GRATIS Ausgabe 2 // 11/2012 // www.localcalling.de

local zine for the local scene LOCAL CALLING Regionales Musikmagazin

★ Mit neuer EP und richtig Feuer im Arsch ★

The Audience: Eine Institution King Lui Van Beethoven: Festival Sommer: Sonne, Eis und löst sich auf. Wir haben das Warum KLVB eineinhalb Jahre Dosenbier: Festivals in Belgien, vermutlich letzte Interview. für ihr neues Album brauchten. der Schweiz und Nürnberg. Edtiali or

Servus Moinsen Cheers!

Als wir uns zum Interview mit The Audience trafen, um über ihr neues Album zu reden, war es noch Sommer. Ein paar Monate später ist es nicht nur etliche Grad kälter. The Audience sind Geschichte. Die letzte Tour wird gerade gespielt, danach gibt es diese wunderbare Band nicht mehr. Das konnten wir damals im Sommer noch nicht wissen. Ja, das wussten die Jungs selber noch nicht. Deswegen handelt unsere Ge- schichte nicht nur vom neuen Album, sondern auch von den Hintergrün- den und Folgen dieser Trennung. Aber es passieren auch schöne Dinge! Eines hälst du gerade in der Hand. Unsere zweite Print-Ausgabe. Wir sind mächtig stolz, dass wir es wieder - nach einigen Schwierigkeiten - geschafft haben. Schön ist vor allem, dass die Local Calling-Familie gewachsen ist. Zu uns beiden (Oli und Andi) sind Nicki und Dave als Layouter, Sweet als Fotografin und Salchi als Autor dazugekommen. Außerdem hat Jary auch seinen Teil zum Heft beigetra- gen und ein wahres Urgestein der Szene getroffen: Uwe Reisz. Wenn du grade keine Ahnung hat, was du hier eigentlich in den Händen hältst: Wir sind Local Calling. Das einzi- ge Musikmagazin, dass sich nur mit der regionalen Musik-Szene in Nürnberg beschäftigt. Wir schreiben Kritiken und Konzert-Berichte, interviewen und fo- tografieren Bands und geben der Szene die Öffentlichkeit, die sie verdient. In diesem Sinne: Viel Spaß beim lesen und hören.

Rock On! Andi und Oli für die gesamte Redaktion

L LLINOCAL CA G // Ausgabe 2 // 11/2012 3 Inhalt Inhalt

Ausgabe 2 // 11/2012 16 08

06 18

Stories Rezis Stuff Impressum Redaktion: Igualdad 06 Adjust the Sun 32 Oli's Festival-Sommer 40 localcalling.de My Inner Kingdom 08 Aion 32 Pull the Trigger 46 c/o Andreas Dittmann The Elephant Circus 10 Altedo 33 DTLOT-Gangshout 48 Zufuhrstr. 9, 90443 Nürnberg Altedo 14 The Audience 33 Alte Säcke: Uwe Reisz 50 Tel.: 0911/47050446 King Lui van Beethoven 16 Border of Insanity 34 Erika's Laden Musik 54 E-Mail: [email protected] Ego Decay 18 Effloresce 34 Web: www.localcalling.de eSKAlation 21 Ego Decay 35 Rubriken Chefredaktion: Andreas Dittmann, The Audience 24 The Elephant Circus 35 Olivia Barth-Jurca Willie Tanner 28 eSKAlation 36 Editorial 03 Mitarbeiter dieser Ausgabe: Kin Marrow 36 Impressum 05 Andreas Dittmann, Olivia Barth-Jurca, King Lui van Beethoven 37 Bands dieser Ausgabe 55 Jary Dittmann, Salchi Salchenegger Meloco 37 Fotos: Andreas Dittmann, Olivia Point & Die Spielverderber 38 Barth-Jurca, Svetlana Degtareva, Bock bei uns mitzumachen? Natalie Domabil, Evelin Moga Ski's Country Trash 38 Als Fotograf, Redakteur, Layouter, Willie Tanner 39 Praktikant oder Kaffeekocher? Einfach Layout: Dave Mola, Nicki Weber eine E-Mail schreiben an: (www.sunflowermedia.de) [email protected] Logo: Ramona Ring // Room 404

4 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 5 Stories // igualdad igualdad // Stories

Gleichheit, Ebenbürtigkeit Igualdad Reggae-Funk-HipHop – Wie junge Menschen alte Musik Foto: Band spielen und neue Fans gewinnen

ine 10-köpfige Band zum Talk bei Gschreeeei und auf die Fresse. Denn per zur Combo gehören ist nur auf den will man die hungrige Fanmeute na- mir auf dem Rocksofa in der Luise auf die Fresse gibt es bei Igualdad ersten Blick irritierend. Statt sich in alter türlich befriedigen und das ganze auch Ewar auch für mich eine Premie- höchstens beim Abspacken und Tan- Hip-Hop-Manier in Grund und Boden zu veröffentlichen. Dabei stehen die Mu- re... Alles ging durcheinander und je- zen bis zur Bewusstlosigkeit, wenn batteln, ergänzen sich Kolja und Paul mit siker teilweise vor dem Abi oder haben der wuselte rum. Wie ich finde, haben man die sonnigen Klänge in den Körper ihrem Sprechgesang auf Deutsch und dieses gerade erst hinter sich gebracht. wir das aber bestens gemeistert und da lässt. Einziges Manko, das ich während Englisch und verzichten dabei auf die Erinnert man sich da an die Zeit zu- habe ich diese jungen Talente einfach der Recherche feststellen musste, war übliche „dicke Hose“- Attitüde. rück, kann man sich vorstellen wie lieben gelernt. Die Jungs und Mädels die Aussage eines Kumpels: „Ja ja, die Besonderes Highlight jedes Auftritts: schwer es ist 10 Musiker zusammen haben auch einiges zu erzählen. Be- sind schon sau gut, aber wie sollen die Der Song „Dear Mr. Bach“, bei dem zu halten. Einer geht nach Kanada, der gonnen hat alles wie so oft mit bunten sich denn noch steigern – die machen Violinist Julian dem verstaubten Bach andere tingelt sonst irgendwo in der Jam-Sessions beim heimlichen Kopf ja jetzt schon alles richtig!“ Gut, das ist neues Leben einhaucht. Überhaupt Welt herum, aber das stört kaum. So der Band Chris Hold: „So nach und ja wahrlich nicht das Schlimmste! überzeugt die Band live auf ganzer Li- sympathisch sie auf der Bühne wirken, nach sind dann immer mehr dazu ge- Als Vorband für die Szene-Größe nie – wie zuletzt am Klüpfel Open Air. so gechillt sind sie auch untereinander. kommen und es hat einfach gepasst!“ Raggabund musste sich der Nürnber- Völlig gerechtfertigt also, dass Igualdad Jeder soll schließlich Spaß haben und Zugegeben, Ska-Reggae-Funk ge- ger Haufen sicher nicht verstecken. Mit bei der NN-Rockbühne im Finale stan- es gibt ja dank dieses ominösen Inter- mischt mit Rap-Gesang ist zwar nichts groovigem Bass, Off-Beat-Gitarren, zwei den. Derzeit arbeiten sie auf Hoch- nets diverse Möglichkeiten trotzdem total Neues mehr, trotzdem war es für großartigen Sängerinnen (Theresa und druck an einer Platte, die nach eige- eine Band zu sein, egal wo man sich mich erfreulich zu sehen, dass auch Jasmin) brachten sie die Menge zum ner Aussage zwar eher dazu dient, die auf der Erde gerade befindet. Menschen unter 30 mehr können als schwitzen. Auch das gleich zwei Rap- Songs nicht zu vergessen. Trotzdem Oli Barth-Jurca

6 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 7 Stories // my inner kingdom my inner kingdom // Stories

Realität bewegen als in einer Fantasy- Jungs nach oben geschossen, sondern Neues aus Welt. “Ein großes Thema der Texte sind auch bei eingefleischten Moshern aus Ängste. Jeder Mensch wird von Ihnen dem Umland. “Das war schon toll. Ich der Anstalt geplagt, der eine mehr, der andere we- hatte ehrlich gesagt nicht damit gerech- Wenn man hört, dass Bands niger. Wir lassen uns viel zu sehr von net, dass wir gleich beim ersten Gig das Ihnen beherrschen anstatt einfach unser Interesse von so vielen Leuten wecken wie ABSORB, AUTOKANNIBA- Leben zu leben.” Erinnert man sich an würden. Das zeigt aber einmal mehr, LISTKA und REALITY’S FALL die textuellen Ergüsse des Frontmanns dass die Leute in der Region immer noch fünf Mitglieder hervorgebracht zurück, waren nicht selten Horrorge- auf der Suche nach gutem Metal sind.” haben, welche sich nun 2010 schichten Inhalt, aber auch das scheint Und das vollkommen zu Recht. zusammenschlossen um einmal zum Großteil der Vergangenheit an- Ob das Interesse an Live-Gigs von mehr Lautes aus der Region zu zugehören. “Wie schon erwähnt, wir My Inner Kingdom langfristig erhalten feuern, werden einige ein Fun- sind alle erwachsener geworden, das bleibt, wird wie immer abzuwarten sein, keln in den Augen haben und schließt auch ein, dass ich mich in mei- doch wenn man danach tatsächlich den nen Texten weiterentwickelt habe. Wer Sprung von der kleinen Bühne in St. Pe- Foto: Svetlana Degtareva manche das pure Entsetzen. mich kennt, der weiß, dass ich ein ab- ter nach München ins Backstage (ganz soluter Horror-, und Splatter-Freak bin, ohne Emergenza) schafft, um bei der ie immer ist an jeder Her- tert das Schwergewicht “wir sind alle deshalb wird es auch immer wieder die Knopf CD-Release Tour mitzumischen, angehensweise ein Quänt- erwachsener geworden. Das Songwri- ein oder andere Textzeile mit solch ei- lassen sich doch rosige Aussichten fürs Wchen Wahrheit dran, denn ting nehmen wir sehr ernst und es ist nem Inhalt geben, allerdings werde ich erste nicht abstreiten. wenn man die x-te Mischung aus Trash nicht mehr unser Ziel – wie damals bei mich – zumindest nach jetzigem Stand – Wer jetzt Blut geleckt hat und sich Metal, Death Metal und Metalcore an- Autokannibalistika – die Songs so hart nicht mehr in Cannibal Corpse Gefilden einen Eindruck von My Inner Kingdom gerührt bekommt, dann ist Skepsis und abgedreht wie möglich zu schrei- bewegen.” verschaffen möchte, der muss sich lei- erstmal erlaubt. My Inner Kingdom ben. Oberste Prämisse bei Bandgrün- Was My Inner Kingdom gegenüber den der noch etwas gedulden. “Wir haben selbst möchte aber gar nicht zu sehr in dung war es, dass wir uns selbst keine meisten neuen Bands der Region aus- zwar zwei Demo Songs auf unserer Fa- irgendeine Schublade gepackt werden. Grenzen auferlegen werden.” zeichnet ist, dass die Metaller aus Mit- cebook Seite, aber die werden wir aus- “Es ist immer schwer eine Antwort Eine kluge Einstellung in einer Zeit, in telfranken schon zig Jahre an Erfahrung tauschen, sobald unsere ‘richtigen’ Auf- auf die Frage ‘Welche Musik macht der junge lokale Deathcore Bands – die auf vielen Bühnen und Proberäumen nahmen fertig sind”, erklärt Bogi. “Wir Ihr denn?’ zu finden. Es gibt mittler- meisten mehr schlecht als recht - wie Bayerns und darüber hinaus vorzuweisen sind derzeit fleißig am Aufnehmen und weile so viele Subgenres, daran kann Pilze aus dem Boden schießen, deren haben, was man deren Livedarbietun- ich denke, dass wir Anfang des kom- man schon das ein oder andere Mal Namen aber genauso schnell wieder gen durchaus anmerkt. Nach dem ful- menden Jahres unseren ersten Output verzweifeln. Am liebsten antworte ich in der Versenkung verschwinden. Liest minanten Debut-Auftritt für Peter, Bogi, präsentieren können.” Nun sollte bei immer, dass wir modernen Metal spie- man sich die Texte von My Inner King- René, Riko und Benny am 15. Juni in der jedem Musikfreund zumindest ein klein len”, erklärt uns Bogi seines Zeichens dom genauer durch, dann merkt man Luise vor verhältnismäßig vollem Haus, wenig die Neugier an dieser Combo ge- Sänger der Combo. Weiterhin erläu- schnell, dass sie sich hier mehr in der ist die Euphorie nicht nur bei den fünf weckt sein. Salchi Salchenegger

