DIE EVOLUTION VON MAC OS X

Von Intel zu PowerPC und zurück: Wie NeXT-Technologien Apple von Innen veränderten

Master Thesis

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Science - MSc

im Universitätslehrgang MSc Interactive Media Management 1

verfasst von

Bakk. (Phil.) Marin Balabanov

Eingereicht am Department für Interaktive Medien und Bildungstechnologien der Donau- Universität Krems Betreuer: Dr. Klausjürgen Heinrich

Tag der mündlichen Prüfung: 11. September 2009

Krems, September 2009 Eidesstattliche Erklärung

Ich, Marin Balabanov, geboren am 28. April 1974 in Sofia, Bulgarien erkläre,

1. dass ich meine Master Thesis selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfen bedient habe,

2. dass ich meine Master Thesis bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe,

3. dass ich, falls die Arbeit mein Unternehmen betrifft, meinen Arbeitgeber über Titel, Form und Inhalt der Master Thesis unterrichtet und sein Einverständnis eingeholt habe.

...... ...... Ort, DatumUnterschrift Abstract

D IE E VOLUTION VON MAC OS X

V ON I NTEL ZU P OWERPC UND ZURÜCK: W IE N E XT-TECHNOLOGIEN A PPLE VON I NNEN VERÄNDERTEN

Dies ist die Geschichte von Mac OS X, dem Apple Betriebssystem. Entwickelt als NextStep, portiert von der Intel-Prozessorarchitektur auf die von Apple verwendeten PowerPC- Prozessoren, kehrte Mac OS X 2005 wieder auf die Intel-Plattform zurück.

Ausgehend von der forschungsleitenden Frage “war Apples Umstieg von der PowerPC- auf die Intel-Architektur von Anfang der Mac OS X-Entwicklung geplant?” werden die Irrwege Apples in der Betriebssystementwicklung skizziert, die erst mit dem Kauf von NeXT und der Entwicklung von Mac OS X auf Basis von NextStep ihr Ende fanden.

Nach einer kurzen Beschreibung der Unternehmensgeschichte von Apple, wird die Entwicklung des Mac OS bis zur Einführung von OS X untersucht. Dann wird in die Architektur von Mac OS X hineingeblickt, um aufzuzeigen welche Spuren darin auf Apples Pläne deuten, bereits in den Anfängen der Mac OS X-Entwicklung auf Intel-Prozessoren umzusteigen.

Mit dem flexiblen Mac OS X hat Apple nicht nur die Zukunft des Mac sichergestellt, sondern auch mit dem iPhone “eine Beule im Universum” hinterlassen. Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Transformation als Überlebenstechnik 7

Der kranke Mann von Cupertino 8

Ausgangsthese dieser Arbeit 9

Auau dieser Arbeit 9

1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage 11

Apple 1997 = General Motors 2009 11

Apples versteckte Agenda 12

Methodenbeschreibung: Die Wahl der Waffen 13

Betriebssystem-Archäologie 16

Die Frage nach dem Grund... 17

Kapitelzusammenfassung 18

2. Historischer Rückblick: Die kurze Geschichte des Mac 19

Amerikanischer Mythos 19

Aein gegen “Big Brother” 20

Die unterschiedlichen Gesichter des Mac OS 40

Kapitelzusammenfassung 52

3. Der Nexus aer Wirklichkeiten: das Betriebssystem 53

Naturgesetze aus Nuen und Einsen 53

Architektur des modernen Betriebssystems 57

Mängel im System 60 Kapitelzusammenfassung 60

4. Die Raubkatzen sind los: Mac OS X 10.0 bis 10.3 61

Planet X 61

Umbrüche werden nie aein getragen 63

Entstehung des System X 64

Mac OS X 10.0 Puma: The Origin of Species 67

Mac OS X 10.1 Cheetah: Homeland Security 71

Mac OS X 10.2 Jaguar: Inteigent Design 72

Mac OS X 10.3 Panther: Fu Metal Jacket 74

Kapitelzusammenfassung 79

5. Ende der Kindheit: Mac OS X 10.4 bis 10.6 80

Mac OS X 10.4 Tiger: Survival of the Fittest 81

Mac OS X 10.5 Leopard: Shock and Awe 87

Mac OS X 10.6 Snow Leopard: Deus Ex Machina 91

Kapitelzusammenfassung 94

6. Lichtstrahlen in der Wüstenei 95

Im Nachhinein sieht aes logisch aus 95

Alternative Wirklichkeiten 101

Die Wahrheit ist dort draussen 104

Kapitelzusammenfassung 105

Ausblick: The Future, the final Frontier 106

Sprung vorwärts, Technik! 106 Forschungsausblick 111

Netzwerke in den Wolken 117

Glossar 119

Literaturverzeichnis 121

Apple Entwickler-Dokumentation 121

Druckwerke 121

Online Medien 123

Danksagung 124 Einleitung: Transformation als Überlebenstechnik

“We're gambling on our vision, and we would rather do that than make ‘me too’ products. Let some other companies do that. For us, it's always the next dream.”

Steve Jobs

Thema dieser Arbeit ist das Betriebssystem des Apple , der heutzutage gemeinhin Mac genannt wird.

Das mittlerweile 25 Jahre alte Mac OS (Macintosh ) hat zahlreiche Transformationen mitgemacht. Es begann als kleine, aber visionäre grafische Oberfläche, wucherte heran zu einem Ungetüm an historisch gewachsenem Code und geschickten aber so gar nicht zukunftsträchtigen Hacks, konsolidierte sich als modernes, mächtiges Betriebssystem im Zeitalter der Netzwerke und wurde in seiner Geschichte sogar gleich zweimal von einer Prozessor-Architektur auf eine andere portiert.

Wenn Microsofts Betriebssystem Windows für “Kontinuität” steht, dann seht Mac OS für “Verwandlung”. Es ist eine wendige und wandlungsfähige Plattform, die sich wie ein mythischer Gestaltwandler aus griechischen Sagen oder die Pop-Sängerin Madonna1 ständig neu erfindet.

Aber es geht hier gar nicht um Mac OS. Vielmehr geht es um dessen Nachfolger Mac OS X.

In dieser Arbeit behandle ich die Wirren und Irrwege, die das Unternehmen Apple beging, um ein neues Betriebssystem als Ersatz für sein in die Tage gekommenes Mac OS zu finden.

1 Mit diesem Vergleich aus der Popkultur können unter 25-Jährige wahrscheinlich nicht viel anfangen. Hier wäre ein Bezug auf Lady GaGa angebracht, der in wenigen Jahren aber völlig unverständlich wäre.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 7 Einleitung: Transformation als Überlebenstechnik

Nach einigen Fehlstarts, die hier ebenfalls behandelt werden, kaufte Apple im Jahre 1996 das Unternehmen seines Gründers auf. NeXT war von Jobs gegründet worden, nachdem er 1985 auf unzeremonielle Weise aus seinem eigenen Unternehmen geworfen wurde.

Wie auch Apple war NeXT ein Hardware-Hersteller, der seine eigene Systemsoftware entwickelte. Im Gegensatz zu Apple Computern konnte die NeXT-Hardware auf dem Markt nie richtig Fuß fassen. Zum Zeitpunkt der Übernahme hatte NeXT bereits seit einigen Jahren die Hardwareherstellung eingestellt und konzentrierte sich auf die Entwicklung seines modernen und fortschrittlichen Betriebssystems NextStep.

Es schien nur, als ob Apple und NeXT fusionierten. Hat in Wahrheit NeXT Apple übernommen? (Quee: Roughly Draed Magazine)

D ER KRANKE M ANN VON tag">C UPERTINO

Das war genau, was Apple fehlte: ein modernes Betriebssystem mit geschützten Speicherbereichen, präemptivem Multitasking sowie Multiuser- und Multiprozessor-Fähigkeit. Als "Bonus" kaufte Apple seinen äußerst publikumswirksamen Gründer Steve Jobs mit ein.

Innerhalb kürzester Zeit übernahm Jobs die Kontrolle von Apple und begann das angeschlagene Unternehmen zu sanieren.

Im Jahre 2001 trug Jobs das alte, "klassische" Mac OS öffentlich zu Grabe und stellte Mac OS X als einzig wahres Betriebssystem für den Mac vor als eine eindeutige Abkehr vom bisherigen System.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 8 Einleitung: Transformation als Überlebenstechnik

Somit präsentierte Jobs die Umstellung auf Mac OS X als den endgültig vollzogenen Betriebssystem-Wechsel. Apple war am Ende einer zehnjährigen Irrfahrt angelangt.

Vier Jahre später versetzte er die EDV-Welt abermals in Erstaunen, als er beim großen jährlichen Apple-Event ankündigte, dass Apple seine Macs nunmehr mit Intel-Prozessoren ausliefern werde. Wieder eine Anbkehr vom Vergangenen. Diesmal von der gemeinsam mit Motorola und IBM entwickelte PowerPC-Prozessorarchitektur.

Jobs gab zu diesem Zeitpunkt bereits zu, dass Apple sein Betriebssystem Mac OS X parallel sowohl auf der Power PC-Plattform und insgeheim auf der Intel-Plattform entwickelt hatte.

Als Grund für den Umstieg nannte Jobs:

• die stockende Entwicklung der PowerPC-Prozessorreihe

• Intels genau planbare Entwicklungsrichtung ("Roadmap")

• die Erfordernisse an Stromeffizienz

A USGANGSTHESE DIESER A RBEIT All diese Begründungen klingen wie kurzfristige Massnahmen. Sie sprechen dagegen, dass ein Unternehmen, dass in den letzten Jahren darum kämpfen musste, überhaupt ein Betriebsystem zur Marktreife zu bringen, parallel dazu beträchtliche Ressourcen dazu aufgewendet hat, auf einer völlig anderen Architektur das selbe Betriebssystem auch noch zu entwickeln.

Die grundlegende These meiner Arbeit geht davon aus, dass die Mannschaft um Steve Jobs bereits in den Anfangstagen der Mac OS X-Entwicklung die Strategie verfolgte, auf die Intel- Architektur umzusteigen.

Sämtliche Pläne Apples, “the next dream” zu erschaffen, haben eine sehr lange Vorlaufzeit.

A UFBAU DIESER A RBEIT Diese Arbeit ist grob in drei Bereiche aufgeteilt:

1. die Grundlagen der Arbeit 2. die Geschichte von Apple Computer 3. die Untersuchung des Betriebssystems

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 9 Einleitung: Transformation als Überlebenstechnik

Im ersten Kapitel beschreibe ich die Zielsetzung dieser Arbeit und die Methoden, die ich angewendet habe.

Im zweiten Kapitel behandle ich die Geschichte von Apple als Unternehmen und bespreche die Entwicklung von Mac OS sowie seine Unzulänglichkeiten.

Kapitel drei gehört der Beschreibung des allgemeinen Zwecks und der grundlegenden Funktion von Betriebssystemen. Damit lege ich die Grundlage für die Untersuchung von Mac OS X.

Die Kapitel vier und fünf bilden den Kern dieser Arbeit. Darin zeige ich auf, welche Vorbereitungen die Apple-Entwickler bei Mac OS X von Anfang an getroffen haben, um einen Intel-Umstieg reibungslos abzuwickeln.

Kapitel sechs und sieben dienen der Zusammenfassung und dem Forschungsausblick.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 10 1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage

“Good know what to write. Great ones know what to rewrite (and reuse).”

Eric S. Raymond, “The Cathedral and the Bazaar”

In diesem Kapitel möchte ich meinen Forschungsfokus, die Methoden und die erzielten Schlüsse beschreiben. Vorher aber fühle ich mich zu einer Offenlegung gezwungen.

Ich bin begeisterter Apple-User. Ich besitze mehrere Mac-Rechner, einen iPod Mini und ein iPhone 3G. Ich nutze mit Vorliebe Mac OS X und vertraue im Zweifelsfall eher Apple-Software wie iLife, Final Cut oder iWork als Applikationen anderer Hersteller.

Trotzdem soll diese Arbeit keine Missionierung des “Glaubens an Apple und Mac OS X” sein. Ich möchte mich von meiner eigenen Befangenheit freisprechen, weil ich mich oft genug über Apple-Produkte ärgere, ihre teils willkürlichen Einschränkungen und Unzulänglichkeiten kenne. Zudem ist mir die irrationale Apple-Fangemeinde ziemlich peinlich.

Tatsächlich ist es mein erklärtes Ziel, möglichst wenig vom vermeintlichen Messianismus, der Steve Jobs zugeschrieben wird, für bare Münze zu nehmen. Auch möchte ich den Apple- Mythos zwar kurz abhandeln, aber den Leser nicht blenden lassen. Fakten sollen sprechen. Die Fakten, die das Betriebssystem Mac OS X in sich trägt.

Womit wir wieder beim Thema sind.

A PPLE 1997 = G ENERAL M OTORS 2009 Warum hat Apple 1997 ein neues Betriebssystem gebraucht wie ein Verdurstender in der Wüste ein Glas Gatorade?

In diesem Jahr war die Ausgangslage für den Mac-Hersteller klar. Das Unternehmen verzeichnete rückläufige Hardware-Verkäufe. 95 war omnipräsent auf

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 11 1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage

vergleichbaren Geräten zu einem Bruchteil des Apple-Preises. Zudem hatte der Software- Produzent aus Redmond mit Windows NT eine eindeutige und zukunftsträchtige Strategie, die ein leistungsfähiges, portables, netzorientiertes Betriebssystem versprach.

Die Windows-Intel-Koalition (salopp “Wintel” genannt) besaß den Vorteil der Economy of scale (Wirtschaftlichkeit durch Massenproduktion). Je mehr Geräte mit ähnlichen oder gleichen Komponenten verkauft werden konnten, desto günstiger war die Herstellung des einzelnen Produktes. Damit konnte Apple nicht mithalten.

Schrumpfender Marktanteil, überteuerte Produkte und verlorenes Vertrauen in die Entwicklung von Apples Software deuteten auf eine schwierige Zukunft oder sogar überhaupt keine Zukunft. Apple war belagert. Weit und breit standen keine staatlichen Hilfszahlungen bereit, wie sie die US-Autoindustrie 2009 am Höhepunkt der Wirtschaftskrise erhielt.

Das Unternehmen gab stattdessen Geld aus. Apple kaufte NeXT, um an die Betriebssystem- Technologie hinter NextStep zu gelangen. Der einzige Schönheitsfehler: NextStep lief auf allen möglichen Prozessoren, nur auf den von Apple eingesetzten PowerPC-Prozessoren nicht. Am allerbesten lief NextStep auf Intel-Prozessoren.

A PPLES VERSTECKTE A GENDA

Somit ergibt sich folgende forschungsleitende Frage, die ich in dieser Arbeit zu beantworten versucht habe:

War Apples Umstieg von der PowerPC- auf die Intel-Architektur von Anfang der Mac OS X-Entwicklung geplant?

Ich gehe den Spuren nach, die Apples Entwickler selbst in den unterschiedlichen Betriebssystem-Versionen hinterlassen haben. Spuren, die eindeutig darauf hinweisen, dass der Intel-Umstieg keine bloß mögliche Alternative oder kurzfristige Notfall-Option war, sondern als eigentliches Ziel des Mac OS X-Umstieges von langer Hand geplant war.

Somit war das technologische Wettrüsten, der Umstieg von der "alten" Mac-Technologie, die auf dem "klassischen" Mac OS basierte, nicht mit der Einführung von Mac OS X (damals noch Puma) im Jahre 2001 vollzogen. Vielmehr ist dieser Umstieg (engl. "Transition") erst mit der

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 12 1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage

siebenten Version des Mac OS X (10.6 Snow Leopard), die erst acht Jahre später erschienen ist, tatsächlich am Ziel angelangt.

Mit Snow Leopard, das nur noch auf Intel-Prozessoren läuft, wurden die letzten Spuren der klassischen Macintosh-Technologie sowohl im Betriebssystem als auch in der Hardware beseitigt.

2005 kündigt Steve Jobs den Umstieg von Power PC auf Intel an (Quee: Apple)

M ETHODENBESCHREIBUNG: D IE W AHL DER W AFFEN

Bei der Auswahl der Forschungsmethoden für diese Arbeit habe ich auf zwei Faktoren geachtet: Machbarkeit und Zuverlässigkeit.

Meine erste Frage war, ob es mir möglich ist, eine bestimmte Methode überhaupt anzuwenden. Da disqualifizierten sich bereits die nahe liegende aber doch aufwändige Methode des Interviews. Es wäre logisch nach Cupertino, Kalifornien, zu fliegen, Gespräche mit Avi Tevanian (dem leitenden Softwarearchitekten des Mac OS X-Projektes), Phil Shiller (Apples Vicepresident for global Productmarketing) oder gar mit Apples Hohepriester Steve Jobs höchstpersönlich zu führen. Da könnte ich einfach danach fragen, ob sie bereits seit den späten 90er-Jahren vorhatten, die Mac-Plattform auf Intel umzustellen. Ich bräuchte ihre

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 13 1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage

Antwort nur aufzeichnen, transkribieren, in meine Arbeit einfügen und - Voilá - ich hätte mein Ziel innerhalb kürzester Zeit erreicht.

Abgesehen davon, dass ich mir nicht vormachen sollte, jemals überhaupt eine "Audienz" zu bekommen, ist die Frage offen, wie zuverlässig diese Aussagen überhaupt wären. Auf ehrliche Weise - selbst im Nachhinein - über Unternehmensstrategien zu sprechen ist für Entscheidungsträger sehr schwierig. Ähnlich wie Siegermächte nach einem Krieg, sind sie in der Position, die Geschichte so zu schreiben, wie es ihnen passt. Ich käme somit wieder nicht zu den gewünschten Erkenntnissen.

Der zweite Faktor für meine Methodenauswahl ist die Zuverlässigkeit.

Aus ähnlichen Gründen kam für mich eine reine Literaturrecherche ebenfalls nicht in Frage. Apple betreibt als Unternehmen ausgezeichnete Öffentlichkeitsarbeit. Es wird von einer Aura der Legenden umgeben. Apple-Anwender werden als "Rebellen", als "Andersdenkende", als "jene, die sich trauen, die Welt zu verändern" dargestellt. Apple hat ein Paralleluniversum innerhalb der EDV-Berichterstattung geschaffen, das es schwer macht, wahre oder zumindest mit anderen PC-Anbietern anstandslos vergleichbare Aussagen zu treffen. Vor allem in den 90er-Jahren war die Berichterstattung über Apple (je nach Medium) entweder äußerst parteiisch oder sehr feindselig. Das Unternehmen wurde als letzte Bastion des Stils und der Innovation in einem Meer der grauen PC-Kisten (auch verächtlich DOSen genannt) betrachtet oder als träger "has been", dessen Blütezeit längst vorbei sei, der endlich die Geschäftstätigkeit einstellen und sämtliche Geldeinlagen seinen Aktionären zurückgeben sollte (wie es Michael Dell vom gleichnamigen PC-Riesen 1997 ausdrückte).

Somit konnte ich Medienberichterstattung zwar sehr wohl in meine Arbeit mit einbeziehen, als ernstzunehmende Quelle konnte sie nicht dienen. Ich fand sie interessant, aber sicher nicht zuverlässig. Einzig für den historischen Rückblick bezog ich mich auf Literaturquellen.

Auch Pressemeldungen und Veröffentlichungen von Apple selbst kamen nur im geringen Maß in Frage. Wie bei jeder anderen gewinnorientiert arbeitenden Gesellschaft dienen sie in erster Linie dem Verkauf von Produkten respektive in weiterer Folge der Gewinnoptimierung. Das machte Apples Pressemeldungen und Werbemittel ebenfalls höchstens auf kuriose Weise interessant aber zugleich wiederum unzuverlässig.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 14 1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage

Die einzigen Veröffentlichungen von Apple, auf die ich mich stütze, sind die Entwickler- Dokumentation (Mac OS X Developer Guidelines), die online bereitstehen. Darin wird für Programmierer dokumentiert, wie sie für Mac OS X-Applikationen entwickeln können, welche Schnittstellen und Technologien zur Verfügung stehen und wie diese anzuwenden sind.

Zu allem Überfluss wird Steve Jobs ein schier übernatürliches Verkaufstalent nachgesagt. In Alan Deutschmanns Jobs-Biographie "The Second Coming of Steve Jobs" bezeichnete der Autor diese Fähigkeit als "Reality Distortion Field". Wenn Jobs es darauf ankommen ließ, ein Produkt oder eine Idee an seine Mitarbeiter, an Kunden, an Journalisten oder an Investoren zu verkaufen, veränderte er ihre Wahrnehmung der Wirklichkeit auf Biegen und Brechen!

NeXTStep bildet die Grundlage für Mac OS X (Quee: 14.06.2009 http://www.kernelthread.com/publications/appleoshistory/7.html)

Somit konnte ich mich wieder nur bedingt auf biographische Informationen zur Person Steve Jobs stützen.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 15 1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage

Wenn ich nun nicht mit den Menschen, die Mac OS X geschrieben haben, sprechen konnte und mich auch nicht auf die Medienberichterstattung und Veröffentlichungen des Unternehmens stützen konnte, was sollte mir sonst übrig bleiben?

Ich blickte in die Technologie selbst. Mac OS X kann nicht lügen.

B ETRIEBSSYSTEM-ARCHÄOLOGIE

Vor allem eine langfristige Strategie, wie jene, der ich in dieser Arbeit auf die Spuren ging, muss in vielen kleinen Schritten umgesetzt werden. Sie baut auf einer Vielzahl von Bausteinen auf, die nach und nach gelegt werden müssen. Ich machte es mir zur Aufgabe in den unterschiedlichen Betriebssystemversionen zu kramen. Wie ich mir die Arbeit eines Archäologen vorstelle, pinselte ich die feinen Staubschichten der Grabungsstätte Mac OS X frei, um auf die Knochen eines unvollständigen Dinosaurierskeletts zu stoßen. So konnte ich mir ein Bild der Entwicklung machen.

Streng wissenschaftlich gesprochen habe ich mich der Methode der Inhaltsanalyse bedient. Als zu analysierende “Texte” dienten die einzelnen Versionen des Mac-Betriebssystems. Angefangen mit den “klassischen” Systemen der 80er- und 90er-Jahre (System 6, 7.5 und 9), über die ersten Entwickler-Versionen von Mac OS X (Mac OS X , DP3 und DP4) bis hin zu den veröffentlichten Releases der frühen 00er-Jahre bis zum heutigen Tag (Mac OS X 10.0 bis 10.6). Glücklicherweise verlegte Apple den Veröffentlichungstermin von Mac OS X 10.6 Snow Leopard von September auf August 2009 vor. So konnte ich auch diese Version in der vorliegenden Arbeit berücksichtigen.

Zwar ist mir keine lückenlose Antwort auf die Frage, ob der Umstieg von Anfang an geplant war gelungen. Die Indizienkette zeigt aber, dass Apple zumindest mit langer Vorlaufzeit, den Wechsel eingefädelt hat.

Auf meiner reichhaltigen Auswahl an Mac-Hardware installierte ich einen repräsentativen Querschnitt der Betriebssysteme und ging folgenden Fragen nach:

• Welche Technologien sind in dieser Version enthalten? (z.B. Quicktime, QuickDraw, Java usw.)

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 16 1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage

• Welche Möglichkeiten bieten sich dem Anwender? (z.B. Multitasking, Multiprozessorfähigkeit usw.)

• Welche Werkzeuge (API - Application Programming Interfaces) standen Entwicklern dafür zur Verfügung? (z.B. Mac Toolbox, Cocoa, Unix X11 usw.)

• Welche Hardware unterstützten diese Betriebssystem-Versionen? (z.B. 68k- Prozessoren, PowerPC, Intel-Chips)

Als “Kollateral-Erkenntnisse” protokollierte ich viele der Entwicklungen auf der Ebene des User-Interfaces und der Systemarchitektur, die von historischer Relevanz sind. Somit möchte ich meine Methode auch als eine Art “elektronische Feldforschung” beschreiben.

Für alle, die es genau wissen wollen. Ich habe folgende Betriebssysteme auf folgender Hardware getestet.

System 6 und Mac OS 7.5: Macintosh SE/30 (16 MHz, 8 MB RAM, 40 MB HD, Baujahr 1989) Mac OS 9, 10.1, 10.2 Jaguar und 10.3 Panther: iMac G3 (450 MHz, 1 GB RAM, 20 GB HD, Baujahr 2001) OpenStep/NextStep 3.3: Virtual PC 5 auf iMac G3 Mac OS X 10.4 Tiger: iBook G4 (1,42 GHz, 1,5 GB RAM, 60 GB HD, Baujahr 2005): Mac OS X 10.5 Leopard, Mac OS X 10.6 Snow Leopard: MacBook Pro (2.26 GHz, 4 GB RAM, 120 GB HD, Baujahr 2009)

D IE F RAGE NACH DEM G RUND...

All dies mag zwar eine nette Fleißaufgabe darstellen, allerdings stellt sich hier die Frage, wozu ich all das überhaupt gemacht habe. Welcher Nutzen hat diese Forschungstätigkeit?

Einerseits befindet sich technologische Entwicklung stets an der Schnittstelle zwischen Gegenwart und Zukunft, was eine geschichtliche Aufzeichnung schwierig macht. In der allgemeinen Wahrnehmung der herstellenden Unternehmen ist alte Technologie nicht nur tote Technologie sondern automatisch auch schlechte Technologie, die man eigentlich vergessen sollte. Technologiegeschichte ist aber ein Ankämpfen gegen dieses Vergessen. Ich bin der Meinung, je mehr Technologie in den Alltag der Menschen eindringt, desto mehr sollte ihre

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 17 1. Von Apologien und der forschungsleitenden Frage

geschichtliche Entwicklung als Teil der Gesellschafts- und Wirtschaftsgeschichte betrachtet und auch reflektiert werden.

Andererseits möchte ich mit der hier erzählten Geschichte aufzeigen, wie schwierig es ist, in einem reifen Umfeld ein neues Betriebssystem zu etablieren. Mit dem Kauf von NeXT hat Apple nicht nur ein fortschrittliches und praxiserprobtes Betriebssystem erworben, das Unternehmen konnte auch seine bestehenden Technologien adaptieren und weiter nutzen. Zudem nutzte Apple für einzelne Bereiche die Unterstützung der OpenSource-Comunity.

Nur durch diese Kombination an Anstrengungen konnte Mac OS X überhaupt aus dem Boden gestampft werden.

Die großen Schwierigkeiten, die der weltgrößte Softwarehersteller Microsoft mit der Entwicklung seines eigenen Betriebssystems Windows Vista (auch bekannt als Longhorn) hatte, zeigen, dass Betriebssysteme bereits eine derartige Komplexität erreicht haben, dass Neuentwicklungen bis knapp vor der Unmöglichkeit aufwändig sind.

K APITELZUSAMMENFASSUNG Der Computerhersteller Apple hat im Jahre 1997 den ehemaligen Hardware- und nunmehrigen Softwarehersteller NeXT aufgekauft. NeXT sollte in Form seines Betriebssystems NextStep (das auf Intel-Prozessoren lief) die Technologie für das neue Apple-Betriebssystem liefern.

2001 wurde die erste kommerziell erhältliche Version von Mac OS X für Macs mit PowerPC- Prozessoren vorgestellt. 2005 kündigte Apple an, nunmehr Rechner mit Intel-Prozessoren auszuliefern, Mac OS X sei parallel sowohl auf PowerPC als auch auf Intel-Prozessoren entwickelt worden.

