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22 JUN/JUL 10 FOR FREE

TRASH TALK • • WHITECHAPEL • WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER • AGAINST ME! • AS I LAY DYING • TRIGGER THE BLOODSHED

Fuze_Titel_No.22.indd 2 08.05.10 11:02 Out: 21. Mai 2010 HEAVEN SHALL BURN · Invictus Das neue Studioalbum und der 3. Teil der „Iconoclast“-Geschichte: majestätisch - roh - facettenreich

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Ltd. Box Set + exclusive T-Shirt bundle available at: www.cmdistro.com HEAVEN SHALL BURN live: 28.05.2010 (D) Jena F-Haus „Invictus“-Releaseparty · 04.06.2010 (D) Nürburgring Rock Am Ring 05.06.2010 (D) Nürnberg Rock Im Park · 12.06.2010 (A) Nova 13.06.2010 (CH) Interlaken Greenfi eld Festival · 03.07.2010 (D) Roitzschjora With Full Force 17.07.2010 (D) Cuxhaven Deichbrand Festival · 20.08.2010 (D) Dinkelsbühl Summer Breeze

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ROAD KILL · DVD+CD / CD / DIGITAL DOWNLOAD OUT NOW! “ Burnout” Eine legendäre Live Show, mitgeschnitten im SO36, mit massig Backstage Schwedens Act # 1 meldet sich mit einem Material und allen Videoclips! längst überfälligen Live DVD/CD-Release zurück. Erhältlich als Limited Edition (Digipak DVD + Audio CD), Standard DVD und Standard CD Die DVD enthält eine stimmungsvolle „On The Road“ Doku, eine aktuelle Live-Show und 6 Promo Video-Clips. BAD BOYS FOR LIFE TOUR w/ , RENO DIVORCE And More! 17.05.2010 Graz (AT) PPC · 18.05.2010 München (DE) Backstage Die CD enthält neben der vollen Live-Show (Mix: / 19.05.2010 Solothurn (CH) Kofmehl · 20.05.2010 Lindau (DE) Club Vaudeville Antfarm Studios) noch 5 rare oder unveröffentlichte Studio Tracks. 21.05.2010 Wuerzburg (DE) Posthalle · for more info: www.badboysforlifetour.de

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Fuze_1-1_4c_0510.indd02Fuze22.indd 2 1 05.05.201006.05.10 13:01:38 22:12 Uhr Neuer HEAVEN SHALL BURN Merch exklusiv im IMPERIAL Online Store.

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Der III. Teil von HEAVEN SHALL BURNs Iconoclast-Trilogie. Das neue “INVICTUS” ab dem 21. Mai im Handel.

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IMPRESSUM 18 HEAVEN SHALL BURN Ein Song, ein Interview. Fuze Magazine Thomas Renz, P.O.Box 11 04 20 20 WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER 42664 Solingen, 07 CANCER BATS Witz, komm raus. Fledermäuse sind soziale Tiere. (Pakete an: Fuze Magazine, 22 AS I LAY DYING Hochstraße 15, 42697 Solingen) 09 DEW-SCENTED Entwicklung und Vergänglichkeit. Fon 0212 383 18 29, Fax 0212 383 18 30 Quotes-Interview. fuze-magazine.de, myspace.com/fuzemag 23 KINGDOM OF SORROW 10 ROCKY VOTOLATO Kirkifying stuff. Redaktion: My influences. Thomas Renz, [email protected] 24 WHITECHAPEL Anzeigen, Verlag: 10 Die Bruce Lee des . Ask the merch guy. Joachim Hiller, [email protected] Marketing, Vertrieb, Anzeigen: 11 ASHES OF A LIFETIME Kai Rostock, [email protected] Labelmates.

Verlag & Herausgeber: 12 CULT OF LUNA 25 AGAINST ME! Joachim Hiller, Hochstraße 15, Mut. Selbstreflexion statt Kulturindustrie. 42697 Solingen, Germany 12 LOWER THAN ATLANTIS 26 TRASH TALK / ROLO TOMASSI V.i.S.d.P.: Thomas Renz (Für den Inhalt von Tracklist-Interview. Klassenfahrt mit Punks und Milchgesichtern. namentlich gekennzeichneten Artikeln ist der/ 13 STIGMA 27 TRIGGER THE BLOODSHED die VerfasserIn verantwortlich. Sie geben nicht My artwork. Bang your fucking head. unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.) 13 STAY BRUTAL 28 MANTRIC MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Bitte bleiben sie brutal. In der Gebetsmühle. Florian Auer, Dorian Becker, Will Benoit, Georg Büchner, James Dewees, Joss Doebler, Frank En- 14 BRAIN DRILL 29 GREYLINE gelhardt, Benedikt Ernst, Stefano Ghersi, Chris My friends @ MySpace. Von Not und Tugend. GOLDUST, Carl Jakob Haupt, André Jahn, Philip Ja- 14 PUNISH MY HEAVEN 29 DISCO ENSEMBLE mieson, Aiko Kempen, Tobias Kolb, Daniel Kubera, My MySpace site. Leinen los. Arne Kupetz, Christian Ludwig, Hendrik Lukas, Den- nis Meyer, André Moraweck, Ivan Munguia, Michael 14 30 MISERY INDEX Repasch-Nieves, Ingo Rieser, Björn Schmidt, Mar- Dear diary. Bereit für den Kollaps. tin Schmidt, René Schuh, Anders Teglund, Jan van Hamme, Rocky Votolato, Orion Wainer, Alessandro 15 IREPRESS 30 KERRETTA Weiroster, Birte Wiemann, Christoph Zehetleitner Journalistenschule. Hallo und Prost. 31 Layout: André Bohnensack Es ist doch nur ein Film. Lektorat: Ute Borchardt Coverfoto: Jens Becker (getaddicted.org) 32 REVIEWS Coverdesign: Alex Gräbeldinger Vertrieb: Eigenvertrieb, Cargo, Green Hell, 43 RETROSPECT Core Tex, Imperial, Trashmark LET IT BURN SHOWCASES Abonnement: 6 Ausgaben 10 Euro inkl. P+V Druck: WAZ Druck, Duisburg 44 LIVEDATES 16 SICK OF IT ALL SUMMERBLAST FESTIVAL Weiter, immer weiter. VAINSTREAM ROCKFEST

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06Fuze22.indd 6 08.05.10 10:56 CANCER BATS FLEDERMÄUSE SIND SOZIALE TIERE. Die meiste Zeit des Jahres leben sie in Gruppen zusammen und teilen sich ihr Quar- tier ohne besondere Rangordnung. In einer Fledermaushöhle existieren häufig verschiedene Arten in friedlicher Koexistenz – manche Gattun- gen bewahren sich sogar durch die Weitergabe von Nahrung gegenseitig vor einem möglichen Hungertod. Angeregt durch die Reaktionen ein- zelner Tiere folgen sie einem Schwarmverhalten und schließen sich synchron deren Bewegungsmustern an.

Der Namensgeber der CANCER BATS ist ein mit Bedacht gewähltes Tier. In angekommen, am liebsten sofort wieder verschwinden würden, um mit die- vielen Eigenschaften sind Parallelen zur Band erkennbar, die auf dem Ver- sen vielen Veränderungen nicht klarkommen zu müssen“, meint der Sän- haltensprinzip des sozialen Habitus gründen. Die Szene in Kanada ist nicht ger, der im gleichen Atemzug betont, dass die Mitglieder der CANCER BATS sonderlich groß, es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Bands, die interna- auch privat die meiste Zeit miteinander verbringen. „Von unserem Merch- tional erfolgreich ist. Einige dieser bekannteren Namen – COMEBACK KID, Typen bis hin zum Tour-Manager: Wir sind eine Familie und würden alles oder – haben eines gemeinsam: Sie haben füreinander tun.“ allesamt den CANCER BATS die Chance gegeben, als Tour-Support auf sich aufmerksam zu machen. „Aufstrebende Bands werden mit offenen Armen Was Liam Cormier hier von sich gibt, ist keine dahingesagte Plattitüde. Er empfangen und voll unterstützt. Es gibt kaum Konkurrenzdenken“, erklärt meint es aufrichtig, das spürt man – im Gespräch als Journalist und vor der CANCER BATS-Frontmann Liam Cormier den Stil der kanadischen Szene, Bühne im Publikum. „Die Tatsache, dass es in der Hardcore- und Punk- die er als ausgesprochen liberal und aufgeschlossen empfindet. „Dass auf Szene keine Unterschiede zwischen Künstler und Publikum gibt, hat mich den Shows Kids mit Corpsepaint-Bemalung Arm in Arm mit Leuten head- von Beginn an tief beeindruckt. Das war der ursprüngliche Grund, weshalb bangen, die ein NOFX-Shirt tragen, ist gang und gäbe. Ich liebe es, Teil die- ich Teil dieser Szene werden wollte.“ Dabei ist er als Sänger so etwas wie ser Szene zu sein.“ der Impulsgeber, der es mit energetischem Willen schafft, das Publikum an sich zu binden, eine homogene Masse aus Individuen zu formen, in der es Klingt, als wäre die Welt in Kanada noch in Ordnung. Cormier weiß um die keine Außenseiter gibt. Barrierefreie Interaktion, Abend für Abend. Bedeutung von Zusammenhalt – nicht nur beim Publikum. So zählt er die Musiker von ALEXISONFIRE zu den „besten Freunden der Welt“. Der Sänger Das zeigt sich auch daran, dass ein ausgepowerter Cormier regelmäßig spricht bewusst von Freunden, nicht von Kollegen. Aus gutem Grund: „Sie und unmittelbar nach den Konzerten am Merch-Stand anzutreffen ist, wo haben uns mehr unterstützt, als man sich vorstellen kann. Sie haben unsere er die Kommunikation mit dem Publikum sucht. Doch wie bei allem Schö- Shirts bei jeder Show getragen, uns in jedem Interview erwähnt und uns mit nen im Leben – für diese Passion hat er Opfer gebracht. Seiner zweiten Lei- unserem ersten Album im Gepäck drei Monate mit auf Tour durch Kanada, denschaft, dem Snowboarden, das für ihn nicht nur Sport, sondern Lebens- die Vereinigten Staaten und Europa genommen.“ gefühl ist, hat er seit Jahren nicht mehr nachgehen können. „Das gibt mir manchmal zu denken. Aber ich stelle mir vor, dass ich das in meinem Leben Kein Wunder, dass bei einem so stark ausgeprägten Kollektivgedanken die nach der Band aufholen kann. Vielleicht werde ich ja sogar Snowboard- gemeinsamen Tourneen nicht abreißen. Doch obgleich Kanada die Wur- Lehrer, wenn ich sechzig Jahre alt und im Ruhestand bin.“ Bis dahin bleibt zel, den Ursprung, darstellt, hegen die Musiker mit jedem Tag der Absenz aber noch viel Zeit, die Essenz der Musik der CANCER BATS – Optimismus, ein mehr und mehr ambivalentes Verhältnis zum Begriff „Heimat“. „Wäh- Aufgeschlossenheit und Freundschaft – in die Welt zu tragen. rend unserer Abwesenheit geschehen so viele Dinge, dass wir, kaum dort Florian Auer Foto: Jess Baumung

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07Fuze22.indd 7 09.05.10 22:08 light the fuze FUZE.22 DINGE FÜR GEWINNER „ES GIBT JOURNALISTEN“, schrieb mir „MODE HAT ABSOLUT NICHTS MIT GELD ZU TUN“, soll Victoria Beckham im Jahr 2006 in unlängst der Promoter eines amerikanischen einem Interview gesagt haben. Sie muss damals schon von den Verlosungen in diesem Heft gewusst Metal-Labels, „die professionell genug sind, sich ein haben: Bei jeder gibt es nämlich mindestens ein T-Shirt zu gewinnen, und eine E-Mail mit der jeweili- gebeeptes Album anzuhören und darüber zu schrei- gen Betreffzeile an offi [email protected] zu schreiben, ist alles, was man dafür tun muss. Anders ben. Seltsam, aber wahr!“ Ich dagegen bin der Mei- gesagt: Hier mitzumachen ist so einfach, das würde sogar die britische „Sängerin, Songwriterin, nung: Wer einen Stream beziehungsweise Download Autorin und Designerin“ (nicht lachen, siehe Wikipedia) hinkriegen. bespricht, obwohl die Songs immer wieder durch einen extrem lauten Piepton unterbrochen werden, „Grün und blau ist dem Kasper seine Frau“, lautet ein ist nicht professionell, sondern nimmt seinen Job beliebter, aber grammatikalisch nicht einwandfreier nicht ernst genug. Man könnte auch sagen: Bei so Spruch unter Augsburger Layoutern. Die fünf T-Shirts jemandem piept’s wohl. Wie soll – BEEEEEP – man von HEAVEN SHALL BURN, die wir in Zusammenar- etwas fair beurteilen, das einem nach nicht einmal beit mit Imperial Clothing verlosen, haben allerdings einer – BEEEEEP – Minute mehr auf die Nerven geht alle möglichen Farben. Und da Sänger Marcus Bischoff als das Nachmi – BEEEEEP – ttagsprogramm von keine Zeit hatte, sie alle einmal überzustreifen, damit die RTL? Wir haben deshalb beschlossen, Platten erst Nähe zu den Fans gewahrt bleibt (wie im Rahmen der dann zu besprechen, wenn sie uns in einer vernünf- im letzten Jahr erschienenen DVD der Band zu sehen), tig hörbaren Version vorliegen. Selbst wenn dies im hat die Fuze-Redaktion diese ehrenvolle Aufgabe selbst Zweifelsfall bedeutet, dass die Rezension eine Aus- übernommen. Betreff: „Aber so kurz vor Druckschluss gabe später erscheint. Also nicht wundern, wenn in schwitzt ihr doch sicher immer furchtbar, oder?“ diesem Heft zwar Interviews mit KINGDOM OF SOR- ROW und MISERY INDEX zu fi nden sind, nicht aber die entsprechenden Reviews. Wir sind davon über- Eine weitere Weisheit schwäbischer Layouter besagt: „Rot und grün macht Narren schön.“ zeugt, dass unseren Leserinnen und Lesern Qualität Wobei sich das nur in der entsprechenden Mundart reimt. Abgesehen davon, sind die fünf wichtiger ist als Aktualität. Bei allem Verständnis für Shirts von SICK OF IT ALL sowieso „eher lila als rot“ (O-Ton Mitarbeiter von Century Media). das Bedürfnis einer Plattenfi rma, ihr „Produkt“ mög- Wir würden sogar sagen: weinrot. Und grün oder etwas für Narren ist das Teil auch nicht. lichst lange vor einem Leak zu schützen: Musik ist Betreff: „Das Logo ist jedenfalls ohne Zweifel gelb.“ mehr als die Summe ihrer Teile – aber nur, wenn sie nicht durch Beeps zerstückelt wurde. Seltsam, aber wahr. Thomas Renz (offi [email protected]) Zu den nächsten drei T-Shirts gibt es jeweils eine Doppel-CD – die „STAY BRUTAL“-Com- pilation. Und einen guten Ratschlag packen wir noch obendrauf: Der Schriftzug mag sty- lisch aussehen, trotzdem sollte das Shirt nicht in zwielichtigen Gegenden getragen werden. DAS FUZE IST EIN KOSTENLOSES MUSIKMA- Schlägerbanden könnten den Spruch als Aufforderung verstehen. Betreff: „Mit denen werde GAZIN, das alle zwei Monate erscheint und sich auf Hard- ich schon fertig, schließlich bin ich so hart wie Bands auf dem Sampler.“ core, Metal und spezialisiert hat. • Unter myspace.com/fuzemag gibt es eine Liste mit allen Locations, in denen das Fuze ausliegt. Wenn du uns beim Verteilen helfen willst, schreib einfach eine E-Mail an marke- In vielen englischsprachigen Ländern darf man das F-Wort nicht einmal aussprechen, in [email protected]. Deutschland – und in Berlin sowieso – kann man es sogar in großen Lettern auf T-Shirts • Mailorder wie Green Hell, Imperial, Core Tex, Trashmark, drucken. Zusammen mit Core Tex Records verlosen wir drei davon – zusammen mit dem Merch Attack, Rage Wear oder Flight13 legen das Heft ihren neuen, inzwischen dritten „BERLIN HARDCORE“-Sampler, auf dem sich zwanzig verschie- Bestellungen bei. dene Bands tummeln. Betreff: „Ich würde da echt fucking gern gewinnen!“ • Bei vielen Touren, die von M.A.D., Avocado oder Kingstar organisiert werden, liegt das Magazin am Merch-Stand aus. • Man fi ndet das Heft in allen Carhartt Stores sowie in vielen Im Juni kommen für ein paar Shows nach Deutschland. Nach Köln, Läden, in denen es die Klamotten von Atticus Clothing gibt. • Ein Abonnement über sechs Ausgaben kostet zehn Euro Frankfurt und Stuttgart, um genau zu sein. Sollte die Band für diesen schönen Anlass und kann unter ox-fanzine.de/fuze-abo bestellt werden. T-Shirts gemacht haben, werden wir die vermutlich in zwei Jahren verlosen. Für diese Aus- • Für 2,50 Euro kann man das Fuze auch im Bahnhofsbuch- gabe mussten wir mit zwei übrig gebliebenen Exemplaren der „World Tour ’08“ Vorlieb neh- handel kaufen. men – in den beliebten Größen L und XL. Betreff: „26. Mai 2008 in Osaka – ich war dabei!“

Fuze-Abo. Das Fuze- Fuze-Prämien-Abo. FUZE-SHOP Abo über ein Jahr (sechs Das Fuze-Abo über ein www.ox-fanzine.de/fuze-shop Ausgaben) für 10 Euro – Jahr + Fuze-Shirt + CD auch ins Ausland. unserer Wahl für 25 Euro. Fuze-Shirt. Schwarzes T-Shirt mit einem Design von Tierrechtskünstler Roland Straller in fair gehan- Gilt nur für Deutschland. Das Das Abo verlängert sich um Abo verlängert sich um jeweils delter Bio-Qualität und limitierter Aufl age für 15 Euro jeweils ein Jahr, wenn es nicht ein Jahr, wenn es nicht bis (+5 Euro P&V) – auch als Girlie erhältlich. bis spätestens vier Wochen spätestens vier Wochen vor Auslandsporto auf Anfrage: [email protected]. Nur vor Erscheinen der letzten Erscheinen der letzten bezahl- solange der Vorrat der reicht. bezahlten Ausgabe schriftlich ten Ausgabe schriftlich gekün- gekündigt wird. digt wird.

Fuze-Spezial-Abo: Fuze-Backissues- 20 für 20. Das Fuze- Paket. Alle noch ver- Abo über ein Jahr (sechs fügbaren alten Hefte für Ausgaben) für insgesamt 10 Euro (+5 Euro P&V). 20 Euro, wobei von jedem Heft zwanzig Exemplare Auslandsporto auf Anfrage: [email protected]. Solange geliefert werden. der Vorrat reicht, ohne Anspruch darauf, dass wirklich jedes Heft dabei ist, weil even- Das Abo verlängert sich nicht tuell vergriffen. Es gibt min- automatisch! destens zwölf Hefte.

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Sänger Leif Jensen kommentieren zu lassen, immer Widersacher auf. Aber das ist besser, als egal weil bei Wikipedia steht, der Name seiner Band zu sein. Man sollte sich mit dem „Verleumder“ aller- leite sich von einem Gedicht des amerikanischen dings nie so lange beschäftigen, wie dieser es bereits Schriftstellers ab, und dann stellt sich heraus, mit dem „Mensch von Genie“ getan hat. Klar sind wir dass DEW-SCENTED „eigentlich gar nichts“ mit offen für konstruktive Kritik, aber man sollte lernen, Poe verbindet und Jensen nicht einmal weiß, aus dass die Meinungen anderer nicht unbedingt falsch welchem Gedicht das Wort (das übersetzt „nach oder richtig sein müssen. Über Geschmack lässt sich Tau duftend“ bedeutet) stammt: „Ich glaube, ich bekanntlich schlecht streiten. Dennoch macht es habe irgendwann einmal gesagt: ‚Der Begriff ist immer wieder Spaß, es zu versuchen, haha. mir in einer englischen Kurzgeschichte aufgefal- „Der Tod einer schönen Frau ist wahrlich das len, vielleicht etwas von Poe oder so?‘ Und dann poetischste Thema der Welt.“ Auch bei unseren hat sich die Sache irgendwie verselbstständigt. Texten spielt der Tod – aber nicht nur der von schö- Wir fanden den Namen einfach enigmatisch nen Frauen – eine tragende Rolle. Das ist eben ein und originell. Viel weiter haben wir damals nicht sehr anregendes Thema, da es uns ausnahmslos gedacht, mussten uns aber seither immer wieder alle betrifft und ständig unser Denken und Handeln erklären.“ Tja, Pech. Wir ziehen das jetzt trotz- beeinfl usst. Um was es in den Texten unseres neuen dem durch. Albums „Invocation“ genau geht, ist in ein paar Zei- len aber schwer zu umreißen. Jeder Song steht für „Genie blickt voll der Hochachtung auf andres sich und handelt von einem anderen Thema. „Arise Genie.“ Absolut – auch wenn der Begriff „Genie“ from decay“ beschäftigt sich beispielsweise mit oft zu leichtfertig benutzt wird. Wir verbeugen uns Beharrlichkeit, „Have no mercy on us“ ist über eine immer noch respektvoll vor unseren Lieblingsbands Endzeitsekte, „Revel in contempt“ spricht gesell- und erkennen neidlos an, wenn aktuelle Bands gute schaftlichen Verfall an. Qualität abliefern. Die Musikszene ist für uns kein „Für mich war Poesie nie Zweck, sondern Leiden- Wettbewerb. Beeinfl usst wurden wir vorrangig vom schaft.“ Das lässt sich für mich problemlos auf Musik Thrash-Metal der achtziger Jahre sowie der ersten übertragen. Ich höre immer noch mit Begeisterung Death-Metal-Welle, weil wir damals anfi ngen, diese dieselben Platten wie als Teenager, gehe ständig Musik zu hören, zu lieben und schließlich selbst zu auf Konzerte anderer Bands und habe nie die Lust spielen. Bands wie SLAYER, FORBIDDEN, TESTA- am Metal verloren. Da wir nicht von der Musik leben Foto: João Cavaco (joaocavaco.blogspot.com) MENT, DEATH, , EXODUS, aber auch TROU- müssen, spielten musikalische Taktik und fi nanzielle BLE, DISCHARGE und AT THE GATES waren wichtig Abhängigkeit nie eine übergeordnete Rolle für uns. DEW-SCENTED für uns. „Wenn du etwas umgehend vergessen willst, QUOTES-INTERVIEW. Na toll. Da suchen „Jeder Mensch von Genie hat seine Verleum- schreib dir auf, dass du dich erinnern musst.“ wir ewig lange nach irgendwelchen Zitaten von der.“ Ja, manche Leute sind eigentlich nur im Kriti- Schönes Zitat – das schreibe ich mir auf! Edgar Allan Poe, um sie von DEW-SCENTED- sieren gut. Wenn du Befürworter hast, tauchen auch Thomas Renz

Punkrock. Hardcore. Rock’n’Roll. DAS OX-ABO 6 Ausgaben für 28 Euro (Ausland: 33 Euro) www.ox-fanzine.de/abo

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Votolato nennt auf seiner MySpace-Seite viele hat mich gelehrt, dass sich die Kraft der Gewaltlo- Einflüsse, die nichts mit Musik zu tun haben. Zwei sigkeit vor allem aus einem speist: aus bedingungs- davon stellt er uns im Folgenden vor. loser Liebe. Seine tiefe Leidenschaft und sein per- sönliches Opfer für das Wohlergehen der anderen „There is no god higher than truth.“ / „A man war und ist ein leuchtendes Beispiel für den Dienst becomes great in exactly the degree to which an der Menschheit. Einer wie er wird in der heutigen he works for the welfare of his fellow man.“ – Welt schmerzlich vermisst. Mahatma Gandhi (1869-1948) Die Geschichte „Injustice anywhere is a threat to justice eve- von Gandhis Leben hat nicht nur meine Kunst beein- rywhere.“ / „He who passively accepts evil is as flusst, sondern auch meine persönliche Philosophie. much involved in it as he who helps to perpet- Er hat der Welt einen Ausweg aus dem Irrsinn gezeigt, rate it. He who accepts evil without protesting der unseren Planeten zerstört, und die große spiri- against it is really cooperating with it.“ – Mar- tuelle Wahrheit erkannt, dass wir alle Teil einer Fami- tin Luther King, Jr. (1929-1968) In vielerlei Hin- lie und unsere Schicksale untrennbar miteinander sicht verlief Kings Leben parallel zu dem seines Men- verknüpft sind – unabhängig davon, welcher Nati- tors Gandhi. In der gesamten Geschichte der Verei- onalität, Religion, Klasse, Rasse oder welcher ande- nigten Staaten faszinierte er mich immer am meis- ren, frei erfundenen Schublade wir uns zugehö- ten. Durch Gandhis Betonung von Liebe und Gewalt- rig fühlen. Seine Taten haben mich gelehrt, dass die losigkeit entdeckte King seine Methode der sozialen Schubladen, mit denen wir die Welt aufteilen, nur Teil Reform und wurde der größte spirituelle Führer der eines „Gruppenbewusstseins“ sind, das in Wahrheit Bürgerrechtsbewegung. Ich denke, die fesselndste eine falsche Annahme unseres Verstandes ist, die Ähnlichkeit zwischen den beiden ist ihre tiefe Hin- es einem menschlichen Wesen erlaubt, ein anderes gabe zu einer inneren spirituellen Disziplin. Das war als minderwertig abzustempeln. Das ist die Wurzel der wahre Ursprung ihrer Fähigkeit, bedeutende aller bewaffneten Konflikte auf der Welt und die Ant- soziale Veränderungen herbeizuführen. Die Fragen wort auf die Frage, wie wir Frieden schaffen können. und Situationen mögen sich ändern, aber die Ant- Gandhi hat für Indiens Unabhängigkeit von den Bri- worten auf die Probleme der Menschheit bleiben ten gekämpft und gewonnen. Und das alles, indem er dieselben. Es gibt nur eine Welt, hier und jetzt. Das auf gewaltfreien Widerstand gesetzt hat. Während Himmelreich ist in einem selbst. Es ist eine Welt, die Foto: Paul Israel (paulisrael.com) des gesamten Konflikts wusste er, dass die Briten über Politik, Grenzen, Geld, Patriotismus, Religion nur seine verwirrten Brüder und Freunde sind, und und jeder anderen Form eines spaltenden Gruppen- ROCKY VOTOLATO hat sie dementsprechend behandelt. Die Tatsache, bewusstseins steht. Die wahre Welt ist eine der Ein- MY INFLUENCES. Nelson Mandela, Siddhar- dass sich dieser Mann zwei Mal fast zu Tode gehun- heit und der unbestreitbaren Vernetzung aller Dinge. tha Gautama, Ralph Waldo Emerson, Henry gert hätte, um auf die Ignoranz und den zerstöre- Wir sind alle Bürger dieser Welt, und wenn wir uns David Thoreau, Leo Tolstoi, Paramahansa rischen Irrsinn derjenigen aufmerksam zu machen, auch so verhalten, wird es Frieden geben. Yogananda ... Der Singer/Songwriter Rocky die um ihn herum kämpften, bricht mir das Herz. Er Rocky Votolato

Wie bist du zu diesem Job gekommen? Die Jungs von ENTER SHIKARI sind seit langer Zeit mit mir befreundet. Irgendwann sind sie auf mich zugekommen und haben mich gefragt. So einfach war das. Womit verdienst du sonst dein Geld? Wenn ich nicht auf Tour bin, arbeite ich als Türsteher in diversen Clubs und Bars. Davon abgesehen, begleite ich mittler- weile nicht nur eine Band. Gibt es ein bestimmtes Ritual, mit dem sich die Band auf die Show ein- stimmt? Sie opfern vor jedem Auftritt eine Maus hinter der Bühne, haha. Welche Art von Musik hörst du privat? Ich bevorzuge mit elektroni- schen Einflüssen. Was ich hingegen schrecklich finde, ist Trance. Wodurch unterscheidet sich das Publikum von ENTER SHIKARI von dem anderer Bands? Ich denke, im Vergleich mit Bands, die eher konventionelle laute Musik machen, ziehen ENTER SHIKARI ein jüngeres Publikum an. Die Band unterstützt einige politische und gesellschaftskritische Bewe- gungen. Auf ihrer Internetseite gibt es unter anderem einen Link zu the- zeitgeistmovement.com. Wie lautet deine Meinung über die Welt und ihre Zukunft? In meinen Augen verarscht Religion die ganze Welt, also glaubt nicht an so etwas! ENTER SHIKARI haben sich als Band viele Gedanken über das gemacht, was auf unserem Planeten schief läuft. Sie stehen zu ihren Überzeu- gungen. So gesehen, haben sie ihren Kopf von dem manipulativen Ballast unse- rer Umwelt freigemacht – sofern das überhaupt möglich ist. Ich finde, was die Jungs zu sagen haben, verdient Wertschätzung. Womit muss man beim Tourleben mit der Band rechnen? Stinkende Socken Foto: Arkadiusz Goniwiecha und andere üble Gerüche, schlecht sitzende Haare und haufenweise verkater- tes Erwachen. ENTER SHIKARI Was ist der unerfreuliche Teil deiner Arbeit? Definitiv die langen Fahrten. Ich ASK THE MERCH GUY. Unter dem grünen Dach einiger ausgefranster vertreibe mir die Zeit zwar mit Filmen, Büchern, meinem Laptop und einer Xbox, Plastikpalmen hat sich Adam sein Reich aufgebaut. Der Merch-Verkäu- trotzdem sind die vielen Stunden im Bus manchmal eine Qual. Abgesehen davon, fer von ENTER SHIKARI tänzelt gekonnt zwischen zahllosen aufgerisse- ist das Ein-und Ausladen des ganzen Equipments verdammt stressig. Besonders nen Kartons voller Fan-Artikel umher, und es scheint fast so, als hätte das für mich, da ich ja den ganzen Tag am Rotieren bin, haha. Aber ich liebe den Job. Chaos ein gut durchdachtes System. Bei jedem Kaufinteressenten greift er Hast du schon einmal einen Dieb an deinem Stand erwischt? In Prag habe ich zielgerichtet in eine der Kisten und kramt mit lasziver Gelassenheit inner- einem Kerl eine runtergehauen, als er versucht hat, etwas zu klauen. Später habe halb von Sekunden das gewünschte Objekt hervor. Kommt es zum Kauf, ich ihn noch mal gesehen, und wir haben das geklärt. Dennoch war ich am nächs- zählt er ebenso unaufgeregt das Wechselgeld ab, das er nach dem einfa- ten Tag nicht glücklich über meine vorschnelle Reaktion. chen System „Linke Hosentasche für Scheine, rechte Tasche für Münzen“ Wo lief das Geschäft bisher am besten? Auf Deutschland bezogen: in Ham- verwahrt. Adam, dessen Nachname und Alter partout nicht genannt wer- burg. Ansonsten sind die Shows in immer ein absoluter Höhepunkt – den sollen, pendelt zwischen New York und seiner Heimat, dem Vereinigten nicht nur für den Umsatz am Merch-Stand. Königreich – immer im Auftrag seiner Sache. Florian Auer

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denden Zahl an Bands muss man sich eben durchbeißen und beweisen, dass man nicht nur ein durch einen Hype initiierter Nachahmer ist. Habt ihr auch manchmal das Gefühl, dass es heutzutage in der so genann- ten Szene oft mehr um bunte T-Shirts als um echte Inhalte geht? Nils: Bunte T-Shirts sind so was von geil, haha! Die Szene hat sich leider nicht zu ihrem Vorteil entwickelt. In den Jahren, als Hardcore noch Hardcore hieß, war es keine solche Fashion-Show. Ich sehe das aber gelassen, denn ich kenne etliche, die damals auf EARTH-CRISIS-Konzerten herumgerannt sind und einige Monate später in kompletter Raver-Kluft im lokalen Zappelschuppen unterwegs waren. Beängstigend ist da schon eher das immer größer werdende Gewaltpotenzial. André: Nach unseren Shows kommen immer wieder Leute auf uns zu, die ihren Unmut über die Windmühlendreher äußern und sagen, dass sie sich wegen ihnen nicht weiter nach vorne getraut haben. Wir wollen niemandem den Spaß verder- ben, aber wenn eine Handvoll Jungs verhindert, dass die Mehrheit des Publikums während eines Konzerts Kontakt zur Band aufbauen kann und dadurch nicht so recht Stimmung aufkommen will, sollten sie sich überlegen, ob sie der Band damit wirklich einen Gefallen tun. Ich habe die Beobachtung gemacht, dass es in der Szene immer wieder relativ dominante, sich abwechselnde Trends gibt. Sei es nun Old School, Beatdown, , Deathcore ... Was wird das nächste große Ding? Daniel: Wenn wir so etwas vorhersehen könnten, würden wir jetzt nicht hier sit- zen, sondern verzweifelt versuchen, unsere gescheffelten Millionen loszuwerden. Nils: Dieser extreme Beatdown-Kram wird ziemlich bald wieder verschwinden, weil das Ganze einfach eine musikalische Sackgasse ist. Katzi: Irgendwann gibt es einfach keinen mehr, der diese Musik hört, weil der langsame Beat bei allen zum Herzstillstand geführt hat, haha. Foto: Frank Wunderatsch Stefan: Ich denke, wenn man es schafft, lange genug „im Geschäft“ zu sein, und dabei versucht, sich immer treu zu bleiben, wird man irgendwann selbst zum ASHES OF A LIFETIME Trendsetter. LABELMATES. Man kennt das Prinzip dieser Rubrik inzwischen. Zwei Woran merkt man, dass eine Band wirklich mit Herzblut und Leidenschaft Bands eines Labels interviewen sich gegenseitig. MYRA und ASHES OF bei der Sache ist? Was macht eine Band authentisch? A LIFETIME haben sich allerdings so viele Fragen und derart ausführliche André: Ich denke, dass sich so etwas erst richtig erkennen lässt, wenn die betref- Antworten um die Ohren gehauen, dass wir die Sache erstmals zweiteilen fenden Musiker älter sind. Dann sieht man, ob sie immer noch Musik machen mussten. In dieser Ausgabe beantworten ASHES OF A LIFETIME deshalb die oder eben etwas anderes. Solange man seine Maske nur für ein paar Stunden bei Fragen von MYRA, in der nächsten ist es dann anders herum. einem Gig aufbehalten muss, kann man alles aus Berechnung heraus machen, ohne dass so schnell irgendjemand die Wahrheit erfährt. Sollen wir euch eigentlich nur „lustige“ Fragen stellen wie „Warum seht ihr Stefan: Aber doch sicherlich nicht bei Hardcore und Metal! Theoretisch mög- auf euren Band-Fotos so sexy aus?“, damit wir beim Fuze-Publikum gut lich ist das vielleicht schon, aber wer tatsächlich so einen Aufwand betreibt, muss ankommen, oder darf es auch etwas Ernstes sein? ganz schön bescheuert sein, denn reich wird man dadurch sicherlich nicht. Sebastian: Stellt lieber lustige Fragen, sonst legt Nils wieder mit seiner „Alles Daniel: Ich denke schon, dass man merkt, ob jemand seine Musik wirklich aus muss doch einen Sinn haben“-Leier los. Überzeugung macht. Warum hat sich Rex Gildo wohl aus dem Fenster geschmis- Nils: Ich finde, alles muss einen Sinn haben. sen? Ganz bestimmt nicht, weil er seine Musik über alles geliebt hat. Ist Metalcore die Bezeichnung für einen Musikstil oder ein Schimpfwort? Gibt es etwas, das ihr am Fuze auszusetzen habt? Stefan: Ich denke, jede Bezeichnung für einen Musikstil kann zum Schimpfwort Daniel: Es ist einfach unter aller Sau, dass das Fuze kostenlos zu haben ist und werden. Und zwar immer genau dann, wenn sie wachsende Popularität erlebt und es bei den Reviews keine Punktewertungen gibt, wodurch man gezwungen wird, dadurch viele Nachahmer auf den Plan treten. Interessanterweise werden fast den ganzen Mist durchzulesen. alle jungen Bands erst einmal in eine „Schimpfwortschublade“ gesteckt. Selbst Katzi: Außerdem war es damals ganz schön unverschämt, dass wir ohne Weite- dann, wenn ihre Musik so gut wie gar nichts mit dem entsprechenden Genre zu res ein paar Exemplare bekommen haben, die wir an unserem Merch-Stand ver- tun hat. Aber ich befürchte, das gehört einfach dazu. Bei der immer größer wer- teilen konnten.

