Leitthema

Nervenarzt M. Martin2 ·A.Karenberg1 ·H.Fangerau2 DOI 10.1007/s00115-016-0143-8 1 Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Universität zu Köln, Köln, Deutschland © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 2 Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland Neurologie und Neurologen in der NS-Zeit: Hirnforschung und „Euthanasie“

Die deutschen Hirnforschungsinstitute Karenberg in diesem Sonderheft von Der schung betrieben, es sei nur schwierig, wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahr- Nervenarzt) der neuen, nationalsozialis- so Satzinger, zu klären, was wann darun- hunderts zu den weltweit führenden Ein- tisch geprägten Forschungsprogramma- ter verstanden wurde und wie der unter richtungen ihrer Art gezählt. Dies betraf tik geschuldet war und somit in letzter Vogtscher Regie begonnene Forschungs- insbesondere das Kaiser-Wilhelm-Insti- Konsequenz auch die Einbindung etwa ansatz nach 1933 fortgeführt wurde [38, tut (KWI) für Hirnforschung in Berlin- des Berliner KWI für Hirnforschung in S. 146], ausführlich: [37]; . Abb. 2). Buch. Von dem Forscherehepaar Oskar die „Begleitforschung“ zur „Euthanasie“ Vogts Mitarbeiter Bernhard Patzig und Cécile Vogt seit den 1920er Jahren dieser Logik entsprach. Es soll zum einen (1890–1958) erhielt im Zuge des Neu- aufgebaut, wurde das KWI im Februar dargestellt werden, wie sich „auch über baus des KWI für Hirnforschung in 1930 eröffnet und galt als größtes und die Epochenzäsur 1933 hinweg“ lang- Berlin-Buch in der dortigen Klinik acht modernstes Hirnforschungsinstitut der fristige „Kontinuitätslinien bis in die BettenfürseineForschungenzugewiesen Welt (. Abb. 1). Die Vogts beschäftig- Ära Oskar Vogt zurückverfolgen lassen“, und wurde zum Leiter der Abteilung für ten sich über Jahrzehnte mit Fragen der zum anderen, wie mit dem Wechsel an menschliche Erb- und Konstitutionsfor- Hirnarchitektonik, insbesondere mit der der Institutsspitze des KWI für Hirnfor- schung am KWI. Nach 1929 knüpfte er Zuordnung von Hirnfunktionen zu be- schung ab 1937 personelle, institutionelle an die bereits 1911 von den Vogts beab- stimmten Rindenfeldern. und konzeptionelle Veränderungen voll- sichtigte, „bislang unmögliche klinische Der Machtwechsel 1933 hatte auch zogen wurden, „deren Bedeutung im und erbbiologisch-genealogische Un- in der Hirnforschung einen erheblichen Hinblick auf den Krankenmord“ bis tersuchung von Menschen mit ,striären Einfluss auf die Forschungslandschaft. zum Beginn des 21. Jahrhunderts „un- Erkrankungen‘ an“. Er erstellte hierzu Im Kontext des „Gesetzes zur Verhütung terschätzt worden“ ist [40,S.7]. ausgedehnte „Sippentafeln“ und publi- erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN) zierte seine Methode zur Feststellung rückten Fragen der Erblichkeit der sich Oskar Vogt, das KWI für von erblichen Krankheiten im Jahr 1933 im Hirn manifestierenden Krankheits- Hirnforschung und der [38, S. 178]. Insgesamt findet sich jedoch formen in den Fokus des wissenschaftli- Nationalsozialismus auch in Patzigs Arbeiten der „nahtlose chen Interesses. In diesem Forschungs- Übergang zwischen klinisch genauen feld erwarteten Wissenschaftlerinnen Rassenhygiene, Höherzüchtung und die Diagnosen neurologischer Krankhei- und Wissenschaftler jetzt erhebliche fi- Wiedergenesung Deutschlands unter der ten und abwertender Klassifizierung nanzielle Förderungen. „Nicht anders FührungwissenschaftlicherEliten–„die- menschlichen Verhaltens, die für die na- als heute“, so kommentierte Jürgen Peif- se ideologische Gemengelage“ war nach tionalsozialistische Sterilisationspraxis fer im Jahr 2000, „versuchten Forscher, der Einschätzung des Wissenschaftshis- typisch wurde“ [38, S. 180]. sich an Trends anzuschließen, um für torikers Michael Hagner „eine der ver- Auch Oskar Vogt versuchte, seine bio- ihre Forschungsprojekte Drittmittel zu breitetsten und fatalsten Rezepturen“,der logische Weltsicht, „die am markantesten erhalten“ [28, S. 153]. Im Folgenden sich Wissenschaftlerin derWeimarerRe- in der Elite- und Verbrechergehirnfor- soll der Frage nachgegangen werden, publikverschriebenhatten[20,S.100].In schung zum Ausdruck kam, als eine wis- in welcher Form die „Neuorientierung“ der Hirnforschung von Oskar und Cécile senschaftliche Grundlage des National- der Hirnforschung (ähnlich der Epi- Vogt etwa, das hat Helga Satzinger dezi- sozialismus zu verkaufen“ [20, S. 130 f.]. lepsieforschung, vgl. dazu den Beitrag diert nachgewiesen, spielte „der Begriff Dabei scheute er auch nicht immer davor „Neurologie und Neurologen in der der Rasse“ bereits vor 1933 eine wichtige zurück, so Hagner, sich „bei den Natio- NS-Zeit: Das Beispiel der Epilepsie- Rolle. Unter den Vogts wurde am KWI nalsozialisten anzubiedern“. Dies tat er forschung“ von Martin, Fangerau und für Hirnforschung eindeutig Rassenfor- wohl nicht zuletzt vor dem Hintergrund

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Abb. 1 8 Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung in Berlin-Buch (1931; Abb. 2 8 Oskar und Cécile Vogt an ihrer Hirnschneidemaschine (1905; Bild- Bildquelle: [7]) quelle: [7])

