Manuskriptseite eines SPIEGEL-Artikels Jeder Text wird von der hauseigenen Dokumen - tationsabteilung auf Richtigkeit geprüft, be - vor er in den Druck geht. Medien „Knast, wenn du lügst!“

uss ich mir als Journalist, liebe Le - Um Antworten darauf zu finden, bin ich serinnen, liebe Leser, Vorwürfe durch Deutschland gefahren, zu vier Jour - Mmachen, wenn Tausende Deut - nalisten ganz unterschiedlichen Typs, die sche durch Dresden ziehen und „Lügen - Presse Weil die viel über Medien nachgedacht und in ih - presse! Lügenpresse!“ skandieren? Nein, nen selbst viel geleistet haben: zu Wolf muss ich nicht, mit großer Wahrscheinlich - Digitali sie rung die Medien Schneider, dem großen Lehrmeister des keit sind diese Leute nicht meine Leser. ver ändert, sollten wir deutschen Journalismus; zu Claus Kleber, Muss ich mir Sorgen machen, wenn Le - dem besten Nachrichten-Einordner im serbriefschreiber mich als „Dilettant“ be - Journalisten ein neues Ver- deutschen Fernsehen; zu Richard Gutjahr, schimpfen, der „Lügen verbreitet“ und hältnis zu unseren einem der berühmtesten Blogger der Re - „ein heizt“? Ja, das muss ich ernst nehmen, publik. Und zu Jessica Schober, einer jun - diese Leser haben 4,60 Euro für das Heft Lesern entwickeln. Sie sind gen Journalistin, die nach ihrer Ausbildung oder als Abonnent jährlich sogar 228,80 kritischer und mächtiger, wie ein Tischler auf die „Wortwalz“ ge - Euro bezahlt, sie gehören zu den rund zehn gangen ist, von Redaktion zu Redaktion. Prozent der Bevölkerung, die in Nachrich - als vielen von uns lieb ist. ten-Magazinen noch Antworten suchen auf Von Cordt Schnibben I. Wie das Netz unser Lesen verändert wichtige politische, ökonomische, gesell - Wolf Schneider hat mich in seinem Auf - schaftliche und kulturelle Fragen. treten immer an Curd Jürgens erinnert, Als junger Journalist und „Zeit“-Redak - des „Teufels General“. Die Grundausbil - teur dachte ich anders über Leser, ich be - dung bei Schneider, der über 16 Jahre lang wunderte einen Ressortleiter der „Zeit“, tens sind da jene Leser, die Texte gern als die Hamburger Journalistenschule leitete, der allwissend wie ein Chefarzt auftrat, Machwerke abtun, verfasst von voreinge - war so unerbittlich, dass mir jetzt noch vor und immer dann, wenn sich ein Leser da - nommenen Journalisten, die gar nicht oder dem Besuch bei ihm über ein Dutzend Re - rüber beschwerte, dass ein Leserbrief un - schlecht recherchieren und sowieso keine geln im Kopf herumkreisen, die er mir ein - beantwortet geblieben war, dem Schreiber Ahnung haben. gebimst hat: Weg mit den Adjektiven! Her mitteilen ließ, er habe leider einen Zim - Die letzten beiden Gruppen beziehen mit den Verben! Hauptsachen in Haupt - merbrand zu beklagen und dabei müsse ihre Informationen vor allem aus dem In - sätzen! Keine Synonyme! Auch unverges - wohl auch dessen Leserbrief in Flammen ternet, sie besuchen Foren, folgen Blog - sen: „Tragen Sie nie beim Interview ein aufgegangen sein. gern, sie spezialisieren sich, und sie nutzen sichtbares T-Shirt, das ist ein amerikani - Bei der „Zeit“ hieß damals das Erfolgs - viele Quellen, die auch wir Journalisten sches Unterhemd, verdammt noch mal!“ rezept: Wir schielen nicht auf den Leser, nutzen. Trotzdem haben wir einen Infor - Des Teufels Sprachmeister, inzwischen wir machen die Zeitung für uns Journalis - mationsvorsprung, eben weil wir – oft in 89 Jahre alt, lebt mit seiner Frau am Starn - ten, es werden sich schon genügend Leser großen Teams, mit großem Aufwand – vor berger See, er zeigt mir gleich einige Bei - finden, die für so ein Blatt bezahlen. Ort gehen und mit Augenzeugen reden. spiele für die Ursünden der Tageszeitun - Als ich zum $#  wechselte Ende Wir bekommen Zugang zu Verantwortli - gen. Darunter zwei Schlagzeilen von der Achtzigerjahre, kam ich in eine Redak - chen, haben Zeit für Recherchen, können „FAZ“ und „SZ“: „Schotten stimmen ge - tion, die stolz darauf war, dass der Leser Beteiligte sprechen, Opfer hören, Täter gen Unabhängigkeit“ und „Schottlands nicht erfuhr, wer die Artikel schreibt und zur Rede stellen, um der Wirklichkeit am ,Nein‘ verändert Großbritannien“. wie sie zustande kommen; fast alle Texte Ende so nah wie möglich zu kommen. Wenn Schneider kritisiert, ist das, als erschienen ohne den Namen des Autors. Und: Beim $#  wird jeder Text – be - kritisiere ein Vater zum hundertsten Mal Es war die große Zeit der journalistischen vor er in Druck geht – von der Dokumen - das falsche Deutsch seiner dämlichen Kin - Autokratie. Texte wurden über dem Pu - tationsabteilung auf Richtigkeit geprüft , da der. Dämlich an diesen Überschriften fin - blikum abgeworfen, Widerspruch war das sitzen 60 Experten: Mediziner, Biologen, det er, dass sie auf Seite eins in der größten Werk von Querulanten, denen man am Historiker, Militärexperten und andere Schrift eine Neuigkeit verkaufen, die jeder besten das Abo kündigte. Fachleute. mögliche Käufer der Zeitung längst aus Seit 25 Jahren bin ich beim $#  Es hilft aber nichts: Ein Teil von Ihnen dem Radio, dem Fernsehen und vor allem und habe dafür kürzlich eine Treueprämie hält uns dennoch einen „Journalismus dem Internet kennt. erhalten, die eigentlich Ihnen zusteht, aber ohne Fakten“ vor. Mehr oder minder pau - Der „hartnäckigste Fehler“ vieler Zei - dazu später mehr. In all diesen Jahren schal werden Journalisten als willfährige tungen sei es, sagt Schneider, die Leser für musste ich lernen, mit Kritik von Lesern Helfer dubioser Interessen abgekanzelt, im dümmer zu halten, als sie sind. Mit Nach - umzugehen. Doch seit einiger Zeit ver - Chefarztton, das hat sich umgedreht, und richten aufzumachen, die seit 24 Stunden schärft sich der Ton der Zuschriften. Es ist das Misstrauen in solchen Briefen – und kursieren, „ist ein Beitrag zum Selbstmord etwas passiert zwischen mir und Ihnen, in unsere Arbeit – ist unübersehbar. der Tageszeitungen“. Der zweitgrößte Feh - zwischen uns Journalisten und Ihnen, den Wo kommt es her, dieses Misstrauen? ler sei „das törichte Übergewicht der Nach - Leserinnen und Lesern. Warum wenden sich Leser von Zeitungen richten darüber, dass ein Politiker etwas Es gibt drei Gruppen von Lesern, die und Zeitschriften ab, gerade die Jüngeren, gesagt hat“. Briefe oder E-Mails schreiben: Da ist die die auch immer seltener den Fernseher ein - Und wenn er nun schon mal so in Fahrt glückliche Kundschaft, die sich bedankt. schalten? Warum ist der seriöse Journalis - ist, dann haut er auch auf den $#  Dann sind da die Leser, die im Großen mus in eine ökonomische Krise geraten – ein, auf die „Zeit“, den „Stern“, auf alle und Ganzen zufrieden sind, aber Fragen obwohl er aufgrund der Weltlage doch ge - Blätter, die gern in Rudeln dieselben The - und fundierte Einwände haben. Und drit - rade mehr gebraucht würde denn je? men hochblasen, Schweinegrippe, Rinder -

