Praktischer Moorschutz im Naturpark Erzgebirge/Vogtland und Beispiele aus anderen Gebirgsregionen: Methoden, Probleme, Ausblick Inhalt 3

Inhalt

Bernd-Dietmar Kammerschen 5 Vorwort

Albrecht Kohlsdorf 7 Grußwort

Ralf Uhlmann 9 Das Moorschutzprojekt des Naturparks Erzgebirge/Vogtland – Bestandsaufnahme, Maßnahmenkatalog und Umsetzung

Frank Edom, Ingo Dittrich, Steffi Goldacker & Karin Keßler 19 Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge

Anke Haupt 33 Moorrevitalisierung im Naturpark Erzgebirge/Vogtland – Praktische Umsetzung

Ingo Reinhold & Michael Homann 38 Revitalisierung der Erzgebirgsmoore aus Sicht der Forstverwaltung

Vít Tejrovský 48 Moore im Erzgebirge

Andreas Henkel 52 Schutz und Erhaltung der Moore und Moorwälder im Thüringer Wald – Erfahrungen bei der Umsetzung des gemeinsamen Konzeptes von Forst- und Naturschutzverwaltung

Peter Staubli 58 Schutz und Förderung von Mooren in der Schweiz – rechtliche Situation und aktive Maßnahmen

Detlef Tolke 63 Fachliche Prämissen für die Fortsetzung des Moorschutzprogrammes im Erzgebirge

Werner Hempel 74 Ergänzende Ausführungen zur Schreibweise des Begriffes „Heide“ bzw. „Haide“

Redaktioneller Hinweis: Die unterschiedliche Schreibweise des Begriffes „Heide“ bzw. „Haide“ wurde in den einzelnen Beiträgen bewusst nicht vereinheitlicht (vgl. HEMPEL in diesem Band). Frank Edom, Dresden, wies darauf hin, dass man sich im Rahmen des FFH-Managementplanes mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie geeinigt habe, Mothäuser Heide für NSG und FFH- Gebiet, für den eigentlichen Torfkörper aber Mothhäuser Haide zu schreiben. Vorwort 5

Vorwort

Dem Thema Moorschutz in Sachsen widmet sich zuständigen Forstämter unter der Fachaufsicht des die Akademie der Sächsischen Landesstiftung Regierungspräsidiums /Umweltfachbe- Natur und Umwelt seit 1995. Der nun vorliegende reich begonnen. Zahlreiche weitere Spezialisten Tagungsband zum Moorschutz im Naturpark wie Hydrologen und Biologen begleiten diesen Erzgebirge/Vogtland ergänzt den Tagungsband Prozess. „Ökologie und Schutz der Hochmoore im Erzge- Von den Anstrengungen, aber auch von ersten Er- birge“ von 1998. Er baut zum Teil auf den dort folgen des praktischen Moorschutzes im Erzgebirge erschienenen Beiträgen auf, berichtet aber auch berichten die Aufsätze in diesem Band. Dass der von den weiteren Bemühungen um die Revitalisie- eingeschlagene Weg der Richtige ist, bestätigen rung der Hochmoore und den jetzt vorliegenden die Beiträge der Kollegen aus Thüringen und der Erkenntnissen zur Entwicklung und zum Schutz Schweiz. Ein Beispiel zum grenzüberschreitenden dieser Gebiete in Erzgebirge, Vogtland und ande- Moorschutz beschreibt Vít Tejrovský aus der Tsche- ren Gebirgsregionen des Freistaates Thüringen, in chischen Republik. Tschechien und der Schweiz. Moore gehören zur charakteristischen Naturaus- An dieser Stelle sei ganz herzlich allen Autoren stattung des Erzgebirges. Mit einem Anteil von gedankt, die die Fachtagung mit ihrem Wissen 0,5 % der Landesfl äche gehört Sachsen zwar zu bereicherten und ihre Manuskripte für den Druck den moorärmsten Bundesländern, alle bekannten des Tagungsbandes vorbereiteten. Vorkommen dieses Lebensraumtyps sind aber in Herrn Landrat Albrecht Kohlsdorf (Mittlerer Erz- Naturschutzgebieten gesichert. gebirgskreis) möchten wir für seine einführenden Die Standorte der sächsischen Hochmoore, die und engagierten Worte besonders danken. Den ausschließlich aus Niederschlagswasser gespeist Referenten und Teilnehmern aus anderen deut- werden, sind seit langem bekannt und gut un- schen Bundesländern und dem Ausland haben wir tersucht. Erhalt und Schutz dieser Biotoptypen als Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt haben nicht nur für Klima und Wasserhaushalt versichert, dass wir auch in den kommenden Jah- herausragende Bedeutung, viele vom Aussterben ren das Thema Moorschutz in den Veranstaltungen bedrohte Tier- und Pfl anzenarten wie Birkhuhn, der Akademie als besonderen Schwerpunkt weiter Kreuzotter, Scheidiges Wollgras und Torfmoose führen werden. fi nden in den Mooren ihre letzte Zufl ucht. Leider ging die Fläche der lebenden Hochmoore, die noch als naturnah einzustufen sind, besonders im mittleren und westlichen Erzgebirge durch Entwässerung, Abtorfung und forstwirtschaftliche Nutzung immer weiter zurück. Der Prozess begann bereits im 19. Jahrhundert, nahm aber insbe- sondere in den letzten Jahrzehnten bedenkliche Ausmaße an. Eine Studie des Naturparks Erzgebirge/Vogtland ergab im Jahr 2000, dass lediglich ca. vier Pro- zent der vorhandenen Moorstandorte noch als naturnah bzw. gering gestört einzustufen sind. Die Zeit zum Handeln war gekommen: Mitarbeiter des Naturparks und des Planungsbüros Froelich & Bernd-Dietmar Kammerschen Sporbeck aus Plauen im Vogtland erstellten einen Stiftungsdirektor Maßnahmenkatalog mit praktischen Vorschlägen zur Rettung dieser einmaligen Biotope. Mit der praktischen Umsetzung haben Mitarbeiter der Naturparkverwaltung Erzgebirge/Vogtland und der Dresden, im Juni 2007 Grußwort 7

Grußwort

Sehr geehrte Damen und Herren, Für die praktische Umsetzung stehen in den ich freue mich, Sie in Großrückerswalde im Mitt- meisten Fällen die Waldarbeiter der jeweiligen leren zur Fachtagung „Praktischer Forstreviere zu Verfügung. Bisher gab es eine Moorschutz im Naturpark Erzgebirge/Vogtland sehr gute Zusammenarbeit mit den Forstämtern begrüßen zu dürfen. Herzlich danken möchte Schöneck, Eibenstock, Marienberg, Olbernhau und ich den Referenten für ihre Mitwirkung sowie der Neudorf. Seit diesem Jahr wirkt auch das Forstamt Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt für Brand-Erbisdorf mit. die Organisation dieser Veranstaltung. Während die Waldarbeiterbrigaden meist aus drei Sachsen gehört mit einem Mooranteil von weniger Personen bestehen, kamen z. B. im Deutscheinsied- als 0,5 % der Landesfl äche zu einem der moor- ler Moor auch die Lehrlinge des Forstamtes zum ärmsten Bundesländer in ganz Deutschland. Gerade Einsatz. Die Gesamtzahl der Arbeiter ist nur schwer hier im Erzgebirge führten Torfabbau und Entwäs- zu bestimmen, durchschnittlich etwa 20. An dieser serung in den ehemals zahlreichen Hochmooren Stelle sei den Waldarbeitern herzlich für ihre Arbeit zu einem dramatischen Rückgang dieser Flächen. zum Erhalt unserer Natur gedankt, desgleichen Von den mehr als 150 ehemaligen Moor- und auch den Forstämtern und allen weiteren Partnern Torfstandorten, die in alten geologischen Karten für die jahrelange gute Unterstützung und Beglei- verzeichnet sind, existieren heute noch etwa 20 als tung unserer Projekte. Nicht immer sind jedoch die Naturschutzgebiete sowie zahlreiche kleinfl ächige Arbeiten mit den Forstämtern durchführbar. In Reste von Hoch- und Zwischenmoor-Biozönosen solchen Fällen standen bis jetzt vom Arbeitsamt oder Regenerationsstadien. geförderte Personen zur Verfügung Der Naturpark Erzgebirge/Vogtland hat sich dem Das für die Umsetzung der einzelnen Moorprojekte Schutz der nur noch relikthaft vorkommenden benötigte Material wird über Fördermittel gemäß wachsenden Moorfl ächen im Rahmen eines Lan- der Landschaftspfl egerichtlinie des Freistaates desschwerpunktprojektes verpfl ichtet und bereits Sachsen fi nanziert. Die Lohnkosten der Waldar- zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht. beiter berechnen die Forstämter intern. Insgesamt Nach der politischen Wende begannen einige konnten seit dem Bestehen des Naturparks auf Naturschutzzentren und -stationen mit Revitali- diesem Wege mit unterschiedlichen Trägerschaften sierungen in den Erzgebirgsmooren. Dies geschah etwa 30 Moorstandorte bearbeitet werden, wobei zunächst vorrangig durch den Verschluss der Ent- die Tätigkeiten meist über mehrere Jahre gehen wässerungsgräben, vereinzelt wurde auch Wasser und nicht überall abgeschlossen sind. wieder in die Moore eingeleitet. Durch den Natur- Die Errichtung eines Moorlehrpfades in der park begannen die Untersuchungen und Arbeiten Stengelheide nahe Kühnhaide/ ist ein in den Mooren ab 1996. In den Jahren 1998 bis besonderes Projekt. Im Hochmoor Stengelheide 2000 konnte schließlich eine Inventarisierung im Mittleren Erzgebirgskreis befand sich das der Moor- und Torfstandorte des Naturparks und Torfwerk Reitzenhain. Hier gewann man bis 1990 einiger nördlich vorgelagerter Gebiete vorgenom- industriell Torf für gartenbauliche Zwecke. Nach men werden. Das geschah im Rahmen der Vorstudie der Einstellung des Abbaus wurden die bis auf den zum geplanten Schwerpunktprojekt „Schutz der mineralischen Untergrund abgetorften mittleren Erzgebirgischen Moore“. Im Ergebnis konnten auf Bereiche parzellenartig profi liert, sog. Versuchsfl ä- einer Fläche von 14 km² Moore, Moorwälder und chen angelegt und erste hydrologisch-vegetations- Moorwiesen aufgenommen werden. 47 der Stand- kundliche Untersuchungen durchgeführt. orte wurden für Maßnahmen vorgeschlagen. Die durch Birken gekennzeichnete Sukzession Renaturierungsziel ist die Verhinderung weiterer nach Aufgabe des Torfabbaus schritt sehr schnell Torfzersetzung und Artenverarmung, nach Mög- voran und veränderte das Erscheinungsbild der lichkeit auch die Initiierung der Torfneubildung Flächen beträchtlich. Die Wirksamkeit der Was- und Regeneration. Die einzelnen Projekte konzen- serrückhaltemaßnahmen in den Versuchsfl ächen trierten sich zunächst auf das mittlere Erzgebirge. ist lokal sehr unterschiedlich. Daher führten Seit 1999 werden auch die westerzgebirgischen die Mitarbeiter des Zweckverbandes Naturpark Moore einbezogen. Erzgebirge/Vogtland und der Naturschutzstation Die notwendigen Voruntersuchungen für die Revi- Pobershau seit März 2001 vergleichende vegetati- talisierungsmaßnahmen bereiten häufi g Studenten onskundliche und hydrologische Untersuchungen und Praktikanten (bis jetzt etwa 30) vor. Mitarbei- durch. Es sollte das Regenerationsverhalten der ter der Naturparkverwaltung und Fachbüros sind Flächen bewertet und geeignete Maßnahmen zur ebenfalls beteiligt. Verbesserung festgelegt werden. 8 Albrecht Kohlsdorf

Neben den Arbeiten zur Moorrevitalisierung wurde Die Kosten des Moorprogramms können an dieser als Gemeinschaftsprojekt der Forstverwaltung, des Stelle nur für den Naturpark beziffert werden: Zweckverbandes Naturpark Erzgebirge/Vogtland und der Naturschutzstation Pobershau ein Lehr- • Inventarisierung der Moore (Vorstudie): pfad durch die Stengelheide angelegt. ca. 110.000 €, Auf einem etwa zwei Kilometer langen Rundweg • Voruntersuchungen und Monitoring: bietet sich dem Interessierten ein Blick über das ca. 75.000 €, dortige Moorgebiet. Der thematische Schwerpunkt • Maßnahmenumsetzung (ohne Lohnkosten): liegt auf der Moornutzung und -regeneration. ca. 80.000 €. Der Lehrpfad, konzipiert für alle Altersgrup- pen, führt unterschiedliche Torfschichten wie Zukünftig sollen entsprechend der Förderbedin- Weiß- und Schwarztorf, Schilf- und Seggentorf gungen und sonstigen Voraussetzungen weitere oder vererdeten Torf vor Augen und erklärt ihre Moorgebiete in Angriff genommen werden. Entstehung in verschiedenen Klimaperioden. Zwei Die FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43 EWG des Rates Maskottchen, Rauschi und Moosi, begleiten den vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Besucher auf dem gesamten Weg. Sie informieren Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und an unterschiedlichen Punkten über das Moor, Pfl anzen) spielt bei der Überarbeitung der Prio- dessen Entstehung und Bedeutung, über wichtige ritätenliste eine entscheidende Rolle. Aber auch Tier- und Pfl anzenarten und vieles mehr. Abgelei- bereits abgeschlossene Projekte können wieder in tet sind die Namen der Maskottchen von der an die Planungen aufgenommen werden. Hochmoorrändern oder in Birkenbruch- und Fich- So hoffe ich, dass Initialbereiche für ein begin- tenmoorwäldern wachsenden rötlichen Moosbeere nendes Wachstum der Moore entstehen. bzw. der blauen Rauschbeere, die beide auf nassen, nährstoffarmen, sauren Torfböden vorkommen. Nutzen Sie die Zeit zum Erfahrungsaustausch und Dem Betrachter bieten sich Einblicke in eine Tier- nehmen Sie neue Impulse mit für Ihre Arbeit zum und Pfl anzenwelt, die außerhalb der Hochmoore Schutz der Moore. nicht zu fi nden ist. In diesem Zusammenhang wurde durch den Natur- Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Aufenthalt park mit Unterstützung der Sparkasse ein Moorquiz in unserem Landkreis. initiiert. Zielgruppe waren die Schülerinnen und Schüler der vierten Klassen in unserem Landkreis. Nachdem diese im Rahmen des Unterrichts den Aufbau eines Moores und das Leben darin behan- delt hatten, waren sie aufgefordert, ihr Wissen zu prüfen oder einmal selbst aktiv zu werden und das Moor zu erkunden. Durch das Quiz führten natürlich Rauschi und Moosi, um bei den Kindern Albrecht Kohlsdorf Interesse zu wecken und den Wiedererkennungs- Landrat des Mittleren Erzgebirgskreises effekt zu implizieren. Das Quiz erfreute sich reger Beteiligung und kann positiv bewertet werden. Großrückerswalde, im September 2005 Das Moorschutzprojekt des Naturparks Erzgebirge/Vogtland – Bestandsaufnahme, Maßnahmenkatalog... 9

Das Moorschutzprojekt des Naturparks Erzgebirge/Vogtland – Bestandsaufnahme, Maßnahmenkatalog und Umsetzung

1 EINLEITUNG: MOORE IM ERZGEBIRGE Regenmoor ein. Allerdings verweist ZINKE (2002) auf Ralf Uhlmann Das Erzgebirge gehört zu den moorreichsten neuere, bisher unveröffentlichte Untersuchungen, Gebieten in Sachsen. Die Moorvorkommen kon- wonach mit Ausnahme der großen Regenmoore zentrieren sich vor allem auf die westlichen und der Kammlagen viele Moore „... das Regenmoor- mittleren Gebirgsteile. In der Mehrzahl handelt es Stadium nicht oder erst sehr spät erreicht haben“. sich um Mittelgebirgsregenmoore, die auch den Die Phase des intensiven Moorwachstums reichte Schwerpunkt des Moorprojektes ausmachen. Sie bis ins 18. Jahrhundert, wenn sie nicht bereits befi nden sich fast ausschließlich in den hohen vorher durch Entwässerungsmaßnahmen und/oder Berg- bzw. Kammlagen mit mittleren Jahresnie- Torfabbau unterbrochen wurde (SLOBODDA 1998). derschlägen von mindestens 900 mm. Besondere Der menschliche Einfl uss auf die Moore des Erzge- Verbreitungsschwerpunkte auf der sächsischen birges begann ab dem 12. Jahrhundert und war von Seite des Gebirges befi nden sich am Oberlauf der Beginn an eng mit der Bergbau- und Siedlungs- Zwickauer Mulde, um Carlsfeld, zwischen Scheiben- geschichte verbunden. Anfangs hatte er teilweise berg und Geyerschem Wald sowie südöstlich von sogar positive Auswirkungen, wenn es infolge Marienberg bei Satzung-Reitzenhain-Kühnhaide- mittelalterlicher Rodungen zu Bodenvernässungen Rübenau (Abb. 1). Besonders großfl ächige und gut und damit unfreiwillig zur Förderung der Moorbil- erhaltene Moore liegen in dem zur Tschechischen dung kam. Besonders starke Beeinträchtigungen Republik gehörenden Teil des Erzgebirges bei Hora der erzgebirgischen Hochmoore resultierten aus Sv. Šebestiána, Boži Dar-Abertamy sowie P rˇebuz. dem Torfabbau ab dem 16., vor allem aber im 19. Das mit ca. 11.000 Jahren älteste bekannte Moor Jahrhundert sowie der tiefgreifenden Entwäs- des Erzgebirges ist nach neueren pollenanaly- serung für die forstwirtschaftliche Nutzung ab tischen Untersuchungen (SEIFERT-EULEN 2005) das 1818. Die Entwässerungen führten nicht nur zur Pfahlbergmoor in der Nähe des Fichtelberges. Degradierung der Moore, sondern auch zu großen Die Entwicklung setzte dort bereits am Ende des Flächenverlusten durch Torfschwund in Bereichen Spätglazials der Weichselkaltzeit ein. Vorher ging geringmächtiger Torfaufl agen. Weitere Beeinträch- man davon aus, dass die frühesten Moorbildungen tigungen brachte in der zweiten Hälfte des 20. erst nach der Eiszeit am Übergang zum Boreal vor Jahrhunderts die häufi ge Wiederaufforstung mit 9.000 Jahren entstanden (SLOBODDA 1998). Zumeist fremden „rauchtoleranten“ Arten wie Blaufi chte entwickelten sich Hang- bzw. Versumpfungsmoore. und Murraykiefer nach dem immissionsbedingten Mit dem kühl-feuchten Klima des älteren Subat- Absterben der Fichten auf den Mooren. lantikums setzte vor etwa 3.000 Jahren ein ver- Mit der Mothäuser Heide und dem Großen stärktes Moorwachstum und damit der Übergang Kranichsee wurden 1911 bzw. 1912 die ersten zum im Erzgebirge häufi g vorkommenden Gehänge- Erzgebirgsmoore unter Schutz gestellt. Weitere

Abb. 1: Moor- und Torf- standorte im Naturpark Erzgebirge/Vogtland. 10 Ralf Uhlmann

Naturschutzgebiete folgten. Zudem ist inzwischen heute mit großer Wahrscheinlichkeit noch als ein großer Teil der Moore in die Gebietskulisse Moore bzw. Torfl ager existieren. der europäischen FFH-Gebiete integriert worden. Eine einmalige Begehung dieser Flächen beinhalte- Aus den 1960-er Jahren ist die Errichtung erster te neben der Beurteilung von Moortyp, Grabennetz Grabenanstaus (z. B. Kleiner Kranichsee) bekannt. sowie Entwässerungs- und Beeinträchtigungsgrad Insbesondere nach der politischen Wende wurden auch eine stichprobenhafte Bestimmung der Torf- Anfang der 1990-er Jahre Moorrevitalisierungs- mächtigkeiten. Es wurden die charakteristischen maßnahmen durch verschiedene Träger wie Na- und dominierenden Pfl anzenarten erfasst, poten- turschutzstationen bzw. -zentren, ehrenamtlichen zielle Maßnahmenbereiche abgegrenzt und Ent- Naturschutz und auch den Zweckverband Natur- wicklungschancen analysiert. Insgesamt konnte park Erzgebirge/Vogtland mit unterschiedlichen eine weitgehend vollständige Erfassung jener Ergebnissen durchgeführt. Ende der 1990-er Jahre bestehenden Torfl ager erreicht werden, die eine wurde für den sächsischen Teil des Erzgebirges Fläche von über 1 ha und eine Torfmächtigkeit von eine Koordination der Einzelaktivitäten sowie mindestens 40 cm aufweisen (ZVNPEV 2000). Eine die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes zur Re- vollständige Inventarisierung der kleinfl ächigen vitalisierung der Moore angestrebt. Aufgrund bzw. geringmächtigen Hang- und Quellmoore sowie seiner gebietsübergreifenden Arbeit schien der Moorinitialstadien (auch auf abgetorften Flächen) Zweckverband Naturpark Erzgebirge/Vogtland für steht noch aus. diese Aufgaben prädestiniert. Er wurde 1999 vom Die Fläche der so untersuchten Moore, Moorwälder, Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie Moorwiesen und offenen bzw. gehölzbestandenen (LfUG) mit einer Vorstudie zum geplanten Landes- Regenerationsstadien (letztere z. T. kaum noch schwerpunktprojekt Erzgebirgische Moore (ZVNPEV mit Moor-Merkmalen) beträgt noch reichlich 2000) beauftragt. 14 km², also knapp ein Viertel der ehemaligen Moorfl ächen nach den historischen geologischen 2 DIE VORSTUDIE ZUM MOORSCHUTZPROJEKT Karten (ZVNPEV 2000). Auf ca. 8,5 km² weisen 2.1 Erfassung der Moor- und Torfstandorte die Torfl ager noch eine Mächtigkeit von über Die Vorstudie beinhaltet ein ca. 1.720 km² um- 0,8 m auf. Diese Flächen sind fast ausnahmslos fassendes Untersuchungsgebiet, welches neben gehölzbestanden, wobei nur noch ca. 80 bis 90 ha der Naturparkfl äche auch nördlich vorgelagerte von Bergkieferngehölzen und Bergkiefern-Fichten- Bereiche des Erzgebirges einschließt (ZINKE 2002). Mischbeständen eingenommen werden. Die Erfassung und Bewertung der Moor- und Torfstandorte sowie die Erstellung eines Maßnah- 2.2 Zustandsbewertung der Moor- und Torf- menkatalogs inklusive einer Kostenschätzung und standorte die Recherche möglicher Verbauvarianten erfolgte Prinzipiell blieb kein Hochmoor im Untersu- durch P. ZINKE in den Jahren 1999 und 2000. chungsgebiet völlig unberührt von Entwässerung, Zunächst wurden aus den zwischen 1886 und Torfabbau, Bergbau oder forstlicher Nutzung. 1935 herausgegebenen Geologischen Spezial- Zumindest im internationalen Vergleich (etwa mit karten alle Torfstandorte ab einer Größe von ca. den baltischen und russischen Hochmooren) sind 0,5 ha herausgesucht. Nahe beieinanderliegende fast alle der untersuchten erzgebirgischen Moore Torfkörper wurden unter Berücksichtigung ihrer als „sehr stark gestört“ oder „völlig verändert“ zu hydrologischen Beziehungen zu einem sog. „Moor- bewerten. Für die weitere Bearbeitung war es in und Torfstandort“ zusammengefasst. Insgesamt der Vorstudie (ZVNPEV 2000) jedoch notwendig, konnten damit 166 Objekte mit einer Gesamtfl äche ein am regionalen Maßstab orientiertes Bewer- von ca. 60 km² ermittelt werden, die zumindest tungsverfahren zu entwickeln, welches eine aus- vor rund 100 Jahren noch im sächsischen Teil reichende Differenzierung zwischen den Moor- und des Erzgebirges existierten. Bereits MÄNNEL (1896) Torfstandorten zuließ. schätzte die Fläche der Ende des 19. Jahrhunderts Als Bewertungskriterien wurden die noch vorhan- vorhandenen Moore für das sächsische obere Erz- dene maximale Torfmächtigkeit, das Ausmaß von gebirge auf etwa 60 km². Torfabbau oder -schwund (im Vergleich zu den Anschließend wurden Luftbilder ausgewertet, früheren geologischen Karten), die Intensität der Daten aus der selektiven Biotopkartierung, der Entwässerung, die Ausdehnung bestehender Moor- forstlichen Standortkartierung und der 1947 bis oder Regenerationsfl ächen sowie das Vorkommen 1950 durchgeführten Torfl agerstättenaufnahme der für Hoch- und Zwischenmoore typischen gesichtet und jene Bereiche ausgegrenzt, die bis Vegetation herangezogen. Das Moorschutzprojekt des Naturparks Erzgebirge/Vogtland – Bestandsaufnahme, Maßnahmenkatalog... 11

Die Bewertung erfolgte anhand von vier Zustands- sich dabei neben nur kleinfl ächig erhaltenen klassen: Hochmoorresten (z. B. Moosheide bei Marienberg und Siebensäure bei Neudorf) auch um stark • naturnah bis gering gestört, degradierte und zunehmend vergraste Moore und • mäßig gestört (z. B. großfl ächig entwässert, Moorwälder (z. B. Achterheide und Schwarze Heide aber noch überwiegend typische Moor- und bei Rübenau). Methodisch bedingt mussten auch Heidevegetation) bzw. mit guter Regenera- die nicht direkt mit den Hochmooren und Moor- tion, wäldern vergleichbaren wertvollen Moorwiesen • stark gestört (z. B. großfl ächige Entwässerung dieser Kategorie zugeordnet werden, wobei im und Abbau, Torfkörperreste mit Vorwald, wenig Rahmen der Vorstudie nur ein Teil der anmoorigen Initialen mit Moorregeneration), Wiesen und der durch geringe Torfmächtigkeiten • völlig verändert (z. B. vollständig entwässert charakterisierten Hang- und Quellmoore erfasst und aufgeforstet). wurden. Sie sind nicht selten durch das Vorkom- men gefährdeter Hoch- und Zwischenmoorarten Einen naturnahen bis gering gestörten Zustand gekennzeichnet. weisen nur wenige Moor-Naturschutzgebiete am Fast die Hälfte aller untersuchten Moor- und Erzgebirgskamm auf. Es handelt sich dabei um Torfstandorte sind inzwischen völlig verändert die Mothäuser Heide, den Kleinen und den Großen und weisen keine Hoch- bzw. Zwischenmoorarten Kranichsee, die Kriegwiese, das Hochmoor Weiters mehr auf. Glashütte und das Friedrichshaider Hochmoor. Be- Weiterer Untersuchungsbedarf besteht bezüglich zogen auf die Gesamtzahl sind dies lediglich vier der in Wiesenbereichen gelegenen, bisher nicht Prozent der untersuchten Moor- und Torfstandorte näher untersuchten Moortypen (wie den gering- (Abb. 2). mächtigen Hang- und Quellmooren) sowie der ins- Etwa jedes fünfte Moor wurde als mäßig gestört besondere auf den mineralischen Nassstandorten bzw. gut regeneriert eingeschätzt. Dazu zählen auftretenden Versumpfungen und Moorinitialen. weitere Naturschutzgebiete, z. B. das Grünhaider, das Jägersgrüner und das Hormersdorfer Hochmoor 2.3 Maßnahmenkatalog mit Priorisierung sowie das Moor am Pfahlberg, aber auch nicht Neben der Inventarisierung und Bewertung der als Schutzgebiete ausgewiesene Moore, die sich Moor- und Torfstandorte stellte die Erarbeitung insbesondere im Raum Kühnhaide-Reitzenhain eines Maßnahmenkatalogs einen wesentlichen konzentrieren. Schwerpunkt der Vorstudie zum geplanten Lan- Knapp ein Drittel der untersuchten Objekte gehört desschwerpunktprojekt Erzgebirgische Moore zur Klasse der stark gestörten Moore. Es handelt (ZVNPEV 2000) dar.