8 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 9 Stories // the elephant circus the elephant circus // Stories

Fotos: Band

Mit Geige, Cello und Tablas wurde aus The Elephant Circus Elephants On Speed (davon sind unsere fahrung. So gibt es Parts, in denen sich das Elephant Circus Orchestra. Grade mal eine EP später Fotos) in der Tafelhalle war ein voller der Frontman komplett zurücknehmen ist das aber wieder Geschichte. Die Karten werden neu Erfolg. Und dann? Die alte Geschichte: musste, um den Tablas oder dem Kon- gemischt, das Orchestra im Namen wieder raus gestrichen – und andere Projekte, andere künstlerische trabass Platz zu machen. „Das war für ein gleich ein neues Album geschrieben. Vorstellungen, Familie, Beruf. Übrig mich ungewohnt bis hart. Ich bin es blieben nur Keyboarder René la Ruso, ja eher gewohnt durch zu schrammeln icht mal fünf Minuten dauert wieder Luft schnappend neben ihm. Geigerin Timea Teleki und natürlich das aber das kannst du vor allem mit Jazz- das Interview mit Elephant Cir- Endlich kann es weitergehen. Schließ- Urgestein Uli Tsitsos, der mit der neu- musikern nicht machen.“ Die Hälfte der Ncus Chef Uli Tsitsos, da geht lich gibt es einiges zu besprechen. en Situation recht zufrieden wirkt. Mit Band bestand nämlich aus Profis. Was schon die Batterie des Aufnahmegerä- Michael Szilovics am Schlagzeug und man deutlich hört. Die selbst betitelte tes in den Arsch. Scheiß Timing. Ersatz Vom Orchestra zum Circus Matthias Flach am Bass wurde The Ele- EP klingt doch um einiges experimentel- gibts auch nicht, also muss schnell zum Zum Beispiel, warum sich das Elephant phant Circus wieder reaktiviert. ler, konstruierter und weniger eingängig Supermarkt gerannt werden. Uli bleibt Circus Orchestra schon wieder aufgelöst Die EP des Orchesters war da na- als „The Rock'n'Roll Swindlers“. gemütlich mit Sonnenbrille im Gesicht hat. Schließlich lief es so gut: Die EP türlich schon draußen und mal wieder Klar, das Grundgerüst aus America- und Club Mate auf dem Tisch sitzen. war im Kasten, die ersten Konzerte lie- eine tolle Platte. Für Uli war die Auf- na, Folk und Pop bleibt bestehen, doch Stolze zehn Minuten später hocke ich fen super und vor allem das Tanztheater nahme eine interessante und gute Er- Ulis Freigeistigkeit kombiniert mit den

10 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 11 Stories // the elephant circus

großen musikalischen Fähigkeiten sei- tag rein tragen. Das ist wie eine Wun- ner Band trägt die Musik in sehr expe- derpille für mich. Aber dann sind die rimentelle, jazzige und zum Teil durch- Songs natürlich auch wieder dunkel.“ gedrehte Gefilde. Immer wieder bricht sein Alter Ego, der Apokalyptic Trouba- EP fertig, Album in Arbeit dour, durch. Zum Beispiel in „Jumbo“, Das wird aber auf der neuen Platte et- dass auf einem durchgängigen Loop was anders. „Da gibt’s dann doch wie- aufbaut. Der Text? Fantasie-Englisch, der zwei, drei Songs, die richtig opti- spontan aufgenommen. „Ich musste mistisch nach vorne gehen.“ Sowieso, den Text danach raus hören, abschrei- das neue Album! The Elephant Circus ben und dann auswendig lernen“. stecken schon wieder tief drinnen in Wie immer ist Ulis Musik dunkel, der Arbeit. Ende des Jahres soll es dann deprimiert und düster. Ganz anders, soweit sein. „Es wird definitiv wieder als er im Gespräch wirkt. „Ich kann eingängiger werden. So wie die erste halt meine negativen Gefühle oder Scheibe, aber ein bisschen mehr in die Stimmungen in der Musik austragen Indie-Ecke“. Man darf gespannt sein. und muss das dann nicht in den All- Andi Dittmann

12 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 Stories // Altedo altedo // Stories

Foto: Band Fans nach München in die Muffathalle. sicht." Caner freut sich auch derbe über 30 sind dann aber doch 200 zu wenig die professionelle Arbeit von Ghostcity um einen Sieg davon zu tragen. Letzt- und das gute Produktion. "Wir können endlich wurde es immerhin der vierte echt stolz darauf sein. Es war auf jeden Platz und die erwähnte Aufnahme in den Fall harte Arbeit. Wir sind eben echt eine Artist-Pool. "Das bringt uns glaub ich temperamentvolle Band, jeder will seine mehr als ein Sieg", findet Alex. "Es gibt Ideen durchboxen. Aber so funktioniert Bands, die weitergekommen sind und es für uns am Besten." Caners Wurzeln von denen hörst und siehst du jetzt nix liegen in der Türkei, Alex' in Griechen- mehr. Tja, und wir sind jetzt schon das land, der zweite Gitarrist kommt ur- Wenn Emergenza zweite Jahr dabei." Und Gitarrist Caner sprünglich aus Russland. "Wir sind eine fügt hinzu: "Die haben uns dann sehr Multi-Kulti-Band" lacht Alex. viel ermöglicht. Vor allem, die ganzen Die vielen Einflüsse und unterschied- was bringt Auftritte in Städten wo ich vorher noch lichen Geschmäcker fallen eigentlich gar nie war! Das war eine geile Erfahrung." nicht groß auf, denn "Follow The Light Es gibt sie tatsächlich: Bands, die von Emergenza profitieren. Die vielen Gigs sind aber nicht alles im Way" klingt in sich schlüssig, auch wenn Altedo zum Beispiel. Die landeten dieses Jahr zum zweiten Altedo-Universum. Seit Mai ist ihr De- die Produktion für den harten Alternati- Mal im Artist-Pool und kommen so an jede Menge Gigs. büt-Album draußen. Ein bombastisches, ve-Fan sehr poppig anmutet: Alex Stim- brachiales und sehr poppiges Stück Al- me und seine Melodien stehen immer mergenza ist so eine zweischneidi- wie Altedo. Die sind beides und deswe- ternative-Rock. Heftige Scream-Erup- groß im Vordergrund. "Das 14-jährige ge Sache. Auf der anderen Seite hat gen auch im zweiten Jahr in Folge im tionen wechseln sich mit melodiösen Mädchen soll uns genauso hören können, Eman immer das Gefühl, total ab- Artist-Pool von Emergenza. und sanften Parts ab. Man hört Creed, wie der 30-jährige Motorrad-Rocker", gezockt zu werden. Die Bands investie- Incubus und raus. fasst Alex das Bandkonzept zusammen. ren Kohle, die wahrscheinlich nicht mehr Gigs, Gigs und ein Album Eine Mischung, die zwar nicht aus der Auf die Frage, ob sich so ein Album reinkommt, nur um dann spätestens in "Normalerweise wechseln die Bands je- Reihe tanzt, aber hervorragend funkti- überhaupt noch lohnt aufzunehmen München zu scheitern. Das Hochgefühl, des Jahr, aber wir sind jetzt nochmal da- oniert, perfektionistisch eingespielt ist müssen beide lachen. "Scheiß auf im Hirsch oder im Backstage gespielt zu bei und kriegen so Gigs in ganz Deutsch- und wie aus einem Guss wirkt. Inner- das Geld", sagt Caner. "Echt. Scheiß haben, verfliegt schnell, denn ein wirk- land, in der Schweiz. Überall wo es eben halb von vier Wochen wurde die Schei- auf das Geld. Wenn einer auf mich zu liches Interesse an den Bands haben die Emergenza gibt, gibt es Slots für uns. be bei Ghostcity aufgenommen. kommt und sagt, dass er einen Song Veranstalter natürlich nicht. Auf der an- Zum Beispiel auch auf der Musikmesse. von uns irgendwo im Radio gehört hat deren Seite: Wann spielt man schon vor Wir kommen gut rum", berichtet Sänger Bandkonzept: und das geil fand, reicht mir das kom- so vielen Leuten in so coolen Schuppen? Alex von seinen guten Erfahrungen und Mädchen und Rocker plett." Man glaubts ihnen halt wirklich. Und sowieso: Scheiß aufs Geld! Letztlich den Vorteilen von Emergenza. "Das Album ist viel besser geworden, Mittlerweile haben sich die Jungs einen bleibt aber: Du musst entweder richtig Die Jungs gewannen 2011 den Wett- als wir uns das jemals erträumt hätten. Bandbus mit Anhänger gekauft. Scheiß gut und/oder Massenkompatibel sein. So bewerb in Nürnberg und fuhren mit 30 Das war echt ein positiver Schlag ins Ge- auf das Geld. Andi Dittmann

14 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 15 Stories // king lui van beethoven king lui van beethoven // Stories

Foto: Band ing Lui Van Beethoven sind Mit dem bewegen sich die Jungs weg obdachlos - als Band natürlich von der Punk'n'Roll-Schiene, für die Knur. Nachdem es einfach zu viel KLVB eigentlich bekannt sind, in Rich- Schimmel im Proberaum wurde ha- tung Bruce-Springsteen-Punk, wie er ben sie gekündigt. Dann bunkern sie grad so beliebt ist. Das klappt richtig sich ab und zu bei einer befreundeten gut. Jens kratzig, heiseres Organ hat Band ein um den neuen Songs noch klar den Boss als Vorbild, ist sich aber den letzten Feinschliff durchaus seiner Punkrock- zu verpassen, bevor es "Den Ruf der Vergangenheit bewußt zum Album-Release-Gig Lausbuben kriegen und macht da keinen Hehl im K4 ging. "Ich glaub wir eh nicht mehr draus. "Wir sind melodi- wir haben in den letzten weg." - Art scher und ja... poppiger eineinhalb Jahren viel- geworden", fasst Drummer leicht 10 mal geprobt." Oha. Und das Casper zusammen. Durchaus. Vielsei- funktioniert? Gelächter. "Für das Pub- tiger, kreativer und tighter könnte man likum ja, für uns so naja. Aber Proben noch dazufügen. ist was für Feiglinge." Eh klar. Woher das kommt können Art, Völlig logisch, dass da ein Album Neno und Casper erklären: "Am An- ganz schön warten muss, bevor es fang haben wir die Band aus Scheiß endlich fertig wird. Dazu kommt, dass gegründet, weil wir es geil fanden, ihr Stamm-Mischer, mittlerweile in Freigetränke zu bekommen. Jetzt Berlin wohnhaft, nur gelegentlich in haben wir einen viel größeren musi- die fränksiche Heimat zurückkommt. kalischen Anspruch dahinter", meint Da noch einen passenden Aufnahme- Casper. Außerdem haben sie sich we- Termin finden, der für alle klappt? sentlich mehr Zeit für die Songs ge- Proben ist was Schwierig. Wenn dann auch noch der nommen als vorher. "Für die meisten", Sägner "im Ausland", also in Bamberg, wirft Art ein. Gelächter. studiert, wird die ganze Angelegenheit Und wie soll es jetzt weitergehen? für Feiglinge noch komplizerter. "Ansonsten ha- Wie viele Nürnberger Bands zur Zeit, ben wir uns am Wochenende darum zieht es die Jungs raus aus der Szene. an Beethoven an ihrem gekümmert, dass wir besoffen sind." Sie wollen sich auch in anderen Städten Eineinhalb Jahre haben King Lui V Irgendwie hat es aber trotzdem im- einen Namen spielen, mal ein fremdes zweiten Album gearbeitet. Gründe dafür gibts einige: Alkohol, mer wieder geklappt und so haben Publikum zum schwitzen und gröhlen Schimmel und Berlin. Mit Art, Casper und Neno haben wir KLVB ihr zweites Album seit wenigen und bringen und... klar: Freigetränke ab- über den neuen Sound der Jungs geredet. Wochen im Kasten. stauben. Cheers! Andi Dittmann