doch“,nach Ansicht Hagners, „gar nichts bunden“ [54, S. 546] (. Abb. 6). Weber prinzipiell anderes vertreten mußte als kommt in seiner historischen Über- schon 1930: die Hirnforschung stehe im sicht zu dem Schluss, dass während der Dienst der Volksgemeinschaft“, indem Amtszeit von Spatz die „Zytoarchitekto- sie versuche, erwünschte Persönlichkei- nik weitgehend eingestellt“ wurde und ten und Begabungen zu fördern und die „stattdessen (...) neuropathologische Fortpflanzung„schädlicher“Personenzu und eugenische Fragestellungen eine zu- hemmen [20, S. 130]. All das half indes nehmend größere Bedeutung“ erlangten letztlich wenig (. Infobox 1: Oskar Vogt). [57, S. 1108]. Dieser inhaltliche Wandel spiegelte Die Forschung verlagerte sich auch auf mehreren anderen Ebenen » wider: Institutionell zeigte sich die Zäsur sich vom gesunden zum kranken an der Etablierung einer engen Koope- Gehirn ration des KWI mit den psychiatrischen Kliniken im Großraum Berlin, speziell in Im Jahr 1937 wurden die Vogts entlassen der Funktionserweiterung der Prosektur und neuer Direktor des KWI wurde Hu- der Anstalt Görden bei Brandenburg als go Spatz (1888–1969), bis dahin Leiter Außenstelle des KWI. Personell wurde des neuropathologischen Labors an der die Zusammensetzung des Institutsku- Psychiatrischen und Nervenklinik Mün- ratoriums verändert, zu dem z. B. seit chen (. Abb. 3). Spatz verfolgte ebenso 1938 mit dem Berliner Ordinarius für neuropathologische Interessen, verlager- Psychiatrie Max de Crinis (1889–1945) Abb. 3 8 Hugo Spatz. (Bildquelle: [9]) te indes den Forschungsschwerpunkt des einer der Verantwortlichen für die zwei KWI.StärkeralsdieVogtsvorihm(die Jahre später anlaufende sog. „T4-Akti- derBefürchtung,erkönnedasBucher Struktur und Funktion des gesunden on“ gehörte. Außerdem stellte Spatz den Institut verlieren, nachdem er sich 1933 Gehirns im Fokus hatten) beschäftigte mit ihm schon lange bekannten Julius nach Denunziationen schon erheblichen er sich mit dem kranken Gehirn, wobei Hallervorden (1882–1965) als Leiter der Angriffen ausgesetzt gesehen hatte, er sei die Pathogenese einzelner Krankheits- Zentralprosektur der psychiatrischen Sozialist und hätte Kommunisten beher- formen in den Vordergrund rückte und AnstalteninBerlin-Brandenburgsowie bergt[40,S.8f.].Erveranstalteteregelmä- damit auch die Frage der Vererbung der histopathologischen Abteilung des ßig Führungen im KWI für Absolventen noch pointierter gestellt wurde [40]. KWI ein (. Abb. 4; . Infobox 2:Julius der Reichsführerschule Bernau, das Ras- Spatz hatte seinen Amtsantritt im Sin- Hallervorden).Schmuhlbezeichnetdiese senpolitische Amt, für SA-Führerschaf- ne einer inhaltlichen und strukturellen Entwicklung am KWI für Hirnforschung tenundfürMitgliedervonNSDAP-Orts- Neuausrichtung im Forschungsprofil des als eine forschungspolitische „Öffnung gruppen. Vogts Strategie war es, seine Instituts zu nutzen verstanden. Damit zur Psychiatrie“ und eine „Verflechtung „Forschungen wenigstens partiell mit der „war endgültig eine Öffnung des Insti- von Hirnforschung und Anstaltspychia- nationalsozialistischen Gesundheitspoli- tutes gegenüber nationalsozialistischer trie“, die bereits Anfang der 1930er Jahre tik kompatibel zu machen, wobei er je- Erbgesundheits- und Rassenpolitik ver-

Der Nervenarzt Zusammenfassung · Abstract begonnen hatte, jetzt aber „energisch Nervenarzt DOI 10.1007/s00115-016-0143-8 vorangetrieben“ wurde [40, S. 54]. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

Julius Hallervorden und M.Martin·A.Karenberg·H.Fangerau die „Begleitforschung“ zur Neurologie und Neurologen in der NS-Zeit: Hirnforschung und „Euthanasie“ „Euthanasie“

Von großer Bedeutung wurde diese Zusammenfassung Verflechtung, als mit Kriegsbeginn die Der Zusammenhang zwischen dem frühkindlichen Hirnatrophie, zerebrale flächendeckend geplante und zentral systematischen Krankenmord – von der Kinderlähmung und Epilepsie. Dabei spielte NS-Ideologie als „Euthanasie“ verbrämt nach aktuellem Forschungsstand ein kolle- organisierte Ermordung von psychisch – und der deutschen Hirnforschung ist giales Netzwerk eine wichtige Rolle. Ferner kranken Kindern und Erwachsenen im in den letzten 25 Jahren ausführlich und entstanden am KWI neben den zivilen auch Rahmen der sog. „Euthanasie“ begann differenziert untersucht worden. Umstritten militärische Forschungsstellen, die ebenfalls (. Infobox 3: „Euthanasie-Aktionen“). bleibt allerdings, inwiefern sich dieser neurologisches Wissen, z. B. zu Hirn- und Unter der institutionellen „Tarnbezeich- verbrecherische Konnex auf die Selbst- und Rückenmarksverletzungen, sammelten. Somit Fremdwahrnehmung sowie den Status der erscheint die wissenschaftshistorischeThese, nung“ [53, S. 33] „Reichsausschuß zur Neurologie als medizinische Fachdisziplin NS-System und Medizin als „Ressourcen wissenschaftlichen Erfassung erb- und auswirkte. füreinander“ zu betrachten, zumindest anlagebedingter schwerer Leiden“ wur- Zwischen 1939 und 1945 waren vorrangig das teilweise auch auf die Neurologie anwendbar. de z. B. das „Kinder-Euthanasie“-Pro- Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) in Berlin-Buch, gramm durchgeführt. Die Erfassung der aber auch andere Forschungsstätten insofern Schlüsselwörter in die „Euthanasie“-Aktionen eingebunden, Geschichte der Neurologie · Medizin zu ermordenden Kinder erfolgte über als Gehirne ermordeter Patienten im Sinne im Nationalsozialismus · Geschichte der spezielle Meldeformulare (. Abb. 5), wo- einer „Begleitforschung“ seziert und auf diese Euthanasie · Geschichte der Hirnforschung · bei die drei Gutachter Ernst Wentzler, Weise medizinische Erkenntnisse generiert Gesellschaft deutscher Neurologen und Hans Heinze und „weit- wurden – vor allem zur „Oligophrenie“, Psychiater gehend auf der Grundlage dieser Bögen über das Schicksal der Patienten ent- schieden. Ohne die Krankengeschichte German neurology and neurologists during the Third Reich: brain oder gar die betroffenen Kinder gesehen research and “euthanasia” zu haben, vermerkten sie auf Blättern Abstract mit dem Briefkopf ,Reichsausschuß‘ ent- The connection between systematic killing of early childhood brain atrophy, cerebral weder ein Pluszeichen (+), das für die the mentally ill and disabled, euphemistically palsy and epilepsy. According to current ,Behandlung‘ und damit Tötung stand, called “euthanasia” in the National Socialism historical research, collegial networks were oder ein Minuszeichen (–) für jene Kin- ideology, and German brain research has instrumental in receiving brains of killed been thoroughly investigated and in detail; patients. Furthermore, civil research units der, die nicht getötet werden sollten“ [53, however, the impact of this criminal nexus were supplemented by military ones at the S. 33]. on the image and self-perception of German KWI. These, too, were concerned with the neurologists as well as the status of neurology collection of medical knowledge, for instance An die Stelle der In- as a medical discipline is still the subject of on injuries of the brain and spinal cord. The » controversial debates. historical approach to consider the Nazi dividualethik sollte die Between 1939 and 1945 the Kaiser Wilhelm organizations and medicine as “resources for Gemeinschaftsethik treten Institute (KWI) in Berlin along with other each other” seems, therefore, at least in part research centres were insofar enmeshed applicable to neurology. in the “euthanasia” program as brains of Es ist davon auszugehen, dass zwischen killed patients were dissected in the guise of Keywords 1940 und 1945 etwa 30 „Kinderfach- “concomitant research” in order to generate Neurology/history · National Socia- medical knowledge. Affected were mainly lism/history · Euthanasia/history · Biomedical abteilungen“ bestanden und dort weit individuals suffering from oligophrenia, research/history · Germany über 5000 Kinder und Jugendliche er- mordet wurden. Etwa 80 Ärzte waren an den Tötungen beteiligt [52]. Bei den Motiven der Tötungsaktionen standen, ren Ebene“ der mit den Tötungsaktionen international im breiteren Rahmen dis- soweit sich überhaupt Aussagen finden, befassten Verwaltungsorgane betrachtet kutiert wurden [21]. In der Weimarer ökonomische Aspekte im Vordergrund, [31,S.45ff.]. Republik radikalisierte sich die Debatte, mitunter in Verbindung mit rassenhy- Eine Debatte um die Tötung von ausgehend von der 1920 publizierten gienischen Motiven. Die hohe Bedeu- schwerstkranken Patienten hatte schon Schrift „Die Freigabe der Vernichtung tung ökonomisch-utilitaristischer Moti- gegen Ende des 19. Jahrhunderts be- lebensunwerten Lebens“, gemeinsam ve („Gesundung des Volkskörpers“) wird gonnen, als Fragen nach dem Recht auf verfasst von dem Juristen Karl Bind- sehr deutlich, so Peiffer, wenn man die den eigenen Tod, die Legitimität des ing (1841–1929) und dem Psychiater Schriftsätze und Diskussionen der „unte- Suizids oder auch das Töten aus Mitleid Alfred Hoche (1865–1943; . Abb. 6).