Abb. 2: Bewertung des Zustandes der Moor- und Torfstandorte. 12 Ralf Uhlmann

Durch entsprechende Revitalisierungsmaßnahmen Anschließend wurden die 47 Moor- und Torf- sollen die Torfkörper erhalten und selbstregulie- standorte mit Maßnahmenvorschlägen zu 38 rende, möglichst durch Nährstoffarmut geprägte, Maßnahmenstandorten zusammengefasst und in torfspeichernde Ökosysteme gefördert bzw. wieder- drei Prioritätsstufen unterteilt. Dabei spielten hergestellt werden (vgl. SUCCOW 2001). Allerdings folgende Kriterien eine Rolle: kann in vielen Mooren durch die mit der Ent- wässerung einhergehenden Reliefveränderungen • die Zustandbewertung des Standortes, zunächst nur eine Erhöhung der Standortvielfalt, • der Grad der Entwässerung bzw. der natürli- aber keine flächige Wiedervernässung erzielt cherweise bereits ablaufenden Wiedervernäs- werden. sungsprozesse, Für insgesamt 47 der untersuchten Moor- und Torf- • die Chancen für eine erfolgreiche Wiederver- standorte gab es Vorschläge für Revitalisierungs- nässung, maßnahmen. Dabei wurde zwischen kurzfristigen • die Chancen für die (Wieder-)Ansiedelung und langfristigen Maßnahmen sowie solchen zur moortypischer Arten, die Entfernung zu be- Torfstich-Regeneration unterschieden. Der jewei- nachbarten artenreichen Mooren. lige Flächenumfang ist in Tab. 1 dargestellt. Erste Priorität besitzen die kurzfristigen Wasser- Kurzfristige Maßnahmen wurden in den durch rückhaltemaßnahmen für mäßig gestörte Moore Entwässerungsgräben stark beeinträchtigten, (neun Standorte) sowie die Maßnahmen zur meist forstlich genutzten meso- bis oligotrophen Torfstichregeneration (sieben Standorte). Zweite sauren Mooren vorgesehen, wenn diese eine Priorität haben kurzfristige Wasserrückhaltemaß- bestimmte (Rest-)Moorfl äche mit einer Torfmäch- nahmen für stark gestörte Moore (neun Standorte). tigkeit von mindestens 0,8 m aufweisen und noch Der dritten Priorität wurden die restlichen 13 über hochmoortypische Arten verfügen (z. B. Standorte mit langfristigen Wasserrückhaltemaß- Oxycoccus palustris, Vaccinium uliginosum). Dies nahmen zugeordnet. betraf 22 Moor- und Torfstandorte, von denen 14 Hinsichtlich der in der Vorstudie dargestellten zusätzlich mit langfristigen Maßnahmen sowie Verbaumethoden für entsprechende Wasserrück- sechs ebenfalls zusätzlich mit Maßnahmen zur haltemaßnahmen sei auf den Beitrag von HAUPT Torfstichregeneration belegt wurden. in diesem Band verwiesen. Für 18 weitere Moor- und Torfstandorte gab es Empfehlungen für langfristige Maßnahmen, wobei 3 PROJEKTABLAUF FÜR MASSNAHMEN- drei Objekte auch für Maßnahmen zur Torfstichre- STANDORTE generation vorgeschlagen wurden. Die betroffenen In den Projektablauf, der die einzelnen Objekte Moore sind durch fortgeschrittene Degradierung betrifft, sind verschiedene Akteure einbezogen. gekennzeichnet. Der Forstcharakter dominiert Neben dem Zweckverband Naturpark Erzgebirge/ eindeutig. Zwergsträucher, mit Ausnahme von Vogtland als Projektträger kommt dem Umwelt- Vaccinium myrtillus, sind weitgehend zurückge- fachbereich des Regierungspräsidiums Chemnitz drängt. Um die Torfzersetzung zu bremsen und eine besondere Rolle bei der fachlichen Betreuung die natürliche Regeneration zu beschleunigen, und der Vergabe von Planungsleistungen zu. Nach- sollen die vorhandenen sehr tiefen Gräben mittel- dem die Projektkoordination in früheren Jahren bis langfristig geschlossen werden. Bei weiteren über eine Projektstelle bei der Naturparkverwal- sieben Moor- und Torfstandorten wurden aus- tung realisiert wurde, erfolgt sie seit 2003 über schließlich Maßnahmen zur Torfstichregeneration das Planungsbüro Froelich & Sporbeck mit einem vorgesehen. Projektkoordinator. Darüber hinaus existiert eine

Tab. 1: Flächenumfang der Maßnahmenbereiche. Art der Maßnahme Fläche in ha

kurzfristige Wasserrückhalte-Maßnahmen 183

langfristige Wasserrückhalte-Maßnahmen 348

Maßnahmen zur Torfstichregeneration 90

Gesamtsumme: 621 Das Moorschutzprojekt des Naturparks Erzgebirge/Vogtland – Bestandsaufnahme, Maßnahmenkatalog... 13

regionale Arbeitsgruppe zum Moorschutzprojekt, dromorphologische Analyse war es auch möglich, der auch Vertreter des Sächsischen Staatsministe- unter Berücksichtigung der Eigenschaften des riums für Umwelt und Landwirtschaft, des Säch- zur Wiedervernässung verfügbaren Wassers die sischen Landesamtes für Umwelt und Geologie und potenzielle Vegetationsentwicklung für das zu des Staatsbetriebes Sachsenforst angehören. revitalisierende Moor zu prognostizieren. Damit Der Projektablauf für die einzelnen Standorte wurde eine Qualität der hydrologischen Gutachten gliedert sich in der Regel in die Grundlagenermitt- erreicht, die für zukünftig zu bearbeitende Moore lung, die Maßnahmenplanung, die Abstimmungen beispielhaft ist (s. Beitrag von DITTRICH & EDOM in mit Eigentümern und Behörden, die praktische diesem Band). Umsetzung und das Monitoring. Zumeist muss Nach der fachlichen Prüfung der Gutachten werden dabei ein Kompromiss zwischen dem moorkundlich alle zu dem Moorobjekt vorliegenden Untersu- und naturschutzfachlich Wünschenswerten und chungen durch den Projektkoordinator subsumiert den verschiedenen Nutzungsinteressen sowie den und eine umsetzungsreife Maßnahmenplanung fi nanziellen Möglichkeiten gefunden werden. Dies erstellt. Eventuell auftretende Zielkonfl ikte, wie betrifft sowohl die Grundlagenermittlung, als auch das Überstauen besonders seltener oder gefähr- die Umsetzung und das Monitoring. Im Laufe der deter Arten, werden dabei berücksichtigt. Die vergangenen Jahre hat sich das in den folgenden Arbeit beinhaltet auch die konkrete Festlegung Kapiteln beschriebene Verfahren bewährt. der Staustandorte, die Wahl der jeweils gün- stigsten Verbaumethode und die Berechnung 3.1 Grundlagenermittlung, Maßnahmenpla- des dafür notwendigen Materials. Dazu werden nung und Abstimmungen an den entsprechenden Standorten die nötigen Aufbauend auf den Ergebnissen der Vorstudie wer- Grabenparameter (insbesondere Tiefe, Breite und den für die einzelnen Maßnahmenstandorte bereits Torfmächtigkeit unter der Grabensohle) erhoben. vorhandene Daten recherchiert und soweit möglich Im Einzelfall erfolgt die Planung der Maßnahmen die Nutzungsgeschichte analysiert. Nach Sichtung auch durch die Fachberater des Naturparks. Danach der Daten sind durch den Projektkoordinator der stimmt der Projektkoordinator die Schritte mit den weitere Untersuchungsbedarf festzustellen und bei Flächeneigentümern und sonstigen Betroffenen ab. Fremdvergabe von Gutachten entsprechende Lei- Häufi g ist die Einholung einer wasserrechtlichen stungsbilder und Kostenschätzungen zu erarbeiten. Genehmigung notwendig. Insbesondere die vegetationskundlichen Untersu- chungen sowie die Grabenkartierung werden unter 3.2 Maßnahmenumsetzung und Monitoring fachlicher Anleitung der Naturparkmitarbeiter von In den meisten Fällen handelt es sich bei den Diplomanden, Praktikanten oder im Rahmen des Maßnahmenstandorten um zum Landeswald Freiwilligen Ökologischen Jahres durchgeführt. gehörende entwässerte Moore. Nach anfänglich Die Aufträge für die Erstellung der hydrologischen eher skeptischer Beurteilung der Wiedervernäs- Gutachten inklusive einer Geländevermessung und sungsabsichten hat sich im Laufe der Jahre eine eines Maßnahmenkonzeptes vergeben Mitarbeiter positive Zusammenarbeit mit der Forstverwaltung des Umweltfachbereiches des Regierungspräsidi- entwickelt (s. Beitrag von REINHOLD & HOMANN in ums Chemnitz an Fachbüros. Je nach Moorstandort diesem Band). So werden in den meisten der und fi nanziellem Spielraum werden auch Moorboh- landeseigenen Moore die Grabenanstaus durch die rungen zur stratigrafi schen Ansprache der Torfar- Waldarbeiter der jeweiligen Forstreviere manuell ten, der Großreste und Zersetzungsgrade integriert, errichtet. Ergänzend erfolgen teilweise forstliche die wichtige Hinweise zur Moorgenese und damit Maßnahmen, vor allem, um die fremdländischen auch zum Entwicklungspotenzial liefern. Baumarten zurückzudrängen, die vor 15 bis 30 Mit den hydrologischen Gutachten zum Moorgebiet Jahren nach den starken Immissionsschäden be- am Löffelsbach und zum Tuchermoor (DITTRICH et sonders im mittleren Erzgebirge gepfl anzt wurden. al. 2004a, b) konnte die bisher weitgehend em- Inzwischen verdrängen diese Bäume durch sehr pirische, oft von subjektiven Ansichten geprägte starke Beschattung und Wasserentzug die natür- Planung von Maßnahmen zur Moorrevitalisierung liche Moorvegetation weitgehend. auf der Grundlage einer hydromorphologischen Insbesondere in den nicht zum Landeswald gehö- Analyse zu einem objektivierten Verfahren entwi- renden Mooren werden die manuell umsetzbaren ckelt werden. Auf diesem Hintergrund wurden in Wiedervernässungsmaßnahmen über Arbeitsbe- den Gutachten zeitlich und räumlich gestaffelte schaffungsmaßnahmen oder ähnliche Initiativen Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Durch die hy- sowie über das Freiwillige Ökologische Jahr reali- 14 Ralf Uhlmann

Tab. 2: Bearbeitungsstand der Maßnahmenstandorte. Maßnahmenstandort Maßnahmen Priorität: kurzfristige Erste DeutscheinsiedelHochmoor Rübenaualter Torfstich bei RübenauLehmheide bei Reitzenhainam Auerhahnweg bei RübenauHühnerheide GeigenbachWoderich/Am bei SatzungPhilippheide (Sept. 2005) zur Moortagung Bearbeitungstand Steinbach Sauschwemme/südlich An der (Okt. 2006) Aktualisierung abgeschlossen vorerst Umsetzung NordHühnerheide zur Torfstichregeneration Priorität: Maßnahmen Erste laufend Umsetzung abgeschlossen Umsetzung ReitzenhainStengelhaide/Torfwerk abgeschlossen vorerst Umsetzung Putenfarm) (an der Elterlein nordöstlich begonnen nicht noch laufend Umsetzung Burg) an der (Moor bei Crottendorf laufend Umsetzung bei Muldenbergam Löffelsbach Untersuchung ergänzende Schönheide Hochmoor/südwestlich Schönheider laufend Umsetzung bei MarienbergMoosheide abgeschlossen Umsetzung abgeschlossen Umsetzung Filzteich am Schneeberger Moorkomplex Vorplanung/Umsetzung Maßnahmen Priorität: kurzfristige Zweite begonnen nicht noch abgeschlossen Umsetzung abgeschlossen vorerst Umsetzung bei RübenauAchterheide bei NeudorfSiebensäure Grundlagenermittlung laufend Umsetzung Kroatenbach Kühnhaide/am Wirtsgarten begonnen nicht noch abgeschlossen vorerst Umsetzung Vorplanung laufend Umsetzung abgeschlossen Umsetzung abgeschlossen Umsetzung Grundlagenermittlung Maßn.-planung abgeschloss./Kroatenbach Wirtsgarten Das Moorschutzprojekt des Naturparks Erzgebirge/Vogtland – Bestandsaufnahme, Maßnahmenkatalog... 15

Tab. 2: Fortsetzung. (z. B. durch FFH-Managementplanung) durch (z. B. gekommene Maßnahmenstandorte gekommene

üsschen bei Holzhau üsschen laufend Umsetzung Tuchermoor Heide Scheibenberger westliche Kranichsee Kleiner Rote Pockau/ErdmannsbachRote bei SatzungAm Paschweg Wald im Geyerschen Wasser Oberlauf Rotes SchilfwieseSchwarzwasser-Quellgebiet/NSG bei Rübenau Heide Schwarze bei NeudorfErlheide begonnen nicht noch Maßnahmen Dritte Priorität: langfristige begonnen nicht noch bei Johanngeorgenstadtam Butterweg laufend Umsetzung am Salzfl begonnen nochnicht Glashütte Kranichsee/Weiters Gr. Moorkomplex bei Kühnhaide u. Bauernheide Teichheide bei ReitzenhainMeierheide begonnen nicht noch Grundlagenermittl./Maßn.-Planung abgeschlossen alten FloßgrabenFriedrichsgrün/Am vorerst Umsetzung bei KühnhaideErlheide Süd Heide Mothäuser begonnen Grundlagenermittlung nicht noch bei Auerbacham Zinsbach/Pfaffenbächel bei Schöneck Mulde Roten an der laufend bei MuldenbergSilberbach Umsetzung begonnen nicht noch für Kernbereich Maßn.-Planung ergänzende Steig bei CarlsfeldCarlsfelder Grundlagenermittlung am Teichweg Carlsfeld nordöstlich begonnen nicht noch Neu hinzu begonnen nicht noch begonnen nicht noch begonnen nicht noch begonnen nicht noch begonnen nicht noch begonnen nicht noch 16 Ralf Uhlmann

siert. Die Finanzierung des notwendigen Materials dritten Priorität bereits die Umsetzung läuft oder wird über die Förderung nach der Sächsischen abgeschlossen ist. Ein wichtiger Grund dafür ist Naturschutzrichtlinie (2003) und über Eigenmittel der unterschiedliche Stand der Voruntersuchungen des Naturparks abgedeckt. Die Einweisung und zum Zeitpunkt der Vorstudie, sodass teilweise Baubegleitung erfolgten jeweils in enger Zusam- Maßnahmenstandorte vorgezogen wurden, wenn menarbeit durch Mitarbeiter des Naturparks und bereits umfangreiche Daten und ggf. sogar Kon- den Projektkoordinator. Wo notwendig, wurden zepte vorlagen. Von Bedeutung ist auch, ob die auch ortansässige Baufi rmen mit den Erd- und Standorte innerhalb des Naturparks liegen und Wasserbauarbeiten beauftragt. Grabenanstaus sind ob sich in bestimmten Bereichen besonders viele auch im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaß- Moore konzentrieren. Letzteres führt beispiels- nahmen realisiert worden. weise im Bereich um Kühnhaide und Reitzenhain Ein projektbegleitendes Monitoring ist durch den dazu, dass dort die Kapazitäten für die Umsetzung Zweckverband Naturpark Erzgebirge/Vogtland nur von Maßnahmen durch einige größere, zurzeit in in begrenztem Umfang möglich. Dies beinhaltet Bearbeitung befi ndliche Moore für die kommenden die vor allem in den größeren Mooren angelegten Jahre bereits ausgeschöpft sind. Moorwasserstands-Messstellen und Vegetations- Bei insgesamt 16 Standorten gab es noch keine Dauerbeobachtungsfl ächen sowie Fotodokumenta- Bearbeitung. Während in vier Mooren bisher nur tionen. Ergänzende Untersuchungen werden von die Grundlagenermittlung bzw. Maßnahmenpla- der regionalen Arbeitsgruppe zum Moorschutz- nung erfolgt, läuft in neun Standorten bereits projekt vor allem im hydrochemischen Bereich für die Umsetzung. Neun Objekte wurden schon rea- notwendig erachtet und angestrebt. lisiert und zumindest vorerst abgeschlossen. Der Flächenanteil der genannten Gruppen ist in Tab. 3 4 AKTUELLER STAND DES MOORSCHUTZPRO- dargestellt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, JEKTES dass die Flächengröße nicht immer Aufschluss Im Folgenden wird dargestellt, welcher Stand bei über den tatsächlichen Arbeitsaufwand gibt. So dem erzgebirgischen Moorschutzprojekt bis zur können in kleinen, intensiv entwässerten Mooren Moortagung im September 2005 erreicht wurde. mit relativ hohem Geländegefälle wesentlich mehr Dabei muss betont werden, dass Planung und Maßnahmen notwendig sein, als beispielsweise in Umsetzung der Moorrevitalisierungsmaßnahmen großfl ächigen Torfstichbereichen, die mit wenigen teilweise auch durch andere Träger wie das Staus fl ächig wiedervernässt werden können. Vor Naturschutzzentrum Annaberg, die Naturschutz- allem in der Umgebung von Schöneck existieren stationen Pobershau und Westerzgebirge oder das großfl ächig entwässerte, fl ache Vermoorungen Naturschutzinstitut Freiberg erfolgten. In Tab. 2 mit kleineren eingestreuten Moorkernen, die im sind die 38 Maßnahmenstandorte der Vorstudie Rahmen der Vorstudie als zusammenhängende entsprechend ihrer Priorität geordnet wiederge- Maßnahmenbereiche erfasst wurden. Erst nach geben. vertiefenden Untersuchungen ließen sich dort die Vergleicht man den Stand der drei Prioritätsstufen, tatsächlich relevanten Teilbereiche abgrenzen, die fällt auf, dass die erste Priorität zwar den wei- mitunter nur Bruchteile der ursprünglichen Fläche testen Fortschritt erreicht hat, einzelne Maßnah- ausmachen. mestandorte aber trotzdem noch nicht begonnen Die Angabe, dass in den Mooren die Umsetzung wurden, obwohl bei Standorten der zweiten und vorerst abgeschlossen wurde, weist darauf hin,

Tab. 3: Stand der Umsetzung des Moorprojektes (Sept. Arbeitsstand Fläche in ha 2005). Maßnahmenumsetzung (vorläufi g) abgeschlossen 188

Maßnahmenumsetzung derzeit laufend 80

Vorplanung (Grundlagenermittlung, Maßnahmenplanung) 147

Noch nicht begonnen 206

Gesamt: 621 Das Moorschutzprojekt des Naturparks Erzgebirge/Vogtland – Bestandsaufnahme, Maßnahmenkatalog... 17

Abb. 3: Torfmoosregenera- tion im Staubereich eines Spundwanddammes im Moor am Auerhahnweg bei Reit- zenhain (Foto: R. Uhlmann).

dass häufi g nicht alle notwendigen Maßnahmen werden, es aber wiederherzustellen, ist nicht durchgeführt werden konnten. Gründe dafür sind machbar. Moorrevitalisierungsmaßnahmen können beispielsweise die für Teilfl ächen fehlende Zustim- nur die natürliche Regeneration unterstützen und mung der Eigentümer oder die Einschränkungen die voranschreitende entwässerungsbedingte Zer- bei den wasserrechtlichen Genehmigungen im störung der Moore (im wahrsten Sinne des Wortes) Einzugsgebiet von Trinkwassertalsperren. Zudem eindämmen. Dass sich nach Einbau von Staus, wie wurden in den vergangenen Jahren viele Erfah- in Abb. 3 u. 4 zu sehen, wieder Torfmoosdecken rungen gesammelt, sodass in manchen der sehr in Gräben oder Torfstichen ausbreiten, lässt die frühzeitig umgesetzten Maßnahmenbereiche Wirksamkeit der Maßnahmen erkennen. inzwischen ergänzende Schritte für notwendig erachtet werden. In Tab. 2 wurde auch eine Aktualisierung mit LITERATUR dem Stand Oktober 2006 vorgenommen. Sie zeigt, DIITTRICHTTRICH, II.,., EDDOMOM, FF.. & SS.. GOOLDACKERLDACKER ((2004a):2004a): Hydro-Hydro- dass neben der Fortführung der Umsetzung auch llogischesogisches Gutachten für die wasserrechtliche einige Maßnahmenbereiche aufgrund der Ergeb- Genehmigung von Entwicklungsmaßnahmen nisse der FFH-Managementplanung neu (Kleiner zur Revitalisierung des Moorgebietes Löf- Kranichsee, Scheibenberger Heide) oder erneut felsbach. I. A. des Staatl. Umweltfachamtes (Deutscheinsiedel, Butterwegmoor) in die Bearbei- Chemnitz, Dr. Dittrich & Partner Hydro-Consult tung aufgenommen wurden. Dabei handelt es sich GmbH, Bannewitz & HYDROTELM Frank Edom, zumeist um Moorbereiche, die nicht den typischen Dresden. Kriterien für Maßnahmenbereiche (z. B. wegen DITTRICH, I., EDOM, F. & GOLDACKER, S. (2004b): Hydro- geringer Torfmächtigkeit oder insgesamt noch gute logisches Gutachten für die wasserrechtliche Ausprägung) in der Vorstudie entsprachen. Der Genehmigung von Entwicklungsmaßnahmen wichtige Beitrag, den das Moorschutzprojekt im zur Revitalisierung des Tuchermoores. I. A. des Naturpark Erzgebirge/Vogtland zur Umsetzung der Staatl. Umweltfachamtes Chemnitz, FFH-Managementplanung leistet, wird von TOLKE in Dr. Dittrich & Partner Hydro-Consult GmbH, diesem Band vertiefend dargestellt. Bannewitz & HYDROTELM Frank Edom, Dres- Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der Revita- den. lisierung von Mooren nicht mit schnellen Erfolgen MÄNNEL, H. (1896): Die Moore des Erzgebirges und zu rechnen ist. Ein Moor, das über Jahrtausende ihre forstwirtschaftliche und nationalökono- gewachsen ist, kann zwar in kürzester Zeit zerstört mische Bedeutung. Dissertation, München. 18 Ralf Uhlmann

Abb. 4: Spundwanddamm in der Lehmheide bei Rübenau (Foto: R. Uhlmann).

Sächsische Naturschutzrichtlinie: Richtlinie des ZVNPEV – ZWECKVERBAND NATURPARK ERZ- Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt GEBIRGE/VOGTLAND (2000): Vorstudie Lan- und Landwirtschaft über die Förderung von desschwerpunktprojekt Erzgebirgische Moore Maßnahmen des Naturschutzes im Freistaat (bearbeitet von P. Zinke & S. Teichmann unter Sachsen. SächsABl., Jg. 2003, Bl.-Nr. 3, S. 41. Mitarbeit von A. Haupt &. M. Künzel). Unver- SEIFERT-EULEN, M. (2005): Präsentation von For- öff. Ber. i. A. d. Sächs. Landesamtes für Umwelt schungsergebnissen der Pollenanalyse aus und Geologie, Schlettau. erzgebirgischen Mooren. Beitrag zur Fach- veranstaltung zum Moorprogramm des Na- turparks Erzgebirge/Vogtland am 28.05.2005, Schlettau. SLOBODDA, S. (1998): Entstehung, Nutzungsge- schichte, Pfl ege- und Entwicklungsgrundsätze für erzgebirgische Hochmoore. In: Sächsische Akademie für Natur und Umwelt (Hrsg. 1998): Ökologie und Schutz der Moore im Erzgebirge, ANSCHRIFT DES AUTORS Dresden. SUCCOW, M. (2001): Revitalisierung von Mooröko- Dipl.-Ing. (FH) Ralf Uhlmann systemen – Beispiele aus Nordostdeutschland, Projektkoordinator des Moorschutzprojektes Grundsätze. In: SUCCOW, M. & H. JOOSTEN (2001): FROELICH & SPORBECK Landschaftsökologische Moorkunde. Stuttgart. Umweltplanung und Beratung ZINKE, P. (2002): Nutzungsgeschichte, Zustand und Revitalisierung der Moore im Erzgebirge. TELMA Bleichstr. 3 32: 267–280. D-08527 Plauen Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge 19

Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge

1 EINFÜHRUNG Zukunft zu vermeiden, dass durch sog. „Stan- Frank Edom, Bei der Umsetzung des Landesschwerpunktpro- dardgutachten“ (Pfl ege- und Entwicklungspläne, Ingo Dittrich, grammes Erzgebirgische Moore haben sich in den Inventarisierungen, FFH-Managementpläne, Steffi Goldacker & letzten Jahren eine Reihe praktischer Erfahrungen Hochwasserschutzkonzepte, Bewirtschaftungs- zur Durchführung von Wiedervernässungsmaß- pläne im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie, Karin Keßler nahmen degradierter Moore angesammelt (z. B. Forsteinrichtungsplanungen usw.) nicht zu den GRÄBNER & ZINKE 2001; HAUPT & UHLMANN 2004). Kernursachen des ausgetrockneten Zustandes der Aufgrund der gründlichen Vorarbeiten von ZINKE meisten Moore vorgedrungen wird. So blieb z. B. (2002) und Kollegen (ZVNPEV 2000) sowie der bis zum Jahr 2005 in unterschiedlichen Gutachten abgestimmten Zusammenarbeit von Akteuren im zum Naturschutzgebiet Kleiner Kranichsee die Naturpark Erzgebirge/Vogtland, im Umweltfach- Ursache des Vordringens der Latschenkiefer in bereich des Regierungspräsidiums Chemnitz, im die offenen Moorbereiche unerkannt. Dass dieses Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie, Moor schlichtweg von seiner Hangwasserspeisung im Staatsbetrieb Sachsenforst sowie auch lokal abgeschnitten ist, war bisher keinem der Gutachter tätiger Naturschutzgruppen (z. B. im Deutsch- aufgefallen. Insofern kann nicht behauptet wer- Einsiedler Moor) entstand im Naturpark ein Moor- den, dass hydrologisch-moorkundliche Grundla- schutzprogramm, das von seinen Grundansätzen, genuntersuchungen und Planungen zu teuer sind, dem Flächenumfang und der regionalen Spezifi k wenn Geld für ineffi ziente „Standardgutachten“ zumindest mitteleuropäische Bedeutung und ausgegeben wird. In solchen Gutachten werden Repräsentanz aufweist. zumeist keine dauerhaften Lösungen aufgezeigt In der praktischen Arbeit gibt es natürlich auch und außerdem noch ineffiziente Maßnahmen einige negative Erfahrungen, die zum Nachdenken vorgeschlagen. Anlass geben: Insgesamt war der Umgang mit den Problemen der Moorrevitalisierung im Erzgebirge in den • unwirksame Staue, bei denen das Wasser nicht letzten Jahren ein Lernprozess, in dem Behörden, ansteigt, Wissenschaftler, Gutachter und örtliche Akteure • über-, durch- und umspülte Staue, an denen gegenseitig voneinander profi tierten. sporadisch oder immer zuviel Wasser anfällt oder die bautechnisch ungeeignet ausgeführt 2 GRUNDSÄTZE DER METHODIK sind, Die Autoren haben im Rahmen einiger hydrolo- • ungenügende Anbindung hydrologischer Ein- gischer Gutachten (DITTRICH et al. 2004a, b; EDOM zugsgebiete, et al. 2005; EDOM & KESSLER 2006) die Analyse- • Konfl ikte und Meinungsverschiedenheiten mit und Planungsmethoden weiterentwickelt, deren Flächeneigentümern, Landnutzern und der gegenwärtiger Stand nunmehr diskutiert werden Landestalsperrenverwaltung. kann. Entsprechend einer eigenen Weiterentwick- lung der hydromorphologischen Theorie von IVANOV Moorschutz und Moorrevitalisierung im Freistaat (1975) für Zwecke des Moorschutzes nennen wir Sachsen sind durch die Managementplanung für diese Methodik hydromorphologische Analyse. Die die nach europäischer FFH-Richtlinie (1992) hydromorphologische Analyse besteht aus: geschützten Gebiete und die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL • einer flächendeckenden Vermessung der 2000) für Grundwasserkörper notwendig. Aus der Moorkörper, abgestimmten Vorgehensweise und dem speziellem • der Konstruktion von Höhen- und Stromlinien Fachwissen resultierten durchaus erhebliche Syner- mit den eingebetteten Gräben, gieeffekte für das Landesschwerpunktprogramm • der Erstellung einer Gefällekarte und ihrer und die FFH-Management-Planung. morphologisch orientierten Interpretation, Daran muss aber weiter gearbeitet werden. Die • der Erstellung der Wasserbilanz, Synthese sollte schon in der Planungsmethodik • der fl ächendeckenden Berechnung von Profi l- sowie bei der Auftragsvergabe (wissenschaft- durchfl uss, Hochwasserdurchfl uss, Torfkörper- lich-methodisch, Einbindung von Fachleuten Transmissivität und Hangwasseranteil, mit hydrologisch-moorkundlichen Referenzen, • der Interpretation der örtlichen Verteilung der fi nanziell) berücksichtigt werden. Es ist durch berechneten Parameter, eine fachgerechte und fl exible Handhabung der • der Ableitung potenzieller Ökotopzonierungen Grundlagenuntersuchungen und Planungen in sowie deren Interpretation. 20 Frank Edom, Ingo Dittrich, Steffi Goldacker & Karin Keßler

Weiterhin ermöglicht eine systematische Variation Wichtig ist die sorgfältige Festlegung der Grenze unterschiedlicher Eingangsgrößen das Berechnen des Vermessungsgebietes. Das zu revitalisierende von Szenarien. Einzelheiten der hydrologisch- Moor muss in seiner potenziellen hydrologischen ökologischen Berechnungsverfahren, der theore- Durchgängigkeit, in der Anbindung an die Wasser- tischen Annahmen sowie die Begriffsdefi nitionen speisung aus seinem urspünglichen hydrologischen sind bei IVANOV (1975), EDOM & GOLUBCOV (1996a, b), Einzugsgebiet einschließlich der einspeisenden EDOM (2001) und EDOM et al. (2007a, b) zu fi nden. Fließgewässer sowie in der Auswirkung auf abstro- Abschließend werden aus der Zusammenschau mig gelegene Strukturen, Flächen und Bauwerke des erstellten Materials Ort und Art der Wieder- zu beurteilen sein. Die Grenze der bezahlten Ver- vernässungsmaßnahmen sowie deren zeitliche messung lässt sich nicht am Schreibtisch festlegen, Reihenfolge abgeleitet. sondern nur durch vorlaufende Feldarbeit. Weiterhin sind im Sinne einer Grundlagenermitt- 3 GELÄNDEAUFNAHME UND AUSWERTUNG lung eine Reihe gebietsspezifi scher Unterlagen und VON UNTERLAGEN Karten auszuwerten: Eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Moorökologie und der Regenerationschancen sowie • topografi sche Karten zur Konstruktion des zur Planung der Wiedervernässungsmaßnahmen oberirdischen Einzugsgebietes, ist die Aufnahme des aktuellen Höhenreliefs • Torferkundungsgutachten und Bodenkartie- und des gesamten Gewässer- und Grabennetzes rungen, einschließlich der Wasserspiegellagen und der • geologische Karten und hydrogeologische Grabenmorphologie. Unterlagen (z. B. regionale hydrogeologische Dies erfolgt gewöhnlich durch terrestrische Ver- Gutachten, Bohrungen, Messstellen), messung. Die Auswertung von Laserscan-Daten • Unterlagen über Nutzungsstruktur und Schutz- ist prinzipiell möglich, nur liegen diesbezüglich gebiete (Naturschutz-, Wald-, Wasser-, Berg- aus erzgebirgischen Mooren noch keine Erfah- und Bodenrecht), rungen vor. Dabei ist noch die Frage zu klären, • naturschutzfachliche Erhebungen und Gut- ob man durch Laserscan-Befl iegungen wirkliche achten. Einsparungen erreicht, weil die Aufnahme der Gra- benmorphologie und der Wasserspiegellagen durch 4 ERSTELLUNG DER WASSERBILANZ einen Vermesser möglicherweise unverzichtbar ist. Die Wasserverfügbarkeit von Moorkörpern ist ge- Topografi sche Karten im Maßstab 1: 10.000 sind für bietsspezifi sch individuell und jeweils abhängig moorhydrologische Planungen zu ungenau. von Klima, Topografi e, Morphologie, Geologie, Es hat sich nachträglich als günstig erwiesen, bei Boden, Vegetations- und Landnutzungsstruktur. der Vermessung zumindest grobe Vegetationsgren- Insofern muss die Wasserbilanz eines jeden Moores zen mit aufzunehmen. Der beauftragte Vermesser einzeln ermittelt (gemessen) oder abgeschätzt sollte sich durch schwierige Geländebedingungen (berechnet) werden. Der jetzige Entwicklungsstand nicht abschrecken lassen und ein Gefühl für Ge- der hydromorphologischen Analyse beruht auf lände- und Vegetationsstrukturen besitzen. Auch Daten zur langjährig mittleren Wasserbilanz, ist es sinnvoll, wenn bei der Geländeaufnahme der meist über den Zeitraum einer 30-jährigen Reihe. hydrologische oder moo rökologische Bearbeiter Dabei wird davon ausgegangen, dass die stabile die Geländepunkte auswählt (d. h. den Refl ektor Vegetation eines regenerierten Moores langjäh- hält), während der Vermesser das Tachymeter be- rige mittlere Klimaverhältnisse repräsentiert und dient und für die Geschlossenheit der Polygonzüge kurzfristige Schwankungen der Witterung durch verantwortlich ist. Die positive Rückkopplung bei hydrologische Selbstregulation ausgleichen kann der Datenauswertung mit dafür sensibilisierten (JOOSTEN 1993; EDOM 2001). Um die Wirksamkeit von Vermessern ist nicht zu unterschätzen; es sei er- Vernässungsmaßnahmen auch im Hochwasserfall wähnt, dass unbezahlte Arbeitsstunden dahinter zu beurteilen, wurden in einem Fall auch extreme verborgen sind. Hochwasserabflüsse im Moor betrachtet (EDOM Aus den nun vorliegenden Lage- und Höhendaten & KESSLER 2006). Die Berechnung erfolgt meist wird eine Höhen- und Strukturkarte des Moor- auf der Basis langjähriger mittlerer Monatsdaten körpers mit dem Graben- und Gewässernetz nahegelegener oder geeigneter Klimastationen. erstellt. Die Karte muss markante Punkte, Wald- Die mittlere innerjährliche Verteilung der be- grenzen, Nassstellen, Wege, Geländesprünge, rechneten Wasserbilanzkomponenten wird zu hydrologisch wirksame Bauwerke usw. enthalten. Jahreswerten summiert und die berechneten Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge 21

Abfl ussgrößen anhand der Daten nahegelegener Einzugsgebiet Große Säure, Höhenlage 935 m staatlicher Durchfl uss-, Grundwasser- oder Quell- HN: schüttungs-Messstellen sowie Daten aus regionalen hydro geologischen Unterlagen auf Plausibilität RHang = Pkorr + PNebel – ETWald – RG = überprüft. In diesem Zusammenhang ist die hof- (1353 + 200 – 518 – 66 ) mm/a = 969 mm/a fentlich fortgesetzte Datengewinnung der Umwelt- betriebsgesellschaft des Freistaates Sachsen nicht Einzugsgebiet Mothhäuser Haide, Höhenlage hoch genug einzuschätzen; letztlich setzt sie die 780 m HN: bereits im Königreich Sachsen begonnene Samm- lung und Analyse umweltrelevanter Messwerte RHang = Pkorr + PNebel – ETWald – RG = akribisch fort. Äquivalente Beiträge leisten andere (972 + 145 – 588 – 88) mm/a = 441 mm/a Landesbehörden in hervorhebenswerter Weise. Getrennt berechnet werden die Wasserbilanz des Der Hangwasserzustrom ist somit in der Großen potenziell regenerierten Moorkörpers sowie die Säure, bezogen auf gleiche Hangfl ächen, doppelt Wasserbilanz des silikatisch geprägten, meist wald- so groß wie in der Mothhäuser Haide. Ähnliche bestockten hydrologischen Einzugsgebietes. Gefälleverhältnisse und Böden vorausgesetzt, Für die silikatischen Einzugsgebiete ist der lang- bedeutet dies, dass: jährige Hangwasserzustrom RHang zu ermitteln, der als vertikaler Wasserstrom oberhalb des Grundge- • Moorbildungen im Raum Carlsfeld bei schon steinskörpers (Hangwasser) zu verstehen ist. Er etwa halb so kleinen silikatischen Einzugs- setzt sich zusammen aus den Abfl usskomponenten gebieten wie im Raum Kühnhaide möglich Oberfl ächenabfl uss, hypodermischer Abfl uss und sind oder schneller Basisabfl uss (Grundwasserabfl uss über • Moorbildungen im Raum Carlsfeld bei ver- dem Festgestein). Manche Moore werden außerdem gleichsweise größerem Geländegefälle möglich von Kluftgrundwasser gespeist (so z. B. Kluftquell- sind oder moore in Tallagen wie vermutlich am Roten Wasser • gering geneigte Moore im Raum Carlsfeld zur bei Geyer). In vielen Fällen liegen die Moore in nässeren Vegetationsausprägung (z. B. Bült- oberen Berglagen und das Kluftwasser tritt dann Schlenken-Komplexe im Großen Kranichsee) meistens als Verlustgröße, vertikale Versickerung neigen sowie oder Grundwasserneubildung RG auf. In den Fluss- • Regenerationsprozesse im Raum Carlsfeld tälern, wo sich Durchfl uss-Messstellen befi nden, schneller verlaufen und damit ist das Kluftwasser dann wieder Bestandteil des • Revitalisierungsvorhaben im Raum Carlsfeld Abfl usses. Aus den gemessenen Niederschlägen erfolgversprechender sind und großfl ächig sind entsprechend der Exposition der Stationslagen zum prioritären FFH-Lebensraumtyp 7110* korrigierte Niederschläge Pkorr zu ermitteln. Sie (Lebendes Hochmoor) führen können. sind anhand der Verteilung der Messstationen sowie der Orografi e auf Moorstandort und Einzugsgebiet Die Berechnung der Wasserbilanzkomponenten zu übertragen. Der Nebelniederschlag PNebel spielt für die Moorkörper erfolgt differenziert nach den in den höheren Lagen des Erzgebirges eine nicht potenziellen Moorökotopen. Für eine Revitalisie- unbedeutende Rolle und kann nach FLEMMING (1982) rung sollte ein Zustand analysiert werden, der die höhenabhängig geschätzt werden. Für die Berech- Eigenschaften sich entwickelnder Moorökotope nung der Verdunstung ET silikatischer Standorte beschreibt. Dabei sind folgende Besonderheiten stehen eine Vielzahl an Verfahren zur Verfügung (z. zu beachten: B. DYCK & PESCHKE 1995; DVWK 1996, 2002).