16 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 17 Stories // Ego Decay ego decay // Stories

nochmal von vorne Fotos: Svetlana Degtareva Ego Decay sind irgendwie schon eine Newcomer Band. ist. Aus den idealistischen Studenten sind gehemmt", beschreibt Dieter das neue Aber dann auch nicht. Schließlich ist keiner der Bandmitglieder ein zwei erwachsene und realistische Männer Arbeiten mit Ego Decay. "Und jetzt kann unbeschriebenes Blatt. Vor allem nicht Peter und Dieter, die schon geworden, die ihre Situation richtig ein- jeder seine Ideen einbringen und daran in den 90ern musikalisch höchst erfolgreich unterwegs waren. schätzen können und einfach gemeinsam wird gearbeitet." "Wir sind ein Team. Mukke machen wollen. Mit Basser Daniel Menschlich und musikalisch klappt diese n The Fields hieß diese Band, die hinten mit all den Höhen und Tiefen er- und einem anderen Daniel (Drums) wur- Band hervorragend", ergänzt Peter. ein Label, ein Album und jede Men- lebt hat alles nochmal von vorne durch? den die Virgin Drums gegründet, die sich Das ist ein Punkt, der ihm besonders Ige Shows im Rücken hatte, bevor sie aber nach zwei Auftritten schon wieder wichtig ist. Keiner ist besonders privili- Mitte der 90er aufgelöst wurde. Ego Hauptsache Musik umbenannten, und einen neuen Schlag- giert, alle sind gleich wichtig, alle dürfen Decay heißt die neue Band und hat Die Antwort ist simpel: Warum nicht? zeuger aufnahmen: Johannes. Ego Decay ihr Ding einwerfen. Auch der Altersunter- eigentlich gar nichts mit In The Fields Weil man immer noch den Drang hat auf waren geboren. schied zwischen den Bandmitgliedern ist zu tun. Bemerkenswert ist die Hinter- der Bühne zu stehen, Songs zu schreiben, Jetzt sind alle zufrieden. "Bei all den nicht störend sondern eher "erfrischend" grundgeschichte aber dennoch. Denn eine Band zu sein. Weil das, was vor zehn Vorgänger-Bands hatte ich immer das und bereichernd. "Das ergibt halt eine warum macht jemand, der schon ein- Jahren passiert ist, schon längst verdaut Gefühl musikalisch nicht das machen zu Summe aus vielen vielen verschiedenen mal eine Bandgeschichte von vorne bis ist und die Situation eine komplett neue können, was ich wollte. Ich war kreativ Einflüssen." Außerdem wollen sie sich

18 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 19 Stories // the elephant circus eskalation // Stories

Lustig ist allerdings seine Vorgehenswei- se: Bei neuen Songs singt er schon eine fertige Melodie in Fantasie-Englisch. Da- nach hört er sich seinen Gesang an und Affocalyp se Now! versucht aus dem Trallalla-Englisch ein eSKAlation – Sprachrohr eines Affen Thema herauszuarbeiten. Er feilt an je- der Silbe, an jedem Wort, an jedem Satz. anz nach alter Ska-Tradition, Geflasht von einem No Respect Konzert Und am Ende kommt dann "We Fight It welche durch die SKAtalites auf im KV, gründete Franky 2006 die Com- Again" heraus, dass das Atomkraftwerk- GJamaica das Licht der Welt er- bo und ist bis heute der Einzige, der seit Unglück in Fukushima behandelt. blickte, hat sich auch eine kleine, lusti- der Gründing nicht von dem Projekt ab- Erlebt man Ego Decay persönlich, ge Gruppierung in Nürnberg den großen lassen konnte. Seither ist die Truppe auf kann man nur amüsiert grinsen. Da sit- drei Buchstaben verschrieben. eSKAla- immerhin 10 Mann gewachsen. „Bläser zen vier Männer um dich herum und er- tion, das sind 10 Menschen die Gitarre, waren immer das Problem, aber man zählen mit einer Begeisterung von ihrer Bass, Keyboard, Drums, Percussion, Sax muss sich diese einfach bei Blaskapellen Band, dass man den Eindruck hat, man und Trompete in die Hand nehmen und zusammensuchen“, sagt der 22-Jährige. spricht grad mit vier Teenagern, die den damit ne Menge Krach machen. Krach, Zwar leiht der Dreadkopf auch der Nürn- Rock'n'Roll für sich entdeckt haben. "Ich der tanzbar ist und aufrütteln soll. berger Metal-Combo Praena als Shouter glaube, dass diese Band für was Größe- res geschaffen ist", sagt dann zum Bei- musikalisch alles offenhalten, was im spiel Drummer Johannes. Auf der ande- Bereich ihres Könnens liegt. "Wir sind ren Seite sind sie absolut abgeklärt im alle nicht die Cracks", lacht Peter. "Des- vollen Wissen, dass man einfach noch wegen klingt vieles wahrscheinlich auch mehr braucht als Talent und geile Songs edgy oder geht in eine bestimmte Rich- um berühmt zu werden. "Ein paar richtig tung. Aber wir haben keinen Masterplan tolle Shows im Jahr reichen völlig aus", wo wir hin wollen. Höchstens einen wo sagt dann Peter und die anderen nicken. wir nicht hinwollen. Vor allem textlich." Vermutlich klingt ihr Debut gerade deshalb so tight, so schrammelig rot- Kein Bock auf Love-Songs zig, so wie aus einem Guss. Weil hier Denn auf den klassischen Love-Song vier Musiker zusammen spielen, die hat Peter, der alle Texte schreibt, keinen sich schätzen, die sich ihrer Fähigkeiten Bock. Er will Lyrics schreiben, die schwie- bewußt sind, die Musikwelt ganz gut rige Themen bearbeiten. Wer solch ei- kennen und die ihre Unterschiede und nen Anspruch an sich selbst hat, tut sich Gemeinsamkeiten gleichermaßen feiern Foto: Band logischerweise auch damit schwerer. und ernst nehmen. Andi Dittmann

20 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 21 Stories // Eskalation eskalation // Stories

seine Stimme und doch ist er mit großer Meinung zu haben und Inhalte wei- Musiker mit ihrem sommerlichen und Dass Anna nicht nur in der Band, son- Leidenschaft bei der, wie er sie nennt terzugeben, auch wenn sie manchmal tanzbaren Sound ergattern. Selbst ihr dern auch in der Musikerszene als Frau „Happy-Deppie-Musik“ dabei. Auch der damit aneckt. erster Auftritt 2008 war schon ein gro- oftmals alleine auf weiter Flur steht, derzeitige Schlagzeuger Alex ist von Pra- Bekannt sind die Nürnberger auch ßes Ding. Als Vorband von Superskan, stört die 21-Jähre nicht. Die Sänge- ena ausgeliehen: „Ska macht gute Laune nicht zuletzt durch ihr Maskottchen den lokalen Ska-Mathadoren, begann rin, die zwar nicht immer glockenklar, und heizt zum Tanzen ein. Zwar liebe ich „Auktor“. Der Gorilla, der nicht auf der ihre History, die sich mit Namen wie dafür aber mit selbsternannten dicken es, mich bei dem Metalsachen auszupo- Bühne, sondern auch in Annas Kopf Jamaram, Irie Révoltés und Skydrunk Eiern singt, stellt eines in der Band wern und draufzudreschen, aber irgend- herumspukt und ihr als auktorialer Er- durchaus sehen lassen kann. Und als ganz klar: „Es darf kein Mädchen in wie brauche ich beides“. zähler den Stoff für ihre Texte liefert. sie sich die Bühne auch noch mit Blä- die Band, Mädchen gehen mir furcht- Getrieben von ihrem politischen Anna versteht sich als sein Sprachrohr sern von SKA-P teilen durften, stan- bar auf den Sack!“ Gedankengut, schreibt die Frontfrau, und haut den Zuhörern das um die den die Nürnberger zu recht kurz vorm Am 21. September erblickte das die eigentlich keine sein will, sozialpo- Ohren, auf was „Auktor“ ironisch und orgasmieren. derzeitige Baby der Band mit viel Ge- litische Texte in linker Richtung. „Wir lachend herunterschaut. Dass Ska vielleicht für die Kids zu töse das Licht der Welt. „Affocalypse“ wollen keinen Blödsinn machen und eSKAlation standen nun schon „uncool“ geworden ist, davon wol- wurde samt Musikvideo und einer fet- nur über Schwachsinn reden“, so Fran- wirklich auf allen Brettern der Region, len eSKAlation nichts wissen. Eisern ten Party in der Desi mit Igualdad und ky. Auch Anna ist es wichtig, neben aber auch Gigs bei Festivals in ganz bouncen und tröten sie sich sogar im den Ska-Punkern Konrad 48 gefeiert, Spaß und Gute-Laune-Texten eine Deutschland konnten die noch jungen NN Rockbühnen Finale 2010 auf den bevor es dann ach noch auf eine Mini- dritten Platz und haben sich somit ih- Tour durch Süddeutschland ging. Also Live-Fotos: Svetlana Degtareva ren damaligen Traum, im Hirsch auf- wie der Affe sagen würde: Glotze aus zutreten selbst erspielt. und Mukke an! Oli Barth-Jurca

22 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 23 Stories // the audience the audience // Stories

ls Jo uns seinen Ausstieg be- dazugehörige Tour musste zuerst ver- Von ganzem kanntgegeben hat, haben wir schoben werden und ist jetzt in vollem Aes als emotional erforderlich Gange. Und nun wollen sie einfach so empfunden, die Situation mit immen- das Handtuch werfen? sem Alkoholgenuss zu entschärfen“, schreibt Sänger Bernd in einer Mail Sehnsucht, Melancholie, an die Redaktion. „Danach war sehr Leidenschaft Die Tour, die The Audience gerade spielen ist ihre letzte. Das Herzen schnell klar, dass wir uns The Audience Wir reisen ein paar Wochen zurück in Album, dass sie vor wenigen Monaten veröffentlichten ist also ohne Jo nicht vorstellen können.“ Eine die Vergangenheit. Jo ist noch fester noch mehr als der neueste Streich von Nürnbergs Postrock- Reaktion, die man auch verwundert Bestandteil der Band, die Tour-Pla- Institution. Es ist das letzte Album einer der nettesten, besten auffassen kann. Schließlich ist „Hearts“ nung in vollem Gange, kein Gedanke und erfolgreichsten Bands der Region. gerade mal ein paar Monate alt, die wird an Trennung verschwendet. Gi-

Fotos: Band

24 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 25 Stories // the audience the audience // Stories

tarrist Sebastian und Bassist Michael vor allem selbst aufgenommen. Das wann zu dem Punkt gekommen, dass sammen und gab seinen Ausstieg be- sitzen in der Regina, trinken Tee und hatte den Vorteil, dass sie sich diesmal wir das machen wollen, was uns wirk- kannt. Berufliche Gründe. Ein Schock plaudern über ihr neues Album. Als alle Zeit der Welt nehmen konnten. lich ausmacht", erklärt Michael den für die Band. Nach ein paar Tagen "Nürnbergs sozialste Band" wurden Die Songs konnten sich zwischen den Prozess. Das bedeutet, dass war für die restliche Band klar: The Audience mal auf dem Brücken- Aufnahmetage setzten, konnten im- The Audience im Grun- Ohne Jo geht’s mit The festival angekündigt. Kann man ger- mer wieder überarbeitet werden. Die- de so klingen, wie Audience definitiv nicht ne glauben, wenn man die zwei vor se Lockerheit merkt man "Hearts" an. man es gewohnt weiter. Ein Entschluss, sich hat: Überaus freundliche Waren die Vorgänger doch ist. Tanzbar, groo- den man nur bewun- und nette Kerle, die sehr sehr hektisch, schram- vend und bo- dern kann. Schließ- überlegte und ruhige melig, so klingen The denständig ohne lich haben sich die Antworten geben. Audience wesent- Elektro-Spielerei- Jungs über die „Songs ent- Man merkt ihnen die lich entspannter. en und sonstigem Jahre so eini- stehen bei uns (mediale) Erfahrung "Es war uns wich- Firlefanz. "Hearts" so: Wir treffen uns ges aufgebaut, an, die sie mittler- tig, uns von dem bewegt sich aber und spielen dann viel erreicht, weile gesammelt Druck zu lösen, vom hibbeligem Disco- einfach drauf los.“ viel gewonnen. haben. den wir nach dem Punk in Richtung offenem Sebastian Aber The Au- Schließlich sind zweiten Album Postrock. Ein durchaus gewoll- dience war auch sie seit ihrem De- „Musik ma- erlebt hatten", be- ter und gelungener Schritt. immer eine Band aus büt-Album 2007 chen ist etwas richtet Sebastian. Der Euphorie kurz nach Veröffent- Freunden, seit ihrer Gründung immer sehr persönliches, viel herumge- intimes und Die Songs für die Plat- lichung folgte schon bald die Ernüch- in der gleichen Besetzung. Fehlt einer kommen, haben emotionales.“ te entstanden allesamt vor den terung. Wegen Krankheit musste die der Fünf, fehlt der Truppe etwas Ent- unzählige Shows Michael Aufnahmen. Auch hier haben sich die komplette Tour verschoben werden. scheidendes. Die Trennung ist also ein gespielt und Mitte Jungs viel Zeit genommen. "Dancers & Im Interview mit Michael und Se- logischer Schluss aus dem Ausstieg ei- dieses Jahres ihre drit- Architects" wurde innerhalb von ein- bastian ist noch nichts von einem nes Einzelnen. te Platte veröffentlicht. Sie scheinen nun einhalb Jahren geschrieben, "Hearts" baldigen Ende zu spüren. In ihren Dennoch: Eine traurige Angelegen- voller Tatendrang zu sein, wollen endlich brauchte gewollt wesentlich länger. Antworten erkennt man eher positi- heit. Denn mit The Audience verliert wieder auf die Bühne, wollen ihr neues Das erklärt auch den etwas längeren ve Emotionen wie Vorfreude auf die die Szene eine ihrer besten und erfolg- Werk präsentieren: „Hearts“. Ein Album Abstand zwischen zweiten und dritten Tour und Stolz über das tolle Album. reichsten Bands. Aber es gibt Hoffnung, voller Sehnsucht, treibenden Beats, flir- Album. Damals wussten die Jungs tatsäch- denn: dass die anderen Mitglieder ihre render Melancholie, Leidenschaft und "Wir haben uns lange damit beschäf- lich noch nicht, dass es ihre letzte Instrumente jetzt einfach so in die Ecke mit viel Herz. tigt, wo wir als Band hin wollen. Wer Platte sein würde. stellen, war kaum zu erwarten. Oder wir überhaupt sind... Das ist ja immer wie es Bernd ausdrückt: „Es wäre grob Disco-Punk adé die Frage die man sich stellt. Entwickelt Das Ende, auch ein Anfang? fahrlässig, wenn wir nicht weiter Musik Die Platte wurde in verschiedenen man sich? Erzwingt man was? Wir ha- Das wissen sie erst seit Oktober. Jo, der zusammen machen würden.“ Studios und Räumen eingespielt und ben viel rumprobiert und sind irgend- Mann an den Tasten, rief die Band zu- Andi Dittmann