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Infobox 1 Oskar Vogt (1870–1959) „interessante Fälle“ wurden klinisch be- obachtet, „bevor man sie ermordete, Im Jahre 1888 begann Vogt an der Universität Kiel das Studium der Psychologie, wechselte um ihre Gehirne zu sezieren und pa- aber bald zur Medizin; ab 1890 studierte er an der Universität Jena. Hier regte ihn der Zoologe thologisch zu untersuchen“ [40,S.42]. und Philosoph Ernst Haeckel (1834–1919) zu stammesgeschichtlichenStudien an, die für Vogts späteren Lebensweg bestimmend wurden. Nach dem medizinischen Examen 1893 arbeitete Vogt Voraussetzung für ein derartiges Vorge- an der Psychiatrischen Universitätsklinik; 1894 wurde er bei Otto Binswanger (1852–1929) mit hen war, dass man sich über elementare einer Arbeit „Über Fasersysteme in den mittleren und caudalen Balkenabschnitten“ promoviert, allgemein- und berufsethische Normen die im Jahrgang 1895 des „Neurologischen Zentralblattes“ publiziert wurde. Wichtige Stationen hinwegsetzte: etwa durch die Akzeptanz der ersten Jahre seiner wissenschaftlichen und nervenärztlich-praktischen Tätigkeiten waren einer Validität der genannten Kategorien das Zürcher „Burghölzli“, wo er bei dem Psychiater und Neurologen August Forel (1848–1931) arbeitete, danach , wo er bei dem Neurologen Paul Flechsig (1847–1929) tätig war, und „lebenswert“ und „lebensunwert“. anschließend Paris. Dort lernte er bei dem Neurologen Pierre Marie dessen Schülerin Cécile Ab1939/1940wurdeauchdasKWIfür Mugnier (1875–1962) kennen, die er 1899 heiratete und mit der ihn auch eine lebenslange Hirnforschung in die „Begleitforschung“ wissenschaftliche Partnerschaft verband. zur „Euthanasie“ eingebunden und er- Im Jahre 1898 eröffneten die Vogts eine psychiatrische Praxis, die als „Neurobiologische hielt Gehirne von „Euthanasie“-Opfern. Zentralstation“ die Grundlage ihrer weiteren wissenschaftlichen Arbeiten bildete. 1902 konnten sie die Praxis in die Berliner Universität als „Neurobiologisches Laboratorium“ einbringen; 1914 Wie sich die Forschung im Einzelnen ab- ging daraus das „Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung“ hervor, das nach der Errichtung des gespielt hatte, etwa, wer die „Auswahl“ Neubaus im Jahr 1931 als das größte und modernste seiner Art weltweit galt. Oskar Vogt wurde der Opfer traf, auf welchem Weg die Ge- Direktor des interdisziplinär arbeitenden Instituts und zugleich gemeinsam mit seiner Ehefrau hirne in das KWI gelangten, wer von der Leiter der Abteilung „Neuroanatomie und Architektonik“.Im Mittelpunkt der Forschung standen Herkunft wusste etc., dazu liegen mit- die Zytoarchitektonik und Myeloarchitektonik des Gehirns und die funktionelle Anatomie der Basalganglien. Trotz des autoritären Führungsstils Oskar Vogts herrschte am Institut ein liberales unter voneinander abweichende Darstel- Klima. Jüdische Mitarbeiter gehörten ebenso zum Institut wie Forscher aus dem Ausland. Ab lungen vor, die sich indes in der Summe 1933 kam es von unterschiedlicher Seite zu Attacken auf das Institut (verbale wie handfeste), zueinembestimmtenAblaufzusammen- wobei auch immer wieder die guten Beziehungen Vogts zur Sowjetunion ins Feld geführt fassen lassen. wurden. Trotz der Unterstützung prominenter Fürsprecher wurde Oskar Vogt schließlich 1937 LautSchmuhlwurdeHallervordenam entlassen. Anschließend gründeten die Vogts ein mit finanzieller Unterstützung der Familie Krupp betriebenes Institut für Hirnforschung in Neustadt (Schwarzwald). 29.04.1940 über die „“ offiziell Literatur [20, 37, 38, 51]. in Kenntnis gesetzt; es ist freilich mehr als wahrscheinlich, dass er über Heinze bereits viel früher über das „Euthanasie“- „Lebensunwert“ waren nach ihrer Mei- Da sie großer Pflege bedürfen, geben sie Programm Bescheid wusste. Hans Hein- nung die „geistig völlig Toten“, deren Anlass, daß ein ganzer Menschenberuf ze (1895–1983) stellte eine zentrale Per- „Beseitigung(...)keinVerbrechen“dar- entsteht, der darauf ausgeht, absolut un- son im Kontext der „Euthanasie“ dar: stelle, sondern einen „nützlichen Akt“. wertes Leben für Jahre und Jahrzehn- Seit 1938 war er Leiter der Landesanstalt An die Stelle der Individualethik sollte te zu fristen (...) Die Existenz solcher Brandenburg-Görden, wo 1939 im Rah- die Gemeinschaftsethik treten. Das in- Vollidioten würde somit am schwersten men der Kinder-„Euthanasie“ die erste dividuelle Lebensrecht bzw. das Recht auf der Allgemeinheit lasten“ (zit. nach: „Kinderfachabteilung“ eingerichtet wur- auf körperliche Unversehrtheit sollte [10, S. 198]; der gesamte Text „Denk- de, auch fungierte er in beiden „Eutha- radikal dem Interesse des Volkskörpers schrift Nonne für Senator Ofterdinger nasie“-Aktionen (Kinder und Erwachse- untergeordnet werden [5, S. 287]. Die [1941]“ ist dort abgedruckt, S. 279–283). ne) als Gutachter (. Abb. 7). Zudem war Tötung wurde zudem noch als Akt der Gleichzeitig eröffneten die Kranken- er Abteilungsleiter für Neuropathologie „Erlösung“ verbrämt. morde im Kontext der „Euthanasie“, am KWI für Hirnforschung und saß in Auch Neurologen beteiligten sich an so sahen es zumindest die involvierten dessen Kuratorium. Er stand im engen der Diskussion über die Tötung von Pa- Mediziner, der Neurologie ganz neue Kontakt zu Hallervorden, für dessen Ein- tientinnen und Patienten. Max Nonne Forschungsmöglichkeiten. Die „wissen- stellung er bereits 1937 eingetreten war. berief sich in einem Gutachten über die schaftlich begründbaren Forderungen“ Weiter führt Schmuhl zu Hallervorden Zulässigkeit der „Euthanasie“ aus dem von Neurologen und Psychiatern, bei aus: Jahr 1941, nachdem die Ermordungsak- möglichst vielen in den Anstalten Ver- Bereits am 15. Mai 1940 erhielt er – im tionen schon psychiatrischer Alltag ge- storbenen Obduktionen und neuropa- Rahmen der Kinder-,Euthanasie‘ – die worden waren, ausdrücklich auf Hoche, thologische Untersuchungen durchfüh- ersten Gehirne von im Zuchthaus Bran- wonach der Tod bei unheilbar quälen- renzulassen,bestandenseitJahrenund denburg getöteten Kindern. Bis in den dem schmerzhaftem Leiden als Erlösung zeigten sich auch in der Forderung der Herbst hinein gingen diese Lieferungen und vorgezogenes Ereignis gerechtfertigt Gesellschaft Deutscher Neurologen und weiter. Dr. Heinrich Bunke, von August sei. Das Leben der „unheilbar Geistes- Psychiater aus dem Jahr 1939 nach der bis Oktober 1940 Tötungsarzt in Bran- kranken“ sei „absolut zwecklos“. Für ihre gesetzlichen Einführung einer Sekti- denburg, sagte aus, daß in seiner Zeit „Angehörigen wie die Gesellschaft bil- onspflicht ([30, S.166], [19]). Im Zuge etwa 100 Kinder aus Görden – vermutlich den sie eine furchtbar schwere Belastung. der „Euthanasie“ wurde dieses Den- in zwei Transporten – in das Zuchthaus Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke. ken konsequent fortgeführt. Sogenannte Brandenburg verlegt und dort vergast

