Ornithologisches Fachgutachten zum geplanten WEA-Standort (Rhein-Hunsrück-Kreis)

erstellt vom BFL Büro für Faunistik und Landschaftsökologie

im Auftrag der kreuzberger & spengler regenerative energie, GmbH & Co KG

Bingen am Rhein, den 20.02.2018

Auftragnehmer: Büro für Faunistik und Landschaftsökologie Dipl.-Ing. Thomas Grunwald Gustav-Stresemann-Straße 8 55411 Bingen am Rhein Tel. 06721-30886-10 [email protected]

www.faunistik-landschaftsoekologie.de

Leitung: Dipl.-Ing. Thomas Grunwald B. Sc. Max Freuck

Bearbeitung: Dipl.-Ing. Thomas Grunwald Dipl.-Ing. Silke Beining M. Sc. Lena Boettge M. Sc. Gary Cress B. Sc. Max Freuck

Auftraggeber: kreuzberger & spengler regenerative energie, GmbH & Co KG Rosenweg 8 78655 Dunningen-Seedorf

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ...... 1 2 Methode und Bewertungsgrundlage ...... 3 2.1 Erfassungsmethoden ...... 3 2.1.1 Brutvögel ...... 3 2.1.2 Herbstzug ...... 5 2.1.3 Kranichzug ...... 6 2.1.4 Datenrecherche ...... 7 2.2 Bewertungsgrundlagen ...... 7 2.2.1 Artenschutzrechtliche Grundlagen ...... 7 2.2.2 Grundlagen der Bewertung von möglichen BeeinträchtigungenFehler! Textmarke nicht definiert. 2.2.3 Bewertungskriterien des allgemeinen Vogelzuges ...... 12 3 Ergebnisse und Bewertung ...... 16 3.1 Brutvögel ...... 16 3.1.1 Windkraftsensible Arten ...... 18 3.2 Nicht windkraftsensible Brut- und Gastvögel ...... 26 3.3 Ergebnisse der Zugvogelzählung ...... 30 3.3.1 Herbstzug ...... 30 3.3.2 Kranichzug ...... 32 4 Fazit der Konfliktanalyse ...... 33 5 Literatur ...... 34 6 Anhang ...... 0

Anhang: Karte 1: Vorkommen windkraftsensibler Brutvögel im 3.000-m- Radius Karte 2: Vorkommen nicht windkraftsensibler Brutvögel im 500-m- Radius

Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel

1 Einleitung Das Büro für Faunistik und Landschaftsökologie wurde 2016 von der Firma kreuzberger & spengler regenerative energie GmbH & Co KG beauftragt, das Konfliktpotenzial "Vögel und Windenergieanlagen" (WEA) in der Gemarkung der Gemeinde Oberwesel (Rhein-Hunsrück Kreis) im Rahmen der Planung von ursprünglich zwei WEA zu untersuchen. Im Februar 2018 wurde die Planung auf eine WEA reduziert. Da 2016 ein größerer Raum untersucht wurde, wird dieser trotz reduzierter Anlagenplanung weiterhin in den Karten visuell dargestellt.

Die WEA (Planungsstand: Februar 2018) ist östlich der A61 im Wald zwischen den Gemeinden Birkheim und geplant (siehe Karten 1 und 2). Das nachfolgend beschriebene Untersuchungsgebiet für die Brutvogelerhebungen umfasst die ursprüngliche Standortplanung von zwei geplanten Standorten (vgl. Karte 1) sowie die umliegenden Bereiche in einem Radius von 500 m (Kernbereich). Planungsrelevante Großvögel (z. B. Rotmilan) wurden gemäß VSW & LUWG (2012) in einem Umkreis von 3 bzw. 4 km um die Standorte erfasst. Der Kernbereich des Untersuchungsgebietes (UG) liegt vollständig innerhalb eines großen zusammenhängenden Waldgebietes. Allerdings befindet sich gerade der zentrale Teil um die geplante Anlagen auf großen Kahlschlagflächen, sodass es auch offene Bereiche gibt. Der Wald besteht überwiegend aus Nadelforstflächen mit nur wenigen eingestreuten Mischwaldparzellen und geringem Altholzanteil. Nördlich der WEA O IV 1 befinden sich im Bereich eines dort entspringenden Quellbaches vernässte Waldflächen. Der 3-km-Radius um die geplanten WEA besteht zu etwa Dreiviertel aus Wald und einem Viertel aus landwirtschaftlich genutztem Offenland um die Ortschaften Birkheim, , , und Wiebelsheim und wird von mehreren Bächen wie dem Weyer-Bach, dem Giersbach und dem Ballerbach durchzogen. Von Nordwesten nach Süden wird das UG durch die A61 und eine annähernd parallel dazu verlaufende Stromtrasse durchschnitten. In ca. 300 m Entfernung nördlich, östlich und südlich des geplanten WEA-Standortes befindet sich das EU-Vogelschutzgebiet Nr. 5711-401 „Mittelrheintal“. Als Zielarten werden u. a. Schwarzstorch, Haselhuhn, Rotmilan, Schwarzmilan, Wanderfalke und Uhu genannt. Naturräumlich betrachtet gehört das Plangebiet der Hunsrückhochfläche an, genauer der Nordöstlichen Hunsrückhochfläche und ist somit eine Untereinheit des großflächigen Naturraums Hunsrück. Windenergieanlagen können unter Voraussetzung einer sorgfältigen Standortplanung und ggf. Kompensation nicht vermeidbarer anlagenbedingter Beeinträchtigungen von Mensch und Natur einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Energieerzeugung leisten (BFN 2000). Die Notwendigkeit einer eingehenden Prüfung der Standorte aus Sicht des Naturschutzes ergibt sich insbesondere aus den potenziellen negativen Auswirkungen der Anlagen auf die Fauna (insb. Avifauna) sowie auf das Landschaftsbild. Eine Studie von HÖTKER et al. (2004) und zahlreiche andere Untersuchungen (z. B. REICHENBACH ET AL. 2004, STÜBING 2001, UMWELT- UND ENERGIEMINISTERIUM DÄNEMARK 1995) belegen, dass unter bestimmten Voraussetzungen bzgl. des Vogelzuges sowie der Beeinträchtigung bestimmter Brut- oder Rastvogelarten ein gewisses Konfliktpotenzial bestehen kann (siehe Kap. 4). Die in diesem Gutachten dargestellten avifaunistischen Erfassungen und Bewertungen entsprechen den folgenden artenschutzfachlichen, rheinland-pfälzischen Vorgaben:

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- „Naturschutzfachlicher Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland- Pfalz“. Veröffentlichtes Gutachten von der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (VSW & LUWG 2012). - „Leitfaden Raumnutzungsanalyse Rotmilan Untersuchungs- und Bewertungsrahmen für Windenergieplanungen“. Herausgegeben von der AG fachliche Standards, ISSELBÄCHER ET AL. (in Vorb.) - Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt Landwirtschaft und Ernährung, Weinbau und Forsten (MULEWF) vom 12.06.2015 zu Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten.

Anhand einer qualitativen und quantitativen Erfassung der Brutvögel im Jahr 2016 folgte eine Einschätzung dieses Konfliktpotenzials für das geplante Gebiet (Tab. 1).

Tab. 1: Übersicht zum Umfang der durchgeführten Untersuchungen in 2016. Jahr Brutvögel Windkraftsensible Horstkartierung (Schwarzstorch- Zugvögel allgemein Brutvogelarten RNA, s. u.) 2016 x x x x x

Weitere Daten benachbarter WEA-Planungen aus 2016 und vergangenen Jahren liegen vor und wurden in der Bewertung mit berücksichtigt.

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2 Methode und Bewertungsgrundlage

2.1 Erfassungsmethoden Der Aufwand zur Erfassung der Avifauna richtete sich im Wesentlichen nach dem „Naturschutzfachlichen Rahmen zum Ausbau der Windenergie in Rheinland-Pfalz“ herausgegeben von VSW & LUWG (2012). Im Einzelnen wurden folgende Methoden angewandt:

2.1.1 Brutvögel

Im Radius von 500 m (=“Kernbereich“): - qualitative Erfassung aller Brutvögel - quantitative Revierkartierung aller nach BNatSchG § 7 streng geschützten, bzw. Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützten Arten und Rote Liste Arten gemäß der RL RLP SIMON ET AL. 2014 (s. Karte 3)

Im Umkreis bis 1.000 m: punktuelle Erfassung mit Klangatrappe bzgl. möglichem Haselhuhnvorkommen im Bereich der Windbruchflächen im Rahmen der Brutvogelbegehungen, Datenrecherche bei Herrn Hans, zuständiger Revierförster wegen dem möglichen Vorkommen von Haselhühnern

Im Umkreis bis 1500 m Entfernung: - Kartierung vorjähriger Großvogelhorste in Altholzbeständen

Im Radius bis 3.000 m: - Erfassung von Großvögeln und deren Brutplätzen, bes. von WEA-sensiblen Arten

Im jeweils artspezifischen Prüfbereich (hier insbesondere Rotmilan, 4.000 m): - Datenrecherche (Recherche im Internet, zudem Datenabgleich mit Kartierungen für benachbarte WEA-Planungen) - Begutachtung hinsichtlich Nahrungshabitaten windkraftsensibler Arten

Nicht windkraftsensible Arten Im Umkreis von etwa 500 m um den geplanten Anlagenstandort (ursprünglich zwei WEA, daher vergrößerter Untersuchungsraum, vgl. entsprechende Textpassage in der Einleitung) wurde eine qualitative Erfassung aller Brutvogelarten durchgeführt. Im Rahmen dieser Untersuchungen fand außerdem eine quantitative Revierkartierung von nach BNatSchG § 7 streng geschützten bzw. nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützten Arten statt (siehe Karte 2). Dabei wurde generell nach den Empfehlungen von SÜDBECK ET AL. (2005) vorgegangen. Diese beinhalten u. a. auch Horst- und Bruthöhlenkartierungen vor der eigentlichen Brutsaison.

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Windkraftsensible Arten Der Schwerpunkt der Brutvogelkartierung lag auf der Erfassung von windkraftsensiblen und somit planungsrelevanten Arten gemäß der Einstufung von VSW & LUWG (2012) wie z. B. Schwarzstorch und Rotmilan. Die Untersuchung dieser Arten erfolgte sowohl im näheren Umfeld des geplanten Anlagenstandortes als auch – in Abhängigkeit der jeweiligen artspezifischen Aktionsräume – in der weiteren Umgebung bis ca. 3 km Entfernung. Dazu wurden der Standortbereich sowie die weitere Umgebung an den späten Vormittagsstunden oder am Nachmittag von erhöhten Geländepunkten aus observiert (Tab. 2). Bei Brutvorkommen relevanter Vogelarten innerhalb des empfohlenen Mindestabstandes zu den geplanten WEA sollen gemäß der Empfehlung von VSW & LUWG (2012) spezielle Raumnutzungsanalysen (RNA) durchgeführt werden. Vom Schwarzstorch war ein Brutvorkommen in der Nassen Struth aus 2015 (und früheren Jahren) innerhalb des Mindestabstandes (3.000 m Radius) um die geplanten Standorte der WEA bekannt. Insofern wurde im Rahmen der Kartierungen für diese Planung eine spezielle Raumnutzungsanalyse mit einem Begehungsaufwand von 8 h pro Termin gemäß VSW & LUWG (2012) für diesen Brutplatz begonnen. Der bekannte Horst war 2016 jedoch nicht besetzt und es konnten auch an anderer Stelle keine revieranzeigenden oder balzenden Schwarzstörche innerhalb des 3-km-Radius nachgewiesen werden, weshalb die Raumnutzungsanalyse abgebrochen wurde (vgl. Tab. 2). Brut- bzw. Reviervorkommen weiterer windkraftsensibler Brutvogelarten innerhalb der Mindestabstände wurden 2016 ebenfalls nicht nachgewiesen (Schwarzstorch-Brutpaar außerhalb 3 km bei , Rotmilan-Brutpaar 2,6 km entfernt). Insofern waren für diese Brutpaare keine speziellen Raumnutzungsanalysen erforderlich. Hinsichtlich der Überprüfung möglicher Haselhuhnvorkommen wurden z.T. Klangattrappen im 500 m bis 1.000 m Radius eingesetzt.

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Tab. 2: Zeiten und Methoden der Brutvogelerfassung im Gebiet Oberwesel 2016. Brutvögel Beobachtu windkraftsensible lfd. allgemein Schwarzstorch- Horst- ngszeit Datum Großvögel Nr. 500-m- RNA suche RNA und 3.000-m-Radius Radius Großvögel 1 30.03.2016 x x x x 4 2 06.04.2016 x x x x 8 3 15.04.2016 x x 5 4 18.04.2016 x x 5 5 19.04.2016 x x x 11,5 6 06.05.2016 x x 8 7 10.05.2016 x x x 8 Kein Brutnachweis in Nasser Struth 8 22.05.2016 x bzw. im 5

weiteren 3 km Radius, somit Abbruch 9 27.05.2016 x 6 10 11.06.2016 x x 6 x, Kontrolle bekannter 11 23.06.2016 x x Brutplätze 6,5 12 27.06.2016 x 7 13 25.07.2015 x 4,5 14 27.07.2016 x 6 15 01.08.2016 x 8 16 08.08.2016 x 7,75 Summe 3 Termine 16 Termine 11 Termine 5 Termine 106,25

2.1.2 Herbstzug

Für den geplanten Standort wurde in 2016 eine Herbstzugzählung durchgeführt. Insgesamt kamen sieben Terminen mit wertbaren Zählungen zustande. Der Zählstandort war nahe des Wasserbehälters bei Badenhard, da von dort die beste Übersicht auf das Plangebiet und die Umgebung gegeben war. Die Zählungen fanden nur bei geeigneten Witterungsbedingungen in den ersten 4 h nach Sonnenaufgang, dem intensivsten Zeitraum des bodennahen Tageszuges, statt. Darüber hinaus liegen Informationen aus diversen benachbarten Zugvogelzählungen im Hunsrück vor und der weiteren Region vor. Es liegen folglich hinreichende Daten zur Konflikteinschätzung vor.

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Tab. 3: Termine der systematischen, standardisierten Zugvogelzählungen 2016.

Jahr Zähltermine

2016 21.9. 27.9. 05.10. 13.10. 26.10. 28.10. 04.11.

2.1.3 Kranichzug

Zur Bewertung des Kranichzuges bzw. möglicher Konfliktpotenziale werden zahlreiche vorliegende Daten aus dem Hunsrück (i. d. R. im Rahmen des sog. „Kranichmonitorings“ und im Zuge weiterer regionaler Windkraftplanungen erhoben) sowie die diversen allgemeinen Erkenntnisse zum Kranichzug (Band „Die Vogelwelt von Rheinland-Pfalz“, DIETZEN et al. 2015/2016, eigene Daten) in Rheinland-Pfalz ausgewertet, welche insgesamt eine belastbare Aussage für den zur Rede stehenden Bereich zulassen. Es liegen Daten seit 2009 bis 2016 für den betrachteten Raum bzgl. des Kranichzuges vor.

2016 wurden im Rahmen der Untersuchungen spezielle Zählungen des Kranichzuges im Herbst durchgeführt, da sich der Planungsbereich am südlichen Rand eines Hauptdurchzugskorridores des Kranichs in Rheinland-Pfalz befindet (Naheraum). Auf Basis von maßgeblichen Witterungsbedingungen (Rückenwind, geeignete Temperatur, Sichtbedingung) und z.T. über Vorpostenmeldungen durch ein hessisches Gutachterbüro (BFF Korn und Stübing, Linden) bzw. Datenrecherche auf der Internetplattform www.ornitho.de wurden die Erfassungstermine gezielt auf prognostizierte Massenzugtage gelegt (Tab. 7). So konnte der Anteil der durchziehenden Kraniche am Standort durch Zählung ermittelt werden. Bei anhaltendem nächtlichem Durchzug wurden Daten aus www.ornitho.de für die Interpretation des Zugverlaufes am Planungsstandort miteinbezogen.

Tab. 4: Termine der systematischen Kranichzählung im Herbst 2016. Jahr Zähltermine Herbst 2016 04.10. 31.10. 01.11. 13.11.

Zur Bewertung des Kranichzuges bzw. möglicher Konfliktpotenziale werden zahlreiche vorliegende Daten aus der Region (i. d. R. im Rahmen des sog. „Kranichmonitoring“ und im Zuge weiterer regionaler Windkraftplanungen erhoben) sowie die diversen allgemeinen Erkenntnisse zum Kranichzug (Band „Die Vogelwelt von Rheinland-Pfalz“, DIETZEN ET AL.

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2015, eigene Daten) in Rheinland-Pfalz ausgewertet, welche insgesamt eine belastbare Aussage für den zur Rede stehenden Bereich zulassen.

