Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande

51-2 | 2019 Les Humanités environnementales : circulations et renouvellement des savoirs en France et en Allemagne

Aurélie Choné, Tim Freytag, Philippe Hamman et Evi Zemanek (dir.)

Édition électronique URL : https://journals.openedition.org/allemagne/1877 DOI : 10.4000/allemagne.1877 ISSN : 2605-7913

Éditeur Société d'études allemandes

Édition imprimée Date de publication : 10 décembre 2019 ISSN : 0035-0974

Référence électronique Aurélie Choné, Tim Freytag, Philippe Hamman et Evi Zemanek (dir.), Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande, 51-2 | 2019, « Les Humanités environnementales : circulations et renouvellement des savoirs en France et en Allemagne » [En ligne], mis en ligne le 10 décembre 2020, consulté le 18 mai 2021. URL : https://journals.openedition.org/allemagne/1877 ; DOI : https://doi.org/10.4000/ allemagne.1877

Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande revue tome51 numéro 2 d’Allemagne juillet-décembre 2019 et des pays de langue allemande

Dossier Les Humanités environnementales : circulations et renouvellement des savoirs en France et en Allemagne

AURÉLIE CHONÉ, TIM FREYTAG, STEFAN HECHT PHILIPPE HAMMAN & EVI ZEMANEK Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotio- : Wissenstransfer nen in Otto Alschers Die Bärin. Natur- und und Wissenserneuerung in Frankreich und Tiergeschichten aus Siebenbürgen ...... 371 Deutschland – Einleitung ...... 275 GUILLAUME CHRISTEN GABRIELE DÜRBECK De la gestion à la naturalité : le lynx vient- Der Mensch als Gärtner oder Parasit il déplacer les savoirs de la nature ? der Erde: Narrative des Anthropozän in Le cas du retour du lynx dans la Réserve deutschsprachigen Qualitätszeitungen de biosphère transfrontalière Vosges du (2010-2016) ...... 285 Nord-Pfälzerwald ...... 387

BENJAMIN THOBER NEPTHYS ZWER „Natur unter Menschenhand“? Zur Pratiques de la transition agricole – deux Historisierung des Anthropozoikum- exemples allemands ...... 407 Konzepts von Hubert Markl im Hinblick PHILIPPE HAMMAN auf die aktuelle Anthropozän-Debatte ...... 303 Quels savoirs de la « durabilité » en France AURÉLIE CHONÉ et en Allemagne ? Jalons pour une mise en /écocritique im deutschen und perspective comparée sous le regard des französischen Kontext: eine vergleichende sciences sociales ...... 425 Perspektive ...... 321 MARIE MANGOLD EVI ZEMANEK La certification Passivhaus entre Pour une écologie littéraire. Changements Allemagne et France. Un modèle environnementaux, innovations international de « construction durable » (éco-)poétiques et transformations des aux appropriations différenciées à genres : le cas du nouveau récit de village l’échelle locale ...... 451 (Dorfroman) ...... 343 CAROLINE KRAMER ELISABETH HAMM Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk Le cheval astronomique à la croisée des geht? Soziale und wirtschaftliche Folgen savoirs : une lecture des scènes de foire des Rückbaus für den Standort und seine dans Woyzeck de Georg Büchner ...... 357 Bevölkerung ...... 471 Varia

CATHERINE ROTH L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch (Transylvanie, 1914-1918) ...... 491

MATTHIAS GEMÄHLICH « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) ...... 507

Italiques ...... 527

SOMMAIRE DU TOME 51 – 2019 ...... 545

Revue publiée avec le concours de l’Université de Strasbourg (ARCHE [EA 3400], BETA [UMR 7522], DynamE [UMR 7367], SAGE [UMR 7363]) et de la Société des Amis des Universités de l’Académie de Strasbourg Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 275 T. 51, 2-2019

Dossier : Les Humanités environnementales : circulations et renouvellement des savoirs en France et en Allemagne Environmental Humanities: Wissenstransfer und Wissens- erneuerung in Frankreich und Deutschland – Einleitung

Aurélie Choné, Tim Freytag, Philippe Hamman & Evi Zemanek *

Seit wenigen Jahren ist im internationalen Rahmen von den Environmental Human- ities die Rede, wenn es darum geht, die gemeinsamen Forschungsinteressen von Kul- tur- und Literaturökologie, Umweltsoziologie, -anthropologie und Humangeographie, Umweltgeschichte und Umweltethik u.a. zu unterstreichen. Für deren gemeinsames, und doch fachspezifisch unterschiedlich gelagertes Interesse an Mensch-Umwelt- Beziehungen unter den Vorzeichen der ökologischen Krise und für deren interdis- ziplinäre Zusammenarbeit hat sich nunmehr diese englische Sammelbezeichnung etabliert, die sogleich das französische Äquivalent der Humanités environnementales hervorrief – während sich in Deutschland kein entsprechender eigener Begriff durch- gesetzt hat, sondern der englische verwendet wird. Jedoch kann man als Maßstab nicht vollkommen selbstverständlich die Impulse der angloamerikanischen Vorreiter anlegen, obwohl sie in mancher Hinsicht wegweisend waren. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Band ein anderer Ansatz verfolgt. Denn es geht darum, verschiedene Ausprägungen der ‚Environmental Humanities‘ oder ‚Humanités environnemen- tales‘ aus den Perspektiven der französisch- und deutschsprachigen Forschung zu beleuchten sowie diese Wissenschafts- und Wissenskulturen zu vergleichen und zu vermitteln.

* Aurélie Choné, Dozentin für Neuere Deutsche Literatur und Ideengeschichte am Institut für Germa- nistik der Universität Strasbourg; Tim Freytag, Professor für Humangeographie an der Albert-Lud- wigs-Universität Freiburg; Philippe Hamman, Professor für Stadt- und Umweltsoziologie am Institut für Stadtsoziologie und regionale Raumplanung der Universität Strasbourg; Evi Zemanek, Professo- rin für Medienkulturwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 276 Revue d’Allemagne

Mit dem Etikett ‚Humanités environnementales‘ möchte man den Geisteswissen- schaften eine gesellschaftliche Relevanz zusprechen, die sie zweifellos in Anspruch nehmen können und heutzutage auch für ihre eigene Legitimation benötigen, und man möchte damit auch die vielseitigen interdisziplinären Kooperationsmöglichkeiten mit den Gesellschafts- und neuerdings auch mit den Umweltwissenschaften aufzeigen. Signalisiert das ‚environmental‘ den Fokus auf Umweltprobleme, und zwar speziell auf deren kulturelle Dimension, so halten die ‚Humanities‘ zunächst weitgehend an einem geisteswissenschaftlich geprägten interpretatorischen Zugriff fest, zeigen sich dabei aber offen für empirische Ansätze. Der brisanten aktuellen Debatte über ver- schiedenste Aspekte des Mensch-Natur-Verhältnisses können die Environmental Humanities, so ihr Angebot an die Umwelt- und Naturwissenschaften, „konzeptuelle Schärfe, moralisches Gewicht und eine historische Tiefendimension“ verleihen (1). Auf mehrere Essays, welche die Environmental Humanities konzeptuell und in methodischer Hinsicht (2) betrachten, und diverse neu gegründete Netzwerke, digitale Plattformen und institutionell verankerte Zentren folgten die ersten Sammelbände mit dem Ziel, das breite Spektrum der beteiligten Disziplinen und deren Ansätze vorzustellen. Dazu gehört auch der von Aurélie Choné, Isabelle Hajek und Philippe Hamman herausgegebene Guide des Humanités environnementales (3), der eine Vielzahl von geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern versammelt. Seit einigen Jahren stehen Vertreter und Vertreterinnen der Humanités environ- nementales der Universität Strasbourg und der Universität Freiburg miteinander in einem engen Dialog, der unter anderem im Rahmen des Oberrheinischen Cluster für Nachhaltigkeitsforschung (4) stattfindet und im CIERA-Programm Centre( interdisci- plinaire d’études et de recherches sur l’Allemagne) gefördert wird unter dem Titel „Cir- culations et renouvellement des savoirs sur la nature et l’environnement en France et en Allemagne / Natur und Umwelt: Wissenstransfer und Wissenserneuerung in Frank- reich und Deutschland“. Aus den dank dieser Förderung veranstalteten Workshops in Strasbourg und Freiburg (2016-2018) ist der vorliegende Band hervorgegangen. Der Band umfasst sechs literaturwissenschaftliche und fünf gesellschaftswissen- schaftliche Beiträge: darunter sind solche, die selbst schon den Vergleich zwischen Diskursen, Ansätzen und Disziplinen in den deutsch- und französischsprachigen Kulturräumen ziehen; andere Beiträge, die nur die Situation auf der jeweils einen Seite des Rheins beleuchten, laden die Leser und Leserinnen dazu ein, die Vergleiche und Verbindungen zu ziehen. Paar- und gruppenweise greifen die Beiträge zentrale

1 Sabine Wilke, „Environmental Humanities“, in: Gabriele Dürbeck und Urte Stobbe (Hg.), Ecocriti- cism: Eine Einführung, Köln, Böhlau, 2015, S. 94-106, hier S. 102. 2 Siehe Florence Rudolf (Hg.), „Humanités environnementales – Quoi de neuf du côté des méthodes?“, Sonderheft derRevue d’Allemagne et des Pays de langue allemande, 50/2 (2018), S. 227-237. 3 Aurélie Choné, Isabelle Hajek und Philippe Hamman (Hg.), Guide des Humanités environnemen- tales, Villeneuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2016. Siehe auch Aurélie Choné, Isa- belle Hajek und Philippe Hamman (Hg.), Rethinking Nature. Challenging Disciplinary Boundaries, London/New York, Routledge, 2017. 4 Am Oberrheinischen Cluster für Nachhaltigkeitsforschung sind seit 2016 die Universitäten von Eucor – The European Campus in Basel, Freiburg, Karlsruhe, Mulhouse und Strasbourg, die Universität Landau sowie verschiedene Fachhochschulen als assoziierte Partner beteiligt. Siehe www.nachhaltig- keit-oberrhein.info/de/home. Einleitung 277

Diskurse und Themen der Environmental Humanities auf. Zwei Beiträge widmen sich der Anthropozän-Debatte (Dürbeck, Thober); zwei andere Texte diskutieren deutsche, französische und auch anglophone Ansätze einer ökologisch orientierten Literaturwissenschaft (Choné, Zemanek); weitere zwei Beiträge befassen sich mit dem jungen, florierenden Forschungsfeld der (Hamm, Hecht). Daran knüpft thematisch ein sozialwissenschaftlicher Beitrag zur Wiedereinführung des Luchses (Christen) an, gefolgt von Überlegungen zum Konzept der Solidarischen Landwirtschaft (Zwer). Zwei weitere Texte untersuchen die Wissenszirkulation zwi- schen Deutschland und Frankreich: in einem Fall diejenige des Nachhaltigkeitswis- sens im Allgemeinen (Hamman), im anderen Fall diejenige des konkreten Wissens über Passivhäuser (Mangold), bevor abschließend ein humangeographischer Beitrag die Folgen des Rückbaus von Kernkraftwerken diskutiert (Kramer). Im Folgenden werden die einzelnen Beiträge kurz vorgestellt. Gabriele Dürbeck befasst sich in ihrem Beitrag mit Narrativen des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen, die zwischen 2010 und 2016 erschienen sind. In ihrem Text skizziert die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin zunächst, wie sich der interdisziplinäre Anthropozändiskurs seit dem Jahr 2000 zusehends etabliert hat. Die Ausführungen richten sich auf die zeitliche Einordnung des Beginns des Anthropozän sowie auf fünf verschiedene Narrative, die als prägend für das Anthropozän angesehen werden können. Zu diesen Narrativen zählen u.a. das Katastrophennarrativ und das Narrativ der Dependenz von Natur und Kultur. Im empirischen Teil ihres Beitrags arbeitet Dürbeck heraus, inwiefern sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) bzw. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS), die Süddeutsche Zeitung (SZ), die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und die tageszeitung (taz) in ihrer Berichterstattung über das Anthropozän voneinander unterscheiden und welche der identifizierten Narrative dabei im Vordergrund stehen. Im Mittelpunkt des Beitrags von Benjamin Thober steht das Anthropozoikum-Kon- zept, das von Hubert Markl während der 1980er Jahre im Zusammenhang mit einer Problematisierung des Artensterbens vorangebracht wurde. Thober arbeitet heraus, inwieweit das Anthropozoikum-Konzept als ein Vorläufer der Idee des Anthropozän interpretiert werden kann. Durch diese historisch geleitete Betrachtung wird deutlich, dass die Konzepte des Anthropozoikums und des Anthropozän jeweils zeit- und kon- textgebunden erscheinen. In seinen Ausführungen stützt sich Thober auf eine Reihe ausgewählter Texte von Markl. Im Einzelnen wird zunächst nach der wissenschaft- lichen Grundlegung des Anthropozoikums (im Unterschied zum Anthropozän) gefragt, bevor sich Thober politisch-ökonomischen Aspekten im Spannungsfeld zwi- schen den Grenzen des Wachstums und der Ökologischen Modernisierung zuwendet und sich darüber hinaus auch mit dem naturalistisch geprägten Menschenbild des Anthropozoikums kritisch auseinandersetzt und dieses in Anlehnung an die Philo- sophische Anthropologie von Helmuth Plessner hinterfragt. Abschließend werden vorhandene Bezüge zum aktuellen Anthropozän-Diskurs hergestellt. Aurélie Choné befasst sich in ihrem Beitrag mit der Herausbildung von umwelt- bezogenen Literaturwissenschaften in Deutschland und Frankreich. Indem sie für Deutschland und Frankreich die jeweils charakteristischen Forschungsan- sätze beleuchtet und deren Entwicklungslinien herausarbeitet, verdeutlicht Choné 278 Revue d’Allemagne vorhandene Gemeinsamkeiten und Anknüpfungspunkte. Damit entwirft sie eine Grundlage für eine künftige Entfaltung einer deutsch-französischen Komparatistik im Forschungsbereich von „Literatur und Ökologie“. In ihren Ausführungen richtet die Germanistin und Ideengeschichtlerin ihren Blick zunächst darauf, wie der Eco- criticism im US-amerikanischen Kontext als Forschungsfeld entstanden ist, um dann später auf die Entwicklungen in Deutschland und Frankreich einzugehen. Dabei iden- tifiziert sie für beide Sprachräume zahlreiche Forschungsansätze, Referenzwerke und Persönlichkeiten, die sie einordnet und zueinander in Beziehung setzt. Abschließend geht sie auf Verflechtungen und Anknüpfungspunkte ein, die eine geeignete Grund- lage für eine komparatistische Herangehensweise in den umweltbezogenen Literatur- wissenschaften bilden können. Der Beitrag von Evi Zemanek zeigt auf, wie durch ökologische Transformationen sowohl poetische Verfahren als auch literarische Gattungen maßgeblich geprägt wer- den und somit Veränderungen des literarischen Gattungssystems eintreten können. Ergänzend zum Ansatz des Ecocriticism stellt Zemanek zunächst den Ansatz einer an der Kulturökologie orientierten Literaturökologie vor und erläutert, wie diese für Untersuchungen mit einem Fokus auf Gattungspoetik nutzbar gemacht werden kann. Für den neuen Dorfroman wird dies exemplarisch anhand der Romane Unterleuten von Juli Zeh (2016) und Vor dem Fest von Saša Stanišić (2014) unter Rückgriff auf Forschungsansätze der Literaturökologie, der Akteur-Netzwerk-Theorie und desNew herausgearbeitet. Elisabeth Hamm verdeutlicht mit ihrem Beitrag, wie sich ein literarischer Text aus dem Blickwinkel der Animal Studies betrachten lässt. Diesen besonderen Zugang arbeitet sie am Beispiel der Rolle des Pferdes in den Jahrmarktszenen in Georg Büch- ners Woyzeck detailliert heraus. Im Unterschied zu klassischen Interpretationsan- sätzen, die das Pferd vor allem als Symbol oder Motiv erkennen, erlauben die Cultural and Literary Animal Studies ein neues Verständnis der Inszenierung von Tieren in der Literatur. So erkennt Hamm das Pferd als einen Träger von kulturellem und literari- schem Wissen über Pferde bzw. Bühnenpferde im zeitgenössischen Kontext zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie verdeutlicht in ihren Ausführungen, wie sich im Pferd auch die damaligen wissenschaftlichen, anatomischen und philosophischen Diskurse widerspiegeln. Durch den Aufsatz wird deutlich, wie die Animal Studies dazu beitra- gen können, literarische bzw. theatralische Gegenstände auf eine neue Art und Weise zu fassen sowie die Geistes- und Literaturwissenschaften neu zu ordnen. Im Mittelpunkt des Beitrags von Stefan Hecht steht die sprachliche Konstruktion humanimaler Emotionen, die er als zwischen Menschen und Tieren angesiedelt konzeptualisiert und am Beispiel des Geschichtenbands Die Bärin von Otto Alscher herausarbeitet. Zunächst erläutert Hecht in Grundzügen, wie in der wissenschaft- lichen Disziplin der Psychologie Emotionen erfasst und in Bezug auf verschiedene Dimensionen und Komponenten klassifiziert werden können. Vor diesem Hinter- grund wendet er sich dann einzelnen Geschichten über die Bärin zu und zeigt auf, wie eine sprachliche Konstruktion von Emotionen erfolgt, die dem Tier zugeschrieben werden. Dabei geht Hecht insbesondere auf die raumsemantische, kinetische und psy- choakustische Gestaltung ein. Weiterhin erörtert er die Bedeutung von moralischen und existentiellen Emotionen. Im Ganzen verdeutlichen die Ausführungen, wie die Einleitung 279

Perspektiven von Menschen und Tieren als gleichwertig angesehen werden können und wie sich die Emotionen von Menschen und Wildtieren einander annähern und möglicherweise sogar miteinander verschmelzen. Guillaume Christen befasst sich in seinem Beitrag mit dem LIFE-Projekt zur Wiedereinführung des Luchses im deutsch-französischen Biosphärenreservat Pfäl- zerwald/Nordvogesen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach den möglichen Auswirkungen der Wiedereinführung von Raubtieren auf den Umgang mit der Natur. In seiner soziologischen Untersuchung stützt sich Christen auf eine Befragung von Jägern und Förstern. Er arbeitet das Selbstverständnis von Jägern heraus, das die Jagd als eine Aktivität zur Pflege und dauerhaften Bewahrung des Wildbestands erachtet. Weiterhin erörtert Christen, inwiefern die Wiedereinführung des Luchses zwar keine unmittelbare Veränderung der Wissensbestände im Hinblick auf den Umgang von Jägern mit der Natur bewirke, aber dennoch zu einer Marginalisierung und Infrage- stellung ihres historisch gewachsenen Selbstverständnisses führen könne. Im Beitrag von Nepthys Zwer geht es um Aktivitäten für eine Solidarische Land- wirtschaft. Zunächst erläutert Zwer die Idee einer Agrarwende in Deutschland als Gegenentwurf zur industriellen Landwirtschaft und das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft, das Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede gegenüber dem in Frank- reich bekannten Konzept der AMAP (Association pour le maintien d’une agriculture paysanne) aufweist. Am Beispiel der SoLaVie Ortenau und der nicht-gewinnorien- tierten Organisation Teikei Coffee arbeitet die Germanistin und Kulturhistorikerin heraus, wie sich das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft umsetzen lässt. Sie erörtert, welchen Beitrag diese Initiativen mit den darin aktiven Menschen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern leisten können, um die Agrarwende sowohl im lokalen Umfeld wie auch im globalen Rahmen zu verwirklichen. Im Mittelpunkt des Beitrags von Philippe Hamman steht das Wissen über Nachhal- tigkeit in Deutschland und Frankreich. Ausgehend von der Überlegung, dass geistes- und sozialwissenschaftliche Forschungsarbeiten und Debatten über Nachhaltigkeit nicht nur den aktuellen Stand der Forschung zum Ausdruck bringen, sondern auch den Stand entsprechender Diskussionen in Gesellschaft und Politik wiedergeben, nimmt der Soziologe einen Vergleich anhand einer Auswahl von Handbüchern und besonders herausragenden wissenschaftlichen Beiträgen vor, die in Deutschland und Frankreich seit den 2000er Jahren veröffentlicht wurden. Es handelt sich um eine differenzierte Analyse darüber, welche nachhaltigkeitsbezogenen Begrifflichkeiten in diesem Bereich in Deutschland und Frankreich wissenschaftlich verwendet wer- den, was diese auszeichnet und welche Veränderungen diesbezüglich während der vergangenen Jahre aufgetreten sind. Hinsichtlich der Zirkulation von Nachhaltig- keitswissen wird deutlich, dass einer neuen Konzeptualisierung der Interaktionen zwischen Umwelt und Gesellschaft sowie den Möglichkeiten für einen praktischen Anwendungsbezug der Forschungsarbeiten und deren gesellschaftliche Umsetzung eine zunehmende Bedeutung zugeschrieben wird. Marie Mangold wendet sich in ihrem Beitrag dem Energiestandard des Passivhauses zu und untersucht die Verbreitung von Passivhaus-Modellen und dem damit verbun- denen Wissen in Deutschland und Frankreich. Die Soziologin zeichnet nach, wie diese international als Modell anerkannte und zertifizierte Form des nachhaltigen Bauens 280 Revue d’Allemagne seit den 1990er Jahren in Deutschland entwickelt und während des vergangenen Jahrzehnts zunehmend auch in Frankreich aufgegriffen wurde. Gestützt auf eigene Feldforschung einschließlich zahlreicher Experteninterviews und anderer Quellen analysiert Mangold die Entwicklung des elsässischen Marktes für Passivhäuser wäh- rend der vergangenen Jahre. Abschließend greift sie die Frage auf, welche Probleme und Kontroversen im Zusammenhang mit der lokalen Umsetzung von international anerkannten Standards verbunden sein können. Der Beitrag von Caroline Kramer handelt von den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Rückbaus von Kernkraftwerken. Anhand aktueller Beispiele aus Baden- Württemberg und auf der Grundlage von Befragungen untersucht die Humangeo- graphin, wie die betroffene Bevölkerung und Experten aus den Gemeinden mit den Veränderungen infolge des Rückbaus eines Kernkraftwerks umgehen. Kramer arbeitet heraus, dass trotz einer kritischen Haltung zur Kernkraft weitgehend darauf vertraut wird, dass der Rückbau sicher vollzogen wird. Anlass zur Sorge bietet vor allem die Befürchtung, dass der eigene Standort vom derzeitigen Zwischenlager zum Endlager werden könnte. Aus der Sicht der Befragten hängen die Zukunftsperspektiven der Gemeinde als Wohn- und Wirtschaftsstandort entscheidend davon ab, ob es gelingt, den Rückbau rasch und sicher zu vollziehen, den wirtschaftlichen Strukturwandel langfristig voranzutreiben und Arbeitsplätze zu schaffen sowie vorhandene Stärken der Gemeinde auch weiterhin zu nutzen. Zum Schluss können die eingangs formulierten Fragestellungen noch einmal aufgegriffen werden: Inwiefern lassen sich all diese Ansätze und Beiträge aus unter- schiedlichen disziplinären Feldern der Literatur-, Geistes- und Sozialwissenschaften (u.a. Kulturwissenschaft, Soziologie, Humangeographie und Germanistik) unter dem gemeinsamen Dachbegriff der ‚Environmental Humanities‘ versammeln? Besitzt dieses Konzept in Deutschland und Frankreich überhaupt die gleiche Bedeutung? Bringt es einen Paradigmenwechsel bei der Behandlung umweltbezogener Themen im Bereich der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften zum Ausdruck? Wie wirken die Humanities auf die Frage nach dem Mensch-Umwelt-Verhältnis und umgekehrt wie wirkt diese Frage auf die Humanities? Aus dem vorliegenden Band geht hervor, dass sowohl in Frankreich als auch in Deutschland der Ausdruck ‚Environmental Humanities‘ dazu dient, jene sich her- ausbildenden Forschungsansätze zusammenzufassen, die ein neues Verständnis des Natur-Kultur-Verhältnisses anstreben sowie eine stark ethische und handlungsbezo- gene Dimension aufweisen. Die Forschungsfelder, die sich mehr oder weniger explizit auf die ‚Environmental Humanities‘ berufen, messen auch interkultureller sowie inter- und transdisziplinärer Zusammenarbeit eine große Bedeutung zu. In der Tat zeugen diese Forschungsfelder von einer starken Interdisziplinarität und können sich gegen- seitig nicht ignorieren. Literaturwissenschaftler und Literaturwissenschaftlerinnen können nicht mehr nur auf Literatur oder Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwis- senschaftler auf Gesellschaft fokussieren, sondern sie müssen auch Wissensbestände aus anderen Disziplinen wie Biologie, Ökologie, Ethologie, Emotionsforschung usw. berücksichtigen und einbeziehen. Die Umweltproblematik wirkt so strukturierend, dass sie neue Forschungsfelder ins Leben gerufen hat. Einleitung 281

Die interkulturelle Dimension, und hier genauer der deutsch-französische Ver- gleich, darf auch nicht vernachlässigt werden, weil unterschiedliche kulturelle Tra- ditionen in der Entwicklung dieser Forschungsfelder eine große Rolle spielen, wie es Choné und Hamman jeweils im Bereich der Literatur- und Kulturwissenschaften und der Sozialwissenschaften herausarbeiten. Solche vergleichenden Analysen erfordern eine fundierte Kenntnis beider Kulturgeschichten und eine weitreichende historische Perspektive. Das gilt auch für Forscher und Forscherinnen, die im Bereich grenzüber- schreitender Arbeit tätig sind (Christen, Zwer). Die Frage nach den Forschungsgebieten der Environmental Humanities im fran- zösischen und deutschen Kontext ist umso interessanter, als die beiden „nationalen Traditionen“ der Beziehung zur Natur als sehr unterschiedlich gelten: als Erbe der Auf- klärung in Frankreich, als Erbe der Romantik in Deutschland. Jedoch waren die histo- rischen Prozesse kontrastreicher: das Natur-Deutschland dem kartesischen Frankreich gegenüberzustellen, ist eine vereinfachende Annahme. Die Aufklärung hat nämlich auch andere Wege gesucht (siehe z.B. René Descartes’ Traité des passions de l’âme von 1649) und die französische Romantik war selbst eine wichtige Bewegung (siehe u.a. ihren Vertreter François-René de Chateaubriand), die sogar das amerikanische beeinflusste. Andererseits spielte die deutsche Wissenschaft seit dem Kaiser- reich eine Vorreiterrolle (der erste Nobelpreis für Physik ging 1901 an Wilhelm Conrad Röntgen; 1911 wurde in Berlin die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, die heutige Max-Planck-Gesellschaft, gegründet usw.). Angesichts der aktuellen Fragen zur Wahrnehmung von Natur und Umwelt und nach den wechselseitigen Abhängigkeiten von Kultur und Natur ist der Vergleich besonders interessant: enthüllen die Environmental Humanities diese konzeptuelle Spaltung oder setzen sie diese fort? Diese Ausgabe der Revue d’Allemagne versammelt diesbezüglich mehrere sich ergänzende Ansätze. Um die Existenz zweier unterschiedlicher Traditionen zu erklären, muss einerseits die Genealogie des Wissens über die Natur in beiden Ländern rekonstruiert werden. Alle Beiträge gehen dieser Frage nach und analysieren sie unter drei zusammenhän- genden Gesichtspunkten. Will man die Entstehung der Environmental Humanities in Frankreich und Deutschland untersuchen, muss man sich zunächst mit Herkunft und Wandel der Begriffe auseinandersetzen: Anthropozän, Ökokritik, Ökologie, Wende, Nachhaltigkeit, Postwachstum usw. Es geht darum, aus einer Vielzahl von Indizien und Spuren diese Konzepte herauszuarbeiten: sei es auf dem Gebiet der Literatur (Thober, Choné, Zemanek, Hamm, Hecht), der Presse (Dürbeck) oder der Handbü- cher (Hamman), der sozialen Praktiken der Jagd (Christen), der Ernährung (Zwer), des Wohnens (Mangold) oder der Energie (Kramer). Dies ermöglicht in einem zweiten Schritt, die Erzeugung von Wissen zu hinterfragen. Soll man die Ökokritik als eine neue literarische Auseinandersetzung mit der Natur ansehen, vom ecocriticism bis hin zu den nature- studies (Choné, Zemanek)? Wie helfen die animal studies, das ‚Wissen‘ über die Natur zu überdenken (Hamm, Hecht, Christen)? Während nachhal- tige Entwicklung und Nachhaltigkeit seit Mitte der 1980er Jahre durchaus erfolgreich sind und auf akademischer Ebene, entweder als Objekt (einschließlich um sie einer kritischen Prüfung zu unterziehen) oder als Paradigma, aufgenommen wurden, stellt sich die Frage der damit verbundenen sozialen Praktiken und Neuinterpretationen 282 Revue d’Allemagne von Umwelt- und Naturfragen in Frankreich und Deutschland (Christen, Zwer, Ham- man, Mangold, Kramer). In einem dritten Schritt wird es möglich, sich der Frage der Vermittlung und den Vermittlerinnen und Vermittlern zu widmen. Dies trifft auf die Literatur zu: So wird Hubert Markls Anthropozoikum-Konzept von Benjamin Tho- ber in Bezug auf aktuelle Debatten über das Anthropozän analysiert; man kann auch die Begriffe von décroissance und Postwachstum erwähnen, die sich, je nach Sprache, in Frankreich und Deutschland nicht vollständig überlappen (Hamman). Dies ist auch aus Sicht der sozialen Praktiken auffällig; es ist hier notwendig, eine Vielzahl sozialräumlicher Skalen zu berücksichtigen. Marie Mangold zeigt, wie die deutschen Standards des Passivhaus Instituts in Frankreich beim Bau von Häusern mit hoher Energieeffizienz eingesetzt werden. Gleichzeitig wird die „Regionalisierung“ eserdi Fragen hervorgehoben, wenn im Elsass ein Gewerbeverband für Passivbau entwickelt wird, der sich von einer anderen nationalen Struktur abhebt und ein hybrides Refe- renzsystem schafft. Der Artikel von Guillaume Christen bestätigt dies am Beispiel der Wiedereinführung des Luchses und zeigt unterschiedliche Prozesse und Reaktionen zwischen lokalen Akteuren (einschließlich Jägern) in den beiden nationalen Teilen desselben Regionalparks, nämlich dem grenzüberschreitenden Biosphärenreservat Nordvogesen/Pfälzerwald. Andererseits ermöglichen diese Genealogie des Wissens und die Berücksichti- gung dieser diachronen Dimension, auch der aktuellen Entwicklung von Natur- und Umweltkonzepten besser zu folgen, sowohl im Hinblick auf die Ideengeschichte und der cultural studies als auch hinsichtlich der empirischen und kritischen Grundlagen der Sozialwissenschaften. Dies stellt binäre Interpretationsansätze in Frage. Philippe Hamman zeigt am Konzept der Nachhaltigkeit, wie es in Frankreich und Deutschland gehandhabt wird. Einerseits wirft dies Fragen zu Paradigmen und eugestaltungenN von Fachbereichen auf: Man kann insbesondere an die Unterschiede und Zusammen- hänge zwischen Umweltsoziologie und Risikosoziologie denken, aber auch an den Platz der kritischen Soziologie bzw. an die Bewegung der ökologischen Modernisie- rung auf beiden Seiten des Rheins. Es ergeben sich auch in Bezug auf die untersuchten Objekte unterschiedliche Methoden (insbesondere in der sozialwissenschaftlichen Literatur) zwischen den Lehrbüchern und spezialisierteren oder engagierteren Wer- ken, die jeweils unterschiedliche Diffusionswege und Porositäten aufweisen. Es ist also wichtig, die gleichzeitigen Forschungen zu verwandten Fragestellungen und ihre gegenseitige Rezeption in den Blick zu nehmen – und zwar nicht nur, weil Internationalisierung gefragt ist, sondern weil es letztlich darum geht, ökologische Probleme, die transnational und global sind, zu begreifen und gemeinsam Lösungs- ansätze zu entwickeln. Die Zirkulation des Wissens sollte daher einen zentralen Platz einnehmen. Dabei wird auch die Bedeutung der anglophonen Sphäre für diesen Wissenstransfer deutlich, weil diese eine besondere Rolle im globalisierten Austauschmechanismus einnimmt; dies spiegeln die bibliographischen Angaben in mehreren Beiträgen wider (insbesondere Dürbeck und Choné, aber auch Thober und Zemanek). Fragen aus der angloamerikanischen Forschung sind in Frankreich und Deutschland im Umlauf, ohne dass dies auf irgendeinen „Vormarsch“ oder eine „Verzögerung“ hindeutet. Zum Beispiel wurde vor allem durch die angloamerikanische Forschung zum Nature Einleitung 283 writing der Ecocriticism bzw. die Ecocritique nach Frankreich importiert (Choné). Auch die zwischen deutschen Forschenden und angloamerikanischen Netzwerken geknüpften Verbindungen tragen zu diesem Wissenstransfer bei, wie z.B. das von der Alexander von Humboldt-Stiftung unterstützte Environmental Humanities Trans- atlantic Research Network (5), an dem Gabriele Dürbeck und Evi Zemanek beteiligt sind. Eine einseitige Fokussierung einer einzelnen Forschungskultur wäre nicht sehr zielführend, um einen Bereich zu erkunden, der die klassischen disziplinären Gren- zen sprengt. So lautet die Lektion dieses Bandes, und dies in jedem der drei Bereiche: Ökokritik bzw. Literaturökologie, animal studies und Nachhaltigkeitsforschung (6). Deshalb verlangt diese Ausgabe der Revue d’Allemagne von den Forschenden eine kritische Reflexion über das eigene Denken und über die Aufforderung zur Produk- tion eines „systemischen“, „komplexen“ und „integrierten“ Wissens, wie sie bei der Erforschung der Wechselwirkung zwischen Naturwissenschaften und Sozialwissen- schaften seit der letzten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt (7). Ohne zu versuchen, eine erschöpfende und vereinheitlichte Synthese der bestehenden Arbeiten zu präsentie- ren, möchten wir über die Neukonfiguration dieser Disziplinen und ihrer Objekte in der aktuellen Produktion interdisziplinärer Fragestellungen berichten; dies ist ein weiteres Merkmal der hier versammelten Beiträge, und dies gilt für beide Sprachen. Bleibt die Herausforderung für die Environmental Humanities, sich nicht mit der (wenn auch unerlässlichen (8)) wissenschaftlichen Reflexion zu begnügen, sondern For- schung und Handeln miteinander zu verknüpfen: Wie lebt man heute mit der Natur (9)? Der vorliegende Band legt den Akzent auf vier Themenfelder: das Anthropozän- konzept (Dürbeck, Thober), die Kultur- und Literaturökologie (Choné, Zemanek), die Frage nach Mensch-Tier-Relationen (Hamm, Hecht, Christen) und die Nach- haltigkeitsproblematik (Zwer, Hamman, Mangold, Kramer), wobei anhand von Beispielen aufgezeigt wird, wie sich diese Themenbereiche sukzessive innerhalb der Environmental Humanities herausgebildet und miteinander verbunden haben, um neue Forschungsfelder aufzuspannen – und zwar Anthropocene Studies, Ecocriticism/ Ökokritik, Animal Studies und – die miteinander kommunizie- ren und zueinander vielfältige Brücken schlagen. Eben diese Brücken bringen zum Ausdruck, wie die ‚Environmental Humanities‘ funktionieren und weshalb sich ein all diese Ansätze zusammenführender ‚Umbrella-Term‘ als notwendig erwiesen hat.

5 environmentalhumanitiesnetworkdotorg.wordpress.com. 6 Siehe auch Ursula Kluwick und Evi Zemanek (Hg.), Nachhaltigkeit interdisziplinär. Konzepte, Dis- kurse und Praktiken. Ein Kompendium, Köln, Böhlau, 2019. 7 Siehe Nicole Mathieu und Marcel Jollivet (Hg.), Du rural à l’environnement. La question de la nature aujourd’hui, Paris, L’Harmattan, 1989. 8 Siehe Guillaume Blanc, Élise Demeulenaere und Wolf Feuerhahn (Hg.), Humanités environne- mentales. Enquêtes et contre-enquêtes, Paris, Publications de la Sorbonne, 2017. 9 Choné/Hajek/Hamman (Hg.), Rethinking Nature (note 3).

Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 285 T. 51, 2-2019

Der Mensch als Gärtner oder Parasit der Erde: Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016)

Gabriele Dürbeck *

Etablierung des interdisziplinären Anthropozändiskurses Seit 2000 hat sich die aus den Erdsystemwissenschaften stammende Anthropo- zän-Hypothese in den verschiedenen Disziplinen der Natur-, Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften etabliert. Als Idee und Konzept kommt dem Anthropozän mittlerweile die Rolle eines Mems zu, das sich in unterschiedlichen kulturellen Kon- texten und verschiedenen kommunikativen Zusammenhängen wie Ausstellungen und Bildungsinstitutionen sowie durch informationstechnologische Praktiken rasant ausbreitet (1); insofern lässt es sich auch als „kulturelles Konzept“ (2) bezeichnen. Der vorliegende Beitrag untersucht, wie und mit welchen Narrativen und Metaphern der Anthropozän-Diskurs in der deutschsprachigen Qualitätspresse vermittelt und der Leserschaft nahegebracht wird. Seitdem der Atmosphärenchemiker Paul Crutzen und der Limnologe Eugene F. Stoermer den Begriff des Anthropozän für eine neue erdgeschichtliche Epoche mit dem Menschen als dominanter geophysikalischer Faktor in die geologische und umweltwissenschaftliche Debatte eingeführt haben (3), wird der Beginn des neuen

* Professorin für Literatur- und Kulturwissenschaften an der Universität Vechta, gabriele.duerbeck@ uni-vechta.de. 1 Giovanna Di Chiro, „ and the Anthropocene Meme“, in: Teena Gabrielson et al. (Hg.), The Oxford Handbook of Environmental Political Theory, Oxford, Oxford University Press, 2016, S. 362-381. 2 Helmuth Trischler, „The Anthropocene. A Challenge for the History of Science, echnology,T and the Environment“, N.T.M. – Journal of the History of Science, Technology and Medicine, 24/3 (2016), S. 309-335, hier S. 318. 3 Paul J. Crutzen und Eugene F. Stoermer, „The ‚Anthropocene‘“, Global Change Newsletter, 41 (2000), S. 17f.; Paul J. Crutzen, „Geology of Mankind“, Nature, 415 (2002), S. 23. 286 Revue d’Allemagne

Erdzeitalters erörtert (4). Neben der wenig verbreiteten Auffassung, das Anthropozän bestehe bereits seit dem Jungpleistozän oder dem Neolithikum (5) sahen viele Vertreter gute Gründe, die Erfindung der Dampfmaschine um 1780 und die dadurch ausgelöste industrielle Revolution als Beginn des neuen Erdzeitalters anzusehen (6). Als weiterer stratigraphischer Marker wurde das Jahr 1610 vorgeschlagen, da sich bereits hundert Jahre nach der Eroberung Nord- und Südamerikas massive sichtbare Veränderungen des Landes zeigten (7). In den letzten Jahren hat sich bei der Anthropocene Working Group die Auffassung durchgesetzt, dass die Zeit um Mitte des 20. Jahrhunderts als stratigraphische Grenze optimal sei (8); in dieser Zeit nahm die sog. „Große Beschleu- nigung“ durch Hochindustrialisierung mit entsprechend sprunghaftem Anstieg der Treibhausgase und anderer beunruhigender „Erdsystemtrends“ ihren Gang (9). Nach Berechnungen des Erdsystemwissenschaftlers Erle C. Ellis sind mittlerweile mindestens 75% der bewohnbaren Erdoberfläche von Menschen kultivierte Natur, die er als „Anthrome“ bezeichnet (10). Demnach ist „Natur“ mittlerweile in großem und planetarem Maßstab vom Menschen kulturell und technisch überformt. Galten die Veränderungen der „Natur“ lange Zeit als relativ gleichförmig und vorhersehbar, haben die vielfachen und massiven Eingriffe des Menschen zu irreversiblen Schäden, abrupten Veränderungen und nicht kontrollierbaren Rückkopplungsschleifen von Erdsystemprozessen geführt, die sich nicht mehr mit einem herkömmlichen Kausali- tätsverständnis fassen lassen und die Wissenschaften vor ganz neue Herausforderun- gen stellen. Deshalb wird die Diagnose dauerhafter anthropogener Veränderungen des Planeten und seiner begrenzten Ressourcen mit der Forderung von „a responsible of the Earth System“ (11) verbunden. Seit 2009 berät eine mittlerweile 38köpfige internationale Arbeitsgruppe, die Inter- national Commission on Stratigraphy (ICS) der Geological Society, London, unter dem Vorsitz von Jan Zalasiewicz über die Einführung einer neuen geologischen Epoche auf der internationalen chronostratigraphischen Zeitskala. Der erste Durchbruch geschah Ende August 2016, als die Anthropocene Working Group auf dem 35. Kon- gress der Geological Society in Kapstadt mit deutlicher Mehrheit für die offizielle Anerkennung des neuen Erdzeitalters stimmte. Zur wissenschaftlichen Fundierung

4 Z.B. Jan Zalasiewicz et al., „The Anthropocene: A New Epoch of Geological Time?“, Philosophical Transactions of the Royal Society, A 369, 1938 (2011), S. 835-841. 5 Z.B. William F. Ruddiman et al., „Defining the Epoch We Live in. Is a Formally Designed ‚Anthropo- cene‘ a Good Idea?“, Science, 348 (2015), S. 38-39. 6 Darunter zunächst auch P. J. Crutzen, „Geology of Mankind“ (Anm. 3) und Will Steffen et al., „The Anthropocene: Are Humans Now Overwhelming the Great Forces of Nature?“, Ambio, 36/8 (2007), S. 614-621. 7 Simon L. Lewis und Mark A. Maslin, „Defining the Anthropocene“, Nature, 512 (2015), S. 171-180. 8 Colin N. Waters et al., „The Anthropocene is Functionally and Stratigraphically Distinct from the Holocene“, Science, 351/6269 (2016), S. 2622. 9 Will Steffen et al., „The Trajectory of the Anthropocene: The Great Acceleration“, The Anthropocene Review, 2/1 (2015), S. 81-98. 10 Erle C. Ellis und Navin Ramankutty, „People on the Map. Anthropocenic Biomes of the World“, Frontiers in and the Environment, 6/1 (2008), S. 439-447. 11 Paul J. Crutzen und Will Steffen, „How Long Have We Been in the Anthropocene Era?“, Climatic Change, 61/3 (2003), S. 251-257, hier S. 256. Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016) 287 müssen in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten die formalen Nachweise via Global Boundary Stratotype Section and Point (GSSP) und der Bestimmung eines sog. „Gol- den Spike“ erbracht werden (12). Doch unabhängig von dieser Entscheidung hat sich das Anthropozän bereits in den verschiedensten Wissenschaften etabliert und wird zunehmend als „inter- und transdisziplinäres Brückenkonzept“ und „Querschnitts- aufgabe“ angesehen (13), die eine Kooperation von Natur-, Sozial- und Geisteswissen- schaften verlangt. Zugleich ist die Idee einer neuen Erdepoche auch durch die Medien und die popu- larisierende Wissenschaftskommunikation einer breiteren Öffentlichkeit vermittelt worden (14). Im Mai 2011 titelte die britische Wochenzeitschrift The Economist plakativ: „Welcome to the Anthropocene“ (15). 2013-2014 fand im Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin unter Crutzens Schirmherrschaft ein groß angelegtes inter- und transdisziplinäres „Anthropozän-Projekt“ statt, fortgeführt mit „Technosphere“ (2015-2019) und den „Anthropocene Lectures“ (2017-2018), das auch in der Publizistik viel Resonanz erfahren hat. Ebenfalls mit dem Titel „Willkommen im Anthropozän“ warb eine mit dem Carson Center for Environment and Society entwickelte Sonderaus- stellung im Deutschen Museum München (2014-2016) (16). In wissenschaftlichen Abhandlungen und der Publizistik wird auffallend häufig auf wiederkehrende Narrative, Bilder und Metaphern zurückgegriffen, die das Anthropozän in seiner Komplexität erfassen und anschaulich machen sollen. Es lassen sich fünf Nar- rative unterscheiden (17), die einen Hauptprotagonisten (die Menschheit), einen Plot mit Ursache-Wirkungs-Verhältnissen sowie eine räumliche und zeitliche Struktur aufwei- sen und zusammen der Sinnstiftung dienen: 1. das Katastrophen-Narrativ, wonach die Rede über das Anthropozän einer „apokalyptischen Logik“ (18) folge; 2. das Gerichtsnar- rativ, das nach den Schuldigen fragt, die historisch in den Industrieländern des Globalen Norden (19) oder im modernen Kapitalsystem ausgemacht werden, weshalb pointiert auch

12 Colin N. Waters et al., „Global Boundary Stratotype Section and Point (GSSP) for the Anthropo- cene Series: Where and How to Look for Potential Candidates“, Earth Science Reviews, 178 (2018), S. 379-429. 13 Gabriele Dürbeck, „Das Anthropozän in geistes- und kulturwissenschaftlicher Perspektive“, in: Gab- riele Dürbeck und Urte Stobbe (Hg.), Ecocriticism. Eine Einführung, Köln, Böhlau, 2015, S. 107-119. 14 Z.B. Christian Schwägerl, Menschenzeit. Zerstören oder gestalten? Die entscheidende Epoche unseres Planeten, München, Riemann Verlag, 2010; Reinhold Leinfelder, „‚Die Zukunft war früher auch besser‘ – Neue Herausforderungen für die Wissenschaft und ihre Kommunikation“, in: Nina Möl- lers et al. (Hg.), Willkommen im Anthropozän. Unsere Verantwortung für die Zukunft der Erde, Mün- chen, Deutsches Museum Verlag, 2015, S. 97-102. 15 www.economist.com/node/18744401. 16 N. Möllers et al., Willkommen im Anthropozän (Anm. 14). 17 Vgl. dazu ausführlich Gabriele Dürbeck, „Narrative des Anthropozän – Systematisierung eines interdisziplinären Diskurses“, Kulturwissenschaftliche Zeitschrift, 2/1 (2018), S. 1-20. Etwas anders gelagert sind die vier Narrative von Christophe Bonneuil, „The Geological Turn. Narratives of the Anthropocene“, in: Clive Hamilton et al. (Hg.), The Anthropocene and the Global Environmental Crisis. Rethinking Modernity, London/New York, Routledge, 2016, S. 15-31. 18 Peter Sloterdijk, „Das Anthropozän – ein Prozess-Zustand am Rand der Erd-Geschichte?“, in: Jür- gen Renn und Bernd Scherer (Hg.), Das Anthropozän. Zum Stand der Dinge, Berlin, Matthes & Seitz, 2015, S. 25-44, hier S. 36. 19 W. Steffen et al., „The Trajectory of the Anthropocene“ (Anm. 9), S. 91. 288 Revue d’Allemagne vom „Kapitalozän“ (20) gesprochen wird; 3. das Narrativ der Großen Transformation, die in einer Mischung aus der „Verminderung“ der Ursachen der Umweltzerstörung und „Maßnahmen der vernünftigen Anpassung“ (21) durch bessere Technologien und höhere Umwelteffizienz, notfalls auch durch verminderten nsumKo besteht (22); 4. das (bio-)technologische Narrativ, in dem starke technokratische Eingriffe wie etwa Geo- engineering und ökomodernistische Ideen (23) propagiert werden; und schließlich 5. das reflexiv ausgerichtete Interdependenz-Narrativ, wonach das Anthropozän als Chance gesehen wird, „den Menschen posthumanistisch neu zu denken“ und ihn als einen „Teil von Netzwerken verteilter Handlungsträger“ zu konzipieren, „die auch Tiere, Pflanzen, Substanzen und Gegenstände einschließen“ (24). Diese fünf Narrative artikulieren zum Teil stark divergierende politische, ökonomische, ethische und anthropologische Wert- haltungen und Interessen und werden strategisch zu deren Durchsetzung eingesetzt. Sie dienen aber auch der kritischen Reflexion der Vormachtposition des Menschen sowie etablierter epistemologischer Kategorien (z.B. der Subjekt-Objekt-Dichotomie), die ins- besondere im Interdependenz-Narrativ artikuliert wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, das Anthropozän erscheint als ein Meta-Nar- rativ mit gemeinsamen Strukturmerkmalen, das (a) die Menschheit als geophysika- lische Kraft begreift, (b) eine planetarische Perspektive auf die globale Umweltkrise wirft, (c) eine tiefenzeitliche Zeitdimension aufweist, (d) eine enge Wechselbeziehung von „Natur“ und Kultur im Horizont des Erdsystemkonzepts annimmt und (e) daraus eine ethische Verantwortung des Menschen für die Zukunft und die Sicherung des Überlebens der menschlichen Zivilisationen ableitet.

Das Anthropozän in der deutschsprachigen Publizistik Grundlage der folgenden Auswertung ist eine Recherche mit den Stichwort Anthropo- zän in den Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und Frankfurter All- gemeine Sonntagszeitung (FAS), Süddeutsche Zeitung (SZ), Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und tageszeitung (taz) im Zeitraum von 2010 bis 2016 (25). Vor 2010 sind so gut wie keine Artikel in der deutschsprachigen Presse zu finden (26). In der Mehrzahl der Artikel wird

20 Jason W. Moore (Hg.), Anthropocene of Capitalocene? Nature, History, and the Crisis of Capitalism, Oakland, CA, PM Press, 2016. 21 Michael D. Mastrandrea und Stephen H. Schneider, „Vorbereitungen für den Klimawandel“, in: Paul Crutzen, Mike Davis, Michael D. Mastrandrea, Stephen H. Schneider und Peter Slot- erdijk, Das Raumschiff hat keinen Notausgang. Energie und Politik im Anthropozän, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 2011, S. 11-59, hier S. 17f.; Will Steffen et al., „The Anthropocene: Are Humans Now Overwhelming the Great Forces of Nature?“, Ambio, 36/8 (2007), S. 614-621, hier S. 619. 22 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Welt im Wandel Gesellschaftsvertrag für eine große Transformation, Berlin, WBGU, 2011. 23 John Asafu-Adjaye et al., „Ökomodernes Manifest“ (2015), www..org/. 24 Ursula K. Heise, „Posthumanismus. Den Menschen neu denken“, in: N. Möllers et al., Willkommen im Anthropozän (Anm. 14), S. 38-42, hier S. 40. 25 Bei thematischen Verbindungen werden einzelne Artikel aus dem Spiegel und der Zeit einbezogen, wobei diese beiden Organe aber nicht systematisch ausgewertet wurden. 26 Einer der ersten Artikel zum Anthropozän, der sich v.a. mit der Frage des Beginns der neuen Epo- che befasst, stammt von Holger Dambeck, „Anthropozän: Geologen halten neues Erdzeitalter für erreicht. Klimawandel, Abholzung, Städtebau – die Menschheit verändert den Planeten Erde. Und Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016) 289 der Anthropozän-Begriff sorgsam erläutert. Dabei werden unterschiedliche Aspekte wie Datierung, Darstellung des Ausmaßes des anthropogenen Eingriffs und ethische Zukunftsverantwortung ins Zentrum gerückt. Die folgende Untersuchung richtet sich auf die Fragen, mit welchen Narrativen und Metaphern die Rede vom Anthropozän verknüpft wird und wie sich die genannten Tageszeitungen hierin unterscheiden. Wissenschaftspopularisierung, grüne Technologien und „kulturelle Revolution“ in der FAZ/FAS In der FAZ finden sich die Artikel zum Anthropozän in den Ressorts Wissen/ Wissenschaft und im Feuilleton. Für ersteres verantwortlich zeichnet v.a. Ulf von Rauchhaupt, promovierter Physiker und seit 2008 Leiter des Wissenschaftsressorts der FAS. Sein detaillierter, auf diverse Fachzeitschriften rekurrierender Artikel „Wie kommen wir nur ins Anthropozän?“ vom 31.05.2015 stellt drei Aspekte heraus: Ers- tens betont er das neuartige Mensch-Natur-Verhältnis, bei dem in der Gegenwart die Grenze „verschwimmt“, während diese Bereiche früher als „scharf getrennt“ galten (27). Zum zweiten stellt er die sich im Anthropozän neu ergebende Alternative zwischen „technokratischem Machbarkeitswahn“ und „Fatalismus“ heraus, setzt davon aber mit positiver Wertung eine dritte Möglichkeit ab, nämlich die Biosphäre als „einen pfleglich zu bewirtschaftenden Garten“ (28) zu betrachten. Drittens befasst sich der Artikel ausführlich mit den verschiedenen zeitlichen Markern für den Beginn der geologischen Epoche, die auch durch Graphiken illustriert wird. Interessant ist, dass der Autor hier die „gesellschaftliche Relevanz“ von Periodisierungsfragen aufwirft, aber zugleich die Wichtigkeit der Neutralität der Wissenschaft betont: Ginge man von einem frühen Start des Anthropozän im Neolithikum vor ca. 11.700 Jahren oder auch in der Zeit um 1610 vor Beginn der Nationalstaaten aus, würde die Verantwortlich- keit der westlichen Welt vermindert; die Annahme eines späten Starts um 1945 durch die globale Ausbreitung freigesetzter Radionuklide sowie die Große Beschleunigung, für die sich Vertreter der Anthropozän-Arbeitsgruppe aussprechen, könne hingegen „verdächtigt“ werden, mehr „politischen Druck“ ausüben zu wollen (29). Der Artikel

zwar so stark, dass britische Geologen bereits von einem neuen Erdzeitalter sprechen – dem Anth- ropozän. Sie diskutieren jetzt über den sinnvollsten Zeitpunkt, der den Beginn der neuen Epoche markieren soll“, Der Spiegel vom 28.01.2008. 27 Ulf von Rauchhaupt, „Wie kommen wir nun ins Anthropozän? Unsere Spezies greift inzwischen derart tief in Erdprozesse ein, dass man überlegt, ein neues geologisches Zeitalter einzuführen. Das ist gar nicht so einfach“, FAS, 22, 31.05.2015, S. 58f., zugleich FAZ vom 10.06.2015 (Wissen). 28 Ebd. – Auch Leinfelder spricht von einem möglichen Weg zu einem „funktionstüchtigen Anthro- pozän“, wenn wir „gegensteuern“ und „unser Wissen zum gärtnerischen Gestalten der Welt“ mit „Demut“ einsetzen, wofür er vier parallele Pfade aufzeigt, den reaktiven „Suffizienz-, High-Tech- Weg“: Reinhold Leinfelder, „So gelingt die Menschenzeit“, bild der wissenschaft, 12 (2015), S. 64-66, hier S. 66; vgl. auch das Interview „Wir Weltgärtner. In dieser Woche wird in Berlin eine neue erd- geschichtliche Epoche eingeläutet: Das Anthropozän. Der Begriff soll unser Denken verändern“. Ein Gespräch mit dem Geobiologen Reinhold Leinfelder, von Ulrich Schnabel, Die Zeit online, Nr. 3, 10.01.2013, www.zeit.de/2013/03/Anthropozaen-Projekt-Berlin-HKW-Leinfelder. 29 U. von Rauchhaupt, „Wie kommen wir nun ins Anthropozän?“ (Anm. 27). Auch Mayer verdeutlicht, dass sich mit den Datierungen „auch politische Akzentsetzungen […] verknüpfen lassen“, siehe Hel- mut Mayer, „Kommt das Anthropozän?“, FAZ vom 31.08.2016 (Feuilleton). 290 Revue d’Allemagne enthält wesentliche Elemente des Narrativs der Großen Transformation, indem der technokratischen Variante die positiv bewertete Vorstellung der „Biosphäre als ein pfleglich zu bewirtschaftender Garten“ gegenüberstellt wird. Der Wissenschaftsjournalist Christian Schwägerl, der mit seinem populärwissen- schaftlichen Buch Menschenzeit. Zerstören oder Gestalten? Wie wir heute die Welt von morgen erschaffen den Anthropozän-Diskurs maßgeblich vorangebracht hat, behan- delt in seinem FAZ-Artikel vom 15.01.2016 ebenfalls die Datierungsfrage und hebt die neue Favorisierung der Zeit zwischen 1945-50 hervor, als „die Große Beschleu- nigung von Transport, Konsum und Abfallproduktion ihren Lauf nahm“ (30). Der Artikel unterstreicht die Legitimität des Begriffs Anthropozän unabhängig davon, ob er nun offiziell geowissenschaftlich anerkannt oder nur „metaphorisch“ gebraucht wird (31). „Die Narben der Zivilisation“ mit „Plastik, Beton, Atomtechnik, Überdün- gung, Müllbergen, Umweltverschmutzung, Klimawandel“ (32) jedenfalls sind für den Autor unübersehbar. Gegenüber technik- und kapitalismuskritischen Positionen, die in der Anthropozän-Idee „eine Art Trojanisches Pferd von Technokraten“ sähen und sogar von „Kapitalozän“ sprächen, verteidigt Schwägerl das Anthropozän als „eine Art Bewusstwerdungsprozess […], wie tief unsere menschliche Verantwortung in die Zukunft reicht“; mit Crutzen sieht er das Anthropozän als Auftrag für die Menschheit, „zu Bewahrern des Erdsystems zu avancieren“ (33). Diese optimistische Position folgt dem Narrativ der Großen Transformation, indem sie den noch vorhandenen Gestal- tungspielraum des Menschen betont (34). Die mehrheitliche Entscheidung der Anthropocene Working Group für die Ausrufung einer neuen geologischen Epoche nimmt Schwägerl in einem weiteren Artikel zum Anlass, über die „aktiv gestaltende gesellschaftliche Rolle“ der Geologen zu reflektie- ren, und hebt die Zukunftsverantwortung im Anthropozän hervor (35). Indem er es als „Epoche der Geistes-Geologie“ bezeichnet, unterstreicht er die Bedeutung der Geis- teswissenschaftler, die nun auch in die Anthropozän-Arbeitsgruppe aufgenommen

30 Christian Schwägerl, „Die Narben der Zivilisation. Die Erdepoche ‚Anthropozän‘ gibt es noch nicht. Der Begriff ist vor allem ein Bild – dafür, wie radikal wir den Planeten verändern. Jetzt gibt es neue belastende Daten“, FAZ vom 15.01.2016 (Wissen). 31 Ebd. 32 So bringt es ein weiterer Artikel des Autors auf den Punkt: Christian Schwägerl, „An der Schwelle zur Menschheits-Epoche“, FAZ vom 07.01.2016 (Wissen). 33 Ebd. 34 Dieselbe Position vertritt der Autor auch in einem Zeit-Artikel, wo er mit Bezug zu Erle Ellis die starke anthropogene Veränderung des Planeten gegenüber einem vormals natürlichen Ökosystem, die „Gebraucht-Erde“ als „Human-System“ in den Blick rückt und auch hier mit Crutzen die Rolle des Menschen als Gestalter, „Hüter und Bewahrer des Erdsystems“ hervorhebt, obgleich er die große Herausforderung der Aufgabe einer großen Transformation, an der man auch scheitern könne, nicht verschweigt. Christian Schwägerl, „Planet der Menschen. Klimakonferenzen und Umweltschutz stecken in der Sackgasse. Mit unserem romantischen Bild der Natur kommen wir nicht weiter. ‚Unbe- rührt‘ ist sie schon lange nicht mehr. Das Anthropozän hat begonnen, das Zeitalter der Menschen, sagen Wissenschaftler. Gerade weil wir die Natur verändern, sind wir untrennbar mit ihr verbunden. Das zu akzeptieren birgt die beste Chance, die Erde zu retten“, Die Zeit vom 18.02.2014. 35 Christian Schwägerl, „Forschungen der Anthropocene Working Group. In der neuen Zeit sterben alte Gewissheiten“, FAZ vom 19.09.2016 (Erde & Klima). Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016) 291 worden seien. Zugleich führt er sich widersprechende Interpretationen des Anthropo- zän an: Entgegen einer katastrophischen Deutung als „Summe aller Umweltprobleme“ oder als mögliche Verstärkung des Anthropozentrismus lasse es sich vielmehr als Weg sehen, „die tiefe Einbindung des Menschen in Erdabläufe verstehen und respektieren zu lernen“ (36), womit zumindest implizit das Interdependenz-Narrativ anklingt. Eine deutlich distanzierte Position gegenüber dem Anthropozän als neue schwarz- grüne Utopie, vertritt Joachim Müller-Jung, Feuilleton-Redakteur im Ressort Natur und Wissen der FAZ (37). Grüner Klimapolitikwandel sei zunehmend mit „harter Wirt- schaftspolitik“ vermählt, wenn sie grüne Technologien und Gentechnik propagiert. Bedenkt man, dass der Artenschwund ungebremst ist und die Kohlendioxidemissi- onen nicht zurückgegangen, vielmehr um fast 40% gestiegen sind, nähmen sich die neuerlichen Utopien vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) über das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) bis zum Siemens-Vor- stand als wenig effektiv aus. Sein Artikel als einer der zeitlich ersten ist aus Anlass von Schwägerls Buch Menschenzeit (2010) geschrieben. Müller-Jung äußert sich skeptisch gegenüber dessen „atemberaubender planetarer Vision“, die ein „grünes gerechtes Utopia“, einen „Weltaufgang“ im Unterschied zu den in der Ökodebatte oft verbrei- teten Untergangsszenarien durch den „schieren Willen“ schaffen wolle; er sieht auch einen Widerspruch zu Crutzens Anthropozänkonzept, das von den krisenhaften Ver- änderungen des Klimas ausgehe (38). Ein umfangreicher Gastbeitrag des Kulturwissenschaftlers Hartmut Böhme im Feuilleton der FAZ vom 09.08.2016 reflektiert die „genetische Revolution“ im Anthro- pozän ebenfalls sehr kritisch und setzt sich unter dem Titel „Die zweite Schöpfung der Natur“ intensiv mit der Öko-Enzyklika „Laudatio Si“ von Papst Franziskus auseinan- der (39). So wenig der Autor deren „problematisch[en] Universalitätsanspruch“ teilt, so sehr schließt er sich der Interpretation von Franziskus an, es brauche eine „kulturelle Revolution“, um gegen den rücksichtslosen Raubbau an der Natur durch die hoch- entwickelten Industriestaaten, Machteliten und Kapitalsysteme sowie die ungerechte Verteilung der Güter vorzugehen, wodurch der Mensch zum „Parasiten“ der tellus mater geworden sei (40). Das Anthropozän sieht Böhme als eine „Mega-Erzählung mit mehreren Ausgängen“ und stellt das „Narrativ vom ‚Ende der Geschichte‘“ und das „apokalyptische Katastrophen-Narrativ“ einem „technischen Rettungs-Narrativ“ mit der Befürwortung technologischer Reparaturmaßnahmen gegenüber (41). In Biotech-

36 Ebd. 37 Joachim Müller-Jung, „Die Stadt erscheint im Anthropozän. Es gibt sie wieder, die ökologischen Utopien: Mitten in der Krise der Klimapolitik propagieren Wissenschaftler das gemeinschaftliche Handeln auf überschaubaren Terrain. Das nachhaltige, kohlenstoffneutrale Leben wird ein urbanes sein“, FAZ vom 25.11.2010 (Wissen). 38 Ebd. 39 Hartmut Böhme, „Die zweite Schöpfung der Natur. Die genetische Revolution wird die Natur funda- mental verändern. Doch was wird aus der Erde, wenn der Mensch sie gestaltet? Und welchen Beitrag kann die christliche Ethik zu der neuen Schöpfungsgeschichte leisten? Ein Gastbeitrag“, FAZ vom 09.08.2016 (Feuilleton). 40 Ebd. 41 Ebd. 292 Revue d’Allemagne nologie und Geoengineering sieht er jedoch „die Hybris der totalen Machbarkeit“ und den „Fortschrittsfetischismus“ am Werke und fordert dagegen „Demut und compas- sio, Schonung und Pflege“, was für ihn im Wortsinn „cultura“ ist (42); für diese Form der Kultur könnte auch der weiter oben erwähnte Garten stehen. Zusammenfassend liefert die FAZ/FAS ein vielfältiges und differenziertes Bild vom Anthropozän. Da letztlich alle fünf Narrative – ob positiv oder negativ – verwendet werden, finden in derselben Zeitung in den unterschiedlichen Ressorts kontroverse Standpunkte ihren Platz, wenn auch das Narrativ der Großen Transformation den Angelpunkt der Auseinandersetzung bildet. Leben in einem „besseren Anthropozän“ – Berichterstattung in der SZ Auch in der Süddeutschen Zeitung fand im Untersuchungszeitraum eine facet- tenreiche Auseinandersetzung mit dem Anthropozän in den Ressorts Wissen und Feuilleton statt. Ein Artikel von Axel Bojanowski, Journalist für Klima, Umwelt und Geoforschung, nimmt ebenfalls die Datierungsfrage in den Blick und gibt zu beden- ken, dass der Beginn des neuen Zeitalters mit der Industrialisierung nur auf die „west- liche“ Welt begrenzt sei und deshalb als geologische Epochengrenze keine „weltweite Gültigkeit“ haben könne (43). Zudem nimmt der Autor Bezug auf die drei Kränkungen des Menschen – die kopernikanische Wende, die Darwinsche Evolutionsbiologie und Freuds Psychoanalyse – und hebt davon die Anthropozän-Idee ab: Zum ersten Mal stehe wieder der Mensch im Zentrum, wobei diese Neuerung jedoch nicht nur als Chance eines neuen Gestaltungsspielraums, sondern auch als neoprometheische Hyb- ris (44) ausgelegt werden kann. In einem späteren SZ-Artikel von Christopher Schrader vom 16.01.2015 (45) wird die zeitliche Datierung des Anthropozän mit Bezug auf zwei aktuelle Artikel in Anthro- pocene Review und Quarternary International (46) revidiert und der Beginn auf die Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, von einigen Wissenschaftlern sogar auf den Tag genau, die Zündung der ersten Atombombe am 16. Juli 1945, festgelegt. Fast jedes Jahr erscheint ein neuer Artikel in der SZ, der die Frage nach dem Beginn des Anth- ropozän aufwirft und damit weitere, meist kritische Aspekte verbindet. Ein wichtiger Referenzpunkt ist die Kommentierung des zweijährigen „Anthropozän-Projekts“ am Haus der Kulturen der Welt (2013-2015) unter Direktor Bernd Scherer. So begrüßt der Wissenschaftsjournalist Jörg Häntzschel dieses Projekt, indem er die Suche „nach effektiveren Formen des Sprechens über die Gegenwart und Zukunft des Planeten“,

42 Ebd. 43 Axel Bojanowski, „Die Epoche Mensch. Das Wirken des Menschen habe die Erde in eine neue geolo- gische Epoche befördert, sagen Wissenschaftler der Universität Leicester in Großbritannien. Hat mit der Industrialisierung ein neues Erdzeitalter begonnen?“, SZ vom 17.05.2010 (Wissen). 44 Vgl. dazu Clive Hamilton, „The Theodicy of the ‚Good Anthropocene‘“, Environmental Humanities, 7 (2015), S. 233-238, hier S. 233. 45 Christopher Schrader, „Am Limit. Die Menschheit verändert den Planeten, womöglich wird bald ein neues Erdzeitalter ausgerufen. Wissenschaftler haben neun Grenzwerte für stabile Lebensbedin- gungen bestimmt – vier davon sind schon überschritten“, SZ vom 16.01.2015 (Wissen). 46 W. Steffen et al., „The Trajectory of the Anthropocene“ (Anm. 9); Jan Zalasiewiczet al. , „When did the Anthropocene begin? A mid-twentieth century boundary level is stratigraphically optimal“, Quaternary International, 383 (2015), S. 196-203. Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016) 293 die Auflösung der Dichotomie von Natur und Kultur sowie die „kognitive Heraus- forderung […], Undenkbares zu denken“ als zentrale Ideen herausstellt (47). Wenn er bemerkt, dass das Anthropozän „nicht ohne seine politische Komponente denkbar ist“, stellt dies die Überleitung zu einem sehr skeptischen Blick in die Zukunft dar. Hier zitiert Häntzschel Wissenschaftler, die das Ausmaß der Zerstörung für so groß halten, dass „die Katastrophe“ unabwendbar sei, und stellt mit der Philosophin Claire Colebrook die mahnende Frage, „was die Welt über uns erzählen wird, wenn wir nicht mehr da sind“ (48). Interessant ist hier die Wendung, dass das Anthropozän selbst als Erzählung mit dem Menschen als „Titelheld des Zeitalters“ angesehen wird, wobei nach dem Aussterben der Menschheit ihre Geschichte nur noch aus den technischen Hinterlassenschaften rekonstruierbar sei. Interessant bei World-end-Szenarien und Katastrophen-Narrativen ist die Frage, aus welcher Perspektive überhaupt noch erzählt werden kann. Unter dem Titel „Aus den Fugen“ (49) greift ein weiterer Artikel desselben Autors (mit zwei Koautoren) das Katastrophen-Narrativ auf, zieht aber insgesamt eine positive Bilanz des Anthropozän-Projekts und der Verbündung von Wissenschaft und Kunst. Unter der Überschrift „jeden Tag ein neuer Staudamm“ wird verdeutlicht, dass die Spuren des Menschen als „Naturgewalt“ noch „in Millionen Jahren sichtbar“ sein wer- den (50). Begrüßt werden deshalb die „erste[n] Versuche, die neue Ära über Gattungs- grenzen hinweg zu kartografieren“, wie diese vor allem in künstlerischen Projekten geschehe. Am Ende ruft der Artikel die Metapher von der Erde als „Patient“ auf, die angesichts der dauerhaften Veränderungen des Planeten jedoch nicht mehr adäquat sei, könne dieser doch nicht mehr durch „Recycling und Energiesparen“, also Mittel der Suffizienz, kuriert werden; vielmehr müsse man die Erde ganz neu denken, heißt es, Bernd Scherer zitierend, was auch bedeute „neue Bilder und Erzählformen“ und mit diesen „eine Lösung zu finden, die dem Anthropozän doch noch ein Wendung zum Guten geben kann“ (51). Das vorherige Katastrophen-Narrativ ist hier also einer leisen Hoffnung gewichen, die sich aber nicht auf effizientere technologische Maß- nahmen stützt, sondern lediglich auf neue Erzähl- und Repräsentationsformen, die nicht mehr von einer Mensch-Natur-Dichotomie ausgehen, d.h. auf eine veränderte Interpretation von der als „Zeitenwende“ betrachteten neuen Epoche (52).

