 10 Sa 17.04.2010 4,59 50,8 4 RTL Formel 1 – Malaysia, das Rennen So 04.04.2010 2,52 46,5 5 RTL Formel 1 – China, das Rennen So 18.04.2010 2,30 45,7 6 RTL Formel 1 – China, vor dem Rennen So 18.04.2010 1,70 45,7 7 Sat.1 ran, UEFA CL: FC Bayern-Inter Mailand (2. HZ) Sa 22.05.2010 5,33 45,6 8 RTL Exclusiv-Spezial: Die Nacht der Superstars Sa 17.04.2010 2,99 45,6 9 RTL Formel 1 – Malaysia, vor dem Rennen So 04.04.2010 2,14 44,9 10 Sat.1 ran, UEFA CL: FC Bayern-Inter Mailand (1. HZ) Sa 22.05.2010 4,68 44,4 11 RTL Formel 1 – Monaco, das Rennen So 16.05.2010 3,27 44,3 12 RTL DSDS – Das große Finale / Folge 20 Sa 17.04.2010 4,73 39,1 13 RTL Formel 1 – Türkei, vor dem Rennen So 30.05.2010 2,83 37,1 Die Nacht der Superstars, ein Exclusiv-Spezial auf RTL, 14 RTL Formel 1 – Türkei, das Rennen So 30.05.2010 2,96 36,6 interessierte am 17. April knapp drei Millionen Zuschauer 15 Sat.1 ran, UEFA CL: Manchester United-FC Bayern (2.HZ) Mi 07.04.2010 4,75 36,2 (14 bis 49 Jahre). Trotz der Lena-Euphorie sind DSDS-Juror 16 RTL Formel 1 – Spanien, das Rennen So 09.05.2010 2,17 35,3 Dieter Bohlen, der hier von Frauke Ludowig befragt wird, 17 RTL Formel 1 – Spanien, vor dem Rennen So 09.05.2010 2,10 35,1 18 Sat.1 ran, UEFA CL: FC Bayern-Olympique Lyon (2.HZ) Mi 21.04.2010 4,50 35,0 und »seine« Superstars konstante Quotenbringer für RTL. 19 RTL Familien im Brennpunkt / Folge 2 Mi 21.04.2010 1,37 34,2 20 RTL Familien im Brennpunkt / Folge 144 Do 29.04.2010 1,01 33,7

TV-marktanteile** | zielgruppen Jahresverlauf 2010

Gesamt 3–13 J. 14–29 J. 30–49 J. ab 50 J. 1. Quartal Januar Februar März April Mai RTL 13,8 10,3 18,6 18,0 10,6 RTL 13,0 12,7 12,7 13,7 14,0 13,6 ARD 12,9 4,5 4,4 7,6 18,5 ARD 13,4 13,4 14,0 12,8 12,8 12,9 ARD Dritte 12,7 2,3 3,0 7,0 19,0 ARD Dritte 13,4 14,0 13,6 12,6 12,5 12,8 ZDF 11,6 3,5 3,0 6,6 17,0 ZDF 13,1 13,1 13,8 12,5 11,3 11,9 SAT.1 10,5 6,7 10,5 11,7 10,2 SAT.1 10,0 9,5 9,9 10,6 11,0 10,1 PRO7 6,9 9,4 19,4 9,7 2,2 PRO7 6,3 6,3 5,8 6,6 6,9 6,8 VOX 5,7 2,8 7,1 8,1 4,3 VOX 5,6 5,6 5,4 6,0 5,6 5,8 RTL II 4,0 3,4 7,0 5,9 2,3 RTL II 3,8 3,8 3,8 4,0 4,0 4,0 KABEL 1 3,9 2,8 6,4 5,8 2,3 KABEL 1 3,9 3,8 3,8 3,9 3,9 3,9 Super RTL 2,3 19,6 2,6 2,1 0,9 Super RTL 2,2 2,2 2,2 2,4 2,3 2,2 KI.KA 1,3 15,5 1,4 1,1 0,3 KI.KA 1,4 1,3 1,3 1,4 1,3 1,4 SPORT1 1,1 0,7 1,2 1,1 1,1 SPORT1 0,8 0,9 0,7 0,8 0,9 1,3 N 24 1,0 0,3 1,2 1,3 0,8 Tele 5 0,9 0,9 0,9 1,0 0,9 1,0 N-TV 1,0 0,2 0,7 1,1 1,0 N 24 0,9 1,0 0,9 0,9 1,0 1,0 Tele 5 1,0 0,7 0,6 1,4 0,8 N-TV 0,8 0,9 0,8 0,8 1,0 0,9