Der Nervenarzt Infobox 2 Julius Hallervorden (1882–1965) Studium der Medizin in Königsberg (Promotion 1909); von 1910 bis 1913 nervenärztliche Weiterbildung in einer Berliner Privatklinik; von 1913 bis 1936 war er Assistent, später Erster Oberarzt an der Psychiatrischen Anstalt in Landsberg/Warthe; zudem ab 1929 Prosektor in Landsberg, ab 1936 in für die Brandenburgischen Landesanstalten. 1921 und 1925 als Stipendiat bzw. Gastassistent bei Walter Spielmeyer (1879–1935) am Hirnpathologischen Institut der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie in München, wo er zahlreiche Kontakte zu in- und ausländischen Forschern knüpfte sowie den am Laboratorium der Münchener Universitäts-Nervenklinik tätigen Hugo Spatz (1888–1969) kennen lernte. Im Jahr 1922 beschrieben beide zusammen die Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn („Hallervorden-Spatz-Syndrom“). Im Jahr 1938 ging Hallervorden als Nachfolger des emigrierten Max Bielschowsky (1869–1940) als stellvertretender Direktor und Leiter der Histopathologischen Abteilung an das Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung in Berlin-Buch; Beibehaltung der Prosektur, deren Sitz nach Brandenburg-Görden verlegt wurde. Der Forschungsschwerpunkt des KWI für Hirnforschung verlagerte sich (gegenüber der „Ära Vogt“) vom gesunden zum kranken Gehirn, wobei die Pathogenese einzelner Krankheiten und Behinderungen in den Vordergrund rückte und insbesondere die Frage nach Anlage und Vererbung merklich an Bedeutung gewann. Ab 1939/1940 wurde das KWI für Hirnforschung in die „Begleitforschung“ zur „Euthanasie“ eingebunden und erhielt bis 1945 etwa 700 Gehirne von „Euthanasie“-Opfern. In diesem Zeitraum entstand auch die „Sammlung Hallervorden“, Hirnschnitte der Getöteten, die über Dillenburg und Frankfurt zurück nach Berlin transportiert wurden. Dort wurden sie an der jetzt als Max-Planck-Institut für Hirnforschung bezeichneten Einrichtung noch mindestens bis in die Abb. 4 8 Julius Hallervorden. (Bildquelle: [55]) 1960er Jahre für die Forschung genutzt. Hallervordens Name fiel bereits beim Nürnberger Ärzteprozess 1946 und seine Rolle während der NS-Zeit war durch die Publikationenvon Leo Alexander bekannt, die Sache wurde aber nicht weiter legiales Beziehungsnetz sorgte von sich verfolgt. Ab 1949 war Hallervorden als Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut für Hirnforschung aus dafür, daß der Nachschub an Gehir- in Gießen tätig. 1956 wurde er mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. nennachBerlinnichtabriß,ohnedaß Literatur [23, 25, 26, 42, 45, 46]. die Berliner Hirnforscher ihre Wünsche noch eigens hätten anmelden müssen“ wurden. Am 28. Oktober 1940 ging der sucht wurden, die von „Euthanasie“-Op- [40, S. 48]. letzte Transport mit 56 Kindern und Ju- fern stammten [28,S.158ff.].Ananderer gendlichen aus Görden in die Gaskammer Stelle gibt Peiffer differenzierter an: Die Lieferung von von Brandenburg. Die Gehirne von etwa » Insgesamt gingen in der Zeit von 1939 bis 40 Kindern aus diesem Transport finden Opfergehirnen erfolgte auf Basis 1944 mindestens 698 Gehirne von Patien- sich in der Sammlung Hallervorden. Aus persönlicher Netzwerke ten ein. Für die in 295 Fällen eine Tötung dem Notizbuch des damaligen Tötungs- als gesichert und für 403 Personen als sehr arztes von Brandenburg, Dr. Irmfried Nach den Studien von Götz Aly aller- wahrscheinlich gelten kann. Die tatsächli- Eberl, ist zu entnehmen, daß Hallervor- dings kam vor allem Hallervorden in die- che Zahl ließ sich nicht mehr rekonstruie- den und Heinze an der Sektion dieser sen Netzwerken die schon angedeutete ren, da Unterlagen gezielt vernichtet wor- Kinder an Ort und Stelle beteiligt waren Schlüsselrolle zu. Nach Aly wurden von den waren [54, S. 550]. [40, S. 46]. Ende 1942 an sog. „Forschungskinder“ Auswahl und Zulieferung von Opfer- demBerlinerKWIfürHirnforschung(in Dass Hallervorden an diesem Tag bei gehirnen an das KWI waren nicht zentral dessen Kuratorium neben de Crinis jetzt der Tötung einer Gruppe von Kindern gesteuert, vielmehr erfolgten sie auf Ba- auch Heinze saß) zugewiesen, „die der anwesend war und persönlich die Ge- sis der persönlichen Netzwerke, in die ReichsausschusszumTodebestimmthat- hirnentnahme vorgenommen hat, wird das Institut und seine Mitarbeiter ein- te“. Insbesondere habe sich Julius Hal- auch durch eine persönliche Aussage gebunden waren. „Sei es, daß T4-Ärz- lervordenindiesemKontextengagiert. Hallervordens bestätigt. Diesbezüglich te, die am Kaiser-Wilhelm-Institut oder Nach Aly „bestellte er sich Gehirne noch schrieb er am 09.03.1944 an Paul Nit- in Brandenburg-Görden dafür geschult lebender Menschen, sofern diese sein Er- sche (1876–1948), den Obergutachter worden waren, in den Tötungsanstalten kenntnisinteresse erregten“ [1, S. 129]. und medizinischen Leiter der „Aktion von sich aus Gehirne entnahmen und Über diesen Punkt bestehen indes un- T4“: „Insgesamt habe ich 697 Gehirne nach Berlin schickten, sei es, daß Ärz- terschiedliche Auffassungen. Topp und erhalten einschl. derer, die ich einmal te in den Stammanstalten, die mit dem Peiffer weisen zu Recht darauf hin, dass in Brandenburg selbst herausgenommen KWI für Hirnforschung in Verbindung Dokumente,dieeine„TötungaufBe- habe“ (zit. nach [8,S.38];. Abb. 8). standen, die Sektion in der Tötungsan- stellung“ zweifelsfrei belegen könnten – Es ist kaum zu bezweifeln, dass sein stalt veranlaßten. Das KWI für Hirnfor- selbst wenn sie einst vorhanden waren – Vorgesetzter Spatz detailliert informiert schung hatte es“, so resümiert Schmuhl aufgrund ihres belastenden Charakters war. Sicher ist, dass zwischen 1940 und daher, „gar nicht nötig, sich Gehirne ,auf wohl schwer zu finden seien. Es „erge- 1945 im KWI etwa 700 Gehirne unter- Bestellung‘ liefern zu lassen – ein kol- ben sich dennoch begründete Verdachts-

