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Mitteilungsblatt des Bergischen Geschichtsvereins — Abt. Remscheid - Hückeswagen - - GESCHICHTE & HEIMAT

Januar 2001 — Nr.1/68.Jah_rgang , Danmmiaicimtzagik Eine MOnatsbeilage des rga

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; *; Die Pfadfindergruppe der Volksiugend Remscheid mit Pfarrer Dr. F i'neisen (1. Reihe, 2. von links). Foto: Archiv-Werner Lcwht „Ihr alle sollt Brüder sein!“ GEMEINDE . Die Geschichte der Remscheider Volksjugend — Von Werner Lauff

neu zu errichtende 8.Pfarrste11e vikar Dr. Fineisen“ am 24. März der J ugend zu ihrer eigenen Sache ie Beschlüsse waren den Freiburger Stadtvikar Dr. Au- folgenreich, die das 191 1 „einstimmig als geeignet für machen müsse“. Diesen Gedan- gust Ignaz Fineisen wählen. Presbyterium der evan- den Dienst in der preußischen ken gn'ff Dr. Fineisen nun freudig War Clarenbach der Gemeinde gelischen Kirchenge- Landeskirche“ befunden. So und entschlossen 'auf. Er rückte bereits bekannt, so kam Dr. Fin- meinde Remscheid der Reprä- stand denn der Einführung der schon wenige Tage nach seinem eisen als Fremder nach Rem- beiden Pfaxrer am 2. April 1911 sentation, der größeren Gemein- Eintreffen in Remscheid „einen scheid. Der Evangelische Ober- durch Superintendent Gottfried Aufruf an die Jugend in die Zei- devertretung, zu fassen verlegte. kirchenrat in hatte den Diese sollte angesichts der Größe Andreas Natorp, Radevormwald, tungen“ Remscheids, der allen „Stadtvikar Dr. Fineisen zu Frei- nichts mehr im Weg. keineswegs unbegründeten Un— der Gemeinde am 10. Oktober burg im Breisgau“ auf eine An— 1910 nicht nur die Em'chtung ei— frage des Königlichen Konsiste— Die Erwartungen, die die große kenrufen zum Trotz ein überra- schend positives Echo fand. „Mit ner 8. Pfarrstelle beschließen. Sie riums in hin als „ausge- und weithin liberale Remscheider sollte in einem Wahlgang zu- sprochen auf der modem-libera— Kirchengemeinde an das Kom- ca. 50 jungen Leuten“, die meis— gleich auch in die erst kurz zuvor len Seite“ stehend bezeichnet. men Dr. Fineisens geknüpft hat- ten waren zwischen 14 und neu eingerichtete und noch nicht Das nahm von vorneherein den ten, wurden nicht enttäuscht. Zu- 16 Jahren, gründete Pfarrer Dr. besetzte 7.Pfarrste11e den in der größten Teil der zur Pfan'wahl mal hatte der damalige Pfarrer Fineisen bereits am 23. April Gemeinde seit geraumer Zeit tä— berechtigten Remscheider für ihn Artur Pitschke (1862—1929) im- 1911 den Verein „Volksjugend tigen Hilfsprediger Otto August ein. Nach einem Kolloquium hat- mer wieder darauf gedrungen, Remscheid“. Pfarrer Dr. Fineisen Hugo Clarenbachl sowie in die te das Konsistorium den „Stadt- dass „die Gemeinde die Pflege erinnerte sich später an jene Tage.

„Zum Glück waren alle Stände und Berufe, aber auch alle Cha— raktere, vorn Gassenjungen und Lausbuben bis zum stillen Stre- ber, vertreten.“ Der Verein wuchs sehr schnell und konnte schon nach wenigen Wochen die stattliche Zahl von ca. 600 zah— lenden Mitgliedern, alles junge Männer, verzeichnen. Auf den Gedanken, in gleicher Weise Mädchen und junge Frauen in einem eigenen Jugendverein zu organisieren, kam man in der damaligen Zeit nicht.