26 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 27 Stories // Willie Tanner Willie Tanner // Stories

Fotos: Band und Plausch zusammen. Alle hatten bereits gut laufende Projekte, Sergio bei Nail, Nico bei Deafcon X, und trotzdem konnte man einfach nicht voneinander ablassen und gründete die zunächst als Spaßprojekt dekla- rierte Alf-Gedächtnis-Band. Wie das immer so ist, haben sich alte Bands zerschlagen und dann war nur noch Willie Tanner übrig. Von der Ur- sprungs-Konstellation ist kaum noch jemand übrig. In den letz- ten eineinhalb Jahren gab es drei Besetzungswechsel zu überstehen, doch laut Nic ging es schneller als sich in einer neuen Beziehung zu- rechtzufinden. Das erste Album „How Weckruf der To Be A Complete Bastard“ wirkt wie eine Mischung aus Trotzreaktion und musika- Rockszene lischer Forschung. Elektro- elemente, die bis dato noch Willie Tanner geben Vollgas – Trotz Besetzungswechsel hauen nicht bei jeder drittklassigen sie mit ihrer neuen EP voll auf die Mütze und zeigen, dass auch Metalcoreband zum Einsatz ka- female-fronted Rock jenseits von Silbermond stattfinden kann. men, aufreibende Texte und die unverwechselbare Stimme der Front- er kennt sie nicht, das Und doch ist die Band Willie Tan- frau verschmelzen mit unglaublicher Energiebündel mit den si- ner nicht nur ein Kollektiv aus Musi- Wgnalroten Haaren?! Egal kern, welche sich um die ehrgeizige "Wenn die Jungs gesagt ob als Nic im Radio oder als Kate bei und charakterstarke Sängerin scha- hätten das klappt nicht, wäre Willie Tanner, an der Frau mit richtig ren, sondern ein Haufen altbekann- ich eventuell nicht nach Feuer im Arsch kommt keiner vorbei, ter Szenenasen und Buddies. Zu Berlin gegangen" egal ob in Nürnberg oder Berlin. Traffo-Zeiten kam man halt bei Bier

28 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 29 Stories // Willie Tanner Willie Tanner // Stories

Professionalität und Ehrgeiz zu einem diges Rosa-Lila-Gemisch. Dank mo- sehr gut schmeckenden Alternative- dernster Techniken und Transportmit- "Da war Gefahr in Verzug, Rock-Pop-Eintopf. Es folgten Auftrit- teln konnte am brandneuen Silberling also schnell 'ne neue te mit Oomph, Tito & Tarantula, Emil im Tonstudio Tinitus in Nürnberg gear- Platte her!" Bulls und Molotov sowie große Fes- beitet werden. Doch ist die EP „Wake tivals wie dem Greenville bei Berlin. up“ kein echter Silberling, da nur in Und Berlin ist auch das Stichwort, digitaler Form erhältlich. lärm als Rock verkauft und wir müs- denn die gute Nic hat der fränkischen sen diese Ebbe dann aussitzen“, so Heimat den Rücken gekehrt und ist Nur zwei Titten auf der Nic. Von Frauenbonus will sie ohnehin trotz aller Parolen von Kraftclub in die Bühne?! Nein Danke! nichts wissen: „Es wird einem nichts Hauptstadt abgewandert. Neue Stadt, Oftmals bekleckern sich vermeint- geschenkt weil man ne Frau ist. Im neues Haupthaar, wird sie sich gedacht liche Frauenrockbands nicht gerade Gegenteil. Was sollte es einem Ver- haben und tauscht ihr Markenzeichen, mit Ruhm und die Medien tun ihr üb- anstalter auch bringen, eine Band nur die knallroten Haare gegen ein tren- riges. „Da werden Bands wie Luxus- wegen zwei Titten auf die Bühne zu stellen?!“ Auch die ewigen Vergleiche mit sind nicht nur ner- vig, sondern zeugen davon, dass es in Deutschland immer nur eine Band gibt, die eine Sparte beherrscht. Und Leute, jetzt mal ehrlich, Guano Apes sind so was von passé (ja ja ich weiß, Comeback und so) und stellt euch vor, es kann auch ruhig noch andere Frau- enstimmen auf Rockmusik geben! Willie Tanner kratzen immer so an der Türe des Erfolges und scheinen am großen Durchbruch nur knapp vorbeizuschrammen, trotzdem wird nicht resigniert: „Es ist nicht einfach ne Band zu haben, wenn man etwas erreichen will. Wenn man nicht gera- de auf 'nem Hipe schwimmt, dann ist es sau schwer! Aber wir machen ein- fach weiter, weil es einfach zu viel Bock macht!“ Oli Barth-Jurca

30 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 31 REZIS REZIS

Adjust the sun // Devouring Worlds altedo // Follow The Light Way (Eigenvertrieb // 2012) (Eigenvertrieb // 2012) Als wunderbare Live-Band durfte ich Adjust the Sun schon Huch? Seit wann singt Creed-Sänger Scott Stapp bei Altedo? Ach mehrfach erleben, nun ist auch ihr Debüt-Album “Devouring nee, ist doch der Alex, der im zweiten Song der Platte seinem Idol Worlds” erschienen. Darauf geht es überwiegend schwermü- nacheifert. Macht er gut. Wo wir grad schon bei Idolen sind: Creed, tig, melancholisch und recht hart zur Sache, ein Vergleich Incubus, Funeral For A Friend. Alles Bands die man auf der Platte mit den frühen Dark Tranquillity bietet sich durchaus an. Dennoch haben die recht gut raushört. Wie so viele neue regionale Alben wurde auch "Follow The Light Way" fünf Herren und die Dame bereits einen eigenen Stil entwickelt, der besonders bei Ghostcity Recordings aufgenommen. Die Gitarren tönen dick und fett aus den Boxen, durch interessante Arrangements und erfrischend ungewöhnliche Songstrukturen der Gesang ist schön im Vordergrund. "Einen positiven Schlag ins Gesicht", nannte Gitarrist zu überzeugen weiß. Pluspunkte gibt es für das wundervolle Artwork, das die Caner das Ergebnis. Das trifft es ganz gut, denn gleich der zweite Song nach dem Klavier Stimmung der Scheibe ausgezeichnet visualisiert. Leichte Abzüge in der B-Note Intro kommt einem Schlag in die Fresse gleich. Natürlich positiv. Die Mitglieder bringen für den insgesamt etwas kühlen Sound, der ein wenig mehr Transparenz und alle die unterschiedlichsten Einflüsse mit ein: Da gibt es heftiges Hardcore-Gebrüll, tighte Druck vertragen könnte. Summa summarum haben wir es hier mit einem starken Modern-Rock-Riffs, aggressiven Post-Grunge-Gesang und sehr poppige Melodien und Struk- Debüt zu tun mit dem sich Adjust the Sun auf den Radar aller Metal-Freunde in turen. Aber alles fügt sich zu einer homogenen Einheit zusammen. Stellenweiße hätte den Franken katapultieren. Ein bisschen Luft nach oben bleibt, satte 5 Punkte und Jungs ein bisschen weniger Perfektion gut getan. "Follow The Light Way" ist so poliert und eine Kaufempfehlung gibt es dennoch. DM geschliffen, dass ihm hier und da die Kanten fehlen um richtig interessant zu klingen. AD Wertung: Wertung:

aion // Reveal Yourself The audience // Hearts (Eigenvertrieb // 2012) (Hazelwood Vinyl Plastics // 2012) Miguel Mayorga hat bei Avertine den melodiösen Kontrahenten Der Bass spielt immer die gleichen Achtel. Gitarre und Schlagzeug zum Screamo-Geschrei geliefert. Bei Aion steht er allein im Vor- stoßen dazu, während das Keyboard den Vorhang aufzieht und dergrund. Sobald man sich an sein sehr eigenes Organ gewöhnt den Blick auf The Audience freigibt. Da ist wieder die Nürnberger hat, macht Aion verdammt viel Spaß. Da ist auch schon der Knack- Postrock-Institution mit dem charismatischen Bernd Pflaum an punkt: Kommt man nämlich mit Miguels leidender und emotionaler Art, sich durch seine der Spitze, der seine romantischen Texte mit Inbrunst singt und spricht. "Hearts" klingt Texte zu schluchzen nicht klar, ist Aion für einen gestorben, denn die Stimme ist so cha- nach Discokugeln, nach dreckigen Chucks und nach akurat in die Hose gesteckten rakteristisch jung, dass du es entweder magst oder hasst. So viel sei verraten: Man sollte Hemden. "Dancers & Architects" von 2008 war ein schrammeliges Disco-Punk-Album, ihm mehr als eine Chance geben, denn singen kann er. Vor allem aber ist die Band hinter tanzbar, aber staubig und kratzig. "Hearts" dagegen ist polierter und ausgefeilter. Die ihm fantastisch. Da wird alles aufgefahren, was im Pop, Rock-Bereich zum gehobenen Blickrichtung ist nicht stur gen Dancefloor gerichtet, sondern lässt Ambient-Momente Standard gehört. Gerne darf man auch ein "Post-" davor setzen und entdeckt dann viele zu ("Waves"), in denen die Augen lächelnd geschlossen werden. Aber sie wären nicht Postcore-Ideen wieder. "Reveal Yourself" klingt nicht wie ein Debüt, sondern schon nach The Audience, wenn sie nicht das Publikum tanzen lassen wollten. So grooven sich einer Band, die sich gefunden hat. Gangshouts, große Melodien, offene Refrains, knacki- Bass und Schlagzeug zu einer Einheit. Gitarre und Keyboard flankieren, akzentuieren ge Rock-Riffs, tightes Zusammenspiel, grummelnde Bässe und Pop-Attitüde. Das Ganze und schaffen Raum für den Gesang. Mit "Hearts" verlässt eine der tollsten Bands der professionell eingespielt. Ein bisschen kurz vielleicht – aber guuut! AD Region die Bühne. Wir verneigen uns. AD Wertung: Wertung:

32 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 33 REZIS REZIS

Border of Insanity // Defy in Blood Ego decay // EP (Eigenvertrieb // 2012) (Eigenvertrieb // 2012) Nach zwei Veröffentlichungen 2006 und 2009 präsentieren uns Früher hießen sie Virgin Drums und als der Rezensent sie das erste die Melo-Death-Metaller mit "Defy in Blood" ihr neues Album. mal sah, dachte er: "Klingt ja wie Placebo oder die frühen Muse." Deutlich gereift und voller Energie geht es zur Sache - und auch Jetzt denkt er: "Oha! Da hat aber jemand Dreck geschluckt". Ego direkt los: Mit "To hell and back" gibt es einen starken Opener, Decay sagen, sie hätten keinen Masterplan, würden nur wissen ein Feuerwerk an Kraft, Spielfreude und Gefrickel im besten Sinne! Mich persönlich was sie nicht wollen. Dann wollen sie mit Sicherheit kein poliertes Meisterwerk ablie- erinnert "Defy in Blood" an die glorreichen Anfangszeiten von Children of Bodom und fern. So klingt die EP aber schön dreckig rotzig. Die E-Gitarre schrammelt heiser im das meine ich ausdrücklich als Kompliment! Die Mischung aus giftigen Growls und Bass-Sumpf herum, während sich die Solo-Gitarre dazwischen schlängelt, um immer Screams, beinahe poppigen Ohrwurmmelodien und heroischen Gitarrensoli kreden- wieder hervor zu schnellen. Die Drums sind tight und oftmals vertrackt spielfreudig. zen Border of Insanity derart schmackhaft und gekonnt, dass man sich einen saftigen Durch Peters Gesang bekommt die Band eine gewisse Erhabenheit. Da verzeiht man Nachschlag wünscht! Da kommen wir auch schon zu den wenigen Kritikpunkten der ihm auch sein recht deutsches Englisch. Songs wie „Save Your Soul“ oder „We Fight It Scheibe: Die Spielzeit ist mit gut 40 Minuten leider nicht üppig und auch die Produk- Again“ werden hymnenhaft nach oben gehoben. Ego Decay sind eine der spannends- tion lässt objektiv betrachtet etwas Druck vermissen, klingt für eine Eigenproduktion ten Bands der Region. Einfach weil sie drauf scheißen, was gerade angesagt ist und ihr aber durchaus respektabel. Dennoch sollten Border of Insanity die Metal-Szene auch Ding zwischen Punk, Wave, Classic- und Alternative-Rock einfach durchziehen. Für ein überregional aufmischen können, das Potential ist vorhanden! DM Album wünscht man sich höchstens eine bessere Produktion. AD Wertung: Wertung:

effloresce // Coma Ghosts The elephant circus Orchestra // EP (Generation Prog Records // 2012) (Apocalytic Productions // 2012) Eines vorweg: Bei Effloresce steht nur eine Person am Mikro. Wenn das Elephant Circus Orchestra bei ihrer EP ihre Instrumen- Genau. Die gleiche Frau, die grade eben noch Nightwish-Melo- tierung um Streicher und indische Tablas (Percussion) erweitern, dien in dein Ohr gesäuselt hat, keift im nächsten Moment ganz ist das kein Stilbruch, sondern eine sinnvolle Erweiterung des schön beängstigend rum. Abgefahren! Das Wort passt sowieso Portfolios. Uli Tsitsios, begnadeter Songwriter auf Indi-Pfaden zu den Prog-Metallern. Tempi-Wechsel, Dynamik, Tonart-Änderungen, unterschiedli- und Kopf der Band weiß die neuen Klänge zu integrieren. Die Arrangements klingen in che Stile, die Leute habens drauf. Klotzen statt kleckern ist angesagt. Warum gewohn- ihrer Verworrenheit nach dem Apocalyptic Troubadour, Alter Ego Uli Tsitsios'. Dennoch te Songstrukturen, Mitsing-Refrains und Akkorde verwenden, wenn man genauso gut ist es Elephant Circus. Das merkt man daran, dass der Sound gar nicht so anders klingt komplett drauf verzichten kann. Lieber mal gefühlte 30 Riffs pro Song verpfeffern, als auf vorhergehenden Platten. Man bewegt sich zwischen Folk, Pop und Americana, Melodien zaubern, die du ohne Gesangsstudium nicht nachvollziehen kannst und so- pflegt die leisen und ruhigen Klänge, legt Wert auf künstlerischen Anspruch. Eingän- lange an einem Track basteln bis keiner kürzer als sieben Minuten ist (der längste ist gigkeit und eindeutige Muster stehen dafür hinten an. Es ist eine Platte, in die man 16 Minuten lang!). Bei einzelnen Songs geht schon mal leicht die Übersicht verloren. sich hinein kämpfen muss. Hier wirken die sanften Streicher Wunder und führen den Was ist das grad? Refrain? Ne Gitarren-Solo. "Coma Ghosts" ist keine einfache Platte. Hörer in die frisch gestrichenen Klanglandschaften. Die Rhythmus Session spielt man- Man muss definitiv Zeit und Geduld mitbringen, dann aber eröffnet sich, vor allem mit che vertrackte, jazzlastige Groove-Session ein. Für die Depris unter uns, die nicht zu dem Bombast Song "Shuteye-Wanderer", ein wahrhaft episches Album. AD tief stürzen wollen aber gerne ein gewissen Niveau der Traurigkeit halten wollen. JD Wertung: Wertung:

34 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 35 REZIS REZIS

eskalation // Affocalypse king lui van beethoven // The Second Coming (Eigenvertrieb // 2012) (Eigenvertrieb // 2012) Schon das Intro klingt sehr verheißungsvoll und geht nahtlos in Hätten nach ihrem Debüt nicht den Weg in den fetten Bläser-Sound des ersten Tracks „Abschieben“ über. Richtung Bruce Springsteen gewangt, sondern die Verstärker fet- Sängerin Anna kritisiert in ihren Texten politische Umstände und ter aufgedreht und ein bisschen mehr Bier getrunken, könnte man gesellschaftliche Missstände, ohne dabei durch eine eindrucks- sie jetzt perfekt mit KLVB vergleichen. Tja. Haben sie halt nicht. volle Gesangsleitung, dafür aber durch Rotz-Attitüde zu bestechen. Der fränkische Man darf trotzdem vergleichen und vermuten, dass die fünf Nürnberger viele Bands die- Dialekt wirkt etwas befremdlich, und das „RRR“ der Sängerin sorgt bei erstmaligem ser Art gehört haben: Hot Water Music, Nothington, Menzingers usw. Bestimmt hängt Hören für den ein oder anderen Schmunzler. „Helden der Nation“ hat dann nicht zu- auch ein Poster vom Boss im Proberaum oder in der Wohnung von Sänger Jens. Denn letzt Dank der Parole „Die Dichter und die Denker, die Richter und die Henker sind KLVB trauen sich mehr Melodien zu als vorher, legen die Arme brüderlich um deine müde Wagenlenker – Das sind die Helden der Nation“ echtes Ohrwurm-Potential. Die Schultern und strecken die Faust trotzig in die Luft. Noch ein Bierchen gekippt, dann Single „Glotze aus“ wurde sogar mit einem gelungenen Musik-Video gekrönt. Insge- darf dem Alltag entgegengetreten werden. Das ist das Feeling des zweiten Albums. Die samt klingt die Scheibe sehr professionell und die Ska-typischen Bläserparts fügen Jungs geben viel Gas, knüppeln ihren Punkrock durch die Boxen und brüllen gemeinsam sich bestens in die Offbeats von Schlagzeug und Keyboard ein, ohne dabei platt und im Chor. Ganz so Punk'n'Rollig wie der Vorgänger geht es aber nicht zu. KLVB klingen abgedroschen zu werden. Wenn auch Ska für mich immer Live-Mukke bleiben wird, ein Stück gereifter und melodiöser. "S/T" überrascht nicht, ist aber trotzdem eine tolle, ist die Platte durchaus hörenswert. OBJ spaßige und kurzweilige Platte von Nürnbergs Schlitzohren Nr. 1. AD Wertung: Wertung:

Kin Marrow // Scripted Reality meloco // Til Lambs Become Lions (Eigenvertrieb // 2012) (Eigenvertrieb // 2012) Verspielt, verspult, verschroben. Alles, bloß kein Easy Listening. So ex- Den Sound von Meloco zu beschreiben ist nicht schwer: System Of A perimentieren sich Kin Marrow durchs Unterholz. Der Zuhörer muss sich Down, , . Nehmt von den drei Bands das, was am ran halten, will er nicht abgehängt werden. Bleibt er dran, entdeckt er auffälligsten ist und werft alles zusammen. Die fünf Nürnberger ma- immer wieder neue kleine Schmuckstücke. Leider bleibt kaum Zeit, sie chen ihre Sache aus Nu-Metal und Crossover auch sehr authentisch. zu genießen. Die Platte spielt wunderbar mit Genres, Melodien, Dynamik - was Musik eben Die Riffs brechen Knochen, DJ F2 scracht um sein Leben, das Publikum bangt und Sänger hergibt. Aber vergisst dabei, aus all den wirklich tollen Ideen etwas Ganzes zu machen. Zu Tom imitiert zwischen seinem Metalcore Gebell abwechselnd Fred Durst und Serj Tankian. Das wenig verbindende Elemente gibt es. Anfreunden kann ich mich persönlich am schnellsten mit ist aber oft zu viel des Guten: Meloco klingen immer wie jemand anderes. Sie sind zu sehr "In Dark Ages" und dem Titeltrack "Scripted Reality" - beide ziemlich rockig. Metal-Elemente auf Vorbilder fixiert. Vor allem bei "The Return" und "Til Lambs Become Lions" hat man sie halten Einzug, die krassen Wechsel werden schön eingebunden. Zwischendrin gibts Mal einen vor Augen: Bei ersterem, hat Tom sicher eine rote Baseballcap im Studio getragen, bei zwei- Halfttime-Groove und ein wenig Geklimper, dann wird es wieder etwas vertrackt, bis ein klas- terem einen Ziegenbart stehen lassen. Das sind auch die besten Songs der Platte. "System sischer Rock-Part mit verspieltem Drum-Rhythmus in einem 4-On-The-Cow-Bell-Fill endet. Download: Crawling" und "Prayer" haben vor allem mit dem Gesang zu kämpfen. Der wirkt so Kin Marrow verbraten in einem Song so viele Ideen, wie andere Bands in einem ganzen Album. bemüht cool oder böse, dass er genau das Gegenteil erreicht und eher lächerlich ist. Meloco Die Ideen an sich verdienen 6 oder gar 7 Punkte. Aber ein Album ist keine Ideensammlung, als ist mit Sicherheit eine Band, die Live viel Spaß macht. Bevor aus dem Lamm ein Löwe wird Vorlage für 3-Akkord-Musiker, sondern eine Einheit. Und die vermisse ich hier. JD müssen die Jungs ihr enges Korsett aus Vorbildern und Vorstellungen loswerden. AD Wertung: Wertung:

36 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 37 REZIS REZIS

Point & Die Spielverderber // Flausen willie tanner // Wake Up (Eigenvertrieb // 2012) (Eigenvertrieb // 2012) „Dieser Tag ist ausgefranst an den Rändern / Viel zu sehr um ihn noch Nach dem großartigen Album „How To Be A Complete Bastard“ zu ändern.“ Man muss sofort an MELA oder Bands aus der Hamburger erwartet man beim erstmaligen hören der neuen EP „Wake Up“ Schule denken, wenn Point seine Texte zwischen Quatsch und Poesie so einiges von den Alf-Fans „Willie Tanner“. Das Herzstück der nölt. Das er sich meist auf Sprechgesang reduziert, ist nicht schlimm, Platte „Wake up“ enttäuscht nur kurz wegen der fehlenden Auf- nur wünscht man sich ein bisschen mehr Leidenschaft. Oft wirkt Point desinteressiert, kraft- Die-Fresse-Attitüde. Sängerin Nic ist ein absolutes Bühnen-Tier und auch sonst nicht los und abwesend. Seine Band, die Spielverderber, geben ihr Bestes um genau dort zu blei- gerade visuell uninteressant. Doch überzeugt sie auch auf Platte mit ihrer spannen- ben. Immer schön zurück gelehnt und gechillt, grooven sie mal im Jazz, mal im Pop und oft den und außergewöhnlichen Stimme, die den Zuhörer auf den Sessel fesselt. Wie im Reggae herum. Hier sind große Musiker am Werk! „Flausen“ drängt sich niemals auf und schon auf dem ersten Silberling, sind auch hier unter anderem bei „No Glory Anthem“ läuft gut nebenbei. Ein bisschen mehr Spannung täte ihm aber gut, denn meist plätschert wieder elektronische Elemente bravurös in den Alternative-Sound eingebastelt. Wäh- es nur so vor sich hin. Angenehme Ausnahmen sind beispielsweise „Okay“, „Der blöde Zug“ rend „Don't Make My Brown Eyes Blue“ echtes Hit-Potential hat und durchaus im oder „Krumm“. Nicht dass diese Songs groß anders wären, aber hier passt alles zusammen. Radio rauf und runter laufen könnte, hat es der letze Song, „Colonel Panic“, auf der Points gemütliche Erzählungen in Verbindung mit der entspannten Musik. Insgesamt ist die nicht in physischer Form erhältlichen EP in sich und trifft mit deftigen, elektrischen Platte leider zu langatmig: Zu viele Songs, die zu lang sind und sich dann zu wenig unter- Parts, roughen Gitarren und einem sehr melodiösem Refrain genau der Nagel der scheiden – Reduktion tut Not. So ist „Flausen“ an den Rändern irgendwie ausgefranst. AD Zeit. Diese fünf Songs sollten sich in jeden Gehörgang schrauben. OBJ Wertung: Wertung:

ski's Country Trash // Never Ending Road F A R F R O M F E A R e.V. – LA ZONA DE GALGOS (Rodeostar Music // 2012) hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Hunden in Spanien, insbesondere dem Galgo Español, zu einem besseren Leben zu verhelfen. Fast scheint es so, als würde alles, was Nürnbergs bekann- Jedes Jahr werden in Spanien diese – als reine Nutztiere gehaltenen – Windhunde auf grausame Art und tester Elvis in die Hände nimmt zu Gold werden. Im Februar Weise entsorgt! diesen Jahres kam das zweite Album seines Country Trashs

raus. Auch auf „Neverendig Road“ sind seine Cash-Elvis- Natürlich gibt es auch in Spanien ein Tierschutzgesetz und es hat sich im Laufe der Jahre schon einiges geändert, aber Tiere und ihr Schutz haben dort nicht den gleichen Stellenwert wie in Deutschland. Stimmbänder unverwechselbar zu erkennen. Wer auf einen langen Ausritt à la Malboro-Werbung, alten Whiskey und Lagerfeuer steht, ist mir dieser Plat- Der Alltag der spanischen Tierschützer ist geprägt te bestens bedient, denn schon bei „Cow Core Cowboys“ und „Neverending von grausamen Bildern und einem endlosen Kampf:  angefahrene, schwer verletzte oder auch misshandelte Tiere Road“ werden sämtliche Rockabilly-Country-Klischees schamlos auf den Plat-  ausgezehrte und abgemagerte Hündinnen, die oftmals auch tenteller gepackt. Mit punkigen und sogar metalligen Elementen würden Songs noch Welpen haben wie „Under Pressure" und „Break The Rules“ jeder gepflegte Saloon-Schlägerei  scheue, ängstliche und nur schwer einzufangende Streuner  kaum Unterstützung regionaler Verwaltungen den richtigen Drive geben, während der Mann mit den tättowierten Kotletten  Ignoranz in weiten Teilen der Bevölkerung am Schluss bei „Fuck You“ noch zum Rundumschlag für alle Widersacher und FAR FROM FEAR eV gemeinen Radiosender, die seine Songs nicht spielen wollen, ausholt. Also auf- Vornhagen 18 gesattelt, Cowboys! Yeeeeehaaa! OBJ D-31702 Lüdersfeld Sie können helfen! – Als Adoptiveltern – Als Pflegestelle – E-Mail: [email protected] Als Paten – mit Sach-und Geldspenden Wertung: http://www.zona-de-galgos.de Sparkasse Dillenburg, BLZ: 516 500 45, Konto-Nr.: 51 61 5 Wir bedanken uns m Namen aller Hunde für Ihre Unterstützung! 38 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 10/2012 39

Stuff // Festival Sommer Festival Sommer // Stuff omabil

hristoph Fachtan

D Natalie Fotocredit:

Fotocredit: C Greenfield Festival – Interlaken/Schweiz 15. - 17. Juni li Barth-Jurca

Fotocredit: O Mein liebes Tagebuch, Schöner kann man nicht Zelten. Bei 30 Grad, Sonnenschein und den großartigen Schweizer der Schweizer an sich, Bergen ringsum. gilt als gemütlicher, Wellenbrecher?! Ach Quatsch! Der Schwei- zer kifft lieber einen und lässt mich vor. uriger Typ. Einer Ricola- Werbung entsprungen, hüpfen sie alle voll- Darf ich vorstellen, unsere Gürkin! bärtig und mit Wanderstock in der Hand über die Almen dieses schen mit Regen-Armatur Landes und sprechen eine lustige Art von Deutsch. (Achtung (!), welche zwar von AXE es folgen noch mehr Klischees!) Neben Käse und tol- gesponsert sind, dafür werde len Skipisten, haben die Schweizer jedoch ich aber von einer netten Dame mit Dusch- auch ein Festival hervorgebracht, welches gel und Handtuch versorgt. An zwei Bühnen will ich nun bei Punk,

omabil auf den kuscheligen Namen „Greenfield“ Hardcore und Limp Bizkit voll auf die Mütze und stelle fest, dass hört. So schlüpfen wir mit unseren Au- die friedfertigen Schweizer mich mit meinen 1,61 ganz ohne Stress tos durch die Gebirgspässe rund um das nach vorne an die Bühne lassen. Auch der Security erkundigt sich, beschauliche Interlaken und schleichen ob ich denn nicht vielleicht Ohrenstöpsel brauche, da es sehr

Fotocredit: Natalie D den Tunersee entlang, da tut sich plötzlich laut sei. Da fühlt man sich gleich sehr wohlig. Ich fange noch ein so idyllisches Bild auf, wie ich es von ein Plektrum von und freue mich dann auf die Ärzte, als keinem Festival kenne: Zwischen Gletschern ich plötzlich einen Ellenbogen in meiner Milz-Gegend spüre. „Lass mit weißen Toblerone-Spitzen und Bergen, miccchh vorrr du deutsche Schlampe“, vernehme ich hinter mir. die über und über mit dichtem Wald bedeckt Mein Vortrag darüber, dass die Band, um deren Gunst sie versucht sind, haben wir tat- zu kämpfen, aus Berlin kommt, beeindruckt ihre dümmlichen Kum- omabil sächlich viel Platz pels dann doch so sehr, dass sie Ruhe geben. Am nächsten zum Zelten auf Abend dann das Unvorstellbare: Fred Durst ruft dazu auf, alle einer satten grünen

omabil Mädels auf der Bühne haben zu wollen. Vom schweizer Bier be-

Wiese, Trinkwas- nebelt, schaue ich mich kurz um und beschließe dann mit meiner

D Natalie Fotocredit: ser zu jeder Zeit Freundin im Gepäck die Bühne und somit das Herz vom beinahe für lau (ja, auch sympathischen Frontmann zu stürmen. Und ja, ich habe Fred

auf dem Gelände, Fotocredit: Natalie D Durst angefasst, mit meinem Zeigefinder - an seinem Oberarm! was bei 35 Grad Ich schätze ich bin nun ein besserer Mensch. Um zwölf habe jedem Festival ich auch noch Geburtstag: Hurray! Ich stoße mit komischen Auch das Festivalgelände erinnert mit gut stehen wür- Franzosen und bekomme sogar noch am Zeltplatz einen Kuchen viel Grün und stressfreien Menschen ein bisschen an das Auenland. de) und sogar mit Pfeffi kredenzt und ich weiß jetzt schon, die Heimfahrt wird saubere Du- So nahe an einem Halbgott. ein Graus. 40 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 41 Stuff // Festival Sommer Festival Sommer // Stuff

len. Für 3 Marken (keiner weiß nun Groezrock Festival mehr genau, wie viel das in Geld ist) bekomme ich 6 kleine Bierchen,

li Barth-Jurca li – Meerhout/Belgien

serviert in einer Papp-Trage-Kon- li Barth-Jurca 28. - 29. April

struktion. Zugegeben, das Jupiler O Fotocredit: Fotocredit: schmeckt wie jedes andere nicht-

Fotocredit: O Liebes Tagebuch, deutsche Bier, trotzdem kann man sich für vermutlich wenig oder heute fahre ich zum Mekka für doch viel Geld damit ganz gut her- europäische Hardcore-Kids und richten. Ein netter Biergarten in alte Punkhasen: Nach Belgien mitten des Geländes rundet das zum Groezrock Festival. An den Trinker-freundliche Gelände ab. Namen muss man sich zwar Während ich zu den Architecs Bouncing Souls auf der Hauptbühne am erst mal gewöhnen, das Lineup taumeln will, bleiben andere lieber Groezrock Festival 2012. hingegen ist gespickt mit alten im Biergarten. An allen Ecken gibt Bekannten, die sich auch in Es kann halt auch sooo romantisch sein. des das allseits geliebte „Fritu- deutschen Clubs die Klinken in uuuur“ - was für mich frei übersetzt: Frittierte Essen- die Szene-Hand drücken. Lag- spampe aller Art heißen muss - natürlich auch in vegan erhältlich wagon, Terror, Evergreen Terra- (X!). Als die letzten Töne in den Zirkuszelten erklingen, ist jedoch ce, Dillinger Escape Plan, Anti-Flag... für uns wilde Feiermeute noch lange nicht Schluss: Top-motiviert ich weiß gar nicht wo ich zuerst wird das Partyzelt aufgesucht, doch dann der erste Schock: Elekro-

li Barth-Jurca hin will. Zunächst mal schaue Dubstep-Beats vergewaltigen meine Gehörgänge. Gekrönt wir das gan- ich mich auf dem Gelände um. Wie ze nur durch eine Dance-Version von „Killing In The Name Of“. Na Fotocredit: O jedes Jahr, wird der Zeltplatz ge- Mahlzeit! Da gehe ich doch lieber mit den Einheimischen in der nur neralstabsmäßig von lächerlich- unweit entfernten Scheune auf richtige Gitarren-Musik feiern! aussehenden pickligen Jugendlichen mit Schnüren abgesteckt und nur nach und nach freigegeben, was nicht Liebes Tagebuch, Rock im Park – Nürn- zuletzt für lautstarke Wutausbrü- mal wieder beginnt in der Nürnberger Rock- berg/Deutschland Bouncing Souls auf der Hauptbühne am che sorgt. Das Festivalgelände hingegen Szene (egal ob ihr alle das Wort hasst) die 01. - 03. Juni Groezrock Festoval 2012. überzeugt mit drei großen Zirkuszelten, fünfte Jahreszeit. Was für Jecken der Karne- welche bei jedem Wetter nur Vor- val, so für uns Rock im Park... oder so ähnlich. teile bringen und auch den Sound um Im Vorfeld beschweren sich alle traditionsgemäß längen verbessern. (Juhuuu auch ich über den überteuerten Ticketpreis, um dann doch wieder kann mal was hören!) Was sich diese verrückten Belgier aber bei hinzugehen und den Veranstaltern nicht zuletzt mit ausschwei- dem Bezahlsystem gedacht haben, bleibt mir auf ewig ein Rätsel: fenden Bierkäufen doch wieder die Taschen zu füllen. Ich bin Zunächst mal, stehe ich 40 Minuten an, um meine hart verdien- dieses Jahr sogar akkreditiert (Yeah!). Worauf ich mich dieses ten Euro in Biermarken zu tauschen (zum Glück haben andere Jahr besonders freue? Keine Frage: Tenacious D - endlich in derweil Essensmarken besorgt, welche es an einem anderen Stand Deutschland!!! Um sich einzustimmen wird am Freitag erst mal gibt), um mich dann noch mal an dem Bierstand selber anzustel-

42 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 43 Stuff // Festival Sommer

auf dem Balkon eines Kumpels gegrillt

li Barth-Jurca li und die ersten RIP-Uniformen einge-

saut, oder warum trägt man bei RIP Bandlogo? Na Logo! O Fotocredit: Fotocredit: einen weißen Anzug? – ach ja, um Alles was ihr als Band zum Durchstarten braucht und noch viel mehr... aufzufallen. Am Gelände angekommen, folgt zahlreiches Händeschütteln und teilweise belangloses Erkundi- Alles rund um gungen nach dem Befinden irgendwel- die Band cher Menschen, die ich mal irgend- Cover und Booklet wann in meinem Leben getroffen Bandlogo haben soll. Wie immer, schreit mein Flyer 1,61m Problem: „Ich sehe und höre Banner nichts!“ Also kämpfe ich mich vor Bearbeitung „The Rise Of The Phoenix“ den Wellenbrecher, als die Show von Bandfotos auch schon mit einem riesigen T-Shirt-Design Phallus-Phoenix, der sich langsam Cover auf der Bühne aufbläst beginnt. Jack Black und Kyle las- sen keinen Wunsch offen und versuchen es sogar auf Deutsch. Alles rund ums Business Da sehe ich einen der „Money Left To Burn“ Jungs an mir vorbei- Logo fliegen. Ich nehme einen Schluck aus seinem Flachmann. Diverse Visitenkarten Jack-Berry später, dämmerte es mir: Ich muss ja morgen auf Briefpapier einer Hochzeit singen. Souverän stehe ich am Samstag in der Flyer Kirche und bringe mit „Halle- Broschüren lujah“ steine zum erweichen. Anzeigen Aber nun weiter im RIP-

Text: Leider habe ich unsere li Barth-Jurca Booklet NN-Rockbühnen-Gewinner Professionelle Hyrax ja verpasst. Ich Bildbearbeitung

Fotocredit: O vergnüge mich weiterhin Farbkorrektur mit Free-Jacky und muss Retusche feststellen, dass Gossip Composing ne echt lahme Show hinlegen. Soundgarden entschädigt dann aller- Magazindesign dings. Meine Überraschung Das komplette Paket: des Festivals: Halestorm! vom Entwurf bis Wow wat ne Frau! Banner zum fertigen Heft Club-Stage aus dem Oli Barth-Jurca Pressebereich.