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Infobox 3 Euthanasie lich. Darin heißt es u. a.: „Herr Prof. Schneider/Universitätsklinik Heidelberg Der Ablauf der „Euthanasie“ wird in der historischen Forschung in unterschiedliche „Aktionen“ ist an mich mit der Bitte herangetreten, bzw. Phasen eingeteilt. bei Ihnen anzufragen, ob Sie in der 4 1939–1945: „Kinder-Euthanasie“, die Ermordung „missgebildeter“ Neugeborener und Kleinkinder, später auch Jugendlicher in sog. „Kinderfachabteilungen“; Lage und bereit wären, ihm zu For- 4 1939–1941: „Aktion T4“, die Ermordung von Patienten und Patientinnen aus Heil- und schungszwecken Gehirne von bei Ihnen Pflegeanstalten in den Gaskammern der Tötungsanstalten Grafeneck, Brandenburg, Hartheim, verstorbenen, idiotischen Kindern zur Pirna/Sonnenstein, Bernburg und Hadamar; Verfügung zu stellen“ (. Abb. 9). 4 1941–1945: Lokale Euthanasie, dezentrale Morde durch Medikamente und Nahrungsentzug in Natürlich wird hier nicht explizit vielen Heil- und Pflegeanstalten; 4 1941–1944: „Aktion 14f13“, die Ermordung arbeitsunfähiger oder politisch bzw. „rassisch“ von „Tötung“ gesprochen. Vielmehr be- verfolgter Häftlinge von Konzentrationslagern. stand hinsichtlich der „Euthanasie“ ein Verschleierungssystem, im Rahmen des- Die „Kinder-Euthanasie“ wurde vom „Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung von sen z.B. den Angehörigen gefälschte erb- und anlagebedingten schweren Leiden“ koordiniert, zentrales Dokument war der streng Todesnachrichten übermittelt wurden. vertrauliche Runderlass des Reichsministers des Innern vom 18.08.1939, der unter dem Vorwand der „Klärung wissenschaftlicher Fragen auf dem Gebiete der angeborenen Mißbildung und Tatsächlich wurden an Carl Schneiders der geistigen Unterentwicklung“ die „Meldepflicht über missgestaltete usw. Neugeborene“ „Forschungsabteilung“ an der Heidel- anordnete. Ärzte oder Hebammen hatten diese Neugeborenen und behinderten Kinder bis zu drei berger Psychiatrischen Universitätskli- Jahren (ab 1940 bis zu 16 Jahren) beim Gesundheitsamt anzuzeigen. Zu diesem Zweck wurden nik tödliche Forschungen an Kindern flächendeckend Meldebogen versandt. Die Amtsärzte leiteten die ausgefüllten Exemplare an betrieben [22, 36]: den „Reichsausschuß“ weiter, wo die Fälle aussortiert wurden, die nach ihrer Auffassung für die Aufnahme in eine „Kinderfachabteilung“, das heißt für die „Euthanasie“, nicht in Betracht kamen. Von August 1943 bis Ende Dezember 1944 Von den etwa 100.000 bis 1945 eingegangenen Meldebogen wurden etwa 80.000 aussortiert. Zur wurden in der Heidelberger Klinik 52 Kin- fachlichen Beurteilung der restlichen Meldebogen waren drei Gutachter (die Psychiater Werner Catel, Hans Heinze und Ernst Wentzler) bestellt worden, die ihr Urteil über Leben oder Tod der der und Jugendliche untersucht. 21 dieser Kinder anhand des Meldebogens trafen. „Forschungskinder“ wurden 1944 in der Die erste „Kinderfachabteilung“ wurde im Oktober 1939 in der Landesanstalt Görden unter der Anstalt Eichberg mit Medikamenten (Lu- Leitung des Psychiaters Hans Heinze eingerichtet. Bis August 1944 wurden etwa 4000 Kinder minal, Morphiumscopolamin) getötet. und Jugendliche dorthin verlegt, von denen – nach einer eingehenden Beobachtungsphase – Verantwortlich für die Verlegungen in die 45 % nachweislich ermordet wurden oder an durch gezielte Vernachlässigung hervorgerufenen Krankheiten starben. Im gesamten Gebiet des damaligen Deutschen Reiches hat es über 30 Anstalt Eichberg waren nachweislich Carl derartiger Einrichtungen gegeben, in denen mehr als 5000 geistig und körperlich behinderte Schneider und Dr. Dr. Julius Deussen, der Kinder getötet wurden. mit den Eltern in einigen Fällen über eine Auch im Rahmen der heute sog. „Aktion T4“ (benannt nach der zentralen Dienststelle, der Berliner mögliche Erlösung der Kinder in der An- Tiergartenstraße 4) spielte die Anstalt Brandenburg-Görden eine wichtige Rolle. Dies kam nicht stalt Eichberg gesprochen hatte. An die von ungefähr, gehörte Heinze doch auch in diesem Fall dem ärztlichen Expertenstab an, der die Planung der Krankenmorde seit dem Sommer 1939 leitete. Es sollten alle Patienten erfasst „Forschungskinder“ erinnert seit 1998 ein werden, die sich länger als fünf Jahre in Anstaltsbehandlung befanden oder die an Schizophrenie, Mahnmal vor der Psychiatrischen Univer- „Schwachsinn“, Epilepsie und neurologischen Endzuständen litten und nicht arbeitsfähig sitatsklinik [34, S. 930]. waren. Neuere Forschungen haben ergeben, dass bei der Auswahl der Opfer das zentrale Selektionskriterium weniger die Erblichkeit der Erkrankung war als vielmehr die Bewertung Ernst Klee konstatiert zusammenfas- der Arbeitsleistung der Patienten in den Anstalten. In den sechs Tötungsanstalten wurden bis send zur Rolle Hallervordens in seiner 1941 ca. 70.000 Anstaltsinsassen mit Gas getötet. Angesichts dieser Zahlen gelang es nicht, die typischen Diktion: Aktion geheim zu halten. Innerhalb der Bevölkerung kam es zu einer erheblichen Beunruhigung angesichts der Krankenmorde. Auch von kirchlicher Seite waren Proteste zu verzeichnen. Dieser In der Zeit des Nationalsozialismus müs- „Stimmung“ war der Abbruch der Aktion geschuldet und nicht der Erfüllung eines vorgegebenen sen Forscher nicht mehr warten, bis ein in- „Plansolls“. In der Folgezeit kam es zu unterschiedlichen „Sonderaktionen“; die Gesamtzahl der teressanter „Fall“ eines natürlichen Todes „Euthanasie“-Opfer wird allein im Reichsgebiet auf über 200.000 geschätzt. Literatur [1, 35, 39]. stirbt. Es gibt kaum ein Fach, das in glei- cher Weise von NS-Verbrechen profitierte wie die Hirnforschung. Die Zusammen- arbeit des KWI für Hirnforschung mit der momente, dass auch das KWI in Berlin- [34,S.929ff.],[32], [31, S. 55]): Ge- Berliner Euthanasie-Zentrale ist geradezu BuchZugriffaufminderjährige Patienten meint sind dezidiert jene Kinder, die einzigartig (...) Der zentrale Verwerter erhielt, die potentiell für eine Selektion getötet und deren Gehirne entnommen der Gehirne ermordeter Menschen wird zur Tötung sowohl in der ,Aktion T4‘ wurden, um sie für die neurowissen- Julius Hallervorden [24, S. 154]. als auch im Reichsausschussverfahren in schaftliche Forschung zu nutzen. Diesen Frage kamen“ [54, S. 553]. Zusammenhang macht auch ein Rund- Der Begriff der „Forschungskinder“ schreiben des „Reichsausschusses zur (Historische) Aufarbeitung ist dabei als ein zynischer Euphemismus wissenschaftlichen Erfassung erb- und zu betrachten, wie ihn die Nationalso- anlagebedingter schwerer Leiden“ vom Ausgangspunkt für die historischen For- zialisten auch in ihrem Gebrauch des 11.04.1944 betreffs „Überlassung von schungen zur Rolle Hallervordens war Wortes „Euthanasie“ übten ([33, S. 147], Gehirnen für Forschungszwecke“ deut- der Bericht des früheren Frankfurter