SevenOne Media. Daten endgültig gewichtet, 1.04. – 31.05.2010– 1.04. gewichtet, endgültig Daten SevenOne Media. Phoenix 0,9 0,1 0,4 1,0 1,1 Phoenix 0,9 1,0 0,9 0,8 0,9 0,9 NICK 0,8 9,6 1,6 0,6 0,1 NICK 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 0,9

e l l e n : DMAX 0,7 0,5 1,5 1,2 0,3 DMAX 0,6 0,6 0,6 0,6 0,7 0,7 b VIVA 0,5 1,5 1,9 0,6 0,1 VIVA 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 MTV 0,4 0,9 1,7 0,3 0,1 MTV 0,3 0,3 0,3 0,3 0,4 0,4 e l l e Ta u Comedy Central 0,3 0,8 1,3 0,3 0,1 Comedy Central 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 Q

** Mo--So, 3.00--3.00 Uhr; Basis: Zuschauer ab 3 Jahren in allen TV-Haushalten in der BRD (in Prozent) 2.10 tendenz | 35 25 jahre mit Diskussion zur BLM Medienregulierung

Innovationsförderung und Qualitätssicherung als Kernaufgaben. Mit einer Diskussion über »Medienaufsicht in der digitalen Welt« im Münchner Literaturhaus feierte die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) am 6. Mai ihr 25-jähriges Bestehen. Tzue x t Sfinden.andra Eschenbach

36 | tendenz 2.10 Veranstaltungen

2 Podiumsgast: Frauke Gerlach, Vors. der LfM-Medien­kommission. 3 BLM-Geschäftsführer Martin Gebrande im Gespräch mit Norbert Kießling, Geschäftsführer von TV Oberfranken. 4 Die Zukunft der Medienregulie- 1 2 rung war Thema auf dem Podium.

1 Staatskanzlei-Chef Siegfried Schneider würdigte die Leistungen der Bayerischen Landes­zentrale für neue Medien beim Festakt im Münchner Literaturhaus.