Räume für die Jugendarbeit

Es lag auf der Hand, dass, sollte die Arbeit sinnvoll weiter-

: .,.ml ’2-‘8 .; .. ° geführt werden, entsprechende 1612. Räumlichkeiten für die Jugend- . arbeit geschaffen werden muss- Fest- und Werbenummer zum 15.Stiftungsfest der V.s. ten, da sich keines der vorhan- cm Samstag- Den 24. 5a“ 1926. denen Gebäude der Gemeinde als dafür geeignet erwies. Auch Kop f der Monotsschrii‘i der Remscheider Volksiugend— Fes'f- und Werbenummer zum 15. Stiftungsiesi die damit gegebenen Fragen lös- amp24..1u|i 1926. Archiv Werner Loufi te der handwerklich wie künst- lerisch vielseitig begabte neue Presse, „die durch tatkräftige wollte. Schon der Name „Volks— Bindung an die Kirche, eine gar Pfarrer mit Nachdruck. Der Ar— Unterstützung unsere Arbeit alle jugend Remscheid“ hatte er mit pietistische Prägung der Arbeit, chitekt Wilhelm Fischer fertigte Zeit gefördert hat“. Bedacht gewählt. Denn dieser wurde strikt abgewiesen; denn einen Entwurf für das neue Ju- In erstaunlich kurzer Zeit wa— Verein sollte „die Jugend des Pfarrer Dr. Fineisen schwebte gendheim, für das die Gemeinde ren der Kauf eines Grundstücks, ganzen Volkes verkörpem . . . eine Erziehung „im Geiste Pes— ein Grundstück in der Johann- die Planung des Hauses, seine so stellen wir eine wirkliche talozzis“ vor, „d. h. im Geiste Sebastian-Bach—Straße gekauft Finanzierung und die Bauarbei- Vollcsgemeinschaft im Kleinen der Freundschaft, Brüderlichkeit hatte. Bereits im Sommer 1912 ten durchgeführt worden. Denn dar, die jedem, ob er nun Arbei- und Solidarität, mit einem Wort, konnte mit dem Bau des Ju- schon am samstag, dem 29. ter, Handwerker, Kaufmann oder im Geiste der Familie“. Es gelte gendheims begonnen werden. März 1913, also knapp zwei Jah- höherer Schüler ist, andauernd darum vor allem, das ,,selbst- ohne Worte sagt: Ihr alle sollt vertrauen und die Willenskraft“ Das Geld für den Bau wurde re nach dem. Amtsantritt von Pfarrer Dr. Fineisen, konnte die Brüder sein!“ In dieser Losung der Jugend zu stärken. Ihr sollte von der Gemeinde teils aus ih- schwang ein Moment der Auf- darum auch die „Selbstverwal- rem Vermögen, teils aus bean- Einweihungsfeier rnit „Fackel- zug und Feuerwerk“ stattfinden. klärung mit, wie auch das frühe tung“ der Arbeit übertragen wer- tragten staatlichen Zuschüssen Emblem der Volksjugend zeigte. den. Das aber sollte Erwachsene zur Verfügung gestellt. Als staat- Am Sonntag, dem 30. März, war im Anschluss an den Festgottes- keineswegs daran hindern, der liche Auflagen an die beantrag- J ugend „allmählich höhere Ziele ten Zuschüsse geknüpft wurden, dienst in der Lutherkirche dann Arbeit war die Ubergabe und Besichtigung betont unpolitisch zu stecken und stets helfend und war das Presbyterium entschlos— verstehend die Hand zu reichen sen, lieber auf diese Mittel zu des neuen Hauses. Am Nach- mittag fand eine „Festversamm— Mochte diese Losung auch in in schlichter menschlicher Ge- verzichten, als sich den Auflagen meinschaft“. zu beugen. Man wollte in jeder lung in der Stadtparkhalle mit einem bewussten Kontrast zur Hinsicht frei sein. Man konnte musikalischen, theatralischen Jugendarbeit der Sozialdemo- Für die damalige Zeit keines- kratie stehen, so wurde die sich diesen Stolzrleisten, weil und tumerischen Darbietungen. wegs selbstverständlich war die Volksjugend von Pfarrer Dr. die Gemeinde bereit war, nicht Zur Aufführung gelangen Sze- Tatsache, dass die „Volksjugend unerhebliche ,,freiwillige Spen- nen aus Wilhelm Tell“ statt. Fineisen doch betont unpolitisch Remscheid“ sich selbst verwal- den an Geld und Büchern“ zu Das Programm der Einwei— konzipiert. Denn „Politik (ist) ten sollte. Was aber verstand geben. Ausdrücklich bedankte hungsfeier des neuen Jugend- der schlimmste Feind der Ju- Pfarrer Dr. Fineisen unter sich Dr. Fineisen in der Fest- heims machte programmatisch gend, und deshalb hat sie in der „Selbstverwaltung“ und welchen Volksjugend keinen Platz“. Die schrift, die anlässlich der Ein- deutlich, wie Pfarrer Dr. Finei- Umfang sollte sie haben? Die weihung des Jugendheims ge- sen die von ihm betriebene Ju- Politisierung der Jugend bedeu— Antwort war einfach und kon— tete nach Meinung von Pfarrer druckt wurde, aber auch bei der gendarbeit verstanden wissen kret zugleich. Es war „eine Or- Dr. Fineisen, „mit der Jugend ganisationsform, die möglichst Missbrauch“ treiben, ihr „den viele Personen beschäftigt und Wahn in den Kopf setzen, als sich selbst ihre Gesetze gibt. sei sei fähig und berufen, das Diese Gesetze wuchsen auf die Vaterland zu retten . .. Bisher natürlichste Art von der Welt ist es in der Geschichte aller aus unserem Zusammenleben Völker so gewesen, dass bedeu- heraus. Sehr bald merkte jeder, tende Taten nicht von unreifen dass es keine Gemeinschaft ge— J ungen, sondern von reifen Män- ben kann ohne Gesetze und ohne nern geleistet wurden. Diese hel- — Gehorsam“. Nicht die Autori- fenden Taten aber waren nichts tät der Erwachsenen sollte die anderes als die reifen Früchte Vereinsarbeit prägen, sondern einer gediegenen Erziehung und einer aus dern Zusammenleben Charakterbildung“. aller Mitglieder erwachsende Pfarrer Dr. Fineisen verstand Autorität sollten sich alle zwang- seine Jugendarbeit vielmehr als los und gerne unterordnen. „Erziehungsarbeit, die nach den- Die Remscheider J ugend soll- selben Grundsätzen wie bei der te darum in ihrem neuen Ju- Erziehung unserer eigenen Kin- gendheim „eine Heimat finden, der“ verfahrt. Diese sollte „evan— wo sie menschlich verstanden 'gelisch-volkstümlich“, aber oh- wird, und wo sich ihr eine Welt ne enge konfessionelle Grenzen erschließt, in der man edler und und unter Verzicht auf ein vor— besser wir “. Architekt Fischer Das Jugendheim |n derJohcnn-Sebosiion- Bach— Straße In einer Zeich- gegebenes, gar theologisches hatte also einen detaillierten Plan nung aus der Fesischrift 1913. Archiv Werner Louff System geleistet werden. Die vorgelegt bekommen, nach dem