44 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 Neugierig? Schaut vorbei: www.sunflowermedia.de oder www.facebook.com/sunflowermedia. E-Mail: [email protected] Stuff // Pull the trigger Pull the trigger // Stuff

sogar München reisen, um nach Lust zusammen mit seinem Buddy Sebasti- und Laune feiern zu können. an Trappe lokale und überregionale Acts Mit den Worten „Wir sind verdammt- auf die Hirsch-Bühne und serviert so nochmal 'ne Großstadt und brauchen eine Kombination aus Live-Musik und PullPull thethe triggertrigger uns vor anderen nicht zu verstecken! Party auf dem Parkett. Schon gar nicht vor München!“ schafft Oli Barth-Jurca Benny mit seinem Format „Pull The Trig- ger“ seit nun bereits über einem Jahr Abhilfe. Im Hirsch gibt er der Nürnber- ger Metal- und Hardcoreszenene wieder die Möglichkeit feiern zu gehen und sich in einem Club auf Bier, Tanz und Pfeffi (aufgemerkt: 1,50 Euro!) zu treffen. Für die Musik aus der Dose sorgen Micha, Überall boomen Techno-Läden und Hipster-Schuppen in der Benno Böse und Daniel und bieten ei- Stadt. Doch einer traut sich, etwas anderes zu wagen... nen Mix aus Metal, Hardcore und Rock- Hymnen, der gefällt. Aber was wäre „Ich finde den Schritt zu machen auch Fotos: Oli Barth-Jurca, Evelin Moga Gitarrenmusik ohne Liveshows?! Ant- mal nicht "Mainstream" zu spielen hat ieht man sich in der Nachtsze- sogar das Loop die Segel streichen wort: Nur halb so schön, deshalb holt bisher keiner gewagt. Und Nürnberg ne in Nürnberg um, ist es meist mussten. Die Szene lechzt jedoch nach sich Benny auch an jedem PTT-Abend braucht so etwas!“ Sein Trauerspiel: Elektro-Hipster- einer Heimat und so musste der ge- UzUz-Clubs schießen wie Pilze aus neigte Rock-Core-Liebhaber in Städte Wie ist das Publikum bei PTT? dem Boden, während alternative Lä- wie Ansbach (Empire), Bayreuth (Se- Benny: Ich würde sagen: wie die Dj´s das Beste der Stadt. Alle Sternhagelvoll aber den wie Soho, Nachtpalais und jüngst cond Rage, We Wake The Dead) oder kein bisschen Stressig! Hardcore ist „Fame“ geworden. Viele „Ich hab Backstage Dinge gesehen, die mich nachts Leute brüsten sich damit Hardcore zu sein aufwachen lassen... danke an H.H. Hierfür.“ und definieren sich hauptsächlich über ihren Kleidungsstil und die Anzahl ihrer Tattoos. Benny: Alles in allem bin ich aber froh, dass sich mehr Jugend- liche wieder mit Musik und der Lebenseinstellung dazu beschäf- tigen. Ich denke, wenn wir da alle gemeinsam ein wenig am Ball bleiben, wird Nürnberg ein richtig geiles Pflaster. Dazu mein Tipp an alle, die das lesen: Geht auch mal auf Shows, bei denen ihr keine Band kennt. Ihr könntet echt richtig überrascht sein! Was macht PTT so geil? Benny: Alles! Nürnberg, die Leute, die DJs, die Bands, der Hirsch, die Crew, der Pfeffi, du, ich, wir!

46 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 47 Stuff // DTLOT Gangshout

Fotos: Svetlana Degtareva Der Bro-Code des Metalcore Nürnberg, ja fast schon die ganze Welt wartet auf's neue Album von Defy The Laws Of Tradition - Aber ohne die Gang geht nix. m Hardcore/Metalcore Bereich dreht Teil talentierter Menschen im Chor ein sich alles um die Brotherhood und es Wort oder gar einen Satz synchron auf's Igehört fast schon zum guten Ton, alle Band zu bekommen, bedarf es nicht Buddies um sich zu scharen, um sie mit nur dem Dirigat von Phil und Nico, son- auf die Platte zu pressen. Die Jungs von dern auch einiger Anläufe bis die Musik- Defy machten einfach ein Event draus, Schnipsel im Kasten sind. Bei der folgen- und riefen ihre Bros zusammen, um für den Klatsch-Stampf-Action wird’s dann das neue (hoffenltich bald erscheinen- richtig tricky. Die ersten geben schon de) Album zu krakeelen. auf und verlassen beschämt das Studio, Diese sogenannten Gangshouts sug- während andere noch top-motiviert lus- gerieren zum einen, eine Fanbase, wel- tige Klingeltöne und anderen Schmarrn che Defy zweifelsohne haben, und zeigen aufnehmen. auch dem unmusikalischsten Dümm- Anschließend zeigen die Grillmeister, ling, an welcher Stelle er auch an den was sie können: Phil und Joe (Save The Livekonzerten souverän mitbrüllen kann, Embers) zeigen nicht nur dem geneigen ohne sich lächerlich zu machen. Da die Hornbach-Besucher wie man kulinari- Platte neben einem Studio in Prag und sche Köstlichkeiten auf einem Weber den heiligen Hallen bei Mr. Phil T himself (selbstredend!) -Grill zubereitet, sondern auch im sehr angesagten Ghostcity-Stu- verköstigen auch ihre Gangshouter mit dio aufgenommen wird, trifft man sich italienischen Bartwürstchen, Steaks und dort zu Bier, Brüll und Grill. einer Fenchel-Gemüse-Pfanne... Dazu Um eine Meute von über 15 wenig bis ein kühles Bier und wir alle waren mehr mittelstark angetrunkener und nur zum als glücklich! Oli Barth-Jurca

48 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 Alte Säcke // Uwe Reisz Alte Säcke // Uwe Reisz

OK, ich kenn dich vor Allem als Veranstalter mehr getaugt. Ich wollte was größeres, was Rich- und über Burnout. tiges machen. Keine halben Sachen mehr. Und ich Wie der Chef Uwe: Burnout war aber anfangs nur eine Info- habe festgestellt, dass die alternative Szene nicht Seite für Veranstaltungen. Burnout, weil man sich so alternativ ist, wie sie sich gibt. Bei Avertine so nach einer durchzechten Nacht fühlt. Mit Smurs habe ich zB Anfeindungen bekommen, weil ich haben wir erste Konzerte organisiert. Und organi- ja so eine „Emo/Gay-lastige Band“ mache als Me- vom A Team sieren ist einfach mein Ding, wie der Chef vom A- taller. Ich hab da echt eine Abneigung gegen die Team. Ich hatte dann Bock auf mehr und habe bei Szene bekommen. Viele Bands stehen sich einfach Auch für den Autor hieß es vor acht Jahren rund um Luise, Don’t Try This at Home mitgemacht. Wurde dann nur im Weg. Dieses ewige Gedisse. Wenn du was Quibble & Co: Willst du einen guten Gig, musst du zum Uwe. Wir nach und nach immer mehr. Es gab eine Nach- nicht magst ist das ja in Ordnung aber muss man frage. Irgendwann bin ich zusätzlich bei der ERMI dann gleich unter die Gürtellinie gehen, muss das starten unsere neue Rubrik „Alte Säcke“ mit einem Gespräch über eingestiegen. sein? Das ist doch einfach nur unnötig. Die sollen Kunst und Kommerz, über die Szene und über die Vergangenheit. Warum das? Du hättest doch alles über Burn- sich doch auf ihre Musik konzentrieren. Und wenn out laufen lassen können? dann die eine Band mehr auf ihr Image achtet, das Uwe, du bist jetzt offiziell ein alter Sack. Was Uwe: Keine Ahnung, es war mir zu wenig. Ich ist doch scheißegal, ehrlich. Fotos: Svetlana Degtareva hältst du davon? bin Perfektionist. Wenn dich ein Hobby noch nicht In Amerika halten die Leute besser zusammen. Uwe: Ach naja. Alt wirst du so oder so. ganz ausfüllt, machst du eben mehr. Im E-Werk Das war hier in Nürnberg schon immer schwer. Du hast Burnout Events gemacht, warst bei hast du halt tolle Möglichkeiten, mehrere Bühnen Da ärgern sich die einen, weil die andern mehr der ERMI aktiv, hast dich um Defy und Avertine zur Verfügung. Da habe ich gefragt, ob ich helfen Zuschauer haben. Aber da kannst du tausendmal gekümmert. Was fehlt noch? kann. Und weil ich alles zu 100 Prozent machen erzählen, was für ein arroganter Idiot der Typ ist. Uwe: Zwischendrin hatte ich noch ein Eigenge- will, hat es den Leuten getaugt. Aber Freizeit hatte Deswegen hängen die Leute trotzdem auf sei- werbe, das war aber nichts großartiges, ging auch ich keine mehr, was sich auch auf meine Bezie- nen Konzerten ab. Dann soll man halt einen Song nur ein Jahr lang: Newnoise. Damit hab ich zum hungen ausgewirkt hat. Aber gut, habe damals die schreiben und das künstlerisch nutzen. Alles andere Beispiel Rantanplan organisiert um mal was Grö- Prioritäten eben anders gesetzt. ist doch unnützes, dummes Gelaber. Ich muss auch ßeres zu nennen. Und dann kamen Defy und Avertine? nicht jeden mögen, um zu akzeptieren, dass er ein Wie bist du in die Szene eingestiegen? Uwe: Genau. Burnout lief irgendwann aus und guter Künstler ist. Der Sänger von Avertine damals, Uwe: Ich war langer Zeit reiner Konsument. Mit ich habe mit Defy angefangen. Die haben mich der Miguel ist ein toller Sänger und Gitarrist, aber 25 bin ich bei Nail als Sänger eingestiegen, aber gefragt und dann habe ich halt Merch gemacht nicht mein bester Kumpel. Aber ich habe ihn res- ich war nicht wirklich gut. Wir haben mit Nail und all das Zeug, worauf Musiker keinen Bock ha- pektiert. Ohne Respekt wird’s schwer. Ich meine, bei Smurs auf Radio-Z ein Interview gemacht. ben. Als Manager musst du der Arsch sein. Die vielleicht liegts ja auch an mir. Keine Ahnung. Radio fand ich interessant und hab das selber Musiker wollen sich nicht mit Kohle beschäftigen, Hast du dich denn auch privat Verändert? mal ausprobiert. aber es geht nunmal ums Geld. Vor allem, wenn Uwe: Ich interessiere mich weniger für den Un- du irgendwann davon leben willst. Du kannst die derground. Aber mich langweilt halt schnell etwas. Kunst nicht um der Kunst willen machen. Mir ist Immer nur die eine Band oder die eine Richtung das aber auch schwer gefallen, nur aus einem an- zu hören ist mir zu langweilig. Und dann kann das deren Grund: Weil ich ein ehrlicher Mensch bin auch was sein, was in den Charts läuft. Entweder und mit der ganzen Verarsche und dem Getrickse es gefällt oder es gefällt nicht. und dem Gefeilsche nicht zurechtgekommen bin. Was ist dein Highlight deiner zehnjährigen Avertine wollte ich eigentlich nicht machen, weil Szene-Zeit? ich ausgelastet war, aber die Jungs waren hartnä- Uwe: Puh keine Ahnung. Da gabs so viel. Zum ckig und ich mag es, wenn Leute hartnäckig sind. Beispiel die Deafcon-X Mini Tour durch Österreich, Seit anderthalb Jahren bist nicht mehr aktiv Italien und Deutschland. Da war ich einfach so aus in der Szene. Warum? Spaß dabei. Am Abend vor dem Auftritt habe ich Uwe: Das hat viele Gründe. Ich habe mich radi- mit dem Basser gewettet, dass ich mich nicht trau- kal verändert. Mir hat diese Punk-Einstellung nicht en würde, mich auf der Bühne auszuziehen. Und