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wahn, Vogelgrippe und all die anderen der „Stern“ 5,1 Prozent, die „Frankfurter Jeden Monat findet irgendwo auf der Seuchen der Woche, die sich ein paar Mo - Allgemeine Sonntagszeitung“ 5,1 Prozent Welt mindestens eine Konferenz statt, auf nate später wieder in Luft aufgelöst haben: und „“ 2,3 Prozent. der Verlage und Redaktionen darüber de - „Die Seuchen, die nicht von Viren, sondern „Bloß nicht drüber schreiben“, sagen battieren, was sie tun können gegen Leser - von Journalisten verbreitet werden, kosten viele Journalisten, was komisch ist für Leu - schwund und Werbeflaute. In der Analyse auf Dauer Glaubwürdigkeit und Auflage.“ te, die gern über Strukturprobleme aller der Ursache sind sie sich einig: Das Internet Gut so weit. Aber was ist mit dem Netz? möglichen Branchen schreiben. Und wer befördert sowohl die Tendenz zur Ober - Stiehlt es den Leuten nicht die Zeit und glaubt, er könne in Zeiten der Netzöffent - flächlichkeit wie die Tendenz zur Speziali - den Print-Medien die Leser? „Die von per - lichkeit Themen wegschweigen, zeigt, dass sierung, es bietet mehr Zerstreuung und manentem elektronischem Kontakt beses - er noch nicht verstanden hat, wie sich gleichzeitig mehr Vertiefung als vergleich - senen Leute, die Unfähigkeit, mal eine Journalismus verändert hat. bare Print-Medien. Spezialisierte Websites Stunde nicht draufzuschauen“, befriedig - bieten heute ein unvergleichliches Fachwis - ten den Nachrichtenhunger und gingen auf II. Wie sich die Print-Medien verändern sen, in Diskussionsforen von Wikipedia, in Kosten der Print-Medien, das sei so, sagt Die Versuche von Tages- und Wochenblät - vielen Blogs melden sich mehr Experten zu Schneider. Er selbst ist immun gegen die tern, ihre sinkenden Print-Einnahmen Wort als in jedem Leserbriefforum. Und der Reize des Netzes, das Internet ist Sache durch steigende Erlöse im Digitalgeschäft ganze Blödsinn? Natürlich stößt man im seiner Frau, sie hält den Draht in die digi - zu kompensieren, sind bisher wenig erfolg - Netz auch auf viel Blödsinn. Aber ist das tale Welt, sie googelt sogar für ihn, beant - reich. Weder ePaper noch Paywalls allein in einem großen Zeitschriftenkiosk anders? wortet E-Mails. sind der Ausweg. Auch digitale Werbe- Was Journalismus ist, wird neu ausge - Fragt man dagegen den Fernsehmode - einnahmen ersetzen ausfallende Print-Wer - handelt zwischen neuen und alten Medien, rator Claus Kleber, 30 Jahre jünger als bung bestenfalls zu einem Zehntel. Die zwischen Lesern und Werbetreibenden, Schneider, wie sich sein Leseverhalten ver - Hoffnungen der Verleger, mit den inzwi - zwischen Journalisten und PR-Leuten. ändert habe, sagt er: „Mein Zeitbudget schen weitverbreiteten Tablets das Geld Katzenbilder, Hundevideos, Hitlisten der zum Lesen von Zeitungen und Zeitschrif - verdienen zu können, das anderweitig ver - schrecklichsten Brust-OP – ist das noch ten ist um 70 Prozent zurückgegangen, ich loren geht, erfüllen sich nur zu einem sehr Journalismus? Und was ist mit den vielen bin vor allem im Netz unterwegs.“ geringen Teil. neuen journalistischen Angeboten im Und Richard Gutjahr, Nachrichtenspre - Sie merken, liebe Leserinnen, liebe Le - Netz, die auf eigene Recherche und Über - cher beim Bayerischen Rundfunk, Blogger, ser, wir Journalisten müssen uns Sorgen prüfung von Fakten verzichten, die also 18 Jahre jünger als Kleber, liest so gut wie machen, ob Sie auch im nächsten Jahr - Journalismus nur vortäuschen? nichts mehr auf Papier. zehnt noch Käufer und Leser sind. Uns ist Antworten sind auch deshalb so schwer Und dann ist da noch Jessica Schober, klar: Wir müssen mehr machen, als unent - zu geben, weil die imaginierten Leser sehr 15 Jahre jünger als Gutjahr, eine Frau in deckte Themen zu finden, sorgfältig zu re - verschieden sind. Jessica Schober, die Jung - einem Alter also, in dem junge Deutsche cherchieren und sie gut lesbar aufzuschrei - journalistin, 26 Jahre alt, informiert sich angeblich nicht mehr fernsehen, nicht ben; wir müssen diese Artikel, Reportagen, anders als ihre Altersgenossen, sie sagt: mehr Zeitung lesen, sondern vor allem Analysen, Interviews den Lesern überall „Meine Hauptinformationsquelle ist kein über Facebook und auf die Welt dort anbieten, wo sie Zeit und Lust zum Online-Medium, und mich stresst das zu schauen, falls Nachrichten sie überhaupt Lesen haben, auf dem Smartphone, dem sehr, immer zu twittern, zu posten und zu noch erreichen. Was macht sie? Tablet, dem PC, und das in digitalen Me - bloggen.“ Bei Twitter und Facebook schaut Schober ist seit zwei Jahren mit der Jour - dien, die mit der Zeitung oder der Zeit - sie nur gelegentlich vorbei, bekommt so nalistenschule fertig und arbeitslos wie vie - schrift nicht mehr viel zu tun haben. auch mit, wenn in Celle Kurden demons - le ihrer Kollegen. Ein halbes Jahr lang ist Jahrzehntelang war das ganz anders: trieren und sich mit Islamisten prügeln. sie von einer Lokalredaktion zur nächsten Die Leser griffen zu ihren Blättern aus Ge - Aber sie bevorzugt Wochenzeitungen, und gezogen und bot ihre Arbeit an gegen ein wohnheit, die Kinder erbten Lesegewohn - ihr Lieblingsblatt ist „Dummy“, ein Repor - Bett und warmes Essen. „Wortwalz“ nennt heiten und Blatttreue von den Eltern. Es ta genmagazin, das viermal im Jahr er - sie ihre Wanderschaft. „Journalismus ist gab – neben Radio und TV – auch kaum scheint. „Drei Stunden nach einem Flug - ein Handwerk“, sagt sie, „darum ziehe ich Alternativen zu den Informationen und zeugabsturz bekomme ich nur Vermutun - herum wie ein Handwerker.“ Einordnungen, die Print-Medien boten. gen präsentiert, die Einordnung gibt es doch Sie kennt die Lage des Handwerks: Das erst am Ende der Woche“, sagt Schober. traditionelle Print-Geschäft liefert noch Für Richard Gutjahr, 41, den Fernseh - gute Umsätze und Renditen, ist aber in mann des Bayerischen Rundfunks, beginnt den nächsten fünf Jahren einem sich ver - „Alles dagegen jeder Tag mit einer halben Stunde schärfenden Existenzkampf ausgesetzt. Nachrichtenschauen auf Twitter, er folgt Viele Tageszeitungen stehen schon jetzt Fragen, die dort 2000 Journalisten, Experten, Politi - am Rande der Rentabilität, sie haben in kern und Managern, die ihre Artikel und den letzten zehn Jahren fast ein Viertel ih - sich jeder Meinungen empfehlen; Gutjahr wiederum rer Auflage verloren, in den großen Städ - folgen rund 50 000 Leute, die von ihm er - ten rutschten die Verkäufe der Lokalzei - klar denkende fahren, was er jeden Morgen bemerkens - tungen um 30 bis 50 Prozent ab. Und die wert findet und deshalb retweetet. Abwärtsspirale bewegt sich schneller, al - Mensch „Ich konsumiere heute mehr Medien als lein im letzten Quartal 2014 büßten über - je zuvor. Vor zehn Jahren setzte sich meine regionale Zeitungen wie „Die Welt“ ge - stellt, nur Weltsicht noch aus ,Süddeutscher Zeitung‘, genüber dem Vorjahr 11 Prozent ihrer $#  und ,Tagesschau‘ zusammen, Abonnenten und Kioskkäufer ein, die der SPIEGEL heutzutage klicke ich noch vor dem Auf - „Süddeutsche Zeitung“ 5,4 Prozent, die stehen in zwei Dutzend Medien, die mir „Frankfurter Allgemeine“ 5,1 Prozent. nicht.“ sagen, was in der Welt los ist.“ Wochenblätter wie der $#  verlo - Circa 30 Millionen Deutsche nutzen ren im letzten Jahr 4 Prozent der Käufer, Leserbrief an den Autor Facebook und Twitter, auch neue An-