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ine gute Nachricht Mittelpunkt der Keynote von Prof. Dr. Ot- Die derzeitige Krise beschrieb Jarren als verkündete Staats- fried Jarren vom Institut für Publizistik- »Krise der Eliten«. Der Veränderungs- kanzlei-Chef Sieg- wissenschaft und Medienforschung der druck, dem die klassischen Medien aus- fried Schneider im Universität Zürich, nach dessen Auffas- gesetzt seien, dürfe nicht mit deren Ende E Rahmen der Feier: sung Innovationsförderung und Quali- gleichgesetzt werden. Gerade weil die Die Gebührenre­ tätssicherung künftig im Mittelpunkt der moderne Gesellschaft immer pluraler form soll dafür genutzt werden, eine Medien­regu­lierung stehen sollen. »Die Be- werde mit immer mehr individuellen finanzielle Förderlösung für den lokalen gleitung und Förderung des Strukturwan- Möglichkeiten zur Informationsbe­ privaten Rundfunk in Bayern zu finden. dels der publizisti­schen Medien scheint schaf­fung, seien publizistische Medien Ein entsprechender Antrag bei der Rund- mir eine vorrangige, weil gesellschaftlich unerlässlich, die zuverlässig nach Rele- funkkommission, eine Öffnungsklausel in besonders relevante Aufgabe zu sein«, be- vanz und Qualität filterten sowie Orien- den Rundfunkgebührenstaatsvertrag auf- tonte der Kommunikationswissenschaftler. tierung gäben. zunehmen, ist bereits eingereicht worden. Damit hätten die Länder die Möglich- keit, publizistische Inhalte außerhalb des Ja zu öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu för- dern. Immerhin, so Schneider in einem Nebensatz seiner Festrede, stünden die föderaler Chancen besser als noch zwei Jahre zuvor, als der Antrag mit 15:1 in den Ländern aufsicht ab­geschmettert worden sei. Auch dieses Mal hat es nicht geklappt, wie seit dem Auch im Internet gehe es nicht nur um Generell kritisierte der Züricher Medien- 10. Juni klar ist. Aufsicht, sondern um die Förderung pu- experte den fehlenden Blick auf das Ganze Diese Vorlage griff BLM-Medienrats- blizistischer Inhalte. Den derzeitigen Um- und regte einen neuen Ordnungsrahmen vorsitzender Dr. Erich Jooß in der Dis- bruch in den traditionellen Massenmedien für das publizistische System an: »Das kussion auf. Allein aus dem Markt ließen bezeichnete er als »Gesund­schrumpfen«. bedeutet über­haupt nicht, dass zukünftig sich regionales und lokales Fern­sehen Presse und Fernsehen müssten ein neues, nur noch Bundesbehörden agieren – im nicht bezahlen: »Wenn uns der Faktor überzeugendes Leistungsprofil ent­wickeln. Gegenteil. Gerade das deutsche Beispiel Nähe im journalistischen Bereich wichtig Eine ausdifferenzierte Gesellschaft habe zeigt: Regulatorische Diversität ist ange- tigerfilm/photocase.com (links), Faces by Frank by tigerfilm/photocase.comFaces (links), ist, müssen wir ihn finanzieren«, forderte ein differenziertes Medienangebot mit zeigt, zumal im kooperativen Föde­ra­ o s : t

F o Jooß. Der Förderbegriff stand auch im unterschiedlichen Angebotsqualitäten. lismus.« Jedoch müssten endlich alle –

2.10 tendenz | 37 Veranstaltungen

6/7 In der Diskussionsrunde: Rundfunkunternehmer Michael Oschmann (6) und Dr. Erich Jooß (7), Vorsitzender des BLM-Medienrats. 8 Die BR-Moderatoren Markus Othmer und Katja Wunderlich beglückwünschten das Ehepaar Ring zum Jubiläum.