Diese Arbeit beschreibt, Spuren im Betriebssystem darauf hindeuten, dass dieser Wechsel möglicherweise bereits von Anfang an geplant war.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 18 2. Historischer Rückblick: Die kurze Geschichte des Mac

“The greatest mistake you can make is to say that your work is better than a lot of the shit that's out there. No doubt. But being better than shit is not exactly a shining credential.”

Dave Sim, “Cerebus - Guide to Self-Publishing”

Als Steve Jobs 1997 zu Apple zurückkehrte, befand sich das Unternehmen in einem schlechten Zustand. Apple hatte bereits das dritte Quartal enorme Verluste hinnehmen müssen. Der vermeintliche Konkurrent Microsoft2 hatte eineinhalb Jahre zuvor mit Windows 95 den großen Coup gelandet. Selbst Apples vehementeste Unterstützer konnten keine Hoffnung, kein Licht am Ende des Tunnels erkennen. Rückblickend werden die Jahre vor Steve Jobs Rückkehr als die “belagerten Jahre” (engl. “beleaguered years”) bezeichnet.

Doch was führte das ehemalige Vorzeige-Unternehmen in dieses tiefe Loch? Wie konnte es so weit kommen, dass der vormals erfolgreichste Hersteller von Heimcomputern, der über revolutionäre Produkte verfügte und mit dem Macintosh die grafische Benutzeroberfläche beliebt gemacht hatte, auf der Stelle trat und immer weniger Marktakzeptanz fand?

A MERIKANISCHER M YTHOS Der US-amerikanische Dokumentarfilmer, Politaktivist und Buchautor Michael Moore hat in seinem Buch “Dude, where’s my Country” beschreibt, warum die US-Bevölkerung grundsätzlich nichts dagegen hat, wenn Besserverdiener im Verhältnis zum Rest der Steuerzahler weniger Steuern zahlen. Moore begründete dies mit dem tief im amerikanischen Bewusstsein verankerten Glauben an den Horatio-Alger-Mythos.

2 Es ist eine Streitfrage, ob der Soware-Hersteller Microsoft tatsächlich Konkurrent des Hardware-Herstellers Apple ist. Die Beantwortung dieser Frage ist nicht Gegenstand dieser Arbeit.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 19 2. Historischer Rückblick: Die kurze Geschichte des Mac

Alger war ein Schriftsteller im 19. Jahrhundert, der Dutzende Romane geschrieben hat, die immer wieder davon erzählen, wie ein ehrlicher, hartarbeitender aber anfangs armer Amerikaner durch harte Arbeit und/oder einer genialen Geschäftsidee reich wird. Moore mutmaßte, dass der Durchschnittsamerikaner3 insgeheim hofft, ebenfalls vom Tellerwäscher zum Millionär aufzusteigen und deshalb jetzt schon vermeiden möchte, dass zu viel seines zukünftigen Reichtums an den Fiskus abgeführt werde.

Jedes Zeitalter hat seinen eigenen “Rags-to riches”-Mythos. Zu den beliebten Aufsteiger- Geschichten des 20. Jahrhunderts zählen jene der Computermillionäre. Eine der eingängigsten und auch bekanntesten Geschichten ist der Mythos über die Gründung von Apple Computer durch Steve Jobs und Steve Wozniak.

An dieser Stelle bitte ich jeden, der die wissenschaftlichen Ansprüche der Überprüarkeit, Nachvollziehbarkeit und schier Wahrhaftigkeit hat, um Nachsicht. Immerhin wiederhole ich hier bloß die Apple-Legende im Schnelldurchlauf wie sie in der popkulturell verklärten IT- Geschichtsschreibung steht. Diese ist vor allem für ihre Unwissenschaftlichkeit bekannt.

All jene, die das nicht tolerieren können, empfehle ich Kapitel 3 und 7. Diese strotzen nur so vor überprüaren Fakten, Argumenten, die sich daraus ergeben und Schlussfolgerungen, die hoffentlich auf nachvollziehbare Weise daraus gezogen werden. Außerdem kommen dort jede Menge Fußnoten vor.

A L LEIN GEGEN “BIG B ROTHER” Die nur halbwahre Kurzversion der Apple-Geschichte lautet: Steve Jobs und Steve Wozniak gründen ihr Unternehmen in einer Garage und bringen den ersten Heimcomputer auf den Markt. Einige Jahre später stehlen sie die Xerox-Ideen der Maus und der grafischen Benutzeroberfläche, um mit dem Macintosh den ersten kommerziell erhältlichen Computer mit Maus-Bedienung herauszubringen. Dieser ist revolutionär, ulkig und kreativ und somit die Anti-These zum bösen “Big Brother” IBM. Steve Jobs wird vom ebenfalls bösen Apple-CEO John Sculley aus dem Unternehmen herausgeworfen, das er selbst gegründet hatte. Darauin macht Jobs Apple mit seinem neuen Unternehmen NeXT Konkurrenz und wird mit Pixar zum

3 Hier gilt natürlich Genderneutralität, der Einfachheit halber wird in dieser Arbeit die männliche Form für beide Geschlechter verwendet.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 20 2. Historischer Rückblick: Die kurze Geschichte des Mac

Filmmogul. Seines genialen Gründers beraubt, kann sich Apple nicht gegen Microsofts Neuentwicklung Windows behaupten und versumpert technologisch immer mehr. Im Jahr 1997 kehrt Steve Jobs als Retter zurück, weil Apple NeXT auauft, um an die Betriebssystem- Technologie von NextStep zu kommen. Mit dem iMac gelingt Jobs tatsächlich die Rettung des Unternehmens. Zudem entsteht unter seiner Führung Mac OS X, das den Mac ins 21. Jahrhundert katapultiert. Mit dem MP3-Player iPod gelingt es Jobs die Welt für digitale Musik zu interessieren und er schafft gleichzeitig eine zweite lukrative Einnahmequelle für den Computerhersteller. Die Fusion aus dem iPod und Mac OS X wird zum revolutionären iPhone und Apple ist aus der IT-Welt, der Popkultur und aus der Geschichte der göttlichen Schöpfung nicht mehr wegzudenken.

Soweit die mythenumrankte Kurzversion von Apples Historie. Die auf Quellen basierte Langfassung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Allerdings möchte ich trotzdem im Folgenden mit einigen Mythen aufräumen. Da ich mich auch auf Literatur über Apple stütze, bleiben sicher einige Echos unwahrer Überspitzungen erhalten, trotzdem kommen wir den tatsächlichen Ereignissen ein Stückchen näher.

D IE K ONSENSTHEORIE DER W AHRHEIT Apple Computer wurde selbstverständlich in einer Garage gegründet, wie es sich für ein richtiges Underdog-Unternehmen gehört. Der zählt zu den ersten allgemein erhältlichen Heimcomputern. Die Ehre, allererster kommerziell erhältlicher Homecomputer zu sein, gehörte zwar dem Altair 8800 aus dem Jahr 1975, den ein anderer Hersteller auf den Markt brachte (Stephen Levy: “Hackers. Heroes of the Computer Revolution”, 1984). Da aber sowohl der Altair als auch der Apple I als Bausatz verkauft wurden, konnte Steve Wozniak mit Produktionsbeginn des als Fertierät verkauften Apple II behaupten, er habe den erfunden (Steve Wozniak: "iWoz: Computer Geek to Cult Icon: How I Invented the Personal Computer, Co-Founded Apple, and Had Fun Doing It", 2007).

Apple gehörte in den 80er-Jahren zu einem der am schnellsten wachsenden Unternehmen in der Wirtschaftsgeschichte. Da hat sich der Elektronik- und Photokopierer-Hersteller Xerox ins

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 21 2. Historischer Rückblick: Die kurze Geschichte des Mac

Unternehmen eingekauft. Dann geschah das, was oft irrtümlicherweise als Technologiediebstahl4 bezeichnet wird.

Das doppelte Steve-chen: Jobs und Wozniak mit einem Apple IIc (oben) und einem Apple I (darunter) (Quee: Jim Carlton: "Apple: The Inside Story of Intrigue, Egomania, and Business Blunders", 1998)

Xerox hatte im Jahrzehnt zuvor in seiner legendären und zum Teil aus Mitteln der militärischen DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) finanzierten Forschungsstätte PARC (Palo Alto Research Center) die Maus als Eingabegerät, die Prinzipien der grafischen Benutzeroberfläche (Fenster, Menüs, Dialogboxen usw.), sowie das LAN (Local Area Network) entwickelt. Xerox hat Jobs und Wozniak ausdrücklich einen Technologieaustausch erlaubt (lt. Michael A. Hiltzik: “Dealers of Lightning: Xerox PARC and the Dawn of the Computer Age”, 2000).

So haben Apple-Ingenieure sich die Xerox-Entwicklungen genau angesehen. Jobs war begeistert und sah in der neuartigen Bedienung des Alto (ein Rechner-Protoyp, der mit der Maus zu bedienen war) sowie dem Betriebssystem Smatalk die Zukunft der EDV.

4 Unter anderem im Fernsehfilm “Pirates of Silicon Valley”, der die frühe Feindschaft zwischen Bill Gates und Steve Jobs beschreibt. Allerdings haben Doku-Soaps in einer ordentlichen wissenschaftlichen Arbeit als Referenz nichts verloren...

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 22 2. Historischer Rückblick: Die kurze Geschichte des Mac

Xerox Star: der erste kommerzie verfügbare Computer mit Maus-Bedienung (Quee: http://www.digibarn.com/)

Anhand dieser Erkenntnisse entwickelte Apple im Jahre 1983 Lisa. Entgegen der weitläufigen Meinung war nicht der Macintosh der erste Apple-Computer mit grafischer Benutzeroberfläche, sondern eben dieser nach Steve Jobs Tochter benannte Lisa. Tatsächlich war nicht einmal Lisa überhaupt der erste kommerziell erhältliche Rechner mit Maus und Fenster-Oberfläche. Es war der Xerox Star.

Apple Lisa: Apples erster Versuch an GUI und Maus (Quee: Computer History Museum)

Leider teilte Lisa das Schicksal des Xerox Star. Trotz der für damalige Verhältnisse revolutionären Leistungsdaten und Benutzerführung wurde die Produktion beider nach

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wenigen Jahren eingestellt. Sie waren einfach zu teuer im Vergleich zum IBM PC, der im Jahr davor vorgestellt worden war5.

Während der Entwicklung von Lisa wurde Steve Jobs aus dem Team geworfen. Als Akt der Rache und als Möglichkeit, sich zu behaupten, drängte er sich ins Entwickler-Team des Macintosh, das er letzten Endes auch komplett übernahm (Alan Deutschman: “The Second Coming of Steve Jobs”, 2000). Er verlangte von seinen Ingenieuren nicht bloß die Entwicklung eines Computers, er verlangte von ihnen “to put a dent in the universe”. Außerdem sagte er ihnen, sie seien Künstler. Trotzdem zwang er sie dazu, Tag und Nacht zu arbeiten, denn “real Artists ship” - echte Künstler liefern! (Andy Hertzfeld: “Revolution in The Valley: The Insanely Great Story of How the Mac Was Made”, 2004)

Der erste Macintosh. Nicht die erste kommerziee GUI, auch nicht Apples erste GUI (Quee: 10.07.2009 http://rickyday.net/blog/2009/01/)

5 Der IBM PC konnte weit weniger und das um einiges uneleganter als und Xerox Star. Doch der Preis war damals wie heute das entscheidende Kriterium. Der PC war billiger und er konnte einige Aufgaben gut genug erfüllen. Vielleicht ist das eine weitere Lehre, die man aus der Geschichte ziehen kann: “Gut genug aber biig ist der Feind von wirklich gut!” (Im Technologie-Magazin Wired macht Robert Capps in einem anderen Zusammenhang eine ähnliche Beobachtung: “The Good Enough Revolution: When Cheap and Simple Is Just Fine” http://www.wired.com/gadgets/miscellaneous/magazine/17-09/ff_goodenough (abgerufen am 5. September 2009)

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Im Orwell-Jahr 1984 wurde der Macintosh vorgestellt - begleitet von einem gewaltigen medialen Wirbelwind. So innovativ der erste Macintosh auch war, umso innovativer war die Inszenierung, die Steve Jobs bei der Präsentation bot. Er stellte den Mac als Gerät mit Persönlichkeit, als Computer “for the rest of us” vor. Im rebellischen 1984-Werbespot positionierte Jobs den Macintosh als Gegenspieler zum orwellshen “Big Brother” IBM und stellte den Claim “Why 1984 won’t be like ‘1984’ ”.

Der Mac war als “Appliance” konzipiert. Bildschirm, Recheneinheit und Laufwerk bildeten eine Einheit. Er hatte sogar einen Traggriff, um leichter transportiert zu werden. Sowohl Rechenleistung mit 8 MHz, als auch die grafische Darstellung waren den IBM PCs der damaligen Zeit voraus. Einzig der Speicher war mit 128 Kilobyte sehr knapp bemessen. Das Betriebssystem benötigte bereits einen Großteil, für die Anwendungen blieb nicht mehr viel übrig. Glücklicherweise wurde der Macintosh mit der Textverarbeitung MacWrite und dem Zeichenprogramm MacPaint ausgeliefert, die an diese Einschränkungen angepasst worden waren.

Leider verkaufte sich der Macintosh nicht so gut wie erhofft. Der Großteil von Apples Einnahmen bestritt immer noch die neue Version des altehrwürdigen Apple II. Erst als Layout- und Grafik-Software für den Mac entwickelt wurden, begannen die Verkäufe zu boomen. Das sollte Steve Jobs aber nicht mehr als Teil des Apple-Teams erleben. Apple-CEO John Sculley6 warf Steve Jobs aus dem Unternehmen.

G ENERATION N EXT Das ließ Jobs nicht auf sich sitzen und gründete abermals ein Computerunternehmen. NeXT war geboren. Der detailversessene Jobs wollte den perfekten Computer für Forscher und Studenten erschaffen. Der NeXT-Computer sollte über ein leistungsfähiges auf BSD/UNIX- basiertes Betriebssystem verfügen. Es sollte objektorientiert sein und die Bildschirmdarstellung sollte über das für den Hochqualitätsdruck konzipierte PostScript angesprochen werden.

6 Einige Jahre davor hat Steve Jobs dem ehemaligen PepsiCola-CEO Sculley den Posten als Apple-CEO angeboten, indem er ihn fragte “Do you want to sell sugared water all your life or do you want to change the world?” (Jim Carlton: “Apple: The Inside Story of Intrigue, Egomania, and Business Blunders”, 1998)

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Nach einer langen Entwicklungszeit und einigen rechtlichen Kämpfen mit Apple7 kam im Jahre 1988 unter abermaligem Medienwirbel der NeXT Cube heraus. Der Cube war wunderschön und bot vieles, das noch nie zuvor da gewesen war, trotzdem hatte Jobs ein überteuertes Nischenprodukt im Repertoire. Oscar Wilde meint, Kunst müsse nutzlos sein. Der Cube war reine Kunst.

Der NeXT-Rechner war weder ein Erfolg, noch konnte das Unternehmen seine Anfangsverluste abdecken. Nach abwechselnden Beteiligungen von Ross Perot (später als Joker im US-Präsidentschaftswahlkampf bekannt) und Canon, musste NeXT die Hardware- Produktion einstellen.

Steve Jobs und sein erster NeXT-Computer (Quee: 11.08.2009 http://www.flickr.com/photos/puckman/125024210/)

7 Jobs hatte einen Teil des Apple-Teams ins neue Unternehmen mitgenommen, worauin Apple klagte. Die beiden Unternehmen einigten sich darauf, dass NeXT nicht auf dem Apple- Markt wildern dürfe und sich im Verkauf nur auf universitäre und andere Forschungseinrichtungen sowie staatliche Stellen konzentrieren dürfe.

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Das Unternehmen stellte seine Geschäftstätigkeit auf die Entwicklung und den Verkauf seines Betriebssystems NextStep um. Dieses wurde für DEC Alpha- und Intel i86-Prozessoren angeboten. Zudem hatte NeXT das leistungsfähige CMS (Content Managment System) Webobjects entwickelt. Damit fasste NeXT in dieser neumodischen Erscheinung namens Internet Fuß.

Tatsächlich erwies sich gerade das Neben-Projekt Webobjects als gehörige “cash cow” für das an Einnahmen nicht gerade beschenkte Unternehmen. Großkunden wie Dell und einige US- Behörden bauten ihre Webauftritte mit Webobjects auf. Doch das war alles zu wenig und zu spät. Im Grunde war NeXT gescheitert (Alan Deutschmann: “The Second Coming of Steve Jobs”, 2000). Die “software-only” Strategie zeigte sich als unzulänglich. Das Unternehmen kam einfach nicht aus der Verlustzone heraus. Niemand wollte ein Betriebssystem, für das es nur wenige Applikationen gab. Aus dieser Zeit stammte auch folgendes Bill Gates-Zitat. Auf die Frage eines Journalisten, ob Microsoft auch für NeXT Software entwickeln werde, soll Gates geantwortet haben: “Develop for it!?! I piss on it!” (lt. Jeey S. Young, Wiiam L. Simon: “iCon: Steve Jobs, The Greatest Second Act in the History of Business”, 2005).

Zwei Dinge konnten Steve Jobs enormes Ego retten: NeXT hatte das modernste Betriebssystem der Welt, das aber niemand kaufen wollte, weil sich Windows im Lieferumfang der ausgelieferten PC befand. Und er hatte einige Jahre zuvor von George Lucas, das schwer defizitäre Computergrafik-Unternehmen Pixar gekauft, das ohne viel Zutun Jobs den Filmhit “Toy Story” landete, den ersten abendfüllenden vollständig am Computer animierten Spielfilm.

F ENSTER IN DEN 90ERN

Parallel dazu geriet Apple ebenfalls in Schwierigkeiten. Zwar hatte der Mac im Bereich der Druckproduktion und im grafischen Gewerbe sowie in Werbe- und Kreativagenturen einen ertragreichen Platz gefunden. Doch die alte auf Motorolas 68k-Prozessoren basierte Architektur zeigte Alterserscheinungen. Ein neuer Prozessor musste her.

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Da folgte die erste große Umstellung (engl. Transition) in Apples Geschichte von 68k auf die moderne, zukunftsträchtige RISC8-Architektur des PowerPC9.

Der Umstieg war ein voller Erfolg. Mac-Rechner wurden um einiges schneller als ihre PC- Konkurrenz. Dieser Vorsprung war aber trügerisch. Einerseits schliefen die Mitbewerber nicht, denn Intel entwickelte die eigenen Prozessoren immer weiter (Stephen Levy: “Insanely Great: The Life and Times of Macintosh, the Computer That Changed Everything”, 2000). Andererseits zeigte auch Apples Betriebssystem Mac OS ebenfalls Mängel. Es konnte seine primitiven Wurzeln nicht verleugnen. Immerhin basierte es auf ein single-user, single-tasking- Fundament, das immer unzeitgemäßer erschien. Der Prozessor-Umstieg verlangte zudem noch, dass Teile des Betriebssystems emuliert werden, weil sie für die 68k-Reihe geschrieben wurden und aus Kompatibilitätsgründen erhalten werden mussten. Das unterwanderte den großen Geschwindigkeitsvorteil. (Owen Linzmayer: “Apple Confidential 2.0: The Definitive History of the World's Most Colorful Company”, 2004)

Apple experimentierte mit einer Reihe von unterschiedlichen Betriebssystem-Varianten. Für den Server-Bereich wurde sogar mit A/UX eine eigene Unix-Version konzipiert. Diese kam aber für gewöhnliche Macs nicht infrage, weil A/UX nicht kompatibel war mit dem großen Softwareangebot für Mac OS.

Die Entwickler unternahmen einige gescheiterte Versuche, ein völlig neues, auf moderner Grundlage auauendes System von Grund auf zu schreiben. Die Codenamen der fehlgeschlagenen Versuche lauteten Copland und Star Trek und werden im letzten Viertel dieses Kapitels im Detail behandelt. (Owen Linzmayer: “Apple Confidential 2.0: The Definitive History of the World's Most Colorful Company”, 2004)

8 Die RISC-Architektur (Reduced Instruction Set Computer) sollte gewaltige Leistungszuwächse bringen, weil der Prozessor zwar über weniger Befehle als bisherige Prozessoren (CISC - Complex Instruction Set Computer) verfügte, diese aber mit wesentlich höherer Geschwindigkeit ausführen konnte.

9 PowerPC war ein gemeinsames Produkt von Apple, Motorola und IBM. Motorola verlor Ende der 90er-Jahre das Interesse daran. IBM baut weiterhin POWER-Prozessoren in seine Hochleistungsserver und stellt auch Videospiele-Prozessoren für Sony, Nintendo und Microsoft her, die auf dem PowerPC basieren.

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Just zu dieser Zeit spaltete sich unter der Führung des ehemaligen Apple-Manager Jean-Louis Gassée eine Gruppe von Apple-Entwicklern ab und entwickelte in einem eigenständigen Unternehmen das Betriebssystem BeOS. Anfangs lief es auf den obskuren Hobbit-Prozessoren. Ziemlich rasch wurde es auf PowerPC-Prozessoren und Mac-Hardware portiert, wo es mit erstaunlicher Effizienz lief. In BeOS meinten Apple-User das Mac OS der Zukunft zu erkennen. Allerdings lief die bestehende Mac-Software darauf nur über Umwege.

Währenddessen brachte in einem beispiellosen Kraftakt Microsoft sein Windows 95 auf den Markt. Der gewöhnliche PC war nun dem Mac in vielen Belangen absolut ebenbürtig - zum halben Preis. Apple reagierte zwar spöttisch, der Marktanteil sank aber weiter (Alan Deutschmann: “The Second Coming of Steve Jobs”, 2000).

D IE BELAGERTEN J AHRE

Apple war belagert; auf der einen Seite von Microsoft mit seinem Betriebssystem-Angebot; auf der anderen Seite von den Klon-Herstellern, die in Lizenz Mac-kompatible Geräte zu einem geringeren Preis herstellten; zudem hatte Apple sämtliche Innovationskraft verloren und konnte sich nicht wie Münchhausen beim eigenen Schopf aus dem Wasser ziehen. 1996 schrieb Apple einen Verlust von einer Milliarde US-Dollar.

Ein CEO nach dem anderen warf das Handtuch. Sculley ging und wurde von Michael Spindler ersetzt, der allerdings nicht sehr lange die Geschicke des Unternehmens leitete. Dann übernahm der große Unternehmensretter Gil Amelio10 den CEO-Posten bei Apple.

10 Amelio hatte zuvor zur Rettung von National Semiconductors beigetragen.

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BeOS: Lange Zeit als Nachfolger des alt-ehrwürdigen Mac OS gehandelt (Quee: http://beos.tribe.net/photos/29d28354-0260-4e42-8432-f33a5fffce9c)

Wenn man Amelio eine Sache anrechnen kann, dann, dass er erkannte, wie wichtig es für Apple war ein leistungsfähiges Betriebssystem zu haben, und dass das Unternehmen nicht selbst in der Lage war, in akzeptabler Zeit ein völlig neues Betriebssystem zu schreiben.

Der CEO sah sich auf dem Markt nach einem bestehenden Betriebssystem um. Zur Wahl standen eine Lizenz von Windows NT, das leistungsfähige BeOS und das moderne NeXTStep.

F REUNDLICHE Ü BERNAHME Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass gerade als sich Apple auf der Suche nach einem modernen Betriebssystem befand, eben ein solches im Unternehmen seines hinausgeworfenen Gründers entstanden war. Apple war ein Hardware-Hersteller ohne Betriebssystem, NeXT war ein Betriebssystem-Entwickler ohne Hardware. Wenn die beiden Unternehmen nicht so bitter verfeindet gewesen wären, dann wäre der Zusammenschluss eine logische Strategie.

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Gil Amelio, Apples CEO in den “belagerten Jahren” des Unternehmens (Quee: 11.08.2009 http://virnamedina.blogspot.com/2008_06_01_archive.html)

Die Verhandlungen mit Be standen mehrmals kurz vor dem Abschluss. Einziger Streitpunkt war der Kaufpreis. Be-CEO Gassée verlangte $ 200 Millionen. Das hielt Amelio für zu viel. Denn obwohl BeOS viele Vorteile mitbrachte, es war schnell, effizient und baute auf modernen Strukturen auf, gab es Bereiche, in die Apple noch viel Entwicklungsarbeit stecken musste. Die Netzwerk-Fähigkeiten von BeOS waren noch unterentwickelt, und es konnte noch überhaupt nicht den durch das Internet auommenden Server-Markt bedienen.

Da hatte NeXT die Nase vorn. In einer Nacht und Nebel-Aktion, deren wahren Verlauf die Welt wahrscheinlich nie erfahren wird, einigten sich NeXT und Apple auf eine Fusion. Um mehr als $ 400 Millionen wurde der Zusammenschluss beschlossen. Amelio meinte kokett, er habe sich für den Plan A entschieden und nicht für Plan Be (Alan Deutschmann: “The Second Coming of Steve Jobs”, 2000).

Selbstverständlich kaufte Apple mit der Betriebssystemtechnologie von NeXT auch den eigenen Gründer, Mediendarling Steve Jobs, mit ein. Zwar wollten beide Unternehmen eine gemeinsame schriftliche Presseerklärung abgeben, doch Jobs brachte zuerst eine eigene von religiösen Untertönen des verlorenen Sohnes durchzogene Erklärung aus, in der die Übernahme NeXTs durch Apple angekündigt wurde.

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Auf einer groß angelegten Pressekonferenz stellte auf langatmige Weise seine neue Betriebssystem-Strategie vor. Doch das Publikum interessierte sich nicht für seine Ausführungen. Alle warteten auf Steve Jobs. Wie es Alan Deutschman in “The Second Coming of Steve Jobs” (Seite 231) beschreibt:

“On January 7, Gil and Steve were slated to share the keynote speech at Macworld, an annual ritual that drew some eighty thousand of Apple’s enthusiasts to San Francisco.

The Apple faithful were anxious to see their cult hero and hear his plans for saving the company. But Gil went on first, and he went on and on. He had thrown out his scripted text, and instead he rambled ad lib for two hours, repeatedly losing his train of thought. But he was seemingly oblivious to how thoughly he was embarassing himself. ...

Then Steve took the stage, and thousands stood up and cheered.”

F UNCTION FOLLOWS F ORM

Amelio hatte sich so grundlegend bei Apple-Aktionären und Kunden blamiert, dass es für den intrigenerprobten Steve Jobs ein Leichtes war, Amelio als CEO abzumontieren. Er wurde Interims-CEO (iCEO), solange das Unternehmen keinen Nachfolger für Amelio gefunden hatte. Für einen symbolischen Dollar11 im Jahr wollte er aus “reiner Gutherzigkeit” das Unternehmen, das er gegründet hatte, retten.

Tatsächlich kamen die großen Erfolge. Kein halbes Jahr, nachdem Jobs das Ruder an sich gerissen hatte, präsentierte er den iMac. Mit seinem knubbeligen Design, seiner minimalistischen Ausrüstung und dem grassierenden Internet-Boom erwies sich das Gerät aus ausgesprochener Erfolg. Darauf folgten der iBook und der PowerBook Titanium.

11 Lt. Deutschman musste Jobs diesen Dollar verlangen, damit seine Familie bei Apple mitversichert sein konnte. 2002 übernahm Jobs endgültig die CEO-Agenden und wurde auch entsprechend entlohnt.