82 DER SPIEGEL GF / HFGI Medien-Lehrmeister Schneider: „Die Seuchen, die nicht von Viren, sondern von Journalisten verbreitet werden“

gebote wie Instagram und Snapchat. Auf Nachrichten“ oder „Mittendrin“ betreiben. wenn du lügst.“ Oder: „Warum man ver - Twitter, der Plattform für Kurznachrichten, „Die sagen, in zehn Jahren, wenn es keine logene Kriegstreiber wie dich an die Wand hat Claus Kleber, 59, über 130 000 Fol lower. Verlage mehr gibt, sind wir schon da.“ Sie stellen sollte.“ Wolf Schneider käme nie auf die Idee, arbeiten besser vernetzt als ihre Zeitungs - Für Gutjahr ist die Heftigkeit, mit der einen Tweet abzusetzen. Die erste Tages - kollegen und leben von Selbstausbeutung. im Netz Journalisten kritisiert werden, kei - zeitung, die er las, war in den Dreißigern Jessica Schober hat den Leuten vom di - ne Überraschung. Dort treffen „Medien - der „Berliner Lokal-Anzeiger“. Im Okto - gitalen Magazin „Krautreporter“ 60 Euro macher und Publikum zum ersten Mal un - ber 1945 kamen die „Neue Zeitung“ überwiesen, mit ihr haben das 15 000 Neu - gefiltert aufeinander – und das auch noch („NZ“) und die „Süddeutsche Zeitung“ gierige gemacht, sodass die über 30 freien in aller Öffentlichkeit. Als Arena dienen („SZ“). Erst als Leser, dann als Dolmet - Journalisten nun knapp eine Million Euro Facebook, Twitter, Blogs und natürlich die scher, dann als Redakteur bewunderte haben für die Arbeit an einem von den unter Journalisten eher als lästig empfun - Schneider Erich Kästner, Hermann Hesse, Lesern vorab finanzierten Netzmagazin. dene Kommentarfunktion. Kritik an Jour - Max Frisch und all die Autoren, die für Richard Gutjahr ist einer der Autoren, er nalisten galt lange Zeit als Majestätsbelei - die „Neue Zeitung“ schrieben – ein ame - hat bisher zwei Texte beigesteuert, in ei - digung, gerade dann, wenn sie berechtigt rikanisches Blatt für die naziverseuchten nem beschreibt er, wie bestimmte Journa - war“, sagt Gutjahr. Die Fehlerkultur in den Deutschen. 1956 wechselte er als Nachrich - listen von Apple hofiert werden. Redaktionen sei wenig ausgeprägt. „Einer tenchef zur „SZ“. Die Kritik an Journalisten der Print-Me - der ersten Sätze, die ich als junger Radio- Sie ist bis heute Schneiders Hausblatt, dien und der öffentlich-rechtlichen Sender und später als Fernsehjournalist in den Sen - die „Frankfurter Allgemeine“ und den nimmt im Netz kontinuierlich zu, der Zu - dern im Umgang mit schlampiger Recher - $#  liest er regelmäßig. Lokalzeitun - gang zu Informationsquellen, die früher che gelernt habe, lautete: ,Halb so wild, gen haben ihn nie interessiert. Journalisten vorbehalten waren, macht aus das versendet sich!‘“ Das räche sich jetzt. Ganz anders Jessica Schober: Sie traf Lesern Korrektoren und Nervensägen, In - „Umgekehrt möchte ich mit keinem bei ihrer Walz durch zehn deutsche Lokal - formanten und Intriganten. Zusammen bil - Community-Manager, der in den Online- redaktionen auf Journalisten, die etwas den sie eine Gegenöffentlichkeit, die jede Medien die Kommentare freischaltet, tau - verändern wollen in ihrer Stadt, aber auch Redaktion ernst nehmen sollte. schen müssen. Nicht jeder Journalist, der auf unkritische Lobhudler, auf verschlafe - Aber wenn mir ein Leserbriefschreiber mal einen Fehler macht, ist ein Lügner.“ ne Redakteure, denen es egal war, ob sie empfiehlt, ich hätte meine Kindheit besser Für Claus Kleber vom ZDF ist die neue über ein neues Löschfahrzeug morgen in einem Waisenheim verbracht, bekommt „scharfe Beobachtung durch die Zuschau - oder übermorgen berichten, und auf Chef - er natürlich keine Antwort. Auch die Un - er“ Ansporn: „Es ist gut, dass Schlamperei redakteure, die mit Lesern wandern gehen, terstellung, ich hätte bewusst gefälschte nicht durchgeht, jeder noch so kleine Feh - wenn die ihr Abo kündigen. Das schönste Fotos benutzt, macht keine große Lust auf ler wird bemerkt, aufgespießt und ange - Erlebnis: Der Lokalreporter des „Harbur - einen Meinungsaustausch. Sie verstehen prangert. Manchmal schmerzt das.“ Aber ger Blattes“, der nach der Einstellung der sicherlich, liebe Leserinnen und Leser, dass es sei erschreckend zu sehen, „wie viele alten Lokalzeitung einfach weitermachte man als Journalist in seiner Arbeit respek - Menschen offenbar die Grundüberzeu - und nun alle zwei Wochen zwölf kopierte tiert werden will. Ganz zu schweigen von gung haben, dass wir – besonders die Öf - Seiten für einen Euro verkauft. anonymen, beleidigenden Wortmeldun - fentlich-Rechtlichen – Werkzeuge der deut - L E G