er das neue Haus baulich zu ge- nematographen, das Rauchen der Leitung von Pfarrer Dr. Fin— gendgerichtsangelegenheiten" stalten hatte. So hatte das Ju- und die Wirtshäuser“ seien, soll- eisen die „Volksjugend Rem- gewährte. Daneben gab es auch gendheim denn „ein Kegelzim— te durch die Vereinssparlcasse scheid“ ungeachtet aller Schwie- eine „Unterstützungskasse“, die mer, an welches sich zwei Ke- dem Jugendlichen die Möglich— rigkeiten ihre Arbeit möglichst „Hilfe in Fällen von unverschul- gelbahnen anschließen“. Dane- keit geboten werden, „die er- ungeschmälert wieder auf. Wur— deter N ot“ bot. ben gab es „eine kleine Bühne“, übrigten Groschen“ anzusparen, de 1914 die Arbeit von „zwei Es muss offen bleiben, ob man um Theaterstücke aufführen zu „damit Du Dir dafür später eine ständigen Mitarbeitern und zwei in der „Volksjugend Remscheid“ können, „Lese- und Schreibzim- wirklich schöne und gesunde Helfern aus den eigenen Reihen“ das Heraufdämmem des kom- mer“ und des Weiteren ein „Un- Freude schaffen oder etwas- getragen, zu denen eine große menden Unheils frühzeitig ge— terhaltungs- und Spielzimmer, Nützliches kaufen kannst“. Ob— Zahl freiwilligerMitarbeiter aus nug gesehen und richtig einge- welches dem geselligen Verkehr wohl das Geld „bei der hiesigen den Reihen des Bürgertums ka- schätzt hatte. Durch die betonte der Mitglieder dienen soll“. Als Sparkasse angelegt und zu dem men, so arbeiteten für die Zurückhaltung in politischen Besonderheit wurde bei der Ein- üblichen Zinsfuß verzinst“ wur- „Volksjugend Remscheid“ 1926 Fragen mochte manche Frage, weihung ausdrücklich erwähnt, de, blieb „ein großer Teil“ der „neben dem Leiter vier Mitar- die etwa in der Jugendbera— dass „sämtliche Räume des Hau- Jugendlichen dabei, „keinen Ge- beiter und neun Helfer, denen tungsstelle gestellt wurde, falsch ses durch eine Zentralheizung brauch von dieser Einrichtung“ wir besonderen Dank schulden, eingeschätzt und beantwortet erwärmt werden und mit elektri- zu machen. Man spürt in den und auf die wir stolz sind“. werden. Zwar wollte man die schem Licht versehen“ sind. Ne- damaligen Berichten die Enttäu— Jugend lehren, „ohne die politi- ben dem Hauptgeschoss lag ein schung darüber. Rat und Hilfe bei schen Scheuklappen der Alten Spielplatz. Denn das Turnen, das ‚ Vor dem 1. Weltkrieg hatte persönlichen Problemen in die Welt zu schauen, sie mit jeweils donnerstags möglich die „Volksjugend Remscheid“, Vaterlands— und Bruderliebe“ er- war, hielt Dr. Fineisen für die die sehr schnell gewachsen war, Die „Volksjugend Rem— füllen und „ihr eine gute staats- Jugendarbeit sehr wichtig. einen festen Mitgliederbestand scheid“ konnte am 24. Juli 1926 bürgerliche Erziehung mit auf von über 500 Jugendlichen, die ihr „15. Stiftungsfest“ begehen den Lebensweg“ geben, ver- Vielseitiges Beiträge zahlten. Das Haus in und gab dazu eine „Fest— und kannte dabei aber vermutlich Wochenprogramm der Johann—Sebastian—Bach- Werbenummer“ ihrer Monats- doch den sozialen und politi— Straße besuchten über l 000 Ju- schrift heraus, durch die alle schen Sprengstoff der Zeit. Das Wochenprogramm war Remscheider Jugendlichen ein— gendliche in der Woche! Am Auch das Aufgehen in einem ausgesprochen vielseitig. Denn 1. Weltkrieg hatten 350 Mitglie- geladen wurden: „Komm zur die ,,Volksjugend Remscheid“ Volksjugendl sie bietet Dir al- bildungsbürgerlichen Denken der der „Volksjugend Rem- und der Verzicht auf jede theo- wollte „nicht nur den Körper les, was Körper, Geist und Ge- scheid“ teilgenommen. Allein 46 logisch-kritische Parteinahme der Jugendlichen stählen durch müt bildet und Dir Freude macht. waren in den mörderischen dürften das ihre bewirkt haben. Turnen, Spielen und Wandern, Kämpfen gefallen. Das Haus Du bist jederzeit willkommen!“ sondern auch Geist und Gemüt Hinzu kam, dass ein „Partei— diente während des Krieges als In der Zeit zwischen dem En- mensch“ für Pfarrer Dr. Fineisen weiterbilden“. Wurden Turnen „Kinderheim des Vaterländi- de des 1. Weltkriegs und der stets wie ein „abstoßendes We- und Rasenspiel zunächst „von schen Frauenvereins“; es wurde Machtergreifung Hitlers wurden Herrn Wielpütz geleitet“, so sen“ zu sein schien, vor dem die nach Kriegsende ein Quartier der zwei Einrichtungen der „Volks- Jugend zu bewahren sei. Denn übernahm diese Aufgabe schon englischen Besatzung, zuletzt jugend Remscheid“ besonders jene „müssen alle angeborene bald „'Oberturnlehrer Grüber“. der Schupo. Erst im Frühjahr wichtig. Zum einen war eine„Iu- Güte, alle gesunde, weltoffene Im „literarischen Klub“ sollten 1925 stand das Haus wieder ganz gendberatungsstelle“ eingerich- Jugendliche dazu angeregt wer- Wissbegier und allen guten Trie- der „Volksjugend Remscheid“ tet worden, die „unentgeltlich be gewaltsam unterdrücken und den, „unsere Dichter zu lesen“. zur Verfügung. Rat und Hilfe bei persönlichen _Ein erstaunlich großer Kreis ihr junges Herz, das so gerne Nach dem Zusammenbruch und beruflichen Schwierigkei- weit und 'groß sein möchte, ver- von Gitarre- und Mandolinen- des Kaiserreiches nahm unter ten, in Jugendfürsorge- und Ju- spielem fand sich zusammen. engen und verstocken“.