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iMac 1998: Das knubbelige Geräte, das Apple retten konnte (Quee: http://www.atpm.com/6.08/macworld-gaery/images/macs-imac-snow.jpg)

D ER M OTOR DER M ASCHINE

Im Hintergrund liefen die Vorbereitungen, NextStep auf die PowerPC-Plattform zu portieren. Das erwies sich als wesentlich schwieriger als geplant. Einerseits durfte Apple die großen externen Software-Entwickler wie Microsoft, Adobe oder Macromedia nicht verärgern, weil sie ihre Software für das neue Betriebssystem völlig neu schreiben mussten, andererseits wollten sie die Anwender nicht verlieren, die viel Geld für Mac OS-Software investiert hatten.

Zudem zeigte sich, dass einige Strategien, die bei NeXT noch funktioniert hatten, bei Apple nicht aufgingen. Das viel gerühmte Display-Postscript kam als Bildschirmbeschreibungssprache des neuen Mac OS nicht infrage. Es war einfach zu teuer. Große Teile des Systems mussten umgeschrieben werden, damit Adobes offenes PDF-Format für die Bildschirmdarstellung verwendet werden konnte (http://arstechnica.com/apple/reviews/ 2001/04/macos-x.ars, abgerufen am 17. Juli 2009).

Apple formulierte eine doppelte Übergangsstrategie. Ein Teil der neuen Entwicklungsbibliotheken (API - Application Programming Interfaces) wurde als Carbon auf das alte Mac OS portiert. So konnten Softwarehäuser ihre Applikationen mit relativ geringem

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Aufwand bereits auf dem alten Mac OS “future proof” machen. Denn Carbon-Programme würden sowohl auf dem alten Mac OS als auch auf dem noch nicht veröffentlichten Mac OS X einwandfrei laufen.

Zudem beschloss Apple alle anderen Programme in einer virtualisierten Umgebung im neuen Betriebssystem ablaufen zu lassen. Mac OS X sollte eine volle Version des klassischen Mac OS laden, wenn ein altes, noch nicht angepasstes Programm gestartet wurde.

2000 war es dann soweit. Die erste, gerade noch lauffähige Version von Mac OS X wurde vorgestellt. Das “X” im Namen stand nicht nur für die Römisch-Zehn, sondern spielte auch auch auf die Unix-Wurzeln des Systems an. Doch leider war 10.0 alles andere als brauchbar. Es war langsam und noch nicht sehr stabil. Aber es sah sensationell schön aus.

Mac OS X mit der neuen Benutzeroberfläche Aqua

Auch in der Nomenklatur ging Apple neue Wege. Die einzelnen Versionen von Mac OS X wurden nach Raubkatzen benannt. Die erste Version hieß Puma, danach kam Jaguar, gefolgt von Panther.

Tatsächlich lieferte Apple zwei Jahre lang alle Geräte mit beiden Betriebssystemen aus. User konnten ihren Mac alternativ mit Mac OS Classic und dem neuen Mac OS X booten.

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Erst 2003 mit der Einführung von Mac OS X 10.3 Panther setzte Apple alles auf die Neuentwicklung.

Mac OS X von 10.0 Puma bis 10.5 Leopard

I P OD THEREFORE I AM

Jobs hatte bei seiner Machtergreifung sämtliche Apple-Entwicklungen einstellen lassen, die nicht mit dem Kerngeschäft verwandt waren. Apple stellte in den 90er-Jahren noch selbst Laserdrucker und Digitalkameras her. Diese mussten als Verlustbringer eingestellt werden. Auch der revolutionäre PDA (Personal Digital Assistant) Newton MessagePad fiel der Jobschen Axt zum Opfer.

Als der neue iCEO fertig war, stellte Apple nur noch Desktop-Macs, Notebooks und Server her. Sonst nichts (Alan Deutschmann: “The Second Coming of Steve Jobs”, 2000).

2001 lud Apple zu einer Präsentation eines mysteriösen Produkts. Auf der Einladung stand dezidiert “Not a Mac”. Da wurde bereits spekuliert, dass Apple nun doch einen Nachfolger des Newton MessagePad vorstellen wollte.

Doch die Journalisten wurden enttäuscht. Steve Jobs stellte auf seine gewohnt dramatische Weise einen einfachen MP3-Player vor: den Apple iPod.

Vier Jahre später überholten die iPod-Umsätze jene aus den Mac-Verkäufen.

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Apple iPod der aer ersten Generation (Quee: Apple)

Erstmals konnte sich Apple auf einem Markt ohne Wettbewerbsverzerrung behaupten. Allein durch die Qualität seines Produkts und ausgeklügelter Werbung konnte das Unternehmen gegen Branchenriesen wie Sony und Platzhirsche wie Roxio und Creative antreten.

Zu den großen Vorzügen des iPod gehörten neben seiner leichten Bedienung auch die für damalige Verhältnisse große Speicherkapazität (5 Gigabyte in der ersten Generation). Bald folgten kleinere und auch solche mit einer besseren Bedienung bzw. mehr Speicher. Doch der eigentliche Coup gelang erst, als Apple mit den großen Musikanbietern Verträge für den Online-Verkauf ihrer Musik abschließen konnte. Mit dem iTunes-Musikstore bot Apple auf legalem Weg Musik zum Download an (Steven Levy: “The Perfect Thing: How the iPod Shuffles Commerce, Culture, and Coolness”, 2007).

G EHIRN-TRANSPLANTATION

Apple verwöhnte sowohl Presse als auch Publikum bei seinen jährlichen Produktpräsentationen zum Auftakt der Macworld. Da betrat Jobs die Bühne und stellte ein einfaches Produkt vor, als sei es eine langerwartete Verheißung, ohne die keiner leben konnte.

Da war er stets für Überraschungen und dramatische Zuspitzungen gut. Bei einer seiner ersten Präsentation nach seiner Rückkehr zu Apple stellte Jobs einige zwar solide aber nicht besonders aufregende Produkte vor. Gerade als er die Bühne verlassen wollte, drehte er sich zum Publikum und sagte, ach übrigens, “one more thing”, Apple sei jetzt wieder profitabel und schreibt große Gewinne (Alan Deutschmann: “The Second Coming of Steve Jobs”).

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Ein anderes Mal, als Jobs die Bühne verlassen wollte, drehte er sich noch einmal um und tat so, als sei ihm eingefallen, dass er einen völlig neuen, extrem winzigen iPod in der Hosentasche hatte - in der kleinen Tasche innerhalb der Hosentasche seiner Jeans (Apple Special Music Event Quicktime-Stream, erhalten unter http://www.youtube.com/watch?v=7GRv-kv5XEg abgerufen am 10. Juni 2009).

Eine Sache hasste Jobs allerdings. Bei den Präsentationen wollte er keine leeren Versprechen machen. Deshalb kündigte Apple niemals Produkte an, die noch nicht lieferbar sind. Auch zukünftige strategische Überlegungen wurden nicht veröffentlicht.

Einmal im Jahr 2003 hat Jobs bei der Präsentation des PowerMac G5 versprochen, dass der nun vorgestellte Super-PowerMac, der zum Zeitpunkt der Vorstellung mit 2 GHz getaktet war, in zwölf Monaten mit 3 GHz ausgeliefert werden sollte (Macworld Keynote Quicktime Stream erhalten unter http://www.youtube.com/watch?v=ghdTqnYnFyg abgerufen am 10. Juni 2009).

Doch IBM, der Hersteller des G5-PowerPC-Prozessors, spielte nicht mit. Ein G5 mit 3 GHz wurde nie produziert. Da wollte Jobs nicht mehr mitspielen. Nach dieser Enttäuschung war die Zeit reif für einen Umstieg.

Das Unglaubliche wird wahr, der Mac steigt auf Intel-Prozessoren um (Quee: Apple)

Die Gerüchte, dass Apple Mac OS X parallel für PowerPC und Intel entwickeln ließ, brodelten ständig. Manchmal kamen sie von verlässlichen Quellen. Oft kamen sie von

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Verschwörungstheoretikern, die für den Anschlag auf das World Tradecenter die Illuminati verantwortlich . Ernst nehmen konnte man diese Gerüchte nie. Es erschien wirtschaftlich sinnlos, ein Betriebssystem, das überhaupt erst unter gewaltiger Kraftanstrengung und geballter Marketingmacht herausgebracht wurde, zusätzlich noch insgeheim auf einer anderen Chip-Architektur zu entwickeln.

Doch 2005 veröffentlichte die Online-Ausgabe des Wa Street Journal die Meldung, dass Steve Jobs bei der wenige Tage später stattfindenden Macworld Keynote ankündigen würde, dass Apple plant, Intel-Prozessoren in seine Macs einzubauen (http://online.wsj.com/article/ SB111791696757050994.html abgerufen am 12. August 2009).

iMac 2009: Glas und Meta, aber kein Lächeln mehr (Quee: Apple)

Im Juli 2005 war es dann so weit. Steve Jobs betrat die Bühne und schilderte seine Enttäuschung über IBM und Motorola als Prozessor-Zulieferer. Dann beschrieb er das Verhältnis zwischen Stromverbrauch und Leistung der PowerPC-Prozessoren. Er betonte, dass Apple im vergangenen Geschäftsjahr zum Großteil mobile Geräte verkauft hatte.

Dann detonierte die Bombe: “It’s true! We’re transitioning to Intel.”

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Es blieb nicht nur bei der Ankündigung. Das Entwicklerpublikum konnte sofort einen PowerMac mit Intel-Prozessor mitnehmen, um Mac OS X auf Intel auszuprobieren und darauf bereits Software anzupassen. Die Xcode-Entwicklungsumgebung konnte bereits bei der Ankündigung so genannte “Universal binaries” kompilieren, die sowohl auf PowerPC-Macs als auch auf Intel-Macs nativ liefen.

I P HONE: D AS S MARTPHONE FÜR DEN R EST VON UNS

Im Jahr 2000, als Apple bereits die finanzielle Wende vollzogen hatte, bot Steve Jobs 3Com an, ihnen den PDA-Hersteller Palm abzukaufen. Für einen einzigen Dollar. Sein Argument war, dass die Palm-Mitarbeiter gar nicht wussten, was sie taten und ihr Erfolg nur vorübergehend wäre. Zu diesem Zeitpunkt stand das florierende Unternehmen Palm vor einem der größten Börsengänge in der Wirtschaftsgeschichte. Vier Jahre später zeigte sich, dass Palm mit seinen Geräten zu spät auf die immer leistungsfähiger werdenden Smartphones reagiert hatte. Die Palm-Produktpalette war hoffnungslos veraltet und konnte mit den Mitbewerbern von Nokia und Windows Mobile kaum mithalten12. (Smartphone Fanatics http:// www.smartphonefanatics.com/2008/11/did-apple-almost-buy-palm.html abgerufen am 12. Juni 2009 )

Eines stand aber fest: Apple interessiert sich für mobile Internet-Geräte, PDAs und Mobiltelefone.

2007 stellte Steve Jobs alle drei Geräte vor. Alle drei in Form eines einzigen: iPhone. Dieses auf OS X-basierte Smartphone bot eine neue Multitouch-Benutzeroberfläche, eine vollwertige Version des Apple-eigenen Browsers Safari , die volle Funktionalität eines iPod und von anderen Smartphones gewohnte Funktionen wie E-Mail, SMS und Sprachtelephonie (Macworld 2007 - Steve Jobs Keynote Speech http://www.youtube.com/watch? v=YUeM6FBInfw&feature=PlayList&p=AD920847B7931033&index=11 abgerufen am 12. August 2009). Durch ständige inkrementelle Updates fügte Apple immer mehr Funktionen hinzu, bis 2008 der App-Store vorgestellt wurde. Dort konnten Entwickler ihre Software für iPhone verkaufen und über iTunes die Verkäufe abrechnen.

12 Nach langen Jahren der Bedeutungslosigkeit gelang es Palm erst 2009 im Fahrwasser des iPhone mit dem Palm Pre ein innovatives Produkt auf den Markt zu bringen. Der ehemalige Apple-Hardware-Chef Joe Rubinstein war maßgeblich an der Entwicklung beteiligt.

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In den ersten zwölf Monaten verkaufte Apple mehr als 10 Millionen .

Apple iPhone - Multitouch-Oberfläche auf OS X (Quee: Apple)

D IE UNTERSCHIEDLICHEN G ESICHTER DES M AC OS Soweit zur Unternehmensgeschichte. Doch wie hat sich Mac OS in diesen Jahren entwickelt?

Am Anfang war der Macintosh. Sein kleiner Schwarzweiß-Monitor zeigte Fenster, Icons und einen Mauszeiger. Sein Betriebssystem hatte nicht einmal einen Namen. Intern hieß es bloß System 1.0. Allmählich wurden neue Modelle des Mac vorgestellt. Sie hatten mehr Speicher, eine Festplatte und externe Bildschirme.

Das Betriebssystem zog mit, so gut es nur konnte. Doch kein Professor Higgins konnte die einfache Herkunft des Macintosh-System verleugnen. Neue Features wurden dazu gebastelt, als wolle Apple ein Schwein mit Lippenstift schminken. Erst 1994 erhielt das Betriebssystem überhaupt den Namen Mac OS.

Apple startete mehrere vergebliche Versuche Mac OS durch eine Neuentwicklung zu ersetzen. Allmählich überlegten die Apple Systemingenieure sogar, auf einem fremden Betriebssystem aufzubauen.

Wie wurde aus dem einfachen System 1.0 das mächtige aber doch unzeitgemäße Mac OS? Wieso scheiterten Apples Versuche, ein modernes Betriebssystem zu entwickeln? Wie verlief die Parallelentwicklung von NextStep?

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D IE M AC OS-ZEITLEISTE

Mac OS "Classic" 1 2 3 4 5 6 7 7.1 7.5 7.6 8 8.1 68k

A/UX 68k 1 2 3

Mac OS "Classic" 7.1 7.5 7.6 8 8.1 8.5 8.6 9 9.1 9.2 PowerPC

NextStep 0.8/9 1 2 2.1 2.2 3 3.1 3.2 3.3 4 Beta

Mac OS X OS X Server Beta 10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 PowerPC

Mac OS X 10.4 10.5 10.6 Intel

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Beginn des PowerPC-Umstiegs Apple übernimmt NeXT Beginn des MacOS X-Umstiegs Beginn des Intel-Umstiegs

O DYSEE EINER E NTWICKLUNG Das Ur-Mac OS wurde am 24. Januar 1984 mit dem allerersten Macintosh vorgestellt. Dieser verfügte über spärliche 128 Kilobyte an Hauptspeicher (RAM). Da hieß das Betriebssystem nur System 1.0.

Damals war es noch üblich, dass andere Computer über ein Befehlszeileninterface (Command Line Interface) bedient wurden, d.h. der Benutzer sah nur hellen Text auf dunklem Hintergrund und musste kryptische Befehle eingeben, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Programme galten dann als benutzerfreundlich, wenn sie Menüs anboten, die über die Pfeil-Tasten (Cursor-Tasten) angesprochen werden konnten. Textverarbeitungen zeigten nicht an, wie der Text im gedruckten Zustand aussehen würde, weil alle Attribute (kursiv, fett, gesperrt) nur über Steuerzeichen markiert wurden. Zudem hatten die meisten Programme unterschiedliche Benutzeroberflächen. Wenn User eine bestimmte Textverarbeitung beherrschten, dann fanden sie sich in einer anderen nur schwer zurecht, geschweige denn in einer Tabellenkalkulation sogar des selben Herstellers.

Das Mac-System war ganz anders. Hier funktionierten alle Programme nach den selben Prinzipien. Auf dem Bildschirm konnte der User genau sehen, wie der Text im ausgedruckten Zustand formatiert wird (WYSIWYG - What you see is what you get) und vor allem: die gesamte Bedienung erfolgte über die Maus, Menüs, Fenster und Icons. Es mussten keine Befehle gelernt werden.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 41 2. Historischer Rückblick: Die kurze Geschichte des Mac

S YSTEMKIND Die erste Version des Mac OS wurde einfach nur System genannt. Dieses bestand aus dem Systemkern (engl. Kernel) und dem Finder (Dateimanager und Desktop). Zusätzlich konnten im Systemverzeichnis andere Resourcen wie Druckertreiber und Mini-Programme namens Accessories abgelegt werden.

Sämtliche UI-Routinen (UI - ) waren in der so genannte Mac Toolbox enthalten, die sich im ROM (Read Only Memory) des Mac befand. Die Darstellungskomponente des Systems hieß Quickdraw und war anfangs ebenfalls Teil der Mac Toolbox.

Mit System 1 konnte der Macintosh nur ein einziges Programm gleichzeitig ausführen (single- tasking). Um diese Einschränkung zu umgehen, haben Apple-Entwickler Accessories (z.B. für Taschenrechner, Clipboard und ähnliches) entwickelt, die parallel zum jeweiligen Hauptprogramm ausgeführt werden konnten. Die größte Einschränkung war damals der mit 128 Kilobyte knappe Speicherplatz des Macintosh. Herzstück der Maschine war der 68000 mit 8 MHz., ein 16/32-Bit-Prozessor von Motorola.

Das damals verwendete Dateisystem MFS (Mac ) hatte ein flache Hierarchie. Sämtliche Dateien lagen auf einer Ebene.

E RSTE U PDATES In der Zeit vor Online-Updates und Betriebssystempatches aus dem Internet musste jedes Update auf Disketten nachträglich oder überhaupt erst im Lieferumfang von neuen Geräten ausgeliefert werden. Deshalb konnten User nicht sofort von jeder Neuentwicklung oder jedem Bug-Fix profitieren.

Erst System 2.0 beherrschte mit dem HFS (Hierarchic File System) echte Verzeichnisse und Unterverzeichnisse. Mit diesem Update wurde auch die Unterstützung für den LaserWriter, Festplattenlaufwerke und der einfachen Apple-Netzwerk-Technologie AppleTalk eingeführt.

Mit dem (der mehr Speicher und einen SCSI-Bus13 besaß) wurde 1985 System 3.0 vorgestellt. Dieses System unterstützte Disketten mit größerem Speichervolumen (DD - Double Density), SCSI-Festplatten, AppleShare (Netzwerkdienste für Datei- und Drucker-

13 Small Computer System Interface - Peripherieschnittstelle für den schnellen Datentransfer

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Server) und erstmals einen Papierkorb, aus dem man gelöschte Dateien wieder herstellen konnte.

System 4.0 brachte Unterstützung für Farbbildschirme mit unterschiedlichen Auflösungen, Erweiterungskarten (z.B. für Grafikkarten, neue Schnittstellen und Netzwerkanschlüsse). Zudem lief es auf dem schnelleren Motorola 68020-Prozessor und ließ die vollen 16 MHz zur Geltung kommen.

Macintosh System 1.1 mit mehreren offenen Fenstern und zwei Accessories

K LITZEKLEINE M ÄUSCHENSCHRITTE Mit System 5 wurde 1987 erstmals Multitasking vorgestellt. Eigentlich war es eher ein Taskswitching. User konnten zwar mehrere Programme gleichzeitig ausführen. Sobald sie aber von einem Programm zu anderen wechselten, stellte die erste Applikation ihre Tätigkeit ein. So war es nicht möglich, im Hintergrund Berechnung anzustellen und gleichzeitig z.B. an einem Text weiter zu schreiben. Zu allem Überfluss war diese Taskswitching-Fähigkeit nicht einmal systemimmanent. Apple hatte einfach die Zusatzanwendung Multifinder dem System beigelegt, die all dies ermöglichte. User konnten Multifinder abschalten und weiterhin nur jeweils einzelne Programm benützen.

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Bis zur Version 5 hatten das System und der Finder unterschiedliche Versions-Nummern. Danach wurden sie vereinheitlicht. Hier sollte man betonen, dass eine komplette Systeminstallation damals gerade mal 250 Kilobyte benötigte (ohne Druckertreiber und zusätzlichen Accessories).

E VOLUTION STATT R EVOLUTION 1988 wurde System 6 vorgestellt. Damit wurde die Unterstützung für HD-Disketten (High Density, mit schwindelerregenden 1,44 Megabyte Speicherplatz), sowie die schnelleren 68030- Prozessoren eingeführt. System 6 stellte eine Konsolidierung des Betriebssystem-Codes dar. Diese Version sollte lange im Umlauf bleiben, auch als immer neuere Versionen vorgestellt wurden. Viele User hielten System 6 für die optimale Version für Macs mit 68000-Prozessoren. Der Bootvorgang dauerte nur wenige Sekunden, das System war flott, weil es noch in Assembler programmiert war und man konnte viele Features, die spätere System-Versionen eingebaut hatten, nachträglich aufrüsten.

S YSTEM 7: D ER GROSSE S PRUNG VORWÄRTS Mit System 7 wurden 1991 große Teile des Betriebssystems in der Programmiersprache C umgeschrieben. Dies erlaubte es Entwicklern, das System leichter zu erweitern, brachte aber Geschwindigkeitseinbußen auf älteren Macs. Die größten Verbesserungen waren die umgestaltete Benutzeroberfläche, neue Systemanwendungen und verbesserte Stabilität. System 7 lief am besten auf Macs mit Motorola 68040-Prozessoren, unterstützte aber alle älteren Macs bis zum aller ersten Mac, erforderte aber mindestens vier Megabyte Hauptspeicher.

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Macintosh System 7 auf einem Farbsystem

Dies war die erste Version des Mac-Betriebssystems, die 32-Bit-Applikationen vollständig unterstützte. Bis dahin wurden die Programme für 16-Bit-Rechner entwickelt. Diese Umstellung bereitete den älteren Programmen einige Schwierigkeiten, weshalb sie für System 7 angepasst werden mussten.

Wohingegen bisher Taskswitching mit dem Multifinder möglich war, wurde mit System 7 das so genannte kooperative Multitasking vorgestellt. Hier mussten Applikationen deklarieren, wie viel Rechenzeit und Speicherplatz sie benötigen. In Zusammenarbeit (Kooperation) mit anderen Programmen, die gleichzeitig liefen, teilten sie sich die Systemresourcen auf.

Die Bildschirmdarstellung erfuhr mit der neuen Quickdraw-Version ein gehöriges Update. Nun unterstützen Macs “true color”, d.h. eine Farbtiefe von 24-Bit, die eine Farbvielfalt von bis zu 16,7 Millionen Farben ermöglichte. Das Update der Fonttechnologie TrueType brachte flexible, stufenlos skalierbare Vektorschriften und Anti-Aliasing bei der Darstellung (Anti-Aliasing glättete die Schriften, um den “Stufeneffekt” in der Schriftendarstellung zu reduzieren).

System 7 enthielt eine Vielzahl von Features, die dem Mac einen Modernisierungsschub verpassten. Allerdings waren dies alles Zusätze, die am Kern des Betriebssystems wenig änderten. Die großen Änderungen wie geschützte Speicherbereiche und “echtes” Multitasking konnten nicht implementiert werden, weil sie sonst zum noch größeren Kompatibilitätsbruch

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geführt hätten. Bestehende Software hätte komplett umgeschrieben werden müssen. Dieses Risiko wollte Apple nicht eingehen.

System 7.1 war die erste Version, die auf PowerPC-Prozessoren lief. Darin enthalten war eine Emulationstechnologie, die es erlaubte ältere Anwendungen auszuführen, welche ursprünglich für Motorola 68k-Prozessoren programmiert wurden. Allerdings liefen sie langsamer als Anwendungen, die eigens für PowerPC-Prozessoren entwickelt wurden. Dummerweise musste Apple sogar große Teile des Betriebssystems emulieren, weil aus Zeitmangel der alte 68k-Code nicht mehr umgeschrieben werden konnte.

EXTENSIONS

TREIBERARCHITEKTUR

QUICKTIME CARBON

KERNEL

MACTOOLBOX QUICKDRAW

Die Architektur von Mac OS 9

Das Mac-System wuchs langsam zur Chimäre heran. Jetzt war nicht nur der Systemkern an sich veraltet, er war für einen anderen Prozessor-Typ entwickelt worden und lief auf dem neuen Prozessor nicht einmal nativ. (Stephen Levy: “Insanely Great: The Life and Times of Macintosh, the Computer That Changed Everything”, 2000)

System 7.5 stellte wieder einen Sprung dar. Es lief stabiler auf PowerPC-Prozessoren, enthielt aber noch immer emulierten 68K-Code, der trotz aller Stabilitätsverbesserungen zu Problemen führte.

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Mac OS 7.5. brachte Farbicons und einige Optimierungen für PowerPC-Macs

A NGRIFF DER K LON-KRIEGER Mit System 7.6 wurde das Betriebssystem erstmals Mac OS genannt. Apple begann 1996 seine Systemarchitektur an andere Hardware-Hersteller zu lizensieren, damit sie Mac-Klone herstellen. Apple erhoffte sich eine Steigerung des Marktanteils. Deshalb erhielt das Betriebssystem einen eigenen Namen. Allerdings brachte diese Klon-Politik nicht den gewünschten Erfolg. Klon-Hersteller wie Power Computing, Radius und Motorola produzierten Rechner, die nicht nur billiger waren als Apple Macs, sondern auch im Fall von Power Computing leistungsfähiger. Die Klon-Verkäufe kanibalisierten die Mac-Verkäufe von Apple.

Mac OS 7.6 brachte endlich richtige Stabilität auf PowerPC-Prozessoren, allerdings lief es auch nur noch auf moderneren Macs (ab Mac IIfx).

P INK UND T ALIGENT - D AS S CHEITERN BEGINNT Nachdem Apple mit dem Mac II den Mac neu erfunden, begann 1988 die Entwicklung eines Nachfolgers für Mac OS. Auf rosa (pink) und blauen Kärtchen wurden die Requirements definiert. Alle blauen Requirements würden im bestehenden Mac OS eingebaut werden, alles auf den pink Kärtchen war für die Neuentwicklung geplant.

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Gemeinsam mit IBM gründete Apple 1992 das Unternehmen Taligent14, das mithilfe der Betriebssystemexperten von Big Blue ein objekt-orientiertes universelles Super-Betriebssystem entwickeln sollte. Damals zeichnete sich mit PowerPC die Partnerschaft auf dem Prozessorsektor ab. sollte das dazugehörige, optimierte System sein.

Nach vielen Ankündigungen, einem Prototypen und dem Herztod des CEO von Taligent wurde das Projekt aber 1995 eingestampft.

Die bewegte Geschichte von Taligent zählt zu den größten Rückschlägen in der Betriebssystem-Entwicklung. Leider ist sie zu umfangreich und verworren, um hier in nur wenigen Absätzen abgehandelt zu werden. Sie ist es sicher wert erzählt zu werden.

C ODENAME “STAR T REK”, DER ERSTE I NTEL-VERSUCH 1992, also zwei Jahre vor dem Umstieg auf PowerPC-Prozessoren, unternahm eine kleine Crew an Entwicklern von Apple und Novell den Versuch, das Mac-System auf Intel-Prozessoren zu portieren. Tatsächlich gelang es ihnen, einen Prototyp zu entwickeln, auf dem der Finder/ Desktop und einige Systemanwendungen (z.B. Quicktime) liefen.

Zum einen wollte Novell sein alterndes DR-DOS mit der Mac-Oberfläche modernisieren, andererseits wollte sich Apple Alternativen offen lassen, falls der riskante Umstieg auf die unerprobten PowerPC-Prozessoren nicht glatt lief.

Das Projekt wurde aber wieder eingestellt, weil die Intel-Prozessoren der damaligen Zeit (Intel 80486) nicht die technischen Vorteile aufwiesen, die sich Apple von den PowerPC-Prozessoren erhoffte. Zudem hätte dies bedeutet, bei einer derartig wichtigen Angelegenheit wie dem Betriebssystem eine Kooperation mit dem Fremdhersteller Novell einzugehen.