E In Hamburg konnte Jessica Schober die gen, wenn meine Artikel auf Facebook schen Regierung, der CIA oder irgendwel - I P S Unterschiede erkennen zwischen Lokalre - oder Twitter empfohlen werden: „Knast, cher dunklen Mächte sind“. R E D

/ dakteuren des „Hamburger Abendblatts“ Auf ihrer Walz durch die Lokalredak -

K Video: Die Zukunft C

E und Lokalbloggern, die sich für die Zu - tionen hat auch Jessica Schober oft Skepsis F

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I der Medien

R kunft des Journalismus halten. Es sind freie gegenüber Journalisten erlebt, ein Miss - A M

: Journalisten, die werbefinanzierte Web - trauen infolge schlechter Erfahrungen. „In O spiegel.de/sp102015medien T O

F sites wie „Elbmelancholie“, „Eimsbütteler oder in der App DER SPIEGEL manchen kleinen Dörfern und sogar bei

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der Feuerwehrsitzung musste ich dieses Blog journalistisch wertvoller als die Seite Konsumenten zu erreichen, sinken die Vertrauen erst mal erwerben, bevor ich drei der ,Süddeutschen‘.“ Wer im Netz un - Werbeerlöse der Print-Branche. Das be - mit den Menschen sprechen konnte.“ Sie terwegs sei, „lässt sich nicht mehr vor - deutet: Die Leser spüren nun unmittelbar, glaubt: „Ein persönlicher Ehrenkodex wie schreiben, für welches Thema er sich zu was Journalismus kostet, sie müssen ent - bei Wandergesellen würde auch uns Jour - interessieren hat. Es konkurrieren heute scheiden, was ihnen eine zuverlässige Ver - nalisten guttun. Die Handwerker auf der doch nicht mehr nur Print-Journalisten ge - sorgung mit geprüften, orientierenden In - Walz sagen immer: Verlasse einen Ort nie gen Blogger, $#  gedruckt gegen formationen wert ist. so, dass nicht noch ein Geselle nach dir $#  "! ! , wir konkurrieren gegen Im Internet waren sie gewohnt, nichts dorthin kommen kann. Niemand soll nach Facebook, Snapchat, gegen WhatsApp, ge - zu bezahlen für Journalismus, weil die Ver - einem Gespräch mit mir sagen: ,Mit Jour - gen YouTube – und auch gegen das Com - lage lange gedacht haben, die Werbeerlöse nalisten rede ich überhaupt nicht mehr.‘“ puterspiel Angry Birds“. im Netz allein könnten die journalistischen Gutjahr sieht das Problem der etablier - Das mobile Netz, immer dabei auf Angebote finanzieren. Das war ein Irrtum, ten Medien nicht darin, dass die Qualität Smartphones und Tablets, ermöglicht es, immer mehr Zeitungen und Zeitschriften ihrer Berichterstattung abgenommen hätte, ständig online zu sein. Es erleichtert das versuchen deshalb, sich Angebote im Netz sondern darin, „dass wir die Qualität nicht Entstehen ganz neuer Angebote, die einen bezahlen zu lassen, in Deutschland inzwi - erhöht haben in dem Maße, in dem die Wettbewerbsvorteil gegenüber traditionel - schen über 100 Tageszeitungen. Ansprüche der Zuschauer und Leser ge - len Blättern und Online-Sites haben, weil Weltweit zahlen bisher drei bis vier Pro - wachsen sind“. Man könnte auch sagen: sie die journalistischen, grafischen und in - zent der User einer News-Site für das An - Wir, die Print-Journalisten, verändern uns teraktiven Möglichkeiten der neuen Me - gebot. Die „New York Times“, Vorreiter langsamer als Sie, unsere Leser. Die schnel - dien besser nutzen. für viele Verlage, hat inzwischen über le Information, die differenzierte Einord - In den USA könne man allerdings sehen, 910 000 Digitalabonnenten, die 170 Millio - nung, das hochspezifische Wissen, so Gut - kritisiert Claus Kleber, was mit einer Ge - nen Dollar im Jahr zahlen. Was allerdings jahr, all das finde der