2.1.4 Datenrecherche

Es wurden Befragungen des Revierförsters Herr T. Hans (Staatsforst Oberwesel) wegen des Vorkommens von Schwarzstorch und Haselhuhn persönlich und per email durchgeführt. Auch Herr Guido Kohn, Hausverwalter des Privatwaldbesitzes (Waldeigentümer Herr Konrad Jost) wurde bezüglich des Vorkommens relevanter Arten wie Schwarzstorch befragt. Darüber hinaus wurden die üblichen Datenquellen wie ArteFakt, Artenfinder, ornitho.de, LANIS etc. (vgl. Kap.3) und zusätzlich Daten aus den zurzeit in Bearbeitung befindlichen und z. T. bereits veröffentlichten Bänden von „Die Vogelwelt von Rheinland-Pfalz“ (DIETZEN ET AL. 2015 [Band 1 und 2], 2016 [Band 3], sowie unveröffentlicht) begutachtet. Auch der Kreisverwaltung bereits bekannte Ergebnisse aus eigenen Avifauna- Untersuchungen für benachbarte, weitere WEA-Planungen (2016 und früher: WEA-Planung , Wiebelsheim) aus der Umgebung wurden mit ausgewertet.

2.2 Bewertungsgrundlagen

2.2.1 Artenschutzrechtliche Grundlagen

Zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten vor Beeinträchtigungen durch den Menschen sind auf gemeinschaftsrechtlicher und nationaler Ebene umfangreiche Vorschriften erlassen worden. Europarechtlich ist der Artenschutz in den Artikeln 12, 13 und 16 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen vom 21.05.1992 – FFH-Richtlinie – (ABl. EG Nr. L 206/7) sowie in den Artikeln 5 bis 7 und 9 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten vom 02.04.1979 – Vogelschutzrichtlinie – (ABl. EG Nr. L 103) verankert. Aufgrund der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Urteil vom 10.01.2006 (C-98/03) wurde das Bundesnaturschutzgesetz zum 15.09.2017, in Kraft getreten am 01.03.2010, geändert. Alle Gesetzeszitate beziehen sich im Folgenden – falls nicht anders angegeben – auf diese Neufassung vom 15.09.2017. Der Bundesgesetzgeber hat durch die Neufassung der §§ 44 und 45 BNatSchG die europarechtlichen Regelungen zum Artenschutz, die sich aus der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie ergeben, umgesetzt. Dabei hat er die Spielräume, die die Europäische Kommission bei der Interpretation der artenschutzrechtlichen Vorschriften zulässt, rechtlich abgesichert. Die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 sind folgendermaßen gefasst: "Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

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2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören."

Diese Verbote werden um den für Eingriffsvorhaben relevanten neuen Absatz 5 des § 44 ergänzt: Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1. das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,

2. das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,

3. das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.

Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor. Entsprechend obigem Absatz 5 gelten die artenschutzrechtlichen Verbote bei nach § 15

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Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel zulässigen Eingriffen in Natur und Landschaft sowie nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässigen Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 nur für die in Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführten Tier- und Pflanzenarten sowie die heimischen europäischen Vogelarten gem. Art. 1 Vogelschutzrichtlinie. Werden Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten erfüllt, müssen für eine Projektzulassung die Ausnahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG erfüllt sein. Artikel 16 Abs. 1 FFH- Richtlinie und Art. 9 Abs. 2 der Vogelschutzrichtlinie sind hierbei zu beachten. Für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörden der Länder, sowie in bestimmten Fällen das Bundesamt für Naturschutz können Ausnahmen zulassen  "zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden,  zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt,  für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung,  im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder  aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art." Dabei darf jedoch eine Ausnahme nur zugelassen werden, wenn keine zumutbaren Alternativen gegeben sind und sich dadurch nicht der Erhaltungszustand der Populationen einer Art verschlechtert. Unter Berücksichtigung des Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie bedeutet dies bei Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie:  das Vorhaben darf zu keiner Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes führen und  das Vorhaben darf bei Arten, die sich derzeit in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden, diesen nicht weiter verschlechtern.

Bei europäischen Vogelarten darf das Vorhaben den aktuellen Erhaltungszustand nicht verschlechtern (Aufrechterhaltung des Status Quo).

2.2.2 Grundlagen der Bewertung von möglichen Beeinträchtigungen

Die wesentlichen allgemeinen Grundlagen zur Bewertung des zu erwartenden Konfliktpotenzials sind die im Naturschutzfachlichen Rahmen des Landes Rheinland-Pfalz (VSW & LUWG 2012) dargestellten Bewertungsmaßstäbe zu windkraftsensiblen Arten sowie die in Anhang I dargestellten Erkenntnisse zum spezifischen Reaktionsverhalten bzw. zur Kollisionsgefahr der verschiedenen Vogelarten nach dem jeweils aktuellen Stand des Wissens. Berücksichtigt werden neben der Empfindlichkeit der jeweiligen Art auch deren Schutzwürdigkeit, die sich aus den Einstufungen in der regionalen und nationalen Roten- Liste, in der EU-Vogelschutzrichtlinie sowie aus weiteren Schutzkriterien ergibt. Zu betonen ist allerdings, dass eine aufgrund ihres Schutzstatus hohe Bewertung von Vorkommen oder auch bedeutenden Raumfunktionen nicht zwingend zu einer starken Beeinträchtigung bzw. zu einem hohen Konfliktpotenzial führt, da eine hohe Wertigkeit nicht zwangsläufig

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Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel gleichbedeutend ist mit einer hohen Empfindlichkeit gegenüber dem Eingriff. Selbiges gilt im umgekehrten Sinne natürlich auch für niedrige Bewertungen (vgl. u. a. Sprötge et al. 2004). Maßgebend für die Beurteilung der Standorteignung ist vielmehr die Störempfindlichkeit der vorkommenden Arten.

§ 44 BNatSchG, Tötungsrisiko: Hinsichtlich des generellen Schlagrisikos bei bestimmte Arten ist im Hinblick auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG hervorzuheben, dass das in der Artenschutzrichtlinie konkretisierte Vorsorgeprinzip nicht verlangt, die Verträglichkeitsprüfung auf ein „Nullrisiko“ auszurichten. Vielmehr reicht für die artenschutzrechtliche Zulässigkeit des Eingriffs die Prognose aus, dass der günstige Erhaltungszustand der vorhandenen Populationen – trotz gewisser Opfer – bestehen bleibt (z. B. VG Saarland, 16.10.2007, 5 K 58/06). Gegen das Tötungsverbot wird daher nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht (Individualbezug). Für die Erfüllung des Verbotstatbestandes genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt kollisionsgefährdete Arten angetroffen werden oder nicht auszuschließen ist, dass einzelne Exemplare zu Tode kommen. Erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Tötungsrisiko deutlich erhöht (BVerwG, Urt. vom 9.7.2009 – 4 C 12.07, Rn 99). Der Auffassung, wonach die Signifikanz der Erhöhung des Tötungsrisikos auf die Auswirkungen auf die lokale Population abzustellen ist (OVG Münster, Urt. vom 30.07.2001 – 8 A 2357/08, Rn 148 ff) folgt das BVerwG nicht. Auch wenn die lokale Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt, lässt dies den Individuen bezogenen Tötungstatbestand nicht entfallen (BVerwG, Urt. Vom 14.07.2011 – 9 A 12.10, Rn 116). Darüber hinaus werden die von VSW & LUWG (2012) nach den neusten Erkenntnissen erarbeiteten Empfehlungen zu Abstandsregelungen für Windenergieanlagen (siehe Tab. 6) in Verbindung mit der möglichen Erforderlichkeit von Raumnutzungsanalyse berücksichtigt. Hinsichtlich der dort angegebenen Mindestabstände ist allerdings zu betonen, dass diese pauschale Richtwerte im Sinne einer Vorsorge-Konvention darstellen, die jeweils einer Einzelfallprüfung bedürfen und je nach gebietsspezifischer Sachlage bzw. Raumnutzung der entsprechenden Arten angepasst werden müssen (vgl. z. B. Korn et al. 2004, VSW & LUWG 2012, Richarz, Hormann mdl.). Als alleiniger Maßstab für eine sachgerechte Konfliktanalyse ist ein pauschaler Schutzabstand daher nicht geeignet. So ist z. B. aus fachlicher Sicht beim Rotmilan weniger die Entfernung zum Horst als relevanter Faktor des Kollisionsrisikos zu betrachten als vielmehr die Intensität der Nutzung der Anlagenbereiche. Dieses gilt auch für viele andere Arten. Sofern ein Verstoß gegen ein Verbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist, kann eine Realisierung des Vorhabens nur bei Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG erfolgen (s. o.).

Konkret werden alle im Untersuchungsgebiet oder in relevanter Entfernung nachgewiesenen Brut- und Gastvogelarten betrachtet, die eines der folgenden Kriterien erfüllen:

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 Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie Anhang 1  Streng geschützte Arten gemäß § 7 BNatSchG  Arten der nationalen und landesweiten Roten Listen, Kat. 0-3  Arten, die gegenüber WEA als empfindlich eingestuft werden auf Grundlage der Angaben von ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER (2001) sowie REICHENBACH ET AL. (2004)  Arten oder Artengruppen, für die von VSW und LUWG (2012) Abstandsempfehlungen formuliert wurden (siehe Tab. 5 und 6)

Tab. 5: Übersicht über fachlich empfohlene Abstände von Windenergieanlagen (WEA) zu Brutplätzen windkraftsensibler Vogelarten. Der Mindestabstand bezeichnet den empfohlenen Ausschlussbereich um bekannte Vorkommen, der Prüfbereich beschreibt Radien um jede einzelne WEA, innerhalb derer zu prüfen ist, ob bei entsprechenden Lebensraumtypen Nahrungshabitate der betreffenden Art (Artengruppe) vorhanden sind (VSW und LUWG 2012).

Empfehlungen zum Art, Artengruppe Mindestabstand WEA Prüfbereich zu Brutvorkommen Baumfalke Falco subbuteo – 3.000 Fischadler Pandion haliaetus 1.000 4.000 Rohrweihe Circus aeruginosus 1.000 3.000 Rotmilan Milvus milvus 1.500 4.000 Schwarzmilan Milvus migrans 1.000 3.000 Schwarzstorch Ciconia nigra 3.000 6.000 Uhu Bubo bubo 1.000 2.000 Wanderfalke Falco peregrinus 1.000 – Weißstorch Ciconia ciconia 1.000 3.000 Wiesenweihe Circus pygargus* 1.000 3.000 Brutvogellebensräume nationaler, landesweiter und regionaler Bedeutung, z. B. Wiesenlimikolen (Bekassine Gallinago gallinago und Kiebitz Vanellus vanellus); Kiebitz-Vorkommensschwer- punkte auch in Ackerlandschaften 500 1.000 Koloniebrüter Kormoran Phalacrocorax carbo 1.000 3.000 Reiher Ardeidae (Graureiher Ardea cinerea, Purpurreiher Ardea purpurea) 1.000 3.000 Möwen Laridae (z. B. Lachmöwe Larus ridibundus, Mittelmeermöwe Larus michahellis) 1.000 3.000 Seeschwalben Sternidae (z. B. Flussseeschwalbe Sterna hirundo) 1.000 6.000 * Kornweihe ist wegen unregelmäßiger Brutvorkommen in RLP nicht gelistet.

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Tab. 6: Besonders störungsempfindliche Vogelarten (VSW & LUWG 2012) Empfehlungen zum Art, Artengruppe Mindestabstand WEA Prüfbereich zu Brutvorkommen Haselhuhn 1.000 m um Freihalten von Korridoren Tetrastes bonasia Vorkommensgebiete zwischen den Vorkommen Schwarzstorch 3.000 m 6.000 m Ciconia nigra Wachtelkönig 500 m um regelmäßig besetzte – Crex crex Schwerpunktgebiete Wiedehopf 1.000 m um 3.000 m Upupa epops Schwerpunktvorkommen Ziegenmelker 500 m um regelmäßig besetzte – Caprimulgus europaeus Brutvorkommen Zwergdommel 1.000 m 3.000 m Ixobrychus minutus

Besonders schützenswert sind auch die überregional bedeutenden Rast-, Sammel-, Schlaf- und Mauserplätze sowie die damit korrespondierenden, essentiell bedeutenden Nahrungsflächen sowie Flugkorridore störungsempfindlicher Rastvogelarten. (*)

(*) Im Fachgutachten von VSW & LUWG (2012: S. 15, Tab. 5.) werden folgende windkraftsensible Rastvogelarten erwähnt: Kranich (Grus grus), Kiebitz (Vanellus vanellus), Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria), Mornellregenpfeifer (Charadrius morinellus) und Gänse (Anser, Branta).

2.2.3 Bewertungskriterien des allgemeinen Vogelzuges

Exkurs: Vogelzug in Südwestdeutschland (Aktualisierte Zusammenfassung (Stand 2014) eines Vortrags des Gutachters zum Vogelzug in Südwestdeutschland anlässlich der 140. Jahrestagung der Deutschen Ornithologen- Gesellschaft (DO-G) am 30.9.2007, Gießen (GRUNWALD ET AL. 2007)) Hinsichtlich des bodennahen herbstlichen Tagzuges von Vögeln in Deutschland und Mitteleuropa bestehen seit jeher erhebliche Wissenslücken zu Umfang und räumlicher Verteilung des Breitfrontzuges, die vor allem auf das Fehlen großräumig angelegter, standardisierter und somit vergleichbarer Zählungen zurückzuführen sind. Für Süd- und Südwestdeutschland liegen die Ergebnisse einiger, zum Teil langjähriger, Tagzugerfassungen vor (u. a. SARTOR 1998, GATTER 2000, FOLZ 2006). Da diese Zählungen jedoch nur mehr oder weniger punktuell durchgeführt wurden, herrschte bei der Diskussion um die räumliche Verteilung und der Intensität des Zuges bisher große Unsicherheit. Wichtige Aspekte des Zuges wie z. B. die unterschiedliche Nutzung von Ebenen und Mittelgebirgsregionen oder relief- und strukturbedingte artspezifische Verteilungen blieben bisher weitgehend unbearbeitet. Im Zeitraum 2000 bis 2014 wurden vom Gutachter in Zusammenarbeit mit weiteren Ornithologen im Rahmen von Windenergieplanungen im Südwesten Deutschlands intensive Zählungen des herbstlichen Tagzuges (Mitte September bis Mitte November) nach einem standardisierten Verfahren mittels Sichtbeobachtungen durchgeführt. Bearbeitet wurden bisher 211 Standorte, schwerpunktmäßig in Rheinland-Pfalz, Hessen und im Saarland, bei

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Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel denen es sich meist um exponierte Kuppenlagen handelte. In der Regel liegen pro Standort sechs bis acht witterungsbedingt verwertbare Zähltage mit Erfassungen aus den ersten drei bis vier Stunden nach Sonnenaufgang vor. Die Gesamtbeobachtungszeit betrug bei 1.576 Zähltagen insgesamt 5.900 Stunden. Erfasst wurde der Durchzug auf Artniveau, wobei jeweils Einzelvögel oder Trupps registriert und inklusive weiterer Parameter wie z. B. Wetterdaten und Flughöhe in eine Datenbank übertragen wurden. Im Zuge der Auswertung der Daten sollen insbesondere Fragen der räumlichen Verteilung des Zuges im Vordergrund stehen. Der Kranichzug, der in Südwestdeutschland ebenfalls am Tage, jedoch im Herbst fast ausschließlich ab dem Nachmittag stattfindet, war nicht Bestandteil der Untersuchung. Hierzu fanden gesonderte Erfassungen statt. Insgesamt konnten über 3,7 Mio. Zugvögel aus 130 Arten erfasst werden. Die dominanten Arten waren erwartungsgemäß Buchfink (Fringilla coelebs) (41 %), Ringeltaube (Columba palumbus) (17,8 %), Feldlerche (Alauda arvensis) (13 %) und Star (Sturnus vulgaris) (7,8 %), wobei zum Teil artspezifische, regionale Unterschiede festzustellen waren (STÜBING ET AL. 2007). Bezüglich der Phänologie zeigten die Ergebnisse bekannte jahres- und tageszeitliche Zugmuster. Die durchschnittliche Zugfrequenz an den Standorten betrug 645 ±383 Vögel pro Zählstunde/Zählstandort, wobei sich diesbezüglich allerdings eine große Variationsbreite ergab. Während an einigen Zählstandorten lediglich wenige hundert Individuen/h festgestellt wurden, konnten mehrfach Spitzenwerte über 1.500 Vögel/h ermittelt werden. Bei 15 % der Zählstandorte lag die Zugfrequenz im Durchschnitt über 1.000 Vögel/h. Während der Hauptzugphase der häufigen Arten, etwa in der zweiten und dritten Oktoberdekade, konnten regelmäßig über 2.000 Vögel/h und an einigen Standorten auch mehr als 3.000 Vögel/h mit Spitzen über 5.000 Vögel/h nachgewiesen werden. Die Ursachen für die z. T. großen Differenzen der Durchschnittswerte an den einzelnen Standorten sind komplex. Neben den jährlichen, überwiegend witterungsabhängigen Unterschieden der Erfassungsbedingungen spielen u. a. offensichtlich lokale reliefbedingte, horizontale und insbesondere vertikale Zugverdichtungen im Bereich von Höhenzügen und Geländeanstiegen eine entscheidende Rolle. Eine deutliche Häufung von erhöhten Zugfrequenzen konnte z. B. im Bereich des Übergangs vom Rhein-Main-Tiefland in das Rheinhessische Hügelland festgestellt werden. Im weiteren Zugverlauf über diesen Naturraum Richtung Südwesten und weiter im Saar-Nahe-Bergland ergaben sich dagegen wieder durchschnittliche Werte, sodass es sich hier lediglich um lokal auftretende Zugverdichtungen handelte. Auf Ebene der Naturräume lassen sich signifikante Unterschiede in der Zugintensität erkennen (Kruskal-Wallis; p < 0,001). Beispielsweise wurden im Osthessischen Bergland (insb. Vogelsberg) und im Westerwald deutlich geringere Zugfrequenzen ermittelt als im Hunsrück. Großräumige, zusammenhängende Korridore mit signifikanten Verdichtungen des Tagzuges sind trotz des umfangreichen Datenmaterials allerdings nicht zu identifizieren. In diesem Zusammenhang widersprechen die Ergebnisse u. a. der Vermutung von FOLZ (2005) hinsichtlich der Existenz eines „überregional bedeutenden Vogelzugkorridors Rheinhessen- Nahe“. Besonders hervorzuheben ist darüber hinaus, dass die Zugintensität in den Mittelgebirgsregionen in vielen Fällen nicht signifikant geringer war als in benachbarten Ebenen und niedriger gelegenen Gebieten (Mann-Whitney; p < 0,05). So wurden z. B. im Hunsrück und im Odenwald insgesamt sogar höhere mittlere Durchschnittswerte (n. s.) als im Rheinhessischen Hügelland ermittelt, was ebenfalls bisherigen Annahmen widerspricht. Der aktuelle Stand des Wissens zum Zuggeschehen in Rheinland-Pfalz wird darüber hinaus ausführlich in FOLZ & GRUNWALD (2014) und GRUNWALD (2014) dargestellt.