Der Umstieg auf Intel hätte auch keine binary Kompatibilität15 gebracht. Sämtliche Software hätte an Intel-Prozessoren angepasst werden müssen. (Owen Linzmayer: “Apple Confidential 2.0: The Definitive History of the World's Most Colorful Company”, 2004)

14 Taligent steht für Talented und Intelligent 15 Binary Kompatibilität erlaubt es fertige Programme wie sie sind auf einem System zu laufen.

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C OPLAND, DIE A NGST DES E NTWICKLERS VOR DEM S CHEITERN Apple war sich der Unzulänglichkeiten des bestehenden Systems bewusst. Deshalb startete ein wieder ein anderes Programmierer-Team 1994 das Projekt “Copland”. Es sollte als Grundlage für die nächste Generation von Mac OS dienen.

Geplant war eine “eierlegende Wollmilchsau”. Immerhin hatte sich Apple die Ziele hochgesteckt: Die Geschäftsleitung erhoffte sich von der Copland-Architektur geschützte Speicherbereiche, “echtes” Multitasking und Modularität. Dabei sollten aber bestehende Mac- Anwendungen weiterhin voll lauffähig sein und all diese neue Features ausnützen können.

Nach zwei Jahren Entwicklungszeit zeigte sich, dass es unmöglich war, ein völlig neues Betriebssystem unter wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen zu entwickeln. Zudem erkannten die Entwickler, dass eine uneingeschränkte Abwärtskompatibilität die Implementierung moderner Features stark negativ beeinträchtigt.

Nach dem Scheitern von Copland begann sich die Apple-Geschäftführung nach fertigen Betriebssystemen umzusehen, die als Grundlage für das neue Mac OS dienen sollten. Nachdem Apple sogar die Möglichkeit in Erwägung gezogen hatte, Windows NT von Microsoft zu lizensieren, schränkte man die möglichen Betriebssysteme auf BeOS und NextStep ein.

Einige der oberflächlichen Features des Copland-Projekts fanden Verwendung in späteren Versionen von Mac OS Classic. (Owen Linzmayer: “Apple Confidential 2.0: The Definitive History of the World's Most Colorful Company”, 2004)

D AS KÜNSTLICHE M AC OS 8 Als Steve Jobs zu Apple zurückkehrte, suchte er einen Ausweg aus dem Dilemma mit den Klon-Herstellern. Apple kaufte Power Computing auf und stellte die Geschäftstätigkeit dieses besonders tüchtigen Klonherstellers ein. Die anderen Klon-Anbieter pochten aber auf bestehende Lizenzverträge. Da machte sich Apple ein Schlupfloch zunutze. In den Verträgen lizensierten die Klonhersteller nur Mac OS-Versionen mit der Hauptversionsnummer 7. Deshalb benannte Apple das als Version 7.7 geplante Mac OS kurzerhand auf Mac OS 8 um.

Obwohl die zugrundeliegende Architektur weiterhin auf System 7 auaute, führte Apple mit Mac OS 8 einige Neuerungen aus dem Copland-Projekt ein. Nun konnte der Finder durch den

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Einsatz von Multi-Threading mehrere Aufgaben gleichzeitig erfüllen (z.B. Dateien kopieren und Programme starten).

Zudem erhielt die Benutzeroberfläche ein moderneres Aussehen. Das neue “Platinum”-Thema sah aber dem Erscheinungsbild von Windows 95 ähnlich, was zu einiger Entrüstung in der Mac- Fangemeinde führte. Glücklicherweise hatte Apple die neue Benutzeroberfläche modular veränderbar (skinable) gemacht, d.h. User konnten nachträglich das gesamte Aussehen verändern.

Mit Mac OS 8.1 bekam das Dateisystem HFS (Hierarchichal File System) einen Moderunisierungsschub. Das neue HFS Plus kam Jahre später sogar in Mac OS X (mit einigen Verbesserungen) zum Einsatz.

Mac OS 8.5 war die erste Version des Betriebssystems, die nur noch auf PowerPC-Prozessoren lief. Ein Großteil des bestehenden 68k-Code im Kern wurde durch flotteren PowerPC-Code ersetzt. Zudem erlaubte Apple mit Mac OS 8.6 rudimentäre Multi-Prozessor-Unterstützung.

Mac OS 8 sah zwar recht modern aus, im Kern versteckte sich aber noch das alte Mac-System

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M AC OS 9: L ETZTER SEINER A RT Wenn die Versionsnummer von Mac OS 8 rein aus rechtlicher Notwendigkeit vergeben wurde, dann stellte die Benennung von Mac OS 9 bereits die erste Vorbereitung auf Mac OS X dar. Apple wollte mit der runden Zahl römisch 10 den Neubeginn symbolisieren. Denn in Wahrheit hätte Mac OS 9 keinen vollen Versions-Sprung verdient.

Das am 23. Oktober 1999 vorgestellte System war der Schwanengesang des klassischen Mac OS. Wieder wurde es kosmetisch verschönert, erhielt Unterstützung für WLAN (von Apple als “Air Port” bezeichnet), eine systemweite Suche namens “Sherlock”, eine simulierte Multi-User- Umgebung, bessere USB- und Netzwerk-Fähigkeit sowie eine zentralisierte Update- Verwaltung, die es erlaubte automatische Systemupdates über die Internet-Verbindung zu laden.

Mac OS 9 war die letzte Version des “klassischen” Mac OS. Das Warten auf Mac OS X begann

Die wohl größte Änderung war allerdings die Carbon-API. Diese neue Systembibliothek stellte eine Übergangstechnologie dar, um den Umstieg auf Mac OS X zu erleichtern. Entwickler konnten ihre bestehende Software geringfügig ändern, an die Carbon-API anpassen und neu

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herausbringen. So wurde gewährleistet, dass ihre Applikationen sowohl auf dem klassichen Mac OS liefen als auch auf Mac OS X. Anwender würden keinen Unterschied merken, außer dass Carbon-Anwendungen auf Mac OS X das Aussehen des neuen modernen Betriebssystems annahmen.

Im Jahr 2001 war es dann soweit, Mac OS X wurde der Welt vorgestellt. Das funkelnagelneue Betriebssystem, das Apple retten sollte.

K APITELZUSAMMENFASSUNG Apple hatte mit dem Macintosh und seinem System zwar nicht die erste grafische Benutzeroberfläche vorgestellt, es war aber die erste, die sich nachhaltig durchsetzen konnte. Leider war das System den Einschränkungen der Hardware und des Designs der 80er-Jahre unterworfen.

Trotz einer Vielzahl an Weiterentwicklungen, erkannte das Unternehmen, dass die Basis des Mac OS veraltet war. Nach ökonomischen Turbulenzen, einem Prozessor-Umstieg, der nur die Probleme aufschob und einigen gescheiterten Versuchen, ein völlig neues Mac OS zu entwickeln, beschloss Apple ein fertiges Betriebssystem zu erwerben, das dann die Basis für das neue Mac OS bilden sollte.

Nach zähem Ringen entschloss sich Apple-CEO Gil Amelio, den gescheiterten Hardware- Hersteller und nunmehrigen Software-Hersteller NeXT zu kaufen. Dieses Unternehmen hatte in Form von NextStep genau jene Features in seinem Betriebssystem implementiert, die Apple benötigte. Zudem führte der Kauf von NeXT dazu, dass Apples Gründer wieder ins Unternehmen zurückkehrte.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 52 3. Der Nexus aller Wirklichkeiten: das Betriebssystem

“We are stuck with technology when what we reay want is just stuff that works.”

Douglas Adams, “The Salmon of Doubt”

Bevor wir uns im Detail ansehen, was am “klassischen” Mac OS so unzulänglich ist und wieso Mac OS X eine unendlich modernere Grundlage bildet, möchte ich untersuchen, wozu ein Computer überhaupt ein Betriebssystem benötigt und was dieses heutzutage leisten sollte.

N ATURGESETZE AUS N ULLEN UND E INSEN Der Science fiction-Autor und Technologie-Kommentator Neal Stephenson schrieb in seinem Essay “In the Beginning was... the Command Line” (dt. Neal Stephenson: “Die Diktatur des schönen Scheins”, 2002) kokett:

“Betriebssysteme sind nicht zwingend notwendig. Es gibt keinen Grund, warum ein hinreichend begabter Codierer nicht bei jedem Projekt ganz vorne anfangen und neuen Code schreiben sollte, um so grundlegende maschinenorientierte Operationen wie die Steuerung der Lese-/Schreibeköpfe auf den Plattenlaufwerken und das Beleuchten von Pixels auf dem Bildschirm auszuführen. Die allerersten Computer mussten noch so programmiert werden. Weil aber nahezu jedes Programm dieselben Basisoperationen verlangt, würde dieser Ansatz ohne weiteres zu einer Verdoppelung des Arbeitsaufwands führen. Nichts geht einem Hacker mehr gegen den Strich als die Verdoppelung des Arbeitsaufwands.”

Stephenson stellt in seinem Text zwar die prinzipielle Unvermeidlichkeit des Betriebssystems im Gebrauch von Rechnern infrage, gleichzeitig zählt er genau ihre grundlegenden Funktionen auf.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 53 3. Der Nexus aer Wirklichkeiten: das Betriebssystem

Computer sind ohne ihrem Betriebssystem auf sämtliche Anweisungen von außen (somit vom Programmierer) angewiesen - ganz gleich, wie primitiv und selbstverständlich diese sein mögen. Der Rechner erkennt nicht, welche Peripheriegeräte an ihn angeschlossen sind. Ohne dem Betriebssystem und den darauf auauenden Gerätetreibern kann ein Computer weder Bildschirm, noch Tastatur, Maus oder Festplatte erkennen und ansprechen.

D IE SINNGEBENDE S CHNITTSTELLE In vielen Fällen kann sich ein PC nicht einmal selbst erkennen d.h. die Troika aus Recheneinheit (Prozessor), Arbeitsspeicher (RAM) und Schnittstellencontroller (für Bildschirm, Tastatur und Maus) tappst in der virtuellen Finsternis, ohne den anderen jemals zu finden oder ansprechen zu können. Erst das Betriebssystem beantwortet die existenziellen Fragen frei nach Kant (Immanuel Kant: "Kritik der Urteilskraft", 1781):

- Was kann ich wissen? Woher kommen die Eingaben? Wie werden Geräte und Schnittstellen angesprochen?

- Was so ich tun? Welche Aufgaben kann der Computer bewältigen? Welche Prozesse gibt es? Und wie behandelt der Computer Eingaben des Users?

- Was darf ich hoffen? Welche Möglichkeiten werden Programmierern zur Anwendungsentwicklung geboten? Welche Anwendungen sind bereits installiert und was können sie?

- Was ist der Mensch? Wer sind die Anwender? Und welche Rechte haben sie auf diesem System?

E INE A GARPLATTE IM C OMPUTER Weniger pathetisch ausgedrückt: das Betriebssystem bildet die Schnittstelle zwischen der Hardware, der Software und dem Anwender. Es zeichnet verantwortlich für die Verwaltung und Koordination von Aufgaben und die sinnvolle Verteilung der eigenen Rechen- und Speicher-Ressourcen (Harvey M. Deitel, Paul Deitel, David Choffnes: “Operating Systems”, 3. Auflage, 2004).

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Zudem fungiert das Betriebssystem als Host (zugleich Wirt und Betreiber) für Anwendungsprogramme, die auf dem Computer laufen. In seiner Rolle als Wirt kümmert es sich um die Details im Ansprechen der Hardware. Dies nimmt der installierten Software die Aufgabe ab, sich selbst um diese Details kümmern zu müssen. Somit wird Programmierern durch eigene API des Betriebssystems die Softwareentwicklung erleichtert, weil sie sich auf die Kernaufgabe ihrer Anwendung konzentrieren können.

Über ihre API bieten Betriebssysteme Zugänge (Schnittstellen) zu ihren Services und Funktionen. Indem Anwendungen diese Schnittstellen aufrufen, können sie Dienste nutzen, Parameter an das OS weitergeben und vom Betriebssystem Ergebnisse einer Operation zurück erhalten (Avi Silberschatz, Peter Galvin, Greg Gagne: “Operating Systems Concepts”, 2008).

Leistungsfähige Betriebssysteme erleichtern es Entwicklern, komplexe Operationen möglichst einfach und flexibel durchzuführen. Dies ist nicht nur auf den Zugriff auf Dateioperationen oder Netzwerkdienste beschränkt, sondern reicht über die korrekte Darstellung von Schriften und Grafiken bis hin zu Videokompression und Dekompression.

Auf einem Betriebssystem mit gut ausgebauten API gedeihen Programme wie Bakterienkolonien auf einer nahrhaften Agarplatte.

O BERFLÄCHLICHE B ETRACHTUNGEN Von alledem merkt der gewöhnliche Anwender nicht viel. Die leistungsfähige Softwaremaschinerie verbirgt sich hinter einer heutzutage meist grafischen Benutzeroberfläche (GUI - ), die dem Anwender einen einfachen und sogar freundlichen Zugang zu mächtigen Funktionen erlaubt.

Allerdings bieten auch heute noch Betriebssysteme fortgeschrittenen Anwendern eine Befehlszeilenschnittstee (CLI - Command Line Interface). Wagen sich User auf diese Ebene herab, bekommen sie ein viel unmittelbareres Bild der Operationen.

Wenn die GUI Anwender wie Reisegäste auf einem Luxuskreuzer behandelt, die entspannt auf den Decks flanieren und die Ball- und Speiseräume aufsuchen, dann betreten sie mit der CLI den Maschinenraum, in dem laute Motorengeräusche und glosende Hitze die Anweisungsrufe der Maschinisten begleiten.

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Auf Deck oder in der Kajüte können die Reisenden nur wenig falsch machen. Auf der systemnahen Ebene des Maschinenraums führt der unbedachte Schritt eines Unkundigen ins mögliche Verderben.

Deshalb abstrahieren Benutzeroberflächen komplexe Aufgaben wie die Partitionierung von Festplatten, die Installation von Anwendungen, das Brennen von DVDs, um Anwender zu leiten, ihnen zu helfen, damit sie sich auf den Kern ihrer gewünschten Aufgabe konzentrieren können.

Auf einer Benutzeroberfläche gedeihen User-Aufgaben wie Mikroorganismen auf der Oberfläche einer Petrischale.

Das Betriebssystem abstrahiert somit Operationen für Anwender und Entwickler. Es ist zugleich Bühne als auch Projektionsfläche. Gerade den Bühnenaspekt weiß Apple für sich gut zu nutzen.

D IE S UMME ALLER T EILE Es ist für Traditionalisten unter den Entwicklern durchaus umstritten, was tatsächlich zu den Grundbestandteilen des Betriebssystems gehört. So argumentieren sie völlig zurecht, dass die Benutzeroberfläche etwas derartig Systemfernes und sogar Austauschbares ist, dass sie durchaus als für ein Betriebssystem nicht immanenter Teil betrachtet werden kann.

Die momentane Situation in dem, was so leichtfertig als die “Wirklichkeit” bezeichnet wird16, zwingt uns zu einer differenzierten Sicht der Dinge.

Die gängigen kommerziellen Betriebssysteme wie Microsoft Windows und Mac OS X werden als umfangreiches Paket an Systemanwendungen, Sprachlokalisierungen, Treibern, Helferprogrammen sogar Webservern und natürlich ihrer komplexen, bunten grafischen Oberflächen ausgeliefert. Es liegt im Interesse von Apple und Microsoft, möglichst viel in ihr Betriebssystem hineinzupacken, um Anwendern und Entwicklern bereits von Haus aus eine reichhaltige Auswahl an Funktionen bereitzustellen.

16 Dafür ist eher der Ausdruck “geläufige Praxis” zutreffend.

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In manchen Fällen wird dieses Verhalten gar nicht goutiert. Dies hat der Ärger gezeigt, den Microsoft in den 90er-Jahren durch die systemnahe Anbindung seines Webbrowsers Internet Explorer mit US-amerikanischen und europäischen Wettbewerbsbehörden hatte.

In anderen Fällen wird die Bereitstellung von nicht unbedingt systemimmanenter Software aber begrüßt, wie dies die Begeisterungsstürme um Apples systemnahe integration des eigenen Webbrowsers Safari und des Multimediapakets iLife17 zeigen.

Gleich wie man selbst dazu steht, ein System, das über einen großen Funktionsumfang verfügt, bietet Anwendern und Entwicklern ohne Umwege mehr Möglichkeiten, als eines, bei dem jede Zusatzfunktionalität gesondert installiert werden muss - auch wenn sie besser und leistungsfähiger wäre, als eine, die bereits integriert ist.

Auf dieser Front wurden bereits der eine oder andere ideologische Krieg geführt und werden auch in Zukunft noch viele geführt werden.

A RCHITEKTUR DES MODERNEN B ETRIEBSSYSTEMS Es herrscht allerdings Einigkeit darüber, was ein modernes Betriebssystem können muss. Dieser Konsens ergibt sich aus der langen Tradition der historisch in der Industrie verwendeten Varianten des Leistungsfähigen Betriebssystems Unix.

Tatsache ist, dass nichts, was wir als User auf unseren Rechnern verwenden, nicht bereits in irgendeiner Form vorher existiert hat. Nur die kosmetischen Kniffe und Effekte ändern sich. Ideen und Prinzipien für Erweiterungen im Kern eines normalen Konsumentenbetriebssystems, also alles, was wir gar nicht zu sehen bekommen, aber sehr wohl “spüren”, werden meistens von den großen bewährten “Brüdern” wie Unix oder VMS18 in der Industrie übernommen.

17 Beinhaltet die Fotoverwaltungssoftware iPhoto, das Filmschnittprogramm iMovie, die Webdesignapplikation iWeb, die Musikverwaltungssoftware iTunes, das Kompositionsprogramm GarageBand und das DVD-Authoringpaket iDVD.

18 VMS ist der Name eines "high-end" Server-Betriebssystems, das auf VAX-, Alpha- und Itanium-Hardware läuft. Bis in die späten 80er-Jahre galt VMS als eines der leistungsfähigsten und zuverlässigsten Systeme in der Industrie.

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Anhand der Literatur (Claudia Koch, Gregory Zäch: “Midas Macintosh Bibel”, 2000 sowie Avi Silberschatz, Peter Galvin, Greg Gagne: “Operating Systems Concepts”, 2008) lassen sich folgende Merkmale und Features zusammenstellen, über die ein modernes Betriebssystem verfügen sollte:

1. P RÄEMPTIVES M ULTITASKING Multitasking ist die Fähigkeit eines Betriebssystems, mehrere Dinge gleichzeitig erledigen zu können. Eine Anwendung kann im Hintergrund eine Grafik berechnen, während E-Mails abgerufen werden, ein Download durchgeführt wird und der Anwender dabei ein Spiel spielt. Geschickte Betriebssysteme versorgen alle Anwendungen mit Rechenzeit, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können.

Moderne Betriebssysteme verfügen über präemptives Multitasking, dabei bestimmt das Betriebssystem, welche Anwendung wann Rechenleistung bekommt. Auf diese Weise lässt sich verhindern, dass einzelne Programme den Computer komplett übernehmen. Stürzt eines dieser Programme ab, dann laufen sowohl das Betriebssystem als auch die anderen Applikationen weiter, als sei nichts geschehen.

Mac OS Classic verfügt über kooperatives Multitasking. Bei dieser behelfsmäßigen Form des Multitaskings erhält eine Anwendung den alleinigen Zugriff auf die Rechenzeit des Computers. Das Programm muss bereits so programmiert sein, dass es diesen Zugriff auch anderen Anwendungen gewährt, damit diese ebenfalls Rechenzeit abbekommen. Das Betriebssystem leistet dabei wenig, denn die Programme müssen untereinander kooperieren. Tun sie es nicht, führt das zum Absturz, der das ganze System samt aller anderen Programme mitreißen kann.

2. G ESCHÜTZTE S PEICHERBEREICHE Programme benötigen für die Ausübung ihrer Funktionen Stückchen des verfügbaren Arbeitsspeichers (RAM - Random Access Memory), um darin Programmcode und Daten abzulegen, die verarbeitet werden sollen. Es ist grundsätzlich alles in Ordnung, solange eine Applikation dabei nur auf den jeweils eigenen Speicherbereich zugreift. Sollte sie aber in den Bereich einer anderen Anwendung oder gar des Betriebssystems hineinschreiben, dann kann das zum Absturz des Computers führen. Ein modernes Betriebssystem verwaltet deshalb für jede Anwendung einen eigenen Speicherbereich, in welchem sie für sich existiert und den sie nicht verlassen kann. Tritt innerhalb eines Programms ein Fehler auf, dann sind andere

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Anwendungen und das Betriebssystem selbst davon nicht betroffen. Außerdem kann ein User amoklaufende Software mithilfe einer Betriebssystemfunktion jederzeit beenden, auch wenn sie nicht mehr angesprochen werden kann.

3. M ULTI-PROZESSOR-UNTERSTÜTZUNG Heutzutage werden die meisten PCs und alle Macs mit mehreren Prozessoren oder Prozessorkernen ausgeliefert, manche haben vier Prozessorkerne und einige sogar acht. Dies führt nur dann zu einem Leistungszuwachs (auch Skalierbarkeit genannt), wenn der weitere Prozessor auch ausgenützt wird, also nur wenn die Rechenlast vom Betriebssystem auf beide Recheneinheiten sinnvoll verteilt wird.

4. I NTELLIGENTE T REIBERVERWALTUNG Treiber werden vom Betriebssystem benötigt, um Geräte (z.B. Maus, Drucker usw.) am Computer betreiben zu können oder andere Komponenten (z.B. Grafikchip, Soundkarte usw.) ausnützen zu können. Wird der falsche Treiber für ein Gerät verwendet oder stellt sich dieser als fehlerhaft heraus, dann führt das wiederum zu Systemabstürzen. Es sei denn, man verwendet ein modernes Betriebssystem, das einzelne Treiber modular laden und auch deaktivieren kann.

5. S ICHERES D ATEISYSTEM Die großen Datenmengen, die heutzutage anfallen, erfordern immer ausgeklügeltere Speicherformen. Moderne Dateisysteme nützen Speichermedien effizienter und flexibler aus, denn je größer der Speicherplatz auf einem Medium ist, desto wahrscheinlicher können darauf einzelne Sektoren fehlerhaft sein. Mithilfe von geschickten Algorithmen zur Datenverwaltung können intelligente Dateisysteme erkennen, welche Daten ohne Fehler gespeichert sind.

Zudem können moderne Betriebssysteme die gespeicherten Daten indizieren, um so eine Suche im großen Datenauommen flexibler und schneller zu gestalten.

6. M ODULARE A RCHITEKTUR Moderne Betriebssysteme sollten modular aufgebaut sein. Im Innersten arbeitet der Kernel, rund herum docken die anderen Module an, um Zusatzfunktionalitäten zu bringen. Idealerweise sollte ein Betriebsystem Module “on the fly” laden können, ohne jedes mal neu starten zu müssen.

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7. M ULTIUSER-BETRIEB Vernetzte Computer brauchen unterschiedliche User-Rollen mit unterschiedlichen Rechten. Nicht jeder, der an einem Computer arbeitet darf alles können oder benötigt dies überhaupt.

Moderne Betriebssysteme erlauben es Administrator-Usern Sicherheitsmechanismen einzurichten, dass bestimmte Nutzer nur bestimmte Dinge verändern zu dürfen.

Wenn ein Betriebssystem auch noch auf die Prinzipien der Object-Orientierten Programmierung auaut, dann zählt es zu den flexiblen und modernen Betriebssystemen (Avi Silberschatz, Peter Galvin, Greg Gagne: “Operating Systems Concepts”, 2008)

M ÄNGEL IM S YSTEM In so ziemlich allen Punkten zeigt das klassische Mac OS Mängel. Es hat keine geschützten Speicherbereiche; verfügt über das veraltete kooperative Multitasking (das eigentlich sogar im Alltag bloßes Taskswitching ist); gaukelt dem User eine Multiuser-Fähigkeit vor, indem es für unterschiedliche User einfach unterschiedliche Desktops bereitstellt; das Dateisystem ist historisch gewachsen und Programme müssen sich selbst darum kümmern, ihre Rechenleistung auf mehrere Prozessoren zu verteilen. Einzig bei der Treiberverwaltung gab es einen kleinen Modernisierungsschub mit der Einführung der intelligenten USB-Treiber.

Im großen und ganzen trug Mac OS Classic so viele Altlasten mit sich, dass es langsam an der Zeit wurde, durch ein besseres System ersetzt zu werden.

K APITELZUSAMMENFASSUNG Das Betriebssystem ist die Schnittstelle zwischen Computerhardware, Software und dem Anwender. Zugleich ist es Schnittstelle für Programmierer, damit sie sich nicht mit grundlegenden Operationen beschäftigen müssen. Durch bereitgestellte API (Application Programming Interfaces) wird Entwicklern der Zugang zu Funktionen geboten, die vom Betriebssystem durchgeführt werden können.

Moderne Betriebssysteme sollten über folgende Merkmale verfügen:

Präemptives Multitasking, Geschützte Speicherverwaltung, Modernes Dateisystem, Modulare Architektur, Intelligente Treiberverwaltung, Multiuser-Unterstützung, Multi- Prozessor-Fähigkeit.

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“Experience is the name everyone gives to their mistakes.”

Oscar Wilde, “Lady Windemere’s Fan”

Mac OS 10.0 Puma, 10.1 Cheetah (gleiches Design), 10.2 Jaguar, Mac OS X 10.3 Panther (Quee: Arstechnica)

Nachdem wir die geschichtlichen Wirren in der Entwicklung des “klassischen” Mac OS betrachtet haben und nachdem wir Erfordernisse an ein modernes Betriebssystem untersucht haben, widmen wir uns dem Kern dieser Arbeit: Mac OS X.

Dieses Kapitel ist in vier Abschnitte unterteilt. Im ersten Teil beschreibe ich die Entstehungsgeschichte und die Architektur von Mac OS X. Die nächsten drei Abschnitte befassen sich mit den jeweiligen Releases des Betriebssystems.

P LANET X Mit Mac OS X entwickelte Apple nach über einem Jahrzehnt des Scheiterns ein neues Betriebssystem. Es basiert auf NextStep, das wiederum auf BSD Unix basiert und eine Reihe von Technologien enthält, die bei NeXT entwickelt wurden. Anfangs behielt es aber auch einige aus dem klassischen Mac OS stammende Elemente bei.

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Die aller erste Version des Betriebssystems wäre heute nicht mehr als OS X erkennbar. 1999 wurde sie als Mac OS X Server 1.0 vorgestellt. Die Benutzeroberfläche war eine Mischung aus dem “Platinum”-Thema von Mac OS 9 unter Beibehaltung der Struktur von NextStep.

Im März 2001 wurde die eigentliche Endanwender-Variante vorgestellt Mac OS X 10.0 Puma. Hier hatte Apple dem verbesserten NextStep-Kern die völlig überarbeitete Oberfläche namens Aqua verpasst. Fenster warfen weiche Schatten, halbtransparente Menüs waren mit sanften Streifen unterlegt, Icons waren photorealistisch und sämtliche Elemente wurden automatisch weichgezeichnet.

Intern bot Mac OS X ein Objekt-Orientiertes-Framework, das auf der Programmiersprache Objective-C basiert. Diese native Entwicklungsumgebung nannte Apple Cocoa.