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den. Zwar sind wir alle mit Hardcore und Emocore aufgewachsen, aber nicht jeder von uns hört das heute noch. Natürlich wollen wir harte Musik machen – aber mit Elementen, die man so vielleicht von keiner anderen Band unseres Genres kennt. Unsere Fans scheinen das zu mögen. Deswegen dachten wir, dass es mög- lich sein müsste, etwas wie „Eviga Riket“ zu veröffentlichen. Natürlich würden es auch einige ablehnen und stattdessen ein neues „Salvation“ fordern, aber dafür könnten wir vielleicht neue Fans gewinnen. Wir waren jedenfalls einigermaßen zuversichtlich, dass „Eviga Riket“ positiv aufgenommen werden würde, obwohl es eine so merkwürdige Veröffentlichung ist. Nachdem „Eternal Kingdom“ draußen war, hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte, auf der das Album basierte, in voller Länge und chronologisch erzählt werden müsste. Alle in der Band waren dafür. Sie passte ja auch sehr gut zur Heimatliteratur der nordschwedischen Regionen Västerbotten und Norrbot- ten, von der wir schon vorher inspiriert waren. Ich fing also an zu schreiben, aber es lief anfangs recht zäh. Erst als ich einige Zeit im Sommerhaus meiner Familie bei Kalix an der finnischen Grenze verbrachte, konnte ich die Atmosphäre besser greifen. Diese Phase des Projekts hat mir am meisten Spaß gemacht. Als wir uns dann der ökonomischen Seite widmeten, wurde ich ein wenig nervös. Wir spiel- ten einige Shows, um Geld für das Projekt einzunehmen, aber das reichte nicht. Angesichts des schmalen Budgets war sich niemand in der Band wirklich sicher, Foto: Frédéric Brichau ob wir am Ende nicht doch scheitern würden. Aber schon ein paar Wochen, nach- dem „Eviga Riket“ draußen war, wurden wir ruhiger. Jetzt denke ich, dass wir bei CULT OF LUNA plus/minus Null herauskommen werden. MUT. Während die Musikindustrie langsam stirbt, veröffentlichen CULT „Eviga Riket“ ist, wie gesagt, ein ziemlich merkwürdiges Package, und ich weiß OF LUNA mit „Eviga Riket“ ein extravagantes Package aus Buch, Hörbuch nicht, ob jemals zuvor eine Band so etwas veröffentlicht hat. Deswegen wollten und Soundtrack – basierend auf demselben Konzept, das auch schon die wir, dass es so luxuriös wie möglich wird. Die Sache war so riskant und abwegig, Grundlage ihres letzten Albums „Eternal Kingdom“ bildete. Und als wäre dass es ein ernstzunehmendes Kunstwerk werden musste. Ich denke, dass Musik- das nicht genug, hat die Band aus dem schwedischen Umeå auch noch alles und Kunstliebhaber in Zeiten wie diesen mehr wollen als nur CDs oder MP3s. Das selbst finanziert und auf dem eigenen Label veröffentlicht. Keyboarder Buch ist sehr fordernd – man muss sich ihm und der Musik mehr als eineinhalb Anders Teglund schildert die Hintergründe dieses mutigen Projekts. Stunden sehr konzentriert widmen. Ich denke, dass wir heutzutage langsamere Arten der Kunst entdecken müssen. Kunst, die nicht auf die Straße oder in die Wir sind seit sieben Jahren eine Band und haben in dieser Zeit viele Menschen U-Bahn passt. Ich schlage deshalb vor, „Eviga Riket“ eher wie einen Film zu getroffen, die uns gezeigt haben, dass sie von unserem künstlerischen Output – betrachten. Man lädt einen Freund ein, kauft ein paar Snacks, macht es sich auf sei es ein Album oder eine Show – etwas Progressives und Forderndes erwarten. dem Sofa gemütlich, dreht die Anlage schön auf, schließt die Augen und genießt. Auch wir sind sehr daran interessiert, ständig neue Sounds und Themen zu fin- Anders Teglund, CULT OF LUNA LOWER THAN ATLANTIS TRACKLIST-INTERVIEW. Immer wieder erstaunlich, was unser Tracklist-Interview, bei dem jede Frage von einem Song des aktuellen Albums der interviewten Band inspiriert ist, so alles zu Tage för- dert. Zum Beispiel dies: Gitarrist Ben Sansom hat bisweilen ein Mundwerk wie ein Droschkenkutscher.

1) Was bedeutet der Titel eures Debütalbums belts“) Aber hallo! Ich will nicht kaputtgehen, bevor „Far Q“? („Far Q“) Wir wollten es „Fuck You!“ nen- sich all unsere harte Arbeit ausgezahlt hat. Außer- nen, weil das die Platte ziemlich gut zusammen- dem habe ich kein Geld, um die Strafe zu zahlen, gefasst hätte. Aber damit hätten wir es nicht in die wenn man ohne Gurt erwischt wird. Läden geschafft, also mussten wir ein bisschen mit 7) Was war die übelste Verletzung, die du dir dem Klang dieser Worte herumspielen ... jemals auf der Bühne zugezogen hast? („Face 2) Was ist das Langweiligste daran, in einer Band full of scars“) Einmal wurde mein Augenlid in zwei zu sein? („B.O.R.E.D.“) Darauf zu warten, dass Teile geschnitten, als ein Paar Typen in einem Club etwas Gutes passiert. Dann und wann werden wir über meinen Kopf gestiefelt sind. Wir haben an dem für ein Festival gebucht und können mit einer Band Abend zwar nicht gespielt, aber irgendwann zuvor, spielen, die wir mögen, oder wir bekommen ein Fea- also zählt das irgendwie. ture in einem Magazin, das uns ein paar Wochen 8) Verrate mir dein Alter, dein Geschlecht und über Wasser hält, aber das Langweiligste ist das deinen Wohnort. Und: Stehst du auf Cyber- Warten dazwischen. sex? („A/S/L?“) 21/M/Watford. Echter Sex ist bes- 3) Wie denkst du über illegale Downloads? ser, aber wenn eine Webcam im Spiel ist, beklage ich („Taping songs off the radio“) Finde ich super. mich möglicherweise nicht ... Ohne Blogspot hätte ich überhaupt keine Musik. Ich 9) Bist du down mit den Kids? („Down with the bin total dafür, dass Kids unsere Songs downloaden. kids“) Ja, Mann! I go down on kids all the time. [„to Wenigstens können sie unsere T-Shirts nicht runter- go down on someone“ bedeutet, jemandem einen laden. Zumindest noch nicht. zu blasen. Anm. d. Red.] 4) Wie weit kannst du deine Finger in deinen 10) Was ist mit der Musikszene passiert? („Yo Rachen stecken? („I’m not bulimic (I just wan- music scene, what happened?“) Ich bin mir nicht ted to see how far I could stick my fingers down sicher, aber wie es scheint, ist heutzutage jeder in my throat“)) Ziemlich weit. Ich muss das sehr oft einer Band. Früher war es so, dass man in einer Band Foto: Sam Adams (Fugitive Photography) machen, wenn ich betrunken bin, damit ich schla- spielte, wenn man musikalisches Talent hatte, heute deine Band gelesen hast? („Extra! Extra! Read fen kann. macht das jede kleine Fotze mit einer Gitarre und all about it!“) Dass wir wie GALLOWS klingen. Und 5) Was war das Scheußlichste, das du auf Tour einer schlechten Frisur. kürzlich gab es über uns einen sechsseitigen Artikel jemals gegessen hast? („Eating is cheating“) 11) Was ist dein Lieblingslied? („Mike Duce’s sym- im Front Magazine. Die haben sich so ziemlich das Letztes Jahr waren wir in Port Talbot in Wales. Ich war phony no. 11 in D minor“) Schwierige Frage! Aber ganze Interview selbst ausgedacht und außerdem betrunken und habe Hundescheiße gegessen. Ich wahrscheinlich muss ich „Party hard“ von Andrew behauptet, unser Schlagzeuger Eddy spiele Bass bin darauf nicht besonders stolz. W.K. sagen. und unser 19-jähriger Bassist Dec sei schon 22! 6) Schnallst du dich im Tourbus immer an? („No 12) Was ist das Dümmste, das du jemals über Thomas Renz

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08-15Fuze22.indd 12 09.05.10 22:25 STIGMA STAY BRUTAL MY ARTWORK. Wir sind davon überzeugt, BITTE BLEIBEN SIE BRUTAL. „Stay Brutal“ dass das Image einer Band heutzutage sehr heißt eine neue Sampler-Reihe, und die hat wichtig ist, schließlich ist es in einer so über- ihren Namen nicht von ungefähr, sondern von laufenen Szene wie der unseren sehr schwierig, einem MAROON-Song. „Alle Bands sind wirklich nicht übersehen zu werden. Wie schon bei unse- sehr gut ausgesucht und zusammengestellt. Ein rem letzten Album „When Midnight Strikes!“, das die Muss für jede Party oder wenn man beim With allerersten Horrorfilme wie „Nosferatu“ oder „Dra- Full Force oder Wacken im Stau steht“, findet cula“ zum Thema hatte, sollte auch bei unserer deren Sänger André Moraweck und hat uns seine neuen Platte das Artwork dem Hörer dabei helfen, Meinung zu ein paar Bands der Doppel-CD mit- in die Atmosphäre der Songs einzutauchen. „Con- geteilt. certo For The Undead“ ist ein Konzeptalbum, das auf Geschichten aus „Tales From The Crypt“ basiert, . Eine Death-Metal-Band, die und es war uns wichtig, dass die Verbindung zu den sich in jahrelanger harter Arbeit ganz nach oben Comics aus den fünfziger Jahren deutlich wird. gekämpft hat und der man abnimmt, worüber sie Das Artwork ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit singt. zwischen Corefolio Designs und mir. Der Typ ist ein . Die Tour mit den Jungs riesiger Fan von „Tales From The Crypt“, es war also war echt der Hammer. Ich gönne ihnen den Erfolg, ziemlich cool, mit ihm über unsere Vorstellungen zu den sie gerade haben. Keine Kapelle für meine Plat- sprechen, weil er genauso begeistert davon war wie tensammlung, aber live ein echter Tornado. wir. Wir wussten, was wir wollten, und konnten uns KATAKLYSM. Mit KATAKLYSM waren wir in Russland auf jemanden verlassen, der auf das stand, was wir auf Tour – inklusive einer Fahrt mit dem Nachtzug wollten – die Zusammenarbeit lief also völlig prob- von Moskau nach Sankt Petersburg. Nach ein paar lemlos. Corefolio hat schon mit vielen unserer Lieb- Flaschen Wodka zeigt irgendwann jeder sein wahres lingsbands gearbeitet, zum Beispiel mit THE BLACK Gesicht, und das war dann überraschend und inter- DAHLIA MURDER, oder IMPEN- essant zugleich. DING DOOM. Ihn ausfindig zu machen, war allerdings THE BLACK DAHLIA MURDER. Eine der besten gar nicht so einfach. Wir waren bestimmt schon seit Touren, die wir je gespielt haben, war die mit THE zwei Jahren Fan seiner Arbeiten, kannten aber seinen BLACK DAHLIA MURDER im Jahr 2006. Das sind ein- Namen nicht. Seine Kontaktdaten habe ich schließ- fach nette Leute und richtig gute Musiker, die wissen, lich vom Manager von THE BLACK DAHLIA MUR- wie man eine Party feiert – auch wenn alle nackten DER bekommen. Ich habe mich sofort bei Corefolio Ärsche irgendwann gleich aussehen. gemeldet und herausgefunden, dass er wie wir aus KREATOR. Eine Band, mit der wir gern einmal tou- Italien kommt – er lebt im Nordosten des Landes – ren würden. Es war schon mehrmals kurz davor, aber und sogar schon einmal bei einer unserer Shows war, dann kam immer etwas dazwischen. Ansonsten eine als wir in Venedig gespielt haben. der wichtigsten Metal-Bands überhaupt. Ohne KRE- Das Artwork stellt eine Verbindung zwischen unse- ATOR würde diese Szene ganz anders aussehen und rer Musik, den Songtexten und der übergeordne- es würde unzählige Gruppen gar nicht geben. ten „Tales From The Crypt“-Thematik her. Jedes . Dasselbe gilt für NAPALM DEATH. Mitglied des Orchesters ist eine Hauptfigur aus Die waren gleich für mehrere Genres wichtig und einer Geschichte, über die wir einen Text geschrie- wegweisend. Trotz ihrer Punk-Attitüde sind sie Profis ben haben. Zu jedem Song gibt es zudem ein eige- und eine der besten Live-Bands auf dem Planeten. nes Comicbild im Booklet, so dass man einen Ein- . Eine Band, der ich aufgrund des druck von jeder Geschichte bekommt oder – falls ganzen Trubels sehr skeptisch gegenüberstand. man ein Fan von „Tales From The Crypt“ ist – sofort Aber wie schon bei BRING ME THE HORIZON reich- erkennt, von welcher Geschichte der Text handelt. ten zwei Tage auf Tour und das Eis war gebrochen. Ihr Der Geigenspieler auf dem Cover ist der Crypt Kee- Schlagzeuger Alex ist einer der wenigen Amerikaner, per. Er spielt deshalb Geige, weil der Titel des Albums die einen E-Mail-Kontakt wirklich aufrechterhalten. von einer unserer Lieblings-„Tales From The Crypt“- THE DEVIL’S BLOOD. Das Schöne an diesem Sam- Geschichten inspiriert ist, die den Namen „Con- pler ist seine Vielfalt. MAROON und SLAYER, HEAVEN certo For Violin And Werewolf“ trägt. Alles hängt SHALL BURN und , NEAERA und CALLE- also zusammen und passt sehr gut zum allgemei- JON ... Und als krönender Abschluss und irgendwie nen Thema des Albums – sogar das Band-Foto, das nicht so recht passend: die neue Hype-Band am von Stephan Scherer gemacht wurde, einem tollen Metal-Himmel. THE DEVIL’S BLOOD sind speziell und Fotografen aus Deutschland. reizvoll, dunkel und okkult, und das liebe ich. Stefano „Vlad“ Ghersi, STIGMA André Moraweck, MAROON

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Foto: Jeff Rogers (metaljeff.net) BRAIN DRILL PUNISH MY HEAVEN THE GET UP KIDS MY FRIENDS @ MYSPACE. Im ersten Musik- MY MYSPACE SITE. Die MySpace-Seite einer DEAR DIARY. Die Geschichte, die ich erzählen video zu ihrem neuen Album „Quantum Catast- Band beantwortet viele Fragen – aber eben nicht möchte, beginnt in Köln. Ich war zum ersten Mal rophe“ stehen BRAIN DRILL mutterseelenallein alle. Ein paar davon haben wir Frank, dem Gitar- dort und hatte kurz zuvor herausgefunden, wie wun- in der kalifornischen Pampa und performen ihren risten und Songwriter von PUNISH MY HEAVEN, dervoll Bier ist, also trank ich es, wann immer ich die Song. Das hätte nicht sein müssen. Freunde hat deshalb gestellt. Gelegenheit dazu hatte. Wir waren damals auf einer die Band schließlich genug. Bassist Ivan Mun- sehr langen Tour, um „Something To Write Home guia stellt uns ein paar davon vor. „Bei den Reaktionen auf die Promopakete war About“ zu promoten, und hatten das Glück, bei die- von ‚nicht so gut‘ bis ‚super geil‘ alles vertre- sem Typen namens Akeem in Köln zu übernachten. CANNIBAL CORPSE. Wir können Alex Webster ten“, steht in eurem Blog zu lesen. Welches Er war einfach der Beste. Wir nahmen sein Haus eine gar nicht genug für die netten Worte über unsere Feedback auf eure Musik hat euch bisher am Woche lang auseinander, doch er ließ sich durch Band danken. Es ist unglaublich, was eine gute Kri- meisten gefreut, überrascht oder geärgert? nichts die Laune verhageln. Er brachte mir deut- tik von einer Death-Metal-Ikone für den Erfolg einer Generell wünscht man sich als Band ja schon, dass schen HipHop nahe – ich kaufte mir während der Band ausmachen kann. Jedes Mal, wenn ich CAN- ein Demo wenigstens durchgehört wird. Aus diver- Tour jede Platte von – und stellte uns NIBAL CORPSE live sehe, stehe ich vor seiner Seite sen Antworten konnte man aber schon entnehmen, die gesamte Kölner Musikszene vor. der Bühne und versuche zu verhindern, dass meine dass lediglich die ersten beiden Songs angehört Egal. Die erste Show, die wir spielten, war jedenfalls Kinnlade den Boden berührt. wurden. Ich denke, so kann man sich kein richtiges in diesem Lagerhaus irgendwo auf dem Land. Danke, ORIGIN. Paul Ryan lebt in San Francisco, ich laufe Bild von einer Band machen. Wir haben aber auch Alkohol, für diese Gedächtnislücke. (Nebenbei ihm also bei jeder Show, zu der ich gehe, über den Antworten bekommen, bei denen klar war, dass die bemerkt: Ich hatte fünf Jahre Deutsch gelernt, und Weg. Als ich ihr Debütalbum zum ersten Mal gehört jeweilige Person die Platte wirklich komplett gehört trotz des „Du Lügner, du kannst weder Deutsch spre- habe, konnte ich nicht glauben, wie verrückt es ist. hat, sie gut fand, uns aber aufgrund der gegen- chen noch lesen“-Gelabers meiner Band glaube ich, Man kann definitiv heraushören, wie ORIGIN unser wärtigen Marktsituation eine Absage erteilte. Eine dass ich mich ganz gut geschlagen haben, wenn es Songwriting beeinflusst haben. Sie waren eine der Newcomer-Band kostet eine Plattenfirma eben eine darum ging, Toiletten und Banken zu finden. Zu mehr ersten Bands, die das Shredding als Teil ihres Riffings Menge Aufbauarbeit. Insgesamt können wir mit den hat es aber nicht gereicht.) Doch zurück zu meiner in den eingeführt haben. Antworten und Rezensionen aber zufrieden sein. Geschichte. Wir kamen also bei diesem Club an und . Ich kenne keine Band, die so viel Von den fünf Songs in eurem MySpace-Player brachten unser Zeug rein, und wie es in Deutschland Wert darauf legt, so clean zu shredden wie - können nur zwei in voller Länge angehört wer- so üblich ist, gab es nichts zu trinken außer „Was- PHAGIST. Abgesehen von der Tatsache, dass sie den, was für eine noch recht unbekannte Band ser mit Gas und Bier“. Wir tranken also Bier, und unglaublich präzise klingen, sind ihre Songs ein- etwas ungewöhnlich ist, schließlich geht es irgendwo fand ich Jack Daniel’s. Glaube ich zumin- gängig wie Sau, was wirklich schwer ist, wenn man so zunächst ja nicht darum, möglichst viele CDs zu dest. Als wir auf die Bühne gingen, um aufzubauen, krass abgeht. verkaufen, sondern möglichst viele Leute von der war ich auf jeden Fall ziemlich voll. THE BLACK DAHLIA MURDER. Unsere beste/ eigenen Musik zu überzeugen. Was also ist der Nur zur Erinnerung: Ich war noch niemals zuvor in schlechteste Tour aller Zeiten war die mit THE BLACK Hintergrund dieser Entscheidung? Natürlich muss einem fremden Land und wusste nichts über die Elek- DAHLIA MURDER. die oberste Priorität sein, bekannter zu werden. Auf trizität in anderen Ländern. Ich verband also mein CEPHALIC CARNAGE. Verfluchte Kiffer. der anderen Seite sollen Hörer, die auf unsere Seite Keyboard direkt mit einer der Steckdosen, schal- MISERY INDEX. Obwohl ich sie schon verdammt oft stoßen, schon einen Kaufanreiz haben. Da wir leider tete es an und ... nichts. Die Sicherung des Teils war live gesehen habe, hatte ich noch nie die Chance, keine große Band sind, bei der man sich ein Album herausgeflogen. Nach der Stunde, die ich brauchte, mit ihnen Party zu machen. Das steht auf meiner To- auch dann noch kauft, wenn es auf der Seite sechs um zu kapieren, was passiert war, war es auch schon do-Liste aber ganz oben. Songs komplett zu hören gibt, ist das ein guter Kom- Zeit, auf die Bühne zu gehen. Die ganze Band hatte NILE. Bei der zweiten Show, die ich in meinem Leben promiss, wie ich finde. Zumal die drei Ausschnitte der viel Spaß daran, die Songs zu spielen und vorzu- gespielt habe, waren wir Vorband von NILE bei deren jeweiligen Songs recht aussagekräftig sind. geben, da wäre ein Keyboard. Wir haben so getan, „Black Seeds Of Vengeance“-Tour. Damals war ich Auf dem Foto auf eurer MySpace-Seite hält einer als wären alle anderen verrückt, weil sie mein Key- fünfzehn. Mir ging der Arsch echt auf Grundeis. Da von euch seinen Mittelfinger in die Kamera. Wem board nicht hören konnten. Der Soundmann tat mir war ich: Ein kleines Kind, das sein Equipment rein- gilt er? Der Mittelfingermann bin ich, haha. Dahinter besonders leid. Er sagte ständig, er bekäme kein trägt, während es von diesen riesigen Death-Metal- steckt nicht wirklich eine Aussage. Wir ziehen eben Signal, und hat immer wieder alles durchgecheckt. Typen beobachtet wird. Das war, gelinde gesagt, sehr einfach unser Ding durch, stehen voll hinter dem, Doch ich hielt weiter die Lüge aufrecht, dass mein einschüchternd, aber es stellte sich heraus, dass alle was wir machen, und laufen keinem Trend hinterher. Keyboard an wäre und ich es perfekt hören könnte. Bands der Tour (CANNIBAL CORPSE, NILE, KRISIUN) Außerdem findet sich ein Zitat aus dem Film Irgendwann kam sogar Matt (oder war es Robbie?) richtig coole Typen waren. Nach der Show habe ich „The Punisher“, das auf ein lateinisches Sprich- und spielte auch einen Song darauf. Keiner außer das miese Demo meiner Band verkauft, und Dallas wort („Si vis pacem, para bellum“) zurückgeht: uns war eingeweiht, doch die Leute hatten trotz- [Toler-Wade] kam rüber, um mit uns zu quatschen. „If you want peace prepare for war.“ Worum dem eine Menge Spaß. Nach dem Auftritt fuhren wir Unser Schlagzeuger war total von den Socken, geht es in den Texten eures Debütalbums „First zurück zu Akeem, um wie blöd zu saufen. Am nächs- haha. Er sagte zu Dallas so etwas wie: „Wow, ich habe Punishment“? Zusammenfassend geht es um eine ten Tag kaufte ich eine neue Sicherung und wartete noch nie jemanden getroffen, der berühmt ist.“ Es Apokalypse, die nicht von der Natur, sondern von mit dem Einstecken des Keyboards, bis ich einen war ziemlich peinlich. „Amongst The Catacombs Of der Menschheit selbst ausgeht. Auch der Verfall von Adapter hatte. Und die Moral von der Geschicht’: Nephren-Ka“ ist immer noch eines meiner Lieblings- Werten und Normen sowie die radikale Form von Manchmal muss man einfach darauf scheißen und alben. Der Gitarrensound ist der Hammer. Religion spielen eine Rolle. so tun als ob. Ivan Munguia, BRAIN DRILL Thomas Renz James Dewees, THE GET UP KIDS

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Shan: Wir wollen nicht zu einem bestimmten Genre gehören, aber so läuft die- ses Spiel nun einmal, also sagen die Leute zu unserer Musik Post-Metal oder Post-Rock. Ich weiß aus Gesprächen mit dir, dass du es hasst, wenn JUNIUS eine Post-Rock-Band genannt wird, obwohl es eindeutig keine ist. Keiner von uns hat instrumentalen Rock gehört, als wir anfingen, Songs zu schreiben. Wir wurden gezwungen, instrumentale Musik zu machen, als wir 2002 unseren Sänger ver- loren haben. Hätten und Michael Jackson ein Kind zusammen, es wäre IREPRESS. Man könnte unsere Musik deshalb Disco-Metal nennen. Was hältst du denn grundsätzlich von Post-Rock? (Michael Repasch-Nie- ves, JUNIUS) Shan: In Europa scheint Post-Rock noch akzeptierter zu sein, hier in den Staa- ten ist der Zenit wohl überschritten. Vieles davon ist auch extrem langweilig. Ein Song beginnt immer mit einer cleanen Gitarre, irgendwann setzt der Verzerrer ein, und dann ist es vorbei. Was können wir als Nächstes von euch erwarten? Man munkelt etwas von mehr Gesang und kürzeren, traditionelleren Songstrukturen. (Michael Repasch-Nieves, JUNIUS) Shan: Die Gerüchte stimmen, mein Sohn. Auf unseren letzten beiden Alben gab es nun wirklich kein konventionelles Songwriting. Andererseits: Wer entscheidet, was konventionell ist und was nicht? Im Moment versuchen wir einfach, uns von zehnminütigem Kuddelmuddel fernzuhalten und mit den Parts zu arbeiten, die Foto: Andrew Weiss (andrew-weiss.com) herausstechen. Und wir werden definitiv mehr Gesang benutzen. Es heißt, die besten Songs, die jemals geschrieben wurden, waren alle unter vier Minuten. IREPRESS In welches Mitglied unserer Band bist du verknallt? (Philip Jamieson, CAS- JOURNALISTENSCHULE. Unsere beliebte Rubrik „Journalistenschule“ PIAN) ist ja zuletzt etwas eingeschlafen. Heutzutage twittern Musiker eben lieber, Shan: Ich liebe die warmherzigen Umarmungen von Phil, aber ich denke, ich anstatt für ein Print-Magazin Interviews mit anderen Bands zu machen. würde mit Erin ins Kino gehen und mit ihm eine Portion Popcorn teilen wollen. Trotzdem haben sich CONSTANTS, JUNIUS und CASPIAN dazu breitschla- Ich spiele Bass mit meiner rechten Hand, schreibe jedoch mit meiner lin- gen lassen, sich Fragen für Shan und Sheel Davé von IREPRESS auszuden- ken. Schreibt Shan mit seiner rechten Hand, und falls ja, ist er mein See- ken. Und einer von beiden wollte sogar antworten. lenverwandter? (Orion Wainer, CONSTANTS) Shan: Haha, ich mache das meiste mit links, aber das bedeutet nicht, dass wir Euch gibt es seit mehr als zehn Jahren, richtig? Wie habt ihr damals eigent- nicht kuscheln können. lich zueinander gefunden? (Orion Wainer, CONSTANTS) Bei eurem Song „Cyette Phiur“ heißt es: „The mercury will rise up.“. Wollt Shan: Jarrett, Sheel und ich waren in einer - ihr damit behaupten, dass Freddy Mercury aus seinem Grab steigen wird? Cover-Band namens THE FURY PROJECT, Dino und Bret haben bei HOLLOW (Orion Wainer, CONSTANTS) EARTH gespielt. Wir sind zusammen zur Schule gegangen und waren befreun- Sheel: Ich weiß es nicht. Frag Jarrett. det. Irgendwann wollten wir dann eine Supergroup gründen, und genau das ist Es kommt mir immer so vor, als hättet ihr mehr Spaß auf der Bühne als die passiert. meisten anderen Bands. Was ist das Beste beziehungsweise Schlimmste Und woher kommt der Name IREPRESS? (Orion Wainer, CONSTANTS) daran, bei IREPRESS zu spielen? (Will Benoit, CONSTANTS) Shan: Der ist Jarrett während des Unterrichts eingefallen. Das ist nicht einmal Shan: Das Beste ist die Tatsache, dass wir alle zusammen aufgewachsen sind ein richtiges Wort. Es kommt von „irrepressible“ und bedeutet „unbezähmbar“. und uns dabei beobachten konnten, wie wir als Menschen und Musiker gewach- Ihr habt die tighteste Rhythmusfraktion, die ich kenne. Ist die Tatsache, sen sind. Das Schlimmste ist, dass wir nie die Anerkennung bekommen haben, dass ihr Brüder seid, ein unfairer Vorteil gegenüber anderen Bands? (Orion die wir verdient gehabt hätten, aber so läuft das nun einmal. Wainer, CONSTANTS) Wieso steht ihr immer noch auf „Die Goonies“? (Michael Repasch-Nieves, Shan: Weil wir aus derselben Gebärmutter kommen, sind unsere Gehirne eins. JUNIUS) Wir liegen bei allem, was wir tun, auf derselben Wellenlänge. Shan: Als wir jung waren, war das unser Lieblingsfilm, und so haben wir auch Ihr wurdet schon mit allen verglichen, von MESHUGGAH bis Michael Jack- unser Leben gelebt: abenteuerlustig und spitzbübisch. Er handelt davon, nie- son. Wie würdet ihr eure Musik selbst bezeichnen und was haltet ihr von den mals seine Jugend verlieren zu wollen, und damit rühmen wir uns bis heute, Schubladen, in die ihr gesteckt werdet? (Michael Repasch-Nieves, JUNIUS) obwohl wir schon Ende zwanzig sind. Verliere niemals das Kind in dir!

THE ISLAND OF DISCO ENSEMBLE

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www.discoensemble.com // www.fullsteamrecords.com

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08-15Fuze22.indd 15 09.05.10 22:25 WEITER, IMMER WEITER. SICK OF IT ALL sind seit 24 Jahren eine Band. Sie haben über 3000 Shows absolviert (dar- unter nicht eine schlechte), neun Studioalben veröffentlicht (darunter nicht ein schlechtes) und sind zum Inbegriff des New York Hard- core geworden. Gitarrist Pete Koller blickt mit uns zurück auf die Geschichte einer der wichtigsten Hardcore-Bands aller Zeiten.

1982-1986: „A MONTH OF SUNDAYS“ Helmut Kohl wird Bundeskanzler / Microsoft bringt Windows 1.0 auf den Markt / Super-GAU in Tschernobyl / Die BAD BRAINS veröffentlichen „Rock For Light“

Ein Sonntagnachmittag Anfang der achtziger Jahre in der Bowery im Süden Manhattans. Wo sich heute wohlhabende Großstädter in über- teuerten Cafés und Boutiquen treffen, befi n- det sich damals noch eines der Elendsvier- tel von New York. Zwischen vernagelten Läden und zugemüllten Gassen, in denen sich Junkies und Säufer treffen, stehen normale Kids, Punks und Skinheads und wollen ins CBGB’s. Wie jeden Sonntag hat Clubbetreiber Hilly Kristal lokale Punk-Bands gebucht, um zu dieser wirtschaft- lich unrentablen Zeit wenigstens ein bisschen Umsatz zu machen. Diese Sunday Matinees sind die Geburtsstunde des . Pete Koller erinnert sich: „Jeden Sonntag zwischen 14 und 15 Uhr ging’s los. Für fünf Dollar Eintritt konntest du alle möglichen Hardcore- und Punk- Bands sehen. Alle haben sich hier getroffen: Mein Bruder Lou [Koller, Sänger von SICK OF IT ALL] und Armand [Majidi, Schlagzeuger von SICK OF IT ALL] waren immer da. Freddy [Cricien, Sän- ger von ] auch – obwohl er erst neun Jahre alt war. Auch seinen Bruder Roger [Miret, Sänger von AGNOSTIC FRONT], Vinnie [Stigma, Gitarrist von AGNOSTIC FRONT] und John Joseph von den CRO-MAGS hat man dort immer gese- hen. Hier kamen Leute aus den verschiedensten Schichten zusammen. Nimm nur John Joseph und mich: John hatte damals ein hartes Leben. Er war obdachlos und schlug sich auf der Straße durch. Lou und ich dagegen hatten dank unserer Eltern ein großartiges Leben. Wir waren keineswegs reich, eher sehr arm, aber mein Vater hat die Familie immer zusammengehalten. Im CBGB’s war das alles egal, hier haben wir zusammen etwas ganz Besonderes erschaffen. Ich glaube, dass es weder NYHC noch SICK OF IT ALL ohne das CBGB’s geben würde.“

1987-1992: „BRAVEHEART“ Deutschland wird wiedervereinigt / Tim Berners- Lee entwickelt das Internet / Die UdSSR zieht sich aus Afghanistan zurück / AGNOSTIC FRONT veröffentlichen „One Voice“

Befl ügelt von den Erlebnissen im CBGB’s gründen die Koller-Brüder eine Band. SICK OF IT ALL kön- nen sich schnell über die Sunday Matinees hin- aus einen Namen machen, veröffentlichen 1988 ihr Debüt „Blood, Sweat And No Tears“ und legen damit den Grundstein für eine beispiellose Kar- riere. „Nach der High School ging ich aufs Col- lege und studierte Grafi kdesign. Doch die Musik ließ mich und Lou nicht los, schließlich spiel- ten wir mit SOIA regelmäßig Shows. Sobald ich meinen Abschluss in der Tasche hatte, sagte ich mir: ‚Was soll’s – Ich geh’ auf Tour!‘ Da ging es los, und es wurde immer besser. Mark [Nickel, der deutsche Booker der Band] rief uns an und

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16-17Fuze22.indd 16 09.05.10 22:11 Als „“ in den USA via Abacus veröffent- licht wurde, habe ich als PRAKTIKANT bei dem Label schon waren wir ’92 das erste Mal in Europa auf zweiten Mal Vater. Auch das Leben auf Tour wird gearbeitet. Und wenn Pete Koller sagt, die Mitarbeiter Tour. Danach kamen Australien, Südamerika nicht leichter. Aber es ist immer noch besser, als des Labels waren nicht bei der Sache, hat er Recht. Oft und Japan, und es hat seitdem nicht aufgehört. gelangweilt an einem Schreibtisch zu sitzen.“ waren die A&Rs mit ihren eigenen Hobby-Bands auf Tour oder haben einen Teil ihrer Arbeitszeit mit privaten Pro- Manchmal, wenn ich auf der Bühne stehe, wird jekten verbracht. mir auf einmal bewusst: ‚This is fucking great!‘ 1998-2004: „NOBODY RULES“ Denn ich weiß noch genau, wie wir damals in Der Euro wird eingeführt / George W. Bush wird der Schule davon geträumt haben, wie cool es der 43. Präsident der Vereinigten Staaten / Wiki- ere. Zwar sind die Shows weiterhin gut besucht, wäre, immer nur Musik machen zu können – und pedia geht online / veröffentli- und auch bei den Alben ist kein wirklicher Ausfall dann spiele ich zwanzig Jahre später in Frank- chen „River Runs Red“ zu beklagen, aber irgendwie plätschert die Band reich vor Tausenden von Leuten! Für unseren so dahin. Man hat den Eindruck, dass SICK OF IT Vater war unser Entschluss, die geordnete Bahn 1997 läuft der Vertrag mit East/West aus. SOIA, ALL ihr Feuer verloren haben. Pete Koller stimmt des Lebens zu verlassen, natürlich ein Schock. seit 1993 mit Bassist Craig Setari, haben mit ihren zu: „Wir waren in einem Trott: zwei Jahre auf Tour, Er hat sich halt Sorgen gemacht. Aber so sind erfolgreichsten Alben „“ und Album aufnehmen, zwei Jahre auf Tour. Das hat Eltern nun mal. Trotzdem ist er auch sehr stolz „Built To Last“ sowie dem Video zu „Step down“ uns ausgelaugt. Deswegen haben wir die Gele- auf uns. Wir haben ihm mal ein Foto von uns vor endgültig den Durchbruch geschafft und können genheit genutzt, um mit dem Wechsel zu Abacus 40.000 Leuten auf dem With Full Force Festival von ihrer Musik leben. Die Band unterschreibt im beziehungsweise Century Media auch unsere geschickt. Er fand es beeindruckend, aber das Anschluss bei Fat Wreck Chords, dem Label des Arbeitsweise zu ändern. Erstmals haben wir uns Erste, was er fragte, war: ‚Wie viel bezahlen die Sängers von NOFX. Erneut werden einige kri- mehrere Monate Zeit genommen, um ein Album euch? Legt davon bloß genug zur Seite!‘ Haha.“ tische Stimmen laut – denn was hat eine East- zu schreiben – denn es sollte nicht nur irgend- Coast-Hardcore-Band auf einem West-Coast- eins werden.“ Das gelingt – „Death To Tyrants“ 1993-1997: „DIRTY MONEY“ Punk-Label zu suchen? „Dieses ganze East- erscheint 2006 nach vier Jahren Studiopause Bürgerkrieg in Jugoslawien / Erste freie Wah- Coast/West-Coast-Ding hat uns noch nie inte- und schlägt ein wie eine Bombe. SOIA sind wieder len in Südafrika / Sony bringt die erste Playsta- ressiert. Fat Mike ist ein guter Freund der Band da und das stärker als jemals zuvor. Doch auch tion auf den Markt / MADBALL veröffentlichen und hat immer gesagt, dass seine Tür für uns dieses Comeback wird durch Schwierigkeiten „Demonstrating My Style“ offen stünde, falls wir mal ein Label bräuch- mit dem Label getrübt. In den USA wird „Death ten. Der Vertrag, den er uns angeboten hat, war To Tyrants“ bei Abacus Recordings veröffent- Mit ihrem zweiten Album „Just Look Around“ eine Million Mal besser als alles, was wir von den licht, einer erfolglosen Tochterfi rma von Cen- von 1992 machen SOIA, damals noch mit Rich Majors zu sehen bekommen haben. Also haben tury Media, die 2007 nach fünf Jahren geschlos- Cipriano am Bass, einen wichtigen Schritt nach wir es gemacht.“ Als Glanzzeit werden die Jahre sen wird. Pete Koller weiß, woran es gelegen hat: vorn. Die Band tourt quasi ohne Unterbrechung bei Fat Wreck dennoch nicht in die Annalen der „Ich will keinen Mist über andere Leute erzäh- um die Welt und landet mit dem Titelsong des Band eingehen. Zum einen sind die drei dort ver- len, also sagen wir es so: Einige Leute, die bei Albums sogar einen kleinen Hit. Das weckt die öffentlichten Studioalben nicht bei allen Fans dem Label gearbeitet haben, waren kaum bei der Aufmerksamkeit von größeren Plattenfi rmen. beliebt, zum anderen hat das Label die Band Sache und haben sich lieber um andere Dinge SICK OF IT ALL unterschreiben beim Major East/ nicht so repräsentiert, wie diese sich das vor- gekümmert. Nun sind wir komplett bei Century West – ein Schritt, der damals, als im Hardcore gestellt hatte: „Fat Wreck war und ist ein groß- Media und können uns echt nicht beklagen. Die noch äußerst vehement zwischen gutem Indie artiges Label, und Mike und seine Frau Erin sind Leute sind toll, machen großartige Arbeit, und und bösem Major unterschieden wurde, viel Mut wunderbare Menschen. Aber die Präsenz von wir können in Ruhe das tun, was wir am liebsten verlangt und heftige Kritik seitens der Szene- Fat Wreck in Europa – unserem stärksten Markt machen: auf Tour gehen.“ polizei hervorruft: „Für uns war es einfach der – tendierte gegen Null. So sind wir allein in nächste logische Schritt. Als 1994 ‚Scratch The Deutschland von 30.000 auf 12.000 verkaufte 2009-?: „LONG AS SHE’S STANDING“ Surface‘ rauskam, stand das Label zu hundert Alben abgesackt. In Südamerika war es ähnlich: Barack Obama wird der 44. Präsident der Verei- Prozent hinter uns und hat die Platte sehr stark Wir waren dort nach ‚Death To Tyrants‘ auf Tour, nigten Staaten / Michael Jackson stirbt / H1N1- promotet. Ich weiß noch, wie mich Mark von und die Fans fragten uns, was wir die letzten sie- Pandemie / SICK OF IT ALL veröffentlichen M.A.D. Tourbooking fassungslos aus Deutsch- ben Jahre gemacht hätten. ‚Nun, wir haben ver- „Based On A True Story“ land anrief: ‚Alter! Hier hängen überall Poster dammte fünf Platten veröffentlicht!‘ Nur leider und Plakate von euch!‘ Die ganzen Typen, die hat das kaum einer mitbekommen, haha. Trotz- „Solange wir noch in der Lage sind, ehrliche uns damals wegen des Label-Wechsels ange- dem sind wir letztlich im Guten mit Fat Wreck Musik zu schreiben, die den Leuten etwas gibt, pisst haben, hätten sich defi nitiv genauso ent- auseinander gegangen.“ solange noch Fans zu unseren Konzerten kom- schieden. Außerdem kamen die oft aus reichen men und dort Spaß haben – so lange werden wir Familien und mussten sich nie um Geld Sor- 2005-2008: „BENT OUTTA SHAPE“ weitermachen.“ gen machen. Uns geht es zwar gut – aber reich Fußball-WM in Deutschland / Saddam Hussein Martin Schmidt sind wir nicht. Ich versuche, meine Rechnun- wird hingerichtet / Facebook startet weltweit / gen immer an das Ende der nächsten Tour zu H2O veröffentlichen „Nothing To Prove“ SICK OF IT ALL legen, weil ich dann wieder genügend Geld habe. Based On A True Story Außerdem ist unsere Verantwortung gewach- Nach dem Ende des Vertrags mit Fat Wreck befi n- (Century Media/EMI) sen – Armand hat Kinder, Lou wird gerade zum den sich SOIA in der ersten Talsohle ihrer Karri- sickofi tall.com