Viel Überlegung erfordert die räumliche Übertra- • Die vertikale Versickerung RG kann an den gung der Daten von Klimastationen auf das Moor meisten Moorstandorten des Erzgebirges geringer und das betrachtete Einzugsgebiet, da Temperatur, als auf den silikatischen Standorten angesetzt Sonnenscheindauer, Strahlung, Wind und Luft- werden, da hochzersetzte Basistorfe, muddige feuchte nicht in so hoher räumlicher Aufl ösung Substrate, Tonlinsen oder toniger Gesteinszersatz gemessen werden wie die Niederschläge. Für die die Infi ltration unter dem Moorkörper vermin- überwiegend bewaldeten Einzugsgebiete der Großen dern. Eine fl ächendifferenzierte Quantifi zierung Säure bei Carlsfeld und der Mothhäuser Haide bei ist allerdings bisher kaum möglich, da ausreichend Kühnhaide berechneten wir folgende Hangwasser- genaue und dichte Moor- und Moorbasis-Strati- zuströme (EDOM et al. 2005; EDOM & KESSLER 2006): grafi en des Erzgebirges nicht vorliegen. 22 Frank Edom, Ingo Dittrich, Steffi Goldacker & Karin Keßler

• Der Nebelniederschlag RNebel muss entspre- für Moore nicht annähernd so gut geeicht chend der Wuchshöhe und der Wuchsdichte (langjährige Reihen, überregional) wie die unterschiedlich angesetzt werden. Die nach Romanov-Formel. FLEMMING (1982) ermittelten Werte wurden von • Bei der Berechnung der Verdunstung von uns als Werte für Fichten-Wald angesetzt. Der Moorwäldern ET nehmen wir an, dass die Nebelniederschlag ist bei Spirken-Moorwäl- Baumwurzeln ständig Zugriff auf das Moor- dern, Latschenkiefern und offener Moorvege- wasser haben und die Verdunstung somit als tation geringer. potenzielle Verdunstung von Wäldern entspre- • Die Verdunstung ET offener (gehölzfreier) chend ihrer Struktur berechnet werden kann. Moorfl ächen ist nicht, wie oft praktiziert, mit Damit ergeben sich für Fichten-Moorwälder die der potenziellen Verdunstung von Gras gleich- höchsten, für Spirken-Moorwälder mittlere und zusetzen. Besser geeignet und moorspezifi sch für Latschenkieferbestände kleine jährliche ist der Ansatz von Romanov, dessen Parametri- Verdunstungsraten. Diese Betrachtungsweise sierungen bei EDOm (2001) dargestellt sind. Im ist zwar unbefriedigend, da Feuchtestress- Fall der Erzgebirgsmoore gehen wir von einem effekte für Moorgehölze, ihre zum Teil sehr Tab. 1: Mittlere jährliche advektionsfreien Gleichgewichtszustand mit geringen Wachstumsraten, ihre Wurzelkon- Wasserbilanz [mm/a] der Waldumgebung der Moorstandorte bzw. hoher kurrenz und die mikroklimatischen Wechsel- potenziellen Moorökotope Luftfeuchte aus. Bei Landnutzungsänderungen wirkungen zwischen der Gehölzvegetation und des potenziell rege- oder Klimawandel ist die Advektion z. B. und der Moorvegetation eher kleinere Verdun- nerierten Moores für zwei nach Veršinin (EDOM 2001) zu prüfen. Der für stungsraten erwarten lassen. Jedoch gibt es erzgebirgische Moore (Daten hydrologische Laien scheinbar differenziertere für die Verdunstung von Moorgehölzen bisher aus EDOM et al. 2005; EDOM & Ansatz nach Penman-Monteith ist nur zum weder ein physikalisch-theoretisches noch ein KESSLER 2006). Teil physikalisch, er ist auch experimentell experimentell fundiertes Konzept, sodass wir

Ökotop Sphagnum- Bült- Klein- Moorkiefern- Moorkiefern- Spirken- Fichten- Poten- Zwerg- Schlen seggen- Moorgehölz Moorgehölz Moor- Moor- zielle strauch- ken- Ried (Sphagnum- (zwergstrauch wald wald Moor- Rasen Komplex reiche Ausbil- reiche Ausbil- ökotope dungsform) dungsform) gesamt FFH- 7110* 7140 91D3* 91D4* Lebensraumtyp Lebendes Über Bergkiefern- Moorwald Fichten- Hochmoor gangs- Moor moor wald

Große P 1354 1354 1354 1354 1354 1354 1354 Säure korr

PNebel 16 8 12 80 94 200 83

ET -390 -446 -391 -482 -454 -518 -450

RG -20 -20 -20 -20 -20 -20 -20

R 960 896 955 932 932 1016 967 Ökotop nicht vorhanden

Moth- P 972 972 972 972 972 972 972 972 häuser korr Haide PNebel 12 6 7 58 70 116 145 59

ET -427 -484 -429 -536 -507 -561 -588 -504

RG -20 -20 -20 -20 -20 -20 -20 -20

RÖkotop 537 474 530 474 515 507 509 507 Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge 23

Abb. 1: Netz der Strom- und Höhenlinien mit einge- betteten Gräben in der Solbrigshaide bei Mulden- berg (aus DITTRICH et al. 2004a).

Muldenberg Torfstich

Solbrigshaide

Torfmächtigkeit

0 bis 1m 1 bis 2 m 2 bis 3m Gräben

bisher pragmatisch mit dem ungünstigsten Fall nach PRIKRYL ˇ et al. (2005) besonders große Hu- für das Moor, d. h. hohen Verdunstungsraten, minstoffmengen in die Fließgewässer liefern. rechnen. Tab. 1 zeigt: • Die Unterschiede in der Wasserbilanz einzelner Moorgebiete und ihrer silikatischen Einzugs- • Wenn ein vegetationsspezifi scher Nebelnieder- gebiete sind so groß, dass jedes Moorgebiet schlag berücksichtigt wird, gleichen sich die individuell betrachtet werden muss. Verdunstungsunterschiede der einzelnen Moor- ökotope in der Wasserbilanz (Abfl uss) zum Teil Weder die langfristige Wasserbilanz einzelner wieder aus. Das Beseitigen von Moorgehölzen Moorökotope im Erzgebirge noch der Nebelnie- führt dann nicht zu einer höheren Wasserver- derschlag im Raum Kühnhaide und Carlsfeld sind fügbarkeit im Moorboden. Die Verhältnisse jemals experimentell untersucht worden. Auch die kehren sich möglicherweise sogar um, sodass Grundwasserneubildung unter dem Moorkörper wird der gehölzfreie Ökotop wasserhaushaltlich im Einzelnen fl ächendifferenziert unterschiedlich instabiler wird. sein. Für genauere Berechnungen liegen aber nicht • Der Gesamtabfl uss des Moores ist in der Grö- ausreichend belastbare Daten über Moorstratigrafi e, ßenordnung ähnlich wie der Gesamtabfl uss Verbreitung von Mudden und mineralische Basis- mineralischer Waldstandorte. Eine Moorrevita- bildungen vor. Planungen zur Moorrevitalisierung lisierung im nebelgeprägten oberen Erzgebirge erfordern jedoch schnelle gutachterliche Aussagen. ändert somit die mittlere Wasserbilanz kaum. Für die Einrichtung von wasserhaushaltlichen Lang- Wohl aber dürfte sich die kurzfristige Dynamik fristuntersuchungen in Versuchsgebieten sind die ändern. Durch den Rückbau des Grabennetzes, sächsischen Landesbehörden gefordert. d. h. eine Verringerung der Fließgewässerdichte in den Mooren, verlangsamt sich der Abfl uss. 5 Erstellung und Analyse hydro morphologischer Der Grabenrückbau dient dem Hochwasser- Karten schutz und puffert die Stoffemission bei Star- Als erster und einfachster Schritt können aus kregenereignissen und Schneeschmelze ab, die Höhenlinien Stromlinien bestimmt werden. 24 Frank Edom, Ingo Dittrich, Steffi Goldacker & Karin Keßler

Stromlinien stehen senkrecht zu den Höhen- oder durch Moorschrumpfung eingesenkte Täler. Durch Potenziallinien. Stromlinien gliedern die betrach- Vergleich mehrerer Moore ergibt sich, dass sich tete Oberfl äche des Moorkörpers in Stromsektoren. bei günstigerer Wasserbilanz (d. h. größeren Durch die Höhenlinien gliedert sich jeder Strom- Abfl usswerten) Moore auch in größerem Gefälle sektor in Segmente (Abb. 1). Die hydromorpho- ausbilden können. logische Betrachtungsweise geht davon aus, dass Das anthropogen veränderte Relief des Torfkörpers im revitalisierten Moor bei weitgehendem Rückbau führt oft zu Entwicklungspotenzialen, die vom aller Gräben das Wasser nahe und parallel zur ursprünglichen Moor abweichen. Dies ist durch Mooroberfl äche strömen wird (EDOM 2001; EDOM hydromorphologische Berechnungen zu ana- et al. 2007a, b). Anhand von Abb. 1 kann eine lysieren. Einzelheiten der Berechnungsverfahren erste qualitative Strukturanalyse erfolgen: fi nden sich bei IVANOV (1975), EDOM & GOLUBCOV (1996a, b), EDOM (2001) und EDOM et al. (2006, • Es gibt Flächen mit stark konvergierenden, 2007). Anhand der morphologischen Segmentpa- divergierenden oder näherungsweise paral- rameter wird unter Einbeziehung der Wasserbilanz lelen Stromlinien. In diese Stromlinien sind eine Karte der langjährig mittleren spezifi schen Stichgräben und Fließgewässer in Stromlini- Profi ldurchfl üsse berechnet. Es ergibt sich eine enrichtung, Fanggräben quer oder schräg zur Karte der räumlichen Verteilung der Wasserbilanz Stromlinienrichtung eingebettet. im Moorkörper für den Fall, dass das Wasser nicht • Gräben quer oder schräg zu den Stromlinien durch die Gräben abgelenkt wird. Zur besseren sind künstliche Gewässer. Dies gilt für fast Vergleichbarkeit mit Literaturwerten (z. B. IVANOV alle Neben- und Verbindungsgräben. 1975) sowie unterschiedlicher erzgebirgischer • Gräben in oder näherungsweise in Stromlinien- Moore untereinander wurde als Einheit [l/(s·km)] richtung können ehemalige natürliche Fließ- gewählt. Teilt man diese Werte durch 3,6, erhält gewässer oder natürliche Strömungsrinnen man die spezifischen Profildurchflüsse in der (Flach-, Tief- und Bachrüllen, Seitenkanten- Einheit [l/(h·m)]: Das ist die Wassermenge in laggs) sein, die möglicherweise nur begradigt Litern, die auf 1 m Breite in 1 Stunde im langjäh- und/oder eingetieft wurden. Im konvergie- rigen Mittel durch den Torfkörper oder auf seiner renden Stromliniennetz wird letzteres noch Oberfl äche fl ießen muss, wenn dieses Wasser nicht wahrscheinlicher. So laufen am Schneisenbach vorher durch Gräben abgeleitet wird. (LS1) in der Solbrigshaide in fast seinem ge- Aus den berechneten Profi ldurchfl üssen (Abb. 2) samten Verlauf die Stromlinien zusammen. lassen sich folgende Schlüsse ziehen: Graben LS3 ist wahrscheinlich die begradigte „Wendelrülle“ des lokalen Moormächtigkeits- • Insgesamt sind die Profi ldurchfl üsse in der zentrums „Ankes Ort“. Am Teichbach (LS2) gibt Großen Säure wasserbilanzbedingt größer als es ebenfalls konvergierende Stromlinien. Dort in der Solbrigshaide. könnte es sich um ein verändertes, ehemals • Blaue und dunkelblaue Farben kennzeichen natürliches Fließgewässer oder auch um ein potenzielle Fließgewässer. Das ist in der Seitenkantenlagg handeln. Solbrigshaide vor allem der mittlere zentrale • Die größte Torfmächtigkeit an „Ankes Ort“ Graben (Schneisenbach), der folglich auch liegt überwiegend in divergierenden Stromli- nicht angestaut wird. nien, bevor diese unterhalb zur „Wendelrülle“ • In der Großen Säure gibt es lineare Strukturen konvergieren. erhöhter Durchfl üsse (grün und dunkelgrün): • Bei Anstau von Fanggräben in divergierenden Das sind oft durch Torfabbau oder Moor- Stromlinien lässt sich das Wasser besser in schrumpfung erzeugte Reliefveränderungen, die Fläche leiten als bei konvergierenden die eine gleichmäßige Verteilung des Wassers Stromlinien; dort sammelt sich das angestaute im Moor gegenwärtig nicht zulassen. Im Osten Wasser unterhalb wieder in einer anderen der Großen Säure und der Solbrigshaide sind Fließstruktur. solche Strukturen als ehemalige Flachrüllen oder innere Laggs zu interpretieren. Als Nächstes wird aus den Höhendaten eine Karte des Geländegefälles erzeugt. Damit sind Ein stärkerer Bezug zur Zonierung der regenerier- Grundaussagen zur Anstaureichweite möglich. baren Moorvegetation ergibt sich aus der Karte Es zeigen sich unterschiedliche Moorstrukturen, der durchströmten, erforderlichen und selbst- z. B. Gehänge und Torfstichkanten oder auch regulierten Transmissivität. Für die meisten Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge 25

Abb. 2: Langjährig mittlere spezifi sche Profi ldurchfl üs- se in der Solbrigshaide bei Muldenberg und der Großen 6000 Säure bei Carlsfeld (aus 5000 DITTRICH et al. 2004a; EDOM 1000 et al. 2005). 500 250 100

50 25 15 10 5

2 1 0.75

0.5 Große Säure 0

Spezifischer Grabennetz Profildurchfluß [l/(s*km)]

Solbrigshaide 26 Frank Edom, Ingo Dittrich, Steffi Goldacker & Karin Keßler

erzgebirgischen Moorökotope, die zu den akro- können Karten des Hangwasseranteils erzeugt telmdurchströmten hydrogenetischen Moortypen werden. Dabei ist ein genetischer und ein trophisch (JOOSTEN & CLARKE 2002) zu rechnen sind, handelt wirksamer Hangwasseranteil zu unterscheiden es sich dabei näherungsweise um die potenzielle (EDOM et al. 2007b). Der genetische Hangwasser- Akrotelmtransmissivität. Der Zusammenhang zwi- anteil ist das Mischungsverhältnis des gesamten schen Akrotelmtransmissivität und torfbildenden zufl ießenden Hangwassers zu dem gesamten im Pfl anzengesellschaften ist besonders eng, da die Segment strömenden Wasser. Nimmt man an, Pfl anzengesellschaften Akrotelme und Torfe mit dass alles verdunstende Wasser mit seiner lokal- spezifi scher Porenstruktur und Durchlässigkeit bil- spezifischen Nährstoffionenkonzentration zur den. Folglich können realistische Leitbilder für die dauerhaften Akkumulation dieser Ionen in der Ökotop- und Vegetationstypen defi niert werden, Pfl anzendecke oder im Torf führt, erhält man ein die nach Wiedervernässung und Moorregeneration kleineres Mischungsverhältnis, das wir trophisch erreichbar sind (EDOM & GOLUBCOV 1996a, b; ZINKE wirksamer Hangwasseranteil nennen (Abb. 4). & EDOM 2006). Da hier die langfristige Wasser- Ist der trophisch wirksame Hangwasseranteil verfügbarkeit an einem Moorstandort mit einem gleich 1, ist der Standort minerotroph, also rein konkreten Relief berücksichtigt wird, geht diese silikatisch geprägt. Die Zahl 0 bedeutet, dass es Analyse über die vegetationskundliche Bewertung sich um ein reines ombrotrophes (Regenmoor-)Seg- der FFH-Lebensräume hinaus. Es folgen einige ment handelt. Beim genetischen Hangwasseranteil Interpretationsmöglichkeiten der dargestellten ist eine Abstufung zwischen minerogen (soligen Karten (Abb. 3): oder geogen) und ombrogen geprägten Standorten möglich. • Während in der Solbrigshaide die Transmissivi- In der Zonierung des Hangwasseranteils sind täten < 2 cm2/s (rote Farbtöne), d. h. potenzielle grundsätzliche Muster erkennbar: Moorgehölze und Moorwälder, überwiegen, sind in der Großen Säure größerfl ächige offene • Der Hangwasseranteil nimmt gewöhnlich in Moorstandorte (gelbe und grüne Farben) regene- Stromlinienrichtung ab (Verdünnungseffekt rierbar. Dies sind Sphagnum-Zwergstrauch-Rasen, durch Regenwasser), besonders bei divergie- Scheidenwollgras-Rieder und Bült-Schlenken- rendem Stromliniennetz. Die Flächen nahe Komplexe (FFH-Lebensraumtyp 7110*), bei am mineralischen Einzugsgebiet haben große stärkerem Gefälle aber auch fl achrüllenartige Hangwasseranteile. Strukturen (Seggen- und Schmalwollgras-Rieder • Bei Parallelstromlinien gibt es in der Großen (FFH-Lebensraumtyp 7140)). Insofern sind in Säure einen gewissen Wechsel von Bereichen der Großen Säure naturschutzfachlich wert- mit kleineren und größeren Hangwasseran- vollere Lebensraumtypen möglich als die von teilen. der FFH-Kartierung größtenteils ausgewiesenen • Weitere Zonen größerer Hangwasseranteile Fichten-Moorwälder. liegen im konvergierenden Relief. Stärker • Durch Reliefveränderungen infolge Torfabbaus durchströmte Bereiche wie potenzielle Rül- und Moorschrumpfung in der Großen Säure wird len oder eingesenkte Rinnen weisen einen der Moorkörper durch linienartige Strukturen höheren Hangwasseranteil auf. Dies ist der höherer Profi ldurchlässigkeiten (gelb und grün) Rheotrophieeffekt. Das Vegetationsbild ist zerschnitten, was zu trockeneren Moorwald- entsprechend ausgebildet. Standorten (rote Farben) führt. • In der Solbrigshaide ist nur ein ziemlich kleiner Grundsätzlich ist zu sagen, dass in verhältnismäßig offener Moorkern in der größten Moormächtig- kleinen Moorgebieten wie der Solbrigshaide und keit revitalisierbar. Er entwässert entsprechend der Großen Säure reine ombrotrophe Standorte der Reliefstruktur durch eine Flachrülle, deren selten sind, wie allgemein in den erzgebirgischen Wasser gegenwärtig von einem Graben abgeführt Mooren. Erst bei entsprechender Moorgröße oder wird. einem entsprechend divergierendem Relief sind • Im Nordwesten der Solbrigshaide ist ein sehr reine „Regenmoore“ möglich. Anthropogene Re- nasses Seitenkanten-Lagg regenerierbar. Es wird liefänderungen führen zum einen zu verstärkter gegenwärtig durch den sog. Teichbach geprägt. Konvergenz, verstärkter Trophie und hohem Was- serfl uss, zum anderen bei stark divergierendem Für grobe Abschätzung der potenziellen Zonie- Relief zu Nährstoffverarmung bei gleichzeitigen rung hydrochemischer Verhältnisse im Torfkörper geringen Wasserfl üssen. Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge 27

Abb. 3: Potenzielle Trans- missivität in der Solbrigs- haide bei Muldenberg und der Großen Säure bei Carlsfeld (aus DITTRICH et al. 400 2004a; EDOM et al. 2005). 300

200

150

100 50

10

5

3

2

1,2

0,7

0,5 Große Säure

0 Spezifischer Grabennetz Profildurchfluss [l/(s*km)]

Solbrigshaide 28 Frank Edom, Ingo Dittrich, Steffi Goldacker & Karin Keßler

Abb. 4: Trophisch wirksame Hangwasseranteile (Minero- trophie-Quotient) in der Solbrigshaide bei Mulden- berg und der Großen Säure 1 bei Carlsfeld (aus DITTRICH et al. 0,9 2004a; EDOM et al. 2005). 0,8

0,7

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

0,05 Große Säure

0

Hangwasser- Grabennetz anteil

Solbrigshaide Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge 29

Diese Interpretation der berechneten hydromor- (bzw. der Wasserscheide) zu errichten sind, phologischen Karten und der resultierenden Öko- wenn das Wasser zur Seite abgeleitet werden toptypen gilt für die Vollendung der 3. Phase kann (z. B. bei Fanggräben). Damit wird die der Moorregeneration (EDOM & WENDEL 1998; EDOM Wassermenge zuerst im Oberlauf reduziert 2001), wenn fl ächendeckend räumlich aufeinan- und der Unterlauf hydraulisch entlastet („von der abgestimmte Akrotelme entstanden sind. Die oben nach unten“). Klassifi kation ist grob entsprechend den geringen • Weiterhin ist das durch Verbaumaßnahmen Erfahrungen. Bestimmte Pfl anzenarten können umgeleitete Wasser durch regenerierte Akro- beim Fehlen in ihrer ökologischen Nische durch telme bzw. in schon verbaute Abschnitte andere ersetzt sein. Unabhängig davon werden einzuleiten, um Erosionen zu vermeiden und sich im Laufe der Regenerationsprozesse neue keine neuen Grabenabfl üsse anzuregen. Später quasi-natürliche Vegetationszonen und Baum- werden weiter höher gelegene Fanggräben artenzusammensetzungen herausbilden. verbaut („von unten nach oben“). Durch die Berechnete Profi ldurchfl üsse, Transmissibilitäten zwischenzeitlich etablierte Moorvegetation im und Hangwasseranteile beschreiben trotz aller unteren Moorbereich werden damit zunächst Unsicherheiten die Größenordnung von räumlich Pufferbereiche bzw. Stoffsenken geschaffen, zonierten Standorteigenschaften, an die sich die die Stoffauswaschungen aus wiedervernässten Vegetation anpassen muss. und degradierten Moorböden von oberhalb Mit der hydromorphologischen Analyse lassen sich aufnehmen können. sowohl Aussagen über die Ökologie der erzgebir- • Staue mit Überlauf sind nur als Ausnahme gischen Moore insgesamt als auch zu den konkreten sinnvoll. Wenn soviel Wasser fl ießt, dass Über- Entwicklungschancen eines einzelnen Moores ab- läufe notwendig sind, ist das Wasser entweder leiten. Im Weiteren sollen daraus Maßnahmen der oberhalb nicht genügend in die Fläche verteilt Wiedervernässung begründet werden. worden oder es handelt sich am Standort um eine potenzielle hydromorphologische Strö- 6 PRINZIPIEN UND KRITERIEN DER MASS- mungsstruktur (Bach, Rülle). NAHMENPLANUNG Mit Revitalisierungsmaßnahmen soll im Wesent- Die Prinzipien können sich an manchen Orten so lichen der Wasserspiegel im Moor angehoben und überlagern, dass Widersprüche entstehen. Sie sind seine Schwankungen vergleichmäßigt oder das durch eine genaue Analyse der hydromorpholo- Wasser in Bahnen gelenkt werden, die für das gischen Zusammenhänge zu beheben. Aufgrund Moorwachstum günstiger sind. Somit ist das Ziel dieser Prinzipien sind die Vernässungsmaßnahmen von Wiedervernässungsmaßnahmen, die Neubil- räumlich gestaffelt in mehreren Zeithorizonten dung und Ausbreitung des hydraulisch wirk- durchzuführen (Abb. 5). samen Akrotelms auf degradierten Torfschichten Eine räumliche und zeitliche Staffelung entspricht zu begünstigen und beste Bedingungen für das mehreren Zeithorizonten bzw. Bauabschnitten. Wachstum torfbildender Vegetation zu schaffen. Für jeden Zeithorizont ist eine bestimmte Rei- Wenn es nicht oder nicht überall möglich ist, die henfolge der Maßnahmen sinnvoll. In Abb. 5 Torfbildung zu initiieren, so bremst das Anheben entspricht die aufsteigende Nummerierung der des Wasserspiegels auf jeden Fall die Torfschrump- zeitlichen Reihenfolge der zu realisierenden fung und die damit verbundene Humifi zierung Maßnahmen. Die Bauabschnitte sind durch un- (Huminstoffbildung) der bisher entwässerten terschiedliche Farben gekennzeichnet. Im letzten Torfschichten. Zeithorizont sollte der Anschluss des Moorkörpers Bei der Überrieselung ist erodierender Oberfl ä- an das silikatische Einzugsgebiet hergestellt wer- chenabfl uss zu vermeiden. Im Weiteren werden den. Das Einzugsgebiet ist dann als hydrologische die Torfkörper erst allmählich, d. h. durch die Schutzzone (EDOM & WENDEL 1998) auszuweisen. Neubildung von Akrotelm wasserdurchlässiger. Folgende Prinzipien der Wasserspiegelanhebung Deswegen sind Maßnahmen räumlich und zeitlich setzen wir außerdem voraus: zu staffeln. Dabei gelten folgende hydromorpholo- gische Grundprinzipien: • Es muss nicht unbedingt die maximal mögliche Zahl der Staue – um das Wasser fl ächendeckend • Die im Graben fl ießenden Wassermengen sind anzuheben – gebaut werden: Eine Förderung grabenabwärts zu verringern, indem die der Grabenverlandung durch verkürzte Staue zeitlich beginnend vom Grabenoberlauf Fließlängen im Graben bringt mittelfristig 30 Frank Edom, Ingo Dittrich, Steffi Goldacker & Karin Keßler

auch in geneigten Grabenabschnitten eine sinnvoll beeinflusst werden kann, müsste gleichmäßige Wasserspiegelanhebung. getestet werden. • Eine vorhandene Grabenverlandung durch • Angestaute Grabenabschnitte können ähn- torfbildende Vegetation darf nicht durch lich wie Schlenken als Stoffsenken fungie- Maßnahmen unnötig zerstört werden. Ver- ren, z. B. als natürliche Absatzbecken für landete Gräben sind wichtige und über einen Schwemmhumus bzw. zur Ausfällung oder längeren Zeitraum oft die einzigen Initiale Photooxydation löslicher Huminstoffe. Das typischer Moorvegetation mit akrotelma- Ausfällen von Huminstoffen kann durch eine tischen Eigenschaften. Staue im verlandeten säureproduzierende Torfmoosdecke geför- Bereich sollten räumlich stark eingeschränkt dert werden. Die Grabenverlandung durch und vorsichtig ausgeführt werden; denkbar ist Torfmoose sowie die Photooxydation werden z. B. das Aufschlitzen der Verlandungsdecke gefördert, wenn die angestauten Grabenab- und der Einbau von Spundwänden. Auch das schnitte starken Lichtzutritt haben. Insofern Querlegen stauender Holzstämme ist hilfreich. ist auch für den Huminstoffrückhalt in Die Grabenverlandung wird gefördert durch angestauten Grabenabschnitten eine Auf- verkürzte Fließlängen im Graben. lichtung der grabennahen Gehölzbestände • Außerdem beschleunigt das Aufl ichten gra- sinnvoll. Die Gräben verlieren somit durch bennaher Gehölzbestände auf der lichtzuge- den Anstau ihre Eigenschaft als Hauptein- wandten Seite die Grabenverlandung (RUSECKAS tragspfade löslicher und partikulärer Humin- 1999; LANGE 2002). Inwieweit Grabenverlandung stoffe. Bei verlandenden Gräben sollten zum durch gezielten Einbau torfbildender oder Huminstoffrückhalt Spundwände eingebaut stauender Vegetation (z. B. Molinia-Horste) werden.