Mac OS X trägt die Spuren seiner NextStep-Wurzeln in Cocoa. So sind sämtliche Klassen in der Objective-C-Bibliothek, deren Namen mit “NS” direkt auf NextStep zurück zu führen (Apple Etwickler-Dokumentation: http://developer.apple.com/documentation/Carbon/ Reference/CoreServicesReferenceCollection/index.html#//apple_ref/doc/uid/TP40004314 abgerufen am 12. Juni 2009). Im History-Kapitel der Entwickler-Dokumentation wird offen darauf verwiesen, dass bestimmte Befehle “first appeared in NextStep” seien.

Mac OS X 10.1

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U MBRÜCHE WERDEN NIE ALLEIN GETRAGEN Ein altes Sprichwort besagt, der Feind alles Neuen sei das Bestehende. Das gilt gerade für Betriebssystemumstellungen. Bei jedem Versuch, ein neues Betriebssystem für bestehende Hardware einzuführen, müssen die unten angeführten Bereiche bedacht werden. Das sind die Gründe weshalb eine Betriebssystemumstellung eine große Herausforderung darstellt. Dabei gleich auf eine andere Prozessor-Architektur umzustellen, würde die Probleme nur verschärfen (Owen Linzmayer: “Apple Confidential 2.0: The Definitive History of the World's Most Colorful Company”, 2004).

1. Ü BERZEUGENDE F EATURES Mac OS Classic baute auf Technologien aus den 80er-Jahren auf. Im Grunde war es ein Single- User/Singletasking Betriebssystem, zu dem immer mehr dazu gebaut wurde, um den Anschein eines modernen Betriebssystems zu erwecken. Eine Neuentwicklung müsste auf einem völlig neuen Fundament auauen. Apple hatte sich für NextStep entschieden. Wenn auch nur ein Teil des alten Mac OS erhalten bliebe, dann wäre auch NextStep in seinem Funktionsumfang eingeschränkt.

Alte Technologie muss abgeworfen werden, um die Adoption der neuen Technologie zu ermöglichen. Dies führt leider zu zwei weiteren Problemen.

2. D RITT-ANBIETER A PPLIKATIONEN Kein Computer- und Betriebssystemanbieter agiert in einem Vakuum, denn ein Computer ist wertlos, ohne über Anwendungssoftware zu verfügen. Auch die Mac-Plattform lebt von Dritt- Anbietern, die dafür umfangreiche Anwendungen entwickeln z.B. Microsoft mit seinem allgegenwärtigen Office, sowie damals noch die zwei eigenständigen Unternehmen Adobe mit Photoshop, Acrobat, Iustrator und Indesign, und Macromedia mit Flash, Dreamweaver, Freehand und Fireworks.

Diese Unternehmen hatten viel Zeit und Geld in die Entwicklung ihrer Anwendungen investiert. Eine grundlegende Umstellung des Betriebssystems hätte zu einem gewaltigen Entwicklungsaufwand an diesen Programmen geführt. Der Aufwand wäre nur dann zu rechtfertigen, wenn sich die entstehenden Kosten auch wieder einspielen lassen. Da stellt sich die Frage, ob Anwender dazu bereit gewesen wären, bei einer einschneidenden Umstellung für bereits gekaufte Software noch einmal zu bezahlen.

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3. B ESTEHENDE A NWENDER Apple hatte immer eine treue Fangemeinde, die viel Geld für Hard- und Software ausgegeben hat. Diese instaed user base will auch weiterhin bestehende Software und Peripheriegeräte auf dem neuen Betriebssystem einsetzen.

Apple erkannte 1997 all diese Schwierigkeiten, die eine abrupte Umstellung verhindern. Jede Strategie, sowohl auf ein neues Betriebssystem als auch auf neue Hardware umzustellen, konnte nur langfristig sein.

E NTSTEHUNG DES S YSTEM X Chefentwickler von Mac OS X war . Ursprünglich hatte er geplant, dass NextStep19 im Kern erhalten bleibt, eine moderne Oberfläche erhält und alte Mac-Software in einem Emulator ablaufen sollte, bis genügend neue Programme für das Betriebssystem verfügbar wurden.

Das Entwicklungsprojekt lief unter dem Codenamen “Rhapsody” und sollte 1998 fertiggestellt werden.

Apple hatte die Erwartung, dass Entwickler nur darauf warteten, die neuen, leistungsfähigen NextStep-Bibliotheken einsetzen zu können. Allerdings legten sich Adobe und Microsoft dagegen quer. Apple hatte bereits oft angekündigt, neue Betriebssysteme vorstellen zu wollen. Das Vertrauen der großen Softwarehäuser in den Computerhersteller war enttäuscht. Zudem war bereits die Umstellung von Motorola 68k auf PowerPC kostspielig gewesen. Kurzum waren die großen Software-Drittanbieter nicht bereit, ihre Software komplett um zu arbeiten - auch in Anbetracht des schwindenden Marktanteils des Mac und der ungewissen Zukunft des Unternehmens.

Ein Strategiewechsel war notwendig. (Owen Linzmayer: “Apple Confidential 2.0: The Definitive History of the World's Most Colorful Company”, 2004)

19 In dieser Arbeit wird das Betriebssystem der Einfachheit halber “NextStep” genannt. In vielen Quellen werden die Großbuchstaben anders gesetzt (z.B. NeXTStep). Zur Namensverwirrung tragen auch die vielen Varianten von NextStep, u.a. OPENSTEP, NeXTs geplante gemeinsame Plattform mit SUN.

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M AC OS R ELOADED Zwei Jahre lang arbeiteten die Entwickler daran, die ursprünglichen Mac OS Classic API an die Unix-artigen Bibliotheken des neuen Betriebssystem anzupassen. Diese wurden als Carbon in Mac OS 9 integriert. Sie erlaubten Entwicklern ihre Software mit relativ geringem Aufwand anzupassen, um sie sowohl für Mac OS Classic als auch Mac OS X lauffähig zu machen.

Nebenbei stellte Apple einen Teil des Betriebssystems unter OpenSource-Lizenz der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Der -Kernel, der BSD-Layer darüber und einige andere systemnahe Teile wurden als Darwin veröffentlicht.

Dieser Zug mag anfangs eher PR-Zwecken gedient haben, doch er erwies sich als besonders fruchtbar. Denn der bereitgestellte Sourcecode wurde von Opensource-Entwicklern durchforstet, die dann auch Bugs behoben.

2000 war es dann soweit, Steve Jobs präsentierte die erste Beta-Version von Mac OS X der Öffentlichkeit. Erst 2001 war das fertige Produkt lieferbar.

Auf dem Betriebssystem liefen drei Arten von Software. “Classic” war die Emulationsebene, die es erlaubte alte, nicht-angepasste Mac-Software auszuführen. “Carbon” war die Überbrückungs-API für Anwendungen, die auf Mac OS Classic angepasst wurden, damit sie auf Mac OS X ebenfalls nativ laufen. “Cocoa” war die eigentlich neue und auf NextStep- basierte API.

Angestammte Apple-Technologien wurden bereits nativ angepasst, QuickTime wurde für Mac OS X überarbeitet, das altehrwürdige QuickDraw lief der Kompatibilität-halber ebenfalls in einer angepassten Version. Auch neue Technologien kamen zum Einsatz: mit OpenGL unterstützte Mac OS X eine moderne 3D-Grafik-Technologie. Die neue, auf Adobes PDF- Standard auauende Darstellungstechnologie hieß Quartz und sollte QuickDraw allmählich ablösen.

Obwohl die ersten Versionen von Mac OS X noch langsam liefen und nicht den vollen Funktionsumfang boten, zeigte Apple, dass das Unternehmen tatsächlich liefern konnte. Im Jahrestakt brachte Apple immer bessere nach Raubkatzen benannte Versionen des Betriebssystems heraus, bis es nicht nur sämtliche Features des klassischen Mac OS abdeckte, aber auch neue noch nie zuvor gesehene.

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AQUA

CLASSIC CARBON COCOA

QUARTZ OPEN GL QUICKTIME

DARWIN

Die neue aufgeräumte Architektur von Mac OS X

Mit Mac OS X 10.4 Tiger kam 2004 die erste Version heraus, die der Konkurrenz von Microsoft mehr als ebenbürtig war, in vielen Bereichen war sie Windows XP überlegen. Tiger wurde zwar ursprünglich für PowerPC-Prozessoren herausgebracht, doch ein Jahr später wurde die erste Intel-Version ausgeliefert.

C ODENAME M ARKLAR Bereits im April 2002 berichtete das Online-Medium eWeek20 von Gerüchten, dass Apple das damals neue Mac OS X parallel zur PowerPC-Plattform auch auf der Intel-Architektur entwickelte. Die grundsätzliche Absicht war, Apple Alternativen offen zu lassen, falls die Entwicklung der PowerPC-Prozessoren ins Stocken geriet.

2005 erwiesen sich die Gerüchte als wahr. Apple hatte einen eigenen abgeschotteten Bürobereich, in dem die Intel-Variante entwickelt wurde - Codename Marklar (benannt nach den Aliens in der Anarcho-Zeichentrick-Serie “Southpark”). Entwickler gaben “off the record” zu, dass Mac OS X auf Intel-Maschinen schneller läuft.

20 Leider ist der Online-Artikel vom Netz verschwunden, offenbar hat eWeek auf ein anderes CMS umgestellt, womit die ursprüngliche URL (http://www.eweek.com/ article2/0,3959,496270,00.asp) nicht mehr zum Artikel führt. Allerdings wird im folgendem Forum mit Beiträgen aus dem Jahr 2002 der Artikel referenziert: http:// forums.macrumors.com/archive/index.php/t-10549.html (abgerufen am 10.Juli 2009)

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Diesmal ging die Umstellung schneller. Denn durch den wachsenden Erfolg der Mac-Plattform und der hohen Verkäufe, die , PowerMacs, und erzielten, befand sich Apple in einer ganz anderen Verhandlungsposition gegenüber den Software-Drittanbietern als bei der Umstellung von Mac OS Classic auf Mac OS X. Entwickler rissen sich darum, für Apple entwickeln zu dürfen.

M AC OS X 10.0 P UMA: T HE O RIGIN OF S PECIES Streng nach dem Motto von Steve Jobs “Real artists ship” hat Apple mit Mac OS X Codename “Puma” im März 2001 ein unfertiges aber wunderschönes System veröffentlicht. Die EDV- Welt staunte zwar über die grafisch interessante Benutzeroberfläche, allerdings hatte Mac OS 10.0 Puma anfangs eher bloß Kuriositätenwert. Allen Unzulänglichkeiten zum Trotz war nicht zu verleugnen, dass nach über einem Jahrzehnt der Computerhersteller nun ein tatsächlich greiares, neues Betriebssystem herausgebracht hatte.

Apple wollte seine gesamte Zukunft mit Mac OS X aufs Spiel setzen. Was war das Neue an Mac OS X? Welche Technologien steckten dahinter? Und wieso war Version 10.0 alles andere als brauchbar?

C OUNT Z ERO - A M A NFANG STEHT DIE N ULL Am 24. März 2001 erblickte die erste fertige Version von Mac OS X das Licht der Welt. Es war eine Abkehr vom bisherigen Mac OS Classic und beruhte auf eine völlig anderen Basis.

Mit Mac OS X 10.0 brach das Unix-Zeitalter bei Apple ein. Mac OS X bot die neukonzipierte Benutzeroberfläche Aqua, die dem damaligen Design des iMac G3 nachempfunden war. Sie war geprägt von transparenten Menüs, Nadelstreif-Mustern und riesigen Icons.

Das System bot auch intern einige Neuerungen in Form von gleich vier verschiedener API.

1. C LASSIC M AC OS Classic ist an sich keine richtige ins Betriebssystem Mac OS X eingebaute Bibliothek. Vielmehr wird eine virtuelle Maschine gestartet, in der ein vollständiges Mac OS 9 bootet d.h. es läuft ein vollständiger "alter" Mac auf der Oberfläche des neuen Betriebssystems. Darauf laufen sowohl Applikationen, die für 68K-Prozessoren entwickelt wurden als auch jene, die nativ auf PowerPC portiert wurden.

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Keine der Vorteile des neuen Betriebssystems können von den Programmen genützt werden. Selbst die GUI entspricht noch der "platinum" Oberfläche, die mit Mac OS 8 vorgestellt wurde. Tatsächlich erlaubt es das Mac OS X-eigene Entwicklerwerkzeug nicht einmal für Classic zu entwickeln.

Apple macht in seiner Entwicklerdokumentation sehr klar, dass die klassischen Mac OS API langsam aber sicher in die ewigen Jagdgründe geschickt wird.

In der “Classic”-Umgebung wurde ein voständige Mac OS 9 unter Mac OS X gestartet

2. C ARBON Diese Bibliothek stellt eine aufgeräumte und moderat modernisierte Fassung der klassischen API dar. Sämtliche Funktionen, die den neuen Features (z.B. geschützte Speicherbereiche, präemptives Multitasking usw.) im Weg stehen, wurden umgeschrieben oder fallengelassen. Im Grunde wurde das tote Holz der klassischen Mac OS API beseitigt und durch solide Eiche ersetzt.

Ein Wermutstropfen für Entwickler und Anwender ist, dass bestehende Software an Carbon erst angepasst und neukompiliert werden muss. Apple kommunizierte den Entwicklern, dass sie herzlich willkommen seien, ihre Software mithilfe von Carbon zu entwickeln, ihnen aber sehr viel entgehe, wenn sie nicht Cocoa nützen.

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3. C OCOA Diese als Wortwitz auf Java benannte Bibliothek ist die ursprüngliche API von NextStep. Sie bietet die Wiederverwendung von Objekten, ausgefeiltes message passing, Netzwerktransparenz, runtime binding, eine saubere Trennung zwischen dem User Interface und der eigentlichen Programmlogic. Zudem ist sie Plattformunabhängig. Gerade der letzte Punkt ist besonders interessant, da Cocoa damals nur unter Mac OS X verfügbar war. Später als Apple auf Intel-Prozessoren umgestiegen ist, haben erfahren wir, warum die durch die starke Abstraktion des Systems erlangte Plattformunabhängigkeit von derartig großer Bedeutung war.

Apple hat es von Anfang an klar gemacht, dass Cocoa die eigentlich “gute” und ausnahmslos empfohlene API darstellt.

4. J AVA Mac OS X erlaubt es, genauso gut in der Programmiersprache Java von SUN zu entwickeln. Sämtliche Cocoa-Aufrufe und somit auch die GUI können über Java nativ angesprochen werden.

Weitere Features von Mac OS X 10.0 waren:

XNU kernel: Der Unix-artige Kernel (auf BSD/Mach basiert) war die größte Neuerung. Damit stand Mac OS X auf stabilen Beinen. Abstürzende Applikationen konnten nicht mehr das ganze System in den Abgrund mitreißen.

Geschützte Speicherbereiche: Endlich konnte auf dem Mac, eine Applikation nicht mehr im Speicherbereich eines anderen Programmes wildern.

Präemptives Multitasking: Das Betriebssystem regelte die Resourcenverteilung zentral. Einzelne Programme konnten nicht mehr die gesamte Rechenleistung für sich beanspruchen.

OpenGL: Die Grafikkarten-beschleunigte API zur Entwicklung von 2D- und 3D- Computergrafik sollte den Mac zu neuen grafischen Höchstleistungen verhelfen. OpenGL wurde anfangs vor allem für die Aqua-Oberfläche verwendet.

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Ein OS X Aqua-Fenster der ersten Generation

Terminal: Der Unix-Terminal erlaubte es fortgeschrittenen Usern über eine Befehlszeilenschnittstelle mit Unix-Befehlen die innersten Tiefen des Systems zu durchforsten und anzusprechen.

Mit Terminal schenkte Apple dem fortgeschrittenen User eine Befehlszeilenschnittstee

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Dock: Mit diesem am unteren Bildschirmrand liegenden Dock stellte Apple den neuen Programmlauncher und Taskmanager des Betriebssystems vor. Der User konnte seine Applikationen für die spätere Verwendung darin ablegen. Wenn eine Applikation lief, dann zeigte ein kleiner Pfeil darauf.

The Dock - Der neue Programm-Launcher von Mac OS X

PDF: Der gesamte Bildschirmauau wurde als PDF-Datei21 beschrieben, so konnte auch jede Anwendung PDFs generieren.

Abgerundet wurde die Premiere mit dem neuen Adressbuch, einem Mail-Programm, die Automatisierungssprache AppleScript und dem Suchassistenten Sherlock. Die meisten Features blieben auch in den nachfolgenden Versionen von Mac OS X erhalten und wurden weiterentwickelt.

Allerdings war Mac OS X auf der damaligen Hardware schier unbrauchbar. Für einen Geschwindigkeitsvergleich mit Mac OS 9 benötigte man nicht einmal eine Stoppuhr, so offensichtlich war der Geschwindigkeitsmanko des neuen OS. Mac OS X konnte seine prozessorfremde Herkunft nicht verleugnen. Es war für PowerPC-Prozessoren noch nicht optimiert. Mac OS X 10.0 war eine lahme Ente, die sich im Gewand eines Schwanes präsentierte.

M AC OS X 10.1 C HEETAH: H OMELAND S ECURITY Mit Mac OS X 10.0 Puma war zwar der erste, wenig überzeugende Schritt getan. Das reichte aber noch lange nicht, um Nutzer von Mac OS Classic auf das neue Betriebssystem einzustimmen. Nur wenige Monate nach der ersten Version brachte Apple das verbesserte Mac OS X 10.1 auf den Markt. Allzu sehr vertrauten die Entwickler dem System aber doch nicht, denn Apples Rechner wurden sowohl mit dem neuen als auch mit dem alten OS ausgeliefert.

21 Portable Document Format - das offene Seitenbeschreibungsformat von Adobe

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Die wichtigste Neuerung des Systems waren seine Geschwindigkeitszuwächse. Endlich lief Mac OS X 10.1 einigermaßen flüssig auf Systemen, die für die vorige Version unbrauchbar waren. Zwar überholte das honorige Mac OS 9 seinen jüngeren Bruder bei den meisten Aufgaben, doch die ersten Zeichen einer Verbesserung ermunterten User dem System doch noch eine Chance zu geben. Zudem lief die Grafikbeschreibungssprache OpenGL, die eine leistungsfähige GPU22 ausnützte, um bis zu 20% schneller unter 10.1.

An Stabilität und Sicherheit des Systems wurde weiterhin gefeilt. So bot es eine systemweite Firewall und sämtliche Benutzeroperationen wurden in einer User-Rolle ausgeführt, die nicht alle Rechte hatte. Wollte ein User Programme installieren oder Systemdateien verändern, so musste er sich in allen Fällen als Administrator einloggen. Selbst wenn ein User bereits vorher Admin war, musste er sich noch einmal authentisieren.

Mac OS X begann zu überzeugen. User, die den vollen Preis für 10.0 bezahlt hatten, erhielten gratis ein Upgrade.

M AC OS X 10.2 J AGUAR: I NTELLIGENT D ESIGN Mac-User sind sich einig, dass 10.2 die erste wirklich brauchbare Version von Mac OS X war. Ab August 2002 konnten User erstmals komplett auf das neue Betriebssystem umsteigen. Apples Vorzeigebetriebssystem mauserte sich zu einer ernstzunehmenden Anwendung.

Auch die Drittanbieter Microsoft, Adobe und Macromedia begannen ihre Software für Mac OS X anzubieten. Aber neue Entwickler, die bisher keine Software für den Mac entwickelt hatten, machten den Umstieg. Der Unix-Kern, ein allgemeiner Windows-Überdruss und die Neugierde nach Neuem ließen die IT-Intelligenzia zum Mac überlaufen.

Welche Verbesserungen sind ausschlaggebend für diesen Wandel? Welches Potenzial lässt sich in Jaguar erkennen?

N EED FOR S PEED Wohingegen bei anderen Systemen üblicherweise jedes Upgrade auf der selben Hardware zu Geschwindigkeitseinbußen führt, konnte Apple auch beim Upgrade auf Mac OS X 10.2 die

22 GPU - Graphics Processing Unit, das Herz einer Grafikkarte

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Geschwindigkeit steigern. Zyniker meinen, die vorige Version sei sowieso so langsam gewesen, dass eine Steigerung leicht möglich sei.

Tatsächlich nütze 10.2 die bestehende Hardware besser aus. Durch die neue Quartz Extreme- Technologie erfuhr die Bildschirmausgabe eine gewaltige Beschleunigung, weil nun für den Auau von Menüs und Fenster, eigentlich für die gesamte Komposition des Bildschirminhalts die Arbeit komplett auf die Grafikkarte ausgelagert wurden. Jetzt konnten mehrere Videos gleichzeitig abgespielt und dabei sogar ihre Fenster bewegt werden, ohne den Videostrom abreißen zu lassen. Sogar wenn eines der transparenten Menüs über dem Videofenster lag, stotterte das Video kein bisschen. Erstmals waren bestimmte Operationen unter Mac OS X schneller als unter Mac OS 9 auf dem selben Rechner.

Zudem erhielten Multiprozessor-Rechner einen gehörigen Geschwindigkeitsschub, weil Prozesse gleichmäßig auf beide Prozessoren aufgeteilt wurden. Zu den Optimierungen für PowerPC gehörten auch die bessere Ausnützung der Vektorberechnungseinheit23 des G4- Prozessors. Langsam aber sicher machte es sich Mac OS X auf den PowerPC-Prozessoren bequem.

Das System bot aber auch andere Neuerungen, die zu einer Erweiterung des Funktionsumfanges beitrugen:

Samba Windows-Netzwerk-Unterstützung: Samba ist eine für Unix entwickelte Version Version des Microsoft SMB-Protokolls (Server-Message-Block) für Netzwerke. Nun konnten Macs problemlos an Windows-Netzwerke angeschlossen werden.

Rendezvous: Mit diesem Zeroconf-Protokoll konnte Mac OS X in einem Netzwerk andere Geräte (z.B. Drucker) finden, ohne den User zu bemühen.

Finder-Suche: Nun war eine systemweite Suche direkt in jedem Finder-Fenster eingebaut. Das war aber nur ein Vorläufer dessen, was noch an Suchtechnologie (Spotlight in Mac OS X 10.4 Tiger) implementiert werden sollte.

CUPS (Common Unix Printing System): Das auf anderen Unix-Systemen verwendete modulare Druckersystem wurde in Mac OS X integriert.

23 Von Apple als Altivec Velocity Engine bezeichnet.

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Systemweites Adressbuch: Sämtliche Kontaktinformationen lagen nun in einer zentralen Ablage und konnten von anderen Anwendungen (mit Erlaubnis des Users) genützt werden. Das war der erste Vorläufer der Sync-Services in späteren Mac OS X-Versionen.

JFS (Journaled file system): Jeder Schreib/Lese-Vorgang auf der Festplatte wurde nun mitprotokolliert. Im Falle eines Systemabsturzes konnte aufgrund des geschriebenen Journals festgestellt werden, welche Dateien zum Zeitpunkt des Absturzes offen waren, um sie zu reparieren.

Z UKUNFT PASSIERT Mac OS X 10.2 Jaguar begann Apples Versprechen einzulösen. Es erfüllte nun so ziemlich alle Erfordernisse an ein modernes Betriebssystem. So bot es bereits seit der ersten Version Multiuser-Unterstützung, präemptives Multitasking und geschützte Speicherverwaltung, durch den Einsatz des neuen Kernels hatte es eine Modulare Architektur und eine inteigente Treiberverwaltung. In 10.2 kam noch das modernes Dateisystem dazu sowie eine verbesserte Multi-Prozessor-Fähigkeit.

Apple gewann mit dem neuen System sein Selbstbewusstsein wieder. Die Rechnerverkäufe begannen langsam anzuwachsen, weil early Adopters neugierig waren, aber auch weil neue User begannen, sich nach Alternativen zum in die Jahre gekommenen Windows umzusehen. Interessanterweise reichte Apple ebendiesen Usern die Hand, indem es nicht nur sein eigenes Betriebssystem dazu brachte “brav” in Windows-Netzwerken mitzuspielen, sondern auch indem mit Rendezvous, die erste neue Apple-Technologie auf Windows-Rechnern portiert wurde.

M AC OS X 10.3 P ANTHER: F ULL M ETAL J ACKET Wenn 10.2 die erste Version von Mac OS X war, die alltagstauglich war, dann konnte Panther nur noch mehr überzeugen. 10.3 war um einiges flotter, flüssiger und vor allem noch stabiler. Trotzdem stellt es eher einen evolutionären Sprung dar. Nach der Einführung von 10.3 im Oktober 200324 begann Apple neue Rechner ausschließlich mit diesem Betriebssystem auszuliefern. Eine Dual-Boot-Variante wie bisher mit Mac OS Classic war somit

24 Zwei Monate, nachdem ich selbst nach langen Jahren als Mac OS Classic-User den Sprung auf Mac OS X mit meinem iBook G3 gewagt hatte.

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ausgeschlossen. Sowohl Mac-Anwender als auch Entwickler waren überzeugt, dass es kein Zurück mehr gab. Apple war auf dem Weg zum zweiten Frühling.

Wie hat sich die Benutzeroberfläche von Mac OS X 10.3 verändert? Welche neuen Features bietet diese Version?

Ü BERALL GEBÜRSTETES M ETALL Die offensichtlichste Veränderung des Systems war die von iTunes und dem Quicktime-Player bekannte “brushed metal”-Oberfläche. Sämtliche Systemfenster verfügten nun über dieses gemusterte Aussehen. Apple lernte vom eigenen Musikverwaltungsprogramm iTunes und ergänzte den Finder mit Schnellzugriffen zu Laufwerken, Netzwerken und oft verwendete Ordner in jedem Fenster.

Ae Fenster unter Panther zeigten sich im “brushed metal”-Look

Mit Panther finalisierte Apple die Entwicklung der Carbon- und Cocoa-API. Entwickler, die nicht auf den Kernel zugreifen mussten, konnten sich nun sicher sein, dass diese nur mehr erweitert werden würden, bestehende Bibliotheksaufrufe würden sich nicht mehr verändern. So konnten Entwickler sicher sein, dass ihre Software auch auf späteren Systemen laufen würde, solange sie sich an Apples Spielregeln gehalten hatten. Apple würde aber erst mit der nächsten Systemversion Entwicklungssicherheit auch auf Kernel-Ebene garantieren.

Neben dem neuen Aussehen des Systems und der internen Änderungen, bot Apple Usern zusätzlich eine Vielzahl anderer Änderungen:

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Safari und Webkit: Mit dem neuen super-schnellen Webbrowser konnte Apple endlich einen brauchbaren Ersatz für den lahmen Internet Explorer bieten. Microsoft hatte seit Version 5.2 aufgehört die Mac-Version des Explorers weiterzuentwickeln. So packte Apple die Gelegenheit beim Schopf und entwickelte basierend auf dem Open Source-Browser Konqueror kurzerhand Safari und die neue Webrendering-Bibliothek Webkit. Diese floss wieder in die Open Source- Community. Mittlerweile ist Webkit die Basis der meisten mobilen Browser auf Smartphone (inkl. Nokia und Google Android) und lieferte sogar Jahre später die Engine von Google Chrome.

Finder: Der von vielen Usern kritisierte Finder wurde in dieser Version stark verbessert. Nun konnten User schnell auf ihre oft verwendeten Ordner und Laufwerke zugreifen.