Zu den „wichtigsten Aufgaben“ gehörte „im Interesse eines ge- Nach 1918 starke sunden Volkslebens die Pflege Politisierung der Jugend des Volksliedes“. Da es leider an einem „guten und billigen Vor allem nach dem 1. Welt- Volksliederbuch“ mangelte, hat— krieg habe die Politisierung der ten sich sofort „einige Jugend- Jugend fast epidemisch zuge- freunde mit dem Leiter“ daran nommen, stellte Fineisen bedau- gemacht, „eine billige Samm- emd fest. „Alle politischen Par— lung von Volksliedem heraus— teien . schufen sich nach dem zugeben“, von der man hoffte, Vorbild der Sozialdemokratie dass sie im renommiertenVerlag Jugendgruppen, um daraus ihren Eugen Dieden'ch, , bald er- Nachwuchs zu ziehen, und bald scheinen würde. folgten die verschiedensten mehr Das Wandern war zeitgemäß. oder weniger politisch einge— In ihm erkannte Pfarrer Dr. Fin— stellten Verbände in der gleichen eisen die „edelsten Freuden der Absicht.“ Dieser Entwicklung Jugend“, die zudem den Vorzug wollte man wehren. hatten, „mit geistigem Genuss Pfarrer Dr. Fineisen starb die Ubung des Körpers“ zu ver- überraschend am 14. Oktober binden und gemeinsame „Erin- 1932. Ein Schlaganfall hatte ihn nerung“ zu schaffen. „Das Ge- auf dem Heimweg vom Jugend- fühl der Zusammengehöriglceit heim in das Pfarrhaus ir- der und Solidarität wird nirgends so Goethestraße getroffen. Danach stark geweckt und der Ruf unse- lebte er nur noch wenige Tage. rer Zeit nach Einfachheit“ findet So blieb es ihm erspart, die plan- „nirgends eine schönere Ver— mäßig betriebene zwangsweise wirklichung als auf solchen Auflösung der „Volksjugend Wanderfahrten!“ Remscheid“ nach der Macht— übernahme miterleben zu müs- Vereinssparkasse sen. Sie wurde jetzt ein reiner für die J u gendlichen Turnverein. Am 12. Juli 1935