47 Jörg Häntzschel, „Am Beginn eines neuen Erdzeitalters. Sollten in ferner Zukunft einmal Aliens die Geschichte der Erde untersuchen, werden sie feststellen, dass es in unserer Zeit zu radikalen Ver- änderungen gekommen ist. Manche Wissenschaftlicher fordern, die Gegenwart zum Erdzeitalter des Menschen zu erklären. Das Berliner Haus der Kulturen der Welt widmet dem Thema das ‚Anthropo- zän-Projekt‘“, SZ vom 14.01.2013 (Wissen). 48 Ebd. – Vgl. Claire Colebrook, Death of the PostHuman. Essays on Extinction, 1. Bd., Ann Arbor, Open Humanities Press, 2014. 49 Jörg Häntzschel, Catrin Lorch und Alexander Menden, „Aus den Fugen. Ist die Welt noch zu ret- ten? Bestürzt stellen Wissenschaftler das Ausmaß fest, in dem der Mensch zur Naturgewalt geworden ist. Auf einer Tagung in Berlin verbündeten sich jetzt Wissenschaft und Kunst, um es zu begreifen“, SZ vom 26.10.2014 (Kultur). 50 Ebd. 51 Ebd. 52 Das zweijährige „Anthropozän-Projekt“ würdigt Häntzschel in einem weiteren SZ-Artikel als eines, das in „dieser Komplexität und Tiefe beispiellos“ sei, und lobt ausdrücklich die inter- und 294 Revue d’Allemagne

Eine andere Richtung hingegen schlägt der SZ-Artikel im Ressort Wirtschaft von Jan Willmroth ein (53). Auch hier wird das Periodisierungsnarrativ mit dem Schwer- punkt auf der Industriellen Revolution mit der „Ökonomisierung des Menschen“ aufgegriffen, wobei er betont, dass „der weltweite Ressourcenverbrauch zwischen 1980 und 2008 noch einmal um 60 Prozent angestiegen“ sei (54). Die Folgerung ist hier jedoch: Nicht „die Knappheit einzelner Stoffe“ sei das Problem, vielmehr kommt es auf die Art ihrer Nutzung an, wie etwa „neue Technologien“ und „saubere Energie in entlegenen Regionen“ bei den „energieeffizienteren Fabriken in China“ zeigten. Indem Willmroth einräumt, der Mensch sei beim anthropogenen Klimawandel „Täter und Opfer“ zugleich, sieht er in der Idee vom menschengemachten Planeten auch „Chan- cen“. Die Titelaussage „Es gibt kein Zurück“ ist demnach nicht pessimistisch oder dystopisch-warnend gemeint, vielmehr: „Es macht Mut, die Zukunft zu betrachten“, es liege in unserer Macht, ein „bessere[s] Anthropozän“ zu gestalten (55). Dafür wird abschließend der Geograph Erle Ellis zitiert: „Die einzigen Grenzen, die uns dabei gesetzt sind, den Planeten sinnvoll zu verändern, sind unsere Vorstellungskraft und unsere gesellschaftlichen Systeme“ (56), womit ein Bezug sowohl zum Narrativ der Gro- ßen Transformation als auch dem Biotechnologie-Narrativ hergestellt wird. Insofern herrscht auch in der SZ keine alle Ressort übergreifende „editorial line“ (57). Der einzige Unterschied zur FAZ besteht darin, dass sich das Transformations- und Biotechnologie-Narrativ in der SZ im Wirtschaftsteil findet, während es in derFAZ im Ressort Wissen platziert ist. Ansonsten lässt sich in der SZ eine leichte Tendenz für das Katastrophen-Narrativ („aus den Fugen“, „am Limit“) sehen, wobei sich auch vereinzelte Anklänge an das Interdependenz-Narrativ finden. Das Anthropozän als „volkspädagogisches Losungswort“ in der NZZ Bemerkenswert ist, dass bislang kein Artikel detaillierter auf die durch technische und ökonomische Adaptionsleistungen entstehenden unvorhersehbaren Risiken sowie auf globale und regionale sozialökologische und kulturelle Probleme einge- gangen ist. Dies ist anders bei einem Blick in die Neue Zürcher Zeitung der letzten Jahre. Am 05.04.2012 titelt ein Blog in der NZZ „Willkommen im Anthropozän“ (58). Damit nimmt er Bezug auf den genannten Titel vom Economist. Der Autor zitiert auch aus Crutzens Nature-Artikel (2002) und meint, die Internationale Stratigraphische

transdisziplinäre Ausrichtung des Projekts, die „eine neue institutionelle Form der Wissensproduk- tion“ (Scherer) hervorgebracht habe: Jörg Häntzschel, „Das Ministerium für Ideen. Was macht das Haus der Kulturen der Welt in Berlin so besonders? Der Leiter und sein Team stellen die großen Fragen der Menschheit – und sie sprengen dabei die Fächergrenzen“, SZ vom 10.03.2016 (Kultur). 53 Jan Willmroth, „Es gibt kein Zurück. Der Mensch verändert den Planeten in gekanntem Ausmaß. Jetzt hat er sogar sein eigenes Erdzeitalter: das Anthropozän. Das verlangt nach neuen Antworten“, SZ vom 03.01.2016 (Wirtschaft). 54 Ebd. 55 Ebd. 56 Ebd. 57 Jürgen Gerhards, Friedhelm Neidhardt, Dieter Rucht, Zwischen Palaver und Diskurs. Struktu- ren und öffentliche Meinungsbildung am Beispiel der deutschen Diskussion zur Abtreibung, Opladen, Westdeutscher Verlag, 1998. 58 Markus Hofmann, „Willkommen im Anthropozän!“, NZZ vom 05.04.2012 (Allgemein). Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016) 295

Kommission der Geologischen Gesellschaft von London habe bereits 2008 „genügend Beweise“ gefunden, „um das Anthropozän als geologische Epoche anzuerkennen“, er greift also der Entscheidung der Geological Society im Sommer 2016 voraus. Weniger optimistisch klingen zwei NZZ-Artikel des Journalisten und Philosophen Uwe Justus Wenzel. In dem ersten geht er zunächst auf die Datierung des neuen Erdzeitalters ein, dessen Beginn wiederum mit der Industriellen Revolution vor gut 200 Jahren angesetzt wird. Zudem sieht er im Anthropozän ein neues „volkspädago- gisches Losungswort“, mit dem sich der Schopenhauersche „Selbstekel“ angesichts der Zerstörung der Biosphäre „doch noch zum Guten wenden“ solle (59). Dabei betont er die „neue große Erzählung im Zeichen des Menschen“ mit einer bestimmten Dramatur- gie, die auf eine „Peripetie“ angelegt sei, merkt aber kritisch an, dass ein „melancho- lisch klingender Oberton“ bestehen bleibe, da man sich in ironischer Anknüpfung an Max Frisch fragen könne, ob der Mensch „ausgerechnet in dem Zeitalter verschwin- den [wird], das seinen Namen trägt“ (60). Diesen Gedanken vertieft Wenzel in einem weiteren, ausführlicheren NZZ-Artikel zwei Jahre später (61). Zunächst greift er das Bild vom Raumschiff ohne Notausgang auf, das einer ganzen Textsammlung zum Anthropozän im Suhrkamp-Verlag ihren Namen gegeben hat (62). Danach spielt er alternative Mensch-Natur-Verhältnisse anhand der mythologischen Bilder Gaia und Medea durch, Gaia als die „gute Göttin“, Medea als die „Rabenmutter“ (63). Gemäß der Gaia-Vorstellung könne sich die Biosphäre als Gesamtorganismus selbst regulieren, als ob „das Mutterschiff per Autopilot“ flöge; hierfür ließen sich die und andere ökozentrische Richtungen anführen. Die pessimistische „Gegenthese“ wäre die Vorstellung von Medea, einer Mutter, die ihre Kinder tötet und damit – in zugespitzter Form – „sich selbst tötet“; gemäß der „Selbstzerstörungshypothese“ würden auf dem Planeten nur noch Mikroorganismen überleben. Hier bemüht der Autor erneut die Schopenhauersche Rede vom „latenten Selbstekel des Homo sapiens“ sowie das Bild einer von Schimmel überzogenen Erde und verbindet sie – anknüpfend an den Philosophen Ulrich Horstmann – mit der Vorstellung von Menschenflucht und der Unsinnigkeit des Daseins (64). Nach Wen- zels Diagnose werde der vorherrschende Selbstekel im Anthropozän jedoch in eine „manifeste Selbstermunterung“ umgewendet, wobei sich das „erwachende Umweltbe- wusstsein von einst […] zu einem veritablen Erdbewusstsein“ geweitet habe (65). Ebenso kritisch wie die neuerliche Hybris schätzt der Autor die Annahme eines Kollektivsub- jekts ein, wenn er ironisch bemerkt: „Gaia ist alt, krank und pflegebedürftig, darum

59 Uwe Justus Wenzel, „Ein neues Erdzeitalter. Verschwinden wir im Anthropozän?“, NZZ vom 14.01.2013 (Feuilleton). 60 Ebd. 61 Uwe Justus Wenzel, „Göttin Gaia und eine neues Erdzeitalter. Der Schimmer des Marmors. Ist die Erde ein Raumschiff? Ist sie eine gute Göttin oder eine Rabenmutter? Hat sie einen Schimmelüberzug – oder glänzt sie wie ein Juwel? – Eine Expedition in die Bilderwelt“, NZZ vom 24.01.2015 (Feuilleton). 62 Crutzen/Davis/Mastrandrea/Schneider/Sloterdijk, Das Raumschiff hat keinen Notausgang (Anm. 21). 63 U. J. Wenzel, „Göttin Gaia und eine neues Erdzeitalter“ (Anm. 61). 64 Ebd. 65 Ebd. 296 Revue d’Allemagne müssen wir selbst – weltweit vernetzt sind wir schon – wie ein Planet denken und handeln.“ Selbst der Idee eines „Gartens“, in dem „der Mensch die Rolle des Gärt- ners und Züchters sowie auch die eines Ingenieurs der Bionik zu spielen gedenkt“, vermag Wenzel wegen der ihr inhärenten Kontroll- und Unterwerfungslogik nichts Positives abzugewinnen (66). Wenn er abschließend Bezug auf das wissenschaftlich- künstlerische Anthropozän-Projekt im HKW wie auch auf die „ambitionierte Son- derausstellung“ im Deutschen Museum Bezug nimmt, indem er an die 1978 auch im Deutschen Museum gezeigte Ausstellung „Unsere Umwelt – ein vernetztes System“ des Biochemikers und Kybernetikers Frederic Vester erinnert, will er verdeutlichen, dass das Anthropozän gar nicht so neu ist, wie es scheint; vielmehr diene es zur Selbst- ermunterung für eine erdpolitische Verantwortungsrhetorik, in die sich „ein wenig Sündenstolz“ und zugleich Melancholie mischten (67). Ein Kommentar des Journalisten Markus Hofmann in der NZZ vom 25.12.2015 befasst sich mit der „selbstgemachte[n] Erde“ (68) und den Bedrohungen die sowohl für die Umwelt als auch für den Menschen zu bewältigen sind. Auch er geht zunächst auf die Datierungsfrage ein, um aber gleich deutlich zu machen, das Anthropozän werde auch jenseits der offiziellen Anerkennung als Idee Bestand haben (69). Hofmann informiert über das Konzept der „planetarischen Grenzen“, wonach die Forscher- gruppe von Johan Rockström neun Belastungsgrenzen vorgeschlagen hat, innerhalb derer die Menschheit weiterhin prosperieren kann, und macht deutlich, dass heute bereits vier von ihnen – Klimawandel, Biodiversität, Landnutzung sowie Stickstoff- und Phosphor-Kreisläufe – aufgrund menschlicher Aktivitäten überschritten sind (70). Im Anschluss daran setzt sich Hofmann kritisch mit verschiedenen Ansätzen zur Bewältigung der Umweltkrise auseinander und fragt, ob eine „planetare Verwaltung“, wie sie Vertreter der Anthropozän-Arbeitsgruppe fordern, wirklich der richtige Weg sei. Zwar sieht er die Verabschiedung der neuen globalen Nachhaltigkeitsziele der UNO (Sustainable Development Goals) im September 2015 sowie des Klimaabkom- mens in Paris positiv, weist aber auch auf die „nicht überblickbaren Risiken“ bei der Umsetzung hin, wenn zur Erreichung der festgelegten Klimaziele etwa durch großflä- chige Aufforstungsprogramme oder großtechnologische Aktionen wie dem Geoen- gineering das Kohlendioxid künstlich aus der Atmosphäre entfernt wird. Gegenüber solchen Großprojekten einer globalen Verwaltung schlägt er vor, Umweltprobleme „dezentral und auf verschiedenen Ebenen“ anzugehen, was auch „mit demokratischen

66 Ebd. 67 Ebd. 68 Markus Hofmann, „Die selbstgemachte Erde. Wie nie zuvor greift der Mensch in die Umwelt ein. Dies hat im Wohlstand, aber auch Gefahren eingebracht. Den Bedrohungen von Mensch und Natur muss auf allen Ebenen begegnet werden“, NZZ vom 25.12.2015 (Mensch und Umwelt, Kommentar). 69 In einem späteren Artikel resümiert er einen Artikel aus Science, der den Beginn des Anthropozän auf die Zeit Mitte des 20. Jahrhunderts festlegt. Vgl. Markus Hofmann, „Ein neues Erdzeitalter. Geologi- sche Belege für das Anthropozän“, NZZ vom 08.01.2016 (Kommentar). 70 Die weiteren fünf genannten sind: „Ozonabbau, Übersäuerung der Meere, […] Frischwasserverbrauch, Ablagerung von mikroskopischen Partikeln in der Atmosphäre sowie die Belastung durch neue Stoffe wie Nanomaterialien oder kleinste Plastikteilchen“. Vgl. dazu Johan Rockström et al., „Planetary Boundaries: Exploring the Safe Operation Space for Humanity“, Ecological Society, 14 (2009), www. ecologyandsociety.org/vol14/iss2/art32/. Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016) 297

Prinzipien besser vereinbar“ sei. Dabei beruft er sich auf Elinor Ostrom, Trägerin des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften 2009, die nachgewiesen hat, dass „unter der Bedingung von Mitsprache lokale Gemeinschaften natürliche Ressourcen nach- haltig zu nutzen vermögen“ (71). Zum Abschluss warnt der Kommentator vor der Hoff- nung auf einen globalen Steuermann, der uns sicher durch die Stürme führt, indem er fordert: „Den gewaltigen Herausforderungen des Anthropozän muss sich jeder Staat, jede Kommune, jeder Betrieb und am Ende jeder und jede von uns selber stellen“, eine Forderung, in der Forschung als bottom-up-Lösung diskutiert wird (72). Der freie Wissenschaftsjournalist Sven Titz verfasste mehrere Artikel zum Anthro- pozän im Ressort Wissenschaft/Klima und Umwelt der NZZ. Als die Expertenkom- mission sich für das Anthropozän als neues geologisches Zeitalter aussprach, merkt er an, dass es bis zur offiziellen Anerkennung „noch ein langer Weg“ sei und die Ent- scheidung eher einem „Werben“ gleichkomme (73). Diese skeptische Position findet sich auch in Titz’ Artikel vom 04.11.2016, in dem er eine Reihe von Geologen anführt, die in der Einführung des neuen Erdzeitalters keinen „praktischen Nutzen“, sondern eher etwas „Symbolisches“ sehen, da erst nach einigen Tausend Jahren gesagt werden könne, ob es sich um eine neue geologische Epoche oder „eine kurze Übergangsphase“ handele. Insofern spricht Titz vom Anthropozän als von „ein[em] gut gemeinte[n] Mahnruf“ (74). Insgesamt finden sich in der NZZ demnach eher skeptische Töne gegen- über dem Anthropozän. Im Feuilleton dominiert das Katastrophen-Narrativ, wobei Elemente des Interdependenz-Narrativ anklingen. Kapitalozän und das Anthropozän als „Verbrechen“ – Berichterstattung in der taz Auch die taz vermittelt eine kritische Einschätzung des Anthropozän, legt aber einen Schwerpunkt auf das Gerichtsnarrativ. In mehreren Artikeln informiert sie über das groß angelegte Anthropozän-Projekt am Berliner HKW, das positiv aufgenom- men wird (75) auch wenn der Wissenschaftsjournalist Manfred Ronzheimer anmerkt, dass „an der mehrwertigen Kombination von Kultur und Wissenschaft […] noch heftig gearbeitet werden“ müsse (76). Im Unterschied zu den anderen Zeitungen nennt

71 M. Hofmann, „Die selbstgemachte Erde“ (Anm. 68). 72 Vgl. dazu Mastrandrea/Schneider, „Vorbereitungen für den Klimawandel“ (Anm. 21), S. 52. 73 Sven Titz, „Werben für das Anthropozän. Die Menschheit ist zu einem bestimmenden Faktor geo- logischer Prozesse geworden. Deshalb empfiehlt jetzt eine internationale Arbeitsgruppe, ein neues Erdzeitalter auszurufen“, taz vom 30.8.2016 (Wissenschaft/Klima und Umwelt). 74 Sven Titz, „Ein gut gemeinter Mahnruf. Der Mensch verändert die Erde fundamental. Manche For- scher wollen daher ein Zeichen setzen und die geologische Epoche des Anthropozän ausrufen. Aber passt das zum Konzept der geologischen Zeitskala?“, taz vom 4.11.2016 (Wissenschaft/Klima und Umwelt). 75 Zu Beginn des Projekts erscheint ein informierender Artikel von Jörg Sundermeier, „Die Gesellschaft neu definieren. Anthropozän – einer umstrittenen These zufolge leben wir im neuen Erdzeitalter. Was ist da dran? Und ist das ein Grund zur Panik? Unser Autor fasst zusammen, welche Auswirkungen das auf unser Denken haben kann“, taz vom 10.01.2013. 76 Manfred Ronzheimer, „Konferenz zum Anthropozän. Das Zeitalter des Menschen. Nicht mehr die Natur verändert die Erde, sondern der Mensch. Beim Auftakt des zweijährigen Anthopozän-Projekts gab es viel Kunst – und wenig Politik“, taz vom 18.01.2013 (Öko/Wissenschaft). Der Autor zitiert Aussagen von Jürgen Renn, Reinhold Leinfelder und Christian Schwägerl. 298 Revue d’Allemagne er auch die für das Anthropozän-Projekt vom Bund bewilligte Summe von 3.3 Mio. Euro (77). In seinem Artikel „Der Umbau der Erde“ geht Ronzheimer auf die Frage der Datierung ein und hebt die Umweltprobleme hervor, deren Auflistung von der Ozean- erwärmung, Versauerung, Überdüngung, und Überfischung und Plastikverschmut- zung „bereits ein erschreckendes Bild“ ergäben (78). Bei der Frage, wie diese Probleme bewältigt werden können, nimmt er eine ganz ähnliche Haltung ein wie der NZZ- Kommentator Hofmann: So meint Ronzheimer in einem weiteren taz-Artikel, dass die „Rettung der Planeten […] nicht einer Führungscrew von oben gelingen [kann], sondern durch Grasswurzelprozesse an der gesellschaftlichen Basis“; es gebe „kein Cockpit, von dem aus die Steuerung möglich wäre“ (79). Hierfür zitiert er zum einen den britischen Nachhaltigkeitsforscher Andy Stirling, der den Begriff der „Transili- enz“, „Veränderung plus […] Resilienz“, eingeführt hat; zum anderen rekurriert er auf die Systemtheorie Luhmanns, die Kybernetik Frederic Vesters und den DDR-Dissi- denten Rudolf Bahro als radikalen Systemforscher und bedauert, dass diese Ansätze des Systemdenkens in der deutschen Forschung nur noch vereinzelt Platz finde (80). Damit sind aber nicht Erdsystemwissenschaften gemeint, sondern eine Verbindung der verschiedenen Wissenschaften mit der Zivilgesellschaft. Am 13.12.2015 ist ein umfangreicher taz-Artikel zum Anthopozän aus Le Monde diplomatique übernommen (81). Er stammt von dem französischen Wissenschafts- historiker Christophe Bonneuil, der sich durch das wissenschafts- und machtkri- tische Buch The Shock of the Anthropocene (2015) als Koautor bereits einen Namen gemacht hat (82). Das Anthropozän wird hier jenseits der Datierungsfrage seit der Industriellen Revolution explizit als Ausbeutungsgeschichte und als ein „Verbrechen wie früher der Sklavenhandel“ bezeichnet, das es zu bekämpfen gelte; da Umweltzer- störung und Ungleichheit „dieselben Triebkräfte“ hätten, müsse eher von der „Erde im Kapitalozän“ gesprochen werden (83). Der Artikel ist ein moralischer Appell an die reichen Länder, bei dem „Hydrokarbon-Kapitalismus“ nicht mehr mitzumachen und den „Kohlenstoff-Sklavenhändlern das Handwerk zu legen“, gingen doch 63 Prozent der seit 1850 verursachten Emissionen auf das Konto von nur 90 Konzernen und die „stets dominierenden Wirtschaftsmächte“ (84). Damit wird das Katastrophen- explizit

77 Ebd. sowie Manfred Ronzheimer, „Der Umbau der Erde. Eine Wissenschaftstagung im Rahmen des Berliner ‚Anthropozän-Projekts‘ geht der Frage nach, wann das Menschenzeitalter begonnen hat“, taz vom 24.10.2014 (Öko/Wissenschaft). 78 Ebd. 79 Manfred Ronzheimer, „‚Kein Cockpit für die Steuerung‘. Systemwissenschaftler diskutieren über Dürre, Klimawandel und Meeresvermüllung – und sind sich bei der Problemlösung uneins“, taz vom 18.09.2015 (Öko/Wissenschaft). 80 Ebd. 81 Christophe Bonneuil, „Aus: Le Monde diplomatique. Die Erde im Kapitalozän. Ungleichheit und Umweltzerstörung haben dieselben Triebkräfte. Ihre Veränderung wird von Opfern des Hydrokar- bon-Kapitalismus ausgehen“, aus dem Französischen von Ursel Schäfer, taz vom 13.12.2015 (Öko/ Ökologie). 82 Christophe Bonneuil und Jean-Baptiste Fressoz, The Shock of the Anthropocene. The Earth, History and Us, New York, Verso Books, 2015. 83 Ebd. 84 Ebd. Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016) 299 mit dem Gerichtsnarrativ verbunden, wonach die Schuldigen zur Rechenschaft zu zie- hen sind. Kritisch gegenüber anthropogenen Eingriffen ist auch ein Artikel des freien Journalisten Dietmar Bartz (85), in dem er unter dem Stichwort des Anthropozän die Kulturgeschichte und Kultivierung des Bodens als Ausbeutung rekapituliert und auf den 2015 publizierten Bodenatlas (86) aufmerksam macht. Aus Anlass der Ausrufung der neuen Erdepoche durch die Anthropocene Working Group hat die Journalistin Manuela Tomic einen Artikel zum „Verflixten Anthropo- zän“ veröffentlicht (87). Erneut greift sie darin die Datierungsfrage auf und informiert über die mehrheitliche Auffassung für einen Beginn mit der „Great Acceleration“ um 1950, doch stellt sie die wissenschaftliche Frage in den Vordergrund, was für und wider die neue Nomenklatur spricht. Tomic erwähnt auch die Ausweitung des Dis- kurses auf die Geistes- und Kulturwissenschaften, womit sie auch die apokalyptische Rhetorik sowie das Kapitalozän hervorhebt und damit sowohl das Katastrophen- als auch das Gerichtsnarrativ anreißt, das für die taz insgesamt dominant ist.

Fazit Erst ca. zehn Jahre nach der Etablierung des Begriffs, verstärkt ab 2013, stößt das Anthropozän in der deutschsprachigen Presse auf merkliche Resonanz. In allen untersuchten Zeitungen sind die Artikel zum Anthropozän in der Regel in größeren zeitlichen Abständen hauptsächlich im Ressort Wissen bzw. Wissenschaft, zum Teil auch im Feuilleton erschienen. Auslöser für die Berichterstattung waren meist äußere Anlässe wie das Anthropozän-Projekt des Berliner HKW, die Entscheidung der Anthropocene Working Group für die neue geologische Epoche oder das Erscheinen relevanter Publikationen zu deren Datierung. Bedenkt man den Anthropozän-Hype in den verschiedenen Wissenschaften, der bereits zur Institutionalisierung des Kon- zepts geführt hat, wie etwa die Gründung der neuen Zeitschriften Anthropocene (seit 2013) und The Anthropocene Review (seit 2014) zeigt, hat dies in deutschsprachigen Tageszeitungen nicht zu einem vergleichbaren Widerhall geführt. Ein Grund dafür mag sein, dass für die endgültige geologische Durchsetzung des „verflixten Anthro- pozän“ (Tomic) weiterhin noch stratigraphische Beweise erforderlich sind und die publizistische Verkündung der Neuheit unter Vorbehalt steht. Konsequenterweise spielt in den Zeitungsartikeln die Frage der Datierung der neuen Erdepoche eine zen- trale Rolle, die mit einer Rhetorik der Dringlichkeit von technologischen und poli- tischer Lösungen und der Forderung nach ethischer Verantwortung verknüpft wird. Dabei konkurriert die Befürwortung von globalen Steuerungsmodellen (FAZ, zum Teil auch in der SZ) mit der von bottom-up-Lösungen und Grassroots-Bewegungen (NZZ, taz).

85 Dietmar Bartz, „Das Gedächtnis des Bodens. ANTHROPOZÄN. Der Mensch ist zum geologischen Faktor geworden. Auf den Oberflächen und tief unter Tage hat die Zivilisation Spuren hinterlassen, die der Boden nicht so schnell vergisst“, taz vom 26.05.2016. 86 www.boell.de/sites/default/files/bodenatlas2015_iv.pdf. 87 Manuela Tomic, „Neue geologische Epoche. Verflixtes Anthropozän. Eine internationale Forscher- gruppe will seit letztem Jahr ein neues Zeitalter, das Anthropozän, ausrufen. Bei der Umsetzung hakt es jedoch“, taz vom 07.08.2016 (Öko/Wissenschaft). 300 Revue d’Allemagne

Insofern lassen sich in den untersuchten Zeitungen unterschiedliche Tendenzen ausmachen, obgleich in jedem Blatt auch andere Ansichten und Gegenstimmen, in der Regel in unterschiedlichen Ressorts, zu finden sind. So dominiert in der FAZ im Ressort Wissen das Narrativ der Großen Transformation, die einen Bewusstwer- dungsprozess erfordere (Schwägerl); daneben stehen aber auch äußerst skeptische Positionen (so die Müller-Jungs oder Böhmes). Auch in der SZ findet sich das Narrativ der Großen Transformation und der Biotechnologie, ist aber im Unterschied zur FAZ im Wirtschaftsteil platziert, während im Feuilleton derSZ die katastrophische Seite des Anthropozän betont wird. Die Dramaturgie der Katastrophe ist ebenfalls leitend im Feuilleton der NZZ, eine Wendung zum Guten wird aber nicht ausgeschlossen. In der taz dominiert das Gerichtsnarrativ, wonach die Verursacher des Kapitalozäns benannt werden müssen; zugleich hält sie die Suche nach neuen Lösungen durch ver- netztes Denken unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft für notwendig. Das Interde- pendenz-Narrativ kommt in allen Artikeln eher beiläufig vor. Mehrere Zeitungen heben die neue Erzähl- und Repräsentationsformen hervor, die durch den Anthropozän-Diskurs entstanden sind, ohne dies jedoch angemessen in den größeren Kontext der lange bestehenden Umwelt- und Nachhaltigkeitsdebatte einzubetten (Ansätze finden sich am ehesten noch in der NZZ und der taz). Die Wis- senschaftskommunikation nimmt dabei Bezug auf aussagekräftige Metaphern, die das Spektrum des Anthropozän in seiner ganzen Ambivalenz zum Ausdruck bringen: der Mensch mag Gärtner (auch Erd- oder Weltgärtner) oder Parasit sein, die Erde erscheint als kranker Planet, als Patient oder als Raumschiff ohne Notausgang, für das weiterhin die Bedienungsanleitung gesucht wird.

Zusammenfassung Obwohl noch geologische Hypothese hat das Anthropozän sich rasant in den Natur-, Sozial-, Geistes und Kulturwissenschaften, den Künsten und der Öffentlichkeit eta- bliert. Zum Überblick über diesen Diskurs unterscheidet der Artikel zunächst fünf Narrative des Anthropozän: (1) das Katastrophen-, (2) das Gerichts-, (3) das „Große Transformations“-, (4) das biotechnologische Narrativ sowie (5) das Interdependenz- Narrativ von Natur und Kultur. Auf dieser Basis untersucht der Artikel deren Prä- senz vergleichend in den deutschsprachigen Tageszeitungen FAZ/FAS, SZ, NZZ und taz zwischen 2010-2016. In der Regel erscheint ein Artikel aus aktuellem Anlass, etwa die wissenschaftliche Entscheidung über die formelle Anerkennung einer neuen geolo- gischen Epoche, eine neue Ausstellung zum Anthropozän oder die Publikation eines neuen wissenschaftlichen Ergebnisses zum Thema. Alle Zeitungen kommentieren die viel diskutierte Frage des Beginns der neuen Erdepoche. Ansonsten sind, auch wenn überall unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen, klare Tendenzen unterscheidbar: In der FAZ im Ressort Wissen dominieren die optimistisch ausgerichteten Narrative der Großen Transformation und der Biotechnologie einer planetarischen Verwaltung (Metapher des Weltgärtners), wenngleich es auch skeptische Töne gibt. In der SZ ist diese Position im Wirtschaftsteil platziert, während im Feuilleton die katastrophische Seite des Anthropozän (Mensch als Parasit der Erde) dominiert. Auch die NZZ betont die Dramaturgie der Katastrophe, schließt aber eine Wendung zum Guten nicht aus, wenn Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016) 301 statt einer globalen „Führungscrew“ von oben dezentrale Lösungen auf verschiedenen Ebenen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaften angestrebt werden. Diese endenzT ist ebenfalls in der taz leitend, die als einzige auch das Gerichts-Narrativ verwendet und den in den Geistes- und Kulturwissenschaften verbreiteten Alternativ-Begriff des Kapitalozäns aufgreift.

Résumé Alors qu’il n’est encore qu’une hypothèse géologique, l’Anthropocène s’est imposé dans les sciences de la nature, les sciences sociales, humaines et culturelles, ainsi que dans les arts et dans la sphère publique. Pour donner un aperçu de ce discours, le présent article distingue tout d’abord cinq récits sur l’Anthropocène : (1) celui de la catastrophe, (2) le récit judiciaire, (3) celui de la « Grande Transformation », (4) le récit biotechnologique et (5) le récit d’interdépendance de la nature et de la culture. Partant de là, l’article identifie et compare ces récits dans les quotidiens de langue allemande FAZ/FAS, SZ, NZZ et taz entre 2010 et 2016. En général, un article est publié en raison de l’actualité, à l’occasion de la reconnaissance officielle par les scientifiques d’une nouvelle époque géologique, lors d’une nouvelle exposition sur l’Anthropocène ou de la publication d’un nouveau résultat scientifique sur le sujet. Tous les journaux commentent la question controversée du début de cette nouvelle ère géologique. Bien que des voix divergentes se fassent entendre, on peut clairement distinguer certaines tendances : dans la rubrique « Savoir » de la FAZ dominent les récits optimistes de la « Grande Transformation » et de la biotechnologie d’une administration planétaire (avec la métaphore du jardinier du monde), même si l’on y perçoit quelques notes sceptiques. Dans la SZ, on retrouve ce type de récit dans la rubrique économique, tandis que le discours catastrophiste de l’Anthro- pocène (l’homme en tant que parasite de la Terre) l’emporte dans le feuilleton. La NZZ insiste aussi sur la dramaturgie de la catastrophe, mais n’exclut pas un retournement favorable si, au lieu de faire appel à une « équipe dirigeante » opérant par le haut, on recherche des solutions décentralisées à tous les niveaux et qui impliqueraient la société civile. Cette tendance domine également dans le taz, seul journal à recourir également au discours judiciaire et à la notion alternative de capitalocène, utilisée dans le champ des sciences humaines et culturelles.

Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 303 T. 51, 2-2019

„Natur unter Menschenhand“? Zur Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl im Hinblick auf die aktuelle Anthropozän-Debatte

Benjamin Thober *

Einleitung „Dem Paläo-, Meso- und Neozoikum folgt […] ein Anthropozoikum“ (1), formulierte in den 1980er-Jahren der Biologe und spätere Präsident der Max-Planck-Gesellschaft Hubert Markl. Die Menschheit sei mit ihrer umfassenden Naturbeherrschung für ein präzedenzloses Artensterben verantwortlich, das sich in den geologischen Schichten des Planeten als Faunenschnitt (2) einschreiben werde. Die aktuell geführte Debatte um das Anthropozän, die den Menschen zum entscheidenden geophysikalischen Faktor im Erdsystem erklärt, kennt also begriffliche Vorläufer. Schon Paul J. Crutzen und Eugene Stoermer haben in ihrer berühmt gewordenen Grundlegung der Anthropo- zän-Idee im Jahre 2000 auf Vordenker wie G.P. Marsh (1864), Antonio Stoppani (1873) oder Vladimir Vernadsky (1926) hingewiesen (3). Doch in welchen gesellschaftlichen und historischen Kontexten sind solche Vorläu- fer entstanden und welche Bedeutung haben sie für aktuelle Forschungsdiskussionen? Antworten auf diese Frage können dabei helfen, die Anthropozän-Debatte zu histori- sieren. So haben Christophe Bonneuil und Jean-Baptiste Fressoz jüngst argumentiert,

* Benjamin Thober studiert Interdisziplinäre Anthropologie (M.A.) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, [email protected]. 1 Hubert Markl, „Untergang oder Übergang. Natur als Kulturaufgabe“, in: Hoimar von Dit- furth (Hg.), Mannheimer Forum 82/83, Mannheim, Boehringer, 1982, S. 61-98, hier S. 68. 2 Zum Faunenschnitt vgl. Klaus K.E. Neuendorf et al., Glossary of Geology, Alexandria, VA, American Geosciences Institute, 2005, S. 231. 3 Vgl. Paul Crutzen und Eugene Stoermer, „The ‚Anthropocene‘“, Global Change Newsletter, 41 (2000), S. 17-18. Ähnlich bei Clive Hamilton und Jacques Grinevald, „Was the Anthropocene Anticipated?“, The Anthropocene Review, 2/1 (2015), S. 59-72, hier S. 60. Allgemein zum Konzept des Anthropozäns vgl. auch Will Steffen et al., „The Anthropocene: Are Humans Now Overwhelming the Great Forces of Nature?“, Ambio, 36/8 (2007), S. 614-621. 304 Revue d’Allemagne dass die westlich-modernen Gesellschaften seit dem Beginn der Industrialisierung bewusst ein vom Menschen beherrschtes Zeitalter angestrebt und herbeigeführt hät- ten. Sie verwerfen damit explizit ein gängiges Narrativ des Anthropozäns, wonach die Menschheit erst im späten 20. Jahrhundert von den interdisziplinär entstehenden Erdsystemwissenschaften über das globale Ausmaß umfassender Naturzerstörungen aufgeklärt worden sei (4). Eine entgegengesetzte Lesart vertreten Clive Hamilton und Jacques Grinevald, die den Anthropozän-Diskurs durch den erdsystemwissenschaft- lichen Paradigmenwechsel seit den 1980er-Jahren erst ermöglicht sehen: Die Debatte basiere auf einer neuartigen Sicht der Erde als holistisch zu verstehendes Ökosystem unter Einbezug der globalen Atmosphäre. Eine Auseinandersetzung mit Vorläufer- konzepten in früheren Jahrzehnten sei daher nicht zielführend (5). Im Rahmen dieses Aufsatzes soll das Anthropozoikum-Konzept von Hubert Markl genauer untersucht werden, das in der Forschung bislang unterbelichtet geblieben ist. Dadurch leistet die Studie einen Beitrag zur Historisierung der Anthropozän-Idee und beschäftigt sich mit der Frage, wie das „Zeitalter des Menschen“ in unterschiedlichen Zusammenhängen jeweils diskursiv sowie narrativ begründet und dargestellt wird. Ein historisierender Blick auf solche Diskurse bzw. Narrative kann zeigen, dass die ver- schiedenen Positionen zum Anthropozän und Anthropozoikum zeit- und kontextge- bunden und damit letztlich kontingent sind (6). Das Konzept von Markl, so meine These, ist selbst nach den Maßstäben von Hamilton und Grinevald ein partieller Vorläufer der von Crutzen begründeten Anthropozän-Debatte. Es folgt einer Prämisse, die historisch und fachwissenschaftlich bedingt zwar zunächst an andere Diskurslinien anschließt, sich mit der Zeit jedoch neueren Anregungen öffnet und sogar die erdsystemwissen- schaftliche Perspektive integriert. Noch stärker zeigt sich die Verwandtschaft jedoch in den Menschenbildern und narrativen Ausgestaltungen von Anthropozän und Anthropozoikum, denn beide Konzeptionen vertreten ein naturalistisches Weltbild. Insofern darf fast als überraschend gelten, dass Markls Überlegungen in der aktuellen Forschungsdiskussion kaum fortwirken (7). Um diese These zu prüfen, sind die Überle-

4 Vgl. Christophe Bonneuil und Jean-Baptiste Fressoz, The Shock of the Anthropocene. The Earth, History and Us, London/New York, Verso, 2016, insbes. S. xi-xiii, 72-84, 170-197. 5 Hamilton/Grinevald, „Was the Anthropocene Anticipated?“ (Anm. 3), insbes. S. 60-62, 66f. Den Dissens zur Position von Bonneuil/Fressoz deuten die beiden Autoren selbst an, vgl. S. 60. 6 Vgl. hierzu auch Falko Schmieder, „Urgeschichte der Nachmoderne. Zur Archäologie des Anthro- pozäns“, Forum Interdisziplinäre Begriffsgeschichte, 3/2 (2014), S. 43-48, der die aktuelle Anthropo- zän-Debatte historisch kontextualisiert und den „spezifische[n] historische[n] Index von Crutzens Prägung“ (S. 47) in der Politischen Ökologie der 1970er-Jahre erblickt. Die Debatte zu den Narrativen des Anthropozäns wird inzwischen breit geführt, m.E. besonders reflektiert bei Christophe Bonneuil, „The Geological Turn. Narratives of the Anthropocene“, in: Clive Hamiltonet al. (Hg.), The Anthro- pocene and the Global Environmental Crisis. Rethinking Modernity in a New Epoch, London/New York, Routledge, 2015, S. 17-31, und Bonneuil/Fressoz, The Shock of the Anthropocene (Anm. 4), S. 47-64. 7 Markls Anthropozoikum-Konzept wird in der aktuellen Anthropozän-Debatte zwar gelegentlich aufgegriffen, meist aber nicht eingehend diskutiert, vgl. etwa Elmar Altvater, „Wachstum – Globa- lisierung – Anthropozän. Steigerungsformen einer zerstörerischen Wirtschaftsweise“,Emanzipation , 3/1 (2013), S. 71-88, hier S. 80-82; Christian Schwägerl, Menschenzeit. Zerstören oder gestalten? Wie wir heute die Welt von morgen erschaffen, München, Riemann, 2012, S. 26; oder Jens Kersten, „Das Anthropozän-Konzept. Kontrakt – Komposition – Konflikt“, Zeitschrift für rechtswissenschaftliche Forschung, 3 (2014), S. 378-414, hier S. 379. Allenfalls Eckart Ehlers, Das Anthropozän. Die Erde Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl 305 gungen Markls genau zu befragen: In welche wissenschaftlichen, ökonomischen und politischen Kontexte stellt der Biologe sein Nachdenken über die ökologische Krise ein? Welches Menschenbild liegt dem Anthropozoikum zugrunde? Und schließlich: Welche Bezüge lassen sich zum aktuellen Anthropozän-Diskurs herstellen? Den Grundstein meiner Analyse bildet eine Reihe von Aufsätzen, in denen Hubert Markl sein Anthropozoikum-Konzept explizit thematisiert. Dieses Quellenkorpus habe ich durch Texte des Biologen ergänzt, die ohne den Begriff des Anthropozoi- kums auskommen, jedoch einzelne Themenfelder des von ihm neu konzipierten Erd- zeitalters genauer beleuchten. Markl hat seine Überlegungen zum Anthropozoikum nach der ersten Einführung im Jahre 1982 nämlich nicht mehr systematisch reflek- tiert, sondern den Begriff eher als eine Art Schlagwort benutzt, um seine wiederkeh- renden Überlegungen zur ökologischen Problematik zu etikettieren. Insofern geht es mir nicht um eine systematische Begriffsrekonstruktion, sondern vielmehr darum, jene thematischen Konstellationen in Markls Denken zu beleuchten, die der Biologe mit der Idee eines Anthropozoikums verbindet. Meine Analyse fragt in einem ersten Schritt nach der wissenschaftlichen Grundle- gung des Anthropozoikums. Anschließend diskutiere ich dessen politisch-ökonomi- schen Aspekte, die im Spannungsfeld zwischen den „Grenzen des Wachstums“ und der „Ökologischen Modernisierung“ verortet werden können. Den Abschluss bildet eine Auseinandersetzung mit dem Menschenbild des Anthropozoikums. Dafür greife ich auf Konzepte der Philosophischen Anthropologie Helmuth Plessners zurück, mit der Markls Argumentation kritisch hinterfragt werden kann. Meine Argumentation schließt sich einer in Teilen des Anthropozän-Diskurses geäußerten Kritik an natu- ralistischen Betrachtungsweisen an und stellt Plessners Anthropologie als möglichen Ausweg zur Debatte (8). Das Anthropozän-Konzept dient meiner Untersuchung als durchgehende Vergleichsfolie, die stets mitberücksichtigt werden soll.

Zur Wissenschaft des Anthropozoikums: Vom Artensterben zum Erdsystem Warum bezeichnet Hubert Markl das von ihm antizipierte „Zeitalter des Men- schen“ als Anthropozoikum, während in der aktuellen Forschungsdiskussion vom Anthropozän gesprochen wird? Der geowissenschaftliche Hintergrund für diese abweichende Begriffsverwendung ist eine unterschiedliche Bezugnahme auf die mehrfach gestaffelte geologische Zeitskala: Beispielsweise gehört die seit etwa 10.000 Jahren andauernde Epoche des Holozäns zur übergeordneten Periode des Quartärs. Das Quartär selbst ist Teil der geologischen Ära des Känozoikums. Auf das aktuelle Erdzeitalter kann also mit verschiedenen Begriffen referiert werden – je nachdem, auf welcher Ebene ein Bezug hergestellt wird (9).

im Zeitalter des Menschen, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2008, S. 13, 30 und 249f., lässt anklingen, dass er Markls Überlegungen auch heute noch für bedenkenswert hält. 8 Einen solchen Vorschlag hat inzwischen auch Christopher A. Howard, „Posthuman Anthropology? Facing Up to Planetary Conviviality in the Anthropocene“, Impact, 6/1 (2017), S. 20-25 unterbreitet. 9 Vgl. Elizabeth Kolbert, Das sechste Sterben. Wie der Mensch Naturgeschichte schreibt, Berlin, Suhr- kamp, 2015, S. 116. 306 Revue d’Allemagne

Der Beginn eines neuen Erdzeitalters wird im Anthropozän-Diskurs insbesondere mit der Ablösung des vergleichsweise beständigen Holozän-Klimas verbunden und mithin auf der epochalen Ebene verortet (10). Das Anthropozoikum-Konzept betont dagegen die Gefahr eines beispiellosen Artensterbens, das zu einem Faunenschnitt in den geologischen Schichten des Planeten führen werde. Die großen Faunenwechsel, die Hubert Markl in seinem Aufsatz als Referenzpunkte nennt, sind historisch jeweils zur Grenzziehung auf den übergeordneten Zeitebenen der Periode sowie der Ära genutzt worden. Folgerichtig bezeichnet das Anthropozoikum den Wechsel in eine neue geologische Ära (11). Die Begriffsbildung erhellt insofern die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und fachlichen Hintergründe der beiden Konzepte: Während der Atmosphärenchemiker Paul J. Crutzen einen Wandel in der Funktionsweise des Erdsystems ursprünglich insbesondere mit klimatischen Veränderungen seit dem Beginn der Industrialisierung um 1800 verknüpfte (12), widmet sich der Biologe Hubert Markl hauptsächlich dem Artensterben in der Biosphäre. Zentral ist für Markl dabei die neue Qualität des menschlich bedingten Anpas- sungsdrucks auf Flora und Fauna: Bereits heute – so der Biologe in den 1980er-Jahren – sei der Artenverlust vergleichbar mit „den vermutlich höchsten Aussterberaten wäh- rend der dramatischsten Faunenschnitte der Erdgeschichte“ und die Geschwindigkeit steige, analog zum Bevölkerungswachstum, weiter an (13). Zwar verortet Markl den Beginn dieser Entwicklung bereits bei den Jäger- und Sammlergesellschaften der Eis- zeit, doch hebt er insbesondere den Anstieg der Aussterberate seit etwa 1600 hervor, der sich in der Gegenwart nochmals beschleunigt habe. Daraus leitet der Biologe eine besondere Dringlichkeit der aktuellen Situation ab, für die der Mensch die alleinige Verantwortung trage: Die Überlebenschancen einer Vielzahl von Arten seien durch Jagd, Lebensraumzerstörung, Reduktion des Nahrungsangebotes und die Belastung der Umwelt mit Giftstoffen erheblich reduziert (14). Die Argumentation von Markl betont einen vom Menschen ausgehenden Selektionsdruck auf die Biosphäre und ist damit letztlich evolutionsbiologisch fundiert: Der evolutionäre Erfolg der Mensch- heit, vorangetrieben insbesondere mit kulturellen Mitteln, werde für den Rest der Bio- sphäre zum Nachteil. Langfristig sei der Artenverlust aber auch für das menschliche Überleben problematisch (15). Mit seinen Überlegungen zum Artensterben knüpft Hubert Markl an einen zeit- genössisch-biologischen Diskurs an. Er bezieht sich unter anderem auf Arbeiten des Paläontologen Heinrich K. Erben sowie der Ökologen Paul und Anne Ehrlich. Ein

10 Vgl. etwa Bonneuil/Fressoz, The Shock of the Anthropocene (Anm. 4), S. 14f., 24; Andreas Malm und Alf Hornborg, „The Geology of Mankind? A Critique of the Anthropocene Narrative“, The Anthropocene Review, 1/1 (2014), S. 62-69, hier S. 63; F. Schmieder, „Urgeschichte der Nachmoderne“ (Anm. 6), S. 47. 11 Vgl. H. Markl, „Untergang oder Übergang“ (Anm. 1), S. 64-68. 12 Vgl. F. Schmieder, „Urgeschichte der Nachmoderne“ (Anm. 6), S. 47. Es gibt inzwischen auch kon- kurrierende Vorschläge für den Beginn des Anthropozäns. Einen Überblick verschiedener Positionen bieten Bonneuil/Fressoz, The Shock of the Anthropocene (Anm. 4), S. 3, 14-18. 13 H. Markl, „Untergang oder Übergang“ (Anm. 1), S. 66. 14 Vgl. ebd., S. 67-70. 15 Vgl. Hubert Markl, „Evolution und Gentechnik“, in: Hubert Markl, Evolution, Genetik und menschliches Verhalten, München/Zürich, Piper, 1986, S. 12-37, hier S. 12-15, 27f. Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl 307 wichtiger Schnittpunkt in den Diagnosen dieser Autoren ist das Thema des Bevölke- rungswachstums, oft im expliziten Rückbezug auf dasPrinciple of Population (1798) von Thomas Robert Malthus, das auch Markl in seinen Schriften diskutiert (16). Damit nimmt das Anthropozoikum-Konzept an einem hochpolitischen Diskurs zu den „Grenzen des Wachstums“ teil, der später noch genauer zu beleuchten sein wird. Die aktuelle Anthropozän-Debatte wiederum basiert auf einem neuen Forschungs- paradigma, das im Rahmen der interdisziplinär aufgestellten Erdsystemwissen- schaften konzipiert wurde. Die Erde müsse demnach holistisch „as a total complex ‚ecosystem‘, including the global climate system“ verstanden werden (17). Der System- gedanke habe vormals weitgehend isoliert betrachtete ökologische und physikalische Prozesse – „from the planet’s core to the atmosphere and out to the moon“ – zu einem hochgradig vernetzten Gefüge integriert: Der Begriff des Erdsystems beschreibe den Planeten als „dynamic, unified, functioning totality“ (18). Zentral für dieses Verständ- nis war die von James Lovelock und Lynn Margulis formulierte Gaia-Hypothese, deren bis heute gültigen Grundannahmen sich erst in den 1980er-Jahren in der For- schung nachhaltig etablieren konnten (19). Diesem wissenschaftsgeschichtlichen Wan- del entsprechend, wurde das für Markl entscheidende Thema des Artensterbens im Anthropozän-Diskurs zwar von Beginn an fortgeführt, jedoch weniger stark akzen- tuiert. Im Sinne der planetary boundaries, einer Kernidee im Kontext des erdsystem- wissenschaftlichen Paradigmas, wird der Verlust von Biodiversität nur als eines von zahlreichen Problemfeldern beschrieben, die das komplexe Gefüge des Erdsystems negativ beeinflussen können (20). Die jeweiligen Schwerpunktsetzungen von Anthropozän und Anthropozoikum spiegeln insofern unterschiedliche fachliche Entstehungskontexte. Sie unterliegen zudem wissenschaftlichen Konjunkturen. Dies zeigt sich besonders deutlich in der Rückschau auf die Rezeption der Treibhausgas-Problematik bei Hubert Markl: Der Klimawandel galt dem Biologen noch 1982 als vernachlässigbares Problem, dessen wissenschaftlichen Grundlagen bislang nicht vollständig gesichert seien (21). Spätestens in den 1990er-Jahren rezipierte Markl mit dem Gaia-Konzept jedoch einen zentralen

16 Zu den Bezugsautoren des Biologen vgl. die Literaturliste von H. Markl, „Untergang oder Übergang“ (Anm. 1) (Belege im Fließtext bietet Markl nicht). Zu den Malthus-Bezügen vgl. Hubert Markl, „Ent- faltung und Begrenzung biologischer Populationen“, in: Hubert Markl, Natur als Kulturaufgabe. Über die Beziehung des Menschen zur lebendigen Natur, Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt, 1986, S. 114-138, hier S. 126-128; Heinrich K. Erben, Leben heißt Sterben. Der Tod des einzelnen und das Aussterben der Arten, Hamburg, Hoffmann und Campe Verlag, 1981, S. 155-157. In Paul Ehrlich und Anne Ehrlich, Extinction. The Causes and Consequences of the Disappearance of Species, New York, Random House, 1981, fehlt ein expliziter Malthus-Bezug, doch gilt Paul Ehrlich als Neo-Malthusia- ner, vgl. Sabine Weiland, Politik der Ideen. Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, Großbritannien und den USA, Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2007, S. 33. 17 Hamilton/Grinevald, „Was the Anthropocene Anticipated?“ (Anm. 3), S. 67. 18 Clive Hamilton, „The Anthropocene as Rupture“, The Anthropocene Review, 3/2 (2016), S. 93-106, hier S. 94. 19 Vgl. ebd., S. 94f. sowie Hamilton/Grinevald, „Was the Anthropocene Anticipated?“ (Anm. 3), S. 62, 67. 20 Vgl. Johan Rockström et al., „A Safe Operating Space for Humanity“ (2009), in: Libby Robin et al. (Hg.), The Future of Nature. Documents of Global Change, New Haven, Yale University Press, 2013, S. 491-501, hier S. 494f. 21 Vgl. H. Markl, „Untergang oder Übergang“ (Anm. 1), S. 88. 308 Revue d’Allemagne

Baustein der Erdsystemwissenschaften, betonte die Problematik des Klimawandels und verknüpfte beide Themenfelder mit seiner Anthropozoikum-Idee (22).

Zur Politik des Anthropozoikums: Grenzen des Wachstums oder Ökologische Modernisierung? Doch wie verortet sich der Biologe Hubert Markl im gesellschaftlichen Diskurs, um seine wissenschaftlich begründete Sorge über den Zustand der natürlichen Umwelt zu vermitteln? In einem Beitrag für den Sammelband Wissenschaftliche Politikbera- tung für die Umwelt schrieb Markl im Jahre 1997, dass „es wohl nicht ein einziges echtes oder vermeintliches Umweltproblem gibt, das nicht zuallererst von Naturwis- senschaftlern entdeckt und bekanntgemacht worden wäre“ (23). Als Vordenker nennt er unter anderem Paul Ehrlich, der vehement auf das Problem der „Überbevölkerung“ hingewiesen habe, und Edward O. Wilson, dem es zu verdanken sei, dass der mas- sive Rückgang der Biodiversität inzwischen als politisch bedeutsames Thema wahr- genommen werde (24). In diese engagierte Tradition fügt sich Markl spätestens seit den 1980er-Jahren mit seinen Schriften ein. So verweist er zur Erklärung des Artenster- bens wiederholt auf das zunehmende Bevölkerungswachstum, durch das der Mensch seinen Einfluss auf die Biosphäre erheblich ausgeweitet habe (25). Vor dem Hintergrund dieser Analyse fordert der Biologe ein anfangs wenig konkretisiertes Programm zur Bevölkerungskontrolle: „Das Ziel der Arterhaltung muß aber auch alle Handlungsanweisungen moralisch ver- werflich erscheinen lassen, die unmittelbar oder mittelbar zur Folge oder gar zum Ziel haben, daß die menschliche Gesamtpopulation weiter anwächst. Dagegen ist es moralisch geboten, alles zu versuchen, mit vertretbaren Mitteln das weitere Anwachsen so schnell wie möglich einzudämmen“ (26). Erst in späteren Veröffentlichungen präzisiert Markl, dass Bevölkerungskontrolle stets auf freiwilligen Maßnahmen beruhen müsse: Unterstützt durch Maßnahmen zur künstlichen Empfängniskontrolle könne jeder Einzelne seine Familienpla- nung steuern. Er hofft auf die Einsicht der Menschheit in ein vermeintlich morali- sches Problem, das die Lebensgrundlagen künftiger Generationen gefährde (27). Um Bevölkerungspolitik erfolgreich gestalten zu können, seien jedoch auch finanzielle

22 Besonders deutlich zeigen sich diese Verbindungen in Hubert Markl, „Warum sind Umwelt und Nachhaltigkeit Zukunftsthemen?“,Gaia , 9/4 (2000), S. 241f., etwas weniger verknüpft bereits in Hubert Markl, „Umweltforschung als angewandte Naturwissenschaft“, in: Hubert Markl, Wissen- schaft gegen Zukunftsangst, München, Carl Hanser Verlag, 1998, S. 127-146, hier insbes. S. 132, 144. 23 Hubert Markl, „Naturwissenschaftliche Forschung und Umweltpolitik“, in: Angela Merkel (Hg.), Wissenschaftliche Politikberatung für die Umwelt. Stationen, Leistungen, Anforderungen und Erfah- rungen, Symposium aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Rates von Sachverständigen für Umwelt- fragen (SRU) am 12. März 1997, Berlin, Analytica, 1997, S. 47-61, hier S. 58. 24 Vgl. ebd., S. 58f. 25 Vgl. etwa H. Markl, „Untergang oder Übergang“ (Anm. 1), S. 74-76; oder H. Markl, „Evolution und Gentechnik“ (Anm. 15), S. 14f. 26 H. Markl, „Untergang oder Übergang“ (Anm. 1), S. 88. 27 Vgl. Hubert Markl, „Natur unter Menschenhand“, in: H. Markl, Wissenschaft gegen Zukunftsangst (Anm. 22), S. 147-162, hier S. 155f. Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl 309

Anstrengungen gefordert, damit in ärmeren Ländern Wohlstand geschaffen wer- den könne (28). Hinter diesem Argument steht die bekannte These, dass steigender Wohlstand zu abnehmendem Bevölkerungswachstum führe (29). Markls moralisch überformte Argumentation greift insofern auch Fragen der globalen Verteilungsge- rechtigkeit auf. Mit seinen Forderungen zur Bevölkerungskontrolle bewegt sich Markl in einem Kontext, der mit der Soziologin Sabine Weiland als neo-malthusianischer Dis- kurs über die „Grenzen des Wachstums“ charakterisiert werden kann und der die Ökologie-Debatte der 1970er-Jahre prägte (30). Zentrales Dokument war der Club of Rome Bericht Limits to Growth von 1972, der mit informationstechnisch gestützten Simulationen auf die Begrenztheit von Ressourcen in einer endlichen Welt auf- merksam machte. Als treibende Faktoren einer drohenden Knappheit galten das Bevölkerungswachstum und die ressourcenhungrige Wirtschaftsentwicklung (31). Markls Texte decken sich aber nicht vollständig mit den Grundannahmen dieses Diskurses, sondern lesen sich wie Suchbewegungen um diesen herum. Zwar ver- mutet der Biologe noch im Jahre 1982, dass sich die Menschheit in den nächsten 50 bis 100 Jahren „den Belastbarkeits- und Produktivitätsgrenzen unserer Erde nähern“ werde (32). Von dieser Position rückt Markl jedoch nur wenig später teil- weise ab: „[K]eine der relevanten ökologischen Belastungsgrenzen [ist] stabil“, so der Biologe im Jahre 1987, „keine hat ein Maximum [...] erreicht“ (33). Eine dramati- sche Verknappung natürlicher Ressourcen sei gerade nicht zu befürchten (34). Diese Um-Akzentuierung deutet darauf hin, dass Markl nicht mehr von grundsätzlichen Wachstumsbeschränkungen ausgeht, die durch das Ressourcenvorkommen auf der Erde objektiv vorgegeben wären (35). Vielmehr konstatiert er explizit, dass die Gren- zen des Wachstums je nach gesellschaftlichem und technologischem Kontext bis zu einem gewissen Grad formbar seien (36). In ökonomischer Hinsicht betont Markls Wachstumskritik zwar, dass die reicheren Länder sich in Zurückhaltung üben und ihren Wohlstand auf hohem Niveau konstant

28 Vgl. etwa Hubert Markl, „Gegenwart der Zukunft“, in: ebd., S. 266-286, hier S. 272f. 29 Diese These wird auch als „Wohlstandstheorie“ bezeichnet, vgl. Diana ummel,H Der Bevölkerungsdis- kurs. Demographisches Wissen und politische Macht, Opladen, Springer, 2000, S. 184f. 30 Vgl. S. Weiland, Politik der Ideen (Anm. 16), S. 32-35. 31 Vgl. etwa ebd., S. 32-34; oder Harald Welzer, Klaus Wiegandt, „Wege aus der Wachstumswelt“, in: Harald Welzer und Klaus Wiegandt (Hg.), Wege aus der Wachstumswelt, Frankfurt, S. Fischer Verlag, 2014, S. 7-11, hier S. 7f. 32 Hubert Markl, „Ökologie des Menschen in historischer Perspektive“, in: H. Markl, Natur als Kul- turaufgabe (Anm. 16), S. 274-315, hier S. 312. 33 H. Markl, „Evolution und Gentechnik“ (Anm. 15), S. 13. 34 Vgl. ebd., S. 16. 35 So charakterisiert S. Weiland, Politik der Ideen (Anm. 16), S. 157, das Paradigma der Grenzen des Wachstums. 36 Vgl. Hubert Markl, „Ökologische Grenzen für den wirtschaftenden Menschen“, in: Konrad Morath (Hg.), Welt im Wandel. Wege zu dauerhaft-umweltgerechtem Wirtschaften, Bad Homburg, Frankfurter Institut – Stiftung Marktwirtschaft und Politik, 1996, S. 19-29, hier S. 24f. Der Biologe gesteht gleichwohl ein: „Die Grenzen sind […] machbar, […] aber sie sind deshalb keineswegs beliebig verschiebbar“ (ebd.). 310 Revue d’Allemagne belassen sollten, statt diesen wie bislang „weit überproportional“ zu vermehren (37). Der Biologe hält aber an der Überzeugung fest, dass die globale Wirtschaft auch in Zukunft weiterhin wachsen müsse – insbesondere, aber nicht nur mit Blick auf die Entwicklungsländer. Während Paul und Anne Ehrlich ausdrücklich den Beginn von Debatten über ein wirtschaftliches Nullwachstum begrüßen (38), warnt Markl: Das „Weltwirtschaftssystem […] darf […] weder stagnieren noch schrumpfen“ (39). Es müsse darum gehen, die Wirtschaftsentwicklung durch wissenschaftliche Innovationen auf eine ökologisch verträgliche Basis zu stellen: „[A]uch in einem ökologisch verantwort- lichen Weltmodell [sind] […] ständig neue Wirtschaftsstrategien zu erfinden […], die die notwendige innere Expansion ermöglichen, das heißt [...] wirtschaftliche[s] Wachstum“ (40). Die Menschheit gerate – und hier wird im Jahre 1994 Markls klare Höherbewertung der Bevölkerungsfrage entgegen einer ökonomisch ausgerichteten Wachstumskritik nochmals deutlich – „nur in einem fast trivialen Sinn an die Gren- zen des Wachstums, nämlich des möglichen Weiterwachsens ihrer Population. Ganz und gar nicht aber stößt sie an die Grenzen des technischen Fortschritts“. Dieser Fort- schritt könne potentiell „[alles] überschreiten, was uns bis heute an Möglichkeiten unserer Lebensgestaltung und vor allem unseres Wirtschaftens verfügbar ist“ (41). Markl erweist sich – trotz der ebenfalls geäußerten Forderung nach einer Ände- rung von Konsumstrategien (42) – insofern als Anhänger eines Entkopplungsszenarios von Wirtschaftswachstum und Ökologie (43), das er als einen „Fortschritt mit Augen- maß“ realisiert sehen will (44). Darunter versteht Markl neben einer Vielzahl kon- kreter Maßnahmen zum Biotop- und Artenschutz (45) insbesondere die Entwicklung ressourcenschonender Technologien sowie die Internalisierung ökologischer Kosten: Die Konsumenten in den wohlhabenden Ländern seien gefordert, einen realistischen Preis für ihren Lebensstil unter Einbezug ökologischer Aspekte zu bezahlen (46). Tech- nische Innovationen für mehr Energieeffizienz, die Nutzung erneuerbarer Ressour- cen und insbesondere der Einsatz von Gen- und Biotechnologie in Landwirtschaft und Industrie könnten der Menschheit zudem helfen, die Biosphäre nachhaltiger zu bewirtschaften (47). Die Entwicklung entsprechender Technologien werde einzelnen Volkswirtschaften wiederum zu einem Wettbewerbsvorteil verhelfen (48).