Exposé zeigt ae offenen Fenster gleichzeitig an

Exposé: Mit dieser Funktion konnten User wahlweise per Tastendruck oder Mausbewegung sämtliche offenen Fenster gleichzeitig anzeigen. Auch konnten sie alle Fenster verschwinden lassen oder nur die Fenster einer bestimmten Anwendung sehen. Exposé half Usern das System insgesamt besser zu bedienen. Ein Mac OS X ohne dieses Feature ist heute undenkbar.

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Hier übertreibt es ein User mit der Exposé-Funktion von Mac OS X (Quee: 4. September 2009 http://extensivegroup.blogspot.com/2007/01/expos-limits-not-yet-reached.html)

Preview: Die systemeigene PDF- und Bilderanzeige wurde stark beschleunigt. Nun konnte man unter Mac OS X wesentlich schneller PDFs und komplexe Grafiken anzeigen als unter Mac OS 9 oder sogar dem Adobe eigenen Acrobat Reader.

Xcode developer tools: Die Entwicklungsumgebung des Systems erhielt nun nicht nur einen neuen (coolen) Namen, sondern wurde auch schneller.

Font Book: Mit dieser neuen Applikation machte Mac OS X vor allem Druckereien und Grafiker glücklich. Nun konnten sich User auf einfache Weise Überblick über die installierten Zeichensätze verschaffen und diese ganz leicht austauschen und um neue ergänzen.

FileVault: Dieses Feature erlaubte es Usern, den gesamten Inhalt ihrer Datenträger laufend zu verschlüsseln, um ihn vor unbefugtem Zugriff zu schützen.

X11: Der auf anderen Unix-Systemen übliche Windows-Manager X11, der bisher nur optional installierbar war, wurde nun in Mac OS X 10.3 Panther standardmäßig integriert.

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Die Unix-eigene X11-Umgebung wurde nun standardmäßig in Mac OS X integriert

Mithilfe von X11 konnten Unix-Entwickler ihre Applikationen leicht auf Mac OS X portieren. Innerhalb kurzer Zeit wurden die Grafik-Software Gimp und das Bürosoftwarepaket OpenOffice auf Mac OS X implementiert. Einige Geeks begannen im Rahmen des Entwicklungsprojekt Fink25, sämtliche Linux-Applikationen für den Mac aufzubereiten.

D ER REIFE A PFEL Mac OS X 10.3 Panther zeigte, dass Apple das Zeug dazu hatte, in regelmäßigen Abständen, immer bessere Versionen seines mittlerweile drei Jahre alten Betriebssystems zu veröffentlichen. Panther war nun nicht nur komplett für den PowerPC-Prozessor optimiert. Es enthielt auch die ersten Anpassungen an neue 64-Bit-Prozessoren (damals noch in Form des G5). Es funktionierte besser in Windows-Netzwerken und konnte problemlos in SecurID VPN26-Umgebungen integriert werden.

Apple hatte seine Basis für die Zukunft geschaffen. Die lange Kindheit des Systems fand ihr Ende. Nun konnte Apple dem erwachsenen OS X neue Tricks beibringen.

25 Keine Verwandschaft mit dem gleichnamigen Lektor an der Donau Universität Krems. 26 Virtual Private Network - Software, die es erlaubt, in ein geschütztes Netzwerk einzusteigen.

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K APITELZUSAMMENFASSUNG Die Entwicklung von Mac OS X begann recht holprig. Einerseits war NextStep nicht so leicht als neues Betriebssystem einsetzbar, andererseits wehrten sich die etablierten Softwarehäuser dagegen, ihre Programme für das neue System komplett neu schreiben zu müssen. Apple entwickelte deshalb eine überlappende Migrationsstrategie in Form von Carbon.

Dann wurde Mac OS X 10.0 vorgestellt. Da NextStep aber von Intel- auf PowerPC- Prozessoren umgesetzt werden musste, zeigte es anfangs große Optimierungsschwächen. Es lief viel zu langsam. Innerhalb von drei Jahren gelang es Apple, sein anfangs nur bedingt brauchbares Betriebssystem zu einem leistungsfähigen und schnellen OS zu schmieden.

Mit Version 10.3 Panther stellte Apple das Fundament fertig, worauf neue Features etabliert werden konnten. Jetzt sollte es erst richtig los gehen.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 79 5. Ende der Kindheit: Mac OS X 10.4 bis 10.6

“Erwachsensein heißt: vergessen, wie untröstlich wir als Kinder o gewesen sind.”

Heinrich Böll

Mac OS X 10.4 Tiger, Mac OS X 10.5 Leopard und Mac OS X 10.5 Snow Leopard (Quee: Arstechnica)

Mac OS X hatte in seiner vierten Inkarnation die wechselhaften Jahre der Pubertät verlassen. Es konnte auf eigenen Beinen stehen. Allerdings bestand es aus vielen zusammengeflickten Teilen, die noch nicht richtig zusammenpassten. Einige Bestandteile waren uralt (Classic), einige nur transzendente Übergangslösungen (Carbon) und einige erlangten erst mit 10.3 eine annehmbare Reife (Cocoa). Viele dieser älteren Technologien wurden aus Gründen der Kompatibilität übernommen. So überlebten QuickDraw in seiner alten Form und QuickTime in einer abgeänderten Form jede neue Version.

Mac OS X ähnelte einer alten Stadt, in der es zu einem gewaltigen Bauschub gekommen war. So beschrieb der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein die menschliche Sprache wie eine historisch gewachsene Stadt: “Ein Gewinkel von Gässchen und Plätzen, alten und neuen Häusern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten: und dies umgeben von einer Menge Vororte mit geraden und regelmäßigen Straßen und mit einförmigen Häusern.”

Es wurde Zeit, in dieser Stadt die alten Teile abzureißen. Apple begann einige so genannte “Legacy”-Technologien abzuwerfen. Mac OS X 10.0 bis 10.3 stellten die Auauphase neuer

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Technologien dar, mit 10.4 bis 10.6 begann zusätzlich zu neuen Entwicklungen der große Abbau alter Technologien. In Mac OS X 10.4 Tiger leitete Apples Ausmisten der Altlasten ein, mit Leopard wurde der Übergang beschleunigt, um bei Snow Leopard sämtliche alte Technologien aus dem System zu exorzieren.

In diesem Kapitel werden diese drei Versionen besprochen. Sie schlugen die Brücke zu Intel.

M AC OS X 10.4 T IGER: S URVIVAL OF THE F ITTEST Mit Tiger wagte es Apple 2005, nach zweieinhalb Jahren das ambitionierteste Upgrade seines Betriebssystems zu veröffentlichen. Die Werbung versprach über 150 neue Features. Doch die wichtigsten und interessantesten wurden nicht besonders stark angepriesen. Gerade diese Änderungen im Kern des Betriebssystems überzeugen aber.

Welche der 150 neuen Features sind wirklich wichtig? Wie hat sich der Kern von Mac OS X in dieser Version verändert?

Mac OS 10.4

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D ES T IGERS NEUE S TREIFEN Effekthascherei stand im Zentrum des Systems. Es bot neue Bedienungselemente, eine systemweite Suche namens Spotlight, eine brandneue Version des Webbrowsers Safari und Grafiktechnologien (CoreImage, CoreGraphics, CoreVideo), die das OS weit über die Möglichkeiten der Konkurrenz hinauskatapultierten.

Tiger wurde von den Usern so schnell wie kein anderes System zuvor adoptiert. Innerhalb eines Jahres lief mehr als die Hälfte aller bestehenden Apple-Rechner mit Tiger. Zudem war Tiger mit dem Umstieg auf Intel-Prozessoren, das erste System, das auf der neuen Prozessorarchitektur lief.

Die öffentlichkeitswirksamsten Features waren:

CoreGraphics, CoreImage, CoreVideo: Endlich konnten Entwickler auf die Leistung der Grafikkarten auf schnelle und unkomplizierte Weise zugreifen. CoreGraphics erlaubte es, wie ein Super-Quartz Extreme sämtliche grafische Operationen auf die Grafikkarte auszulagern. CoreImage benützte die Grafikkarte, um Photoshop-artige Filter auf Grafiken anzuwenden. CoreVideo packte die gesamte Leistung den überarbeiteten Quicktime in eine API.

Erstmals war die Grafikausgabe um vieles schneller als mit QuickDraw. Apple begann auch aktiv davon abzuraten, weiterhin QuickDraw für die Darstellung in neuen Anwendungen zu benützen.

Safari RSS: Die zweite Version des Webbrowsers war nicht nur schneller, es lißen sich damit auch RSS-Feeds abonnieren. Außerdem war Safari noch W3C-standard-konformer als zuvor.

QuickTime 7: Die neue Version der Videokompressions- und Dekompressionssoftware baute zwar noch auf den alten Kern auf, ihr wurden aber neue Komprimierungsverfahren beigebracht. Unter anderem beherrschte QuickTime nun den leistungsfähigen H.264-Codec, auf den auch YouTube später umsteigen würde. QuickTime bot nun erstmals eine uneingeschränkt über Cocoa nutzbare API, die es erlaubte, leichter Videoanwendungen für den Mac zu schreiben.

Spotlight: Bereits das Scheinwerferlicht im Logo dieser Betriebssystemversion deutete die systemweite Suche an. Spotlight indizierte alle Dateien und ihre Inhalte auf dem Mac. Es konnte in PDF-Dateien suchen, Adressen im Adressbuch, Termine im Kalender finden, es

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kannte den Inhalt jeder Mail und jedes Textes auf dem Computer. Stets waren alle Dateien so schnell auffindbar, wie man sie ins Suchfeld auf dem rechten Bildschirmrand eingeben konnte.

Dashboard: Apple führte eine neue Benutzerschnittstellenebene ein. Hier konnten kleine Mini-Anwendungen permanent im Hintergrund ausgeführt werden. Diese “Widgets” waren auf Knopfdruck erreichbar und legten sich auf einer transparenten Fläche über die bestehenden Anwendungen. Die Dashboard-Widgets erlaubten es Anwendern, Wetterberichte abzurufen, Berechnungen anzustellen, Begriffe im Wörterbuch nachzuschlagen und andere Informationen online oder offline abzurufen.

Dashboard erlaubte Anwendern jederzeit Zugriff auf kleine Helferprogramme, die ständig im Hintergrund liefen.

Automator: Dieses kleine Programm erlaubte es, auch Nicht-Programmierern Abläufe zu automatisieren. Anwender konnten ihre eigenen Arbeitsabläufe aufzeichnen, mit Variablen versehen und beliebig oft ausführen. Man konnte z.B. 100 JPG-Bilder in der Größe verändern und ihnen einen CoreImage-Filter verpassen, indem man die Aktion mit Automator aufzeichnet.

Sync Services: In Jaguar wurde das systemweite Adressbuch vorgestellt. Das war aber nur die Vorstufe zur systemweiten Bereitstellung von Kontakten, Adressdaten und Notizen. Nun konnten fremde Geräte wie Mobiltelefone und Organizer aber auch fremde Online-Dienste

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wie Google Calendar auf sämtliche persönliche Daten zugreifen. Durch Sync Services wurde jede Änderung der Daten mit allen abhängigen Stellen synchron gehalten.

Die restlichen Features waren ein verbesserter Video-Chat-Client mit iChatAV, ein systemweites Englishwörterbuch und Synonymlexikon sowie vebesserte Accessibility-Features, um Menschen mit Behinderung die Bedienung des Mac zu erleichtern.

Drei grundlegende Änderungen spielten sich komplett “unter der Motorhaube” ab. Durch Spotlight konnte das Dateisystem nun ähnlich einer Datenbank auf Dateien zugreifen, die Entwicklung von 64-Bit-Programmen war möglich, solange sie nicht auf die GUI zugriffen, und die Unix-Features wurden stark an den Industriestandard angepasst, womit Mac OS X Tiger sich erstmals als anerkanntes Unix ausgeben konnte.

Am aller wichtigsten war der neue Betriebssystemkernel, der nun endlich in einen fertigen und stabilen Zustand gebracht worden war.

K ERNGESUND - D ER NEUE K ERNEL DES T IGERS Mit Tiger ist der Mac OS X-Kernel einigen wesentlichen Änderungen unterzogen worden. Dabei stellt der Kernel an sich ein interessantes Zwitterwesen dar: ein Mach-, der mit einer "traditionellen" BSD-artigen Systemaufrufschnittstelle zusammengeschweißt wurde. Daran haben die Apple-Architekten selbstentwickelte Technologien wie IOKit angefügt. Für die Zwecke dieser Arbeit27 kann der Kernel als Einheit betrachtet werden, die über eine Vielzahl unterschiedlicher Schnittstellen nach “außen” vefügt.

Unglücklicherweise waren genau diese Systemschnittstellen des Mac OS X-Kernels historisch bedingt unzulänglich. Sowohl Apple-eigene Entwickler als auch Programmierer bei Drittherstellern benötigten aber ein breite Palette an flexiblen und leistungsfähigen Kernel- APIs. Aus diesem Grund verwendeten sie auf bisherigen Mac OS X-Versionen “schmutzige” Tricks, um auf die undokumentierten Schnittstellen zuzugreifen.

Solche Kernel-Extensions liefen stets Gefahr, auf der nächsten Version des Betriebssystems nicht mehr zu funktionieren. Die Apple-eigene Systemdokumentation ließ wenig Zweifel daran, dass viele APIs sich entweder noch im Wandel befanden oder einfach noch nicht “offiziell” für den allgemeinen Gebrauch freigegeben seien. Entwickler konnten damit rechnen,

27 Dies gilt auch aus dem Blickwinkel der meisten Entwickler.

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dass ihre Tricks nur auf der jeweiligen Betriebssystem-Version funktionieren würden. Bei einem neuen Release von Mac OS X könnten ihre Kernel-Extensions unter Umständen in Flammen aufgehen, wie ein explodierender Tankwagen in einem Jerry Bruckheimer-Film.

Allerdings hat Apple diese “inoffiziellen” Aktivitäten nicht unbedingt entmutigt. Die Entscheidungsträger im Unternehmen erkannten, dass sie selbst an dieser Situation Schuld waren, weil Mac OS X in vielen Bereichen unzureichende und instabile APIs enthielt, die nur deshalb noch nicht freigegeben werden konnten, weil sie noch unfertig waren.

Stets warnte das Unternehmen in seiner Systemdokumentation davor, bestimmtes undokumentiertes Verhalten als selbstverständlich oder gar endgültig anzusehen.

Reguläre Anwender merkten nur wenig von dieser jahrelang anhaltenden ungewissen Situation. Aus ihrer Perspektive machte eine neue Mac OS X-Version unter Umständen die Installation eines neuen Treibers erforderlich, weil die alte Version ihre Dienste verweigerte.

Noch problematischer war es jedoch, dass dieser Mangel an offiziell dokumentierten Kernel- APIs die meisten Fremdentwickler überhaupt davon abhielt, die technischen Möglichkeiten von “verschlossenen” Kernelteilen überhaupt erst auszuloten. Beispielsweise blieb solchen Entwicklern das viel propagierte modulare Dateisystem verschlossen. Bereits vor Veröffentlichung von Mac OS X begeisterte gerade die Ankündigung dieses Features die Mac- Entwicklergemeinde. Endlich sollte es möglich sein, neue Dateisysteme wie Microsofts NTFS28 oder Suns ZFS dynamisch ins Betriebssystem zu integrieren ganz nach dem Motto “Load and forget!”

So verführerisch ein Plugin- und Layer-basiertes Filesystem auch klingen mochte, in Ermangelung einer stabilen und dokumentierten API konnte nur ein einziges Entwicklerteam vom modularen Dateisystem Nutzen ziehen: Apples eigene Systementwickler.

Kein Drittanbieter wäre bereit gewesen, Zeit, personelle Ressourcen und vor allem Geld in die Entwicklung eines Dateisystem-Plugins zu investieren, das auf nicht freigegebene APIs und Datenstrukturen baut, welche sich mit ziemlicher Sicherheit auch noch ändern würden.

28 Das ab Microsoft Windows NT gebräuchliche Dateisystem.

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Dieser Situation bereitete Apple mit Mac OS X ein Ende. Die Kernel-API wurde solide dokumentiert und sämtliche Funktionen standen nun jedem Entwickler zu Verfügung.

K OMPATIBILITÄTSWAHN Im Jänner 2006 war es soweit, die ersten Macs mit Intel-Prozessoren kamen auf den Markt. Da stellte sich heraus, dass User noch nicht alle Features von Mac OS X Tiger kennengelernt hatten.

Damit alte Software, die für PowerPC entwickelt wurde, auf dem neuen Prozessortyp laufen konnte stellte Apple die Rosetta-Technologie vor. Ähnlich wie der Stein von Rosetta aus der Antike, der den selben Text in mehreren altertümlichen Sprachen enthielt und Wissenschaftlern so helfen konnte diese zu verstehen, übersetzte Rosetta den alte PowerPC- Code in Intel-Code. Und das zur Laufzeit.

Komplexe Anwendungen mussten Geschwindigkeitseinbußen von bis zu 50% hinnehmen. Allerdings lieferte Apple die ersten Macs mit Intels Dualkern-Prozessoren Core Duo aus, die einen Teil des Einbruchs wieder ausgleichen konnten. Es dauerte aber noch einige Gerätegenerationen, bis Intel-Macs PowerPC-Programme schneller ausführen konnten, als PowerPC-Macs je dazu in der Lage waren. Einen Nachteil hatten Intel-Macs im Vergleich zu PowerPC-Macs: Auf Rosetta liefen nur Mac OS X-Anwendungen, die für PowerPC geschrieben worden waren. Sämtliche Software für das “klassiche” Mac OS, die früher mithilfe von “Classic” liefen, konnten nicht ausgeführt werden. Die Brücken zu Mac OS Classic waren abgebrochen.

Die neue XCode-Entwicklerumgebung erlaubte es Programmierern, ihre bestehenden Apple- konformen Programme29 als Universal Binaries zu kompilieren. So konnte ein und dasselbe Programm sowohl auf als auch auf Intel-Rechnern in voller Geschwindigkeit laufen.

Auf Intel-Systemen konnten User auch mithilfe von BootCamp sogar Windows XP oder sogar (wenn es unbedingt sein musst) Windows Vista auf einer Partition ihrer Festplatte installieren, um so ein flexibles, durch und durch kompatibles System zu bekommen. Richtige Freaks installierten statt Microsofts Betriebssystem lieber Linux in einer Dual-Boot-Variante

29 Also Applikationen, die sich keiner von Apple verbotenen “schmutziger” Tricks bedienten, um ihre Dienste zu verrichten.

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zusammen mit Mac OS X. Apples Schlachtruf mit Tiger könnte lauten: “Betriebssysteme aller Prozessoren vereinigt euch!”

D IE G EBURT DES N EUEN AUS DER A SCHE DES A LTEN Mit Mac OS 10.4 Tiger gab Apple die eindeutige Richtung vor. QuickDraw wurde dem versteinernden Blick der Medusa ausgesetzte, QuickTime erhielt eine neue abstrahierte Schale, Classic starb auf Intel-Rechnern einen leisen Tod und der Schwanengesang des PowerPC wurde eingeläutet.

Langsam aber sicher schälte sich das System wie eine häutende Schlange aus der Last der alten Technologien, die noch vor der NeXT-Übernahme entwickelt worden waren.

M AC OS X 10.5 L EOPARD: S HOCK AND A WE Mit Leopard veröffentlichte Apple 2007 die letzte Version von Mac OS X, die noch sowohl auf PowerPC-Prozessoren als auch auf Intel-Chips lief. Zwar wurde das Innere des Betriebssystems durch den ständigen Marsch in Richtung 64-Bit-Computing wieder weiterentwickelt, die meisten Änderungen fanden aber an der Oberfläche statt.

Das Userinterface-Gewirr der vorigen Mac OS X-Versionen wurde aufgeräumt. Der neue "unified look" ersetzte den Nadelstreif der ersten Mac OS X-Varianten und die "brushed metal"-Oberfläche der letzten beiden Versionen.

Mac OS X 10.5 Leopard

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Insgesamt wirkte Leopard optisch aufgeräumter. Der Finder nahm immer mehr Eigenschaften von iTunes an. So konnten User ähnlich wie beim Musikverwaltungsprogramm in ihren Dateien blättern wie in einer Schallplattensammlung.

Das Coverflow-Feature im neuen Finder erlaubte es Anwendern in ihren Dateien zu blättern

F ROZEN IN C ARBONITE Bei der Vorstellung von Leopard machte Apple eine Ankündigung, die einen großen Schock in der Entwicklergemeinde auslöste: die Carbon-API würde nicht mehr weiterentwickelt werden. Sämtliche zukünftige Features und auch die Fähigkeit, ohne Einschränkung die 64-Bit- Fähigkeit des Betriebssystems auszunützen, waren nur über Cocoa zugänglich.

Apple hatte zwar von Anfang an in jeder Entwicklerdokumentation betont, Carbon sei eine Übergangs-API, um die Welten von Mac OS Classic und Mac OS X zu überbrücken, doch so viele große Anwendungen waren Carbon-basiert, dass niemand geglaubt hatte, mit dieser API in eine Sackgasse zu geraten.

Microsoft hatte die Mac-Version von Office auf Carbon aufgebaut, Adobe verwendete diese API für alle seine Creative Suite-Anwendungen mit Ausnahme der neuen Lightroom-

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Applikation und sogar Apple hatte seine Pro-Anwendungen30 für Musikkomposition und Videoschnitt mithilfe von Carbon entwickelt.

Nur die neuen Features des Leoparden konnten den Schock über die eingefrorene Carbon-API lindern. Folgende Neuerungen lösten Begeisterung aus:

Der neue Dock war nun dreidimensional. Programme konnten als Stacks aus dem Dock “geblättert” werden. Die Kalender-Anwendung iCal und das Chat-Programm iChat wurden um noch mehr Features erweitert. Spaces erlaubte die Verwendung von mehreren Desktops wie es auf Linux-Systemen bereits lange üblich war. Zu guter Letzt erlaubte es Quicklook, bereits vom Finder aus eine Vorschau jeder Datei zu sehen, ohne sie mit einer Anwendung laden zu müssen.

Stacks für die Programme (rechts) und der neue Dock (unten), jetzt in 3D

Mit Time Machine stellte Apple eine leistungsfähige, systemnahe und vor allem grafisch ansprechende Backup-Technologie vor. Im Hintergrund legte Time Machine Sicherheitskopien der Anwenderdaten auf externen Datenträgern (z.B. externe Festplatte oder Netzwerkelaufwerke) an. Falls Anwender auf ältere Daten zugreifen wollten, konnten sie wie mit einer Zeitmaschine einfach in vergangenen Sicherungskopien blättern.

30 Final Cut Pro, Logic Pro und Motion

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Time Machine: Backup á la Apple

Auch diesmal war die Liste der kleinen Verbesserungen lang: der Automator wurde verbessert, das Feature Back to my Mac erlaubte Anwendern den Zugriff auf die Dateien auf ihren Mac von überall aus, Dashboard wurde verbessert und BootCamp wurde fix ins System integriert.

Eines geschah beinahe unbemerkt: “Classic”, jene Umgebung, die es erlaubte, Anwendungen aus dem Zeitalter des “klassischen” Mac OS zu verwenden verschwand aus dem System. Selbst PowerPC-Macs konnten unter Leopard keine Software mehr ausgeführt werden, die vor der Ära Jobs 2.0 entwickelt wurde.

D ER S IEG DER Z UKUNFT Mac OS X Leopard brachte gemeinsam mit einer Vielzahl neuer Features zwei wichtige und einschneidende Änderungen. Ab dieser Systemversion konnten mit dem sang und klanglosen Verschwinden von “Classic”, sogar auf PowerPC-Macs keine “klassischen” Mac-Anwendungen mehr laufen. Auch mit dem Entwicklungsstopp der Carbon-API setzte Apple eindeutige Zeichen, dass nur der Umstieg auf die leistungsfähige Cocoa-API den Weg in die Zukunft darstellte.

Die Weichen waren gestellt. Sie führten weg von Carbon und Classic und in Richtung Intel und 64-Bit.

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M AC OS X 10.6 S NOW L EOPARD: D EUS E X M ACHINA Mac-User waren es gewohnt, dass jede neue Version von Mac OS X eine schier unüberschaubare Menge an neuen Features mit sich bringen würde. Mittlerweile war das Betriebssystem zu einem -artigen Monstrum herangewachsen. Warum sollte der Nachfolger von Mac OS X 10.5 Leopard anders sein?

Als Apple aber Mac OS X 10.6 ankündigte, machte der Chefentwickler Bernard Serrault eine Reihe interessanter Verlautbarungen. Die neue Version des Systems solle nur noch auf Intel- Rechnern laufen, darin sollen sämtliche verfügbaren Technologien optimiert werden und... es solle über keine neuen Features verfügen.

Um das Understatement zu betonen, wählte Apple den Namen Snow Leopard aus. Leopard eben, nur ein bisschen anders.

Apples Chefentwickler Bernard Serrault verspricht keine neuen Features bei Snow Leopard (Quee: Arstechnica)

Im Spätsommer 2009 wurde Mac OS X 10.6 Snow Leopard veröffentlicht. Bis auf einige kleine kosmetische Veränderungen sah es genauso aus wie sein Vorgänger. Eine Installation benötigte bloß die Hälfte des Festplattenspeichers und einige Anwendungen liefen um eine Spur schneller. Sonst war es von Außen betrachtet identisch mit Mac OS X 10.5 Leopard.

Trotzdem hatte Bernard Serrault mit seiner Behauptung, Snow Leopard würde über keine neuen Features verfügen, neckisch gelogen.

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Mac OS 10.6

D ER W IDERSPENSTIGEN O PTIMIERUNG Der Fokus lag auf die Optimierung des Systems. Es benötigte weniger Speicher, weil es weniger Altlasten mitschleppte. Es lief schneller auf bestehender Hardware, weil Snow Leopard vollständig an Intel-Prozessoren angepasst war. Somit wurde das System im Spätsommer 2009 einem Frühjahrsputz unterzogen.

Sämtliche neuen Features waren recht obskur oder gut versteckt. Das gesamte System und alle Systemanwendungen waren für 64-Bit-Prozessoren konzipiert. Bestehende 32-Bit- Anwendungen konnten parallel zu neuen 64-Bit-Programmen, die in Cocoa entwickelt worden waren, ausgeführt werden.

Den wichtigsten Schritt in Richtung Interoperabilität mit der Welt von Microsoft war die systemnahe Implementierung der Groupware Exchange. Im Gegensatz zu ihren Windows- Pendants konnten Macs nun von Haus aus, “out of the box” mit Microsoft Exchange-Servern kommunizieren, um E-Mails zu verschicken, Kalender mit Terminen und Einladungen zu verwalten und gemeinsam Projektdaten auszutauschen.

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Viel wesentlicher, als das, was das System enthielt, war, was es wegließ. Bei der Vorstellung des aller ersten Macintosh im Jahre 1984 nannte Steve Jobs seine Ingenieure Künstler. Er sagte, “real artists ship”. Mit Mac OS X 10.6 Snow Leopard bewies Apple, dass Kunst auch die Kunst des Weglassens bedeutet.

Die aktuelle Version von Mac OS X enthält nur noch homöopathische Spuren der alten auf Mac OS Classic entwickelten Technologien. Als aller letzte Systemapplikation wurde nun auch QuickTime als QuickTime X komplett neu entwickelt. Es ist schlanker, schneller und schöner - wie Snow Leopard.