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16-17Fuze22.indd 17 09.05.10 22:11 Hattest du schon mal einen Job, bei dem du ausgebeutet wurdest? Das begegnet einem auch an der Uni. Als ich auf der Suche nach einem Professor war, der meine Doktorarbeit betreut, die ich gerade schreibe, war die Ansage immer: „Na ja, dann sollten Sie aber schon mit einer halben Stelle am Lehr- stuhl arbeiten.“ Man kriegt also eine halbe Stelle bezahlt und arbeitet dort trotzdem den ganzen Tag. Das ist gang und gäbe an deutschen Uni- versitäten. Womit hast du dein erstes Geld verdient? Ich habe in den Ferien als Hilfsarbeiter bei einem Fußbodenleger gearbeitet – bei einem etwas größeren Familienunternehmen. Das hat wahn- sinnig viel Spaß gemacht und war eine ganz andere Qualität von Arbeit, als irgendwo am Fließband zu stehen. Die Leute dort haben mir viel über das Arbeiten und das Leben beige- bracht. Bist du jemand, der Arbeit zum Leben braucht, oder könntest du auch ganz gut ohne? Die Frage kann ich im Moment nicht so richtig beantworten, weil ich mit einer Sache Geld ver- diene, die mir wahnsinnig viel Spaß macht. Das ist ein unglaubliches Glück, weshalb ich das gar nicht so sehr als Arbeit empfinde. Gibt es denn Momente, in denen das anders ist? Natürlich. Ich würde lügen, wenn ich sage, es macht mir Spaß, mit fünf Aktenordnern dazusit- zen und Rechnungen zu schreiben. Oder etwas für die Steuer zusammenzusuchen. Aber das gehört eben dazu. Liegt darin nicht die Gefahr, sich das, was man am liebsten tut, madig zu machen? Sobald man mit etwas Geld verdient, hat man schließlich gewisse Verpflichtungen, die ...... was denn für Verpflichtungen? Wenn es einer Booking-Agentur nicht passt, sollen sie uns rausschmeißen. Dann gehen wir zu einer ande- ren. Im Moment haben wir das Glück, dass wir niemanden um irgendetwas bitten müssen, son- heaven dern eher von irgendwelchen Leuten angebet- telt werden, die mit uns Geld verdienen wollen. Die sollen sich ruhig nach uns richten. Egal, ob das ein Label, eine Booking-Agentur oder ein shall burn Veranstalter ist. Solange dieser Hype anhält und Foto: Patrick Skrypczak wir es uns leisten können, eine große Fresse zu EIN SONG, EIN INTERVIEW. Als Musikjournalist spricht man mit einer Band haben und unseren Kopf durchzusetzen, ver- meist über deren neues Album. Würde man das auch mit HEAVEN SHALL BURN machen, das suchen wir das auch. Das heißt natürlich nicht, Interview würde Tage dauern. Zu viel steckt in der neuen Platte der Band aus Thüringen. Es dass wir total beratungsresistent sind oder nicht geht um Kindersoldaten, die Morde an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, das Wirken Lew auch mal Fehler machen. Das klingt jetzt viel- Kopelews, die Rolle des CIA beim Militärputsch in Chile, die Schlacht um Sewastopol, den leicht ein bisschen provinziell oder amateur- kirchlichen Standpunkt zur Sterbehilfe ... Dazu kommt, dass Gitarrist Maik Weichert zu jedem haft, und manchmal erscheinen wir wahrschein- dieser Themen Interessantes zu sagen hat. Im Grunde verdienen alle Songs auf „Invictus“ lich etwas engstirnig – wie eine Band, die ihre eigene Artikel – wir hatten leider nur Platz für einen. Chancen nicht sieht –, aber das hat uns schon oft davor bewahrt, zu große Schritte zu schnell Um was geht es beim Song „The lie you bleed jemand vierzehn Stunden im Büro sitzt und das zu machen. for“? Abendessen mit seiner Freundin absagen muss, In Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ Ich habe ja Jura studiert und dementspre- weil er für ein paar Euro Überstunden schiebt heißt es: „Ein Mensch, der um anderer willen, chend viele Sudienkumpels, die mit Anfang drei- ... Das Problem ist die alltägliche Ausbeutung. ohne dass es seine eigene Leidenschaft, sein ßig zwar schon Hammerjobs haben und schub- Arbeitskraft wird ausgebeutet wie ein Boden- eigenes Bedürfnis ist, sich um Geld oder Ehre karrenweise Geld nach Hause bringen, die aber schatz. Wenn jemand aus Gutmütigkeit ein, zwei oder sonst etwas abarbeitet, ist immer ein gleichzeitig auf ihren ersten Burnout zurennen Überstunden macht, dann wird das im nächsten Tor.“ Ist es wirklich so einfach? Viele Leute beziehungsweise ihn schon hinter sich haben. Arbeitsplan schon vorausgesetzt. Unser System machen ihren Job vielleicht nur, weil sie Angst Junge Väter oder Mütter, die ihre Kinder kaum zu lebt davon, Produktivität zu steigern. Das ist eine haben. Gesicht bekommen, weil sie für irgendeine hippe Spirale ohne Ende. Aber der Mensch ist nun ein- Natürlich. Da ist natürlich die Angst. Die Angst Großkanzlei schuften. Es tut mir in der Seele mal kein Stahlbolzen, der das aushält, sondern um den Job, die Angst vor dem sozialen Abstieg. weh, wenn ich sehe, dass so kreative Menschen ein Produktionsfaktor, der unter Abnutzungser- Genau die wird ja von den Medien geschürt, ihre Persönlichkeit völlig verleugnen. scheinungen leidet. damit die Leute schön weiterbuckeln. Um etwas Und du bist für so etwas gar nicht anfällig? Mit was verdienst du denn momentan dein anderes geht es in einer Industriegesellschaft Ich bin in der komfortablen Situation, für mich Geld? auch gar nicht. Es gilt immer noch der abge- selbst zu arbeiten. Wenn ich mich ausbeute, Mit der Band. Im Moment haben wir das Glück, droschene Spruch: Ein glücklicher Sklave ist der kommt mir das also irgendwie zugute. Aber wenn dass da eine ganze Menge reinkommt. größte Feind der Freiheit. All die Leute haben

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18-19Fuze22.indd 18 09.05.10 22:09 Als Kind wollte Maik Weichert LOKFÜHRER werden. Heute träumt der Jurist davon, als Professor an einer doch nie ausprobiert, was passieren würde, wenn Sozialismus und Kommunismus Antworten Universität zu arbeiten. Begeistert von Eisenbahnen ist ... wenn zum Beispiel eine Sekretärin, die für ihr auf die in „The lie you bleed for“ angespro- er immer noch. Leben gern backt, einen Tortenladen aufmachen chenen Probleme geben? würde. Das trauen sich die meisten einfach nicht. Denkanstöße auf jeden Fall. Marx hat allerdings Dabei gibt es genügend Beispiele von Leuten, die das Wesen des Menschen grundsätzlich falsch wir einen Wandel vollziehen hin zu einem ausgestiegen sind und ihren Traum verwirklicht bewertet. Und diejenigen, die das – wie Lenin Markt, der zum allergrößten Teil ohne haben. Zwar sind auch viele auf die Fresse gefal- – nach ihm weiterentwickelt haben, haben das menschliche Arbeitskraft funktioniert, und len, aber wenigstens können die sagen, dass sie noch falscher bewertet. Die marxistisch-leni- dass Arbeit in Zukunft etwas für die Eliten es versucht haben. Das ist doch besser, als mit nistische Dogmatik ist in sich völlig stimmig, sein wird. Siehst du das ähnlich? achtzig dazusitzen und sich Vorwürfe zu machen. geht aber von falschen Prämissen aus. Es wer- Das ist einfach dem kapitalistischen Grundge- Weil du das Wort „Sklave“ erwähnt hast: In den Menschen Bedürfnisse angedichtet, die sie setz geschuldet, dass die Produktivität gestei- den Linernotes zu „Invictus“ schreibst du, in de facto nicht haben. Der Mensch ist nun ein- gert werden muss. Wenn ein Roboter für fünf „The lie you bleed for“ lebe etwas vom Geist mal kein Idealbild, sondern ein Arschloch. Ein Leute arbeiten kann, dann kaufe ich den Robo- des Spartakus, der ja als Anführer eines Skla- Homo oeconomicus, der den Weg des geringsten ter und schmeiße die Leute raus, das ist doch venaufstandes berühmt wurde. Hältst du Widerstands geht und für ein Produkt möglichst klar. Wenn man ohne Arbeiter produzieren kann, einen Aufstand heutzutage für notwendig wenig bezahlen will. Und diese Prämissen sind spart man natürlich Kosten. Insofern wäre das beziehungsweise überhaupt möglich? im Kommunismus oder Sozialismus eben nicht der Idealzustand. Man muss dann halt nur sehen, Ich würde nicht von einem Aufstand sprechen, gesetzt – jetzt ganz, ganz oberfl ächlich gespro- wo das Einkommen der Konsumenten herkommt, sondern eher von einer Kulturrevolution. Eine chen. Das als Schablone zu nehmen und damit sonst hat man natürlich keine Einkünfte mehr auf gesellschaftliche Umwälzung, kein Aufstand mit eine Gesellschaft umzugestalten: Dieses Experi- Produzentenseite. Der Kapitalismus ist ja auf den Feuern und Hinrichtungen. Es muss ein Umden- ment ist grandios gescheitert. Der Kapitalismus Konsum angewiesen. Das ist dann das Problem, ken stattfi nden, damit der Mensch nicht mehr ist aber genauso wenig ein Zukunftsmodell. Ich das es zu lösen gilt. Ob man jedem ein Bürger- einfach nur als Humankapital betrachtet wird. will jetzt auch nicht von diesem viel zitierten drit- geld von achthundert bis tausend Euro im Monat Viele sehen sich ja auch selbst als Produkt, das ten Weg, von irgendeiner Mischform, reden. Der gibt, wie von unserem Wester-Guido gefordert, mit irgendwelchen Seminaren weitergebildet Kapitalismus wird so lange existieren, bis es nicht ist allerdings die Frage. Die Menschen werden in werden muss, damit dem Lebenslauf ein weite- mehr geht. Das ist das Wesen des Kapitalismus. Zukunft auf jeden Fall als Konsument viel mehr rer Selling Point hinzugefügt werden kann. Und Es wird nicht bis zum Optimum für den Menschen, gebraucht denn als Produzent. am Ende sehen dann alle Lebensläufe irgendwie sondern bis zum Maximum an Profi t gehen. Man Thomas Renz gleich aus. wird sehen, was dabei alles auf der Strecke Für Karl Marx war Spartakus ein „wahrer bleibt. Daran kann auch die soziale Marktwirt- HEAVEN SHALL BURN Vertreter des römischen Proletariats“, in der schaft, die das alles ein bisschen abdämpfen will, Invictus (Iconoclast III) Sowjetunion und der DDR galt er als Parade- nichts ändern. (Century Media/EMI) beispiel für einen Klassenkämpfer. Können Der US-Ökonom Jeremy Rifkin glaubt, dass heavenshallburn.com

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18-19Fuze22.indd 19 09.05.10 22:09 WBTBWB Foto: Martin E. Landsmann WITZ, KOMM RAUS. Diese Band kann doch eigentlich nur ein Witz sein. Ein ganz schlechter dazu. Ein Duo, das sich WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER nennt und dessen Musik bestenfalls als Verarschung von Deathcore durchgeht? Das keinen Schlagzeuger, sondern nur einen Drumcomputer hat? Das anstatt eigene Texte zu schreiben, Kinderlieder wie „Backe, backe Kuchen“ oder „Alle meine Entchen“ brüllt? Darüber können gestandene Metaller nicht lachen. Doch das sollten sie auch nicht.

Denn WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER Dinge abzugeben, ist ohnehin nicht Marcel Neu- einen Song ausmacht und wie er aufgebaut sein sind kein Witz. Zugegeben, ihr Debütalbum „Das manns Stärke, weshalb der Versuch, einige der muss. Viele Bands bringen zur Zeit Alben raus, Monster aus dem Schrank“, das Ende 2008 ver- in einer Band anfallenden Aufgaben unter den bei denen einfach nur ein an das nächste öffentlicht wurde, hätte man leicht für einen Neuen zu verteilen, kläglich scheiterte. Der Song- gehängt wird. Hauptsache, die Leute können Scherz halten können. Selbst Marcel Neumann, writer weiß, wie anstrengend es sein kann, mit abgehen und im Kreis rennen. Aber das sind ja der Kopf der Brandenburger Formation, findet es ihm zusammenzuarbeiten: „Ich habe so detail- irgendwie dann keine Lieder mehr. Ich mag es, im Nachhinein „nicht so prall“, wie er am Tele- lierte Vorstellungen, von dem, was ich mache – wenn ein Lied wirklich ein Lied ist – mit einem fon gesteht. Doch inzwischen ist aus dem Duo bis ich das jemandem erklärt habe, kann ich es Intro, einer Strophe und einem Refrain. Bei vie- eine richtige Band geworden – mit richtigen auch schnell selbst machen.“ Wobei man diese len Bands sind die Gitarren richtig nervig, weil Songs, richtigen Texten und sogar einem richti- Geschwindigkeitsangabe nicht unbedingt wört- alle zeigen müssen, was sie in den letzten zwei gen Schlagzeuger. lich nehmen sollte. Ein halbes Jahr lang hat der Wochen so alles gelernt haben und wie schnell Gitarrist „jede Sekunde“ in die Aufnahmen der sie spielen können. Aber wenn jemand sechzehn Vor allem Letzteres überrascht, schließlich neuen Songs gesteckt – und Tobias Schultka mit Töne in der Sekunde spielt, dann hat das sehr geben WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER seiner Pedanterie fast in den Wahnsinn getrie- wenig mit Musik zu tun. Das ist dann mehr eine damit ihren Sonderstatus auf, den sie als Duo ben. Denn eigentlich war das neue Album schon Technikübung. Ich finde es immer schade, wenn in der Szene hatten und auf den sie immer so vergangenen Herbst fertig. Das war Neumann etwas musikalisch keinen Sinn mehr ergibt. Nur stolz waren. Entsprechend nervös war Neumann dann jedoch „zu schlecht“. Also schrieb er wei- weil man harte Musik macht, muss man doch vor dem ersten Auftritt zu fünft: „Was, wenn es ter Songs und nahm sie auf. Achtzig Stück hatten nicht gleich Krach machen.“ nicht funktioniert? Was, wenn uns niemand mehr WBTBWB am Schluss zur Auswahl, ganze fünf- mag?“ Doch nach der Show stand fest: Von nun zehn schafften es schlussendlich auf die Platte. Eigentlich braucht es den Blick auf die Texte des an würde es WBTBWB nur noch als komplette „Ich war definitiv der anstrengendste Mensch neues Albums also gar nicht mehr, um zu bewei- Band geben. „Es macht einfach viel mehr Spaß“, der Welt. Mich in einer so stressigen Zeit auszu- sen, dass jeder, der WE BUTTER THE BREAD schwärmt der Gitarrist. halten, muss echt schwer sein.“ WITH BUTTER als Witz abstempelt, einen Feh- ler macht. Trotzdem: „Der Tag, an dem die Welt mit vielen bisher unveröffentlichten tracks! Auch darüber wundern sich Kenner der Band, Denn auch wenn WE BUTTER THE BREAD WITH unterging“ ist so etwas wie ein Konzeptalbum. immerhin haben Marcel Neumann und Tobias BUTTER inzwischen eine richtige Band sind: Mar- Über die Apokalypse. Und das ist die nächste amon amarth Schultka auch deshalb nur zu zweit angefangen, cel Neumann bleibt ihr musikalisches Gehirn. große Überraschung dieses Albums, schließ- weil sie „von diesem ganze Band-Ding“ genervt Er schreibt die Songs, er nimmt alle Spuren bis lich haben sich Neumann/Schultka immer über maroon lamb of god immortal waren und bei früheren Projekten immer alles an auf den Gesang auf. Trotzdem haben natür- Bands aufgeregt, die über Gewalt und Tod sin- den beiden hängengeblieben ist. Bei WE BUT- lich auch die anderen in der Band gute Ideen, gen. Und daran hat sich im Grunde nichts geän- callejon as i lay dying TER THE BREAD WITH BUTTER ist das zwar nicht schließlich handelt es sich um talentierte Musi- dert: „Ich finde es immer sehr schade, wenn eine kreator suicide silence nile anders – noch immer ist Neumann für die Musik ker – den Schlagzeuger bezeichnet Neumann musikalisch hochwertige Band ein Album raus- und Schultka für den Gesang und die Grafik ver- gar als „musikalisches Wunderkind“. Aus die- bringt, bei dem es darum geht, nachts auf den INFOS ZUR BUNDESWEITEN STAY BRUTAL antwortlich –, doch dieses Mal scheint die Che- sen Ideen etwas zu machen, aus ihnen Songs Friedhof zu gehen, eine Leiche auszugraben und RELEASEPARTYREIHE FINDET IHR AUF mie zwischen den Mitgliedern einfach zu stim- zu formen, ist trotzdem Aufgabe des Gitarris- sie zu vergewaltigen. Und beim nächsten Song men. Den größeren organisatorischen Aufwand, ten, da sind sich alle einig: „Dadurch, dass ich geht es dann um Krieg und dann wieder um Ver- WWW.MYSPACE.COM/STAYBRUTALMUSIC wenn man beispielsweise nicht mehr mit dem früher nur in Cover-Bands und auf Stadtfesten gewaltigung. Und die Kids gehen zu den Konzer- Privat-Pkw zu einem Auftritt fahren kann, neh- Westernhagen und so Zeug gespielt habe, habe ten und feiern das ab, ohne sich Gedanken dar- men die beiden deshalb gerne in Kauf. ich mir irgendwann ein Gefühl angeeignet, was über zu machen, was sie da eigentlich mitsin-

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20-21Fuze22.indd 20 09.05.10 22:12 „Nachdem ich die Songs fertig habe, nimmt sich Tobi gen. Aber ich fi nde, das sind schlimme Sachen, WBTBWB handelt auch deshalb von der Apo- Urlaub, ich gehe nicht zur Uni und dann machen wir zwei, die man nicht abfeiern sollte. Solche Bands sind kalypse, weil die Band nicht das tun wollte, was drei Wochen richtig HARDCORE-RECORDING, malen und entwerfen Shirt-Designs. Und das jeden Tag unge- doch die ersten, die weinend zu ihrer Mami ren- jeder von ihr erwartet hatte. Und die Texte auf fähr zwanzig Stunden lang“, so Marcel Neumann. Und da nen, wenn es wirklich so zuginge, wie in ihren „Der Tag, an dem die Welt unterging“ pendeln behaupte noch mal einer, Studenten wären faul. Texten beschrieben. Meine Güte, es gibt doch deshalb zwischen absolutem Ernst und totalem auch andere Emotionen als Gewalt.“ Nonsens, weil es der Band wichtig ist, dass nicht alles in dieses Konzept passt: „Wir machen uns Bands. Auch weil sie spüren, dass sie eine Ver- WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER unter- da extrem viele Gedanken. Wenn man nur Texte antwortung gegenüber denjenigen haben, von scheiden sich von solchen Bands, weil sie hat, bei denen man nachdenken muss, ist es ja denen sie bisher unterstützt wurden. Und das mit bewusst mit Brechungen arbeiten, die sich wie- auch langweilig. Wer ausschließlich Sozialkriti- einem Namen, bei dem man das am wenigsten derum aus ihrer Arbeitsmethode erklären. sches hören will, kann ins Kabarett gehen. Musik erwarten würde. Doch auch darüber hat Neu- Zunächst einmal nehmen sie die Musik, die sie ist auch dazu da, die Welt um sich herum zu ver- mann etwas Refl ektiertes zu sagen: „Wenn man geschrieben haben, ernst. Sie hören sich die Lie- gessen und mal abzuschalten.“ WE BUTTER THE so viel Arbeit und Herz in etwas steckt und sich der in ihrer instrumentalen Urform sehr genau BREAD WITH BUTTERs Angebot an den Hörer so viele Gedanken macht, ist es natürlich schade, an, achten darauf, welche Stimmung ein Song lautet: Ihr könnt uns ernst nehmen, müsst aber wenn man einfach so abgestempelt wird. Ande- vermittelt, und schreiben danach einen dazu nicht. Deshalb kann man einen Song wie „Glüh- rerseits hätten wir ohne diesen Namen und ohne passenden Text. Deshalb trägt ein Track mit würmchen“, bei dem sich eine Gruppe Nashör- diesen ganzen Quatsch wahrscheinlich nicht einem geshuffl eten Indie-Beat den Titel „Oh ner auf die Suche nach ihrem verlorenen Leuch- so viel Aufmerksamkeit bekommen. Außerdem Mama, mach Kartoffelsalat“ und ein „brutal hef- ten macht, weil sie nicht wissen, dass sie keine weiß man bei uns schon aufgrund des Namens, tiges“ Stück eben „Der Tag, an dem die Welt Glühwürmchen sind, entweder als den ganz nor- dass wir ein bisschen anders sind als die anderen. unterging“. Wobei der Titelsong nur deshalb so malen WBTBWB-Wahnsinn abtun oder als eine Das ist doch eigentlich ganz cool.“ heißt, weil Tobias Schultka „irgendwelche Fan- wunderschöne Fabel über Selbstwahrnehmung tasie-Vocals vor sich hingeblökt hat“. Denn und -akzeptanz lesen, die genauso traurig wie Im Sommer spielen WE BUTTER THE BREAD neben der Atmosphäre eines Songs spielt auch versöhnlich ist. WITH BUTTER unter anderem bei Rock am Ring der Zufall eine Rolle. Außerdem müssen sich die und auf dem With Full Force Festival. Spätes- Silben gut setzen lassen, weshalb in einem tod- Halten wir fest: WE BUTTER THE BREAD WITH tens dann dürfte dem gestandenen Metaller das ernsten Text über „Das Ende“ der Welt urplötz- BUTTER sind kein Witz. Sie sind eine richtige Lachen vergehen. lich das Wort „Banane“ auftaucht (und auf dem Band, mit richtigen Songs und richtigen Texten. Thomas Renz Debüt mit dem jambischen Versmaß von Kinder- „Es ist halt Musik geworden“, sagt Marcel Neu- liedern gearbeitet wurde). mann. „Nicht irgendwie bloß so Partyquatsch, WBTBWB sondern richtige Musik.“ WBTBWB machen sich Der Tag, an dem die Welt unterging So zufällig diese Brüche scheinbar entstehen, so inzwischen wahrscheinlich mehr Gedanken über (Redfi eld/Cargo) gewollt ist ihre Wirkung. Das zweite Album von das, was sie tun, als die meisten Deathcore- myspace.com/wbtbwb

mit vielen bisher unveröffentlichten tracks! amon amarth job for a cowboy maroon lamb of god immortal callejon as i lay dying kreator suicide silence nile INFOS ZUR BUNDESWEITEN STAY BRUTAL RELEASEPARTYREIHE FINDET IHR AUF WWW.MYSPACE.COM/STAYBRUTALMUSIC

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20-21Fuze22.indd 21 09.05.10 22:12 was glaubst du, wie viele Bands ein Pentagram in ihrem Logo hätten? Was meinst du, mit wie vie- len christlichen Bands wir schon gespielt haben, die geraucht, gesoffen, gekifft und irgendwelche fünfzehnjährigen Mädels fl achgelegt haben?“ Die einzige Band, die er davon ausdrücklich aus- nahm, war AS I LAY DYING. Die würden ihren Glauben konsequent durchziehen und wären bei gemeinsamen Auftritten „niemandem damit auf den Sack gegangen“. Phil Sgrossos Reaktion auf dieses Zitat? Er bestätigt es. „Es gibt neben einer Menge Christen, die völlig gegensätzlich zu dem leben, was ihr nach außen dargestellter Glaube aussagt, defi nitiv auch christliche Bands, die versuchen, über diese Schiene an Popularität zu gewinnen.“ Es gibt eben solche und solche, das wird auch klar, als der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche zur Sprache kommt: „Sol- che schrecklichen Verbrechen in Form von phy- sischem oder psychischem Missbrauch sind in jedem Fall das Gegenteil von dem, was ein Christ tun sollte. Aber nicht jeder Christ ist gleich.“ Der Gitarrist kommt immer wieder auf diese Aussage zurück, die auch bedeutet, dass es gilt, nicht alle christlichen Bands in einen Topf zu werfen, son- dern „man mit den Leuten reden, sie kennen ler- nen und erst dann ein Urteil fällen sollte.“

Auch wenn AS I LAY DYING weniger offensiv mit ihrem Glauben umgehen als andere christliche Bands – Gründe, darüber zu diskutieren, fi nden sich genug. Auf der offi ziellen Band-Homepage gibt es beispielsweise einen Link zu hopechest. org – eine Organisation, die neben der Auffor- derung, regelmäßig zu beten, auch um Spen- den für Aids-Waisen in Afrika wirbt. Ist nicht gerade das ein Paradebeispiel für die Doppel- moral einer Religion, die mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Verhütungsmitteln dazu bei- trägt, solche Krankheiten überhaupt erst zu ver- breiten? Sgrosso widerspricht: „Ich denke, die AS I LAY DYING Hauptursache für die Verbreitung von Aids in Foto: Felix Fröhlich Afrika ist Sex mit wechselnden Partnern.“ Das ENTWICKLUNG UND VERGÄNGLICHKEIT. AS I LAY DYING – als ich im Interview beginnt zu stocken. Solche Aussa- Sterben lag. Es ist in der Musik wie im Leben. Man weiß vorab nie, welche Wege man einschla- gen erinnern ganz unangenehm an den Blöd- gen soll, um sein Glück zu fi nden, bevor der Tod alles beendet. Gitarrist Phil Sgrosso hat für sinn, den Gloria von Thurn und Taxis einst in einer sich den Pfad des Glaubens und der Musik als den richtigen erkannt. Mit AS I LAY DYING steht Talkshow von sich gegeben hat („Der Schwarze er ganz oben im Metalcore – an der Spitze eines Genres, das bisweilen so resistent gegen Ver- schnackselt gerne.“) Auch Sgrosso scheint das änderungen ist wie sonst nur religiöse Ansichten. zu merken und ergänzt nach einer kurzen Pause: „Sich selbst zu schützen, ist aber wohl die ver- Phil Sgrossos Leben mit der Musik beginnt, als sein, dass wir Musik als Beruf ausüben können. nünftigere Alternative, als ein Kind in die Welt er im Alter von neun Jahren die Akustikgitarre Aber ich bin glücklich darüber, zu Hause völ- zu setzen, das keine Aussicht auf eine lebens- seines Vaters entdeckt: „Er spielte nie beson- lig abschalten zu können und mich nicht mit der werte Existenz hat. Ich bin hier nicht einer Mei- ders viel, aber jedes Mal, wenn er es tat, hörte Band beschäftigen zu müssen. Zudem habe ich nung mit der Kirche. Jedoch glaube ich, dass man ich fasziniert zu. Ein Jahr später bekam ich meine viele Freunde außerhalb der Szene und genieße Sex mit nur einer Person haben sollte – mit sei- ersten Unterrichtsstunden. Kurz zuvor hatte es, in diesen Phasen zu entspannen und Abstand nem Ehepartner, den man liebt.“ Man muss mit ich ein Video von NIRVANA gesehen. Das war zu den anderen in der Band zu haben. Das Leben Phil Sgrosso nicht einer Meinung sein. Aber man ein Schlüsselerlebnis für mich. Ich lernte einige in einer Band wie der unseren erfordert engste sollte zumindest anerkennen, dass er sich seine Jahre Akustik-, später dann E-Gitarre. Es war Kommunikation, da jedes Mitglied beharr- eigenen Gedanken macht, denn das ist mehr, als cool, Lieder von anderen Bands nachzuspielen, lich seine eigene Meinung vertritt. Doch gerade viele andere christliche Bands zu bieten haben. aber ich war schon damals heiß darauf, meine diese Kommunikation ist ein Prozess, der Bands Florian Auer eigenen Riffs zu schreiben. In der Middle School wie seit über dreißig Jahren am war dann plötzlich Schluss, und ich fuhr lieber Leben hält. Von solchen Gruppen können wir eine AS I LAY DYING Skateboard. Als meine Eltern umzogen, und es Menge lernen.“ The Powerless Rise am neuen Wohnort keine passende Gelegenheit (Metal Blade/Sony) zum Skaten gab, fi ng ich wieder an zu spielen. Was bei AS I LAY DYING wohl keine Meinungs- asilaydying.com Kurz nach der High School landete ich schließ- verschiedenheit innerhalb der Band verursacht, lich bei AS I LAY DYING.“ ist der christliche Hintergrund aller Mitglieder. In DER TOD ist für Phil Sgrosso kein Thema, dem er beson- einem Interview mit dem Fuze im Jahr 2008 kriti- dere Bedeutung beimisst. Für ihn sind der Name seiner Dieser auf wenige Sätze reduzierte Werdegang sierte HEAVEN SHALL BURN-Gitarrist Maik Wei- Band sowie die vielen Totenkopfmotive folglich keine klingt wie der wahr gewordene Traum eines klei- chert die Verlogenheit und Doppelmoral vie- Aspekte, die es besonders hervorzuheben gilt: „Es gibt nen Jungen. Trotzdem ist Sgrosso froh, dass er ler christlicher Bands – gerade in den Staa- Bands, die ihren Fokus darauf legen – wir gehören nicht dazu, auch wenn es vielleicht den Anschein erweckt, wenn bei seiner Frau und Familie immer wieder etwas ten diene die Identifi kation mit dem Christen- man unsere Designs betrachtet.“ Sgrosso geht es viel- Distanz zum monatelangen Touren auf der gan- tum oft nur als Selling Point. Wörtlich sagte Wei- mehr darum, „das Beste aus seinem Leben zu machen“. zen Welt fi ndet: „Wir müssen sehr dankbar chert: „Wenn Amerika voller Satanisten wäre, Den Tod gelte es lediglich zu akzeptieren. Zu sehr darauf fi xieren sollte man sich aber nicht.

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22Fuze22.indd 22 09.05.10 22:08 KINGDOM OF SORROW Foto: Sebastian Gondek KIRKIFYING STUFF. ist spät dran, der Interviewtermin zum zweiten Album seines Projekts mit (CROW- BAR, DOWN) war vor einer Stunde. Obwohl die Vulkanasche gerade einige -Shows in Europa vereitelt hat, gibt es eben immer viel zu tun. Jasta scheint deshalb die Frage nach seinem Arbeitspensum kaum zu verstehen, schließlich ist das Fräulein Tochter gerade in der Schule und die Hunde waren auch schon draußen.

... so hatte ich heute morgen Zeit, Tracks für ein Jasta war immer die treibende Kraft hinter dem schen, die sich und ihr Umfeld mit Drogen zer- Videospiel aufzunehmen. Der Name des Spiels Projekt. Ständig wechselt er zwischen „ich“ stören. „Envision the divine“ handelt von dem fällt mir gerade nicht ein, aber es ist cool, wenn und „wir“, wenn er über KINGDOM OF SORROW Einfl uss, den Menschen über ihren Tod hinaus mich jemand für so etwas haben will. Wenn spricht. Dem „relaxten alten Mann“ (Jasta über haben – Kirk ist zum Beispiel sehr von Phil Lynott meine Tochter aus der Schule kommt, bin ich mit Windstein) wird nichts anderes übrig geblieben von THIN LIZZY beeinfl usst, der 1986 gestorben den Interviews für heute durch. Dieses Wochen- sein, als sich von diesem Tatendrang mitreißen ist. Es war für uns sehr befreiend, der Inspiration ende nehme ich noch an einem Charity-Lauf teil, zu lassen. Und es funktioniert: „Behind The Bla- einfach ihren Lauf zu lassen. aber da wird sie dabei sein. Ich versuche, viel Zeit ckest Tears“ entfernt sich oft gänzlich von der Wie sieht die Zukunft des Projekts aus? Oder für die Familie zu haben. Mit HATEBREED sind bis Formel „HATEBREED trifft CROWBAR“ und über- ist es vielleicht bald Zeit für etwas Neues? Ende des Jahres Shows gebucht, Foto-Shoots rascht mit Melodie. Viele Menschen mögen, was wir mit KINGDOM OF und der Videodreh für KINGDOM OF SORROW SORROW geschaffen haben. Sie fühlen sich der stehen an ... Bisher klappt alles ohne Burnout. Es gab keine Diskussionen, ob ein Part zu sehr Band emotional verbunden. Wir denken schon Zeitpläne spielen bei KINGDOM OF SORROW nach HATEBREED oder zu wenig nach DOWN über das dritte Album und die Möglichkeit nach, eine große Rolle. Wie ist „Behind The Bla- klingt. Von so etwas haben wir uns komplett häufi ger zu touren. Aber wir wollen auch die Busi- ckest Tears“ entstanden? gelöst. Wo die vielen Melodien herkommen? Die ness-Seite bei KINGDOM OF SORROW entspannt Wir haben die Songs das ganze letzte Jahr über kamen ganz von alleine. Etwa bei „Heroes to angehen. Kirks Priorität muss das neue CROW- zusammengetragen und Ideen hin- und her- dust“: Ich kam nicht voran mit dem Text, hatte BAR-Album sein. Das wird ein gutes Jahr für den geschickt. So hatte ich irgendwann sechzehn eine Schreibblockade. Frustriert stand ich am alten Mann – mit dem Release von „Behind The Stücke zusammen, aus denen Kirk auswäh- Fenster und starrte die Bäume in meinem Gar- Blackest Tears“, der CROWBAR-Europatour und len konnte. Mit Nick und Charlie Bellmore von ten an, als es zu schneien begann. Bis dahin dann der neuen CROWBAR-Platte. Eine auf- den PHANTOMS habe ich die Grundgerüste der stand nur die erste Zeile von Kirk: „Snow hits the regende Zeit für den „Riff-Master“, wie ich ihn Songs aufgenommen. Die beiden sind Brüder ground.“ Plötzlich wusste ich, dass es um Verge- nenne. Wir bekommen im Moment viele Tour- und arbeiten sehr effektiv zusammen. Ich habe bung gehen würde. Vergebung für Vorbilder, von angebote von sehr großen Bands, das fühlt ihnen die Gitarren-Parts und Riffs gezeigt und denen ich enttäuscht wurde. So etwas würde ich sich natürlich super an. Wir werden sehen, was gesagt, was für einen Beat ich zu welchem Riff mit HATEBREED anders angehen, ein so emotio- unsere Zeitpläne zulassen. Was andere Projekte haben will – das haben sie extrem schnell umge- nales Ventil habe ich sonst nicht. Dazu passt kein angeht: Ich würde gerne etwas auf der melodi- setzt. Was Kirk dann mit den Songs macht, nen- Song, der nur heavy und brutal ist. So sind die schen Seite von Punk machen. Ich liebe Bands nen wir „kirkifi zieren“: Er nimmt meine Riffs, Lieder ganz natürlich gewachsen. wie IGNITE oder H2O, und in letzter Zeit höre ich schreibt vielleicht einen Teil um oder ändert nur KINGDOM OF SORROW sind also Ergänzung viel Westcoast-Zeug wie 7 SECONDS oder BAD eine Note, um es dissonanter oder harmonischer und Gegenstück zu HATEBREED? RELIGION. So etwas wäre cool! zu machen. Dass wir viel Vorlaufzeit hatten und Deshalb haben wir die Band wie einen Ort Wenn dafür noch Zeit wäre. er mit dem Material leben und arbeiten konnte, genannt. Für uns ist die Band ein Ort, an den wir Es stimmt. Ich tendiere dazu, zu viel in meine lässt die Songs natürlicher und mehr nach einer gehen, um künstlerisch tun und lassen zu kön- Tage zu packen. Aber ich bin froh, mein Leben „richtigen Band“ klingen. nen, was wir wollen. Also schreibe ich über Dinge, mit etwas bestreiten zu können, das ich liebe. über die ich sonst nicht schreiben würde. Auf Laut meiner Mutter habe ich schon als Kind bei „Mit meinen BUCHPLÄNEN bin ich vielleicht zu früh an dem ersten Album hatten wir besonders persön- jeder Gelegenheit und oft völlig grundlos rum- die Öffentlichkeit gegangen – das geplante HATEBREED- liche Geschichten. Ein Lied über unsere Töch- gebrüllt. Lyric-Book liegt wegen rechtlicher Dinge auf Eis. Das ist ter, eines, bei dem sich Kirk mit dem Verlust sei- Ingo Rieser aber fast geklärt. Das Buch über meine Zeit bei ‚Head- ner Mutter und ich mich mit dem Selbstmord bangers Ball‘ hatte ich schon fast verworfen. Ich habe eines Freundes beschäftige. Auf diesem Album KINGDOM OF SORROW große Teile umgeschrieben, um mehr Hintergrundge- sind wir distanzierter. Ich schreibe über andere Behind The Blackest Tears schichten zu erzählen – wie ich überhaupt an den Job bei MTV gekommen bin und so weiter. Ich will die Leute Leute, das habe ich noch nie getan. In „God’s law (Relapse/Rough Trade) ermutigen, ihre Träume zu verfolgen. Der Typ, der nicht in the devil’s land“ geht es zum Beispiel um Men- myspace.com/kingdomofsorrow weiß, welche Richtung er in seinem Leben einschlagen will, war ich schließlich selbst einmal.“

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23Fuze22.indd 23 09.05.10 22:09 chen Singles getragen werden muss, weil das restliche Material nicht voll überzeugen kann. Das Ziel war mehr Eingängigkeit und kein einzi- ger schlechter Song.“

Ein weiteres Ziel für die Aufnahmen defi nierte Gitarrist Alex Wade indirekt bereits in einem frü- heren Interview: „Ein Grund, warum Bands wie SLAYER oder CANNIBAL CORPSE schon so lange existieren und dabei immer erfolgreich waren, ist sicherlich die Schaffung eines eigenen Sounds, den sie konsequent beibehalten haben.“ Zwar ist „A New Era Of Corruption“ kein zweites „“, ihren grundsätzlichen Sound haben WHITECHAPEL jedoch beibehalten. Sie sind als Band erwachsenen geworden, konnten sich in allen Belangen steigern und haben letztendlich ihren eigenen Stil weiter gefestigt.