37 H. Markl, „Ökologie des Menschen in historischer Perspektive“ (Anm. 32), S. 313. 38 Vgl. Ehrlich/Ehrlich, Extinction (Anm. 16), S. 250. 39 H. Markl, „Ökologie des Menschen in historischer Perspektive“ (Anm. 32), S. 314. 40 Ebd., S. 314f. 41 Hubert Markl, „Technischer Fortschritt und geistiger Fortschritt. Wohin führt uns die Wissen- schaft?“,Chemie Ingenieur Technik, 66/10 (1994), S. 1325-1333, hier S. 1328. 42 Vgl. ebd., S. 1329. 43 Zum Konzept und zur Kritik an der Entkopplung, vgl. etwa Niko Paech, „Wege aus der Wachstums- diktatur“, in: Welzer/Wiegandt, Wege aus der Wachstumswelt (Anm. 31), S. 200-219, hier S. 207-211. 44 H. Markl, „Evolution und Gentechnik“ (Anm. 15), S. 35. 45 Vgl. etwa H. Markl, „Untergang oder Übergang“ (Anm. 1), S. 91-97. 46 Vgl. ebd., insbes. S. 92f. 47 Vgl. H. Markl, „Natur unter Menschenhand“ (Anm. 27), S. 157-159; H. Markl, „Evolution und Gentechnik“ (Anm. 15), S. 33-35. 48 H. Markl, „Gegenwart der Zukunft“ (Anm. 28), S. 279f. Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl 311

Solche Ideen fügen sich nahtlos in das Programm der ökologischen Modernisie- rung ein, das seit den 1980er-Jahren in Reaktion auf den Diskurs über die Grenzen des Wachstums entstand. Der damit verbundene Versuch, ökologisches Bewusstsein und wirtschaftlichen Fortschritt zusammenzubringen, dominiert die Umweltschutz- debatte bis heute (49). Doch während in der Diskussion zur ökologischen Modernisie- rung das Bevölkerungswachstum meist keine hervorgehobene Rolle mehr spielt (50), hält Markl im Zentrum seiner Argumentation daran fest, dass eine langfristig trag- bare Populationsgröße bei womöglich nur einer Milliarde Menschen angesetzt wer- den könnte (51). Das Konzept des Biologen bewegt sich insofern als Hybrid zwischen verschiedenen Diskursen, die sich seit den 1970er-Jahren teilweise zeitlich überlap- pend entfalteten. Forderungen zur Bevölkerungskontrolle verloren in der politischen Debatte zwar spätestens seit den 1990er-Jahren an Akzeptanz, weil die restriktiven Maßnahmen Chinas und Indiens in diesem Bereich auf Kritik gestoßen sind (52). In der aktuellen Anthropozän-Diskussion wird Bevölkerungspolitik von manchen Autoren aber noch immer als ernsthafte Möglichkeit in Betracht gezogen (53). Solche Überle- gungen können beispielsweise aus der Perspektive der Politischen Ökologie kritisiert werden, die zurecht argumentiert, dass nicht in erster Linie die Bevölkerungszahl, sondern materieller Wohlstand und Ressourcenverbrauch einer Gesellschaft zur Belastung ökologischer Systeme führen (54). Die Grenzen des Wachstums wurden im Kontext ökologischer Modernisierung durch das Postulat eines „Wachstums in Grenzen“ („growth within limits“) (55) abgelöst – eine Formulierung, die unter anderem Johan Rockström als Wegbereiter der bereits vorgestellten planetary boundaries verwendet: Die Wirtschaft müsse sich innerhalb bestimmter planetarischer Grenzen entwickeln, um die Balance des Erdsystems nicht zu gefährden (56). In der Anthropozän-Debatte reicht die Bandbreite der konkret disku- tierten Maßnahmen von effizienteren Produktionsverfahren in der Wirtschaft bis hin

49 Zur ökologischen Modernisierung vgl. etwa S. Weiland, Politik der Ideen (Anm. 16), insbes. S. 39-44; Martin Bemmann et al., „Einleitung“, in: Martin Bemmann (Hg.), Ökologische Modernisierung. Zur Geschichte und Gegenwart eines Konzepts in Umweltpolitik und Sozialwissenschaften, Frankfurt, Campus, 2014, S. 7-32, hier insbes. S. 12-17. 50 Vgl. Arthur P.J. Mol, „Ecological Modernization as a Social Theory of Environmental Reform“, in: Michael R. Redclift und Graham Woodgate, The International Handbook of Environmental Sociol- ogy, Cheltenham, Edward Elgar, 2010, S. 63-76, hier S. 70f. 51 Vgl. H. Markl, „Natur unter Menschenhand“ (Anm. 27), S. 158. 52 Vgl. Libby Robin et al., „Population. Are We Too Many, or Are We Too Greedy?“, in: L. Robin, The Future of Nature (Anm. 20), S. 15-17, hier S. 17. 53 Vgl. kritisch Malm/Hornborg: „The Geology of Mankind?“ (Anm. 10), S. 65. 54 Vgl. Paul Robbins, Political Ecology. A Critical Introduction, Malden, MA, J. Wiley and Sons, 2012, S. 16. Ähnlich Malm/Hornborg, „The Geology of Mankind?“ (Anm. 10), S. 65. 55 So verbindet Richard Sanders, „Sustainability – Implications for Growth, Employment and Con- sumption“, International Journal of Environment, Workplace and Employment, 2/4 (2006), S. 385-401, hier S. 386, diese Formulierung mit dem Brundlandt-Report zur Nachhaltigkeit von 1987, den S. Wei- land, Politik der Ideen (Anm. 16), S. 38, wiederum im Kontext ökologischer Modernisierung verortet. 56 Vgl. Johan Rockström und Mattias Klum, Big World, Small Planet, New Haven, Yale University Press, 2015, S. 131f. Allgemein zum Konzept vgl. J. Rockström et al., „A Safe Operating Space for Humanity“ (Anm. 20). 312 Revue d’Allemagne zum Einsatz von Geo-Engineering-Technologien, die in den extremsten Szenarien auf eine chemische Manipulation der Erdatmosphäre abzielen (57). Obwohl solche Eingriffe ein unkalkulierbares Risiko darstellen würden, scheinen viele Erdsystemwissen- schaftler sie als möglichen Weg zur Stabilisierung des Erdsystems nicht ausschließen zu wollen (58). Der mit dem Programm der Ökologischen Modernisierung verbundene Wissen- schafts- und Technikoptimismus stößt seit einigen Jahren besonders im Rahmen der Post-Wachstums-Debatte auf Kritik: So erkennt der Ökonom Niko Paech in der „Idee einer nachhaltigen Entwicklung […] geradezu eine Verschärfung des ökonomi- schen und technischen Machbarkeitswahns“, der hinter die Erkenntnisse des Club of Rome-Berichts von 1972 zurückfalle (59). Die Wirtschaft könne insbesondere durch die Problematik von Rebound-Effekten, mit denen etwa die ökologisch schädliche Rein- vestition von Effizienzgewinnen beschrieben wird, nicht ohne negative Umweltfolgen weiterhin wachsen (60). Erstaunlicherweise scheint Hubert Markl diese Problematik sogar zu reflektieren, denn er bezeichnet das Ziel eines „nachhaltigen Wachstum[s]“ noch im Jahre 2000 als „golemhafte[s] Oxymoron“ und klassifiziert es insofern als uneinlösbares Paradox (61). In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass Markls Den- ken weder mit einer (ökonomisch) konsequenten Wachstumskritik, noch mit einem Entwurf wie der Ökologischen Modernisierung vollständig identifiziert werden kann: Radikale Definitionen der Nachhaltigkeit – „nur so viel [zu] verbrauch[en], wie sich von selber regenerieren kann“ – bewertet der Biologe als unrealistisch; weniger weit- reichende Vorschläge wiederum hält er für ökologisch unzureichend (62). Er argumen- tiert insofern aporetisch. Als Ausweg deutet Markl allenfalls die (wissenschaftliche) Weiterbeschäftigung mit den ökologischen Problemlagen an, die schon unmittelbar „heute“ beginnen müsse (63).

Menschenbild I: Das Paradoxon einer „widernatürlichen“ Evolutionsgeschichte Welche Vorstellung vom Menschen liegt dem Anthropozoikum zugrunde? Für Hubert Markl zeichnet sich das neue Erdzeitalter dadurch aus, dass „der Mensch quantitativ wie qualitativ alles Geschehen in der Biosphäre maßgeblich bestimmt“ und seinen Einfluss sogar bis hin zur planetaren Atmosphäre ausgeweitet habe (64). Diese Entwicklung könne mit dem evolutionären Erfolg der Menschheit erklärt wer- den, der seit der neolithischen Revolution – dem Beginn einer organisierten Land-

57 Vgl. etwa Gabriele Dürbeck, „Das Anthropozän in geistes- und kulturwissenschaftlicher Perspek- tive“, in: Gabriele Dürbeck und Urte Stobbe (Hg.), Ecocriticism. Eine Einführung, Köln, Böhlau, 2015, S. 107-119, hier S. 109f. 58 Vgl. etwa ebd. sowie Bonneuil/Fressoz, The Shock of the Anthropocene (Anm. 4), S. 80-82. 59 Niko Paech, „Vom grünen Wachstumsmythos zur Postwachstumsökonomie“, in: Harald Welzer und Klaus Wiegandt (Hg.), Perspektiven einer nachhaltigen Entwicklung, Frankfurt, S. Fischer Ver- lag, 2011, S. 131-151, hier S. 132. 60 N. Paech, „Wege aus der Wachstumsdiktatur“ (Anm. 43), insbes. S. 207-211. 61 H. Markl, „Warum sind Umwelt und Nachhaltigkeit Zukunftsthemen?“ (Anm. 22), S. 242. 62 Ebd. 63 Ebd. 64 H. Markl, „Evolution und Gentechnik“ (Anm. 15), S. 14, vgl. ebd. S. 13f. Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl 313 bewirtschaftung vor etwa 10.000 Jahren – insbesondere auf kulturellen Leistungen beruhe (65). Das Verhältnis zwischen natürlicher und kultureller Evolution erörtert Markl im Rückbezug auf Charles Darwin: Dieser Vorreiter der Evolutionsforschung habe die Biologie mit einem Paradox konfrontiert, indem er den Menschen in die natürliche Entwicklungsgeschichte der Lebewesen einordnete. Inzwischen sei „uns nachdrücklich bewußt geworden, daß alles, was der Mensch ist und tut, aus diesem evolutionären Grund eigentlich ganz natürlich genannt werden kann; daß aber dennoch zugleich nichts, was der Mensch ist und tut, einfach selbstverständlich natürlich sein kann, da der Mensch sich zwar aus der Natur, aber zugleich aus ihr heraus entwickelt hat, so daß gerade das, was ihn als Menschen ausmacht, als Nicht-nur-Tier, als Nicht-mehr-Tier, nur als Gegensatz zu seiner Natürlichkeit verstanden werden kann“ (66). Diese Überlegungen gipfeln in der Feststellung, dass die Kulturfähigkeit des Men- schen ein originärer Bestandteil seiner Natur sei (67). Hubert Markls Argumentation basiert auf biologischen Wissensbeständen. Er ver- tritt – so wird zu zeigen sein – einen naturalistischen Ansatz. Der Biologe kann aber nicht verleugnen, dass ihm die kulturelle Entwicklung des Menschen zugleich als „widernatürlich“ erscheint (68). Um dieses Problemfeld auszuleuchten, lohnt sich mei- nes Erachtens ein kritischer Vergleich mit der Philosophischen Anthropologie Hel- muth Plessners, die seit den 1920er-Jahren entstand. Als „Biophilosophie“ konzipiert, geht dieser Ansatz ebenfalls vom naturwissenschaftlich beschreibbaren Menschen aus (69), verfährt jedoch nicht in den alten Kategorien von Naturalismus und Kultura- lismus (70). Daher eignet sich Plessners Theorie als Korrektiv zu Markl, der die beobach- tete Spannung zwischen menschlicher Natur und Kultur – so werde ich zeigen – nur mühsam durch eine nachträgliche Naturalisierung verdecken kann. „Dem Menschen [ist] die Künstlichkeit wesensentsprechender Ausdruck seiner Natur“, formulierte Helmuth Plessner im Jahre 1928 (71). Wie das Tier lebe der Mensch an ein raumzeitliches Zentrum gebunden, doch zugleich distanziere er sich von die- ser festen Position in der Welt durch reflexive Verfahren: Der Mensch „weiß [um seine eigene] Mitte, erlebt sie und ist darum über sie hinaus“ (72). Plessner bezeichnet

65 Vgl. ebd., S. 28-30. 66 H. Markl, „Natur unter Menschenhand“ (Anm. 27), S. 147. 67 Vgl. ebd., S. 150. 68 Siehe den Argumentationsfortgang. 69 Vgl. hierzu etwa Joachim Fischer, „Biophilosophie als Kern des Theorieprogramms der Philosophi- schen Anthropologie. Zur Kritik des wissenschaftlichen Radikalismus“, in: Gerhard Gamm et al., Zwischen Anthropologie und Gesellschaftstheorie. Zur Renaissance Helmuth Plessners im Kontext der modernen Lebenswissenschaften, Bielefeld, Transcript Verlag, 2005, S. 159-182. 70 Vgl. beispielsweise ebd., S. 177f. 71 Helmuth Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philosophische Anthropologie, Berlin, Walter de Gruyter & Co, 1928, S. 316. Einen Überblick zu Plessners „natürli- cher Künstlichkeit“ bietet etwa Thomas Bek, Helmuth Plessners geläuterte Anthropologie. Natur „und“ Geschichte: Zwei Wege „einer“ Grundlegung philosophischer Anthropologie verleiblichter Zweideutig- keit, Würzburg, Königshausen & Neumann, 2011, S. 89-92. 72 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch (Anm. 71), S. 291. Zur Reflexion in Plessners Anthropologie formuliert Kuno Lorenz, Art. „Philosophische Anthropologie“, in: Horst D. Brandt, Disziplinen der Philosophie. Ein Kompendium, Hamburg, Felix Meiner Verlag, 2014, S. 470-495, hier 314 Revue d’Allemagne diese paradoxe Stellung des Menschen als „exzentrische Positionalität“ (73). Aus die- ser Position resultiere ein Ungleichgewicht gegenüber anderen, näher an der Natur orientierten Lebewesen, das nur mit kulturellen Mitteln ausgeglichen werden könne. Insofern sei der Mensch ein Wesen, das nach dem Grundsatz der „natürlichen Künst- lichkeit“ lebe (74). Hubert Markl wiederum verortet die Kulturfähigkeit des Menschen klar inner- halb des Rahmens der Evolutionsgeschichte. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass Umweltzerstörungen (etwa durch den Einsatz von Pflanzengiften), aber auch Phä- nomene wie der ungebrochene Bevölkerungsanstieg nicht eigentlich gegen die Natur gerichtet seien, sondern auf natürliche Antriebe des Menschen zurückgeführt werden könnten (75). Bislang habe die Menschheit zwar Mittel gefunden, um sich von der Natur zu emanzipieren, jedoch keine neuen Zwecke entwickelt, die dem Naturprozess entge- genstehen würden (76). Aus dieser Beobachtung leitet der Biologe normativ „die Pflicht zu einer Kultur und zu einer Moral der Widernatürlichkeit“ ab (77). Darunter versteht er neben gezielten Maßnahmen zur Bevölkerungskontrolle auch eine stärkere Steuerung von Naturprozessen in der Biosphäre, etwa durch den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft (78). Markl entwickelt insofern eine paradox anmutende und differenzierte Position zur menschlichen Umweltbeherrschung, die zwischen Mitteln und Zwecken kultureller Eingriffe in die Natur unterscheidet. Der Biologe bleibt bei diesem Argumentations- schritt jedoch nicht stehen. In letzter Konsequenz naturalisiert er seine Konzeption und vertritt damit im Gegensatz zu Plessner ein reduktionistisches Modell: So seien kulturelle Eingriffe in die Biosphäre – anders als zuvor behauptet – inkeinem Fall „unnatürlich“, sondern immer Beiträge zu einem „ganz neue[n] […] natürlichen Entwicklungsprozess“ (79). Markls Argumentation wird dadurch inhärent wider- sprüchlich: Der Biologe versteht Kultur einerseits als Bestandteil der natürlichen Evolutionsgeschichte des Menschen. An anderer Stelle insistiert der Biologe jedoch ausdrücklich auf der Trennung von Natur und Kultur (80). Dieses Paradox könnte, so meine Überlegung, unter Zuhilfenahme des von Plessner formulierten Grundsatzes

S. 473: „Plessner […] bestimmt die Fähigkeit zur Rationalität als Selbstbewusstsein und damit als Fähigkeit zur Selbstreflexion, durch die Selbstdistanz – bei Plessner die ‚exzentrische Positionalität‘ – erzeugt wird“. 73 Vgl. H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch (Anm. 71), S. 288-293. Zu Plessners „exzentrischer Positionalität“ vgl. auch T. Bek, Helmuth Plessners geläuterte Anthropologie (Anm. 71), S. 57-65. 74 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch (Anm. 71), S. 309f. 75 Vgl. etwa Hubert Markl, „Die Widernatürlichkeit akzeptieren. Ein Zoologe äußert sich zur Grenze Mensch-Natur“, Tec21, 128/27-28 (2002), S. 15-16. 76 Vgl. Hubert Markl, Dasein in Grenzen. Die Herausforderung der Ressourcenknappheit für die Evolu- tion des Lebens, Konstanz, Universitätsverlag, 1984, S. 32. 77 H. Markl, „Natur unter Menschenhand“ (Anm. 27), S. 155; ähnlich H. Markl: „Die Widernatür- lichkeit akzeptieren“ (Anm. 75). 78 H. Markl, „Natur unter Menschenhand“ (Anm. 27), S. 155-158. 79 Ebd., S. 162. 80 Vgl. Hubert Markl, „Unser Platz“, in: H. Markl, Wissenschaft gegen Zukunftsangst (Anm. 22), S. 9-24, hier S. 17. Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl 315 der „natürlichen Künstlichkeit“ in ein stabiles und weniger widersprüchliches Kon- zept überführt werden. Für Plessner ist der Mensch „konstitutiv [g]leichgewichtslos“, denn „der Konflikt [zwischen Natur und Geist] ist die Mitte seiner Existenz“ (81). Den Menschen kennzeichnet insofern eine „lebendige Spannung [in] der Natur-Geist- Verschränkung“, die keine dichotomische Trennung beider Pole begründet, aber auch keine schlichte Harmonisierung zulässt (82). Die vordergründige Naturalisierung des Anthropozoikum-Konzepts durch Hubert Markl jedoch harmonisiert das Verhältnis von Natur und Kultur und verdrängt damit komplexere Erklärungsansätze.

Menschenbild II: Zur Verantwortung des Menschen Die meisten Teilnehmer des Anthropozän-Diskurses gehen von einer zunehmen- den Annäherung, einer „convergence of human and “ aus (83). Die Ent- wicklung des Menschen zu einem geologischen Faktor unterlaufe die cartesianische Dichotomie von Natur und Kultur und führe zu einer wechselseitig beeinflussten Wirkkraft („mutual agency“) beider Sphären (84). Der schwedische Umwelthistoriker Eric Paglia hat darauf hingewiesen, dass diese Lesart einer anthropozentrischen Per- spektive entspringt: Die Kehrseite der menschlichen Umweltbeherrschung sei gerade eine zugleich abnehmende Bedeutung natürlicher Einflüsse auf die Entwicklung menschlicher Gesellschaften. Insofern zeichne sich das Anthropozän bislang eher durch eine sich verstärkende Divergenz-Entwicklung von menschlicher und natürli- cher Geschichte aus (85). Hubert Markl skizziert diese Entwicklung in ähnlicher Weise: Der moderne Mensch beherrsche die Natur in Folge der naturwissenschaftlich-technischen Entwicklung noch stärker als in den Jahrhunderten zuvor (86). Dies habe zu einer Marginalisierung der Natur geführt, denn „[wo] ehedem Naturgewalten den Menschen bedrohten, da bedroht heute Menschengewalt die Natur“ (87). Dadurch seien im Umkehrschluss aber auch die Lebensgrundlagen der menschlichen Spezies gefährdet (88). Der Biologe nutzt die Metapher des Gartens, um für einen nachhaltigen Umgang mit der Bio- sphäre durch den Menschen zu plädieren und hofft explizit auf eine Versöhnung von Natur und Kultur (89). Damit scheint Markl der divergenten Entwicklung beider Sphä- ren die Vision einer „reflektierten Konvergenz“ („reflexive convergence“) im Sinne Eric Paglias entgegenstellen zu wollen: Diese zeichne sich durch eine rücksichtsvolle

81 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch (Anm. 71), S. 316f. 82 T. Bek, Helmuth Plessners geläuterte Anthropologie (Anm. 71), S. 189, grundsätzlicher zur nicht- dichotomischen Betrachtungsweise auch ebd., S. 37-44. 83 Eric Paglia, „Not a Proper Crisis“, The Anthropocene Review, 2/3 (2015), S. 247-261, hier S. 253. 84 Ebd., S. 248f. 85 Vgl. ebd., S. 249. 86 Vgl. Hubert Markl, „Vorwort“, in: H. Markl, Evolution, Genetik und menschliches Verhalten (Anm. 15), S. 7-11, hier S. 8-10. 87 H. Markl, „Untergang oder Übergang“ (Anm. 1), S. 63. 88 Vgl. ebd. 89 Vgl. H. Markl, „Natur unter Menschenhand“ (Anm. 27), S. 161f. 316 Revue d’Allemagne

Annäherung menschlicher Wirtschaftsweisen an die Vorgaben planetarischer Öko- systeme aus (90). Grundvoraussetzung dafür ist bei Markl eine Stärkung der Forschung: Nur durch wissenschaftliche Einsichten und technische Innovationen könne der Umweltkrise begegnet werden (91). Darin besteht nun die paradoxe Pointe in Markls Konzeption: Die angestrebte Ver- söhnung zwischen Natur und Kultur müsse auf wissenschaftlicher Reflexion beruhen und könne nur mit „widernatürlichen“ Maßnahmen wie künstlicher Geburtenkon- trolle erreicht werden. Übereinstimmend mit Plessners Konzeption der „exzentri- schen Positionalität“ scheint Markl die menschliche Reflexionsfähigkeit somit als ein Moment der Selbstdistanzierung zu lesen, das den Menschen gerade nicht vollständig in einer vermeintlichen Natürlichkeit aufgehen lässt (92). Von diesem Blickpunkt aus betrachtet – und ohne die konkreten Schlussfolge- rungen bzw. Handlungsempfehlungen Markls teilen zu müssen –, könnte Plessners Anthropologie somit helfen, die inflationäre Rede vom Menschen in der Anthropozän- Debatte zu differenzieren: Dem vorherrschenden naturalistischen Narrativ, das der Historiker Christophe Bonneuil identifiziert hat (93), könnte das paradoxe Verständnis einer „natürlichen Künstlichkeit“ des Menschen entgegengehalten werden. Auf dieser Grundlage wäre es meines Erachtens unumgänglich, das Anthropozän – wie von Bon- neuil gefordert – auf soziale, ökonomische, politische, das heißt: kulturelle Ursachen zurückzuführen, statt verkürzend „der“ Menschheit die Verantwortung für die ökolo- gische Krise zuzuweisen (94). Auch die Humanökologen Andreas Malm und Alf Horn- borg argumentieren, Umweltprobleme wie der Klimawandel seien als gesellschaftlich produzierte und historisch gewordene Phänomene ernstzunehmen (95). In Markls Denken – ähnlich wie im Anthropozän-Diskurs (96) – scheint sich die naturalisierende Tendenz vor allem in einer relativen Überbewertung der Bevölke- rungsthematik niederzuschlagen. Ein solcher Fokus auf das menschliche Fortpflan- zungsverhalten führt potentiell zu einer Biologisierung der ökologischen Problematik (97). So konzentriert Markl seine durchaus vorhandene gesellschaftlich-moralische Vision überwiegend und zu eindimensional auf die Frage der Geburtenkontrolle. Eine gegenteilige Auflösung der Natur-Kultur-Dichotomie zugunsten der kul- turellen Sphäre hingegen wäre ebenso problematisch: So konstatiert der Soziologe Jason Moore, dass die im modernen Denken verankerte Sonderstellung des Men- schen zu einer Abwertung der Natur geführt habe, die deren rücksichtslose Ausbeu- tung erst ermögliche (98). Moore sieht in zeitgenössischen Umweltdiskursen jedoch

90 E. Paglia, „Not a Proper Crisis“ (Anm. 83), S. 253. 91 Vgl. etwa H. Markl, Evolution, Genetik und menschliches Verhalten (Anm. 15), S. 29f. 92 Vgl. hierzu auch das Zitat in Anm. 72. 93 Vgl. C. Bonneuil, „The Geological Turn“ (Anm. 6), S. 18-23. 94 Ebd., S. 18-21. 95 Vgl. Malm/Hornborg, „The Geology of Mankind?“ (Anm. 10), insbes. S. 63-66. 96 Vgl. ebd., S. 65. 97 Ähnlich D. Hummel, Der Bevölkerungsdiskurs (Anm. 29), insbes. S. 100-102. 98 Vgl. Jason W. Moore, „Introduction“, in: Jason W. Moore (Hg.), Anthropocene or Capitalocene? Nature, History, and the Crisis of Capitalism, Oakland, CA, PM Press, 2016, S. 1-11, hier insbes. S. 2f., 11. Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl 317

Ansatzpunkte für eine Neubetrachtung jenseits des Cartesianismus (99). Helmuth Plessners Konzeption könnte in dieser Debatte ihren Platz finden. So betont Chris- topher A. Howard, dass eine Stärke des Modells der „exzentrischen Positionalität“ (und mithin des Konstruktes der „natürlichen Künstlichkeit“) gerade darin bestehe, auf die Veränderlichkeit der menschlichen Natur hinzuweisen. Vor diesem Hinter- grund könne der Mensch kraft seiner eigenen Utopie- und Gestaltungsfähigkeit selbst mitentscheiden, wie er sich innerhalb des Anthropozän-Gefüges jenseits der Natur- Kultur-Dichotomie verorten wolle (100). Im Grunde präsentiert Hubert Markl ebenfalls eine Variante einer solchen Utopie, jedoch ohne das von Howard angemahnte Zusammenspiel des Menschen mit anderen Dingen und Lebensformen „in a relational nexus“ ausreichend mitzubedenken (101). Der Zukunftsentwurf des Biologen erweist sich als Machbarkeitsfantasie: Für ihn steht fest, dass der Mensch die Natur im Laufe des Anthropozoikums tiefgreifend verän- dern wird. Umso wichtiger sei ein „verantwortungsvolles Management“ (stewardship) der „Gaia-Biosphäre“ (102). Aus der Natur des „Anthropozoikum[s] in der Anthropo- Biosphäre“ werde „eine durchgreifend vom Menschen bestimmte, vom Menschen beherrschte, vom Men- schen zu gestaltende und zu bewahrende, eine vom Menschen zu verantwortende Natur, mit einem Wort: eine Natur unter Menschenhand“ (103). Der Soziologe Elmar Altvater – der eine wachstumskritische Perspektive auf den Anthropozän-Diskurs wirft – argumentiert, dass die biblische Forderung einer vom Menschen beherrschten Natur durch Markls Aussagen naturwissenschaftlich sank- tioniert werde (104). Die auch im Anthropozän-Diskurs vielfach anzutreffende „Rede vom verantwortsvollen Verwalter des Erdsystems“ beziehungsweise das ebenso von Markl verwendete „Bild des Gärtners“ liegen mit einer solchen Lesart auf einer Linie, während beispielsweise Strategien des Geo-Engineerings eher als prometheische Haltung zu charakterisieren wären (105). Gabriele Dürbeck bezeichnet die gesamte Palette solcher Betrachtungsweisen treffend als „Managementperspektive“ auf das Anthropozän, die einen ungebrochenen anthropozentrischen Gestaltungsoptismus begründe. Genau dieses Denken jedoch – so paraphrasiert Dürbeck eine häufig geäußerte Kritik – habe die ökologische Krise „als ‚nicht-intendierte Nebenwir- kung‘ unseres wissenschaftlichen, technologischen und ökonomischen Handelns“ überhaupt erst möglich gemacht (106). Nach Harald Welzer brauchen wir deshalb eine „Transformation der mentalen Infrastrukturen“ moderner Gesellschaften jenseits „einer Geschichte […], die uns in den Begriffen von Fortschritt, Wettbewerb und

99 Vgl. ebd., S. 11. 100 Vgl. C. A. Howard, „Posthuman Anthropology?“ (Anm. 8), S. 23f. 101 Ebd., S. 24. 102 H. Markl, „Warum sind Umwelt und Nachhaltigkeit Zukunftsthemen?“ (Anm. 22), S. 241. 103 H. Markl, „Natur unter Menschenhand“ (Anm. 27), S. 162. 104 Vgl. E. Altvater, „Wachstum – Globalisierung – Anthropozän“ (Anm. 7), S. 80. 105 G. Dürbeck, „Das Anthropozän in geistes- und kulturwissenschaftlicher Perspektive“ (Anm. 57), S. 110. 106 Ebd. 318 Revue d’Allemagne

Wachstum erzählt“ wird (107). Hubert Markl hingegen argumentiert genau entlang bestehender Logiken: „der technische Fortschritt zwingt uns durch seine […] unvor- hergesehenen Folgen zum weiteren technischen Fortschritt in der Zukunft und dies auf nicht absehbare Zeit“ (108).

Schlussbetrachtung Hubert Markl entwickelte seine Anthropozoikum-Idee in den 1980er-Jahren zunächst mit Blick auf ein beispielloses Artensterben, das die Menschheit mit ihrer Naturbeherrschung zu verantworten habe. Der Biologe erklärte diese Entwicklung insbesondere mit der Problematik eines zunehmenden Bevölkerungswachstums. Damit nimmt das Anthropozoikum am Diskurs über die Grenzen des Wachstums teil, der vor allem die 1970er-Jahre prägte. Insbesondere die Forderung nach einer Bevölkerungspolitik ist wichtiger Bestandteil fast aller Veröffentlichungen Markls zur ökologischen Problematik. Der Biologe öffnete seine Überlegungen im Laufe der Zeit jedoch für wissenschaftliche Anregungen, die in den frühen 1980er-Jahren noch weniger präsent waren: Durch die Integration des Gaia-Konzepts und der Klima- wandel-Problematik entwickelte sich die Anthropozoikum-These teilweise zu einem echten Vorläufer der Anthropozän-Debatte, die heute besonders von Erdsystemwis- senschaftlern geprägt wird. Im wirtschaftlichen Bereich rückte Markl von den Gren- zen des Wachstums teilweise ab und vertrat Ideen, die sich in das neuere Programm der Ökologischen Modernisierung einfügen. Eine Untersuchung der wissenschaftlichen und politisch-ökonomischen Kontexte des Anthropozoikums sowie der ökologischen Problematik bei Markl zeigt inso- fern die historische und fachwissenschaftliche Gebundenheit des Konzepts. Die Vergleichsperspektive zum Anthropozän legt offen, dass beide Erdzeitalter ihre je spezifische Form haben. Dies könnte eine Begründung für das nur eingeschränkte Fortwirken der Anthropozoikum-Idee in aktuellen Debatten liefern. Als Rezepti- onshindernis tritt wohl hinzu, dass Markl keinen ernsthaften Versuch unternahm, seine These systematisch in den wissenschaftlichen Diskurs einzuführen. Die jewei- lige narrative Ausgestaltung von Anthropozän und Anthropozoikum hingegen bie- tet keinen Anhaltspunkt für das relative Verstummen von Markls Überlegungen in der gegenwärtigen Debatte: Beide Ansätze folgen einem im Kern oft naturalistischen Menschenbild und laufen Gefahr, technokratisch anmutenden Zukunftsvisionen anzuhängen.

107 Harald Welzer, Selbst Denken. Eine Anleitung zum Widerstand, Frankfurt am Main, S. Fischer Ver- lag, 2015, S. 65f. 108 H. Markl, „Technischer Fortschritt und geistiger Fortschritt“ (Anm. 41), S. 1328. Um dem Ziel einer „Anthropo-Biosphären-Management-Verantwortung“ gerecht zu werden, müsse sich die Naturwis- senschaft nach H. Markl, „Warum sind Umwelt und Nachhaltigkeit Zukunftsthemen?“ (Anm. 22), S. 145f. künftig zwar am „Gemeinwohl“ orientieren, statt „allein nach ihren wissenschaftsimmanenten Kriterien“ zu handeln, doch wirkt Markls Vision eines dafür nötigen „weltweiten Zusammenwirken[s] aller gesellschaftlichen Kräfte“ und einer „Gesamtanstrengung aller Wissenschaftsdisziplinen“ nicht weniger technokratisch. Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl 319

Danksagung Dieser Aufsatz entstand zunächst als Seminararbeit bei Prof. Dr. Cornelia Brink (Freiburg) im WS 2015/2016. Ich danke Prof. Dr. Evi Zemanek (Freiburg) für die Gelegenheit, den Text im November 2016 auf der CIERA-Konferenz „Die Entstehung der Environmental Humanities in Frankreich und Deutschland: Ausgangspunkte“ in Straßburg vortragen und diskutieren zu dürfen. Für Anmerkungen zum Manuskript und wertvolle Diskussionen bin ich insbesondere Benjamin Glöckler, Ronja Heise, Clara Hillebrecht und Mark Marsh-Hunn zu Dank verpflichtet.

Zusammenfassung Der Biologe Hubert Markl entwickelte seit den 1980er Jahren die Idee eines Anth- ropozoikums, um insbesondere auf das Problem des Artensterbens aufmerksam zu machen. Durch die Beschäftigung mit diesem Vorläufer des Anthropozän-Diskurses kann ein Beitrag zur Historisierung des neuen Erdzeitalters geleistet werden. Dafür beleuchtet der Autor die Frage, wie das „Zeitalter des Menschen“ in unterschiedlichen historischen Kontexten jeweils diskursiv sowie narrativ begründet und dargestellt wird. Es wird insbesondere untersucht, welches Menschenbild verschiedenen Konzeptionen des „Menschenzeitalters“ zugrunde liegt, und einen kritischen Blick auf naturalistische Vereinfachungen geworfen. Dafür greift Benjamin Thober unter anderem auf Überle- gungen der Philosophischen Anthropologie Helmuth Plessners zurück.

Résumé À partir des années 1980, le biologiste Hubert Markl a développé l’idée d’Anthro- pozoïque, en particulier pour attirer l’attention sur le problème de la disparition des espèces. En s’intéressant à ce terme précurseur de l’Anthropocène, cet article entend contribuer à historiciser le discours sur cette nouvelle ère terrestre. Il met en lumière la façon dont « l’ère de l’humain » est fondée et décrite dans différents contextes, au niveau discursif et narratif. Les images de l’homme qui sous-tendent ces différentes concep- tions sont analysées en portant un regard critique sur les simplifications naturalistes et en ayant en particulier recours aux réflexions de Helmuth Plessner sur l’anthropologie philosophique.

Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 321 T. 51, 2-2019

Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext: eine vergleichende Perspektive

Aurélie Choné *

Einleitung Angesichts der verschiedenen kulturellen Traditionen und Umweltdiskursen in Deutschland und Frankreich ist eine komparatistische Perspektive auf die neuen Paradigmen einer umweltbezogenen Literaturwissenschaft sicher aufschlussreich, um sowohl Begriffe wie Natur, Landschaft, Garten, Wald, Wildnis (sowie ihre kon- kreten Umsetzungen), als auch den Umgang mit der Natur/Kultur-Dichotomie und mit den Environmental Humanities in beiden kulturellen Kontexten besser zu ver- stehen. Ein positives Ergebnis dieser Studie wäre es, eine gemeinsame Grundlage ans Licht zu bringen, die nicht nur zum besseren gegenseitigen Verständnis, son- dern auch zu künftiger deutsch-französischer Zusammenarbeit verhelfen könnte. Mein Anliegen ist, den deutschen Ecocriticism bzw. die französische écocritique in kulturwissenschaftlichen Traditionen und unter Berücksichtigung der Eigenheiten der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Natur und Umwelt im deutschen bzw. französischen Kontext zu situieren, um Wege aufzuzeigen, wie sich eine deutsch-französische Komparatistik im Feld der Forschungen zum Thema „Literatur und Ökologie“ besser entwickeln kann. Folgende Fragestellungen wären für eine deutsch-französische Untersuchung von ökologisch orientierten Literatur- und Kulturwissenschaften relevant: Welche nter-U schiede zwischen den Konzepten und Praktiken von Ecocriticism (1) fallen auf? Lassen sich spezifische Ansätze desEcocriticism im französischen und im deutschen Kontext identifizieren? Welche Beziehungen unterhalten sie zu Feldern wieCultural Studies, Sozialwissenschaften, Environmental Humanities und Medienwissenschaften sowie zu nahe liegenden Ansätzen wie New Materialism, Postcolonial Studies, Feminist

* Dozentin für Neuere Deutsche Literatur und Ideengeschichte am Institut für Germanistik der Uni- versität Straßburg, EA 1341 Mondes germaniques et nord-européens, [email protected]. 1 Aus praktischen Gründen verwende ich in diesem Absatz den Begriff Ecocriticism für beide Kontexte. 322 Revue d’Allemagne

Studies oder Ökopoetik? Erklären sich die Unterschiede durch verschiedene kulturelle Traditionen der Naturforschung? Auf welche Referenztexte nehmen die französischen bzw. deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Bezug? Wie inter- und transdisziplinär sind ihre Praktiken des Ecocriticism? Im vorliegenden Beitrag können natürlich nur einige Fragen genauer untersucht werden. Vor allem wird erforscht, wie sich die beiden Felder in Deutschland und Frankreich entwickelt haben und welche Schnittpunkte/Gemeinsamkeiten sich ergeben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden die jeweiligen Entwicklungslinien nachgezeichnet. Interessant ist zuerst zu bemerken, dass der Begriff Ecocriticism in beiden kulturellen Kontexten andere epistemologische Fragestellungen aufwirft und andere Arbeitsme- thoden voraussetzt. Im deutschen Kontext konnte der Begriff Ökokritik sich offensicht- lich nicht durchsetzen, obwohl er in Frankreich als écocritique seit den 2000er Jahren fest etabliert ist. Wahrscheinlich klingt das „Öko“-Präfix zu politisch, propagandistisch und klischeehaft und die „Kritik“ würde auf etwas anderes als eine philologische, litera- tur- und kulturwissenschaftliche Herangehensweise verweisen. Wenn in Deutschland vor allem der Begriff Ecocriticism Verwendung findet, liegt das zum Teil daran, dass er nicht so lang und umständlich ist wie der Ausdruck „umweltbezogene Literatur- und Kulturwissenschaften“, zum anderen knüpft er an eine erweiterte Auffassung des „criti- cism“ an, die sich im Zuge der Rezeption des (Post)strukturalismus in den USA zusam- men mit anderen Ansätzen wie der French Theory (Foucault, Derrida, usw.) etablierte (2). Allerdings ist der Begriff Ecocriticism im deutschen Kontext noch nicht ganz stabilisiert, wie es andere konkurrierende Termini bezeugen, zum Beispiel das Feld „Literatur und Ökologie“ (3), „Literatur- und Umwelt-Studien“ (4) (analog zu „Literature and the Envi- ronment“) oder „Natureculture Studies“, in Bezug auf Donna Haraway (5).

US-amerikanischer versus europäischer Ecocriticism: die Entstehung eines Forschungsfeldes Obwohl sich die Umweltbewegung schon in den 1960er Jahren verbreitete, ent- stand der Ansatz des Ecocriticism erst Anfang der 1990er Jahre aus dem Umfeld der

2 Timo Müller, „Kritische Theorie und Ecocriticism“, in: Gabriele Dürbeck und Urte Stobbe (Hg.), Ecocriticism: Eine Einführung, Köln, Böhlau, 2015, S. 160-171; Andrew Arato, „Die Kritische Theorie in den USA. Gedanken über vier Jahrzehnte ihrer Rezeption“, in: Frank Trommler (Hg.), Amerika und die Deutschen, Wiesbaden, Springer Fachmedien, 1986, S. 227-234. 3 So erstmals Axel Goodbody (Hg.), Literatur und Ökologie, Amsterdam, Rodopi (Amsterdamer Bei- träge Zur Neueren Germanistik, Bd. 43), 1998. Und wieder: Claudia Schmitt und Christiane Solte- Gresser (Hg.) Literatur und Ökologie. Neue literatur- und kulturwissenschaftliche Perspektiven, Bielefeld, Aisthesis Verlag, 2017. 4 Ich verweise hier auf die von Gabriele Dürbeck, Hannes Bergthaller, Robert S. Emmett, Serenella Iovino und Ulrike Plath herausgegebene Buchreihe „Studien zu Literatur, Kultur und Umwelt/ Stu- dies in Literature, Culture, and the Environment“ beim Verlag Peter Lang. 5 Interessant in der Perspektive einer Zirkulation von Wissen ist zu beobachten, dass der französische Soziologe und Philosoph Bruno Latour auf die US-amerikanische Naturwissenschaftsphilosophin und Frauenforscherin Donna Haraway und auf den sogenannten material turn Einfluss hatte, d.h. auf die Neubewertung der Materie, des Körpers, die wiederum relativ mehr Resonanz in Deutschland als in Frankreich fand. Siehe Tobias S. Goll, Daniel Keil und Thomas Telios (Hg.), Critical Matter. Diskus- sionen eines neuen Materialismus, Münster, edition assemblage (Reihe kritik_praxis, Bd. 2), 2013. Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 323 angelsächsischen Literatur- und Kulturwissenschaften. 1993 wurde dieAssociation for the Study for Literature and Environment (ASLE) in Nevada gegründet. Ecocriticism hat sich als neues interdisziplinäres Forschungsgebiet herausgebildet, um das Ver- hältnis von Literatur und Umwelt, unter anderem durch Einbeziehung ökologischer Aspekte in literarischen Texten zu erforschen. Erstmals erschienen Pionierwerke in den USA, wie Joseph Meekers The Comedy of Survival (1974) und William Rueckerts Essay Literature and Ecology: An Experiment in Ecocriticism (1978) – wo der Begriff „Ecocriticism“ zum ersten Mal auftaucht. Später erschienen zwei bahnbrechende Werke: Laurence Buells The Environmental Imagination (6) und die von Cheryll Glot- felty und Harold Fromm herausgegebene Anthologie The Ecocriticism Reader: Land- marks in Literary Ecology. Cheryll Glotfelty zufolge sei Ecocriticism (Abkürzung von „ecological criticism“) „the study of the relationship between literature and the phy- sical environment“ (7). Glotfelty betrachtet Ecocriticism als eine auf die Erde zentrierte („earth-centered“) Herangehensweise der literarischen Studien (8). 1991 wurde die US- amerikanische Association for the Study of Literature and Environment gegründet und 1993 die ZeitschriftInterdisciplinary Studies in Literature and Environment. In Europa etablierte sich dieser methodologische Ansatz erst am Anfang des 21. Jahrhunderts mit der Gründung der European Association for the Study of Literature, Culture, and Environment im Jahr 2004 und der ZeitschriftEcozon@ 2010. Dennoch erfreuen sich Forschungen zum Ecocriticism bis heute nicht der gleichen Sichtbarkeit und Anerken- nung in Europa wie in den USA. Angesichts dieser zeitlichen Verschiebung könnte die Frage aufgeworfen werden, weshalb der Ecocriticism in Europa später Fuß fasste und auf geringeres Interesse stieß. Eine Erklärung könnte vielleicht in der europäischen Mentalitätsgeschichte und im Trauma des 2. Weltkriegs gefunden werden. Seitdem Tier- und Umweltschutz zur Ideologie der Nazis wurde (9), gilt die Beschäftigung mit der Natur in Europa, insbe- sondere in Deutschland und in Frankreich, als eher konservativ und erweckt schnell den Verdacht, sich nicht genügend von einer nazistisch geprägten „Blut-und-Boden“- Ideologie zu distanzieren. In Deutschland konnte z.B. der wichtige ökokritische Begriff „Sense of place“ (10) (manchmal als „Heimatbewusstsein“ übersetzt) aufgrund seiner Konnotation mit „völkischem Denken“, die auf die Verbindung von Natur und nationaler Identität hindeutet, nur schwer Fuß fassen. Dazu kommt, dass die im US-amerikanischen Ecocriticism behandelten Themen – wie der Wilderness-Begriff und der Frontier-Mythos – der europäischen Tradition vermutlich eher fremd sind. Während in der (US-)amerikanischen Ausprägung des Ecocriticism das literarische Genre nature writing von großer Bedeutung ist, sind in der europäischen Tradition andere Gattungen wie die Pastorale, die Idylle und die

6 Lawrence Buell, The Environmental Imagination, London, Harvard UP, 1995. 7 Cheryll Glotfelty und Harold Fromm (Hg.), The Ecocriticism Reader: Landmarks in Literary Ecol- ogy, University of Georgia Press, 1996, Introduction, S. xviii. 8 Ebd.: „Ecocriticism takes an earth-centered approach to literary studies“. 9 Peter Bierl, Grüne Braune. Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von rechts, Münster, Unrast Verlag, 2014. 10 Ursula K. Heise, Sense of Place and Sense of Planet: The Environmental Imagination of the Global, Oxford, Oxford University Press, 2008. 324 Revue d’Allemagne

Bukolik verankert. Die Begegnung mit einer unberührten Wildnis (Wilderness) ist für den nordamerikanischen Kontext typisch und gehört nicht zur europäischen Tradi- tion, wo die Natur nicht als eine Welt abseits der Menschheit, sondern immer als sozial und untrennbar von der menschlichen Geschichte betrachtet wird, was besonders für das Agrarland Frankreich und das Waldland Deutschland zutrifft. Als wichtige kultu- relle Unterschiede nennt der Literaturwissenschaftler Bergthaller noch die besonders protestantische Färbung ökologischen Denkens in den USA und die wesentliche Rolle von Ansätzen der deep ecology (11), die lange in Europa des Ökofaschismus (12) und eines naiv-romantischen Naturbildes (13) bezichtigt wurden. Ein anderer Grund könnte sein, dass die Traditionen der Naturforschung, die in Europa, insbesondere in Deutschland und Frankreich stark vertreten sind, eher durch das Medium der Sachbücher vermittelt wurden, was zu ihrer Verbreitung wenig bei- trug (14). Dazu kommt, dass die größten Romane der deutschen und französischen Lite- ratur Umweltthemen nicht besonders in den Vordergrund gestellt haben, im Gegensatz zu Werken von Thoreau, Muir, Hardy usw. Als Hemmungsfaktor für einen einheit- lichen europäischen Ecocriticism nennen Rigby und Goodbody auch die Vielspra- chigkeit des europäischen Kontinents mit seinen unterschiedlichen Traditionen (15). Als weiteres Hemmnis für die Entwicklung einer europäischen Ökokritik erwähnen Schmitt und Solte-Gresser schließlich „die traditionelle Skepsis gegenüber politisch engagierten Forschungsansätzen, und zum anderen die Tatsache, dass ökologisches Denken in Europa, trotz aller Kritik am Anthropozentrismus, zumeist einer gewis- sen Fortschritts- und Anpassungslogik folgt“ (16). Aus diesen Gründen erklärt sich die Dominanz US-amerikanischer Literatur in europäischen ökokritischen Studien bis heute. Der deutsche Ecocriticism (17) und die französische écocritique (18) wurden zuerst von Amerikanisten eingeführt, die von nordamerikanischen Naturvorstellungen,

11 Hannes Bergthaller, „On the Margins of Ecocriticism. A European Perspective“, in: Schmitt/ Solte-Gresser, Literatur und Ökologie (Anm. 3), S. 5-64, hier S. 10. 12 Peter Staudenmaier und Janet Biehl, Ecofascism: Lessons from the German Experience, San Fran- cisco, AK Press, 1995. 13 Luc Ferry, Le Nouvel Ordre écologique. L’arbre, l’animal et l’homme, Paris, Grasset, 1992. 14 Axel Goodbody, „Ökologisch orientierte Literaturwissenschaft in Deutschland“, in: Dürbeck/ Stobbe, Ecocriticism (Anm. 2), S. 123. 15 2011 sehen Goodbody und Rigby grundsätzliche Unterschiede zwischen einem europäischen und einem US-amerikanischen Ecocriticism. In den USA lasse sich ein weniger ausgeprägt historisch gewachsener Bezug zwischen nationaler Identität und Natur als in Europa feststellen. Dem lässt sich die Bedeutung des Wald-Mythos für die Herausbildung der deutschen Nationalidentität entgegenhalten. 16 Schmitt/Solte-Gresser, Literatur und Ökologie (Anm. 3), S. 31. 17 Hubert Zapf, Literatur als kulturelle Ökologie: Zur kulturellen Funktion imaginativer Texte an Beispie- len des amerikanischen Romans, Berlin, De Gruyter (Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft, Bd. 63), 2002; Catrin Gersdorf und Sylvia Mayer (Hg.), Beiträge zu Ökologie und Literaturwissen- schaft. Natur – Kultur –Text, Heidelberg, Winter Verlag, 2005; Hubert Zapf (Hg.), Kulturökologie und Literatur. Beiträge zu einem transdisziplinären Paradigma der Literaturwissenschaft, Heidelberg, Winter Verlag, 2008. 18 Die französischen Mitglieder des ASLE, Yves-Charles Grandjeat, Michel Granger, François Specq, sind alle Spezialisten für amerikanische Literatur und insbesondere für den nature writing Essay. Siehe Gersdorf/Mayer, Beiträge zu Ökologie und Literaturwissenschaft (Anm. 17); H. Zapf, Litera- tur als kulturelle Ökologie (Anm. 17); H. Zapf, Kulturökologie und Literatur (Anm. 17). Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 325 klassischen Umweltschriftstellern wie Henry David Thoreau sowie literarischen Gen- res (autobiographisch ausgerichtete Essays und Erzählungen) geprägt waren.

Deutscher und französischer Kontext: Traditionen der Umweltstudien und der Umweltbewegungen Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland hat die Forschung, ohne sich auf Ecocriticism zu berufen, längst das spannende Feld der literarischen und kulturellen Repräsentationen der Mensch-Umwelt-Beziehungen untersucht. Ende der 1990er Jahre erschienen die ersten Studien zum deutschen Ecocriticism (19), und in Frank- reich eher um die Jahrtausendwende. Angesichts dieser zeitlichen Verschiebung könnte man sich fragen, weshalb der Ecocriticism in Frankreich etwas später als in Deutschland Fuß fasste. Diese leichte zeitliche Verschiebung liegt zum Teil an den unterschiedlichen geistes- und kulturgeschichtlichen Traditionen in Frankreich und Deutschland. In Deutschland tauchte schon um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine erste Umweltbewegung auf, die sowohl in der Romantik als auch in der Umwelt- (und Heimat) schutzbewegung, in der Lebensreformbewegung und in der aus der Anthropo sophie hervorgegangenen biologisch-dynamischen Landwirtschaft (1924) ihre Wurzeln hat. In den 1970er Jahren verbreitete sich die Öko-Bewegung in Deutschland schneller als in Frankreich, zunächst aus dem Widerstand gegen die Kernenergie mit der Gründung der Grünen Partei. In den 1980er Jahren wurden vor allem aus politischen Gründen die deutschen Kulturwissenschaften von der angelsächsischen Kultur und den Cultural Studies stärker als in Frankreich beeinflusst. Man könnte auch argumentieren, dass der Ecocriticism für die Deutschen eine Möglichkeit darbot, sich wieder mit Natur zu befassen, ohne gleich verdächtigt zu werden, „Ökofaschist“ zu sein. Auf französischer Seite beschränkte sich die Auffassung der Ökologie oft auf den wissenschaftlichen Bereich oder auf einen politischen Militantismus. Interessant ist es zu bemerken, dass der Terminus „écologie“ im Dictionnaire historique de la langue française von Alain Rey so definiert ist: „Représente un emprunt (1874) à l’allemand Ökologie, terme formé par le zoologiste et biologiste E. H. Haeckel (1834-1919) en 1866. Le mot est composé à partir du grec Oïkos – maison, habitat – et de logos – discours –, d’après économie: en français, il a pu être emprunté par l’intermédiaire de l’anglais oecology (1873), un exemple isolé de ecology ayant été relevé avant Haeckel (1852, Thoreau).“ Das Zitat zeigt, dass die Entstehung einer organischen Auffassung des Lebendi- gen als eines globalen Ökosystems im Imaginären der französischen Sprache eher nebenrangig und vielmehr einem von Nationalismus geprägten historischen Kontext des deutschsprachigen und angelsächsischen Raums entlehnt ist. Die Rezeption der Umweltethik Aldo Leopolds und John Baird Callicotts (20) erfolgte in Frankreich spä- ter als in Deutschland, wo sie schon in den 1980er Jahren bekannt war und wo an

19 A. Goodbody, Literatur und Ökologie (Anm. 3). 20 John Baird Callicott, Éthique de la terre: Philosophie de l’écologie, Paris, Wildproject, 2010. Origi- nalfassung: In Defense of the Land Ethic: Essays in , Albany, State University of New York Press, 1989. 326 Revue d’Allemagne verschiedenen Universitäten Lehrstühle für Umweltethik eingerichtet wurden (21). Dies war nicht der Fall in Frankreich, wo das Buch des französischen Philosophen Luc Ferry Le Nouvel Ordre écologique (1992) jahrelang die Rezeption der Umweltphilo- sophien hemmte (22). Während 2009 das Rachel Carson Center for Environment and Society in München gegründet wurde, gibt es noch kein äquivalentes internationales und interdisziplinäres Zentrum für Forschung und Bildung im Bereich der Umwelt- und Sozialwissenschaften in Frankreich. Im französischen Kontext scheint keine Tradition der Romantik im Sinne einer Universalpoesie wie in Deutschland vorhanden zu sein. Die Tradition der Aufklärung und des Humanismus in Frankreich ist beherrscht von einer bestimmten Skepsis gegenüber einer engen Naturbindung, bei der man dazu neigt, „Heimatbewusstsein“ gleich mit Nationalismus und „Ökofaschismus“ zu assoziieren. Zu erwähnen wäre auch eine gewisse Skepsis gegenüber dem Natur-Begriff selbst, die die französische Philosophin und Spezialistin für Umweltethik, Catherine Larrère, als typisch franzö- sisch ansieht. Schon Descartes mochte lieber den Begriff Materie als den Begriff Natur. Der französische Sozialwissenschaftler Bruno Latour strebt seinerseits terminolo- gisch ein „Ende der Natur“ an, das heißt, er versucht, ohne diesen Begriff zurechtzu- kommen. Dabei wird der Natur-Kultur-Gegensatz als Konstrukt thematisiert. Latour bevorzugt es, vom „Kollektiv“ zu sprechen. Nach Latours Actor-Network-Theory sind nicht nur menschliche Kulturen handlungsfähig, sondern auch nicht-menschliche Kulturen: auch Tiere, Bakterien, Pflanzen, Windturbinen, Maschinen sind Aktan- ten in einem wechselbezüglichen Netzwerk (23). Der Material Ecocriticism betont die Wirkungskraft agency( ) sowohl des Menschlichen als des Nicht-Menschlichen, sodass Natur und Kultur eng miteinander verwoben sind. Diese Verabschiedung des Natur- Begriffs sei Larrère zufolge in der französischen politischen Ökologie, zum Beispiel bei Serge Moscovici oder André Gorz verbreitet und fördere nicht die Entwicklung einer Umweltethik, wie sie sich in den USA schon ab den 1950er Jahren etablierte. Larrère ihrerseits setzt sich für einen „sinnvollen Gebrauch der Natur“ ein, der die Gegensätze von Humanismus und Naturalismus überwinden solle (24). Der amerikanische Professor für Politikwissenschaft Kerry Whiteside stellt zudem eine Kluft zwischen der angelsächsischen und der französischen Auffassung von Natur fest, und zwar zwischen den „noncentered ecologisms“ des französischen Den- kens und den „centered ecologisms“ der englisch-amerikanischen Welt (25). Die letz- teren würden nach einem Zentrum suchen – entweder die biozentrische Natur oder

21 Konrad Ott, Jan Dierks und Lieske Voget-Kleschin (Hg.), Handbuch Umweltethik, Stuttgart, Metzler, 2016, S. 5. 22 Der Einfluss von Intellektuellen wie Jean Baudrillard und Gérard Bramoullé in den 1990er Jahren wäre noch als Hemmschuh zu erwähnen. 23 Bruno Latour, Das Parlament der Dinge – Für eine politische Ökologie, Berlin, Suhrkamp, 2013 (Aus dem Französischen von Gustav Roßler). Originalfassung: Politiques de la nature. Comment faire entrer les sciences en démocratie, Paris, La Découverte, 1999. 24 Catherine Larrère, Du bon usage de la nature. Pour une philosophie de l’environnement, Paris, Flam- marion (Champs Essais), 1997. 25 Kerry H. Whiteside, Divided Natures: French Contributions to Political Ecology, Cambridge, MA, The MIT Press, 2002. Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 327 den anthropozentrischen Menschen –, um ein absolutes Wertesystem zu gründen, während die französischen Theoriker der Ökologie (René Dumont, Serge Moscovici, Edgar Morin, Michel Serres, Bruno Latour, Emmanuel Mounier, Denis Duclos, Jean- Paul Deléage, Alain Lipietz) eher versuchen, die Natur-Kultur-Problematik zu verfei- nern und die Prozesse zu beschreiben, die Natur und menschliche Identität verbinden. Es lassen sich also unterschiedliche Referenztexte und Traditionslinien nachweisen. Im deutschen Kontext zeigt sich eine breite Rezeption von der romantischen (Tieck, Novalis) und Goetheschen Naturphilosophie, von den Naturwissenschaften und der Ökologie als Wissenschaft (Alexander von Humboldt, Ernst Haeckel), von der Phäno- menologie (Heidegger, Gernot Böhme), der Kritischen Theorie (Benjamin, Adorno), der Verantwortungsethik (Jonas), der Umweltethik (Klaus Michael Meyer-Abich, Dieter Birnbacher, Günther Altner), der Systemtheorie (Luhmann) und der Gesellschafts- theorie (Ulrich Beck). In Frankreich hingegen dienen eher die Arbeiten aus dem Bereich der Ökologie (Bruno Latour, Michel Serres), der Anthropologie (Philippe Descola), der Soziologie (Roger Caillois) und Philosophie (Gaston Bachelard, Pierre Hadot, Félix Guattari, Catherine Larrère) als Bezugspunkte, wobei die Naturästhetik und Umwelt- ästhetik (26) sowohl in Frankreich als auch in Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Wie bei dem Vergleich zwischen Europa und USA könnte argumentiert werden, dass in Frankreich die Auseinandersetzung mit Mensch-Umwelt-Beziehungen eine lange Tradition der philosophischen, ökologischen, anthropologischen und soziologischen Naturforschung aufweist (27), so dass von einem verspäteten Interesse nicht die Rede sein kann. Im Rahmen einer vergleichenden Studie ist es aufschlussreich, die spezi- fischen Ansätze auf beiden Seiten zu skizzieren und die Bezugspunkte aufzuzeigen.

Écocritique/Ecocritism: zwei unterschiedliche Entwicklungen im französischen und deutschen Kontext Spezifische Ansätze der französischen „écocritique“ In Frankreich hat sich die écocritique eher als literaturwissenschaftliches Forschungs- gebiet denn als Bereich der Kulturwissenschaften entwickelt, und zwar in Richtungen, die grob als „écopoétique“, „écocritique comparée“ (vergleichende Ökokritik), „épisté- mocritique“ und Forschungen zu Literatur und Raum umrissen werden können. Der 2018 erschienene Aufsatz der Kulturgeographen Nathalie Blanc und Denis Chartier sowie des Literaturwissenschaftlers und Amerikanisten Thomas Pughe, „Littérature et écologie: vers une écopoétique“ („Literatur und Ökologie. Zu einer Ökopoetik“) hebt die besondere Rolle der politischen und poetischen („po-ethischen“) Dimension des Ecocriticism im französischen Kontext hervor. Der Begriff „écopoétique“ entstand in Belgien und Frankreich nicht nur als eine französische Übersetzung des englischen Begriffs „ecopoetics“. Dieser grundsätzlich interdisziplinäre Ansatz versteht sich

26 Gernot Böhme, Für eine ökologische Naturästhetik, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1989; Jost Her- mand, Im Wettlauf der Zeit: Anstöße zu einer ökologiebewussten Ästhetik, Berlin, Edition Sigma, 1991; Nathalie Bourriaud, Esthétique relationnelle, Dijon, Presses du réel, 2001; Nathalie Blanc, „Esthé- tique de la nature“, in: Aurélie Choné, Isabelle Hajek und Philippe Hamman (Hg.), Guide des Huma- nités environnementales, Villeneuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2016, S. 157-164. 27 Siehe auch Robert Lenoble, Histoire de l’idée de nature, Paris, Albin Michel, 1969. 328 Revue d’Allemagne vielmehr als Brücke von einer Umweltpolitik zu einer Naturästhetik, die Interaktio- nen zwischen Mensch und Umwelt in Formen wie „“ oder poetischer Perfor- mance künstlerisch gestaltet. Eine Ökokritik, die innerhalb der literarischen Studien einen legitimen Platz finden möchte, stehe den Autoren zufolge vor der Herausforde- rung, sich über die „ökologische Arbeit des literarischen Schreibens“ (28) Gedanken zu machen, über die (Neu)erfindung des Natur-Begriffs innerhalb der Sprache und der poetischen Imagination, was an die Rolle der Literatur als Kulturökologie erinnert, wie sie insbesondere von Hubert Zapf in Deutschland hervorgehoben wurde (29). Dem Pro- fessor für französische Literatur an der Universität Gand (Belgien) Pierre Schoentjes zufolge gilt es in der „écopoétique“ nicht nur, ältere Autoren neu zu lesen (Julien Gracq) oder neu zu entdecken (Pierre Gascar), sondern die Texte neuer Autoren (Hubert Min- garelli, André Bucher, Pascal Wick, Jean-Loup Trassard) unter der Berücksichtigung ihrer Beziehung zur Natur und Umwelt zu erforschen (30). Die besondere Rolle der „écopoétique“ im französischen Kontext kommt deutlich in der Benennung des ersten diesbezüglichen Vernetzungsversuchs in Frankreich zum Ausdruck, und zwar durch die Initiative der Universität Perpignan, 2016 ein „Atelier de recherche en écocritique et écopoétique“ zu gründen, und darin alle Forschenden, die zur „écocritique“ und „éco- poétique“ in Frankreich arbeiten, zu vernetzen (31). Von der Bedeutung der poetischen Dimension zeugt auch das 2018 gegründete Kollektiv ZoneZadir, dessen Name auf das Akronym „ZAD“ (32) anspielt und damit auch stark die politische Dimension unter- streicht: „Le collectif ZoneZadir est un réseau de chercheurs en littérature cherchant à promouvoir l’écopoétique“ (33). Der Begriff „écopoétique“ wird explizit verwendet, um „sich etwas vom amerikanischen Ecocriticism abzugrenzen“ (34) und auf Fragen der Poe- tik zu fokussieren. Nach seinem ersten Buch Amerikanische Literatur und Ökologie versuchte der fran- zösische Literaturwissenschaftler und Spezialist für nordamerikanische Literatur, Alain Suberchicot, in seinem zweiten Buch Literatur und Umwelt. Zu einer vergleichen- den Ökokritik (35) den Ansatz des Ecocriticism aus dem nordamerikanischen Kontext

28 Nathalie Blanc, Thomas Pughe und Denis Chartier, „Littérature et écologie: vers une écopoé- tique“, Écologie et politique, 36 (2008), S. 1-12 (meine Übersetzung). 29 H. Zapf, Literatur als kulturelle Ökologie (Anm. 17). 30 Pierre Schoentjes, „Texte de la nature et nature du texte. Jean-Loup Trassard et les enjeux de l’éco- poétique en France“, Poétique, 164/4 (2010), S. 477-494. Siehe auch Pierre Schoentjes, Ce qui a lieu: essai d’écopoétique, Marseille, Wildproject, 2015. 31 Ecopoetics Perpignan, Atelier de recherche en écocritique et écopoétique, ecopoeticsperpignan.com. 32 Der französische Ausdruck „zone à défendre“ (ZAD) ist ein militanter Neologismus, der eine Art Protest-Besetzung (meistens unter freiem Himmel) kennzeichnet und ein politisches Ziel verfolgt, meistens gegen ein Bauprojekt (Flughafen, industrielle Bauernhöfe usw.). 33 zonezadir.hypotheses.org. 34 zonezadir.hypotheses.org: „Ce n’est qu’au début des années 2000 que des travaux ont tenté de rendre visible cette discipline en France, employant alors explicitement le terme ,écopoétique‘, afin de se distin- guer légèrement de l’ écocritique américaine apparue à la fin des années 70, mais devenue réellement visible dans les années 90. Ce qui est en jeu dans ce glissement, c’est la volonté de faire de l’écopoétique, une discipline recentrée autour des questions poétiques“ (meine Übersetzung des Passus in Kursivschrift). 35 Alain Suberchicot, Littérature et environnement. Pour une écocritique comparée, Paris, Honoré Champion (Unichamp-Essentiel), 2012. Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 329 herauszulösen und in der vergleichenden Literaturwissenschaft zu verankern. Die französischen Amerikanisten (Granger, Pughe, Suberchicot…) untersuchen das öko- logische Schreiben anders als ihre amerikanischen Kollegen: „L’influence de l’héritage français – l’ère du soupçon, les Nouveaux Romanciers, les écrits de Deleuze, Derrida, Foucault et Lacan, entre autres – rend impossible le retour au réalisme simple“ (36). Suberchicots Essay spricht sich gegen die Idee aus, es gäbe nur eine umweltorientierte Literatur im angelsächsischen Raum und Frankreich hätte keine. Der Autor beleuchtet viele Texte aus der französischen Literatur wie jene von Jacques-Henri Fabre, Victor Segalen, Marguerite Duras und Jean-Marie Le Clézio im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt. Er kritisiert auch einige Texte aus der nordamerika- nischen Fachliteratur, z.B. Texte von wichtigen Vertretern des amerikanischen nature writing wie Edward Abbey und Annie Dillard, die ihm zu „oberflächlich“, zu „lyrisch“ und sozial fremd erscheinen. Ihn interessieren vielmehr nicht-spezialisierte Texte, die nicht den Erwartungen eines main stream Publikums entsprechen und die eher dazu tendieren, Umweltfragen implizit zu behandeln. Suberchicot richtet seine Aufmerk- samkeit dabei auf die Verbindung zwischen Literatur und sozialpolitischen Fragen und verweist unter anderem auf eine für Julien Gracq typische Verwobenheit zwischen Geschichte und Landschaft an. Stéphanie Posthumus, Literaturwissenschaftlerin aus Montréal, schlägt einen ande- ren Ansatz vor, um zur Entwicklung einer französischen écocritique beizutragen. Wie Suberchicot möchte sie die Ökokritik von der sprachlichen Hegemonie des Englischen befreien. Die französische Ökokritik sollte sich ihrer Meinung nach auf französische Natur-Vorstellungen und Denktraditionen stützen. Deswegen verwendet sie die fran- zösischen Theorien zur Ökologie, unter anderem die „écosophie“ von Félix Guattari, die „nature-culture“ von Bruno Latour und den „Naturvertrag“ („contrat naturel“) von Michel Serres, um Themen wie Natur, Umwelt und Landschaft in zeitgenössi- schen französischen Erzählungen zu analysieren (z.B. von Jean-Christophe Rufin, Michel Houellebecq, Marie Darrieussecq und Michel Tournier). Um eine französi- sche Ökokritik zu begründen, beruft sie sich vor allem auf Michel Serres (37) wegen der literarischen Qualität und der interdisziplinären Herangehensweise in seinen Schriften (38). Posthumus lobt die poetische und metaphorische Dimension des Natur- vertrags und verweist auf drei Figuren, die für die Ökokritik von großer Bedeutung sein könnten: den Bauer, den Seemann und den Wanderer. Die zwei ersten Figuren

36 Stéphanie Posthumus, „État des lieux de la pensée écocritique française“, Ecozona, 1/1 (2010), S. 148, core.ac.uk/download/pdf/58910791.pdf. 37 Stéphanie Posthumus, „Vers une écocritique française: le contrat naturel de Michel Serres“, Mosaic: An Interdisciplinary Critical Journal, 44/2 (2011), S. 85-100, hier S. 93-94: „L’écocritique s’appuiera sur le pouvoir poétique du contrat naturel qui permet d’imaginer de nouveaux mondes. Plutôt que de réduire le texte à une thèse écologique – interprétation trop réductrice allant à l’encontre de la pluralité de la pensée chez Serres – l’écocritique cherchera à déterminer dans quelle mesure les différentes réa- lités représentées dans le texte littéraire bouleversent nos idées préconçues, nos rapports trop limités avec la terre. En examinant les multiples réseaux sémantiques des espaces naturels, ruraux, urbains, mondiaux, etc., dans le texte littéraire, l’écocritique mettra en lumière les multiples scénarios imagi- naires dont l’être humain pourra s’inspirer pour trouver des solutions aux problèmes écologiques.“ 38 Michel Serres, Le contrat naturel, Paris, Seuil, 1990 (deutsche Übersetzung von Hans-Horst Hen- schen: Der Naturvertrag, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1994). 330 Revue d’Allemagne veranschaulichen ihrer Meinung nach eine französische Umweltethik und die dritte eine ökologische Herangehensweise, die aber keine cartesianische und rationalisti- sche Methode sein soll. Die zwei letzteren sind auch für die Geopoetik (auf die ich später zu sprechen komme) von großer Bedeutung. Da der Ecocriticism sich mit Themen beschäftigt, die nicht neu sind, fällt es den Forschenden ziemlich leicht, sich auf Vorläufer aus ihren jeweiligen Denktraditionen zu beziehen. Als „Vorläufer“ ökokritischer Forschungen in Frankreich spielen Serres, Bachelard und Caillois eine besondere Rolle, insofern sie die Bedeutung des poetischen Imaginären in den Mensch-Umwelt-Beziehungen hervorheben – was meines Erachtens einen weiteren spezifischen Ansatz desEcocriticism im französischen Kontext bildet. Wie Clare Esposito zeigt, könnte Caillois’ Projekt der „diagonalen Wissenschaften“ den Ökokritikern von Nutzen sein: „Le courant écocritique ne pourrait que gagner à puiser dans l’œuvre de Caillois, en explorant les possibilités d’une mise en relation de la science et de la philosophie de l’écologie avec des questions d’esthétique littéraire“ (39). Caillois betont das Spezifische der poetischen Imagination: „La poésie n’est possible que s’il existe un fonds commun objectif de l’imagination“ (40). Ihm zufolge sei das künstlerisch Imaginäre dazu fähig, tief liegende Entsprechungen wieder auftauchen zu lassen: „L’attention au monde est devoir de la poésie“ (41). Auf die Bedeutung der Aufmerksamkeit verweist auch der französische Literaturwissenschaftler vesY Citton in seiner „Ökologie der Achtsamkeit“ (42). Die Betonung der achtsamen Wahrnehmung des Dichters scheint mir auch mit der Herangehensweise des französischen Litera- turwissenschaftlers Jean-Pierre Richard verwandt (43). Die Erweiterung der Imagina- tionsübungen auf nicht-menschliche Bereiche stellt eine große Herausforderung dar. Aus diesem Bemühen ergibt sich die Möglichkeit einer Auflösung der Unterscheidung zwischen dem Menschlichen und dem Nicht-Menschlichen, wie auch das Auffinden von erstaunlichen Entsprechungen und Resonanzen zwischen weit entfernten Berei- chen, zum Beispiel zwischen Kunstwerken und Mineralien. Caillois ist immer davon ausgegangen, dass das Menschliche nicht von seinem eigenen geschlossenen System abhängt. Die Formen einer nicht-figurativen Kunst, welche die Ausnahme „Mensch“ am deutlichsten belegen soll, werden neben mikroskopische Aspekte von Kristallen, Plankton und Rinden gestellt, damit das Menschliche und das Nicht-Menschliche als „zwei Hemisphären der Ästhetik“ (44) empfunden werden. Aus den Gemeinsamkeiten zwischen weit entfernten Formen lasse sich folgern, dass „ein wirklich formloses Werk undenkbar ist: oder eher dass es als nicht figurativ vorkommt, solange man die Reali- tät, die ihr als Modell hätte dienen können, nicht neben sie gestellt hat“ (45).