E NDE EINER R EISE, A UFBRUCH! Mac OS X hat seine lange Reise beendet. Es ist bedingungslos zur Intel-Prozessorarchitektur zurückgekehrt. Sämtliche “Transitions”, Übergänge und Einführungen neuer Technologien erfüllten keinen Selbstzweck. Sie erfüllte keine “bullet points” in einer langen, öffentlich vorgetragenen Strategie. Apple kündigte nur wenig an, stattdessen lieferte das Unternehmen ein modernes, zukunftsorientiertes Betriebssystem, ohne Entwickler und Anwender allein zu lassen.

Der Technologie-Kritiker John Siracusa schrieb in seinem erschöpfenden Bericht über Snow Leopard31:

“Creating an operating system is as much a social exercise as a technological one. Creating a platform, even more so. All of Snow Leopard's considerable technical achievements are not just designed to benefit users; they're also intended to goad, persuade, and otherwise herd developers in the direction that Apple feels will be most beneficial for the future of the platform.”

Jetzt befindet sich Mac OS X am Beginn der nächsten Evolution. Diesmal geht es in Richtung 64-Bit. Diesmal wird es leichter. Denn eines kann Mac OS X nicht. Es kann nicht auören, sich weiter zu entwickeln.

Wie sagte es Steve Jobs 2005 als er den Prozessorwechsel auf Intel ankündigte? “Apple can do transitions!”

31 http://arstechnica.com/apple/reviews/2009/08/mac-os-x-10-6.ars/23 abgerufen am 8. September 2009 um 1:51 Uhr.

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K APITELZUSAMMENFASSUNG Apple konsolidierte seine neuen Technologien in Mac OS X 10.4 bis 10.6. Nach und nach wurden alte Technologien durch neue, leistungsfähigere Entwicklungen ersetzt. Anfangs waren mit QuickDraw und QuickTime nur kleine Teile des Systems betroffen. Allmählich verschwand aber “Classic” und damit die Rückwärtskompatibilität zu Mac OS Classic. Auch die Übergangsbibliothek Carbon wurde eingefroren, 64-Bit-Anwendungen lassen sich nur noch mit Cocoa entwickeln, jener API, die unter NextStep konzipiert wurde.

Am Ende der Entwicklung steht Mac OS X 10.6 Snow Leopard, das nur noch auf Intel- Rechnern läuft und sämtliche alten Apple-Technologien hinter sich gelassen hat.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 94 6. Lichtstrahlen in der Wüstenei

“Und dann hört sie irgendwo hinter sich das Geräusch eines Hubschraubers, und als sie sich umdreht, sieht sie den langen weißen Lichtstrahl über den toten Boden schwenken, sieht ihn näher kommen wie ein vor Einsamkeit verrückt gewordener Leuchtturm, sieht ihn die Wüstenei absuchen, so töricht, so aufs Geratewohl wie nur je ein kummervoes Herz.”

William Gibson, “Mustererkennung”

Wenn ein Computer ein kleines Universum für sich darstellt, dann steuert das Betriebssystem seine Naturgesetze. Jede grundlegende Änderung dieser Gesetze führt zum Bruch. Apple sorgte in vielen Schritten dafür, dass der Umstieg zu Mac OS X nicht zum diesem Bruch führte. Das Betriebssystem hat seine lange Reise im sicheren Hafen des Intel-Prozessors unbeschadet abgeschlossen. Als NextStep auf Motorola geboren, auf Intel optimiert, stellte sich das Betriebssystem im neuen Gewand als Mac OS X auf dem PowerPC-Prozessor vor. Doch erst auf den Intel-Prozessoren, zeigt es, was es wirklich kann.

Dieses letzte Kapitel fasst im Lichte des bisher beschriebenen meine Argumentation zusammen und stellt einen Forschungsausblick vor.

I M N ACHHINEIN SIEHT ALLES LOGISCH AUS Ob Apple wirklich von Anfang an vor hatte, von PowerPC-Prozessoren auf Chips von Intel umzusteigen, wissen natürlich nur die an der Entscheidung beteiligten Personen. Allerdings habe ich in dieser Arbeit folgende Indizienkette gefunden, die sehr wohl auf deisen Schluss kommt.

Im Folgenden finden Sie die Zusammenfassung meiner Argumentation:

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 95 6. Resümee: Lichtstrahlen in der Wüstenei

1996

Bevor Apple NeXT kauft, gibt es keine Version von NeXTStep, die auf PowerPC- Prozessoren läuft. Das Betriebssystem wurde ursprünglich für Motorola 68k- Prozessoren entwickelt und wird im Laufe der Zeit auf die Plattformen von Intel, SUN SPARC und DEC Alpha portiert.

1998

Die erste Entwicklerversion des auf PowerPC portierten Betriebssystems Codename Rhapsody als auch Mac OS X-Server zeigen noch in der Entwicklungsumgebung die Option, Programmcode für Intel-Prozessoren zu kompilieren. Allerdings stellt Apple zu diesem Zeitpunkt keine Intel-Systeme her.

Bereits in diesem frühen Stadium zeichnet sich ab, dass die großen und mächtigen Dritt-Entwickler Microsoft (Office), Adobe (Photoshop, Illustrator) und Macromedia32 (Flash, Freehand, Fireworks) nicht bereit sind, ihren bestehenden Programmcode sowohl auf ein neues Betriebssystem als auch auf eine neue Prozessorarchitektur zu portieren. Allerdings ist Apple von den Produkten dieser Entwickler abhängig und kann es sich in Anbetracht des eigenen immer kleiner werdenden Marktanteils nicht leisten, die großen Softwarezulieferer zu verärgern.

1999

Als Übergangslösung stellt Apple für das “alte” Mac OS 9 (Mac OS “Classic”) die so genannte Carbon API-Bibliothek vor. Diese besteht aus einem Amalgam der gewohnten Entwicklerbibliotheken (API), die in den alten Versionen von Mac OS zur Verfügung stehen und der neuen Funktionen, die Mac OS X noch bieten würde.

Software, die an diese API angepasst oder überhaupt zur Gänze mithilfe dieser API entwickelt wird, kann sowohl unter Mac OS Classic als auch unter dem zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten Mac OS X laufen.

32 Das damals noch ein eigenständige Unternehmen Macromedia wurde 2005 von Adobe übernommen.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 96 6. Resümee: Lichtstrahlen in der Wüstenei

2001

Apples Zulieferer Motorola und IBM kommen im Wettrennen um Prozessorgeschwindigkeiten mit den Konkurrenten Intel und AMD nicht mit. Zwar schraubt gerade Intel die Taktrate bloß künstlich hoch, um einen höheren Kennwert an Konsumenten zu verkaufen, doch die große Leistungsüberlegenheit, die Apple in den 90er-Jahren genießen konnte, schwindet.

Apple ist aber aufgrund der PowerPC-Prozessorarchitektur an diese Lieferanten gebunden.

In diesem Jahr stellt Apple die erste Konsumentenversion von Mac OS X vor.

2002

Erste Gerüchte über ein Projekt mit dem Codenamen Marklar kursieren. Hierbei soll Apple Mac OS X sowohl für PowerPC-Prozessoren als auch für Intel-Chips entwickeln.

H ERBST 2003

Bei der Vorstellung des G5-Prozessors, der mit 2 GHz getaktet ist, verspricht Steve Jobs, dass die Mac-Plattform innerhalb eines Jahres auf eine Taktrate von 3 GHz kommen werde. Der G5 zeichnet sich zu diesem Zeitpunkt zwar als sehr leistungsfähiger Chip aus, aufgrund seiner hohen Betriebstemperatur ist er aber für den Einbau in Notebooks ungeeignet.

Apple erwirtschaftet im Jahr 2003 die Hälfte des Umsatzes mit Notebooks, die über den veralteten G4-Prozessor verfügen.

W INTER 2003

Apple stellte mit der Zero-Config-Netzwerktechnk namens Rendezvous33, die erste Mac OS X-Technologie für Windows (und somit für Intel-Prozssoren) bereit. Im selben Jahr bringt Apple eine Windows/Intel-Version des Musikverwaltumgsprogramms iTunes heraus.

33 Später aus rechtlichen Gründen in “Bonjour” umbenannt.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 97 6. Resümee: Lichtstrahlen in der Wüstenei

Die Leichtigkeit und Geschwindigkeit dieser Portierungen lassen erahnen, dass bereits einige Teile des Mac OS X-Frameworks auf Intel-Rechnern laufen.

F RÜHJAHR 2004

Apple stellt mit Mac OS X 10.4 Tiger die erste Version des Betriebssystems vor, die über eine vorläufig endgültige API verfügt (d.h. das Unternehmen werde keine gravierenden internen Änderungen durchführen), womit Entwicklern eine Sicherheit gegeben wird, dass an Tiger angepasste Software in Zukunft auf neuen Versionen des Betriebssystems ohne Anpassungen laufen werde. Zudem wurde mit der neuen Version von Quicktime die letzte verbleibende aus dem Classic-Zeitalter übernommene Technologie komplett neu geschrieben.

Zwar wird das alte QuickDraw noch unterstützt, jedoch betont Apple in seinen Entwicklerunterlagen ausdrücklich, dass diese veraltete ("deprecated") Technologie nicht mehr weiterentwickelt werde. Dies wird noch stärker unterstrichen, weil die OS X-eigenen Grafik-Frameworks Core Graphics und Quartz Extreme um ein Vielfaches schneller sind.

S OMMER 2004

Apple dementiert sämtliche Intel-Gerüchte. Apple-Astrologen34 halten diese Dementi für ungewöhnlich, denn das Unternehmen dementiert sonst niemals bei unwahren Gerüchten. Bisher hat auch nie ein anderes Unternehmen ein Betriebssystem auf zwei völlig unterschiedlichen Prozessoren entwickelt, ohne daraus Kapital zu schlagen (d.h. es zum Verkauf anzubieten).35

34 In Anlehnung an “Kreml-Astrologen”, die anhand äußerer Anzeichen auf die inneren Vorgänge im Sitz der russischen Regierung schließen.

35 Ein Jahr später gibt Apple zu, dass dies wahr ist. Das Projekt Marklar war in einem abgeschotteten Block auf dem Unternehmensgelände nur mit der Parallel-Entwicklung des Systems beschäftigt.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 98 6. Resümee: Lichtstrahlen in der Wüstenei

Im Übrigen gelingt es Apple nie einen 3 GHz PowerMac auf den Markt zu bringen, weil IBM das Versprechen, den G5 mit dieser Taktrate auszuliefern, nicht wahr macht36.

S OMMER 2005

Der Prozessorwechsel wird angekündigt. Apple verlautbart, dass das Unternehmen der PowerPC-Prozessorbaureihe den Rücken zukehrt und ab 2006 die ersten neuen Geräte vorstellen wolle.

Am Tag der Ankündigung stellt das Unternehmen anwesenden Entwicklern Intel-Macs zur Verfügung mit einer voll lauffähigen und erstaunlich flotten (d.h. optimierten) Version des Betriebssystemms. Bestehende Software, die unter Cocoa entwickelt wurde, müsse nur neu kompiliert werden, um das System optimal auszunützen. Die aus dem Jahre 1999 bekannte Option, Code für Intel zu kompilieren steht in den Entwickler- Tools wieder zur Verfügung.

H ERBST 2007

Apple stellt mit der Filmschnittsoftware iMovie 08 die erste Applikation vor, die auf PowerPC-Macs gar nicht läuft. Dies ist nur der Anfang, denn ein Jahr später laufen bestimmte Features des Musikprogramms GarageBand nicht auf PowerPC-Rechnern.

H ERBST 2008

Mit Mac OS X 10.5 Leopard stellt Apple die Unterstützung von Mac OS Classic- Anwendungen auch auf PowerPC-Macs ein. Alte Programme aus der Ära vor Mac OS X laufen nicht mehr.

36 Genau genommen gelingt es IBM im Jahr 2005 den Ce-Prozessor für Microsofts XBox 360 und Sonys Playstation mit dieser Taktfrequenz herzustellen, dieser ist aber nicht voll kompatibel zum G5. Zudem ist der Cell in vielerlei Hinsicht zu sehr eingeschränkt, um in einem “richtigen” Computer - also keiner Videospiel-Konsole - eingesetzt zu werden. 2007 stellt IBM den POWER6-Prozessor vor, der zum Zeitpunkt seiner Vorstellung über 3,5 GHz verfügt (2008 bringt IBM sogar ein 5 GHz-Modell heraus). Dieser für den Server- und Workstation entwickelte und mit Wasser gekühlte Prozessor verbraucht allerdings zu viel Strom, um in herkömmliche Desktop-PCs, geschweige denn in Notebooks verbaut zu werden.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 99 6. Resümee: Lichtstrahlen in der Wüstenei

F RÜHJAHR 2009

Apple gibt der Carbon-API den Status "deprecated". Somit wird Carbon nicht mehr weiterentwickelt, nunmehr ist Cocoa die einzige zukunftsträchtige API unter Mac OS X. Unter anderem können 64-Bit-Applikationen nur unter Cocoa entwickelt werden. Zu diesem Zeitpunkt liefert Apple nur noch Macs und aus, in denen 64-Bit- Prozessoren verbaut sind.

Zur Erinnerung: Carbon wurde als "Kind beider Welten" (Mac OS Classic und OS X) eingeführt, um den damaligen Umstieg zu erleichtern.

S OMMER 2009

Apple kündigt an, dass die neue Version Mac OS X 10.6 Snow Leopard nicht auf PowerPC-Prozessoren laufen werde, obwohl das Unternehmen drei Jahre zuvor mit dem PowerMac G5 noch ebensolche Geräte verkauft hat.

H ERBST 2009

Apple stellt Mac OS X 10.6 Snow Leopard nur für Macs mit Intel-Prozessor vor.

Diese Version des Betriebssystems enthält keine Technologien, die vor der Übernahme im Jahre 1996 bei Apple in Verwendung waren. Es enthält keine Mac Toolbox und ein völlig neues Quicktime. Bloß optional abruare bis zur Versteinerung eingefrorene Versionen von QuickDraw und dem alten QuickTime sind integriert, um die wenigen OS X-Applikation laufen zu lassen, die sie benötigen.

Somit hat Apple die letzte große Betriebssystem- und Prozessor-Transition von 1997 bis 2009 vollzogen. Dabei gelang es dem Unternehmen, ohne die Unterstützung der großen Drittanbieter zu verlieren noch die Anwender zu verärgern, auf eine völlig neue Prozessorarchitektur und eine komplett andere Betriebssystem- und Prozessor-Basis umzusteigen.

Dieser nur zum Teil reibungslose Umstieg gelang durch Geduld, langfristige strategische Planung und eine gehörige Portion "reality distortion". Nur so konnten Entwickler und User über ein Jahrzehnt bei Laune gehalten werden.

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A LTERNATIVE W IRKLICHKEITEN Die in dieser Arbeit angeführten Schlussfolgerungen sind natürlich hermeneutischer Natur. Sie sind rein interpretativ. Dadurch entsteht eine Unschärfe, die ich durch meine nachvollziehbare Argumentation zu minimieren versuchte. Trotzdem lässt die Geschichte von Mac OS X auf Intel-Rechnern noch weitere Interpretationsmöglichkeiten zu, die nicht zwingend zum Schluss führen, dass Apple seitdem sich der Staub der NeXT-Akquisition legte, geplant hatte, auf Intel-Prozessoren umzusteigen.

D IE S UCHE NACH EINEM NEUEN B ETRIEBSSYSTEM Apples zahlreiche gescheiterten Versuche, einen Nachfolger für das klassische Mac OS zu finden, zeigen, dass die Tage von Mac OS Classic seit den frühen Neunziger Jahren gezählt waren. Vor allem die veraltete technische Basis lässt sich objektiv nachweisen (siehe 3. Der Nexus aer Wirklichkeiten: Das Betriebssystem).

Drei mögliche Strategien, einen Nachfolger zu finden, standen Apple zur Auswahl:

1. E INE KOMPLETTE N EUENTWICKLUNG AUS EIGENER K RAFT Die gescheiterten Eigenentwicklungen Taligent und Copland zeigen, dass Apples damalige Strukturen mit der entscheidungsschwachen Geschäftsleitung37, zersplitterten Entwicklergruppen38 und breit gefächertem Geschäftsfeld39 eine Entwicklung aus eigener Kraft nicht erlaubten.

Apple war ein erfahrener Betriebssystemhersteller. Seine Software-Ingenieure hatten allein für die Apple II und III-Reihe vier verschiedene Betriebssysteme entwickelt (Apple DOS, ProDOS, Apple IIGS-OS und das leider etwas ungünstig benannte SOS - Sophisticated Operating System). Der Apple Lisa verfügte wieder über ein eigenes System. Der Mac erlebte

37 Vor allem unter Amelio-Vorgänger Michael "Diesel" Spindler 38 Das “alte” Mac OS Classic, Taligent - die Joint-Venture mit IBM, das “neue” aber nie verwirklichte Copland und die komplette Neuentwicklung Newton

39 Apple entwickelte damals alles von Office-Software (z.B. AppleWorks für Mac und Windows) über Laserdrucker und Handhelds bis hin zu Digitalkameras - das Unternehmen versuchte sich sogar mit dem Apple Pippin am Videospielemarkt.

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in der Zeit vor der Rückkehr von Steve Jobs sieben große Betriebssystemsprünge, einen Prozessorwechsel und sogar eine Apple-eigene Unix-Variante.

Apples Schwierigkeit, aus eigener Kraft ein neues Betriebssystem zu entwickeln, zeigt eindeutig, wie schwierig es ist in einer umkämpften Situation mit schwindendem Marktanteil und großer Abhängigkeit von Drittherstellern einen Systemwechsel durchzuführen.

Vielleicht bedurfte es erst der Überzeugungskraft von Steve Jobs, sowohl Entwickler als auch Anwender vom Wechsel zu überzeugen, so dass sie an eine Neuerung glauben könne.

2. E IN BESTEHENDES FREMDES B ETRIEBSSYSTEM LIZENSIEREN Die Möglichkeit, Windows NT zu lizensieren und mit einer Apple-eigenen Oberfläche zu versehen, stand als eindeutig mögliche Entscheidung im Raum. Dies hätte aber nicht nur dazu geführt, dass Apple auf einen möglicherweise unzuverlässigen Partners angewiesen gewesen wäre40, vielmehr Apple hätte das verloren, was seine Computer von anderen unterscheidet: die enge Integration zwischen der Hardware und dem Betriebssystem.

3. D ER T ECHNOLOGIEZUKAUF Apple wählte die dritte Variante und kaufte sich ein fertiges Betriebssystem mit den dazugehörigen Softwareentwicklern zu. So konnte es auf hohem Niveau Anpassungen vornehmen. Die Alternative zu NextStep war BeOS. Es gehört wohl zu den großen “Was wäre wenn”-Szenarien, was passiert wäre, wenn Apple doch dem Plan Be nachgegangen wäre.

Mit BeOS hätte der Mac in wesentlich kürzerer Zeit ein neues Betriebssystem erhalten. Einige der Features von BeOS sind auch unter Mac OS X noch nicht implementiert. Es verfügte über

40 Die Geschichte zeigt, dass Microsoft ein unzuverlässiger Partner ist z.B. die Lizenzvereinbarung mit IBM, die es erlaubte MS-DOS auch an Konkurrenten zu vertreiben; die Zusammenarbeit mit IBM in der Entwicklung von OS/2, die von Microsoft aufgekündigt wurde, nachdem sich das eigene Windows 95 als großer Erfolg erwies; die unterschiedlichen Iterationen von Windows Mobile (Windows CE, Palm-sized PC, Pocket PC, Windows Mobile Professional), bei denen Microsoft die Entwicklung vorgab und auch verzögerte; die MP3- Player-Plattform “Plays For Sure”, für die Microsoft eigene DRM (Digital Rights Management)-Server bereitstellte, die nun abgedreht wurden, nachdem Microsoft den inkompatiblen -Player herausbrachte und somit seine eigenen Partner im Regen stehen ließ (Pressestimmen: “Plays for sure, plays no more!”).

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ein leistungsfähiges von einer Datenbank gestütztes Dateisystem, verfügte von Haus aus über eine ausgeklügelte Multithreading-Architektur und war in wesentlich höherem Maß für die PowerPC-Prozessorreihe optimiert als dies Mac OS (inklusive Mac OS X) jemals war.

Zudem hätte das Unternehmen mit der Rückkehr des anderen ehemaligen Apple-Executive Jean-Louis Gassée eine ebenfalls publikumswirksame Galeonsfigur zurückerhalten. Allerdings reicht Gassées Strahlkraft an jene von Steve Jobs nicht heran.

Welche andere Alternativen auf der Betriebssystem-Arena standen damals zur Auswahl?

Das von Acorn entwicklete RISC-OS war zwar leistungsfähig genug, verfügte aber weder über die gewünschte Netzwerk/Server-Fähigkeit noch über präemptives Multitasking. Die Situation gestaltete sich ähnlich beim bereits auf PowerPC-Prozessoren laufenden AmigaDOS von Commodore. Verkompliziert wurde die Lage durch die nach dem Konkurs Commodores unklaren Besitzverhältnisse.

Auch GEM (Graphical Environment Manager) von Digital Research wirkte zwar sehr viel versprechend, bot aber nicht allzu viel mehr als das klassische Mac OS.

OS/2 von IBM entsprach genau den Vorstellungen der Apple-Geschäftsleitung. Anfang der 90er-Jahre befand sich sogar eine Version für PowerPC in Entwicklung. Doch einerseits war nach dem Start von Windows 95 auch OS/2 in der Defensive, andererseits wollte IBM sein System niemandem verkaufen, sondern höchstens in Lizenz anbieten (wobei wir wieder bei Variante 2 wären).

Linux war in der ersten Hälfte der 90er-Jahre noch keine Option. Linus Torwalds hatte 1991 den ersten Source Code und das dazugehörige legendäre Mailbox-Posting veröffentlicht, das die OpenSource-Community um das System formierte. Es dauerte noch einige Jahre, bis Linux den Leistungsumfang eines vollständigen mit einer GUI-versehenen Betriebssystems erlangte.

In Anbetracht dieser Situation war Apples Entscheidung, NeXT zu übernehmen auch aus damaliger Sicht vollkommen richtig.

In dieser Arbeit ist es mit nicht gelungen, lückenlos zu beweisen, dass Apple von Anfang an vorgehabt hatte, von PowerPC auf Intel-Prozessoren umzusteigen. Könnte es sein, dass Apple erst zu einem späteren Zeitpunkt und nicht von Anfang an, den Plan formulierte, auf Intel

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umzusteigen? Das ist gut möglich. Doch dieser Zeitpunkt war früh genug im Reifeprozess von Mac OS X angesetzt.

D AS GROSSE P ROZESSORSTERBEN Ein Argument, das für meine These spricht, ist die geringe Vielfalt auf dem eigentlichen Prozessormarkt.

In den frühen 90er-Jahren tummelten sich ein halbes Dutzend verschiedener Prozessorarchitekturen auf dem Weltmarkt, die um einiges leistungsfähiger waren als die damals noch veraltete Architektur von Intel (z.B. Alpha von DEC, SPARC von SUN, ARM von Acorn, PowerPC von IBM, Apple und Motorola, 68k von Motorola). Ende der 90er-Jahre gab es nur noch Intel, AMD und die PowerPC-Plattform. Intel und AMD lieferten im Grunde genommen die selbe Architektur mit nur geringen Unterschieden aus.

Erst als Intel unter dem Preis- und Leistungsdruck von AMD mit der Centrino-Plattform seine aufgeblasenen Pentium-Prozessoren entschlackte und auf eine moderne Basis stellte, wurden sie zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für die teuren und leistungsfähigen Alternativen von SUN und DEC.

Als Intel 2005 auch noch begann Prozessoren mit mehreren Kernen herauszubringen (Core Duo) und diese in einer 64-Bit-Variante anbot (Core 2 Duo) war es klar, dass der größte Prozessorhersteller der Welt nicht ohne Grund diese Position für sich beanspruchen konnte.

Als Intel seine Core-Reihe vorstellte, öffnete sich für Apple ein “window of opportunity”, den Wechsel zu wagen41.

D IE W AHRHEIT IST DORT DRAUSSEN Es reicht nicht, wie Fox Mulder aus “Akte X”, nur daran zu glauben, dass die Wahrheit “dort draußen” liegt. Vor allem historische Wahrheit ist in höchstem Maße interpretativ. Wenn die Fakten vor einem liegen, kann man sie wie ein Puzzle, in dem die Stückchen ständig ihre Form verändern, in immer anderen Konstellationen zusammensetzen. Das Gesamtbild mag sich zwar nicht allzu sehr verändern, das Detail kann aber immer auch anders ausgelegt werden.

41 An dieser stelle hätte ich gerne einen Wortwitz zu “window of opportunity” und Microsoft Windows gemacht, allerdings kann ich die Einzahl des einen nicht mit der Mehrzahl des anderen vereinbaren. Deshalb bitte ich den Leser, sich einen eigenen Witz auszudenken.

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Während der Entstehung dieser Arbeit war ich oft mit der Frage konfrontiert, ob meine forschungsleitende Frage “war Apples Umstieg von der PowerPC- auf die Intel-Architektur von Anfang der Mac OS X-Entwicklung geplant?” nicht das Ergebnis der Arbeit beeinflusste und meine Schlussfolgerung deshalb verzerrt wären.

Unter dem schweren Schatten dieser möglichen Befangenheit habe ich die Fakten meiner Arbeit auch nach anderen Interpretationsmöglichkeiten durchsucht. Anders als erwartet, hat mich das nicht verunsichert, sondern nur in meinem Resultat bestärkt.

K APITELZUSAMMENFASSUNG Als Apple NeXT übernahm, lief NextStep auf Intel-Prozessoren. Die erste Version von NextStep auf Apples PowerPC-Architektur wurde 1999 als Mac OS X Server 1.0 vorgestellt. Die erste richtige Version des Systems, die wir auch heute als solche erkennen würden, kam 2001 als Mac OS X 10.0 heraus.

Mit jeder Version des Betriebssystems ersetzte Apple immer mehr alte Technologien. Dazwischen brachte das Unternehmen Software für Windows heraus, die erahnen ließ, dass Teile von Mac OS X problemlos auf Intel-Rechnern laufen konnten.

Mac OS 10.4 Tiger (erst ab 2006) war die erste Version des Systems, die auch auf Intel lief. Mit Mac OS X 10.6 stellte Apple eine reine Intel-Version vor, womit der lange geplante Umstieg vollzogen war.

Alternative Auslegungen des Prozessor-Umstiegs sind grundsätzlich denkbar aber unwahrscheinlich.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 105 Ausblick: The Future, the final Frontier

“Engineers are a basicay high-functioning autistics who have no idea how normal people do stuff.”

Cory Doctorow, amerikanischer Science Fiction Schriftsteller und Technologie-Journalist

Dies ist das Ende meiner technologie-geschichtlich geprägten Arbeit. Die Geschichte selbst ist aber noch lange nicht zu Ende.

In einem anderen Zusammenhang schrieb der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama in seinem Buch "The End of History and the Last Man" (1992), der Zusammenbruch des realexistierenden Sozialismus im Ostblock sei das Ende der Geschichte. In Anlehnung an Marx und Hegel stellte Fukuyama den Anspruch, dass dieser Zusammenbruch eine letzte Synthese darstellt, bei der es keine weltpolitischen Widersprüche mehr gibt und somit die großen geschichtlichen Umbrüche ihr Ende gefunden haben42.

Doch Technologie prägt die Weltgeschichte und technologische Entwicklungen werden ihrerseits von weltgeschichtlichem Geschehen geprägt, begünstigt oder sogar verhindert.