Als ein relativ junges Genre befi ndet sich Death- core im Moment gerade in so etwas wie der Pubertät. Viele Bands sind in einer Selbstfi n- dungsphase, in der sie noch nicht so recht wis- sen, wohin der Weg gehen soll. Sie rebellieren gegen ihren alten Sound und versuchen, sich weiterzuentwickeln, um nicht auf der Stelle zu treten – siehe die neuesten Veröffentlichun- gen der eingangs erwähnten SUICIDE SILENCE oder CARNIFEX. Dass Ben Savage in seiner Band mehr sieht als nur eine weitere trendige Death- core-Band, wird schnell klar: „Wir wollen aus der Flut an Bands herausstechen und uns vom Deathcore-Stempel befreien, der viele Hörer eher abschreckt. Wir wollen als WHITECHAPEL bekannt sein – und zwar nur als WHITECHA- PEL. Ich bin nicht der Typ, der in Interviews über andere Bands herzieht. Ich will einfach nur gesagt haben, dass wir uns bewusst darum bemühen, solide Songs zu schreiben, die so WHITECHAPEL dynamisch wie möglich sind.“ Foto: Jerry Nicholl (jerryjohn.com) Um die Bedeutung dieser Band für die Metal- DIE BRUCE LEE DES DEATHCORE. 2010 ist für das Genre Deathcore ein Szene zu beschreiben, lässt man am besten ereignisreiches Jahr. Größen wie SUICIDE SILENCE und CARNIFEX haben bereits ihr Update zur noch einmal Bruce Lee zu Wort kommen: „Nimm Interpretation von modernem Death Metal veröffentlicht. Mit „A New Era Of Corruption“ wol- an, was nützlich ist. Lass weg, was unnütz ist. len nun auch WHITECHAPEL ihre Vormachtstellung beweisen. Die Frage hierbei ist, ob sie ihren Und füge das hinzu, was dein Eigenes ist.“ Dieses bisher eingeschlagenen Weg weitergehen oder sich – ähnlich wie die Konkurrenz – zumindest Zitat beschreibt sehr gut, warum WHITECHA- zum Teil von ihrem Stil abwenden. PEL an die Spitze des modernen Metal gehören. Das Bestreben, sich weiterzuentwickeln, ohne Auf die grundlegende Frage, welche Ziele seine den Jahre, die in das Komponieren gesteckt wur- dabei die eigenen Wurzel zu vergessen und bei Band bei ihrem dritten Album verfolgte, zitiert den, jedem Lied deutlich an. Savage sieht das all dem immer songdienlich zu arbeiten, unter- Gitarrist Ben Savage den Martial-Arts-Künst- ähnlich: „Ich glaube, dass man sich jeden einzel- scheidet die Band aus Tennessee von so man- ler Bruce Lee: „Flow like the water.“ Dieser Satz nen Song anhören kann und sofort merkt, wel- chem gehypeten Mitbewerber. Nachdem die hatte oberste Priorität für den gesamten Ent- chen musikalischen Background wir haben. Man „Großen“ ihre Alben veröffentlicht haben, sind stehungsprozess: „Wir wollten das Songwriting erkennt besser, was wir wirklich wollen. Wir wol- nun die vermeintlich Kleinen an der Reihe, und verfeinern und bloß kein Riff erzwingen. Wir sind len Trends setzen, nicht welchen hinterherlau- das Wettrennen um die heftigsten Breakdowns, nicht die Sorte Band, die irgendwelche aussor- fen. Wir wollen Songs schreiben, auf die wir stolz die fi esesten Grunzer und die meisten Tattoos tierten Lieder vergangener Platten wiederkäut sein können. Sie haben mehr Flow, sie sind dyna- pro Quadratzentimeter Haut geht in eine neue und veröffentlicht. Wir entwickeln uns lieber auf mischer und natürlich vor allem brutal.“ Runde. WHITECHAPEL können sich angesichts einem ganz natürlichen Weg weiter.“ Wirkte es ihrer neuen Platte jedoch gelassen zurückleh- beim Debüt „The Somatic Defi lement“ stellen- Zu der Tatsache, dass WHITECHAPEL die Dinge nen. Zumindest so lange, bis es einmal mehr weise noch so, als ob so viele Riffs wie möglich inzwischen mehr laufen lassen als früher, passt heißt: „Flow like the water.“ in einen Topf geschmissen wurden, um zu sehen, auch, dass „A New Era Of Corruption“ kein inhalt- Frank Engelhardt was dabei herauskommt, war der Nachfolger liches Konzept verfolgt. Natürlich geht es in den bereits deutlich gereifter und stärker auf ein Texten von Phil Bozeman immer noch düster zu, WHITECHAPEL bestimmtes Ziel ausgerichtet. Doch trotz dieser der Sänger behandelt Themen wie die Verrohung A New Era Of Corruption Verbesserungen war die Band noch lange nicht der Menschheit, Korruption, Ausbeutung, sogar (Metal Blade/Sony) zufrieden: „Bei ‚This Is Exile‘ waren wir während den Tod der eigenen Mutter. „Es steht jedoch whitechapelband.com der Aufnahmen zu gehetzt, dadurch repräsen- nicht wirklich ein Konzept hinter dem Album. tiert die Platte unser Können als Songwriter nur Jeder Song hat seine eigene Bedeutung“, stellt „WHITECHAPEL stays on top of their game“, „Masters bedingt. Unser neues Album behebt jedoch die Savage klar. Dennoch wirken die Lieder wie aus of brutality“ oder „In a league of their own“ – das alles Fehler der Vergangenheit.“ einem Guss. „Ich war schon immer ein Fan von wären mögliche Überschriften, müsste Ben Savage einen Bands, die Alben geschrieben haben, in denen ARTIKEL ÜBER SEINE EIGENE BAND schreiben. Wobei Tatsächlich: Gehetzt wirkt die Band auf dem man sich völlig verlieren konnte. Wir wollten auf der Gitarrist jedoch lachend anmerkt: „Ich fühle mich gerade wie ein großmäuliges Arschloch.“ neuen Album zu keiner Zeit. Man merkt die bei- keinen Fall eine Platte haben, die von irgendwel-

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24Fuze22.indd 24 09.05.10 22:31 AGAINST ME! Foto: Jess Baumung SELBSTREFLEXION STATT KULTURINDUSTRIE. Zum Einstieg ein kurzer Exkurs zum Thema „Postmarxistische Kul- turtheorie für Anfänger“: Der Zustand der technischen Produktionsmittel bedingt die kulturelle Möglichkeit, die die Wirklichkeit parallel zum Leben in Form von Warengütern reproduziert, aus denen wiederum die Konsumenten ihre geltenden Ideale ableiten. Oder mit anderen Wor- ten: Wenn AGAINST ME! die Tage des reduzierten Folk-Punk hinter sich gelassen haben und stattdessen ein klassisches Rock-Album vorlegen, so war dies unausweichlich.

Das alles bildet nur die Möglichkeiten und in den letzten Jahren mit Ehe, einigen Umzügen greift er auch hier wieder auf die vielgerühmte Lebensumstände ab, denen sich Tom Gabel und der Geburt seiner ersten Tochter zahlreichen Dialektik zurück und erklärt in klassischer Tra- und seine Band mittlerweile gegenüber sehen, positiven Veränderungen unterworfen war. Und dition die gegenseitige Bedingtheit von Priva- und stellt ein künstlerisches Produkt dar, das die spiegeln sich ebenso in seinen Songs wider tem und Politischem: „Jede unserer Handlungen von der stummen Masse unkritisch zum Leit- wie Negatives – etwa der Tod einer Jugendfreun- ist politisch und hat eine soziale Komponente.“ bild genommen wird oder werden sollte. So ein- din oder die zeitweiligen Aufl ösungserscheinun- Die Frage ist natürlich immer, ob einem dies auch fach ist das. Damit kann man die ganze unsägli- gen bei AGAINST ME!, die 2009 im Ausstieg von bewusst ist und wie man selbst dazu steht. che Major-Label-Sellout-weichgespülter-Pop- Schlagzeuger Warren Oakes gipfelten, der inzwi- längst-nicht-mehr-Punk-und-so-richtig-poli- schen von HOT WATER MUSIC-Drummer George Es geht Gabel längst nicht mehr um Ideologie tisch-waren-die-doch-eh-nie-Diskussionen Rebelo ersetzt wurde. oder um richtig und falsch, sondern um das Ein- endlich für beendet erklären und sich wieder mit vernehmen mit seinen persönlichen Handlun- interessanteren Themen auseinandersetzen. Mit Es sind die äußeren Umstände, die das Innenle- gen und den daraus entstehenden Konsequen- Dingen, die man gerne macht. Musik zum Bei- ben bedingen und die in der Musik wieder nach zen. Und das ist genau der Status, den AGAINST spiel. Oder mit Dingen, die man liebt. Etwa Musik. außen getragen werden. Womit man fast schon ME! anscheinend aktuell für sich erreicht haben. Vielleicht sogar mit Dingen, die einem so wich- wieder bei Marx wäre und dementsprechend der Vielleicht wäre es ja auch ganz wünschenswert, tig sind und so viel Freude machen, dass man sie Frage, was eigentlich aus den politischen Ambi- wenn sich endlich einmal mehr Menschen auf als seinen Lebensinhalt bezeichnen könnte. Ein tionen der einst so mysteriösen Anarcho-Punx ihr eigenes Handeln konzentrierten, anstatt es Schelm, wer jetzt an Musik denkt. geworden ist, die mittlerweile anscheinend in der in massentauglichen Pamphleten der Welt ent- bürgerlichen Mitte angekommen sind und offen- gegenzuschleudern. „Im still as stupid as eve- Inzwischen dürfte klar geworden sein, dass Tom bar desillusioniert „The revolution was a lie!“ ryone but I know my mistakes“, sangen schon Gabel, wenn man es schafft, die oben angespro- skandieren? Ebenso pathetisch, wie er vor Jahren PROPAGANDHI und gaben damit genau jene chene Thematik zu vergessen, ziemlich genau darüber sang, die Filialen einer großen Kaffee- Art der Selbstrefl exion vor, die auch einmal den benennen kann, warum er das tut, was er tut. hauskette ihrer Schaufensterscheiben zu entle- Abschied von alten Handlungsmustern bedeuten Und das ist nun einmal: einfach Musik machen. In digen, so refl ektiert gibt sich Tom Gabel heute in kann. Und letztendlich beugen AGAINST ME! in welcher Form, mit welchen Mitmenschen und auf der Betrachtung früherer Aussagen. Die Ausei- beinahe apologetischer Manier jeglicher zukünf- welcher Bühne auch immer. Musik ist das zen- nandersetzung mit blindem Dogmatismus und tigen Kritik vor, wenn sie auf ihrem neuen Album trale Bindeglied aller Lebensbereiche, die Pro- politischer Agitation hat der Musiker für sich singen: „Everything we’ve said and done, can be jektionsfl äche der Existenz. Sie ist der Spiegel abgehakt, wobei dies nicht heißt, dass man ihn so easily forgotten / You can always change who des Privaten, das für den Sänger und Gitarristen fortan als unpolitisch ansehen sollte. Vielmehr you are.“ Doch jetzt genug des Phrasendreschens, denn AGAINST ME! IST TOM GABEL IST AGAINST ME!. Warum veröffentlicht Tom Gabel denn überhaupt noch Soloplat- letztendlich geht es doch immer nur um eines: ten, wenn AGAINST ME! doch praktisch mit ihm gleichzusetzen ist? Die Tatsache, dass im letzten Jahr mit dem Ausstieg um Musik. von Warren Oakes ein langjähriger Wegbegleiter andere Pfade eingeschlagen und ein Restaurant eröffnet hat, ver- Aiko Kempen stärkt die Dringlichkeit dieser Frage noch. Doch für Gabel ist eine Band eben ein lebender Organismus, der in Bewe- gung bleibt. Und das heißt nun einmal auch Veränderung – egal, ob in musikalischer oder personeller Hinsicht. Auch AGAINST ME! wenn AGAINST ME! einst als Ein-Mann-Projekt begann: Die Reduzierung auf eine Person wird dem kollektiven Output White Crosses einer Band nicht gerecht, die genau in diesem Willen zur Veränderung und der damit impliziten Horizonterweiterung (Sire/Warner) ihren Status begründet sieht. Vielleicht würden AGAINST ME! als Soloprojekt noch immer so klingen wie zu Anfangsta- gen, aber ganz ehrlich gesagt, wäre das doch langweilig. Und notfalls gibt es ja immer noch die Soloplatten. againstme.net

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25Fuze22.indd 25 09.05.10 22:05 TRASH TALK ROLO TOMASSI Utecht rechts: Torben links: Burkhard Müller / Foto Foto KLASSENFAHRT MIT PUNKS UND MILCHGESICHTERN. ROLO TOMASSI sind schwer angesagt. Bekannt gewor- den sind sie vor allem, weil sie einen ziemlich durchgeknallten Mix aus Chaos, und Synthie-Pop spielen und dabei aussehen wie milch- bärtige Mathestreber. Alle bis auf eine. Denn ROLO TOMASSI haben ein Mädchen in der Band, das so dermaßen brachial kreischen kann, dass man ernsthaft um ihre Gesundheit besorgt sein muss. Die Kalifornier TRASH TALK sind auch schwer angesagt. Sie vor allem, weil sie einen im besten Sinne räudigen Hardcore-Sound spielen, wilde Typen sind und nun wirklich nicht wie Mathestreber aussehen. Eher wie die toughen Boys aus der Raucherecke, vor denen man sich lieber in Acht nimmt. Gemeinsam waren die beiden Bands unlängst in Europa auf Tour. Wir haben sie gefragt, was sie voneinander halten. Den Anfang machen TRASH TALK.

Wie läuft die Tour mit den britischen Milch- Lee: Nicht wirklich. Aber ihr Tourmanager sam- war komplett mit Lees Erbrochenem bedeckt. gesichtern? Müsst ihr euch einen Van teilen? melt immer – und zwar all unseren Whiskey. Jede Widerlich. Spencer: Wir haben einen eigenen Van, also Nacht versteckt er ihn an einem geheimen Ort. Ed: Ich finde Sams Händedruck wirklich unange- müssen wir nicht so viel mit diesen Typen tei- Aber das ist nicht wirklich komisch. Er hat eben nehm. len. Das bedeutet aber nicht, dass wir unseren einen guten Geschmack. Vielleicht sollten TRASH TALK nicht immer so Joint nicht auch mal rüber reichen, wenn sie in Was denkt ihr nach dieser Tour über ROLO viel trinken. der Nähe sind. Wir sind halt eher die Typen, die TOMASSI? Sind sie so verrückt wie ihr Sound? James: Ja, das wäre gut. Garrett trinkt nichts auf einer Tour ordentlich Party machen, ROLO Spencer: Sie sind nicht verrückt. Eva ist sehr anderes als puren Whiskey, und Spencer hat tat- TOMASSI sind da ein wenig ruhiger. Wir sollten reserviert und die Jungs sind sehr entspannt. sächlich immer ein Bier in der Hand, scheint aber mal eine Kippe mit James teilen, aber erzähl das Aber ihre Songs sind wirklich furchtbar hektisch. nie betrunken zu werden. Diese Typen sind wahre bloß nicht seiner Mami. Hat eigentlich schon jemand von euch ver- Männer. Apropos Eltern: Habt ihr die schon kennen sucht, mit Eva zu knutschen? Kommt schon, Eva: Wir trinken lieber mal eine Flasche Rotwein. gelernt? sie ist ein hübsches Mädchen, davon gibt es Habt ihr schon einmal gesehen, wie sich Spencer: Ja, die Eltern von ROLO TOMASSI sind nicht unendlich viele in der Hardcore-Szene. TRASH TALK mit dem Publikum geprügelt zur Show in gekommen. Die Eltern ihres Spencer: Ach, sie hat doch ihren Freund, Stef. haben? Gitarristen Joe waren etwas verängstigt. Leider halten sie sich in der Öffentlichkeit ziem- Ed: Das erste Mal, als ich sie gesehen habe, hat Wie findet ihr eigentlich die Musik von ROLO lich zurück. Noch konnte keiner von uns die bei- Lee einen Drink ins Publikum geworfen. TOMASSI? den in flagranti erwischen. James: Sie geben immer alles. Aber ich glaube, Sam: Einmal waren Spencer und ich draußen Auf einer Coolness-Skala von ein bis zehn: die Leute, die TRASH TALK aus der ersten Reihe beim Van, als sie ihren Soundcheck gemacht Wo waren ROLO TOMASSI vor der Tour – und anschauen, wissen, worauf sie sich einlassen. haben. Wir haben geraucht und dabei zwei Voll- wo stehen sie jetzt? Wie riechen TRASH TALK eigentlich nach der idioten beobachtet, die ziemlich schräg dazu Garrett: Vorher zehn, jetzt neun. Show? getanzt haben. Das ist alles, woran ich denken Joseph: Sie riechen nach Gras, Krankheit und kann, wenn ich ROLO TOMASSI auf der Bühne TRASH TALK sind sich der Rollenverteilung also Blut. Wir hingegen riechen einfach nur nach sehe. absolut bewusst. Sie die Coolen, ROLO TOMASSI Schweiß. Witzig. Sind ROLO TOMASSI auch so lustig die Streber. Ob die bleichgesichtigen Briten das Auf einer Coolness-Skala von eins bis zehn, wie ihre Fans? genauso sehen? wo waren TRASH TALK vor der Tour – und wo Spencer: Vor allem Fin, ihr Tourmanager, ist ein stehen sie jetzt? witziger Typ. Er organisiert für die Band einen Wie läuft die Tour mit TRASH TALK? Alle: Sie waren eine Zehn, bis Spencer versucht strikten Zeitplan, inklusive Mittagsschlaf und Eva: Wir lieben es. Das sind wirklich lustige und hat, sich mit einem Typen aus Glasgow anzu- Zapfenstreich um Mitternacht. ROLO TOMASSI supersüße Jungs. legen. Jetzt ist er ungefähr bei einer Acht. Die brauchen nämlich ihre acht Stunden Schön- Habt ihr jemals überlegt, TRASH TALK einen anderen drei sind immer noch bei zehn von zehn. heitsschlaf. Streich zu spielen und ein noch kürzeres Set Carl Jakob Haupt Hängt ihr denn nach der Show noch mit ROLO hinzulegen als sie? So etwas um acht Minu- TOMASSI rum und zeigt den Nerds, wie man ten vielleicht? TRASH TALK richtig viel Bier trinkt? Joseph: Ich würde TRASH TALK gerne dabei Eyes & Nines Spencer: Meist läuft es so ab, dass wir ihr Geld zusehen, wie sie ein 45-Minuten-Set mit nur (Hassle/Soulfood) nehmen, Bier kaufen gehen und es dann einfach vier Songs spielen. Doch dazu wird es wohl nicht trashtalkhc.com selbst trinken. kommen. Aber ihre neuen Songs sind tatsächlich ROLO TOMASSI sehen so aus, als würden sie etwas länger geworden. ROLO TOMASSI komische Sachen sammeln, kleine tote Tiere Was ist eigentlich die ätzendste Eigenschaft Cosmology oder so. Habt ihr sie schon einmal bei so von TRASH TALK? (Hassle/Soulfood) etwas erwischt? James: Sie kotzen auf die Bühne. Mein Mikrofon myspace.com/rolotomassi

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26Fuze22.indd 26 10.05.10 07:50 TRIGGER THE BLOODSHED Foto: 616 Photography (alternativevision.co.uk) BANG YOUR FUCKING HEAD. Das britische Death-Metal-Outfi t TRIGGER THE BLOODSHED fordert mit den Songs seines neuen Albums „Degenerate“ dazu auf, die Köpfe bis zur Besinnungslosigkeit kreisen zu lassen. Rekapituliert man die bisherige Entwicklung des Quin- tetts, muss man festhalten, dass die Musiker, ausgehend von moderner Deathcore-meets--Kost, schnell in „geordnete“ Brutalo- Death-Metal-Bahnen gefunden haben. Mit den acht Songs ihres Drittwerks erlangt die Band nun eine ungeahnte Relevanz, die auf wütender Durchschlagskraft und prägnanter Stringenz basiert. Sie agiert dabei in der Tradition von Größen wie SUFFOCATION, CANNIBAL CORPSE und und verbindet deren Old-School-Herangehensweise mit der modernen, rücksichtslosen Attitüde von THE BLACK DAHLIA MUR- DER und ANNOTATIONS OF AN AUTOPSY.

„Was ich auch jenseits unserer Band suche und men lassen und die Hör- und Nachvollziehbar- weise längst angefreundet und werden sie nicht für ausgesprochen wichtig erachte, sind Dyna- keit des Materials steigern: „Wir haben uns ganz mehr ändern. Zukünftig wollen wir auch die übri- mik und Abwechslung“, formuliert Shouter Jonny bewusst auf das Riffi ng und die Grooves konzen- gen Produktionsschritte in unsere Hände neh- Burgan seinen Anspruch an gut inszenierte triert und lange am Gesamtsound gewerkelt,“ men. Wenn man das nötige Selbstbewusstsein Musik. Dann holt er aus: „Egal, um welchen Stil bestätigt Burgan. „Rob [Purnell, Gitarre] und mitbringt und die notwendige Ausrüstung hat, es sich handelt, ohne Dynamik und Abwechslung Dave [ebenfalls Purnell, aber Bass] kamen mit kann man das auch selbst machen. Dieses Mal geht es einfach nicht. Natürlich braucht man krassen Ideen aus dem Songwriting-Prozess, die haben wir beim Mix allerdings noch einmal auf starke Passagen und gute Ideen, doch die bilden unser neuer Schlagzeuger Dan [Wilding] direkt Jacob Hansen gesetzt.“ nur die Grundlage. Man muss sie interessant und aufgegriffen und mit etwas mehr Struktur und in einem ausgewogenen Verhältnis miteinander Groove versehen hat. Damit war eine glänzende Und der wird dem Namen der Band allemal kombinieren. ‚Degenerate‘ setzt sich aus ernst- Basis geschaffen, mit der wir weiter gearbei- gerecht. TRIGGER THE BLOODSHED punkten auf haften, fokussierten Hooklines, Grooves und tet haben. Im Proberaum experimentierten wir „Degenerate“ mit einem brachialen, gut struk- Leads zusammen, die erst in ihrem Zusammen- mit abgedrehten Einfällen und haben Schritt für turierten Death-Metal-Sound, der Technik, spiel den rabiaten, angriffslustigen Death Metal Schritt das Material für das Album fertiggestellt. Angriffslust und -Potenzial aus- ergeben, für den wir stehen. Meinem Verständ- Es ist uns sogar gelungen, einen Song komplett gewogen miteinander kombiniert. Dem Shouter nis nach fallen wir in keine der gängigen Subka- ohne Blastbeats zu schreiben! Als Band unseres zufolge korrespondiert das mit der Ziel setzung tegorien, und wir sind auch kein Teil des gegen- Stils muss man schon ein wenig verrückt sein, um der Musiker: „In der Tschechischen Republik wärtigen Technikwettbewerbs unter den Bands. so etwas zu versuchen und auch wirklich umzu- habe ich mir auf Tour einmal meinen Kopf rich- Ebenso wenig bemühen wir sinnfreie Beatdown- setzen. Das Bestreben, neue Wege zu gehen und tig übel aufgeschlagen, als ich auf der Bühne wie Parts oder setzen auf Überlänge oder progres- immer wieder etwas zu verändern, um als Song- wild und völlig berauscht headbangte. An diesem sive Momente, um irgendeinen Anspruch vor- writer und Musiker zu wachsen, zeichnet uns aus. Abend habe ich eine Menge Blut verloren und es zugaukeln. Privat sind wir durchaus Fans extre- Nur auf diesem Weg kann man sich verbessern.“ anfangs nicht einmal bemerkt. Headbanging bis mer Spielarten wie Tech-Death, Deathcore oder Selbstbewusst ist der Mann. zur totalen Erschöpfung ist mit unserer Einstel- Math-Metal. Auf unser Songwriting schlägt das lung gegenüber TRIGGER THE BLOODSHED gut jedoch nicht durch. Innerhalb unseres Sound- Doch der Einfallsreichtum geht bei TRIGGER THE zusammenzubringen. Wir sind erst dann zufrie- spektrums legen wir uns nicht auf spezifi sche BLOODSHED noch weiter. Die Briten zeigen sich den, wenn die Leute auf unseren Konzerten wie Nischen fest, sondern bleiben allgemein brutal. bestrebt, auch in anderen Bereichen Verantwor- wild ihre Köpfe schütteln und alles um sich herum Das ist die Ausrichtung, mit der wir uns wohl füh- tung zu übernehmen und ihre Geschicke selbst vergessen. Für jede Chance, die es uns ermög- len. Ein Stück ist für uns immer erst dann gelun- zu bestimmen: „Auch wenn man es vielleicht licht, diesem Ziel näher zu kommen, sind wir gen, wenn beim Spielen im Proberaum jeder von nicht glauben kann, es stimmt. Wir haben die dankbar.“ Was soll man sagen? Jonny Burgan ist uns mit dem Kopf mitbangt und beginnt, die Ref- Gitarren und den Bass tatsächlich zu Hause auf- eben hart im Nehmen. Und jeder oder jede, der rains mitzusingen. Das hat sich als guter Prüf- genommen und sind lediglich für das Schlagzeug oder die das von sich selbst auch behauptet, stein für Qualität erwiesen.“ Uff. und den Gesang ins Studio gegangen. Das war ist ein potenzieller Hörer seiner Band und sollte schon bei ‚The Great Depression‘ so. Wenn man schon einmal die Nackenmuskeln trainieren. Der größte Vorzug von „Degenerate“ ist es, dass weiß, was man will und wie man das Ergebnis, Arne Kupetz TRIGGER THE BLOODSHED neben den Extrem- das einem vorschwebt, erreichen kann, gibt es Attacken und Tempo-Exzessen vermehrt auf nichts Besseres als eine Eigenproduktion. So hat TRIGGER THE BLOODSHED rabiate Grooves setzen, die kurzzeitig durchat- man die Möglichkeit, das Tempo selbst vorzu- Degenerate geben und alles so lange zu optimieren, bis man Rising/Cargo Der Name TRIGGER THE BLOODSHED hat keine beson- zufrieden ist. Wir haben uns mit dieser Arbeits- myspace.com/triggerthebloodshed dere Bedeutung, sondern sollte EINFACH NUR BRUTAL klingen – wie die Musik der Band.

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27Fuze22.indd 27 09.05.10 22:32 MANTRIC IN DER GEBETSMÜHLE. „A sacred verbal formula repeated in prayer, meditation, or incantation“ – so erklären MANTRIC auf ihrer MySpace-Seite das Wort „Mantra“, aus dem sich der Name der Band aus Oslo ableitet. Auch beim Fuze gibt es solche – laut Defi nition der deutschen Wikipedia – „formelhaften Wortfolgen, die oft repetitiv rezitiert“ werden. Eine davon lautet: Jeder darf glauben, woran er will. Gott, Satan, das Fliegende Spaghettimonster – ganz egal. Niemand hat allerdings das Recht, anderen Menschen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben. Doch genau das tun viele christliche Bands. Auch MANTRIC.

Foto: Jonathan Hansen Gitarrist Tor Glidje mag den Ausdruck „christ- have mercy upon me / Spare me from damna- Viel bedenklicher als die „Jesus ist toll!“-Rufe liche Band“ nicht. Im Interview defi niert er ihn tion“ oder „Come o Lord / Please come rescue sind jedoch die politischen Ansichten, die viele „als etwas, das einen limitiert und deshalb nega- me / Deliver me from myself“. Trotzdem wehrt christliche Bands vertreten. Beispiel Homo- tiv ist“. Viel lieber bezeichnet er MANTRIC des- sich Glidje gegen die Bezeichnung „christliche Ehe. Hier sind MANTRIC und Tor Glidje kei- halb als Rock-Band: „Wir betrachten MANTRIC Band“: „Würdest du sagen, dass Johnny Cash nen Deut besser als viele reaktionäre Kollegen als die Rock-Band, bei der wir über die wichtigen eine ‚christliche Band‘ ist oder dass der Film aus den USA: „Ich verurteile niemanden, der in Dinge in unserem Leben singen. Und oftmals sind ‚Stirb langsam 5‘ ein ‚christlicher Film‘ wird, weil einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebt, aber ich das eben Dinge, die wir für größer halten, als wir Bruce Willis an Gott glaubt? Also ich nicht.“ Um müsste lügen, wenn ich sagte, ich unterstütze selbst sind.“ Man kennt diese Art der Verklausu- diese Fragen zu beantworten: Johnny Cash war es.“ Mit anderen Worten: Der Norweger fi ndet lierung von vielen christlichen Bands – genau wie keine Band, aber vor allem auf den letzten Alben nicht, dass ein Schwuler oder eine Lesbe die glei- den Grund für dieses Versteckspiel: Zwar sichert fast unerträglich offensiv christlich. Und „Stirb chen Rechte haben sollte wie ein heterosexueller man sich als Band, deren Musiker sich wie die von langsam 5“ wäre nur dann ein christlicher Film, Mensch. Und warum? „Ich denke, Kinder haben MANTRIC öffentlich zu ihrem Glauben bekennen wenn Willis anstatt auf Menschen zu schießen, das Recht, sowohl eine Mutter als auch einen („All of us believe in God.“), umgehend eine treue versuchen würde, sie zum „rechten Glauben“ zu Vater zu haben. Ich denke nicht, dass die bei- Anhängerschaft, gleichzeitig schmälert ein allzu bekehren – so wie MANTRIC das tun. den Geschlechter dieselben Qualitäten als Eltern offensichtliches Bekenntnis die Chancen auf haben.“ Man muss davon ausgehen, dass Glidje dem so genannten säkularen Musikmarkt. Des- Dabei gehen die Norweger kaum subtiler vor nie eine Folge der Reality-TV-Serie „Die Super halb nehmen Labels das Adjektiv „christlich“ nur als , die Band, bei der drei der fünf Musi- Nanny“ gesehen hat. Anders ist die Annahme, sehr ungern in den Mund. Viel lieber sprechen sie ker gespielt haben, bevor sie MANTRIC gründe- wirklich jedes heterosexuelle Elternpaar sei bes- stattdessen von „Bands mit einer positiven Mes- ten und von der folgendes Zitat überliefert ist: ser als ein homosexuelles, nicht nachzuvollzie- sage“ oder von „Bands mit einer spirituellen Ver- „Wir wollen von Gott benutzt werden wie keine hen. Ganz abgesehen davon, dass Glidje mit sol- bindung zu ihrem Publikum“. christliche Metal-Band zuvor benutzt wurde. chen Aussagen den vielen alleinerziehenden Wir wollen ein Segen für die Menschen sein und Müttern und Vätern, die es heutzutage gibt, die Um Klartext zu reden: MANTRIC singen vor Leuten helfen, die in Not sind. Wir wissen, dass Fähigkeit abspricht, sich vernünftig um ihre Kin- allem über Gott, und je länger ihr Debütalbum durch unsere letzte Tour mindestens zehn Men- der zu kümmern. „The Descent“ dauert, umso unmissverständli- schen zu Jesus gefunden haben. Das ist toll, cher werden die christlichen Referenzen. Dabei Ehre und Lob unserem Herrn.“ Auch bei MAN- Genau an diesem Punkt ist der Glaube eines hat es der Text, bei dem dies am deutlichsten ist, TRIC fi ndet sich dieser Missionierungsgedanke, Musikers eben keine Privatsache mehr, son- gar nicht auf die Platte geschafft – obwohl „The wie Tor Glidje im Interview deutlich macht: „Wir dern muss öffentlich diskutiert werden. Und descent / Mantric / Maranatha (Come o Lord)“ – wären glücklich, wenn wir mit MANTRIC etwas genau das werden wir weiterhin tun – auch auf so der sperrige Titel des Songs – laut Glidje das Licht in das Leben der Menschen bringen könn- die Gefahr hin, uns zu wiederholen. „Jetzt haben gesamte Album zusammenfasst: „Es geht darum, ten. Wir wollen für unsere Hörer nur das Beste, die Fuze-Penner schon wieder über eine Band die Dinge mit Gott in Ordnung zu bringen.“ MAN- und Gott ebenfalls. Es ist auf lange Sicht also geschrieben, ohne die Musik auch nur mit einem TRIC tun das, indem sie unterwürfi g vor ihrem nicht unmöglich, dass wir ein ‚Segen‘ für jeman- einzigen Wort zu erwähnen“, werden manche Herrn kriechen und dabei Zeilen singen wie „Lord den sind, wie wir zu sagen pfl egen.“ Natürlich jetzt wieder schimpfen. Ein Mantra, mit dem wir stellt sich die Frage, wie viel Einfl uss eine Band gut leben können. „Wenn jemand anfängt, unsere Songs Mantras zu nen- auf eine Szene hat, bei der es „mehr um Mode Thomas Renz nen, wird es Zeit, sich eine AUSZEIT VON UNSERER als um irgendetwas anderes geht“, wie der Gitar- MUSIK zu nehmen.“ Gitarrist Tor Glidje hat etwas gegen rist bemerkt – für wen Musik jedoch mehr ist, der MANTRIC allzu offensichtliche Interpretationen des Namens seiner kann nicht anders, als die plumpen Bekehrungs- The Descent Band – dabei heißt es auf der MySpace-Seite von MAN- versuche vieler religiöser Gruppen als Provoka- (Prosthetic/Soulfood) TRIC: „Sounds like mantra“. tion zu empfi nden. myspace.com/mantric

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28Fuze22.indd 28 09.05.10 22:10 GREYLINE VON NOT UND TUGEND. Obwohl inzwischen kaum noch jemand bereit ist, für Musik Geld zu bezahlen, gibt es immer mehr neue Bands, die es sich trotzdem nicht nehmen lassen wollen, ihr Glück als Musiker zu versuchen. Gänzlich ausweglos erscheint das nicht, denn wie GREYLINE beweisen, ist es mit Kreativität und Mut immer noch möglich, die eigene Musik unters Volk zu bringen. Mit der Veröffentlichung ihres dritten Albums „Behind The Masquerade“ vereinen die Niederländer das Beste aus zwei Welten: Auf der einen Seite haben sie sich – in der Tradition von KISS oder SLIPKNOT – ein aufwändiges Artwork und Image kreiert (inklusive Band- Fotos, auf denen sie Masken tragen); auf der anderen passen sich GREY- LINE den veränderten ökonomischen Notwendigkeiten der Musikindustrie an und verschenken ihr Album als Gratis-Download über ihre Homepage. „Bevor die Leute unsere Musik gar nicht hören, geben wir sie ihnen lieber kostenlos“, fasst Bassist und Sänger Jabe Piter Faber den pragmatischen Ansatz seiner Band zusammen und ergänzt: „Alle, die mehr wollen als den Download, können das Album als LP kaufen, denn es geht nichts über Vinyl: Der Sound ist warm und organisch, und auch das Produkt an sich – mit dem großen Cover – ist um einiges schöner als eine CD.“ Wenn man Fabers wei- teren Ausführungen Glauben schenkt, dann ist dieses Konzept aufgegan- gen – viele Fans luden sich das Album herunter und kauften dennoch die LP. Auch an medialer Aufmerksamkeit mangelt es der Band momentan nicht. Diese ist zu einem großen Teil der eigens für „Behind The Masquerade“ geschaffenen neuen Corporate Identity geschuldet: „Wir wollten eine düs- tere und mystische Stimmung kreieren, die als Erweiterung unserer Musik funktioniert. Mit dem Titel des Albums und unserer Verehrung für David Foto: Arkadiusz Goniwiecha Lynch, ist es ‚Twin Peaks‘ sehr ähnlich geworden. Wir finden es jedenfalls gelungen.“ Darüber hinaus, so gibt Faber zu, dient das Artwork auch dazu, DISCO ENSEMBLE in einer übersättigten Musiklandschaft positiv aufzufallen: „Die Indus- trie verändert sich rapide, und wir wissen nicht, wie es weitergehen wird. LEINEN LOS. Der kluge Satz von John Donne aus seinen „Devotions Was wir wissen, ist, dass die Außendarstellung einer Band immer wichtiger upon emergent occasions and seuerall steps in my sicknes – Medita- wird. Wenn man ein größeres Publikum erreichen will, reicht es eben nicht tion XVII“ von 1624, der besagt, dass kein Mensch eine Insel sei, ist ein mehr aus, nur gute Musik zu machen. MASTODON sind dafür ein gutes Bei- geflügeltes Wort und als Weisheit völlig überbeansprucht. Das ändert spiel. Sie sind eine Band, bei der Musik, Image und Performance sehr gut zu jedoch nichts daran, dass Donne in seinen „Devotions“ zwar von der Reli- einem perfekten Konzept miteinander verwoben sind. So etwas wollen wir gion sprach, Anthropologen und Soziologen aber Jahre später feststellten, auch erreichen – denn letztlich geht es uns nur darum, die Musik zu spie- dass absolute Individualität eine Illusion ist und sich individuelle Identität len, die wir lieben, und sie mit so vielen Menschen wie möglich zu teilen.“ immer nur in der Abgrenzung zu einer bestehenden Gemeinschaft manifes- Auf das große Geld kann es die Band dabei jedenfalls nicht abgese- tieren kann: Niemand ist eine Insel. hen haben, denn sowohl Artwork als auch Produktion des Albums haben Das neue Album von DISCO ENSEMBLE hört jedoch auf den Namen „The sicherlich mehr gekostet, als die Band damit einnehmen wird. Jabe Piter Island Of Disco Ensemble“ und verstärkt den Titel mit seinem Cover, auf Faber winkt ab: „Das Geld ist uns egal. Wir rechnen beim besten Willen nicht dem ein roter Polyeder ins Meer gefallen zu sein scheint. DISCO ENSEM- damit, unsere Ausgaben jemals wieder reinzuholen. Wir wollten eigentlich BLE-Bassist Lasse Lindfors klärt mich über das rote Ding auf: „Das Gemälde nur ein Qualitätsprodukt abliefern, mit dem wir glücklich sind.“ auf unserem Cover heißt ‚Birth of an Island‘ und stammt von dem ame- Martin Schmidt rikanischen Künstler Ryan Browning. Wir haben es ausgesucht, bevor wir wussten, wie die Platte heißen sollte. Unsere Insel ist eher mental. Viel- leicht spielt die Idee hinein, dass die Band eine Gang ist, eine starke Gruppe von Freunden. Wenn man so lange zusammen ist wie wir, entwickelt man irgendwann eine intuitive musikalische Sprache, die nur deine Band-Kol- legen verstehen. Der Gedanke ist auch historisch interessant: Statt eines einzelnen Künstlers macht eine Gruppe von Leuten Kunst.“ Die Insel-Gang erinnert an „Herr der Fliegen“, „Die Schatzinsel“ oder sogar an „Robinson Crusoe“. „Moderne Robinson Crusoes? Ja, das könnten wir sein. Wir waren immer zu soft für die Punk-Szene und zu hart, um zur Indie- Szene zu gehören. Vielleicht hatten wir aber auch nur Angst, in eine Schub- lade gesteckt zu werden und nicht mehr herauszukommen. Am Ende geht es in einer Szene sowieso nicht mehr um die Musik, sondern um die Kul- tur drumherum. Die Menschen werden wahrscheinlich immer das Bedürf- nis haben, ihre Identität anhand ihrer Gruppenzugehörigkeit zu definie- ren, also wird es immer Szenen geben. Das Gute an Finnland ist, dass sich Bands hier nicht gegenseitig runtermachen, wie das in England oft der Fall ist. Finnland ist so klein, dass man sich ständig begegnet, da macht es mehr Sinn, nett zueinander zu sein.“ Nett sind DISCO ENSEMBLE auch zu ihren finnischen Label-Kollegen DOWNSTAIRS, die ein Fährticket zur DISCO ENSEMBLE-Insel zu besitzen scheinen. „Ihre musikalische Ästhetik ist auf jeden Fall rauer als unsere. Da aber unsere Proberäume nebeneinander liegen, ist eine gewisse Beeinflus- sung fast unumgänglich. Es gibt Momente, in denen wir jammen, innehal- ten und sagen: ‚Das klang jetzt nach DOWNSTAIRS.‘ Aber am Ende geht es immer darum, dass die Musik etwas in einem berührt.“ Gut, dass nie- mand eine Insel ist, sonst bräuchten wir zum Berühren viele, viele Boote. Und auch wenn der Vater von DISCO ENSEMBLE Kapitän war, so ist es doch praktischer, dass sie Brücken bauen. Willkommen auf der Insel. Birte Wiemann