Abb. 5: Räumlich und zeit- lich gestaffelter Maßnah- menplan für die Solbrigs- haide bei Muldenberg (aus DITTRICH et al. 2004a). Teichbachlagg

Münchswald Muldenberg Torfstich

Ankes Ort Andreasbruch

Zinkes Pfuhl

Solbrigshaide Die hydromorphologisch begründete Planung der Moorrevitalisierung im Erzgebirge 31

Die Bauabschnitte können auch an die fl ächen- potenziell natürlichen Ökotopzonierung in differenzierten Anforderungen an Nutzung bzw. Mittelgebirgsregenmooren. Verh. Ges. Ökol. Abnutzung der Forstbestände gekoppelt werden. 26: 221–228. Hierdurch kommt es vermutlich zu einer zeitlich EDOM, F., DITTRICH, I., KESSLER, K. & S. GOLDACKER (2005): gedehnteren Staffelung. Nachteile einer zeitlich Hydrologisches Gutachten für die wasserrecht- zu stark gedehnten Staffelung können später liche Genehmigung von Maßnahmen zur Wieder- fehlende fi nanzielle und personelle Ressourcen vernässung des Moorgebietes “Große Säure”. I. sein. Insofern liegt es im Ermessen der die Maß- A. des Staatl. Umweltfachamtes Chemnitz, Dr. nahmen umsetzenden Einrichtung, ob die zeitliche Dittrich & Partner Hydro-Consult GmbH, Ban- Staffelung langsamer oder aufgrund fi nanzieller newitz & HYDROTELM Frank Edom, Dresden. Zwänge schnell erfolgen muss. Ein Monitoring der EDOM, F. & K. KESSLER (2006): Hydrologische Auswir- Auswirkungen der durchgeführten Bauabschnitte kungen der Görkauer Straße auf das FFH-Gebiet ist zu empfehlen. Der Zeitfaktor kann nach Vorlie- Mothhäuser Haide. I. A. des Sächs. Landes- gen entsprechender Untersuchungen noch einmal amtes für Umwelt u. Geologie, HYDROTELM geändert werden. Frank Edom, Dresden & Dr. Dittrich & Partner Hydro-Consult GmbH, Bannewitz. EDOM, F., GOLUBCOV, A. A., DITTRICH, I., ZINKE, P. & LITERATUR B. SOLBRIG (2007a): Using IVANOV’s hydromor- DEUTSCHE VEREINIGUNG FÜR WASSERWIRTSCHAFT, phological theory in mire-ecology – an intro- ABWASSER UND ABFALL (DVWK; 2002): Verdun- duction. In: Wetlands Monitoring, Modelling, stung in Bezug zu Landnutzung, Bewuchs und Management. Proceedings of the EU-conference Boden. ATV-DVWK-M 504, Hennef. about wetland-hydrology in Wierzba-Poland, DEUTSCHE VEREINIGUNG FÜR WASSERWIRTSCHAFT, Rotterdam (im Druck). ABWASSER UND ABFALL (DVWK; 1996): Ermitt- EDOM, F., DITTRICH, I., KESSLER, K., GOLDACKER, S., lung der Verdunstung von Land- und Wasser- WAGNER, M. & A. A. GOLUBCOV (2007b): Ökohy- fl ächen. DVWK-Merkblatt 238. Bonn. drologische Modellbildung auf der Grundlage DITTRICH, I., EDOM, F. & S. GOLDACKER (2004a): Hydro- von Ivanovs hydromorphologischer Theorie logisches Gutachten für die wasserrechtliche und Anwendungen im praktischen Natur- Genehmigung von Entwicklungsmaßnahmen schutz. Dresdener Schriften zur Hydrologie 5: zur Revitalisierung des Moorgebietes Löf- 90–98. felsbach. I. A. des Staatl. Umweltfachamtes Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL): Chemnitz, Dr. Dittrich & Partner Hydro-Consult Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen GmbH, Bannewitz & HYDROTELM Frank Edom, Parlamentes und des Rates vom 23. Oktober Dresden. 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens DITTRICH, I., EDOM, F. & S. GOLDACKER (2004b): Hydro- für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich logisches Gutachten für die wasserrechtliche der Wasserpolitik. Genehmigung von Entwicklungsmaßnahmen FFH-Richtlinie: Richtlinie 92/43 EWG des Rates zur Revitalisierung des Tuchermoores. I. A. des vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natür- Staatl. Umweltfachamtes Chemnitz, Dr. Dittrich lichen Lebensräume sowie der wild lebenden & Partner Hydro-Consult GmbH, Bannewitz & Tiere und Pfl anzen. HYDROTELM Frank Edom, Dresden. FLEMMING, G. (1982): Concerning the valuation and DYCK, S. & G. PESCHKE (1995): Grundlagen der Hy- preparation of meteorological input data, es- drologie. Berlin. pecially of precipitation. J. Hydrolog. Sci. 9: EDOM, F. (2001): Moorlandschaften aus hydrolo- 47–56. gischer Sicht. In: Succow & Joosten (Hrsg.; GRÄBNER, H. & P. ZINKE (2001): Wiedervernässung im 2001): Landschaftsökologische Moorkunde. Moorgebiet Scheibenberger Heide –Situation, Stuttgart. Probleme und praktische Erfahrungen. Natur- EDOM, F. & A. A. GOLUBCOV (1996a): Prognose einer schutzarbeit in Sachsen 43: 49–60. potenziell-natürlichen Ökotopzonierung für HAUPT, A. & R. UHLMANN (2004): Moore im Naturpark Mittelgebirgsregenmoore durch Berechnung Erzgebirge/Vogtland. Naturpark-Spezial 6, hydrologischer Parameter. IHI-Schriften Schlettau. 2/1996, Zittau. IVANOV, K. E. (1975): Vodoobmen v bolotnych EDOM, F. & A. A. GOLUBCOV (1996b): Zum Zusammen- landšaftach (Wasseraustausch in Moorland- hang von Akrotelmeigenschaften und einer schaften). Leningrad. 32 Frank Edom, Ingo Dittrich, Steffi Goldacker & Karin Keßler

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Moorrevitalisierung im Naturpark Erzgebirge/Vogtland – Praktische Umsetzung

1 EINLEITUNG abgetorft. In den Torfabbaugebieten fi ndet man Anke Haupt Seit etwa zehn Jahren bemüht sich der Naturpark heute nur noch Resttorfkörper, Torfriegel und eine Erzgebirge/Vogtland mit seinem Moorprogramm sehr differenzierte Sukzession vor. um die Revitalisierung der erzgebirgischen Moore. Hauptziel der Arbeiten ist die Wasserrückhaltung 2.1 Flache Entwässerungsgräben in den Mooren selbst, welche nach den ent- Die fl achen Entwässerungsgräben liegen meist sprechenden Voruntersuchungen verschiedene in den Kern- bzw. äußersten Randbereichen der Methoden der praktischen Umsetzung erfordert. Moore. Sie besitzen ein kleines Gefälle, wodurch Überwiegend spielt der Verbau der Gräben durch die Fließgeschwindigkeit des Wassers gering ist. einfache Staus eine Rolle. Die in den vergangenen Dadurch konnten sich in den Jahren Torfmoose, Jahren gewonnenen praktischen Erfahrungen verschiedene Seggen und Wollgräser ansiedeln. sollen nachfolgend beschrieben werden. Dieser Bewuchs kann jedoch bei Starknieder- schlagsereignissen der Erosion nicht standhalten. 2 AUSGANGSSITUATION Es bilden sich Abfl ussrinnen, die auch in der Im mittleren und östlichen Teil des Naturparkes nachfolgenden Zeit ein gleichmäßiges Verwachsen befi nden sich zahlreiche Moore mit geringerer der Gräben verhindern. Fläche, aber teilweise hohen Torfmächtigkeiten. Die Flächengröße variiert zwischen 2 und 40 ha, 2.2 Tiefe Entwässerungsgräben die Mächtigkeit reicht bis zu 4,50 m. Diese Moore Aufgrund ihres starken Gefälles sind diese Grä- weisen meist ein sehr dichtes Grabennetz auf. Mit ben nicht nur durch ihre Anlage selbst, sondern den bereits um 1830 angelegten Grabensystemen auch durch die Erosion tief in den Torfkörper wurden die Wasserscheiden innerhalb der Moore eingeschnitten. Nicht selten erreicht die Graben- verändert, was für ihre Revitalisierung zusätzliche sohle den mineralischen Untergrund. Die hohen Schwierigkeiten mit sich bringt. Da die erzgebir- Fließgeschwindigkeiten in den Gräben verhindern gischen Moore meist Hangmoore sind, besitzen die einen gleichmäßigen Bewuchs mit Torfmoosen oder Gräben hohe Gefälleprozente. Nur in den Kernbe- Seggen. Diese sind nur spärlich auf der Grabensohle reichen befi nden sich fl achere Gräben. So fi ndet vorhanden (Abb. 1). innerhalb der Gräben eine sehr unterschiedliche Selbstregeneration des jeweiligen Moores statt. 2.3 Torf als Baumaterial Die Torfstiche des mittleren Erzgebirges wurden Die Anlage der Gräben in den Mooren erfolgte partiell bis auf den mineralischen Untergrund anfangs manuell. Nachfolgende Grabenräumungen wurden weiterhin einfach und erst später mit Technik durchgeführt. Die zu DDR-Zeiten durch- Abb. 1: Tief in den Torfkör- geführten Grabensprengungen verteilten den per eingeschnittener Graben Torf über die gesamte Moorfl äche. Deshalb steht in der Hühnerheide der „Grabenaushub“ für die Revitalisierungsmaß- (Foto: A. Haupt). nahmen nicht direkt zur Verfügung.

3 BISHER ANGEWANDTE METHODEN DER REVITALISIERUNG IM NATURPARK 3.1 Rundholzdämme Anfangs begannen die Revitalisierungsmaßnahmen im Naturpark mit dem Bau von Rundholzdämmen in den Gräben, unabhängig von der Grabentiefe und dem Gefälle. Für den Bau solcher Rundholzdämme sprach die kostengünstige Gewinnung des Baumaterials, d. h. der Stangen, vor Ort und die damit verbundenen kurzen Transportwege. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sprechen allerdings gegen den Bau solcher Dämme. Da zwischen den Stangen immer geringe Lücken bestehen bleiben und der Torf des Dammes wasserdurchlässig ist, können solche Bau- werke das Wasser nicht optimal zurückhalten. Be- 34 Anke Haupt

Abb. 2: Rundholzdamm sechs Jahre nach dem Bau (Foto: A. Haupt).

sonders problematisch gestaltet sich die Situation Kokosfasern dienen dem Auffangen von Feinma- im Winter. Der Frost „treibt“ den wassergesättigten terial, welches letztlich die Dichtung des Dammes Torf auf und es entstehen zusätzliche Hohlräume gewährleistet. Abschließend wird er mit dem in dem Bauwerk. Durch diese Hohlräume fl ießt ausgehobenen Torf der Baugrube verfüllt. verstärkt Wasser und erodiert den Damm. Vor allem Besonders gut eignen sich Bretterdämme für Revi- die größeren Rundholzdämme besaßen eine nur talisierungsmaßnahmen in Torfstichen. Durch den geringe Lebensdauer (Abb. 2). Torfabbau entstand meist ein stark strukturiertes In sehr kleinen, fl achen Gräben könnten die Rund- Relief. Eine Wasserrückhaltung für die verbliebe- holzdämme in Verbindung mit GEO-Vlies und mas- nen Torfriegel wird nicht möglich sein. Doch kann sivem Verfüllen nach wie vor Anwendung fi nden. Abb. 3: Durch einen Bretter- damm geschaffenes Flachge- 3.2 Bretterdämme wässer in der Stengelhaide Auf der Suche nach optimalen Lösungen zur (Foto: A. Haupt). Wasserrückhaltung stießen die Mitarbeiter des Naturparkes auf das Bergwaldprojekt e. V. in Würzburg, das der Forstingenieur Peter Naumann leitet. Dort erhielten sie Anregungen zum Bau von Bretterdämmen. Das Prinzip dieser Dämme besteht in der Verwendung von gehobelten Balken aus Lärchenholz, die vom Mineralboden aus den Graben abschließen. Dafür ist es notwendig, eine Baugrube bis auf den mineralischen Untergrund auszuschachten. Im Naturpark Erzgebirge/Vogt- land erfolgten die Arbeiten bisher vorrangig ma- nuell. Der Versuch, mit einem Bagger zu arbeiten, überzeugte nicht. Da die wasserundurchlässige Tonschicht sehr unterschiedlich dick ist, besteht Gefahr, dass der Bagger diese Schicht durchstößt. Im ungünstigsten Fall sickert das Wasser in den porösen Untergrund. Die waagerecht verbauten Balken werden zusätz- lich mit GEO-Vlies versehen. Diese versteppten Moorrevitalisierung im Naturpark Erzgebirge/Vogtland – Praktische Umsetzung 35

mit dem Bau von Bretterdämmen die Entwässerung Abb. 4: Bau einer Spund- der Abbausohlen verringert bzw. gestoppt werden. wand (Foto: A. Haupt). Die entstehenden Flachgewässer bilden den Aus- gangspunkt für die Moorneubildung (Abb. 3). In den degradierten Mooren werden Bretterdämme vorrangig in den Randbereichen der Torfkörper gebaut. Dort sind die Gräben sehr tief und die Torfaufl agen nicht so mächtig. Für den Bau der Bretterdämme spricht die große Dichtheit, die in Verbindung mit GEO-Vlies und massiver Torf-Verfüllung erreicht werden kann. Der Bau eines Bretterdammes ohne GEO-Vlies, der zudem mit lehmhaltigen Rasensoden verfüllt wurde, brachte nicht das gewünschte Ergebnis. Der gewachsene Torfkörper verbindet sich nicht mit den Rasensoden. In dieser Kontaktzone befi ndet sich eine Schwachstelle, die bei hohem Wasserdruck zum Umspülen des Dammes führt. Die bisherigen Erfolge des Baus von Bretterdäm- men rechtfertigen die Nachteile dieser Bauweise: Das kostenintensive Material muss angekauft und über weite Wege transportiert werden. Das arbeitsintensive Ausschachten einer Baugrube bis Brettlänge von 2 m erforderlich ist. Diese langen zum mineralischen Untergrund stellt einen Eingriff Bretter können noch manuell ohne Arbeitsgerüst in das gewachsene Torfgefüge dar. Für die manu- eingeschlagen werden. elle Ausführung der Arbeiten liegt die maximale Wie bei den Bretterdämmen kann noch keine Aus- Arbeitstiefe bei 2,50 m, im Einzelfall bis zu 3 m. sage zur Lebensdauer der Spundwände getroffen Über die Lebensdauer kann noch keine Aussage werden. getroffen werden, da die ersten Bretterdämme im Naturpark 2001 gebaut wurden. 3.4 Weitere Methoden der Moorrevitalisierung im Naturpark 3.3 Spundwände Eine zusätzliche Maßnahme zur Revitalisierung Eine andere Methode des Grabenverbaus stellen die eines Moores oder Torfstiches kann die Wasserein- Spundwände dar (ZVNPEV 2000). Hierfür werden leitung sein. Oft wurden die Moore durch Fanggrä- gehobelte Nut- und Federbretter aus Lärche sowie ben von ihren Wassereinzugsgebieten getrennt. zwei Führungsbalken benötigt. Bei dem Bau der Durch die Anlage von Staus und Stichgräben wird Spundwand werden die angespitzten Bretter wech- das Wasser wieder dem Torfkörper zugeführt. selseitig in den Torf getrieben (Abb. 4). Die Bretter besitzen die doppelte Länge der Grabentiefe. Nach 4 WO WIRD WELCHE METHODE EINGESETZT? der Fertigstellung der Spundwand wird diese mit In den vorhergehenden Abschnitten wurde bereits Torf der Fläche angefüllt. Die Spundwände werden darauf hingewiesen, dass es Grenzen für die manu- sehr dicht. elle Bauausführung der Bretterdämme und Spund- Die besten Ergebnisse mit Spundwänden konnten wände gibt. Zusätzlich sind noch weitere Parameter beim Verbau verwachsener Gräben in den zen- zu beachten. Die Erfahrungen der Mitarbeiter des tralen Moorbereichen erzielt werden. Die bereits Naturparkes ergaben, dass der sichere Verbau vorhandenen Vegetationsdecken werden durch den der Gräben mit Spundwänden eine ausreichende Bau nur minimal beeinträchtigt. Lediglich für die Torfaufl age erfordert. Die angespitzten Bretter horizontale Ausrichtung der Führungsbalken ist dürfen keinesfalls in den Kontaktbereich zwischen ein Aufgraben der oberen degradierten Torfschicht Torf und mineralischen Untergrund gelangen. Dort erforderlich. könnten sich unterirdische Wasserwege öffnen, Die optimale Wasserrückhaltung durch die die den Stau unwirksam werden lassen. Deshalb Spundwände spricht für das teure Material und sind Bretterdämme bei geringeren Torfaufl agen die längeren Transportwege. Die maximale Tiefe in den Randbereichen der Moore und vor allem in der Gräben sollte 1 m betragen, da dann eine Torfstichen zu bevorzugen. Das nachfolgend ab- 36 Anke Haupt

gebildete Schema stellt eine vereinfachte Entschei- braucht im Schnitt ein bis zwei Tage für den Bau dungshilfe für die Verbaumethode dar (Abb. 5). eines mittleren Bretterdammes. Die Hangmoore des Erzgebirges weisen unter- schiedliche Gefälle auf. Dies erfordert oft die An- 5.2 Spundwände lage von Staukaskaden. Dabei können die Dämme Um einen 2,50 m breiten und 0,80 m tiefen Graben eines Grabens im Kernbereich Spundwände sein, mit einer Spundwand zu verbauen, benötigt man die in den schwächer werdenden Torfmächtigkeiten folgende Materialien: durch Bretterdämme abgelöst werden. • 2 Lärchenbalken (4,5 x 0,15 x 0,06 m) und 5 KOSTEN Stützpfähle, Mit welchen Kosten muss man im Schnitt für einen • 37 Nut- und Federbretter (1,60 x 0,12 x 0,03 m), Bretterdamm oder eine Spundwand rechnen? Die • Kleinmaterial, z. B. Nägel, Markierung, Zahlen wurden in den Jahren 2003 bis 2005 anhand • Transport, z. B. Eisernes Pferd (Ausleihe, verschiedener Projekte ermittelt. Es sei darauf Treibstoff), hingewiesen, dass alle Materialpreise, aber auch die • Entschädigung für Motorsägen, Treibstoff. Löhne der Arbeiter Veränderungen unterliegen! In den letzten Jahren konnten für eine Spundwand 5.1 Bretterdämme dieser Größe Kosten von etwa 200 bis 250 € ange- Für einen Bretterdamm mittlerer Größe (5 m setzt werden. Da eine dreiköpfi ge Gruppe zwei bis breit, 1,5 m tief) sind folgende Positionen zu drei Spundwände an einem Tag bauen kann, sind kalkulieren: die Lohnkosten geringer als bei einem Bretterdamm. Da unvorhersehbare Probleme (schlechte Witterung, • Lärchenbalken (5 x 0,15 x 0,08 m) und Stütz- Hindernisse im Torfkörper) auftreten können, sollte pfähle, immer mehr Arbeitszeit für einen Bretterdamm oder • GEO-Vlies (2 Lagen á 1,2 m, je 6 m lang), eine Spundwand kalkuliert werden. • Kleinmaterial, z. B. Nägel, Krampen, Markie- rung, 6 FRAGEN UND PROBLEME • Transport, z. B. Eisernes Pferd (Ausleihe, Für die weitere erfolgreiche Moorrevitalisierung Treibstoff), im Naturpark Erzgebirge/Vogtland sind folgende • Ausleihe von Schmutzwasserpumpe und Fragestellungen bzw. Probleme zu klären: Stromaggregat, Für viele kleinere Moorgebiete ist die Anbindung • Entschädigungen für Motorsägen, Treibstoff. des Wassereinzugsgebietes sehr wichtig. Um dies effektiv zu realisieren, wird eine genaue Vermes- Erfahrungsgemäß werden etwa 300 bis 350 € für sung des Kleinreliefs benötigt. Zusätzlich muss die Materialien benötigt. Hinzu kommt der Lohn die Qualität des Wassers aus dem Einzugsgebiet für die Forstarbeiter. Eine dreiköpfi ge Gruppe untersucht werden, um unerwünschte Fremdstoffe

Abb. 5: Entscheidungshilfe für die Verbaumethoden. Moorrevitalisierung im Naturpark Erzgebirge/Vogtland – Praktische Umsetzung 37

nicht in das Moor zu leiten. Das erfordert einen LITERATUR erheblichen Kostenmehraufwand bei den Vorun- STAUBLI, P. (2004): Regeneration von Hochmooren tersuchungen. im Kanton Zug. Vierteljahrsschr. Nat.forsch. Durch die bereits erwähnten Grabensprengungen Ges. Zür. 149/2–3: 75–81. entstanden sehr breite und tiefe Entwässerungs- ZVNPEV – ZWECKVERBAND NATURPARK ERZ- gräben. Die bisher praktizierten Methoden zum GEBIRGE/VOGTLAND (2000): Vorstudie Lan- Anstau des Wassers könnten bei Grabendimensi- desschwerpunktprojekt Erzgebirgische Moore onen von 4 m Breite und 2 m Tiefe Probleme bei (bearbeitet von P. Zinke & S. Teichmann der Standsicherheit des Bauwerkes bereiten. Eine unter Mitarbeit von A. Haupt &. M. Künzel). geeignete technische Lösung zum Verbau solcher Unveröff. Ber. i. A. d. Sächs. Landesamtes für Gräben muss noch erarbeitet werden. Umwelt und Geologie, Schlettau. Die beschriebenen Sprengungen der Gräben verteil- ten den Torf gleichmäßig über die Fläche. Deshalb müssen meist neue kleine Torfstiche angelegt werden, um das nötige Material zum Verfüllen der Staus zu gewinnen. Das Einbringen fremder Materialien, z. B. Sägemehl, erfordert die Lösung der Transportfrage in den bewaldeten Mooren. Alle Materialien, ob Holz oder Torf, müssen zu den jeweiligen Standorten transportiert werden. Der Einsatz von Technik gestaltet sich aufgrund der Bewaldung der Moore sehr kompliziert. Die Graben- systeme und die sonstigen Verhältnisse im Moor AUTORIN verhindern oftmals sogar die Benutzung kleinerer Kettenfahrzeuge. So wird das Material zeitaufwän- Anke Haupt dig zu den einzelnen Baustellen getragen. Naturpark Erzgebirge/Vogtland Außenstelle Pobershau 7 AUSBLICK Mit den dargestellten Methoden der Wasserrückhal- Hinterer Grund 4a tung kann die Selbstregeneration der Moore geför- D-09496 Pobershau dert werden. Die vorgestellten Varianten dienen als Anhaltspunkte und sind entsprechend der örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Es gibt kein allge- Anmerkung der Verfasserin: meingültiges „Rezept“ für die Wasserrückhaltung Im Ergebnis der Moortagung von Großrückerswalde in degradierten Mooren oder Torfstichen, da jeder wurde begonnen, die vorhandenen Staus in den Standort anders entstanden und strukturiert ist. Mooren komplett mit Torf zu überdecken. Die Voraussetzung für die erfolgreiche Fortführung oberen Hölzer werden somit nicht mehr direkt der der Moorrevitalisierungen ist das Einverständnis Witterung und dem Verfall ausgesetzt. Zusätzlich der Flächennutzer (Eigentümer) sowie die Verfüg- wurde die Zuger Methode (Staubli 2004) im Jahr barkeit fi nanzieller Mittel. 2006 erstmalig angewendet. 38 Ingo Reinhold & Michael Homann

Revitalisierung der Erzgebirgsmoore aus Sicht der Forstverwaltung

Ingo Reinhold & 1 FORSTWIRTSCHAFT UND MOORE IN DER zu nutzen, was zunächst auch zu guten Erträgen Michael Homann VERGANGENHEIT führte. Verjüngungsfreudige Nadelbaumarten wie Die sächsische Forstverwaltung unterstützt die Fichte wurden dabei begünstigt, was zum ausdrücklich die Bemühungen um eine Rettung Entstehen der teilweise heute noch vorhandenen und Revitalisierung der verbliebenen Moore. Das Fichtenreinbestände auf ehemaligen Moorstand- gilt auch für die wenigen noch im Erzgebirge orten führte1. und oberen Vogtland vorhandenen Moorreste. Andere, an höhere Wasserstände angepasste Baum- Allerdings ist die jetzige Einstellung zu diesen arten wie Gemeine Kiefer, Birke und vor allem einzigartigen Biotopen das Ergebnis einer langen Spirke (Pinus mugo var. uncinata, die aufrecht und wechselvollen Entwicklung, die zum besseren wachsende Form der Bergkiefer Pinus mugo) wur- Verständnis hier zunächst streifl ichtartig nachvoll- den zurückgedrängt. Diese Entwicklung ordnet zogen werden soll. sich in die lange Zeit vorherrschende forstwis- Wie die gesamte Umwelt wurden auch die Moore senschaftliche Bodenreinertragslehre ein (vgl. bis in die jüngere Vergangenheit hinein vor allem PRESSLER 1858/85), wonach Forstwirtschaft so zu danach beurteilt, ob und inwiefern sie für den betreiben sei, dass die größte Bodenrente, d. h. Menschen nutzbar waren oder sein Leben beein- die größtmögliche Verzinsung des eingesetzten trächtigten und erschwerten. Seit der sorbischen Bodenkapitals, ermöglicht werde. Besiedlung bis zum Dreißigjährigen Krieg waren Aufbauend auf dieser forstwissenschaftlichen Moore aufgrund ihrer weitgehenden Unzugäng- Basis sahen viele Förstergenerationen die Regu- lichkeit vor allem Rückzugsräume und Verstecke in lierung des (Wald-)Bodenwasserhaushaltes und Kriegszeiten oder bei Gefahren. Davon abgesehen die regelmäßige Unterhaltung der Grabensysteme galten sie als unwirtlich, ja lebensfeindlich. Lässt auf Nassstandorten als ihre ureigene Aufgabe und man die durch den Bergbau bedingte Beeinfl ussung Grundvoraussetzung dafür an, dort überhaupt einzelner Moore (Wasserableitung, Anlage von ertragsorientierten Waldbau betreiben zu können. Stauseen) außer Acht, so können sie bis in die Noch bis ins Jahr 1988 fanden beispielsweise im Entstehungszeit einer geregelten Forstwirtschaft ehemaligen Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb hinein als weitgehend ursprüngliche und wenig Marienberg im Moorgebiet Hühnerheide bei Rübenau beeinträchtigte Lebensräume gelten. Grabensprengungen statt, die dem Zeitgeist der Ausgelöst durch die zunehmende Verknappung von „industriemäßigen Produktionsmethoden in der Holz als Roh- und Brennstoff infolge ungezügelter Forstwirtschaft“ geschuldet waren. Gleichzeitig Ausplünderung der Wälder bis ins 17. und 18. sorgten ein permanent hoher Holznutzungsdruck, Jahrhundert hinein und befl ügelt vom Geist der der nicht selten durch Exportverpfl ichtungen in Aufklärung, wurde vor allem im 19. Jahrhundert das sog. „nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet“ damit begonnen, Moore und Sümpfe trocken zu ausgelöst worden war und eine ebenso permanente legen und urbar zu machen. Die so bewirkte Nutz- Knappheit an Arbeitskräften und Technik dafür, landgewinnung galt als zivilisatorische Leistung. dass bereits seit den 1970-er und 80-er Jahren Nicht von ungefähr lässt Goethe seinen Faust im bestimmte Grabensysteme nicht mehr gepfl egt wer- zweiten Teil der Tragödie sagen: „Ein Sumpf zieht den konnten. Sie wurden mehr oder weniger sich am Gebirge hin, Verpestet alles schon Errungene; selbst überlassen. Hier fanden in den vergangen Den faulen Pfuhl auch abzuziehn, Das Letzte wär‘ 20 bis 30 Jahren deutliche Verlandungsprozesse das Höchsterrungene.“ statt, verbunden mit einem teilweise sehr in- Moore wurden – wo immer wirtschaftlich und mit tensiven Wachstum von Torfmoosen, Pfeifengras den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit u. a. Mitunter vermitteln solche „alten“ Gräben machbar – zunächst trocken gelegt und anschlie- zumindest optisch den Eindruck einer merklichen ßend abgetorft wie die Mothäuser Heide in der Zeit Regeneration, wie man sie z. B. in Teilen der Krieg- von 1818 bis 1878. Dabei stand die Gewinnung von waldmoore bei Olbernhau beobachten kann. Torf als Brennstoff vor allem für das Hüttenwesen Das Bild bliebe unvollständig, würden die Be- und die Glasbläserei, jedoch auch für allgemeine mühungen manch eines Försters nicht erwähnt, Heizzwecke im Vordergrund. einzelne verbliebene Moore und Moorreste zu be- Die Forstwirtschaft, die ihrerseits ein „Kind der wahren und vor weiterer Zerstörung durch Entwäs- Holznot“ sowie der Aufklärung ist und sich anfangs serung und Torfabbau zu schützen. Stellvertretend aus Verfahren und Methoden der Landwirtschaft sei hier der ehemalige Staatliche Forstwirtschafts- entwickelte, begann die durch Trockenlegung betrieb Zwickau genannt. Er bemühte sich 1957 und Torfgewinnung entstandenen freien Flächen um die Ausweisung des Jahnsgrüner Hochmoores Revitalisierung der Erzgebirgsmoore aus Sicht der Forstverwaltung 39

im Landkreis Zwickauer Land als Waldschutzgebiet, im Erzgebirge zu erhalten und den Austausch der das damals Reste zumindest eines der größten und daran angepassten Tier- und Pfl anzenarten zu wohl auch ältesten Spirken-Vorkommen in der ermöglichen, dem Grundanliegen einer naturna- ehemaligen DDR beherbergt haben soll. Leider war hen Forstwirtschaft entspricht. Dem hatte sich den Schutzbestrebungen kein Erfolg beschieden die nach der Wende neu errichtete sächsische (mdl. Angaben des Regierungspräsidiums Chemnitz, Forstverwaltung vorbehaltlos verschrieben. Im Umweltfachbereich, Außenstelle Plauen). Das Ergebnis der Veranstaltung erklärte die Forstdi- Hochmoor wurde zur Herstellung von Gartenerden rektion Chemnitz ihre grundsätzliche Zustimmung bis zur Wende nahezu vollständig ausgetorft. Seit zum Projekt und versprach Unterstützung mit den 1995 ist der sich ansatzweise regenerierende Torf- Maßgaben, dass stichbereich als Naturschutzgebiet ausgewiesen. • die Maßnahmen hinsichtlich ihrer konkreten 2 DAS MOORPROJEKT DES ZWECKVERBANDES Auswirkungen auf alle Waldfunktionen ein- NATURPARK ERZGEBIRGE/VOGTLAND – BIS- schließlich der Nutzfunktion geprüft und HERIGER BEITRAG DER FORSTVERWALTUNG abgewogen, ZUR UMSETZUNG • die betroffenen Forstämter frühzeitig, d. h. Im August 1997 übergab der Zweckverband Natur- bereits in der Planungsphase beteiligt und park Erzgebirge/Vogtland eine erste Projektskizze • Renaturierungsmaßnahmen mit der forstlichen zur Förderung und Wiederherstellung der Hoch- Betriebsplanung (Forsteinrichtungsplanung moore und zur Schaffung eines Hochmoorbiotop- und jährlicher Wirtschaftsplanung) abgestimmt verbundes im mittleren und oberen Erzgebirge werden. an die damalige Forstdirektion Chemnitz und die Sächsische Landesanstalt für Forsten. Die ersten In der Folgezeit nahmen die Forstdirektion und Reaktionen der genannten Behörden lassen sich die Landesanstalt für Forsten regelmäßig an den wohl am besten mit den Worten „verhaltenes Beratungen der projektbegleitenden Arbeitsgruppe Interesse“ beschreiben. Verhalten deswegen, „Moorschutzprogramm“ teil. Maßgeblich befördert weil in Erinnerung der heftigen Diskussionen durch die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe begann in der Gründungsphase des Naturparkes gewisse sich ein Vertrauensverhältnis zwischen der Forst- Befürchtungen bestanden, der Naturschutz wolle verwaltung und dem Zweckverband als Grundlage sich mithilfe dieses Projektes weiteren Einfl uss für die partnerschaftliche Zusammenarbeit bei der auf die Waldbewirtschaftung verschaffen und Projektumsetzung zu entwickeln. der Forstwirtschaft nutzbare Produktionsfl ächen Im November 1999 formulierte die Forstdirektion entziehen. Chemnitz einen vorläufi gen Standpunkt zum in- Am 19. November 1998 stellte der Zweckverband zwischen so bezeichneten „Moorschutzprogramm das Projekt in der Forstdirektion Chemnitz den Erzgebirge“, der für die nächsten Jahre den Rah- betroffenen Forstämtern vor. Dabei wurde klar, men für die Zusammenarbeit vorgab: dass sich die Revitalisierungsbestrebungen aus- schließlich auf noch vorhandene und potenziell • Es darf keine großfl ächige Herausnahme von regenerationsfähige Moorstandorte mit einer Moorflächen aus der forstwirtschaftlichen Torfaufl age von mindestens 80 cm Mächtigkeit Nutzung geben. und damit auf eine überschaubare Fläche richten • Revitalisierungsmaßnahmen sind immer im sollten, welche nahezu vollständig bewaldet ist. Zusammenhang mit der Entwicklung der auf- Insgesamt handelt es sich um ca. 800 ha, davon stockenden Waldbestände zu betrachten. Flä- ca. 80 bis 90 % Bergkiefern- und Bergkiefern- chenhafte Stabilitätsverluste und Zusammen- Fichten-Mischbestände, ca. 10 % Fichten- und bruchserscheinungen in dichteren, mittelalten Kiefern-Fichten-Moorwälder und 1 % Wiesen Fichtenreinbeständen sind zu vermeiden. (6 ha). Der Rest bilden sonstige Offen- und kleinere • Renaturierungsbedingte Standortverände- Wasserfl ächen (ZVNPEV 2000). rungen durch Wasserspiegelanstieg erfordern Die Forstwirtschaft und die sächsische Forstver- mittel- bis längerfristig einen Baumartenwech- waltung sind damit sowohl Hauptbetroffene als sel. Die Forstwirtschaft benötigt ausreichend auch Hauptpartner bei der Verwirklichung des Zeit, diesen in ihre waldbauliche Tätigkeit Projektes. Gleichzeitig zeigte sich, dass das Pro- einzuordnen bzw. sich darauf einzustellen. jektziel, die letzten verbliebenen Hochmoorreste • Ertragsverluste und Vermögenswertminde- als seltene und in hohem Maße gefährdete Biotope rungen durch Vernässung müssen zumindest 40 Ingo Reinhold & Michael Homann

Abb. 1: Rundholzdamm im Moorgebiet Hühnerheide bei Rübenau (Foto: I. Reinhold).

im Privat- und Körperschaftswald ausgeglichen (z. B. Transporte, Minibagger o. Ä.). Die werden Die Ertragsverluste wurden auf ca. 150 Forstverwaltung bezahlt das Personal (Löhne, bis 250 € pro ha und Jahr veranschlagt. Lohnnebenkosten). Sie stellt die Grundstücke • Im Landeswald setzten Arbeiter der Forstver- (soweit Landeswald betroffen ist) und erforder- waltung Renaturierungsmaßnahmen um. Die lichenfalls Rundholz zur Verfügung. Kosten werden geteilt. Der Zweckverband trägt teilweise mit Fördergeldern des Naturschutzes Im Dezember 1999 bzw. im Mai 2000 fanden Materialkosten (Schnittholz, Kleinmaterial) Ortstermine zur Abstimmung von Moorschutzmaß- und ggf. notwendige Unternehmerleistungen nahmen mit der Forsteinrichtungsplanung in den

Abb. 2: Bretterdamm im ehe maligen Torfstich am Löffelsbach bei Muldenberg im Vogtland (Foto: I. Reinhold). Revitalisierung der Erzgebirgsmoore aus Sicht der Forstverwaltung 41

Abb. 3: Bretterdamm im ehemaligen Torfstich am Löffelsbach mit Überlauf (Foto: I. Reinhold).