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5 Ist er es oder ist er es nicht? Damit »Medien-Obama« Wolf-Dieter Ring an den Auftritt des Minister­präsidenten zur 25-Jahr-Feier denkt, übergab ihm Double Wolfgang Krebs ein Foto mit dem »echten« Landesvater zur Erinnerung. 7 8 alte und neue – Player einbezogen werden. ins Hintertreffen geraten zu lassen. Die man dabei zu lernen, was im Netz passiert, Förderung in den Bereichen Medienfinan- Medien­politik, so Ring, hätte sich in den um auch in Zukunft seine Aufgabe erfüllen zierung, -qualität und -kompetenz, die letzten Jahren sehr stark auf den öffentlich- zu können. BLM-Medienrats­vor­sitzender Verbesserung eigener Arbeitsstrukturen rechtlichen Rundfunk konzentriert. Als Jooß bestätigte, dass alte Gestaltungs- sowie mehr Transparenz bei Internetun- wichtige Zukunftsaufgabe sieht auch Ring kompetenzen in die neue Zeit übertragen ternehmen formulierte Jarren als wich­tige die Förderung der pub­lizistischen Qua- werden müssten. Georg Schäff, Verle- Zukunftsaufgaben. lität und des Mediennachwuchses. Eine ger des Donau­kuriers in Ingolstadt, gab Staatsminister Siegfried Schneider, Lei- gute Ausbildung sei Voraus­setzung für die zu bedenken, dass vor allem eine Aufklä- ter der Bayerischen Staatskanzlei, hob in Qualitätssicherung. Das Podium war sich rung der Gesellschaft über die technolo- diesem Kontext die Leistungen der BLM darin einig, dass vor allem Medienkompe­ gischen Entwicklungen notwendig sei. Nur im Jugendmedien­schutz sowie in der tenz mehr denn je notwendig sei, um die wenige Menschen wüssten darüber Be- scheid. Medienpolitik müsse für Transpa- renz hinsicht­lich der Internet­unternehmen Gestaltungs- sorgen, forderte er, da diese technologie- getrieben seien. Rundfunkunternehmer Michael Oschmann ergänzte, dass die kompetenz Gatekeeper-Frage angesichts Google und Facebook neu gestellt werden müsse: »Wie modernisieren transparent muss ein Google-Algorithmus sein?« Bernd Sibler, MdL, Vorsitzender des Medienerziehung und –pädagogik her- neuen Entwicklungen begreifen zu kön- Aus­schusses für Hochschule, Forschung vor. Er unterstrich aber auch ihre Be- nen. Ob die Gremien denn diese Entwick- und Kultur, verwies auf die Rechtspre- deutung für die digitale Zukunft: »Die lungen schon verinnerlicht hätten, fragte chung, die vieles klären werde, auch die heutigen Ent­wicklungen im Medienbe- sinngemäß Mode­rator Helmut G. Bauer Frage der Algorithmen. reich erfor­dern von uns genauso viel Kraft, in die Runde. Frauke Gerlach, Vorsitzende Nachdem Staatsminister Schneider Ausdauer und vor allem klare medienpo- der Medienkommission der Landesanstalt im Literaturhaus die Arbeit der BLM litische Vorstellun­gen wie die Pionier­ für Medien Nord­rhein-Westfalen (LfM), gewürdigt hatte, erlebten die Gäste bei leistungen während der Anfänge des wies auf die Notwendigkeit hin, die eigene der Feier in der Isarpost eine ganz an- pri­vaten Rundfunks.« Gremienarbeit trotz guter Leistungen auf dere Art von Laudatio. Das Double des An diese Pionierleistungen erinnerte den Prüfstand zu stellen, um sich für die bayerischen Minister­präsidenten Horst BLM-Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring digitale Welt zu rüsten: »Wir beschäfti- Seehofer, Kabarettist Wolfgang Krebs, und forderte gleichzeitig, den privaten gen uns gerade sehr damit, unsere eige- machte sich Gedanken über die Eigenarten Rundfunk in der Diskussion um die Zu- nen Strukturen zu überprüfen, ob diese der bayerischen Medienlandschaft und Frank by Faces o s : t kunft und Finanzierung der Medien nichts überhaupt noch passen.« Außerdem sei deren Repräsentanten. F o