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29Fuze22.indd 29 09.05.10 22:09 KERRETTA HALLO UND PROST. „Kia ora“, sagt der Bassist von KERRETTA am anderen Ende der Telefonleitung. „Oh. Kia ist dein Vor- und Ora dein Nachname?“, fragt der doofe Schreiber verdutzt. „Nein, nein“, erwidert der Mann, der eigentlich Will Waters heißt. „‚Kia ora‘ bedeutet in unserer Sprache so viel wie ‚Hallo‘.“ KERRETTA kommen aus Neuseeland. Genauer gesagt, aus Auckland. Und genauso wenig, wie man hierzulande über die Sprache dieses Landes weiß, weiß man über die neuseeländische Musik- szene. Während aus Australien schon seit Jahren hörenswerte Bands aus den unterschiedlichsten Schubladen kommen, blieb es um Neuseeland ziemlich still. Dass KERRETTA in ihrer Heimat jedoch schon einen gewis- sen Status innehaben, zeigt die Tatsache, dass sie dieses Jahr für den Taite Music Prize nominiert wurden, dem Gegenstück zu den britischen Mercury Awards. Auf die Frage, welches Kompliment das bisher schönste für seine Band war, findet Waters allerdings nicht sofort eine Antwort: „Es ist immer cool, gutes Feedback zu bekommen. Der schönste Aspekt ist wohl, dass die Leute nicht von irgendeinem Hype oder extremen Werbemaßnahmen beeinflusst wurden.“ Gefunden hat sich die -Rock-Band eher durch Zufall. „Wir kamen damals im Studio unseres Gitarristen zusammen. Zu der Zeit hatten wir alle andere Bands. Wir haben das Ganze nur als Projekt gesehen, und so nahm es seinen Lauf“, erzählt der Bassist. „Wir improvisierten stunden- lang. Das Improvisieren ist die größte Inspirationsquelle für mich. Anfangs Foto: Tim Tronckoe schien es, als würden wir mit KERRETTA nie etwas anderes machen. Na ja, mit der Zeit entwickelten sich die Dinge eben und nahmen konkretere MISERY INDEX Formen an.“ Was dabei herauskam, ist ein Debütalbum, bei dem es viel zu entdecken gibt. Man spürt die Spielfreude der Band und tut sich schwer, BEREIT FÜR DEN KOLLAPS. MISERY INDEX haben mit „Retaliate“ „Vilayer“ in eine Schublade zu stecken. Einerseits gibt es viele verträumte bekanntlich einen Beitrag zu unseren Lieblingsalben des vergange- Momente, andererseits rockt einem die Platte die Schädeldecke weg. Dass nen Jahrzehnts geliefert. Jason Netherton, Sänger und Bassist der KERRETTA die Interpretation der einzelnen Stücke dem Hörer überlas- Band aus Baltimore, hätte allerdings wohl für das Debüt von TRA- sen, ist wohl typisch für eine Instrumental-Band: „Jeder soll sich aus unse- GEDY gestimmt: „Diese Platte hat in der Zeit nach meinem Ausstieg rer Musik das herausholen, was er fühlt. Ohne Gesang sind die Interpreta- bei DYING FETUS wieder den Funken in mir entzündet. Als ich das Ding tionsmöglichkeiten quasi endlos. Genau das gefällt uns ja daran.“ Natür- hörte, wollte ich wieder brutale, wütende, leidenschaftliche Musik lich denkt eine derart leidenschaftliche und progressive Band schon an die machen. Es war die Blaupause für alles, was mir in den letzten zehn kommenden Schritte. Laut Waters arbeiten KERRETTA schon fleißig am Jahren musikalisch gefallen hat.“ Beginnen wir das Interview also am nächsten Album. Schließlich kam „Vilayer“ ursprünglich schon 2009 auf besten mit einem kleinen Rückblick. den Markt. „Das neue Material wird definitiv kein zweiter Teil von ‚Vilayer‘. Die nächste Platte dürfte rhythmischer werden und mehr auf der Wieder- Beschreibe bitte eure Alben in jeweils einem Satz. „Retaliate“ ist ein holung einfacher Ideen aufbauen.“ solides Debüt, das sehr stark unsere damaligen musikalischen Vorlieben So bescheuert, wie das Interview angefangen hat, endet es auch. Auf die reflektiert. „Discordia“ war ein etwas zielloser Schnellschuss, dem man das Frage, was – verglichen mit einem Quartett oder Quintett – der Vorteil sei, neue, noch nicht eingespielte Line-up anhört. „Traitors“ ist das eigentliche in einem Trio zu sein, antwortet der Bassist: „Unser Biervorrat hält länger.“ erste Album für die neue Besetzung – ich finde es nach wie vor gelungen. Alessandro Weiroster Und „Heirs To Thievery“ verpackt die besten Teile des Vorgängers in noch Foto: Alex Meagher (marms-photos.com) besseres Songwriting, bessere Riffs und eine bessere Produktion. Was sagst du zum Obama-Hype und der sich nun ausbreitenden Ernüchterung? Es war doch klar, dass man nicht gut daran tut, ihn als Heilsbringer zu stilisieren. Niemand kann die Welt im Alleingang verändern. Er stellt nach acht Jahren rechtem Wahnsinn unter Bush aber einen Schritt in die richtige Richtung dar, der die Menschen inspiriert und motiviert. Ich denke, das ist der Boden, auf dem wahre Veränderung wächst. Liegen Leute wie der Journalist Alex Jones also falsch, die Obama als Marionette an denselben Fäden hängen sehen wie jeden anderen Präsidenten auch? Es ist ja eigentlich kein so großes Geheimnis, dass eine kleine wirtschaftliche Elite sich der Politik bedient, um Strukturen zu schaf- fen, innerhalb derer der Kapitalismus seine Dominanz festigt und ausbaut. Leute wie Jones werden aber nur von kleinen sozialen Bewegungen wahr- genommen, die sich eher immer weiter aufspalten, anstatt sich zu solida- risieren. Das liegt genauso wie das fehlende Interesse und Verständnis der Massen für politische Zusammenhänge an einem seit langem bestehen- den Mangel an Klassenbewusstsein. Man sieht das auch daran, dass man mit einem simplen, propagandistischen Schlagwort wie „Sozialismus“ die Hälfte des Volkes gegen ihr eigenes Interesse – und ein Menschenrecht, nämlich eine kostenlose oder zumindest erschwingliche Gesundheitsver- sorgung – mobilisieren kann. Die Leute sind zu egozentrisch und gierig. Wohin geht also die Reise für die menschliche Gesellschaft? Ich kann nicht in die Zukunft schauen, aber ich denke, Dinge werden immer erst schlimmer, bevor sie besser werden. Krisen sind der notwendige Ausgangs- punkt für eine Veränderung zum Besseren. Der richtige Weg ist, bereit zu sein für den Kollaps, zu hoffen, ihn zu überleben, und sich als Spezies wei- terzuentwickeln. Die Alternative sähe wohl ähnlich aus wie in einem dieser Hollywood-Endzeit-Filme. Hendrik Lukas

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30Fuze22.indd 30 09.05.10 22:10 ES IST DOCH NUR EIN FILM. „Ich habe durchaus schon davon gehört, dass Menschen unsere Auftritte als extrem intensiv emp- funden haben und jemand weinen musste, von daher weiß ich, dass unsere Musik starke emotionale Reaktionen auslösen kann.“ Diesen Satz von Greg Burns kann jeder bestätigen, der schon einmal ein Konzert seiner Band RED SPAROWES erlebt hat. Obwohl die Kalifornier „instrumen- talen, experimentellen Rock“ spielen, wie der Bassist sagt, und ihre Lieder somit keinen Text haben, erzählten sie mit den Songtiteln ihrer ersten bei- den Alben jeweils eine Geschichte, an deren Ende nichts weniger als die Auslöschung der gesamten Menschheit („At The Soundless Dawn“, 2005) beziehungsweise der Hungertod von zwanzig Million Chinesen („Every Red Heart Shines Toward The Red Sun“, 2006) stand. Live werden die Lieder von dazu passenden Filmausschnitten unterstützt, weshalb das von Burns geschilderte Verhalten des Publikums kaum überrascht. Wenn er nun also – wie in der kommenden Ausgabe des Ox-Fanzines – behauptet, er würde es auch deshalb mögen, in einer Instrumental-Band zu spielen, weil da kein Text existiere, der dem Zuhörer vorgibt, wie er sich zu fühlen habe, dann darf man sich über diese Aussage durchaus wun- dern. Aber vielleicht ist das auch nur Ausdruck eines Sinneswandels inner- halb der Band. „The Fear Is Excruciating, But Therein Lies The Answer“, das neue, dritte Album von RED SPAROWES scheint nämlich ganz ohne über- geordnetes Thema auszukommen. Aus den Songtiteln lässt sich jeden- falls keine zusammenhängende Geschichte mehr konstruieren. „Jeder RED SPAROWES soll die Musik auf seine Weise hören und so interpretieren, wie es für ihn Sinn ergibt“, erklärt Burns. Seine Band macht es letztendlich genauso – Foto: Andrew Weiss (andrew-weiss.com) die Filme, die auf die Wand hinter der Bühne projiziert werden, entstehen Gedanken gemacht, von daher lautet meine direkte Antwort: nein. Wenn immer erst, nachdem die Musik bereits fertig ist: „Wenn wir die Songs sch- es eine gemeinsame Agenda gibt, dann die, dass wir zusammen so viel reiben, haben wir keine bestimmte Story im Kopf. Wir machen die Musik, interessante Musik machen wollen wie möglich, ohne dass wir uns darum die sich in dem Moment gut anfühlt. Erst hinterher ergründen wir, was uns kümmern, was irgendein Fan von uns erwartet. Unsere gemeinsame Basis visuell dazu einfällt.“ sind die Liebe zur Musik und unsere Freundschaft.“ Doch selbst wenn man Sind RED SPAROWES also vielleicht gar nicht die politischste aller Inst- die inhaltliche Dimension von RED SPAROWES bisher immer überschätzt rumental-Bands, die viele in ihnen sehen wollten? Greg Burns’ Antwort haben sollte: Sie bleiben die beste Instrumental-Band der Welt. Die vielen auf die Frage, ob er mit seiner Band irgendeine Art von Botschaft vermit- feuchten Augen bei ihren Konzerten werden das beweisen. teln will, fällt jedenfalls eindeutig aus: „Ich habe mir dazu bislang nie viele Thomas Renz

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31Fuze22.indd 31 09.05.10 22:11 reviews SICK OF IT ALL Based On A True Story Es gibt im Metal und Hardcore nur sehr wenige Bands, die es nicht nur schaffen, einen eigenen, unver- wechselbaren Sound zu kreieren, sondern diesen auch noch über Jahrzehnte, Alben und Tourneen hin- weg immer weiter zu verfeinern und so relevant und erfolgreich zu bleiben. Neben MOTÖRHEAD und BOLT THROWER ist dieses Kunststück bislang eigentlich nur SICK OF IT ALL gelungen. Natürlich haben die vier New Yorker auch maue Zeiten erlebt – siehe die Jahre bei Fat Wreck und hier vor allem „“ von 2003. Dennoch haben sie sich niemals aufgegeben und sind auf den Bühnen der Welt präsent geblieben. Letztlich wurde dieser Kampfgeist belohnt, und so konnten sie sich 2006 mit dem fulminanten „Death To Tyrants“ wieder in die erste Reihe des Hardcore zurückkämpfen. Dass SICK OF IT ALL auch nach zwanzig Jahren noch so wütend und energisch sein und vor allem noch derart gute Songs schreiben könnten, hätten wohl nicht einmal die treuesten Fans erwartet. „Based On A True Story“ obliegt nun die schwere Bürde zu beweisen, dass das Comeback vor drei Jah- ren mehr war als nur ein letztes Aufbäumen. Doch es ist mehr, sehr viel mehr sogar. „Based On A True Story“ ist ohne Übertreibung das beste SICK OF IT ALL-Album seit „Built To Last“. Erneut von Tue Mad- sen perfekt produziert, demonstriert die Band, wie man aus der Schnittmenge von Hardcore, Metal, Oi! und Punk ausschließlich Hits macht. Einzelne Stücke hervorzuheben, fällt angesichts der durchweg überdurchschnittlichen Qualität der Musik verdammt schwer. Denn wirklich jeder der vierzehn Songs dieses Albums würde sich in der Setlist der nächsten Show problemlos zwischen „Step down“, „Friends like you“ oder „Take the night off“ einreihen. Und mit dem Refrain von „Long as she’s standing“ haben SICK OF IT ALL einen Chorus für die Ewigkeit geschaffen, der sogar die neidisch machen sollte. Die Performance der Musiker rundet das Bild ab – Lou Koller, Pete Koller, Craig „Ahead“ Setari und Armand Majidi agieren wie aus einem Guss und geben sich gegenseitig dennoch ausreichend Raum für individuelle Glanzlichter, die die Songs zusätzlich pushen. „Based On A True Story“ kann einfach alles. (Century Media/EMI) Martin Schmidt

YOUNG LIVERS DAUGHTERS Of Misery And Toil Daughters YOUNG LIVERS haben ja keine „The hit“ heißt ein Song auf dem Ahnung. Das wird bereits im ers- neuen DAUGHTERS-Album. Bezeich- ten Satz des Titeltracks ihres zwei- nend. Sind die Vollchaoten mittler- ten Albums deutlich. „At its core insin- weile doch ziemlich gereift. Das erste cere, comes close but not to touch.“ Material bot hyperschnellen, schwer Im Kern unaufrichtig? Berührt einen zu verdauenden Grindcore, mit Songs, nicht? Was für ein Unsinn. „Of Misery kaum über der Minutengrenze. Auf And Toil“ rennt einen mit seiner scho- dem Zweitwerk waren die Lieder zwar nungslosen Ehrlichkeit förmlich über länger, aber ein roter Faden ließ sich den Haufen. „It’s obvious: It’s nothing trotzdem nur schwer entdecken. Eben but sound.“ Was? Ich hör’ wohl nicht jenen haben DAUGHTERS nun gefun- recht? Diese Songs sind viel, viel mehr den. Der erwähnte „The hit“ bietet als das. Das muss man doch hören! Wo leben die denn bitte? Der neue Bassist einen fast schon epischen Melodiebogen und eingängige Riffs. Was dazwischen in Kalifornien, der Rest der Band in Gainesville? Das erklärt einiges. Natürlich liegt, ist altbekannt. Der durchgeknallte, von Elvis beeinflusste Gesang, die elek- sind YOUNG LIVERS mit HOT WATER MUSIC verwandt, das sieht (die Bärte!) und tronischen Elemente, die noisigen Fragmente, die direkt aus einem Horrorstrei- hört (der Gesang!) man. Doch sie sind mehr als nur ein weiterer gesichtsloser fen stammen könnten. Aufgrund der Tatsache, dass DAUGHTERS in jedem Song kleiner Bruder in der inzwischen unüberschaubaren Großfamilie. Kein schwarzes nun eine gewisse Portion Melodie zulassen und vermehrt auf straighte Rhythmik Schaf, aber manchmal verdammt bockig. Kein sich verzettelnder Nerd, aber oft setzen, ist ihr drittes Album um einiges zugänglicher als der alte Stoff. Wer mit mit einer fast autistischen Detailversessenheit. Kein aggressiver Schläger, aber eben jenem nichts anfangen konnte, sollte der Band eine neue Chance geben. von einer bisweilen hyperaktiven Energie. „Of Misery And Toil“ ist das Album, zu Freunde von oder kommen sowieso auf ihre Kos- dem HOT WATER MUSIC wahrscheinlich leider nicht mehr imstande sind. „If eve- ten. Im Netz kursieren übrigens Gerüchte, dass sich DAUGHTERS aufgelöst hät- rybody lies and no one is listening, then why are we the exception?“ Ich habe ten. Wenn da etwas dran sein sollte, wären sie wenigstens auf dem Höhepunkt keine Ahnung. (No Idea) Thomas Renz abgetreten. (Hydra Head/Indigo) Alessandro Weiroster

WBTBWB CANCER BATS Der Tag, an dem Bears, Mayors, Scraps & Bones die Welt unterging Es ist ein mattschwarzer Pickup, in „Ihr seid der schlechteste Pirat, von dem er sitzt. Die Ärmel des Holzfäl- dem ich je gehört habe!“ – „Aber ihr lerhemds hochgekrempelt, bereit für habt von mir gehört.“ Dieser Dialog eine Fahrt durch die beklemmende zwischen Commodore James Nor- Einsamkeit der kanadischen Wälder. rington und Captain Jack Sparrow aus Er dreht am Zündschlüssel und star- „Fluch der Karibik“ fasst gut zusam- tet die Maschine. Ein dreckiges Bro- men, wie WE BUTTER THE BREAD deln durchbricht die Stille. In wissen- WITH BUTTER bisher wahrgenommen der Vorfreude streicht er sich über wurden: Fast jeder kennt die Band aus den Vollbart und drückt das Gaspedal Brandenburg, die meisten halten sie durch. Der groovige Southern-Rock- jedoch für schlecht. Daran sind der Motor des CANCER BAT-Mobils ver- blöde Name sowie der infantile Gestus des Debütalbums aus dem Jahr 2008 wandelt sich sofort in ein brüllendes Hardcore-Monster. Eine leere Whiskey- natürlich nicht ganz unschuldig, doch schon damals war abzusehen, dass WBT- flasche rollt unter dem Fahrersitz umher, von der vibrierenden Ablage fällt ein BWB mehr sind als nur ein dummer Witz der Generation MySpace. Mit ihrer zwei- LED ZEPPELIN-Tape, das auf der Fußmatte im Takt weiterhüpft. Einen Arm läs- ten Veröffentlichung sind sie nicht nur eine richtige Band geworden, sondern sig aus dem Fenster gelehnt, manifestiert sich die Erkenntnis: Das CANCER BAT- die interessanteste ihres Genres. „Der Tag, an dem die Welt unterging“ ist das Mobil ist ein wütendes Arbeitstier. Auch in der dritten Baureihe pflügt es durch Album, mit dem Deathcore anfing, richtig Spaß zu machen. Während man bei den Staub – aber bitte in lasziver Eleganz. Dabei ist der schwierige Spagat zwi- anderen Bands das stumpfe Morden und Plündern oft nach dem zweiten Song schen eingängigen Auf-die-Fresse-Momenten und trickreicher Verspieltheit auf satt hat, haben WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER eine Platte aufgenom- „Bears, Mayors, Scraps & Bones“ perfekt gelungen. Zum Abschluss gibt es dann men, die man gleich mehrmals am Stück durchhören kann. Alle Lieder sind min- sogar ein Cover der BEASTIE BOYS, das man allerdings schon von der gleichna- destens so gewitzt wie Jack Sparrow – nicht nur die beiden, die tatsächlich von migen EP „Sabotage“ kennt, die im März erschienen ist. Bei solch rustikaler Dis- Piraten handeln. „Piraten sind cool“, sagte Neumann im Interview. Seine Band tinktion bleibt selbst dem Grizzlybären am Straßenrand das Maul offen stehen. ist es auch. (Redfield/Cargo) Thomas Renz (Roadrunner/Warner) Florian Auer

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108 tanzbarer Discobeat. es scheint schlicht unmöglich beziehungsweise oder vier Jahren für einen Scheiß geredet? Was 18.61 Was früher noch annä- unverantwortlich, sie einfach so in ein einziges für große Reden geschwungen (es waren ja auch „108 wird immer mit hernd Post-Rock war, Genre einzuordnen. Was will man auch von einer wirklich schmissige Phrasen), wie viele Anarchie- Hare Krishna in Verbin- ist heute defi nitiv weit Band erwarten, deren Schlagzeuger bei CON- Zeichen gemalt, wie oft Bruce Springsteen igno- dung gebracht werden, darüber hinaus – wenn VERGE und deren Gitarrist bei UNITED NATIONS riert und Tom Petty verdammt? Dass alles außer und ich habe einfach auch noch immer hör- spielt? Es ist punkig, es ist rockig, es ist irgendwie lupenreinem Punk lupenreiner Müll war, lag nicht mehr die Kraft, bar darin verwurzelt. ein wenig , aber irgendwie auch wie- schließlich auf der Hand. Kein Mensch brauchte gegen diesen Strom So sieht Evolution aus. der nicht, es ist fröhlich und irgendwie beklem- Liebeslieder oder Pop-Anleihen. Immerhin ging anzuschwimmen.“ Für Und wir dürfen live dabei sein. 65DAYSOFSTATIC mend ... Eines steht zumindest fest: Es groovt es hier um Revolution oder Rebellion oder viel- Robert Fish, der sich greifen auf die rockigen Strukturen, die sphäri- gewaltig. Und ich bin mir sicher, dass auch Albert leicht auch einfach nur um eine ganz natürliche inzwischen als Agnostiker versteht, gab es des- schen Steigerungen und diese unfassbar inten- Hofmann, der Entdecker des LSD, diese Musik Entwicklungsphase, die man irgendwann hin- halb nur eine Möglichkeit: Ende März hat er die siven Gitarrenwände des Genres zurück, präsen- stolz den Soundtrack seiner Droge genannt ter sich gelassen hat. Vielleicht, nein, nicht viel- Band, deren Sänger er mit Unterbrechungen seit tieren all das aber so zeitgemäß, tanzbar und hätte. Kurz gesagt: Mich haben ACID TIGER total leicht, man ist defi nitiv älter geworden. Nicht Anfang der neunziger Jahre war, verlassen – drei schwelgerisch, dass es eine wahre Wonne ist. Mit gefl asht. (Deathwish/Indigo) Joss Doebler unbedingt erwachsen, einfach älter („gesetzt“ Wochen vor der Veröffentlichung ihres aktuellen „Weak04“ hat die Band dann auch noch einen Hit ist noch immer ein widerliches Wort, genauso wie Albums. Sah es zunächst so aus, als würde sein im PRODIGY-Format an Bord. Ich wünsche ihnen „bodenständig“). Man ist zwar noch stürmisch Ausstieg das Ende der Band bedeuten, machen den größtmöglichen Erfolg damit. Mein ultima- From Hell ... With Love und energievoll, nur halt nicht mehr so übermü- 108 nun wohl doch weiter, wobei es „musikalisch tiver Tipp für alle guten Menschen lautet: Wer Ein Live-Album ist ja immer so eine Sache, tig. Wie AGAINST ME!. (Sire/Warner) und zum Teil auch ideologisch“ in eine neue Rich- das Wochenende am Sonntagabend mit einem offenbart es doch die wahren Qualitäten einer Aiko Kempen tung gehen soll. Der erste Teil dieser Aussage gedankenverlorenen ausklingen lassen Band. Und wie es aussieht (eine DVD mit Kon- ist irgendwie schade, denn der mal aggressive, möchte, sollte dabei unbedingt „Tiger girl“ hören, zert und tonnenweise Bonus-Features ist auch ALBERT FISH mal zähfl üssige metallische Hardcore der Band die Arme ausbreiten und grinsend in die unterge- mit an Bord), sind AIDEN bei weitem nicht so News From The Front ist verdammt cool. Der zweite Teil ist zumin- hende Sonne gucken. Ehrlicher lässt sich nicht glattpoliert, wie man hätte denken können. Das ALBERT FISH scheinen entspannte Zeitgenos- dest rätselhaft, denn auch Gitarrist Vic DiCara raven. (Hassle/Soulfood) Carl Jakob Haupt Album rumpelt durch die Setlist und klingt dabei sen zu sein. „News From The Front“ ist ihr zwei- ist spätestens seit der Reunion 2005 kein Mit- so authentisch, als wäre kaum nachbearbei- ter Longplayer in sage und schreibe fünfzehn glied der Internationalen Gesellschaft für Kris- ACID TIGER tet worden. Natürlich sind AIDEN immer noch Jahren Band-Geschichte. Ihre Musik ist dann hna-Bewusstsein mehr. Dass er jahrelang zöli- Acid Tiger Geschmacksache, aber wer die Band nur wegen doch weniger gemütlich. Sauber gespielter und batär gelebt hat, fi ndet er heute „ziemlich behin- Wow, ist diese Band ihres theatralischen Brimboriums ablehnt, tut schmutzig produzierter Street-Punk, frisch aus dert“, und einen wie auch immer gearteten mis- untypisch! Ihrem Namen dem Quartett aus Seattle Unrecht, das sich hier den besetzten Häusern Lissabons. Politische sionarischen Anspruch wie beispielsweise SHEL- und ihrer Energie nach eher wie der ungeliebte Bruder der alten AFI gibt. Botschaften gingen eben schon immer leichter TER hatte die Band ohnehin nie – bei 108 stand zu urteilen, müssten (Victory/Soulfood) Dennis Meyer von den Lippen, wenn sie mit großzügigen Ohs eher die individuelle spirituelle Erfahrung im Vor- AICD TIGER Kellogg’s und Ahs garniert wurden. Und so poltern ALBERT dergrund, weshalb sie sich auf „18.61“ sogar über Frosties spachteln, bis AGAINST ME! FISH im Stile NO FUN AT ALLs durch zwölf kurz- Religion lustig machen dürfen: „Yet I am Satan ihre Synapsen eine White Crosses weilige Pogo-Knaller. Auf Platte Durchschnitt, and Jesus too / Yes I am nothing but not like you.“ dicke, fette Party feiern Eine kritische Ausein- live bestimmt cool. (Zerowork/Raging Planet) (Deathwish/Indigo) Thomas Renz – denn würde Tony, der sportliche Tiger mit den andersetzung mit dem Benedikt Ernst Hummeln im Hintern, Musik hören, dann wäre aktuellen Schaffen einer 65DAYSOFSTATIC das hier vermutlich seine erste Wahl. Ich muss Band, die einen jah- THE ASCENT OF EVEREST We Were Exploding Anyway bei dem Typen ja immer an irgendwelche harten relang begleitet hat, From This Vantage Ja, das ist gut. 65DAYSOFSTATIC driften noch Drogen denken, was aber zur gebotenen Musik bedeutet wohl auch Bei THE ASCENT OF EVEREST versammeln sich weiter in Richtung Elektronik – und machen passt. Das ist allerdings nicht böse gemeint, immer eine kritische allerhand Instrumente, verschrobene Gesangs- damit alles richtig. Die Band aus Sheffi eld ist sondern eher als Kompliment zu verstehen. Das Auseinandersetzung mit fragmente, die entfernt an Mönchschöre erin- der Wahnsinn, spätestens jetzt. Denn auf „We Debüt dieser Band ist schließlich mindestens so sich selbst und der eigenen Entwicklung. Was zur nern, und natürlich die atmosphärische Span- Were Exploding Anyway“ dominiert ein überaus vielseitig und farbenfroh wie ein Acid-Trip, und Hölle habe ich denn bitte vor zehn oder sieben nung, die wir vom Post-Rock lieben. Irgendwie ist

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das aber dann doch zu undifferenziert, um mich Atemzug genannt zu werden. Doch wo diese Death-Metal spielen, als wäre man DISCHARGE Lyrics vor. Das Entscheidende aber ist, dass das mitzureißen. „From This Vantage“ ist sicherlich ihre Musik manchmal durch beschauliche Ruhe – BLACK BREATH versuchen es trotzdem. Dank Ganze so ambitioniert und authentisch vorge- ein wirklich gut komponiertes Stück Musik, des- ausloten, knallen die Nordiren einfach durch, überzeugendem Riffi ng und ist tragen wird, dass sich „What We Live For“ anhört, sen Gehalt an Kreativität ich hier gar nicht in bauen Noise-Wände auf und schichten ver- das selbst dann noch geil, wenn es an Monoto- als wäre im österreichisch Ybbs eine riesige Abrede stellen will. All die tollen Einfälle der Musi- trackte Postcore-Rhythmen übereinander. Erst nie grenzt. Das kommt aber gar nicht so oft vor. NYHC-Bombe geplatzt. Würden die Jungs mir ker, all die Sounds und Hallräume lassen jedoch bei „Eat the city, eat it whole“ darf sich der Zuhö- Sobald BLACK BREATH das Tempo drosseln, wird erzählen, sie teilten sich seit 1980 einen Probe- das eigentlich Wichtige, den Song, in den Hinter- rer etwas zurücklehnen und bekommt eine Ver- klar, wieso „Heavy Breathing“ besser zu Sou- raum mit Cricien und Miret in New York, ich würde grund treten. Da hatte der Vorgänger von 2008 schnaufpause geboten, bevor ihn die Schlussse- thern Lord als zu Relapse passt. Dann sind BLACK es glauben. So muss Hardcore sein. (Burnside/ mehr zu bieten. (Shelsmusic) Carl Jakob Haupt quenz des Albums noch einmal so richtig an die BREATH so Blues und Rock wie Metal und Hard- Rebeat) Georg Büchner Wand fährt und sprachlos zurücklässt. (Small- core, ohne an Intensität zu verlieren. Der Shouter ALL GUNS BLAZING town America/Cargo) Tobias Kolb wird jedenfalls nichts anderes tun, als zu brüllen. Revelations Die relative Einförmigkeit dieses Gebrülls – und classic review Das Positive vorne- AS I LAY DYING dass es keine Death-Metal-Growls sind – macht weg: ALL GUNS BLA- The Powerless Rise andererseits eine der Stärken dieses Debüts aus. ZING gelingt das Kunst- Nach vier Alben, einer Mit herkömmlichem Metalcore ist das hier jeden- BRUTAL TRUTH stück, sie nur schwer Grammy-Nominie- falls nicht zu verwechseln. (Southern Lord/Soul- Extreme Conditions einordnen zu können. rung und über einer Mil- food) Ingo Rieser Demand Extreme Responses Auf „Revelations“ prä- lion verkaufter Tonträ- Als Pioniere des Grind- sentieren uns die Eng- ger ist es für AS I LAY BLACKLISTED core gelten NAPALM länder einen wilden Mix DYING noch keineswegs No One Deserves To Be DEATH, CARCASS, aus allen erdenklichen Stilen. Meint man im ers- an der Zeit, sich auf Here More Than Me HERESY, REPULSION ten Moment noch, es mit einer Rock’n’Roll-Band den eigenen Lorbee- Manchmal geht George oder TERRORIZER mit zu tun zu haben, wird auch schon zu Metal oder ren auszuruhen. „The only constant is change“ Hirsch schon frühmor- ihren ersten Schei- Punk gewechselt und das Ganze vermengt zu ... ist nicht nur ein Songtitel der neuen Platte – der gens aus dem Haus und ben aus den Achtzigern. Ja, zu was eigentlich? In den Beschreibungen der Satz trifft die Ausgangslage dieser Veröffent- fährt den ganzen Tag „Extreme Conditions Band kursiert oft das Wort „extrem“. Laut Duden lichung sehr genau. Den Metalcore ein zwei- U-Bahn – nur um her- Demand Extreme Responses“, obwohl erst 1992 handelt es sich hierbei um die äußerste Grenze, tes Mal zu erfi nden, ist unmöglich. Doch das ist ausfi nden, welche Hal- erschienen, gehört auch dazu, denn die Platte ein größtes Maß. Und Grenzen werden hier tat- weder Anspruch noch Resultat von „The Power- testellen sich am bes- fügte dem im Punk wurzelnden Extrem-Gerum- sächlich aufgezeigt. Die Band versucht zwar, ihre less Rise“. Vielmehr vollzieht die Band eine – sich ten dazu eignen, sich pel zwei entscheidende Zutaten bei: Metal und Songs abwechslungsreich zu gestalten, die aus- bereits auf dem 2007 erschienenen Vorgänger vor den Zug zu schmeißen. Ein anderes Mal ist Spieltechnik. Damit konnten sich BRUTAL TRUTH schließlich im Midtempo gespielten Lieder kön- „An Ocean Between Us“ abzeichnende – sub- er wochenlang wach geblieben, bis er schließ- ihren Wunsch erfüllen, härtetechnisch unbedingt nen mit den Ambitionen der Musiker jedoch nicht tile Weiterentwicklung. Im Einzelnen geschieht lich während eines gemeinsamen Essens mit noch einen draufzusetzen und schneller zu sein mithalten. Zu sehr klingt das Ganze nach einer das durch noch komplexere Strukturen, das seiner Freundin (?) und ihren Eltern zusammen- als alle anderen. Die Blastbeats von Scott Lewis von Atmosphäre befreiten Version von MASTO- dynamische Schlagzeug, Gitarrensoli, die das brach – nur weil sie ihm gesagt hatte, er würde waren zu der Zeit konkurrenzlos, wenn auch nur DON. So plätschern die Songs in endlos erschei- Gefüge kurzzeitig durchbrechen, und einen kla- zu viel schlafen, und er ihr zeigen wollte, dass ein Teil des Erfolgsrezepts. Die Death-Metal-las- nenden Minuten über einen hinweg, ohne wirk- ren Gesang, der weniger auf den Ohrwurm als er sich von niemandem etwas sagen lässt. Im tigste Platte der Amerikaner bietet nämlich auch lich mitzureißen. So oft Rising Records schon auf eine ergänzende Untermalung der Stimme Grunde spielt es keine Rolle, ob wir die Geschich- ein kompositorisches Niveau, das die wenigsten ein goldenes Händchen für Newcomer bewiesen von Frontmann Tim Lambesis abzielt. Das von ten glauben, die uns der Sänger auf dem vier- Prügel-Bands erreichen – besonders gut nach- haben: Bei „Revelations“ handelt es sich um eine -Mastermind Adam Dutki- ten Album seiner Band BLACKLISTED erzählt, zuhören bei „Birth of ignorance“, das mit einem der schlechteren Veröffentlichungen. (Rising/ ewicz produzierte Album wird im Metalcore defi - das nun mit zwei zusätzlichen Songs und einem der geilsten Metal-Riffs aller Zeiten ausgestat- Cargo) Frank Engelhardt nitiv zum Gradmesser mutieren. Alles andere weiteren Zwischenspiel auf CD erschienen ist. tet ist. Dazu kamen die obligatorischen politi- wäre für einen Genregiganten wie AS I LAY DYING George Hirsch ist wie Lehm in unseren Hän- schen Inhalte und ein für die damalige Zeit per- ANARBOR als Rückschritt zu werten. Insofern ist der kom- den. Er kann jede beliebige Form annehmen vers fetter Sound. Fertig war der zukünftige The Words You Don’t Swallow merzielle Erfolg auch mehr Kalkül als Prog- („I’m made of clay / I can mold and remold and Klassiker, der auch heute noch jedem Vergleich Der Albumtitel ist ja nose. Wenn aber – wie in diesem Fall – die Qua- remold / Into any shape“). Er ist das, was wir aus standhält. Dringend ans Herz gelegt sei allen schon fast eine Steilvor- lität stimmt, ist daran nichts auszusetzen. (Metal ihm machen („I’m exactly what you made me“). Lärmsüchtigen die remasterte Wiederveröffent- lage für einen Verriss! Blade/Sony) Florian Auer Da er keine Interviews gibt, um „No One Deserves lichung mit elf Bonustracks, Videos und einem Dabei ist das Debüt- To Be Here More Than Me“ zu erklären, muss die launigen Interview mit Sänger Kevin Sharp. Muss album des Quartetts ASHES OF A LIFETIME Musik für sich selbst sprechen. Doch auch die gibt man kennen, wenn man mitreden will! (Earache/ aus gar nicht When All Goes Up Rätsel auf. Nur eines ist sicher: Näher sind sich Rough Trade) Hendrik Lukas so schlecht geworden. Zugegeben, beim ersten Hardcore und Indie-Rock noch nie gekommen. Zur Jahreszeit passt der Hören entlockt einem „I am extraordinary“, singt George Hirsch ein- unbeschwerte Pop/High-School-Punk zumin- die zweite Veröffentli- mal. Wie Recht er damit hat. (Deathwish/Indigo) BRAIN DRILL dest ganz gut. Dementsprechend könnte man chung von ASHES OF A Thomas Renz Quantum Catastrophe hier jetzt das übliche Blabla schreiben – dass die LIFETIME nur eine leider Man könnte meinen, Band ein gutes Album gemacht, aber keine Über- allzu häufi g gemachte BRAIN DRILL seien mit hits an Bord hat und so weiter. Wenn, ja, wenn Feststellung: wie- Empire dem Ziel angetreten, man nicht noch diesen Albumtitel im Hinterkopf der einmal eine ziem- Es ist immer schwie- der Deathcore-Jugend hätte. Bitte, ihr habt es ja so gewollt: Zum einem lich fett produzierte Metalcore-Platte. Und von rig, wenn man es laut zu zeigen, wie vernich- wäre da die übliche Austauschbarkeit zu bemän- denen gibt es ja genug. Aber Achtung: Wenn man Pressetext mit einer tend man mit Brutalo- geln. Das Ganze hört sich durchaus gut produ- weiß, dass es sich bei „When All Goes Up In Fla- „DER heiß gehandelten Salven spielen kann, ziert an, ist aber eben nichts Besonderes. Gerade mes“ um eine reine Eigenproduktion der Cobur- Derb-Metal-Bands“ zu ohne Breakdowns und in Übersee gibt es Hunderte solcher Bands. Aber ger Band handelt, die nach dem diesjährigen tun hat, die dann auch Mosh zu bemühen. Entlang dieses Leitgedan- ein Blick ins Booklet macht dann den Geschmack Schulterschluss mit der European Label Group noch „einen erstsah- kens lässt sich „Quantum Catastrophe“ jeden- doch kurz sauer: Es ist zwar müßig, sich bei Ami- noch einmal veröffentlicht wird, dann wird die nigen Extrem-Sound ... falls prima hören. Das Quartett aus Santa Cruz Bands darüber aufzuregen, dass in der Thankslist Sache langsam wirklich beeindruckend. Denn der durch die Boxen peitscht“ und – um das Phra- konzentriert sich vornehmlich auf harte, tempo- mal wieder Gott für das Verleihen von Fähigkei- Platte hört und sieht man ihren DIY-Charakter senschwein endgültig zum Platzen zu bringen – reiche Prügelattacken, die hinsichtlich Brutali- ten und Bereitstellen von Möglichkeiten gedankt keineswegs an. Ganz im Gegenteil: Das gesamte „modernen Heftig-Metal mit fundiertem Song- tät und Wirkung nichts zu wünschen übrig lassen. wird, aber wenigstens hat das in diesem Fall keine Layout ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet, der writing“ vereint. Dazu fällt einem fast nichts mehr Mit wenig Melodie und wohl dosierten Grooves, Auswirkungen auf die Qualität der Songs: Jesus Sound ist jederzeit druckvoll und transparent – ein. Außer vielleicht: So schlimm, wie das klingt, die eher die Hörbarkeit sicherstellen, denn wirk- wird in den Texten doch eher nicht zitiert. Wer ganz im Stile großer Major-Produktionen. Mosh- sind die fünf Jungs aus dem schottischen Hamil- licher Abwechslung dienen, sind BRAIN DRILL damit leben kann, hat mit ANARBOR eine Band, parts und Blastbeats geben sich die Klinke in die ton gar nicht. Vergisst man den feuchten Fieber- von Beginn an auf Betriebstemperatur und set- die beim Grillen im Garten nebenher laufen kann. Hand, nur die beiden Zwischenspiele stören den traum der Promotion-Abteilung, handelt es sich zen auf extreme Stücke zwischen Brutalo-Death Nicht mehr, nicht weniger. Das nächste Album Hörfl uss etwas. Wer handgemachten Metalcore bei „Empire“ tatsächlich um eine recht solide und verfrickelter Spartigkeit. „Quantum Cata- sollte wohl besser „Bite Your Tongue“ heißen. mag und auf Bands wie BLEED THE SKY, UNE- und zudem noch sehr fett produzierte Death- strophe“ ist kein ausgewiesen kontrastreiches (Hopeless/Soulfood) Dennis Meyer ARTH oder MAROON steht, der sollte hier unbe- core-Platte mit anständigem Headbang-Poten- Album – wohl aber eines, welches das Anliegen dingt reinhören. (European Label Group/Broken zial. Pluspunkte gibt es außerdem in Sachen der Musiker auf einen extremen Kern verdichtet AND SO I WATCH Silence) André Jahn Moshbarkeit: Die zahlreichen Hardcore-Anlei- und diesen ungeschönt widerspiegelt. Aus die- YOU FROM AFAR hen dürften live für erhöhtes Blutergussauf- sem Grund muss man als Hörer die Auseinan- And So I Watch You From Afar BLACK BREATH kommen sorgen. Der Stil der jungen Schotten ist dersetzung mit BRAIN DRILL bewusst suchen. „Set guitars to kill“, „If Heavy Breathing im Vergleich zum Vorgänger „Humanity“ deut- Um es nebenbei anzuhören – zum Zwecke der it ain’t broke ... break Ihre Debüt-EP „Razor lich eigenständiger und defi nierbarer gewor- Unterhaltung oder gar der Entspannung –, ist it“, „These riots are To Oblivion“ wird 2009 den, was den immer wieder bemühten Vergleich das Album nicht geeignet. (Metal Blade/Sony) just the beginning“ – von Southern Lord mit den amerikanischen Genrekollegen THE Arne Kupetz die Songtitel auf dem wiederveröffent- BLACK DAHLIA MURDER zunehmend überfl üssig Debütalbum von AND licht, danach nehmen macht. „Empire“ braucht keine aufgeblasenen BREAK EVEN SO I WATCH YOU FROM BLACK BREATH im Stu- Plattitüden, die Musik spricht für sich: aggres- The Bright Side AFAR sprechen eine dio von Kurt Ballou siv, brutal und auf dem Punkt. (Rising/Cargo) Hunde, wollt ihr ewig lei- klare Sprache und lassen nicht viel Spielraum für „Heavy Breathing“ auf, André Jahn den? Liebe, das lehrte Interpretationen. Das Gleiche gilt für die Musik um anschließend mit CONVERGE zu touren: Es uns der Soziologe Niklas der vierköpfi gen Instrumental-Band aus Belfast. läuft gut für die nach einem REPULSION-Song BLOODSHED REMAINS Luhmann bereits vor Die elf Lieder auf „And So I Watch You From Afar“ benannte Band aus Seattle. In Sachen Rase- What We Live For Jahren, kann immer entfachen eine musikalische Wucht, die Worte rei kann „Heavy Breathing“ überraschender- Schon wieder eine Band, die uns weismachen will, auch als Kommunika- überfl üssig macht. 65 Minuten brauchen AND weise über weite Strecken mit CONVERGEs „Axe dass Hardcore durch ihre Venen fl ießt, dass sie tionsmedium verstan- SO I WATCH YOU FROM AFAR, um mit Bands wie To Fall“ mithalten. Vierzig Minuten lang kann man Hardcore lebt. So kommt dann auch das Wort den werden. Erst durch MOGWAI und EXPLOSIONS IN THE SKY in einem eigentlich unmöglich pausenlos ENTOMBED- „Hardcore“ gefühlte achttausend Mal in den die Liebe werden wir sozial. Liebe ist wahrschein-