Forstämtern Schöneck (Einzugsgebiet der oberen werden können. Mittelalte, dichte bzw. gedrängte Zwickauer Mulde) und Eibenstock (Erzgebirgskamm Fichtenstangenhölzer sind hingegen kaum mehr zwischen Carlsfeld und Johanngeorgenstadt) statt. ausreichend formbar, da sie häufi g nur noch im Es stellte sich heraus, dass keine grundsätzlichen oberen Drittel eine grüne Krone aufweisen, das Differenzen zwischen den Zielen des Moorschutz- Wurzelwachstum aber gleichzeitig eingeschränkt programms und der Forsteinrichtungsplanung be- und auf die oberste Bodenschicht begrenzt ist. So stehen, da letztere bereits aufgrund der geltenden bieten sie aus biomechanischer Sicht große An- naturnahen Waldbauvorschriften auf die Belange griffsfl ächen für Stürme und Schneebruch, sobald des Moorschutzes Rücksicht nimmt. Das belegen einzelne Bestandesglieder ausfallen. sowohl die großzügig ausgewiesenen Flächen Neben diesen Primärschäden droht der (sekun- außer regelmäßigem Betrieb (a. r. B.), auf denen däre) Befall durch rindenbrütende Insekten wie nur eine extensive Nutzung stattfi ndet (z. B. zur den Borkenkäfer, der sich, wenn er erst einmal Borkenkäferbekämpfung ), als auch die auf die fl ächig auftritt, nur mit hohem Aufwand ein- Stabilisierung des Einzelbaumes ausgerichtete dämmen lässt und bei ungünstiger Witterung Strategie der Bestandesbehandlung. Ziel ist es auch auf gesunde Nachbarbestände übergreifen dabei, vergleichsweise wenige vitale, tief beas- kann (Stehendbefall). Das betriebswirtschaftliche tete und standsichere Bäume auf der Fläche zu Risiko von Vernässungsmaßnahmen ist demnach belassen anstatt dichter und instabiler, weil zu in diesem Wuchsstadium am höchsten, weshalb weniger als 30 % bekronte Bestände, die bereits hier die größten Vorbehalte seitens der Forstver- bei geringfügigem Wasserspiegelanstieg kränkeln, waltung bestehen. Bei hiebsreifen Altbeständen absterben und dann bruttaugliches Material für lassen sich dagegen Renaturierungsmaßnahmen Borkenkäfer bilden. weitgehend mit der Erntenutzung und einem Es zeigte sich auch, dass die Akzeptanz von anschließenden Baumartenwechsel koordinieren, Renaturierungsmaßnahmen durch die Forst- sofern genügend Geduld von den Naturschützern verwaltung stark vom aktuellen Wuchsstadium aufgebracht wird. abhängt. So stoßen Renaturierungsmaßnahmen Die Forstverwaltung machte im Rahmen der in Verjüngungsfl ächen und Jungwüchsen (Be- Abstimmungen außerdem deutlich, dass sie aus stände zwischen 2 und 5 m Oberhöhe) meist auf Gründen des sparsamen Ressourceneinsatzes dem Zustimmung, da diese Bestände durch konsequente Verzicht auf weitere Grabenunterhaltung, d. h. Pfl egemaßnahmen noch recht gut auf vernäs- dem Sich-Selbst-Überlassen der Gräben den Vorzug sungsbedingte Standortveränderungen vorbereitet vor aktiven Verbaumaßnahmen gibt, wo immer das 42 Ingo Reinhold & Michael Homann

Tab. 1: Im Rahmen des (Abb. 2 u. 3), im Ausnahmefall auch aus vorge- Moorgebiet Ehemaliger Moorprogramms bisher bear- zogenen und modifi zierten Bestandespfl egemaß- Forstamtsbereich beitete Moorgebiete. nahmen (z. B. spezielle Jungbestandespfl ege in Moor am Butterweg Eibenstock Murraykiefernbeständen im Moorgebiet Lehmheide im Forstamt Olbernhau). Tab. 1 zeigt die bisher Kleiner Kranichsee Eibenstock bearbeiteten Moorgebiete. Teilweise sind die Maß- nahmen noch nicht abgeschlossen. Herrenhaide Marienberg Hinzu kommt die Anlage des Moorlehrpfades in der Stengelhaide (ehemaliges Torfwerk Reitzenhain) Moor am Auerhahnweg Marienberg im früheren Forstamt Marienberg als ein Gemein- schaftsprojekt des Naturpark-Zweckverbandes, der Wirtsgarten Marienberg Naturschutzstationen Pobershau und des Mittleren Erzgebirgskreises, des Forstamtes und der Nachfol- Wolfsgruben Neudorf gefi rma des ehemaligen Torfwerkes. Die Forstverwal- tung stellte dabei das Grundstück zur Verfügung. Seifenbach Neudorf Außerdem errichtete und unterhält sie einen ca. 1 km langen Knüppeldamm. Zschopauquelle Neudorf Bis Ende 2004 betrug der Leistungsumfang der sächsischen Forstverwaltung für das Moorschutz- Hühnerheide Olbernhau programm insgesamt 7.200 produktive Waldar- beiterstunden. Das entspricht einem fi nanziellen Deutscheinsiedler Moor Olbernhau Gesamtaufwand von ca. 192.000 € inkl. 12.700 € Materialkosten, den Abstimmungsaufwand der Lehmheide Olbernhau Forstämter und Revierleiter nicht mitgerechnet. Abb. 4 u. 5 zeigen die Entwicklung des fi nanziellen Torfstich am Löffelsbach Schöneck Gesamtaufwandes der Forstverwaltung und der bear- beiteten Fläche von 1996 bis einschließlich 2004. Wodrich Schöneck 3. DIE POSITION DER FORSTVERWALTUNG UNTER DEN NEUEN PRÄMISSEN VON möglich ist. In den Folgejahren fanden weitere NATURA 2000 UND DER GRÜNDUNG DES derartige Abstimmungsveranstaltungen statt bzw. STAATSBETRIEBES SACHSENFORST wurden direkt in die sog. „Naturschutzabsprache“ Seit Beginn des vom Zweckverband Naturpark Erz- im Rahmen der Forsteinrichtung integriert. gebirge/Vogtland initiierten Moorschutzprojektes Im Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Forst- im Jahr 1997 haben sich wesentliche Rahmen- verwaltung und Naturpark-Zweckverband wurden bedingungen für die Zusammenarbeit zwischen bis Ende 2004 auf 150 ha bewaldeten Moorfl ä- Zweckverband und Forstverwaltung verändert. chen Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt. Sie bestanden zumeist im Bau von hölzernen 3.1 Moorrenaturierung und Natura 2000: Staubauwerken in den Gräben, anfangs Rundholz- Sachsen hat ein Netz von insgesamt 270 FFH-Gebie- dämmen (Abb. 1), später in mit Geotextil und Torf ten an die Europäische Union gemeldet. Ein Großteil stabilisierten Bretterdämmen und Spundwänden der Erzgebirgsmoore liegt in diesen Gebieten.

Tab. 2: Anzahl und Fläche FFH-LRT Sachsen Erzgebirge von FFH-Gebieten mit Moor- gesamt lebensraumtypen in Sachsen und im Erzgebirge (Quelle: LRT-Fläche [ha] Gebiete [N] LRT-Fläche [ha] Gebiete [N] Standarddatenbögen, LfUG 2003). Offene Moore 435 84 117 35

Moorwald 549 58 257 24

Summe 984 95 374 36 Revitalisierung der Erzgebirgsmoore aus Sicht der Forstverwaltung 43

Abb. 4: Entwicklung des fi nanziellen Gesamtaufwan- d es der Forstverwaltung in €.

Offene Moore und Moorwälder stehen unter dem Moore in Sachsen. Neben den nordwestsächsischen Schutz der FFH-Richtlinie (1992). Hier hat die Eu- Gebieten stellt das Erzgebirge den zweiten Ver- ropäische Union ihre Mitgliedstaaten verpfl ichtet, breitungsschwerpunkt dar. Hier liegen sowohl ein Netz von Schutzgebieten auszuweisen, um ein Drittel der sächsischen FFH-Gebiete, in denen dadurch den Erhalt bestimmter Lebensraumtypen Moor-Lebensraumtypen überhaupt vorkommen, und Arten zu gewährleisten. Die Gemeinschaft als auch etwa ein Drittel der geschätzten Moor- erwartet, dass von den seltenen und bedrohten Lebensraumfl äche2. Lebensraumtypen, wie es die Moore in Sachsen Bemerkenswert ist, dass die Erzgebirgsmoore zu sind, der Großteil der noch vorhandenen Flächen zwei Dritteln bewaldet sind. Mit rund 260 ha liegt in die Gebiete einbezogen wird. Dieser Vorgabe fast die Hälfte der sächsischen Moorwälder im ist Sachsen gefolgt. Seine bedeutendsten Moore Erzgebirge. Die hiesigen FFH-Gebiete haben für den liegen mittlerweile in FFH-Gebieten. Tab. 2 ver- Erhalt dieser Lebensraumtypen daher besondere deutlicht mit einigen Zahlen die Verbreitung der Bedeutung (Tab. 2). Festzuhalten ist auch, dass

Abb. 5: Entwicklung der Bearbeitungsfl äche in ha. 44 Ingo Reinhold & Michael Homann

Abb. 6: Zusammensetzung der Moorwälder in den FFH- Gebieten des Erzgebirges.

Sachsen insgesamt ein sehr moorarmes Land ist, (Abb. 6 u. 7). Ziel der FFH-Richtlinie (1992) ist nicht zuletzt, weil Moore auch im Erzgebirge auf es, die dort defi nierten Lebensraumtypen und kleine Restfl ächen zurückgedrängt wurden. Arten in einem günstigen Erhaltungszustand zu Die Moorwälder in den FFH-Gebieten des Erzgebir- bewahren bzw. diesen günstigen Erhaltungszu- ges bestehen etwa zur Hälfte aus Fichten-Moor- stand wieder herzustellen. Was hierfür in Bezug wäldern und zu jeweils einem Viertel aus Kiefern- auf die Moore unbedingt geschehen muss (sog. (einschließlich Spirken-) und Birken-Moorwäldern Erhaltungsmaßnahmen), beschreibt der für jedes Gebiet zu erstellende FFH-Managementplan. Erhal- Abb. 7: Fichten-Moorwald tungsmaßnahmen beziehen sich dabei grundsätz- im Randbereich des lich auf noch vorhandene, wenn auch meist mehr Kleinen Kranichsees oder minder geschädigte Moore einschließlich ihrer (Forstbezirk Eibenstock; hydrologischen Einzugsbereiche. Foto: M. Homann). Die Wiederherstellung bereits verloren gegangener Moor-Lebensraumtypen ist nicht Bestandteil der zwingend notwendigen Erhaltungsmaßnahmen, wird aber in den Managementplänen als natur- schutzfachlich wünschenswerte Entwicklungsmaß- nahme häufi g mit erwähnt. Die Forstverwaltung hat den Prozess der FFH-Ma- nagementplanung seit Beginn aktiv mitgestaltet. So sind die Kartier- und Bewertungsschlüssel für Wald-Lebensraumtypen und damit auch für die Moorwälder in Abstimmung mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie am Landes- forstpräsidium entwickelt worden. Die praktische Kartierarbeit im Wald wird von Mitarbeitern des Landesforstpräsidiums betreut. Die Ergebnisse werden den Waldbesitzern durch Mitarbeiter der Forstverwaltung vermittelt. Im Landeswald werden die in den Managementplänen festgelegten Erhal- tungsmaßnahmen in Zukunft in der jährlichen Revitalisierung der Erzgebirgsmoore aus Sicht der Forstverwaltung 45

und periodischen Betriebsplanung unmittelbar • Und wird er – wie bisher die Forstämter – Wald- berücksichtigt. arbeiter auf eigene Kosten für Renaturierungs- Es ist davon auszugehen, dass Natura 2000 der projekte des Zweckverbandes einsetzen? Renaturierung der Erzgebirgsmoore zusätzlichen Schwung geben wird. Die bereits oder in Kürze Eine auch für Sachsenforst weiterhin gültige, vorliegenden FFH-Managementpläne ersetzen aller- wesentliche Richtlinie für die Bewirtschaftung dings nicht die nachfolgende detaillierte Konzepti- des Landeswaldes ist der Bestandeszieltypenerlass on konkreter Renaturierungsmaßnahmen. Häufi g des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt wird vor Beginn konkreter Maßnahmen auch noch und Landwirtschaft (SMUL) vom 28.09.2004. Mit ein hydrologisches Gutachten einzuholen sein, das diesem Erlass ist eindeutig geregelt, dass „... aus fi nanziellen Gründen nur in Ausnahmefällen Standortsbereiche mit geringer Ertragsfähigkeit … Bestandteil eines FFH-Managementplanes ist. und hohem Gefährdungspotenzial für bedeutende Die FFH-Managementpläne geben den Rahmen des Schutzgüter (Boden-, Wasser- und Artenschutz), ... aus fachlicher und rechtlicher Sicht Notwendigen extensiv, mit ausschließlicher Orientierung auf das an. Die bisherigen Einzelprojektierungen von Re- jeweilige Schutzziel, zu bewirtschaften ...“ sind. naturierungsmaßnahmen und organisatorischen Regenerationsfähige Moore im Landeswald werden Aufgaben des Zweckverbandes werden aber auch auch in Zukunft vorrangig unter dem Aspekt des in Zukunft den gleichen, wenn nicht sogar einen Biotopschutzes betrachtet und nicht als zu opti- größeren Stellenwert haben. mierende Holzproduktionsfl äche. Betriebswirtschaftliche Fragen stellen sich für 3.2 Moorrenaturierung auch mit Staatsbetrieb den Staatsbetrieb Sachsenforst weniger in Bezug Sachsenforst? auf die Erzielung von Einnahmen in Waldmooren, Die sächsische Landesforstverwaltung wurde ab als vielmehr hinsichtlich der zulässigen Kosten dem 01.01.2006 zum Staatsbetrieb Sachsenforst für Maßnahmen auf diesen Flächen. Forstliche umstrukturiert. Damit einher ging die Zusammen- Eingriffe in Moorwäldern einschließlich Wieder- legung von 47 Forstämtern zu 15 Forstbezirken. Die vernässungsmaßnahmen dienen in vielen Fällen Erzgebirgsforstämter als bisher maßgebliche An- vorrangig naturschutzfachlichen Zielen und sind sprechpartner des Zweckverbandes auf der unteren betrieblich dem Produktbereich „Schutz- und Verwaltungsebene wurden zu den fünf Forstbezir- Sanierungsmaßnahmen“ zuzuordnen. Da die Aus- ken Adorf, Eibenstock, Neudorf, Marienberg und gaben in diesem Bereich generell zu reduzieren Bärenfels zusammengefasst (vgl. Abb. 8 a, b). sind, müssen Prioritäten für die Verwendung der Eine klare Zielsetzung dieser Strukturreform ist, knapper werdenden Mittel gesetzt werden. den Landeswald im Produktbereich 1 „Holz und In einem Erlass speziell zum Moorschutz im Erzge- andere Erzeugnisse“ bis 2008 ohne Zuschüsse birge vom 05.09.2005 hat das SMUL hierzu jedoch bewirtschaften zu können sowie die bisherigen klar gestellt, dass auch Sachsenforst beabsichtigt, Aufwendungen im Produktbereich 2 „Schutz- und „...das Moorprojekt ... in den zukünftigen Forst- Sanierungsmaßnahmen“ auf den Bundesdurch- bezirken durch Bereitstellung noch vorhandener schnitt abzusenken. renaturierungsfähiger Moorfl ächen im Landeswald Wie bereits geschildert haben Zweckverband, Na- und durch den Einsatz von Regiewaldarbeitern turschutzverwaltung und örtliche Forstämter bei zu unterstützen. Mit Bildung des Staatsbetriebes lokalen Renaturierungsprojekten teilweise eng und Sachsenforst soll die Renaturierung von Mooren mit erfreulichen Ergebnissen zusammengearbeitet. in den erzgebirgischen Forstbezirken Adorf, Neu- Viele Grabenverbaue wären ohne die Mitwirkung dorf, Eibenstock und Marienberg ein Schwerpunkt professioneller staatlicher Waldarbeiter nicht mög- im Bereich Naturschutz und Landespfl ege sein lich gewesen. Es stellt sich daher die Frage, ob in und auf die Prioritätenliste für Maßnahmen im geänderten Strukturen und bei verschärften wirt- Produktbereich 2 ... gesetzt werden.“ Deutlich schaftlichen Zielvorgaben die Zusammenarbeit im gemacht wird aber außerdem, dass „...eine Unter- bisherigen Umfang fortgeführt werden kann. Von stützung des Moorprojektes mit Sachmitteln ... Interesse sind hierbei insbesondere zwei Fragen: auch in Zukunft nur in sehr begrenztem Umfang möglich sein...“ wird. • Wird auch der Staatsbetrieb weiterhin Waldfl ä- Die materielle Unterstützung durch den Staats- chen für die Wiedervernässung unterschiedlich betrieb wird sich wie bisher weitgehend auf den stark degenerierter Erzgebirgsmoore zur Ver- Einsatz von Waldarbeitern beschränken müssen. fügung stellen? Bei Materialkosten und Unternehmerleis tungen 46 Ingo Reinhold & Michael Homann

Abb. 8a: Alte forstliche Organisationsstruktur.

wird man nicht umhin können, andere Finanzie- abstimmen muss. Außerdem gibt jetzt es in rungsquellen zu erschließen. jedem Forstbezirk einen hauptamtlichen Sach- Positiv auswirken dürfte sich die neue betrieb- bearbeiter für Waldökologie und Naturschutz, liche Gliederung in wenige größere Forstbezirke der sich vertieft in die Fragen der Moorrenaturie- bestimmt, da sich dann der Zweckverband bei der rung einarbeiten wird. Er kann auch vonseiten Initiierung konkreter Renaturierungsmaßnahmen des Forstbezirkes die Zusammenarbeit mit dem mit weniger Ansprechpartnern forstlicherseits Zweckverband koordinieren. Abb. 8b: Neue forstliche Organisationsstruktur. Revitalisierung der Erzgebirgsmoore aus Sicht der Forstverwaltung 47

4. GESTALTUNG DER WEITEREN ZUSAMMEN- LITERATUR ARBEIT FFH-Richtlinie: Richtlinie 92/43 EWG des Rates Folgende Eckpunkte sollten eine erfolgreiche vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natür- Zusammenarbeit von Naturpark, Naturschutzbe- lichen Lebensräume sowie der wild lebenden hörden und Sachsenforst bei der weiteren Renatu- Tiere und Pfl anzen (mit Anhängen). rierung der Erzgebirgsmoore kennzeichnen: KOPP, D. & W. SCHWANECKE (1974): Standortsformen. SEA (Standortserkundungsanweisung) 1. Es existiert ein längerfristiges abgestimmtes 74 - C 2.II., VEB Forstprojektierung Potsdam. Gesamtkonzept mit klaren Prioritäten als ge- PRESSLER, R. (1858/85): Der rationelle Waldwirth meinsame Richtschnur. Die vom Zweckverband und sein Waldbau des höchsten Ertrags. 2 Bde., in Auftrag gegebene Vorstudie (ZINKE 2000) Tharandt. enthält bereits Aussagen zu den vorrangig zu SMUL – SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR bearbeitenden Flächen. UMWELT UND LANDESENTWICKLUNG (2005): 2. Die operative Zusammenarbeit mit Sachsenforst Moorschutzprojekt des Naturparks Erzgebirge/ läuft im Wesentlichen dezentral auf Ebene der Vogtland. Umsetzung im Landeswald. Erlass Forstbezirke. Projekte werden auf dieser Ebene vom 05.09.2005, Az.: 72-8854.30/2. im I. Quartal des Vorjahres vereinbart, sodass SMUL – SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ausreichend Vorlauf für die damit verbundenen UMWELT UND LANDESENTWICKLUNG (2004): forstbetrieblichen Planungen besteht. Richtlinie zu den Bestandeszieltypen im Staats- 3. Die vom Projektträger konkret geplanten Rena- wald des Freistaates Sachsen (Landeswald). turierungsmaßnahmen beruhen auf gesicher- Erlass vom 28.09.2004, Az.: 74-8630.00. ten Grundlagen (ggf. unter Einbeziehung eines ZVNPEV – ZWECKVERBAND NATURPARK ERZ- hydrologischen Gutachtens), um zum einen die GEBIRGE/VOGTLAND (2000): Vorstudie Lan- Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen sicher desschwerpunktprojekt Erzgebirgische Moore zu stellen und zum anderen die Folgen für (bearbeitet von P. Zinke & S. Teichmann den Wald im Einzugsbereich der Maßnahmen unter Mitarbeit von A. Haupt &. M. Künzel). abschätzen zu können. Unveröff. Ber. i. A. d. Sächs. Landesamtes für 4. Der Projektträger holt vor Beginn alle notwen- Umwelt und Geologie, Schlettau. digen (u. a. wasserrechtliche) Genehmigungen ein. Das ist nicht Aufgabe von Sachsenforst als Flächeneigentümer. 5. Die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen ist zu überwachen und zu dokumentieren. Erfolge rechtfertigen die eingesetzten Mittel und sollten öffentlichkeitswirksam präsentiert werden.

AUTOREN 1Fichtenbestände können auf entwässerten Moor- standorten bis etwa 1 m Torfmächtigkeit in der ersten Ingo Reinhold Generation gute, teilweise sogar überdurchschnittliche Staatsbetrieb Sachsenforst Ertragsleistungen erbringen. Die forstliche Standortskar- Forstbezirk Marienberg tie rung der DDR kategorisierte Gebirgsmoore daher nach ihrem Wuchspotenzial: Markt 3 OI – Gebirgsmoore mit guter Leistungsfähigkeit, D-09496 Marienberg OII – Gebirgsmoore mit mittlerer Leitungsfähigkeit, OIII – Gebirgsmoore mit geringer Leistungsfähigkeit Dr. Michael Homann (D. KOPP & W. SCHWANECKE 1974) . Staatsbetrieb Sachsenforst 2 Die Flächenangaben aus den Standarddatenbögen sind Geschäftsleitung Schätzungen zum Zeitpunkt der Meldung an die Europäische Union. Sie werden im Zuge der bis Ende 2008 laufenden Bonnewitzer Straße 34 FFH-Ersterfassung und -Managementplanung präzisiert. D-01796 Pirna 48 Vít Tejrovský

Moore im Erzgebirge

Vít Tejrovský Nach dem Böhmerwald ist das Erzgebirge das zweit- durch das Umweltamt des Kreises Teplice und heute reichste Moorgebiet der Tschechischen Republik. durch die Umweltabteilung des Bezirksamtes Ústí Die Moorfl ächen auf der böhmischen Seite des nad Labem statt. Erzgebirges betragen ca. 4.000 ha. Sie bildeten Für die Unterschutzstellung werden gegenwärtig sich auf fl achen bis leicht abfallenden Hängen die Gebiete Rašeliništˇe U Jezera mit einer Fläche der Hochebenen auf wasserundurchlässigen von 120 ha und das Moor Cínovecké rašeliništˇe Schichten. Die Moore zählen alle zum Typ der (Zinnwalder Moor) mit 9 ha vorbereitet. Die Revi- Hochmoore und sind meist Wasserscheidenmoore. talisierungsmaßnahmen haben bereits begonnen. Die Mächtigkeit der Torfaufl agen bewegt sich in Es wird die Funktion der Entwässerungsgräben der Regel zwischen 4 und 6 m. Das Moor Novo- unterbrochen. veské rašeliništˇe im Landkreis erreicht Zukünftig sollen auch die Gebiete Malé und Velké eine Mächtigkeit von 10,5 m, so dass es zu den tetvˇreví tokaništˇe mit einer Fläche von 100 ha tiefsten der Tschechischen Republik zählt. Auf sowie Žebrácký roh (Betteleck) mit ca. 40 ha für Grund der erstellten Pollendiagramme wurde das die Unterschutzstellung vorbereitet werden. Alter der erzgebirgischen Moore Šebestiánské und In der Region des Kreises Most wurden die meisten Novoveské auf 10.000 Jahre bestimmt. Die Moore größeren Moore durch den Bau der Talsperre Fláje liegen überwiegend in Höhenlagen von ca. 700 bis unwiederbringlich vernichtet. Weitere Moore wur- 950 m. In einer Höhe von 1.113 m befi ndet sich den zugunsten einer Waldbewirtschaftung durch das Moor Pod Macechou. die Forstverwaltung so stark entwässert, dass sie Aus Sicht der Moorvorkommen kann das Erzge- verloren gingen. birge in vier Regionen unterteilt werden. Von Ost Das 35,5 ha große Naturreservat Cernýˇ rybník nach West sind es das Teplitzer Gebiet mit der (Schwarzer Teich) ist erwähnenswert und die Reste Umgebung von Zinnwald, das Gebiet um Chomutov der Moore im Tal des Flusses Fláje (Flöhatal), wel- (Komotau), das Gebiet Jáchymov (Joachimsthal) che eine Unterschutzstellung verdient hätten. mit der Umgebung von Boží Dar (Gottesgab) und Die Region um Chomutov zählt zu den moor- das Gebiet um Rolava. reichsten Gebieten des Erzgebirge. Ca. 2.000 ha Die Moore des Erzgebirges stellen ökologisch ein Moore mit einer Mächtigkeit von mehr als 50 cm bedeutendes stabilisierendes Element vor allem in wurden erfasst. Zusätzlich gibt es eine umfang- den Rauchschadensgebieten dar. Dies betrifft die reiche, nie exakt erfasste Fläche an Moorwiesen Regionen der Kreise Teplice, Most und Chomutov. und Fichtenbeständen auf nassen Torfböden. In den Regionen der Kreise Karlovy Vary und beson- Von den Schutzgebieten im Kreis Chomutov können ders Sokolov konnte der Charakter der Moore und das Nationale Naturreservat Novodomské rašeliništˇe der umliegenden Landschaft erhalten werden. mit 378 ha, das Naturreservat Na Louˇ ckách mit Die Erzgebirgsmoore beeindrucken nicht nur durch 13 ha und Horská louka bei Háj mit 18,5 ha ge- ihre Ausdehnung oder Torfmächtigkeit, sondern nannt werden. Das im Erzgebirge zu den größten auch aufgrund der vielen moortypischen Pfl an- Moorschutzgebieten zählende Gebiet Novodomské zen- und Tierarten, die bei bisherigen Forschungen rašeliništˇe besitzt eine gut erhaltene ursprüngliche nachgewiesen werden konnten. Geobiozönose. Für das Naturreservat Na Louˇckách Der größte geschützte Moorkomplex des Erzgebir- ist das Vorkommen der Spirke (Pinus uncinata) ges ist das Nationale Naturschutzgebiet Božídarské typisch. Das Naturschutzgebiet Horská louka bei rašeliništˇe (Gottesgaber Moor) mit einer Fläche Háj ist eine Moor-Bergwiese mit einer Reihe ge- von 930 ha. Insgesamt beträgt die Fläche der schützter und bedrohter Pfl anzenarten. geschützten Moore des Erzgebirges einschließlich Zu den weiteren für die Schutzgebietsausweisung ihrer Schutzzonen ca. 1.707 ha. Im Rahmen des vorgesehenen Gebieten gehören die Moore Pod Europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000 Macechou mit einer Fläche von 35 ha, Na spáleništi ist die Fläche der zu schützenden Gebiete erheb- mit 50 ha, Polské mit 127 ha und das Moor Klikvové lich größer. mit 83 ha. Außerdem soll der größte Moorkomplex In der Region Teplice ist das geschützte Moor Grün- des Kreises Chomutov mit den Mooren Pod Jelení waldské vˇr esovištˇe (Grünwalder Heide) mit 40 ha horou und Novoveské mit insgesamt 900 ha für die das bedeutendste. Als Wasserscheidenmoor mit Unterschutzstellung vorbereitet werden. Die meis- Bergkiefernbestand (Pinus pseudopumilo) besitzt ten der Gebiete stehen auch auf den nationalen es die typische Moorfl ora. In der Vergangenheit Meldelisten für das System NATURA 2000. wurde hier Torf für balneologische Zwecke abge- In der Region Jáchymov befi ndet sich das größte baut. Später fanden Revitalisierungsmaßnahmen geschützte Moor des Erzgebirges, das Nationale Moore im Erzgebirge 49

Abb. 1: Erzgebirgsmoor im Naturschutzgebiet Velký moˇcál im Kreis Sokolov (Foto: Vít Tejrovský).