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2500

2000

1500

Vögel/Std. 1000

500

0

Abb. 1: Mittlere Zugfrequenz bei 8 Zählungen innerhalb der Hauptzugphase M Sep.-M. Nov. (Vögel pro Stunde) an 211 Standorten in SW-Deutschland 2000-2014 (nach Grunwald, Korn & Stübing unveröffentlicht). = 645; ± 383.

Min 120 Q1 374,183333 Median 578 Q 793,528302 3 Max 2317 IQR 419,344969 Upper Outliers 10 Lower Outliers 0 Q2-Q1 204,209524 Q3-Q2 215,135445 Q3+1.5*IQR 1422,54575

Q1-1.5*IQR -254,834119 Upper Whisker 1422,54575 Lower Whisker 119,964286 Wupper-Q3 629,017453 Q1-Wlower 254,219048

Abb. 2: Box-Whisker-Plot (1,5 x IQR) der nach Standard ermittelten durchschnittlichen Zugfrequenz an 211 Standorten in SW-Deutschland (2000-2014).

Aufgrund der natürlich bedingt großen Standardabweichung (S=383) der Durchschnittswerte der Zählstandorte ist eine statistische Signifikanz bei einem Einzelergebnis erst ab relativ großen (bzw. kleinen) Werten gegeben. Hinzu kommt, dass die Daten nicht normalverteilt sind (Shapiro-Wilk; p<0,001), was eine statistische Identifizierung signifikanter Werte mit Testverfahren erschwert.

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Als Signifikanzschwellen (q) können die kritischen Grenzen (Signifikanzschranken) nach PEARSON & HARTLEY auf einem Signifikanzniveau von α=0,05 herangezogen werden. Ein signifikant erhöhter Wert liegt demnach vor, wenn die Zugfrequenz mehr als ca. 1.800 Vögel/Std. beträgt:

(X1= Testwert, = Mittelwert, s= Standardabweichung) Insgesamt liegen jedoch nur 4 Ergebnisse (1,9 %) aller Zählungen über diesem Wert, so dass dieses Verfahren eher ungeeignet bzw. das Signifikanzniveau zu hoch erscheint. Im Sinne eines konservativen Ansatzes sollen mögliche Ausreißer bzw. signifikant erhöhte Werte deshalb nach der Definition von Turkey (1977) mittels des Interquartilabstandes (IQR) ermittelt werden. Als Ausreißer werden demnach Werte bezeichnet, die mehr als das 1,5- fache des IQR von den Quartilen abweichen (siehe Abb. 2):

x0.25 - 1.5 [x0.75 - x0.25] < xi < x0.75 + 1.5 [x0.75 - x0.25] Daraus ergibt sich rechnerisch ein Schwellenwert von ca. 1.400 Vögel/Stunde (siehe Q3+1,5*IQR in Abb.2). Werte oberhalb dieser Frequenz können als statistisch belastbarer Hinweis auf eine erhöhte Zugfrequenz gewertet werden. Werte unter 1.400 Vögel/Stunde liegen dagegen innerhalb der natürlich und methodisch bedingten Schwankungsbreite von Zugvogelzählungen und können demzufolge nicht als Hinweise auf Zugkonzentrationsbereiche bewertet werden.

Tab. 7: Bewertungsmaßstab zur Zugintensität

Zugfrequenz [Vögel / h] Bewertung der Zugintensität (bei 8 Zählungen Mitte Sep.-Mitte Nov.) < 300 unterdurchschnittlich Durchschnittlich 300 – 1.000 (langjähriger Mittelwert: 645 ± 383 Vögel / h) 1.000 – 1.400 überdurchschnittlich deutlich erhöhtes Zugaufkommen > 1.400 (Hinweis auf lokalen oder regionalen Zugkonzentrationsbereich) (auf Grundlage von 211 standardisierten Zugzählungen in Südwestdeutschland)

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3 Ergebnisse und Bewertung 3.1 Brutvögel-Übersicht

Insgesamt wurden im Rahmen der durchgeführten Begehungen bzw. Beobachtungen 50 Vogelarten während der Brutzeit festgestellt. Entsprechend der Struktur des untersuchten Gebietes bestand das Artenspektrum der Brutvögel überwiegend aus Wald- aber auch aus Offenlandarten (vgl. Tab. 8).

Der Großteil der erfassten Vogelarten gehört zu den weit verbreiteten ubiquitären Arten der Gruppe der Singvögel. Bemerkenswerte Artvorkommen bzw. gefährdete Arten nach der Roten Liste Rheinland Pfalz (Simon et al. 2014) und RL BRD (Grüneberg et al. 2015) wurden auf den hiesigen Windbruchflächen nachgewiesen. Dort sind Reviere von eigentlichen Offenlandarten wie Bluthänfling, Grünfink, Neuntöter, Turteltaube und Goldammer kartiert worden. Balzflüge der Walschnepfe wurden über den großen Windbruchflächen ebenfalls nachgewiesen. In den einschichtigen Fichtenbeständen fanden sich keine schützenswerten Arten. Ein Vorkommen von Haselhühnern wird nach den Kartierungsergebnissen und der Recherche, insbesondere beim zuständigen Revierleiter Herrn Hans ausgeschlossen. Im Kernbereich wurden keine revieranzeigenden Eulenvorkommen (bspw. Waldkauz) registriert. Gründe sind teils an Ermangelung geeigneter Brutstrukturen wie Höhlenbäume oder alte Laubbäume zu sehen. Geeignete Höhlenbaumreiche Laubwaldstrukturen für den Waldkauz befinden sich deutlich außerhalb des 500 m Radius z.B. südöstlich Birkheim. Die Windbruchflächen eignen sich dennoch gut als Nahrungshabitat für den Waldkauz.

Außerhalb des 500 m Radius südlich der Planung im Bereich der Bestandsanlagen wurden revieranzeigende Spechtarten wie Grauspecht und Schwarzspecht in altholzreichen Laubwaldbeständen erfasst.

Unter den Greifvögeln wurden im 3 km Radius Rotmilan, Schwarzmilan, Mäusebussard, Habicht und Sperber nachgewiesen. Der nächstgelegene bekannte Schwarzstorch Horst innerhalb des 3 km Radius in der Nassen Struth war 2016 nicht besetzt. Außerhalb des 3 km Radius um die WEA-Planung gab es eine Neuansiedlung am Schmiedsberg bei Hungenroth sowie das bereits seit 2014 brütende Schwarzstorchpaar bei .

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Tab. 8: Gesamtergebnis der Brutvogelerfassungen 2016 zzgl. Datenrecherche. Erläuterung: Status: B = Brutvorkommen / Revier, G = Teilsiedler/Nahrungsgäste; VSW & LUWG (2012): ! = windkraftsensibel, !! = sehr windkraftsensibel; EU: X = Anhang 1 EU-VSR 1979/91, BNatSchG § 7: streng geschützt, RL BRD 2015 = Rote Liste BRD (GRÜNEBERG ET AL. 2015), RL RLP 2014 = SIMON ET AL. (2014): V = Vorwarnliste, 3 = gefährdet, 2= stark gefährdet.

Art Wissenschaftlicher Status nach VSW & EU- nach Rote Rote Name (Entfernung zu geplanten WEA) LUWG 2012 Anhang BNatSchG Liste Liste windkraft- 2005 § 7 RLP BRD

sensibel streng 2014 2015

<500 m

<3 km >3 km <1 km geschützt Schwarzstorch Ciconia nigra B !! X X Rotmilan Milvus milvus B !! X X V V Schwarzmilan Milvus migrans G !! X X Mäusebussard Buteo buteo G B X Wespenbussard Pernis apivorus X X V 3 Sperber Accipiter nisus B X Habicht Accipiter gentilis G B X Turmfalke Falco tinnunculus B X Waldschnepfe Scolopax rusticola B V Hohltaube Columba oenas B Ringeltaube Columba palumbus B Turteltaube Streptopelia turtur B B X 2 2 Schwarzspecht Dryocopus martius B X X Grauspecht Picus canus B X X V 2 Buntspecht Picoides major B Mittelspecht Picoides medius B X X Baumpieper Anthus trivialis B 2 V Bachstelze Motacilla alba B Heckenbraunelle Prunella modularis B Rotkehlchen Erithacus rubecula B Singdrossel Turdus philomelos B Misteldrossel Turdus viscivorus B Amsel Turdus merula B Gartengrasmücke Sylvia borin B Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla B Dorngrasmücke Sylvia communis B Fitis Phylloscopus trochilus B Waldlaubsänger Phylloscopus sibilatrix B 3 Zilpzalp Phylloscopus collybita B Wintergoldhähnchen Regulus regulus B Sommergoldhähnchen Regulus ignicapillus B Zaunkönig Troglodytes troglodytes B Kohlmeise Parus major B Tannenmeise Parus ater B Blaumeise Parus caeruleus B Haubenmeise Parus cristatus B Weidenmeise Parus montanus B Schwanzmeise Aegithalos caudatus B Kleiber Sitta europaea B Gartenbaumläufer Certhia brachydactyla B Neuntöter Lanius collurio B X V Eichelhäher Garrulus glandarius B Rabenkrähe Corvus corone B Kolkrabe Corvus corax G Star Sturnus vulgaris B V Buchfink Fringilla coelebs B Bluthänfling Carduelis cannabina B V 3 Grünfink Carduelis chloris B Fichtenkreuzschnabel Loxia curvirostra B Goldammer Emberiza citrinella B

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3.1.1 Windkraftsensible Arten

Folgende gemäß VSW & LUWG (2012) als windkraftsensibel eingestufte Arten wurden im Rahmen der Kartierungen im Untersuchungsgebiet festgestellt (Karte 1):

Tab. 9: Nach VSW & LUWG (2012) als windkraftsensible Arten eingestufte Brutvögel und Nahrungsgäste des untersuchten Raumes Art Status geringster Brut-/Revier- Abstand zur Planung Schwarzstorch Brutvogel in 2015, in 2016 1.430 m in 2015, in 2016 Brutvogel außerhalb 3.000 Brutvogel außerhalb 3.000 m m Rotmilan Brutvogel in 2016 2.640 m Schwarzmilan Nahrungsgast - Graureiher Nahrungsgast - Wanderfalke Seltener Nahrungsgast -

Folgende gemäß VSW & LUWG (2012) als windkraftsensibel eingestufte Arten wurden durch eine entsprechende Datenabfrage für das TK25-Blatt 5811/4 recherchiert:

Tab. 10: Datenrecherche: Nach VSW & LUWG (2012) als windkraftsensible Arten eingestufte Brutvögel und Nahrungsgäste im TK25-Blatt 5811/4 Art Datenquelle geringster Brut-/Revier-Abstand zur Planung Planung bzw. Ortsangabe Rotmilan: 2012 LANIS ohne Angabe Weißstorch: 2014 Naturgucker ohne Angabe Rotmilan: 2016 > 5 km Uhu: 2014 > 5 km Rotmilan: 2013 Artenfinder < 2 km 2015 > 5 km Kornweihe: 2012 > 5 km Rotmilan: 2013 Artenanalyse < 2 km 2015 RLP > 5 km Schwarzstorch: 2014 Ornitho Gemeinde Rotmilan: 2015 Gemeinde Wiebelsheim 2016 Gemeinden Damscheid, Laudert Schwarzmilan: 2016 Gemeinden Damscheid, Oberwesel Kornweihe: 2014 Gemeinde Pfalzfeld

Die windkraftsensiblen Arten Weißstorch, Uhu und Kornweihe (siehe Tab. 7) brüteten nach den eigenen und den recherchierten Daten nicht innerhalb eines planungsrelevanten Abstandes, weshalb sie im Folgenden nicht näher betrachtet wurden.

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3.1.1.1 Schwarzstorch (Ciconia nigra) Windkraftsensibilität: !! EU Anhang I Art, streng geschützt Vorkommen im Gebiet: Innerhalb des Prüfbereiches (6.000 m) um die geplanten WEA sind aus verschiedenen früheren Erfassungen zu anderen WEA-Planungen und der Kartierung im Jahr 2016 für die Planung Oberwesel insgesamt fünf Schwarzstorchhorste bekannt. Hier ist zwischen Haupt- und Wechselhorsten von 2-3 Brutpaaren zu unterscheiden. Im Jahr 2016 waren zwei Horste besetzt: Ein Paar erbrütete zwei Jungvögel auf einem neu erfassten Horst, welcher in einer Entfernung von 3.500 m zu der geplanten WEA O IV 1 auf dem Schmiedsberg (Gemeinde Hungenroth) liegt (Nr. 1, siehe Karte 1). Der zweite in diesem Jahr belegte Brutplatz der Art (ebenfalls 2 juv.), welcher auch in den Jahren 2014 und 2015 besetzt war, liegt in einer Entfernung von 4.200 m zur WEA O IV 1 im Wald westlich von Maisborn in Waldparzelle 12 (Nr. 2, siehe Karte 1). Das dritte Revier mit den weiteren 3 Horsten (1 Haupt- und 2 Wechselhorste, Horste Nr. 3 – Nr. 5) befindet sich um Wiebelsheim südlich der WEA-Planung. Dort fand 2016 keine Brut statt. Der Hauptbrutplatz, welcher seit Jahren bekannt ist und bei welchem im Jahr 2008 der ursprüngliche Horst(-baum) durch eine Horstplattform ersetzt wurde, befindet sich in der Nassen Struth nördlich von Wiebelsheim in einem Abstand von 1.400 m zur WEA O IV 1. Hier gab es in den Jahren 2004 bis 2007, 2014 und 2015 jeweils Bruten (Nr. 3, siehe Karte 1). In der Struth südöstlich von Wiebelsheim 5.900 m von der WEA O IV 1 entfernt liegt in Waldparzelle 16 des Staatsforstes St. Goar der zweite vermutliche Wechselhorst, welcher 2012 und 2013 zur Brut genutzt wurde. Im Jahr 2011 fand die bislang einzige erfasste Brut in dem wohl dritten Wechselhorst des Schwarzstorchpaares statt, der nordöstlich von Wiebelsheim im Dellhofener Wald in der Nähe des Ballerbaches liegt. Im Rahmen der Erfassungen für die Planung Oberwesel wurde dort ein Rotmilanrevier mit Bezug zu diesem (ehemaligen) Schwarzstorchhorst abgegrenzt. Der einzige Brutplatz, bei welchem die Planung Oberwesel den empfohlenen Mindestabstand von 3.000 m unterschreitet, ist demnach der in diesem Jahr nicht besetzte in der Nassen Struth. Aufgrund der Kenntnisse dieses Brutvorkommens aus den Vorjahren wurde 2016 eine Raumnutzungsanalyse begonnen, welche jedoch abgebrochen wurde, weil keinerlei Revierverhalten bzw. gar keine Flüge innerhalb der an den einzelnen Terminen abgeleisteten 8 Stunden Beobachtungszeit nachweisbar waren. Eine Anfrage bei Herrn Hans, dem Revierleiter des Forstreviers Damscheid/Oberwesel bestätigte, dass 2016 keinerlei Aktivität von Schwarzstörchen in diesem Bereich zu verzeichnen war. Desweiteren ergaben entsprechende gemeinsame Kontrollen der vermuteten weiteren Schwarzstorch- Horste (Mitteilung NABU) mit Herrn Hans, dass es sich dabei um ehemalige Greifvogelhorste handelte (Größe, Beschaffenheit des Nistmaterials, Lage im Baum). Die Datenabfrage ergab lediglich eine Schwarzstorch-Beobachtung 2014 in der Gemeinde Damscheid (Quelle: Ornitho) und führte somit nicht zur Ermittlung weiterer Brutvorkommen bzw. -daten (siehe Tab. 7).