39 Clare Sibley-Esposito, „Caillois sur les chemins de l’écocritique“, Littératures, 68 (2013), S. 141-160, journals.openedition.org/litteratures/108. 40 Roger Caillois, Cases d’un échiquier, Paris, Gallimard, 1970, S. 249. 41 Ebd., S. 253. 42 Yves Citton, Pour une écologie de l’attention, Paris, Seuil, 2014. 43 Jean-Pierre Richard, Littérature et sensation, Paris, Seuil, 1954. 44 R. Caillois, Cases d’un échiquier (Anm. 40), S. 184: „deux hémisphères de l’esthétique“ (meine Übersetzung). 45 Ebd., S. 184: „[…] une œuvre vraiment informelle est inconcevable; ou plutôt […] elle ne paraît non figurative que tant qu’on n’a pas placé à côté d’elle la réalité qui aurait pu en être le modèle“ (meine Übersetzung). Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 331

Caillois schreibt: „La poésie ne consiste pas à mettre en vers les résultats du savoir – elle est elle-même méthode et savoir“ (46). Dies genau bildet die Prämisse der „épistémo- critique“, auf die ich kurz eingehen möchte, weil sie meines Erachtens einen weiteren spezifischen Ansatz der französischen Ökokritik darstellt, obwohl die wechselseitige Beziehung zwischen Literatur und Wissen auch in Deutschland im Zentrum der gegenwärtigen Kulturwissenschaften steht (47). Die französische „écocritique“ ist mit einer „épistémocritique“ (48) der Natur eng verbunden, wie sie unter anderem Laurence Dahan-Gaida (49) und Gisèle Séginger (50) vertreten. Wie sonst können wohl die Bezie- hungen eines literarischen Textes zur physischen Umgebung untersucht werden, ohne das Wechselspiel von Literatur und Naturwissen(schaften), Naturvorstellungen und Naturdarstellungen miteinzubeziehen? In der „épistémocritique de la nature“ geht es darum, die Austauschprozesse zwischen literarischen und nicht-literarischen Dis- kursen über Natur und Umwelt zu untersuchen, die Rolle der Literatur als Wissens- vermittlung zu verstehen, das sprachlich verfasste Wissen über Natur, das die Literatur bereithält, herauszuarbeiten und kritisch zu interpretieren. Das Verhältnis zur natürlichen Umwelt, um das es im Ecocriticism geht, setzt die räumliche Dimension der physischen Umgebung voraus, was auch für die franzö- sische Ökokritik charakteristisch ist. Wenn die französische „écocritique“ sich am Schnittpunkt der Forschungen zu Literatur und Raum bewegt, liegt das sicher daran, dass der Fokus auf das Räumliche in Frankreich weniger mit geopolitischen Fragen verknüpft ist als in Deutschland, wo der sogenannte spatial turn auf eine gewisse Skepsis gestoßen ist: „Die massiven Vorbehalte gegenüber geopolitischen Ansätzen gehen zurück auf die national sozialistische Ideologisierung und Funktionalisierung des Raumkonzepts für die Propaganda und Kriegspolitik des zweiten Weltkriegs, wie sie sich in einer rassistischen Blut-und-Boden-Ideologie und in der Zielvorstellung einer gewaltsamen Erweiterung des Lebensraums im Osten für ein ‚Volk ohne Raum‘ verhängnisvoll niedergeschlagen hat“ (51). In Frankreich beziehen sich auch aktuelle Lyriktheorien auf die Kategorie des Raumes, insbesondere auf Konzepte der „géocritique“, der „pensée-paysage“ und der „géo-poétique“. Als Vorläufer könnte Gaston Bachelard genannt werden, der mit sei- ner Poetik des Raums Bilder intimer Räumlichkeit wie das Haus, den Schlupfwinkel und die Höhle untersucht hat (52). Der griechische Begriff „oikos“ umfasst ein breites

46 Ebd., S. 251. 47 Roland Borgards, Harald Neumeyer, Nicolas Pethes und Yvonne Wübben (Hg.), Literatur und Wissen: Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart, Metzler Verlag, 2013 (siehe Beitrag von Ursula K. Heise „Ecocriticism“). 48 Michel Pierssens, Savoirs à l’œuvre: Essais d’épistémocritique, Villeneuve d’Ascq, Presses universi- taires du Septentrion, 1990. 49 Laurence Dahan, „Nature en culture: l’approche épistémocritique de la Nature“, in: Choné/Hajek/ Hamman, Guide des Humanités environnementales (Anm. 26), S. 173-182. 50 Gisèle Séginger (Hg.), „Flaubert, les sciences de la nature et de la vie“, Flaubert. Revue critique et génétique, 13 (2015), flaubert.revues.org/2406. 51 Doris Bachmann-Medick, Cultural Turns: Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften (2006), Hamburg, Rowohlt (rowohlts enzyklopädie, 55675), 2014 (5. Aufl.), S. 286. 52 Gaston Bachelard, La poétique de l’espace, Paris, Presses universitaires de France, 1957; Die Poetik des Raumes, Frankfurt am Main, Fischer, 1987. 332 Revue d’Allemagne

Bedeutungsfeld, wo sich Vorstellungen von „Behausung“ entfalten können. „Oikos“ kann sich vom bloßen Gebäude zum Wohnen und Arbeiten bis auf die ganze Erde, ja auf den Kosmos erstrecken. In Anlehnung an Hölderlin (53), der stark von Heidegger rezipiert wurde und dessen Rezeption in Frankreich auf breites Interesse stieß, geht es darum, mittels der poetischen Sprache einen „oikos“, eine Wohnstätte, zu errich- ten. Diese in Frankreich fest etablierte Tradition der Literatur als „oikos“ wird derzeit von französischen Dichtern wie Philippe Jaccottet (54), Michel Deguy oder Jean-Claude Pinson vertreten: „[…] une approche aussi bien théorique que poétique (en acte) de l’écologie poétique peut nous ramener au centre des passions relationnelles entre le sujet vivant et le monde, à la recherche d’un monde commun à partager à partir d’un constat de perte ou de menace pour la survie. […] Capacité de mise en relation (‚symbole‘, ‚articulation‘), ouverture panoptique au Tout du monde (‚comprendre‘, ‚affaire de vision‘), la Maison-Littérature est bien de ce monde, dans le monde, mais aussi réancrage permanent au monde“ (55). Das, was Jean-Marie Schaeffer „écologie des études littéraires“ nennt, ist eine Form des aufmerksamen Umgangs mit der Sprache, die an die „Ökologie der Achtsamkeit“ von Yves Citton (56) anknüpft, und die mit Berbeli Wannings Vorhaben, Kulturökologie und Literaturdidaktik zu verbinden, verwandt ist. Öko- und geokritische Ansätze legen gemeinsam den Akzent auf die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt/Erde in literarischen Werken (57). Sie sind geo- und öko- zentriert. Wohl haben sich bis heute Geokritik, Geopoetik, Ökopoetik und Ökokritik relativ unabhängig voneinander entwickelt. Der französische Terminus géopoétique wurde von zwei Dichtern geprägt, Michel Deguy und Kenneth White. Das Institut international de géopoétique wurde von White außerhalb eines universitären Rahmens 1989 in Paris gegründet, obwohl der schottisch-französische Essayist lange einen Lehr- stuhl für Dichtung des 20. Jahrhunderts an der Sorbonne innehatte. White bezeichnet sich selbst als „intellektuellen Nomaden“. Sein Institut hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Zusammenarbeit von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, Kunstschaffenden, Lehrenden, Studierenden, Berufstätigen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern transdisziplinär zu fördern. In seinem Essay Éléments de géopoétique von 1987 entwirft White die Geopoetik als ein Projekt an der Grenze zwischen Poesie und Wissenschaft, zwischen konkreter Geographie und „geistigem Raum“. In der Vermischung von wis- senschaftlichem und poetischem Diskurs bei der Erdentdeckung, -erkundung und -beschreibung sucht er nach Texten und Projekten, in denen Dichter zu Geographen oder Geographen zu Dichtern werden (als Beispiele nennt er Rimbaud und Whitman).

53 Ich verweise hier auf Friedrich Hölderlins berühmte Verse aus seinem Gedicht „In lieblicher Bläue“: „dichterisch wohnet der Mensch auf dieser Erde“. 54 Siehe Peter Schnyder, „Poétique de la nature“, in: Choné/Hajek/Hamman, Guide des Humanités environnementales (Anm. 26), S. 123-134. 55 Martine Boyer-Weinmann, „Comment ‚l’écologie littéraire‘ peut-elle raviver la relation aux œuvres et à leur transmission?“, Études de lettres, 1 (2014), S. 151-164. 56 Y. Citton, Pour une écologie de l’attention (Anm. 42). 57 Stephanie Posthumus und Rachel Bouvet, „Eco- and Geo-Approaches in French and Francophone Literary Studies“, in: Hubert Zapf (Hg.), Handbook of Ecocriticism and , Berlin/Bos- ton, De Gruyter, 2016, S. 385-412. Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 333

Im Zuge des sogenannten spatial turn wurde ein anderer Ansatz, diesmal innerhalb des universitären Kontexts gegründet, und zwar die „géocritique“ (58). Dieser Begriff wurde erstmals 2000 durch den französischen Komparatisten Bertrand Westphal ein- geführt und dann grundlegend in seinem Buch La Géocritique. Réel, Fiction, Espace (2007) dargelegt. Westphal definiert seine Geokritik als Methode, die das Verhält- nis von Literatur und geographischem Raum untersucht. Die ausdrückliche Bezug- nahme auf den geographischen Raum ist dabei zentral. Geokritische Studien im Sinne Westphals bedeuten, dass eine einzelne Stadt oder eine Region unter Berücksichti- gung einer möglichst großen Zahl literarischer Zeugnisse untersucht wird, d.h. sie ist multifokal. Sie befasst sich auch mit der sinnlichen Wahrnehmung von Räumen (Polysensorialität) und erforscht „synästhetische Landschaftsbilder“. Untersucht wird schließlich die Intertextualität von Räumen: Wie textuell beladen ist der beschriebene Raum, die beschriebene Landschaft? In La Pensée-Paysage. Philosophie, arts, littérature (59) unterstreicht der französi- sche Literaturwissenschaftler Michel Collot das aktuelle Interesse an Landschaft in Europa: Dieses Interesse sei keine Mode, sondern entspreche vielmehr einer tief- greifenden geschichtlichen Entwicklung der Mentalitäten. Die Urbanisierung und die Umweltzerstörung würden die Landschaft bedrohen und sie dadurch kostbar machen. Die Landschaft würde das Bedürfnis der Menschen widerspiegeln, an eine sinnliche Wahrnehmung der Umwelt neu anzuknüpfen. Sie ermöglicht Collot zufolge ein anderes Denken, das sogenannte „Landschaftsdenken“, dessen Ausprägungen er in Philosophie, Kunst und Literatur untersucht (60). Die Komplementarität und Diversität dieser geo- und ökokritischen Ansätze besitzt meines Erachtens ein großes Potential (61). Jeder Ansatz arbeitet mit seinen eigenen Konzepten und Methoden: Landschaften, Reisen, Wohnen, Beziehungen zwischen Mensch und Globus (im Falle der Geopoetik); Polysensorialität, Multifokussierung, Stratigraphie, Beziehungen zwischen Menschen und Räumen (im Falle der Geokri- tik); Natur, Kunst, Performance, Ökologie, „Sense of Place“ (im Falle der Ökopoetik); Umweltbewusstsein, politische Ökologie, Verhältnis von Mensch und nichtmenschli- cher Natur (im Falle der Ökokritik). Es kann extrem fruchtbar sein, den literarischen Text aus der Perspektive mehrerer geo- und ökokritischen Ansätze zu erforschen. Eine solche Interpretationsweise literarischer Texte bildet vielleicht kein neues Paradigma in der Ökokritik-Forschung, erscheint mir immerhin als ein interessanter und spe- zifischer Beitrag der französischen Ökokritik zu diesem Forschungsfeld. Ich möchte zum Schluss darauf hinweisen, dass das seit 2014 bestehende Projekt EcoLitt (62), das

58 Bertrand Westphal, La Géocritique. Réel, fiction, espace, Paris, Minuit, 2007; Bertrand Westphal, La cage des méridiens. La littérature et l’art contemporain face à la globalisation, Paris, Minuit, 2016. 59 Michel Collot, La pensée-paysage. Philosophie, arts, littérature, Arles, Actes Sud/ENSP (coll. „Pay- sage“), 2011. 60 Siehe auch Pascale Salinier, Paysages habités. Petite anthologie de littérature, s.l., Éditions de l’Escarmouche, 2011. 61 Siehe auch Eric Prieto, „ Meets Ecocriticism: Bertrand Westphal and Environmen- tal Thinking“, Épistémocritique, 9 (2011), epistemocritique.org/geocriticism-meets-Ecocriticism- bertrand-westphal-and-environmental-thinking/. 62 „Par une mutualisation des compétences des chercheurs comparatistes de différentes spécialités linguistiques et littéraires, EcoLitt vise à étayer la recherche dans le domaine encore méconnu en 334 Revue d’Allemagne vom Forschungszentrum CERIEC (Centre d’Études et de Recherches sur Imaginaire, Écriture, Culture) der Universität Angers und von der Region Pays de la Loire drei Jahre lang finanziert wurde, die verschiedenen Ansätze der „écocritique“ im französischen Kontext verbindet. Spezifische Ansätze des deutschen Ecocriticism Man könnte sich fragen weshalb die deutschen Forschenden den angelsächsischen Begriff „Ecocriticism“ direkt übernommen haben, während ihre französischen Kol- leginnen und Kollegen den Begriff „écocritique“ geprägt haben. Teilweise wird dieser auch im Deutschen verwendet, möglicherweise importiert aus dem Französischen (63). Diese unterschiedlichen Bezeichnungen verweisen auf grundlegende Unterschiede zwischen dem deutschen und dem französischen Kontext. Der Hauptunterschied besteht wahrscheinlich in der kulturwissenschaftlichen Orientierung des deutschen Ecocriticism und im Einfluss von Pionierarbeiten englischsprachiger Germanisten wie Axel Goodbody (64) (Großbritannien) und Kate Rigby (65) (Australien). Goodbody nennt z.B. Kulturwissenschaftler wie Hartmut Böhme (66) und Jost Hermand (67) als Vorläufer des Ecocriticism, obwohl gerade diese beiden den Begriff nicht verwenden. Böhmes Ästhetik der Natur hat aber den deutschen Ecocriticism stark beeinflusst. In mehreren Veröffentlichungen beschäftigt sich der Professor für Kulturtheorie und Mentalitäts- geschichte mit dem Verhältnis des Menschen zur Natur (68). Böhmes Werk könnte mit den Arbeiten des französischen Historikers Alain Corbin verglichen werden, der im Sinne der Mentalitätsgeschichte Lucien Febvres verschiedene Themen wie das Ver- hältnis des Menschen zum Ufer, die Lautlandschaft auf dem französischen Land im 19. Jahrhundert, und aktuell die Kulturgeschichte des Regens und des Grases behan- delt hat, wobei Corbin als Historiker der sinnlichen Wahrnehmung den Akzent auf die Geschichte der Emotionen legt (69). Nach den Sammelbänden von Peter Morris-Keitel

France de l’écocritique et de l’analyse des rapports entre la littérature et les préoccupations environ- nementales. L’ambition du projet est de faire progresser la recherche, par un travail transdisciplinaire régional, sur des problématiques littéraires encore peu reconnues en France“, ecolitt.univ-angers.fr/fr/ index.html. 63 Ursula K. Heise, „Ökokritik/Ecocriticism“, in: Ansgar Nünning (Hg.), Metzler Lexikon für Literatur- und Kulturtheorie, Stuttgart, Metzler, 2001, S. 155-156. 64 Axel Goodbody, Nature, Technology and Cultural Change in Twentieth-Century German Literature. The Challenge of Ecocriticism, Basingstoke, Palgrave, 2007. 65 Kate Rigby, Topographies of the Sacred, The Poetics of Place in European Romanticism, Charlottesville, University of Virginia Press, 2004. 66 Hartmut Böhme, „Literaturwissenschaft in der Herausforderung der technischen und ökologischen Welt“, in: Ludwig Jäger und Bernd Switalla (Hg.), Germanistik in der Mediengesellschaft, München, Verlag Wilhelm Fink, 1994, S. 63-79. 67 Jost Hermand, „Literaturwissenschaft und ökologisches Bewusstsein. Eine mühsame Verflechtung“, in: Anne Bentfeld und Walter Delabar (Hg.), Perspektiven der Germanistik, Opladen, Westdeut- scher Verlag, 1997, S. 106-125. 68 Hartmut Böhme, Kulturgeschichte des Wassers, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1988; Hartmut Böhme, Gernot Böhme, Feuer Wasser Erde Luft. Kulturgeschichte der Naturwahrnehmung in den Ele- menten, München, C.H. Beck, 1996. 69 Alain Corbin, Le territoire du vide, Paris, Flammarion, 1990; Les cloches de la terre, Paris, Albin Michel, 1994; Histoire buissonnière de la pluie, Paris, Flammarion, 2017; La fraîcheur de l’herbe. Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 335 und Michael Niedermeier einerseits (70), Gerdorf und Mayer andererseits (71), wurde die erste deutschsprachige Einführung zum Ecocritism von Gabriele Dürbeck und Urte Stobbe herausgegeben (72). Sie stellt unter anderem die spezifischen Ausprägun- gen eines deutschen Ecocriticism vor. 2016 folgte Benjamin Bühlers Monographie, die den deutschen Ecocriticism als „Paradigma für eine kulturwissenschaftlich erweiterte Germanistik“ (73) vorstellt. In Deutschland lassen sich grob folgende Grundrichtungen des Ecocriticism unterscheiden: Kultur- und Literaturökologie, ökologische Genres und Schreibmodi, Cultural Animal and Plant Studies, Anthropozän-Debatte. Der deutsche Ecocriticism umfasst kulturwissenschaftliche Fragestellungen und Perspektiven, wie zum Beispiel die Kulturökologie des Amerikanisten Hubert Zapf, wobei diese nicht gleichbedeutend dem französischen Begriff „écologie culturelle“ ist, der wiederum auf den amerikanischen Anthropologen Julian Steward zurückgeht (cultural ecology). Der deutsche Literaturwissenschaftler betrachtet seinerseits die Literatur als kulturelle Ökologie und erforscht die literarische Kreativität aus textethi- scher Perspektive (74). Der Literatur- und Kulturwissenschaftler Stefan Hofer hinge- gen erforscht die „Ökologie der Literatur“ aus einer systemtheoretischen Perspektive, indem er das Paradigma des Ecocriticism mit Niklas Luhmanns Systemtheorie auf eine tragfähige theoretische Grundlage zu stellen versucht (75). Seit 10 Jahren versucht die Germanistin Berbeli Wanning Kulturökologie und Literaturdidaktik, Didaktik und Ecocriticism, Bildung und Nachhaltigkeit zu verbinden (76). Man könnte zu die- sen Forschungen eine Parallele zu den Arbeiten von Jean-Marie Schaeffer (77), Martine Boyer-Weinmann (78) und Yves Citton (79) ziehen. Der deutsche Ecocriticism beschäftigt sich neuerdings auch intensiv mit ökologi- schen Genres und Schreibmodi (80) wie Utopie/Dystopie, Robinsonade, Science Fiction,

Histoire d’une gamme d’émotions de l’Antiquité à nos jours, Paris, Fayard, 2018. Corbins Einfluss auf die „écocritique“ erfolgt vor allem durch seine Analysen zur Landschaft, d.h. eher im Rahmen der Orientierung „Literatur und Raum“. Siehe Alain Corbin, L’homme dans le paysage, Paris, Seuil, 2001. 70 Peter Morris-Keitel und Michael Niedermeier, Ökologie und Literatur, New York, Peter Lang, 2000. 71 Catrin Gersdorf und Sylvia Mayer (Hg.), Beiträge zu Ökologie und Literaturwissenschaft, Heidel- berg, Winter Verlag, 2005. 72 Dürbeck/Stobbe, Ecocriticism. Eine Einführung (Anm. 2). 73 Benjamin Bühler, Ecocriticism: Grundlagen – Theorien – Interpretationen, Stuttgart, Metzler, 2016, siehe „Einführung“. 74 H. Zapf, Literatur als kulturelle Ökologie (Anm. 17); H. Zapf, Handbook of Ecocriticism and Cultural Ecology (Anm. 57). 75 Stefan Hofer, Die Ökologie der Literatur: eine systemtheoretische Annäherung. Mit einer Studie zu Werken Peter Handkes, Bielefeld, transcript, 2007. 76 Berbeli Wanning und Axel Goodbody (Hg.), Wasser – Kultur – Ökologie. Konstanten und Wandel in der sozialen und kulturellen Bedeutung des flüssigen Elements, Göttingen, V&R unipress, 2008. 77 Jean-Marie Schaeffer, Petite écologie des études littéraires, pourquoi et comment étudier la littéra- ture?, Vincennes, Éditions Thierry, 2011. 78 M. Boyer-Weinmann, „Comment ‚l’écologie littéraire‘“ (Anm. 55). 79 Y. Citton, Pour une écologie de l’attention (Anm. 42). 80 Evi Zemanek (Hg.), Ökologische Genres. Naturästhetik – Umweltethik – Wissenspoetik, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 2018. Diesen Aspekt behandelt im gleichen Band ausführlich der Aufsatz von Evi Zemanek, deswegen werde ich mich in diesem Rahmen nicht weiter damit beschäftigen. 336 Revue d’Allemagne

Postapokalypse, Idylle, Bukolik, nature writing, Naturlyrik, Dramatik, „Klimawandelro- man“‚ „Ökothriller“, Kinder- und Jugendliteratur, während dieser Aspekt in Frankreich bis jetzt eher vernachlässigt wurde. In Deutschland werden Themen wie das Anthropo- zän (81), Katastrophen (82), Klimawandel differenziert behandelt, während verwandte For- schungen in Frankreich relativ wenig verbreitet sind. Dies ändert sich langsam, wie es der Call for papers von Justine de Reyniès und Odile Gannier für LOXIAS 52 (März 2016) „(Re)lectures écocritiques: l’histoire littéraire européenne à l’épreuve de la question envi- ronnementale“ und der Call for papers von Marc Lacheny und Olivier Hanse (Juni 2018) zum „Catastrophisme environnemental“ für die Revue d’Allemagne belegen. Der deutsche Ecocriticism ist teilweise auch mit den Cultural Animal Studies verbun- den (83), während in Frankreich nur einzelne Ansätze in diese Richtung gehen (84). Zur Zeit wird in Deutschland kulturwissenschaftlich zum Thema „Pflanzenkommunikation“ (85) geforscht und der neue Forschungsbereich „Cultural Plant Studies“ wird unter anderem von Urte Stobbe im Rahmen der Environmental Humanities vorangetrieben (86). Das Interesse am Nicht-Menschlichen kann sich bis auf das Mineralische erstrecken, wie es eine 2016 im Elsass organisierte deutsch-französische Tagung belegt (87). Ansätze wie Posthumanismus (88), New Materialism, Ökofeminismus und scheinen im deutschen Ecocriticism mehr verbreitet als in der französischen Ökokritik. Interes- sant ist auch die medienwissenschaftliche Orientierung desEcocriticism in Deutsch- land, die den Akzent auf Intermedialität legt. Medienwissenschaftliche Forschungen umfassen nicht nur literarische Texte, sondern auch nicht-fiktive Texte, Theaterstücke, Performance, Filme, Musik, Comic und andere mediale Ausdrucksweisen (89).

81 Gabriele Dürbeck, Christine Kanz und Ralf Zschachlitz (Hg.), Ökologischer Wandel in der deutsch- sprachigen Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts. Neue Ansätze und Perspektiven, Berlin, Peter Lang, 2018; Caroline Schaumann, Heather Sullivan, German Ecocriticism in the Anthropocene, New York, Palgrave Macmillan, 2017; Gabriele Dürbeck, Jonas Nesselhauf (Hg.), Narrative des Anthropozäns in Kultur und Medien, Frankfurt am Main, Peter Lang, 2018. 82 Gabriele Dürbeck (Hg.), „Klimachaos und Naturkatastrophen in der deutschen Literatur – Desaster und deren Deutung“, in: Franciszek Grucza (Hg.), Vielheit und Einheit der Germanistik weltweit, Frankfurt am Main, Peter Lang (Publikationen der Internationalen Vereinigung für Germanistik, Bd. 14), 2012; Eva Horn, Zukunft als Katastrophe, Frankfurt am Main, Fischer, 2014. 83 Claudia Schmitt und Christiane Solte-Gresser (Hg.), Literatur und Ökologie, Bielefeld, Aisthesis, 2017. 84 Aurélie Choné, „Le message de l’animal dans Indienfahrt de Waldemar Bonsels“, in: Aurélie Choné und Catherine Repussard (Hg.), Des animaux et des hommes/ Von Menschen und Tieren, Recherches germaniques, Sonderheft 10 (2015). 85 Isabel Kranz, Alexander Schwan und Eike Wittrock (Hg.), Floriographie. Die Sprachen der Blu- men, Paderborn, Wilhelm Fink, 2016. 86 In November 2017 organisierte sie den Panel „Human Plant Metamorphoses from the Perspective of Cul- tural Plant Studies“ beim Kongress der Kulturwissenschaftlichen Gesellschaft an der Universität Ghent. 87 Marc Cluet u.a. (Hg.), La dignité du minéral – Cause germanique, cause universelle / Die Würde des Minerals – Ein deutsches und zugleich universelles Anliegen, Würzburg, Königshausen & Neumann, 2019. 88 Christa Grewe-Volpp und Evi Zemanek (Hg.), „Mensch – Maschine – Materie – Tier. Entwürfe posthumaner Interaktionen“, PhiN. Philologie im Netz: Beihefte, Beiheft 10 (2016). 89 Davon zeugen z.B. die zwei letzten Kapitel des Bandes Literatur und Ökologie (Schmitt/Solte- Gresser [Anm. 3]) oder der 2018 an der Universität Potsdam (Europäische Medienwissenschaft) in Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 337

Zu einer deutsch-französischen Komparatistik im Feld „Literatur und Ökologie“ Heutzutage wird der Ecocriticism immer mehr ausdifferenziert. Nach dem ökokriti- schen Jahrzehnt der 1990er Jahre tauchen neue komplexe Ansätze auf, die interdiszi- plinäre Praktiken voraussetzen. Wir haben eigentlich nicht mehr einen Ecocriticism, sondern mehrere: Postcolonial Ecocriticism, Material Ecocriticism, Feminist Ecocriti- cism usw. Und wir haben nicht nur den angelsächsischen Ecocriticism, sondern auch einen deutschen und einen französischen Ecocriticism. Durch ihre rapide internatio- nale Entwicklung stößt nämlich die Ökokritik auf neue Forschungsobjekte und -felder, wie Geopoetik in Frankreich oder Kulturökologie in Deutschland, was zu begrüßen ist, insofern dieser Prozess die Monokultur und Hegemonie des Englischen durch die kulturelle Diversität auf globaler und lokaler Ebene ablöst. Dieser Beitrag soll jedoch nicht den Eindruck erwecken, dass es eine französische „écocritique“ bzw. einen deutschen Ecocriticism gäbe, die in Konkurrenz zueinander stünden. Die internationale Vernetzung des deutschen Ecocriticism bzw. der fran- zösischen „écocritique“ und ihre Ankoppelung an Ansätze aus den Gender Studies (z.B. ), den Postcolonial Studies, dem Poststrukturalismus oder der Diskursanalyse sowie an neue Ansätze wie Ökokosmopolitismus, Biosemiotik oder Multispecies Ethnography (90), und der bedeutende Beitrag französisch- bzw. deutsch- sprachiger Forscherinnen und Forscher, die nicht in Frankreich (Desblaches, Post- humus, Jaccomard) bzw. Deutschland (Goodbody, Rigby, Wilke) wohnen, wären ausreichende Belege, die man einer solchen essentialistischen Vorstellung entgegen- halten könnte. Claudia Schmitt und Christiane Solte-Gresser bemerken zu Recht: „Eine europäische Ökokritik, die mit einer Stimme, vielleicht sogar in Abgrenzung zu einer (US)amerikanischen Ökokritik spricht, wird es nicht geben und sollte es auch nicht geben. Wünschenswert wäre allerdings eine aufeinander bezogene Vielstimmigkeit, aus der etwas Neues, Gemeinsames entstehen kann. Denn was sich inzwischen abzeichnet, ist ein deutscher, ein französischer usw. Weg der Ökokritik, welcher in der Tradition der Nationalphilologien und innerhalb der jeweiligen Nationalsprachen verläuft und sich dort zunehmend verzweigt. Damit jedoch wird eine Verknüpfung dieser einzelnen Positionen durch vergleichende und übergreifende Ansätze immer wichtiger“ (91). Die Komparatistin Christiane Solte-Gresser ist der Meinung, dass „angesichts der Sprachen, Nationalgrenzen und Kulturräume überschreitenden Bedeutsamkeit öko- kritischer Themen“ eine vergleichende Perspektive ihr besonderes Potential entfaltet (92). Ihr Bemühen um eine europäische Dimension des Ecocriticism, die auch französische Perspektiven miteinbezieht, ist sehr willkommen. Interessant wäre es im Hinblick auf einen komparatistischen deutsch-französischen Ecocriticism, literaturtheoretische Methoden und Methodenreflexionen, Themen (Inhalte, Motive), Formen (Gattungen)

Kooperation mit der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Medienkulturwissenschaft) organisierte Workshop „Spürtechniken. Von der Wahrnehmung der Natur zur Natur als Medium“. 90 Da finden wir genauso viele Autoren aus Deutschland und Frankreich, z.B. in Frankreich haben Domi- nique Lestel, Florence Brunois, Florence Gaunet und Vinciane Desprets den Begriff „Etho-Ethnologie“ und „Ethno-Ethologie“ geprägt, um sich von der klassischen anthropologischen Perspektive abzugren- zen und „zwischenspezifische Beziehungen“ zu situieren, nicht nur menschliche Gemeinschaften. 91 Schmitt/Solte-Gresser, Literatur und Ökologie (Anm. 3), S. 29. 92 Ebd., S. 20. 338 Revue d’Allemagne und historische Kontexte vergleichend zu betrachten. Inhaltlich ist eine Übereinstim- mung bei den behandelten Themen (Katastrophennarrative (93), Pflanzen, Tiere, Klima- wandel, Abfall (94)…) zu beobachten. Interessant wäre es herauszufinden, weshalb das Thema für den jeweils deutschen bzw. französischen Kontext relevant ist und je nach dem kulturellen Kontext unterschiedlich behandelt wird. Was die Gattungen betrifft, könnten Subgattungen wie Heimatliteratur, Dorfgeschichte, Idylle im deutschspra- chigen Raum Genres aus der französischen Literatur gegenübergestellt werden. Die komparatistische Perspektive sollte auch die Wissenstransfers einiger Schlüsselideen zwischen Deutschland und Frankreich kulturgeschichtlich untersuchen, wie zum Beispiel den Begriff „Umwelt“/„milieu“ (95), das landschaftliche Denken, den Begriff „Naturdenkmal“/„monument naturel“ (96) sowie den kosmologischen Gedanken (97). In Frankreich wie in Deutschland wurde der Ecocriticism zuerst im Rahmen der Anglistik/Amerikanistik aufgegriffen (98). Ein Interesse an komparatistischen Ansätzen ist auch in französischsprachigen Publikationen der letzten Jahre zu verzeichnen (99). Die Hinwendung zu nicht anglophonen Kulturen nimmt seit einigen Jahren zu; davon zeugen die Arbeiten von Forscherinnen und Forschern aus der Vergleichenden Lite- raturwissenschaft (Bertrand Guest, Anaïs Boulard), aus der Romanistik (Anne-Laure Bonvalot) und aus der Germanistik (Aurélie Choné). In den USA versuchte schon vor zehn Jahren die Germanistin Sabine Wilke den Ecocriticism aus dem Bereich der Anglistik und Amerikanistik auf andere Fächer wie Hispanistik, Sinologie usw. anzuwenden. Dazu kam der Bereich der Frankoromanistik mit Arbeiten der kanadi- schen Romanistin Stefanie Posthumus und das Ecolitt-Projekt der Universität Angers. Komparatistische Perspektiven bleiben aber ziemlich selten aufgrund der Dominanz

93 Siehe in Deutschland das von Gabriele Dürbeck geleitete DFG-Forschungsprojekt „Narrative des Anthropozäns in Wissenschaft und Literatur“ (2016-2018) an der niversitätU Vechta. Siehe in Frank- reich z.B. Christian Chelebourg, Les écofictions : mythologies de la fin du monde, Paris, 2012; Anaïs Boulard, „Un monde à habiter: imaginaire de la crise environnementale dans les fictions de l’An- thropocène“, Dissertation (Vergleichende Literaturwissenschaft), niversitéU d’Angers, 2016. 94 Siehe in Deutschland David-Christopher Assmann, Norbert Otto Eke und Eva Geulen (Hg.), Ent- sorgungsprobleme: Müll in der Literatur, Berlin, Erich Schmidt Verlag, 2015. Siehe A. Boulard, „Un monde à habiter“ (Anm. 93), in Frankreich. 95 Siehe u.a. Wolf Feuerhahn, „Du milieu à l’Umwelt: enjeux d’un changement terminologique“, Revue philosophique de la France et de l’étranger, 134/4 (2009), S. 419-438. 96 Siehe u.a. Elsa Vonau, „Le paysage et ses lectures: le mouvement de protection de la nature en France et en Allemagne au début du siècle“, in: Guillaume Lacquement, Karl Martin Born und Béatrice von Hirschhausen (Hg.), Réinventer les campagnes en Allemagne: Paysage, patrimoine et développement rural, Lyon, ENS Éditions, 2013, books.openedition.org/enseditions/4597. 97 Arthur O. Lovejoy, The Great Chain of Being: A Study of the History of an Idea, Harvard, Harvard University Press, 1936. Reprint: New York, Harper & Row, 2005 (deutsche Übersetzung von Die- ter Turck: Die große Kette der Wesen: Geschichte eines Gedankens, Frankfurt am Main, Suhrkamp [taschenbuch wissenschaft], 1993). 98 Seit fünfzehn Jahren hat sich der Ecocriticism in der deutschen und französischen Anglistik und Ame- rikanistik fest etabliert. Die meisten Forschenden kommen aus der Anglistischen Forschung und der Amerikanistik wie Anne Goarzin, Camille Manfredi, Margot Lauwers, Emmanuelle Peraldo, Clare Sibley-Esposito in Frankreich, Hubert Zapf in Deutschland. 99 A. Suberchicot, Littérature et environnement (Anm. 35); P. Schoentjes, Ce qui a lieu: essai d’écopoé- tique (Anm. 30). Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 339 der US-amerikanischen Literatur im Feld. Ursula Heise sieht für einen zukünftigen komparatistischen Ecocriticism drei Herausforderungen: „The challenge of non fic- tion, the challenge of the environmental humanities as a transdisciplinary matrix, and the challenge of the Anthropocene in its tension with posthumanism“ (100). Abschließend möchte ich auf diese Herausforderung, das Potential der Environ- mental Humanities zu nutzen, näher eingehen. Eine grundsätzliche Fragestellung teilt der Ecocriticism mit den Environmental Humanities, und zwar die Auseinander- setzung mit der Wechselbeziehung zwischen Natur und Kultur und die Infrage- stellung der traditionellen Natur-Kultur-Dichotomie. Im Bereich des Ecocriticism arbeiten die meisten Forscherinnen und Forscher interdisziplinär mit Geistes- und Naturwissenschaften (Geschichte, Politikwissenschaft, Kunst- und Kulturwissen- schaft, Umweltethik, Umweltwissenschaften, Umweltgeschichte, Zoologie, Ethologie usw.). Die gleiche Schwierigkeit bei der Vernetzung der ökokritischen Forschun- gen betrifft die disziplinübergreifende gemeinsame Forschung in denEnvironmen- tal Humanities. In Frankreich brachte das von Aurélie Choné, Isabelle Hajek und Philippe Hamman geführte interdisziplinäre Forschungsprojekt der Maison Inter- universitaire des Sciences de l’Homme Alsace (MISHA) „La nature à la lettre. Écritures et production des savoirs sur la nature dans l’Europe moderne et contemporaine“ (2012-2016) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Dis- ziplinen zusammen. 2016 wurde das Ergebnis der Arbeiten im Guide des Humanités environnementales und 2017 im Textbook Rethinking Nature veröffentlicht (101). Diese Sammelbände versuchen die beiden Fallen des Universalismus und Relativismus zu vermeiden, d. h. weder einen universalen, essentialistischen, noch einen relativisti- schen, konstruktivistischen Natur-Begriff zu vertreten. Sowohl der Ecocriticism als auch die Environmental Humanities wurden aufgrund ihres politisch-ideologischen Corpus kritisiert – denken wir an den Berliner Verlag Matthes & Seitz, der Botho Strauß’ Essay Anschwellender Bocksgesang, Borchardts Anthologie Der Deutsche in der Landschaft(2018), Gerd Bergfleth und Hans-Jürgen Syberberg veröffentlichte (102). Die größte Herausforderung des Ecocriticism und der Environmental Humanities besteht vielleicht darin, nicht der Versuchung einer nostalgischen, romantisierenden, fortschrittskritischen bzw. konservativen Auffassung der Natur zu erliegen. Die disziplinübergreifende Zusammenarbeit mit Forscherinnen und Forschern aus den Bereichen Geographie, Soziologie, Umweltgeschichte, Literaturwissenschaft usw. wurde 2017-2018 im deutsch-französischen Programm des interdisziplinären Zentrums für Deutschlandstudien und -forschung (CIERA) „Circulations et renou- vellement des savoirs sur la nature et l’environnement en France et en Allemagne: vers des humanités environnementales/ Natur und Umwelt: Wissenstransfer und Wis- senserneuerung in Frankreich und Deutschland“ weitergeführt. In Deutschland sind

100 Ursula K. Heise, „Comparative Literature and the Environmental Humanities“, 2014, stateofthedisci- pline.acla.org/entry/comparative-literature-and-environmental-humanities. 101 Choné/Hajek/Hamman, Guide des Humanités environnementales (Anm. 26); Aurélie Choné, Isa- belle Hajek und Philippe Hamman (Hg.), Rethinking Nature. Challenging Disciplinary Boundaries, London/New York, Routledge, 2017. 102 Derselbe Verlag hat 2017 (mit dem Bundesamt für Naturschutz) den Deutschen Preis für Nature Writing gestiftet, den erstmals (und zu Recht) Marion Poschmann erhalten hat. 340 Revue d’Allemagne derartige Projekte ebenfalls vorhanden, wie die 2015 von Gabriele Dürbeck gegrün- dete Naturen-Kulturen-Sektion der Kulturwissenschaftlichen Gesellschaft (103) und die von Jens Soentgen und Hubert Zapf gegründete Augsburger Forschungsgruppe „Envi- ronmental Humanities“ (104). Solche Initiativen erfordern eine neue Organisation und Verbreitung von Wissen, vor allem mehr Zeit für die reflexive Arbeit slow( scholarship und slow humanity) wie auch eine verstärkte Ankoppelung an das Wirkungsfeld der Politik (sustainibility/Nachhaltigkeit): „Bringing the fruits of such efforts to a wider audience will require environmental humanities scholars to experiment with new ways of organizing and disseminating knowledge“ (105). Davon zeugen z.B. neue Ini- tiativen wie das französische Kollektiv ZoneZadir, das anonym und kollektiv Tagun- gen (106) veranstaltet sowie neue Wege im Umgang mit dem Politischen erforscht. Die Environmental Humanities, die die Literaturwissenschaftlerin Sabine Wilke schon vor 10 Jahren in den USA in Verbindung mit den German Studies gebracht hat (107), kön- nen als eine deutliche Erweiterung des Ecocriticism bzw. der écocritique angesehen werden, insofern sie dezidiert interdisziplinär arbeiten und die Naturwissenschaften miteinbeziehen. In der Zukunft könnten sie als Brücke zwischen Ecocriticism und éco- critique, d.h. als gemeinsame Grundlage für eine zukünftige komparatistische Öko- kritik, dienen.

Zusammenfassung Angesichts der verschiedenen kulturellen Traditionen und Umweltdiskursen in Deutschland und Frankreich haben sich die neuen Paradigmen einer umweltbezoge- nen Literaturwissenschaft im deutschen bzw. französischen Kontext in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Im vorliegenden Aufsatz wird erforscht, wie sich der deutsche Ecocriticism bzw. die französische écocritique in Deutschland und Frankreich heraus- gebildet haben, welche spezifischen Ansätze sie hervorgebracht haben und welche Schnittpunkte/Gemeinsamkeiten sich ergeben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wer- den die jeweiligen Entwicklungslinien nachgezeichnet, um Wege aufzuzeigen, wie sich eine deutsch-französische Komparatistik im Feld der Forschungen zum Thema „Litera- tur und Ökologie“ besser entfalten kann.

103 kwgev.wordpress.com/sektionennetzwerke/naturen-kulturen. 104 www.wzu.uni-augsburg.de/Environmental-Humanities-de.html. 105 Hannes Bergthaller, Rob Emmett, Adeline Johns-Putra, Agnes Kneitz, Susanna Lidström, Shane McCorristine, Isabel Pérez Ramos, Dana Phillips, Kate Rigby und Libby Robin, „Mapping Common Ground: Ecocriticism, , and the Environmental Humanities“, Envi- ronmental Humanities, 5 (2014), S. 261-276, www.environmentalhumanities.org (20.6.2018). Siehe auch Isabelle Stengers, Une autre science est possible! Manifeste pour un ralentissement des sciences, Paris, Les Empêcheurs de penser en rond, 2013. 106 Wie die Tagung „Habiter les lieux“ im Juli 2018, f-origin.hypotheses.org/wp-content/blogs.dir/4217/ files/2018/06/livret-habiter-les-lieux-v7.pdf. 107 Sabine Wilke (Hg.), „The Environmental Humanities“, Special Issue, Pacific Coast Philology (2011); Sabine Wilke, Japhet Johnstone (Hg.), Readings in the Anthropocene: The Environmental Humani- ties, German Studies, and Beyond, London, Bloomsbury, 2011. Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext 341

Résumé Compte tenu des différences de traditions culturelles et de discours environnementaux en France et en Allemagne, les études littéraires axées sur les questions environnemen- tales ont déployé leurs nouveaux paradigmes dans des directions différentes en contexte français et allemand. La présente contribution analyse les chemins particuliers suivis par l’Ecocriticism allemand et l’écocritique française, les champs de recherche spécifiques qu’ils ont privilégiés et les points de convergence/comparaison qui peuvent émerger entre eux. Sans viser à l’exhaustivité, cet article brosse les grandes lignes de déploiement dans chaque contexte, afin de mettre en évidence des pistes pour une perspective comparative franco-allemande dans le domaine des relations entre littérature et écologie.

Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 343 T. 51, 2-2019

Pour une écologie littéraire Changements environnementaux, innovations (éco-)poétiques et transformations des genres : le cas du nouveau récit de village (Dorfroman)

Evi Zemanek *

L’écologie politique, l’écosophie, l’écopsychologie et l’écolinguistique ne sont que quelques exemples de champs de la recherche dont la dénomination signale leur rela- tion interdisciplinaire à « l’écologie ». Cet article se propose d’examiner précisément la relation entre littérature et écologie, et traite donc d’écologie littéraire et d’écopoétique. Cent ans après qu’Ernst Haeckel a introduit l’écologie en tant que sous-discipline dans le champ de la biologie, l’environnementalisme international a provoqué, dans les années 1970, un engouement pour l’idée « écologique » qui perdure encore aujourd’hui et ne cesse de se renforcer. Compte tenu du flou sémantique qui entoure toutes les questions « écologiques » dans les discours publics, il convient de revenir sur le concept de départ de l’écologie et sur sa « carrière » jusqu’à ce qu’elle devienne une discipline clé (1). Dans la recherche germanophone en sciences humaines, on a assisté à l’émergence d’une « écologie culturelle » (Kulturökologie) (2) et d’une « écolo- gie littéraire » (Literaturökologie), qui se sont développées en parallèle à l’ecocriticism anglophone et à son internationalisation. Au départ, l’ecocriticism anglo-américain se concentrait principalement sur la littérature écologiquement engagée et la recherche obéissait souvent à une préoccupation politique. L’écologie littéraire, quant à elle, traite

* Professeure en littérature et histoire culturelle des médias, Institut für Medienkulturwissenschaft, Université de Fribourg-en-Brisgau, [email protected]. 1 Voir Georg Toepfer, « Ökologie », in : Historisches Wörterbuch der Biologie. Geschichte und Theorie der biologischen Grundbegriffe, vol. 2, Darmstadt, J. B. Metzler, 2011, p. 681-714 ; Erich Hörl, « Die Ökologisierung des Denkens », Medienökologie. Zeitschrift für Medienwissenschaft, 14 (2016), p. 33-45. 2 Voir Peter Finke, « Kulturökologie », in : Ansgar Nünning et Vera Nünning (éd.), Konzepte der Kul- turwissenschaften. Theoretische Grundlagen – Ansätze – Perspektiven, Stuttgart/Weimar, J.B. Metzler, 2003, p. 248-279. 344 Revue d’Allemagne non seulement de sujets relevant de l’écologie, mais aussi de la fonction écologique de la littérature dans l’économie de la culture (3). Cette approche permet d’élargir consi- dérablement le champ des œuvres à examiner. Le présent article (4) tente de décrire les rapports existant entre les aspects théma- tiques, structurels et fonctionnels dans les textes étudiés. D’une part, il examine la relation homme-nature et l’engagement écologique ; d’autre part, il étudie la rhéto- rique et les modes de communication du savoir sur l’écologie. On peut observer que la relation et l’interaction entre les aspects éthiques et esthétiques varient selon les genres, et que chaque genre produit un savoir « écologique » spécifique. La thèse sous- tendant cette étude est que l’augmentation du savoir écologique ainsi que les transfor- mations écologiques naturelles et anthropogéniques de l’environnement ont provoqué et entraîné en retour des transformations dans le champ littéraire.

L’écologie comme discipline clé La définition de la notion d’écologie telle qu’on la donne aujourd’hui correspond en grande partie à celle qu’a formulée Ernst Haeckel en 1866 : « À partir du mot grec oikos (= maison), nous entendons par écologie toutes les interactions entre les organismes (individus, populations, communautés) et leur environnement abiotique et biotique concernant les flux d’énergie, de matière et d’information » (5). La recherche sur l’éco- logie peut être subdivisée en différents domaines : à un premier niveau, l’écologie traite des organismes, des espèces et de leur adaptation à l’environnement ; au niveau suivant, on examine les interactions entre les individus dans les populations, puis les interactions entre les espèces. On examine ensuite les dynamiques existant dans les communautés, les équilibres et les déséquilibres, ainsi que la biodiversité ; au prochain niveau, celui de l’écosystème, on prend en compte les flux d’énergie, de matériaux et d’information ; enfin, à un dernier niveau, on s’intéresse essentiellement à l’habitat. À ces différents champs de la recherche, on peut adjoindre « l’écologie appliquée », qui se penche sur le phénomène de culturalisation du paysage naturel et étudie l’agriculture durable ainsi que la préservation de la nature et des espèces. Aujourd’hui, l’écologie biologique est de plus en plus confrontée aux attentes de la société, qui souhaiterait qu’elle apporte des solutions à tous les problèmes environnementaux. Bien qu’élaborant un impor- tant savoir sur la dynamique des écosystèmes, elle ne formule pourtant aucune norme éthique – même si certains acteurs aimeraient en tirer des conclusions en ce sens (6).

3 Pour une introduction, voir Hubert Zapf, « Das Funktionsmodell der Literatur als kultureller Öko- logie : Imaginative Texte im Spannungsfeld von Dekonstruktion und Regeneration », in : Marion Gymnich et Ansgar Nünning (éd.), Funktionen von Literatur. Theoretische Grundlagen und Modell- interpretationen, WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2005, p. 55-75, ici p. 56 ; Hubert Zapf, Litera- ture as Cultural Ecology. Sustainable Texts, Londres, Bloomsbury Academic, 2016. 4 La première partie de cette étude reprend les idées exposées dans Evi Zemanek, « Einleitung », in : Evi Zemanek (éd.), Ökologische Genres. Naturästhetik – Umweltethik – Wissenspoetik, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 2018, p. 9-56, ici p. 9-24. 5 Wolfgang Nentwig, Sven Bacher et Roland Brandl, Ökologie kompakt, Heidelberg, Springer, 2012 (3e éd.), p. XIV (toutes les traductions des citations en allemand par Evi Zemanek). 6 Voir Hansjörg Küster, Das ist Ökologie. Die biologischen Grundlagen unserer Existenz, Munich, C.H. Beck, 2005, p. 7. Pour une écologie littéraire 345

Haeckel a défini l’écologie comme la « science des relations de l’organisme avec le monde extérieur environnant » et a étudié les « interrelations entre tous les organismes » et « leur adaptation à l’environnement, leur transformation à travers la lutte pour l’exis- tence » (7). Cette approche est basée sur l’idée d’un système organisé de dépendances, où il y a, à la fois, coexistence et concurrence (8). L’idée admise d’un équilibre fondé sur la réciprocité est beaucoup plus ancienne que l’écologie en tant que science ; en effet, depuis l’Antiquité, elle a constitué l’une des principales hypothèses formulées sur la nature. Mais, depuis les années 1970, au vu de l’évidente instabilité de nombreux systèmes écologiques, on préfère se baser sur le modèle du déséquilibre. Ce déséquilibre est conçu comme résultant de dynamiques internes et d’influences externes et, dans cette approche, on prend expressément en compte les facteurs de « perturbation » (9). Il faut cependant souligner que, pour les études littéraires et culturelles, les théories infir- mées par la science sont également d’un grand intérêt, car elles constituent l’horizon historique du savoir auquel se réfèrent les œuvres et les pratiques culturelles. Il n’est pas possible de décrire ici en détail la façon dont l’écologie s’est subdivisée en plusieurs domaines au cours du xxe siècle. Nous rappellerons seulement comment elle est devenue une science majeure et comment elle a nourri une certaine vision du monde et nous présenterons brièvement le développement de l’écologie humaine et culturelle. Les écologues ont décrit l’écologie comme une « science passerelle » (Brü- ckenwissenschaft) qui intègre toutes les sciences naturelles (10). Avec son approche holis- tique ou systémique, elle recouvre même les sciences naturelles et sociales, comme la sociologie, par exemple (11). Différentes sciences naturelles et humaines font ainsi partie de l’écologie humaine, qui étudie les relations des humains avec leur environnement depuis le début du xxe siècle. Pour cette raison, non seulement les biologistes et les géographes, mais aussi les sociologues, les politologues et les anthropologues, utilisent des modèles écologiques pour décrire les interactions humaines.

Écologie culturelle et écologie littéraire Depuis quelques décennies, les spécialistes des études culturelles (Kulturwissen- schaft) explorent aussi les en tant que systèmes écologiques et analysent les interactions entre la culture humaine et l’environnement naturel au regard de leur interdépendance. L’écologie culturelle remplace la perception illusoire de la culture en tant que système autonome – une idée longtemps dominante qui a conduit à la

7 Ernst Haeckel, Natürliche Schöpfungsgeschichte. Gemeinverständliche wissenschaftliche Vorträge über die Entwickelungslehre, Berlin, Reimer, 1870, p. 645. 8 Voir Ernst Haeckel, Generelle Morphologie der Organismen. Allgemeine Grundzüge der organischen Formen-Wissenschaft, Berlin, Reimer, 1866, vol. 2, p. 234 sq. 9 Voir G. Toepfer, « Ökologie » (note 1), p. 698. 10 Voir August Friedrich Thienemann, « Vom Wesen der Ökologie », Biologia Generalis, 15 (1941), p. 312-331, ici p. 324 ; Karl Friederichs, « Der Gegenstand der Ökologie », Studium Generale, 10 (1957), p. 112-144, ici p. 119. 11 Voir, par exemple, Eugene P. Odum, « Der Aufbruch der Ökologie zu einer neuen integrierten Diszip- lin », Grundlagen der Ökologie, 2 vol., trad. de Jürgen Overbeck, Ena Overbeck, vol. 1, Stuttgart/New York, Georg Thieme Verlag, 1980, p. XIV-XXVI ; Ludwig Trepl, « Ökologie – eine grüne Leitwissen- schaft. Über Grenzen und Perspektiven einer modischen Disziplin », Kursbuch, 74 (1983), p. 6-27. 346 Revue d’Allemagne dichotomie entre nature et culture. En référence à Jakob von Uexküll, Gregory Bate- son, Julian H. Steward et Arne Naess, le philosophe des sciences Peter Finke plaide pour une approche interdisciplinaire et parle d’un « écosystème culturel, qui ne convertit plus ses énergies en biomasse mais en codes symboliques ; ses cycles ne sont pas des chaînes alimentaires, mais des cycles d’information » (12). L’écologie culturelle s’intéresse donc aux sources et à la libération de l’énergie dans le processus culturel, dans lequel les énergies psychiques des acteurs sont d’une importance primordiale. L’une des plus importantes sources d’énergie culturelle est la langue (13). Comme l’éco- logie appliquée, une « écologie culturelle appliquée » pourrait bien évaluer ce proces- sus dans le sens d’une « nouvelle critique culturelle » qui chercherait à comprendre si notre action culturelle est compatible avec les conditions structurelles écosystémiques et développerait, au besoin, des contre-stratégies. Si l’on considère les langues comme « la plus importante de toutes les forces énergé- tiques qui forment et différencient les cultures » (14), la fonction culturelle écologique de la littérature est évidente. Le potentiel créatif de la langue se déploie notamment dans la littérature, qui présente une grande variété de conceptions culturelles. Convaincu que la poésie doit être considérée comme une source d’énergie culturelle, William Rueckert a annoncé en 1978 dans un essai, dans lequel il a également introduit le terme d’ecocriticism : « I am going to try […] to develop an ecological poetics by applying ecological concepts to the reading, teaching, and writing about literature » (15). Cette approche a été reprise et développée par Hubert Zapf, qui relève « les affinités entre les processus écologiques et les structures et les effets culturels de l’imagination lit- téraire » et examine « la littérature comme un moyen d’écologie culturelle » (16). Zapf assigne à la littérature, indépendamment de ses objets, une tâche centrale dans l’« éco- nomie de la culture », qui combine deux réalisations contraires, la déconstruction et la régénération : « D’une part, la littérature est un instrument sensoriel et compensatoire symbolique pour les aberrations et les déséquilibres culturels ; elle enregistre tout ce qui est marginalisé, négligé ou supprimé par les structures du pouvoir historique et des systèmes discursifs

12 P. Finke, « Kulturökologie » (note 2), p. 260. Comme dans l’écologie des systèmes (pratiquée en biolo- gie), Finke pense à un système ouvert qui modifie son environnement en même temps qu’il en dépend. 13 Ibid., p. 264 sq. Les ouvrages pionniers ont été : Gregory Bateson, Steps to an Ecology of Mind: Col- lected Essays in Anthropology, Psychiatry, Evolution, and Epistemology, Chicago, University of Chicago Press, 1972 ; et Einar Haugens, The Ecology of Language, Stanford, Stanford University Press, 1972. 14 P. Finke, « Kulturökologie » (note 2), p. 271. 15 William Rueckert, « Literature and Ecology. An Experiment in Ecocriticism » (1978), in : Cheryll Glotfelty et Harold Fromm (éd.), The Ecocriticism Reader : Landmarks in Literary Ecology, Athens/ Londres, University of Georgia Press, 1996, p. 105-123, ici p. 107. Un autre pionnier de la Literary ecology est Joseph Meeker, The Comedy of Survival. Studies in Literary Ecology, New York, Scribner, 1972. 16 H. Zapf, « Das Funktionsmodell » (note 3), p. 56. Pour une étude approfondie, voir : Hubert Zapf, Literatur als kulturelle Ökologie. Zur kulturellen Funktion imaginativer Texte an Beispielen des ame- rikanischen Romans, Tübingen, De Gruyter, 2002 ; id., Literature as Cultural Ecology (note 3). Sur la synthèse opérée entre ecocriticism et théorie des systèmes, voir Stefan Hofer, Die Ökologie der Literatur. Eine systemtheoretische Annäherung. Mit einer Studie zu Werken Peter Handkes, Bielefeld, transcript Verlag, 2007. Pour une écologie littéraire 347

dominants […]. D’autre part, surtout à travers […] la libération de la diversité et la mise en scène de l’ambiguïté […], elle devient le lieu d’un renouvellement créatif du langage, de la perception et de l’imagination culturelle » (17). Quand il décrit la fonction culturelle de la littérature d’une manière plus différen- ciée, Zapf distingue trois sous-fonctions, qui ont déjà fait leurs preuves en matière d’analyse de texte : premièrement, un métadiscours critique, c’est-à-dire que les textes littéraires déconstruisent les idéologies basées sur des systèmes d’interprétation hié- rarchiques binaires, tels que culture/nature, esprit/corps, etc. (18) ; en second lieu, un contre-discours imaginatif, c’est-à-dire que la littérature imagine la diversité cultu- relle et les alternatives à la réalité et place les personnes marginalisées au centre de ses préoccupations (19) ; troisièmement, un interdiscours réintégratif, c’est-à-dire que les textes littéraires rassemblent des discours contraires ainsi que différentes formes de savoirs et d’expériences. Ceci stimule de façon significative le renouvellement culturel et la créativité et permet de se confronter aux traumatismes culturels (20).

Ecocriticism Si l’on abordait les différents champs de l’écologie biologique de la façon présentée ci-dessus, elle offrirait aux études littéraires et culturelles un vaste champ d’inves- tigation. Cependant, les sciences littéraires et culturelles s’intéressent avant tout à une éthique environnementale. Cette préoccupation se retrouve aussi dans les termes d’ecocriticism et d’environmental criticism. Dans le champ de l’ecocriticism (21) interna- tional, malgré la diversité des méthodes, on trouve relativement peu de contributions liées au concept d’écologie de la biologie ou au concept culturel de l’écologie cultu- relle. L’une des raisons en est, selon Ursula Heise, qu’une grande partie des études se concentre sur des problèmes actuels, tels que la destruction de la nature (22). Même si la perspective scientifique est prise en compte, c’est plutôt un raisonnement éthique sur l’environnement (23) qui prime. Ce dernier est présent à des degrés divers, comme le révèlent les définitions anglo-américaines qui se sont imposées (24). Cette dimen- sion éthique va de la prise en compte de l’environnement physique comme facteur

17 H. Zapf, « Das Funktionsmodell » (note 3), p. 56. 18 Hubert Zapf, « Kulturökologie und Literatur », in : Gabriele Dürbeck et Urte Stobbe (éd.), Ecocriti- cism. Eine Einführung, Cologne, Böhlau, 2015, p. 172-184, ici p. 178. 19 Ibid., p. 179. 20 Ibid., p. 180 sq. 21 Pour un aperçu de ce champ de la recherche, voir : Greg Garrard, Ecocriticism, Londres, Rout- ledge, 2004 ; Greg Garrard (éd.), The Oxford Handbook of Ecocriticism, Oxford, Oxford University Press, 2014 ; Hubert Zapf (éd.), Handbook of Ecocriticism and Cultural Ecology, Berlin/Boston, De Gruyter, 2016 ; pour la recherche germanophone, voir : Dürbeck/Stobbe, Ecocriticism (note 18) ; Benjamin Bühler, Ecocriticism. Grundlagen – Theorien – Interpretationen, Stuttgart, J.B. Metzler, 2016. 22 Ursula K. Heise, « Ecocriticism/Ökokritik », in : Ansgar Nünning (éd.), Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, 5e éd., Stuttgart, J.B. Metzler, 2013, p. 155-157, ici p. 156. 23 Ibid. 24 Voir les définitions rassemblées par G. Garrard, Ecocriticism (note 21), p. 3 sq., et B. Bühler, Eco- criticism (note 21), p. 29 sq. 348 Revue d’Allemagne pertinent dans les études littéraires (25) à une focalisation sur les interactions entre humains et non-humains dans l’analyse textuelle (26), jusqu’au green reading (27), au sens d’une réinterprétation des textes dans la perspective d’une éthique environnementale. Dans certains cas, on trouve même un appel politique au lecteur, ce qui révèle bien une réorientation des études littéraires « dans un esprit de préoccupation environnemen- tale non limité à une méthode » (28). Cette politisation explicite de la littérature se rencontre plus souvent dans la recherche anglo-américaine que dans la recherche germanophone. Ici aussi, les excep- tions confirment la règle : le germaniste Jost Hermand (29), qui a enseigné aux États- Unis, a été l’un des premiers à exiger une prise de position éthique de sa discipline, et Hartmut Böhme (30) a demandé à ce que les études germaniques tiennent compte des problèmes écologiques. Cependant, la plupart des études en langue allemande ne poursuivent pas d’objectifs politiques explicites et plaident plutôt pour une perspec- tive analytique, scientifique et historique. En ce sens, on trouve dans le dictionnaire Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, qui a introduit la notion d’écocritique au début des années 2000, la définition suivante : « La critique littéraire et culturelle qui traite des questions écologiques analyse les concepts et les représentations de la nature tels qu’ils ont évolué à différents moments historiques dans certaines cultures. Elle examine la façon dont est défini le naturel, par quoi se caracté- rise la relation entre l’homme et l’environnement, et quelles valeurs et fonctions culturelles sont assignées à la nature » (31). Malgré leur diversité méthodologique, presque toutes les études promettent de rompre la dichotomie humains/environnement et culture/nature en se référant à l’écologie. Sans doute le point commun de l’ecocriticism et de l’écologie littéraire est-il la conviction d’une pertinence sociale de la littérature et de la critique littéraire. En rela- tion avec les aspects fonctionnels spécifiés par Zapf, l’écologie littéraire, selon notre propre compréhension, porte un intérêt particulier aux « genres écologiques » qui se sont développés au cours de l’histoire de la littérature.