S PRUNG VORWÄRTS, T ECHNIK! Der englische Mathematiker und Erfinder Charles Babbage entwickelte im 19. Jahrhundert auf der Höhe des British Empire den mechanischen Rechner “Differenzmaschine”, in der einige Grundprinzipien der heutigen EDV etabliert wurden. Er entwarf auch die "Analytical Engine", musste aber mit der Konstruktion an den materiellen und werkmännischen Einschränkungen der damaligen Epoche scheitern.

All diese Versuche konnten nur durch die ökonomische Macht und Redundanz an Ressourcen des British Empire unternommen werden. Nach heutigem Geldwert hat allein der gescheiterte Versuch, die Differenzmaschine No.2 zu konstruieren, so viel gekostet wie das “Manhattan

42 Fukuyamas These wurde natürlich lange vor dem 11. September 2001 aufgestellt.

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Project”, das im Zweiten Weltkrieg zur Entwicklung der Atombombe führte. (Frank Hartmann: "Globale Medienkultur: Technik, Geschichte, Theorien"; WUV UTB, Wien 2006)

Im beginnenden 20. Jahrhundert ermöglichte es die Ausbreitung der maschinellen Datenverarbeitung43 durch die Erfindungen von Hermann Hollerith und später durch die kommerzielle Weiterentwicklung durch IBM, Staaten die genaue Erfassung und Auswertung der eigenen Bevölkerung nach Alter, Religion, Beruf und weiteren Kriterien. Erst diese technischen Möglichkeiten erlaubten es Nazi-Deutschland eine lückenlose Einberufung der Männer in die Wehrmacht und SS, aber auch die genaue Identifizierung der jüdischen Bevölkerung, um sie der industriellen Vernichtung bei zu führen. (Edwin Black: “IBM and the Holocaust: The Strategic Alliance Between Nazi Germany and America's Most Powerful Corporation”; Three Rivers Press, New York 2002)

Es ist das Wechselspiel zwischen der Verfügbarkeit von Technik und der von Staaten bereitgestellten finanziellen Mittel, die den Fortschritt vorangetrieben haben. Kriege als die allergrößten geschichtlichen Einschnitte treiben Technologie am stärksten voran.

Die Arbeit der Kryptologen im englischen Bletchley-Park zur Entschlüsselung der kodierten Funkübertragungen der Achsenmächte führte zur Entstehung von “Colossus”. Alan Turing und Max Newman konnten diese Maschine nur deshalb entwickeln, weil in Kriegen, Geldmittel für Technologie zur Verfügung stehen, die in Friedenszeiten in dieser gebündelten Form nicht bereit stehen. (Steven Levy: "Crypto: How the Cose Breakers Beat the Government--Saving Privacy in the Digital Age: Keepers of Secrecy, Warriors of Privacy and Celebrants of Anarchy in the New Code War"; Viking Adult, New York, 2001)

Es hängt stark von der jeweiligen Quelle ab, wer den ersten Computer erfand. Großbritannien beansprucht sowohl den Entwurf der “Analytical Engine” von Babbage (1837 erstmals beschrieben), als auch Turings “Colossus” (1943) als ersten Computer. Deutschland betrachtet

43 Die maschinelle Datenverarbeitung entspricht nur in ihren Grundzügen der heutigen elektronischen Datenverarbeitung. Die Hollerith-Lochkartenanlagen konnten zwar keine Berechnungen anstellen, sehr wohl aber große Mengen an standardisierten Daten sortieren und auch Abfragen ausgeben (z.B. alle linkshändigen Elektriker im Alter von 20 Jahren im Raum Baden-Württemberg).

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den “Z3” von Konrad Zuse (1943) als ersten elektronischen Rechner44. Die USA erkennt erst “ENIAC” (1944) von J. Presper Eckert und John W. Mauchly als ersten Computer an45. (Frank Hartmann: "Globale Medienkultur: Technik, Geschichte, Theorien"; WUV UTB, Wien 2006)

Tatsächlich sind all diese vermeintlichen “Ersterfindungen” von der jeweiligen Definition des Computers abhängig46. Wenn wir den Computer als elektronische Maschine mit eigener binärer Recheneinheit, Speicher und Ein/Ausgabeschnittstelle definieren, fällt jede dieser historischen Entwicklungen aus dem Rahmen. Allerdings ist noch lange nicht gesagt, dass sich diese Definition nicht in Zukunft ändern wird.

Auch Entwicklungen, die für uns im 21. Jahrhundert als ganz gewöhnlich und eindeutig nicht militärisch betrachtet werden, finden ihre Wurzeln im weltpolitischen Geschehen. Das Internet, GPS (Global Positioning System)47 und Mobilfunktechnologie wurden alle im militärisch finanzierten Forschungsbereich entwickelt, angetrieben durch den Rüstungwettlauf im Kalten Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion48.

Ein Muster lässt sich erkennen: Die mächtigen kriegsführenden Nationen beeinflussen den technologischen Fortschritt maßgeblich (z.B. das British Empire im 19. Jahrhundert, das verbrecherische Nazi-Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die vom Kalten Krieg angetriebenen USA im 20. Jahrhundert).

44 Gerade die Arbeit von Konrad Zuse fällt hier ein wenig aus dem Rahmen, weil Zuse seine Rechner zwar in staatlichen Einrichtungen entwickelte, Nazi-Deutschland die Kriegsnotwendigkeit von “Elektronenhirnen” nicht erkannte und somit ihre Entwicklung nicht unterstützte.

45 Entwickelt an der Universität von Pennsylvania, finanziert von... der US-Army! 46 Lt. Frank Hartmann bezieht sich die erste Verwendung des Begriffs “Computer” nicht einmal auf eine Maschine, sondern bezeichnet menschliche Mathematiker, die in der Ballistik und im kaufmännischen Bereich große Mengen an Berechnungen händisch durchführten.

47 Obwohl das Internet sich bereits lange von seinen Wurzeln im militärisch/akademischen Arpanet verabschiedet hat, ist GPS eine rein militärische Technologie, die nur kulanterweise in einer ungenaueren Form für den zivilen Nutzen zugelassen ist.

48 Die USA hatten bei Elektronik, Kommunikations- und Computertechnik die Nase weit vorn. Die UDSSR war lange Zeit in der Raumfahrt und der Nukleartechnologie überlegen (trotz des späteren Reaktorunglücks in Tschernobyl).

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D ER MILITÄRISCHE M AUSZEIGER Wozu dieser scheinbar unverwandte Exkurs? Hat hier meine Lust, über Technologie, Militär und geschichtlichem Journalismus zu fabulieren, die Überhand genommen? Und vor allem: was hat das aes mit Apple zu tun?

Mit dem Apple Macintosh brachte Apple die erste vom Mainstream angenommene grafische Benutzeroberfläche heraus. Diese basierte auf Entwicklungen des Unternehmens Xerox. Genau genommen wurde in der Xerox Forschungseinrichtung PARC an der Entwicklung von Computer gearbeitet, die über Fenster, Menüs, Icons und der Maus bedient wurden (WIMP - Windows Icons Menus Pointing devices).

Die erste Maus und die damit verbundene, damals noch primitiven Menüführung wurden aus Mitteln der ARPA (Advanced Research Project Agency49) finanziert. Zwar lag die Maus selbst nicht im Rahmen der gewünschten Projekte, trotzdem führte Douglas Engelbart dieses neuartige Eingabegerät bereits 1968 vor50 (Michael A. Hiltzik: “Dealers of Lightning: Xerox PARC and the Dawn of the Computer Age”; Harper Collins, New York 2000).

Erst Xerox-Technologien erlaubten es Apple, Mac OS zu entwickeln. Microsoft eiferte mit Windows genau diesen Prinzipien nach. Darauf bauten die Abtrünnigen um Steve Jobs bei NeXT. NeXT-Technologien bilden den Kern von Mac OS X.

Es führt ein direkter Pfad von den kalten Kriegern des US-Militärs über die neugierigen, üppig finanzierten Forscher des PARC und dem Innovationsreichtum Apples zum kleinen Mauszeiger, der sich fleißig auf allen Computerbildschirmen der Welt bewegt.

49 Später zu DARPA (Defence Advanced Research Project Agency) umbenannt, weil es militärischer (und wahrscheinlich auch gefährlicher) klingt.

50 Diese Demonstration wird in Geek-Kreisen auch als “The Mother of All Demos” bezeichnet und ist auf YouTube noch zu sehen unter: http://www.youtube.com/watch?v=JfIgzSoTMOs (abgerufen am 3. September 2009)

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Douglas Engelbart mit Maus, der Vater des “Mother of A Demos” (Quee: Wikipedia)

D AS B ETRIEBSSYSTEM ALS H ERZ ALLER M ASCHINEN Apples gesamtes Geschäftsmodell baut mittlerweile auf Mac OS X auf. Das Betriebssystem hat sich als derartig flexibel und anpassungsfähig erwiesen, dass es nicht nur in Desktop-Macs und Notebooks verwendet wird, sondern auch auf Servern und mobilen Geräten wie dem iPhone und dem iPod Touch.

Im Gegensatz zur Konkurrenz von Microsoft läuft auf dem iPhone tatsächlich eine abgespeckte Variante von OS X. Dahingegen ist Windows Mobile von Microsoft ein anderes Betriebssystem als Windows für PCs.

Entwicklungen in der iPhone-Variante von OS X (OS X Touch) werden nach und nach in die Hauptimplementierung von Mac OS X übernommen, so wie OS X Touch langsam aber sicher immer mehr Features von Haupt-OS übernimmt. So sichert sich Apple den Vorsprung.

Die Stärke des Unternehmens, die von vielen Linux-Hackern allerdings als großer Nachteil betrachtet wird, ist die komplette Kontrolle, die es über das Betriebssystem ausübt. Auf dem Mac beschränkt sich die Kontrolle darauf, wie Anwendungen aussehen sollen und auf welcher Hardware das System laufen darf. Auf dem iPhone entscheidet Apple sogar darüber, welche Software veröffentlicht werden darf.

Für den User ergibt sich dadurch Einheitlichkeit in Aussehen und Bedienung. Entwickler erhalten eine homogene Plattform.

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F OSSILE IM T EER Betriebssystementwickler müssen immer wieder neue Features anbieten. Ein Betriebssystem ist ein ständiges Work-in-progress. Jeder Stillstand bedeutet eigentlich Rückschritt. Denn freie Unix-Varianten in Form von Linux nehmen mit der Zeit sämtliche Features an, die kommerzielle Betriebssysteme auch zur Verfügung stellen.

In diesem Auszug aus der englischen Fassung von “In the Beginning was... the Command Line” beschreibt Neal Stephenson auf seine einzigartige Weise den Stillstand als Fossilisation.

“By continuing to develop new technologies and add features onto their products they (Anm.: Betriebssystementwickler) can keep one step ahead of the fossilization , but on certain days they must feel like mammoths caught at La Brea (Anm. der Teersumpf, in dem prähistorische Tierkadaver für die Nachwelt erhalten blieben), using all their energies to pull their feet, over and over again, out of the sucking hot tar that wants to cover and envelop them.”

In der jetzigen Situation bleibt Apple nicht im Teer des Stillstandes stecken. Nicht genug, dass Mac OS X in regelmäßigen Abständen neue Upgrades erhält, auch OS X Touch auf dem iPhone wird in Halbjahresschritten aktualisiert.

Leider ist das Unternehmen so geheimniskrämerisch, dass es Produkte erst dann ankündigt, wenn sie kurz vor der Fertigstellung stehen. Wir müssen alle abwarten, was die Zukunft mit sich bringt. Eines steht aber fest, es wird nervenzerfetzend interessant.

F ORSCHUNGSAUSBLICK

In dieser Arbeit bleiben viele Fragen unbeantwortet. So ist die Geschichte von Apple sicher noch ein ergiebiges Forschungsfeld. Auch das Verhältnis zwischen dem vermeintlichen Konkurrenten Microsoft und Apple könnte untersucht werden.

Wohin soll sich Mac OS X und das herkömmliche Computerbetriebssystem entwickeln? Wenn es so schwer ist ein neues Betriebssystem zu schreiben, dann werden sämtliche Entwicklungen auf der Basis bestehender Systeme entstehen.

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Einer jener Bereiche, die sich bereits so lange nicht mehr weiter entwickelt haben, dass wir sie einfach als gegeben hinnehmen, ist die Benutzeroberfläche. Aber auch Neues in Form der Architektur lässt sich erforschen.

1. D IE EINGEFRORENE B ENUTZEROBERFLÄCHE Als Steve Jobs noch CEO von NeXT war, kritisierte er Apples Versuche, gegen Microsoft gerichtlich vor zu gehen, weil das Unternehmen mit Windows die Benutzeroberfläche des Mac “gestohlen” haben soll. In den 80er-Jahren verklagte Apple Microsoft, weil Windows mit der Fenster-, Menü- und Maus-Bedienung das “look and feel” der Mac-Oberfläche emuliere. Jobs meinte dazu, dass so ein Verfahren sinnlos sei, weil früher oder später alle Computer so bedient werden.

Jobs sollte recht behalten, heutzutage werden sämtliche Desktop- und Notebook-Rechner mit nur wenigen Ausnahmen nach ähnlichen Prinzipien bedient. Gleich ob bei Windows, Mac OS, Linux oder bei Exoten wie MorphOS, die Schreibtisch-Metapher hat sich durchgesetzt.

Allerdings: Ist das gut? Immerhin ist die Metapher inkohärent und unlogisch. Da haben wir “Fenster”, “Laufwerke” und ein “Papierkorb” auf einem “Schreibtisch”. Darin befinden sich “Aktenordner”, die “Dateien” enthalten. Einige Dateien sind eigentlich “Dokumente”, die sich im Gegensatz zu Dokumenten im realen Leben auch verändern können, wo doch ein “echtes” Dokument etwas Unveränderliches ist.

Es ist eine Vermischung von technischen Notwendigkeiten (z.B. Dateisystem, Systemeinstellungen und Programme) und scheinbar einfachen Metaphern, die Komplexität zu kleinen Bildern reduzieren, diese aber nur notdürftig verstecken.51

51 Wieder muss ich Neal Stephensons poetisches Technologie-Essay “In the Beginning was... the Command Line” bemühen. Darin kritisiert er die Entmündigung der User durch grafische Benutzeroberflächen.

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Psion Serie 5 (1998) - der Bentley unter den PDAs erlitt ein ähnliches Schicksal wie der Autohersteer (Quee: Psion)

Die Metapher hat bereits ein derartiges Eigenleben entwickelt, dass die unlogischen Analogien User scheinbar nicht mehr stören. In den letzten 20 Jahren hat sich die Benutzerschnittstelle moderner Betriebssysteme nur in kleinen Schritten weiterentwickelt. Von den 3D- Schnittstellen, die in den 80er-Jahren noch prognostiziert wurden, hat sich keine durchgesetzt. Einerseits liegt das daran, dass sich User an die bestehende Bedienung gewöhnt haben, andererseits bieten neue GUIs noch zu wenige eindeutige Vorteile. Auch hier schlägt die Regel zu, dass das Bestehende der größte Feind des Neuen ist.

Alternative Metaphern-Welten haben sich allerdings bereits herausgebildet. Allerdings entwickelten sich diese nicht auf herkömmlichen PCs, sondern auf Mobiltelefonen und PDA (Personal Digital Assistants) sowie ihrer logischen Weiterentwicklung, den Smartphones. Hier haben Benutzeroberflächen ganz andere Erfordernisse. Sie sind eingeschränkt durch kleine Bildschirme, kleine oder zur Gänze fehlenden Tastaturen, Eingabe über Touchscreens per Stift oder Finger und Endgeräten, deren Rechenleistung weit geringer ist, als der ihrer großen Cousins in der PC-Welt.

Dies ist ein dynamischer, interessanter und vor allem sehr ergiebiger Forschungsbereich. Hier hat Apple auch schon die eine oder andere Niederlage einstecken müssen, vor allem mit der Einführung des Newton Messagepad Anfang der 90er-Jahre.

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Der US-Robotics PalmPilot popularisierte 1997 den PDA (Quee: PDAMuseum)

Erst der PDA-Hersteller Palm hat die Touchscreen-Oberfläche mit seinem PalmPilot Ende der 90er-Jahren breitenwirksam gemacht. Parallel dazu hat das englische Unternehmen Psion teilweise versteckt, teilweise leider zu bescheiden innovative Wege im Kleincomputerbereich beschritten. Psion Serie 3 und Serie 5 erfüllen Aufgaben, zu denen nicht einmal vollwertige PCs einige Jahre zuvor in der Lage waren.

Vor allem Palm52 hat durch sein viel gerühmtes “Zen of Palm” dazu beigetragen, dass komplexe aber häufige Aufgaben mit möglichst wenig User-Interaktion abgewickelt werden können.

Wo aber besteht der Zusammenhang zu Mac OS X? Beim iPhone von Apple kam eine Variante von OS X zum Einsatz, die über eine völlig andere Benutzeroberfläche verfügt - die Multitouch-UI. Einige iPhone-Funktionen sickerten langsam ins “große” Mac OS X z.B. Gestures (hinein-zoomen indem man die Finger auseinander zieht).

Wo die Prinzipien der “herkömmlichen” Benutzeroberflächen stets besagten, dass einem Anwender immer bewusst gemacht werden soll, wo der Fokus seines Handelns liegt (Maus- Zeiger), was eine bestimmte Funktion macht (Menüpunkt, Scrollbalken usw.) und wo sich eine

52 Ursprünglich ein Unternehmen des Modemherstellers US-Robotics, dann des Netzwerkanbieters 3Com und erst 2002 ein eigenständiges Unternehmen. Bereits diese Konzern-Irrfahrt sollte zum Niedergang des Unternehmens beitragen.

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bestimmte Datei befindet (File explorer), werfen PDA- und Smartphone-Oberflächen solche Grundsätze völlig über Bord. Palm-Geräte haben bis zum Jahr 2001 kein für den Benutzer einsichtliches Dateisystem gekannt. Zudem versteckte Palm OS aus Platzmangel die Menüleiste. Apples iPhone stellt keine Fenster dar, sondern nur Anwendungen, die im Vollbildmodus arbeiten. Viele Funktionen (scrollen, zoomen, blättern), sind gar nicht offensichtlich, allerdings intuitiv - sobald der User sie einmal gesehen hat.53

Apple Newton MessagePad (1993) - Knapp nach dem Sharp Zoomer, der zweite PDA der Welt (Quee: Apple)

Zudem hat sich in diesen “Mikro-Oberflächen” auch eine Entwicklung vollzogen. Dort wo früher ein Stift zur Eingabe verwendet wurde, kommen jetzt die Finger zum Einsatz. Wäre man kulturpessimistisch, dann könnte man meinen, dass Menschen das Schreiben mit dem Stift verlernen, deshalb auch nicht den Stift für die Eingabe auf einem Smartphone verwenden wollen...

53 An dieser Stelle möchte ich auf meinen Essay “The 20 Year Itch - Multitouch als neues GUI- Paradigma” zum Thema Multitouch-Oberflächen und die sogenannte ZUI (), entstanden im Rahmen eines Seminars von Dr. Frank Hartmann an der Universität Wien verweisen: nachzulesen unter: http://www.marincomics.com/blog_6.html

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Ganz gleich, wie man dazu steht. Endlich tut sich was auf dem Sektor der Benutzeroberflächen.

2. M IT 64-BIT, DA FÄNGT DAS L EBEN AN Die nächste Innovation, die auch vor Mac OS X keinen Halt gemacht hat, ist der Umstieg von 32-Bit- auf 64-Bit-Prozessoren.

Der Umstieg ließ sowohl auf dem Mac als auch unter Windows lange auf sich warten, weil es bis vor wenigen Jahren einfach noch nicht notwendig war. Die erzielten Vorteile konnten den Aufwand nicht rechtfertigen.

Der Umstieg von 8- auf 16-Bit war im Lauf der 80er-Jahre recht schnell vollzogen. Immerhin waren 8-Bit-Computer zu sehr eingeschränkt, was Speicher und Rechenleistung betrifft. Vor allem der maximal ansprechbare Hauptspeicher von 64 Kilobyte zwang Hersteller zum Umstieg. Aber auch mit 16-Bit-Prozessoren hielt man sich nicht lange auf. Diese konnten maximal 8 Megabyte an RAM ansprechen und wurden Anfang der 90er-Jahre von 32-Bit- Prozessoren (max. 4 Gigabyte RAM) abgelöst, die noch lange brauchten, um das volle Potenzial ihrer Entwicklung auszuschöpfen.

Erst als Rechner mit 2 oder gar 4 Gigabyte Hauptspeicher ausgeliefert wurden, begannen sich Betriebssystemhersteller Gedanken darüber zu machen, wie sie über diese Grenzen hinwegkommen konnten. Microsoft brachte eine eigene 64-Bit-Version von Windows heraus, die allerdings eigene 64-Bit-Programme und ebensolche Treiber benötigte, um die volle Leistung auszuschöpfen. Mac OS X war als weit jüngeres Betriebssystem von Haus aus so konzipiert, dass es mit 64-Bit-Software zurechtkommen konnte. Im Serverbereich waren 64- Bit-Versionen von Unix und Linux bereits seit langem im Einsatz.

Allerdings war auch die Notwendigkeit nicht gegeben, Speicherbrocken von mehr als 4 Gigabyte am Stück auf einmal zu bearbeiten. Alle anderen Operationen konnten schön in kleinere Speicherbrocken aufgeteilt werden. Erst mit dem Auommen von HD-Video und 10- Megapixel-Kameras wurde klar, dass herkömmliche Anwender sehr wohl derartig gewaltige Speichermengen manipulieren würden.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 116 7. Ausblick: The Future, the final Frontier

Die Erforschung dieses recht junge Bereichs der Betriebssystementwicklung steckt noch in den Kinderschuhen. Es wird interessant, welche Anwendungen sich des neuen Speicherüberflusses bedienen werden und welche neue Wege hier gegangen werden.

N ETZWERKE IN DEN W OLKEN Computer-Betriebssysteme wurden erstmals in den 90er-Jahren totgeredet. Da spekulierte der Server- und Betriebssystem-Hersteller SUN damit, dass Endanwender eigentlich nur einen “dummen” Terminal als Netzwerk-Rechner brauchen. Das Gerät sollte über wenig eigene Rechenleistung und bloß den aller nötigsten Speicher verfügen. Aufwändige Rechenoperationen sollten auf leistungsfähigen Servern ablaufen, wo auch die Daten auewahrt werden. Vor allem sollten diese Geräte kein “richtiges” Betriebssystem im herkömmlichen Sinne verwenden. Das hat sich nicht durchgesetzt.

Im ausgehenden ersten Jahrzehnt der 00er-Jahre ist wieder die Rede vom Tod des Betriebssystems. Immerhin wandern Daten in die “Wolke” (engl. Cloud), ein neuer Name für die Speicherung von Daten auf leistungsfähigen Servern. Auch werden Applikationen immer mehr ins Internet verlagert. Geht es nach Google, dann reicht ein einfacher Webbrowser, um alles auf einem Computer erledigen zu können, ohne an einen bestimmten Ort oder an einen einzelnen Rechner gebunden zu sein. Google bietet Anwendern Dokumentenverwaltung (Google Docs - Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation), E-Mail (Gmail) und Datenspeicherung. Tatsächlich übernehmen moderne Browser wie Mozilla Firefox und Google Chrome immer mehr die Funktion eines Betriebssystems. Sie bilden das Zentrum des User- Universums, weil sie nicht nur den Zugang zum Web bieten, sondern auch über ausgeklügelte Add-On-Architekturen verfügen. Sie sind zugleich Benutzer- als auch Entwicklerschnittstelle.

Abgesehen von Datenschutzbedenken, die eine dezentrale Datenlagerung mit sich bringt, mag es Anwendern früher oder später tatsächlich ausreichen, “nur” über einen leistungsfähigen Browser zu verfügen und sämtliche andere Aufgaben im Web zu erledigen. Dies bedarf aber einer ausgefeilten Infrastruktur an Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen und Diensten im Web. Zudem ist die Rechenleistung des lokalen Rechners für die meisten Aufgaben wie

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 117 7. Ausblick: The Future, the final Frontier

Grafikbearbeitung, Videoschnitt und Computerspiele immer noch jener verteilten Leistung von Serverfarmen überlegen54.

So lange Einzelrechner dem User bessere Dienste leisten als rein webbasierte Dienste wird es Betriebssysteme geben, die sich weiter entwickeln. Eines davon heißt Mac OS X.

Einzig der Name könnte sich für Apple als Problem erweisen. Eigentlich sollte das “X” für die römische 10 stehen, gleichzeitig deutet sie aber auch auf die Unix-Wurzeln des Betriebssystems. Was kommt nach 10? “X” klingt einfach zu cool, um durch etwas anderes ersetzt zu werden.

54 Cory Doctorow schrieb im englischen Guardian vom 2. September 2009 zum wahren Hintergrund des Cloud-Computings: “The main attraction of the cloud to investors and entrepreneurs is the idea of making money from you, on a recurring, perpetual basis, for something you currently get for a flat rate or for free without having to give up the money or privacy that cloud companies hope to leverage into fortunes.” http://www.guardian.co.uk/technology/2009/sep/02/cory-doctorow-cloud-computing (abgerufen am 4. September 2009)

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 118 Glossar

API Application Programming Interface, dt. Programmierschnittstelle.

BSD Berkley Systems Distribution. Unter Berkley-Lizenz bereitgestellte Unix-Variante.

Carbon API zur Überbrückung zwischen Mac OS Classic und Mac OS X.

CISC - Complex Instruction Set Computer Die klassische Prozessorarchitektur mit komplexen Befehlssätzen, die allerdings nicht so schnel ausgeführt werden können wie bei einem RISC-Rechner.55

Cocoa API unter Mac OS X, die auf NextStep auaut.

GUI Graphical User Interface, dt. Grafische Benutzeroberfläche.

Kernel Der Betriebssystemkern, auf den andere Bestandteile auauen.

OS Operating System, dt. Betriebssystem.

Mac OS Macintosh Operating System.

PowerPC Die gemeinsame RISC-Prozessorarchitektur von Apple, IBM und Motorola.

Quartz (Extreme) Leistungsfähige und flexible Darstellungs-API unter Mac OS X

55 Heutzutage ist aufgrund der steigenden Komplexität von Prozessoren die CISC/RISC- Unterscheidung in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr zulässig.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 119 QuickDraw Klassische Bildschirmbeschreibungs-API unter Mac OS Classic.

Quicktime Die Multimedia-Architektur von Apple. Wird insbesondere für die Video- und Audio- Komprimierung und Dekomprimierung verwendet.

RISC - Reduced Instruction Set Computer Eine Prozessorarchitektur, die über nur wenige Befehle verfügt, diese aber wesentlich schneller ausführen kann, als ein klassischer CISC-Rechner.

Unix Multiuser-Betriebssystem, das in der Telekommunikationsindustrie entwickelt wurde. Es gilt als besonders leistungsfähig und stabil.

Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 120 Literaturverzeichnis

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Marin Balabanov: “Die Evolution von Mac OS X. Von Intel zu PowerPC und zurück” 123 Danksagung

Ich widme diese Arbeit allen, die sie lesen. Vielen Dank und viel Glück!

Ich danke meinem Vater Dr. Todor Balabanov, der mir nicht nur mein Studium an der Donau- Universität Krems ermöglicht hat, sondern mich auch in langen, emotionsgeladenen Technologiediskussionen durch seine nüchterne Sicht der Dinge auf den Boden zurückbringen konnte.

Vielleicht kauft er sich auch einmal einen Mac.

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