Empfindlichkeit gegenüber WEA: Als Schlagopfer trat die Art bundesweit bisher lediglich zweimal auf (Schlagopferdatenbank DÜRR 2017), obwohl sich wie z. B. im Vogelsberg in Hessen Lebensräume und Konzentrationen von Windkraftstandorten teilweise überschneiden. Von einer besonderen

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Kollisionsgefahr ist nach den dort vorliegenden Daten, auch wenn eine gewisse Dunkelziffer anzunehmen ist, deshalb nicht auszugehen. Auch KIFL (2014) sowie bereits ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER (2001), STEFFEN et al. (2002) und STÜBING (2003) gehen davon aus, dass Kollisionsverluste an WEA für den Schwarzstorch kein populationsbiologisch relevantes Problem darstellen. Im Zusammenhang mit der allgemeinen Störempfindlichkeit des Schwarzstorches (zumindest im Horstbereich) wird in Fachkreisen vor allem die Scheuch- und die daraus folgende Barrierewirkung von WEA diskutiert. Wie stark und ob die Lebensraumnutzung der Tiere eingeschränkt wird und sich daraus mögliche nachhaltige Beeinträchtigungen auf die Brutpaare ergeben ist bis dato allerdings noch völlig ungeklärt. Auch wenn es regional diverse Einzelbeispiele gibt, bei denen es Neu-/ Wiederansiedlungen in der Nähe (< 1-2 km) von Windparks gegeben hat (s. u.). Der Effekt durch Lärm, Schattenwurf etc. scheint vor diesem Hintergrund offensichtlich nicht über große Distanzen zu wirken. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Schwarzstörche auf Nahrungsflügen Windkraftanlagen grundsätzlich meiden oder überfliegen und somit mindestens Umwege in Kauf nehmen (müssen). Die entscheidende Frage, ob aufgrund der Meidung vorhandener WEA bzw. deren Barrierewirkung der Aktionsradius des Schwarzstorches generell nennenswert oder gar erheblich beeinträchtigt wird bzw. ein Lebensraumverlust entsteht, ist dabei jedoch bis dato völlig offen. Hier fehlt es an wissenschaftlichen Untersuchungen. Die LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN empfiehlt im „Helgoländer Papier“ (LAG VSW 2007 und 2014) pauschal einen Mindestabstand von WEA zu Brutplätzen des Schwarzstorches von 3 km. Neue Erkenntnisse, speziell für die rheinland-pfälzischen Mittelgebirge, lassen jedoch vermuten, dass der Meideeffekt des Schwarzstorches einen deutlich kleineren Bereich um die Brutstätte betrifft. Somit empfiehlt VSW & LUWG (2012) unter Beachtung des Vorsorgeprinzips (EU-Kommission 2000, IUCN 2007) einen generellen Ausschlussbereich von 1.000 m um Schwarzstorchbrutstätten, da nur für den Bereich unter 1.000 m mit einem sehr hohen Konfliktpotenzial zu rechnen ist. Eine Abstufung erfolgt dagegen für den Bereich zwischen 1.000 m und 3.000 m, dieser wird lediglich mit einem hohen Konfliktpotenzial bewertet. Demzufolge wird von VSW & LUWG (2012) für die naturschutzfachliche Verträglichkeit von Windenergievorhaben zwischen den beiden oben genannten Bereichen empfohlen, Funktionsraumanalysen (nach ROHDE 2009) durchzu- führen sowie wirksame Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen, CEF- und FCS- Maßnahmen zu generieren einschließlich einer artspezifischen Erfolgskontrolle (Monitoring) umzusetzen. Gemäß den Empfehlungen der LAG-VSW sowie den Empfehlungen von VSW & LUWG sind darüber hinaus „...Nahrungshabitate und die Flugkorridore vom Brut- oder Schlafplatz dorthin, ...von WEA freizuhalten“ (beim Schwarzstorch im sog. Prüfbereich von 6 km). Die LAG VSW (2007) formuliert in ihren Empfehlungen weiter, dass „bei verbreitet siedelnden Arten wie Weißstorch oder Rotmilan ..... Flächen innerhalb des Prüfbereiches (...) besonders dann als kritisch für die Errichtung von WEA einzuschätzen ...“ sind „..., wenn sie von mehreren Vögeln nicht nur gelegentlich, sondern überwiegend aufgesucht (....) oder wenn sie von mehreren Individuen verschiedener Paare als Nahrungshabitat beansprucht werden.“ Ob die allgemeine Störwirkung von WEA in Form von Lärm, Scheucheffekt, Schattenwurf, Licht etc. für den Schwarzstorch bis zum empfohlenen Abstand von 3 km tatsächlich relevant ist, muss angesichts dieser Zahlen in Frage gestellt werden. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass die Art deutlich geringere Distanzen (>3.000 m) zu WEA toleriert. Wie bereits oben erwähnt, gibt es für den Schwarzstorch Beispiele, bei denen es in den vergangenen Jahren zu Neu-/ Wiederansiedlungen und teilweise erfolgreichen Bruten im näheren Umfeld von bestehenden WEA gekommen ist. So konnten in Rheinland- Pfalz in den Jahren 2009, 2010, 2012 und 2014 z. B. im Hunsrück, in der Eifel sowie im

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Nordpfälzer Bergland fünf Neu-/ Wiederansiedlungen (alle mit erfolgreichen Bruten) in Entfernungen von 250 m (2x), 600 m, 900 m und 1.500 m zu bestehenden WEA-Standorten mit jeweils mehreren Anlagen festgestellt werden. Auch in dem hier zur Rede stehenden Untersuchungsgebiet ist bei dem Horst westl. der BAB 1 ein Abstand von ca. 600 m zum Bestands-Windpark Mehring I gegeben (Bruterfolg 2012 und 2014 (Karte 1). Dies sind zwar Indizien für eine möglicherweise gute Koexistenz zwischen Schwarzstörchen und Windenergieanlagen, allerdings bleiben auch weiterhin Fragen offen, da Langzeiteffekte nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden können. Eine Unterschreitung des derzeit geltenden Ausschlussbereichs von 1.000 m um den Horst sollte deshalb weiterhin zwingend im Einzelfall sorgfältig geprüft werden bis zur Klärung grundlegender offener Fragen. Nur somit scheint insb. auch vor dem Hintergrund des großen Aktionsradius der Art eine sachgerechte und belastbare artenschutzrechtliche Bewertung möglich. Hinsichtlich des Beeinträchtigungs-potenzials steht vielmehr die Raumnutzung (Flugkorridore zwischen Brutplatz und Nahrungshabitat) des jeweils betroffenen Vorkommens im Vordergrund, um nachhaltige Lebensraumverluste zu vermeiden und das Kollisionsrisiko gering zu halten. Diesbezüglich sollten regelmäßig häufig bzw. intensiv genutzte Flugbereiche sowie die Nahbereiche um die bevorzugten Nahrungshabitate des jeweiligen Brutpaares generell von WEA freigehalten werden und zwar unabhängig von jedweden pauschalen Abstandempfehlungen. Konfliktpotenzial am geplanten Standort: Es besteht nach den Kartier- und Recherchedaten nur ein Brutplatz des Schwarzstorches innerhalb des empfohlenen Mindestabstandes von 3.000 m um die Planung, welcher 2016 jedoch nicht besetzt war. Da keinerlei Aktivität von Schwarzstörchen im Bereich dieses von der WEA O IV 2 ca. 1.430 m entfernten Brutplatzes festgestellt werden konnte, wurde die begonnene Raumnutzungsanalyse im Verlaufe der Saison abgebrochen. Betrachtet man außerdem die zahlreichen in der Umgebung vorhandenen Gewässer und ihre Eignung als Nahrungshabitat für die Art, stellt sich heraus, dass sowohl bezüglich des oben genannten als auch hinsichtlich der übrigen vier im Prüfbereich bis 6.000 m um die Planung existierenden Schwarzstorch-Brutplätze jeweils mehrere gut geeignete Nahrungsgewässer in unmittelbarer Nähe zu den jeweiligen Horsten liegen. Im Bereich der Planung Oberwesel befindet sich dagegen nur ein Gewässer mit durchschnittlicher Habitateignung in etwa 600 m Entfernung. Insofern ist keine überproportionale Nutzung des Flugraumes im Bereich der geplanten WEA auch bei einer zu erwartenden Wiederbesetzung des Brutplatzes in der Nassen Struth (Nr .1, Karte 1) zu erwarten. Desweiteren ist zu beachten, dass die neu geplante WEA lediglich eine geringfügige Erweiterung des bestehenden Windparks nach Norden hin darstellen. Durch die Vorbelastung des Standortes ist die Überwindung der Erheblichkeitsschwelle hinsichtlich Beeinträchtigungen der Art deutlich erschwert. Aufgrund der Datenlage wird daher prognostiziert, dass durch den Bau und Betrieb der geplanten WEA keine Verbotstatbestände im Sinne des§ 44 BNatSchG Abs. 1 Nr. 1-3 hinsichtlich der lokalen Schwarzstorchpopulation ausgelöst werden. Die Planung ist somit als vertretbar hinsichtlich der Schwarzstorchvorkommen zu sehen. Da der Brutplatz in der „Nassen Struth“ nur 1.400 m entfernt zur Planung liegt, werden gemäß VSW & LUWG (2012) Ausgleichsmaßnahmen für den weiteren Windkraftausbau empfohlen.

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Ausgleichsmaßnahme:  Schaffung und Erhalt von Nahrungshabitaten im Bereich des Brutplatzes „Nasse Struth“ im Staatforst Oberwesel. Für die praktische Gestaltung der Maßnahme wird eine Absprache mit dem zuständigen und ortskundigen Revierleiter Herr T. Hans empfohlen.  Optional: Ausbringen von Nisthilfen in geeigneten Beständen im Staatsforst in Richtung Ballerbachtal.  Optional : Bachauenentfichtung an Bächen im 3 km Radius zur Verbesserung der Nahrungsgrundlage.  Die Ausgleichsmaßnahmen bzw. der Umfang sollten in einer Absprache mit der zuständigen UNB (Herr Heise) und dem Revierförster Herr Hans konkretisiert werden.

3.1.1.2 Rotmilan (Milvus milvus) Windkraftsensibilität: !! RL BRD: 3, RL RLP: V, EU, streng geschützt Vorkommen im Gebiet: Innerhalb des empfohlenen Mindestabstandes von 1.500 m um die Planung konnte keine Rotmilanbrut nachgewiesen werden. Die WEA-Planung befindet sich im Wald bzw. verbuschten Windbruchflächen und somit nicht in einem augenscheinlich bedeutsamen Nahrungshabitates des Rotmilanes. Der Rotmilan wurde nicht bei der Jagd im Kernbereich beobachtet. Aus gutachterlicher Sicht war die Durchführung einer Raumnutzungsanalyse insofern nicht erforderlich. Ein bereits aus dem Jahr 2012 bekanntes Brutvorkommen im Rothenbusch westlich von konnte auch für das Untersuchungsjahr 2016 bestätigt werden, wobei der Bruterfolg unklar blieb. Dieses Vorkommen sowie ein aus dem Jahr 2011 bekannter Horst in Waldparzelle 7 südöstlich von , welcher in 2016 nicht besetzt war, liegen mit 3.000 bzw. 2.640 m Entfernung zur Planung am Rande des Prüfradius hinsichtlich Nahrungshabitaten. Außerhalb des 3-km-Prüfradius wurde 2016 noch das bekannte Rotmilan-Vorkommen im Wald südlich von Laudert in Parzelle 37 durch eine anfängliche Nestausschmückung mit Müll bestätigt, es kam jedoch zu keiner Brut. Ebenso verhielt es sich mit einem neu erfassten Rotmilan-Revier, dessen Zentrum der noch 2011 vom Schwarzstorch belegte, am Ballerbach südöstlich von Wiebelsheim erbaute Horst war, welchen nun 2016 der Rotmilan „in Beschlag“ genommen hatte. Eine Nutzung des im Wald geplanten WEA-Standortes durch die Tiere dieser Vorkommen ist sehr unwahrscheinlich, da der Wald für die im Offenland jagende Art ein unattraktives Jagdhabitat darstellt. Das bestätigten auch die im Rahmen der Großvogelkartierungen beobachteten Flugbewegungen. Empfindlichkeit gegenüber WEA: Hinsichtlich der Empfindlichkeit von Greifvögeln, Störchen und anderen Großvogelarten kristallisiert sich zunehmend die Erkenntnis heraus, dass diese Arten Windenergieanlagen, zumindest bei der Nahrungssuche, nicht meiden, wodurch es zu Kollisionen mit den Rotoren kommen kann (ISSELBÄCHER in Vorb., MAMMEN 2010, RICHARZ 2013, auch bereits ACHA 1998, LANGSTON & PULLAN 2003, BARRIOS & RODRIGUEZ 2004). Nach der bundesweiten Schlagopferstatistik des Brandenburgischen Landesumweltamtes (Dürr 2017) gehören in

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Deutschland Rotmilan, Seeadler und Mäusebussard zu den Vogelarten, die relativ häufig mit WEA kollidieren. Für die beiden erstgenannten Arten sind die Totfunde vor allem vor dem Hintergrund ihrer vergleichsweisen geringen Dichte als signifikant zu bezeichnen, auch wenn der genannten „Statistik“ keine systematische Erfassung zugrunde liegt. Somit können Windenergieanlagen unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Gefährdung für den Rotmilan darstellen. Hinweise auf tödliche Kollisionen von Rotmilanen mit WEA sind bislang in absoluten Zahlen betrachtet eher selten, gemessen an der geringen Zahl von Nachsuchen sowie der relativ kleinen Gesamtzahl der Milane jedoch auffallend häufig (siehe z. B. BELLEBAUM ET AL. 2013). Aus Deutschland sind mittlerweile 384 mit WEA kollidierte Rotmilane bekannt (Schlagopferstatistik des Brandenburgischen Landesumweltamtes, Stand: 2017). Damit ist der Rotmilan zusammen mit dem Mäusebussard (496 Funde) die am häufigsten von Kollisionen betroffene Vogelart. Da viele der kollidierten Rotmilane als Zufallsfunde gemeldet wurden und nicht auf systematische Untersuchungen zurückgehen, ist von einer nicht unbeträchtlichen Dunkelziffer auszugehen. Leider liegen auch keine genauen Angaben darüber vor, in welcher Frequenz überhaupt Kontrollen unter WEA stattfinden, so dass weitere Aussagen auf Grundlage dieser Daten nur wissenschaftlich unkorrekt sein können. Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen besteht ein Kollisionsrisiko für den Rotmilan vor allem bei Jagdflügen in Nahrungsgebieten und weniger auf Streckenflügen bzw. auf dem Zug, was darauf zurückzuführen ist, dass sich die Tiere beim Suchflug weniger auf die Umgebung konzentrieren und den Anlagen bzw. den Rotoren deshalb zu nahe kommen können. Für Greifvögel und andere Großvogelarten wird davon ausgegangen, dass Kollisionen mit anthropogenen Strukturen (z. B. Stromleitungen, WEA) häufig in Folge von Nahrungssuche geschieht, da durch das zum Boden gerichtete Sichtfeld die Umgebung schlechter wahrgenommen wird (ausf. siehe MARTIN & SHAW 2010, MARTIN 2011, MARTIN et al. 2012). Auf Transferflügen sind Rotmilane nicht so schlaggefährdet wie im Moment des aktiven Nahrungssuchfluges, da beim gerichteten Fliegen laufende WEA wahrscheinlich eher visuell wahrgenommen werden und gegebenenfalls Ausweichmöglichkeiten gesucht werden. Zitierfähige Studien sind hierzu bislang nicht bekannt. Ein vorsichtiger Vergleich mit der landesweiten Schlagopferdatenbank von DÜRR (2014) erlaubt eine ähnliche Erkenntnis, da dokumentiert ist, dass während der Zugzeit (gerichtete Flugweise) unter 25 % der gelisteten Rotmilane gefunden wurden. Besondere Gefährdungspotenziale ergeben sich somit bei Windkraftanlagen, die auf besonders gut geeigneten Nahrungsflächen im Brutgebiet des Rotmilans stehen. Dies sind in erster Linie Flächen mit dauerhaft niedriger oder schütterer Vegetation wie z. B. Weideflächen, Brachen oder magere Wiesen. Eine besondere, jedoch nur temporäre Attraktivität als Nahrungsquelle besitzen frisch gemähte Wiesen und abgeerntete Ackerflächen. Flächen mit hochwüchsiger Vegetation wie Fettwiesen und konventionell bewirtschaftete Äcker sind dagegen für den Rotmilan in der überwiegenden Zeit der Vegetationsperiode nur bedingt als Nahrungshabitat geeignet. Somit können bei Standorten auf Wiesen oder Äckern vor allem kurzfristige (Ernte, Mahd) Gefährdungspotenziale auftreten. SCHAUB (2012) konnte hinsichtlich der Mortalität durch Populationsmodellierungen zeigen, dass die Populationsgröße von Rotmilanen durch WEA weniger sinkt, wenn diese aggregiert errichtet werden im Gegensatz zu gleichmäßig im Raum verteilten WEA. Die LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN hat 2015 den pauschal empfohlenen Schutzradius von 1.000 m auf 1.500 m um Rotmilanbrutstätten erhöht (LAG VSW 2015). Auch der „Naturschutzfachliche Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz“ sieht 1.500 m als Abstandsempfehlung für den Rotmilan vor (VSW & LUWG 2012). Grundlage für die Erweiterung der Abstandsempfehlung sind Ergebnisse aus Telemetriestudien (z.B. GELPKE & HORRMANN 2010, MAMMEN 2010, PFEIFFER & MEYBURG 2015),