nahm der umgestaltete „Turn- Es mag erstaunen, dass sogar verein Volksjugend“ die vom Stenografie gelehrt wurde. Am Reichssportführer aufgestellte erstaunlichsten aber mag die Einheitssatzung an. Eine andere Einrichtung einer „Vereinsspar— Möglichkeit bestand nicht. Nicht kasse“ sein, die im September nur jede konfessionelle Bindung 1912 in die Tat umgesetzt wurde. d' wurde ausdrücklich verboten,

Da „die schlimmsten Feinde des sondern auch jede andere als die Geldbeutels der Jugend die Ki- Archiv Werner Lauf-f turnerische Tätigkeit.

Unter der Behauptung, die Turn- Fahnen .herauszugeben“. Am das Jahr 1934 zurückschauend, in der Johann-Sebastian— 25. Februar 1934 fand in der „man erhofft sich aus dieser Ver- Bach-Straße wie auch die sich Stadtparkhalle in Remscheid bindung von staatlicher und dort befindlichen Tumgeräte sei- „die Unterzeichnung des Ver- kirchlicher Jugend ein vertrau- en ehedem allein mit staatlichen trags“ statt, durch den „die Hit— ensvolles Zusammenarbeiten Mitteln angeschafft worden, ver- ler—Jugend und die Jugend der von staat und Kirche im Dienst suchte die NsDAP samt ihren protestantischen Vereinigungen an der Jugend. Allerdings ist bis Organisationen schon bald nach zusammengeschlossen werden“. jetzt nicht viel davon festzustel- der Machtübemahme in den Be- Pfarrer Doerr2 betont in seiner len, dass in der Hitlerjugend da- sitz des Hauses wie des Inventars „im Mittelpunkt“ stehenden Re- durch eine größere Kirchen- zu kommen. de, alles bisher Trennende sei freundlichkeit entstanden sei,