25 Voir Cheryll Glotfelty, « Introduction. Literary Studies in an Age of Environmental Crisis », in : Cheryll Glotfelty, Harold Fromm (éd.), The Ecocriticism Reader. Landmarks in Literary Ecology, Athens, University of Georgia Press, 1996, p. xv-xxxvii, ici p. xviii. 26 Voir G. Garrard, Ecocriticism (note 21), p. 5. 27 Voir Michael P. Branch et Scott Slovic, « Introduction : Surveying the Emergence of Ecocriticism », in : Michael P. Branch et Scott Slovic (éd.), The ISLE Reader. Ecocriticism 1993-2003, Athens/ Londres, University of Georgia Press, 2003, p. xiii-xxiii, ici p. xix. 28 Lawrence Buell, Ursula K. Heise et Karen Thornber, « Literature and Environment », Annual Review of Environment and Resources, 36 (2011), p. 417-440, ici p. 418. 29 Voir Hermand Jost, « Literaturwissenschaft und ökologisches Bewußtsein. Eine mühsame Verflech- tung », in : Anne Bentfeld, Walter Delabar, Perspektiven der Germanistik. Neueste Ansichten zu einem alten Problem, Opladen, Springer, 1997, p. 106-125. 30 Voir Harmut Böhme, « Germanistik in der Herausforderung durch den technischen und ökonomi- schen Wandel », in : Ludwig Jäger (éd.), Germanistik in der Mediengesellschaft, Munich, Verlag Wil- helm Fink, 1994, p. 63-77. 31 U. K. Heise, « Ecocriticism/Ökokritik » (note 22), p. 155. Pour une écologie littéraire 349

Genres écologiques : traditions, transformations, innovations Depuis trop longtemps, les études littéraires traitant de l’écologie se contentent de deux genres : d’une part, des textes dystopiques qui mettent en scène des catastrophes écologiques ; d’autre part, des utopies qui créent une contre-image idéale. On peut comprendre ainsi le fait que l’introduction à l’écocritique publiée par Greg Garrard – une approche surtout connue dans le monde anglophone – s’appuie sur les deux pôles du « pastoral » et de l’« apocalypse » (32). Cependant, conformément à la perspec- tive anglo-américaine, Garrard pense moins à des genres clairement définis qu’à des styles d’écriture transgénériques, attachés à des thèmes ou des motifs spécifiques ou à des stratégies rhétoriques opposées. Ces deux modes ont aussi des inconvénients d’un point de vue esthétique. Les modes d’écriture étiquetés « pastoraux » dans l’écocri- tique anglo-américaine, et qui sont souvent des exemples de nature writing, peuvent être taxés de déni de réalité (33). Les idéaux pastoraux devraient, comme certains le pointent, être remplacés par de nouveaux concepts, tel celui de « post-pastoral », qui, selon Gifford, émergent de la tradition pastorale mais la transcendent en témoignant de la conscience critique de cette idéalité construite (34). Tout autant controversé est le mode apocalyptique, qui correspond à la prophétie d’une grande catastrophe. Lawrence Buell l’appelle « the single most powerful master metaphor that the contemporary environmental imagination has at its disposal » (35). Ces prédictions alarmistes, bien qu’elles sensibilisent efficacement les lecteurs aux enjeux écologiques, favorisent cependant peu l’action préventive, car elles distinguent de manière trop simpliste les acteurs « innocents » et ceux qui sont « coupables », et elles fournissent peu d’informations sur les relations causales complexes en jeu (36). Leur intérêt est cependant qu’elles contrecarrent un processus d’habituation problématique à l’idée convenue d’une crise environnementale. La présente étude soutient qu’une telle vision, seulement focalisée sur l’impact, ne prend pas suffisamment en compte les aspects esthétiques des œuvres littéraires et néglige de nombreux autres modes d’écriture qui ne peuvent être classés dans un schéma binaire. Les genres classiques, auxquels l’écocritique/ecocriticism anglo-américaine s’est consacré depuis ses débuts, sont la poésie romantique de la nature, le nature writing et le western ; par la suite, la recherche s’est aussi tournée vers la science-fiction. Tout comme nous-mêmes, Astrid Bracke critique dans le Oxford Handbook of Eco- criticism ce champ restreint. L’accent mis précédemment sur ces genres a, certes, permis à l’écocritique de se doter d’un profil clairement identifiable, mais ce cadrage ne rend pas justice aux possibilités de l’analyse écologique et il a besoin d’être élargi de toute

32 Voir G. Garrard, Ecocriticism (note 21), p. 33-58 et p. 85-107. 33 Voir Astrid Bracke, « The Contemporary English Novel and its Challenges to Ecocriciticism », in : G. Garrard, Oxford Handbook (note 21), p. 423-439, ici p. 434 ; et G. Garrard, Ecocriticism (note 21), p. 56. 34 Voir Terry Gifford, « Pastoral, Anti-Pastoral, and Post-Pastoral », in : Louise Westling (éd.), The Cambridge Companion to Literature and the Environment, New York, Cambridge University Press, 2014, p. 17-30, surtout p. 26. 35 Lawrence Buell, The Environmental Imagination. Thoreau, Nature Writing, and the Formation of American Culture, Cambridge, Harvard University Press, 1995, p. 285. 36 Voir G. Garrard, Ecocriticism (note 21), p. 104-107 ; Ursula K. Heise, Sense of Place and Sense of Planet. The Environmental Imagination of the Global, Oxford, Oxford University Press, 2008, p. 141. 350 Revue d’Allemagne urgence (37). En ce sens, le spectre des genres a été amplifié dans deux introductions à l’ecocriticism récemment publiées en langue allemande (38). L’ouvrage publié par Dürbeck et Stobbe propose ainsi de considérer les genres historiques qui rassemblent certaines innovations dans l’histoire littéraire germanophone, comme l’idylle (Idylle) et l’utopie d’un État naturel (Naturstaatutopie), des sous-genres nouveaux, tels que le roman sur les changements climatiques (Klimawandelroman), l’ecothriller et l’écodrame, ainsi que la littérature de jeunesse (39). Cependant, Bracke plaide de manière convaincante pour une extension du champ à des textes qui ne seraient pas spécifiquement centrés sur le thème de la nature et ne chercheraient pas explicitement à rallier le lecteur à une cause (40). Ceci permet de prendre en compte des textes ayant des objets et préoccupations très différents, relevant d’intérêts scientifiques, politiques ou esthétiques particuliers ou des textes cherchant à provoquer fascination, anxiété, curiosité ou crainte. Afin de remplacer la catégorie fondée sur l’intention de l’auteur, le volume Öko- logische Genres (41) propose d’opérer avec le concept de « savoir générique » (42), qui est un savoir écologique spécifique, s’intéressant aux affinités des différents genres avec divers domaines et types de savoir développés au cours de l’histoire. Quelques exemples : même les anciens bucoliques, tels que les Églogues de Virgile, fournissent, si on les lit attentivement, des informations sur la vie pastorale et sur les transformations du paysage par les clairières (43). Le poème didactique du xviiie siècle, par exemple « Die Alpen » d’Albrecht von Haller, nous apporte des informations sur la météorologie de l’époque et sur les conditions de vie et méthodes de travail des agriculteurs et des montagnards suisses (44). D’autre part, le célèbre poème de Goethe, « Metamorphose der Pflanzen » (« Métamorphose des plantes »), présente des connaissances sur la biolo- gie et les lois de la nature s’appliquant autant aux plantes qu’aux humains. Ici, Goethe combine la philosophie naturelle et la poésie, alors que la majorité de la poésie de son époque relate surtout des expériences subjectives de la nature (45). Par conséquent, on s’intéresse aux questions suivantes : quel genre correspond-il à un certain type de savoir écologique – et ce en raison de quelles qualités propres à ce genre ? Quelles idées

37 A. Bracke, « The Contemporary English Novel » (note 33), p. 423. 38 Voir Dürbeck/Stobbe, Ecocriticism (note 18) et B. Bühler, Ecocriticism (note 21). Voir aussi l’aperçu historique d’Axel Goodbody, « German Ecocritcism. An Overview », in : G. Garrard, Oxford Hand- book (note 21), p. 547-559. 39 Voir dans Dürbeck/Stobbe, Ecocriticism (note 18) les articles suivants : Evi Zemanek, « Bukolik, Idylle und Utopie aus Sicht des Ecocriticism », p. 187-204 ; Christina Caupert, « Umweltthematik im Drama und Theater », p. 219-232 ; Sylvia Mayer, « Klimawandelroman », p. 233-244 ; Gabriele Dür- beck, « Ökothriller », p. 245-257 ; Berbeli Wanning et Anna Stemmann, « Ökologie in der Kinder- und Jugendliteratur », p. 258-270. 40 Voir A. Bracke, « The Contemporary English Novel » (note 33), p. 424 sq. 41 E. Zemanek, Ökologische Genres (note 4). 42 Voir aussi Michael Bies, Michael Gamper et Ingrid Kleeberg (éd.), « Einleitung », in : Gattungs- Wissen. Wissenspoetologie und literarische Form, Göttingen, Wallstein, 2013, p. 7-18. 43 Voir E. Zemanek, « Bukolik » (note 39). 44 Voir Urs Büttner, « Die Subversion der Naturästhetik im Lehrgedicht. Zu den Wetterdarstellungen in Albrecht von Hallers Die Alpen », in : E. Zemanek, Ökologische Genres (note 4), p. 57-72. 45 Voir Kate Rigby, « Art, Nature, and the Poesy of Plants in the Goethezeit. A Biosemiotic Perspective », Goethe Yearbook, 22 (2015), p. 23-44. Pour une écologie littéraire 351

éthiques et quelles stratégies esthétiques se manifestent-elles dans les genres respec- tifs ? Et comment les genres déterminent-ils les discours écologiques ? La prise en compte des différents genres nécessite une approche théorique du système des genres littéraires. Jusqu’à aujourd’hui, dans l’écocritique internationale, on trouve peu de considérations théoriques sur le genre allant au-delà des contributions sur les genres canoniques ou les œuvres individuelles. On manque d’analyses historiques dia- chroniques et comparatives sur l’ensemble du spectre possible. Une écologie littéraire suppose que les genres ont évolué à partir des besoins spécifiques des auteurs et lec- teurs et continuent d’évoluer. Chaque genre développe sa propre dynamique éthique et esthétique, ce qui conduit à la formation de nouveaux (sous-)genres. L’évolution des genres n’est ni un processus littéraire interne ni une simple réaction aux besoins et aux conditions sociales ; le système du genre répond également aux transformations écologiques, qui à leur tour entraînent des changements culturels. Par conséquent, l’adaptation des genres montre à quel point la littérature, comme toute autre forme de culture, est affectée par l’environnement. Les genres caractérisés par leur propre évolution historique (comme la robinsonnade (46), le récit de voyage (47) ou la poésie de la nature (48)) réagissent aux nouveaux défis au moyen de différentes stratégies. En même temps, on découvre et définit de nouveaux sous-genres comme le « narratif de risque » (Risikonarrativ) (49), l’ecothriller, l’ ou la poésie élémentale (50). D’un autre côté, on observe que les contours des genres traditionnels se dissolvent face à la crise éco- logique actuelle lorsque différentes conventions et modes d’écriture sont combinés ; apparaissent alors des nouveaux genres hybrides. Mais ce n’est pas seulement la crise écologique actuelle qui conduit à des innovations : bien plus tôt déjà, on pouvait obser- ver une augmentation constante du savoir écologique, conduisant au remplacement de certaines conceptions de la nature alors dépassées et à des innovations esthétiques et éthiques, comme le montre la transformation des contes de fées (51) ou le développe- ment de l’idylle (à la fin du xviiie siècle) (52). Comme dans le cas de l’idylle, il y a, d’une

46 Voir Claudia Schmitt, « Vom Leben jenseits der Zivilisation. Ein vergleichender Blick auf das Ver- hältnis von Mensch und Natur », in : E. Zemanek, Ökologische Genres (note 4), p. 165-180. 47 Voir Elisabeth Jütten, « “Die Wirklichkeit ist teilbar”. Das Spiel mit Natur/Kultur-Hybriden in Rans- mayrs episodischem Reiseatlas », in : E. Zemanek, Ökologische Genres (note 4), p. 317-336. 48 Voir Evi Zemanek et Anna Rauscher, « Zum ökologischen Potenzial der Naturlyrik. Diskursive, figurative und formsemantische Innovationen », in : E. Zemanek, Ökologische Genres (note 4), p. 91-118. 49 Voir Evi Zemanek, « A Dirty Hero’s Fight for Clean Energy : Satire, Allegory, and Risk Narrative in Ian McEwan’s Solar », in : Gabriele Dürbeck (éd.), « Writing Catastrophes : Cross-disciplinary Per- spectives on the Semantics of Natural and Anthropogenic Disasters », special issue, ecozon@. Euro- pean Journal of Literature, Culture and Environment, 3/1 (2012), p. 51-60. 50 Voir Evi Zemanek, « Elemental Poetics. Material Agency in Contemporary German », in : Gabriele Dürbeck, Urte Stobbe, Hubert Zapf et Evi Zemanek (éd.), Ecological Thought in German Literature and Culture, Lanham, MD, Lexington Books, 2017, p. 281-296. 51 Voir Urte Stobbe, « Naturvorstellungen im (Kunst-)Märchen. Zur Modifikation, Adaption und Transformation zentraler Mytheme von der Romantik bis ins 21. Jahrhundert », in : E. Zemanek, Ökologische Genres (note 4), p. 147-164. 52 Voir Jakob Christoph Heller, « “Die stillen Schatten fruchtbarer Bäume”. Die Idylle als ökologisches Genre ? », in : E. Zemanek, Ökologische Genres (note 4), p. 73-90. 352 Revue d’Allemagne part, des genres qu’on ne trouve que dans une certaine culture (ce qu’on dit aussi du nature writing anglo-américain (53) ou du testimonio d’Amérique latine (54)) et, d’autre part, des genres, comme la robinsonnade ou la science-fiction, qui sont omniprésents dans l’histoire littéraire occidentale, bien qu’il existe des variantes qui correspondent à divers concepts de la nature et à différentes conventions des genres.

Le nouveau récit de village (der « neue Dorfroman ») : Unterleuten de Juli Zeh et Vor dem Fest de Saša Stanišić Un genre étroitement lié à l’histoire des littératures et cultures germanophones est la Dorfgeschichte ou le Dorfroman, le récit de village ou le roman de village. Le récit de village, qui doit sa renommée internationale à Berthold Auerbach et ses Schwarzwälder Dorfgeschichten (Les récits de village de la Forêt-Noire, 1843), s’est largement diffusé au xixe siècle. L’histoire littéraire situe sa disparition au xxe siècle. Il est cependant réap- paru récemment et traite à présent de thèmes et motifs écologiques. Les deux romans de village Vor dem Fest (Avant la fête) (2014) de Saša Stanišić et Unterleuten (2016) de Juli Zeh ont été encensés par la critique littéraire. Ces textes nous montrent comment les discours environnementaux et les thèmes écologiques se prêtent à la narration et leur analyse permet de combiner l’approche écocritique et l’écologie littéraire. Par définition, l’espace évoqué dans le récit de village est une « unité gérable et isolée dans la province (par opposition à la ville) » (55). Les anciennes histoires de village se concentraient sur la vie paysanne ou pastorale et dépeignaient une province idéalisée et une relation symbiotique entre l’homme et la nature. Les récits de village du xixe siècle présentent des degrés de réalisme variables : certains font allusion à la dureté de travail rural ; d’autres, beaucoup plus rares, ont pour cadre des villages ouvriers et traitent clairement des problèmes environnementaux de l’industrialisation (56). Toutes les his- toires de village du xixe siècle décrivent la réalité sociale des « gens simples » (du point de vue des citoyens urbains cultivés), mais pas nécessairement celle des pauvres ; dans chaque village il y a autant de fermiers riches que de travailleurs pauvres. Le choix des protagonistes et des lieux s’explique par les centres d’intérêt des lecteurs : les récits de village sont écrits pour des lecteurs bourgeois qui considèrent leurs conditions de vie modernes comme relevant d’un « état de civilisation morbide » et apprécient les descriptions d’un mode de vie « naturel » (57). Au-delà de son sujet, le récit de village, parce qu’il présente un modèle de micro- cosme, se prête particulièrement bien à l’analyse écologique. Ici, contrairement aux

53 Voir la réfutation de cette hypothèse par Simone Schröder, « Deskription. Introspek:tion. Reflexion. Der Naturessay als ökologisches Genre in der deutschsprachigen Literatur seit 1800 », in : E. Zema- nek, Ökologische Genres (note 4), p. 337-354. 54 Voir Elmar Schmidt, « Hybride Gattungen und mediale Transformationen. Ökologische Positionen in der zeitgenössischen lateinamerikanischen Chronik und Testimonialliteratur », in : E. Zemanek, Ökologische Genres (note 4), p. 355-378. 55 Uwe Baur, « Dorfgeschichte », in : Georg Braungart et al. (éd.), Reallexikon der deutschen Literatur- wissenschaft, édition revue et corrigée du Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, vol. 1, Berlin/ New York, De Gruyter, 1997, p. 390-392, ici p. 390. 56 Ibid., p. 390. 57 Ibid., p. 391. Pour une écologie littéraire 353 romans traitant de la vie en ville, où la complexité de la société urbaine est considé- rée comme échappant en tout ou partie à notre regard, notre appréhension ou notre contrôle, la communauté villageoise est conçue comme un système davantage proche et maîtrisable. Ses acteurs, leurs relations et leurs interdépendances ainsi que leurs contacts avec la périphérie de leur groupe et le monde extérieur peuvent être analysés en tant que système écologique. Dans ce contexte, il convient de rappeler les trois fonc- tions de l’écologie littéraire selon Hubert Zapf évoquées plus haut : le contre-discours imaginatif, le métadiscours critique et l’interdiscours réintégratif. Les deux premières fonctions mentionnées sont évidentes dans le récit de village, car, du point de vue du lecteur urbain cultivé, il montre les populations rurales culturellement marginalisées et propose une alternative à la vie urbaine, comme nous l’illustrons ci-après avec le roman de Juli Zeh. Unterleuten a été loué unanimement par la critique littéraire comme le roman social qui traite de toutes « les questions importantes de notre temps » (58). Il est absolument « passionnant », comme le promet le texte de présentation de la maison d’édition, parce que, sous son apparence paisible trompeuse, l’idylle villageoise se révèle être un enfer (59). L’intrigue se résume ainsi : Unterleuten, un village du Brandebourg, se compose en partie des villageois d’origine, dont les amitiés et les hostilités remontent à l’époque de la RDA – quand le village abritait une coopérative de production agri- cole –, et qui sont restés sur place après l’exode rural. L’autre partie se compose de Ber- linois récemment arrivés, pour la plupart des gens aisés, qui ont fui la ville pour mener une vie proche de la nature. Cependant, les lignes de partage ne sont pas si claires. Les anciennes animosités – à propos de questions de propriété foncière, de l’usage des terres et de la protection des oiseaux – se voient relayées par des conflits ouverts lorsque le village apprend qu’un parc éolien doit être construit à la périphérie du vil- lage. Ceci apporterait beaucoup d’argent à un habitant et beaucoup de bruit aux autres. Selon qu’ils profitent (ou non) du parc éolien, les villageois défendent des points de vue différents sur le projet de construction. Aux yeux de lecteurs peu informés des problé- matiques de politique énergétique, ces débats et intrigues semblent illustrer de façon réaliste les avantages et inconvénients de l’énergie éolienne. Ce récit peut être analysé comme un interdiscours qui rassemblerait différents types et formes de connaissances et d’expériences, mis en scène dans des situations de conflit et de tensions fictives. À cet égard, le roman offre des informations écologiques, mais ne fait pas de propa- gande écologique, car il n’est en aucun cas un plaidoyer pour l’énergie éolienne. Au contraire, Juli Zeh nous apprend que l’engagement écologique est avant tout motivé par l’égoïsme. Son roman présente en fait une vision du monde darwiniste, reprenant le schéma du chasseur et de la proie – ce qui correspond bien à la réalité écologique. En abordant les multiples aspects du débat sur l’énergie éolienne, le roman évite une posture manichéenne : les personnages ne sont ni bons ni mauvais. Ce refus de la pensée dichotomique est l’une des caractéristiques des textes écologiques. Le roman est passionnant, car les lignes de front entre les villageois se déplacent constamment

58 Juli Zeh, Unterleuten, Munich, Luchterhand Literaturverlag, 2016. Voir la critique en ligne : www. donaukurier.de/nachrichten/kultur/Das-Dorf-als-Mikrokosmos;art598,3200693. 59 Dietmar Jacobsen, « Die Idylle trügt », Literaturkritik.de, en ligne : literaturkritik.de/id/21873. 354 Revue d’Allemagne et le lecteur a besoin de 600 pages pour comprendre enfin l’enchevêtrement des rela- tions entre les différents acteurs. Afin de fournir aux lecteurs une vue d’ensemble de la situation, Juli Zeh propose une carte interactive sur Internet (60), fournissant des informations sur les parcelles de terrain, les objets du litige et les relations entre les personnages. Pour certains d’entre eux, l’auteure a créé des comptes Facebook et des profils Xing, comme s’ils avaient une vie réelle. En étudiant ce plan interactif, no com- prend que le roman se prête parfaitement à une analyse selon la théorie de l’acteur- réseau. L’approche de Bruno Latour convient à l’analyse « écologique », notamment parce qu’elle prend en compte les phénomènes naturels et considère tous les acteurs comme égaux. Si l’on clique sur la carte interactive, par exemple sur la « forêt » à côté du village, on obtient les mêmes informations que pour une personne humaine : « Nom : Forêt. Né : il y a longtemps à Unterleuten. […] Relations : elle s’entend bien avec de nombreuses espèces indigènes […]. Particularités : grand et vert ; ne s’intéresse pas aux humains, même s’ils commettent un crime dans son périmètre » (61). Ce profil, qui nécessite une interprétation textuelle, est illustré par une citation du roman : « Personne n’allait dans la forêt juste pour s’amuser. Pour les gens d’Unterleuten, la forêt n’était pas une zone de loisirs, mais un lieu de travail, une zone dangereuse. Kathrin était une exception : quand elle en avait le temps, elle se promenait dans les bois. De son point de vue, la forêt était quelque chose de magique : un être vivant au sein duquel l’on pouvait se promener » (62). Tous les personnages du roman sont caractérisés en fonction de leur relation à la forêt. Il y a, tout d’abord, les villageois d’origine, qui considèrent la forêt comme un lieu de travail, une zone utile, une ressource, un capital économique ; viennent ensuite ceux qui ont quitté Berlin et pour qui la forêt est une zone de loisirs, et on trouve, enfin, la figure liminale présentant la forêt comme un être vivant. Certains lecteurs diraient qu’elle représente la vision anti-anthropocentrique. Mais on peut objecter que l’anthropomorphisation de la forêt est justement une stratégie anthropocentrique. En tout cas, il s’agit d’un nouveau format de récit de village, qui renforce le potentiel éco- logique du genre traditionnel, notamment grâce aux possibilités intermédiales offertes par Internet. Il existe encore d’autres tentatives intéressantes d’actualisation du roman de vil- lage, comme Vor dem Fest (Avant la fête) (2014) de Saša Stanišić (63). Ce texte découpé en épisodes pourrait tout autant faire l’objet d’un traitement hypertexte sur Internet. Cependant, ici, c’est le lecteur qui doit imaginer les liens entre les personnages, surtout

60 www.unterleuten.de. 61 « Name : Wald. Geboren : vor langer Zeit in Unterleuten. […] Beziehungen : versteht sich gut mit vielen einheimischen Tierarten und macht ansonsten sein eigenes Ding. […] Hervorstechende Eigenschaf- ten : interessiert sich nicht für Menschen, nicht einmal dann, wenn sie in ihm Verbrechen begehen », www.unterleuten.de/unterleuten.html. 62 « Niemand ging zum Spaß in den Wald. Für die Unterleutner war der Wald kein Naherholungsgebiet, sondern ein Arbeitsplatz, und zwar ein gefährlicher. Kathrin stellte eine Ausnahme dar. Wann immer sie konnte, unternahm sie einen Spaziergang in den Wald. Aus ihrer Sicht war der Wald etwas Magi- sches : ein Lebewesen, in dem man herumlaufen konnte » (ibid.). 63 Saša Stanišić, Vor dem Fest, Munich, Luchterhand Literaturverlag, 2014. Pour une écologie littéraire 355 les liens manquants (missing links) entre les épisodes afin de comprendre la façon dont fonctionne le village. Les chapitres sont courts et ne représentent que des fragments, des instantanés de 700 ans d’histoire du village, leur ordre non chronologique pouvant être réorganisé à loisir. Certains éléments narratifs reviennent de façon cyclique, car une caractéristique du récit de village est qu’il traite, entre autres, de la question des saisons. Une étude littéraire plus détaillée devrait examiner ces cycles naturels, qui présentent également un intérêt pour l’écologie biologique, et leur impact sur la vie humaine. L’auteur décrit les relations entre les figures de son roman en recourant à la métaphore de l’organisme : « Je voulais vraiment décrire un village en tant qu’organisme, en tant que corps » (64). En termes de technique narrative, Saša Stanišić met en œuvre ce concept en présentant le village comme une instance collective qui fournit des informations sur sa propre condition en tant que « nous ». Par exemple : « Nous sommes tristes. Nous n’avons plus de passeur » (p. 11). Ailleurs, il personnalise et anthropomorphise le vil- lage dans une perspective hétérodiégétique : « Le village nettoie les vitrines. Le village polit les jantes des voitures. Le village est en train de prendre une douche » (p. 29). Cette personnification du village en tant qu’entité unique se retrouve également dans le roman de Juli Zeh. Sur la carte interactive, on lit ainsi à l’entrée « village » : « Unterleu- ten ne lisait pas les journaux, ne regardait pas la télévision, n’utilisait pas Internet, ne se souciait pas de Berlin, n’appelait jamais la police et évitait tout contact avec le monde extérieur – pour une raison simple : parce qu’il aimait la liberté » (65). Afin de ne pas s’enfermer dans une perspective anthropocentrique, Saša Stanišić tente une autre technique d’écriture dans Vor dem Fest. Parmi les nombreux acteurs et conteurs, il y a une renarde dont la perception est si bien rendue que l’on parvient à vivre les événements de son point de vue et avec ses sens. À plusieurs reprises, le lecteur est invité à partager la perception olfactive de la renarde, qui appréhende son environnement surtout par le truchement des odeurs. Dans le passage qui suit, l’auteur lui donne également une mémoire temporelle spéciale pour montrer qu’elle est liée organiquement à son environnement naturel : « La renarde sent le temps où les lacs n’existaient pas encore et où les gens ici n’avaient pas leur territoire. Elle sent la glace […]. La glace a poussé la terre en avant, amenant des rochers, creusant la terre, en les soulevant sur des collines qui ondulent encore aujourd’hui, des dizaines de milliers d’années de renard plus tard. Dans son sein, les deux eaux se balancent, dans sa gorge il y a les racines de la vieille forêt dans laquelle se trouve sa tanière, un tunnel, pas très profond, emprunté par le blaireau, avec, en ce moment, ses deux chiots à l’intérieur […]. Elle reconnaîtrait le goût de miel terreux de ses chiots parmi des milliers de fragrances, même maintenant malgré le vent contraire […] » (66).

64 « Ich wollte unbedingt über ein Dorf schreiben, als Organismus, als Körper », Wiebke Porombka, « Saša Stanišić. Das Fest geht los », Zeit Online, 13.03.2014, www.zeit.de/kultur/literatur/2014-03/ sasa-stanisic-portraet-leipziger-buchmesse. 65 « Unterleuten las keine Zeitungen, sah kaum fern, benutzte das Internet nicht, interessierte sich nicht für Berlin, rief niemals die Polizei und vermied überhaupt jeden Kontakt mit der Außenwelt – aus einem schlichten Grund : weil es die Freiheit liebte », unterleuten.de/unterleuten.html. 66 Voir la version originale en allemand : « Die Fähe ahnt die Zeit, als die Seen noch nicht existierten und keine Menschen hier ihr Revier hatten. Sie ahnt Eis. […] Eis schob das Land vor sich her, brachte Gestein, höhlte die Erde aus, hob sie zu Hügeln, die heute noch sich wellen, Zehntausende von Fuchs- jahren später. In ihrem Schoß wiegen sich die zwei Gewässer, in ihrer Brust stecken die Wurzeln 356 Revue d’Allemagne

Conclusion Nos considérations sur le roman de village actuel montrent, d’une part, comment les genres littéraires évoluent et se transforment en réponse aux crises écologiques et, d’autre part, comment on peut lire ces textes en corrélation avec les systèmes écolo- giques, sans toutefois perdre de vue leur spécificité culturelle. L’analyse du discours du roman de Juli Zeh, qui met en lumière la controverse autour de l’énergie éolienne, peut parfaitement être combinée à une approche par la théorie des systèmes de Niklas Luhmann et par la théorie de l’acteur-réseau. Saša Stanišić invite, de plus, à une inter- prétation inspirée par le nouveau matérialisme et les études animales. Quelles que soient les approches adoptées, les études d’écologie littéraire présentent, dans tous les cas, une réelle pertinence sociale.

Résumé Cette étude repose sur la thèse selon laquelle les transformations écologiques façonnent les processus poétiques ainsi que les genres littéraires, induisant des changements dans le système de ces genres. Afin d’étudier ce phénomène, sont présentées, en complément de l’approche désormais largement diffusée de l’ecocriticism, la perspective et les poten- tialités d’une « écologie littéraire » inspirée de l’écologie culturelle et mise en perspective plus spécialement avec la poétique des différents genres. Ceci est étayé à l’exemple du « nouveau roman de village », plus particulièrement du roman de Juli Zeh, Unterleuten (2016), et du roman de Saša Stanišić, Avant la fête (2014), analysés à travers une approche combinant écologie littéraire, théorie de l’acteur-réseau et nouveau matérialisme.

Zusammenfassung Grundthese dieses Beitrags ist die Annahme, dass ökologische Transformationen poe- tische Verfahren wie auch literarische Gattungen entscheidend prägen und folglich Ver- änderungen des literarischen Gattungssystems bewirken. Damit dieser Zusammenhang untersucht werden kann, stellt er als Ergänzung zum populären Ansatz des Ecocriti- cism die Perspektive und die Potenziale einer an der Kulturökologie orientierten Lite- raturökologie vor und verbindet diese mit einem speziellen Fokus auf Gattungspoetik. Er zeigt dies am Fall des „neuen Dorfromans“, genauer anhand von Juli Zehs Roman Unterleuten (2016) und Saša Stanišićs Roman Vor dem Fest (2014), die mit kombinier- ten Ansätzen aus der Literaturökologie, der Akteuer-Netzwerk-Theorie und dem New Materialism erschlossen werden.

des alten Waldes, in dem die Fähe ihren Bau hat, einen Tunnel, nicht sehr tief, vom Dachs geborgt, mit ihren beiden Welpen jetzt darin – […] Den erdigen Honig vom Balg ihrer Jungen würde sie unter Tausenden Aromen schmecken, auch jetzt, trotz des falschen Windes […] », J. Zeh, Unterleuten (note 58), p. 22. Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 357 T. 51, 2-2019

Le cheval astronomique à la croisée des savoirs : une lecture des scènes de foire dans Woyzeck de Georg Büchner

Elisabeth Hamm *

Introduction : Les études animales littéraires pour repenser la nature Au sein des études littéraires, les animaux sont devenus un objet de recherche à part entière. Les Cultural and Literary Animal Studies (CLAS) (1) se penchent sur des textes dans lesquels l’animal joue un rôle central, des œuvres d’auteurs qui traitent l’animal d’une manière particulière, ou des auteurs qui ont fait des recherches en sciences ou en zoologie à côté de leur activité littéraire. Les CLAS questionnent le statut de l’animal en littérature et analysent ce que cela signifie pour l’auteur, l’époque, le genre, quand ces éléments sont étudiés à partir de l’animal. Le but des CLAS est de montrer en quoi les textes littéraires peuvent être considérés comme des supports de représentations ani- males dans leur contexte historique, mais aussi en quoi ils peuvent prendre aujourd’hui un autre sens. Si les animal studies font partie des enjeux des humanités environnemen- tales, c’est avant tout parce que ces dernières s’intéressent particulièrement aux notions de nature et de culture et s’inscrivent dans un mouvement questionnant la manière dont on peut (re)penser la nature (2). Les animaux vivent dans un environnement spécifique, les animal studies doivent ainsi inclure des perspectives et des méthodes des humani- tés environnementales (3). À l’inverse, l’environnement est toujours peuplé d’animaux

* Doctorante en études germaniques à l’Université Sorbonne Nouvelle-Paris 3, en cotutelle avec l’Uni- versité de Wurtzbourg, [email protected]. 1 L’introduction suivante offre une ouverture théorique sur les CLAS : Roland Borgards, « Introduc- tion : Cultural and Literary Animal Studies », Journal for , 9/2 (2015), p. 155-160. 2 Sur le lien entre humanités environnementales et animal studies, voir Roland Borgards, « Animal Studies », in : Aurélie Choné, Isabelle Hajek et Philippe Hamman (éd.), Rethinking Nature : Challen- ging Disciplinary Boundaries, Londres/New York, Routledge, 2017, p. 221-232. 3 En France, on assiste ces dernières années à un essor de projets portant sur les humanités environ- nementales. Dans le Guide des Humanités environnementales, plusieurs chapitres sont d’ailleurs 358 Revue d’Allemagne spécifiques, ce qui fait que les animal studies viennent compléter les humanités envi- ronnementales (4). Ainsi ces dernières se construisent-elles comme des champs discipli- naires structurant et redéfinissant les disciplines elles-mêmes. Repenser l’animal, c’est donc aussi repenser l’humain et les sciences humaines.

Étude d’un cas concret tiré de Woyzeck Avec les animal studies se développe un autre rapport à l’objet littéraire, ce qui per- met de revisiter la manière dont on approche les textes, notamment les textes cano- niques. Il s’agira de montrer concrètement comment les animal studies s’appliquent à un texte littéraire. Cet article se propose d’effectuer une micro-lecture des « scènes de foire » (« Jahrmarktszenen » (5)), c’est-à-dire des fragments H 1,1 et H 1,2 tirés de Woy- zeck de Georg Büchner (6). Il s’agit d’une pièce inachevée et fragmentaire écrite en 1837, dont l’ordre des scènes n’est pas établi (7). Georg Büchner est un écrivain et scientifique allemand ayant étudié la philosophie, soutenu une thèse de biologie et enseigné l’anatomie à l’université (8). Dans Woyzeck, le protagoniste, qui vit difficilement, sombre dans la folie : lorsqu’il soupçonne sa com- pagne d’adultère, il perd la raison et la tue brutalement. Dans Woyzeck, l’animal se substitue à l’homme : dans le fragment H 3,1, « Der Hof des Professors » (9), Woyzeck est traité comme le chat sur lequel il expérimente. De ce fait, Woyzeck se perçoit lui-même comme un animal soumis à ses besoins naturels, et c’est notamment l’une des raisons pour lesquelles il va sombrer dans la folie. La frontière entre animalité et humanité est donc floue dans Woyzeck. Dans les fragments qui nous intéressent, Woyzeck et Marie se

consacrés à la question animale : Aurélie Choné, Isabelle Hajek et Philippe Hamman (dir.), Guide des Humanités environnementales, Villeneuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2016. 4 L’entrée « Animal Studies » du Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie renvoie directement à l’entrée « Ecocriticism/Ökokritik ». Les animal studies sont donc traitées dans le cadre de l’écocritique. Voir Ansgar Nünning (éd.), Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, Stuttgart/Weimar, Metz- ler, 2013 (5e éd.), p. 26. 5 Il s’agit du nom couramment donné à ce groupement de fragments, et non du titre donné explicite- ment par l’auteur. 6 Cet article s’appuie sur l’édition suivante du texte original de Woyzeck en allemand : Georg Büchner, Woyzeck. Sämtliche Werke und Schriften. Historisch-kritische Ausgabe mit Quellendokumentation und Kommentar (Marburger Ausgabe), vol. 7.2, par Burghard Dedner et Thomas Michael Mayer (éd.), Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2005. 7 La pièce Woyzeck est caractérisée par Jean-Louis Besson et Jean Jourdheuil de « casse-tête littéraire et dramaturgique » dans la préface de leur traduction de la pièce. C’est à cette traduction que renvoie chaque citation du texte original. Georg Büchner, Woyzeck. Texte, manuscrits, source, trad. de Jean- Louis Besson et Jean Jourdheuil, Paris, Théâtrales, 2004. Pour faciliter la lecture de l’article qui repose sur des remarques stylistiques, les citations restent dans l’allemand original dans le corps du texte et la traduction est mise en note. 8 Voir deux ouvrages de référence sur la vie et l’œuvre de Georg Büchner : Jan-Christoph Hauschild, Georg Büchner. Verschwörung für die Gleichheit, Hambourg, Hoffmann und Campe, 2013 ; Jean-Louis Besson, Le Théâtre de Georg Büchner. Un jeu de masques, Belfort, Circé, 2002. 9 Woyzeck, p. 20. Certains éditeurs considèrent que cette scène n’est qu’une première ébauche et qu’elle ne doit donc pas être retenue dans la version définitive. Dans la traduction de Jean-Louis Besson et Jean Jourdheuil, « La cour du professeur » ne figure pas dans la version reconstituée, mais dans la traduction des manuscrits, p. 80. Le cheval astronomique à la croisée des savoirs 359 trouvent dans une foire où un Annonceur tente d’attirer les passants à une représentation avec un cheval astronomique qui sait compter et lire l’heure. Marie veut voir le spectacle et entre dans la baraque avec Woyzeck (10). À l’intérieur, le Bonimenteur tient un discours sur la nature et la raison dans lequel l’être humain et l’animal ne se distinguent plus. Cet exemple tiré d’un extrait d’une pièce de théâtre datant du début du xixe siècle montre en quoi on peut observer à cette époque un tournant aussi bien au niveau de la conception de l’animalité que de sa représentation au théâtre. Un tout nouveau bestiaire apparaît sur les planches : l’animal revêt des rôles jusque-là inexplorés et sa vie, son langage et sa pensée sont mis en scène. C’est donc surtout au xixe siècle que l’anthropocentrisme est remis en cause et que la question animale change radicalement d’orientation. Il existe de nombreuses études et analyses sur les scènes de foire dans Woyzeck, d’une part (11), et sur les animaux chez Büchner, d’autre part (12), qui montrent notam- ment que, dans Woyzeck, les animaux revêtent des fonctions différentes. Mais on ne trouve pas encore vraiment de travail exhaustif sur le cheval dans ces scènes, il s’agit plutôt de l’étude du motif en tant que tel dans la pièce. Martin Wagner montre en quoi le cheval anthropomorphisé et le caractère interchangeable des rapports entre le che- val et l’être humain sont introduits dans les scènes de foire pour être repris ensuite en tant que motif structurant dans toute la pièce (13). Le chien et le chat, deux animaux qui interviennent dans des scènes ultérieures (14) et qui ont ceci en commun avec le cheval qu’ils ne se différencient plus de l’homme, réactivent alors structurellement l’inversion entre l’homme et l’animal introduite dans les scènes de foire et apparaissent comme des avatars du cheval. En s’appuyant sur des concepts de Judith Butler (to call someone a name, interpellation) (15), Martin Wagner explique aussi comment ce motif montre que c’est la société qui transforme Woyzeck en animal. Ainsi, la micro-lecture que se propose d’effectuer cet article sera centrée sur le rôle que joue le cheval, pour deux raisons. D’un côté, le cheval est un animal ayant un rapport étroit aux légendes et aux mythes germaniques ainsi qu’à la culture populaire et au folklore de cet espace, comme le montre Marc-André Wagner (16). Cet animal a déjà été beaucoup étudié en tant que symbole littéraire (17), notamment dans les contes,

10 Suivis du tambour-major et d’un sous-officier dans H 2,3. 11 Roland Borgards, « Performing Species. Menschenpolitik und Tiertheorie im “Woyzeck” (H 1,1; H 1,2) », in : Georg Büchner Jahrbuch 13 (2013-2015), Berlin, De Gruyter, 2016, p. 257-274. 12 Roland Borgards, « Tiere », in : Roland Borgards, Harald Neumeyer (éd.), Georg Büchner. Epoche – Werk – Wirkung, Stuttgart, Metzler, 2009, p. 218-225. 13 Martin Wagner, « Büchner und Butler : Das Pferde-Narrativ in den Woyzeck-Entwürfen und die Handlungsfähigkeit des postsouveränen Subjekts », Monatshefte, Madison, University of Wisconsin Press, 104/4 (2012), p. 477-488. 14 Dans H 4,9 (« Woyzeck. Der Doktor »), Woyzeck devient un chien qui urine sur les murs. Dans H 3,1 (« Der Hof des Professors »), Woyzeck apparaît en tant qu’assistant d’un professeur qui fait une expérience avec un chat, mais quand le chat s’enfuit, c’est Woyzeck lui-même qui devient l’objet d’expérimentation. 15 Judith Butler, Le pouvoir des mots. Politique du performatif, Paris, Éditions Amsterdam, 2004. 16 Marc-André Wagner, Le cheval dans les croyances germaniques : paganisme, christianisme et tradi- tions, Paris, Honoré Champion, 1974. 17 Pour cet aspect, se référer à l’article de Gertrud Maria Rösch, « Pferd », in : Günter Butzer, Joachim Jacob (éd.), Metzler Lexikon literarischer Symbole, Stuttgart/Weimar, Metzler, 2008, p. 274. 360 Revue d’Allemagne ou comme référence à l’emblématique des xvie et xviie siècles, car il révèle un rapport particulier entre chevalier et monture, qui se rapproche alors de celui entre le seigneur et ses sujets (18). Il est aussi très présent dans le discours anatomique et philosophique de l’époque et permet donc d’interroger la spécificité de l’espace germanophone par rapport à la question animale. Le cheval astronomique qui nous intéresse est un cheval savant qui sait compter et lire l’heure, motif qui se développe surtout plus tard au cours du xixe siècle, puis au début du xxe siècle, avec Hans le malin (19) (Kluger Hans), mais qui témoigne déjà d’un intérêt pour le cheval comme élément de la culture et du folklore germanique, en tant que phénomène de foire. D’un autre côté, le cheval est un animal récurrent dans la pièce et ce n’est pas le seul lien que l’on peut faire entre le cheval et le folklore : la récurrence de ce motif dans Woyzeck et le fait qu’il appa- raisse dans les chansons populaires citées par les personnages, dans le fragment H 4,2 notamment (20), montrent que le cheval est repris dans son rapport à la tradition. Dans le fragment H 3,2, ce n’est pas non plus un hasard s’il est question d’un « Reuter » (21), qui, tout en faisant allusion au champ lexical équestre (22), fait référence à une sorte de petit gâteau (23). Deux lignes plus loin, Woyzeck cite d’ailleurs une comptine pour enfants avec « Hop ! Hop ! Roß » (24), ce qui ancre encore plus le cheval en tant qu’animal dans la culture populaire allemande.

Le cheval astronomique, vecteur d’un savoir culturel et littéraire sur l’équidé au début du xixe siècle Le cheval astronomique présent dans Woyzeck s’inscrit dans l’imaginaire collec- tif de l’espace germanophone de l’époque. Il porte avec lui toute une série d’images et il est intéressant de voir comment Büchner les traite. Dans le fragment H 1,1, le cheval astronomique est introduit sans didascalie et désigné d’emblée comme « astro- nomique » dans une structure passive (« ist zu sehn das astronomische Pferd » (25)). Ce n’est pas le seul animal présent dans le premier fragment, il y a aussi des oiseaux (« die feinen Kanaillevögele » (26)) – et plus loin un singe déguisé en soldat – mais l’accord du verbe, « ist » et non « sind », montre que l’attention est d’ores et déjà attirée sur le cheval. Il est aussi intéressant de remarquer que le cheval est déjà annoncé par « He !

18 Beate Ackermann-Arlt, Das Pferd und seine epische Funktion im mittelhochdeutschen “Prosa-Lan- celot”, Berlin, De Gruyter, 1990. 19 Vinciane Despret, Hans, le cheval qui savait compter, Paris, Les Empêcheurs de penser en rond, 2004. 20 Marie chante : « Hansel spann deine sechs Schimmel an / Gib ihn zu fresse auf’s neu / Kein Haber fresse sie / Kein Wasser saufe sie / Lauter kühle Wein muß es sein Juchhe / Lauter kühle Wein muß es sein », Woyzeck, p. 23. Traduction : « Hansel, attelle six chevaux blancs / Donne-leur à manger promp- tement / L’avoine, ils n’en mangent pas / L’eau, ils n’en boivent pas / Ce qu’ils veulent, c’est du vin frais. Tralala / Ce qu’ils veulent, c’est du vin frais », p. 23. 21 Woyzeck, p. 21. 22 Reuter présente des sonorités semblables à Reiter, le cavalier. 23 « Reuter » a d’ailleurs été traduit par « cheval en pain d’épice » par Jean-Louis Besson et Jean Jourdheuil, p. 82. 24 Woyzeck, p. 21. Trad. : « Hop ! Hop ! Cheval ! Cheval ! », p. 82. 25 Ibid., p. 3. Trad. : « ici vous verrez le cheval astronomique », p. 24. 26 Ibid., p. 3. Trad. : « les petits oiseaux des Canailleries », p. 24. Le cheval astronomique à la croisée des savoirs 361

Hopsa ! » (27), les premiers mots de Woyzeck dans le fragment H 2,3 (28), qui font impli- citement référence à « Hop ! Hop ! Roß » que l’on retrouve à la fin de la pièce et qui évoquent acoustiquement un saut, et par extension un cheval. L’adjectif « astrono- mique », attribué au cheval, se fonde au demeurant sur un jeu de mot qui repose à la fois sur sa capacité prétendue à être versé dans l’astronomie (29) – alors qu’en fait il sait compter et lire l’heure, mais aussi sur sa taille, sa prestance et son caractère imposant, ce qui évoque l’importance qui lui est accordée. La manière dont le cheval est introduit dans la scène montre par conséquent déjà bien qu’il s’agit là d’un animal particulier et qu’il doit être lu et vu dans ce qu’il a de spécifique. Nous avons donc ici affaire à un animal que nous ne pouvons pas appréhender seulement dans sa référence à un motif, mais aussi dans ce qu’il a de particulier. La question que l’on se pose est alors celle-ci : pourquoi justement a-t-on ici ce cheval en particulier ? Pour répondre à cette question, il est important de comprendre en amont ce à quoi l’équidé fait référence, à quoi le lecteur ou le spectateur pense quand il lit son nom ou le voit. Au début du xixe siècle, le cheval jouait un rôle important, puisqu’il était omnipré- sent : en tant que moyen de transport, dans l’agriculture et dans l’armée (30). Mais ici, il s’agit d’un cheval de foire, qui véhicule tout un lot d’images faisant référence à ce que l’on savait du cheval à cette époque. En effet, l’identification entre l’homme et l’animal qui a lieu dans la scène est introduite dans un cadre traditionnel et populaire : les che- vaux qui savent compter appartiennent à l’inventaire de la foire, bien connu du public germanophone de l’époque. Il s’agit donc d’une scène courante, qui n’a rien d’inat- tendu pour le lecteur et le spectateur à l’époque de l’écriture de la pièce, et elle fonc- tionne comme une sorte de « citation » du quotidien. En effet, à la fin du xviiie siècle, l’espace germanophone connaît une floraison de foires et de marchés, reflets de la vie rurale de l’époque. D’abord pensée comme un espace privilégié d’échanges et de com- merce, la foire devient au début du xixe siècle un lieu festif, consacré de plus en plus au divertissement. Cette transformation est le reflet du changement de régime politique et économique opéré dans la société (31). Le nombre de cirques, et plus particulièrement de cirques équestres mettant en scène des chevaux, dont le public est constitué essen- tiellement d’individus de la noblesse et de l’armée, augmente d’ailleurs drastiquement. Cet engouement pour les animaux de foire fait écho à l’imaginaire autour du cheval que l’on trouve dans la littérature. Cet animal possède en effet bien souvent des pro- priétés magiques ou extraordinaires. Il revêt généralement des rôles positifs, comme dans les contes dans lesquels il est classique que le prince arrive sur son fidèle des- trier pour sauver la princesse. Il s’agit là d’un topos de ce genre et le cheval apparaît

27 Ibid., p. 14. Trad. : « Hé ! Hop-là ! », p. 24. 28 Dans beaucoup d’éditions, H 2,3 est placé juste avant H 1,1, car il semble s’agir de la reconstitution ayant le plus de sens pour l’évolution de l’action. 29 L’astronomie était une grande préoccupation de l’époque. En témoignent les innovations techniques et les débuts de la spectroscopie avec Joseph Fraunhofer, qui annoncent la naissance de l’astrophysique. 30 Éric Leroy du Cardonnoy et Céline Vial (dir.), Les chevaux : de l’imaginaire universel aux enjeux prospectifs pour les territoires, Caen, Presses universitaires de Caen, 2017. 31 Daniel Roche, La culture équestre de l’Occident, xvie-xixe siècle. L’ombre du cheval, t. I : Le cheval moteur. Essai sur l’utilité équestre, 2008, t. II : La gloire et la puissance. Essai sur la distinction équestre, 2011, t. III : Connaissance et passion, Paris, Fayard, 2015. 362 Revue d’Allemagne donc souvent comme un adjuvant. Dans le conte « Das Schimmelchen », provenant d’Autriche, un tout petit cheval aide un pauvre garçon à conquérir la princesse grâce à ses prédictions. Ce motif repose sur une croyance populaire selon laquelle les chevaux possèdent la capacité de prédire l’avenir, ce qui montre que le cheval savant est perçu comme une figure plutôt positive dans l’imaginaire collectif. Cependant, le cheval prend parfois aussi une dimension négative et effrayante, comme dans les histoires de cavaliers fantômes ou de « Schimmelreiter » (32), qui mettent en scène un cheval blanc ou un cavalier sur un cheval blanc et qui reposent sur une superstition populaire selon laquelle ce cheval annoncerait une tempête (33). Le cheval et ses caractéristiques fantastiques ou merveilleuses sont donc très présents dans la littérature et la culture populaire de l’espace germanique, mais l’intérêt pour le cheval en littérature au début du xixe siècle se montre aussi dans l’apparition de biographies de chevaux, comme Life of the Mecklenburg Mare Amante en 1804, Life of a Job Horse en 1807 et Life of a Worn-Out Hack en 1819. Ces biographies ne voient certes pas le jour au sein de l’aire germanophone, mais elles y ont été lues et alimentent le discours littéraire de l’époque autour du cheval dans le sens où ces textes attribuent des émotions et des capacités cognitives aux chevaux, tout en défendant un traitement humain pour ces animaux à travers des homologies inter-espèces. Le cheval astronomique dans les scènes de foire de Woyzeck n’est donc pas qu’un motif littéraire et un symbole. Il s’agit du reflet d’une construction culturelle autour du cheval, animal omniprésent dans l’imaginaire collectif de l’espace germanophone. Il porte en lui une série d’images et véhicule un savoir, ce qui influence la manière dont il est perçu par le lecteur ou le spectateur.

Le cheval astronomique, reflet du discours scientifique, anatomique et philosophique de l’époque Le cheval astronomique de Büchner apparaît aussi comme le reflet des discours scienti- fique et philosophique de l’époque, qui sont indissociables l’un de l’autre et dans lesquels le cheval est omniprésent. Dans les fragments qui nous intéressent, l’homme et l’animal sont non seulement inversés, mais aussi interchangeables. Nous allons voir comment fonctionne ce renversement et comment il est mis en scène. Dans le premier fragment, le cheval n’est pas le seul animal présent. Dès le début, Büchner thématise l’opposition entre le monde des humains, caractérisé par une forme de memento mori (« wir müssen alle sterben, das ist uns wohlbekannt ! » (34)) et ses conditions pénibles, évoquées ironiquement par le « Welt ! Schöne Welt ! » (35) dans la première réplique de Woyzeck, et le monde de la foire, tournant autour du cheval. L’équidé est présenté par un Annonceur (Ausrufer) qui cherche à attirer des spectateurs potentiels en l’exhibant comme un animal savant :

32 Ces légendes reposent sur une longue tradition orale à laquelle un intérêt tout particulier est montré au xixe siècle. En témoigne la publication en 1838 de « Der gespenstige Reiter. Ein Reiseabenteuer » dans les Danziger Dampfboot, puis plus tard en 1888 la nouvelle L’Homme au cheval blanc (Der Schim- melreiter) de Theodor Storm. Voir « Der gespenstige Reiter. Ein Reiseabenteuer», in : Johann Joseph Christian Pappe (éd.), Lesefrüchte vom Felde der neuesten Literatur des In- und Auslandes, Hambourg, 1838, vol. 2, p. 125-128 ; Theodor Storm, Sämtliche Werke, vol. 3, Essen, Mundus Verlag, 1999. 33 M. A. Wagner, Le cheval dans les croyances germaniques (note 16). 34 Woyzeck, p. 14. Trad. : « Il nous faut tous mourir, et nous le savons bien ! », p. 24. 35 Ibid., p. 14. Trad. : « Monde ! Monde beau ! », p. 24. Le cheval astronomique à la croisée des savoirs 363 le cheval, associé aux petits oiseaux, est « Liebling von allen Potentaten Europas » (36), « Mitglied von allen gelehrten Societäten » (37) et sait prédire l’avenir. Il est comparé à l’être humain et lui est même supérieur, puisque ce n’est pas un individu stupide, au contraire de beaucoup d’hommes (« wie viele Personen, das verehrliche Publikum abge- rechnet » (38)), notamment les soldats (« unterst Stuf von menschliche Geschlecht » (39)). Il est également mis en avant comme un exemple du progrès de la civilisation (« Sehn Sie die Fortschritte der Civilisation » (40)). La confusion entre être humain et animal repose donc sur une anthropomorphisation, qui apparaît comme une stratégie de l’Annonceur pour attirer l’attention des passants en les flattant. La rhétorique de l’Annonceur repose sur un mélange d’éléments du langage quotidien, dialectaux et d’emprunts à des langues étrangères, ainsi que sur de nombreuses figures de répétition, qui fonctionnent égale- ment comme une référence indirecte au contexte militaire dans lequel se joue la pièce. L’Annonceur utilise en effet de nombreuses anaphores (« Meine Herren, meine Damen », « Meine Herren, meine Herren », « sehen sie […] sehen sie », « hat […] hat ») et gradations (« nix, gar nix »), ainsi que des allitérations et assonances (« So bist baron » (41), « Michel ist musikalisch » (42)), bien que ces dernières soient en lien avec le singe. Ce jeu avec les sono- rités atteint son paroxysme dans les expressions « eine ganze vernünftige Viehigkeit »(43) et « kein viehdummes Individuum » (44), qui unissent au champ lexical de l’animal, dans une combinaison avec des oxymores et des néologismes, des caractéristiques habituelle- ment attribuées aux humains comme la raison ou la notion d’individu. C’est donc avant tout à travers la rhétorique de l’Annonceur qu’opère l’inversion entre l’animal et l’être humain, en mettant en place une anthropomorphisation du cheval. Dans le deuxième fragment, il ne s’agit plus seulement d’une inversion, mais aussi d’une véritable interchangeabilité. Le cheval est désormais le seul animal présent et on assiste, grâce à des répétitions, à un effet de gradation par rapport au premier fragment : le Bonimenteur (Marktschreier) reprend beaucoup d’éléments qui ont déjà été prononcés par l’Annonceur, comme les expressions « Mitglied von allen gelehrten Societäten » et « viehdummes Individuum », mais en les modifiant parfois. Le mot « Viehsionomik » (45), par exemple, vient compléter l’expression « viehdummes Indivi- duum » et contient tout le paradoxe de la situation de Woyzeck : la physionomie désigne en effet à la fois la nature intrinsèque d’une chose, mais aussi le fait que des traits physiques puissent être des indicateurs du caractère ou des émotions d’un individu. Chez Büchner, l’individu se retrouve alors déshumanisé et devient « viehdumm », aussi stupide qu’une bête. En interprétant le « vi » de « Individuum » en « Vieh », Büch- ner estompe la différence entre les humains et les animaux et gomme la prétendue

36 Ibid., p. 3. Trad. : « les préférés de tous les potentats d’Europe », p. 24. 37 Ibid., p. 3. Trad. : « membres de toutes les sociétés savantes », p. 24. 38 Ibid., p. 14. Trad. : « à l’exception de l’honoré public », p. 24. 39 Ibid., p. 14. Trad. : « le degré le plus bas du genre humain », p. 25. 40 Ibid., p. 14. Trad. : « Voyez les progrès de la civilisation », p. 25. 41 Ibid., p. 3. Trad. : « C’est bien, gentil », p. 24. 42 Ibid., p. 3. Trad. : « Michel est doué pour la musique », p. 24. 43 Ibid., p. 14. Trad. : « une animalité très raisonnable », p. 24. 44 Ibid., p. 14. Trad. : « ce n’est pas un individu bête comme un animal », p. 24. 45 Ibid., p. 3. Trad. : « bestiologie », p. 26. 364 Revue d’Allemagne exception humaine. De plus, alors que dans le premier fragment on avait « wie viele Person », le cheval lui-même devient une personne dans le deuxième fragment : « das ist eine Person » (46), ce qui souligne l’effet de gradation. Par deux fois, le Bonimenteur demande au cheval d’humilier la société humaine : la première fois, le cheval s’exécute et révèle l’étendue de son savoir. La deuxième fois, par contre, il refuse d’obéir en s’oubliant sur la scène, et c’est justement par ce refus qu’il montre qu’il est supérieur à l’homme : « So beschäme die société ! Sehn sie das Vieh ist noch Natur unverdorbne Natur ! Lernen Sie bey ihm » (47). Le cheval est donc ambivalent : d’un côté il est capable de se servir de sa raison d’une manière que l’homme ne peut égaler, et d’un autre côté il est avant tout nature, au-delà de toute considération culturelle. Les mots du Bonimen- teur prennent dès lors une fonction performative, autrement dit l’interchangeabilité entre l’animal et l’être humain se produit quand il la formule : le cheval est maintenant apparenté à un humain (« ein verwandter Mensch » (48)), ce qui les met au même niveau. L’équidé présent dans la pièce est élevé au rang d’exemple pour tous les animaux, ce qui est confirmé par la manière dont il est désigné (49) : « dies Tier », « ein Vieh », « eine Bête », « das Pferd » (dans une didascalie) et « das Vieh ». Nous sommes donc au départ en présence d’un pronom démonstratif, puis interviennent des articles indéfinis et finalement des articles définis. Ce phénomène souligne bien l’idée que l’on part d’un cheval particulier pour aller vers une généralisation et souligne en même temps le rôle que peuvent jouer les pronoms et les déterminants dans l’interprétation d’un texte s’appuyant sur les Cultural and Literary Animal Studies. Nous avons donc affaire à un exemple littéraire d’inversion et d’interchangeabilité entre l’animal et l’être humain. Cet exemple est le reflet du discours scientifique, ana- tomique et philosophique de l’époque car cet équidé n’est en effet appréhendable que dans le contexte d’un débat naissant à l’époque autour de la frontière entre l’homme et l’animal. Plus précisément, ce contexte consiste dans le début d’une remise en ques- tion de l’anthropocentrisme. Au xixe siècle, la découverte progressive de l’évolution des espèces vivantes aboutit à la réfutation progressive des conceptions venant notamment de la tradition judéo-chrétienne qui affirmaient que le monde avait été créé tel qu’il est encore aujourd’hui. Il y a d’ailleurs une allusion ironique à cette tradition dans le premier fragment, quand l’Annonceur désigne le singe comme « die Kreatur, wie sie Gott gemacht » (50). L’évolution montre que l’humanité n’a pas toujours existé, qu’elle est le produit d’une série de transformations, et que les espèces ne sont pas immuables. La théorie de l’évolution de Darwin voit le jour en 1859, donc seulement après l’écriture de Woyzeck, mais on assiste déjà dans la première moitié du xixe siècle à des remises en cause de la différence anthropologique (51), comme en témoignent, par exemple, les travaux de Cuvier sur l’anatomie comparée à partir de 1800. Il s’agit de comparer

46 Ibid., p. 3. Trad. : « c’est une personne », p. 26. 47 Ibid., p. 3. Trad. : « Vas-y, fais honte à la société ! Voyez, la bête : nature, nature non corrompue ! Mettez- vous à son école », p. 26. 48 Ibid., p. 3. Trad. : « un être humain en métamorphose », p. 26. 49 La traduction est fidèle à cette évolution, car le cheval est caractérisé dans l’ordre par « cet animal », « une bête », « un bestiau », et enfin « le cheval », « la bête ». 50 Ibid., p. 3. Trad. : « la créature, telle que Dieu l’a faite », p. 26. 51 Quentin Deluermoz, François Jarrige, « Introduction. Écrire l’histoire avec les animaux », Revue d’histoire du xixe siècle, 54/1 (2017), p. 15-29. Le cheval astronomique à la croisée des savoirs 365 l’anatomie de différentes espèces (animales, végétales, fongiques) pour déterminer les processus adaptatifs de chacune d’entre elles à leur environnement, ainsi que d’opposer non seulement l’apparence mais aussi la structure des organes (histologie comparée) afin de distinguer les cas d’homologie des cas d’analogie évolutive. C’est donc une source importante de données servant principalement à l’étude de l’évolution du vivant. Alors qu’aux xviie et xviiie siècles on assiste globalement à une radicalisation de la frontière entre l’homme et l’animal, Büchner s’intéresse à cette question dès ses premiers travaux, bien que sa conception se soit nuancée au fil du temps (52). Il a en effet écrit une thèse de doctorat consacrée à l’anatomie du système nerveux du barbeau. Ce travail s’inspire à la fois des travaux de dissection et de la physiologie moderne du système nerveux, ce qui montre son intérêt pour le détail anatomique ainsi que pour l’exploration de l’intérieur du corps (53). Dans son œuvre littéraire, et plus par- ticulièrement dans les scènes de foire de Woyzeck, l’influence de ces centres d’intérêt est perceptible : les choses les plus simples s’inscrivent dans le cadre d’une remise en cause constante entre la nature et la culture. La dissection est certes une méthode pour analyser l’intérieur des corps, mais elle est aussi le moyen d’apporter à la littérature des caractéristiques propres à la science empirique à l’époque en pleine expansion, à savoir l’observation objective et la description clinique, qui doivent remplacer les constructions utopiques et idéalistes (54). Dans les scènes qui sont l’objet de notre étude, l’analogie biologique entre l’être humain et l’animal devient donc le sujet d’un dis- cours sur la nature contenant des implications morales. Entre l’homme et l’animal n’existe qu’une zone d’entre-deux dans laquelle ils sont interchangeables et Büchner apparaît alors comme un précurseur. Dans ces fragments, la problématisation de la frontière entre l’homme et l’animal, qui va de pair avec la remise en question de la différence anthropologique, est poussée à l’extrême. Si le cheval astronomique dans Woyzeck, en ce qu’il problématise le boulever- sement de la frontière entre l’être humain et l’animal, apparaît comme le reflet du discours scientifique et philosophique de l’époque à propos de al remise en question de l’anthropocentrisme, il met également en lumière un cas particulier au sein de ce discours, à savoir le cas de l’équidé, qui y est omniprésent. Le premier traité compre- nant une étude approfondie du cheval paraît à Venise sous la plume de Carlo Ruini en 1598, qui consacre une première partie à une description anatomique précise et novatrice du cheval, artistiquement illustrée par des planches représentant des organes isolés ou des dissections complètes. La publication de ce premier traité d’ana- tomie consacré au cheval montre donc un chemin inverse à ce qui est habituel : au lieu de voir l’artiste puiser dans les acquis scientifiques un savoir utile à leur art, on imagine qu’il est probable que les artistes aient précédé les scientifiques dans l’étude

52 R. Borgards, « Performing Species » (note 11). 53 Laurence Dahan-Gaida, « Écrire avec les nerfs. Médecine et anatomie chez Georg Büchner », in : Laurence Talairach-Vilmas (dir.), Mécaniques du vivant : Savoir médical et représentations du corps humain (xviie-xixe siècle), Actes du colloque Explora, 2-3 décembre 2011, mis en ligne en novembre 2012 sur le site Épistémocritique, epistemocritique.org/category/ouvrages-en-ligne/actes- de-colloques/mecaniques-du-vivant-savoir-medical-et-representations-du-corps-humain-xviie- xixe-siecle/. 54 Marion Schmaus, Psychosomatik. Literarische, philosophische und medizinische Geschichten zur Entstehung eines Diskurses (1778-1936), Tübingen, Niemeyer, 2009. 366 Revue d’Allemagne de l’anatomie équine (55). En 1766, George Stubbs publie The Anatomy of the Horse, including a particular description of the Bones, Cartilages, Muscles, Fascias, Liga- ments, Nerves, Arteries, Veins and Glands, in Eighteen Tables, all done from Nature, by George Stubbs, Painter, un ouvrage qui regroupe un ensemble d’illustrations des dissections de chevaux qu’il avait menées lui-même. Cet ouvrage nous montre un nouvel exemple de transfert de l’art vers la science. Comme Ruini avait été sans cesse recopié, les gravures de Stubbs furent largement reprises et intégrées à des ouvrages de maréchalerie et des ouvrages scientifiques. Ces gravures, bien qu’imparfaites sur le plan de l’anatomie, furent réutilisées comme illustrations d’articles consacrés aux soins du cheval dans des encyclopédies britanniques et connurent un engouement marqué en Allemagne. Ernst Matthaei, artiste à Dresde, faisait remarquer en 1823 que ces planches, bien qu’imparfaites, étaient les meilleures du genre qui existaient à cette époque (56). Du reste, d’Alton les avait reprises dans son histoire naturelle du cheval publiée à partir de 1810, et Schwab les reproduisait coloriées dans son Anato- mische Abbildung und Beschreibung des Pferdekörpers, publiée à Leipzig en 1821. Les progrès de l’anatomie et de la médecine au xviiie et au xixe siècles permettent ainsi de passer de l’hippiatrie, désignant les soins qui incluaient des rituels magiques et des saignées, à une véritable médecine équine (57). La première école vétérinaire ouvre ses portes à Lyon en 1761, puis en Allemagne à Göttingen en 1770, ainsi qu’à Hanovre en 1778, à Dresde en 1780 et à Berlin et Munich en 1790 (58). Dans ces écoles vétéri- naires, le cheval était le standard puisque l’anatomie et la physiologie par exemple se développèrent en prenant son corps pour modèle. La fin du xviiie siècle a donc été une période particulièrement faste pour l’anatomie du cheval qui a apporté aux artistes du xixe siècle une matière première dont ils usèrent dans leurs représentations (59). À partir de ceci put se développer l’hippologie, qui connut au début du xixe siècle en Allemagne un essor sans précédent. Nous pouvons citer à titre d’exemples les ouvrages de Franz Maximilian Friedrich Bouwinghausen von Wallmerode (60) (1795), de Johann Georg Naumann (61) (1800), de Joseph Wilhelm Eduard d’Alton, Naturgeschichte des Pferdes und seiner Rassen (62) dans les années 1810, et enfin celui de Konrad Ludwig

55 Christophe Degueurce, « L’anatomie du cheval aux xviiie et xixe siècles : un outil pour mieux repré- senter le cheval », In Situ, 27 (2015), en ligne : journals.openedition.org/insitu/12058. 56 Burkhardt Wilhelm Seiler, Carl August Boettiger, Erklärungen der Muskeln und der Basreliefs an Ernst Matthaei’s Pferde-Modelle, Dresde, Arnold, 1823. 57 Ulrich Raulff, Das letzte Jahrhundert der Pferde : Geschichte einer Trennung, Munich, C.H. Beck, 2015, p. 174. 58 Jens Oliver Kempf, Die Königliche Tierarzneischule in Berlin von Carl Gotthard Langhans. Eine bauge- schichtliche Gebäudemonographie, Berlin, Mann, 2008. 59 C’est le cas de Géricault, comme le montrent les études de Lorenz Eitner, Géricault. His Life and Work, Londres, Orbis Publishing, 1982, et de Karin Kügler, Die Pferdedarstellungen Théodore Géri- caults. Zur Entwicklung und Symbolik des Pferdemotivs in der Malerei der Neuzeit, mémoire de master, Université de Kiel, 1998. 60 Franz Maximilian Friedrich Bouwinghausen von Wallmerode, Taschenbuch auf das Jahr 1792 für Pferdeliebhaber, Reuter, Pferdezüchter, Pferdeärzte und Vorgesetzte großer Marställe, Tübingen, Cottaische Buchhandlung, 1795. 61 Johann Georg Naumann, Ueber die vorzüglichsten Theile der Pferdewissenschaft. Ein Handbuch für Offiziere, Bereiter und Oekonomen, Berlin, Himburg, 1800. 62 Joseph Wilhelm Eduard d’Alton, Naturgeschichte des Pferdes und seiner Rassen, Weimar, Landes Industrie Comptoir, 1810-1816. Le cheval astronomique à la croisée des savoirs 367

Schwab, professeur de médecine vétérinaire à Munich, en 1820 (63). Ces progrès en matière de sciences naturelles et d’anatomie montrent donc l’importance que jouait le cheval dans le discours de l’époque et les enjeux qui se nouent autour de lui. Ce n’est donc pas un hasard si Büchner décide de porter précisément cet animal sur les planches : le cheval astronomique incarne ce savoir et représente un exemple littéraire illustrant les travaux des scientifiques de l’époque.