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Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel aus denen hervorgeht, dass innerhalb von 1.500 m Kernjagdhabitate und 60-70% der brutzeitlichen Aktivitäten erwartet werden können. Für die rheinlandpfälzischen grünlandgeprägten Mittelgebirgsregionen kann in der Praxis der Genehmigungsverfahren für WEA in begründeten Einzelfällen der Mindestabstand auf 500 m reduziert werden (absoluter Tabubereich vgl. RICHARZ 2013, ISSELBÄCHER et al. in Vorb., siehe Kap. 2.2.1). Dafür sind standardisierte Funktionsraumanalysen (RNA) über die tatsächliche Nutzung des Horstumfeldes (Erfassung des home range) während der Brutphase notwendig. Insofern ist artenschutzrechtlich durch die RNA zu prüfen, ob sich der Verbotstatbestand gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt, bzw. ob sich das Tötungsrisiko für die betroffenen Individuen durch eine überdurchschnittliche Nutzung der WEA-nahen Bereiche, in signifikanter Weise erhöht. Bei der Ermittlung des Konfliktpotenzials wird empfohlen, wirksame Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen sowie CEF- / FCS-Maßnahmen (einschließlich Monitoring) miteinzubeziehen, um die naturschutzfachliche Verträglichkeit von Windenergievorhaben zu gewährleisten (VSW & LUWG 2012). Zur weiteren Bewertungsgrundlage ist daher ein „Leitfaden Raumnutzungsanalyse Rotmilan – Untersuchungs- und Bewertungsrahmen für Windenergie-Planungen“ (ISSELBÄCHER et al. in Vorb.) in Bearbeitung, mit Empfehlungscharakter für Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland. Konfliktpotenzial am geplanten Standort: Die geplante WEA befinden sich nicht innerhalb des empfohlenen Mindestabstandes von 1.500 m um Brutvorkommen des Rotmilans. Für den Bereich der im Wald geplanten Anlagen ist außerdem auch durch die im 3-km-Prüfradius festgestellten Rotmilane keine überproportionale Nutzung zu erwarten, da für die im Offenland jagende Art im Wald keine geeigneten Nahrungshabitate liegen und dieser daher nur bei wenigen Transferflügen überflogen wird. Insgesamt werden demnach bei einer Realisierung der WEA-Planung keine Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1-3 BNatSchG erfüllt. Das Vorhaben ist daher als naturschutzverträglich anzusehen.

3.1.1.3 Schwarzmilan (Milvus migrans) Vorkommen im Gebiet: Der Schwarzmilan konnte 2016 im Untersuchungsgebiet im Offenland um Wiebelsheim nahrungssuchend beobachtet werden. Eine Brut wurde nicht festgestellt, die nächsten bekannten Brutkolonien liegen bei Bingen am Rhein. Bruten im Hunsrück sind dagegen selten. Für das Gebiet kann eine Brut mit Sicherheit ausgeschlossen werden, die Art fliegt nachweisliche weite Strecken zur Nahrungssuche, insbesondere im Hochsommer. Empfindlichkeit gegenüber WEA: Die Gefährdungsfaktoren beim Schwarzmilan sind vergleichbar mit denen des Rotmilans (siehe 3.2.1). Verbreitungsbedingt ergaben sich bisher allerdings nicht annähernd so hohe Schlagopferzahlen wie beim Rotmilan (38 Funde, DÜRR 2016). Im Wesentlichen gelten hinsichtlich der Konfliktbewertung jedoch die gleichen Kriterien wie beim Rotmilan. VSW & LUWG (2012) haben für den Schwarzmilan einen pauschalen Schutzradius von 1.000 m um die Horste empfohlen, welcher nicht mit WEA bebaut werden sollte. Konfliktpotenzial am geplanten Standort:

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Das Vorkommen des Schwarzmilans im Plangebiet ist als Nahrungssuchflug anzusehen. Im Plangebiet wird eine Brut aufgrund der hohen Kartierzeit und dem auffälligen Verhalten an Brutplätzen (ähnlich Rotmilan) sicher ausgeschlossen. Es ergeben sich keine Restriktionen bzgl. der Planung.

3.1.1.4 Graureiher (Ardea cinerea) Windkraftsensibilität: ! Vorkommen im Gebiet: Es liegen vereinzelte Flugbewegungen und Sichtungen von nahrungsuchenden Graureihern an den Teichen bei Laudert bzw. Wiebelsheim vor. Der Graureiher war 2013 zweimal am Simmerbach auf Höhe der Ölmühle bzw. der Kesselhannesmühle zur Nahrungssuche einfliegend zu beobachten und wurde daher als seltener Nahrungsgast eingestuft. Die nächstgelegenen Brutkolonien liegen am Rhein. Empfindlichkeit gegenüber WEA: Nach BERNSHAUSEN ET AL. (2012) zeigt der Graureiher eine hohe Empfindlichkeit gegenüber WEA aufgrund des hohen Meideverhaltens und einem mittleren Kollisionsrisiko. Die aktuelle Schlagopferdatei von DÜRR (2016) gibt 13 Kollisionsopfer an. Auch VSW & LUWG (2012) beschreiben, dass Lebensraumentwertung durch WEA-Planung zu beachten sind, Störungen am Brutplatz sind jedoch durch Gewöhnungseffekte vernachlässigbar. Somit wird für den Koloniebrüter eine Abstandsempfehlung von 1.000 m zu WEA angegeben (VSW & LUWG 2012). Konfliktpotenzial am geplanten Standort: Da der Graureiher im Plangebiet nur als seltener Nahrungsgast auftrat und die bekannten Brutkolonien am Rhein weit außerhalb des empfohlenen Mindestabstands zur WEA liegen, können Beeinträchtigungen der Art mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

3.1.1.5 Wanderfalke (Falco peregrinus) Vorkommen im Gebiet: In früheren Untersuchungen (2013) benachbarter Planungen konnte der Wanderfalke jagend bei Laudert im Bereich des Simmerbaches beobachtet werden. Für das Gebiet ist er zwar als seltener, jedoch regelmäßiger Nahrungsgast einzustufen. Die nächstgelegenen Brutvorkommen der Art befinden sich am Rhein, bzw. an Autobahnbrücken der A61. Empfindlichkeit gegenüber WEA: Für den am Brutplatz sehr störungsempfindlichen Wanderfalken liegt hinsichtlich Windenergieanlagen von VSW & LUWG (2012) eine Abstandsempfehlung zu den Horstplätzen von 1.000 m vor. Als Brutplätze bevorzugt die Art steile Einzelfelsen oder Felsformationen in Flusstälern und Waldgebirgen oder Felswände an Steilküsten und Steinbrüchen. Neben Bruten an hohen Bauwerken kommen auch seltener Baum- und Bodenbruten vor. Auch sind in Schleswig-Holstein Kollisionen von zwei Jungvögeln im Umfeld eines Horstes belegt (MUGV 2010). Die mehr als 100 km² große Jagdgebiete des Wanderfalken liegen vorwiegend im Offenland, oft in Gewässernähe. Die Art geht aber auch innerhalb von Großstädten auf die

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Jagd, während sie hochalpine Gebiete, großflächig ausgeräumte Kulturlandschaften und große geschlossene Waldgebiete meidet. Somit ist prinzipiell das Kollisionsrisiko bei Offenlandstandorten gegenüber im Wald installierten Anlagen als höher einzustufen. Bislang sind jedoch lediglich sechs Schlagopfer in der Datenbank von Dürr 2016) zu verzeichnen, und außerdem der Eigenfund eines mit einer WEA kollidierten Jungvogels in diesem Jahr, welcher vom Gutachter noch an DÜRR gemeldet wird. Dies könnte mit der Jagdtechnik des Wanderfalken begründet werden: Die Art erbeutet fast ausschließlich Vögel, welche aus großer Höhe mit spektakulären Sturzflügen oder aber von einer Warte aus in kurzem horizontalem Jagdflug geschlagen werden. Dadurch befindet sich der Wanderfalke während des Spähens nach Beute normalerweise nicht in Rotorhöhe und kann wahrscheinlich auch die Anlagen gut wahrnehmen. Daher unterliegt die Art eher einem geringen Kollisionsrisiko, weshalb VSW & LUWG (2012) keinen Prüfbereich hinsichtlich Nahrungshabitaten für den Wanderfalken nennen. Konfliktpotenzial am geplanten Standort: Der Wanderfalke tritt in dem Untersuchungsgebiet nachweislich äußerst selten auf (jeweils eine Beobachtung zur Brutzeit in mehreren Erfassungsjahren). Brutplätze sind im Gebiet nicht nachgewiesen worden und auch nicht zu erwarten, da es keine sonnenexponierten Felshänge oder Brückenpfeiler der A61 im Untersuchungsgebiet gibt. Die nächsten bekannten Brutplätze befinden sich im Rheintal bspw. bei Bacharach sowie an Autobahnbrücken der A61 bspw. bei Stromberg in ausreichender Entfernung zur Planung. Herausragende Nahrungshabitate (Siedlungsbereiche mit hohem Taubenaufkommen, Vogelzuchtanlagen) werden durch die Planung nicht berührt. Es besteht somit kein Konfliktpotenzial an dem Standort bzgl. des Wanderfalken. Zusammenfassend ist die Planung somit hinsichtlich des Wanderfalken zu vertreten, da sich durch sie keine erkennbare Erhöhung des normalen Lebensrisikos ergibt.

3.2 Nicht windkraftsensible Brut- und Gastvögel Weitere Brutvogelarten welche in Tabelle 5 aufgeführt wurden, jedoch nicht in Tabelle 3 und 4 gelistet sind, werden nach aktuellen Erkenntnissen als nicht windkraftsensibel eingestuft. Es betrifft somit Arten, welche vergleichsweise weniger planungsrelevant sind, da sie kein Meideverhalten bzw. sonstige Reaktionen gegenüber Windkraftanlagen zeigen oder ihr Bestand durch WEA nicht absehbar gefährdet wird. Gemäß den methodischen Anforderungen von VSW & LUWG (2012) wurden solche Arten vorrangig im 500-m-Radius um die Planung erfasst. Eine kartografische Darstellung bemerkenswerter wertgebender Arten erfolgt auf Karte 2. Als fachlich wertgebend erscheinen uns Arten, welche national und europäisch einen besonderen Schutzstatus erhalten haben (nach BNatSchG § 7 streng geschützte bzw. nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie) bzw. auf regionaler Ebene gefährdet sind und somit in der neuen Roten Liste von Rheinland-Pfalz (SIMON ET AL. 2014) aufgeführt wurden. Wertgebende Brutvögel innerhalb von 500 m um die ursprünglich zwei geplanten WEA (Revierzentren vgl. Karte 3):

 Turteltaube  Neuntöter  Baumpieper  Baumpieper  Bluthänfling  Waldlaubsänger

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Diese hinsichtlich WEA unempfindlichen Arten können unter Umständen durch einen direkten Verlust des Bruthabitates infolge von Rodungsarbeiten etc. oder durch baubedingte Störungen betroffen sein, wodurch ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 BNatSchG vorliegen würde. Aus Karte 2 wird ersichtlich, dass sich um die geplanten WEA keine Vorkommen bzw. Reviere innerhalb des bau- und anlagebedingten Bereiches (Zuwegung, Rodungsfläche) befinden. Bau- und anlagebedingte artenschutzrechtliche Verbotstatbestände sind bei Rodungen und der Baufeldfreimachung außerhalb der Brutzeit ausgeschlossen. Wertgebende Gastvögel innerhalb des 500-m-Radius (Revierzentrum außerhalb Kernbereich, vgl. Tab. 5):

 Mäusebussard

Der Mäusebussard ist in Rheinland- Pfalz nicht als windkraftsensible Art angegeben (VSW & LUWG 2012). In Nordrheinwestfalen wird hinsichtlich möglicher betriebsbedingter Schlagopfer davon ausgegangen, dass bei häufigen und weit verbreiteten Arten (z.B. Mäusebussard, Turmfalke) kollisionsbedingte Verluste einzelner Individuen im Regelfall nicht zu einem Verstoß gegen das Tötungsverbot führen (MKULNV & LANUV 2013). Somit ist, im Sinne einer Regelfallvermutung, bei Arten, die nicht als windkraftsensibel eingestuft werden, davon auszugehen, dass der Betrieb von WEA grundsätzlich zu keiner signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos führt (z.B. Mäusebussard, Turmfalke). Diese Regelfallvermutung kann jedoch bei neuen Erkenntnissen zu diesen Arten und mit entsprechender Begründung im Einzelfall widerlegt werden (MKULNV & LANUV 2013). Für den Mäusebussard wurde von GRÜNKORN et al. (2016) festgestellt, dass Kollisionen in vergleichsweise hoher Anzahl festzustellen sind, was auch bereits aus der langjährigen Schlagopferdatenbank von DÜRR (2016) hervorgeht. Dennoch ist der Mäusebussard in den aktuellsten Leitfäden zur Thematik, welche relativ neu sind (VSW & LUWG 2012 in RLP, LUBW 2015 in BAWÜ, „Helgoländer Papier II“ LAG-VSW 2015) und im Rahmen von WEA- Planungen landesspezifisch zu berücksichtigen sind, nicht als windkraftsensible Art eingestuft worden. Zudem liegt das Revierzentrum des Mäusebussards in diesem Fall nicht im Nahbereich einer WEA, sondern ca. 500 Meter entfernt. Die PROGRESS-Studie 2016 belegt nicht, dass grundsätzlich bei einer Unterschreitung des 500 Meter Abstands ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Des Weiteren liegt das Vorkommen am Rand des geplanten Windparks und nicht direkt innerhalb, wo es von mehreren Seiten von WEA umgeben wäre. Aus diesen Gründen lässt sich kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Mäusebussard ableiten, sondern lediglich ein allgemeines postulieren (vgl. BVerwG 9 A 9.15). Dies gilt analog für den im Gebiet vorkommenden Sperber.

Die im Gebiet vorkommenden wertgebenden Spechtarten (Grauspecht und Schwarzspecht) brüteten außerhalb des 500 m Radius. Bei der Nahrungsuche sind diese nicht gefährdet durch den Betrieb von WEA. Sie wurden zudem nahe den Bestands-WEA nachgewiesen, sodass augenscheinlich kein erheblicher Meideeffekt besteht.

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Bezüglich des Waldschnepfen-aufkommens wurden im Untersuchungsgebiet im Juni 2016 Beobachtungen durchgeführt. Die Art wurde hierbei mehrfach nachgewiesen (Balzflüge). Insgesamt kann aufgrund der Habitatausstattung (feuchte Standorte, mehrere Windbruchflächen, Waldwiesen) von einem für die Art sehr gut geeigneten Lebensraum ausgegangen werden. Die Waldschnepfe wurde qualitativ im Untersuchungsgebiet nachgewiesen (Sichtbeobachtung, Balzflug). Brutvorkommen sind erwartungsgemäß nicht festgestellt worden, da diese bei der Waldschnepfe kaum erfassbar sind (vgl. SÜDBECK et al. 2005). In einer veröffentlichten Fallstudie an einem Windpark in Baden-Württemberg zum Thema Waldschnepfe und Windenergieanlagen (DORKA et al. 2014) wird die Waldschnepfe in Form eines Meideverhaltens balzender Männchen als windkraftsensibel bezeichnet. In der Studie wird ein Meideverhalten balzfliegender Waldschnepfen im Abstandsradius von 300 Metern um WEA vorgeschlagen. Weitere Studien, die sich mit der Thematik Windkraft und Waldschnepfe auseinandersetzen, liegen unseres Wissens derzeit nicht vor. In der kürzlich erschienenen Neufassung der Abstandsempfehlungen der LAG-VSW (2015) wird die Waldschnepfe auch zu den windkraftsensiblen Art gezählt, der empfohlene Abstand liegt hier bei 500 Metern, wobei aus dem Text nicht hervorgeht, woraus dieser Wert resultiert. Bezüglich des Schutzstatus der Waldschnepfe wird diese in der Roten Liste Rheinland-Pfalz 2014 in der Vorwarnliste geführt. Auch In der bundesweiten Roten Liste (2005) ist die Waldschnepfe in der Vorwarnliste geführt. Sie zählt nicht zu den nach BNatSchG § 7 streng geschützten bzw. nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützten Arten. Hinsichtlich der eingangs erwähnten Studie von Dorka et al. (2014) lässt sich feststellen, dass die Studie aufgrund einiger Schwachpunkte, vor allem bezüglich der Methodik und den Schlussfolgerungen zwar einen Hinweis darauf gibt, dass WEA negative Effekte auf die Waldschnepfenbalz haben könnten, jedoch reicht das Untersuchungsdesign bezüglich Umfang und Tiefe nicht aus, um eindeutige Erkenntnisse zu dieser Thematik zu bringen. Dies müsste in einer wesentlich umfangreicheren und langfristigen Untersuchung erfolgen (Einsatz von Telemetrie etc.), damit u. a. mögliche kurzfristige baubedingte Auswirkungen und insbesondere auch andere Umweltfaktoren oder natürliche Populationsschwankungen ausgeschlossen werden können. Es ist zudem festzustellen, dass eine geringere Anzahl an Balzflügen auf einer bestimmten Fläche nicht zwangsläufig mit einer geringeren Bestandsdichte, bzw. geringerem Bruterfolg gleichzusetzen ist. Auch der nur sehr schwer feststellbare Bruterfolg müsste in vergleichenden Studien auf Flächen mit und ohne WEA ermittelt werden, was allerdings nur mit sehr großem Aufwand - wenn überhaupt - möglich ist.