50 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 51 Alte Säcke // Uwe Reisz

da war ich schon len Bands zu tun wie du. Was ist dir aufgefallen, immer sehr konse- gibt es Unterschiede zu anderen Szenen? quent, da brauche Uwe: Das ist jetzt nicht nur diese Szene, aber Ich ich keinen Alkohol, bin habe festgestellt, dass deutsche Bands zum Teil also da rein und hab die sehr undankbar sind. Deutsche Bands sind ver- Hosen runtergelassen. Fan- wöhnt. Die wissen gar nicht, was die hier für eine den alle sehr witzig. Über- 1A Clublandschaft haben. Die Musik wird zwar haupt mit Bands auf Tour nicht so subventioniert wie in Schweden, aber da- zu sein, war immer sehr für fehlen dort Auftrittsmöglichkeiten. Als ich mit schön. Ein Highlight war der ERMI in Schweden war und eine junge Band auch Ektomorf im Ava- gehört hat, dass ein Veranstalter aus Deutschland lons Dust. Das Hauptrisiko habe als Veranstalter da ist, sind die zu mir und wollten unbedingt in ich getragen. War nicht einfach. Im schlimmsten Deutschland spielen. Ich habe ihnen gesagt, dass Gültig bis 28.02.2013. Nur ein Gutschein je Demo. Nicht gültig für reduzierte Artikel und nicht gültig im Fall hätte ich 6.000 Euro Verlust gemacht. Da ist ich kaum Gage zahlen kann, da haben die gefragt: Versand. Eine Kombination mit anderen Rabattaktionen, Umtäuschen oder Vorbestellungen sowie die mir schon die Muffe gegangen. Aber hat ja ge- wie, wir kriegen Gage? Tja, er erzählte dann, wenn Bereiche Food und Kosmetik sind ausgeschlossen. Es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen. klappt. War ein gutes Konzert. Und Ektomorf … du als junge schwedische Band irgendwo spielen naja, die sind leider nicht so Szene-bezogen, wie willst, musst DU zahlen. Keine Ahnung, ob das ein sie sich in ihren Texten geben. Einzelfall war, aber da war ich schon perplex. Empfindest du das als unehrlich? Und hier hast du richtig gute Clubs. Schau Uwe: Früher schon. Aber ich denke heute, die dir die Luise an. Die haben ne gute Anlage, ein Leute haben ein Recht darauf, mit ihrer Kunst Mischer wird gestellt, Essen, Trinken, alles. Und BRITISH EMPIRE • Krebsgasse 9 • 90402 Nürnberg • 0911-2403040 Geld zu verdienen. Ich verstehe auch nicht, was dann hast du Bands, die fahren ein paar Kilo- der Vorwurf „ihr seid Kommerz“ soll. meter und regen sich tierisch auf, weil sie nicht Solange der Kommerz nicht bedeutet, sich genug Biermarken und Gästelisteplätze kriegen. Leuten vorbei. Wir sind als Mensch nunmal visu- Bühne ist Theater. Da werden Rollen gespielt. Da vor großen Labels zu bücken und keinen eige- Ne andre Band fährt aus Frankreich 800 Kilo- ell geprägt. Deswegen musst du ja nicht abgehen sollte sich manch einer nicht so ernst nehmen. Ich nen Willen zu haben ... Kein Künstler würde es meter her und die küssen dir die Füße über die wie sonst was, aber du brauchst irgendwas, wo frage mich, warum es so verpönt ist, wenn man verhindern, wenn er finanziellen Erfolg haben Möglichkeiten. Es müssten echt mehr Deutsche die Leute reinkommen und sofort hinschauen. Es im privaten nicht der Bühne entspricht. Ich finde kann. Du willst doch, dass die Kunst nach Außen Bands woanders spielen. Als ich mit Bands in gibt Metaller, die überhaupt nichts machen auf der nicht, dass man derber Punker sein muss, um gute kommt. Klar, es ist schwer auf dem Boden zu Frankreich unterwegs war, hab ich auch erst ge- Bühne aber der Sänger hat eine Ausstrahlung, die Punkmusik zu machen. The Exploited steigen nach bleiben. Aber das ist überall so. Wer Erfolg hat, merkt, was es für Rattenlöcher gibt. dich dazu bringt, zuhören zu wollen. Und es gibt dem Konzert in ihre Limousine oder ihren fetten läuft Gefahr abzuheben. Aber sollte eine Gage nicht eher Standard Bands, die musikalisch nicht so toll sind, aber die Nightliner. Wenn der Typ die fette Kohle scheffelt, Wann beginnt denn Kommerz? sein, als etwas, über das man sich gefälligst zu Show haut einfach vom Hocker. warum soll er sich kein schönes großes Haus kau- Uwe: Ab der ersten verkauften CD. Da geht es freuen hat? Wie kann das gelingen? fen. Das ist doch seine Sache. Muss er deswegen auch darum, die Kunst zu fördern, Geld zu ma- Uwe: Ich verstehe es aber auch nicht, warum we- Uwe: Ich bin der Meinung, eine Band soll sich ein jetzt Pop-Musik machen? An der Stelle können die chen. Und das ist der erste Ansatz von Kommerz. niger bekannte Künstler, die gute Arbeit leisten, Konzept überlegen. Es reicht nicht, sich nur darü- Leute nicht differenzieren. Vielleicht sind die Leute auch einfach beleidigt, so schlecht bezahlt werden. Aber wenn die Leu- ber Gedanken zu machen, wie man was spielen Ist Kunst bei dir also Künstlichkeit? wenn die Musik und die Bands, mit denen sie sich te nicht kommen, kannst du als Veranstalter halt will. Wenn jemand Deathmetal macht, kannst du Uwe: Ja ich glaube schon. Nicht jede Kunst, abgegrenzt haben, plötzlich erfolgreich sind und nicht mehr zahlen. Vielleicht müsste es sowas wie nicht gegenteilig wie eine Indi-Band auftreten. Au- manchmal passt es, manchmal spiegelt Kunst die von der Masse gehört werden. Dann kann man sich eine Grundgage vom Staat geben. Jeder 400 Eu- ßer der Gegensatz ist das Konzept. Es muss rund Seele wider, aber nicht immer. Für mich spielt das nicht mehr abgrenzen von den Schlipsträgern oder ro-Jobber kriegt ja mehr als ein Musiker, der zwei und ehrlich sein. keine Rolle. so. Aber man muss halt auch sehen, dass Leu- Stunden Abends auf der Bühne steht. Defy sind privat genauso, wie sie sich darstellen Danke Uwe. Zum Abschluss: Welche lokale te, nur weil sie Anzug und Krawatte tragen, nicht Wann findest du eine Band gut? und das merken und mögen die Leute. Avertine Band überzeugt dich am meisten? unbedingt das sind, was man sich unter einem Uwe: Es muss Energie rüberkommen. Da ist ein dagegen kleiden sich Szene- und Mode-konform Uwe: Ich weiß nicht, ich kenne mich nicht mehr Schlipsträger so vorstellt. hohes Maß an Arroganz hilfreich. Wenn du nicht mit diesen engen Hosen und so. Und auch das so aus. Aber Defy gehören natürlich dazu. Kaum jemand in der Szene hatte mit so vie- rüber kommst, läuft die Musik einfach an den passt. Das ist eine runde Sache. Eine Band auf der Fragen: Jary Dittmann

52 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 53 Stuff // Erikas Laden Musik Erikas Laden Musik / Bandliste // Stuff

ben, kantig sein. Ich will authentische Die Bands der Ausgabe Kreative Keimzelle Künstler", so wie das Elektro-Projekt Igualdad Red On (Interview auf localcalling.de) Organic Hip-Hop // Nürnberg Boris Trommer, Schlag- oder die Garagen-Krach-Macher Dear www.facebook.com/igualdadband zeuger bei MELA, ist der Grandma. Letze Veröffentlichung: keine Die Bandmitglieder kennen und My Inner Kingdom Chef eines sehr kleinen Metal // Nürnberg Indie-Lables in Puschen- helfen sich auch untereinander. Da www.facebook.com/myinnerkingdomofficial dorf. Die Wörter Indie, designt der eine Shirts für die ande- Letze Veröffentlichung: keine ren und bekommt dafür Gitarren-Un- The Elephant Circus DIY und Freundschaft Indie/Folk/Pop/Soul // Nürnberg terstützung auf der Bühne. Wenn es werden hier extra groß www.elephantcircus.de nach Boris geht, darf da gerne noch Letze Veröffentlichung: The Eelephant Circus geschrieben. mehr passieren: Gemeinsame Auftrit- Orchestra (2012) / Apocalyptic Productions Altedo te, Compilations, Weihnachtsfeiern, Rock, Alternative // Nürnberg itten in Puschendorf Kärwa-Wagen... An Ideen mangelt es www.facebook.com/altedomusic steht Erikas Laden, definitiv nicht. Wenn der Tag doch Letze Veröffentlichung: Follow The Light Way (2012) / Eigenvertrieb ein Geschäft für Kos- länger nur länger wäre. M King Lui Van Beethoven metikartikel. Zwischen Seifen Klar, Erikas Laden Musik ist nicht Punk // Fürth und Duschgel findet sich dann Grand Hotel Van Cleef. Es ist ein klei- www.kingluivanbeethoven.com Letze Veröffentlichung: The Second Coming (2012) / noch eine Extra-Abteilung: nes, feines und schönes Label und Eat The Beat Records Musik. Hier kann man die Alben von die Kontakte, um Bands zu beraten, wirkt wie eine kreative Keimzelle, in Ego Decay Melanchtonay (MELA) oder Merch von Gigs zu beschaffen oder die fertigen der sich alle Parteien gegenseitig un- Alternative/Rock/Indie // Nürnberg Red On kaufen. Boris Trommer, Inha- Platten an Journalisten zu verteilen. terstützten, vorantreiben, anfeuern www.egodecay.de Letze Veröffentlichung: EP / Eigenvertrieb ber des Ladens hat das Label im März Sogar seinen Proberaum würde er zur und irgendwie auch daheim sind. eSKAlation 2011 gegründet und schart seitdem Verfügung stellen. "Ich will den Leu- Boris ist in diesem chaotischen SKA/Punk/Reggae // Nürnberg, Neumarkt Bands aus der Umgebung um sich: ten einen Nährboden geben, wo sie Haushalt der stille Helfer, Macher und www.facebook.com/eskalationska Letze Veröffentlichung: Affocalypse (2012) / Dear Grandma, Isaac Loewi (gibts lei- ungestört Musik machen können - Antreiber. "Ich bin der der sagt: Hier Eigenvertrieb der nicht mehr) oder Achtfalter. gut, meine Mutter wird immer vorbei hast nen Fuffi zum Tanken und jetzt Audience kommen und Seife verkaufen. Aber gib Gas!" Verdienen tut er mit Erikas Alternative // Nürnberg, Hersbruck sonst wären sie ungestört." Laden Musik natürlich nichts, braucht www.theaudience.org Nährboden für Letze Veröffentlichung: Hearts (2012) / kreatives Schaffen Da man nie genug gute Musik ha- er auch gar nicht. Will er vielleicht Hazelwood Vinyl Plastics Boris ist ein Idealist. Er will Bands un- ben kann, ist Boris auch immer auf auch gar nicht. Es reicht ihm tatsäch- Willie Tanner terstützen und zwar deshalb, weil er der Suche nach neuen Künstlern. lich seinen Künstlern beim Schaf- Modern Rock, Alternative // Nürnberg www.willietanner.de damals mit Melanchtonay wenig Un- Sein Kriterium: "Entweder deutsch- fen zu zu schauen. "Ich bin einfach Letze Veröffentlichung: Wake Up EP (2012) / terstützung bekommen hat. Jetzt hat sprachig... oder halt geil! Es muss auf nur da und freu mich." Schön. Jumpstart Music er die Möglichkeit, die Erfahrung und jeden Fall Oberflächenstruktur ha- Andi Dittmann

54 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 LOCAL CALLING // Ausgabe 2 // 11/2012 55 GRATIS Ausgabe 2 // 11/2012 // www.localcalling.de

local zine for the local scene LOCAL CALLING Regionales Musikmagazin

★ Mit neuer EP und richtig Feuer im Arsch ★

The Audience: Eine Institution King Lui Van Beethoven: Festival Sommer: Sonne, Eis und löst sich auf. Wir haben das Warum KLVB eineinhalb Jahre Dosenbier: Festivals in Belgien, vermutlich letzte Interview. für ihr neues Album brauchten. der Schweiz und Nürnberg.