Le cheval astronomique sur la scène du savoir Le cheval présent dans les scènes de foire est indissociable du patrimoine qu’il porte en lui, mais l’analyse des fragments conduit également à se demander comment le texte produit de la théâtralité, et quel rôle joue précisément ce cheval dans la théâtralité. Tout d’abord, il apparaît que la rhétorique de l’Annonceur repose sur le champ lexical de la représentation théâtrale. Les passants sont hélés à plusieurs reprises (« Meine Herren, meine Damen » (64)) et sont d’emblée considérés comme un public (« das verehrliche Pub- likum »). Il est également question du début du spectacle (« es wird sein, die Rapräsen- tation, das commencement vom commencement wird sogleich nehm sein Anfang » (65)). Le cheval est mis en scène, mais c’est en fait la mise en scène qui est elle-même mise en scène, à travers une mise en abyme de la représentation. Le sujet de la scène n’est donc pas seulement le cheval, mais aussi la mise en scène du cheval. Le « commencement » dont il est question dans le premier fragment se réfère par ailleurs logiquement au début de la représentation dans le deuxième fragment, mais aussi au commencement de la pièce elle-même. Il est à cet égard important de préciser qu’il s’agit des fragments que Büchner avait d’abord pensés comme exposition pour sa pièce, ce qui souligne la particularité de leur fonction dramatique. En effet, en plus d’introduire le phénomène de théâtre dans le théâtre que l’on retrouve dans toute l’œuvre, les scènes de foire introduisent aussi l’atmosphère de la pièce et mettent en place le conflit dramatique, puisque c’est parce que Marie veut voir le cheval astronomique qu’elle fait la connaissance du Tambour-major, ce qui sera un prétexte et un déclencheur de la folie de Woyzeck, par la jalousie que la situation va susciter en lui. Autour du cheval astronomique se nouent donc les enjeux de l’exposition de la pièce, il est un moteur de l’action. Le cheval astronomique possède également une dimension sensible : il est perçu à travers deux sens, la vue et l’ouïe (indirectement, à travers la voix de l’Annonceur puis celle du Bonimenteur), comme une attraction. Certaines parties de son corps sont évoquées : sa queue, son arrière-train, ses sabots, sa tête. Les doigts sont eux aussi mentionnés, justement car il n’en a pas, au contraire des humains, alors qu’il sait mal- gré tout compter. Pour le lecteur et le spectateur, le cheval est donc avant tout une entité physique. C’est la dimension sensible et la corporalité du cheval qui font que le gommage de la différence entre l’animal et l’être humain confère à la scène une dimension comique. La théâtralisation des rapports entre l’homme et l’animal ainsi que la manière dont le cheval est perçu produisent un effet comique sur le lecteur ou

63 Konrad Ludwig Schwab, Anatomische Abbildungen des Pferdekörpers, Munich, Kunst-Anstalt, 1820. 64 Woyzeck, p. 3 et p. 14. 65 Ibid., p. 14. Trad. : « Et tout de suite, la représentation, le commencement du commencement va débuter sur-le-champ », p. 24. 368 Revue d’Allemagne le spectateur. Il s’agit là d’un rire grotesque, caractérisé par le goût du bizarre, de la déformation ici corporelle : le rire se transforme en grimace, car il est inséparable d’un certain malaise. La performance du cheval astronomique conduit donc à la fois au rire mais aussi à une forme de gêne. L’équidé, en tant qu’objet dramatique et par la manière dont il est théâtralisé, véhicule alors un savoir sur le théâtre et les animaux de scène. Théâtre, savoir et animaux sont en effet intimement liés. Au moment de l’écriture de Woyzeck, les spectacles mettant en scène des animaux savants commencent à être de plus en plus nombreux, ce qui reflète la préoccupation de l’époque au sujet de l’intelligence animale : alors que l’on pensait que le comportement animal était uniquement dirigé par l’instinct, un débat entre instinct et intelligence s’installe et de nombreux scientifiques s’attellent à prouver que l’intelligence animale est bien supérieure à ce qu’imaginent les hommes (66). Cet essor voit son paroxysme avec Hans le malin. À l’époque de Hans, d’autres animaux présentés comme « intelligents » sont exhibés au public dans le cadre de démonstrations et de spectacles. C’est le cas notamment de Rosa, la jument du music- hall de Berlin, qui réalise des performances similaires à celles de Hans. On peut aussi citer un chien particulièrement intelligent à Utrecht, un cochon qui lit à Londres, ou encore Lady Wonder, la jument qui peut converser, mais aussi prévoir l’avenir et donner des conseils financiers. Le cheval astronomique présent dans Woyzeck fait par consé- quent écho à tout un débat sur les animaux savants et au développement des spectacles proposant des performances animales. Le cheval astronomique, dans ce contexte de développement de la culture du divertissement et de progrès sur la connaissance de l’intelligence animale, préfigure les animaux stars qui viennent d’être évoqués. L’histoire des chevaux de scène est également marquée par l’hippodrame (67). Aux xviiie et xixe siècles, des scènes avec des chevaux ont été représentées au théâtre afin d’accentuer leur caractère sensationnel (dans les scènes de combat par exemple), mêlant ainsi théâtre et cirque, avec la voltige notamment (68). Le Theater an der Wien, l’un des théâtres les plus en vogue au début des années 1800 dans l’espace germanophone, a proposé beaucoup de spectacles avec des chevaux dans son répertoire. Nous avons par ailleurs vu que Büchner portait un grand intérêt à la dissection, et qu’elle est étroitement liée à son écriture théâtrale. Il existe un lien étroit entre théâtre et dissection. À partir du xvie siècle voient en effet le jour des édifices spécialisés où l’on procédait à des dis- sections en public, les théâtres anatomiques. L’anatomie fait donc partie intégrante de l’histoire de la scène. Les dissections publiques sont une mise en scène du dispositif ana- tomique, où l’on rend visibles les voies de la connaissance, l’objet à connaître et les prota- gonistes de l’entreprise de connaissance. À Berlin, l’école vétérinaire ouvre ses portes en 1790, et avec elle le Tieranatomisches Theater Berlin (69), où des animaux étaient disséqués en public. Le cheval astronomique de Büchner apparaît comme le reflet de l’histoire culturelle de l’animal et plus particulièrement du cheval de scène, qui n’est alors plus

66 Deluermoz/Jarrige, « Introduction. Écrire l’histoire avec les animaux » (note 51). 67 Arthur Hartley Saxon, Enter Foot and Horse : A History of Hippodrama in England and France, New Haven, Yale University Press, 1968. 68 Caroline Hodak, « Créer du sensationnel. Spirales des effets et réalisme au sein du théâtre équestre vers 1800 », Terrain. Anthropologie et sciences humaines, 46 (2006), p. 49-67. 69 Ses noms officiels sont Anatomisches Theater der Tierarzneischule ou Tieranatomisches Theater der Humboldt-Universität zu Berlin. Le cheval astronomique à la croisée des savoirs 369 seulement une scène de théâtre, mais aussi une scène du savoir. Si c’est précisément le cheval et pas un autre animal qui joue ce rôle dans la théorie et la pratique théâtrale, c’est, d’un côté, par un effet de citation de ce patrimoine culturel et historique, d’un autre côté, ce rôle est aussi lié au cheval en soi, qui, par ses caractéristiques propres, peut être considéré comme l’animal par excellence permettant de véhiculer le savoir.

Conclusion L’exemple du cheval astronomique s’intègre dans les mécanismes d’une représenta- tion à la fois scientifique et esthétique et pointe ainsi du doigt la spécificité de l’espace germanophone quant à la question de l’animal, puisque cet équidé porte en lui un patrimoine historique et culturel qui correspond à l’horizon d’attente d’un lecteur ou spectateur germanophone. Le cheval astronomique ne peut alors être compris que dans le contexte du discours de l’époque puisqu’autour du cheval se nouent plusieurs enjeux : animal proche de l’homme, on le retrouve aussi bien dans les foires que dans les travaux anatomiques, philosophiques et dans les théâtres. Il apparaît aussi comme le paradigme de la remise en question entre l’être humain et l’animal et même comme l’animal le mieux placé pour effectuer une circulation de savoirs entre l’art et les sciences naturelles, et inversement. Cette circulation permet de traverser les âges et de transférer au lecteur actuel des éléments de l’histoire culturelle du cheval, mais aussi un savoir sur le rapport entre l’homme et l’animal et les équidés dans le contexte du discours scientifique au moment de l’écriture de la pièce, ainsi qu’une certaine concep- tion du cheval au théâtre. Les Cultural and Literary Animal Studies offrent donc une nouvelle interprétation d’un texte littéraire en ce qu’elles révèlent ce qui se passe quand le cheval n’est plus compris qu’en tant que symbole ou motif pur. En ceci, elles influencent donc la manière dont on approche un texte littéraire et dont l’objet littéraire en soi peut être perçu, en répondant à la question : comment la littérature met-elle en scène les animaux ? Elles deviennent alors structurantes et redéfinissent les disciplines et les études litté- raires elles-mêmes : l’approche du texte de théâtre est renouvelée lorsque les animaux sont compris en tant qu’objets dramatiques. Chez Büchner, on observe également un mouvement de transfert : d’un côté, le cheval offre une clé pour l’interprétation de la scène, et, de l’autre, c’est la micro-lecture de la scène qui permet d’accéder à l’histoire culturelle du cheval (70). C’est pour cette raison que le cheval doit être vu, comme Marie le dit à la fin de H 1,2 : la scène apporte non seulement une représentation de l’animal, mais aussi un savoir sur le vivant, puisque le passage peut être lu en tant que texte porteur d’informations relevant des sciences naturelles. Nicolas Pethes conclut son article sur l’expérimentation humaine dans Woyzeck (71) en définissant la pièce comme

70 C’est d’ailleurs l’une des réussites des humanités environnementales et des animal studies plus parti- culièrement que d’apporter un nouvel éclairage sur le lien entre littérature et histoire. Les textes litté- raires, puisqu’ils détiennent un savoir sur l’animal, permettent à l’historien de les utiliser comme des sources et de faire de l’histoire du point de vue de l’animal. C’est dans cette perspective que travaille l’historien Éric Baratay, Biographies animales. Des vies retrouvées, Paris, Seuil, 2017. 71 Nicolas Pethes, « “Viehdummes Individuum”, “Unsterblichste Experimente”. Elements for a Cultu- ral History of Human Experimentation in Georg Büchner’s Dramatic Case Study “Woyzeck” », in : Monatshefte, Madison, University of Wisconsin Press, 98/1 (2006), p. 68-82. 370 Revue d’Allemagne un exemple d’« écriture de la connaissance » (« writing of knowledge »). Avec le cheval astronomique, nous voyons donc que c’est également le cas à une petite échelle. L’étude des procédés stylistiques mis en œuvre, bien que non-exhaustive, a montré en quoi les textes littéraires et plus particulièrement les textes de théâtre représentant des animaux pensés à l’époque comme effets de discours peuvent contribuer à mettre en évidence une véritable dramaturgie animale et à voir la scène comme un espace de connaissance. La micro-lecture de ces fragments de Woyzeck dans la perspective des Cultural and Literary Animal Studies permet alors de voir en quoi on assiste à une circulation et à un renouvellement des savoirs sur la nature, et montre aussi ce que les CLAS peuvent apporter aux humanités environnementales.

Résumé Le présent article se propose d’effectuer une microlecture des « scènes de foire » tirées de Woyzeck de Georg Büchner, centrée sur le rôle que joue le cheval, afin de montrer concrètement en quoi les animal studies renouvellent l’approche du texte littéraire. Le cheval présent dans les fragments étudiés apparaît en effet comme le vecteur d’un savoir culturel et littéraire sur l’équidé au début du xixe siècle, et plus particulièrement du che- val de scène. Il est aussi le reflet du discours scientifique, anatomique et philosophique de l’époque. En offrant une nouvelle interprétation à un texte, les études animales litté- raires révèlent ce qui se passe quand le cheval n’est plus compris qu’en tant que symbole ou motif pur. En ceci, elles influencent donc la manière dont l’objet littéraire et l’objet dramatique en soi peuvent être perçus, et répondent à la question : comment la littéra- ture met-elle en scène les animaux ? Elles deviennent alors structurantes et redéfinissent les disciplines des sciences humaines et les études littéraires elles-mêmes.

Zusammenfassung Der vorliegende Artikel soll eine sich auf die Rolle des Pferdes stützende Mikrolektüre der „Jahrmarktszenen“ aus Georg Büchners Woyzeck vorschlagen. Hier wird gezeigt, inwiefern die Animal Studies die Art und Weise beeinflussen, wie man an einen lite- ratischen Text herangeht. Das Pferd, das sich in den betreffenden Fragmenten befindet, erscheint als Träger eines kulturellen und literarischen Wissens über Pferde, und insbe- sondere Bühnenpferde, am Anfang des 19. Jahrhunderts. Es spiegelt auch den damali- gen wissenschaftlichen, anatomischen und philosophischen Diskurs wider. Indem die Cultural and Literary Animal Studies eine neue Interpretation des Textes anbieten, bringen sie ans Licht, was vorkommt, wenn das Pferd nicht nur als Symbol oder als rei- nes Motiv verstanden wird. Sie beeinflussen also die Art und Weise, wie der literarische bzw. theatralische Gegenstand verstanden werden kann, und geben eine Antwort auf die Frage, wie Literatur Tiere inszeniert. Deshalb können sie die Geistes- und Literaturwis- senschaften selber strukturieren und neu definieren. Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 371 T. 51, 2-2019

Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin. Natur- und Tiergeschichten aus Siebenbürgen

Stefan Hecht *

Einleitung Seit wenigen Jahrzehnten ist von einem animal turn die Rede. Lebenswissenschaf- ten und Geisteswissenschaften lenken vermehrt ihren Fokus auf Tiere. Ein eigenes Forschungsfeld, die Human Animal Studies (HAS) (1), hat sich formiert. Nicht nur in der Quantität, auch in der Qualität der Aufmerksamkeit spiegeln sich neue Prä- missen, durch die Tiere vom Objekt der Beobachtung zum Subjekt mit intrinsischen Rechten rücken. Faktoren für diesen ethischen Bewusstseinswandel sind einerseits die vermehrte Anhäufung von Wissen über Tiere, deren Komplexität und Emotionen, wodurch die Grenze zwischen Mensch und Tier instabil geworden ist, und anderer- seits das Ausmaß der Industrialisierung von Tieren. Animal studies berühren mit- unter ein anderes Forschungsfeld, namentlich dann, wenn es um Wildtiere geht: Die (2). Otto Alscher (1888-1944) wurde im Banat, einer deutschsprachigen Region der Donaumonarchie, die seit 1918 zu Rumänien gehört, geboren. Er lebte als Journa- list und Schriftsteller in Wien und Budapest und zuletzt im Banat. 1944, nach der

* Stefan Hecht ist seit 2016 Doktorand an der Universität Straßburg, [email protected]. 1 Einen Pioniercharakter hat Peter Singers Werk Animal Liberation von 1975. Manche datieren den Beginn der HAS als eigenes Forschungsfeld mit der ersten Ausgabe der Zeitschrift Anthrozöos 1987. Folgende Werke können einen Überblick über die aktuellen HAS geben: Roland Borgards (Hg.), Tiere: Kulturwissenschaftliches Handbuch, Stuttgart, J.B. Metzler, 2016. Einen Eindruck über den sta- tus quo der Forschungslage in Frankreich kann folgender Artikel vermitteln: Nicolas Delon, „Études animales: un aperçu transatlantique“, Tracés, Revue des sciences humaines, Hors-Série, 15 (2015), traces.revues.org/6274. 2 Perspektiven einer Interdisziplinarität von Umwelt- und Tierestudien im 21. Jahrhundert weist: Auré- lie Choné, Isabelle Hajek und Philippe Hamman (Hg.), Rethinking Nature. Challenging Disciplinary Boundaries, London/New York, Routledge, 2017. 372 Revue d’Allemagne

Kriegserklärung Rumäniens an das Deutsche Reich, wurde er als Angehöriger einer deutschen Volksgruppe von der Roten Armee in ein Lager interniert, wo er starb. Alscher engagierte sich für eine Aufrecherhaltung der deutschsprachigen Identität seiner Heimat. Wildtiere sind in seinem Gesamtwerk ein wiederkehrendes, zentrales Motiv und bilden ein Gegengewicht zu einem anthropozentrischen Weltbild. Der Band Die Bärin. Natur- und Tiergeschichten aus Siebenbürgen wurde erstmals 1943 (3) verlegt. Er umfasst 19 eigenständige Geschichten, die um 1940 entstanden sind. Manche sind mehr kontemplativer Art, andere eher abenteuerlich. Die landschaftli- che Kulisse bilden die rumänischen Karpaten. Die Wildtiere haben im Allgemeinen den Status einer Person mit individuellen Zügen und manche der Geschichten werden vom Erzähler aus der Perspektive der Tiere erzählt. Die Erscheinung der Wildtiere, auch wenn es Bären oder Wölfe sind, die ja in den Karpaten existierten, ist von einem realistischen Charakter. In jüngerer Vergangenheit publizierten die Germanistin Helga Korodi und Axel Goodbody (ecocriticism) über den Autor (4). Forschungsgegen- stand der literarischen Animal studies ist Alscher bisher allerdings noch nicht gewe- sen. Der Titel mit dem Ausdruck humanimal verweist nicht nur auf die Präsenz von Tieren und Menschen und Emotionen, sondern auch auf deren Verschränktsein (5). Menschen, Wildtiere und deren Emotionen hängen irgendwie zusammen. Das gegen- seitige Berühren, Sehen, Interferieren von Wildtieren und Menschen geht mit sich wechselseitig bedingenden Emotionen einher. Der Aufsatz konzentriert sich auf Aspekte der Konstruktion von Emotionen zwi- schen Wildtieren und Menschen (6). Bei der Lokalisierung der Emotionsebene sollen hier Autor (Produktion, Kontext) und Leser (Rezeption) außen bleiben und die tex- tuelle Ebene, auf welcher Emotionen gebildet werden, ins Visier genommen werden. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass das Medium Text insofern von Interesse bei der Betrachtung von Emotionsgenerierung ist, als der Modus der Narration als eine Art Schlüssel für emotionale, interpersonale Grundvorgänge begriffen werden kann (7). Bei der Analyse erzählerischer, struktureller, sprachlicher und inhaltlicher Mittel, die beim Emotionsaufbau mitfungieren, werden durch die Benennung der Emotionen deren Rollen ad hoc angeschnitten, sollen hier jedoch zunächst nicht vordergründig behandelt werden. Der Artikel rekurriert auf eine Studie der Psychologie, die über die

3 Helga Korodi (Hg.), Die Bärin. Natur- und Tiergeschichten aus Siebenbürgen. Otto Alscher, Rangs- dorf, Natur und Text, 2000. Der ursprüngliche Titel lautete: Die Bärin. Besinnliche Tiergeschichten. Das „Siebenbürgen“ in der Neuauflage ist irreführend, bei einer Ortsangabe wäre Banat zutreffender. 4 Axel Goodbody, „The Hunter as Nature-Lover: Idyll, aggression and ecology in the German animal stories of Otto Alscher“, in: Fiona Becket und Terry Gifford (Hg.), Culture, Creativity and Envi- ronment. New Environmentalist Criticism, Amsterdam/New York, Rodopi, 2007, S. 135-159; Helga Korodi, „Die Täuschungen der Wildnis. Der Roman ‚Zwei Mörder in der Wildnis‘ von Otto Alscher“, Südostdeutsche Vierteljahresblätter, 52/2 (2003), S. 135-140. 5 Von einer „humanimalen Ästhetik“ spricht beispielsweise Susanne Schul angesichts der Verflechtung von Kriterien bei der vergleichenden Bewertung von Tieren und Menschen: Susanne Schul, Huma- nimale Ästhetik. Semantik und Narrativik ästhetischer Tier-Mensch-Relationierung, Göttingen, V&R unipress, 2018. 6 Über gegenwärtige Emotionsforschung allgemein gibt Rüdiger Schnell einen umfassenden und kri- tischen Überblick: Rüdiger Schnell, Haben Gefühle eine Geschichte? Aporien einer History of emo- tions, Göttingen, V&R unipress, 2015. 7 Fritz Breithaupt, Kulturen der Empathie, Frankfurt, Suhrkamp, 2013. Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin 373

Evaluierung emotionaler Gehalte in Wörtern den Bedarf emotionaler Dimensionen auslotet. Darauf aufbauend geht es darum, Emotionen in Alschers Geschichten „sicht- bar“ zu machen. Dazu werden raumsemantische, kinetische und psychoakustische Momente untersucht. Anschließend konzentriert sich der Beitrag auf die Selektion zweier markanter Emotionen: moralische und existentielle Emotionen.

Texte – Bausteine von Emotionen Seit der Einführung eines Dimensionen-Modells der Emotionen durch Wundt (8) geht man in der Psychologie von der Notwendigkeit mindestens zweier Dimensionen aus, um Ähnlichkeiten bzw. Differenzen bei der Verarbeitung emotionaler Erfahrun- gen zu erfassen: valence (positiv versus negativ) und arousal (Erregungsaktivierung niedrig bis hoch). Die Studie von Ellsworth, Fontaine et al. (9), deren Autoren auf dem Gebiet der Affec- tive sciences profiliert (10) sind, erfüllt die für die Psychologie typischen methodischen Ansprüche der Effizienz und der quantitativen Messbarkeit. Während literaturwis- senschaftliche Emotionsforschung tendenziell text- und kontextsensitive Ansätze ver- folgt, sensibilisiert o.g. Studie für eine Nahsicht auf die Einheiten, auf die Bausteine in der Rezeption und Produktion textlicher Emotionen (11). Sie geht, abhängig von der jeweiligen Forschungsfrage, von der Notwendigkeit aus, ein Modell mit (mindes- tens) vier emotionalen Dimensionen zu applizieren. Es sollen, neben der Dimension (a) der qualitativen Bewertung eines Vorkommnisses und der Dimension (b) der potentiellen Erregungsquantität, die Dimension (c) der potentiellen Kontrolle und die Dimension (d) der Einschätzung bzw. Reaktion auf Unvorhergesehenes, Neues, berücksichtigt werden. Diese vier Dimensionen wurden von eigentlich sechs Kompo- nenten (1. Bewertung, 2. psycho-physische Veränderungen, 3. motorischer Ausdruck, 4. Handlungstendenzen, 5. subjektive Erfahrungen, Gefühle, 6. Emotionsregulie- rung) auf vier komprimiert (PCA, principal component analysis, für einen optimalen „low dimensional space“). In der Versuchsanordnung wurden 531 Probanden 144 häu- fig in emotionaler Literatur vorkommende Wörter oder Satzfragmente zu einer Be- und Auswertung gegeben. Die Worte bzw. Satzteile drücken eine Emotion aus, die zu den 24 in Wissenschafts- und Alltagssprache verwendeten Prototypen von Emo- tionen (wie Angst, Furcht, Glück, Hass, Verzweiflung usw.) einen Bezug haben. Das

8 Als Gründer des Instituts für experimentelle Psychologie wird Wilhelm Wundt mit dem Beginn naturwissenschaftlich-empirischer Psychologie gleichgesetzt. Mit der Konstruktion eines dimen- sionalen Modells von Emotionen versuchte Wundt um 1900 Emotionen wie Freude oder Angst in kleinere Bausteine zu zerlegen, bzw. zu erfassen, aus welchen „einfachen“ Gefühlen sich komplexere Gefühle zusammensetzen. Siehe Jochen Müsseler und Martina Rieger (Hg.), Allgemeine Psycholo- gie, Berlin/Heidelberg, Springer, 2017, S. 186-194. 9 Phoebe C. Ellsworth, Johnny R.J. Fontaine, Etienne B. Roesch und Klaus R. Scherer, „The World of Emotions Is Not Two-Dimensional“, Psychological Science, 18/12 (2007), S. 1050-1057. 10 Klaus Scherer ist als Gründer des Swiss Center for Affective Sciences hervorzuheben. 11 Erwähnung findet das Dimensionen-Modell der Psychologie auch bei der Literaturwissenschaftlerin Simone Winko. Siehe Simone Winko, Kodierte Gefühle. Zu einer Poetik der Emotionen in lyrischen und poetologischen Texten um 1900, Berlin, Erich Schmidt Verlag, 2003, S. 74. Die recht verschiedenen Disziplinen wie Psychologie und Literaturwissenschaft bieten interessante Möglichkeiten gegenseiti- ger Befruchtung auf dem Gebiet von Text und Emotionen. 374 Revue d’Allemagne

Ergebnis dieser Studie bestätigt unter anderem die Erforderlichkeit von mehr als zwei emotionalen Dimensionen für die Repräsentation des semantischen Emotionsraums und erhellt die ähnliche Einschätzbarkeit bzw. Einschätzung mehrerer Personen von emotionalen Wörtern oder Satzteilen. Und sie legt ein Zurückgehen auf (reale) Erfah- rungen nahe: „Although language is abstracted from known experience, it must cor- respond to human experience and represent important human concerns“ (12). Die Arbeitsparameter dieser Studie kongruieren mit der Hypothese einer gemein- samen neurophysiologischen, sensorischen und motorischen Basis (13) und eines kognitiv-kulturell kodierten Wissenspools von Emotionen und lassen sich mit einem diskursiven Ansatz literaturwissenschaftlicher Erforschung von Text und Gefühlen vergleichen, bei welchem eine Sprecherabsicht im Sinne der weit gefassten Ausdrucks- these (14) im Hintergrund bleibt. Deshalb bleibt in diesem Teil, in dem es ja um die Konstruktion von Emotionen in Literatur geht, die Autorintentionalität ausgeklammert.

Aspekte der Konstruktion von Emotionen in der Geschichte Über den Menschen Die erste Geschichte, Über den Menschen, handelt von der wenige Tage andauernden Episode im Leben eines Bären, kurz vor dessen geplantem Winterschlaf. Die Erzäh- lung endet mit dem Tod des Bären. Berichtet wird in der 3. Person von einem hete- rodiegetischen Sprecher ohne Platz im Geschehen. Hauptfigur ist der Bär; Menschen ohne persönliches Profil treten auf bzw. werden erwähnt, des weiteren, auch ohne per- sönliches Profil, Haustiere, Vieh bzw. Ochsen; Meisen, Finken, Amseln, Geier, Raben, Wölfe, Füchse, ein Eichhörnchen, metaphorisch Maden, Gewürm, Raubtiere, sowie ein metaphorischer Mückenschwarm. Bereits im zweiten Satz wird eine Emotion des Bären benannt: „Eine Wanderlust war über ihn [den Bären, der im Herbst tiefer von den Bergen herabgestiegen war] gekommen […]“ (S. 7). Präsentiert (15) wird diese Lust

12 Ellsworth/Fontaine/Roesch/Scherer, „The World of Emotions“ (Anm. 9), S. 1056. Siehe Martin Koppenfels und Cornelia Zumbach (Hg.), Handbuch Literatur und Emotionen, Berlin/Boston, Wal- ter de Gruyter, 2016: „Emotionsbegriffe stellen so gebietend wie kein anderes Sprachelement die Frage nach der Passung zwischen Wörtern und Dingen, das heißt in diesem Fall zwischen Wörtern und psychischer bzw. sozialer Erfahrung“, S. 6. 13 Aktuell immer performantere fMRI-Verfahren zeigen die Zusammenhänge und Prozesse zwischen emotionalem Gehalt von Wörtern und deren physiologischen Korrelationen. Siehe Benny Briese- meister, Arthur Jacobs, Lars Kuchinke et al., „Emotion in Reading: Dissociation of Happiness and Positivity“, Cognitive Affective & Behavioral Neuroscience, 15/2 (2014), S. 287-298. In einer verlängerten Perspektive hinsichtlich eines spezifischen emotionalen Spektrums gegenüber Wildtieren wäre es z.B. nicht abwegig eine fMRI-Testreihen zu konzipieren und durchzuführen, die Leser (Betrachter) mit textuellen (respektive ikonographischen) Begegnungen von Wildtieren konfrontieren, um genauer analysieren zu können, welche morphologischen (über Kriterien und Nuancen des Kindchenschemas hinausgehende) Charakteristika von Tieren (wie Schlange, Kröte, Wildschwein, Reh, Eichhörnchen, Fuchs usw.) entsprechende Emotionen wecken. 14 D.h., dass man davon ausgehen kann, dass der vom Autor intendierte Emotionsausdruck mit seinem Sprachmaterial kongruiert, nicht aber dass der Autor und ein dahinterstehendes (Autor-) Gefühl übereinstimmen. Siehe S. Winko, Kodierte Gefühle (Anm. 11); Roland Barthes, „La mort de l’au- teur“, Manteia, 5 (1968), S. 12-17. 15 Es ist inzwischen gängig zwischen der (impliziten) Ebene der Präsentation – sprachliche Mittel dienen als Verweise auf und Mittler von Emotionen – und der Thematisierung von Emotionen zu unterschei- den, bei welcher diese benannt werden. Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin 375 im Nebensatz desselbigen Satzes: „[…] er durchstreifte täglich weite Gebiete, durch- querte Wälder und schritt frei über einsame Waldwiesen.“ Im dritten Satz vermindert der Sprecher das Absolute seines Wissens über den Bären, indem er den Satz mit „es war als“ beginnt: „Es war, als wollte er vor der tiefen Winterruhe nochmals die Ein- samkeit der Wälder, die wilde Kraft seines Wanderns atmen, um dann in den Win- terschlaf zu versinken, übersättigt und träumerisch.“ Dieser vagen Restriktion, was Wissen über und Beschaffensein von Sein und Emotionen des Bären angeht, folgen weitere. Es hat allerdings den Anschein, dass dadurch der Eindruck der Echtheit der Emotion des Tieres erhöht wird. „Noch einmal die tiefe Einsamkeit der Wälder, die wilde Kraft des Wanderns atmen, um dann übersättigt und träumerisch in den Win- terschlaf zu sinken“: Von Anfang an rekurriert der Text auf den Lebensraum, mit den Topoi der Berge und der Wälder werden Vitalität, und mit übersättigt, träumerisch eine Emotion konnotiert, die als übergeordnete Kategorie positiv ist, als Basiskatego- rie für Freude steht, als untergeordnete Kategorie Zufriedenheit ausdrückt, aber als spezifischere Kategorie noch mehr involviert, nämlich eine höhere, zugleich mentale und physische Glückserfahrung, bei der der verbalisierte physiologische Atem meto- nymisch poetisiert wird. In den ersten drei Sätzen wird die mit Emotionen verflochtene Substruktion der Geschichte gelegt: Ein Bär hat (nachvollziehbare und wichtig erscheinende) Bedürf- nisse (Bewegung, Ruhe) bzw. Sehnsüchte, die mit dem Lebensraum Wald und mit dem Gefühl Einsamkeit verbunden sind. Doch dann lässt ein Geräusch den Frieden bedroht erscheinen: „Der Wald war voll Ruhe und Erfüllung. Zeitweise nur grollte es dumpf dort, wo der breite Strom die Berge durchschnitt und der Bär spürte, dass dort […] ein Leben und Bewegen vieler Menschen war“ (S. 7). Mit dem Auftauchen der Menschen und des sonoren Phänomens im 5. Satz beginnt die Handlung von Flucht und Flüchtigen zu erzählen, und die zuvor präsentierte positive Emotion erhält ihren Gegenpol. Darauf folgt nun eine explizite Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten des Bären vom Sprecher: „Was es war und weshalb es geschah, wusste der Bär nicht, denn er hatte ja nicht die Gabe, Gesehenes in seine Ursachen zu zerlegen, er konnte nur alles auf seine scharfen Sinne ein- wirken lassen, Erfahrungen nur insoweit sammeln, als sie sich an das anfügen ließen, was er zu suchen, was er zu meiden hatte“ (S. 7). Wichtig scheint, dass durch diese Restriktion (wie schon oben) zwar die kognitive, nicht aber eine emotive Erlebnisfähigkeit des Bären beeinträchtigt wird. Das ontolo- gische Bild, das in der Geschichte von dem Bären entsteht, insistiert auf einem Unter- schied von Kognition und Bewusstsein Bär/Mensch, negiert diese aber bei ersterem nicht. Das wird auch am Ende der Geschichte bestätigt. Nach seiner lebensbedroh- lichen Schussverletzung mühte sich „sein letztes Bewusstsein […] vergeblich ab, die Ursache seiner Todeswunde zu finden“, doch als dieses letzte Bewusstsein verströmt, fühlte er „wie die volle Einsamkeit nahte, die er einst in seinen Bergwäldern genossen“ (S. 14-15). Eine meta-physische Ebene wird dem Bären implizit wie explizit zugestan- den. Der Bär hat einen „Instinkt ähnlich jenem, der ihn unbekannte Gebiete durchfor- schen [lässt]“ (S. 11), er ist „Sucher von irgendetwas ihm Unbegreiflichen […]“ (S. 10). Diese Ebene der Metaphysik scheint eine eigene Emotionskategorie darzustellen. Die Raumsemantik ist ein markantes Element, mit welchem wildtierliche und menschliche Emotionen erzeugt und strukturiert werden. Der Wald, darüber Berge 376 Revue d’Allemagne und ihre Gipfel, auf denen blaue Heidelbeeren wachsen, die von gedämpftem Herbst- sonnenschein umflossen werden und an die „der Tag voll Wellenschlag eines unend- lichen Meeres […] heranfloss […]“ (S. 8), gehört zur Welt des Bären. Der Strom im Tal und die dortigen Straßen, Ortschaften, eine Stadt, sind Gebiet der Menschen. Die vertikale Abstufung der Topographie parallelisiert eine Degradierung bzw. Dichoto- mie der Emotionen: Unterhalb des Gipfels beginnt der Wald. „Hier war es ruhig […], der Bach rauschte, Meisen und Finken zirpten in den Bäumen, Amseln raschelten im trockenen Bodenlaub, und ein Eichhörnchen ließ Bucheneckern hoch aus den Wip- feln fallen“ (S. 9). Im Tal fließt der Strom, „wie ein vom Feuer gekrümmtes Metallband durchschnitt er die Berge, die Wälder […]“ (S. 8). Der mit den Menschen konnotierte Strom wird mit Feuer und schneidendem Metall metaphorisiert, mehr noch, es scheint ihm eine verschlingende Kraft innezuwohnen: Es schien, als „stürzten sie [die Berge] in ihn hinein, als ziehe sie der Strom tief in sich hinab“ (S. 8). Mit dem Auftakt des dumpfen Grollens, „dort wo der breite Strom die Berge durchschnitt“, leitet die Hand- lung die Überlappung der bisher weitestgehend getrennten Welten des Bären und der Menschen ein, denn „normalerweise kam der Bär nie so weit zu den großen Strassen der Menschen herab […]“ (S. 7) und die Menschen waren in den Wäldern nur manch- mal zu sehen. Nun aber „fanden [die Menschen] nicht mehr Platz auf der Straße, es war als schäumten sie über, stiegen über die Ufer gleich einem Strom, fluteten über die Wiesen […]“ (S. 11). Im Raum von Menschen und Tal nimmt der Bär – zum ersten Mal – eine Stadt wahr. Die Höhen um die Stadt „waren kahl, zerwaschen, zerfressen“. Die Emotion Ekel wird expressionistisch, sprachlich-ästhetisch von Architektur auf belebte und unbelebte Natur expandiert: Der Bär „sah das ganze Tal durchsetzt mit eckigen Erhöhungen, die ihm wie Wucherungen waren, gleich den Auswüchsen am Stamme alter Bäume, wie Schorf einer Wunde, die nie heilte […]. Und aus diesen Wucherungen heraus und hinein krochen Menschen gleich Maden am schon zerfallenen Kadaver eines Tieres“ (S. 12). Ein weiterer Faktor, der Emotionen unmittelbar sowie mittelbar mitbedingt, ist Bewegung (16). Vom ersten bis zum letzten Satz der Geschichte findet Bewegung statt, am Anfang steigt der Bär (vom Berg) hinab, am Ende versinkt seine Kraft undverströmt sein Bewusstsein. Makroskopisch ist die Geschichte Bewegung. Der Vorgang des Bewegens wird mit Verben, Substantiven und Adjektiven eingeleitet, der Bär durchquert, wandert, das Licht durchfliesst die Welt der Gipfel, der Tag ist gleich eines Wellenschlages, Bär und Natur sind ruhig. Mit dem Ankommen der Schallwellen (Lärm) aus der menschlichen Welt, werden die menschlichen Bewegungen, die zugleich Flucht und Angetrieben- sein evozieren, als Kontrast über die Folie der Bärenwelt gelegt: „[…] aber etwas kam heran, unsichtbar und doch dem Tiere fühlbar, sich durch den Wald wälzend wie in

16 Siehe Wolfgang Hallet und Birgit Neumann (Hg.), Bewegung in der Literatur. Die Literaturwissen- schaften und der Spatial Turn, Bielefeld, Transcript, 2009. Einen einschlägigen Verweis auf die Ver- bindung zwischen Bewegung und Emotionen (und Literatur) machte Jean-Marie Guyau, der davon ausging, dass Emotionen sowohl mittel- als unmittelbar, bewusst und unbewusst übertragen würden, und dass diese mit Bewegung gleichzusetzen seien: „Im Grunde gibt es nur Empfindungen von Bewe- gungen, und in jeder dieser Bewegungen kann man eine mehr oder minder elementare Nachahmung der wahrgenommenen Bewegung erblicken“, in: Koppenfels/Zumbach, Handbuch Literatur und Emotionen (Anm. 12), S. 485. Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin 377 einer wahnsinnigen Flucht“ (S. 8). Die menschlichen Gestalten fluten wie durcheinan- dergepeitschte Gegenstände, auf einer Strasse, die steigt und stürzt und sich quetscht, die Stadt frißt sich breit (vgl. S. 10). Am Ende ihrer Flucht sind die Menschen zusam- mengekrümmt, ihr Bild gleicht einer Choreographie des Leidens und des Schmerzes. Der Abscheu des Bären vor den Menschen wird nicht nur durch Geruch thematisiert, er bewegt sich auch, die Unruhe ist dem Bären lästig wie ein Mückenschwarm und in sein Lauschen und Fühlen „[…] krochen sie [die Menschen] hinein wie ekliges Gewürm […]“ (S. 14). Alscher verwendet ein Bild, das das Moment der Bewegung innerhalb der dichotomen Raumsemantik von Bär und Mensch präsentiert. Bevor der Invasor Mensch den gewohnten Rhythmus des Bären stört, „wirkte das Treiben der Menschen nur wie ein ferner Widerhall, dessen Schwingungen [den Bären] nicht unmittelbar berührten“ (S. 7). Der Bär lebt in einer Welt, „die Berührungskreise […] in sich fasst […]“ (S. 9). Durch das Eindringen von Einflüssen aus der menschlichen Welt in diese „Berührungs- kreise“, movere, werden auch Emotionen „materialisiert“ bzw. transportiert. Kleinere Worteinheiten benennen und vermitteln mehr oder weniger direkt über Bewegung Emotionen. Mittelbar werden aber auch, in größeren Sprachsequenzen, Emotionen auf einer Metaebene konstruiert, die die Bewegungen in den Gesten, Ausdrücken, Kontak- ten, Höhenunterschieden der Landschaft, Dynamiken der Elemente wie Wasser und Wind, von Tönen, zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein, einschließt. Ein weiteres konstitutives emotionales Moment dieser Geschichte sind psychoakus- tische Spektren. Laute sind sowohl intrinsisch emotionsgeladen als kulturell kodiert und können durch geschriebene Worte zu einem nachvollziehbaren Erleben gebracht werden – sei hier unterstellt. „Sowohl Musik als auch Literatur sind auditiv wahr- zunehmen […], erfolgen dynamisch, bewegen sich durch Abfolge von Worten oder Tönen […]“ (17). Wie bei der Raumsemantik ist die akustische Welt (von Bär/Mensch) dichotom. Es gibt die – hier stark dominanten – akustisch menschgemachten Phäno- mene, d.h. die Stadt mit ihren schrillen Klängen, die Strasse mit ächzenden Rädern sowie die menschlichen Laute; und es gibt die Klangwelt des Bärenuniversums mit dem Wald, in welchem der Bach rauscht, die Meisen zirpen und die Amseln im Laub rascheln. Während letztere Geräusche im GEMS-Modell (18) mit Emotionen in den Zonen Friedlichkeit und Nostalgie auszumachen wären, tönen mit (Worten) der menschgemachten Geräuschkulisse entgegengesetzte, feindselige Emotionsskalen an. Lärm, Bersten, Krachen, Brausen, Rollen, Tosen usw. deckt sich mit der Beschallung einer Kriegsmaschinerie, die adjektivisch und adverbial amplifiziert wird und von einem unharmonischen Rhythmus begleitet wird: „An diesem Morgen, da klar und fernenfrei der Tag kam und der Bär auf einem Gipfel langsam zwischen den Felsen herumschlenderte, hob ein Dröhnen, Rollen und Prasseln

17 Karin Hochradl, Olga Neuwirths und Elfriede Jelineks gemeinsames Musiktheaterschaffen. Ästhetik, Libretto, Analyse, Rezeption, Bern, Peter Lang, 2010. Siehe „Although being perceptually non-realistic, emotional content in verbal stimuli can evoke strong and reliable emotional responses on behavioral and brain level engaging manifold brain networks […]“, in: Lorna Schlochtermeier, Experiencing Emotions in Different Media Types: Psychological Processes and Neuronal Correlates, unveröffentlichte Dissertation, FU Berlin, 2016, www.diss.fuberlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_ derivate_000000019922/DissertationSchlochtermeier_Online.pdf. 18 Geneva Emotional Music Scale. 378 Revue d’Allemagne

am Strome an. Schwere Schläge erschütterten die Luft, sie folgten einander immer schnel- ler, bis nichts mehr war als ein ununterbrochenes Schüttern und Brausen […]“ (S. 8). Selbst der Unhörbarkeit der bedrohlichen Atmosphäre gibt Alscher mit der Einbin- dung von sonoren Metaphern Ausdruck: „Es wurde Nacht. Etwas wie ein atemloses Keuchen, wie Schreckensschreie war über den Wald gebreitet. Oft, wenn der Bär auf eine kahle Höhe kam, richtete er sich hoch auf und lauschte hinaus in die Weite, in der ein Brausen, ein Rauschen der Nacht herrschte, als werde diese tief von innen durchwühlt“ (S. 9) (19). Die physiologischen Laute, die die Menschen von sich geben, sind durchwegs nega- tiv besetzt und präsentieren über die Basiskategorien Angst und Traurigkeit hinaus- gehende Emotionen der Desolation, des Leidens, welche in ihrer Valenz durch die Evokationskraft von Urlauten als gesteigert bewertet werden dürfen. „Heisere, müde Stimmen klangen, eintönig, manchmal schmerzlich aufschreiend“ (S. 13); von vor Stöhnen erfüllten Straßen, von Notschreien, Angstrufen und von Keuchen ist die Rede. Allerdings werden diese Emotionen durch die Handlung potentiell abgeschwächt bzw. modifiziert: Der Text evoziert nämlich die Eigenverantwortlichkeit des Menschen für das im Stöhnen ausgedrückte Leiden. Mehr noch, der Plot, in dem die (verdiente) Sehnsucht des Bären nach Ruhe und Frieden gestört wurde, zeichnet den Bären in der Perspektive des Opfers jener Menschen. Als der Bär sich „in leidenschaftlichem Drange zurück [-wandte,…] um seine Wälder wieder zu erreichen“ hört er zwei Schüsse und ist – unnötiges, ungerechtfertigtes – Opfer der Menschen geworden. Der Bär, der zuvor nur lauschte, erhebt zum ersten und letzten Mal seine Stimme und „brüllte wild auf“ (S. 14). Dieses Aufbrüllen kontrapunktiert sein Sterben und invertiert dabei eine Kom- ponente des menschlichen Schreiens in seiner moralischen Note. Der Wolf ist in selbiger Geschichte ein „liminal animal“ (20), das – anders als der Bär – den Raum des mit dem Bären konnotierten Wildtieres verlassen hat. Er wird als Spie- gelbild des Menschen, des homo homini lupus, gezeichnet und ist Zeichen des Schlech- ten im Menschen. Anders als der Bär, der zwar auch versucht ist, den Menschen in der Bewegung der Flucht zu folgen, sich ihnen anzunähern, seinem Instinkt unterliegend sich von deren Angst animieren zu lassen und seinen Blutdurst und Hunger an ihnen zu stillen, den aber „der Geruch von Schweiß, Erschöpfung, von abgehetztem Blut […], der Geruch der Verwesung […]“ (S. 13) abstößt, unterschreiten die Wölfe jene Dis- tanz zu den Menschen, „rissen Haustiere, balgten sich um gefallenes Vieh, schnappten wütend eifersüchtig nach Geiern und Raben […]. Sie waren mit Blut und dem Inhalte der Eingeweide beschmiert und stanken nach verwestem Fleische […]“ (S. 11). Men- schen werden im Zusammenhang des desolaten Kontexts als verroht beschrieben, die- ser Eindruck wird mit der Nivellierung auf die Wolfs- bzw. Tierebene erzeugt und in der perspektivischen Lenkung über die Reflexion des Bären akzentuiert. „Und dann kamen die Flüchtenden […], die kümmerten sich nicht um den Notschrei der ande- ren […]. Der Bär aber erwartete noch, dass sie über ihre verwundeten und sterbenden Kameraden herfallen würden, wie es die Wölfe taten“ (S. 12).

19 Kriegsgeräusche sind ein naturwissenschaftlich untersuchtes und poetisch nicht unberührtes Feld. Siehe Reinhard Osteroth, „Das große Dröhnen“, Die Zeit, 18.02.2016. 20 R. Borgards, Tiere (Anm. 1), S. 83. Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin 379

Eine Versuchsanordnung wie bei Ellsworth, Fontaine et al., bei der Probanden den in Fragmente zerlegten Text dieser Geschichte, sortiert in Unterteile, die auf Men- schen („Fluten durcheinander gepeitschter, willenloser Gegenstände“, „Kümmerte sich nicht um den Notschrei der anderen“, „Stumpf und willenlos“, usf.), auf den Bären („Unsichtbar und doch dem Tiere fühlbar“, „Ohne Scheu“, „Alleinseinwollens“, usf.) und auf den Raum („Blaue Heidelbeere“, „Krachen und Bersten“, „Dunst und gelbliche Schwaden“, usf.) bezogen sind, würde bestätigen, dass sich die o.g. vier emotionalen Dimensionen bzw. die sechs emotionalen Komponenten wiederfinden: Die Bewer- tungsdimension (a) ist dominant und würde bei den Menschen negativ, beim Bären positiv ausfallen, die landschaftlichen Attributiva bei der Kategorie Mensch wären negativ, respektive positiv beim Bären. Handlungstendenzen gehen daraus hervor, wie z.B. der Bär, der sich wegen des Leichengeruchs von den Menschen abwendet. Die arousal-Dimension (b) ist notwendig, um psychophysische Zustände der Charaktere einzufangen und die Handlung zu plausibilisieren. Ebenso ist die Kontrolldimension (c) detektierbar, der Bär, der frei über Wiesen und Wälder schreitet, die Ohnmacht der Menschen dagegen, die hilflos sind und flüchten, die sogleich Täter und Opfer des Krieges sind. Auch die Dimension des Neuen (d) ist vonnöten, um beispielsweise den Handlungsumschwung vom Idyll zur Bedrohung des Friedens zu lenken oder das plötzliche Vorspringen der Menschen, die den Bären erlegen, einzuordnen. Geht man von der Schöpfungsthese literarischer Texte aus, so hört die Gestaltung und Kreierung von Emotionen – auch im Verhältnis Mensch und Wildtier – über Bil- der, Wortschöpfungen, Genres, Narrative usw. erst an den Grenzen der Kunst auf. Im Folgenden soll nun die Frage lauten, nach welchen Emotionen gefragt werden muss, um in Alschers Geschichten etwas sehr Spezifisches zwischen Menschen und Wild- tieren einzufangen. In der Repertorisierung der Emotionen in Über den Menschen sticht eine Häufung der Emotionen Ekel, Erhabenheit und Schuld bzw. Gerechtigkeit hervor, Emotionen, die eine Affinität zu sog. moralischen Emotionen haben.

Moralische Emotionen Mit Ekel, Stolz, Verachtung, Scham, (Un-)Schuld(igkeit) sind in Alschers Geschichten Emotionen, die unter die Kategorie moralisch fallen (oben unter den 24 prototypischen Emotionen zu finden) vertreten; sie sind zu unterscheiden von nicht-moralischen Freude- oder Ärgergefühlen. Hinzuzufügen wären allerdings u.a. Reue, Bewunderung, Respekt, Gerechtigkeit und Schadenfreude. Moralische Emo- tionen, weit verbreitet in Wirklichkeit und in Literatur, bilden eine Mittlerfunktion zwischen Kognition und Verhalten und dirigieren nicht nur die Urteilsebene, sondern sind auch ein Motor für ein moralisches Handeln. Moralische Emotionen setzen relativ einfache kognitive Fähigkeiten voraus und sind schon von Kindern erlebnisfähig (21). Ein abstrahierter Blick auf moralische Emotionen erlaubt eine Einteilung in positiv und negativ, und in auf sich selbst bezogene und auf Andere gerichtete moralische

21 Katrin Schulz, Moralische Emotionen, unveröffentlichte Dissertation, TU Chemnitz, 2011, S. 24. Es gibt auch Stimmen, die Tieren moralische Emotionen wie Gerechtigkeit nicht kategorisch absprechen: Marc Bekoff und Jessica Pierce, Sind Tiere die besseren Menschen?, Stuttgart, Kosmos, 2017. 380 Revue d’Allemagne

Emotionen, self-directed/self-conscious und other-directed emotions (22). Und es ist ein Unterschied, ob es um moralische Emotionen des Beobachtenden – und der Leser ist nicht zuletzt Beobachter – oder des Handelnden geht, da der perspektivische Stand- punkt die Valenz moralischer Handlungen beeinflusst; geht es um sich selber, liegt die Tendenz vor, die Handlung nach ihren Konsequenzen zu beurteilen, geht es aber um Andere, ist man geneigt, deren Handlungen eher an übergeordneten moralischen Leitlinien zu messen (23). In Alschers Geschichte Die Fremde wird in der De-Komposition des Handlungs- strangs aus moralischen Emotionen deren innerer Einfluss auf die Akteure sowie auf ihr Verhalten evident. Ein Erzähler in der 3. Person ist unbeteiligter Beobachter der Handlung und lässt die direkte Rede der Akteure zu. Hauptfigur ist ein Junge, Nebenfiguren Bruder und Vater. Handlungsrahmen ist ein Besuch des Jungen in des- sen Ferien in den Bergen, wo Vater und Bruder Schafhirten sind. Ein Wolf ist das Objekt (im Text), das die gemischten moralischen Emotionen anzieht. Implizit wer- den diesem Wolf self-conscious emotions zugestanden. Anfänglich labile positive auf den Wolf gerichtete Emotionen verwandeln sich schnell in die negativen moralischen Emotionen Geringschätzung und Schadenfreude, bevor sie schließlich wieder über- gehen in Bewunderung und Ehrfurcht. Es gibt in der Handlung zwei übergeordnete moralische „Instanzen“, die eine Spannung zum emotional-moralischen Innenleben der Figuren bilden. Die eine ist das Schulwissen: „Es fiel ihm wieder ein, was er in der Schule vom Wolf gelernt hatte. ‚Der Wolf ist ein Raub- tier, das sich tief in Wäldern verborgen hält, das nachts umherstreift, Menschen und Tiere anfällt, des Winters, von Hunger getrieben, weite Wanderungen unternimmt und dann sehr gefährlich wird.‘ Ja, das hatten sie gelernt“ (S. 78). Die andere ist in Person des Vaters, der dem Wolf Respekt auf nahezu gleicher Augenhöhe billigt: „Der Wolf leidet es eben nicht, dass wir uns in seinem Walde aufführen als wären wir die Herren“ (S. 83). Die erste reale Begegnung mit dem Wolf ist ein distanzierter Blickkontakt und ist gleichzeitig faszinierend und verwirrend für den Jungen. Das (negative) Schulwissen über den Wolf als kognitive Komponente und demgegenüber die Präsenz des Wolfes „[…] so stark und frei auf einem Gipfel in der Ferne […]“ (S. 78), die eine (positive) affektive Komponente auslöst, wider- sprechen sich. Die moralische Entwicklung beginnt, indem Alscher die auf den Wolf gerichtete emotionale Geringschätzung siegen lässt und diese mit der Emotion Scha- denfreude anreichert. In seiner Phantasie sieht der Junge „wie der Wolf an ihm vorbei will, [er] aber schlägt plötzlich mit der Axt auf den Stamm, da duckt sich der Wolf, prallt seitwärts und jagt dann voll Angst in den Wald hinein, mit jähen Sätzen und eingezogenen Flanken“ (S. 80). Geringschätzung und Schadenfreude geben Alscher Gelegenheit eine motivationale Komponente einzubringen: die Tötung des Wolfes. Der Erzähler schlägt eine Möglichkeit vor, wie es zu diesem emotionalen Umschla- gen gekommen sein könnte:

22 Erweiterungsfähig durch die Kategorien other condemning-emotions, other-suffering emotions und other-praising emotions. Siehe Johannes Fischer und Stefan Grunden (Hg.), Die Struktur der mora- lischen Orientierung. Interdisziplinäre Perspektiven, München (u.a.), LIT Verlag, 2010, S. 102-103. 23 K. Schulz, Moralische Emotionen (Anm. 21), S. 14. Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin 381

„Vielleicht war der Hass dieses Knaben aus dem unbewussten Gefühl jener Beschämung entstanden, dass er es nicht vermocht hatte, den Wolf in die Flucht zu treiben, sondern durch seine Erscheinung wie gelähmt wurde und erbittert, weil der Wolf so unbekümmert an ihm vorbeilief“ (S. 83-84). Die narrative Umsetzung der Motivation gestaltet sich in der Stellung einer tödli- chen Falle für den Wolf. Der Junge und sein Bruder installieren im Wald einen Köder (Tribut leisten Kadaverstücke eines Hundes, der den Wolf in seinen Wald verfolgte und von diesem getötet wurde) mit dem der Wolf einen fatalen Selbstschuss auslösen soll. Die Bemühungen bleiben allerdings vergeblich, nur ein Fuchs geht anstelle des Wolfes in die Falle. „Dieses vergebliche Bemühen ließ den Knaben den Wolf nur noch mehr hassen. Es war etwas Schmerzliches in seinem Hasse, allmählich kam aber Bitterkeit dazu […]“ (S. 85). Nach Fritz Heiders Konzept der naiven Handlungstheorie kann man einen Zusammenhang zwischen der Entstehung von moralischen Emotionen und folgenden Komponenten herstellen: Die übergeordnete Valenz einer Situation, das Sollen; ob dieses Sollen erreicht wird; das Kriterium der Anstrengung, des Auf- wandes. Letztere seien ausschlaggebend zur Bewertung des Grades der Verantwort- lichkeit der Erreichung des Ziels einer Person (24). Der Junge investiert viel Zeit und Hoffnung in den Versuch, den Wolf zu töten, und dies untermauert seine Verantwort- lichkeit. Demgegenüber steht als kodiertes kulturelles Wissen, dass Töten schlecht ist. Dieser Orientierung entspricht die höhere moralische Instanz des Vaters, der das Recht des Wolfes auf Leben explizit bejaht und – wie gleich eingangs der Geschichte mitgeteilt wird – der ein scharfes Gesicht hat und dessen Augen durchdringend bli- cken, wodurch implizit etwas wie Wahrheit konnotiert wird und also seine moralische Integrität unterstrichen wird. Zudem scheint sich durch die hohe Anstrengung der „kathartische moralische Effekt“ zu erhöhen. Als der Junge den Wolf – der offensicht- lich versucht hat, ein Schaf zu rauben und dabei in der Hütte eingesperrt wurde – in einer anderen, unerwarteten Falle vorfindet, sind sein Spiegel der Geringschätzung und sein motivationaler Impuls, den Wolf zu töten, sehr hoch. „Ein Schuss mit der Pistole durch das Fenster, und die Bestie wälzt sich im Blute. […] Schreiend, schimp- fend rief der Knabe den Wolf an“ (S. 87). Das narrative Detail, über welches die Wende in der human-animal-gerichteten Emotion beschrieben und ausgedrückt wird, ist der Blick (25). Einem physischen, räumlichen und metaphysischen Erlebnis gleicht

24 Ebd., S. 10-11. 25 A. Goodbody, „The Hunter as Nature-Lover“ (Anm. 4), S. 149. Die Explizierung der Bedeutung des Blicks für die Begegnung, für die Problematik der Differenzierung, für die Phänomenologie Mensch- Tier, bleibt an dieser Stelle begrenzt. Als ein inhaltlicher Bestandteil von Alschers Geschichte(n) verweist er, der Blick, auf die Relevanz der Begegnung der Augen bei der Bildung oder Aushandlung moralischer Emotionen zwischen Mensch und Wildtier: Jacques Derrida, L’animal que donc je suis, Paris, Éditions Galilée, 2006. Siehe „Das Tier beobachtet ihn [den Menschen] genau, über einen schmalen Abgrund des Nicht-Verstehens hinweg. Aus diesem Grund kann der Mensch das Tier überraschen. Der Mensch blickt ebenfalls über einen ähnlichen, wenn nicht identischen Abgrund des Nicht-Verstehens hinweg. Wo immer er auch hinblickt. Er blickt immer über einen Abgrund aus Unwissenheit und Angst. Wenn er nun von einem Tier wahrgenommen wird, wird er so gesehen, wie er seine Umgebung sieht. Weil er dies erkennen kann, wird ihm der Blick des Tieres zu einem vertrauten“, in: John Berger, Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens, Berlin, Wagenbach, 1989, S. 15. 382 Revue d’Allemagne dieser Augenblick der gegenseitigen Begegnung von Mensch und Wildtier, in dem das Wesentliche der Emotionen kondensiert zu sein scheint. „Und was wollte dieser Blick, dieser unerklärliche, glimmende Blick von ihm, der an ihm riss und ihn doch wieder fortstieß? Es war ihm plötzlich, als stehe er in einer offenen Tür, als gäbe es keine Schutzwand zwischen ihm und dem Wolf […]“ (S. 88). „Seine [des Jungen] […] Augen wurden trübe, wie durch einen Nebel fühlten sie den regungslosen Blick des Tieres, umfassten die machtvolle starke Gestalt, die in diesem kläg- lich engen Raum so ungeheuer erschien, als stieße sie an die Decke […]“ (S. 87). Die Emotion, die in der Sequenz des Blickkontaktes präsentiert wird, hat wohl mit Moral zu tun, denn in der Handlung geht es um die Macht des Tötens versus das Lebenlassen. Dies berührt übergreifend das Thema Sterben und Tod. In einem Gedan- ken blitzt, zum letzten Mal, das Verlangen des Jungen auf, den Wolf zu töten, mit einem Knüppel, aber dann kam es „ihm so unglaublich vor, dass dieses Tier getötet werden konnte […], unbeweglich und leblos daliegen könne […], dass diese Augen sich im Tode verändern könnten […]“ (S. 88). Der Anblick des gefangenen Wolfes, der getötet werden könnte, interferiert mit der unbewussten Angst (Angst als moralische Emotion) vor dem eigenen Tod, der sozusagen verdrängt (oder überwunden) wird mit der intuitiven Entscheidung, dem Wolf das Leben zu schenken. „Aber wozu stand er denn vor der Türe und hielt sie verschlossen? Er musste sie ja öffnen, musste sich selbst den Weg frei machen, der ihn von dieser Macht da drinnen schied, oder er müsste selbst zusammensinken, würde verlöschen“ (S. 88). Am Ende verschwindet der Wolf, „es hatten ihn wohl die Felsen auf dem Gipfel aufgenommen […]“ (S. 89). Die Lösung des moralischen Konflikts (bei der eigentliches Mitleid nicht eingesetzt wird) gelingt in der erfolgreichen Transmutation von geringschätzigem Hass in Ehrfurcht.

Existentielle Emotionen Die Geschichte Die Tiere ernten endet mit der Tötung eines Menschen durch einen Wolf, ersterer wird zerfleischt, das Töten wird prägnant über die die Szene begleitende an- und abebbende Geräuschkulisse des Widerstands, des Fressvorgangs und den Regungen der Agonie beschrieben: „[Der Wolf stürzte sich] mit einem Sprung auf ihn. Und dann war nichts als einige heisere Laute, ein Knirschen, ein Zerren, ein Schlagen im Laub und langsam kommende Stille“ (S. 95). Die moralische Emotion Ungerechtig- keit bzw. Schuld, die in der Isolierung dieser Sequenz und der Information, dass das Opfer verletzt ist, entstehen könnte – man denke an Über den Menschen, wo der Bär in einer vergleichbaren Situation von Hunger und Überlegenheit den Menschen am Leben lässt, der Bär aber von Menschen unnötig getötet wird – ergibt sich jedoch im Zusammenhang kaum. Zum einen hängt ein strukturelles Element damit zusammen: Erzähltechnisch gibt der Sprecher in dieser Geschichte die Wahrnehmung der Welt und die impliziten Emotionen, die die Hauptfigur, den Wolf, mit ihr verbinden, aus- schließlich über dessen Perspektive wider (26). Durch die dadurch graduelle Abschwä- chung der anthropozentrischen Perspektive wird das intrinsische Recht des Wolfes

26 Alschers Geschichten könnte man (ähnlich wie z.B. bei Felix Salten) als biozentrische Werke bezeich- nen. Summa summarum ist die Anzahl, insbesondere der nicht-domestizierten nicht-menschlichen Tiere, den menschlichen Tieren deutlich überlegen, wodurch potentiell eine bioethische Orientierung favorisiert wird. Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin 383 auf Leben und auf Fressen gestärkt. Der Wolf erscheint eher als Subjekt, der Mensch als Objekt. Zum anderen ist in dieser Geschichte aber eine Emotion im Spiel, die die moralische Emotion zu beeinflussen (und zu dominieren) scheint. Sie kann als eine eigene Dimension, als existentielle Emotion entschlüsselt werden. Das Zugeständnis der Erlebnisfähigkeit einer solchen Emotion an nicht-menschliche Tiere, auch wenn sie mit der menschlichen nicht identisch ist, erhöht weitreichend deren Status und ein ebenbürtiges Anrecht auf Vertretung eigener Interessen, was neben der o.g. Perspekti- vierung das Töten des Wolfes moralisch neutralisiert. Matthew Ratcliffe versteht unter existentiellen Emotionen solche, die nicht an eine spezifische Situation oder ein Objekt gebunden sind. „The world as a whole can sometimes appear unfamiliar, unreal, distant or close. It can be something that one feels apart from or at one with. One can feel in control of one’s overall situation or overwhelmed by it. One can feel like a participant in the world or like a deta- ched, estranged observer staring at objects that do not feel quite ‚there‘“ (27). Getrennt zu sehen sind diese Emotionen von der atmosphärischen Komponente, deren Beschreibung auf das Außerhalb fokussiert ist. Existentielle Emotionen können entweder eine Beziehung zu sich selbst (self-conscious) oder zu (den) anderen Wesen oder zur Welt als Ganzes haben, oder eine kombinierte Beziehung zu allen diesen Ebe- nen haben. Alscher beschreibt die Umwelt und deren atmosphärische Schattierungen ausgiebigst, implizit und explizit. Darüber hinaus verleiht er Tieren wie diesem Wolf aber auch ein existentiell bewusstes Erleben der Welt. Der Wolf „[…] beherrschte den Lufthauch, der die Waldhänge der Schlucht hinauf- oder hinabstrich. Er konnte ihn durchforschen […]“ (S. 91), und er reagiert auf Veränderungen, die sein Seinsgefühl, das Gefühl seines Da-Seins, beeinträchtigen. Viele der Alscher’schen Wildtiere erle- ben bewusst fühlend die eigene Vitalität und Freiheit, und meist fungiert der Mensch dabei als Antagonist. Passagen wie diese, „Einsam und unberührt war die Wildnis wie vordem, trotzdem aber klaffte ein Riss durch die Stille. Etwas in ihr war zerstört, hatte sich schrecklich geändert, und so tief die Ruhe des Urwaldes auch war, so friedlich ihr Weben, ein Schrillen durchzitterte sie, schnitt in sie hin- ein, so dass sie der Bär schmerzhaft wie eine Wunde empfand“ Zerstörung( , S. 108). „Diese Ferne der Erde, dieses Luftmeer, das ihn [ein Adler] von ihr trennte, welches er zu verkleinern oder zu vergrößern vermochte, wie er wollte, war ihm die tragende Kraft, das Bewusstsein seines Wesens, jenes Herrschergefühls über Welt und Tiefe und allem, was sich dort unten bewegte“ (Der gestürzte Adler, S. 55). „Der Wolf fühlte sich plötzlich seinem Walde fremd geworden“ (Verfolgter, S. 104). präsentieren und thematisieren Seinsgefühle, die nicht unmittelbar auf ein konkre- tes Vorkommnis gerichtet sind und drücken, in den Worten Ratcliffes aus, „how we find ourselves in the world […]“ (28). Ein Bewusstsein, ein Selbst-Sinn, ist eine Voraus- setzung für diese Art phänomenalen Erlebens, für welches nach Eva-Maria Engelen wiederum ein Körpergefühl vorhanden sein muss: „Die Erfahrung des Körpers wird hier zur Bedingung des Bewusstseins, der Empfindungsraum Körper zur Keimzelle

27 Achim Stephan, „Existentielle Gefühle und Emotionen. Intentionalität und Regulierbarkeit“, in: Jörg Fingerhut und Sabine Marienberg (Hg.), Feelings of Being Alive, Berlin/Boston, De Gruyter, 2012, S. 109-110. 28 Ebd., S. 109. 384 Revue d’Allemagne des Selbstsinns“ (29). Mit Alschers Geschichte der Mensch und die Frage an die Erde kann man eine feine Linie ziehen zwischen der Ontologie von Tier und Mensch. Der Mensch in dieser Geschichte formuliert in seinem Delirium – ein Zustand der zugleich eine existentielle Emotion und eine Körpererfahrung ist – das Dilemma menschlichen Seins als die Verdammnis zur Metaphysik (30). Er begreift das „Menschentum [als den] erschütternde[n] Kampf eines schwachen Leibes mit einem überstarken Geiste […]“ (S. 113), den Menschen als „entartetes Tier“ (S. 112), wobei nicht das Tier, sondern die Entartung pejorativ ist (31). Hinter der subtilen Hineinprojizierung der Dimension der existentiellen Emo- tionen in manche Wildtiere verbirgt sich bei Alscher mehr als hinter allen anderen Emotionen: eine Art hierarchischer Einstand von Wildtier und Mensch. Ein geringer aber entscheidender Unterschied macht, dass das nicht-menschliche Wesen nicht von einem metaphysischen Sog eingezogen wird, differenziert so wiederum Mensch und Wildtier und gibt darin zugleich dem Wunsch Ausdruck, zu sein wie ein Wildtier. „Und weil er an seinem Menschentum verzweifelte, wollte der Einsame Tier sein. Wild und ursprünglich und voll Größe der unverbrauchten Kraft wollte er sein. […] Wie ein Raubtier verließ der Einsame nachts seine Höhle“ (S. 112) (32). Mit wenigen Ausnahmen findet die Handlung Alschers Geschichten in Lebens- räumen statt, die nicht gänzlich von der Zivilisation vereinnahmt sind. Wie der ety- mologisch bereits hergestellte Konnex von Bewegung und Emotion bereits andeutet, bewegen Emotionen die Handlung. Ohne Emotionen in Menschen und Wildtieren kämen die Narrative nicht zustande. Die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts zwischen

29 Eva-Maria Engelen, Gefühle, Stuttgart, Reclam, 2012, S. 75. 30 „Statt primär rein ‚ontisch‘ auf die konkrete Welt bezogen zu sein, deren Realität erst noch fraglos gewiss scheint, ist das menschliche Dasein immer schon auch ‚ontologisch‘ auf das Sein der Welt und das eigene In-der-Welt-sein als solches bezogen. Dieser doppelte, nämlich ontische und ontologische Bezug zu Welt und Selbst gehört zum menschlichen Existieren und gefährdet es zugleich. Die Gefähr- dung liegt darin, dass der scheinbar fraglose Seinsglaube jederzeit schwinden kann. Denn während bei Husserl erst der Philosoph durch einen bewussten Willensakt den Seinsglauben einklammert und damit von der naiv-natürlichen in die reflektiert-philosophische Einstellung wechselt, existiert der Mensch bei Heidegger immer schon unfreiwillig philosophisch, ist ‚Metaphysik‘ […]“: Alice Holzhey-Kunz, „Das Gefühl des Lebendigseins ist ontisch-ontologisch zweideutig“, in: Fingerhut/ Marienberg, Feelings of Being Alive (Anm. 27), S. 132. 31 Heidegger begreift das Tier (gegenüber dem Menschen) als different, insofern „[…] dem Menschen das Seiende als solches im Ganzen zugänglich ist, […] er Welt [hat] bzw. lebt in einer Welt. Dem Tier […] das Seiende als solches hingegen nicht zugänglich [ist]“. Heideggers „Tier“ steht „immerhin in einer Beziehung zu dem es Umgebenden“; aber es [das Tier] ist „weltarm“. Alschers Wildtiere aber sind mit einem ebenbürtigen Sinn für das Seiende und das eigene Dasein ausgestattet und neben ihnen erscheint der Mensch oft als weltarm. Siehe Friederike Rese, „Horizontbildung und Weiterbildung. Zur Mensch-Tier-Differenz in Heideggers Grundbegriffe der Metaphysik-Vorlesung“, in: Babette Babich, Alfred Denker und Holger Zoborowski (Hg.), Heidegger & Nietzsche, Amsterdam/New York, Rodopi, 2012, S. 403. 32 Eventuell verbirgt sich hinter dem Topos des Tier-Werdens weniger das Ziel der totalen Aufgabe des Menschen, eine Transformation von humanimal zu animal, sondern der Wunsch nach einer Mitte. „‚Becoming animal‘ is therefore not an attempt to ultimately become the animal itself, but to try and understand the animal from the middle of one’s relation with it; from the middle of difference …]“:[ Harry Wels, „Whispering Empathy: Transdisciplinary Reflections on Research Methodology“, in: Bert Musschenga und Anton Van Harskamp (Hg.), What Makes Us Moral? On the Capacities and Conditions for being Moral, Heidelberg/New York, Springer, 2013, S. 160. Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin 385

Wildtieren und Menschen wächst, je näher sich deren physische Lebensräume kom- men und wenn sich die Interessen des Einen nicht mit denen des Anderen decken (33). In solchen Situationen kommen moralische Emotionen ins Spiel. Sie sind maßgeblich daran beteiligt, wie Entscheidungen innerhalb eines Handlungsspielraums ausfallen. Bei Alscher heißt dies oft, bei Entscheidungen die intrinsischen Interessen des Ande- ren, des Wildtiers, zu begreifen. Die Entscheidungsphase, in der Gewissen zu einer moralischen Entscheidung, einem ethischen Verhalten reift, ist typischerweise mit einer einfühlenden Perzeption umgesetzt, in der das Andere dem Ich nahekommt (34). In dieser Zone des Nahseins sind die Emotionen von Mensch und Wildtier humani- mal, sie gehören zusammen (35). Die Analyse zeigt, dass es möglich und aufschlussreich sein kann, den Einstieg in ein literarisches Narrativ über Emotionen zu nehmen. Für Umweltverhalten und Umwelthaltungen ist die Bedeutung der Emotionen seit vielen Jahrzehnten aner- kannt (36). Der Beitrag ist ein Beispiel, wie Wildtiere und Emotionen Ausgangspunkt sowohl der literarischen Animal studies als der Environmental studies sein können. Eine Kooperation von Literaturwissenschaft und Psychologie erweist sich als frucht- bar, da die psychologischen Methoden Objektivierung fördern. Angesichts des Umstands, dass es größere individuelle Schwankungen von Emotionen zu Wildtieren geben kann, erscheint dies wertvoll. Während die Forschung über die Geschichte der Emotionen mit Haustieren innerhalb der Animal studies sehr aktiv war und ist (37), trifft dies weniger auf Wildtiere zu. Das hängt wohl damit zusammen, dass „Stories dealing with hunting and wild animals occupy a marginal status in twentieth-century German literature […]“ (38). Dies spricht aber umso mehr dafür, einen Schriftsteller wie Alscher aus dem Schattendasein zu rücken und den Wildtieren in seinen Werken einen zentralen Platz als Akteure einzuräumen.