User heute im Netz, bedeutet: nur zwei Prozent der 40 Millio - meist kostenlos, da könnten die Print-Me - nen User sind bislang bereit zu zahlen. dien nur bestehen, wenn sie glaubwürdiger Viele Zeitschriften haben inzwischen di - und umfassender berichteten. gitale Ausgaben. Vielleicht gehören auch Über ein Jahrhundert lang waren die Sie zu den 54 000 Käufern, die den $#  - Print-Medien für ihre Leser ein Abbild der  auf einem Tablet lesen. „Wenn ich Welt. In der Welt geschah, was in der Zei - durch den ICE gehe“, sagt Gutjahr, „zähle tung stand. Das Internet hat den Blick frei ich immer, wie viel Papier, wie viele Bild - gemacht auf das, was nicht in der Zeitung schirme, seit zwei Jahren ist klar: Der Bild - steht. Das setzt die Print-Medien einer dop - schirm hat gewonnen.“ Etwa 24 Millionen pelten Prüfung durch die Leser aus: Ist die Deutsche nutzen inzwischen ein Tablet. Auswahl durch die Redakteure so relevant Gutjahr stört die Behauptung, Internet - und so unterhaltsam, dass man dafür drei user wollten nicht zahlen für Journalismus. oder vier Euro bezahlen möchte? Und „Die Leute würden gern zahlen, wenn es stimmt das überhaupt, was die Redakteure ihnen nicht so schwer gemacht würde; zusammengetragen haben, oder ist es iTunes und andere Modelle zeigen, wie falsch, verzerrend, manipulativ? einfach man digitale Bezahlungsvorgänge Das Netz setzt alle etablierten Medien gestalten kann.“ Darum kooperiert er mit unter Druck, auch das Fernsehen. „Was wir dem Start-up LaterPay, einem Bezahl- uns nicht mehr leisten können“, sagt Claus modell, bei dem der Leser zahlt, nachdem Kleber, „ist der Eindruck beim Zuschauer: er einen Artikel gelesen hat und erst dann, Was die machen, kriege ich alles auch ir - wenn die Summe seiner gekauften Artikel gendwo im Netz.“ Neue Konkurrenten wie fünf Euro erreicht hat. Nach einem halben die Internetplattform Vice, die vor Kurzem Jahr hat Gutjahr für die zwölf Artikel in weltweit mit Aufnahmen aus dem Inneren Jungjournalistin Schober seinem Blog 1190 Euro eingenommen, also der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ über - Artikel für freie Kost und Logis rund 99 Euro pro Artikel. raschte, erreicht mit solchen Videos ein jün - Gutjahr ist so etwas wie der Egon Erwin geres Publikum als ZDF oder ARD. Die sellschaft passiere, wenn Zeitungen als Kisch der Digitalisierung. In seinem klei - Zuschauer, die Gutjahrs Nachrichtensen - „Marktplatz der Ideen“ wegbrächen und nen Rucksack hat er stets dabei: Stativ, Mi - dung nach 23 Uhr sehen, haben ein Durch - Medien zu Marktprodukten würden, „die krofon, Adapter, Smartphones mit diver - schnittsalter von 69 Jahren. „Die hohen den Leuten nur noch das predigen, was sen Apps zum Schneiden von Videos und Quoten sind trügerisch, jüngere Zuschauer sie ohnehin glauben“. Dann breche „der Ton. „Ich kann sofort in den nächsten Flie - kehren uns den Rücken.“ demokratische Dialog auseinander, in den ger steigen, ich habe sogar ein Visum für Seine Tochter studiert in den USA. Sie USA schreien sich die beiden Lager nur China.“ Als im Januar 2011 auf dem Tah - setze sich aus zufälligen Schnipseln im Netz noch an, da fehlt die vermittelnde Rolle rir-Platz der Ägyptische Frühling losbrach, ihr Weltbild zusammen. Sie sei aber gut in - von Zeitungen und Fernsehsendern, denen flog er hin, belieferte Radiostationen und formiert, weil sie sich die Lücken zwischen es nicht nur ums Geldverdienen geht“. berichtete wochenlang auf seiner Website; den Schnipseln – wenn sie das Thema denn seine User spendeten über 5000 Euro, um L E