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lich im Kern die Triebfeder sämtlicher Hard- rican stormtrooper“) sowie die Vorherrschaft in SOUND, so dass es leicht fällt, sich von „Reach sind immer noch vorhanden, die Band stattet das core-Bands unserer Tage, auch wenn das vielen Nachbarschaft („Our neighborhood“, „This city“) For The Sun“ sofort mit offenen Armen empfan- Ganze jedoch mit einem unvergleichlichen Ambi- gar nicht bewusst ist. Wobei die Liebe bei TER- und Kneipe („Blood and whiskey“, „Money on the gen zu fühlen. Das Album beinhaltet elf gleich- ente aus. Im progressiven Stil von MISERY SIG- ROR und HATEBREED eher im Subtext zu finden bar“). Love it or leave it. (WTF) Ingo Rieser berechtigt starke und zeitlose Songs, die jetzt zu NALS schaffen sie es, eine bedrückende und alles ist. BREAK EVEN aus Australien gehen die Sache Recht ein Jahr nach der Veröffentlichung in den durchdringende Atmosphäre aufzubauen, in etwas offensichtlicher an. Ein Herz aus Flammen CASTROVALVA USA auch in deutschen Landen und Läden käuf- der mitreißende Breaks und wunderbare Melo- leuchtet über der menschenleeren Bank auf dem We Are A Unit lich zu erwerben sind. Genau die richtige Ersatz- dien zu einem homogenen Ganzen verschmel- Cover. Was nach purem Kitsch aussieht, ist letzt- In den dunklen Kellern, droge für wehmütig an die neunziger Jahre den- zen. Was über die Jahre gereift ist, findet sich nun lich sehr fragiler, irgendwie entrückter Hard- wo sich Noise und Pop kende Indie- und „Das, was in diesen Zeiten ‚Emo‘ in seiner ganzen Perfektion auf „Gathas“ wie- core, der nicht auf bloße Durchschlagskraft und gute Nacht sagen, trei- genannt wurde“-Liebhaber, die sich eine neue der. Ein beeindruckendes Album, das die auf der andere billige Effekte setzt. Damit ist die Band ben sie sich am liebsten „Clumsy“ oder „Clarity“ wünschen, sie aber nicht Stelle tretende heimische Konkurrenz vor Neid immerhin weit genug vom Modern-Hardcore- rum. Bands, die im Kin- bekommen werden – auch nicht mit „Reach For erblassen lassen sollte und THE DESTINY PRO- Einheitsbrei entfernt. BREAK EVEN geben sich desalter zu oft im Acid- The Sun“. Aber jetzt nicht weinen, es gibt noch GRAM zu den ganz Großen des modernen Metal textlich mindestens so angreifbar und phasen- Labor ihrer Hippie- Hoffnung. THE DANGEROUS SUMMER geben auf katapultiert, wenn es um intelligente Musik mit weise naiv, wie es auch ihre Musik ist. Gerade Eltern gespielt haben, ihrem gut gereiften Debüt nämlich ihr Bestes, um Anspruch geht. (Bastardized/Alive) durch ihre Offenherzigkeit gewinnt die Band die mit New-School-Hardcore und sozi- dieses besondere Feeling wiederzubeleben, und Frank Engelhardt jedoch in vielen Momenten. Gut ist sie vor allem alisiert wurden und heute ihrem ADS freien Lauf wer weiß, was die Zukunft dieser Band noch so dann, wenn sie erlebte oder noch kommende lassen. Auf winzigen Bühnen springen sie vor alles bringt. (Hopeless/Soulfood) DEW-SCENTED Enttäuschungen musikalisch in eine Aufbruchs- einem ziemlich nerdigen Publikum herum, sau- Jan van Hamme Invocation stimmung überführt. Wer ein Herz besitzt, sieht fen und spielen ihre irrwitzigen Dada-Rhythmen. In ihren frühen Tagen schließlich überall nur potenzielle Enttäuschun- AN ALBATROSS und DAUGHTERS sind da jetzt sind DEW-SCENTED gen. (Anchors Aweigh) René Schuh genauso zu nennen wie die BLOOD BROTHERS. Diamond Eyes gerne als „deutsche Und wenn man böse wäre, könnte man CAST- Stellen wir uns den Antwort auf SLAYER“ BROTHER/GHOST ROVALVAs Debüt-LP „We Are A Unit“ als dreis- menschlichen Körper betitelt worden, was Black Ice ten Abklatsch Letzterer bezeichnen. Das Wech- als hohles Gefäß vor, natürlich als Gütesi- Was läge auch näher? Der Texaner Jasper den selspiel aus hektischem Sprechgesang und exal- das von Musik mit Flüs- gel und nicht als Herab- Hartigh brauchte eine Band, um sie im Rahmen tiertem Gekreische, der verzerrte Bass, der kon- sigkeit gefüllt wird. Dann würdigung des Sounds seines Audio-Engineering-Studiums aufzuneh- stant hoch gehaltene Eskalationslevel – alles gibt es Alben, die nur die der 1992 gegründeten Band aus Niedersach- men – und gründete kurzerhand selbst eine. schon einmal gehört. Stellt sich nur die Frage, Füße und Waden aus- sen gemeint war. Das achte Studioalbum beginnt Mit BROTHER/GHOST hat er aber nicht nur sich ob das bei solch schnelllebiger Musik überhaupt füllen. Alben, die die abermals mit einem „I“ und setzt den hinreichend selbst einen Gefallen getan, sondern uns allen. eine Rolle spielt. Ich glaube nicht, denn wenn Hände und vielleicht noch die Hälfte des Unter- erprobten Weg schnurstracks fort – die Rech- Die Debüt-EP „Black Ice“ zeigt eine beeindru- man im Denkerstübchen bei einem Glas Rotwein arms ausfüllen und den Rest des Körpers leer nung „DEW-SCENTED = Thrash-Metal“ geht ckende künstlerische Stilsicherheit. Den Hartigh der feinen Kunst lauschen will, legt man eher sel- lassen. Alben, deren Flüssigkeit nur den Kopf füllt, erneut auf. In den eng gesteckten Grenzen der und seine vier Mitmusiker spielen sich gekonnt ten Songs mit Titeln wie „Hooliganz R us“ oder und Alben, die nur einen schmalen Streifen in eigenen Nische, die allenfalls ein wenig in Death von sanftesten Akustikpassagen zu krachigen, „Bison scissor kick“ auf. Die aufdringliche Tanz- Brusthöhe ausfüllen (wie das physikalisch mög- Metal hineinreicht, erzeugen die fünf Musiker ein fast noisigen Gitarrenwänden. Der Gesang tut es barkeit von „We Are A Unit“ würde das ohnehin lich ist, kann ich nicht beantworten, aber Allego- Maximum an Abwechslung. Die bunte Mischung den Instrumenten gleich und changiert zwischen nicht zulassen. Also alle Mann ab auf den Dance- rien müssen auch nicht wissenschaftlich geprüft aus trockener Offensive, nicht zu melodischem leisem Folk und nahezu geschrieener Verzweif- floor. Unten im Keller, wo sich Noise, Pop und sein). „Diamond Eyes“, das sechste Album der Midtempo und wuchtigen Grooves wird konse- lung. Ich bin begeistert. (Shelsmusic) CASTROVALVA gute Nacht sagen. (Brew/Cargo) DEFTONES, füllt den ganzen Körper von oben quent und kompromisslos vorangetrieben. Fein- Carl Jakob Haupt Benedikt Ernst bis unten aus. Kopf, Herz, Hände, Füße, Magen- heiten wie tollkühne Soli und Leads gehören bei grube, alles mit dabei. Nach ernsten Widrigkeiten einer Band wie dieser sowieso zum Handwerk. BULLDOG COURAGE (DAMN) THIS DESERT AIR und einem kompletten Album, das in der Schub- DEW-SCENTED vertrauen auf ihre Stärken und From Heartbreak To Hatred Distance Waits lade verschwand, agiert hier eine Band, die nach betonen sie selbstbewusst. Nach einer kleinen Bulldoggen wollen Überraschend und deshalb erfreulich ist der all den Jahren wieder voll in Form ist und alles, Anlaufphase, die etwas atmosphärischer gehal- eigentlich nur geliebt energetische Ambient-Rock, dem man auf der was dieser Tage so „hip“ und „bahnbrechend“ ten ist, erreichen sie schnell ihr rabiates Tempo werden. Polizisten sind Sechs-Song-EP von (DAMN) THIS DESERT AIR ist, ganz nonchalant hinter sich lässt – mitsamt und präsentieren sich in der Folge als abge- auch nur Menschen. lauschen darf. Man hört ein bisschen OCEAN- unglaublich kompakter Produktion. Nennt mich zockte Thrash-Kombo, die abgefeiert werden will Alkohol und Gewalt SIZE durch, hier und da hat es etwas von CAVE IN altmodisch, dass ich eine Band verehre, die seit und das auch verdient hat. (Metal Blade/Sony) sind keine Lösung. Nur – und zwar im besten Sinne. Sänger Craig Cirinelli über zwei Jahrzehnten beharrlich ihren eigenen Arne Kupetz einige Beispiele für Ein- überzeugt ab dem ersten Ton, während die Gitar- Weg geht. „Diamond Eyes“ füllt zumindest mei- sichten, die hier ganz ren-Riffs ordentlich Drive haben. Spätestens ab nen Körper derart aus, dass ein paar Tropfen DISCO ENSEMBLE bewusst vernachlässigt werden. Dazu ein kli- dem überragenden „Atlantis“ weiß man: (DAMN) der Flüssigkeit wieder aus den Augen herausge- The Island Of Disco Ensemble scheehafter Albumtitel und niemand darf sich THIS DESERT AIR haben Zukunft. Das Ende mar- drückt werden. Vor Freude. (Reprise/Warner) Auf den neuesten hinterher beschweren, wieder nur eine altbe- kiert „Before sunrise“: sechseinhalb Minuten Birte Wiemann Promo-Fotos von DISCO kannte Mischung aus Ostküsten-Hardcore, Oi! bester Post-Grunge voller Atmosphäre. Ein wirk- ENSEMBLE haben und Punkrock gehört zu haben. In den Neunzi- liches schönes Stück Musik. (Bastardized/Alive) THE DESTINY PROGRAM immer mindestens zwei gern waren die BRUISERS mal mit MADBALL auf Dorian Becker Gathas Musiker (für Statisti- Tour, und meine verschwommene Erinnerung an Was lange währt, wird ker: das ist die Hälfte die Show in Bielefeld klingt ähnlich wie BULL- THE DANGEROUS SUMMER endlich gut. THE DES- der Band) traditionelle DOG COURAGE. Bevor ich gleich versuche, „From Reach For The Sun TINY PROGRAM gehör- skandinavische Woll- Heartbreak To Hatred“ als richtig gutes Genreal- THE DANGEROUS SUM- ten lange zu den Bands, pullis an, die uns als Norweger- oder Islandpul- bum mit einigen echten Hits zu verkaufen, muss MER haben sich nach die zwar irgendwie lis (für Besserwisser: DISCO ENSEMBLE kommen nur noch auf „ princess“ hingewie- dem letzten Buch von schon immer da, jedoch aus Finnland, aber ich habe noch nie etwas von sen werden. Wie schon bei „Skinhead girl war- Ernest Hemingway nie so wirklich präsent Finnen- oder gar Lappenpullis gehört) bekannt rior“ von WARZONE vermute ich, dass sich so ein benannt. Das riecht waren. Während des sind und im Allgemeinen entweder von begeis- Lied als romantisches Hilfsmittel ähnlich gut eig- nach einem Hang zum großen Metalcore-Trends aufgestiegen, trieb terten Indie-Freaks im Second-Hand-Laden net wie eine geworfene Bierflasche. Das heißt Klassischen und klingt die Band auf vier Alben im bekannten Fahrwas- erworben oder im Grundschulalter verstoßen wohl: Bei der Zielgruppe funktioniert es ganz gut. auch so. Denn die Band ser aus Härte und zarten Melodien. Weil man das werden, weil sie zwar warm halten, aber schlicht Und das gilt für das ganze Album. Jedenfalls soll- spielt – von aktuellen Entwicklungen erfrischend schon tausendfach gehört hatte, gaben viele der und einfach „zu kratzig“ sind – selbst, wenn die ten sich BULLDOG COURAGE lieber an die klassi- unbeeindruckten – Indie-Rock im Stil von Band jedoch keine Chance. Dies sollte sich mit Oma sie von ihrer Weltreise mitgebracht hat (für schen Themen halten. Die doofen Cops („Ame- SAMIAM, und THE JEALOUS „Gathas“ nun ändern. Die typischen Trademarks Faktensammler: ja, meine Oma hat mir damals

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quadruple review einen Norwegerpulli mitgebracht). Ähnlich ver- terführt. Das gilt umso mehr, als es nur wenige FIRST übrigens eindeutig Stellung: Sie stehen für hält es sich mit dem vierten Streich von DISCO Bands gibt, die derartiges Gehämmer mit gutem antifaschistischen Hardcore. Der letzte Song ist ENSEMBLE, der zwar wieder nicht an das Durch- Songwriting verknüpfen können, und sich viele dann ein astreines Sing-along-Stück. Leider wird Der Frühling ist da! Endlich wieder eisfreie Geh- bruchsalbum „First Aid Kit“ anknüpfen, sich aber andere Vertreter dieser Kunst aus dem hohen die Freude am Mitsingen von Crewshouts ver- wege, Blätter an den Bäumen und Nachmit- redlich bemüht und auch mit Ohrwürmern auf- Norden, wie zum Beispiel DEATHBOUND und miest, bei denen im Studio keiner den Ton des tage im Biergarten – ein Traum. Oder Albtraum, warten kann. Zwischen Indie-Melodien, Key- , immer mehr in Richtung Death anderen getroffen hat. (Demons Run Amok) je nach persönlichem Empfi nden. Wem der- board-Geklimper und dem typischen Gesang von Metal verabschieden. Das macht EXHALE sozu- Georg Büchner zeit nämlich partout nicht der Sinn nach Sonne, Miikka Koivisto, der immer wieder ins Angepisste sagen zu den Erben der Erben, aber sie schul- Wärme und guter Laune steht, dem stellen wir umschlägt, fallen einem als Referenz sofort die tern diese Aufgabe und meistern sie mit Bravour. FUCKING WEREWOLF ASSO einige Veröffentlichungen vor, mit denen man Label-Kollegen DOWNSTAIRS ein – abgesehen Die fette Produktion und das tighte Zusammen- KID, Just Letting You Know auch im Mai einen grauen Seelennovember erle- davon, dass DISCO ENSEMBLE mehr Weichspü- spiel tun ihr Übriges. (Dark Balance/New Music) We Are Doing It Again ben kann. ler verwenden. Das ist vielleicht noch immer zu Hendrik Lukas „What were they thinking?“, pfl egt der Angry kratzig für die einen und zu warm für die anderen, Video Game Nerd, der auf „KID, Just Letting You AN AUTUMN FOR aber so ist das halt mit Pullis aus Skandinavien. FACT Know We Are Doing It Again“ mit einem Sample CRIPPLED CHILDREN (Fullsteam/PIAS/Rough Trade) Birte Wiemann In The Blink Of An Eye geehrt wird, auszurufen, wenn er sich über eine Lost Der erste Song des besonders blöde Passage eines alten Video- Die Holländer haben einen Bandnamen, für DON VITO zweiten Albums der spiels ärgert. Was sich FUCKING WEREWOLF den alleine man schon die Höchstnote zücken IV japanischen FACT ani- ASSO bei ihrem ersten Album gedacht haben, müsste. Die Musik kann da zum Glück locker mit- Und wieder einmal eine experimentierfreu- miert mich erst ein- ist dagegen schnell erklärt: Die beiden Schwe- halten. „Lost“ pendelt zwischen AGALLOCH und dige Band, die ordentlich einen an der Klatsche mal dazu, nochmals das den wollten spielen – das Genre, ALTAR OF PLAGUES und ist eine echte Bereiche- haben muss: DON VITO aus Leipzig. Vielleicht ist selbstbetitelte Debüt- das HORSE THE BAND zwar erfunden, von dem rung für die immer interessanter und vielfälti- das Trio aber auch einfach nur genial. Irgendwo album aus dem Jahr sie sich inzwischen aber weitgehend emanzipiert ger werdende Post-Black-Metal-Spielwiese. So zwischen BATTLES, THE BLOOD BROTHERS und 2009 in den CD-Player haben. Nichts Neues also, aber wie viel Spaß lässt sich Tristesse genießen. (Aeternitas Tene- SINCE BY MAN knallen jedenfalls die Sicherun- zu legen. Ich beruhige mich wieder, denn ich habe Altes machen kann, hat der Angry Video Game brarum/Soulfood) gen durch. Wer also noch etwas sucht, um seine mich nicht geirrt: Das Erstlingswerk war echt Nerd ja bewiesen. (Alleycat/Soulfood) Freunde zu schocken, darf bedenkenlos zugrei- nicht so schlecht, wie mich das Klanggrauen des Thomas Renz NYSEIUS fen. DON VITO klingen in der kurzen Spielzeit der Nachfolgers „In The Blink Of An Eye“ befürch- Militiae Platte wirklich anstrengend, da Abwechslung im ten ließ. Die Originalität, erschaffen aus ame- THE GET UP KIDS NYSEIUS dagegen gehen deutlich truer und lei- musikalischen Kontext der Band sehr, sehr klein rikanischer Musikkultur und japanischem Ein- Simple Science der auch uninspirierter zu Werke. Die drei wich- geschrieben wird. Live könnte dieses hyperner- fl uss, ist leider verloren gegangen, allenfalls viel- Das Problem liegt auf tigsten Einfl üsse der Band aus Frankreich sind vöse Musikerbündel dagegen durchaus voll rein- leicht noch im von -Sounds inspirierten der Hand: Eine neue laut MySpace: „Satanism, Mysticism, War“. Mit knallen. (Discorporate/Cargo) Thomas Kolb „1-3[instrumental]“ vorhanden. Die interessante Platte der GET UP KIDS anderen Worten: Auf „Militiae“ wird geknüp- Eigenständigkeit haben FACT gegen belangloses kann man nicht wirk- pelt, was das Zeug hält. Überhaupt ist die Qua- DOUBLE DAGGER 08/15-Songwriting mit reingeprügelten Metal- lich besprechen, denn lität des Drummings das Beste an diesem Album Masks Parts getauscht. Keine gute Idee! Der Gesang man müsste sie mit den – Songs, Riffs und Vocals sind durchweg von der Eigentlich keine schlechte Idee. Das Presse- ist völlig überproduziert, dünn wie ein fl aches Alben aus den Neunzi- Stange und ziemlich langweilig. Da höre ich lie- Info zählt (in alphabetischer Reihenfolge) so Windei und nervt unglaublich. „Risk of disorder“ gern vergleichen, mit ber DEATHSPELL OMEGA. (Aeternitas Tenebra- viele verschiedene Bands auf, mit denen DOU- erinnert sogar an „Dschinghis Khan“. Das kann „“ und „Something To Write rum/Soulfood) BLE DAGGER schon verglichen wurden, und man FACT wohl kaum zum Vorwurf machen, ist Home About“. Und das Problem für viele, die mit nennt (ebenfalls in alphabetischer Reihenfolge) aber auch kein Kompliment, denn genauso kon- diesen Platten groß geworden sind, ist, dass es GRAVDAL so viele unterschiedliche Genres, in die das Trio struiert wie der von Ralph Siegel produzierte sich hier eben nicht um Musik handelt. Sondern Torturmantra aus Baltimore schon gesteckt wurde, dass damit Schlager klingen FACT inzwischen: künstlich, um Erinnerungen und Emotionen. Um den Som- GRAVDAL sind – obwohl im gleichen Genre ver- nichts über die neue EP der Band, aber umso erzwungen, austauschbar und ohne die anfangs mer von 1997, das gebrochene Herz von 1998 haftet – der komplette Gegenentwurf zum unin- mehr über den schlechten Zustand des Musik- so überzeugende eigene Identität. (Vagrant/ oder die Freundin/den Freund von 1999. Die spirierten Gehacke von NYSEIUS. Die Norweger journalismus gesagt wird. Fügen wir dem Gan- Hassle/Soulfood) Jan van Hamme Mixtapes, die Sommernächte, die beste Zeit des legen sehr progressiv aus und blei- zen also keine neuen Namen mehr hinzu, son- Lebens. Diese Alben sind längst keine einfachen ben dabei dennoch spannend und authentisch. dern setzen zwei davon in einen neuen Kontext: FEET FIRST CDs mehr, sie sind der Inbegriff des Erwachsen- Die auf den Punkt, aber nicht übertrieben pro- DOUBLE DAGGER ist etwas für Leute, die das an Heaven Home Hell werdens. Wie also mit vier neuen GET UP KIDS- duzierten Songs wechseln geschickt zwischen mögen, das nichts mit Hardcore zu Mit FEET FIRST veröf- Songs umgehen? Natürlich sind sie nicht so Blast, Midtempo und straightem Punk (siehe tun hat. (Thrill Jockey/Rough Trade) fentlichen Demons Run gut wie die von damals. Nüchtern betrachtet, DARKTHRONE), lassen dabei aber nie einen Thomas Renz Amok eine Band aus erscheint nur der Opener der EP als vollkommen roten Faden vermissen. (Unexploded/Twilight) Görlitz. Die Stadt wird gelungen, erinnert er doch noch am ehesten an EXHALE nicht nur auf dem Cover, früher, während die anderen drei Songs eher mit- 1349 Blind sondern auch im Book- telmäßig erscheinen. Doch ist das wirklich so? Demonoir Der Name dieser zwar let irgendwie sehr char- Gut, „Keith case“ ist ein anstrengender Song, 1349 sind sicherlich die Superstars in unserem schon 2004 gegründe- mant in Szene gesetzt. aber spätestens „Tommy Gentle“ hat ihn wieder, kleinen, pechschwarzen Reigen. Die Band um ten, bei uns aber noch Dazu gibt es Band-Fotos und Lyrics. Das ist jetzt diesen typischen GET UP KIDS-Refrain. Eigent- Über-Schlagzeuger Frost legt mit „Demonoir“ ihr immer relativ unbe- keine Sensation, weiß aber zu gefallen. Was die lich kann man nur eins tun: Der EP eine Chance fünftes Album vor und will mit diesem ganz offen- kannten schwedischen Jungs sich bei dem einminütigen Intro aus unin- geben und mit neuen Erinnerungen verbinden. sichtlich die Wogen glätten, die sie 2009 mit dem Band erinnert nicht spirierten Elektrobeats gedacht haben, ist aber Dann kann man sie vielleicht irgendwann verglei- sehr experimentellen „Revelations Of The Black zufällig an einen der nur schwer nachzuvollziehen. Der Rest der chen. (Hassle/Soulfood) Dennis Meyer Flame“ ausgelöst hat. Dennoch ist „Demonoir“ populärsten Songs der Platte bietet eine gute halbe Stunde passab- noch lange kein 08/15-Black-Metal. Das Album unvergessenen NASUM. Und wie sie heißen, so len Hardcore. Wenn man nicht vorher ins Book- GRACE.WILL.FALL / bewahrt sich den progressiven Geist des Vorgän- klingen sie auch. Sie hören sich sogar dermaßen let geschaut hat, muss man beim dritten Lied LOWER THAN ATLANTIS / gers, stellt ihn jedoch zugunsten eines überwie- nach NASUM zu „Human 2.0“-Zeiten an, dass verdutzt feststellen, dass auf Deutsch und Eng- TALK RADIO TALK / MNMNTS gend konservativen Songwritings in den Hinter- man es sich leicht machen und von einem Plagiat lisch gesungen wird. Ich denke, ich bin nicht der Split grund. Ich hätte zwar sehr gerne gehört, was her- sprechen könnte. Doch wie heißt es so schön? Einzige, der fi ndet, dass tougher Hardcore auf Als ich vorgestern auf einer Elektro-Party war, ausgekommen wäre, wenn 1349 den bereits ein- Besser gut geklaut, als schlecht selbst gemacht. Deutsch irgendwie nicht so sexy klingt. Einzig meinte ein Freund zu mir: „Alter, diese Party ist geschlagen Weg konsequent weitergegangen Und diese Typen sind wirklich dermaßen gut, bei „Dead or alive“, wo das Ganze schon in Rich- so 2008!“ Was das mit dieser Platte zu tun hat? wären, aber Spaß macht „Demonoir“ trotzdem. dass man froh ist, dass eine so talentierte Band tung Sprechgesang geht, gelingt das Kunststück Rein optisch ist sie das auch. Oder besser gesagt: Fuze(Indie/Soulfood) & Ox Anzeige 03/09:PrintMartin Palace Schmidt 13.03.09diese spezielle18:05 ArtSeite von 1metallischem Grind wei- überraschend gut. Inhaltlichen beziehen FEET Sie ist so 2000er – siehe das ganze Seemanns-

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garn des Artworks. Alles, Dokuteil) etwas auf. Ansonsten kann man auf die fast so verwirrend ist, wie sich die Unend- folgt, ist klar, dass diese Band neben Talent auch was mit Schiffen zu tun „Road Kill“ getrost verzichten. (Century Media/ lichkeit des Universums vorzustellen. Wie auch viel Eigenständigkeit besitzt. (Golden Antenna/ hat, scheint in den letz- EMI) Martin Schmidt immer. Sollte jedenfalls im Jahre 2040 Musik für Broken Silence) Alessandro Weiroster ten zehn Jahren in der eine 2010-Retroparty benötigt werden, emp- Hardcore-Szene ext- HEAVEN SHALL BURN fehle ich dafür IREPRESS. Denn ich kenne keine KJU: rem beliebt geworden Invictus (Iconoclast III) andere Band, die derart locker und selbstbe- Neon Lights Carve Shadows zu sein. Aber nein, ich „Man muss sich stän- wusst mit den verschiedensten Stilen jongliert Hannover ist eine Stadt möchte diese vier Bands dig ändern können“, hat und es dazu noch fertig bringt, sie auch noch zu im Norden Deutsch- keineswegs beschuldigen, nicht kreativ zu sein. Björn Ulvaeus von ABBA einem so harmonischen Ganzen zusammenzufü- lands, die gemeinhin als Schließlich wurde sich mit der ganzen Aufma- einmal gesagt. In der gen, wie das Quintett aus Boston. Die Basis von profillos gilt. Wer schon chung ja viel Mühe gegeben, und auch der Inhalt Tat hat seine Band viel „Sol Eye Sea I“ ist im weitesten Sinne instrumen- einmal dort war, wird zeugt davon, dass sich auf diesem Stück Ten- mit verschiedenen Gen- taler Post-Rock. Darauf werden dann in wilder vielleicht zustimmen, Inch-Vinyl eine Menge musikalisches Poten- res experimentiert – vor Reihenfolge Stockwerke, Gänge, Wendeltrep- dass es dort zwar ganz zial tummelt – und zwar nicht nur in typischer allem in den Anfangs- pen und Terrassen aus Soul, , Doom, Lounge, nett ist, aber den unbe- Seefahrer-Hardcore-Manier, sondern mit klei- jahren. Marcus Bischoff, Alexander Dietz, Maik R’n’B und Metalcore errichtet. So entsteht ein dingten Drang, ganz schnell wiederzukommen, nen, aber feinen Seitenhieben, die einen immer Weichert, Matthias Voigt und Eric Bischoff von äußerst angenehmer Mindfuck und ein wirklich hat man eher nicht. So ähnlich kann es dem Hörer wieder mit der Erkenntnis überraschen, dass es HEAVEN SHALL BURN sind nicht wie ABBA. Sonst interessantes und erfinderisches Mosaik, das ich mit dem nunmehr vierten Album der Hannovera- in dieser Szene doch noch kreative Köpfe gibt, würde ihre Band zum einen MAMME heißen und nicht mehr missen möchte. (Make My Day/Alive) ner KJU: gehen. Beim ersten Durchlauf von „Neon die in ihrer Schiffskantine nicht bloß gewohnte wäre zum anderen nicht so leicht auszurech- Martin Schmidt Lights Carve Shadows“ macht es noch einiger- Erfolgsrezepte nachkochen. Da darf man sich nen. Ein Intro von Ólafur Arnalds, ein Sänger, der maßen Spaß, danach verliert die Platte schnell dann auch mal einer ausgelutschten, aber hier klingt, als würden sich in seinem Inneren tausend JAWBOX an Reiz. Leider haben es KJU: in zehn Jahren endlich einmal passenden Seemetapher bedie- Mann brüllend gegenüberstehen, Gitarrenme- For Your Own Special Sweetheart Band-Geschichte nicht geschafft, einen eige- nen. (Redfield/Cargo) Joss Doebler lodien, die zwar aus Schweden, nicht aber von Auch wenn 1994 ein Aufschrei durch die Szene nen, unverwechselbaren Sound zu finden. Es ABBA kommen könnten ... Selbst das elektro- ging: Das dritte Album von JAWBOX klang fehlen der Kick, die druckvolle Energie, mit der GRAND GRIFFON nisch stampfende „Combat“ oder das Duett mit „wesentlich stärker nach Dischord als die noch sich vergleichbare Bands wie TAKING BACK SUN- Grand Griffon DEADLOCK-Sängerin Sabine Weniger können bei Dischord erschienenen Sachen“ (Thomas DAY oder gar BILLY TALENT nach oben gerockt Nachdem man schon einige Demos im Internet nicht darüber hinwegtäuschen, wie sehr HEAVEN Kerpen, Ox-Fanzine). Und in Deutschland wurde haben. Gute Einfälle sind dabei, doch diese wer- herunterladen konnte, ist nun der erste physi- SHALL BURN in jedem Moment nach HEAVEN die Platte ohnehin nicht vom Major-Label Atlan- den sogleich wieder von allzu gewöhnlichem sche Tonträger von GRAND GRIFFON erschienen. SHALL BURN klingen. Doch genau das erwar- tic, sondern vom Berliner Indie City Slang veröf- Post-Hardcore-Gebolze geschluckt. Letztlich Die Single mit dem tollen Eismeer-Artwork bie- ten die Fans ja von ihnen – auch ABBA waren fentlicht. Ein besonders großer Erfolg wurde „For ist es das harmlose Songwriting, mit dem sich tet vier harte, emotionale Punk-Songs, die einen am erfolgreichsten, als sie sich Mitte der siebzi- Your Own Special Sweetheart“ trotzdem nicht, KJU: selbst eine Stolperfalle basteln. Aber in den wegen der deutschen Texte und Sänger Hel- ger Jahre auf einen Stil festgelegt hatten. Wahr- weshalb das Re-Release, das zusätzlich die drei nächsten zehn Jahren kann ja noch ausgiebig ges charakteristischer Stimme sofort an dessen scheinlich werden HSB niemals dreitausend Ton- Songs der Single zu „Savory“ enthält, nun auf am perfekten Bauplan gewerkelt werden. (Swell alte Band ESCAPADO denken lassen – nur eben träger an einem Tag verkaufen, wie das ABBA DeSoto erscheint, dem Label von JAWBOX-Bas- Creek/Soulfood) Dorian Becker schneller und ein ganzes Stück ungestümer. Dem angeblich auch heute noch tun, aber zumindest sistin Kim Coletta. Die Szenepolizei kann das rohen Sound zum Trotz scheint am Ende aber ein eigenes Musical sollte irgendwann drin sein. Schreien nun also endlich einstellen. (DeSoto/ KRUSH immer wieder die große Melodie durch. Man höre (Century Media/EMI) Thomas Renz Dischord/Alive) Thomas Renz Krush sich nur Songs wie „Kein Wort“ an. Mit jedem Riff Die hierzulande reichlich unbekannten KRUSH ist spürbar, wie viel Bock in diesen Liedern steckt. HEY COLOSSUS AND KERRETTA spielen einen Mix aus Crust und Grind. Blastbeats Da freut man sich doch schon aufs Album. (Zeit- THE VAN HALEN TIME CAPSULE Vilayer kommen vor, doch meist wütet bis zum Anschlag strafe) Benedikt Ernst Eurogrumble Vol. 1 Es ist nicht einfach, ein durchgeprügelter D-Beat. Wem jetzt Namen wie Fast zwölf Minuten gönnen einem die Briten HEY rein instrumentales DISRUPT, HERESY, EXTREME NOISE TERROR THE HAUNTED COLOSSUS AND THE VAN HALEN TIME CAPSULE Album zu schreiben. Die oder SIEGE in den Sinn kommen, der ist vermut- Road Kill ein bisschen Ruhe, in der sie schon einmal aus- Möglichkeiten, mit ver- lich schon ziemlich alt und liegt außerdem rich- Die Björler-Brüder sind loten, wie langsam eine Band spielen darf, wie rücktem Gesang oder tig. Für die Uneingeweihten sei erläutert, dass fleißig. Die überragende viel Experiment ihre Musik verträgt, bevor das intelligenten Textzei- „Krush“ absolut Metal-freie Zone ist. Das hier DVD „The Flames Of The Inferno losbricht und man in einer unwirtlichen len von fadem Songwri- ist Hardcore im ursprünglichen Sinne und alles End“ von AT THE GATES Welt gefangen ist – irgendwo zwischen Doom ting abzulenken, sind DIY. Da ist es selbstverständlich, dass gegen die ist gerade frisch auf Metal, Groove und Punk-Zitaten, die verzerrt, hier nicht gegeben. KERRETTA aus Neuseeland Menschheit im Allgemeinen und ihre blödes- dem Markt, da schie- verdreht und uminterpretiert werden. BLACK haben damit wenig Probleme und liefern eines ten Ideen im Speziellen abgekotzt wird: Kapi- ben die Schweden mit FLAG und lassen grüßen. Die- der besten Instrumentalalben der letzten Jahre talismus, Krieg und Gott. (Power It Up/Cargo) „Road Kill“ noch eine ses Amalgam des musikalischen Wahnsinns ist ab. „Vilayer“ gefällt deswegen so gut, weil es im Hendrik Lukas DVD von THE HAUNTED hinterher. Im direkten nicht mehr und nicht weniger als ein Höllentrip, Herzen eine pure Rock-Platte ist. Natürlich gibt Vergleich der beiden Veröffentlichungen verliert und man wird das Gefühl nicht los, die Zukunft es Passagen und auch ganze Songs, in denen KLONE „Road Kill“ allerdings deutlich. Der Amsterdamer experimenteller harter Musik gehört zu haben. die Atmosphäre im Mittelpunkt steht. Doch KER- Black Days Melkweg, wo das Live-Set gefilmt wurde, ist nun (Riot Season/Cargo) Tobias Kolb RETTA halten das Gleichgewicht aus entspannt Dank Bands wie GOJIRA einmal nicht das Wacken, und irgendwie kommt und aufbrausend. Sie verlieren sich nicht in allzu und HACRIDE sowie während der Show auch keine richtige Stimmung IREPRESS langen Ambient-Parts und müssen auch nicht engagierter Platten- auf – weder im Club noch beim späteren Ansehen Sol Eye Sea I mit Frickeleien prahlen. Mit eher einfachen Mit- firmen wie Listenable der Aufnahme. Der von Anders Björler liebevoll Hat sich schon ein- teln und hohem musikalischen Verständnis Records hat sich „Metal aufbereitete Film „On The Road With The Haun- mal jemand gefragt, erzeugen die Kiwis ein Wechselbad der Gefühle. aus Frankreich“ inzwi- ted“ ist zwar etwas besser, Spannung und Unter- was eigentlich pas- Als Beispiel für die Vielschichtigkeit der Band schen zu einem regel- haltung definiert man trotzdem anders. Denn im siert, wenn irgend- sei das grandiose „Nest of spies“ erwähnt. Die- rechten Qualitätssie- Grunde ist das Leben auf Tour vor allem eines: wann in dreißig Jahren ses startet unheimlich, ja fast schon bedrohlich, gel entwickelt. Die Songs und Alben der bekann- langweilig. Für Fans mag es sicherlich von Inte- – im Rahmen des zykli- wiegt einen mit Hilfe der Gitarren aber immer in testen Bands sind durchweg zeitgemäß kom- resse sein, wie die wenig charismatischen Musi- schen Retrotrends – die Sicherheit – bis in brutaler Heavy-Rock-Manier poniert, vermischen dabei elegant die verschie- ker ihre Tage rumbringen, alle anderen kann man 2000er recyclet wer- alles auseinander genommen wird. Wie der Song densten Stile und kommen in einer aufwändi- damit wohl kaum begeistern. Wenigstens lockert den, die sich ja selbst nur durch das Wiederauf- dann in waberndem Feedback endet, ist ver- gen Produktion daher. Auch KLONE aus Poi- Sänger Peter Dolving mit seiner extravagan- wärmen vergangener Jahrzehnte ausgezeich- dammt cool. Und wenn im Anschluss das wun- tiers erfüllen all diese Kriterien, versuchen dabei ten Art die DVD (sowohl den Live- als auch den net haben? Hier setzt eine Gedankenspirale ein, derschöne, fernöstliche angehauchte „White lie“ aber zugleich, sich von ihren Mitstreitern zu dis-