nun hinfällig, das von der Volks- wenigstens nicht in der'männli— NSDAP erzwang jugend unter den damaligen Be- chen. Mancherlei Misshelligkei- die Auflösung dingungen vorbildlich Geleistete ten, die durch dienstliche Inan- spruchnahme der Jugend wäh- sei nun aufgegangen- in Neuem, Der Jugendpflegeausschuss denn „der Staat ist neben Schule rend des sonntäglichen Gottes- der Kirchengemeinde Rem- und Eltern als Erzieher getreten; dienstes entstanden waren, sind scheid kam nach manchen Ver- die ganze Jugend muss durch geschlichtet worden“.4 handlungen nicht umhin, am die Schule der Hitler—Jugend ge- 1 Clarenbach wurde am 9. Mäm 1872 in 19. September 1935 von der er- hen“. Pfarrer Doerr schloss „sei- Löhnen als sohn eines Lehrers geboren. zwungenen Auflösung der ne Ausführungen mit dem Ruf: Er war Inhaber der 7.Pfarrste11e von Vigneh‘e der Volks ugend vor 1911 bis 1916. Clarenbach starb am_ „Volksjugend « Remscheid“ Mit E1temhaus, Schule, Hitler— 191 8. Archiv erner Luuff 18. Februar 1946. Kennmis zu nehmen. Er stellte Jugend und Kirche für Gott und 2 Friedrich Erich Wilhelm Dörr wurde zugleich fest, dass bei Auflösung Deutschland!“ Der von am 18. Juli 1901 in Feudingen (Witt— des Vereins gemäß Vereinssat— verspätet eingetroffene Ober— Kirche zu gehen“.3 genstein) geboren und wurde als Nach- zung § 17 „das gesamte Eigen— bannführer Herbert Potthoff Pfarrer Bickelhaupt folger von Dr. Fineisen 1933 zum In- haber der 8. Pfarrstelie gewählt. tum der Evangelischen Gemein- stellte dann aber emüchtemd (1885—1940), Remscheid, der - 3 RGA vom 26. 2. 1934, Nr. 47, S. 5. de Remscheid“ zufiele. Man er- klar, „dass die Hitler-Jugend selbst sich betont als „Deutscher 4 Evangelisches Gemeindeblatt für Rem- klärte sich dann aber bereit, „ein- wohl christlich sei, dass sie aber Christ“ bezeichnete, schrieb im scheid und Rd.-Hasten, 1935, Nr. 2, zelne Gegenstände wie Diplome, niemanden zwingen wolle, in die Remscheider Gemeindeblatt auf S. 4.

· " GESCHICHTE UND HEIMAT « « PROGRAMM ‘ DES BGV Inhaltsverzeichnis des 67. Jahrgangs 2000