Naturreservat Božídarské rašeliništˇe mit 930 ha. Moore auszudehnen. Die Unterschutzstellung Es ist ein Komplex aus Wasserscheiden- und Hang- sowie die Sicherstellung des strengsten Schutzes mooren über Kluftwasseraustritten. hat grundsätzliche Bedeutung für die Erhaltung Im Kreis Karlovy Vary gibt es etwa elf Moorgebiete, der bisher unbeeinträchtigten Hochmoore im die nicht unter besonderem Schutz stehen, obwohl Erzgebirge. Die durchgeführten naturwissenschaft- sie ihn verdient hätten. Es handelt sich meist um lichen Untersuchungen weisen diese Gebiete als kleinere Moore mit Flächen bis zu 10 ha, die jedoch sehr wertvoll für die Tschechische Republik aus. relativ gut erhalten sind. Zu den bedeutendsten Aus Sicht des Umwelt- und Moorschutzes müssen gehören z. B. die Moore Nejdek, Lesík, Buková diesem Vorhaben deshalb Prioritäten in unserem dolina, Bludná und Odeˇr . Meist sind die negativen Land eingeräumt werden. Auswirkungen der forstlichen Eingriffe sichtbar, Die Ausdehnung und der Zustand der erzgebir- die vor allem durch die Instandhaltung der Entwäs- gischen Moore würden zweifellos mehr Interesse serungsgräben die Degradierung forcieren. seitens der Fachbehörden und auch der Hochschu- Das Gebiet um Rolava zählt zu den am besten erhal- len verdienen. Viele Hinweise auf die Bedeutsam- tenen Bereichen des Erzgebirges und das nicht nur keit der Moore können bereits in der deutschen aus Sicht der Moore. Das gesamte Gebiet verdiente Literatur gefunden werden. Trotzdem fehlen für einen großfl ächigen Schutz. Aufrund seiner natur- die Gebiete umfangreichere Kenntnisse. Bis zum wissenschaftlichen und landschaftlichen Werte ist jetzigen Zeitpunkt wurden wenigstens grundle- es vergleichbar mit einer großen Zahl bestehender gende Inventarisierungen für die höheren und tschechischer Schutzgebiete. niederen Pfl anzen, die Wirbellosen und Wirbeltiere Gegenwärtig steht nur ein Bruchteil der vielen auf einem Großteil der Flächen durchgeführt. Die wertvollen und erhaltenen Moore und Moorkom- Anzahl der Erfassungen ist jedoch unterschiedlich. plexe unter Schutz. Es handelt sich um sieben Manchmal handelt es sich um langfristige Studien, Gebiete mit einer Fläche von 292 ha. Dazu gehö- für einige Gebiete sind es nur Beobachtungs- und ren Velké jeˇr ábí jezero (Großer Kranichsee), Malé Sammlungsergebnisse. Zusätzlich gibt es einjährige jeˇr ábí jezero (Kleiner Kranichsee), Velký moˇcál, grundlegende Inventarisierungen, die von den Pˇrebuzské vˇresovištˇe (Frühbußer Heide), Haar, Umweltreferaten der Kreisämter, heute Bezirksäm- Oceán und V rašelinách. tern Ústí nad Labem und Karlovy Vary in Auftrag Der große Hochmoorkomplex bei Rolava ist Be- gegeben wurden. standteil des Systems NATURA 2000 und sollte Ein größeres gefördertes Forschungsvorhaben in die Nationalen Naturschutzgebiete Velké jeˇr ábí realisieren V. Bejcek, ˇ P. Málková, und K. Štastný jezero (Großer Kranichsee) und Velký moˇcál einbe- ZU den Rauhfußhühnern (Tetraonidae) in der Regi- zogen werden, um so den Schutz auf die kleineren on um Grünwald. Von 2001 bis 2003 untersuchte 50 Vít Tejrovský

Abb. 2: Erzgebirgsmoor Pod Macechou (Torfheide) im Kreis Chomutov (Foto: Vít Tejrovský).

die Agentur für Natur- und Landschaftsschutz die Bedrohte Arten: Auswirkungen wirtschaftlicher Eingriffe auf die Än- Barbilophozia kunzeana, Cephaloziella elachista, derung der biologischen Diversität in den besonders C. spinigera, Odontoschisma sphagni, Scapania geschützten Gebieten der Nationalen Naturreservate paludicola, Pseudobryum cinclidioides, Helodium Novodomské und Božídarské rašeliništˇe. Außerdem blandowii, Splachnum ampullaceum, S. ovatum, führten C.ˇ Ondráˇcek, I. Táborský und V. Tejrovský Tomenthypnum nitens und 31 Torfmoosarten der eine grundlegende Erfassung im Moorgebiet Novo- Gattung Sphagnum, besonders Sphagnum lindbergii veské rašeliništˇe in den zum Schutz vorgeschlagenen (glaziales Relikt), S. fuscum, S. tenellum, S. majus, Gebieten des Kreises Chomutov durch. F. Lederer, S. balticum, S. magellanicum, S. subnitens, Pinus V. Melichar und J. Michálek nahmen die höheren x pseudopumilio, Empetrum nigrum, Menyanthes und niederen Pfl anzen in den Gebieten Božídarské trifoliata, Dactylorhiza longebracteata. rašeliništˇe und Rolavské vrchovištˇe auf. In zwei Bedrohte Pfl anzengesellschaften: zum Schutz vorgeschlagenen Gebieten erforschten z. B. Scheuchzerio-Sphagnetum cuspidati, Spha- J. Buchar und J. Hajer die Arachnofauna, denn im gno lindbergii-Caricetum limosae, Andromedo po- Rahmen der Vorbereitungen zu NATURA 2000 wurde lifoliae-Sphagnetum magellanici, Pino rotundatae- den erzgebirgischen Mooren mehr Aufmerksamkeit Sphagnetum. gewidmet.1 Biogeografi sch bedeutende Pfl anzengesellschaften: Drepanoclado fl uitantis-Caricetum limosae, Sphagno Bedeutende Flora cuspidati-Caricetum limosae, Sphagno dusenii-Cari- Kritisch bedrohte Arten: cetum limosae. Hamatocaulis vernicosus, Sedum villosum, Carex chordorrhiza, C. dioica, Scheuchzeria palustris, Bedeutende Fauna Drosera anglica, Salix repens, Montia fontana, Wirbellose: Listera cordata. Spinnen: (u. a. 17 moortypische Arten): Agyneta Stark bedrohte Arten: conigera, Centromerus arcanus, C. pabulator, Di- Mnium pseudopunctatum, Paludella squarrosa, plocephalus permixtus, Gonatium rubens, Lepthy- Cephalozia loitlesbergeri, C. macrostachya, Pinus phantes angulatus, Sintula corniger, Meioneta rotundata (endemische Baumart der Moorgebiete affi nis, Drepanotylus uncatus, Araeoncus crassiceps, in Mitteleuropa), Rhynchospora alba, Carex limosa, Walckenaeria vigilax, Alopecosa taeniata, Pirata Ledum palustre, Betula nana, Pedicularis palustris, uliginosus, Hahnia montana, Callilepis nocturna, Pinguicula vulgaris, Montia hallii, Swertia perennis, Talavera westringi, Clubiona kulczynski. Chrysaspis spadicea, Coeloglossum viride, Dactylo- Deckfl ügler: Carabus menetriesi, C. nitens, Patrobus rhiza comosa, Leucorchis albida. assimilis, Epaphius rivularis, Hydropus ferrugineus, Moore im Erzgebirge 51

H. longicornis, H. melanocephalus, Agabus affi nis, Umweltschutzverwaltungen keine Möglichkeit Ilybius aenescens, I. crassus, Rhantus suturellus, haben, dagegen Einspruch zu erheben. Bei dem Crenitis punctatostriata. Umfang der verwendeten fi nanziellen Mittel ist Schmetterlinge (Tagfalter): Colias palaeno (Hoch- dies verwunderlich. Außerdem werden die Moore moorgelbling). durch hohe Wildbestände, vor allem Rotwild, Libellen: Aeshna subarctica (Hochmoor-Mosaik- und den Tourismus beeinträchtigt, überwiegend jungfer). in den Wintermonaten. Zudem werden an völlig Wirbeltiere: ungeeigneten Orten Windkraftanlagen oder Erho- Rundmäuler: Lampetra planer (Bachneunauge). lungsobjekte geplant oder errichtet. Kritisch bedroht: Trotz allem sind die Erzgebirgsmoore ein bedeu- Amphibien und Kriechtiere: Triturus helveticus tendes Element der Naturausstattung der Tsche- (Fadenmolch, einziges Vorkommen in der Tsche- chischen Republik und verdienen vollen legislati- chischen Republik, Ostgrenze der Ausbreitung), ven Schutz. Gegenwärtig werden im Rahmen von Triturus alpestris (Bergmolch), Lacerta vivipara NATURA 2000 zwei SPA-Gebiete (Special Protected (Bergeidechse), Vipera berus (Kreuzotter). Areas – europäische Vogelschutzgebiete) vor allem Vögel: Tetrao urogallus (Auerhuhn), Tetrao tetrix wegen des Birkhuhns ausgewiesen: Východní (Birkhuhn), Grus grus (Kranich), Bonasa bonasia Krušné hory (Osterzge birge) und Novodomské (Haselhuhn), Gallinago gallinago (Bekassine), rašeliništˇe-Kováˇr ská. Außerdem werden umfang- Scolopax rusticola (Waldschnepfe), Crex crex (Wach- reiche Gebiete abgegrenzt, die nach FFH-Richtlinie telkönig), Coturnix coturnix (Wachtel), Picoides zu schützen sind. Hierbei geht es um die Moore tridactylus (Dreizehenspecht), Circus cyaneus Novodomské und Polské rašeliništˇe, Rašeliništˇe (Kornweihe), Tringa ochropus (Waldwasserläu- Na Louˇckách und Krušnohorské plató. Einerseits fer), Ciconia nigra (Schwarzstorch), Glaucidium umfassen diese Flächen bereits bestehende Schutz- passerinum (Sperlingskauz), Aegolius funereus gebiete, andererseits beinhalten sie angrenzende (Raufußkauz), Tordus torquatus (Ringdrossel), größere Gebiete. Saxicola rubetra (Braunkehlchen), Nucifraga Aufgrund ihrer Naturausstattung und ihrer Größe caryoca (Tannenhäher), Carpodacus erythrinus zählen die gegenwärtig geschützten oder noch zu (Karmingimpel). schützenden Moorgebiete des Erzgebirges (Auswei- Säugetiere: Barbastella barbastellus (Mopsfl eder- sung in Vorbereitung) zu den international bedeuten- maus), Myotis myotis (Großes Mausohr), Pipistrellus den Nass-Standorten, für die die Ramsar-Konvention pipistrellus (Zwergfl edermaus), Eptesicus nilssoni von 1971 zutrifft (Übereinkommen über Feuchtge- (Nordfl edermaus), Vespertilio discolor (Zweifarb- biete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und fl edermaus). Watvögel, von internationaler Bedeutung).

Aus den bisherigen Erkenntnissen geht eindeutig 1 Zu den Auftraggebern zählen die Agentur für Natur- hervor, dass alle untersuchten Gebiete nicht nur und Landschaftsschutz der Tschechischen Republik, das aus Sicht der Moore, sondern auch aufgrund ihrer tschechische Umweltministerium, die Bezirksämter der geschützten und bedrohten Arten sehr wertvoll Bezirke Ústecký und Karlovarský kraj sowie die Tsche- sind. Eine Reihe von erzgebirgischen Mooren ist chische Universität für Landwirtschaft. hinsichtlich ihrer Pfl anzen- und Tierarten mit den bedeutendsten Moorgebieten z. B. des Böhmer- waldes vergleichbar. Welche Schäden gibt es zurzeit in den Erzgebirgs- mooren? Zuerst müssen die Entwässerungen an- grenzender Bestände, aber auch der Moore selbst, mitunter bis zur vollständigen Degradierung der Standorte genannt werden. Weiterhin erfolgen AUTOR Pfl anzungen fremdländischer Baumarten und das vorrangig in Bezug auf die Erzgebirgsform der Vít Tejrovský Bergkiefer (Spirke). Die Kalkung der Waldbestän- Agentura ochrany pˇr í rody a krajiny CRˇ de, bei der es aufgrund großfl ächiger Einsätze SCHKO Labské pískovce mit Hubschraubern auch zur Kalkung der Moore kommt, ist ebenfalls negativ. Oftmals werden diese Chomutovská 120 Arbeiten aus dem Fond Phare gefördert, wobei die CZ-431 51 Klášterec nad Ohˇr í 52 Andreas Henkel

Schutz und Erhaltung der Moore und Moorwälder im Thüringer Wald – Erfahrungen bei der Umsetzung des gemeinsamen Konzeptes von Forst- und Naturschutzverwaltung

Andreas Henkel 1 DAS GEMEINSAME „MOORSCHUTZKONZEPT“ 1.1 Ausgangssituation

• Moore sind in Thüringen ein sehr seltener Lebensraumtyp (Vorkommen auf < 0,1 % der Landesfl äche, ca. 1000 bis 2000 ha Fläche insgesamt). • Alle Moore und Moorwälder sind geschützte Biotope gemäß dem Thüringer Naturschutzgesetz. • Von besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung sind die Regenmoore („Hochmoore“) in den Kammlagen des Thüringer Waldes. Sie wurden schon frühzeitig als Naturschutzgebiete gesichert. • Bisher wurden zahlreiche Maßnahmen zum Schutz und zur Erhaltung insbesondere der Regenmoore im Thüringer Wald durchgeführt, jedoch fehlte eine umfassende Zustandsanalyse sowie eine darauf basierende umfassende Planung.

1.2 Anlass für die Erstellung des Moorschutzkonzeptes

• Durch THIEL (1998) und JESCHKE (1998, 1999) wurden Ende der 1990-er Jahre Untersuchungen zum aktuellen Vorkommen und zur Gefährdung der Moore im Thüringer Wald und im Thüringer Schie- fergebirge mit folgenden Ergebnissen durchgeführt: − Es sind mehr Moore vorhanden, als bisher bekannt. − Sehr viele Torfl ager sind durch Entwässerung und Aufforstung erheblich beeinträchtigt. Es besteht dringender Handlungsbedarf zur Sicherung der Moorvorkommen. • Im Auftrag der Naturschutzverwaltung wurden von JESCHKE (2000) detaillierte Pfl ege-und Entwick- lungspläne für die Hochmoore im Thüringer Wald erarbeitet, in denen umfangreiche Maßnahmen (u. a. Hiebsmaßnahmen) zur Revitalisierung vorgeschlagen wurden. • Für die Umsetzung der Revitalisierungsmaßnahmen war die Zusammenarbeit mit der Landesforst- verwaltung erforderlich, da − es sich bei den Mooren im Thüringer Wald um Waldfl ächen im Sinne des Thüringer Waldgesetzes handelt und − die betreffenden Flächen in der Regel im Besitz der Landesforstverwaltung sind.

1.3 Bearbeitung des Moorschutzkonzeptes

• Im Auftrag der beiden Abteilungen Naturschutz und Forsten des Thüringer Ministeriums für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt wurde ab Mai 1999 gemeinsam durch nachfolgend genannte Dienststellen der Forst- und Naturschutzverwaltung das Konzept erstellt: – Landesforstdirektion Oberhof als obere Forstbehörde (Federfüh- rung), – Landesverwaltungsamt Weimar als obere Naturschutzbehörde, – Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie Jena, – Staatliches Umweltamt Erfurt, – Biosphärenreservatsverwaltung Vessertal/Thüringer Wald.

Im August 2001 wurde das Fachkonzept dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt übergeben.

Abb. 1: Waldfreie Regenmoorkalotte im Naturschutzgebiet Saukopfmoor (Foto: C. Siuda). Schutz und Erhaltung der Moore und Moorwälder im Thüringer Wald 53

1.4 Inhalte des Moorschutzkonzeptes

• Begriffdefi nitionen • Ziele und Maßnahmen − Gefahrenabwehr durch: › Moorerfassung, Information, Besucherlenkung, › Flächensicherung. − Revitalisierung (= Wiederbelebung) gestörter Moore durch: › Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserhaltung im Moor, › forstliche Maßnahmen in der Umgebung bzw. im Einzugsbereich der Moore, › Hiebsmaßnahmen in den Waldbeständen auf gestörten Torfl agern. • Umsetzung der Maßnahmen − Wer macht was? − Finanzierungsinstrumente für die Maßnahmen. • Prioritäre Arbeitsaufgaben − Revitalisierung der Regenmoore in den Kammlagen des Thüringer Waldes (Umsetzung der Pfl ege- und Entwicklungspläne), − Erfassung und Dokumentation der Moore und Moorwälder im westlichen Schiefergebirge, − Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung von ausgewählten Hangversumpfungsmooren.

1.5 Erhaltungs- und Entwicklungsziele des Moorschutzkonzeptes

Tab. 1: Erhaltungs- und

Moortyp (nach JESCHKE & PAULSON 2002) Erhaltungs-/Entwicklungsziel Entwicklungsziele der vor- handenen Moortypen. Hangversumpfungsmoor sowie Randbereiche der Quellmoore, Lichter Moor-Fichtenwald Randlagg der Regenmoore Deckenmoorartige Torfl ager sowie steile Randgehänge der „Moorheide-Wald“ Regenmoore Regenmoor(-kalotte) sowie Quellmoore, kleinfl ächig auch waldfreie Moorfl äche Hangversumpfungsmoore

2 ZUM STAND DER KONZEPTUMSETZUNG 2000 BIS 2004 2.1 Revitalisierung der Regenmoore

• Hiebsmaßnahmen Tab. 2: Arten von Hiebs- Art der Hiebsmaßnahme Soll Ist maßnahmen.

„Struktur-Durchforstungen“ 87 ha 50 ha

Vollständige Entnahme der Bestockung 17 ha 17 ha

• Blockieren von Entwässerungsgräben − über 60 Staubauwerke in Hauptentwässerungsgräben, davon ca. 40 mithilfe eines Moorbaggers, − Verbau von Schlitzgräben auf ca. 6 ha Regenmoorkalotte.

2.2 Erfassung und Dokumentation der Moore und Moorwälder im westlichen Schiefergebirge

• Ergebnis der Auswertung der vorhandenen Datenquellen: > 200 potenzielle Moorstandorte, • Ergebnisse der Begutachtung der „Verdachtsfl ächen“ vor Ort: mehr als 150 rezente Torfl ager (0,5 bis 3 ha Größe), davon ca. 25 % intakte Moore (bzw. Moorwälder), • Erfassung und Kartierung von 70 Mooren mittels GPS. 54 Andreas Henkel

Abb. 2: Blockieren der Schlitzgräben durch Einram- men von Sperrholztafeln. Naturschutzgebiet Saukopf- moor im August 2003 (Foto: C. Siuda).

2.3 Maßnahmen zur Erhaltunq von ausgewählten Hangversumpfungsmooren

Es wurden ca. 25 Einzelmaßnahmen in 14 Mooren realisiert.

3 ERFAHRUNGEN BEI DER REALISIERUNG DER MASSNAHMEN UND PROJEKTE 3.1 Aufgabenverteilung, Zuständigkeiten

Voraussetzung für den Erfolg bei der Umsetzung war eine klare Verteilung der Aufgaben und Zustän- digkeiten wie folgt: Naturschutzbehörden: Naturschutzfachliche Bewertung der Moore, Prioritätensetzung, − Naturschutz- und Forstbehörden gemeinsam: Festlegung der Ziele sowie deren Beschreibung anhand nachvollziehbarer Kriterien, − Forstbehörden (ggf. in Verbindung mit Spezialisten): Ausführungsplanung, Organisation (inkl. Ausschreibungen), Anleitung, Koordination und Überwachung der Arbeiten.

3.2. Optimales Arbeitsverfahren bei Hiebsmaßnahmen

Motormanuelles Fällen der Bäume –> Ganzbaum-Rückung mit Seilkrantechnik –> Aufarbeitung mit Harvester an der Waldstraße. − Vorteile: › bodenschonender Abtransport der Baumstämme vom Moor (keine Schäden am Torfkörper), › Abtransport des Schlagreisigs ist gewährleistet. − Notwendige Rahmenbedingungen: › Es ist eine entsprechende Erschließung (mit Zufahrtswegen) erforderlich. › Ausreichende Lagerkapazitäten müssen vorhanden sein oder geschaffen werden, da in der Regel erhebliche Holz- und Reisigmengen anfallen. › Aufarbeitung des Schlagabraumes muss vorbereitet u. organisiert sein (ggf. Nutzung als Energieholz). › Es entstehen vergleichsweise hohe Kosten (Seilkran, Holzbrecher/-hacker). › Qualifi zierte und versierte Waldarbeiter (Seilkranführer) sind notwendig! Schutz und Erhaltung der Moore und Moorwälder im Thüringer Wald 55

Abb. 3: „Moorbagger“ beim Einsatz im Naturschutz- gebiet Saukopfmoor im September 2003 (Foto: C. Siuda).

3.3 Verbesserung der Wasserhaltung im Moor

• Das Blockieren der Schlitzgräben hat hohe Priorität! − Das Schlitzgraben-System/Netz zur oberfl ächlichen Entwässerung der Moore ist auch nach Einstellen der Instandhaltungsmaßnahmen noch lange funktionsfähig. − Je nach Ausgangsbedingungen (Torfmächtigkeit und –zersetzung, Durchwurzelung des Torfkörpers etc.) sind unterschiedliche manuelle Arbeitsverfahren notwendig. • Besonders bewährt hat sich als Anstaumaßnahme in (größeren) Entwässerungsgräben die Errichtung von rundholzverstärkten Torfwehren mittels Bagger-Einsatz. − Vorteile: › Erreichen optimaler Einstauhöhen, › durch die vollständige Torfüberdeckung ist die Standzeit länger als bei normaler (Rund-) Holz-Bauweise, › hohe Effi zienz (im Vergleich zu manuellen Arbeitsverfahren). − Notwendige Rahmenbedingungen: › entsprechende Vorplanung (Grabenerfassung) notwendig, › Bereitstellung von ausreichenden und geeigneten Rundhölzern (Dimension, Länge), › nur Einsatz von Moorbaggern mit entsprechender Ausstattung (insbesondere breite Ket- ten), › Erfahrung des Baggerfahrers ist maßgeblich für den Erfolg der Maßnahme!

3.4 Finanzierung

• Realisierung als Kompensationsmaßnahme/n, insbesondere der Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserhaltung in den Mooren; Moorschutzkonzept fungiert als Flächen- bzw. Maßnahmepool! • Realisierung von ausgewählten Aktivitäten im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen etc., insbesondere von Zu- und Hilfsarbeiten bei Hiebsmaßnahmen bzw. beim Einsatz des Moor-Baggers. Wichtig in diesem Zusammenhang ist eine qualifi zierte Betreuung und Anleitung der Arbeitskräfte sowie eine genaue Abstimmung der Arbeiten. 56 Andreas Henkel

Abb. 4: Fertiges Stauwehr (Stauwehr 3) im Zentral- graben im Umgriff der naturnahesten Bereiche des Saukopfmoores, Blick nach Süden im Oktober 2003 (Foto: C. Siuda).

3.5. Öffentlichkeitsarbeit

• Informationen vor Ort für Anwohner und Besucher zur Akzeptanzförderung dringend notwendig, insbesondere bei Arbeiten in Naturschutzgebieten oder in der Kernzone des Biosphärenreservates, • Exkursionen für interessiertes Fachpublikum und Politiker, • regelmäßige Beiträge zum Moorschutzkonzept in der überregionalen Tagespresse sowie in Funk und Fernsehen.

LITERATUR HENKEL, A. & U. KATZENBERGER (2002a): Erfolgreiche Kooperation von Forst- und Naturschutzverwaltung: Revitalisierung von Mooren im Thüringer Wald. AFZ/Der Wald 3: 157–159. HENKEL, A. & U. KATZENBERGER (2002b): Schutz, Erhaltung und Entwicklung der Moore im Bereich des Thüringer Waldes und des westlichen Schiefergebirges – ein gemeinsames Konzept der Thüringer Forst- und Naturschutzverwaltung. Naturschutzreport 19: 238–249. HENKEL, A., KATZENBERGER, U., KETTAKER, U. & H. SPERLING (2004): Revitalisierungsmaßnahmen im Naturschutz- gebiet Saukopfmoor beendet. Landschaftspfl ege u. Naturschutz Thür. 41 (3): 87–89. JESCHKE, L. (1998): Naturschutzfachliche Bearbeitung der Hochmoore des Thüringer Waldes und des Westlichen Schiefergebirges. Unter Mitarbeit von Ch. Paulson. Unveröff. Gutachten im Auftrag der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie, Jena. JESCHKE, L. (1999): Kurzbeschreibung ausgewählter Moore des Thüringer Waldes, Prioritätenliste für Revitalisierungsmaßnahmen und Ermittlung der Ausdehnung der Torfkörper naturschutzfachlich wertvoller Moore. Unter Mitarbeit von Ch. Paulson. Unveröff. Gutachten i. A. der Thüringer Landes- anstalt für Umwelt und Geologie, Jena. JESCHKE, L. (2000): Pfl ege- und Entwicklungspläne für die Hochmoore in den Kammlagen des Thüringer Waldes, Beerbergmoor, Saukopfmoor, Schneekopfmoore und Schützenbergmoor. Unter Mitarbeit von Ch. Paulson und der Geocad-Ingenieurgesellschaft mbH. Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag des Staatlichen Umweltamtes Erfurt. Schutz und Erhaltung der Moore und Moorwälder im Thüringer Wald 57

Abb. 5: „Bauträger“-Tafel am Naturschutzgebiet Saukopf- moor im Oktober 2003 (Foto: C. Siuda).

JESCHKE, L. & CH. PAULSON (2002): Moore in den Kammlagen des Thüringer Waldes und des westlichen Schiefergebirges. Naturschutzreport 19: 13–82. SIUDA, C. (2003): Renaturierung des Saukopfmoores. Abschlussbericht nach Umsetzung von Anstaumaß- nahmen mittels Baggereinsatz. Unveröffentlichtes Manuskript im Auftrag der Thüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei, Gotha. THIEL, S. (1998): Hochmoore im Thüringer Wald. Historische Entwicklung, gegenwärtige Verbreitung und Zustand, Ableitung von Pfl egemaßnahmen. Unveröff. Dipl.-Arbeit, Fachhochschule Erfurt.

AUTOR

Andreas Henkel Thüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei Referat 23 – Waldnaturschutz

D-99867 Gotha Jägerstr. 1

Redaktioneller Hinweis: Der Autor sah sich aufgrund seines begrenzten Zeitbudgets außerstande, einen ausführlichen Textbeitrag für diesen Tagungsband zu liefern. Stattdessen stellte er die PowerPoint- Datei zur Verfügung, die er für seinen Vortrag in Großrückerswalde verwendete. Daraus resultiert das veränderte Layout. 58 Peter Staubli

Schutz und Förderung von Mooren in der Schweiz – rechtliche Situation und aktive Maßnahmen

Peter Staubli 1 RECHTLICHE SITUATION verbände und Bauern bildeten ein Initiativkomitee 1.1 Eine schweizerische Spezialität der direkten und formulierten folgenden neuen Verfassungsar- Demokratie tikel: „Moore und Moorlandschaften von beson- Eine Besonderheit der direkten Demokratie in derer Schönheit und nationaler Bedeutung sind der Schweiz ist die sog. Verfassungsinitiative. Schutzobjekte. Es dürfen darin weder Anlagen Bezeugen 100.000 stimmberechtigte Bürgerinnen gebaut noch Bodenveränderungen irgendwelcher und Bürger mit ihrer Unterschrift, dass eine neue Art vorgenommen werden. Ausgenommen sind Ein- Bestimmung in der Verfassung Aufnahme fi nden richtungen, die der Aufrechterhaltung des Schutz- soll, muss dieser Verfassungsartikel innerhalb von zweckes und der bisherigen landwirtschaftlichen spätestens fünf Jahren nach offi zieller Einreichung Nutzung dienen.“ Da die Befürchtung bestand, der gesamten Stimmbevölkerung zur Abstimmung das Militär warte die Abstimmung nicht ab und vorgelegt werden. Entscheiden sich mehr als die begänne umgehend mit dem Bau der Anlagen, Hälfte der Stimmberechtigten und mehr als die wurde als Übergangsbestimmung angefügt: „Anla- Hälfte der Kantone für diesen Vorschlag, wird er gen, Bauten und Bodenveränderungen, welche dem in das Grundgesetz aufgenommen. Zweck der Schutzgebiete widersprechen und nach dem 1. Juni 1983 erstellt werden, insbesondere 1.2 Rothenthurm-Inititiative in der Moorlandschaft von Rothenthurm auf dem Der stetige Rückgang der Anzahl, Fläche und Gebiet der Kantone Schwyz sowie Zug, müssen zu Qualität der Moore bis ins 20. Jahrhundert führte Lasten der Ersteller abgebrochen und rückgängig bei weiten Kreisen der Bevölkerung zu einer gemacht werden. Der ursprüngliche Zustand ist Sensibilisierung für diese Lebensräume. Nachdem wieder herzustellen.“ Ende der 1970-er Jahre konkrete Pläne des Militär- Die Initiative kam zustande und wurde – für die Abb. 1: Hoch- und Flach- departements bekannt wurden, in Rothenthurm, meisten überraschend – am 6. Dezember 1987 an- moore der Schweiz von dem größten zusammenhängenden Moorkomplex genommen. Dies führte zur weltweit einzigartigen nationaler Bedeutung der Schweiz, ein Übungsgelände für die Schweizer Situation, dass der Moorschutz in der Verfassung (WSL 2002). Armee zu bauen, regte sich Widerstand. Umwelt- eines Landes verankert ist.

Hochmoore

Flachmoore Schutz und Förderung von Mooren in der Schweiz – rechtliche Situation und aktive Maßnahmen 59

Tab. 1: Moore und Moor- Verordnung Festlegung Revision Anzahl Fläche landschaften von nationaler Bedeutung. Hochmoore1 1991 2003 549 1.524 ha Flachmoore2 1. Serie: 1994 2. Serie: 1996 3. Serie: 1998 2004 1.16319.189 ha

Moorlandschaften3 1996 2004 8987.373 ha

1SCHWEIZERISCHER BUNDESRAT 1991; 2SCHWEIZERISCHER BUNDESRAT 1994; 3SCHWEIZERISCHER BUNDESRAT 1996

1.3 Zuständigkeiten 2 REGENERATIONSPROJEKTE Die oberste Exekutivbehörde, der Bundesrat, legte 2.1 Grundlagen und Ziele nachfolgend in drei Verordnungen die Moore und Aufgrund ihrer Seltenheit und Gefährdung sowie Moorlandschaften von nationaler Bedeutung fest mit der Annahme der Rothenthurm-Initiative wur- (Tab. 1, Abb. 1). Über das Bundesamt für Umwelt den der Schutz der Moore in der Schweiz vorrangig (BAFU) übt der Bund die Oberaufsicht über den und die Regeneration vor allem von Hochmooren Vollzug aus. Es koordiniert den Moorschutz, bie- ein Thema. In mehreren Kantonen wurden paral- tet fachliche Unterstützung und subventioniert lel mit der defi nitiven Unterschutzstellung auch Projekte. Für den eigentlichen Vollzug der Verord- Renaturierungsprojekte realisiert, weshalb nun Er- nungen sind die Kantone zuständig. fahrungen aus zahlreichen Projekten vorliegen. Neben den allgemeinen Schutzbestimmungen enthalten die zwei Verordnungen, die sich auf die Die Ziele einer Hochmoor-Regeneration bestehen Hochmoore und Flachmoore (Niedermoore) bezie- darin, den Wasserhaushalt zu optimieren, die Er- hen, Bestimmungen zur Regeneration. Artikel 4 haltung und Förderung der biotoptypischen Flora der Hoch- und auch der Flachmoorverordnung und Fauna zu gewährleisten sowie ein Wachstum besagt: „In gestörten Moorbereichen soll die Rege- der Torfmoose und schließlich die Torfbildung zu neration, soweit es sinnvoll ist, gefördert werden.“ ermöglichen. Eine grundlegende Voraussetzung Und Artikel 8: „Die Kantone sorgen dafür, dass hierfür ist, den Grundwasserspiegel aus dem bestehende Beeinträchtigungen von Objekten bei Torfkörper heraus auf das Niveau des Akrotelms jeder sich bietenden Gelegenheit soweit als möglich (oberster Bereich mit der wachsenden Vegetati- rückgängig gemacht werden.“ on) anzuheben und dort mit möglichst geringen Schwankungen zu halten. 1.4 Stand des Moorschutzes und der Moorre- naturierung 2.2 Vorgehen Die Kantone haben eine recht große Autonomie, Jedes Hochmoor hat individuelle Eigenheiten und was zu unterschiedlichen Strategien und Fortschrit- spezifi sche Rahmenbedingungen. Daraus lässt sich ten im Vollzug führt. Generell lässt sich sagen, dass folgern, dass für jedes Hochmoor ein angepasstes die grundsätzlichen Schutzbestimmungen aus den Projekt erforderlich ist. Die Komplexität eines zwei Verordnungen zum Moorbiotopschutz von Hochmoores lässt aus wissenschaftlicher Sicht den Kantonen weitgehend umgesetzt sind. Die schier unermesslich viele Untersuchungsmöglich- Umsetzung der Moorlandschaftsverordnung ist keiten zu. Unter dem Gesichtspunkt der Kosten noch nicht überall abgeschlossen. und der Effektivität müssen die wesentlichen Im Bereich der Moorregeneration lassen die zwei Punkte abgeklärt werden. Folgendes Vorgehen hat oben zitierten Artikel mit den Formulierungen sich bewährt: „soll“ und „soweit als möglich“ großen Spielraum zu (Tab. 2). Sie bieten einerseits eine ausreichende • Information der Grundeigentümer und, falls Rechtsgrundlage, wenn ein Kanton ein Renatu- vorhanden, der Bewirtschafter, rierungsvorhaben ausführen will. Andererseits • moorkundliche Abklärungen: Topografi e (u. a. sind sie nicht so verbindlich, dass ein Kanton Gräben, Torfstichkanten), Hydrologie, Gebiets- im Bereich der Moorregeneration zu Projekten geschichte (Luftbilder, Archive), Torfmächtig- gezwungen ist. keit (Bohrungen, Georadar), Vegetationskunde, 60 Peter Staubli

Tab. 2: Regenerationspro- 2 1 Regenerationsprojekte jekte in der Schweiz. Kanton Anzahl Hochmoore geplant in Umsetzung abgeschlossen keines Aargau 2 2 Appenzell-Innerrhoden 8 8 Appenzell-Ausserrhoden 18 18 Bern 103 9 14 18 62 Freiburg 31 7 24 Glarus 8 1 7 Graubünden 46 2 4 1 39 Jura 15 5 3 5 2 Luzern 59 5 3 3 48 Neuenburg 17 12 3 2 Nidwalden 5 2 1 2 Obwalden 54 1 53 St. Gallen 53 3 2 48 Solothurn 1 1 Schwyz 19 2 2 1 14 Thurgau 2 1 1 Tessin 18 18 Uri 5 1 4 Waadt 34 4 13 17 Wallis 9 9 Zug 22 5 13 4 Zürich 29 4 7 5 13 Total 558 55 75 37 391

1Doppelnennungen möglich, wenn das Objekt in zwei Kantonen liegt. In der Schweiz gibt es insgesamt 549 Hochmoore von nationaler Bedeutung. 2Eingriffe in den Wasserhaushalt oder umfangreiche Pfl egearbeiten Quelle: Regenerationsdatenbank WSL und Umfrage P. STAUBLI (Stand August 2006)

Anwendung des Pufferzonenschlüssels (BUWAL Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft 1984), evtl. weitere Abklärungen, (heute: Bundesamt für Umwelt, CH-3003 Bern) • Projektbericht mit Ergebnissen, Entwicklungs- verwiesen. zielen und Maßnahmen, • Information der Grundeigentümer und Be- 2.3.1 Sägemehl und Sperren aus Holz – Zuger wirtschafter, Methode • Umsetzung der Maßnahmen, In Gebirgsregionen weisen die Oberfl ächen von • Erfolgskontrolle (z. B. hydrologische oder Mooren und entsprechend die Entwässerungsgrä- vegetationskundliche Kriterien). ben rasch einmal ein Gefälle von mehr als 1 % auf, was den Einstau der Gräben mit nur Sperren nicht 2.3 Technische Maßnahmen zulässt (SCHNEEBELI 1991), sondern die vollständige Je nach Moortyp und Beeinträchtigung kommen Füllung der Gräben verlangt. unterschiedliche technische Methoden zur An- Torf, der als Füllmaterial für Gräben geeignet ist, wendung, die hier nur in Einzelfällen detailliert steht nicht immer zur Verfügung. Als Alternative behandelt werden. Im Übrigen wird auf die 1998 hat sich die im Kanton Zug entwickelte Methode erschienene Publikation „Technische Maßnah- einer Kombination einer Füllung mit Sägemehl und men zur Regeneration von Hochmooren“ des dem Stau mit Sperren bewährt (Abb. 2). Schutz und Förderung von Mooren in der Schweiz – rechtliche Situation und aktive Maßnahmen 61

Abb. 2: Zuger Methode, Arbeitsschritte von der Bildmitte vorne nach hinten Foto: P. Staubli).