33 Dieser Umstand ist gültig weit über Alschers Werk hinaus. Dass die Verdrängung des „Wilden“ durch Mensch und Zivilisation gerade um die große Jahrhundertwende kritisch wahrgenommen wurde, davon zeugen nicht zuletzt neoromantische Werke bzw. eine Hinwendung zum Exotischen (in Rei- seliteratur). Siehe Aurélie Choné, „Le message de l’animal dans Indienfahrt de Waldemar Bonsels“, in: Aurélie Choné und Catherine Repussard (Hg.), Des animaux et des hommes / Von Tieren und Menschen, Recherches germaniques, Sonderheft 10 (2015), S. 129-148. 34 Phylogenetisch sind empathische Vorgänge, nicht nur zwischen Menschen, auch in Interspezies- Beziehungen von Tieren und Menschen, tief verankert. Für Lori Gruen gibt es verschiedene Heran- gehensweisen an Empathie, u.a. versteht sie darunter den Modus einer moralischen Wahrnehmung: „Empathy is a particular type of attention, what I think of as a kind of moral perception. Moral per- ception is not the same as ordinary sense perception, in that the latter doesn’t often require reflection and correction, whereas moral perception does.“ Siehe Lori Gruen, Entangled Empathy, New York, Lantern Books, 2015, S. 39. 35 Mensch und Wildtier sind mit den Worten Erica Gittins nicht mehr „monolithic“: Erica Gittins, „The Archeology of Becoming the Human Animal“, Society & Animals, 21 (2013), S. 120-133. 36 Elisabeth Kals und Markus Müller, „Emotions and Environment“, in: Susan Clayton, Peter Nathan (Hg.), The Oxford Handbook of Environmental and Conservation Psychology, Oxford, Oxford University Press, 2012, S. 128-147. 37 Pascal Eitler, „Weil sie fühlen, was wir fühlen. Menschen, Tiere und die Genealogie der Emotionen im 19. Jahrhundert“, in: Gesine Krüger und Aline Steinbrecher, Tierische (Ge)Fährten, Wien (u.a.), Böhlau, 2011, S. 221-228. 38 A. Goodbody, „The Hunter as Nature-Lover“ (Anm. 4), S. 144. 386 Revue d’Allemagne

Zusammenfassung Wildtiere nehmen in dem Geschichtenband Die Bärin von Otto Alscher einen zent- ralen Platz ein und Emotionen von und zu diesen Tieren spielen dabei eine bedeutende Rolle. Ausgehend von einer Studie der Psychologie, die zeigt, dass mehrere Dimensio- nen von Emotionen zum Erschließen von Emotionen in Wörtern oder Satzteilen nötig sind, analysiert der Aufsatz die sprachliche Konstruktion von Emotionen in Alschers Geschichten. Hierbei konzentriert er sich besonders auf die raumsemantische, kineti- sche und psychoakustische Gestaltung. Des Weiteren vertieft die Textanalyse die her- ausragende Rolle von moralischen und existentiellen Emotionen. Das Resultat ist eine Gleichwertigkeit von menschlicher und tierlicher Perspektive und eine Annäherung, wenn nicht Verschmelzung, der Emotionen von Menschen und Wildtieren.

Résumé Les animaux sauvages occupent une place centrale dans le recueil d’histoires Die Bärin d’Otto Alscher, et les émotions, de et envers ces animaux, y jouent un rôle essen- tiel. Partant d’une étude en psychologie qui démontre la nécessité de recourir à plu- sieurs dimensions d’émotions pour comprendre celles qui se dégagent des mots ou des fragments de phrases, cet article analyse la construction linguistique des émotions dans les textes d’Otto Alscher. Il s’intéresse en particulier à la représentation de l’espace, des mouvements et de l’acoustique. En outre, l’analyse textuelle approfondit le rôle primor- dial des émotions morales et existentielles. Il en ressort une équivalence de la perspective humaine et animale et un rapprochement, voire une fusion des émotions des hommes et des animaux sauvages. Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 387 T. 51, 2-2019

De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? Le cas du retour du lynx dans la Réserve de biosphère transfrontalière Vosges du Nord-Pfälzerwald

Guillaume Christen *

Introduction Les dispositifs de préservation de la biodiversité concernent désormais une nature ordinaire (1), venant rompre avec une conservation réservée à la nature remarquable, et ce au profit d’un élargissement des politiques à des territoires plus vastes et fortement anthropisés. Dès lors, les savoirs et les usages de la nature deviennent une condition essentielle dans la protection des espèces et des milieux (2). Au cours du xxe siècle, la mise en politique de la nature a évolué de la protection à la conservation. Ceci révèle un changement dans l’idée que les conventions internationales se font de la nature et de la place accordée aux activités anthropiques (3). En effet, l’Union internationale pour la pro- tection de la nature (UIPN), créée en 1948, est marquée à ses débuts par un compromis entre deux tendances qui révèlent en creux des représentations différenciées de la nature et de la manière légitime de la protéger. Le « préservationnisme » vise à protéger la nature de l’homme alors que le « conservationnisme » privilégie une protection de la nature qui tend davantage vers une gestion rationnelle des activités anthropiques au regard de la finitude des ressources. La fin des années 1950 est marquée par un changement

* Docteur en sociologie de l’environnement, chargé d’enseignement à l’Institut d’urbanisme et d’amé- nagement régional, Faculté des Sciences sociales, et post-doctorant au laboratoire Sociétés, acteurs, gouvernement en Europe (SAGE, UMR 7363), CNRS et Université de Strasbourg, [email protected]. 1 Catherine Mougenot, Prendre soin de la nature ordinaire, Paris, Éditions de la Maison des Sciences de l’Homme, 1993. 2 Agnès Fortier, « La conservation de la biodiversité. Vers la constitution de nouveaux territoires ? », Études rurales, 183 (2009), p. 129-142. 3 Yannick Mahrane, Marianna Fenzi et Céline Pessis, « De la nature à la biosphère. L’invention poli- tique de l’environnement global, 1945-1972 », Vingtième Siècle. Revue d’histoire, 113 (2012), p. 127-141. 388 Revue d’Allemagne important, où la conception conservationniste va s’imposer, faisant émerger une nou- velle posture à l’égard de la protection de la nature. Il n’est plus question de protéger la nature sauvage contre les activités anthropiques, mais de gérer les flux économiques et de trouver un équilibre entre les systèmes sociaux et naturels, dans la limite d’une capacité de charge. Désormais, il s’agit d’administrer les pratiques socio-économiques exerçant une emprise sur les milieux, ce qui conduit à une remise en cause progressive de l’idée d’une nature autonome, dont la protection suppose le retrait des empreintes anthropiques. Au contraire, il se développe l’idée d’une nature qui est avant tout le pro- duit de l’activité humaine, modifiant l’approche de la nature et de sa protection : on ne protège plus la nature, mais on gère des pratiques sociales productrices de nature (4). En cela, les dispositifs de conservation, voire de restauration, se traduisent par des plans de gestion ayant pour finalité de combiner pratiques sociales et enjeux écologiques. ousN sommes passés d’une éthique de la « non intervention » à l’éthique de la « gestion » (5). Dans ce contexte de gestionnarisation de la nature, le retour des grands prédateurs (loup, lynx…) peut générer des effets contradictoires. En effet, les plans de gestion et les techniques de suivi des carnivores par monitoring contribuent à renforcer une intervention anthropique sur le sauvage. En même temps, le retour du sauvage est susceptible de comporter une dimension conflictuelle et risque de déstabiliser les modes d’intervention et de gestion de la nature qui ont été déployés en l’absence de ces grands prédateurs. C’est particulièrement le cas pour certains groupes sociaux, comme les chasseurs, les agriculteurs ou les forestiers, qui ont historiquement bénéfi- cié d’un quasi-monopole dans la gestion de l’espace rural (6) sans devoir composer avec l’incertitude de la prédation féline (lynx) ou lupine. À partir d’un cas d’étude sur la réintroduction du lynx dans la réserve de biosphère transfrontalière Vosges du Nord-Pfälzerwald, notre propos cherche à comprendre comment le retour du félidé est susceptible de déplacer, voire de transformer les pra- tiques d’intervention et de gestion de la nature des acteurs dont l’activité entretient un rapport direct avec le territoire du lynx. Plus précisément, cet article s’intéresse aux pratiques cynégétiques (le monde de la chasse), dont l’activité peut être directement impactée par le risque de prédation sur les cervidés (chevreuils, cerfs). En effet, l’acti- vité cynégétique maintient une prise gestionnaire sur la faune chassable et participe à instaurer un équilibre entre la faune et la flore dont dépend le renouvellement des écosystèmes forestiers. Cette gestion, communément appelée l’équilibre sylvo-cyné- gétique, a été historiquement déléguée et négociée entre le monde de la chasse et l’administration forestière (l’Office national des forêts). Dès lors, les chasseurs se sont positionnés comme les gestionnaires légitimes de cet équilibre. Le retour du félidé vient-il bousculer, voire transformer les modes d’intervention et de gestion de la nature déployés par l’activité cynégétique ? Les pratiques artificialisantes légitimées par la chasse peuvent-elles cohabiter avec le retour d’une nature incontrôlée,

4 Marie Charles, Frédérique Chlous-Ducharme, Elsa Faugère et Maurice Wintz, « Science et démocratie dans la gestion de la nature : des ethno-sociologues pris dans la modélisation d’accompa- gnement », VertigO, 8/2 (2008), en ligne : journals.openedition.org/vertigo/4999. 5 Jean-Claude Génot, Quelle éthique pour la nature ?, Paris, Édisud, 2003. 6 Ludovic Ginelli, « Chasse gestion, chasse écologique, chasse durable… Enjeux d’une écologisation », Économie rurale, 327-328 (2012), p. 38-51. De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 389 incarnée ici dans la figure du prédateur ? Le retour du félidé est-il susceptible de faire émerger des savoirs innovants, construits sur un nouveau rapport au vivant ? Inverse- ment, participe-t-il à marginaliser des pratiques gestionnaires historiquement ancrées ? Avant d’aborder ces enjeux entre gestion et naturalité, une première section revient sur des éléments de contexte et de présentation du programme « Life Luchs Pfälzer- wald » ainsi que sur la problématique de l’acception qui fait l’originalité du projet. Puis nous présenterons la méthodologie de l’étude (entretiens, terrain étudié) et la perspec- tive théorique retenue sur la notion de « nature », qui est un élément clé de l’analyse. Cette dernière s’attache aux pratiques cynégétiques déployées, qui ont pour particula- rité d’être fortement interventionnistes et gestionnaires sur la faune et les milieux. Dès lors, nous verrons comment le retour du félidé bouleverse des modes d’intervention, voire marginalise le rôle et la place du chasseur dans la gestion de l’écosystème fores- tier, car le prédateur est susceptible de devenir un atout, voire un auxiliaire dans une gestion plus « naturelle » des milieux.

Historique de la réintroduction et émergence de la problématique de l’acceptation sociale Cet article s’appuie sur une étude sociologique réalisée à la demande du Parc naturel régional des Vosges du Nord (Sycoparc) à partir de la réintroduction du lynx dans la réserve de biosphère transfrontalière Vosges du Nord-Pfälzerwald (7). Le programme européen de réintroduction LIFE (débuté en janvier 2016) prévoit le lâcher de 16 indi- vidus dans la réserve de biosphère transfrontalière afin de renforcer et de diversifier la population existante (8) dans les Vosges (dont la réintroduction s’est échelonnée de 1983 à 1993 sur la base de 21 individus lâchés). Ce projet LIFE s’inscrit dans la continuité de programmes antérieurs qui ont concerné le massif des Vosges du Sud. Le programme LIFE vient appuyer des projets antérieurs de réintroduction Une première initiative de réimplantation du félidé – disparu dans les années 1830 (9) – dans les Vosges alsaciennes a été portée par les milieux associatifs de protection de l’environnement et a abouti en 1976 à la création du « groupe lynx Alsace », en réseau avec le « groupe lynx Europe », constitué un an auparavant. Suite à de premières réin- troductions en Suisse et en Allemagne dans les années 1970, une première étude de faisabilité a classé le massif des Vosges comme site prioritaire pour le seul programme officiel de réintroduction du lynx autorisé par l’État (10).

7 Cette recherche a été menée avec le soutien du programme européen LIFE « Luchs-Projekt Pfälzer- wald/Vosges du Nord », en liaison avec le Syndicat de coopération pour le Parc naturel régional des Vosges du Nord (Sycoparc). Voir le site Internet dédié : www.luchs-projekt.org/luchs_projekt/. L’étude sociologique a été réalisée de septembre 2015 à janvier 2016. Ont contribué au travail sociologique : Guillaume Christen, docteur en sociologie, post-doctorant au laboratoire SAGE, UMR 7363, CNRS- Unistra ; Colette Méchin, docteur d’État, chercheur honoraire CNRS en ethnologie ; Maurice Wintz, maître de conférences en sociologie, SAGE, UMR 7363, CNRS-Unistra. 8 Christelle Scheid, « Le lynx a-t-il encore sa place dans les Vosges ? Statut actuel, acceptation et pers- pectives pour le lynx dans les Vosges », Association SOS Faucon Pèlerin Lynx, Sturzelbronn, 57 (2013). 9 Ibid. 10 Anne Vourc’h, « Représentation de l’animal et perceptions sociales de sa réintroduction. Le cas du lynx des Vosges », Revue d’écologie Terre et Vie, 5 (1990), p. 175-187. 390 Revue d’Allemagne

Le programme des années 1980 (21 individus) avait pour dessein de renforcer la connectivité écologique avec une population noyau dans le massif du Jura suisse. Il s’est heurté à une problématique d’acceptation sociale. Comme l’a montré l’étude conduite (sur demande du ministère de l’Environnement) par Anne Vourc’h (11), le pro- jet a souffert en amont d’un défaut de concertation : certains acteurs clefs (notamment les chasseurs) ont été associés tardivement au programme. Le lâcher des deux premiers lynx en forêt de Ribeauvillé (Haut-Rhin) a eu lieu avant la dernière session de « concerta- tion réunissant toutes les parties (chasseurs, forestiers, préfet) » (12). Cet épisode a joué un rôle important dans la défiance du monde de la chasse à l’endroit des opérations de réintro- duction des prédateurs. On voit émerger une problématique majeure, celle de l’acceptation, qui montre que la réussite de la réintroduction ne renvoie pas seulement à des aspects tech- Le lâcher d’Arcos, mars 2017 niques mais dépend davantage de dimensions © Stiftung Natur und Umwelt RLP / Martin Greve sociales et culturelles. Bénéficiant de ce recul, le projet LIFE Vosges du Nord-Pfälzerwald s’inscrit dans un processus long qui, en amont des premiers lâchers, a travaillé sur la problématique de l’acceptation auprès des acteurs du territoire de la réserve de biosphère transfron- talière : chasseurs, éleveurs, forestiers. Pour ce faire, le programme s’accompagne d’un dispositif innovant, le « parlement du lynx », qui se déploie en trois arènes de concertation en Allemagne et en France : le parlement allemand organisé par la Fon- dation pour l’environnement de Rhénanie-Palatinat, le parlement français piloté par le Sycoparc, et enfin le parlement transfrontalier. Ces forums de concertation visent à co-construire un retour de l’espèce permettant d’articuler les enjeux de la biodiversité et les pratiques sociales de la nature. En appui à cette première démarche, une étude sociologique a été commandée au laboratoire SAGE par le Sycoparc, afin d’identifier les logiques sociales d’acceptation de l’espèce auprès du monde de la chasse et plus particulièrement des chasseurs exerçant leurs pratiques dans le périmètre du Parc des Vosges du Nord. Débuté en janvier 2015, le programme s’est concrétisé par le lâcher de trois individus en août 2016 à l’est de Kaiserslautern, au cœur de la forêt du Pfäl- zerwald. Depuis le début du programme, ce sont 16 lynx qui ont été relâchés dans la réserve de biosphère transfrontalière, dont un individu, Arcos, qui s’est établi dans les Hautes-Vosges (voir la carte ci-contre). Le projet LIFE : une coopération transfrontalière en matière de protection de la nature Le projet de réintroduction LIFE profite d’un contexte territorial particulier, impré- gné par une histoire et une culture de coopération transfrontalière, ce qui en fait un programme original et innovant. En effet, les lynx sont lâchés au sein de la Réserve

11 Ibid. 12 C. Scheid, « Le lynx » (note 8). De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 391 de biosphère transfrontalière Vosges du Nord-Pfälzerwald, reconnue par l’UNESCO en décembre 1998 en application de son programme sur l’Homme et la biosphère. Outre ses caractéristiques écologiques – une continuité forestière de 230 000 hectares favorable au lynx – la réserve s’étend sur un territoire transfrontalier, ce qui favorise la coopération et la circulation d’instruments en matière de conservation des milieux et des espèces. Historiquement, elle est issue de deux réserves nationales, celle des Vosges du Nord créée en 1988 et celle du Pfälzerwald (en Rhénanie-Palatinat) fondée en 1992. Sa gouvernance relève d’un comité de pilotage franco-allemand composé du Sycoparc et du Naturpark Pfälzerwald. Dès lors, le projet LIFE s’inscrit pleinement dans la continuité d’une coopération franco-allemande.

Espace d’action du lynx Arcos en avril 2017 © Stiftung Natur Umwelt und RLP 392 Revue d’Allemagne

Bien que le projet soit porté par la Fondation pour la nature et l’environnement de Rhénanie-Palatinat – et soutenue par l’Union européenne –, sa mise en œuvre repose sur une collaboration franco-allemande. Côté allemand, les partenaires du projet sont l’Office des forêts de Rhénanie-Palatinat (13) (Landforsten Rheinland-Pfalz) et plus par- ticulièrement l’Institut de recherche pour l’écologie forestière (Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz), qui a pour mission le suivi des grands carnivores, dont le lynx. Pour le territoire français, les fonctions de pilotage et de concertation ont été confiées au Sycoparc et celles relatives au suivi du carnivore ont été déléguées au « réseau loup-lynx » de l’Office national de la chasse et de la faune sau- vage (ONCFS), appuyé par l’expertise du Centre de recherche et d’observation des car- nivores (CROC). Par ailleurs, l’originalité du projet tient au processus de concertation qui a été engagé avec les secteurs professionnels dont l’activité concerne le territoire de la réserve. En effet, le programme a été construit avec la participation de la Fédé- ration des chasseurs de Rhénanie-Palatinat ainsi que le syndicat des éleveurs ovins et caprins. Enfin, le projet a été approuvé et soutenu politiquement (et financièrement) par le ministère de l’Environnement du Land de Rhénanie-Palatinat. C’est cette dernière dimension autour de la participation des acteurs (chasseurs, éleveurs) qui retient notre attention. Le souci d’impliquer les usagers dont l’activité est susceptible d’être impactée par le retour du lynx s’est développé en Allemagne. Cette préoccupation s’est traduite dans l’outil inédit que représente le « parlement du lynx » (ou « Luchs-Parlament »), qui a pu être déployé côté français et allemand. Malgré ce support de concertation commun, le contexte entre l’Alsace-Moselle et le Land de Rhénanie-Palatinat est différent pour ce qui concerne l’acceptation du félidé par les associations de chasse. Côté allemand, la participation volontaire des organi- sations cynégétiques en faveur du lynx bénéficie d’une historicité bien antérieure, ce qui constitue une différence remarquable entre les deux pays. Dès 1995, leLandes- jagdverband Rheinpfalz (l’association de chasse du Palatinat) participe à l’initiative « Proluchs » qui réunit les accords des chasseurs et du ministère de l’Environnement. Cette première initiative vise à étudier les caractéristiques de la réserve du Pfälze- rwald comme un milieu potentiellement intéressant pour le retour du lynx. Au niveau national, l’Association allemande de chasse (Deutscher Jagdverband, DJV) a rédigé en 2007, en consultation avec toutes les associations de chasse, une prise de position commune sur le retour des carnivores. Il est stipulé que « le retour naturel des grands prédateurs fait l’objet d’une évolution positive conformément aux conventions inter- nationales » (14). Par ailleurs, il est également évoqué que les associations locales de chasse ont pour mission d’« accroître l’acceptation de ces espèces (loup, lynx) au sein de la communauté des chasseurs et auprès du public » (15). Or, face aux faibles effectifs et à l’isolement des populations résiduelles de lynx par rapport aux noyaux sources (Jura, Slovénie, Autriche), le retour naturel du félidé s’avère improbable. Face à ce

13 En Allemagne, l’Office des forêtsLandforsten ( ) s’occupe depuis 1999 du suivi des grands carnivores (loups, lynx, ours) et assure également des missions de surveillance et de gestion de la chasse afin d’assurer l’équilibre faune-flore. Par comparaison au cas français, elle assure à la fois les missions de l’Office national des forêts (ONF) et de l’Office national de la chasse et de la faune sauvage (ONCFS). 14 ljv-rlp.de/projekte/kooperationen/life-projekt-luchs/. 15 ljv-rlp.de/projekte/kooperationen/life-projekt-luchs/. De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 393 constat, le projet de réintroduction LIFE dans le Pfälzerwald, demandé par le NABU (Naturschutzbund Deutschland) (16) et le Bund für Umwelt und Naturschutz Deutsch- land (17), a trouvé un écho positif auprès du monde de la chasse malgré une posture initiale qui refusait tout programme de réintroduction. Ce compromis concédé par l’Association de chasse du Palatinat s’est accompagné de mesures de compensation : – Les chasseurs demandent à être intégrés aux différentes étapes de construction du projet, à la fois dans les phases de développement et de mise en œuvre. – Les chasseurs participent au suivi du lynx et cette implication doit être récompen- sée : 100 euros par traces et indices de présence communiqués. La reconnaissance n’est pas que financière, elle est aussi symbolique car on valorise l’expertise des chasseurs. – La réintroduction du lynx nécessite de renforcer la connectivité écologique face à la fragmentation des espaces : les chasseurs demandent à ce que ce travail de connec- tivité (par des corridors écologiques) puisse non seulement profiter au félidé mais aussi à la faune chassable (cervidés). – Les inquiétudes et les craintes des chasseurs doivent être prises en compte et consi- dérées avec sérieux. – La transparence et la participation se font par le biais d’un parlement du lynx. Par ailleurs, l’association de chasse de Rhénanie-Palatinat a publié une brochure d’une vingtaine de pages sur les lynx, intitulée « Der Luchs im Revier : Infobroschüre des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz zum Wiederansiedlungsprojekt Luchs im Pfälzerwald ». S’adressant aux chasseurs, elle présente la biologie du félidé afin de réduire les craintes et les préjugés et pour les familiariser au « nouveau compagnon de chasse » qu’est le lynx : « Vor allem richtet sich die Broschüre an Jäger, um sie mit dem neuen “Mitjäger” im Pfälzerwald vertraut zu machen » (18). L’implication des chasseurs au projet LIFE pose les bases d’un processus de concer- tation inédit en matière de réintroduction de grands carnivores. Bénéficiant d’un contexte de coopération transfrontalier, le fonctionnement et les principes du parle- ment du lynx circulent et sont traduits dans le contexte français. Le Sycoparc travaille également sur les possibilités d’impliquer les chasseurs au projet, afin de favoriser l’ac- ceptation du félidé. Ainsi, en juillet 2018, une journée de formation a été organisée par le Parc et l’Observatoire des carnivores sauvages (OCS) (19) à destination des chasseurs pour les initier au suivi du lynx et les intégrer dans le réseau de correspondants (20).

16 NABU est une organisation non gouvernementale de protection de la nature. 17 Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland est l’une des grandes associations environnementales allemandes, dont les thèmes sont transversaux : conservation des milieux et des espèces mais aussi appui à l’agriculture biologique, expertise en matière de réchauffement climatique. 18 ljv-rlp.de/projekte/kooperationen/life-projekt-luchs/. 19 L’OCS est une association pour l’étude et la conservation des carnivores sauvages (lynx, loup, chat forestier) basée à Geishouse (Haut-Rhin) dans le Parc naturel des Ballons des Vosges. L’association est présidée par Alain Laurent, qui a animé pendant 10 ans le réseau loup-lynx pour le Grand-Est au Centre national d’études et de recherches appliquées Prédateurs et animaux déprédateurs de l’Office national de la chasse et de la faune sauvage. 20 En France, l’Office national de la chasse et de la faune sauvage s’appuie sur un réseau de correspon- dants (des bénévoles ayant suivi une formation) pour recueillir les traces et indices de la présence des carnivores (ours, loups, lynx). 394 Revue d’Allemagne

Définitions et dispositif méthodologique d’enquête Comment définir la population à enquêter ? La méthodologie d’enquête s’appuie sur un inventaire (pas nécessairement exhaus- tif) des chasseurs sur le territoire des Vosges du Nord, afin de caractériser les pratiques cynégétiques. À partir d’une base de données – comprenant l’ensemble des lots sur le territoire des Vosges du Nord, dans les départements du Bas-Rhin et de la Moselle –, une population de chasseurs à enquêter a été définie. Tout d’abord, nous avons identifié les chasseurs exerçant des responsabilités au sein des instances institutionnelles (plus d’une dizaine d’entretiens) et des collectifs organisés (fédérations départementales de chasse, ou encore association de chasseurs de grand gibier). En même temps, l’enjeu consistait à rencontrer des chasseurs « ordinaires » susceptibles d’être concernés par le retour du lynx. Face à la difficulté de les répertorier, l’échantillon a été construit à partir d’un annuaire de la Direction départementale des Territoires identifiant les adjudicataires des différents lots de chasse sur le territoire du parc (21). Bien entendu, ce biais méthodologique restreint la population enquêtée au seul statut de chasseurs- adjudicataires, mais son effet reste relatif, car, à plusieurs reprises, l’entretien s’est déroulé en présence d’un ou de deux partenaires de chasse en plus de l’adjudicataire. L’échantillon a été construit selon différents critères : la taille du lot de chasse, la dis- tance entre le domicile de l’adjudicataire et le territoire de chasse, les grandes associa- tions-sociétés de chasse. Au total, plus de 35 adjudicataires ont été enquêtés (plus de 45 avec les acteurs institutionnels qui sont aussi chasseurs), selon une enquête qualitative par entretiens semi-directifs. Cette méthode, qui permet aux enquêtés de s’exprimer librement, nous a semblé la mieux adaptée pour faire émerger les représentations et les pratiques cynégétiques. Notre guide d’entretien a accordé une importance particu- lière à la gestion de la chasse ainsi qu’au rapport singulier du chasseur à la nature. De manière générale, la démarche adoptée cherche à « faire dire sur le faire » (22) en deman- dant aux acteurs de décrire leurs pratiques, par exemple une sortie type sur leur lot de chasse. Enfin, nous avons abordé la controverse liée à la publication du Livre blanc sur l’équilibre faune-gibier, avant de conclure sur l’avenir de la chasse en Alsace-Moselle. La question du lynx et de son retour potentiel n’était pas directement abordée, mais était développée dès que le thème apparaissait au fil de l’entretien. Rendre compte des « états de nature » Puisque nous cherchons à comprendre la façon dont le retour du lynx est susceptible de déplacer les registres de savoir autour d’une nouvelle « carte mentale du vivant » (23), il nous a semblé pertinent de définir ce que nous appelons communément « nature ». La perspective empruntée définit la nature comme une dynamique qui met en ten- sion deux types de forçages, l’un d’origine anthropique et l’autre biophysique, qui

21 Côté mosellan, nous n’avons pas eu accès à une base de données aussi détaillée (superficie du lot), ce qui a rendu l’application d’une méthodologie similaire impossible. C’est d’une manière informelle, au cours des entretiens, qu’il nous a été conseillé de rencontrer tel ou tel chasseur. 22 Au sens de Bernard Lahire, L’homme pluriel. Les ressorts de l’action, Paris, Nathan, 1998. 23 Baptiste Morizot, Les diplomates. Cohabiter avec les loups sur une nouvelle carte du vivant, Paris, Wildproject, 2016. De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 395 génèrent un « état de nature » (24). Serge Moscovici définit un « état de nature » comme des éléments de matières transformés par l’activité sociale dans une société donnée, à un moment donné du temps, dont l’évolution reflète les rapports à la nature engen- drés par les sociétés. Dans cette acception, les dynamismes naturels (25) possèdent leur indépendance, c’est-à-dire une autonomie de processus (26) qui assure une résilience au système (une capacité d’autorégulation). Quant au second type de forçage, il ren- voie aux dynamiques anthropiques qui regroupent l’ensemble des activités humaines et exercent une réelle empreinte sur les milieux. Celles-ci prennent la forme d’une « prise écologique » (27) et se traduisent dans des manières d’aménager, de cultiver, de domestiquer, voire de maîtriser les dynamismes naturelles (28). Cette coévolution des deux types de forçage génère une réalité composite, en l’occurrence un état de nature qui n’est ni proprement social, ni proprement physique, mais les deux à la fois, c’est-à-dire « écosymbolique » (29). Bien que cette définition admette que ce qui nous environne relève d’une réalité hybride, cette lecture de la « nature » revendique tout de même l’indépendance des dynamismes naturels : ceux-ci existent en dehors de tout construit social (30) et sont doués d’une capacité d’action et de rétroaction face aux forçages anthropiques. Dans notre cas d’espèce, la pratique cynégétique peut être interprétée comme une « prise écologique » (31) car le chasseur exerce une véritable « prise » en agissant direc- tement sur l’équilibre sylvo-cynégétique (32). À travers l’empreinte exercée sur la faune (et sur son habitat par une série d’aménagements), le lot de chasse est approprié et transformé par une gestion quotidienne, générant ainsi un « état de nature ». Par ailleurs, cette lecture permet d’apprécier la qualité d’un milieu selon un degré de « naturalité ». Il s’agit de décrire la part de contrôle qu’exerce l’activité anthropique sur les logiques du milieu et leur libre évolution (33). L’enjeu consiste à inclure l’histoire de l’homme et de son emprise sur l’évolution d’un écosystème d’une région donnée. Pour le sociologue, cela permet d’intégrer l’empreinte des activités anthropiques (pratiques interventionnistes et gestionnaires) comme une variable d’ajustement (34) qui exerce un contrôle gradué sur les dynamiques biophysiques. En d’autres termes, cela permet

24 Serge Moscovici, Essais sur l’histoire humaine de la nature, Paris, Flammarion, 1968. 25 J.-C. Génot, Quelle éthique pour la nature ? (note 5). 26 Adrien Guetté, Jonathan Carruthers-Jones, Laurent Godet et Marc Robin, « “Naturalité” : concepts et méthodes appliqués à la conservation de la nature », Cybergeo. European Journal of Geo- graphy, document 856 (2018), en ligne : journals.openedition.org/cybergeo/29140. 27 Augustin Berque, Médiance, de milieux en paysages, Paris, Reclus, 1990. 28 J.-C. Génot, Quelle éthique pour la nature ? (note 5). 29 A. Berque, Médiance, de milieux en paysages (note 27). 30 Annie Schnitzler, Jean-Claude Génot et Maurice Wintz, « Espaces protégés : de la gestion conser- vatoire vers la non-intervention », Courrier de l’environnement de l’INRA, 56 (2008), p. 29-43. 31 A. Berque, Médiance, de milieux en paysages (note 27). 32 L’équilibre sylvo-cynégétique renvoie à l’interaction faune-forêt et désigne un point d’équilibre qui permet la régénération de la forêt. 33 Guetté/Carruthers-Jones/Godet/Robin, « “Naturalité” » (note 26). 34 Jacques Lecomte, « Réflexions sur la naturalité », Courrier de l’environnement de l’INRA, 37 (1999), p. 6-10. 396 Revue d’Allemagne d’apprécier la « dose de nature » (35) que les acteurs sont prêts à accepter dans leurs pra- tiques quotidiennes. Pour l’étude qui nous concerne, cet outil permet de qualifier la part d’« incertitude » ou de « nature spontanée » (incarnée dans le retour du lynx) que les chasseurs sont prêts à inclure au sein de leurs modèles de gestion.

La nature du chasseur est-elle essentiellement gestionnaire ? La particularité de la chasse en Alsace-Moselle provient de l’héritage de 1870 et notamment de la loi du 7 février 1881. Le droit de chasse n’est pas attaché à la propriété de la terre, mais les communes concèdent tous les 7 ans (ou 9 ans pour les forêts doma- niales) par voie d’enchère la location de lots de chasse que les chasseurs paient cher. La mise en place d’un tel système a été pensée pour protéger la faune à la fin du xxe siècle face au recul des habitats avec la déforestation. Cette organisation a pour but de limiter le nombre de chasseurs et de les impliquer dans la préservation du gibier. L’étude d’Anne Vourc’h (36) met en évidence que la gestion est l’élément central dans la chasse en Alsace et risque de constituer un frein à l’acceptation du lynx, et notamment le prélèvement de chevreuils par le lynx et les répercussions sur ce régime de gestion de la chasse. Un rôle de gestionnaire de l’équilibre faune-flore La spécificité de notre cas d’étude tient au droit local d’Alsace-Moselle, qui favorise une gestion publique de la forêt (plus de 80 % de forêt communale ou domaniale en Alsace), et confie l’administration du droit de chasse aux communes par adjudication. Dès lors, les chasseurs se sont positionnés comme les « cultivateurs » légitimes de la « faune chassable » (37), et en assurent l’équilibre et la gestion. Le droit local a délégué à la chasse la rationalisation de l’équilibre faune-flore par le maintien d’une ressionp cynégétique sur la population d’herbivores, afin de garantir la régénération de la forêt. Cette fonction de régulation est définie autour d’objectifs à atteindre, dont l’outil prin- cipal reste le plan de gestion plus communément appelé « plan de chasse ». La gestion des espèces chassables fait l’objet d’une négociation au sein d’un organisme consultatif, le Conseil départemental de la chasse et de la faune sauvage, chargé de donner son avis au préfet. Le plan de chasse vise ainsi à maintenir la faune cynégétique dans le respect des équilibres biologiques et des intérêts agricoles et forestiers (voir les articles R. 221- 24 à 27 du Code de l’environnement). Pour différentes espèces chassables, il existe un plan de chasse adapté à la gestion de la population de cervidés, chevreuils, sangliers… À l’échelle du lot de chasse, les acteurs se voient attribuer des minimas à atteindre (pour chaque espèce, en fonction du sexe et de l’âge de l’animal) ainsi que des maximas à ne pas dépasser, selon les mêmes critères. Une traçabilité est effectuée,via des bracelets distribués aux chasseurs en fonction du plan de chasse (pour chaque espèce, le chasseur reçoit un nombre de bracelets en fonction des maximas). Dans le souci d’assurer la gestion à l’échelle des territoires, le monde de la chasse est non seulement structuré en fédération, organisant l’activité cynégétique à l’échelle départementale, mais égale- ment à l’échelle locale. Sur le département du Bas-Rhin, il existe les Groupements de

35 J.-C. Génot, Quelle éthique pour la nature ? (note 5). 36 A. Vourc’h, « Représentation de l’animal » (note 10). 37 L. Ginelli, « Chasse gestion » (note 6). De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 397 gestion cynégétique (GGC) qui rassemblent les locataires de chasse dans un territoire homogène. Leur objectif est double : améliorer la communication et le partage d’infor- mations, et assurer la gestion des espèces sur de grandes superficies par la mise en place de règles communes. Or l’étude empirique a révélé que les pratiques cynégétiques dépassent la seule gestion rationnelle du point d’équilibre et se sont déplacées vers la gestion d’une nature patrimoniale que les chasseurs souhaitent maintenir en l’état. Une gestion qui s’est déplacée autour des principes d’une éthique régionale : la chasse de préservation Au-delà d’une rationalisation de l’équilibre faune-flore autour de justifications scientifiques, l’activité cynégétique est fortement façonnée par une « éthique » qui oriente les pratiques autour d’une chasse dite de « préservation » (38). Conforme à l’éthique régionale, elle corrobore l’idée que le chasseur a un rôle de protection vis-à- vis du gibier, justifiant de facto des pratiques gestionnaires (préservation d’une classe d’âge de cervidés, interventions sur la forêt comme le recépage aux abords des che- mins, etc.). Comme l’avaient déjà décrit les travaux de Bertrand Hell (39), le chasseur « est aux petits soins avec la faune chassable ». Le lot de chasse est alors « jardiné », afin de conserver et d’améliorer un patrimoine cynégétique. Les pratiques gestionnaires déployées sont garantes de cette éthique et visent à déve- lopper une chasse dite de « préservation », opposée à une chasse de « destruction » (40). La chasse de préservation cherche à améliorer la qualité et la diversité du patrimoine faunistique, comme l’explique ce chasseur : « C’est lui, le chasseur, qui fait que la diver- sité du cheptel est là […]. On fait de la gestion pour avoir un patrimoine. Pour regarder sur le long terme et avoir de beaux chevreuils pour la suite, il ne faut pas détruire tout, il faut sélectionner » (41). Comme l’explique cet enquêté, l’acquisition d’un « patrimoine » passe par un outil de sélection, le tir qualitatif. Cette technique consiste à préserver la classe d’âge intermédiaire (3-8 ans) de brocards ou de cerfs et à concentrer les prélève- ments sur les faons, ou les bêtes d’un an, afin de permettre le vieillissement des mâles. Le tir qualitatif est conforme aux principes d’une chasse de préservation qui repose sur la récolte du trophée. Dans certains cas, le tir « qualitatif » devient « sélectif », lorsque le chasseur cherche à préserver un certain nombre de sujets conformes à des standards esthétiques. Au cours de cet entretien, cet enquêté revient sur les « avantages » d’une telle technique : « On essaie de garder les beaux trophées. Ceux-là, on les conserve et on tire plutôt tout ce qui est déficient. Je me rappelle, il y a 18 ans, on avait décidé à deux, trois endroits de laisser des beaux brocards et de ne pas les tirer, et de tirer tout ce qu’il y a autour. Aujourd’hui, on a pas mal de beaux trophées dans la forêt » (42). On constate que la gestion cynégétique s’écarte des seuls objectifs fixés par les plans de chasse et se retrouve reconfigurée autour d’une pression cynégétique faible favorisant le vieillissement d’une population selon des critères anthropiques.

38 Bertrand Hell, Entre chien et loup. Faits et dits de chasse dans la France de l’Est, Paris, Éditions de la Maison des sciences de l’Homme, 1985. 39 Ibid. 40 Ibid. 41 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 42 Ibid. 398 Revue d’Allemagne

De la gestion à la domestication d’un patrimoine cynégétique ? Le lot de chasse spatialise un patrimoine faunistique que les chasseurs cherchent à préserver et à maintenir. La patrimonialisation de la nature peut se définir comme un processus d’appropriation déployé par un groupe d’acteurs qui attribue des valeurs (singularité, rareté, esthétique…) à certains objets. Christine Bouisset et Isabelle Degrémont (43) la définissent comme un processus qui « passe par une appropriation, une sélection et une justification patrimoniale de certains objets, considérés comme hautement signifiants »(44). Dans notre cas d’espèce, le processus de patrimonialisation se retrouve inversé par rapport à celui que l’on peut classiquement retrouver dans les politiques de préservation de la nature. En effet, il ne porte pas sur ce que l’humain n’a pas – ou peu – touché, mais sur ce que le chasseur a édifié et domestiqué. Du point de vue de ces derniers, ce qu’ils définissent comme étant de la nature, c’est ce qui est amé- nagé, cultivé et géré par la pratique cynégétique. Cette conception d’une nature dite « produite » (45) valorise des pratiques de gestion et d’aménagement, comme l’explique ce chasseur : « La chasse, c’est le jardin de ma maison. J’ai envie d’y aller, comme je vais dans le jardin de ma maison, pour regarder une coupe de bois qui a été faite, j’y vais pour observer » (46). L’expression « la chasse est le jardin de ma maison » corrobore l’idée d’une nature « cultivée » dont les chasseurs seraient les garants, voire les responsables. Dans cette acception, il est probable que la nature anthropisée – donc cynégétique – soit valorisée, contrairement à une nature « incontrôlée » perçue comme problématique. Un autre trait de la patrimonialisation renvoie au rapport de personnification à l’égard de la faune, comme le décrit ce chasseur : « Les animaux, on commence à les connaître, on commence à les reconnaître, c’est presque, c’est mes animaux. Ils le savent pas, mais c’est mes animaux » (47). C’est un patrimoine qu’il regarde évoluer avec atten- tion. Autre aspect évoqué par Christine Bouisset et Isabelle Degrémont (48), le territoire de chasse doit refléter un état de nature figé. En effet, un patrimoine s’inscrit dans un rapport temporel et les chasseurs dont les lots ont été transmis par héritage évoquent l’historicité du travail de gestion permettant une reconstitution du capital faunistique : « Il y avait peu d’animaux sur la chasse, presqu’aucun chevreuil. Depuis, on a fait un travail de gestion, on a réussi à avoir une population correcte » (49). Le patrimoine faunis- tique symbolise le travail de gestion effectué sur une trentaine d’années et se concrétise dans la récolte de trophées dont la lignée peut être suivie et maîtrisée par le chasseur : « Le trophée, on voit l’âge de la bête, voilà, en regardant les trophées, on peut déjà savoir dans quel secteur ça a été tiré ! On revoit le brocard, le fils ou les fils, et on voit l’évolution du brocard, quand on a connu le père qui est là, quand on voit le jeune qui suit, on sait par

43 Christine Bouisset et Isabelle Degrémont, « Patrimonialiser la nature : le regard des sciences humai- nes », VertigO, hors-série 16 (2013), en ligne : journals.openedition.org/vertigo/13542. 44 Ibid., p. 3. 45 Maurice Wintz, « La nature quotidienne, entre exploitation et contemplation », in : Ligue Roc, Humanité et biodiversité, Paris, Descartes et Cie, 2009, p. 39-52. 46 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 47 Ibid. 48 Bouisset/Degrémont, « Patrimonialiser la nature » (note 43). 49 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 399

rapport aux vieux ce que ça peut donner. C’est génétique, on voit celui qui sera dans le futur un beau trophée » (50). Enfin, les chasseurs partagent une conception « sélective » de la nature (51), où la forêt est appréciée selon ses qualités favorables au maintien d’un patrimoine faunistique. La considérant seulement comme l’habitat de la faune chassable, le chasseur va cher- cher à améliorer son potentiel cynégétique à l’aide de différents aménagements. À titre d’exemple, la société de chasse peut faire l’acquisition de terres qu’elle cultivera en « prairies à gibier » (un mélange de graminées et de trèfle avec aménagement de pom- miers), dans le souci de maintenir un habitat favorable aux cervidés et essentiellement aux cerfs. Le lot de chasse fait l’objet d’un entretien permanent afin de le garder fonc- tionnel et accueillant, pour « fixer » le gibier sur le lot de chasse. La nature autour du chasseur est alors domestiquée et prend la forme d’un « jardin cultivé » qu’il cherche à préserver et à entretenir par des pratiques d’« éco-jardinage » (52). Dès lors, le retour du félidé n’est pas sans effets sur les pratiques cynégétiques qui cherchent à maintenir une nature patrimonialisée et fortement artificialisée.

Le retour du lynx participe-t-il à marginaliser des savoirs gestionnaires fortement ancrés ? Les entretiens conduits auprès du monde de la chasse ont montré que le retour du félidé est susceptible de générer un effet d’inertie autour des modèles gestionnaires. En creux, le retour du félidé alimente les craintes de voir la chasse dite de « préservation » disparaître. Dès lors, les acteurs se positionnent en défenseurs d’un modèle et d’une éthique qu’ils pensent en déclin et marginalisée par le retour du lynx. Le lynx vient-il détruire un patrimoine longuement cultivé ? Le retour du lynx est susceptible de déranger la gestion conservatoire d’un capital faunistique et un équilibre que les chasseurs veulent maintenir en l’état. Les repré- sentations qui classent et qualifient positivement le vivant, animal ou végétal (53), dépendent de la façon dont l’espèce interfère avec les pratiques de gestion déployées et le type de nature que l’on souhaite conserver. Dans notre cas, le retour du lynx s’avère problématique, car sa réapparition n’apporte pas de plus-value fonctionnelle au travail de gestion, mais vient au contraire désorganiser la nature domestiquée, construite en l’absence de prédateur. Dès lors, les chasseurs mobilisent le registre de l’animal « incontrôlé » pour désigner le risque de destruction d’un patrimoine faunistique acquis sur plusieurs années de gestion : « Si demain le prédateur revient, il va nous détruire la chasse » (54).

50 Ibid. 51 Raphael Larrère, Philippe Fleury et Loriane Payan, « La nature des éleveurs : sur les représentations de la biodiversité dans les Alpes du Nord », Ruralia, 21 (2007), en ligne : journals.openedition.org/ ruralia/1846. 52 Guillaume Lemoine, « Gestion et plans de gestion pour les milieux naturels : paradoxe ou utopie ? », La Garance voyageuse, 70 (2009), p. 24-29. 53 Larrère/Fleury/Payan, « La nature des éleveurs » (note 51). 54 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 400 Revue d’Allemagne

De plus, la figure du lynx est associée à celle d’un prédateur qui « ne fait pas atten- tion », contrairement au chasseur qui rationalise sa pratique autour d’une gestion et d’une éthique. La prédation du carnivore risque alors de « nettoyer » la chasse (donc le patrimoine acquis), comme l’explique ce chasseur : « Quand on nous parle du lynx, je le vois comme ça, on va nous réintroduire du nettoyeur. Sauf que ce n’est pas du nettoyeur de souris, c’est du nettoyeur de chevreuils » (55). La figure du lynx est alors associée à celle du « mauvais chasseur », qui, à défaut de préserver sa chasse, la détruit en l’absence d’un travail de gestion sur le moyen-long terme. Dans l’extrait qui suit, le lynx est directement associé aux pratiques de chasse prohibées, voire à la chasse de « destruction » (56) : « Le lynx, il ne fera pas attention à tout le travail qu’on fait. Lui, il ne fait pas attention comme nous. Il ne fera pas de différence, il remet tout en question, il remet en cause notre stratégie. Quand vous regardez les chasseurs qui changent de chasse tous les neuf ans, à chaque fois que leur bail arrive à la fin. Pourquoi, ils partent ? Parce qu’ils ne font pas atten- tion, ce sont des viandards. Nous, on a la chasse depuis trente ans, on a fait un travail, on a su préserver notre chasse » (57). La figure du « viandard » symbolise l’interdit, à savoir ce qu’il ne faut pas faire et devenir. On voit se dessiner un principe de classification entre le « bon prélèvement » du chasseur gestionnaire, réfléchi et rationalisé, et celui du lynx, spontané, qui échappe à tout processus de normalisation et de domestication. En creux, ce sont les classifications domestique-sauvage/utile-nuisible qui se jouent derrière les figures opposées du chasseur et du « lynx-braconnier ». Dès lors, certains chasseurs doutent de la compatibilité entre la chasse et son retour : « Le lynx aujourd’hui n’a plus sa place dans nos forêts, ou alors, ça fonctionne, mais ce sera au détriment du chevreuil » (58). La réintroduction du « sauvage » se ferait alors au préjudice de la faune chassable, en l’occurrence de la nature cynégétique entretenue et aménagée. Dès lors, la figure du lynx est susceptible de passer du statut de « biodiversité fardeau » à celui de « biodi- versité sauvage » (59), traduisant « une défaite de l’homme face à la nature » (60). Outre le fait que l’arrivée du lynx vienne perturber un modèle de chasse, la problématique de la gestion de la forêt vient également marginaliser le rôle historique délégué aux chasseurs, celui de gestionnaire légitime de l’équilibre faune-flore. Un rôle gestionnaire marginalisé ? L’Office national des forêts a délégué à la chasse une fonction de prélèvement dans l’équilibre faune-flore pour assurer à la forêt une capacité de régénération. Dès lors, les acteurs cynégétiques ont été considérés comme des partenaires légitimes et incontour- nables de l’équilibre sylvo-cynégétique. Or l’administration forestière semble remettre

55 Ibid. 56 B. Hell, Entre chien et loup (note 38). 57 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 58 Ibid. 59 Philippe Deuffic, Ludovic Ginelli, « La biodiversité forestière, un nouveau référentiel pour les fores- tiers et les chasseurs ? », in : Cynthia Fleury et Anne-Caroline Prévot-Julliard (dir.), L’exigence de réconciliation. Biodiversité et société, Paris, Fayard, 2012, p. 129-142. 60 Ibid., p. 137. De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 401 en question cette relation de confiance à travers la publication du Livre blanc pour un équilibre faune-flore en Alsace (ONF/CRPF/FNCofor/FPF, 2015) (61). Selon les acteurs de la forêt (ONF, association des forêts privées), la pression des cervidés – abroutisse- ment sur les bourgeons, écorçage des arbres – impacte l’écosystème forestier tant sur ses capacités de repeuplement que sur sa diversité biologique. La gestion de la chasse couplée à l’absence de prédateurs favorise les fortes densités des grands ongulés qui ont des effets sur la végétation basse (jeunes arbres, myrtilles). Au demeurant, leLivre blanc pointe la responsabilité d’une chasse dite de préservation qui n’exerce pas assez de pression cynégétique sur les cervidés. Parmi une liste de pratiques qui participe- raient au déséquilibre de l’écosystème forestier, le document identifie l’agrainage et le tir qualitatif comme des facteurs aggravant la surdensité des grands herbivores (cerfs, chevreuils). En témoigne la réaction des chasseurs qui perçoivent le Livre blanc comme une tentative de marginalisation de leurs pratiques et savoirs par une pression cynégé- tique accrue demandée par l’Office : « Derrière, on a la pression qu’il faut tirer, il faut tirer, car ils font du dégât, faut tirer car les chevreuils font du dégât pour l’ONF » (62). Cependant, cette pression n’est pas seulement interprétée comme un accroissement quantitatif des tirs, mais elle est perçue comme une destruction de leur modèle : « L’ONF, l’idéal pour l’ONF, c’est qu’il n’y ait plus de gibier du tout. Pour l’ONF, il faut tirer un maximum de chevreuil car ça bouffe ça et ça. Pareil pour les cervidés, les sangliers, ça fait des dégâts » (63). De plus, ce sentiment de marginalisation des pratiques et des savoirs cynégétiques dans la gestion de l’équilibre sylvo-cynégétique est susceptible d’être amplifié par une nouvelle gouvernance des écosystèmes forestiers. Les conséquences de la tempête de 1999 a conduit l’Office à réviser ses orientations de gestion en matière de peuplements forestiers et de savoirs sylvicoles (64). En effet, la tempête du 26 décembre 1999 a révélé une très grande diversité en fonction des structures forestières et des modes de gestion qui y sont liés. Les modes de gestion artificialisants qui ont généré des écosystèmes mono-spécifiques (une seule essence et à un seul stade de maturité) ont montré une forte sensibilité et une faible résilience (certains de ces milieux ont été détruits dans leur totalité). Dans les Vosges, la sylviculture dite à futaie régulière, privilégiant l’épicéa, incarne la figure-type de ces écosystèmes forestiers simplifiés (65). À l’opposé, les struc- tures forestières complexes et diversifiées (plusieurs essences à des stades de maturité différenciés) ont montré une capacité de stabilité et de résilience plus importante du fait de leur biodiversité (66). En conséquence, la stratégie de l’Office a été de reconstruire

61 Office national des forêts, Centres régionaux de la propriété forestière, Fédération nationale des com- munes forestières, Fédération Forestiers privés de France, Livre blanc pour un équilibre faune-flore en Alsace, 2015. 62 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 63 Ibid. 64 J.-C. Génot, Quelle éthique pour la nature ? (note 5). 65 Jean-Claude Génot, « Conservation de la nature : gérer les espèces ou les habitats ? Le cas du parc naturel régional des Vosges du Nord, réserve de biosphère », Courrier de l’environnement de l’INRA, 39 (2000), p. 5 18. 66 Roland Carbiener, « L’ouragan, les forêts et les champs d’arbres », Bulletin de l’Association Philoma- thique d’Alsace et de Lorraine, 35 (2000), p. 77-93. 402 Revue d’Allemagne la forêt pour 1/3 par des plantations et 2/3 en privilégiant et accompagnant la régéné- ration naturelle. Ce mode de gestion consiste, pour l’ONF, à « privilégier le mélange d’essences, en s’insérant dans les dynamiques naturelles de régénération et en privi- légiant la patience et l’observation ». Cette stratégie a été décrite dans le guide de 2001 intitulé Reconstitution des forêts après tempête (67), qui a pour objectif de déplacer les pratiques et les savoirs vers la sylviculture naturelle, dont l’Alsace a été pionnière. Ces nouveaux savoirs et pratiques sylvicoles cherchent à favoriser et à tirer parti de la potentialité des milieux forestiers, mais se retrouvent contrariés par la surdensité des cervidés. En effet, contrairement à la gestion interventionniste par plantation, où les forestiers cherchaient à protéger l’arbre des abroutissements (grillage, pro- tection des arbrisseaux), la régénération naturelle est plus sensible à la pression des herbivores. Dès lors, les pratiques gestionnaires d’une chasse de préservation sont désignées comme un frein conséquent au déploiement d’une sylviculture naturelle car favorisant une forte densité d’herbivores. Dans ce contexte, le retour des carni- vores est encouragé par l’administration forestière, car il est susceptible d’éclater les fortes densités de cervidés sur certains territoires forestiers. Dès lors, la figure du lynx est « embrigadée » (68) au sein de cette controverse autour du régime de gestion de l’écosystème forestier. Dans ce processus d’enrôlement, le lynx est perçu comme un « auxiliaire de l’ONF » dans le but d’augmenter les prélèvements, comme l’explicite ce chasseur : « Ils [l’ONF] vont être contents, le lynx, il va réguler, c’est un plan de réduc- tion du chevreuil, c’est voulu » (69). Derrière le rejet du lynx se cache la marginalisation du rôle de « gestionnaire légitime ». Au contraire, le lynx apparaît comme un atout, voire un auxiliaire dans l’émergence d’une sylviculture naturelle. Son retour parti- cipe à renforcer des savoirs et des pratiques d’intervention sur l’écosystème forestier qui seraient moins artificialisants.

Le retour du lynx valorise-t-il de nouveaux savoirs de la nature ? Le retour du félidé dans les Vosges du Nord participe à marginaliser une chasse de préservation construite autour de savoirs gestionnaires de la nature et de valeurs patrimoniales. Parallèlement, son retour – et plus généralement celui des grands pré- dateurs – contribue à valoriser des modèles et des savoirs cynégétiques moins inter- ventionnistes jusque-là écartés. L’étude a permis d’identifier des pratiques de chasse différenciées, où les acteurs ne cherchent plus à maîtriser la forêt par des aménagements ou à « jardiner » un capital faunistique selon des critères anthropiques. Au contraire, la démarche s’inscrit dans un retrait des modes d’intervention et de gestion pour redonner un nouveau statut aux dynamismes naturels qui redeviennent des partenaires, voire des auxiliaires (70). Ce mode de gestion dit par « retrait » introduit un nouveau rapport à la nature, où

67 Office national des forêts, Rapport de presse. 10 ans après les tempêtes de 1999, Paris, 2009. 68 Yann Raison du Cleuziou, « La nature embrigadée. Conflit en baie de Somme », Ethnologie française, 37/1 (2007), p. 153-162. 69 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 70 Frédéric Goulet et Dominique Vinck, « L’innovation par retrait. Contribution à une sociologie du détachement », Revue française de sociologie, 53 (2012), p. 195-224. De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 403 l’on réattribue aux dynamiques naturelles une autonomie de processus (71). En effet, ces chasseurs (minoritaires) conçoivent que la faune chassable est capable de se réguler elle-même, discréditant les principes d’une chasse de préservation, comme l’explique ce chasseur sur le territoire des Vosges du Nord : « Le chevreuil, il s’autorégule. S’ils sont trop nombreux, ils font moins de petits ; s’ils ne sont pas assez, ils en font plus » (72). Concrètement, ces acteurs se désolidarisent des pratiques d’agrainage (73) et insistent sur la capacité des animaux à pouvoir se nourrir sans intervention : « L’agrainage, c’est du n’importe quoi. J’ai toujours dit : “Arrêtez donc d’agrainer, les sangliers n’ont qu’à chercher à bouffer, ils peuvent trouver tout seuls” »(74). Cet autre chasseur, opposé au nourrissage et à l’artificialisation des milieux, préconise la pierre à sel comme étant le seul apport acceptable : « Pour le chevreuil, le plus important, c’est le sel, sans pierre à sel, pas de chevreuil. Le sel, c’est ce qu’il lui faut. Moi, j’observe beaucoup la nature, quand tu vois un chevreuil qui arrive, il passe par la place d’agrainage, il s’en fiche ud maïs, il va à la pierre à sel » (75). Dans cette perspective, les savoirs et les pratiques cyné- gétiques sont envisagés sur une nouvelle « carte mentale du vivant » (76), où l’on cherche à affaiblir les forçages anthropiques et à réinscrire les dynamismes naturels sur une trajectoire où l’on laisse les processus dans leur libre évolution (77). Par ailleurs, le rap- port à l’animal est lui aussi moins anthropocentré et les pratiques déployées cherchent à comprendre, voire à composer avec les formes d’« exorationalités » (78). Dès lors, la prédation est envisagée suivant un autre rapport au vivant, en privilégiant la capacité de résilience et d’adaptation des animaux, comme l’explique un chasseur : « Le lynx va manger plus de chevreuils, le chevreuil va faire plus de petits, donc l’équilibre va se recréer. Les gens vont mal accepter les pertes à court terme. Sur le long terme, l’équi- libre va s’installer. Les chasseurs voient ça à court terme » (79). D’une manière générale, la compréhension de la prédation n’est plus centrée sur le seul lot de chasse, mais elle est envisagée sur l’ensemble du massif en fonction des déplacements et du territoire du lynx. On constate qu’à défaut d’exercer une prise

71 Guetté/Carruthers-Jones/Godet/Robin, « “Naturalité” » (note 26). 72 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 73 L’agrainage est une pratique cynégétique qui consiste à nourrir les animaux sauvages (la loi l’autorise exclusivement pour les suidés en Alsace) en mettant à disposition du grain (maïs, blé). Or les modalités d’agrainage (pour l’Alsace) ne doivent en aucun cas être déployées dans le but de sédentariser les animaux. On parle davantage d’agrainage adapté qui joue un double rôle : (1) détourner les sangliers des cultures et des prairies pour limiter les dégâts, et (2) favoriser les prélèvements quantitatifs et qualitatifs (à proximité des miradors). 74 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 75 Ibid. 76 B. Morizot, Les diplomates (note 23). 77 Guetté/Carruthers-Jones/Godet/Robin, « “Naturalité” » (note 26). 78 Pour Baptiste Morizot, Les diplomates (note 23), les représentations du vivant, héritées de la religion judéo-chrétienne et du rationalisme, ont renforcé l’idée de l’animal « objet » en ne lui accordant aucune aptitude à produire du sens et des formes de connaissances. En renversant ce système de classification, il nomme « exorationalités » les formes de savoirs qui illustrent la capacité des animaux à s’approprier un territoire (le milieu est constitué de signes qui sont alors signifiés et signifiants pour les animaux) ou à produire des formes de savoirs. 79 Entretien avec un chasseur sur le territoire des Vosges du Nord, hiver 2015-2016. 404 Revue d’Allemagne réelle sur l’aménagement de la forêt et la gestion du gibier, ces chasseurs mobilisent des savoirs sur l’éthologie de la faune afin de comprendre et de tirer profit du rôle et de la fonction auxiliaire des processus écologiques dans l’activité cynégétique. En guise d’illustration, certains chasseurs citent des pays où le prédateur est présent et semble avoir un impact positif sur la population de chevreuils : « Lui, il va réguler. Si tu vas en Slovénie dans les pays de l’Est, il y a le lynx, et pourquoi y’a des grands trophées, parce qu’il y a pas de grande population » (80). Son retour est alors apprécié comme un auxiliaire afin de favoriser le « brassage » des populations, comme le décrit cet acteur : « C’est qu’il [le lynx] va brasser les populations, ce n’est pas plus mal » (81). En ce sens, le lynx apparaît comme un allié du chasseur, participant à l’amélioration et à la diversi- fication des cervidés, à travers ses qualités de régulateur. Le rapport à la nature introduit par cette gestion cynégétique semble moins domesti- qué et inclut une part plus importante de « naturalité » (82). En effet, la lecture « graduelle de la naturalité » (83) permet de qualifier le degré auquel un milieu reste en dehors des pratiques anthropiques et observe la façon dont les processus naturels évoluent au gré des logiques de domestication ou, au contraire, de retrait de modes d’intervention (84). Cette trajectoire pose la question du changement social, à savoir la capacité du monde de la chasse de sortir de certaines formes d’orientations et d’accepter une « dose de nature spontanée » (85) dans leurs pratiques. Le retour du félidé et l’émergence d’une sylviculture naturelle semblent marginaliser des savoirs fortement gestionnaires et artificialisants, et, inversement, valorisent des savoirs innovants, qui cherchent davantage à comprendre et à composer avec les potentialités des milieux. Ces enjeux entrent en résonance avec la théorie des « processus de colonisation des espaces naturels » développée par Marina Fischer-Kowalski et al. (86). Ces chercheurs expliquent que les modes d’intervention déployés par l’homme se retrouvent devant deux choix opposés : soit amplifier l’em- preinte gestionnaire sur les milieux ou amorcer un « retrait de la pression anthropique ». Ces deux orientations opposées traduisent des choix auxquels le monde de la chasse est confronté, entre une « chasse gestion », essentiellement centrée sur l’espèce gibier, et une « chasse écologique » (87) plus systémique, désormais cadrée sur l’habitat.