Der Nervenarzt („Alexander-Report“) wurde als An- klagedokument Nr. L-170 im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher 1946 in Nürnberg in Auszügen öffentlich ge- macht und zu den Akten genommen [44]. In seinem Tagebuch hielt Alexander eineentsprechendeÄußerungHallervor- dens in wörtlicher Rede und auf Deutsch fest: Ich habe da so was gehört, daß das ge- macht werden soll, und da bin ich dann zu denen hingegangen und habe ihnen gesagt, nu Menschenskinder, wenn Ihr nu die alle umbringt, dann nehmt doch we- nigstens mal die Gehirne heraus, so daß das Material verwertet wird. Die fragten dann, nu wie viele können Sie untersu- chen, da sagte ich ihnen, eine unbegrenzte Menge, – je mehr, desto lieber. (zit. nach [26, S. 44]). Götz Aly zitiert diese bei Peiffer hier endende Einlassung weiter aus dem Do- kument L-170: Da stellte ich ihnen dann Fixiermittel und Abb. 5 9 Rund- die Kisten zur Verfügung, und so haben schreiben Melde- sie sie uns reingebracht wie ’nen Möbel- pflicht (1939; Bild- transport. Das war ja nun ganz toll. Ich quelle: [47]) nahm sie an, die Gehirne; wo die nur her- kamen, ging ja mich nichts an. Da waren schöne schwachsinnige Mißbildungen und frühkindliche Erkrankungen (zit. nach [1, S. 129]). Hallervorden erforschte damals die Ursachen des „angeborenen Schwach- sinns“ und den Unterschied zwischen traumatischer und sog. genuiner, als Abb. 6 9 Betriebs- „erblich“ eingestufter Epilepsie. Diese zelle Hirnforschung Forschungen wollte er mit den Gehirnen bei der Demons- der Ermordeten um neuropathologi- tration zum 1. Mai sche Aspekte erweitern. Peiffer spricht 1937; vorne links in diesem Zusammenhang von „Ver- Hugo Spatz. (Bild- quelle: [9]) strickung in die Tötungsaktionen“. Mit „Unterstützung der in die Tötungsaktio- nen einbezogenen Kliniker“ habe man Neurologen Leo Alexander (1905–1985), Hallervorden. Hallervorden war hier mit den Plan gefasst, „vorher ausgesuchte der 1933 als Jude aus Deutschland hatte seiner Abteilung 1944 untergekommen. Kranke nach der Tötung der Obduktion emigrieren müssen und nach Kriegs- In seinem Interview tätigte Hallervor- und speziell einer neuropathologischen ende im Auftrag der amerikanischen den einige entlarvende Aussagen. Den Untersuchung zuzuführen“. Diese „wenn Militärregierung zahlreiche Interviews Aufzeichnungen Alexanders zufolge hob auch nur mittelbare Beteiligung an den mit deutschen Neurologen, Psychia- Hallervorden sogar hervor, dass er selbst Krankentötungen bzw. an deren wis- tern und Neuropathologen führte [43]. die Initiative zur Kooperation mit dem senschaftlicher Nutzung stellt ein be- In diesem Zusammenhang traf er am „Euthanasie“-Apparat ergriffen habe trübliches Kapitel des Faches dar“ [26, 14.06.1946 im hessischen Dillenburg auf [40,S.5].DerBerichtLeoAlexanders S. 25].

Der Nervenarzt Leitthema

wissenschaftliche Arbeitsgebiete. Ande- dererseits sollten diese auch der Verifi- rerseits sei es „wahrscheinlich, daß bei zierung der „Indikation“ für die Eutha- der dokumentarisch gut belegten engen nasie dienen. In diesem Kontext wur- Zusammenarbeit zwischen dem Görde- de „medizinisches Forschungsinteresse ner Direktor Heinze und Hallervorden zum Selektionskriterium“. Hallervorden Wünsche auf Überlassung an die Tö- nahm durch sein besonderes Interesse an tungsärzte herangetragen wurden“ [28, denUrsachenkindlichenSchwachsinns S. 166]. Einfluss auf die Selektion der Kinder [33, Im Jahr 2005 hat Peiffer unter dem S. 147]. Titel „Wissenschaftliches Erkenntnisstre- ben als Tötungsmotiv?“ eine dezidier- Medizinisches For- te Analyse umfangreicher Archivbestän- » de, insbesondere der ca. 30.000 erhal- schungsinteresse wurde zum tenen Krankenakten von „Euthanasie“- Selektionskriterium Opfern im Bundesarchiv Berlin vorge- legt. Dabei hat er bei den über 1000 Fällen Peiffer stellt sich am Ende seiner Ana- von Tötungsopfern, bei denen das Ge- lyse nochmals die Frage, ob es Tötun- hirn zu neuropathologischen Untersu- genauswissenschaftlichemInteressegab. chungen (überwiegend am Berliner KWI Neuropathologische Forschungsinteres- 8 Abb. 7 Hans Heinze. (Bildquelle: Bundesar- für Hirnforschung) entnommen worden sen, so sein Resümee, spielten allenfalls chiv Berlin/Lichterfelde; B 162 Bild-00638, mit freundl. Genehmigung) war, überprüft, ob sie Hinweise auf Ein- bei der „Kinder-Euthanasie“ eine gewis- flussnahme von Neurologen und Psych- se Rolle und dies zunächst vor allem iatern auf die Selektion (und damit Tö- im Arbeitsbereich von Heinze, der mit Es stellt sich indes die Frage, in wel- tung) enthielten. Auch hier war der ho- HallervordeninengemKontaktstand. cher Form Hirnforschung und „Eutha- he Anteil von Diagnosen, die den For- Der zuerst „in Berlin-Buch vernehm- nasie“ zusammenhingen. In einer Jubi- schungsinteressen von Hallervorden und bare Ruf nach einer umfassenden kli- läumsschrift zur Kaiser-Wilhelm-/Max- Heinzeentsprachen,signifikant,was„mit nischen, photographisch dokumentier- Planck-Gesellschaft unter dem Titel hoher Wahrscheinlichkeit für eine Ein- ten Untersuchung der für eine Sektion „Forschung im Spannungsfeld von Poli- flußnahme dieser Wissenschaftler“ spre- vorgesehenen Opfer und einer patholo- tik und Gesellschaft“ hieß es noch 1990 che [31, S. 4]. Zu den am 28.10.1940 gisch-anatomischen Analyse von deren lapidar: Getöteten hat er 44 Akten gefunden. Be- Gehirnen fand ein wirkliches Echo nur sonderheiten in den Krankengeschichten in Heidelberg-Wiesloch bei Carl Schnei- DiemassenhafteTötungvonGeistes- dokumentierten, dass diese Kinder seit der (1891–1946), wie die wissenschaft- kranken öffnete auch der hirnanatomi- längerer Zeit zur Tötung feststanden. An lich weniger fundierten Befundberichte schen Abteilung des KWI für Hirnfor- anderer Stelle wird weniger zurückhal- aus anderen Anstalten belegen.“ Letzt- schung neue Forschungsmöglichkeiten tend kommentiert: endlich verweist Peiffer auch hier auf den [56, S. 396]. bereits mehrfach angeführten Diagnose- Entgegen den üblichen Verfahren der „Ak- Es ist das Verdienst von Jürgen Peif- vergleich und die daraus zu folgernden tion T4“ wurde also diese minderjährige fer, bezüglich der Rekonstruktion der Zusammenhänge [31,S.45ff.]. Opfergruppe unter Vorgabe wissenschaft- Vorgänge Pionierarbeit geleistet zu ha- Angesichts dieser völlig „entgrenz- licher Forschungsinteressen überhaupt ben. So hat er die noch auffindbaren ten“ Forschungslandschaft ist es über- erst zusammengestellt [54, S. 554]. Befundunterlagen des Berliner KWI raschend, wie wenige Publikationen für Hirnforschung ausgewertet, um der Fürweitere Transporte GördenerKin- aus den Untersuchungsbefunden der Frage nachzugehen, ob die Instituts- der in die Tötungsanstalt Brandenburg „Euthanasie“-Opfer hervorgingen. Peif- leitung Einfluss auf „die Auswahl zu sind Sektionsprotokolle und Krankenge- fer hat für die Abteilung Hallervorden Tötender“ ausgeübt habe. Kriterium war schichten erhalten, die ähnliche Merk- am Berliner KWI ganze 25 ermittelt, das Diagnosespektrum. Dabei resümiert male der Diagnose aufweisen [6]. Rei- von denen die überwiegende Mehr- Peiffer, es „überwiegen bei weitem Fälle cherdt kommt in ihrer Untersuchung zu heit (18!) erst zwischen Kriegsende und des wissenschaftlichen Interessengebie- den „Gördener Forschungskindern“ zu 1959 entstanden ist [27]. (Zur For- tes Hallervordens“ wie Schwachsinn, dem Fazit, dass sich „Euthanasie“ und schung an Opfergehirnen an der Deut- zerebrale Kinderlähmung, Epilepsien medizinische Forschung in ihrer Ziel- schen Forschungsanstalt für Psychiatrie und frühkindliche Hirnatrophien. Als setzung aufeinander bezogen. Einerseits in München s. [50]; zu entsprechen- Begründung hierfür macht Peiffer infor- stellte das durch die Tötungsaktionen zur den Forschungen in Österreich vgl. die melle Zusammenhänge aus. So hätten Verfügung stehende „menschliche Un- zahlreichen Studien von Herwig Czech einige der Tötungsärzte bei Hallervor- tersuchungsmaterial“ die Basis für neu- [15–18]). den hospitiert und kannten daher dessen ropathologische Forschungen dar. An-