Bei kleineren Entwässerungsgräben werden in große Bedeutung zu. Die Schweiz ist kleinräumig Abständen von mehreren Metern unten zuge- und die Intensität der landwirtschaftlichen Nut- spitzte, in der Regel 1 x 2 m große, sägerohe und zung generell hoch. Das führt dazu, dass sich in chemisch unbehandelte Holzschalungstafeln mit der unmittelbaren Umgebung von Mooren häufi g einem Raupenbagger eingerammt. Die Vegetation gedüngte und entwässerte Wieslandfl ächen oder in den Zwischenräumen wird ausgestochen und andere Störungsquellen befi nden, die einen schäd- zur Seite gelegt, ebenso auch etwas Torf. Dann lichen Einfl uss auf die Moore ausüben. Hoch- und wird der Graben bis an die Grabenoberkanten mit Flachmoorverordnung berücksichtigen diese Ge- sauberem Sägemehl gefüllt und nachdem es sich fahren und schreiben im Artikel 3, Absatz 1 vor: mit Wasser vollgesogen hat, leicht eingestampft. „Die Kantone legen den genauen Grenzverlauf Auf das Sägemehl kommen zuerst eine Torfschicht fest und scheiden ökologisch ausreichende Puf- und darüber die vorher entfernte Grabenvegetation ferzonen aus.“ Obwohl die Formulierung sehr weit zu liegen (Abb. 2). geht, liegt der Schwerpunkt ihrer Anwendung vor Sägemehl weist verschiedene Eigenschaften auf, allem auf dem Aspekt des Nährstoffeinfl usses, der die es als Füllmaterial für Entwässerungsgräben regelmäßig zu Auseinandersetzungen führt. Um geeignet machen. Es ist organisch, nährstoffarm, eine einheitliche Beurteilung der „ausreichenden saugfähig, leicht zu transportieren, billig und meist Nährstoff-Pufferzonen“ zu erreichen, publizierte lokal verfügbar. Sobald es eingebaut, nass und mit das Bundesamt für Umwelt einen Pufferzonen- Vegetation überdeckt ist, ist es erstaunlich tragfä- Schlüssel (BUWAL 1997). Die Kriterien für die hig, sodass auch ein Bagger darüber fahren kann, Berechnung von Nährstoff-Pufferzonen sind: allenfalls unter Benutzung einer Baggermatratze. Da Sägemehl wasserdurchlässiger als die meisten • die Empfi ndlichkeit der Moorvegetation (gemäß Torftypen ist, muss die Auffüllung mit einer Stau- Schutzziel!) gegen Nährstoffzufuhr, vorrichtung für Wasser z. B. (Holz-)Spundwand, • die aktuelle Nutzung der an das Moorbiotop Damm, Überlaufschacht o. Ä. kombiniert werden. angrenzenden Fläche, • die Neigung der an das Moorbiotop angren- 2.3.2 Pufferzonen zenden Fläche, Da Moorbiotope nicht isoliert in der Landschaft • die Boden-Durchlässigkeit der an das Moorbio- liegen und auf bestimmte Einfl üsse wie Nähr- top angrenzenden Fläche, stoffeintrag und Veränderung der Hydrologie • der Boden-Wasserhaushalt der an das Moorbio- empfi ndlich reagieren, kommt der Umgebung eine top angrenzenden Fläche, 62 Peter Staubli

• die Neigung der Moorbiotopfl äche, MEIER, E., STAUBLI, P., MÜLLER, B. U., STÜNZI, J., SCHUBERT • der Schutz des Moorbiotops durch Hecken, Strassen, E. & D. DUBOIS (2002): Georadar – der zerstö- Fließgewässer etc. gegen indirekte Düngung. rungsfreie Blick in den Untergrund: Beispiele aus dem Naturschutzgebiet Zigermoos, Unter- Aus der Anwendung des Schlüssels resultieren ägeri/Zug und der Deponie Riet. Bull. angew. Pufferzonen von maximal 50 m Breite. Geol. 7(1): 31–44. SCHWEIZERISCHER BUNDESRAT (1991): Verord- 3 FAZIT nung über den Schutz der Hoch- und Über- In den vergangenen 19 Jahren seit der Annahme gangsmoore von nationaler Bedeutung (Hoch- der Rothenthurm-Initiative sind die Moore und moorverordnung) vom 21. Januar 1991. Moorlandschaften von nationaler Bedeutung SCHWEIZERISCHER BUNDESRAT (1994): Verord- bundesrechtlich und der überwiegende Teil davon nung über den Schutz der Flachmoore von auch kantonalrechtlich geschützt. Zahlreiche nationaler Bedeutung (Flachmoorverordnung) Moor-Regenerationsprojekte befinden sich in vom 7. September 1994. der Planungs- oder Umsetzungsphase. Die bisher SCHWEIZERISCHER BUNDESRAT (1996): Verord- realisierten Moorrenaturierungsprojekte zeigen nung über den Schutz der Moorlandschaften erfreuliche Ergebnisse und haben zu breiten von besonderer Schönheit und nationaler Erfahrungen geführt, die in kommende Projekte Bedeutung (Moorlandschaftsverordnung) vom einfl ießen werden. 1. Mai 1996. SCHNEEBELI, M. (1991): Vegetation und Regeneration 4 DANK UND HINWEIS des Forrenmoores. Mitt. Nat.forsch. Ges. Luzern Sowohl meinen Beitrag an der Tagung „Praktischer 32: 145-156. Moorschutz im Naturpark Erzgebirge/Vogtland“ STAUBLI, P. (1991 bis 2006): Elf Berichte zu Hoch- vom 9./10.09.2005 als auch dessen Druckfassung moor-Regenerationsprojekten im Kanton Zug. in der vorliegenden Publikation konnte ich freund- Baudirektion des Kantons Zug, Amt für Raum- licherweise im Mandat der Koordinationsstelle für planung, unveröff. Moorschutz, Bundesamt für Umwelt, 3003 Bern, STAUBLI, P. (2004): Regeneration von Hochmooren ausführen. im Kanton Zug. Vierteljahresschr. Natur.forsch. Ges. Zür. 149 (2-3): 75–81.

LITERATUR BUWAL – BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT (1997): Pufferzonen-Schlüssel. Leitfaden zur Ermittlung von ökologisch ausreichenden Pufferzonen für Moorbiotope, Bern. ANSCHRIFT DES AUTORS: BUWAL – BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT (1999): Technische Maßnahmen Dipl. biol. Peter Staubli zur Regeneration von Hochmooren. Praxishilfe, Beck & Staubli, Umweltprojekte – Beratung, Um- Bern. setzung, Kommunikation. BUWAL – BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT (1992 bis 2002): Handbuch Seestrasse 12 Moorschutz in der Schweiz. Laufend aktuali- CH – 6315 Oberägeri siert, Bern. [email protected] WSL – BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT & EIDGENÖSSISCHE FOR- SCHUNGSANSTALT FÜR WALD, SCHNEE UND BEZUGSADRESSEN UND LINKS LANDSCHAFT (2002): Moore und Moorschutz www.umwelt-schweiz.ch/buwal/de/publikationen in der Schweiz. Bern. www.wsl.ch/land/inventory/mireprot/besmos Fachliche Prämissen für die Fortsetzung des Moorschutzprogrammes im Erzgebirge 63

Fachliche Prämissen für die Fortsetzung des Moorschutzprogrammes im Erzgebirge

1 EINLEITUNG schaftlicher Veränderungen, u. a. infolge der Detlef Tolke Sachsen hat mit einem Flächenanteil von weniger menschlichen Besiedlung (z. B. Beginn des Getrei- als 0,5 % der Landesfl äche vergleichsweise wenige deanbaus). Moore sind ebenso Schutzgut aus hy- Moore. Dennoch sind sie ein naturschutzfachlich drologischer Sicht und sollten für die angewandte bedeutsamer Bestandteil der erzgebirgischen Wissenschaft angesichts der noch vielfältigen Landschaft. Mit dem Bergbau kam es zu ersten ungelösten Probleme ein bevorzugtes Forschungs- Beeinträchtigungen der Moore. Torfabbau und Ent- objekt darstellen (vgl. EDOM & WENDEL 1998). wässerung führten zur Degradation. Mit Aufgabe Zwiespältig ist die Interessenslage aus der Sicht der Nutzung rücken Aspekte der Revitalisierung der Trinkwasserwirtschaft. Derzeit werden erhöhte in den Vordergrund. Auf der Grundlage ehernamt- Huminstoffkonzentrationen in den sächsischen Tal- lichen Engagements in Verbindung mit dem großen sperren der natürlichen Regeneration von Mooren Interesse wissenschaftlicher Einrichtungen, hier angelastet. Dies ist unter der Annahme, dass insbesondere der Technischen Universität Dresden regenerierende Moore bei Erreichen des charakte- mit der forstwissenschaftlichen Fakultät Tharandt, ristischen vergleichmäßigten Wasserabfl usses als wurden erste Untersuchungen zu Regenerations- Stoffsenken und somit eher als Puffer fungieren, vermögen und Revitalisierungschancen durchge- fachlich nicht schlüssig. Derzeit werden parallel zu führt. In wenigen ausgewählten Mooren wurden laufenden Revitalisierungsmaßnahmen hydroche- Entwässerungsgräben in unterschiedlicher Art und mische Untersuchungen durchgeführt. Wenn diese Weise verschlossen. Die anfänglichen ökotech- eine entsprechende Pufferwirkung regenerierender nischen Maßnahmen hatten eher experimentellen Moore bestätigen, sollte der Trinkwasserschutz Charakter und waren nicht alle erfolgreich. Interesse an der Wiederherstellung natürlicher Zwischenzeitlich wurden Erfahrungen sowohl in hydrologischer Bedingungen in den Mooren der Planungsphase als auch in der Umsetzungspha- haben. Derzeit sind jedoch die Kenntnisse über se gesammelt, deren Vorstellung Ziel der Tagung in hydrochemische Veränderungen in den Mooren für Großrückerswalde im September 2005 war. gesicherte Prognosen unzureichend. Vor diesem Im Hinblick auf die Fortsetzung des Moorschutz- Hintergrund sind seitens der Gewässerschutzver- programmes soll noch einmal zusammenfassend waltung vorerst keine Aktivitäten zum Schutz oder dargestellt werden, auf welchem fachlichen und gar zur Regeneration der Moore zu erwarten. fachrechtlichen Fundament die Revitalisierungs- Die naturschutzfachlichen Daten geben hingegen maßnahmen geplant werden, welche fachlichen den klaren Arbeitsauftrag an die Naturschutz- Planungsanforderungen nach derzeitigem Kennt- verwaltung, möglichst umgehend Maßnahmen nisstand bestehen und welche Moorgebiete im zum Schutz und zur Revitalisierung der Moore Zeitraum bis etwa 2010 Gegenstand des Moor- einzuleiten. schutzprogrammes sein werden. Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Ge- samtfl äche der Moor- und Torfkörper im oberen 2 FACHRECHTLICHER RAHMEN FÜR DIE Erzgebirge anhand geologischer Karten (REINISCH FORTFÜHRUNG DES MOORSCHUTZPRO- 1926) auf ca. 60 km² geschätzt (MÄNNEL 1896). GRAMMES ZINKE (2002) fand noch auf 14 km² Fläche Moore, Als Lebensräume mit extrem langen Entwicklungs- Moorwälder und Moorwiesen sowie Regenerati- zeiträumen, im Erzgebirge teilweise mehr als 9.000 onsstadien, das sind etwa 23 % der von MÄNNEL Jahre, sind Moore im hohen Maße schutzbedürftig. (1896) geschätzten Fläche. Auf nur noch 8 km² Besonderes Schutzgut sind u. a. die gewachsene wurden Moor- und Torfkörper mit einer Mächtig- Bodenstruktur, die speziell an die Moore ange- keit von über 0,8 m angetroffen. Lediglich 4 % passten Pfl anzen- und Tierarten, aber auch die in der untersuchten Moorstandorte können noch als Mooren ablaufenden natürlichen, zum Teil selbst- naturnah bis gering gestört eingestuft werden. regulierenden Prozesse. Entsprechende Schutzmaß- Weitere 20 % der Moorfl ächen wurden als mäßig nahmen werden in der Regel allein in den Aufga- gestört oder gut regeneriert angesehen. Weitere benbereich der Naturschutzverwaltung gestellt, 30 % der Moore sind stark gestört. Die restlichen wenngleich das Interesse an diesem Schutzgut ehemals kartierten Moor- und Torfkörper sind so auch in andere Fachbereiche hineinragt. verändert, dass sie nicht mehr als Moor einzustufen Moorkörper sind mit ihren gebietsspezifi schen sind (weitere Ausführungen bei ZVNPEV 2000 und Schichtfolgen und den analytisch gut zugänglichen ZINKE 2002). Moore sind also zu Recht als stark Pollen auch kulturhistorisch höchst bedeutsam. gefährdete Biotope (Kategorie 2), die Hochmoore Sie sind Zeugnis stattgefundener größerer land- sogar in der Kategorie der von vollständiger Ver- 64 Detlef Tolke

nichtung bedrohten Biotoptypen (Kategorie 1) Aussterben bedroht“ folgend sind Maßnahmen in der Roten Liste der Biotoptypen Sachsens ver- zum Schutz und zur Revitalisierung der Moore zeichnet (BUDER 1999). In der Kategorie 1 werden notwendig. Dies bildet den naturschutzfachlichen Biotoptypen aufgeführt, „...von denen nur noch Rahmen für das Moorschutzprogramm. ein geringer Anteil der Ausgangsfl äche vorhanden Die Bevölkerung steht dem Moorschutzprogramm ist und mit deren vollständiger Vernichtung in grundsätzlich offen gegenüber. Moore werden auch absehbarer Zeit gerechnet werden muss, wenn die von ihr als schützenswert eingestuft und als ein Gefährdungsursachen weiterhin einwirken oder besonderer Reiz einer Landschaft begriffen. Lehr- bestandserhaltende Sicherungs- und Entwick- pfade, wie der an der Stengelheide, tragen dazu bei. lungsmaßnahmen nicht unternommen werden bzw. Volksbegehren wie sie beispielsweise in der Schweiz wegfallen“ (BUDER 1999). durchgeführt werden und dort zu einer Veranke- Ein weiterer wesentlicher Indikator sind die in den rung des Moorschutzes in der Verfassung geführt Roten Listen aufgeführten bestandsgefährdeten haben (STAUBLI in diesem Band), gibt es in Sachsen Arten, insbesondere die der Kategorie 1 (vom nicht. Das ehrenamtliche Engagement und das Aussterben bedroht). Defi nitionsgemäß werden in Wirken wissenschaftlicher Einrichtungen schlagen dieser Kategorie jene Arten aufgeführt, „...die so sich jedoch auch bei der Gestaltung der rechtlichen schwerwiegend bedroht sind, dass sie voraussicht- Rahmenbedingungen für den Moorschutz nieder. lich aussterben, wenn die Gefährdungsfaktoren So bildeten wissenschaftliche Publikationen über fortbestehen. Ein Aussterben kann voraussichtlich Vorkommen besonders schützenswerter Arten und nur durch sofortige Beseitigung der Gefährdungs- Biotope eine wesentliche fachliche Grundlage für ursachen oder wirksame Hilfsmaßnahmen für die die Auswahl der in der europäischen FFH-Richt- Restbestände dieser Art verhindert werden“ (vgl. linie (1992) explizit aufgelisteten Lebensräume SCHULZ 1999). Ein wesentlicher Teil der vom Aus- (Anhang I der Richtlinie) und Arten (Anhang II sterben bedrohten Arten hat seinen Verbreitungs- und IV der Richtlinie; Tab. 2). schwerpunkt in Mooren. Für die Artengruppen Die FFH-Richtlinie (1992) verpfl ichtet die Mit- Libellen (ARNOLD et al. 1994), Laufkäfer (ARNDT & gliedsstaaten, ein kohärentes Netz zum Erhalt RICHTER 1995), Gefäßpfl anzen und Moose (MÜLLER der FFH-Lebensraumtypen und Arten zu schaffen 1998) wurde ein Anteil der vom Aussterben be- (FFH-Gebietskulisse). Die vom Freistaat Sachsen drohten Arten, die in Mooren ihren Verbreitungs- aufgestellte Gebietskulisse ist vollständig und schwerpunkt besitzen, mit zusammengenommen wurde überwiegend von der Europäischen Kom- ca. 22 % ermittelt (Tab. 1). mission bestätigt. Darin ist auch die Mehrzahl der Ähnlich dürfte die Situation auch bei einer Reihe Moorgebiete des Erzgebirges enthalten. Die Erhal- anderer Artengruppen sein. Moore werden auf grund tungszustände der FFH-Lebensraumtyp-Flächen des Alters und wegen der extremen Standortbedin- sowie der Zustand der FFH-Arten dürfen sich nicht gungen mit einem hohen Anteil an Spezialisten verschlechtern (Verschlechterungsverbot). Es sind besiedelt, deren Anpassung an die extremen Ver- Maßnahmen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung hältnisse zu Lasten einer breiten ökologischen Am- Tab. 1 (linke Spalte): plitude geht. Folglich sind diese Arten oftmals in FFH-Lebensraumtypen Anteil der Moorarten am ihrem Vorkommen auf Moorstandorte beschränkt. gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie Bestand der vom Aussterben Durch Verlust an Mooren, wie er für das Erzgebirge 3160 Dystrophe Stillgewässer bedrohten Arten verschie- dokumentiert ist (ZVNPEV 2000), sind die Arten 7110* Lebende Hochmoore dener Taxa (erstellt unter extrem gefährdet und teilweise vom Aussterben 7120 Regenerierbare Hochmoore Verwendung der Roten bedroht. Der Defi nition für die Kategorie „vom 7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore Listen von ARNDT & RICHTER 7150 Torfmoor-Schlenken 1995; ARNOLD et al. 1994; Artengruppe Anzahl der davon 91D1* Birken-Moorwälder MÜLLER 1999; SCHULZ, 1999). Arten Kat. 1 Moorarten 91D2* Waldkiefern-Moorwälder Moose 99 28 91D3* Bergkiefern-Moorwälder Pfl anzen 240 50 91D4* Fichten-Moorwälder Tab. 2. (rechte Spalte): Laufkäfer 25 3 FFH-Arten gemäß Anhang II Moor-Lebensraumtypen und Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) Moorarten, die in der FFH- Libellen 10 3 Hochmoorlaufkäfer (Carabus menetriesi pacholei) Richtlinie (Anhänge I u. II) Anm.: Die Tabelle wurde unter Verwendung der Roten Firnisglänzendes Sichelmoos (Drepanocladus verzeichnet sind Listen (ARNDT & RICHTER 1995; ARNOLD et al. 1994; MÜLLER CHULZ vernicosus) (*...prioritär). 1999; S 1999) erstellt. Fachliche Prämissen für die Fortsetzung des Moorschutzprogrammes im Erzgebirge 65

günstiger Zustände der FFH-Lebensraumtypen Das Programm wurde auf der Basis von Initiativen und der FFH-Arten durchzuführen. Allerdings ehrenamtlicher Naturschützer, wissenschaftlicher sind die Vorgaben für die Aufnahme einer Moor- Einrichtungen (u. a. TU Dresden, Forstwissen- fl äche als FFH-Lebensraumtyp-Fläche sehr hoch, schaftliche Fakultät in Tharandt) und der Natur- sodass in den degradierten Mooren nur geringe schutzfachverwaltungen begonnen, mit Unterstüt- Flächenanteile dem unmittelbaren Schutzgut der zung des Sächsischen Landesamtes für Umwelt FFH-Gebiete zugeordnet werden können. Folg- und Geologie (LfUG) und des Sächsischen Staats- lich beschränkt sich auch die Verpfl ichtung zur ministeriums für Umwelt und Landesentwicklung Durchführung erhaltender Maßnahmen nur auf (SMUL) im Rahmen einer Vorstudie systematisiert Teilfl ächen der Moorgebiete. und seit 2002 per Erlass des SMUL in die Phase der Moore unterliegen gemäß § 26 SächsNatSchG kontinuierlichen Umsetzung überführt. in Verbindung mit der VwV Biotopschutz (SMUL Die Naturschutzverwaltung Sachsens hat somit 1999) einem besonderen Schutz. „Zu den Mooren den fachlichen wie auch verwaltungsrechtlichen einschließlich der Moorwälder gehören auch Auftrag, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz Moorkolke, regenerierende Torfstiche, Schwingra- und zur Revitalisierung der Moore einzuleiten. sen, Wollgras-, Pfeifengras-, Zwergstrauch- und moorbirkenreiche Degenerations- und Regenerati- 3 INHALTE UND ZIELSTELLUNG DES MOOR- onsstadien….“ Es sind „...alle Biotope auf Moor- SCHUTZPROGRAMMES böden, die in der Regel im Komplex untereinander Die übergeordnete Zielstellung des Moorschutz- vorkommen“ erfasst. programmes ist es, eine dem aktuellen Land- Mit dem Biotopschutz werden folglich große Teile schaftspotenzial entsprechende Ausstattung der der naturnahen bis regenerierenden Moorgebiete Landschaft mit Mooren zu erhalten und deren besonders geschützt, d. h., es besteht ein um- Regeneration soweit wie möglich zu fördern. Für fassendes Veränderungsverbot. Alle Handlungen, die einzelnen Moor- und Torfkörper bedeutet die zu einer Zerstörung oder zu einer sonstigen dies, die weitere Torfzersetzung und Moorarten- erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung Verarmung zu stoppen und nach Möglichkeit eine des charakteristischen Zustandes führen können, Initiierung der Torfbildung und Regeneration zu sind verboten. Das Veränderungsverbot ver- erreichen (ZVNPEV 2000). pfl ichtet jedoch nicht zur Vornahme bestimmter Wie bereits ausgeführt, ist ein Großteil der Handlungen, die über die bisherige Nutzung oder Moor- und Torfkörper des Erzgebirges degradiert Bewirtschaftung hinausgehen. Maßnahmen zur und zeigt keine oder nur geringfügige Regenera- Verbesserung der Biotope sind damit folglich nicht tionserscheinungen, vor allem deshalb, weil die festgesetzt. Entwässerungseinrichtungen weiterhin wirksam Der Anspruch, auch aktive Schutz- und Entwick- sind. Insoweit ist es nahe liegend, dass sich das lungsmaßnahmen durchzuführen, lässt sich aus Programm in erster Linie auf die Wiederherstellung dem Maßnahmenkatalog der Regionalplanung des natürlichen Wasserregimes konzentriert. Dabei ableiten (REGIONALER PLANUNGSVERBAND CHEMNITZ- steht der Verbau von Gräben und die Wiederanbin- ERZGEBIRGE 2002). In Anlage 3.2 „Regionale Maß- dung der Einzugsgebiete im Vordergrund. nahmen des Naturschutzes und der Landschafts- Einzelne Moore, z. B. die Mothäuser Heide zeigen, pfl ege“ zum Regionalplan Chemnitz-Erzgebirge dass unter bestimmten Bedingungen auch natür- werden folgende Maßnahmen aufgeführt: licherweise eine Regeneration stattfi ndet (EDOM & WENDEL 1998). Eine relativ zügige Grabenverlandung • Renaturierung des Torfabbaugebietes Reit- fi ndet jedoch nur unter bestimmten geomorpho- zenhain, logischen und klimatisch-hydrologischen Bedin- • Sicherung des Wasserregimes der Moore ein- gungen statt. Für einen Großteil der Moorgebiete schließlich gestörter und abgetorfter Flächen dürfte jedoch die Grabenverlandung Zeiträume (Schwarze Heide bei Satzung, Mothäuser Heide, einnehmen, die für die aktuelle Naturschutzstra- Scheibenberger Heide, Moor an der Roten tegie ohne Bedeutung sind. Pfütze u. a.), Der Ansatz von ZVNPEV (2000), dass in Anbetracht • Entwicklung von Moor-Verbundsystemen im der akuten Gefährdung vieler moortypischer Pfl an- Naturpark Erzgebirge/Vogtland. zen- und Tierarten sowie der bei unveränderter Bewirtschaftung weiter fortschreitender Torfzer- Sie bilden eine weitere behördenverbindliche setzung in den stark entwässerten Mooren die Grundlage für das Moorschutzprogramm. Errichtung von Grabenstaus als geeignetes Mittel 66 Detlef Tolke

zur Wiedervernässung anzusehen ist, kann hier sind, wieder einsetzen und wirken können (vgl. nur unterstrichen werden. auch SLOBODDA 1998). Die Regenerationsfähigkeit der Moore ist auch Da das Wirken der Selbstregulationsmechanismen unter dem Aspekt des globalen Klimawandels zu eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt diskutieren. Eine gesicherte Prognose über die und die Entwicklung der Moore ist, kann die klimatischen Veränderungen unmittelbar in den Zielstellung des Moorschutzprogrammes auch mit einzelnen Moorgebieten scheint derzeit nicht dem Erhalt und der Förderung der Selbstregula- möglich. Den Klimawandel als Argument für das tion defi niert werden. Folglich sind die mit dem Aussetzen von Schutzmaßnahmen in Mooren zu in- Grabenverbau einhergehenden Eingriffe in das strumentalisieren, ist nicht zielführend, zumal die Moor so zu gestalten, dass sie der Selbstregulati- Wiederherstellung eines natürlichen Hydroregimes on nicht entgegenstehen. Um eventuelle Risiken auch unabhängig vom Moorschutz landschafts- (Erosionsgefahr, Überstauung von Initialstadien, ökologisch sinnvoll ist. Für die bisher hydrologisch Beeinträchtigungen durch Nährstoffeintrag in untersuchten Moore wurde festgestellt, dass der- ombrotrophe Bereiche mit der Gefahr des Verlustes zeit die Wasserbilanz einer wiedereinsetzenden spezieller Hochmoorarten) zu vermeiden, sind Vermoorung in den degradierten Moorgebieten umfangreiche Voruntersuchungen nötig. nicht entgegensteht. Anfängliche Revitalisierungsmaßnahmen hatten 4 FACHLICHE GRUNDLAGEN FÜR DAS im hohen Maße experimentellen Charakter. Sie MASSNAHMENKONZEPT folgten jedoch einem nach dem Stand des Wissens Die fachlichen Grundlagen für das Moorschutz- entsprechenden Konzept. Die ersten Maßnahmen programm trugen bereits EDOM & WENDEL (1998) zur Wasserrückhaltung in einzelnen Moorgebieten im Rahmen der Tagung „Ökologie und Schutz der konzentrierten sich auf Gräben in den Moorkernen Hochmoore im Erzgebirge“ 1995 in Pobershau vor. und galten im Wesentlichen als unstrittige Erst- Die dort enthaltenen fachlichen Empfehlungen Maßnahmen. Die Verbaumethoden erwiesen sich wurden in den zurückliegenden Jahren in der pla- zumindest teilweise als geeignet (z. B. Korsett- nerischen Umsetzung erprobt und in vielen Details bauweise in der Scheibenberger Heide, vgl. GRÄBNER erweitert (siehe DITTRICH & EDOM in diesem Band). & ZINKE 2001). Für die einzelnen Moor- und Torfkörper sind die Mit der Vorstudie zum Landesschwerpunktprojekt vorhanden Unterlagen nach wie vor spärlich. Die Erzgebirgische Moore (ZVNPEV 2000) wurde ein Abgrenzung des Torfkörpers richtet sich nach den Auswahlschema für die kurz- und mittelfristig Eintragungen in den seit 1886 herausgegebenen mit Maßnahmen zu beplanenden Moor- und Geologischen Spezialkarten. Torfabbau in den Torfstandorte vorgelegt. Für die Priorisierung späteren Jahren, aber auch sonstige Entwässe- werden die Wertigkeit des Standortes, der Grad rungsmaßnahmen, haben das Bild verändert. Die der Entwässerung bzw. die natürlicherweise be- Torfkörper sind überwiegend gesackt und teil- reits ablaufenden Wiedervernässungsprozesse, die weise durch Abgrabungen oder Aufschüttungen Chancen für erfolgreiche Wiedervernässung und die überprägt. Aktuelle Vermoorungen gehen über Chancen für die Wiederansiedlung moortypischer die in den geologischen Spezialkarten eingetra- Arten betrachtet. Für kurzfristige Erstmaßnah- genen Torfkörper, die erst ab einer Mächtigkeit men wurden jene Torfkörper ausgewählt, die eine von 40 cm (in manchen Blättern erst ab 80 cm) Torfmächtigkeit ab 0,4 (bzw. 0,8) m besitzen und erfasst wurden, hinaus. Die Vorstudie zum Moor- durch Entwässerungsgräben stark beeinträchtigt projekt (ZVNPEV 2000) gibt für einige Moorkörper sind, aber dennoch über Restmoorfl ächen und Hinweise über aktuell abweichende Abgrenzungen hochmoortypische Arten verfügen. der Vermoorungen. Einzelne Moore wurden im Die Voruntersuchungen je Maßnahmengebiet wur- Rahmen wissenschaftlicher Arbeiten untersucht den im Sinne des Vorschlages von EDOM & WENDEL (u. a. EDOM & WENDEL 1998). Für einige Moore wur- (1998) deutlich intensiviert (vgl. Pkt. 4). den Pollenanalysen durchgeführt, die wertvolle Die Zielstellung in den einzelnen Maßnahmenge- Informationen zur Entstehungsgeschichte der bieten wurde seitdem differenzierter und umfas- Moore liefern. sender formuliert. Es geht nicht allein darum, das Die Gräben sind teilweise in den topografi schen Wasser in den Gräben zurückzuhalten. Vielmehr Karten eingetragen, aber längst nicht alle. Die in soll der Wasserdurchfl uss im Moor wieder so gestal- den Karten enthaltenen Höhenlinien sind zu grob, tet werden, dass Selbstregulationsmechanismen, um den Wasserdurchfl uss auf den Teilfl ächen des die auf eine Wassersättigung im Moor gerichtet Moores hinreichend bestimmen zu können. Kurz, Fachliche Prämissen für die Fortsetzung des Moorschutzprogrammes im Erzgebirge 67

allein die Kartengrundlagen zur Orientierung im − Darstellung der Entwässerungsfolgen und Gelände sind unzureichend. Regenerationschancen für die Moorgebiete, Für die Bearbeitung der vorerst 39 vorrangig für z. B. über die Ökotopprognose nach EDOM & Revitalisierungsmaßnahmen ausgewählten Moorge- GOLUBCOV (1996), biete (vgl. UHLMANN in diesem Band) waren oder sind − Erarbeitung einer detaillierten Maßnah- folgende Vorarbeiten durchzuführen (aktueller menplanung zum Wasserrückhalt bzw. zur Leistungskatalog nach UHLMANN, schr. Mitt.): Wasserumverteilung unter Berücksichti- gung von Hydrologie, Relief, Moorgenese 1. Grabenkartierung: und bereits umgesetzter bzw. in den − grobe Übersicht zur Lage der Gräben als Kernbereichen geplanter Staumaßnahmen Grundlage für die Einweisung der Ver- für die zu vermessenden Teilbereiche und, messer. sofern erforderlich, für die sich anschlie- ßenden Wassereinzugsgebiete. Die Maß- 2. Vermessung/Nivellement nahmenplanung soll die örtliche Lage der − Vermessung der für die Maßnahmenpla- Maßnahmen und die zeitliche Abfolge der nung (Pkt. 5) notwendigen Teilbereiche Anstaumaßnahmen (sofern eine gestaffelte des Untersuchungsgebietes, Umsetzung sinnvoll ist) angeben. − Geländeaufnahme mit besonderer Berück- − Angaben zu konkreter Lage und Dimension sichtigung der Wasserläufe/Gräben (Gra- der Bauwerke (Stauhöhe, Grabengefälle im bensohle und Grabenoberkanten). Auf den Staubereich, besondere Verbauanforde- für die Maßnahmenplanung notwendig zu rungen aufgrund Größe bzw. Flächenwir- vermessenden Teilbereichen des Untersu- kung einzelner Staus), chungsgebietes sind pro Hektar mindestens − Beschreibung der möglichen kurz- und 50 Punkte aufzunehmen. Wird mit lokalem langfristigen Folgen der Wasserrückhaltung Lage- und Höhensystem gearbeitet, sind bzw. der Wasserumverteilung (Beeinfl us- drei Höhenpunkte zu vermarken. sung der Umgebung, direkte Reichweite − Erstellung eines Lage- und Höhenplanes als der vorgeschlagenen Maßnahmen, Aus- Grundlage für wasserbauliche Planungen. wirkungen bei Hochwasserereignissen) inklusive einer Darstellung ggf. durch die 3. Moorhydrologisches Gutachten mit folgenden Wasserumverteilung entstehender erosi- Inhalten: onsgefährdeter Bereiche/Grabenabschnitte − Darstellung der natürlichen hydrologischen sowie entsprechender erosionsverhin- und hydrografischen Situation sowie dernder Maßnahmen, nutzungsbedingter Veränderungen des − gutachterliche Beurteilung der Auswir- hydrologischen Regimes für die einzelnen kungen der vorgeschlagenen Wasserrück- Moorgebiete ggf. unter Berücksichtung halte- bzw. Wasserumverteilungsmaß- der bereits durchgeführten und geplanten nahmen auf die Wassernutzung (insbeson- Maßnahmen und der damit verbundenen dere Trinkwasser), Wiedervernässungserfolge, − Erstellung eines Berichtes mit Auswertung − Darstellung des oberirdischen hydrolo- aller Untersuchungsergebnisse, inkl. der gischen Einzugsgebietes des zu unter- Maßnahmenplanung mit Kartendarstellung suchenden Moorgebietes unter Berück- der aus hydrologischer Sicht sinnvollen, sichtigung vorhandener, die Speisung konkreten Maßnahmestandorte zur Was- beeinfl ussender Barrieren (z. B. Straßen, serrückhaltung. Rohrleitungen), Dränagen und Trinkwas- serfassungen, 4. Erstellung eines Maßnahmenkonzeptes in − Angabe der das Wasser aus dem Einzugs- Abstimmung mit Flächeneigentümern, Nutzern gebiet des Torfkörpers sammelnden Haupt- (in der Regel Forst, Trinkwasserversorger). gräben und deren mittlerer Abfl uss beim Eintritt in das Untersuchungsgebiet, 5. Einholung wasserrechtlicher Genehmigungen. − Aufstellung der aktuellen Wasserbilanz