Die räumlich-zeitliche Dynamik der Balzräume ist zu beachten, da diese vermehrt über Sukzessionsflächen jüngeren bis mittleren Alters, insbesondere Windwurfflächen und Kahlschlägen festzustellen sind, welche in relativ kurzen Zeiträumen (beispielsweise innerhalb von 5-10 Jahren) unattraktiv werden können, bzw. bei entsprechenden Ereignissen geeignete Balzräume auch räumlich und zeitlich nahezu beliebig neu entstehen können. Dadurch wird auch erkennbar, dass die Art grundsätzlich daran angepasst ist, immer wieder neu entstandene Habitate zu nutzen und sich auf schwankende Bedingungen hinsichtlich geeigneter Flächen gut einstellen kann. Es werden grundsätzlich über die

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Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel derzeitigen Betriebszeiten von WEA (ca. 25 Jahre) i. d. R aufgrund der intensiven forstlichen Bewirtschaftung und Windwurfereignissen, Borkenkäfern etc. mehrere Ereignisse stattfinden, die neue Habitate für die Waldschnepfe und deren Balzflüge entstehen lassen. Dementsprechend werden über diesen Zeitraum auch manche Fläche durch fortschreitende Sukzession oder forstliche Eingriffe ungeeignet.

Das von DORKA et al. (2014) festgestellte, bzw. angenommene Meideverhalten im Radius von 300 Metern um WEA fällt unter § 44 BNatSchG Abs.1 Nr. 2 (Störungsverbot). Aus den zuvor getroffenen Aussagen lässt sich für die Waldschnepfe am untersuchten Standort feststellen, dass nicht von einem Eintreten des Verbotstatbestands nach § 44 BNatSchG Abs. 1 Nr. 2 auszugehen ist. Dies ist einerseits dadurch zu begründen, dass es momentan noch unklar ist, ob ein relevantes Meideverhalten vorliegt und falls ja wie ausgeprägt dieses ist. So hat sich auch Rheinland-Pfalz gemäß des Schreibens des MULEWF (2015) offensichtlich dagegen entschieden, der zu geringen Datenlage und den daraus gezogenen Schlüssen zu folgen und die Waldschnepfe als windkraftsensibel einzustufen. Zudem ist aus fachlicher Sicht nicht davon auszugehen, dass für den Fall, dass ein Meideverhalten tatsächlich auftritt, die negativen Auswirkungen tatsächlich erheblich wären. Es wäre vielmehr davon auszugehen, dass die Waldschnepfen, sofern sie betroffen wären, temporär andere, nahe gelegene geeignete Habitate nutzen würden (Gewöhnungseffekte an WEA wären auch nicht gänzlich auszuschließen). Ein Rückgang der Population wäre durch den geringen Habitatverlust im Bereich der zwei geplanten WEA nicht zu prognostizieren. Zudem ist davon auszugehen, dass die Habitate im Bereich der Planung auch durch die natürliche Sukzession früher oder später unattraktiver (ggf. können auch durch Ereignisse neue Habitate entstehen) werden könnten und die Waldschnepfen dann wie oben erwähnt andere Habitate besiedeln.Betriebsbedingte Auswirkungen im Sinne eines erhöhten Tötungsrisikos der Waldschnepfe lassen sich aus den derzeit bekannten Schlagopferzahlen nicht ableiten (5, DÜRR 2015), auch wenn die tatsächliche Anzahl an Kollisionsopfern nicht aus den bekannten Funden zu prognostizieren ist. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nach § 44 BNatSchG Abs. 1 Nr. 1 lässt sich für diesen Standort nicht prognostizieren, da für die Waldschnepfe bislang keine erhöhte Kollisionsgefahr festgestellt wurde (vgl. auch Regelfallvermutung MKULNV 2013). Insgesamt ist die Planung als verträglich bzgl. des Waldschnepfenaufkommens zu sehen.

Bezüglich der weiteren erfassten weit verbreiteten und nicht bestandsgefährdeten Brutvogelarten (bspw. Singvögel) in Tab 8, welche überwiegend als weit verbreitet gelten (ubiquitär) können unter Berücksichtigung der allgemein üblichen Vermeidungsmaßnahme, „Rodungen außerhalb der Brutzeit“ Zerstörungen von Brutplätzen verhindert werden. Bruthabitate sind zudem im räumlichen Zusammenhang für diese Arten vorhanden, so dass die Habitatfunktion erhalten bleibt. Der Windkraftplanung in der Gemarkung Oberwesel steht hinsichtlich der nicht windkraftsensiblen Vogelarten in RLP somit kein zu erwartender Verbotstatbestand entgegen.

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3.3 Ergebnisse der Zugvogelzählung

3.3.1 Herbstzug

In der Tabelle 10 sind die Zählergebnisse der Zugzählungen aus 2016 dargestellt. Im Folgenden wird nicht weiter auf die Artenzusammensetzung oder auf die phänologische Verteilung des Vogelzuges sondern lediglich auf die planungs- und entscheidungsrelevante Frage der ermittelten Zugfrequenzen und ggf. auf räumliche Verteilungen eingegangen. Es wurde an den 7 verwertbaren Terminen 19.962 Individuen durchziehender Vogelarten im Bereich zwischen der Planung bzw. den Bestands-WEA und den WEA bei Norath an der A61 gezählt. Es ergab sich somit bei einer Gesamtzählzeit von 24 h eine Durchzugsfrequenz von 831.75 Vögeln pro Stunde. Diese Frequenz liegt im oberen durchschnittlichen Bereich (vgl. Kap. 2.2.3). Ringeltauben machten den größten Anteil an durchziehenden Individuen der erfassten Vogelarten aus. Es wurde beobachtet, dass die Zugformationen der Ringeltauben sich im Bereich der Bestands-WEA häufig auflösten und sich erst später neu sortierten Der Störungscharakter der WEA-Bauwerke zumindest für diese Art ist bereits bekannt und während dieser Zugvogelzählung 2016 erneut bestätigt worden. Es liegen zudem Erkenntnisse über einen Zugverdichtungsbereich im Bereich des Ballerbachtals bei Wiebelsheim in über 2,5 km Entfernung vor. Dort wurde in mehreren Jahren ein konstantes überdurchschnittliches Zugvogelaufkommen festgestellt, was auf die für Zugvögel optimalen Geländegegebenheiten zurückzuführen ist (auf die Hunsrückhochfläche zuführendes Tal in SW Richtung gelegen). Bewertung der Zugintensität Die Einschätzung des Standortes, insbesondere hinsichtlich der regionalen Bewertung, basiert im Wesentlichen auf Grundlage der in Kapitel 2.2.3 und im Anhang dargestellten Erkenntnisse zum Vogelzug in Südwestdeutschland. Die geplante WEA befindet sich nach den umfänglichen Untersuchungen und Erkenntnissen außerhalb des südlich gelegenen Zugverdichtungsbereiches des Ballerbachtals sowie der folgenden Passhöhe westlich/südwestlich von Wiebelsheim. Die ermittelte Zugfrequenz an den Anlagenstandorten ist als durchschnittlich (im oberen Bereich vgl. Kap. 2.2.3), jedoch nicht als signifikant erhöht einzustufen. Vor diesem Hintergrund sind keine erheblichen Beeinträchtigungen des Vogelzuges zu prognostizieren. Hinsichtlich des Ringeltaubenaufkommens kann betont werden das durch die Planung keine erhebliche weitere Barriere entsteht da die Planung an den Bestand-Windpark Oberwesel angrenzt (300 m bis 500 m Entfernung zum Bestands-Windpark). Die nördlich gelegenen Räume um Birkheim - Badenhard bleiben weiterhin frei. Es würde nach Realisierung der Planung weiterhin ein WEA-freier Raum von 2 km bestehen (um Birkheim - Badenhard), so dass Ausweichmöglichkeiten für die auf dem Zug störungsempfindlichen Ringeltauben bestehen. Zusammenfassend ergeben sich für den Vogelzug daher keine artenschutzrechtlichen Bedenken bezüglich des Vorhabens.

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Tab. 11: Ergebnisse der Zugvogelzählung 2016 für die WEA Planung Oberwesel.

Datum 21.09.2016 27.09.2016 05.10.2016 13.10.2016 26.10.2016 28.10.2016 04.11.2016 Zählzeit 4 4 4 3 3 3 3 Art Summe

Ringeltaube 11295 4 10 19 77 10261 320 604 Buchfink 4805 40 253 1448 280 375 1955 454 Wacholderdrossel 936 2 921 13 Star 656 18 48 584 4 2 Singdrossel 371 6 29 332 1 3 Wiesenpieper 318 23 103 48 69 19 45 11 Rotdrossel 274 121 1 20 77 55 Feldlerche 258 2 86 30 108 14 18 Hänfling 161 13 35 66 21 22 2 2 Bergfink 89 2 1 8 3 75 Heidelerche 79 46 21 11 1 Bachstelze 68 15 15 21 11 2 3 1 Kormoran 68 4 46 18 Baumpieper 66 52 10 4 Misteldrossel 57 1 6 9 36 5 Rauchschwalbe 57 15 31 11 Rotmilan 57 17 10 18 12 Kernbeißer 46 10 2 8 17 5 4 Mehlschwalbe 46 46 Saatkrähe 42 42 Erlenzeisig 35 4 3 8 20 Heckenbraunelle 34 6 7 18 2 1 Fichtenkreuzschnabel 24 8 16 Goldammer 19 6 1 11 1 Hohltaube 17 3 10 4 Sperber 16 4 3 7 2 Graureiher 12 10 2 Stieglitz 12 1 4 7 Rohrammer 10 5 2 1 2 Turmfalke 7 1 4 2 Graugans 4 2 2 Amsel 3 1 1 1 Blaumeise 3 1 2 Feldsperling 3 1 1 1 Silberreiher 3 3 Bergpieper 2 1 1 Baumfalke 1 1 Buntspecht 1 1 Gebirgsstelze 1 1 Girlitz 1 1 Grünfink 1 1 Mäusebussard 1 1 Rohrweihe 1 1 Rotkehlpieper 1 1 Wintergoldhähnchen 1 1

Summe 19962 244 557 2351 604 12422 2533 1251

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3.3.2 Kranichzug

Ergebnisse Kranichzählungen im Hunsrück:

Im Herbst 2016 konnten aufgrund niedrigerer Zughöhen und einem guten Tagzug am 31.10. über 50.000 Kraniche gezählt werden, von denen alle über den Hunsrück zogen und somit auch durch den beplanten Bereich gingen. Auch aus langjährigen Frühjahrserhebungen wird ersichtlich, dass der Hunsrück auf dem Heimzug der Kraniche in die nordischen Brutgebiete als bedeutsamer Zugkorridor tangiert wird. Dieselben Angaben finden sich z.B. auch auf der Internetplattform „ornitho.de“ des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten (DDA e.V.). Dort wird ersichtlich, dass das Vorhabensgebiet traditionell vom Kranich bedeutsam frequentiert wird. In der Regel fliegen die Kraniche an starken Zugtagen wie o.g. in Höhen bis zu 1.000 m aufgrund Hochdruckwetterlagen, so dass keine Gefahren durch WEA ausgehen (siehe Allgemeines zu Vogelzug im Anhang). Bewertung des Konflikpotentials: Nach Auswertung der eigenen Zählungen, Sichtung der internen Daten und den Meldungen in www.ornitho.de. ergibt sich, dass der Standort im Hauptdurchzugskorridor geplant ist. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist insbesondere im Herbst mit einem Durchzug in diesem Naturraum zu rechnen. Zudem ist eine Massierung von WEA in dem betrachteten Raum abzusehen. Aufgrund dessen wird empfohlen, die hier geplanten WEA mit in das bestehende Kranichmonitoring von Rheinland-Pfalz zu integrieren. Dann kann gewährleistet werden, dass durch Koordination an Massenzugtagen (Zug von > 20.000 Ind. und gleichzeitigen Schlechtwetterereignissen (Nebel, Regen, tiefhängende Bewölkung, schlechte Sichtbedingungen für die Tiere, Starkwindereignisse) eine Anlagenabschaltung ermöglicht wird, sodass die Tiere den Standort barrierefrei passieren können.

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4 Fazit der Konfliktanalyse Zusammenfassend ist das Konfliktpotenzial am geplanten Standort demnach wie folgt zu bewerten:  Bezüglich windkraftsensibler Brutvogelarten liegt der geplante WEA-Standort der Firma Kreuzberger & Spengler, regenerative Energien GmbH & Co KG, nicht innerhalb des spezifischen empfohlenen Mindestabstandes zu nachgewiesenen Brutvorkommen, noch ließen sich bevorzugt aufgesuchte Nahrungshabitate dieser Brutpaare in planungsrelevanter Nähe nachweisen. Bezüglich des Vorkommens des Schwarzstorches werden aufgrund der Nähe zu einem Brutplatz Ausgleichsmaßnahmen gemäß des „Naturschutzfachlichen Rahmen zur Windenergienutzung in Rheinland Pfalz“ (VSW & LUWG 2012) empfohlen. Die Maßnahmen bzw. der Umfang sollten mit der zuständigen UNB (Herr Heise) und dem Revierförster Herr Hans und abgestimmt werden.

 Hinsichtlich der übrigen vorkommenden Brutvogelarten wird das Konfliktpotenzial als gering eingestuft, da sich aus den vorliegenden Ergebnissen keine erheblichen Beeinträchtigungen ableiten lassen. Die Rodungen sowie die Baufeldfreimachung sollten grundsätzlich außerhalb der Brutzeit stattfinden.

 Das in 2016 am Standort ermittelte Zugvogelaufkommen lag im oberen Durchschnittsbereich. Lokal bedeutsame Zugkorridore liegen nicht im Bereich der WEA-Planung, sondern deutlich außerhalb (bei Wiebelsheim). Die WEA Planung ist als nördliche Erweiterung des bestehenden Windparks Oberwesel zu sehen (300 bis 500 m Entfernung zum Bestands-Windpark). Für störungsempfindliche Zugvogelarten wie bspw. Ringeltauben bleibt ausreichend barrierefreier Raum nördlich der Planung (über 2 km). Unter dieser Voraussetzung sind keine erheblichen negativen Auswirkungen auf den allgemeinen Vogelzug durch die geplanten Anlagen zu prognostizieren.

 Für den Kranichzug sollte dieser Standort im Falle einer Umsetzung der Planung, aufgrund der Lage des Plangebietes im Bereich eines Hauptdurchzugskorridores sowie einer bereits bestehenden Massierung von WEA in dem betrachteten Raum, mit in das Kranichmonitoring für WEA-Standorte in Rheinland-Pfalz integriert werden.

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6 Anhang

Wetterdaten der Brutvogelbegehungen 2016:

lfd. Nr. Datum Uhrzeit Temp. (C°) Windstärke (bft) Windrichtung Bedeckungsgrad (%) Niederschlag

1 30.03.2016 12:00-16:00 6 2 SW 80-100 Nein 2 06.04.2016 11:50-19:50 7-8 4 WSW 75-100 Nein 3 15.04.2016 10:00-15:00 8-12 4 SW 80-100 Ja 4 18.04.2016 10:00-15:00 12-15 2 W 0-25 Nein 5 19.04.2016 10:00-18:30 10-12 2 W 90-100 Nein 6 06.05.2016 08:10-16:10 15-20 2-3 S 5 Nein 7 10.05.2016 08:20-16:20 15 2-3 SO 100 Nein 8 22.05.2016 12:30-17:30 20 3 SW 50 Ja 9 27.05.2016 12:00-18:00 15-17 1 W 90 Ja 10 11.06.2016 06:30-12:30 23-25 1 O-NW 90 Nein 11 23.06.2016 16:30-23:00 30-20 2-3 SW 0 Nein 12 27.06.2016 08:20-15:30 18-23 1 W 100 Nein 13 25.07.2015 14:00-18:30 22-25 2 N 50 Nein 14 27.07.2016 09:00-15:00 20-28 2 SW 0 Nein 15 01.08.2016 09:00-17:00 12-15 2 SW 0 Nein 16 08.08.2016 08:30-16:15 20 3 NW 30-60 Nein

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Regelmäßig genutzte Beobachtungspunkte (rot) während der Großvogelkartierung 2016. Der Punkt bei Badenhard (Wasserbehälter) stellt auch den Zugvogelzählpunkt 2016 dar.