III. Wie sich das Verhältnis G

interessiert – selbst zusammengoogelt. „Un - seinen Trip zu finanzieren. Er bezeichnet E I P

von Journalisten und Lesern ändert S ser Publikum entwickelt sich immer mehr sich selbst als „Hybrid“, lebt zur Hälfte R E D

selbst zum Journalisten, es nimmt uns die Jahrzehntelang haben Inserenten in Zei - von seinem Einkommen beim Bayerischen /

K C

Gatekeeper-Funktion aus den Händen.“ tungen und Zeitschriften mit ihren Werbe - Rundfunk und zur Hälfte von den Einnah - E F

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„Qualitätsjournalismus“ – das ist für Gut - millionen den Preis für die Blätter, den die men als freier Reporter und Blogger. R A M

jahr kein universeller Maßstab: „Für man - Leser zahlten, subventioniert. Seit sie über Die Gewissheit, mit der man als Journa - : O T O

che Menschen ist ein Modelleisenbahn- das Netz andere Möglichkeiten haben, die list früher davon ausgehen konnte, dass F

84 DER SPIEGEL GF / HFGI Blogger Gutjahr: „Wir haben die Qualität nicht in dem Maße erhöht, in dem die Ansprüche der Leser gewachsen sind“

man nur etwas schreiben oder senden ran gewöhnen, dass Leser mit dem Kauf chen ein? Im Sinne der Leser und der Me - muss und automatisch seine Leser oder unseres Blattes zwar nicht eine Lizenz zum dien wäre es, wenn sich beide Gewalten Zuschauer findet, „die ist zerronnen, wir Pöbeln erwerben, aber die Einladung zum ergänzten in der Kontrolle von Judikative, müssen alle darum kämpfen, dass wir un - Meinungsaustausch. Exekutive und Legislative. ser Publikum noch erreichen“. „Fünfte Gewalt“ nennt der Medien - Zwischen dem Publikum und den Jour - wissenschaftler Bernhard Pörksen die IV. Wie sich der Journalismus nalisten sortieren nun Filter aus dem Über - Meinungsmacht der Leser in Zeiten der Di - verändert angebot für jeden Leser das spezifisch Re - gitalisierung. Sie hat eine konstruktive Die alten Medien müssen nicht so sehr die levante heraus: Zum einen machen das Funktion, setzt Themen in der medialen journalistische Konkurrenz der neuen Me - Suchmaschinen mit ihren Algorithmen, Öffentlichkeit (zum Beispiel mit der #auf - dien fürchten, sondern die neue Art von zum anderen das Netzwerk der Freunde schrei-Debatte), wirkt als Gegengewicht zu Werbung, die BuzzFeed, Yahoo News Flip - in den sozialen Medien. Wer sich allerdings den Medien, nutzt die Möglichkeiten digi - board und andere ermöglichen, unter an - nur von Google und Freunden mit journa - taler Schwärme (zum Beispiel als WikiPlag derem durch bezahlte Artikel, die das je - listischen Texten beliefern lässt, riskiert, wie bei Karl-Theodor zu Guttenberg). Und weilige Unternehmen im besten Licht er - auf Dauer in dieser Filterblase nur solche sie hat eine destruktive Funktion, verliert scheinen lassen. Informationen an sich heranzulassen, die sich in absurden Verschwörungstheorien, Die Grenze zwischen Redaktion und das eigene Weltbild bestätigen. tritt rassistisch, sexistisch oder antisemitisch Werbung verschiebt sich. Weil die klassi - Soziale Medien sind ein Schmelztiegel auf, zerstört jeden argumentativen Diskurs sche Werbung immer weniger Leser er - von journalistischem, werblichem, unter - im Netz durch Hass und Pöbelei. reicht, fordern große Markenartikler Auf - haltsamem und persönlichem Content. Das Erstarken der „Fünften Gewalt“ ist tritte im redaktionellen Teil, bekommen Facebook, Twitter, Instagram und andere auch eine Reaktion auf Fehler und man - sie – und spielen so mit der Glaubwürdig - sind der moderne Marktplatz: Was hier gelnde Transparenz der Vierten Gewalt: keit der Medien. Oder ist Ihnen die klare nicht präsentiert und verlinkt wird, findet Wie sehr vermitteln wir, wie wir recher - Trennung nicht mehr so wichtig? In nicht den Weg in die Hirne der stark wach - chieren, prüfen, verwerfen, streiten, zwei - Deutschland läuft diese Grenzverschie - senden Gruppe von Leuten, die durch die feln, korrigieren? Und warum beziehen bung noch versteckt. Wenn die „Zeit“, die klassischen Medien nicht mehr erreicht wir nicht öfter Leser, Blogger, Bürgerjour - „SZ“ und die „FAZ“ in Uhren-, Golf- und werden. nalisten, Netzaktivisten in unsere Recher - Modespezials üppigen Warenjournalismus Medien müssen es schaffen, zu ihren Le - zulassen, dann ist auch das Teil der neuen sern als Individuen eine Beziehung aufzu - Verhandlungen darüber, was Journalismus bauen – nicht mehr nur als Masse. Das be - in Zukunft ist. deutet: Wir Journalisten müssen uns so än - „Warum man Das „Zeit-Magazin“ etwa schiebt die dern, wie sich unsere Leser durch das Netz Grenze am weitesten ins Jenseits des Pro - verändert haben. „Gatekeeper“ zu sein, Kriegstreiber duktjournalismus, seine Redakteure arbei - zu bestimmen, was Leser relevant finden ten daran, immer neue Storys zu erfinden, sollen, war das Selbstverständnis von Jour - wie dich um die lässige Präsentation von Damen- nalisten im letzten Jahrhundert. Neue The - und Herrenbekleidung journalistisch zu L E G

E men zu finden, Unbequemes zu recher - an die rechtfertigen. Zum Beispiel: „Die Fessel – I P S chieren, Unbekanntes durch Sprache und das neue Dekolleté“ (Hosen und Schuhe R E D

/ Dramaturgie zum Tanzen zu bringen, all Wand stellen von 21 Designern, eine halbe Seite Text);

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E das bleibt, aber vom Prediger zum Zuhö - oder: „Die neue Schönheit“ (ein Model, F

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R rer zu werden, das wird heutzutage genau - sollte.“ 24 Blusen, Kleider, Gürtel). Höhepunkt A M

: so wichtig. Also Sie, den Leser, zu respek - der letzten Wochen: Liebe – „die Neuer - O T O

F tieren als Gatekeeper. Wir müssen uns da - Tweet an den Autor findung eines Gefühls“ (elf Liebespaare,