Backhaus, Friedrich-Wilhelm, Remscheid: Drei „bergische“ Revolutionsminister Remscheid Das Bergische: Pflanzbeet für sozialistische Spitzenpolitiker? 10 Samstag, 27. J anuar: „Werkzeug Dominick, Peter, Remscheid: Eine Fundgrube für Geschichte(n) und Mensch: Feuerstein — der Julius Albert Lausberg sammelte für jeden Forscher unersetzliche Dokumente Stahl der Steinzeit“, Lichtbilder— zur Heimatgeschichte 4 Vortrag von Justus Mannchen, Stadtbibliothek Remscheid. Der Dresbach, Willi R., Solingen: Dem „durchlauchtigste Fürsten“ Vortrag beginnt nicht, wie in Im Jahre 1730 huldigte die Stadt Lennep dem Mainzer Erzbischof „Frans Ludwigen“ 6 der Zeitschrift „Romereike Ber- Faeskom, llse, Remscheid: Jeder Tag im Zeichen der Politik ge“ angekündigt, um 19.30 Uhr, Teo Otto: Gegen Krieg und Faschismus — Briefe an Emmi Leyendecker 12 sondern bereits um 15 Uhr. Fey, Wolfgang, Remscheid: Als hilfsbereit und humorvoll in Erinnerung - Samstag, 17. Februar: „100 J ahre Nachruf auf den Lokalhistoriker Gerd Selbach, der im Alter von 64 Jahren starb 2 öffentliche Stromversorgung in Für die Demokratie geopfert Lennep“, Lichtbildervortrag von Vor 80 Jahren erhoben sich die Arbeiter gegen den Kapp-Putsch im Bergischen Land 3 Peter Dominick, Stadtbibliothek, Hank, Gerold, Königswinter: Fleiß. Zähigkeit und Familiensinn 15 Uhr. Spurensuche: Das Edelhoff-Stift in Bad Honnef und sein Remscheider Begründer 11 Weitere Informationen bei Jür- Kellermann, Lothar, Wermelskirchen: Kraft für das Kaiserreich gen Feld, @ 0 2191/7 62 70. „Das Großherzogtum Berg“ von Charles Schmidt (1905) jetzt auf Deutsch erschienen 1 Wo die Wälder wieder rauschen Wermelskirchen Wermelskirchens Waldbesitz: Die Geschichte seiner Entstehung 7 Montag, 12. Februar: 19.30 Uhr, Lenz, Daniel, Remscheid: Familienforscher in Fellpantoffeln „Die bergischen Landwehren Das Archiv des Wermelskirchener Geschichtsvereins bietet den Besuchern jeden Service 1 zwischen und Bever“, Vortrag von Gerd Helbeck Orth, Wilhelm Dieter, Remscheid: Eisbein und Schrickschuh (), Hotel zur Eich. Remscheids Schlittschuh—Industlie hat goldene Jahrhunderte erlebt Weitere Informationen bei Lo— Schaffus, Ingo, Hückeswagen: Tuche weichen dem Metall thar Kellermann, @ 02196/ Die wirtschaftliche Entwicklung Hückeswagens von 1900 bis 1939 39 96, oder bei Hans-Werner Schneider, Günter, Wermelskirchen: Schloss Burg steht in Flammen Bisterfeld, @ 0 21 96 / 22 77. Feuer: In der Nacht zum 26. November 1920 brennt es lichterloh 11 Schumacher, Karl, Santander: Das Ziel ist der (planierte) Weg Hückeswagen Initiativen von 1883—1889 für Ausbau der Pohlhauser Straße von Freitag, 9. Februar: Mitglieder- Hünger zum Eschbachtai, Teil I versammlung im Heimatmu—

Das Ziel ist der (planierte) Weg, Teil H seum. Anschließend Dia-Vor- GU- Wintgen, Thomas, Wermelskirchen: Engagement aus Überzeugung trag über die Fahrten in 2000, J ulius Schumacher — ein Unternehmer mit Heimatbewusstsein Referentin: Gertrud Eversmann. Weitere Informationen bei Karl- Sonstiges: Reiner lllgen,F0 21 92/73 81. Register 1999 von „Geschichte & Heimat“ (Die Heimat spricht zu Dir) 1 Die Erinnerungen rühren noch nach über 50 Jahren zu Tränen Radevormwald Buchvorstellung von Petra Dierks: „Der Hunger war das A und O“ aus der »Werkstatt der Erinnerungen“ Informationen zum laufenden Nur ein Häufchen Asche Programm bei Wolfgang Motte, YOU 95/7040. Erinnerungen an die Holzaktion 1945/46 von Richard Edrich aus „Der Hunger war das A und O“ 9 Die „romantischen“ Kotten Die nächste Ausgabe „Geschich- Bildband: Müngsten bis Gerstau — Neues von Günther Schmidt 11 te & Heimat“ erscheint am Sams- Gedenksiegel fiir Engelbert I. tag, 24. Februar. Bronzeguss zum 775. Todestag 12 Druck und Verlag: J . F. Ziegler KG, Remscheid Programme der Abteilungen Remscheid, Hückeswagen, Radevormwald, Wermelskirchen 1 bis 12 Verantwortlich: Andrea Kargus