(Pkorr = ET + R + ΔS) für die Moorgebiete 6. Umsetzungsplanung (Materialberechnung, ab- (bzw. deren näher zu betrachtenden Teil- schließende Festlegung der Verbaumethode bei gebiete), nochmaliger Prüfung der Torfmächtigkeit unter 68 Detlef Tolke

Tab. 3: Vorläufi ge Objektliste zum Moorprojekt für den Planungszeitraum bis 2010.

Objektbezeichnungen Name des FFH-Gebietes Geplante Maßnahmen Beginn nach ZINKE (2000) sofern relevant

Moorgebiet am Geigen- Triebtalgebiet Fortsetzung der Staumaßnahmen auf der Grundlage eines unbes- bach/ Woderich vorliegenden moorhydrologischen Gutachtens (z. Zt. wegen timmt (5540 U009) Vorbehalten der unteren Wasserbehörde und der Landestalsper- renverwaltung ausgesetzt)

Philippheide nicht im FFH-Gebiet Fortsetzung der Staumaßnahmen und Abschluss auf der Grund- ab 2006 (5445 U011) lage eines vorliegenden hydrologischen Gutachtens

Am Butterweg bei Erzgebirgskamm am Vermessung und Maßnahmenplanung auf der Grundlage des im ab 2006 Johanngeorgenstadt Kleinen Kranichsee 1FFH-MAP abgeleiteten Handlungsbedarfes für den Kernbereich (5542 U005) des Moores

Quellgebiet Rote nicht im FFH-Gebiet Fortsetzung der Staumaßnahmen und Abschluss auf der Grund- ab 2006 Pockau/ Erdmannsbach lage eines vorliegenden hydrologischen Gutachtens (5445 U001)

Am Salzfl üsschen bei nicht im FFH-Gebiet Fortsetzung der Staumaßnahmen und Abschluss auf der Grund- ab 2006 Holzau (5247 U004) lage eines vorliegenden hydrologischen Gutachtens

Moorgebiet Löffelsbach Oberes Zwickauer Fortsetzung der Staumaßnahmen und Abschluss auf der Grund- ab 2006 (554 U012) Muldetal lage eines vorliegenden moorhydrologischen Gutachtens

Am Kroatenbach Tal der Schwarzen Pockau Vermessung und Anfertigung eines moorhydrologischen Gutach- 2006 (5345 U007) tens; Umsetzungsbeginn 2007

Scheibenberger Heide Scheibenberger Heide Vermessung, moorhydrologisches Gutachten und Maßnahmen- 2006 (5443 U011) planung auf der Grundlage des im FFH-MAP abgeleiteten Hand- lungsbedarfes für das Moor im westlichen Gebietsteil; Umsetzungsbeginn ab 2007

Kleiner Kranichsee Erzgebirgskamm am Vermessung, moorhydrologisches Gutachten und Maßnahmen- 2006 (5542 U006) Kleinen Kranichsee planung auf der Grundlage des im FFH-MAP abgeleiteten Hand- lungsbedarfes; Umsetzungsbeginn 2007

Große Säure im Moor- Erzgebirgskamm am Beginn der Staumaßnahmen und Abschluss auf der Grundlage ab 2006 komplex NSG Großer Großen Kranichsee eines moorhydrologischen Gutachtens und einer Maßnahmen- Kranichsee bei Carlsfeld planung mit Bezug zur FFH-MAP, die im Gebiet Handlungsbedarf (5541 U016) festgestellt hat

Im Tal der Zwickauer Oberes Zwickauer Beginn der Staumaßnahmen auf der Grundlage eines vorlie- unbes- Mulde südwestlich Muldetal genden moorhydrologischen Gutachtens (z. Zt. wegen Vorbehal- timmt Hammerbrücke-Tucher- ten der unteren Wasserbehörde und der Landestalsperrenverwal- moor (5540 U011) tung ausgesetzt)

Schneeberger Filzteich Moorgebiet am Filzteich Vermessung, moorhydrolog. Gutachten und Maßnahmen plan ung auf ab 2008 (5441 U003) und Stockteich der Grundlage des im FFH-MAP abgeleiteten Handlungsbedarfes Fachliche Prämissen für die Fortsetzung des Moorschutzprogrammes im Erzgebirge 69

Tab. 3: Fortsetzung.

Objektbezeichnungen Name des FFH-Gebietes Geplante Maßnahmen Beginn nach ZINKE (2000 sofern relevant

Hühnerheide bei Kriegwaldmoore Fortsetzung der Staumaßnahmen und Abschluss im Moorkernbe- ab 2006 Rübenau (55445 U009) reich auf der Grundlage eines vorhandenen moorhydrologischen Gutachtens; Vermessung, moorhydrologisches Gutachten und ab 2007 Maßnahmenplanung zur Wiederanbindung des Einzugsgebietes auf der Grundlage des im FFH-MAP abgeleiteten Handlungsbe- darfes; Umsetzungsbeginn ab 2009

Hochmoor Buchenwälder und Moor- Neuaufnahme der Umsetzungsplanung inklusive Vermessung ab 2006 Deutscheinsiedel wald bei Neuhausen und und moorhydrologischem Gutachten für das Moor am Brandhübel (5346 U066) Olbernhau auf der Grundlage des im FFH-MAP abgeleiteten Handlungsbe- darfes; Umsetzung ab 2008

Lehmheide bei Rübenau Kriegwaldmoore Fortsetzung der Staumaßnahmen und Abschluss, die als Aus- unbes- (5345 U013) gleichs- und Ersatzmaßnahmen mit dem Straßenbauamt Chem- timmt nitz vereinbart wurden – auf der Grundlage eines vorhandenen moorhydrologischen Gutachtens.

Moosheide bei Grünhain Kuttenbach, Moosheide, Neuaufnahme der Umsetzungsplanung inklusive Vermessung 2006 (Kühnhaider Torfstich Vordere Aue und moorhydrologischem Gutachten im Rahmen der FFH-Ma- bei Zwönitz; außerhalb nagementplanung; Umsetzung ab 2008 Naturpark; 5442 U002)

Im Oberlauf des Roten Moorgebiet Rotes Wasser Umsetzungsplanung inklusive Vermessung und moorhydrolo- ab 2008 Wassers (außerhalb gischem Gutachten, sofern im Rahmen der FFH-Management- Naturpark; 5343 U002) planung der von ZVNPEV (2000) festgestellte Handlungsbedarf bestätigt wird

Moosheide bei Moosheide Umsetzungsplanung inklusive Vermessung und moorhydrolo- ab 2008 Marienberg (außerhalb gischem Gutachten für die Wiederanbindung des Einzugsge- Naturpark 5344 U002) bietes auf der Grundlage des im FFH-MAP abgeleiteten Hand- lungsbedarfes

Otterbergmoor/ Erzgebirgskamm am Umsetzungsplanung inklusive Vermessung und moorhydrolo- ab 2009 NSG Hochmoor Weiters Großen Kranichsee gischem Gutachten auf der Grundlage des im FFH-MAP abgelei- Glashütte bei Carlsfeld teten Handlungsbedarfes (5541 U018)

Teichheide und Bauern- Mothäuser Heide Umsetzungsplanung inklusive Vermessung und moorhydrolo- ab 2009 heide bei Kühnhaide gisches Gutachten auf der Grundlage des im FFH-MAP abgelei- (5445 U004) teten Handlungsbedarfes

Alter Torfstich Rübenau Kriegwaldmoore Neuaufnahme der Umsetzungsplanung inklusive Vermessung ab 2009 (5345 U011) und moorhydrologischem Gutachten auf der Grundlage des im FFH-MAP abgeleiteten Handlungsbedarfes

1FFH-MAP: FFH-Managementplan 70 Detlef Tolke

der Grabensohle; ggf. konstruktive Planungsele- quantifi ziert. Moorhydrologische Untersuchungen mente, z. B. für einzelne Dämme; Organisation auf der Grundlage genauer Vermessungen sind in und Koordination des Personaleinsatzes. der Regel nicht vorgesehen. Im günstigen Fall werden in der FFH-Managementplanung folgende 7. Erschließung möglicher Finanzierungsquellen. Sachstände erreicht:

Diese Vorarbeiten benötigen einen Zeitrahmen 1. Abgrenzung von FFH-Lebensraumtyp-Flächen von etwa zwei Jahren. Je nach Besonderheiten mit der Aussage, ob verpfl ichtende Maßnahmen der einzelnen Moor- und Torfkörper sind ein- und/oder ergänzend freiwillige Entwicklungs- zelne Leistungspunkte intensiver zu bearbeiten maßnahmen durchgeführt werden sollen. Das und/oder durch weitere Untersuchungsinhalte zu Maßnahmenspektrum umfasst dabei: ergänzen (z. B. moorgenetische Untersuchungen). Die eigentliche Umsetzung der Maßnahmen nimmt − Verzicht auf forstliche Nutzung oder Ein- im Durchschnitt drei bis fünf Jahre in Anspruch, ordnung des Waldbestandes in die außer- da wegen des hohen Personalaufwandes und der planmäßige Bewirtschaftung, begrenzten Personalkapazität (vgl. REINHOLD & − Verzicht auf Grabenräumung, Duldung der HOMANN in diesem Band) mehrere Bauabschnitte Grabenverlandung, einzurichten sind. − Maßnahmen zur Verbesserung des Was- serrückhaltevermögens auf der Grundlage 5 MOORPROJEKT IM KONTEXT DER eines zu erstellenden moorhydrologischen FFH-MANAGEMENTPLANUNG Gutachtens, Verschiedene Moorbiotope sind wie bereits erwähnt − Waldumbau, Entwicklung standortange- auch Schutzgegenstand der FFH-Richtlinie. Folglich passter Waldbestände. wurden auch Moorgebiete als FFH-Gebiet gemeldet. Innerhalb dieser sind Maßnahmen zum Erhalt oder 2. Abgrenzung von Entwicklungsflächen mit zur Wiederherstellung der Schutzgüter einzupla- der Aussage, ob freiwillige Entwicklungsmaß- nen und durchzuführen. Unter anderem zu diesem nahmen durchgeführt werden sollen (das Zweck werden in Sachsen für alle FFH-Gebiete Ma- Maßnahmenspektrum entspricht dem vorigen nagementpläne erstellt. Für die Moor-Lebensräume, Punkt). die laut Kartier- und Bewertungsschlüssel unter die FFH-Richtlinie (1992) fallen, bedeutet dies, dass 3. Abgrenzung von Flächen, auf denen verpfl ich- diese nach naturschutzfachlichen Kriterien kartiert tende Maßnahmen und/oder ergänzend frei- und bewertet werden und dass entsprechende willige Entwicklungsmaßnahmen durchgeführt Maßnahmen zum Erhalt oder zur Wiederherstellung werden sollen, die für den Erhalt bzw. für abzuleiten sind. Im Bereich des Erzgebirges wurden die Entwicklung angrenzender Moor-Lebens- bereits mehrere Managementpläne für FFH-Gebiete raumtyp-Flächen von Bedeutung sind (das erstellt, die einen oder mehrere revitalisierungs- Maßnahmenspektrum entspricht dem vorigen würdige Torfkörper beinhalten (s. Tab. 3). Punkt). Im Rahmen der Kartierung wurde deutlich, dass nur Bruchteile der Moorfl äche unter den Maß- 4. Schutzmaßnahmen auf Gebietsebene: Ver- gaben der Kartier- und Bewertungsschlüssel als zicht auf Kalkung der Moorstandorte und des FFH-Lebensraumtyp kartierbar waren. Folglich dazugehörigen Einzugsgebietes, Verzicht auf werden nur für einen Bruchteil der Flächen Maß- fl ächiges Befahren der Torfkörper, Verzicht auf nahmen geplant. Darüber hinaus können zwar Kirrungen auf dem Torfkörper und Besucher- auch Entwicklungsfl ächen ausgewiesen und mit lenkung. Entwicklungsmaßnahmen beplant werden, diese sind jedoch nicht wie die Erhaltungs- und Wieder- Da tiefgreifende moorhydrologische Untersu- herstellungsmaßnahmen verpfl ichtend. chungen fehlen, sind die Maßnahmen nicht kon- Die Kartierung nach dem Kartier- und Bewertungs- kret beschreibbar. Insbesondere kann noch keine schlüssel umfasst detailliert die Vegetation. Struk- Aussage getroffen werden, auf welchen Flächen tat- turparameter werden jedoch nur grob im Sinne sächlich Maßnahmen in welchem Umfang stattfi n- der Strukturausstattung eines Gebietes erfasst. den müssen, um die kartierten FFH-Lebensräume So werden z. B. Beeinträchtigungen durch Ent- zu erhalten bzw. einen guten Erhaltungszustand wässerung als solche vermerkt, jedoch nicht weiter wieder herzustellen. Damit bleibt ein gewisses Fachliche Prämissen für die Fortsetzung des Moorschutzprogrammes im Erzgebirge 71

von Privatwald muss die verbleibende Planungs- Abb. 1: Regeneration im unsicherheit als ungünstig angesehen werden. ehemals ausgetorften Hor- Deshalb wird empfohlen, im Falle der Betroffenheit mersdorfer Hochmoor privater Forstfl ächen die moorhydrologischen Un- (Foto: D. Tolke). tersuchungen in die FFH-Managementplanung zu integrieren. Für das derzeit beplante FFH-Gebiet Kuttenbach, Moosheide und Vordere Aue wird dies praktiziert. Anderenfalls leistet die FFH-Manage- mentplanung keinen umfassenden Beitrag zum Moorschutzprogramm. Ein wesentliches Ergebnis dieser Planung ist jedoch, dass eine behördenintern verbindliche Zielstellung für das Moorgebiet formu- liert wird und erste Abstimmungen mit dem Eigen- tümer oder Nutzer stattfi nden. Darauf aufbauend können im Rahmen des Moorschutzprojektes die moorhydrologische Untersuchung beauftragt und weitere Abstimmungen eingeleitet werden. Das Moorschutzprogramm wird sich vorerst in seiner weiteren Umsetzung auf Gebiete konzentrieren, für die im Rahmen der FFH-Managementplanung eine solche Vorabstimmung stattgefunden hat.

6 AUSBLICK – GEPLANTE OBJEKTE In der Studie des Zweckverbandes Naturpark Erzge- birge/Vogtland (ZVNPEV 2000) wurden 39 Moorge- Maß an Planungsunsicherheit. Für den Fall, dass biete als vorrangig für Revitalisierungsmaßnahmen die Moorfl ächen zum Landeswald gehören, ist dies geeignet eingestuft. Im Rahmen des Naturparkpro- weniger problematisch, da sich die Landes-Forst- jektes und in weiteren externen Projekten wurden in verwaltung zur Fortsetzung des Moorprojektes, insgesamt 21 Moorgebieten erste Maßnahmen durch- welches nicht unmittelbar an die Vorgaben der geführt. Dabei ist der Umsetzungsstand in diesen FFH-Richtlinie (1992) gebunden ist, bekannt hat Mooren sehr unterschiedlich. Teilweise sind ältere (s. REINHOLD & HOMANN in diesem Band). Im Falle Stauanlagen verfallen und nicht mehr wirksam. Abb. 2: Historische Aufnah- me des aktuell in Sachsen verschollenen Hochmoor- laufkäfers (Foto: H. Nüssler). 72 Detlef Tolke

MOORREVITALISIERUNGSPLANUNG AUF DER PLANUNGSEBENE DER FFH-MANAGEMENTPLANUNG

Moor am Kroatenbach im FFH-Gebiet Tal der Schwarzen Pockau

FFH-MAP (PLANUNGSBÜRO FFH-MAP (PLANUNGSBÜRO LUKAS 2005) FFH-GEBIETSGRENZE LUKAS 2005) Flächen zur Wiedervernässung (blau TORFKÖRPER Erfassung und Abgrenzung der FFH-Lebens- markiert) raumtypen (FFH-LRT-Nummer vgl. Tab. 2)

Umsetzung soll aber auf der Grund- lage eines noch anzufertigenden hydrologischen Gutachtens erfolgen. Für das Land Sachsen verpfl ichtende Maßnahme zur Wahrung des guten VorstudieVorstudie (ZVNPEV(ZVNPEV 2000):2000): Erhaltungszustandes, 1. −VorgeschlageneVorgeschlagene Maßnahmen: Maßnahmen: Grabenanstaue Grabenanstaue als kurzfristigeals kurzfri- behördenverbindlich – d. h., die Ziel- und/oderstige und/oder langfristige langfristige Maßnahmen Maßnahmen vorsehen vorsehen, stellung ist mit Forst, Landwirtschaft und − Kroatenwiese in den Vernässungsplan einbeziehen. Landestalsperrenverwaltung abgestimmt.

Abb. 3: Luftbild eines Einen Überblick über den Stand der Umsetzung des den deutschen Teil des Erzgebirges unbefriedigend. Torfkörpers mit Eintragung Moorprojektes gibt UHLMANN in diesem Band. Da sich Teilweise liegen die Einzugsgebiete der Moore auf der Planungsinhalte aus der die Maßnahmenumsetzung über mehrere Jahre er- tschechischem Gebiet. Noch bedeutender sind aber FFH-Managementplanung. streckt, wird es in den nächsten Jahren maßgeblich die großfl ächigen Moore auf tschechischer Seite, darum gehen, in den begonnenen Moorgebieten die auch bezüglich typischer Moorarten ein Refu- die Revitalisierungsmaßnahmen abschnittsweise gium sind. Mit dem Moorprojekt im sächsischen zu Ende zu führen. In neun Mooren, u. a. am Au- Erzgebirge wurden umfangreiche Erfahrungen bei erhahnweg (5445 U008) und am Wirtsgarten (5445 der Vorplanung, Organisation und praktischen U003), sind die Maßnahmen vorerst abgeschlossen. Umsetzung gesammelt, die bei Maßnahmen auf Teilweise müssen jedoch Instandhaltungsmaß- tschechischer Seite von Interesse sein könnten. nahmen durchgeführt werden. Mit der Aufnahme der Tschechischen Republik in Für bisher nicht beplante Moorgebiete werden die Europäische Union bestehen neue Möglich- Vorplanungen erarbeitet. Aus vorliegenden FFH- keiten, grenzübergreifende Projekte zu initiieren. Managementplänen ergibt sich für 16 Gebiete Im Rahmen eines von der Europäischen Union ein aktueller Planungs- und Handlungsbedarf. geförderten Erfahrungsaustausches zwischen In Tab. 3 wird eine vorläufi ge Objektliste für den Behörden des tschechischen Kreises Karlovy Vary Planungszeitraum bis 2010 gegeben. und sächsischen Behörden des Regierungsbezirkes Neben der Arbeit an o. g. Objekten ist das Ge- Chemnitz kam es zu weiteren Kontakten. So samtprojekt weiter zu entwickeln. Naturräumlich wurden in dem Gemeinschaftsprojekt CLARA die betrachtet ist die Beschränkung des Projektes auf Zusammenarbeit der tschechischen und deutschen Fachliche Prämissen für die Fortsetzung des Moorschutzprogrammes im Erzgebirge 73

Umweltverwaltung befördert und grenzüberschrei- vom 30.07.2001, zuletzt geändert durch Be- tende Projektideen entworfen. scheid vom 06.11.2001, in Kraft getreten am In naher Zukunft soll geprüft werden, ob ein 12.09.2002. grenzüberschreitendes gemeinsames Projekt im REINISCH, R. (1926): Geologische Karte von Sachsen Rahmen des „Ziel 3“ (Förderprogramm für grenz- im Maßstab 1 : 25 000, Nr. 129, Blatt Zöblitz. überschreitende Umweltmaßnahmen) oder life- SCHULZ, D. (1999): Rote Liste Farn- und Blüten- natur (Förderinstrument für die Durchführung von pfl anzen. In: Materialien zu Naturschutz und Maßnahmen zum Schutz von Lebensräumen und Landschaftspfl ege, Sächsisches Landesamt für Arten der FFH-Richtlinie) fi nanziert werden kann. Umwelt und Geologie, Dresden. SLOBODDA, S. (1998): Entstehung, Nutzungsgeschichte, Pfl ege- und Entwicklungsgrundsätze für erzgebir- LITERATUR: gische Hochmoore. In: Sächsische Akademie für ARNDT, E. & K. RICHTER (1995): Rote Liste Lauf- Natur und Umwelt (Hrsg.; 1998): Ökologie und käfer. In: Materialien zu Naturschutz und Schutz der Hochmoore im Erzgebirge. Dresden. Landschaftspfl ege, Sächsisches Landesamt für SMUL – SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR Umwelt und Geologie, Dresden. UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT (2002): Er- ARNOLD, A., BROCKHAUS, T. & W. KRETZSCHMAR (1994): lass zum Moorschutzprogramm Erzgebirgische Rote Liste Libellen. In: Materialien zu Natur- Moore vom 11.12.2002, Az.: 64-8832.09/7. schutz und Landschaftspfl ege, Sächsisches Lan- SMUL – SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR desamt für Umwelt und Geologie, Dresden. UMWELT UND LANDESENTWICKLUNG (1999): BUDER, W. (1999): Rote Liste der Biotoptypen. In: Verwaltungsvorschrift Biotopschutz (VwV Materialien zu Naturschutz und Landschafts- Biotopschutz) vom 22.02.1994 (SächsABl. S. pfl ege, Sächsisches Landesamt für Umwelt und 466), geändert durch die VwV vom 08.08.1997 Geologie, Dresden. (SächsABl. S. 965), verlängert durch VwV vom EDOM, F. &. A. A.GOLUBCOV (1996): Zum Zusammen- 25.11.1999 (SächsABl. S. 1165). hang von Akrotelmeigenschaften und einer ZINKE, P. (2002): Nutzungsgeschichte, Zustand potenziellen natürlichen Ökotopzonierung in und Revitalisierung der Moore im Erzgebirge. Mittelgebirgsregenmooren. Verh. Ges. Ökol. 26: Telma 32: 267–280. 221–228. ZVNPEV – ZWECKVERBAND NATURPARK ERZ- EDOM, F. & D. WENDEL (1998): Grundlagen zu Schutz- GEBIRGE/VOGTLAND (2000): Vorstudie Lan- konzepten für Hang-Regenmoore des Erzgebir- desschwerpunktprojekt Erzgebirgische Moore ges. In: Sächsische Akademie für Natur und (bearbeitet von P. Zinke & S. Teichmann Umwelt (Hrsg.; 1998): Ökologie und Schutz der unter Mitarbeit von A. Haupt &. M. Künzel). Hochmoore im Erzgebirge. Dresden. Unveröff. Ber. i. A. d. Sächs. Landesamtes für FFH-Richtlinie: Richtlinie 92/43/EWG des Rates Umwelt und Geologie, Schlettau. vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natür- lichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pfl anzen (mit Anhängen). GRÄBNER, H. & P. ZINKE (2001): Wiedervernässung im Moorgebiet Scheibenberger Heide – Situation, Probleme und praktische Erfahrungen. In: Na- turschutzarbeit in Sachsen 43: 49–60. MÄNNEL H. (1896): Die Moore des Erzgebirges und ihre forstwirtschaftliche und nationalökono- mische Bedeutung. Diss. München. MÜLLER, F. (1998): Rote Liste Moose. In: Materialien AUTOR zu Naturschutz und Landschaftspfl ege, Säch- sisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Dr. Detlef Tolke Dresden. RPC Chemnitz, Abteilung Umwelt, REGIONALER PLANUNGSVERBAND CHEMNITZ- Umweltfachbereich, ERZGEBIRGE (2002): Regionalplan Chemnitz- Ref. Naturschutz Erzgebirge, beschlossen durch Satzung des Regionalen Planungsverbandes vom 15.10.1999 Postfach 1341 in der Fassung gemäß Genehmigungsbescheid D-09072 Chemnitz 74 Werner Hempel

Ergänzende Ausführungen zur Schreibweise des Begriffes „Heide“ bzw. „Haide“

Werner Hempel „Heide“ war im allgemeinen deutschen Sprachge- LITERATUR brauch zunächst ein Begriff für unwirtliche oder KÄSTNER, M. & W. FLÖSSNER (1933): Die Pfl anzenge- agrarisch nicht nutzbare Orte (vgl. Steppenheide sellschaften der erzgebirgischen Moore. In: in Süddeutschland, Lüneburger Heide, Lausitzer KÄSTNER, M., FLÖSSNER W. & J. UHLIG: Die Pfl anzen- Heide u. a.). gesellschaften des westsächsischen Berg- und Vor 1930 lag die Schreibweise von „Heide“ bzw. Hügellandes II, Dresden. „Haide“ im Ermessen der Autoren. Da im böh- RUDOLPH, K. & F. FIRBAS(1924): Die Hochmoore des mischen Erzgebirge vor 1945 überwiegend deutsch Erzgebirges. Beih. Bot. Cbl. 41/2: 2–162. gesprochen wurde, dürfte dort „Haide“ dem Dia- SCHREIBER, H. (1923): Die Moore Nordwestböhmens. lekt geschuldet sein. Übrigens ist dieser Begriff Prag. nicht auf das Erzgebirge beschränkt, es gibt SCHREIBER, H. (1927): Moorkunde nach dem ge- z. B. auch im Brandenburgischen einen Ort namens genwärtigen Stande des Wissens aufgrund Haidemühl. 30-jähriger Erfahrung. Berlin 1927. Verwendete SCHREIBER (1923; 1927) den Begriff „Haide“ noch für die Moosmoore des böhmischen Erzgebirges, so übertrugen KÄSTNER & FLÖSSNER (1933) in Anlehnung an RUDOLPH & FIRBAS (1924) das im Deutschen allgemein gebrauchte „Heide“ auf alle erzgebirgischen Hochmoore. RUDOLPH & FIRBAS (1924) wendeten wohl erstmals den Begriff „Heide“ auf die erzgebirgischen Moore an, also vor der „Haide“ Schreibers, was den Dialektcharakter der Schreiberschen Orthografi e unterstreicht. Interessant in diesem Zusammenhang sind auch die Namen einiger Moore, z. B. Kranichsee. Das Wort ist zusammengesetzt aus dem slawischen Granica für Grenze und dem Wort Säure, das hier AUTOR mundartlich vereinfacht als See erscheint, sodass Kranichsee eigentlich Grenz-Säure bedeutet (vgl. Prof. em. Dr. Werner Hempel auch Seerenteiche – saure Teiche – bei Tharandt). Mothäuser Heide geht auf das althochdeutsche Am Eiskeller 13 Wort „Moth“ für nassen Torf zurück. D-02692 Großpostwitz Notizen Notizen Notizen Praktischer Moorschutz im Naturpark Erzgebirge/Vogtland

Impressum

Titel: Praktischer Moorschutz im Naturpark Erzgebirge/Vogtland und Beispiele aus anderen Gebirgsregionen: Methoden, Probleme, Ausblick

Herausgeber: Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt Akademie Neustädter Markt 19 01097 Dresden

E-mail-Adresse: [email protected]

Internet: http://www.lanu.de

Redaktion, Typographie und Layout: Sylvia Ottenberg, Haselbachtal

Fotobearbeitung: Lausitzer Druck- und Verlagshaus, Bautzen dtp computer-grafi k Ursula Smalla, Dresden

Herstellung: Lausitzer Druck- und Verlagshaus, Bautzen

Aufl age: 1. Aufl age, ...... 2007; 2000 Exemplare

Bestellmöglichkeiten: Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung Tel./Fax: + 49 (0) 3 51 / 210 36 71 / 81 [email protected]

Titelfotos: Links oben: Erzgebirgsmoor Pod Macechou im Kreis Chomutov (Foto: Vít Tejrovský). Links unten: Bau einer Spundwand (Foto: A. Haupt). Großes Foto: Fichten-Moorwald im Randbereich des Kleinen Kranichsees ( Foto: M. Homann).

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