Der Nervenarzt Die wissenschaftliche Leitung lag bei Julius Hallervorden, die militärische Leitung bei Bernhard Patzig. In der Sonderstelle wurde das von den Hee- respathologen eingehende Material Abb. 8 9 Schreiben untersucht; ferner wurden hier die Hallervordens vom Sektionen des Reservelazaretts 127 09.03.1944. (Bild- für Kopfschussverletzte durchgeführt quelle: [7]) und die dort anfallenden Präparate bearbeitet. 4 Anfang 1940 wurde im KWI für Hirnforschung auf Initiative der Sa- nitätsinspektion der Luftwaffe die „Außenabteilung für Gehirnfor- schung“ des Luftfahrtmedizinischen Forschungsinstituts des Reichsluft- fahrtministeriums unter Leitung von Spatz eingerichtet. Ihr Forschungs- schwerpunkt lag auf den gedeckten und offenen Verletzungen des Ge- hirns. 4 Als dritter militärischer Komplex trat 1941/42 die „Forschungsstelle für Hirn-, Rückenmark- und Ner- venverletzte“ unter der Leitung von Wilhelm Tönnies hinzu [40,S.35ff.].

Diese militärische Überformung der zivilen Strukturen des KWI für Hirnfor- Abb. 9 8 Rundschreiben Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfas- schung trug einerseits zur Bestandssiche- sung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden vom 11.04.1944. Be- rung dieser Forschungseinrichtung bei. trifft: Überlassung von Gehirnen zu Forschungszwecken. (Bildquelle: Andererseits jedoch führte sie zu einer http://ns-opfer-nt. jimdo.com/euthanasie-morde/kinder-euthanasie/ (Co- Verschiebung der Forschungsschwer- pyrighthinweis: Deutsche Wikipedia, hochgeladen von Scheurebe 2000, Lizenz: Public Domain, gemeinfrei)) punkte. Nach van den Bussche hat sich „die Psychiatrie als Vorreiterin einer erbbio- Ressourcen füreinander? der „Ressourcen“ bezog sich zwar zum logisch-rassenhygienischen Fundierung einen auf finanzielle Mittel und Positio- der Wissenschaft betätigt und insofern Mitchell Ash hat vorgeschlagen, Politik nen bzw. Sozialprestige, aber eben auch (zunächst) mit dem NS-Regime aktiv ko- undWissenschaftals„Ressourcenfürein- auf Forschungsinhalte. operiert“, wohingegen es der Neurolo- ander“ zu betrachten, um die traditionel- Insbesondere der Kriegsausbruch hat- gie weitgehend gelungen sei, „auf Dis- le Sichtweise einer Trennung von „inter- te massive Auswirkungen auf die For- tanz zum NS-Regime zu bleiben und nen“und„externen“Faktorenderwissen- schung, und das Modell der „Ressour- die klassischen wissenschaftlichen Stan- schaftlichen Entwicklung bzw. Program- cen füreinander“ wird in seiner erklären- dards weiter zu pflegen“ [12, S. 90]. An matik zu überwinden [2, 3]. Ash schlägt denFunktionnochoffensichtlicher.Auch anderer Stelle verweist er auf das zu- vor, dass diese Beziehungsgeschichte als am KWI für Hirnforschung kam es zur nehmende„Prestigeproblem“derPsychi- die Geschichte einer „Korrumpierung“ „Überformung der zivilen durch militä- atrie insbesondere nach 1939, bedingt von „reiner Wissenschaft“ durch eine ihr rische Strukturen“ [40,S.35]AmInstitut durchdieAuswirkungendesKriegesbzw. wesensfremde „Ideologie“ nicht mehr er- entstand eine militärische Parallelstruk- die „Euthanasie“-Aktionen. So habe et- zählbarist.Vielmehrgeltees,geradediese tur, bestehend aus drei Komplexen: wa Max Nonne 1942 einen negativen lang tradierte Redeweise selbst auf ih- 4 Die „Sonderstelle zur Erforschung Zusammenhang zwischen der „Eutha- re historische Funktion hin zu überprü- der Kriegsschäden des Zentralner- nasie“ und dem Prestige des ärztlichen fen [4, S. 283]. Tatsächlich kam es zu vensystems“ der Militärärztlichen Berufs hergestellt. In einem Gutachten „Aushandlungsprozessen zwischen Wis- Akademie wurde zu Beginn des für den Hamburger Gesundheitssenator, senschaftundPolitik“.UndderBegriff Zweiten Weltkrieges eingerichtet.