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triple review sogar rockige Elemente gesellen sich zum Blast- an fi ndet sich ein Part, bei dem man sich denkt: technisch gar nicht so einfache Gitarrenspiel, Gehämmer und münden in rhythmisch inter- „Ja, bitte mehr davon!“ Allerdings fällt danach die das ein feines Händchen für prägnante Motive essante und trotz der Hektik recht eingängige Spannungskurve oft ab. Wo sind die Riffs, die als erkennen lässt. MÖRSER: War gut, ist gut, bleibt Der Sensenmann und die Seven Inch. Für Men- Eruptionen. Nur sind dies eben keine Ausbrüche Schlüsselreiz für automatisches Kopfnicken fun- gut. (Bastardized/Alive) Hendrik Lukas schen, die in hyperkomplexen Zeiten gerne unkontrollierter Brutalität, sondern wirkt wie ein gieren? Wo die Gangshouts, die man auch dann mal nach vereinfachenden Gemeinsamkei- Monolog von Georg Schramm: ein wohl durch- mitsingt, wenn man mit Kopfhörer in der Stra- MURDER BY DEATH ten suchen, liefern Reaper Records bereits seit dachter, aber sehr intensiver Anschiss. (Season ßenbahn sitzt? Wo die Passagen, bei denen Good Morning, Magpie geraumer Zeit auditive Rettungsanker. Oder Of Mist/Soulfood) Hendrik Lukas sich vor dem geistigen Auge heftige Moshpits Singe ein Lied für alle auch nicht. Denn: Old School ist nicht gleich Old abspielen? Vielleicht sind MANIFESTATION Opfer Elenden, Verkomme- School. LAUTSTÜRMER ihrer unterschiedlichen musikalischen Einfl üsse nen und Verlorenen. Depopulator geworden – eine klarere Linie hätte dem Album Für alle Säufer, Lebens- DEATH THREAT Das Holzschnitt-Cover und der Bandname las- sicherlich ganz gut getan. Dafür heben sich die müden und Grenzgän- Lost At Sea sen Böses ahnen: Kommt jetzt Mittelalterkitsch Texte von Marcel Sauerborn angenehm vom ger. Bediene dich dabei DEATH THREAT aus Connecticut spielen seit oder gar ein Glatzen-Rock-Stinker? Nein, so üblichen Hardcore-Einheitsbrei ab. (Demons nur der besten Zutaten jeher angenehm NYHC-beeinfl ussten Hardcore etwas würde mein Chef mir natürlich nie antun. Run Amok) Georg Büchner des moderaten Ameri- eher alter Schule. Schön zackig vorgetragen, Es kommt etwas viel Besseres. LAUTSTÜRMER cana. Lege ein bedrohlich-hölzernes Cello und beinahe teufl isch eingängig, die obligatorischen bestehen überwiegend aus Leuten von DRILLER THE MAPLE ROOM tänzelndes Schlagzeug darüber und lasse dem „Die Umwelt ist der Feind“-Lyrics bedienend. Ein KILLER, und wunderbarerweise spielen sie genau Cities Of Hunger Men in Black endlich seine wohlverdiente Ruhe. OUTBURST-Cover darf auch mit. (Reaper) denselben schnellen, angemetalten D-Beat- Irgendwie werde ich MURDER BY DEATH sind zurück. Der Themenka- Crust mit fertigen No-Future-Texten und maxi- immer ein bisschen non ist immer noch der gleiche. „The taste of def- NAYSAYER malem Asi-Faktor. Hier klebt der Sabber am misstrauisch, wenn sich eat has never been so sweet / So I pour another No Remorse Kinn, hier wird gesoffen und gepöbelt. Aber das eine Band für Promo- glass and fail again.“ Allein dieser Auszug bringt NAYSAYER wiederum sind da deutlich angefres- gehört so. Crust ist pure, rohe Energie, in Musik Fotos mit T-Shirts das Großartige, das Fatalistische, die versof- sener. Wohin der stolze Weißkopfseeadler mit übersetzte Anarchie – Bands wie LAUTSTÜRMER ablichten lässt, auf fene Todessehnsucht der Dark-Folk-Literaten den gesprengten Ketten vom Cover fl iegt, weiß beweisen das eindrucksvoll. Nur geil. (Power It denen die Schriftzüge aus Bloomington süffi g auf den Punkt. Weiter- kein Mensch. Wir hoffen einfach mal, dass es dort Up/Cargo) Hendrik Lukas von anderen Bands entwickelt hat sich die Band dennoch. Die Details ein wenig gemütlicher zugeht als in der Welt von prangen. Und tatsächlich: Mit warten jedoch in den düsteren Zwischenräu- NAYSAYER: „Life is pain and no one’s safe / That LEVI/WERSTLER oder SILVERSTEIN haben THE MAPLE ROOM men: schmissige Bläser, gar ein wenig Irish Folk shit’s been drilled into our fucking brains.“ Ein vor Avalanche Of Worms nichts gemein. Dafür müssten die Belgier viel- sowie einige der schwärzesten und konzisesten den Aufnahmen mit Rasierklingen gurgelnder Mit ausgewiesenem Selbstbewusstsein und leicht erst einmal erforschen, wo sie mit ihrem Momente, die MURDER BY DEATH je auf Platte Sänger, trockener Groove und Moshparts, die an schier grenzenloser Kreativität spielen sich die bemüht sphärischen Midtempo-Rock über- gebannt haben. Die Frage, warum eine solche die Neunziger gemahnen, sorgen für Kurzweil mit beiden DÅÅTH-Gitarristen Eyal Levi und Emil haupt hin wollen. Was man auf „Cities Of Hunger“ Band in unseren hochtechnisierten und infor- Weltuntergangsstimmung. (Reaper) Werstler durch instrumental-orchestrale Prog- zu hören bekommt, ist handwerklich akzepta- mationsheischenden Zeiten überhaupt „funk- Metal-Welten. Das Fehlen von Vocals bemerkt bel, lässt inspirierte Einfalle aber durchweg ver- tioniert“, lässt sich mit der nach dem Konsum DOWN TO NOTHING man nicht, denn die zwölf Tracks sind derart missen. Dazu gesellen sich ein Sänger mit einem von Poe- oder McCarthy-Romanen vergleichen: All My Sons verspielt, dynamisch und fesselnd inszeniert, etwas dünnen Stimmchen sowie ein Shouter, der Sie bringen wohlige Dunkelheit und ein wenig Die klaren Gewinner dieses Kraftpakets sind dass man mit dem Ohr förmlich an den Boxen mit seinem frappierend an KILLSWITCH ENGAGE Erkenntnis in unsere grelle Welt. Und genau das dann unumstritten DOWN TO NOTHING, da klebt. Keine Virtuosität zum Selbstzweck, son- erinnernden Geschrei alles in Grund und Boden ist manchmal ehrlicher als jede hochgezüch- ihnen die Gratwanderung zwischen alter Schule, dern verrückt-geniale Klampferei im Kontext brüllt und dabei vollkommen deplatziert wirkt. tete Metal- oder Hardcore-Band, die dann auch Modernität und schlauer Kraftmeierei am besten eines atmosphärisch dichten Konzepts, dessen Die Jungs wollen viel, verschlucken sich aber an noch die falschen oder überhaupt keine Auto- gelingt. Nur wenige Bands einer defi nitiv nicht Tiefe nicht zuletzt durch das eingesetzte Key- den eigenen Ambitionen. Am Ende tun einem ren gelesen hat. (Vagrant/PIAS/Rough Trade) unterbevölkerten Szene bringen mit einfachsten board enorm ausgebaut wird. Für die Spielart ein THE MAPLE ROOM fast ein wenig leid, wie sie René Schuh Mitteln so vor Energie, guten Ideen und unbe- essenzielles Album. (Magna Carta) Arne Kupetz da stehen, mit ihren knitterfreien Band-Shirts, dingter Spielfreude strotzende Songs zustande. und dabei nett in die Linse blicken. Aber manch- MUTINY WITHIN „Don’t let this world hold you down and watch MANTRIC mal reicht es eben einfach nicht, nur nett zu sein. Mutiny Within everything fall apart.“ Wir halten als Fazit fest: The Descent (Funtime) Dorian Becker Ihr wolltet schon Old-School-Hardcore ist wohl immer noch die Natürlich könnte man immer wissen, wie schönste und sportlichste Form des Parolensam- bei einer Band, die sich MDC eine Mischung aus melns und der Komplexitätsreduktion. (Reaper) MANTRIC nennt, über Millions Of Dead Cops / More Dead Cops KILLSWITCH ENGAGE René Schuh die Bedeutung des Stil- Hardcore ist manchmal eben doch wie Fußball. und DREAM THEA- mittels der Wiederho- Egal, ob MDC-Sänger Dave Dictor nun schwul ist TRE klingt? Die Antwort lung dozieren – und die oder nicht (in einem Interview vor ein paar Jah- ist MUTINY WITHIN. tanzieren. Denn während GOJIRA und HACRIDE theoretischen Ausfüh- ren bezeichnete er sich als „eine Art Transves- Doch kann so ein Kon- eher derb zu Werke gehen und sich bestimmt rungen anschließend tit“) – es gibt in der Szene immer noch viel zu zept aufgehen? Die Band aus New Jersey ver- auf MESHUGGAH als wichtigsten Einfl uss einigen mit Zitaten der Musiker belegen. Zum Beispiel mit wenige, die mit tradierten Geschlechterklischees bindet auf ihrem Debüt die instrumentale Härte könnten, sehen KLONE auf „Black Days“ defi ni- diesem hier von Gitarrist Tor Magne Glidje, der in brechen. Auch wegen Zeilen wie „Rebel, rebel on von KILLSWITCH ENGAGE mit der Virtuosität von tiv in TOOL ihre alles bestimmende Inspiration. den neunziger Jahren erst bei LENGSEL und spä- the street / Makeup on my face, stockings on my DREAM THEATRE: „Shredding mit Clean-Gesang, Das geht bei einigen Stücken des Albums so weit, ter bei EXTOL gespielt hat: „Früher habe ich zehn feet“ ist es deshalb wichtig, dass das Debütalbum ein bisschen Screaming, Metal-Riffs, eingän- dass sich KLONE gar wie eine Eins-zu-eins-Kopie verschiedene Riffs geschrieben und wollte sie von MDC aus dem Jahr 1982 wiederveröffentlicht gige Parts und viel Melodie“, so beschreibt Bas- des Vorbilds anhören. Meistens kriegen die Fran- alle in einem Song verbraten. Heute versuchen wird – in diesem Fall zusammen mit den Songs sist Andrew Jacobs den eigenen Sound. Und zosen dann noch irgendwie die Kurve, jedoch nur, wir, ein Lied eher um einen einzigen Part herum einer Compilation von 1988. Und „Hey Cop, If Melodie wird auf „Mutiny Within“ in der Tat groß um sich dann an , PORCUPINE aufzubauen. Trotzdem darf die Wiederholung I Had A Face Like Yours ...“, die Platte von 1991, geschrieben. Vor allem die Gitarren-Riffs und TREE und ein wenig an zu orientieren. natürlich nicht die ganze Struktur eines Songs ist ebenfalls gerade auf CD erschienen. (Twisted der Gesang strotzen davor. Kaum zu glauben, Hier wird auch das größte Problem von „Dark ruinieren.“ An diesem Punkt müsste man dann Chords/Broken Silence) Thomas Renz dass Gitarrist Brandon Jacobs bei den Aufnah- Days“ klar – das Album erschöpft sich einfach zu anmerken, dass auch der Text ein Lied kaputt- men erst achtzehn Jahre alt war. Einziges Manko oft im Zitieren der Vorbilder und ist so nicht in der machen kann. Und schon hätten wir den Salat. MÖRSER ist das sehr sparsam eingesetzte Geschrei. Bei Lage, eine eigene Identität auszubilden. (Season Denn das Debütalbum von MANTRIC handelt laut 1st Class Suicide dem einen oder anderen Song würde man sich Of Mist/Soulfood) Martin Schmidt Glidje davon, „die Dinge mit Gott in Ordnung zu Die Bremer Ballerkom- mehr davon wünschen, denn Metal-Riffs allein bringen“. Christen mögen das interessant fi n- mune MÖRSER gehört machen Musik noch nicht „heavy“. Um auf den LENG TCH’E den, Ignoranten mag es egal sein, mir geht eine nicht nur zu den expe- eingangs genannten Vergleich zurückzukom- Hypomaniac Platte, die einzig und allein um dieses Thema rimentierfreudigs- men: MUTINY WITHIN ist wohl eher DREAM THE- Es ist erstaunlich. Als kreist, gehörig auf die Nerven. MANTRIC sind wie ten Grindcore-Bands, ATRE-Fans zu empfehlen. KILLSWITCH ENGAGE- hätten Grindcore- ein wunderschönes Model, das einem, sobald es sie wird auch mit jeder Freunden dürfte es etwas zu soft sein. (Roadrun- Bands eine Art kollek- den Mund aufmacht, plötzlich total hässlich vor- Platte besser. Bestand ner/Warner) Daniel Kubera tives Bewusstsein, nei- kommt. Sie sind deshalb nicht die RADIOHEAD der Erstling „Two Hours gen viele dazu, mit den des Metal, die sie wahrscheinlich gerne wären, To Doom“ noch aus kurzen Lärmeruptionen, MY OWN PRIVATE ALASKA Jahren das Tempo zu sondern leider nur die Heidi Klums der Szene. die meist in unter einer Minute über die Ziellinie Amen variieren, den Sound (Prosthetic/Soulfood) Thomas Renz gingen, wurden die Jungs mit jeder Platte son- Andersartigkeit ist noch Richtung Metal zu öff- gorientierter und lassen sich heute im Schnitt kein Wert an sich. Vor nen und einen etwas gemäßigteren Gesamt- MANIFESTATION immerhin über zwei Minuten Zeit, um Lieder allem nicht, wenn man eindruck zu hinterlassen. NASUM haben das so Burden Of Mankind zu kreieren, die auch als solche zu identifi zie- die Bemühung darum gemacht, dann ROTTEN SOUND, DEATHBOUND, Hier wird echt solider ren sind. Zwar musste der zweite Bass zuguns- höher gewichtet als den COLDWORKER ... Die Liste ließe sich fortsetzen. Hardcore ohne Schnör- ten einer zweiten Gitarre über die Klinge sprin- Output. MY OWN PRI- Das Problem besteht darin, dass es bisher kaum kel geboten. Da kann gen, doch in der Soundwand kann man ohnehin VATE ALASKA sind sol- einer Band gelungen ist, das verloren gegangene man nicht meckern. nicht wirklich ausmachen, wie viele Saiten einem che Typen, die unbe- Quantum Raserei und Wahnsinn durch komposi- MANIFESTATION sind da die Hirnwindungen peitschen. Das Beson- dingt etwas anders machen möchten. Sie sind torische Finesse wettzumachen, was teils ziem- der Amateurliga auch dere an MÖRSER waren neben den zwei Bassgi- die Band, die sitzt, wie mir das Presse-Info sagt. lich uninspirierten Death Metal nach sich zog. schon längst entwach- tarren immer die drei Sänger, deren Anzahl trotz Aha. Ist das jetzt gut oder schlecht? Jedenfalls Auch LENG TCH’E aus Belgien folgen nun dem sen, und obwohl es die Besetzungswechsel konstant geblieben ist. Auch gibt es auf „Amen“ nur Schlagzeug, Klavier und Pfad zu mehr Vielfalt. Um es vorweg zu nehmen: Band seit Mitte der Neunziger gibt, ist „Burden sonst bemüht man sich um einen Facettenreich- (teils entfremdeten) Gesang. Das ist erst einmal Sie sind die Ersten mit genug Fingerspitzenge- Of Mankind“ nach zwei Demos und einer Ten Inch tum, der die Schublade „Grindcore“ im Grunde ganz interessant, wird aber auch ziemlich schnell fühl, um ihre Songs dadurch variabler, langsa- erst das zweite Full-Length-Album. Auf Demons zu klein erscheinen lässt. So wird hier nicht nervig. Der Sänger gefällt sich gut in der ver- mer, aber nicht langweiliger zu machen. Zudem Run Amok veröffentlichen zu dürfen, kommt stumpf durchgeblastet, sondern das gesamte zweifelnden Pose. Mal schreit er seine kitschi- lassen sie nicht einfach die Energie wegbrechen, eigentlich schon einem Gütesiegel gleich, aller- Geschwindigkeitsspektrum abgedeckt. Weiteres gen Texte heraus, dann spricht er wieder, manch- sie kanalisieren das rohe Getobe und organisie- dings bleibt selbst nach dem dritten Durchhö- Alleinstellungsmerkmal, wie der Marketingstra- mal singt er auch. Songtitel wie „After you“, ren im Detail um. Midtempo, Kriechtempo und ren relativ wenig von der Platte hängen. Ab und tege sagen würde, ist das teils sehr eigene und „Die for me“, „Kill me twice“, „Ode to silence“

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oder auch „Just like you and I“ lassen unweiger- denken, da beginnt die ger metallischer Sound würden RADARE sicher- und auch hier ihre epische Screamo-Axt schwin- lich an die schlimmsten Phasen des so genann- Gitarre, eine im Grunde lich sehr gut zu Gesicht stehen. Aber dafür ist ja gen. Live packen einen RINOA und ihre immer ten Emo-Trends denken. Was Ross Robinson, der sehr simple Melodie auf den hoffentlich noch folgenden Veröffentli- mindestens fünf Minuten langen Songs sicherlich ja immerhin AT THE DRIVE-IN und zu zu spielen. Im Hinter- chungen Platz. Das Debüt jedenfalls zählt zu den ganz ordentlich am Schlafi ttchen. Eine gute, weil kreativer wie kommerzieller Blüte brachte, daran grund schlängelt sich wirklich hörenswerten Erstlingswerken der euro- intensive Band. (Eyesofsound/Indigo) so gefallen hat, dass er das Album produzieren eine unauffällige Bass- päischen Szene. (Shark Men) Carl Jakob Haupt Carl Jakob Haupt wollte, kann ich beim besten Willen nicht nach- linie, das Schlagzeug vollziehen. MY OWN PRIVATE ALASKA klingen setzt ein, wie erwar- RIOT BRIGADE einfach angestrengt, ob sie nun sitzen oder nicht. tet, und Sänger Daniel Calder wiederholt immer classic review Go On! (G/Intergroove) Carl Jakob Haupt wieder die folgenden Worte: „We’ll sing the same Ebenso wie dem junge old song / We’ll sing the same song.“ Doch da ist Marcel Proust, der bei MILLIONS OF THEM noch eine weitere Stimme. Sie schreit. Sie kommt seiner „Recherche“ Failures einem seltsam vertraut vor. Die Musik nimmt The Shape Of Punk To Come nach den letzten Grün- Es gibt vielleicht nicht Millionen, aber wohl Tau- Fahrt auf. Als sich die aufgebaute Spannung ent- „We dance to all the den jeglicher Gefühls- sende davon: Bands, die extremen, düsteren lädt, folgt ein Augenblick absoluter Klarheit: Der wrong songs and we regung immer wie- Hardcore spielen. MILLIONS OF THEM aus Ant- andere Sänger ist Geert van der Velde, der frü- enjoy all the wrong der an die Grenzen der werpen klingen deswegen auch nicht sonderlich her bei SHAI HULUD gesungen hat, einer der bes- moves“, hieß es anno Kausalität stößt, kann originell. Ihre Hausaufgaben haben sie dennoch ten Bands aller Zeiten. Allein, dass man NOYALTY dazumal. Was würden es einem auch als saturiertem und verbittertem gut gemacht. Schön ist, dass sich die Belgier an in diesem Moment für genauso großartig hält, REFUSED wohl zur heu- Alt-Punk ergehen (der man jenseits der zwan- Neunziger-Jahre-Acts – allen voran an BOTCH – rechtfertigt „The Seas Have No Roads“. Die Nie- tigen Musikwelt sagen? zig ja zweifelsohne ist beziehungsweise zu sein orientieren. Deren Komplexität und Experimen- derländer mögen zwar das immer gleiche, alte Eine Welt, in der jede hat). Während man durch die zweifelhafte Stel- tierfreude erreichen MILLIONS OF THEM aber Lied singen, aber a) muss man das erst einmal zweite Band fünftausend Musikstile miteinander lung, die man in der kritischen Betrachtung aktu- nicht. Wollen sie auch gar nicht! Die Songs über- so gut hinkriegen und b) will man manchmal gar verkuppelt, die nicht zueinanderpassen, und sich eller Musik einnimmt, endlich in der Lage ist, mit rollen den Hörer sehr direkt und mit voller Wucht. nichts anderes hören. (Funtime) Thomas Renz für innovativ hält? „The Shape Of Punk To Come“ Phrasen des Kalibers „einfallslos“, „wo bleibt Und zwischendrin sorgen morbide Melodien für wurde 1998 veröffentlich und zählt ohne Zwei- da die Innovation“, „hatten wir alles schon mal“ eine bedrohliche Atmosphäre. Für alle, die diesen ORDER OF ENNEAD fel zu den besten Alben aller Zeiten. Wer etwas und „gegen was wollen die denn noch rebellie- Sound vermissen, ein Pfl ichtkauf. (Adagio 830) An Examination Of Being anderes behauptet, lügt! In einer Zeit, in der ren“ um sich zu werfen, muss man gelegentlich Alessandro Weiroster DEICIDE-Schlagzeugtier Steve Asheim ist – Hardcore beziehungsweise Punk weitaus puris- feststellen, dass man ein Album auch einfach auch aufgrund der Vollmeise von Glen Ben- tischer waren als heute, experimentierten die mal solide fi nden kann. Als ob man immer alles MYRA ton – mit seiner Haupt-Band nicht ausgelastet Schweden mit zig genrefremden Elementen. Und begründen müsste. Vielleicht ist es ja auch ein- Godspeed und legt mit seiner halbwegs prominent besetz- das dermaßen gekonnt und konsequent, dass fach nur Hardcore-Punk mit politischem Gehalt, 2009, und da sind sich ten Nebenspielwiese nun das zweite Album vor. sie bis heute ihre Spuren hinterlassen haben. aber das Thema hatten wir nun wirklich schon eigentlich alle einig, Stilistisch hat sich im Vergleich zum Debüt nicht Wer die Faszination von REFUSED nachempfi n- zu Genüge. Dann rebellieren wir halt gegen den haben MYRA wirklich viel verändert. Zu hören gibt es einen Mix aus den möchte, sollte sich diese Deluxe Edition von Zwang, uns zu rechtfertigen, und hören einfach einen fetten Fuß in die Death und Black Metal, wobei Letzterer vor allem „The Shape Of Punk To Come“ zulegen. Neben mal wieder Musik oder singen mit oder verän- Tür gekriegt. Nach der durch die aggressiven Krächz-Vocals verkör- dem Album beinhaltet es die sehenswerte DVD dern die Welt und scheitern daran. Da ist er wie- Veröffentlichung des pert wird. Gut sind ORDER OF ENNEAD immer „Refused Are Fucking Dead“ sowie einen Live- der, der verbitterte Typ, der alles schon kennt. Debüts „The Venom dann, wenn sie einem ordentlich was vors Maul Mitschnitt von einem Konzert in Umeå. Letzteres Ändert aber nach wie vor nichts daran, dass „Go It Drips“ ging es ohne geben, etwas beliebig, wenn sie einen auf Acht- ist der einzig neue Content, doch der ist für Fans On!“ gar nicht so schlecht ist, und man sich auch Umwege direkt auf alle verfügbaren Bühnen ziger-Metal-Riffi ng machen. Insgesamt nicht schon alleine das Geld wert, sind Intensität und mal zugestehen darf, das tatsächlich auszuspre- Deutschlands – bis zum krönenden Abschluss schlecht, aber auch nicht essenziell. (Earache) Aufnahmequalität doch auf sehr hohem Niveau. chen. (Concrete Jungle/Broken Silence) beim With Full Force Festival vor zehntausend (!) Hendrik Lukas REFUSED sind tot, ja. Doch ihre Genialität wird Aiko Kempen Zuschauern. Aber die fünf Leipziger dachten gar ewig weiterleben. (Epitaph/Indigo) nicht daran, eine Pause einzulegen oder einen RADARE Alessandro Weiroster ROLO TOMASSI Gang herunterzuschalten. Nach getaner Live- Infi nite Regress Cosmology Arbeit ging es sofort wieder ins altbewährte Stu- Vor wenigen Wochen ist bekannt für dio von DISILLUSION-Frontmann Andy Schmidt. lag hier noch die RINOA seine Remixe. RADIO- Das Resultat: zehn selbstbewusste, aggres- Abschieds-Diskografie An Age Among Them HEAD wollten ihn, Gwen sive und vor allem eingängige Metalcore-Songs, von ACTRESS, jetzt gibt So etwas lieben wir. Stefani, Kanye West deren Hit-Potenzial im Vergleich zum Vorgän- es von denselben Leu- RINOA spielen nämlich und Justin Timberlake ger noch einmal deutlich gesteigert und mit viel ten direkt etwas Neues die Art von Hardcore, ebenso. Auch Songs Melodic-Death-Zuckerguss in Form gebracht auf die Glocke. RADARE wegen der wir alle schon von Britney Spears, wurde. Bei einigen Stücken wie dem Titeltrack nennen sie sich nun und seit Jahren die fantas- BLOC PARTY und M.I.A. sind sogar Tendenzen zu einem recht epischen spielen einen ziemlich anderen Sound. Was frü- tischen ENVY vereh- hat der angesagte DJ veredelt. Und jetzt das: Er Sound vorhanden, ohne dass die Band dabei her an Screamo der YAGE-Sorte erinnerte, ist ren: depressiven, lei- produziert das zweite Album der durchgeknall- aber kitschig oder aufgesetzt klingt. Wer trotz jetzt größtenteils instrumentaler Post-Rock, denschaftlichen und ten -Streber ROLO TOMASSI. Was des ganzen Lobs nicht die Metalcore-Katze gepaart mit Sludge. Die LP auf weißem Vinyl mit immer wieder schön atmosphärischen Screamo zunächst einmal seltsam klingt, macht auf den im Sack kaufen will, dem seien als Anspieltipps dem wirklich schönen Cover bietet vier Songs der alten Schule. Teilweise erinnert mich „An Age zweiten Blick durchaus Sinn. Denn die britischen „Three cheers for dedication“ sowie der Opener und verweist darin immer wieder auf die Größen Among Them“ sogar an die elegischen Parts der Milchgesichter machen im Grunde auch nichts „Architects“ empfohlen. (European Label Group/ des Genres. NEUROSIS werden zitiert, ISIS auch. frühen SHAI HULUD. Dass das Ganze auch noch anderes als Remixe. Versatzstücke aus Chaos, Broken Silence) André Jahn Da hört also jemand die richtige Musik. RADARE ziemlich fett, wenn nicht sogar heavy produ- Jazz, Kreischgesang, getragenem Post-Rock, klingen mal doomig, dann krachig und immer ziert ist, macht die Sache so was von rund, runder Nintendo-Sounds und THE DILLINGER ESCAPE NOYALTY wieder ganz ruhig, nur um sich im Anschluss geht’s kaum. Vor allem der Schlagzeugsound ist PLAN fügen sich zu eigenen Songs – das war The Seas Have No Roads ganz langsam bis zur Ekstase zu steigern. Dass wirklich unglaublich drückend. Sehr geil! Warum schon auf dem Debüt so. Was früher noch stär- Manchmal hat ein Album schon aufgrund eines wir das alles schon kennen, macht erst einmal RINOA bislang komplett an mir vorbeigegangen ker nach HORSE THE BAND klang, geht jetzt aber einzigen Moments seine Berechtigung. Bei „The nichts, darüber möchte man ob der atmosphä- sind, kann ich mir selbst kaum erklären. Die Band mehr in Richtung BOTCH. Der hibbelige Chaos- Seas Have No Roads“, dem zweiten Album von rischen Spannung der Platte nicht nachdenken. hat bereits 2008 eine EP und 2009 eine Split-EP Faktor wurde deutlich zurückgedreht, wodurch NOYALTY, passiert es in der zweiten Hälfte des Ein wenig mehr Konsequenz im Songwriting, viel- herausgebracht. Vielleicht sollten diese fünf bri- die Songs mehr grooven und sich hin und wie- Titelsongs: Gerade noch musste man auch auf- leicht auch einmal eine Verknappung auf unter tischen Pfundskerle (ja, sorry ...) ihre Ärsche ein- der sogar sphärisch bis proggig entfalten kön- grund der Backing Vocals an COMEBACK KID zehn Minuten und ein etwas organischerer, weni- fach mal auf das europäische Festland bewegen nen. Der Titeltrack erinnert sehr positiv an die