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Allgemeines zu Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Avifauna Brutvögel Die Auswirkungen von WEA auf das Verhalten von Brutvögeln ist nach dem jetzigen Wissensstand noch nicht für alle Arten endgültig geklärt, was vor allem auf die bisher sehr unterschiedlichen Beobachtungen des Reaktionsverhaltens verschiedener Arten oder Artengruppen zurückzuführen ist. In der Literatur finden sich überwiegend Hinweise darauf, dass zumindest bei zahlreichen Kleinvogelarten (z. B. Feldlerche, Goldammer) und insbesondere auch bei Gehölz- und Wald-bewohnenden Arten ein gewisser Gewöhnungseffekt eintritt, so dass die Auswirkungen auf Brutvorkommen dieser Arten allgemein als gering bezeichnet werden können (u. a. GREGOR 1996, SOMMERHAGE 1997, BACH ET AL. 1999, WALTER & BRUX 1999, BERGEN 2001, KORN & SCHERNER 2001, HÖTKER ET AL. 2004, KORN & STÜBING 2008, SINNING ET AL. 2004, HÖTKER 2006). Viele Autoren bezeichnen dagegen größere, offenlandbewohnende Arten wie beispielsweise Kornweihe oder Kiebitz sowie nahrungssuchende Greif- und Großvögel als besonders empfindlich gegenüber WEA (z. B. ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER 2001, UMWELT- UND ENERGIEMINISTERIUM DÄNEMARKS 1995). Für die meisten Arten fehlen jedoch entsprechende Nachweise. BERGEN (2001) stellte lediglich bei der Wachtel einen Bestandsrückgang nach der Errichtung von WEA fest, wobei der ursächliche Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlagen aufgrund der natürlicherweise stark schwankenden Bestandszahlen dieser Art nicht sicher nachgewiesen werden konnte. Arten wie Feldlerche und Goldammer zeigten keinerlei Meideverhalten. Auch bei Greifvögeln wie Rohr-, Wiesen- und Kornweihe konnte der Autor keine Beeinträchtigungen feststellen. Zur Wachtel liegen weitere Untersuchungen von MÜLLER & ILLNER 2002 vor, die ein Meideverhalten der Art bis ca. 300 m Abstand zu WEA feststellten. Neuere Untersuchungen an WEA in Brandenburg zeigten allerdings ein wesentlich geringer ausgeprägtes Abstandsverhalten bei der Wachtel. In insgesamt 9 Windparken lagen die Revierzentren der Wachteln im Mittel nur 160 m von den WEA entfernt (MÖCKEL & WIESNER 2007). Verschiedene Hinweise liegen u. a. für den Kiebitz vor. Das UMWELT- UND ENERGIEMINISTERIUM DÄNEMARK (1995) berichtet beispielsweise über eine starke Abnahme des Brutbestandes sowie des Bruterfolges des Kiebitzes in der näheren Umgebung (45 ha) einer Windkraftanlage. Andere Autoren wiederum stellten keine besonderen Auswirkungen auf Kiebitzbrutplätze fest (z. B. SINNIG 1999, BACH ET AL. 1999, WALTER & BRUX 1999). An diesem Beispiel ist ersichtlich, dass zumindest hinsichtlich mancher Arten eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Empfindlichkeit gegenüber WEA besteht. Infolge dessen gibt es bis dato keinen allgemein gültigen Überblick über empfindliche Arten bzw. deren Reaktionsverhalten bezüglich WEA (vgl. HANDKE 2000, HÖTKER 2006). ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER (2001) haben eine Liste von sogenannten „Zielarten“ als potenziell empfindliche Brutvogelarten definiert, die im Rahmen der Planung von Windkraftanlagen besonders berücksichtigt werden sollen. Im Einzelnen sind dies: Schwarzstorch, Graureiher, Rohr-, Korn- und Wiesenweihe, Haselhuhn, Wiedehopf, Raubwürger sowie Rotkopfwürger. Brut-, Nahrungs- und Mauserplätze dieser Arten sollten nach Meinung der Autoren aufgrund der allgemeinen Störanfälligkeit der Arten von der Bebauung mit WEA ausgeschlossen werden. Nachweise zur Empfindlichkeit dieser Arten gegenüber WEA lassen sich aus der Fachliteratur jedoch nur selten ableiten (s. o.). Zahlreiche neuere Studien und Äußerungen von Fachleuten deuten vielmehr darauf hin, dass eine Beeinträchtigung von Brutvögeln gar nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß und nur bei bestimmten Arten

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Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel gegeben ist (z. B. BACH ET AL. 1999, KORN & STÜBING 2001, 2008, BERGEN 2001, WALTER & BRUX 1999, STÜBING 2001, EXO mündl. Mitt., REICHENBACH 2001, MENZEL 2001, MÜLLER & ILLNER 2002, HÖTKER ET AL. 2004, HOLZHÜTER & GRÜNKORN 2006). In der Regel beziehen sich die Aussagen der Autoren allerdings auf Arten offener oder halboffener Landschaften. Über das Reaktionsverhalten waldbewohnender Vogelarten und insbesondere der Störanfälligkeit wertgebender Arten bei den Spechten und Eulen gegenüber Windkraftanlagen gibt es bis dato keine publizierten Untersuchungen. Beobachtungen im Rahmen eines Monitorings an einem bestehenden Windpark in Hessen (KORN & STÜBING 2008) zeigten im Vergleich zur Ausgangssituation ohne WEA bisher keinerlei Veränderungen der Waldavizönose nach Inbetriebnahme des Windparks. Im untersuchten Gebiet kamen u. a. auch Mittelspecht, Schwarzspecht und Grünspecht vor. Auch diese Arten zeigten keine negativen Veränderungen des Brutbestandes. Eine Scheuchwirkung, die ein Meideverhalten auslöst, ist somit, zumindest bei den meisten Waldarten, nicht gegeben. Bisher noch unzureichend geklärt ist die Frage, ob Vögel (langfristig) durch den entstehenden Lärm beeinträchtigt werden können. Als Schwellenwert, ab dem Auswirkungen auf Vogelpopulationen erkennbar werden, geben z. B. MAZEY & BOYE (1995) 30-60 dB(A) für Waldvögel sowie 40-60 dB(A) für Wiesenvögel an. KLUMP (2001) geht davon aus, dass aufgrund von Labordaten zur Wahrnehmung von Signalen bei Störschall ab einem Pegel von 47 dB(A) bei vielen Vogelarten eine Maskierung relevanter Informationen in Kommunikationssignalen möglich ist. Das Maß der Beeinträchtigung dürfte allerdings nicht allein vom Schallpegel, sondern auch von der Frequenz abhängig sein. Ebenso spielt auch die Dauerhaftigkeit des Lärms eine entscheidende Rolle. So können sich die meisten Vögel in der Regel an einzelne, jeweils zeitlich begrenzte, regelmäßig wiederkehrende und auch sehr laute Geräusche wie z. B. an einem Flughafen oder auf einem Truppenübungsplatz gut gewöhnen (u. a. ELLIS ET AL. 1991, BUNSEL 1978, JAKOBI 1975, KEMPF & HÜPPOP 1996). Dauerhafte Lärmemissionen, wie z. B. an Tag und Nacht stark befahrenen Straßen, verursachen dagegen bei vielen Arten Fluchtreaktionen und führen mitunter zu erheblich geringeren Brutdichten und Reproduktionserfolgen (MAZEY & BOYE 1995, POHLE 1997, MÜLLER 2001). Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Lärmemissionen von WEA gegenüber den genannten Beispielen wie etwa Straßen, können jedoch keine analogen Rückschlüsse aus den o. g. Erkenntnissen gezogen werden. Da die meisten Offenlandarten, zumindest alle verbreiteten Singvogelarten, keine Reaktionen bzw. kein Meideverhalten zeigen, ist dies sicher auch für die überwiegende Zahl von Arten des Waldes zu erwarten. Bei speziellen Arten wie den Eulen ist diesbezüglich zum jetzigen Zeitpunkt eine Prognose des Konfliktpotenzials nur anhand ihrer allgemeinen Störanfälligkeit und in Anlehnung an die Erfahrungen mit anderen Arten möglich. Hinsichtlich der Empfindlichkeit von Greifvögeln, Störchen und anderen Großvogelarten kristallisiert sich die Erkenntnis heraus, dass diese Arten Windenergieanlagen, zumindest bei der Nahrungssuche und auf dem Zug, nicht meiden, wodurch es allerdings zu Kollisionen mit den Rotoren kommen kann (z. B. ACHA 1998, LANGSTON & PULLAN 2003, BARRIOS & RODRIGUEZ 2004). Nach der aktuellen bundesweiten Schlagopferstatistik des Brandenburgischen Landesumweltamtes (Stand: März 2010) gehören in Deutschland Rotmilan, Seeadler und Mäusebussard zu den Vogelarten, die relativ häufig mit WEA kollidieren. Für die beiden erstgenannten Arten sind die Totfunde vor allem vor dem Hintergrund ihrer vergleichsweise geringen Dichte als signifikant zu bezeichnen, auch wenn der genannten „Statistik“ keine systematische Erfassung zu Grunde liegt. Auch aufgrund ihrer Schutzwürdigkeit gehört jenen Arten im Rahmen von WEA-Planungen deshalb besonderes Augenmerk.

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Zusammenfassend ist bezüglich der möglichen Auswirkungen von WEA auf Brutvögel festzuhalten, dass Beeinträchtigungen nach dem jetzigen Stand des Wissens i. d. R. nur in sehr geringem Umfang zu erwarten sind. So konnte z. B. in den bereits zahlreich vorliegenden Studien bisher bei keiner Singvogelart ein negativer Einfluss von WEA auf die Brutansiedlung festgestellt werden. Bei einigen wenigen Offenlandarten (z. B. Kiebitz, Wachtel, Wachtelkönig) sind unter bestimmten Voraussetzungen offensichtlich Verdrängungseffekte in Größenordnungen von wenigen 100 m möglich. Bei seltenen, gefährdeten Großvogelarten (z. B. Uhu, Schwarzstorch) sind zur Vermeidung von Störungen und zur Verringerung der Kollisionsgefahr entsprechende Schutzradien um den Horststandort einzuhalten. Dies betrifft vor allem auch den Rotmilan, der in jüngster Vergangenheit vermehrt als Schlagopfer auftrat. Als alleiniger Maßstab für eine sachgerechte Konfliktanalyse ist ein pauschaler Schutzabstand jedoch nicht geeignet

Zug- und Rastvögel Vogelzug findet in Mitteleuropa an jedem beliebigen Ort, mindestens temporär, statt. Bereiche ohne Vogelzug existieren nicht. Eine potenzielle Störung des Vogelzuges durch WEA ist somit an keinem Standort gänzlich auszuschließen. Über das Verhalten von niedrig ziehenden Zugvögeln im Bereich von binnenländischen Windkraftanlagen war lange nur wenig bekannt. Im Küstenbereich wurden bereits früh negative Auswirkungen u.a. auf Kiebitz, Goldregenpfeifer, Großer Brachvogel und Graugans dokumentiert (NNA 1990, UMWELT- UND ENERGIEMINISTERIUM DÄNEMARKS 1995). Die Vögel reagierten auf laufende Einzelanlagen und Windparks mit Ausweichbewegungen in Form von Umfliegen bzw. Überfliegen der Standorte. Des Weiteren wurde ein weitgehender Verlust der Rastflächenfunktion im Umkreis von mehreren hundert Metern um die Anlagen beobachtet (250-800 m, UMWELT- UND ENERGIEMINISTERIUM DÄNEMARKS 1995; bis 500 m, NNA 1990). FOLZ (1998) beobachtete im Binnenland bei ziehenden Kiebitzen weiträumige Kursabweichungen, Zugumkehr, Formationsauflösungen und Zugunterbrechung sowie die Aufgabe eines ehemals regelmäßig und stark frequentierten Rastplatzes, der mit WEA bebaut wurde.

Neuere Untersuchungen aus dem Norddeutschen Raum von HANDKE, HANDKE & MENKE (1999), SINNING (1999), SINNING & GERJETS (1999) oder REICHBACH (2001) kommen dagegen zu dem Ergebnis, dass z. B. der Kiebitz – wie auch andere Vogelarten – weitaus weniger empfindlich auf WEA reagieren als bis dato angenommen. So beobachteten die Autoren u.a. mehrmals größere Kiebitzschwärme, die sich z. T. in unmittelbarer Nähe (< 50 m) der Anlagen aufhielten.

WALTER & BRUX (1999) stellten in einer Untersuchung im Bereich von Cuxhaven fest, dass z. B. rastende Kiebitze einen Bereich von ca. 100 m um die Windkraftanlagen eher meiden, in weiter entfernten Zonen allerdings kaum noch eine Beeinträchtigung besteht. Zu ähnlichen Erkenntnissen kommt SCHREIBER (2000), der für verschiedene rastende Limikolen und Wasservögel unterdurchschnittliche Zahlen in einem Umkreis von 200 m (z. B. Goldregenpfeifer) bis 500 m (z. B. Pfeifente) um die Anlagen feststellte. Ähnliche Ergebnisse werden von BERGEN (2001) dokumentiert, der bei rastenden Kiebitzen ein deutliches Meideverhalten bis zu einem Abstand von 200 m beobachtete. Aus einer Studie von BRAUNEIS (1999) im Landkreis Hersfeld-Rotenburg (Hessen) geht hervor, dass alle beobachteten Großvögel (z. B. Greifvögel, Kranich, Kormoran) sowie ziehende und rastende Kleinvögel, die in Trupps auftraten, Irritationen gegenüber laufenden Windkraftanlagen und ein deutliches Abstandsverhalten zeigten. Bei stehenden

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Rotoren beobachtete der Autor zahlreiche Vögel, die sich ohne Scheu den Anlagen näherten oder sie durchflogen. Die Untersuchungen von ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER (2001) an Windkraftanlagen im Westerwald (Langenbach) und in Rheinhessen (Spiesheim) zeigen ähnliche Beeinträchtigungen von Zugvögeln auf. Die Tiere reagierten auf die Bauwerke fast ausnahmslos mit weiträumigen, seitlichen Ausweichbewegungen. Dabei wurde festgestellt, dass große Vögel und/oder große Schwärme im Allgemeinen einen weiteren Abstand halten als kleiner Arten und kleine Trupps, was sich mit den Beobachtungen von BRAUNEIS (1999) und SOMMERHAGE (1997) deckt. Durchquerungen der Anlagen waren äußerst selten, Überflüge fanden überhaupt nicht statt. Über die Abstände, welche Vögel im Vorbeiflug zu den Anlagen einhalten, gibt es recht unterschiedliche Angaben. Sie reichen von ca. 200-250 m (BRAUNEIS 1999) bis etwa durchschnittlich 200-500 m (SOMMERHAGE 1997, ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER 2001). Selbst Vögel, die höher flogen als die eigentliche Anlagenhöhe, wichen vom Zugkurs ab. In manchen Fällen kam es auch zur Auflösung von Zugverbänden oder gar zur Zugumkehr. Qualitativ vergleichbare Beeinträchtigungen des Vogelzugs, jedoch mit wesentlich geringeren Reaktionshäufigkeiten bzw. -ausmaßen stellten BERGEN (2001) und STÜBING (2001) fest. Ein Gewöhnungseffekt, wie er wahrscheinlich bei manchen Standvögeln entwickelt wird, die in der Nähe von Windkraftanlagen brüten, tritt nach den gemachten Beobachtungen offenbar nicht ein. Die von ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER (2001) beschriebenen Ausweichbewegungen führten weiterhin zu einer Meidung der Anlagenstandorte sowie der in Zugrichtung folgenden Flächen als Rastplätze, wodurch ein sogenannter „Zugschatten“ entstand. 64 % der beobachteten Vogeltrupps kehrten nach der Ausweichbewegung nicht innerhalb einer für den Beobachter sichtbaren Entfernung auf den ursprünglichen Zugkurs zurück. Die Barrierewirkung, der entsprechende Zugschatten sowie der Verlust von Rastflächen sind folglich umso größer, je breiter sich eine Anlage quer zur Hauptzugrichtung (NO→SW) erstreckt. Die Untersuchungsergebnisse von ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER (2001) am Standort in Spiesheim (s. o.) wurden allerdings von STÜBING (2004) durch eine experimentelle Studie am gleichen Standort deutlich wiederlegt. STÜBING stellte fest, dass die Ausführungen der Autoren zum Einfluss der WEA an diesem Standort ganz offensichtlich auf Fehlinterpretationen basierten. Das Umfliegen des auf einer Höhe liegenden WEA-Standortes war offensichtlich Folge des Geländereliefs und nicht der vorhandenen Anlagen, was sich nach Abstellen und Ausrichten der Anlagen in Zugrichtung herausstellte. Ebenfalls erheblich geringere Reaktionshäufigkeiten und -entfernungen stellten u. a. BERGEN (2001), STÜBING (2001) und SINNING & DE BRUYN (2004) fest. Die Ergebnisse der umfangreichen Studie von STÜBING (2001) an 10 verschiedenen WEA-Standorten stellten sich wie folgt dar: Der Anteil der auf WEA zufliegenden Zugvögel, die eine beobachtbare Reaktion auf die Anlagen zeigten, lag an den verschiedenen Standorten etwa zwischen 30 % und 80 %; im Mittel bei ca. 50 %. Der Reaktionsabstand lag schwerpunktmäßig bei unter 350 m. Bei der Untersuchung von BERGEN (2001) lagen die Anteile reagierender Vögel sogar nur zwischen 4 % und 45 %. Weiterhin geht der Autor davon aus, dass Kleinvögel Anlagen, die in einem Abstand von mehr als 300 m voneinander stehen, ohne Reaktion passieren. Die Ergebnisse decken sich weitestgehend auch mit Untersuchungen des Gutachters an bereits bestehenden Anlagenstandorten (z. B. BLG 2006). ISSELBÄCHER (2007) geht in einem Standortgutachten davon aus, dass ein Abstand von 500 m zwischen zwei benachbarten WEA eine weitgehend „barrierefreie“ und ausreichend dimensionierte Zugpassage bildet, welche die Funktion eines nutzbaren Zugkorridors mit hoher Sicherheit erfüllt.