38 | tendenz 2.10 Termine

2010 9.–14.09. | Amsterdam 4.–5.10. | leipzig 6.–7. 07 | Nürnberg IBC 2010 13. Kabelkongress des FRK Lokalrundfunktage 2010 Kongress und Messe Kongress des Fachverbandes Fachtage für lokalen und www.ibc.org Rundfunkempfangs- und Kabelanlagen regionalen Rundfunk www.kabelkongress.de www.lokalrundfunktage.de 10.09. | HamburG 5. Mobile National Day Hamburg 4.–6.10. | Frankfurt am Main 8.–11.07. | LEIPZIG für die Verlagswelt eDIT – 12. Film Maker’s Festival Games Convention Online www.mobile-content-day.de www.edit-frankfurt.de Europas Messe für interaktive Unterhaltung, Infotainment, 15.–16.09. | KÖLN 4.–8.10. | Cannes Edutainment & Hardware dmexco Mipcom www.gamesconvention.com Digital marketing exposition & conference Internationale Fachmesse und Kongress www.dmexco.de für audiovisuellen Content 16.07. | passau www.mipcom.com Medienkonzentrationskontrolle – 17.–19.09. | LOccum quo vadis? Gamer, Chatter, Nerds 7.10. | KÖLN Symposium an der Universität Passau Tagung der Evang. Akademie Loccum Radioday 2010 www.uni-passau.de www.loccum.de Kongress und Abendveranstaltung www.radioday.de 16.–18.07. | Tutzing 22.09. | AUGSBURG Umbrüche in der Medienlandschaft 8. Augsburger Mediengespräche 9.10. | KÖLN Fachtagung der Akademie www.blm.de 12. Deutscher Fernsehpreis für Politische Bildung Tutzing www.deutscherfernsehpreis.de www.apb-tutzing.de 23.–24.09. | BERLIN Kommunikationskongress 2010 13.–15.10. | MÜNCHEN 23.–25.07. | FÜRTH Int. Fachtagung für Public Relations 24. Medientage München Hört, Hört! www.kommunikationskongress.de Internationaler Kongress und Hörfestival 2010 Medienmesse www.hoerfestival.de 23.–26.09 | Köln/bonn www.medientage.de 13. JugendMedienEvent 19.–22.08. | KÖLN Motto: »Jung. Kreativ. Multimedial« 14.–17.10. | MÜNCHEN Jugendmedientage Gamescom www.jugendmedienevent.de Thema: Medien und Ökonomie Messe für interaktive Spiele www.jugendmedientage.de und Unterhaltung 24.–26.09 | wien www.gamescom.de Game City – Gaming findet Stadt Computerspielmesse und Fachtagung 20.–21.10. | Köln 24.08. | BERLIN www.game-city.at Bad news are good news First Steps Award Medien im Krisen- und Katastrophenfall 1. Evangelischer Medienkongress Wettbewerb für Abschlussfilme 26.09.–1.10. | KÖLn www.rundfunk.evangelisch.de deutschsprachiger Filmschulen 20. Cologne Conference www.firststeps.de Internationales Film- und Fernsehfestival www.cologne-conference.de 18.–24.10. | Leipzig 53. Internationales Leipziger 3.–8.09. | BERLIN 27.09.–3.10. | Chemnitz Festival für Dokumentar- und Internationale Funkausstellung Schlingel Animationsfilm www.messe-berlin.de 15. Internationales Filmfestival für www.dokfestival-leipzig.de Kinder und junges Publikum 6.–7.09. | BERLIN www.ff-schlingel.de 26.–31.10. | Hof Medienwoche@IFA 2010 44. Internationales Hofer Filmtage www.medienwoche.de 28.09. | Hamburg www.hofer-filmtage.com Social Media Forum 8.–10.09. | BERLIN Experten- und Entscheiderforum zu xxxx Popkomm Medienstrategien im Web 2.0 The International Music Business Market www.socialmediaforum.de www.messe-berlin.de

2.10 tendenz | 39 Neue Presseausweis-Nr. (vom Amt auszufüllen)

Antrag auf Ausstellung eines Presseausweises Bitte deutlich lesbar ausfüllen 2 Foto 0 (bitte aufkleben) Erstantrag Folgeantrag Bisherige Presseausweisnr. 1 Bei Folgeantrag Allgemeine Angaben nicht zwingend TT MM JJJJ notwendig. Herr Frau Geburtstag Geburtsort 0

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Berufliche Angaben

Angestellt Freie journalistische Tätigkeit Selbstständig Studium

Arbeitgeber / Ort Website

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Fernsehen Pressebüro Nachrichtenagentur Sonstiges Wort Bild Video Sound

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