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Noise-Popper DEERHOOF und könnte sogar gene Sommer. Das nötige Gespür für Melodien Die meisten sind dazu V/A meiner Mutter gefallen. Falls solche Musik auch und eine solide Gitarrenarbeit haben die Jungs zu bequem. Nicht so Stay Brutal nur ansatzweise Mass-Appeal haben kann, sind auf jeden Fall, so dass man am liebsten direkt TRASH TALK aus Sacra- Diese Doppel-CD ist als Auftakt einer Reihe von ROLO TOMASSI dank starker Produktion, dickem mitfeiern möchte. Auch wenn SPANISH GAM- mento. Weniger durch Metal-Compilations gedacht, zu denen es jeweils und einem noch viel fetteren Marke- BLE das hohe Niveau nicht durchgehend halten ihren kompromisslosen eine Reihe von Release-Partys geben wird. Auf ting im Nacken so was von nahe dran, dass einem können und das gewisse Etwas fehlt, um aus der Hardcore-Punk als viel- die Tracklist hätte allerdings jeder Szene-DJ in schlecht werden könnte. Kakophonie goes Main- Masse an überragenden Bands des Genres her- mehr durch wahnwit- der Großraum-Disco selbst kommen können. stream. Kick ass! (Hassle/Soulfood) vorzustechen, sichern sie sich mit dem Album zige Attacken auf das Unter den 36 überwiegend bereits veröffent- Carl Jakob Haupt einen festen Platz auf dem Stadtplan Gainesvil- eigene Publikum und Schlägereien im Umfeld lichten Songs gibt es wenig Überraschungen – les. (Paper + Plastic) Björn Schmidt ihrer Shows ist diese Band bekannt geworden. und nicht nur gute. Wie man auf einen BÖHSE- WALTER SCHREIFELS Das Internet dankte es den vier Amis und machte ONKELZ-Abklatsch wie HAUDEGEN kommt, ist An Open Letter To The Scene SINALOA sie zu Szenehelden. Steve Albini kam ins Spiel, jedenfalls unverständlich. „Stay Brutal“ wird Der Albumtitel sagt: Sinaloa Deathwish Records auch. Songs mit einer Durch- wohl nie so groß werden wie „The Dome“, obwohl „Szene“. Die grandios- SINALOA sind SINALOA. Und das ändert sich schnittsdauer von eineinhalb Minuten, dest- es schon cool wäre, würden nacheinander NILE, andersartige Cover- auch mit den vier neuen Songs nicht. Das Trio ruktive Texte und ein wirklich cooler, dreckiger HEAVEN SHALL BURN, AMON AMARTH und KRE- version von AGNOSTIC steht noch immer für verschrobenen Mittneun- Hardcore-Sound waren dabei nur der Grund- ATOR Playback performen – vor kreischenden FRONTs Klassiker „Soci- ziger-Emo. Ruhigere Parts werden mit schnel- stock, den viele schon gar nicht mehr beachte- Metalheads. (Sony) Ingo Rieser ety suckers“ sagt: len, rhythmischen vermischt und verschmelzen ten. Die Songs auf „Eyes & Nines“ sind länger, „Szene“. Die WAR- innerhalb eines Songs vollkommen. Einerseits teilweise schleppend, immer wieder angsteinflö- THE WEAKERTHANS ZONE-Referenz im letz- sind die Stücke entspannt, andererseits dezent ßend, oft aber auch gewohnt schnell und brutal, Live At The Burton Cummings Theatre ten Song sagt doppelt und dreifach: „Szene“. nervös. Das Zusammenspiel der beiden Gitarren immer nihilistisch. Doch das reichte nicht. TRASH Jeder, der sich das Konzert anhört oder anschaut, Die Erwähnung von Evan BIOHAZARD sagt eher: mit dem komplexen Drumming geht erneut per- TALK gründeten ein eigenes Label, beheimatet das THE WEAKERTHANS im April vergangenen „Porno“. Das aber nur am Rande. Nun würde es fekt auf. Zwar agieren SINALOA inzwischen ein bei Hassle Records, und spielten eine gemein- Jahres in ihrer Heimatstadt Winnipeg gespielt sich natürlich nicht um den verpennten Gutmen- bisschen strukturierter, doch wer auf sein Song- same Tour mit den Hipstern ROLO TOMASSI. haben, stellt sich letzten Endes nur zwei Fragen: schen Walter Schreifels handeln, wenn dieser Brot viel Hook-Butter braucht, wird mit der Band Das mag den Punks aus Kalifornien zwar mehr Wann spielt die Band „One great city“, den Song den Geist seiner Jugend nicht völlig unironisch in weiterhin nicht glücklich. Eine Platte, die von Plattenverkäufe und höhere Ticketeinnahmen mit der berühmten Textzeile „I hate Winnipeg“? einen völlig anderen musikalischen Kontext stel- kleinen, unscheinbaren Momenten lebt. (Adagio bescheren, ob sich so aber die kompromiss- Und wie wird das Publikum darauf reagieren? len könnte. Hardcore ist an dem ersten genuinen 830) Alessandro Weiroster lose Authentizität wahren lässt, ist zweifelhaft. Ohne zu viel vorwegzunehmen: Der Song kommt Singer/Songwriter-Album der Quasi-Legende Schade eigentlich. (Hassle/Soulfood) an sechzehnter Stelle, also ziemlich am Endes nämlich überhaupt nichts. In gewohnt lässiger STIGMA Carl Jakob Haupt des Auftritts. Und die Leute reagieren genauso, Vortragsweise stakst der gute Walter vielmehr Concerto For The Undead wie man eben auf eine Band reagiert, die von durch unaufgeregte, manchmal recht britisch Unter dem giftgrü- TRIGGER THE BLOODSHED jedem, aber auch wirklich jedem, völlig zu Recht klingende Kleinode, die sich nie aufdrängen und nem Glibberdach fie- Degenerate geliebt wird. (Epitaph/Indigo) Thomas Renz selten langweilen. Ein leicht bearbeitetes Foto delt der Zombiegei- Nach der Reinigung im Innern das Klappcovers zeigt den Musiker in ger seine Weisen, („Purgation“, 2008) WHITECHAPEL verräterischer Pose: Mit übereinander geschla- umrahmt vom Orches- kam die Depression A New Era Of Corruption genen Beinen, adrett gescheitelten Haaren und ter der Untoten. Was („The Great Depres- Trotz des Überange- irgendwie entrücktem Blick sitzt Schreifels in auf dem Cover visuell sion“, 2009), nun folgt bots an Bands, die Dea- einem Eiche-Rustikal-Zimmer, die Gibson fest dargestellt wird, zieht der Zerfall. TRIGGER thcore hervorgebracht im Griff. So etwas evoziert natürlich Zeitlosig- sich auch musikalisch als roter Faden durch das THE BLOODSHED gehen hat, gibt es immer noch keit, ein Versprechen, das nicht alle Songs einlö- Album der vier Italiener STIGMA: Sämtliche Titel bei ihrem neuen Album Ausnahmeerscheinun- sen können. In ausgewählten Momenten ist das sind an die Horror-Comic-Serie „Tales From The vom Gas und geben sich auf „Degenerate“ etwas gen. WHITECHAPEL alles jedoch ähnlich euphorisierend wie die Tröte Crypt“ angelehnt. Sofern also „Doctor skeleton“ zurückhaltender. Das Problem dabei ist, dass das aus Tennessee gehö- am Anfang von „New direction“. (Arctic Rodeo/ und „The undertaker“ nicht gerade ihre Köpfe komplette Album immer noch nur aus einer Anei- ren definitiv dazu. Auf Alive) René Schuh unter dem Arm tragen oder sie in der Gruft ver- nanderreihung von Blastbeats besteht. Wie Ber- ihrem dritten Album klingen sie so, wie sie schon gessen haben, sollte man sich verpflichtet füh- serker hacken sich die Briten durch Songs ohne immer klangen. Was bei anderen als Stillstand SPANISH GAMBLE len, gemeinsam dem Headbanging zu frönen. Da Spuren von Eingängigkeit. Was technisch auf kritisiert würde, ist in diesem Fall als Lob zu ver- It’s All Coming Down ist der Gedanke an ein teuflisch böses Brett aus hohem Niveau und deshalb mehr als anerken- stehen. Die Band hat ihren Sound von Anfang an Das Label Paper + Plas- melodischem Death Metal mit Hardcore-Atti- nenswert ist, macht für jeden Hörer, der nicht gefunden und lediglich von Album zu Album ver- tic sollte man definitiv tüde mehr als naheliegend. Einige eingestreute zufällig Musiklehrer ist, aus dem Album eine feinert, wodurch sie sich inzwischen als eigen- im Auge behalten. Letz- Klangspielereien lassen zudem einen Hang zur Tortur. Auch mit ihrem dritten Album gelingt es ständige Marke etabliert hat. Die Selbstfindung, tes Jahr schon ist es als Selbstironie erkennen – so muss es sein. „Con- TRIGGER THE BLOODSHED nicht, stilistisches die Bands wie CARNIFEX und SUICIDE SILENCE neue Heimat der SHOOK certo For The Undead“ reißt von Beginn an mit Feintuning zu betreiben oder gar Variationen derzeit durchmachen, haben WHITECHAPEL ONES positiv aufgefal- und wird auch nach mehrmaligem Hören nicht einzubauen. Bei der nächsten Veröffentlichung gekonnt ausgelassen: Auf „A New Era Of Corrup- len, und mit dem dem- zu monoton. Wirft man hingegen einen Blick täte eine „Purgation 2.0“ gut – dieses Mal jedoch tion“ legen sie lediglich noch mehr Wert auf die nächst erscheinen- auf die Besetzung, wird man sich wundern, wie nicht auf der menschenverachtenden Ebene der Nachvollziehbarkeit ihrer Songs. Mit eigentlich den neuen Album von THE RIOT BEFORE hat es solche Kompositionen mit nur einem Gitarris- Texte, sondern für den kompletten Sound der simplen Stilmitteln (Breakdowns, ein bisschen noch mindestens ein weiteres heißes Eisen im ten umsetzbar sind. Vermutlich ist das dem Pro- Band. Vielleicht können TRIGGER THE BLOODS- Harmonie, viel Gegrunze) erschaffen sie einen Feuer. Doch zunächst zu SPANISH GAMBLE, die duzenten – Jona Weinhofen von BRING ME THE HED den Hörer dann auch länger als zwei Minu- Mix mit hohem Wiedererkennungswert und bil- mit Letzteren nicht nur das Label teilen, sondern HORIZON – zu verdanken, der hier sehr ordent- ten fesseln. Unter Umständen ja sogar mit rich- den einmal mehr die perfekte Schnittmenge zwi- auch ihre Vorliebe für melodischen, rauen Punk- liche Arbeit abgeliefert hat und wohl die eine tigen Songs anstatt nur durch Geschwindigkeit schen alter und neuer Schule. Veröffentlichun- rock. Bereits nach den ersten Minuten von „It’s oder andere Spur zusätzlich in die Aufnahmen und Technik. (Rising/Cargo) Frank Engelhardt gen wie diese machen deutlich, dass in diesem All Coming Down“ wird klar, dass die Band ihren geschmuggelt hat. (Pivotal/Twilight) Genre mit Verstand und Talent noch viel möglich Wohnsitz nicht zufällig nach Gainesville ver- Florian Auer UNDERDOG ist. (Metal Blade/Sony) Frank Engelhardt legt hat – hier liegt eindeutig auch ihre musi- Matchless kalische Heimat. Das erste Album bietet daher TRASH TALK UNDERDOG, ist das YEAR OF NO LIGHT den Soundtrack zur Einstandsfeier in der neuen Eyes & Nines nicht dieser Comic- Ausserwelt Nachbarschaft. Dort besingt man bekanntlich Authentizität bis zum Äußersten, bis dahin, wo Hund mit Superhel- Wann hört Post-Rock gerne mit seinen Freunden bierselig vergan- es weh tut. Das können und wollen nur wenige. denkräften, der in Rei- endlich damit auf, einen men spricht? Oder doch zu umarmen, zu strei- eher ein gut sortierter cheln und zärtlich in die Plattenladen im Herzen Wange zu kneifen? Das Kölns? Stimmt. UNDER- fragt man sich knapp DOG waren aber auch eine der genreprägenden zwei Jahre nach dem Hardcore-Bands der ersten New-York-Gene- kollektiven Hochbro- ration, die den Punk noch nicht gänzlich abge- deln der Szene immer seltener. Die große Zeit schüttelt hatten. Und was da so herrlich dünn, der vertonten Standard-Auf-und-ab-Flugaben- hymnisch und authentisch aus den Boxen, na teuer à la MONO oder EXPLOSIONS IN THE SKY ja, ballert, um von Bridge Nine ein wenig aus- scheint vorerst vorbei zu sein. Statt Flattergitar- geschlachtet zu werden, ist der Grund, warum ren und Laut/leise-Schema sind heute songori- es Bands wie beispielsweise JUSTICE überhaupt entierte Dynamik, fast klassische Rock-Rhyth- erst gegeben hat. UNDERDOG ist außerdem die mik und technische Kniffe angesagt. YEAR OF Geschichte des ebenso sensiblen wie macker- NO LIGHT sind ein Vertreter beider Generati- haften Typen Richie Birkenhead (nachzulesen onen und bewegen sich trotzdem einen gehö- unter anderem in Norman Brannons grandios- rigen Schritt über dem konservativ agieren- ehrlicher „Anti-Matter Anthology“), der exemp- den Allerlei. Die Herren aus überlas- larisch für die Charakterköpfe längst vergange- sen die Schwarzmalerei den anderen und las- ner Tage steht, die bestimmt nicht immer alles sen reichlich Licht zu – ganz anders, als man es richtig gemacht haben. So kann man die Disko- aufgrund ihres Namens vermuten wurde. Anstatt grafie der Band dann auch hören: als Zeitzeug- eine graue hochzuziehen, reißen nis. Die Mischung aus (für die damalige Zeit) har- sie das verdammte Wolkendickicht auf, ver- ten Riffs, wummerndem Bass und der Stimme heddern sich dabei aber nicht in euphorischem Birkenheads, der Skateboard-Habitus, die Reg- Übermut. Dass man sich am Ende der vier Songs gae-Experimente sind allemal interessant zu dann doch wieder wie frisch umarmt fühlt, muss hören. „There’s no need to fear, UNDERDOG is ja kein Widerspruch sein. (Conspiracy/Cargo) here!“ (Bridge Nine/Soulfood) René Schuh Christian Ludwig

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KILLER haben wegen Krankheit abgesagt. Bestimmt hat Lars letzte Woche alle infiziert. 19:17. Wir wol- len essen, aber THE BLACKOUT ARGUMENT haben alles weggefressen. Jetzt sitzen sie alle da mit ihren Apple-Gadgets und tun so, als wäre nichts gewe- sen. 21:20. Wir spielen. Ich fand es cool. Christoph Gerhard meint, dass wir „mega beschissen“ waren. 22:13. ZERO MENTALITY spielen. Aus irgendwel- chen Gründen ist der Schlagzeuger, der noch letzte Woche dabei war, jetzt weg. Stattdessen sitzt Juli von RITUAL „hinter der Schießbude“, wie man im Rock- Hard-Jargon so schön sagt. Er macht seine Sache gut, und der Anblick seines verschwitzten Körpers im viel zu engen ENTOMBED-Shirt erregt nicht nur die Damen im Raum. (Chris GOLDUST)

24.04.2010 Waldsassen, Pauli’s Blue Oyster Bar. 08:59. Abfahrt nach Waldsassen. Die Rauch- wolke, die am Vorabend aus dem Bus emporge- stiegen ist, hat sich als unbedenklich entpuppt. Gut, einen Flugzeugmechaniker an Bord zu haben. 09:07. Das Gerücht, die heutige Strecke sei min- destens so lang wie die gestrige, macht die Runde. Jeder prüft das hektisch mit seinem mobilen Endge- rät nach und stellt fest: Es stimmt. 17:32. Gefühlte vier Tage später erreichen wir die bayerische Grenze. Dass die tschechische Grenze ebenfalls nur einen LET IT BURN SHOWCASES Steinwurf entfernt ist, irritiert die meisten zunächst, GOOD BAND/BAD COP. „Im Ulmer Münster gibt es coole Malereien. Zum Beispiel davon, wie zwei wird aber hingenommen und bringt jeden auf ganz Typen, vermutlich Römer, einem anderen Typen, vermutlich ein christlicher Märtyrer, die Eingeweide unterschiedliche Gedanken. 17:36. Nach einer hit- mittels einer Kurbel aus dem Bauch ziehen.“ Nicht jede Beobachtung, die GOLDUST-Gitarrist Chris zigen Diskussion einigen wir uns auf einen Kompro- während der ersten beiden Wochenenden der Let It Burn Showcases gemacht hat, findet sich auf die- miss, der Drogenkauf, Prostitution, Glücksspiel und ser Seite. Chris von THE BLACKOUT ARGUMENT hatte schließlich auch Interessantes zu berichten. Hehlerei ausschließt: Wir fahren Gen-Soja kaufen. 17:45. Rein ist kein Problem. Im ersten Tesco-Markt 16.04.2010 Ulm, Club Schilli. 12:15. Lars sieht bei Coffee Fellows am Münchner Hauptbahnhof hinter der Grenze gibt jeder umgerechnet ungefähr aus, als wäre er eben erst einer überdimensiona- beginnt. Es gibt zwei Espresso doppio, einen frisch fünfzehn Euro aus und bekommt dafür sechs blaue len Gebärmutter entschlüpft. Dabei ist er nur krank gepressten Orangensaft, ein All-American Break- Müllsäcke voll Trockensoja. 18:12. Raus ist deut- und hat laut eigener Aussage seit vier Tagen nicht fast und ein Sweet Breakfast. Muss ja eine Weile hal- lich schwieriger. Beim Überqueren der Grenze wird geduscht, dafür aber viel geschwitzt. Da ich einge- ten. 11:45. Marius ruft an, er ist beim Vegan-Döner- uns bewusst, dass sechs Männer in einem gemiete- quetscht zwischen ihm und dem Sahnemann sitze, Mann um die Ecke. Ich sage ihm, er soll mir einen ten Kleinbus, die für eine halbe Stunde nach Tsche- kann ich spüren, wie Lars’ Schweiß durch seine und Wheaty-Dürum-Döner mitbringen. Beim Gedan- chien fahren, aus Sicht der Bullen in die Kategorie dann meine Klamotten sickert. Sexy. 14:08. Erste ken, das Ding essen zu müssen, wird mit schwindelig. „auffällig“ fallen. 18:13. Zwei Zivilbullen nehmen die Pause. Die Pimmel- und Busenwitze, die bereits 11:50. Auf dem Weg zum Bus komme ich an einem Verfolgung auf. Fünf Sechstel der Anwesenden sind nach zehn Minuten Fahrt losgingen, sind immer Saftstand vorbei. Früchte sind gesund. Ich bestelle vollkommen entspannt, was die bevorstehende Fil- noch witzig. 15:36. Langweilige Landschaften zie- einen XL-Melone-Honig-Mandelmilch-Shake. Wie zung betrifft. Ein Sechstel hat Schweiß auf der Stirn, hen am Fenster vorbei. Robert: „Hier sieht’s aus, als der noch in mich reinpassen soll, ist mir ein Rätsel, denkt an vergangenes Wochenende und stellt einen ob’s hier scheiße ist.“ 16:07. Der erste Fast-Food- aber er schmeckt unglaublich. 12:00. Abfahrt nach alternativen Lebensplan zusammen, der den Karri- Zwischenstopp. Die Leute setzen sich möglichst weit Erfurt. Die Sonne brennt, der Magen rumort. 12:04. erebruch „Vorstrafe“ beinhaltet. 18:15. Die Durch- von uns weg. Offenbar mögen es viele nicht, wenn Die Band fährt ihre Multimedia-Geschütze aus. Jetzt suchung beginnt. Laut und anscheinend unkoordi- sie beim Essen durch Witze, Rülpsen sowie von Lars’ ganz neu: Tethering. Die freigesetzte Strahlung ver- niert schallern von beiden Seiten Anschuldigungen gelb-grünen Auswurf, den er auf das Tablett hus- ursacht Fettwülste in der Bauchgegend. Endlich eine durch die Busfenster herein. Zeit, sich zu äußern, tet, gestört werden. 18:03. Ankunft in Ulm. Wenn die Erklärung für diese in letzter Zeit doch recht auffäl- bleibt nicht. Es scheint für die Bullen bereits voll- anderen Bands nicht wären, wären wir definitiv die lige Verformung. 12:06. Die Band diskutiert die Mög- kommen klar zu sein, einen großen Fang gemacht Ältesten hier. Ich wünschte, ich hätte schwarze Haare lichkeiten eines Apple-Endorsement-Deals. Schade, zu haben. 18:19. Die allgemeine Taschenentlee- und ein Glätteisen. 20:00. Nur wenig Publikum da. dass Apple keine Verstärker bauen. Ob die wohl weiß rung führt zu einem verdächtig hohen iPhone-Berg. Wir einigen uns bandintern darauf, heute beschis- wären und einen Touchscreen hätten? Egal, ein Apfel 18:20. Das Kreuzverhör geht unerbittlich weiter. sen gewesen zu sein. 21:52. Fink von ZERO MENTA- wäre sicher drauf. 15:32. Die Zahl der Elektrogeräte, „Bad cop/bad cop“ nennt man das wohl. Wir wer- LITY weist das Publikum darauf hin, dass Pete Steele die wir aus den Taschen ziehen, wächst. Es fehlen den über Drogenzubereitung, Schmugglerrouten, vor zwei Tagen verstorben ist, den die Kids aber nicht nur noch ein Toaster, ein Wäschetrockner und eine Umschlagplätze, schlecht kontrollierte Grenzüber- zu kennen scheinen. 00:08. Drei von uns versuchen, elektrische Zahnbürste. 16:45. Der Döner von heute gänge und verschiedene Rauschzustände aufge- quasi über dem Veranstaltungsraum zu schlafen, Morgen, der inzwischen eine Symbiose mit dem klärt. Philip bedankt sich mit einem „... und wieder wo noch bis circa vier Uhr Lärm ist. Der Sahnemann Papier, der Alufolie und den gefühlten zwei Kilo Zwie- was dazugelernt“. Währenddessen werden wir per- und ich pennen in der Küche eines angeschlosse- beln eingegangen ist, mundet mir vorzüglich. 16:50. manent auf alle nur erdenklichen Auffälligkeiten wie nen Faschingsmusikantenzuges. Christoph probiert Stopp bei Burger King. Es ist wie mit kleinen Kin- Tränen in den Augen, Angstzustände, Zittern und/ ungefähr eine Stunde lang sämtliche Instrumente dern: Wenn einer ein Eis kauft, müssen alle anderen oder Gesichtsbleiche abgecheckt. Abgesehen von aus, die er finden kann. (Chris GOLDUST) auch sofort eins haben. Die Fressspirale des Todes Schwede, der immer ein wenig blass ist, und Marius’ zieht sich über eine halbe Stunde lang hin, bis es Biker-Tattoos können die Kripologen leider nichts 17.04.2010 Erfurt, Unikum. 11:30. Der Wecker klin- nichts mehr auf der Speisekarte gibt, das noch kei- feststellen. 18:53. Nach einer halben Stunde geben gelt. Im Gegensatz zu den dreckigen Punk-Bands, ner bestellt hat. 17:30. Ankunft in Erfurt. Noch mehr die Bullen enttäuscht auf. Wir packen unsere iPho- mit denen wir unterwegs sind, haben wir daheim in Essen – inklusive meiner ersten offiziellen Catering- nes wieder ein und freuen uns, dass unsere Kör- München in unseren Luxusvillen geschlafen. 11:35. Erdbeere. (Chris THE BLACKOUT ARGUMENT) peröffnungen verschont wurden. 19:02. Nach all Eric hätte vormittags gerne noch „was für die Uni den Jahren haben wir es endlich auf ein Neonplakat gemacht“ (was genau das sein soll, weiß keiner), 23.04.2010 Ibbenbüren, Scheune. 18:00. Wir tref- geschafft! Wir haben das Gefühl, mit der Band einen musste aber feststellen, dass Schlafen deutlich fen uns zu dieser unchristlichen Zeit, um das Auto zu wichtigen Schritt vorangekommen zu sein. (Chris befriedigender ist. 11:40. Der Frühstücksmarathon beladen. Fahrzeit heute: 36 Minuten. Brutal. TEAM- THE BLACKOUT ARGUMENT)

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TOURMATES. „Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen / Und jeder- mann erwartet sich ein Fest.“ Warum diese Rubrik nicht einmal mit einem „Faust“-Zitat beginnen? So poetisch wie Goethe sind unsere sich gegen- seitig kommentierenden Bands der Festival-Highlights der kommenden Wochen schließlich schon längst.

VAINSTREAM ROCKFEST Foto: Burkhard Müller (facetheshow.com) NOFX. Wenn die spielen, werde ich in Erinnerungen schwelgen und an Zeiten denken, als die größten Sorgen darin bestanden, nicht beim Rauchen und Bier- trinken erwischt zu werden. (Dom BORN FROM PAIN) Vor einem Jahr sah ich Fat Mike einen ganzen Haufen Christen beleidigen. Da kam echt brutales Zeug aus seinem Mund. So etwas würde ich gerne noch ein- SUMMERBLAST FESTIVAL mal erleben. (Marc ) Foto: Simon Pokorny K.I.Z. Die fand ich immer ganz cool, bis einer von denen bei diesem Diss-Track CALIBAN. Die sollen gar nicht so scheiße sein, wie sie aussehen. (Andy CALIBAN) von CALLEJON mitgemacht hat. Aber ich vermute mal, der wusste nicht, auf was Wenn Marc nicht unser T-Shirt trägt, bin ich enttäuscht. (Simon WAR FROM A für einen Scheiß er sich da einlässt. (Dom BORN FROM PAIN) HARLOTS MOUTH) HOT WATER MUSIC. Das erste Konzert meines Lebens war HOT WATER MUSIC. WALLS OF JERICHO. Wir sind ihnen zum ersten Mal vor zehn Jahren begegnet. Ich war mit nichts darauf vorbereitet, was mich erwartete. Wer hätte ahnen kön- Sie haben kurzfristig eine Location gebraucht, um in unserer Heimatstadt zu nen, dass eine Band live zu sehen, mit so viel Intensität, Leidenschaft und Ehr- spielen. Also haben wir eine Show in der Wohnung eines Freundes organisiert, der lichkeit verbunden sein würde? Ab diesem Moment wollte ich Musiker werden. nicht zu Hause war. Sie wurde dabei total zerstört. Löcher in den Wänden, Türen, Ohne diese Band, wäre ich nicht der, der ich heute bin. „No Division“ hat mir durch die aus den Angeln hingen ... Wir haben WALLS OF JERICHO gesagt, dass sie alles ein paar echt beschissenen Zeiten geholfen. (Marc ATREYU) mitnehmen dürfen, was sie wollen. Ich glaube, sie haben sich für einen Baseball- MADBALL. Live müssen die schon echt geil sein, aber Hardcore ist gar nicht mein schläger und eine Videokassette entschieden. (Josh EVERGREEN TERRACE) Fall. (Max WBTBWB) THE DILLINGER ESCAPE PLAN. Das erste Mal, als ich sie gesehen habe, Mitts hat einen recht guten Fußball-Sachverstand – für einen Amerikaner. (Dom war beim Reading Festival. Sie haben mich komplett umgeblasen. Dann hat ihr BORN FROM PAIN) Sänger in sein T-Shirt geschissen und es in die Menge geworfen – und Bezug ATREYU. Mit diesen Jungs bin ich aufgewachsen! Leider konnte ich als Teen- genommen auf die meisten anderen Bands, die an diesen Tag gespielt haben. ager mit dem musikalischen Wandel ab „Lead Sails Paper Anchors“ nicht allzu (Stu YOUR DEMISE) viel anfangen. (Max WBTBWB) Diese Band war für mich eine Einstiegsdroge in die unerträgliche Musik, die wir Wir sind live viel besser als die anderen Trottel auf diesem Festival. Ha, ich habe heute selbst spielen, haha. (Simon WAR FROM A HARLOTS MOUTH) es gesagt! (Marc ATREYU) . Diese Band hat allen Respekt der Welt verdient. Sie 36 CRAZYFISTS. Immer, wenn mich meine Flugangst einholt, erinnere ich mich haben so viele Jahre hart gearbeitet und niemals locker gelassen. (Stu YOUR daran, dass Steves Angst so groß ist, dass er Pferdebetäubungsmittel nehmen DEMISE) muss, um es an Bord zu schaffen. (Marc ATREYU) EVERGREEN TERRACE. Die wahrscheinlich coolsten Typen, die ich jemals NEAERA. Mal schauen, was der „verrückte“ Sänger dieses Mal wieder Pseudo- getroffen habe. (Josh EVERGREEN TERRACE) lustiges über seine eigene Band schreibt, um billige Sympathiepunkte einzu- SUFFOCATION. Auch nach mehr als zwanzig Jahren in einer Band und auf heimsen. Nicht mit mir, Leute. (Benny NEAERA) Tour sind das die bodenständigsten Typen, die man sich vorstellen kann. Kein JELLO BIAFRA AND THE GUANTANAMO SCHOOL OF MEDICINE. Ich höre Jello Rockstar-Bullshit – und das bei einer Band, die ein ganzes Genre geprägt hat. Biafra beim Singen zu, seit ich vierzehn bin. Klar, meine anfängliche Begeisterung (Scott CARNIFEX) gründete vor allem auf den Song „Too drunk to fuck“, aber die DEAD KENNEDYS DYING FETUS. Die sind 666 Mal so brutal wie die ganzen jungen Deathcore- hatten mehr zu bieten als das. Jello hat eine wirklich unverwechselbare Stimme. Bands. (Simon WAR FROM A HARLOTS MOUTH) Egal, ob er mit Al Jourgensen bei LARD zusammenarbeitet, mit den MELVINS oder NECROPHAGIST. Ihr Sänger, Muhammed, ist von „Rocky“ besessen und spielt NOMEANSNO, seine Texte sind immer randvoll mit linken Tiraden, für die andere so gut Billard wie Gitarre. (Liam THE DILLINGER ESCAPE PLAN) Bands zu dumm oder ängstlich sind. Die Welt geht den Bach runter, aber dabei CARNIFEX. Gut gemacht, fetter Sound, aber so gar nicht meins. (Andy CALIBAN) Biafra singen zu hören, macht die Sache etwas erträglicher. () WAR FROM A HARLOTS MOUTH. Ich hab gehört, das sind Arschlöcher. (Simon Ich vermute, hinter dem Namen verbirgt sich eine ultrabrutale Black-Death- WAR FROM A HARLOTS MOUTH) Metal-Band mit Esperanto-Texten ... Liege ich richtig? (Benny NEAERA) DEATH BEFORE DISHONOR. Diese Band sieht viel härter aus, als sie ist. Wir ALEXISONFIRE. Der Gesang von George Pettit und ist eine phä- haben sie zu einem Headbutt-Contest herausgefordert, und sie haben voll ver- nomenale Mischung, die viele nachzuahmen versuchen. Die wenigsten kommen loren. (Josh EVERGREEN TERRACE) auch nur in die Nähe des Originals. (Danko Jones) VEIL OF MAYA. Teilweise cool, aber insgesamt stresst es mich nur. Die haben . Egal, ob Buz uns erzählt, er hätte die größten Eier, die man sich vor- gute Ansätze von den Melodien her, die dann aber wieder kaputt geballert wer- stellen kann, und versucht, es zu beweisen, oder er aus voller Kehle „Cockpussy!“ den. Schade. (Andy CALIBAN) schreit, wir haben immer viel Spaß mit diesen Hurensöhnen. (Marc ATREYU) ANNOTATIONS OF AN AUTOPSY. Ich hab noch immer ein schlimmes Trauma BORN FROM PAIN. Ich kenne nur „Porn from “ ... Das ist ein Song von von deren komischen Rülps-Songs auf MySpace vor ein paar Jahren. Mir wird CALLEJON und die sind super. (Max WBTBWB) schwarz vor Augen, wenn ich mir vorstelle, wie sich Leute dazu vor der Bühne die Ich warte noch immer auf den großen Showdown zwischen BORN FROM PAIN Fresse einhauen. (Simon WAR FROM A HARLOTS MOUTH) und CALLEJON. Ich habe gehört, BFP haben jetzt einen Ultimate-Cage-Fighter SUFFOKATE. Der Sänger hat eine Stimme, das ist unglaublich ... Dabei ist der am Schlagzeug. Vielleicht prügelt der CALLEJON mal ein paar Manieren ein, die noch dünner als ich, haha. (Andy CALIBAN) gehen immer so verschmiert auf die Bühne. (Benny NEAERA) NO TURNING BACK. Die europäischen Hardcore-Könige. (Stu YOUR DEMISE) WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER. Eine weitere angesagte Band, deren HERE COMES THE KRAKEN. Da soll noch mal einer sagen, unser Band-Name Merch-Farben mir mal wieder beweisen, dass wir anscheinend irgendetwas ver- wäre beschissen. (Simon WAR FROM A HARLOTS MOUTH) passt haben. (Benny NEAERA) Fuze präsentiert Fuze präsentiert THE ULTIMATE SUMMERBLAST FESTIVAL mit CALIBAN, RAISED FIST, WALLS OF VAINSTREAM ROCKFEST mit NOFX, AS I LAY DYING, SKA-P, DANKO JONES, JERICHO, THE DILLINGER ESCAPE PLAN, BLEEDING THROUGH, EVERGREEN TER- K.I.Z., BROILERS, HOT WATER MUSIC, MADBALL, , ATREYU, RACE, SUFFOCATION, DYING FETUS, NECROPHAGIST ... AGNOSTIC FRONT, 36 CRAZYFISTS, NEAERA ... 19.06. Trier, Exhaus 26.06. Münster, Am Hawerkamp

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44-46Fuze22.indd 45 09.05.10 22:17 FUzE pRäSENTIERT AGNOSTIC FRONT. 18.06. Stuttgart, Uni- Werk | 03.10. CH-Solothurn, Kofmehl | 04.10. versum | 22.06. Hannover, Béi Chéz Heinz | Hannover, Faust | 06.10. Münster, Sputnik- 23.06. Magdeburg, HOT-Alte Bude | 25.06. halle | 07.10. Hamburg, Markthalle | 08.10. Münster, Vainstream | 26.06. Montabaur, Saarbrücken, Garage | 09.10. Schweinfurt, Mach 1 | 27.06. A-Wien-Arena | 28.06. Alter Stattbahnhof | 11.10. Lindau, Club Vau- A-Kufstein, KuFa | 29.06. CH-Zizers, Event deville | 13.10. A-Wien, Arena | 15.10. Leipzig, Stage | 03.07. München, Backstage | 04.07. Werk | 16.10. Berlin, SO36 Essen, Devilside THE HIRSCH EFFEKT. 28.05. Ulm, Rock die ALL FOR NOTHING. 18.06. Fulda, Kreuz | Heide | 29.05. Stuttgart, Haus 11 | 30.05. 19.06. Elxleben, 7Point | 24.06. Dortmund, Augsburg, Hempels | 31.05. Giessen, AK44 Spirit | 30.06. Köln, MTC | 01.07. Marburg, | 01.06. Siegen, Kultkaff | 02.06. Oberhau- KFZ | 02.07. Roitzschjora, With Full Force | sen, Druckluft | 04.06. Braunschweig, Nexus 03.07. Recklinghausen, K3 Kulturkantine | 05.06. Oerlinghausen, JZO | 11.06. A-Graz, Forum Keller ANOTHER BREATH. 02.07. Berlin, Cassio- peia | 03.07. Hamburg, Rote Flora | 05.07. HOODS. 20.05. Dortmund, Spirit | 25.05. München, Feierwerk | 06.07. Trier, Exhaus | Saarbrücken, Garage | 26.05. Neukirchen, 14.07. Wangen, Tonne | 17.07. A-Rohr, Bur- Sägewerk | 27.05. Rostock, JAZ | 30.05. ning Season | 18.07. Oberhausen, Saint Hamburg, Marx | 31.05. Osnabrück, Bas- tard Club | 01.06. Augsburg, Kantine | 02.06. AT THE FAREWELL PARTY. 21.05. Darm- A-Wien, Viper Room | 03.06. Klagen- stadt, Die Goldene Krone | 22.05. Würzburg, furt, Stereo Club | 04.06. Gräfenhainichen, B-Hof | 29.05. Königstein, Rock auf der Burg Makonde | 05.06. Essen, JZE | 06.06. Berlin, | 11.06. Mannheim, Lautstark | 12.06. Ver- Cassiopeia | 17.07. A-Rohr, Burning Season den, JZ | 25.06. Emmerich, JZ am Brink | 02.07. Hürth, JZ | 03.07. Rodenbach, Festi- NARZISS. 20.05. Berlin, Magnet | 21.05. val | 04.07. Essen, Devilside | 16.07. Schloß Egelsee, Schwarzer Adler | 22.05. Erfurt, Holte-Stukenbrock, Serengeti | 17.07. Gie- Unikum | 27.05. Siegen, Vortex | 28.05. ßen, Ulenspiegel Hameln, Regenbogen | 29.05. Köln, Under- ground | 05.06. Pößneck, Bam In Your Face BURNING SEASON FESTIVAL mit EVER- GREEN TERRACE, HOODS, MAROON, NEAERA. 28.05. Backnang, Oscar Dügün ARKANGEL, FIRST BLOOD, DEATH | 12.06. CH-Interlaken, Greenfield | 25.06. BEFORE DISHONOR ... 17./18.07. A-Rohr Montabaur, Mach 1 | 03.07. Roitzschjora, bei Hartberg, Festhalle Unterrohr With Full Force | 31.07. Lörrach, Baden in Blut

CARPATHIAN, RUINER. 16.07. Stuttgart, NEW NOISE FEST mit COMADRE, CELESTE, JuHA West | 18.07. A-Rohr, Burning Season NO TURNING BACK, RITUAL, BLACK FRI- | 24.07. Köln, Essigfabrik | 30.07. Marburg, DAY 29, GLASSES, ALPINIST ... 26.06. KFZ Durmersheim, JuZe

THE CARRIER, CRUEL HAND, MILES THE SETUP. 25.06. Chemnitz, AJZ | 26.06. AWAY. 24.07. Köln, Essigfabrik | 26.07. Niesky, H.O.L.Z. | 27.06. A-Wien, Arena | A-Wien, Shelter | 29.07. München, Feierwerk 03.07. München, Feierwerk | 09.07. Pader- | 30.07. Rostock, Alte Zuckerfabrik born, Hard Hitting Concert | 10.07. CH- Zizers, Event Stage | 16.07. Egelsee, Schwar- DEATH BEFORE DISHONOR. 19.06. Trier, zer Adler | 17.07. A-Rohr, Burning Season | Summerblast | 21.06. Köln, MTC | 22.06. 30.07. Bochum, Zwischenfall Osnabrück, Bastard Club | 23.06. CH-Zürich, Werk 21 | 26.06. Montabaur, Mach 1 | 29.06. . 18.06. Mönchengladbach, A-Salzburg, Rockhouse | 30.06. Lüden- Roots Club | 25.06. Münster, Vainstream scheid, Alte Druckerei | 01.07. Marburg, KFZ | Opening Party | 26.06. Roßleben, Eastside 04.07. Roitzschjora, With Full Force | 05.07. Hill | 03.07. A-Wien, Viper Room | 04.07. Mönchengladbach, Roots Club | 10.07. Roitzschjora, With Full Force Meckesheim, Horns Up | 16.07. Egelsee, Schwarzer Adler | 17.07. Bayreuth, Saalbau . 16.06. Weinheim, Café Rosenau | 18.07. A-Rohr, Burning Season Central | 17.06. CH-Biel, Doors72 | 21.06. Neukirchen, Sägewerk | 23.06. Ham- DEATH BY STEREO. 12.06. A-Sillian, burg, Logo | 24.06. Osnabrück, Bastard Crusade | 17.06. CH-Biel, Doors72 | 18.06. Club | 25.06. Chemnitz, AJZ | 26.06. Niesky, Zwiesel, Jugendcafé | 24.06. Dortmund, H.O.L.Z. | 27.06. Berlin, Cassiopeia | 28.06. Spirit | 25.06. Montabaur, Mach 1 | 27.06. Ingolstadt, Paradox | 29.06. A-Salzburg, A-Klagenfurt, Stereo Club | 29.06. A-Haag, Rockhouse | 30.06. A-Klagenfurt, Stereo Böllerbauer | 30.06. Köln, MTC | 01.07. Han- Club | 01.07. A-Wien, Viper Room | 02.07. nover, Béi Chéz Heinz | 02.07. Twistringen, Stuttgart, JuHa West | 03.07. München, Fei- Reload erwerk | 05.07. Köln, MTC | 17.07. Marburg, KFZ . 25.06. Bad Aibling, Hell- field | 27.06. Weinheim, Café Central | VAINSTREAM BEASTFEST mit NOFX, 03.07. Roitzschjora, With Full Force | 07.07. CALIBAN, ALEXISONFIRE, BLEEDING A-Wien, Viper Room | 08.07. A-Salzburg, THROUGH, DEADLOCK, WAR FROM A Rockhouse | 10.07. CH-Zizers, Event Stage HARLOTS MOUTH, CALLEJON ... 02./03.07. Wiesbaden, Schlachthof EVERGREEN TERRACE. 18.06. Marburg, KFZ | 19.06. Trier, Summerblast | 20.06. ROCKY VOTOLATO. 18.05. Berlin, Bang Lindau, Club Vaudeville | 22.06. Köln, Werk- Bang Club | 19.05. Köln, Gebäude 9 | 22.05. statt | 26.06. Montabaur, Mach 1 | 03.07. Bremen, Lagerhaus | 23.05. Hamburg, Prin- Twistring, Reload | 04.07. Roitzschjora, zenbar With Full Force | 06.07. A-Wien, Viper Room | 14.07. Stuttgart, JuHa West | 15.07. Augs- WALLS OF JERICHO. 19.06. Trier, Summer- burg, Kantine | 16.07. Dieburg, Traffic Jam | blast | 20.06. Lindau, Club Vaudeville | 24.06. 18.07. A-Rohr, Burning Season Köln, Essigfabrik | 25.06. Augsburg, Kantine | 28.06. Kassel, K19 | 29.06. Weinheim, Café FIRST BLOOD. 16.07. Schweinfurt, Alter Central | 02.07. Twistring, Reload | 03.07. Stattbahnhof | 17.07. A-Rohr, Burning Roitzschjora, With Full Force Season | 22.07. Siegen, Vortex | 25.07. Ham- burg, Logo | 31.07. Karlsruhe, Stadtmitte WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER. 21.05. Wuppertal, Die Börse | 29.05. Weimar, FOUR YEAR STRONG. 06.06. Köln, Under- Kasseturm | 02.06. Nürburgring, Rock am ground | 08.06. Frankfurt, Nachtleben | Ring | 26.06. Münster, Vainstream | 02.07. 09.06. Stuttgart, Universum Roitzschjora, With Full Force | 09.07. Pader- born, Schützenhalle | 17.07. Karlsruhe, Die HELL ON EARTH TOUR mit TER- Stadtmitte ROR, EVERY TIME I DIE, ALL SHALL PERISH, , DOWN TO WISDOM IN CHAINS. 18.06. Ulm, Beteige- NOTHING, THICK AS BLOOD, VERA CRUZ. uze | 28.06. München, Sunny Red | 29.06. 17.09. Jena, F-Haus | 18.09. Köln, Essigfab- Aachen, Autonomes Zentrum | 02.07. Roitz- rik | 29.09. Frankfurt, Batschkapp | 30.09. schjora, With Full Force | 03.07. A-Wien, A-Klagenfurt, Volxhaus | 01.10. München, Viper Room

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44-46Fuze22.indd 46 09.05.10 22:17 47Fuze22.indd 47 08.05.10 11:02 48Fuze22.indd 48 06.05.10 22:10