DER SPIEGEL GF / HFGI 85 Sie blickt zurück auf ein paar kleine Siege, auf die Redaktion, der sie vor - schlug, über Kaninchenzüchtervereine nicht immer nur mit diesen „Exekutions - fotos“ von der Jahreshauptversammlung zu berichten; sie lobt Artikel über Bezirks - ausschusssitzungen, die ohne „-ung“-Wör - ter auskamen; und dankt den Lokalredak - teuren, die der Pappfigur ihres idealen Lesers am Abend auf dem Weg nach Hau - se zuriefen, was sie für ihn heute im Blatt haben. Das wäre auch für $#  -Redakteure ein schöner Motivationsaltar, der tägliche Blick auf den Menschen, für den sie schrei - ben und der sie bezahlt. Vielleicht haben Sie vor einem halben Jahr meine Ge - schichte über meinen Vater gelesen, einen überzeugten Nazi, der in den letzten „Heute-journal“-Moderator Kleber: „In den USA fehlt die vermittelnde Rolle der Zeitungen“ Kriegstagen zusammen mit anderen einen Bauern erschoss, weil der sich auf den be - eingekleidet von zwei Dutzend Mode - sie wird nicht funktionieren“ – der erste vorstehenden Vormarsch britischer Inva - schöpfern). Es ist der einfallsreiche, wenn Satz einer Reportage über China, geschrie - sionstruppen gefreut hatte. Bis heute be - auch schizophrene Versuch, von Inseren - ben von Paul Krugman, von Schneider ge - komme ich Mails und Briefe zu diesem ten das Geld für Qualitätsjournalismus ein - lesen in der „New York Times“-Beilage Text, mit Informationen über den Nazi- zutreiben, indem man ihn aufgibt. Und der „SZ“. Auch dort entdeckt, der erste Freundeskreis, mit dem mein Vater nach das im Kampf um Leser, die an Print-Me - Satz eines Leitartikels: „Ehe ich zum seinem Zuchthausaufenthalt Nazi-Größen dien deren Unabhängigkeit schätzen. ,Aber‘ komme, möchte ich versichern, dass nach Südamerika schleuste; mit Hinwei - „Die größte Medienrevolution steht uns Hillary Clinton eine vorzügliche Präsiden - sen auf andere Verbrechen dieser Art; noch bevor“, sagt Gutjahr. Das Tempo der tin abgäbe.“ aber auch mit Kritik daran, dass man als Digitalisierung werde zunehmen, „auch Schneiders Überlebenstipps an deut - Sohn nicht so selbstgerecht über seinen ich habe Probleme, dem zu folgen“, sagt sche Zeitungen und Zeitschriften sind Vater urteilen dürfe. Mit einigen dieser Gutjahr und zitiert den Science-Fiction- knapp wie militärische Tagesbefehle: Leser hat sich ein intensiver Austausch Autor Douglas Adams: Alles, was es schon nicht so viele Fetzen, lieber den Über - entwickelt, der mir hilft, die Verhältnisse gibt, wenn du auf die Welt kommst, ist blick. Tageszeitungen zu doppeltem Preis in den letzten Kriegsmonaten zu verste - normal und üblich. Alles, was zwischen bei halbierter Auflage, diese Leserschaft hen und auch die Zwangslage vieler jun - deinem 15. und 35. Lebensjahr erfunden wäre auch für Inserenten interessanter. ger Soldaten. wird, ist neu, aufregend und revolutionär. Manche Tageszeitung auf Wochenendzei - Die Neugier auf meine Leser ist da - Alles, was nach deinem 35. Lebensjahr er - tung umstellen, wie nach dem Krieg. Gute durch gewachsen, und so ist die Idee ent - funden wird, richtet sich gegen die natür - Lokalzeitungen haben die besten Über - standen, die Treueprämie, die ich für liche Ordnung der Dinge. lebenschancen. 25 Jahre $#  -Mitarbeit bekommen Als Claus Kleber kürzlich die aufwendi - Jessica Schober hat ihre Wanderung habe, dafür zu nutzen, um zumindest ei - gen Dokumentationen „HUNGER!“ und durch den deutschen Lokaljournalismus nige von Ihnen kennenzulernen und Sie „DURST!“ über die Bildschirme schickte, beendet. Sie wohnt jetzt in München und in den $#  einzuladen. Wie das ge - war ihm die begleitende, vertiefende Web - wird bald wieder losziehen, in diesem Jahr hen soll? Schreiben Sie mir, was wir besser site genauso wichtig. Dass viele jüngere lebt sie als „Burgenbloggerin“ auf der Burg machen sollen, loben Sie, wenn es nicht Zuschauer die beiden Filme sahen, führt Sooneck im Mittelrheintal. anders geht. Hundert von Ihnen kann ich er auf den Zugang über die Website zu - zu einem Leser-Dinner einladen, so weit rück. „Es geht mir doch auch so, dass ich reicht das Geld der Treueprämie, in unser in unendlichen Weiten des Netzes auf in - Haus-Restaurant, in dem unser Koch Al - ) . U

„Keinerlei ( teressante News stoße, wichtig ist aber, fred Freeman für Sie anrichtet. Vorher L E G

dass wir als gebührenfinanzierter Sender diskutieren Sie mit Chefredakteuren und E I P S Achtung – es

den Zuschauern die Rahmen liefern, in die lernen die Dokumenta - R E D

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sie das alles einordnen können. Und das tionsabteilung kennen, N N

gilt natürlich für den $#  und andere wäre für Sie in der die 60 Kolle- A M D E

Print-Medien genauso, wenn sie weiter gen daran arbeiten, I R

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Fast neun Jahrzehnte lang hat Wolf fehlerfrei in den Druck N R E B

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Schneider eine simple Erkenntnis geleitet, gewesen, gehen. Wir losen die ) . O (

und er hat nicht vor, sie im zehnten Jahr - Gäste unter allen L E G E zehnt zu überdenken: „Lesen ist immer aus, die uns schreiben I

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noch die effizienteste Art, die komplizier - unter dem Stichwort R E D

/ testen Vorgänge zu verstehen.“ Für ihn „ -Kritik“. in ein Heim $#  K C E F

geht nichts über die Brillanz eines gleicher - A I R maßen schönen wie durchdachten Satzes, zu kommen.“ Schreiben Sie an:   , Cordt A M

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der im Kopf des Lesers ein Feuerwerk zün - Schnibben, Ericusspitze 1, 20457 Hamburg S O T O

det: „Ich habe die Zukunft gesehen, und Leserbrief an den Autor oder an [email protected] F

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