Der Nervenarzt Leitthema das prinzipiell die „Kinder-Euthanasie“ Deutscher Neurologen und Psychiater logischen Kenntnisse verlangt, und der befürwortete, schrieb er: (die kurzfristig abgesagt wurde) entwi- Prüfungsabschnitt XIII (,Irrenheilkun- ckelte er die „Zukunftsvision einer von de‘) war den Psychiatern vorbehalten.“ Es ist in Deutschland seit 1 1/2 Jahren der Psychiatrie bewirkten Kopernikani- Als Anfang 1940 der Lehrstuhlinhaber schon aktiv vorgegangen worden. Dies schen Wende des Menschenbildes“. In für Psychiatrie an der Charité, Max hat in weiten Kreisen erhebliche Beun- seinen weiteren Ausführungen kritisierte de Crinis, auch den Posten des Refe- ruhigung hervorgerufen. In erster Linie Carl Schneider die angebliche Borniert- renten für Fragen der medizinischen auch in den Kreisen der Psychiater (...) heit derjenigen, die die psychiatrische Ausbildung im Reichswissenschaftsmi- und es besteht die Möglichkeit bzw. die Tätigkeit in Anbetracht der erwarteten nisterium übernahm, „nutzte er diese Gefahr, daß die Öffentlichkeit die Psych- Erfolge der erbbiologisch-rassenhygie- Position, um die Neurologie in der ärztli- iater mit Misstrauen und als „Henker“ nischen Programmatik als „geradezu chen Ausbildung weiter klein zu halten.“ ihrer Krankheit betrachtet und bezeich- unnötig und unzeitgemäß“ ansahen [13, De Crinis verstand sich als Vertreter net (Denkschrift von Prof. Dr. Nonne für S. 143]. Dieses „Schlüsseldokument der einer „naturwissenschaftlichen“, anato- Senator Ofterdinger, zit. nach [13, S. 136]. Psychiatriegeschichte“ [41]istauchein misch begründeten Psychiatrie und war Tatsächlich sind derartige Äußerun- zentraler Gegenstand der Kritik van den schon deswegen ein Gegner jeglicher gen auch von anderer Seite nachweisbar. Bussches an Schmuhl. Verselbständigung der Neurologie. Da- In der Briefedition von Jürgen Peiffer fin- Van den Bussche setzt das Theo- rüber hinaus waren rassenhygienische den sich mehrere Zitate des Psychiaters rem der „Ressourcen füreinander“, das Überlegungen der wichtigste Grund für Kurt Schneider (1887–1967), der seit Schmuhl auf die Gesellschaft Deutscher de Crinis, sich gegen eine Trennung von 1931 Leiter der Klinischen Abteilung Neurologen und Psychiater (GDNP) in Neurologie und Psychiatrie in den Fakul- des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Psy- ihrem Verhältnis zum nationalsozialis- täten und somit in der Ausbildung der chiatrie (heute Max-Planck-Institut für tischen Staat bezieht, mit einer „Win- Medizinstudierenden auszusprechen. In Psychiatrie)und gleichzeitigChefarztder Win-Situation“ gleich. Daher kommt er der Bestallungsordnung vom 28.12.1942 Psychiatrischen Abteilung am Schwabin- zu dem Schluss, dieses Bild habe für wurde der Prüfungsabschnitt XIII nun- ger Krankenhaus in München war. Unter die Neurologie von Anfang des Natio- mehr als „Psychiatrie und Neurologie“ dem Eindruck der seit 1939 anlaufen- nalsozialismus an nicht gestimmt. Und betitelt und sollte „ganz den Psychia- den Tötungsaktionen in den deutschen weiter heißt es: „Auch für die Psychiatrie tern vorbehalten bleiben“. Obwohl „die psychiatrischen Kliniken und Anstal- muss man anstatt von einer Win-Win- Häufigkeit neurologischer Kriegsver- ten schrieb Schneider am 30.12.1940 am Ende von einer Win-Lose-Situation letzungen die der psychiatrischen weit an den Freiburger Neurologen Richard sprechen: Win für das NS-Regime, Lose übertraf“, blieb es bis Kriegsende „bei Jung (1911–1986): „Die Entwicklung für eine Psychiatrie, die Wissenschaft der de facto Nichtpräsenz der Neurolo- derPsychiatriebedeutet(für)mich(...) als Hilfsmittel zur Ermordung ihrer gie in der ärztlichen Ausbildung“ ([14, das Ende des Faches und des Standes. Patienten begriff und sich dabei selbst S. 173 f.]; vgl. dazu ausführlich: [11]). Esistfastunwürdig,jetztnochwis- wissenschaftlich und gesellschaftlich in senschaftlich über Psychiatrie zu reden den Abgrund manövrierte, sich selber Forschungssysteme sind (...).“ Und an den Philosophen Nicolai deprofessionalisierte“ [13, S. 164]. » Hartmann: „Wissenschaftliche Psychia- Das zunehmend schlechte Ansehen von einer Vielzahl von Faktoren trie gibt es kaum mehr. Sie kommt und der Psychiatrie kontrastiert indes mit der geprägt geht mit der Humanität“ (06.09.1942). StärkungdesFachesaufinstitutioneller, „Was soll Psychiatrie in solchen Sturm- bildungs- wie forschungspolitischer Ebe- Doch widerspricht die von van den Bus- und Notzeiten? Alle Jüngeren wenden ne. Die Fachgesellschaft GDNP wurde sche konstatierte „Selbstdeprofessiona- sich der Neurologie zu, soweit überhaupt von Psychiatern dominiert und sowohl lisierung“ tatsächlich dem Ressourcen- noch wissenschaftlicher Trieb besteht“ die „Bestallungsordnung für Ärzte“ als modell? Laut Ash sollte die spezifische (04.04.1943; zit. nach [30, S. 109]). auch die neue Studienordnung für Me- Position der Wissenschaft in einem be- Allerdings war Kurt Schneider – dizin (beide aus dem Jahr 1939) stärkten stimmten politischen System im Sinne ganz im Gegensatz zu Carl Schneider die Position der Psychiatrie. In „dieser einer „Um- oder Neugestaltung des Res- (1891–1946), dem Leiter der Psychiatri- fundamentalen Reform der Studien- sourcenensembles“ verstanden werden. schen Universitätsklinik in Heidelberg und der Prüfungsordnung“, so resü- Daher reiche es nicht aus, etwa nach dem bis 1945 – ein Gegner des Nationalsozia- miert van den Bussche selbst, „kam Einfluss einer bestimmten „Ideologie“ zu lismus. Besagter Carl Schneider vertrat das Fach Neurologie nicht vor. Weder fragen.VielmehrseiendiejeweiligenFor- explizit die nationalsozialistische For- war ein entsprechendes Praktikum zu schungssysteme von einer Vielzahl öko- schungsprogrammatikderPsychiatrie.In absolvieren, noch wurde das Fachgebiet nomischer, institutioneller oder techni- dem erhaltenen Redemanuskript seiner explizit unter den Prüfungsgegenstän- scher Faktoren geprägt, wobei Ressour- „Schlussbemerkungen“ der Würzbur- den aufgeführt: im Prüfungsabschnitt V cen „finanzieller (...) kognitiver, appa- ger Jahrestagung 1941 der Gesellschaft (Innere Medizin) wurden keine neuro-

Der Nervenarzt rativer, personeller, institutioneller oder 13. Bussche H van den (2015b) Personalprobleme, Einhaltung ethischer Richtlinien Disziplinkrise und Selbstdeprofessionalisierung rhetorischer Art“ sein können [3, S. 32]. der Psychiatrie im Nationalsozialismus. Schriftenr DerimZugedessog.NS-Berufsbeam- Interessenkonflikt. M. Martin, A. Karenberg und DtschGesGeschNervenheilkd21:127–169 tengesetzes vom 07.04.1933 eingeleite- H. Fangerau geben an, dass kein Interessenkonflikt 14. BusscheHvanden(2015c)Deprofessionalisierung bis zum bitteren Ende. Max de Crinis und die te „personelle Ressourcenaustausch“ fiel besteht. Die Arbeit an diesem Beitrag wurde durch die DGN finanziell unterstützt. erzwungene Unselbständigkeit der Neurologie in den diversen Instituten höchst un- als Prüfungsfach. Schriftenr Dtsch Ges Gesch Nervenheilkd21:171–175 terschiedlich aus (vgl. dazu auch den Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren 15. Czech H (2002) Forschen ohne Skrupel. Die wis- durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Beitrag „Neurologie und Neurologen in senschaftliche Verwertung von Opfern der NS- Psychiatriemorde in Wien. In: Gabriel E, Neuge- der NS-Zeit: Voraussetzungen und Rah- The supplement containing this article is not spon- bauer W (Hrsg) Von der Zwangssterilisierung zur menbedingungen vor und nach 1933“ sored by industry. Ermordung. Zur Geschichte der NS-Euthanasie in von Martin, Karenberg und Fangerau WienTeilII.Böhlau,Wienu.a.,S143–163 in diesem Sonderheft von Der Nerven- 16. Czech H (2012) Nazi „Euthanasia“ crimes in World arzt). Trotz der zahllosen Vertreibun- WarIIAustria.HolocaustHistMem5:51–73 Literatur 17. Czech H (2014) Abusive medical practices on gen und der tragischen Einzelschicksale: „euthanasia“ victims in Austria during and after Wichtiger für das vorliegende Thema sei 1. Aly G (2013) Die Belasteten. „Euthanasie“ World War II. In: Rubenfeld S, Benedict S (Hrsg) 1939–1945. Eine Gesellschaftsgeschichte. 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Der Nervenarzt Leitthema

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