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Zu noch geringeren Beeinträchtigungen des Vogelzuges, vor allem bei Kleinvögeln, kommen SINNING & DE BRUYN (2004) nach einer Studie an einem Windpark im norddeutschen Flachland. Sowohl ziehende Singvögel als auch einige andere Arten(gruppen) werden nach den dort durchgeführten Untersuchungen als relativ unempfindlich gegenüber WEA bezeichnet. In einer eigenen Studie (BLG 2006) am Windpark Freisener Höhe (Rheinland- Pfalz / Saarland) kam es lediglich bei knapp 20 % der beobachteten Vögel zu einer Reaktion auf WEA. Zu berücksichtigen ist dabei zwar, dass die Anlagenpositionierung in diesem Windpark meist einreihig ausgebildet ist, der mittlere Anlagenabstand untereinander beträgt jedoch im Mittel weit unter 200 m. Trotzdem kam es zu zahlreichen Durchflügen mit nur geringen oder keinen beobachtbaren Reaktionen der Vögel. Was die Reaktionsentfernungen bzw. Abstände ziehender und auch rastender Vögel zu den Anlagen betrifft, scheint sich nach Auswertung der vorhandenen Literatur zusammenfassend folgendes Bild abzuzeichnen: Der Schwerpunkt der beobachtbaren Reaktionen liegt -zumindest bei den Kleinvögeln- unter der Marke von 350 m bis 500 m. In größeren Entfernungen nimmt die Reaktionshäufigkeit deutlich ab. Die Reaktionsausmaße sind artspezifisch unterschiedlich und von weiteren Faktoren wie Sichtbedingungen, Anlagengröße und Positionierung der Anlagen abhängig. Vogelarten mit guten Flugfähigkeiten (z. B. Schwalben, Greife) reagieren in der Regel weniger stark als Arten mit eingeschränkten Manövrierfähigkeiten. Zusammenfassend ist durch die zahlreichen o. g. Untersuchungen festzustellen, dass Anlagenkomplexe zumindest von den Kleinvögeln relativ unbeeinträchtigt durchflogen werden, sofern die Anlagen gewisse Abstände untereinander aufweisen. Nach den vorliegenden Daten und Aussagen muss davon ausgegangen werden, dass „Lücken“ spätestens ab 500 m Breite (quer zur Zugrichtung gemessen) von Kleinvögeln ohne größere Beeinträchtigungen durchflogen und genutzt werden können. Den neuesten Studien zur Folge muss demnach von einer hohen Durchlässigkeit von Windparks gesprochen werden, was ursprünglichen Äußerungen bezüglich des Barriereeffektes von WEA widerspricht. Windparke stellen somit keinesfalls geschlossene, unüberwindbare Barrieren dar, wie es in vergangenen Jahren vielfach postuliert wurde. Bei sehr dicht und ggf. hintereinander gestaffelt stehenden Anlagen kommt es jedoch generell zu Ausweichbewegungen. In Bereichen mit lokalen oder regionalen Konzentrationen des Vogelzugs können in solchen Fällen Beeinträchtigungen auftreten. Bei manchen Großvögeln, insbesondere wenn sie in individuenstarken Trupps auftreten, sind größere Auswirkungen auf den Zug nicht auszuschließen. Was die Frage nach dem erforderlichen Abstand von Windparken untereinander vor dem Hintergrund potenzieller Summationseffekte betrifft, gibt es nur wenige, i. d. R. nicht begründete Aussagen. Ursprünglich wurden z. B. von ISSELBÄCHER & ISSELBÄCHER (2001) noch vier Kilometer als Mindestabstand zwischen zwei Anlagenkomplexen genannt. Nach den zahlreichen neueren Erkenntnissen aus den vergangenen Jahren wird allerdings deutlich, dass dieser Wert aufgrund der damals noch mangelhaften Datengrundlagen, zumindest im Hinblick auf ziehende Kleinvögel, mit einem sehr hohen Vorsorgepuffer ausgestattet war und deutlich zu hoch gewählt wurde. Hinsichtlich des Kleinvogelzuges ist vielmehr davon auszugehen, dass, ausgehend von den bekannten Reaktions- und Ausweichdistanzen von wenigen hundert Metern, spätestens ab einem Abstand von ca. 1 km quer zur Zugrichtung zwischen zwei Anlagenkomplexen keine Summationswirkungen mehr auftreten können. Letztendlich muss allerdings je nach Positionierung der Windparke zueinander (neben-, hintereinander, gestaffelt), dem Zugaufkommen, der Durchlässigkeit der einzelnen Komplexe (s. o.) und auch dem Geländerelief stets im Einzelfall überprüft werden, ob es zu

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Summationseffekten kommen kann, die zu einer potenziellen Erheblichkeit von Beeinträchtigungen führen können. Die Definition eines konkreten Mindestabstandes wird demnach den Anforderungen an eine fachlich fundierte, standortbezogene Prüfung nicht gerecht und kann allein kein Maßstab hinsichtlich der Verträglichkeit darstellen. Der o. g. Abstand von 1 km sollte somit als Richtwert betrachtet werden. In Räumen mit einer bedeutenden Funktion als Durchzugsraum für Großvögel wie z. B. für Gänse, Schwäne, Kraniche etc. und insbesondere in der Nähe bedeutender Rastplätze dieser Arten sind aufgrund des ausgeprägteren Abstandsverhalten sowie der arten- und naturschutzfachlich größeren Relevanz andere Maßstäbe anzusetzen.

Erheblichkeit von Störungen des Vogelzugs Bezüglich der Erheblichkeit der o. g. potenziellen Beeinträchtigungen in Bezug auf das einzelne Individuum ist derzeit keine wissenschaftlich seriös begründete Bewertung möglich. Es ist allerdings nachvollziehbar nicht davon auszugehen, dass ein Vogel, der auf einer üblicherweise mehrere hundert oder tausend Kilometer weiten, ohnehin nicht linear verlaufenden Zugstrecke mit zahlreichen natürlichen Hindernissen wie Höhenkuppen etc., einen Umweg von einigen hundert Metern an einer Windkraftanlage in Kauf nehmen muss, durch das Umfliegen erheblich in seinem Energiehaushalt beeinträchtigt wird. Die Erheblichkeitsschwelle ist nach ISSELBÄCHER (2007) in Bezug auf eine einzelne Zugvogelart bzw. deren Individuen sehr hoch anzusetzen, sofern keine bedeutsamen Raumfunktionen von naturschutzfachlich bedeutsamen Arten betroffen sind. Eine potenzielle Erheblichkeit kann deshalb außerhalb derartiger Räume überhaupt nur dann vorliegen, wenn Summationseffekte in zeitlich bzw. räumlichen Zusammenhang auftreten oder wenn in regional oder lokal bedeutenden Zugkonzentrationsbereichen sehr hohe Anzahlen von Vögeln betroffen sind bzw. eine signifikant erhöhte Raumfunktion als Zugkorridor beeinträchtigt ist.

Kranichzug Im Rahmen von Windenergieplanungen wird bezüglich des Vogelzuges häufig auch der Kranichzug thematisiert. Kranichen wird aufgrund ihres auffälligen und populären Zugverhaltens, das ausgeprägte Hauptzugtage mit z. T. mehreren zehntausend Individuen aufweist, und der Tatsache, dass Kraniche unter diesen Voraussetzungen auch von weniger erfahrenen Beobachtern eindrucksvoll zu beobachten sind, in gewisser Weise eine Sonderrolle unterstellt. Als einer der wenigen europäischen Schmalfrontzieher legt der Kranich die Strecke zum und vom Winterquartier nicht auf breiter Front sondern, gesteuert von traditionellen Großrastplätzen in Nord- und Ostdeutschland, Zwischenrastplätzen in Nordfrankreich und Überwinterungsgebieten in Südfrankreich und Spanien entlang eines relativ schmalen Korridors zurück. Kraniche ziehen vor allem im mittleren und nördlichen Rheinland-Pfalz sowie im Saarland in jährlich unterschiedlichen und in jüngster Zeit deutlich zunehmenden Anzahlen. Genutzt werden dabei schwerpunktmäßig südwestlich ausgerichtete Talräume, insbesondere von Mosel und Nahe. Kranichdurchzug findet allerdings in fast ganz Rheinland-Pfalz und auch im gesamten Saarland statt. Je nach Wetterlage verschiebt sich der Durchzug mehr nach Norden oder nach Süden, wobei allerdings stets ein Nord-Süd- Gefälle vorhanden ist. D. h. die Durchzugszahlen im nördlichen Rheinland-Pfalz sind in der Regel deutlich höher als in den südlichen Landesteilen. In den letzten Jahren sind allerdings

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Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel auch zunehmende Zugzahlen in südlicheren Bereichen zu verzeichnen, was im Wesentlichen mit der Etablierung weiter südlich liegender Rastplätze in Ostdeutschland, bzw. dort steigender Rastzahlen zusammenhängt. Auf dem Rückzug im Frühjahr verschiebt sich der Zugkorridor weiter Richtung Norden, so dass in diesem Zeitraum z. B. im Nordpfälzer Bergland oder an der Nahe im Allgemeinen nur wenige Kraniche beobachtet werden können. Während im Herbst meist an einzelnen Tagen sehr starker Durchzug herrscht, ist das Aufkommen des Kranichs im Frühjahr gleichmäßiger verteilt. Auf dem Wegzug ziehen Kraniche bevorzugt an Tagen mit Ost-Wetterlagen, welche kalte Luftmassen in die großen Rastgebiete in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Nordpolen transportieren. Der durch die Kälte ausgelöste Zugdrang wird dann i. d. R. auch durch nordöstliche Winde unterstützt. Aufgrund des somit vorhandenen Rückenwindes ziehen Kraniche im Allgemeinen in großen Höhen von meist 300-500 m Höhe oder weit darüber über das Binnenland. Bei diesen Bedingungen werden keine Beeinträchtigungen der Tiere an Windenergieanlagen beobachtet (STÜBING 2001, BFL & BFF 2012, ISSELBÄCHER 2007). Problematisch kann es dagegen werden, wenn sich die Wetterbedingungen während einer Zugwelle verschlechtern (z. B. bei eintretendem Nebel oder starkem Gegenwind) und die Tiere zu einem niedrigeren Flug oder auch zum Rasten gezwungen sind (wie z. B. im Herbst 2002 in Hessen). In solchen Fällen können Beeinträchtigungen durch das Vorhandensein von Windkraftanlagen entstehen. Im Rahmen eines Kranichmonitorings an verschiedenen WEA-Standorten in Rheinland-Pfalz wurden in den Jahren seit einschließlich 2006 die Reaktionen von Kranichen an bestehenden Windkraftanlagen beobachtet (STÜBING ET AL. 2006, 2007). Bei den Beobachtungen vor Ort wurden neben der Anzahl, Flughöhe und Richtung der einzelnen Trupps auch deren Reaktionsverhalten gegenüber den WEA dokumentiert. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zwar zu berücksichtigen, dass viele der beobachteten Trupps natürlich auch weit entfernt von den Anlagen gezogen sind (je nach Sicht sind Beobachtungen bis zu einer Distanz von ca. 20 km möglich) und sich somit außerhalb eines potenziellen Wirkbereichs der WEA befanden. Da jedoch bei Kranichen oft auch Fernwirkungen von mehreren Kilometern diskutiert werden, sollten alle Beobachtungen in die Auswertung eingehen. Letztendlich spiegeln die Ergebnisse auch die reale Situation vor Ort wieder. Zur einheitlichen Einstufung bzw. Beschreibung eines Reaktionsverhaltens wurden im Vorfeld für alle Beobachter verbindliche Verhaltenskategorien festgelegt, die den einzelnen Trupps zugeordnet wurden. Abb. I.1 verdeutlicht, dass der weit überwiegende Anteil der beobachteten Kraniche die WEA Standorte ungehindert passierte. Erhebliche Beeinträchtigungen wie Zugumkehr oder Zugabbruch konnten nicht festgestellt werden.

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Abb. I.1: Verteilung von Kranichtrupps (n=644 Trupps, 88.160 Individuen) auf die verschiedenen definierten Verhaltenskategorien; Daten aus Kranichmonitoring 2006- 2014

Im Mittel betrugen die Flughöhen an den WEA-Standorten ca. 380 m (n = 1.481 Trupps, 234.500 Individuen), so dass ein Überfliegen der Anlagen in den meisten Fällen schon aufgrund der Flughöhe ohne Reaktion (Umfliegen oder Höhengewinn) möglich war. In einigen wenigen Fällen konnten leichte Kursabweichungen sowie Höhengewinne im Geradeausflug dokumentiert werden. Die Kraniche, die nördlich und südlich der WEA vorbeizogen (und damit die Masse der Tiere), zeigten auch im näheren Umfeld der WEA i. d. R. gar keine Reaktion. Die Reaktionshäufigkeit und -intensität war an den untersuchten Standorten somit insgesamt sehr gering. Mortalität durch Kollisionen ist zwar aufgrund der Größe des Kranichs wahrscheinlicher als bei kleineren Spezies, besitzt jedoch genau wie bei allen anderen Vogelarten, zumindest im Binnenland, angesichts der großen Gesamtmenge der Durchzügler (zwischen 150.000 und 200.000 Kraniche) und besonders angesichts des stark ansteigenden Bestandes der westziehenden europäischen Population der Art keine populationsrelevante Bedeutung. Zur Rast einfallende Tiere werden in Rheinland-Pfalz nur selten beobachtet. Kraniche rasten in Rheinland-Pfalz, wie auch in den benachbarten Bundesländern fast ausschließlich aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse. Traditionelle, d. h. sehr regelmäßig oder gar jährlich und über längere Verweildauer aufgesuchte Zwischenrastplätze oder Rastgebiete des Kranichs existieren in Rheinland-Pfalz nicht. Eines der wenigen Gebiete in Rheinland- Pfalz, die sporadisch aufgesucht werden, ist der Dreifelder Weiher im Westerwald. Wie Einzelbeobachtungen zeigen, scheinen sich darüber hinaus Senken in offenen Agrarlandschaften (z. B. Rheinhessen, Maifeld) zur kurzzeitigen Rast (Übernachtung) von Kranichen zu eignen, ohne dass hier bislang tradierte Nutzungen ausgeprägt sind.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass potenzielle Wirkfaktoren wie Kollisionen und Störungen des Zuges unter populationsbiologischen Aspekten beim Kranich mit hoher Sicherheit zu vernachlässigen sind (vgl. ISSELBÄCHER 2007). Potenziell erhebliche Beeinträchtigungen einzelner Individuen durch Kollisionen bei o. g. ungünstigen Bedingungen sind jedoch prinzipiell nicht gänzlich auszuschließen, was hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Bedingungen eine Berücksichtigung erfordert (§ 44 BNatSchG), wodurch folglich entsprechende Vermeidungsmaßnahmen erforderlich werden. Aufgrund

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Ornithologisches Fachgutachten zur WEA-Planung Oberwesel der geringen Wahrscheinlichkeit von Kollisionen stellt dies jedoch einen sehr konservativen Ansatz dar. Eine diesbezügliche, besondere Berücksichtigung bzw. die Anwendung von Vermeidungsmaßnahmen sind aus gutachterlicher Sicht nur dann erforderlich, wenn sich das Vorhaben in einem Schwerpunktbereich des Kranichzuges innerhalb des Schmalfrontkorridors befindet (in Rheinland-Pfalz: insbesondere Nahetal, Moseltal, Südliche Eifel, Nördliches Rheinhessen) oder ein erhöhtes Risiko durch eine räumliche Massierung von WEA entsteht.

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