Conclusion Le retour du lynx dans le massif des Vosges du Nord précipite les pratiques et les savoirs gestionnaires dans un nouveau paradigme où l’intervention anthropique est susceptible d’être remplacée par une requalification des dynamismes naturels (faune, écosystèmes forestiers) désormais appréciés comme de véritables partenaires dans la gouvernance des milieux. L’étude empirique, qui s’est focalisée sur le point d’équilibre

80 Ibid. 81 Ibid. 82 J. Lecomte, « Réflexions sur la naturalité » (note 34). 83 Guetté/Carruthers-Jones/Godet/Robin, « “Naturalité” » (note 26). 84 Ibid. 85 J.-C. Génot, Quelle éthique pour la nature ? (note 5). 86 Marina Fischer-Kowalski et al., Gesellschaftlicher Stoffwechsel und Kolonisierung von Natur, Ams- terdam, G+B Verlag Fakultas, 1997. 87 L. Ginelli, « Chasse gestion » (note 6). De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? 405 entre la faune et la flore, montre que le retour du félidé questionne des registres d’in- tervention et de gestion historiquement ancrés. Dans un contexte de droit local en Alsace-Moselle, le monde de la chasse s’est historiquement positionné comme déten- teur d’un savoir expert de l’équilibre sylvo-cynégétique. Or le retour du lynx bouscule la gestion conservatoire des habitats et de la faune pratiquée et légitimée par l’activité cynégétique. Du point de vue des chasseurs, la « bonne nature » correspond à la faune chassable, qu’il faut entretenir et préserver d’une nature incontrôlée, voire spontanée, teintée de désapprobation sociale. De manière générale, le retour du lynx ne transforme pas directement les pratiques et les savoirs de la nature, mais il participe à marginaliser des modèles très intervention- nistes et à en valoriser d’autres, moins artificialisants. En effet, son retour reconfigure la pratique cynégétique dans une transition entre « chasse gestion » et « chasse écolo- gique » (88). La gestion, qui était jusqu’à présent centrée sur l’espèce gibier, demande à être plus systémique et cadrée sur l’habitat, à l’image de certains chasseurs cherchant à travailler en synergie avec les dynamiques naturelles (rôle auxiliaire des prédateurs). Quant à la gestion de la forêt, le retour des prédateurs est un atout, voire un auxiliaire important pour l’émergence d’une sylviculture dite naturelle basée sur le repeuple- ment spontané des écosystèmes forestiers. Par ailleurs, le retour du félidé favorise ou valorise l’émergence de savoirs innovants qui construisent de nouveaux rapports à la nature en attribuant aux logiques du milieu un statut de partenaires. Une gouvernance des milieux (faune, flore) dite « par retrait » introduit des nouveaux savoirs et rapports à la nature, que l’on propose de nommer « agir communicationnel à la nature ». Il s’agit d’une nouvelle attitude à l’égard du vivant qui nécessite d’acquérir des savoir-être et des savoir-faire que l’on peut synthétiser autour de trois registres. Le premier déplace les rapports à la nature sur une nouvelle « carte mentale du vivant » (89) en requalifiant les dynamismes naturels et leur autonomie de processus. Il s’agit d’ac- cepter un « laisser faire » et un « lâcher prise » en admettant que les milieux puissent fonctionner par eux-mêmes sans intervention anthropique. Le second, un registre de la compréhension, consiste à observer et à lire les potentialités du milieu avant d’agir. Cette attitude demande à privilégier une « prise cognitive » où la maîtrise d’un milieu passe désormais par la compréhension que l’on en a (en développant la production de connaissances). Enfin, on peut distinguer un « savoir composer » comme troisième registre, qui cherche à piloter (90) des synergies possibles entre potentialités du milieu et logiques productives. Ce dernier demande aux acteurs d’accepter un « faire avec » les potentialités du milieu et de composer avec l’incertitude des dynamiques natu- relles, comme le risque de prédation. Or ce « laisser faire la nature » semble difficile à admettre, tant la nature valorisée reste celle qui est frappée du sceau de l’homme. Enfin, ces orientations entre des modes de gestion très artificialisants et d’autres plus doux interrogent la place de l’animal sauvage à l’ère de l’anthropocène. On constate l’émergence d’une cohabitation rapprochée et généralisée des sociétés humaines avec le restant du vivant, ce qui interroge l’idée de nature spontanée. Or, bien que

88 Ibid. 89 B. Morizot, Les diplomates (note 23). 90 Larrère/Fleury/Payan, « La nature des éleveurs » (note 51). 406 Revue d’Allemagne les processus de domestication des milieux renforcent l’idée d’une nature composite et participent à brouiller les frontières entre ce qui est « naturel » et « artificiel », cela implique-t-il pour autant que la nature sauvage ait totalement disparu ? Face à cette interrogation, l’approche de Baptiste Morizot (91) apporte une réponse nuancée, allant au-delà d’un imaginaire de la wilderness (nature sauvage) ou d’une nature totalement hybridée. Même à l’ère de l’anthropocène, l’auteur affirme que le sauvage résiste, mais celui-ci ne prend plus la figure d’une nature vierge, intacte, et prend désormais la forme de l’animal « par lui-même » (92). En effet, « être par soi-même » consiste à être autonome au sens d’être relié à toute la communauté biotique, c’est-à-dire être relié d’une manière plurielle, résiliente, viable, de façon à ne pas dépendre d’un acteur, d’une ressource unique ou d’une niche fragile. Cette lecture renvoie à la « ferralité » (93), autre terme pour désigner un processus où les dynamiques naturelles résistent ou réagissent aux processus anthropiques, voire recolonisent les milieux où l’empreinte humaine se retire.

Résumé À partir d’un projet LIFE de réintroduction du lynx dans la forêt de biosphère trans- frontalière Vosges du Nord-Pfälzerwald, cet article questionne la manière dont le retour du félidé est susceptible de transformer les pratiques de la nature. Le propos se focalise sur les acteurs (chasseurs, forestiers) dont les activités interviennent directement sur les écosystèmes forestiers et la faune. Ces acteurs, et notamment les chasseurs, ont déployé des savoirs et des pratiques gestionnaires de la nature sans devoir composer avec l’incer- titude de la prédation. Le retour des grands carnivores vient-il alors bousculer des modes d’intervention historiquement ancrés ? Comment des savoirs de la nature – construits et pensés en l’absence de prédateur – peuvent-ils désormais cohabiter avec le retour d’une nature spontanée, incarnée dans la figure du lynx ?

Zusammenfassung Ausgehend vom LIFE-Projekt einer Wiedereinführung des Luchses im deutsch-fran- zösischen Biosphärenreservat Pfälzerwald/Nordvogesen werden die möglichen Aus- wirkungen der Wiedereinführung von Raubtieren auf unseren Umgang mit der Natur untersucht. Es wurden für diese Untersuchung nur Jäger und Förster berücksichtigt, deren Arbeit direkt in das Ökosystem Wald und die Fauna eingreift. Vor allem Wald- männer konnten ihr Wissen über die Natur und ihre Praktiken – als Hüter und „Mana- ger“ dieser Natur – ohne Berücksichtigung der Raubtier-Beute-Beziehung entwickeln. Wird die Rückkehr der großen Raubtiere diese historisch gewachsenen Vorgehensweisen umstoßen? Wie soll dieses Wissen – das ohne Berücksichtigung der Raubtiere konstru- iert wurde – heute mit einer Rückkehr der freien Natur zusammenfinden, die gerade der Luchs verkörpert?

91 B. Morizot, Les diplomates (note 23). 92 Ibid., p. 86. 93 Schnitzler/Génot/Wintz, « Espaces protégés » (note 30). Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 407 T. 51, 2-2019

Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands

Nepthys Zwer *

« Nous sommes face à un champ de ruines », déclarait la ministre de l’Agriculture allemande Renate Künast en 2001 (1), soit un an après le scandale de la vache folle, à propos de l’état de l’agriculture industrielle de son pays. Son discours de l’époque semble avoir contribué à mettre en circulation la notion de « transi- tion agricole » (« Agrarwende »). Le chancelier Gerhard Schröder promettait alors de dire « adieu aux usines agricoles ». Si la réforme de la politique agricole initiée par les Verts n’a pas vraiment porté ses fruits aujourd’hui, le terme de « transition agricole » est passé dans le langage courant en Allemagne et désigne un changement de paradigme attendu dans l’agriculture qui, idéalement, devrait être éco- logique et durable. La raison du succès d’une approche qui relève davantage du discours performatif que Récolte des pommes de terre, SoLaVie, d’une réalité tient aussi au fait que, depuis 15 septembre 2018 (Photo : Nepthys Zwer)

* Docteure en études germaniques, Université de Strasbourg. Membre active de SoLaVie Ortenau e.V. Ce texte est rédigé en écriture inclusive. 1 Renate Künast était alors ministre de la Protection des consommateurs, de l’Alimentation et de l’Agri- culture dans le gouvernement de coalition rouge-verte de Gerhard Schröder. Voir les réactions dans Der Kritische Agrarbericht 2006 à propos de sa politique, en ligne : www.kritischer-agrarbericht.de/ fileadmin/Daten-KAB/KAB-2006/Moldenhauer_et_al.pdf. 408 Revue d’Allemagne vingt ans, des ONG environnementales et le groupe AgrarBündnis (2) mobilisent l’opi- nion publique et font pression sur le gouvernement. L’idée d’un changement d’orienta- tion nécessaire, voire exigé, du fonctionnement de l’agriculture allemande a depuis été adoptée par nombre de consommatrices et consommateurs. Le présent article présente deux projets allemands nés de ce désir de changer notre rapport à la terre et à ses productions : l’association de maraîchage solidaire SoLaVie du Bade-Wurtemberg et l’entreprise de commerce alternatif de café Teikei Coffee. Leur point commun est que ce sont deux très jeunes entreprises de l’agriculture solidaire nées, pour la première, d’une initiative locale collective, pour la seconde, de la volonté d’un artiste plasticien ayant fait l’expérience de l’agriculture solidaire en Amérique du Sud. Elles ne s’inscrivent dans aucun programme de politique environnementale municipale ou nationale. Dans un premier temps, je préciserai les concepts de transition agricole et d’agri- culture solidaire, notions analysées également dans une perspective transnationale franco-allemande. Je présenterai ensuite brièvement l’activité de ces deux entreprises et exposerai la façon dont elles conçoivent et articulent leur contribution à la transition agricole. Une mise en parallèle des discours propres aux deux entreprises permet de mettre en évidence la similitude des démarches. Je m’appuie sur le discours porté par ces groupes dans leurs publications écrites, orales et en ligne. Étant membre de SoLaVie, j’ai également tenu compte des échanges conduits dans ce cadre. Mon analyse de la démarche de Teikei Coffee repose pour partie sur mes entretiens avec l’initiateur du projet (3). En ce sens, cette présentation de deux cas de pratiques socio-environnementales de la transition agricole constitue également un témoignage engagé.

Vers une transition agricole La notion d’« Agrarwende » n’a pas d’usage établi en français, tout comme de nombreux termes relatifs à l’agroécologie en circulation aujourd’hui. On rencontre parfois le terme de « transition agricole et alimentaire » (4) pour lequel une recherche en ligne montre qu’il est souvent le fait d’institutions et organismes associatifs, alors qu’en Allemagne, on le trouve aussi sur les sites des actrices et acteurs de terrain. Une requête dans le moteur de recherche Google renvoie dix fois plus d’occurrences pour des ouvrages en allemand consacrés au sujet (6 630 pour le terme « Agrarwende », 677 pour le terme « transition agricole »). Dans le champ de la recherche, le Guide des Humanités environnementales, paru en 2016 et qui

2 L’AgrarBündnis réunit 25 organisations (issues de l’agriculture, de la protection de l’environnement, de la défense des consommateurs, etc.) et compte plus d’un million de membres, www.agrarbuendnis.de/. 3 Les citations sont placées entre guillemets. Les traductions sont miennes. Du 16 au 18 octobre 2018, j’ai participé avec Hermann Pohlman, le fondateur de Teikei Coffee, aux rencontres d’automne du réseau national allemand des Solawis à Kassel. 4 Pour cette raison, j’ai choisi de traduire le mot « Wende », qui suppose un retournement, par celui de « transition » qui indique plutôt une évolution. En France, on trouve plus souvent la notion de « tran- sition énergétique et écologique », telle qu’employée par le Conseil national de la transition écologique (CNTE) et le Conseil national du développement durable (CNDD). Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands 409 dresse l’état des savoirs des Lettres et Sciences humaines et sociales sur la nature, ne recense pas encore ce terme (5). Il est aussi révélateur qu’il n’existe, à ce jour, pas d’entrée « transition agricole » dans l’encyclopédie en ligne Wikipédia, alors que l’entrée « Agrarwende » a été créée en décembre 2013 déjà. La définition qui y est donnée du terme s’est d’ailleurs maintenue depuis : il s’agit de forcer (forcieren) un changement de paradigme dans la politique agricole par une écologisation (Ökologisierung) de l’agriculture. En Allemagne, le terme est donc entré dans l’usage courant et il détient une réelle charge politique. La manifestation pour une transformation de l’agriculture qui a réuni plus de 30 000 per- sonnes à Berlin le 19 janvier 2019 avait pour slogan « Wir haben Agrarindustrie satt ! » (« Nous en avons marre de l’industrie agricole ! ») (6). L’exigence de la mise en place d’une agriculture durable (7) est ici indissociable de l’idée d’un refus de l’économie agricole basée sur le profit. En revanche, la notion d’« agroécologie », en tant que pratique et mouvement, revêt dans les deux langues et les deux pays la même idée d’une application de techniques écologiques à une agriculture étendue à son environnement économique et social. Pour ses défenseuses et défenseurs les plus radicaux, elle prend la dimension d’une « éthique de vie » (8) tant elle leur semble indissociable de l’écologisme (9). Les représentations de la nature, les grands thèmes écologiques, tels ceux de la crise environnementale ou de l’anthropocène, sont communs aux discours des activistes des deux pays. La transpo- sition des préoccupations agroécologiques dans le domaine des politiques agricoles se heurte par contre aux réalités nationales. Pour sa réforme annoncée de 2021, la Politique agricole commune (PAC) – dont les subventions conditionnent largement le devenir de l’agriculture européenne – prévoit de laisser à l’entière discrétion des États leurs propres plans d’action stratégiques et les laisse fixer eux-mêmes la priorité des critères (dont les critères environnementaux) conditionnant l’attribution de subventions (10). Or la transposition de préoccupations

5 Aurélie Choné, Isabelle Hajek et Philippe Hamman (dir.), Guide des Humanités environnementales, Villeneuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2016. Voir notamment l’étude de Josiane Stoessel, « Sociologie de l’agriculture », p. 253-263, qui évoque pour la France un « mouvement local de transformation de l’agriculture » et un « changement de paradigme », p. 260. 6 www.tagesschau.de/multimedia/video/video-495927.html. 7 Sur les usages des notions de « Nachhaltigkeit/ durabilité », voir la contribution de Philippe Hamman, « Quels savoirs de la “durabilité” en France et en Allemagne ? » dans le présent dossier. 8 Voir Pierre Rabhi, Vers la sobriété heureuse, Arles, Actes Sud, 2010, p. 144 : « L’agroécologie que nous préconisons comme éthique de vie et technique agricole permet aux populations de regagner leur autonomie, leur sécurité et leur salubrité alimentaires, tout en régénérant et préservant leurs patri- moines nourriciers. » 9 L’écologisme étant compris comme un engagement actif, réfléchi et moral pour la protection et la préservation de l’environnement et de ses ressources. 10 À ce jour, 80 % des subventions de la PAC reviennent à 20 % des exploitations car elles sont calculées en fonction de leur superficie. La PAC continue de favoriser la concentration économique et les pro- ductions exportatrices. Malgré toutes les déclarations d’intention, l’écologie reste le parent pauvre de cette politique. Voir Ulrich Jasper et Christian Rehmer, « Die Zukunft der Direktzahlungen. Über die neuen Pläne der EU-Kommission und die mögliche Vorreiterrolle Berlins », in : Agrarbündnis e.V., Der kritische Agrarbericht 2018, Ab Bauernblatt, 2018, p. 34-38. Sur les ajustements souhaitables en termes d’agroécologie de la réforme de la PAC, voir Friedhelm Stodieck, « Europa muss wählen – bei 410 Revue d’Allemagne

écologiques dans les politiques publiques nationales se heurte aux conflits d’intérêts des différents agrosystèmes (11), ce qui laisse présager un nouveau statu quo en matière de protection de l’environnement. Les politiques agricoles européennes restent donc lar- gement en deçà des préconisations et programmes d’action des instances mondiales (12). Le concept d’agroécologie est né dans les pays en voie de développement, les grands perdants de l’industrialisation de l’agriculture et de l’économie de marché mondiale. Ceci explique que la notion de « développement durable » (« nachhaltige Entwicklung »), telle qu’introduite par le rapport Brundtland de la Commission mondiale sur l’envi- ronnement en 1987 (13), soit une préoccupation pour le devenir de la planète. L’agri- culture, étendue aux questions des modes de consommation, de la préservation des ressources et de l’environnement et du développement social, est l’un des piliers de la gestion écologique souhaitée pour la protection des milieux naturels et le bien-être des sociétés humaines. Cette idée prend le contre-pied de l’image négative d’un monde (forcément) globalisé et converge avec les représentations des mouvements altermon- dialistes : la mondialisation, pour peu qu’on l’organise de manière juste, serait une chance pour l’humanité. L’idée du « penser global, agir local » (« global denken/lokal handeln »), telle que promue par l’Agenda 21 (le plan d’action pour le xxie siècle des Nations unies) adopté au sommet de Rio de 1992, souligne l’importance du rôle que jouent dans le dévelop- pement mondial les actrices et acteurs à leur échelle propre. Travailler la terre et s’en nourrir pose donc aujourd’hui la question du dysfonction- nement de l’économie agro-alimentaire et de la responsabilité de toutes et de tous. L’agriculture ne peut plus être pensée comme cloisonnée, réduite à un secteur précis de l’économie ou d’un territoire national. Le combat écologiste, porté depuis ses origines par la société civile, entre autres en tant que consommatrice des productions agricoles, s’est en partie vu relayé par les instances nationales et internationales qui reconnaissent de fait son rôle d’interlocutrice politique dans ce domaine (14). Aujourd’hui, l’appel à une réorientation des politiques agricoles semble légitime, revendication exacerbée

Landwirtschaft und Klima », in : Agrarbündnis e.V.,Der kritische Agrarbericht 2019, Ab Bauernblatt, 2019, p. 25-39. 11 La politique de préservation de la biodiversité (« Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt »), déci- dée par l’Allemagne en 2007, a par exemple permis la renaturalisation de seulement 2 % des forêts allemandes en 2018 (contre les 5 % escomptés pour 2020). Voir László Maráz, « Wie steht es um den Waldnaturschutz ? Zehn Jahre Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt », in : Agrarbündnis e.V., Der kritische Agrarbericht 2018 (note 10), p. 228-232. À titre d’exemple, on peut citer les difficultés rencontrées dans la mise en œuvre des programmes de réintroduction des grands prédateurs dans leur habitat naturel. Voir à ce propos la contribution de Guillaume Christen, « De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? » dans le présent dossier. 12 Sur les retombées du Grenelle de l’environnement en France, voir Daniel Boy, Matthieu Brugidou, Charlotte Halpern et Pierre Lascoumes, Le Grenelle de l’environnement. Acteurs, discours, effets, Paris, Armand Colin, 2012. 13 www.diplomatie.gouv.fr/sites/odyssee-developpement-durable/files/5/rapport_brundtland.pdf. Il existe de nombreuses traductions du terme anglais « sustainable », dont « soutenable » en français et « zukunfts- fähig » en allemand. 14 Au niveau international, on peut citer l’organisation de paysannes et paysans La Via Campesina, créée en 1993, qui défend le principe de la souveraineté alimentaire mondiale et a signé un accord de coopé- ration avec la FAO en 2013. Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands 411 par l’inefficacité constatée des instances politiques, prises dans leurs contradictions, l’accélération des dégradations environnementales et du dérèglement climatique, avec leurs coûts économiques et humains associés.

Qu’est-ce qu’une Solawi ? L’agriculture solidaire (solidarische Landwirtschaft) est l’une des expressions concrètes de cette préoccupation de l’agroécologie et se veut l’une des actrices de la transition agricole. Elle s’est développée au regard de trois injonctions : – l’agriculture doit intégrer l’écologisme, – la planète entière doit assumer sa responsabilité pour la sécurité alimentaire des générations futures, – la multiplication et la concertation des actions locales seront le meilleur levier de la transition agricole. Les initiatives spécifiques d’agriculture solidaire sont regroupées sous le terme générique anglais de « Community Supported Agriculture (CSA) » (« agriculture sou- tenue par la communauté », « gemeinschaftsgetragene Landwirtschaft ») (15), terme qui ne s’est cependant pas imposé dans les pays non anglophones. Chaque pays utilise ses propres dénominations, ce qui reflète Créations de Solawis entre 1988 et 2019 la dynamique bottom-up (allant du bas vers le haut) de ce mouvement : Gemein- schaftsgestützte Landwirtschaft (Gelawi) en Autriche, Gruppi di Acquisto Solidale (GAS) en Italie, Cooperativa Unitaria ou Cooperativa Agroecológica en Espagne, etc. Le nombre de créations de CSA croît aujourd’hui de façon exponentielle. L’histoire veut que l’idée d’une agricul- ture solidaire ait vu le jour au Japon au début des années 1970 quand, face aux scandales réitérés de l’industrie agro-ali- mentaire, des mères de famille ont décidé de s’approvisionner directement auprès de petit.e.s productrices et producteurs de l’agriculture biologique, créant les premières associations « Teikei ». En japonais Teikei (Ȣ̳ŨǺƁ̳Ũñ) signifie « coopé- ration ». Apparu en Suisse en 1978 avec les Jardins de Cocagne, le concept passa par les États-Unis avant d’être adopté Source : Philippe Rekacewicz, 2019

15 Voir ce rapport sur l’état des CSA : European CSA Research Group, Overview of Community Supported Agriculture in Europe, 2016, en ligne : www.agronauten.net/wp-content/uploads/2016/05/ Overview-of-Community-Supported-Agriculture-in-Europe-final.pdf ; le site d’Urgenci, réseau mondial des CSA : urgenci.net/the-network/ ; Phillip Bitau et al., Solidarische Landwirtschaft – eine soziale Innovation ? Eine empirische Studie aus soziologischer Perspektive, 2013, en ligne : www.fb03. uni-frankfurt.de/48975490/Abschlussbericht_SoLawi_final.pdf. 412 Revue d’Allemagne en Allemagne à la fin des années 1980 (notons qu’en 1968 déjà, le Buschberghof à Fuhlenhagen/Schleswig Holstein appliquait les principes de l’agriculture solidaire). En 2019, on compte 205 Solawis déclarées en Allemagne (16). En France, la première Amap (Association pour le maintien d’une agriculture paysanne), le Jardin des Oli- vades, a vu le jour à Ollioules/Var en 2001. En 2015, on estime à plus de 2 000 les Amap dans le pays (17). Les Solawis (Solidarische Landwirtschaft – le terme désigne autant la pratique que les fermes elles-mêmes) allemandes ressemblent aux Amap (Associations pour le main- tien d’une agriculture paysanne) françaises en ce sens qu’elles permettent à de petites fermes d’assurer leur activité dans un secteur agricole où prévaut la concentration économique. On trouve cependant plus fréquemment en France des fermes simple- ment fournisseuses de « paniers bio ». La démarche davantage politique des initiatives allemandes apparaît dans leur autodéfinition. Les Solawis mettent en avant la nécessité d’une restructuration radicale du secteur : « Qu’est-ce que l’agriculture solidaire ? C’est financer l’agriculture – et non chaque aliment pris séparément. En agriculture solidaire, plusieurs foyers financent une entreprise agricole et reçoivent en échange une partie de la récolte. Les productrices et producteurs entre- tiennent une relation personnelle avec les consommatrices et consommateurs et découvrent ainsi les avantages d’une agriculture non industrielle et indépendante du marché » (18). Les AMAP françaises cherchent plutôt à assurer la survie des petites fermes : « Une AMAP est une Association pour le Maintien d’une Agriculture Paysanne ayant pour objectif de préserver l’existence et la continuité des fermes de proximité dans une logique d’agriculture durable, c’est-à-dire une agriculture paysanne, socialement équitable et éco- logiquement saine » (19). Le principe commun est la passation d’un contrat entre une ferme et un groupe de consommatrices et consommateurs qui préfinancent l’activité de production agricole pour une ou deux années en échange de la livraison hebdomadaire de produits géné- ralement issus de la culture biologique. Il s’agit, pour des personnes le plus souvent citadines, de soutenir l’agriculture paysanne tout en s’alimentant de façon saine.

Planter des choux SoLaVie e.V. (20), l’association de maraîchage solidaire sise à Neuried-Altenheim, dans la région de l’Ortenau, est une initiative de consommatrices et consommateurs de légumes biologiques. L’association a été créée en 2014 et le projet concrétisé en

16 Chiffres donnés par le réseau allemand des Solawis, créé en 2011 : www.solidarische-landwirtschaft. org/. Un film, réalisé par Sylvain Darou et Luciano Ibarra en 2013, présente le concept de la Solawi à l’exemple de la Gartencoop de Fribourg-en-Brisgau : Die Strategie der krummen Gurke, en ligne : www. cinerebelde.org/die-strategie-der-krummen-gurken-p-121.html?language=de. 17 Chiffres donnés par le réseau français Miramap, créé en 2010 : miramap.org/-Les-AMAP-.html. 18 Définition proposée par le site Solidarische Landwirtschaft : www.solidarische-landwirtschaft.org/ index.php?id=92. 19 Définition proposée par le site Miramap : miramap.org/-Les-AMAP-.html. 20 Voir le site de l’association : solavie.de/. SoLaVie est l’acronyme de « Solidarisch landwirtschaften und (Leben=)vie » (« Cultiver et vivre solidairement »). La consonance française de « c’est la vie » répond à la volonté d’étendre, à terme, l’activité à la France voisine. Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands 413 mars 2016. Il approvisionne aujourd’hui 120 familles. Les membres sont dénommé.e.s « personnes prenant une part de la récolte » (« Ernteanteilabnehmer.innen »). SoLaVie produit une cinquantaine de variétés de légumes biologiques non certifiés (la labellisation, avec ses contraintes de contrôle, n’est justifiée que pour une activité commerciale de vente, ce qui n’est pas le cas ici) sur 2,6 hectares de terres en fermage (21). L’association dispose de deux tunnels-serres et loue un hangar où procéder à la répar- tition des légumes pour ses huit points de distribution. Une partie des récoltes est mise en réserve dans ses propres silos-couloirs. Le montant de la participation financière des membres est fixé annuellement lors d’une séance d’« enchères » en fonction des capacités de chacun.e et de façon à couvrir le budget prévisionnel. L’association s’est fixée pour principe de rétribuer ses salarié.e.s de façon décente. Elle emploie ainsi, pour l’année 2019, cinq personnes aux champs et à la distribution, dont une personne à temps plein en CDI. Les contrats sont annualisés afin d’absorber les variations saisonnières d’activité. SoLaVie est une Solawi particulière, car elle n’est ni partenaire d’une ferme, ni ne dispose de sa propre exploitation agricole, ce qui la dénue de l’esprit « entrepreneurial » qui pourrait animer la personne dont dépend la marche d’une entité économique (22). Un groupe relativement stable, le « cercle des actives et actifs » (Aktivenkreis) d’une trentaine de personnes administre et gère l’association sur la base du bénévolat. Les tâches sont réparties entre différents groupes de travail et de projets ad hoc (Arbeits- und Projektgruppen) (23). Les résultats et préconisations de ces groupes sont présentés au cercle des actives et actifs pour délibération et prise de décision. En raison de l’investissement en temps très important pour les membres actifs, cer- tains préfèrent ne participer qu’aux travaux agricoles ou à la distribution. Les mardis et mercredis matins, jours de récolte, il n’est pas rare de voir une dizaine de personnes s’activer aux champs. Les nombreuses activités réunissent aussi les membres au moment des grandes récoltes, de la fabrication de la choucroute, des fêtes des sols- tices, feux de camps, nuitées ou de sorties diverses, contribuant à forger un esprit de communauté et une identité propre. Cette convivialité revêt une importance toute particulière pour l’association.

Transporter du café à la voile L’organisation à but non lucratif Teikei Coffee opère à un niveau international. Créée en 2017 par l’artiste plasticien Hermann Pohlmann, l’activité fonctionne selon les principes de l’agriculture solidaire, ce que le groupe met en avant en vantant son

21 Les parcelles sont cultivées en bio depuis une vingtaine d’années et les produits respectent certaine- ment les normes biologiques les plus exigeantes. L’association vient de décider de l’éventuel achat d’un terrain, ce qui permettrait de soustraire une parcelle agricole à la spéculation foncière. 22 Sur les différentes formes juridiques et organisationnelles des Solawis, voir : Veikko Heintz, Soli- darische Landwirtschaft. Betriebsgründung, Rechtsformen und Organisationsstrukturen, Netzwerk Solidarische Landwirtschaft, 2018. 23 On compte, autour de l’équipe en charge de la culture et de la distribution ainsi que du cercle (auquel est joint un bureau pour les actes juridiques), six groupes de travail fixes : culture, distribution, rela- tions publiques, éducation, communauté, droits et finances. S’ajoutent des groupes formés ponctuel- lement pour des projets spécifiques comme un recrutement. 414 Revue d’Allemagne

« community supported coffee »(24). Un contrat lie les personnes productrices aux consommatrices et consommateurs, mais la centrale, sise à Fribourg-en-Brisgau, sert d’intermédiaire et prend en charge la gestion administrative de l’activité. Trois fermes produisant du café au Mexique voient ainsi l’écoulement de leur pro- duction annuelle garanti. Le montant total convenu leur est versé à l’avance pour la saison, même en cas de défaut de production. La première année, le préfinancement a été réalisé sur la base des premières commandes et d’une opération de finance- ment participatif. 27 % du prix de vente revient aux productrices et producteurs, soit 7,8 euros par kilo (contre 4,90 euros dans le réseau fairtrade en 2017). Les fermes sont ainsi en mesure de mettre en place des objectifs stratégiques et de procéder à des inves- tissements qu’elles n’auraient pas envisagés sans cette sécurité financière et si leurs bénéfices avaient été tributaires des aléas des prix de vente du café sur le marché mon- dial. Ces personnes, « expertes de leur métier » et « exigeantes », plantent et récoltent à la main l’arabica dans leurs fincas sur les hauts plateaux de la région de Coatepec, dans l’État de Veracruz, au centre du pays : El Equimite, une ferme qui pratique la complantation (agroforesterie) en préservant 70 % de la forêt et la permaculture, et deux fermes, Los Carilles et Sol nocturno, disposant de moins de 5 hectares de terres agricoles. La concertation entre les fermes, la logistique et l’acheminement vers la côte sont assurés par l’entreprise de transformation et de commercialisation Ensambles, qui cherche à promouvoir la production et la distribution de café et de fruits biologiques du Mexique (25). Elle est une émanation de l’association Bios Comunidad Sustentable, avec laquelle Teikei est en train de développer un réseau de coopération associatif. D’autres petites entités ont ainsi été créées autour du projet (école, centre de recherche

Fonctionnement de Teikei Coffee

shop.teikeicoffee.org/ueber-teikei

24 Herman Pohlmann a auparavant travaillé avec des CSA brésiliennes (voir note 42 ci-après). 25 www.ensamblescafe.com/. Cette organisation accompagne les fermes pour l’obtention d’une certifica- tion biologique ou biodynamique. Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands 415 agronomique). L’entreprise Teikei réinvestit entièrement son bénéfice dans ces projets locaux et la formation des paysan.ne.s. La particularité du projet est son mode de transport du café. La cargaison chargée au Mexique traverse chaque année l’Atlantique à bord d’un voilier, ce service étant assuré par une société maritime pratiquant le « transport maritime durable » (26). Ce transport, qui dure 68 jours, permet de « ménager les écosystèmes maritimes » en rai- son de l’absence de pollution sonore (Lärmverschmutzung) des mers et du non recours à des énergies fossiles, ce qui permet une réduction de 90 % des émissions des gaz à effet de serre par rapport à un transport conventionnel. Ce mode de transport original assure une identité de marque forte au groupe, le logo de ce « café transporté à la voile » (« gesegelter Kaffee ») étant, évidemment, un petit voilier. Le café est torréfié chaque semaine près de Hambourg et à Bâle, chez de petits torré- facteurs certifiés bio, en fonction des quantités commandées. Il s’agit d’un café arabica en grain haut de gamme qui coûte 27 euros le kilo à partir d’une commande de 10 kg. La clientèle a donc la certitude de consommer un produit à faible empreinte écolo- gique et issu d’une agriculture plus solidaire. En Allemagne et en Suisse, les acheteuses et acheteurs se regroupent en collectifs d’achat et préfinancent une quantité fixe à leur livrer pour l’année, selon la fréquence souhaitée. En 2017, au lieu des 500 kg escomp- tés, Teikei a vendu 2 500 kg de café et 4 000 kg en 2018. Outre son mode de transport et de distribution alternatifs, ce système encourage des pratiques agricoles écologiques et paysannes dans un pays émergent subissant, comme la plupart des pays d’Amérique latine, les effets dévastateurs d’une agriculture industrielle dédiée à l’exportation (27). Sans disposer du label fairtrade, il se réfère à ses principes (dialogue, transparence, respect et agriculture biologique). En tant que distributeur, Teikei est tributaire de son image et de la qualité de sa communication. Le traitement de l’information sur son site est professionnel et seul le tutoiement à l’adresse des lectrices et lecteurs (« Du möchtest Teil dieser Gemein- schaft werden ? ») et le choix de photos d’individus rappellent la nature solidaire de la démarche. L’esthétique visuelle minimaliste, avec très peu d’informations, évoque par association l’idée de simplicité et la transparence.

Comment faire la transition agricole soi-même (28) On retrouve chez ces deux actrices de l’agriculture solidaire les principes de la tran- sition agricole, à savoir l’écologisme et la conscience de sa propre responsabilité dans le cours des choses.

26 « Nachhaltige Transportkette von der Produktion bis zum Kunden », voir le site de la société : timbercoast.com/en/cargo/. 27 Les effets délétères de l’agrobusiness dans ces pays sont notamment dénoncés par un remarquable travail de cartographie critique : Kollektiv Orangotango+ (éd.), This is not an Atlas, Bielefeld, transcript Verlag, 2018. 28 « Agrarwende selber machen ! » est l’une des formules du réseau Solawi. 416 Revue d’Allemagne

Vivre de la nature SoLaVie se considère comme faisant partie d’une « indispensable transition agri- cole » (« Wir sehen uns als Teil einer notwendigen Agrarwende »). Teikei a pris le nom de la première initiative d’agriculture solidaire et cherche à transposer le concept de CSA à l’économie associative et, ce, à un niveau mondial (29). L’agriculture solidaire repose sur l’idée que les êtres humains peuvent vivre en sym- biose avec la nature à condition d’en accepter les règles. En effet, partager le risque d’une mauvaise récolte sans en faire porter les conséquences aux seul.e.s productrices et producteurs désactive non seulement les mécanismes de l’économie monétaire et de l’économie de marché, mais implique aussi une attitude humble face à la nature et ses aléas. C’est assumer l’incertitude de la récolte en raison des conditions clima- tiques et accepter la moindre efficacité des traitements biologiques ou des techniques manuelles. C’est accepter également un moindre rendement et laisser faire la nature.

Teikei, labour à la ferme El Equimite SoLaVie, protection contre les pucerons du chou Chez Teikei, on « respecte la terre », on veut « travailler avec la nature, plutôt qu’à son encontre ». Esteban, de la ferme El Equimite, veut préserver la forêt tropicale, mais en adaptant les techniques modernes à son écosystème. Sa ferme, labellisée Demeter, pra- tique la culture biodynamique. Si l’agriculture en biodynamie repose sur les principes anthroposophiques de Rudolf Steiner, elle est plutôt mise en œuvre, ici comme ailleurs, pour ses techniques écologiques. Prenant en compte « la réalité sociale, écologique et financière de la région », l’Institut bios terra implanté sur place se conçoit comme un centre d’expérimentation et de transfert technologique qui cherche à « transformer écologiquement » mille hectares de forêt en terre arable. L’organisation partenaire de Teikei Bios comunidad sustentable (30) explique que dans la région de Vera Cruz, grande productrice historique de café, le recours à la chimie a détérioré les écosystèmes et les conditions de vie, « provoquant une crise sociale, culturelle et économique ». Mais ces « conflits sociaux, économiques et politiques et ces problèmes environnementaux » sont compris comme « des leçons, des opportunités » qui donnent de « nouvelles impulsions » à la région.

29 Herman Pohlmann : « Ich habe Teikei gegründet mit der Frage, läßt sich die Idee der solidarischen Landwirtschaft auch global denken ? ». 30 L’organisation propose des modèles commerciaux alternatifs pour l’agriculture dans les domaines de la production alimentaire, la médecine naturelle, la formation, la construction verte, l’écotourisme et la conservation du paysage. Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands 417

Les quinze portraits (31) que j’ai réalisés de mes camarades solavistes en 2018 en leur demandant d’expliquer pourquoi elles et ils se considéraient comme « solavistes » montrent que ce respect de la nature (« une nature intacte », « l’harmonie avec la nature », « le respect de la terre ») est important à leurs yeux. Pourtant chez SoLaVie, la question écologique n’est pas débattue ni thématisée tant elle semble aller de soi. Il est aussi admis que la nécessaire régénérescence écolo- gique ne pourra se faire que par la main de l’humain (32). Les principes de l’association montrent son approche technique de la résolution du problème environnemental dans l’agriculture : – production d’aliments biologiques, régionaux et saisonniers sans recours à des engrais de synthèse, des pesticides et la technique OGM, – planification concertée entre l’équipe de maraîchage et les membres, – conditions de travail équitables pour l’équipe de maraîchage, – soutien de l’économie régionale, – contribution à la préservation de la biodiversité des espèces et de la fertilité du sol, – contribution à un paysage diversifié et à la protection des animaux, – réduction de la destruction des aliments par l’utilisation de légumes ne répondant pas aux normes. L’usage fait ici de la nature ne vise donc pas l’effacement de l’empreinte humaine, mais l’adaptation la plus respectueuse possible à un environnement qui, parce qu’il doit nourrir la population, ne peut être indemne des altérations anthropogéniques. La dis- tinction humain/nature s’efface en faveur d’un rapport de « partenariat » qui implique la légitimité de l’exploitation de la nature si elle se fait en toute responsabilité (33). Assumer sa responsabilité politique On trouve dans les commentaires accompagnant les portraits deux autres références récurrentes, la première à la qualité biologique, gustative et authentique des légumes, l’autre à la nature du projet en tant qu’« alternative à une industrie agricole (capita- liste) » basée sur la consommation, le gaspillage et l’exploitation des personnes. Ces deux idées sont étroitement liées. « Manger bio », ce n’est pas seulement faire quelque chose pour sa propre santé, mais aussi et surtout, prendre conscience des implications environnementales et sociales de ses choix de vie personnels. La simple « Biokiste », le « panier bio » (34) de beaucoup

31 Portraits réalisés en août 2018 selon la disponibilité des personnes, en ligne : solavie.de/. 32 On mesure l’évolution du discours écologique dans les documentaires, où le catastrophisme qui pré- valait jusque dans les années 2010 – il suffit de penser au film Koyaanisqatsi de Godfrey Reggio (1983) ou à Home de Yann Arthus-Bertrand (2009) – a fait place à un optimisme de l’action pour réaliser la transition écologique et sociale, comme l’illustre le documentaire Demain. Partout dans le monde, des solutions existent de Mélanie Laurent et Cyril Dion (2015). 33 Sur la généalogie conceptuelle européenne de l’écologie politique et la critique sociale inhérente à cette notion, voir Patricia Zander, « Écologie politique. Des origines aux développements en France », in : Choné/Hajek/Hamman, Guide des Humanités environnementales (note 5), p. 93-102. 34 L’agriculture biologique, contrairement à l’agroécologie, s’accommode d’une production indus- trielle. Voir sur ce point Maria Heubuch, « Agrarökologie als Leitbild für Landwirtschafts- und Lebensmittelpolitik. Eine Begriffserklärung », in : Der kritische Agrarbericht 2018 (note 10), p. 39-44. Sur la conventionnalisation du secteur biologique, voir Thomas Poméon, Ève Fouilleux, Sylvaine 418 Revue d’Allemagne d’Amap, ne peut rivaliser avec les légumes qu’on a contribué à faire pousser et qu’on a récoltés soi-même, que l’on vient chercher dans le point de distribution hébergé par d’autres solavistes et que l’on pèse soi-même, au gramme près sur un pèse-bébé pour ne pas léser les autres. Selon Carlos, le maraîcher de SoLaVie, « savoir d’où viennent les produits, participer à leur production » est une grande chance et une façon de se réapproprier son mode d’existence. Les « Konsumenten » deviennent des « Prosumen- ten » (Produzent+Konsument) responsables (35). La pratique de l’agriculture solidaire subvertit ainsi le système actuel de production et de distribution des aliments. La politique salariale de l’association, qui a fixé le salaire horaire à 15 euros bruts, soit un salaire largement supérieur aux usages du secteur, montre bien cette corrélation entre une subversion économique et politique et la plus-value symbolique qu’acquièrent des aliments produits sans exploitation capitaliste des salarié.e.s. La prise de responsabilité des activistes de l’agriculture solidaire se traduit dans un mode de production artisanal hautement technique qui permet de traiter la terre avec circonspection : sélection de semences reproductibles, qui, en raison de leur pollinisa- tion naturelle, contribuent à préserver la biodiversité génétique, méthodes biologiques de lutte contre les insectes ravageurs, techniques alternatives de conservation, fabrica- tion de kimchi, de jus de pomme… Tout un savoir hautement spécialisé, une culture se (re)constituent autour de l’activité. Ce savoir-faire est mis en commun, transmis par les expert.e.s aux membres et par les parents aux enfants. En raison de l’intérêt croissant que soulève le projet, les membres accueillent régulièrement des groupes (des écoles locales, des groupes de recherche, la presse…) sur le terrain, ce qui a poussé l’association à créer le nouveau groupe de travail « Éducation » (AG Bildung). Le projet devient ainsi un véritable modèle de maraîchage alternatif. Teikei pousse aussi les fermes mexicaines à développer les techniques de culture adaptées à l’environnement de la forêt et à reconstituer un savoir-faire ancestral. Les fermes familiales doivent être en mesure d’assurer la transmission de ce savoir et de l’activité à leurs enfants. Au Mexique, Cecilia, qui dirige l’école locale Bios Lila Mon- tessori, veut créer chez les enfants une conscience de la nature et de l’alimentation saine et leur apprendre comment produire leurs propres aliments et comment vivre en communauté et « sensibiliser le monde à l’avenir ».

Identité locale – action globale Bien que les deux activités soient différentes dans leur structure, on constate donc une grande similitude dans la manière dont elles abordent leur contribution à la transi- tion agricole. Cette ressemblance s’exprime aussi dans la façon dont elles se conçoivent elles-mêmes en se positionnant en tant que véritables actrices de l’économie et par le sens qu’elles donnent à leur propre communauté d’action.

Lemeilleur et Allison Loconto, « L’agriculture biologique en France, entre projet critique et conven- tionnalisation », in : Gilles Allaire et Benoit Daviron, Transformations agricoles et agroalimentaires. Entre écologie et capitalisme, Versailles, Éditions Quae, 2017, p. 181-198. 35 Un néologisme équivalent existe en français : les consom’actrices et consom’acteurs. Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands 419

Un système fractal Le périmètre de l’activité de SoLaVie est restreint à une quinzaine de kilomètres pour le point de distribution le plus éloigné. La production régionale de légumes a bien sûr une raison d’être écologique : des transports réduits évitent la pollution, l’absence d’emballages évite le gaspillage, aucune réfrigération électrique n’est nécessaire, etc. Mais l’association s’assigne aussi sa propre place et se localise géographiquement. On peut comprendre l’importance de cette assignation dans l’espace comme la recherche d’un ancrage symbolique, qui donne au groupe une identité claire et souligne son attachement à la terre. Mais il positionne aussi l’association par rapport aux autres partenaires de la transition et acteurs économiques (Solawis voisines, réseau, orga- nismes et institutions officielles) et établit clairement sa nature d’actrice locale dans le marché agricole mondialisé des multinationales et des global players. SoLaVie recons- titue entièrement un circuit court de production-distribution-consommation qui lui est propre et qui correspond à un circuit économique alternatif en miniature. Selon le principe du « penser global, agir local », la démultiplication des actions locales finira par instaurer de bonnes pratiques et infléchira notre façon de concevoir et pratiquer l’agriculture. La création de réseaux de l’agriculture solidaire il y a une dizaine d’an- nées, tant en France qu’en Allemagne, appuie encore cette dynamique. L’assignation spatiale est aussi très marquée chez Teikei, dont les pôles d’activité se répartissent entre plusieurs pays. La production au Mexique, la traversée de l’Atlan- tique, la localisation des équipes administratives et des groupes consommateurs sur une carte donnent l’image d’un globe terrestre presque petit où il est possible de fédérer des équipes très différentes. Les actrices et acteurs conservent leur culture, ce qui est mis en avant par le respect de leur langue, voire de leur accent espagnol ou de la Suisse alémanique. La portée symbolique du transport est évidente : le voilier établit physique- ment le lien entre les groupes. Ici, par la fédération des différentes entités, on invente ex nihilo un réseau dans lequel les personnes apprennent à se connaître et coopèrent malgré les distances. Ce mode de fonctionnement est rendu possible par l’utilisation d’Internet, qui se montre, partout, le meilleur allié des initiatives citoyennes (36). La constitution de ces réseaux permet aux deux entreprises de s’insérer de façon alternative dans le processus économique, étant assurées de partager une démarche commune avec les autres actrices et acteurs qui œuvrent activement à la transition agricole, écologique et socio-économique, et de décider ainsi de la « forme de la globalisation » (37) : « Nous sommes au xxie siècle – nous vivons dans un monde qui devient systémique, s’ac- célère et s’optimise. Cela représente des chances et des libertés, mais aussi des risques et des dégâts. Qui en profite ? Qui en paie les frais ? Qu’advient-il des gens à l’autre bout du monde, que se passe-t-il avec la nature, quelles conséquences cela a-t-il pour les généra- tions suivantes ? Nous vivons dans un monde plein de contradictions. Nous sommes à la fois proches et éloignés les uns des autres, reliés et pourtant étrangers, nous produisons et

36 La plateforme de commande en ligne de produits régionaux La Ruche qui dit oui ! (idée reprise sous le terme de food assembly en Allemagne), créée en 2011, illustre parfaitement les nouvelles opportunités offertes par le numérique dans le domaine de l’agroécologie. Voir en ligne : laruchequiditoui.fr/fr. 37 Voir les textes de la rubrique « Schwerpunkt : Globalisierung gestalten » dans Der Kritische Agrarbe- richt 2018 (note 10). 420 Revue d’Allemagne

détruisons en même temps. Avec Teikei, nous prenons nos responsabilités et articulons efficacement entre eux de bons concepts »(38). Ce réseau a une architecture fractale, où chaque entité fédère derrière elle d’autres participant.e.s et s’insère elle-même dans un mouvement d’opérations jumelles plus vaste. Gibran, de Bios comunidad sustentable, se voit à la tête d’« un projet intégral de développement humain au travers d’entreprises qui créent un bien commun qui respecte à la fois la nature, les cultures locales et les gens ». Communauté et démocratie participative Se mettre en réseau, c’est avant tout créer du lien social. Parmi les éléments saillants du discours des deux initiatives, on remarque combien prévaut la notion de « com- munauté » (Gemeinschaft). Il s’agit là d’un moteur particulièrement puissant dans ces démarches. Autant il semble aller de soi chez SoLaVie, qui est l’œuvre d’un collectif, autant il est étonnant chez Teikei. Et pourtant il est l’argument mis en avant sur son site : la « com- munauté » est formée par les paysans, les marins, les torréfacteurs et la communauté des consommateurs, sans oublier le « Teikei Team » en charge de l’organisation. Les agricul- trices et agriculteurs partenaires du Mexique sont présenté.e.s avec leurs photos et un film, titré Comment on peut vivre en communauté, les montre à l’œuvre et explique leur démarche. Les acheteuses et acheteurs sont invité.e.s à se regrouper pour leurs achats et appelé.e.s à devenir une part de la communauté (« Hier kannst du nun Teil der Tei- kei Gemeinschaft und der Teikei Bewegung werden ! »). Teikei cherche à créer entre les partenaires « un rapport d’égal à égal », et ce en dépit des distances et des différences de culture, car cette communauté se veut ouverte et respectueuse des altérités. Chez SoLaVie, le respect réciproque se manifeste notamment dans les réunions du cercle, où chaque avis est pris en compte. De longs débats permettent de clarifier la plupart des questions, quitte à y revenir lors de séances ultérieures. L’association met en œuvre des outils de gouvernance de type sociocratique, notamment la recherche du consentement pour les décisions importantes (prises, le cas échéant, à la majorité des trois quarts) (39). La longue tradition de la vie associative en Allemagne et de l’engage- ment citoyen dans la vie de la cité jouent certainement pour beaucoup dans le succès de ce mode de fonctionnement (40). Pour ses membres, l’association est un véritable « terrain d’apprentissage » (« Verein als Lernfeld ») pour apprendre à fonctionner dans un groupe et à faire vivre ce groupe sur la base de l’intelligence collective. SoLaVie expérimente ainsi le fonctionnement de la démocratie participative et de la gestion collective de la production d’un bien, d’une économie « resocialisée », réappropriée par la société civile. Créer une communauté d’action, c’est inventer une nouvelle forme de démocratie.

38 teikeicoffee.org/kaffeebauern/. 39 Sur la notion de sociocratie et les règles de l’auto-organisation, voir en ligne : les-jours-heureux.fr/ wp-content/uploads/2016/10/La_Sociocratie_Buck_Edenburg_Charest.pdf. 40 Voir Nepthys Zwer, « Une resocialisation du maraîchage », visionscarto.net (2018), en ligne : visionscarto.net/socialisation ; version allemande : visionscarto.net/SoLaVie-Gemuseanbau-als- Sozialisierungsexperiment. Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands 421

À cet égard, l’exemple de Teikei peut apporter des éléments de réponse pour com- prendre ce qui motive ces démarches d’une réappropriation de l’économie par la société civile. Son fondateur veut « montrer qu’une façon associative de pratiquer l’économie a une incidence positive sur toutes les personnes qui y participent ». En tant qu’artiste plasticien disciple de Joseph Beuys (41), il pense que la créativité de chaque personne peut servir à pratiquer un « art social » qui, en réalisant collective- ment une « plastique sociale », modifiera la structure sociale, aussi bien sur le plan politique qu’économique (42). Cette conception d’une société malléable et modifiable par les individus qui la constituent permet tout simplement une réappropriation de la chose publique par une société civile qui s’auto-organise. L’accompagnement par les instances publiques de ces initiatives privées dites « transformatrices » (« transforma- tive Unternehmungen ») indique que celles-ci sont appelées à jouer un rôle croissant dans une reconsidération du fonctionnement du secteur agro-alimentaire (43).

Conclusion Dans le cadre restreint de cet article, il n’est pas possible d’explorer plus avant les différents aspects de cet engagement citoyen pour la transition agricole. Il faudrait, par exemple, se pencher sur les rapports que l’agriculture solidaire entretient avec la tradition et les valeurs qu’elle promeut. Ainsi, à l’ancrage historique de Teikei dans la tradition centenaire de la solidarité agricole répond chez SoLaVie le recours aux méthodes et techniques artisanales. Ces choix impliquent une reconsidération de notre rapport au temps : travailler aux champs, naviguer à la voile, c’est accepter et apprendre à apprécier le temps lent. Les pistes à explorer, autant dans le champ de l’histoire des idées que des études sociologiques des pratiques quotidiennes, sont innombrables : la généalogie concep- tuelle de cette écologie politique, les canaux de transmission des savoirs sur la nature et l’environnement, l’articulation entre les concepts de solidarité et d’entraide et celui de responsabilité, l’importance accordée à la notion de communauté, la construction de l’identité de ces groupes, les modes de mise en place de la démocratie participative, le processus de fédération avec les autres initiatives de l’agriculture solidaire, le rap- port entre travail salarié et bénévolat, etc. Si ces initiatives de l’agriculture solidaire s’avèrent des objets d’études passionnants, c’est en raison de leur nature expérimentale et innovante, mais aussi en raison de la rapidité avec laquelle ces pratiques se répandent aujourd’hui sur toute la planète.

41 Le sculpteur et performateur Joseph Beuys (1921-1986) a forgé le concept de « plastique sociale » (aussi « sculpture sociale ») qui restitue leur dimension politique aux entreprises humaines. Voir Jan Ulrich Hasecke, Soziale Plastik. Die Kunst der Allmende. Ein Essay zum 30. Todestag von Joseph Beuys, ebook, 2016. 42 Hermann Pohlmann a expérimenté cette démarche auprès de l’Associação Comunitária Monte Azul, créée par Ute Craemer dans une favela de São Paulo. Cette institution à vocation sociale fonctionne selon les principes de l’anthroposophie et de la « plastique sociale ». 43 « Wie können transformative Wirtschaftsformen, statt in der Nische zu verharren, Innovationspro- zesse in Gang setzen ? », se demande-t-on sur le site de nascent, projet de recherche du ministère de l’Éducation et de la Recherche sur les initiatives de production alimentaire alternatives. En ligne : www.nascent-transformativ.de/projekt/ziele/. 422 Revue d’Allemagne

Les Solawis commencent d’ailleurs à porter un regard autoréflexif sur elles-mêmes, comme le prouve la création récente, par l’entremise de leur réseau, d’un groupe de recherche dédié à l’étude de son propre mouvement (44).

Dans le cas de l’agriculture solidaire, la perspective transnationale apporte aux études des humanités environnementales une ouverture dans le champ de l’histoire des idées, notamment politiques (45). L’étude comparée de ce phénomène en France et en Allemagne suppose, par exemple, d’interroger la nature de l’engagement citoyen au regard de l’histoire de la pratique associative et du rapport citoyen au politique dans les deux pays (46). En effet, si la diffusion de l’idée d’une transition agricole semble a priori le fait de la meilleure représentation politique du mouvement écologique en Allemagne, une analyse à la micro-échelle des actrices et acteurs de la société civile révélerait les autres mécanismes à l’œuvre. Comme le montre une simple superposi- tion, le terme français de « transition écologique » suggère un cadre de référence large (l’écologie), alors que le terme d’« Agrarwende/ transition agricole » adopte une focale plus resserrée (l’agriculture), conforme à son caractère opérationnel. De même, bien que les Amap et les Solawis relèvent de la même catégorie de l’agriculture solidaire,

44 www.solidarische-landwirtschaft.org/das-netzwerk/arbeitsgruppen/forschung/. 45 Voir à ce propos les différents programmes de recherche et travaux du CIERA: www.ciera.fr/fr. Voir, notamment, ce travail réalisé dans le cadre du projet de recherche « Saisir l’Europe/Europa als Her- ausforderung » : Anahita Grisoni et Rosa Sierra (éd.), Nachhaltigkeit und Transition : Politik und Akteure/Transition écologique et durabilité : Politiques et acteurs. Sozio-ökologische Transformation aus deutsch-französischer Perspektive/Regards franco-allemands sur le changement socio-écologique, Francfort-sur-le-Main, Campus, 2018. 46 Voir N. Zwer, « Une resocialisation du maraîchage » (note 40). Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands 423 elles ne reposent pas vraiment sur les mêmes postulats (la préservation de l’agriculture paysanne en France, soit une résistance passive et la transformation du fonctionne- ment de l’économie agricole en Allemagne, soit une résistance active). Sur ce thème précis des perceptions et valeurs qui motivent ces engagements de part et d’autre du Rhin, une étude épistémologique de la circulation et des transferts des idées et des savoirs entre les deux pays s’avérerait particulièrement révélatrice. Les exemples de SoLaVie et de Teikei présentés ici nous montrent clairement qu’il s’agit de démarches politiques volontaristes et qu’elles doivent être analysées sous l’angle de nouvelles formes d’organisation politique. Ces expériences redessinent clairement le rôle de la société civile en tant qu’actrice politique qui s’émancipe des tutelles de l’État, des institutions publiques ou des corps intermédiaires. La conscience d’une agrégation, d’une réticulation en cours de ces entreprises alternatives à l’échelle locale et mondiale montre le changement de paradigme qui s’opère aujourd’hui dans la conception du rôle que cette société civile peut et veut jouer dans la polis. Où l’on retrouve l’idée des « multiplicités » interconnectées de et Félix Guattari et où « une branche d’arbre ou une division de racine peuvent se mettre à bourgeonner en rhizome » (47).

Résumé L’agriculture solidaire se conçoit comme une alternative à l’agriculture industrielle. En reprenant en main la production de leurs propres aliments, les gens deviennent des acteurs de la transition agricole. À partir des exemples de l’association SoLaVie Ortenau et de l’organisation à but non lucratif Teikei Coffee, le présent article examine comment ce concept peut être mis en œuvre. Chez SoLaVie, les consommatrices et consommateurs financent la production de légumes et reçoivent en retour une partie de la récolte. Chez Teikei Coffee, le café produit dans des fermes familiales au Mexique traverse l’Atlantique en voilier avant d’être distribué aux membres du groupe. L’auteure montre quels rap- ports ces entreprises entretiennent avec l’écologie et comment elles se conçoivent comme agents responsables et en tant qu’organisations et communautés.

Zusammenfassung Die solidarische Landwirtschaft versteht sich als ein Gegenentwurf zur industriellen Landwirtschaft. Menschen übernehmen die Verantwortung für die Herstellung ihrer Lebensmittel und werden somit Akteure der Agrarwende. Der vorliegende Beitrag untersucht an den Beispielen der SoLaVie Ortenau und der nicht-gewinnorientierten Organisation Teikei Coffee, wie sich dieses Konzept umsetzen lässt. Bei SoLaVie finan- zieren Verbraucher.innen durch ihre Beiträge die Produktion des Gemüses und erhalten im Gegenzug einen Teil der Ernte. Bei Teikei Coffee wird der von mexikanischen Kaffee- bäuerinnen und -bauern nachhaltig erzeugte Kaffee per Segelschiff nach Europa expor- tiert und an die Teilnehmer.innen verschickt. Es wird gezeigt, wie diese Unternehmen mit dem Thema Ökologie, der eigenen Verantwortung und ihrem Selbstverständnis als Organisation und Gemeinschaft umgehen.

47 Gilles Deleuze et Félix Guattari, Rhizome, Paris, Éditions de Minuit, 1976, p. 44.

Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 425 T. 51, 2-2019

Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? Jalons pour une mise en perspective comparée sous le regard des sciences sociales

Philippe Hamman *

Introduction Participant d’un questionnement plus large des circulations au sein du champ des Humanités environnementales, cet article interroge les savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne, du point de vue des sciences sociales, afin d’esquisser une mise en perspective comparée. Nous nous fondons sur deux hypothèses : (i) Lors du sommet de la Terre à Rio en 1992, le « développement durable » a été présenté comme une alternative en rupture avec les seuls impératifs de la croissance économique, tout en maintenant un flou appropriable par de nombreux acteurs aux objectifs différents (1). À partir de la scène internationale, et en se diffusant progressi- vement à différents échelons territoriaux, mettant en relation « global » et « local », il est ainsi devenu un répertoire à succès des décennies 1990-2000. Apparemment objet de consensus de la part d’une diversité d’acteurs sociaux : décideurs politiques et éco- nomiques, mais aussi associatifs environnementalistes, etc., sa pertinence pratique a alors été avérée (2). Par ses effets sur les références de l’action publique et dans le monde social, il s’est également imposé comme un objet d’étude, voire un paradigme, dans les analyses de sciences sociales, tant en France qu’en Allemagne.

* Professeur de sociologie de la ville et de l’environnement, Institut d’urbanisme et d’aménagement ré- gional, Faculté des sciences sociales, laboratoire Sociétés, acteurs, gouvernement en Europe (SAGE, UMR 7363), CNRS et Université de Strasbourg, [email protected]. 1 Phil McManus, « Contested Terrains : Politics, Stories and Discourses of Sustainability », Environ- mental Politics, 5/1 (1996), p. 48-73 ; Edwin Zaccai, Le développement durable. Dynamique et consti- tution d’un projet, Bruxelles, PIE-Peter Lang, 2002. 2 Cyria Emelianoff et Ruth Stegassy (dir.), Les pionniers de la ville durable. Récits d’acteurs, portraits de villes en Europe, Paris, Autrement, 2010 ; Philippe Hamman, Sociologie urbaine et développement durable, Bruxelles, De Boeck, 2012. 426 Revue d’Allemagne

(ii) Mais, depuis la fin des années 2000, la crise économique mondiale en a révélé les failles, opposant schématiquement une vision technique et économique de la durabi- lité à une version écologique et sociale (3). Qu’en est-il dès lors aujourd’hui ? Repère-t-on des évolutions, voire des alternatives, au paradigme de la durabilité, et que peuvent-elles nous apprendre des circulations d’énoncés et de savoirs qui s’opèrent en France et en Allemagne ?

Dispositif méthodologique Méthodologiquement, considérant que la publication de travaux et les controverses académiques en sciences humaines et sociales sont des indicateurs valables, non seu- lement d’un « front de recherche » important, mais aussi de débats sociétaux, dont ils se font l’écho et qu’ils retraduisent ou mettent à distance, nous nous appuyons sur des lectures croisées d’ouvrages saillants allemands et français. Le statut de manuel ou de textbook, la visibilité des éditeurs en question et des auteurs/coordinateurs fournit un premier cadre de « représentativité » : l’inscription de tel énoncé ou notion dans ces opus peut être vue comme un mode de consécration dans l’univers scientifique, en même temps que le signe d’une certaine portée sociale et pratique (4). En ce sens, nous retenons, dans le cadre forcément limité de cet article, qui propose un regard franco-allemand :  tEFVYNBOVFMTGSBODPQIPOFTEFTPDJPMPHJFEFMFOWJSPOOFNFOUMFManuel de sociolo- gie de l’environnement, somme collective (506 p.) publiée en 2012 sur l’initiative d’un comité éditorial issu du réseau thématique « Sociologie de l’environnement et des risques » de l’Association française de sociologie (5) et la synthèse de Chantal Aspe et Marie Jacqué, Environnement et société. Une analyse sociologique de la question envi- ronnementale (272 p.), éditée la même année (6). Ils sont mis en parallèle avec deux manuels germanophones : l’imposant Handbuch Umweltsoziologie (732 p.), coor- donné par Matthias Groß et publié en 2011 (7), et le manuel devenu « classique » de Joseph Huber, Allgemeine Umweltsoziologie, dont la deuxième édition revue (353 p.)

3 Voir Edwin Zaccai, « Le développement durable malmené », in : Rémi Barré, Thierry Lavoux et Vincent Piveteau (dir.), Un demi-siècle d’environnement entre science, politique et prospective. En l’honneur de Jacques Theys, Versailles, Quae, 2015, p. 119-129 ; Isabelle Hajek et Philippe Ham- man (dir.), La gouvernance de la ville durable entre déclin et réinventions. Une comparaison Nord/Sud, Rennes, Presses universitaires de Rennes, 2015. 4 Cette mobilisation d’ouvrages de synthèse fournit des jalons qui peuvent être approfondis par des études bibliométriques et lexicales, comme nous l’avons montré ailleurs : Philippe Hamman, Virginie Anquetin et Céline Monicolle, « Contemporary Meanings of the “Sustainable City”. A Compara- tive Review of the French and English-Language Literature », Sustainable Development, 25/4 (2017), p. 336-355, et « Du “développement durable” à la “ville durable” : quels débats aujourd’hui ? », VertigO, 17/1 (2017), en ligne : vertigo.revues.org/18466. 5 Rémi Barbier, Philippe Boudes, Jean-Paul Bozonnet, Jacqueline Candau, Michelle Dobré, Natha- lie Lewis et Florence Rudolf (dir.), Manuel de sociologie de l’environnement, Québec, Presses de l’Université Laval, 2012. 6 Chantal Aspe et Marie Jacqué, Environnement et société. Une analyse sociologique de la question envi- ronnementale, Paris, Éditions de la Maison des Sciences de l’Homme/Versailles, Quae, 2012. 7 Matthias Groß (éd.), Handbuch Umweltsoziologie, Wiesbaden, VS Verlag, 2011. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 427

a elle aussi paru en 2011 (8). L’étude de ces ouvrages est complétée par les apports comparatifs offerts par le livre collectif Environnement et sciences sociales en France et en Allemagne, publié en 2014, dix ans après le colloque à son origine (9) ; tdeux ouvrages dans chaque langue sur la durabilité en tant que telle, qui témoignent de la diffusion du registre au cours de la décennie 2000 : côté français, l’important volume collectif (517 p.) dirigé par Bertrand Zuindeau, Développement durable et territoire, publié en 2010 (10), et celui coordonné par Josiane Stoessel-Ritz, Mau- rice Blanc et Nicole Mathieu, Développement durable, communautés et sociétés. Dynamiques socio-anthropologiques, publié en 2012 (230 p.) (11) ; côté allemand, le manuel d’Armin Grunwald et Jürgen Kopfmüller, Nachhaltigkeit, publié en 2006 et révisé en 2012 (279 p.) (12), ainsi que l’ouvrage collectif dirigé par Hellmuth Lange, Nachhaltigkeit als radikaler Wandel. Die Quadratur des Kreises ?, paru en 2008 (341 p.) (13) ;  tFOĕO  UPVKPVST EBOT DIBDVOF EFT EFVY MBOHVFT  EFVY QVCMJDBUJPOT SÏDFOUFT RVJ soulignent les questionnements renouvelés depuis la fin des années 2000, à tra- vers l’exemple des énoncés de la décroissance/Postwachstum : en France, les deux tentatives de synthèse (engagée) proposées par Stéphane Lavignotte, La décrois- sance est-elle souhaitable ?, en 2009 (137 p.) (14), et par Denis Bayon, Fabrice Flipo et François Schneider, La décroissance, publiée en 2010 et en format poche en 2012 (248 p.) (15) ; en Allemagne, deux ouvrages parus en 2016 : celui de Marc Hieronimus, Der Schritt zur Seite : Postwachstum – Rückgang – Décroissance (328 p.) (16), et un collectif (AK Postwachstum), Wachstum – Krise und Kritik (315 p.) (17).

Problématique Sur cette base, notre interrogation est double. D’une part, un grand nombre de définitions du « développement durable » ont été proposées en sciences sociales depuis quelque trente ans (18). À la suite de nos précédents travaux, conduits sur un corpus de

8 Joseph Huber, Allgemeine Umweltsoziologie (2001), Wiesbaden, VS Verlag, 2011. 9 Lionel Charles, Hellmuth Lange, Bernard Kalaora et Florence Rudolf (dir.), Environnement et sciences sociales en France et en Allemagne, Paris, L’Harmattan, 2014. 10 Bertrand Zuindeau (dir.), Développement durable et territoire, Villeneuve d’Ascq, Presses universi- taires du Septentrion, 2010. 11 Josiane Stoessel-Ritz, Maurice Blanc et Nicole Mathieu (dir.), Développement durable, commu- nautés et sociétés. Dynamiques socio-anthropologiques, Bruxelles, PIE-Peter Lang, 2012. 12 Armin Grunwald et Jürgen Kopfmüller, Nachhaltigkeit (2006), Francfort, Campus Verlag, 2012. 13 Hellmuth Lange (éd.), Nachhaltigkeit als radikaler Wandel. Die Quadratur des Kreises ?, Wiesbaden, VS Verlag, 2008. 14 Stéphane Lavignotte, La décroissance est-elle souhaitable ?, Paris, Textuel, 2009. 15 Denis Bayon, Fabrice Flipo et François Schneider, La décroissance. Dix questions pour comprendre et débattre (2010), Paris, La Découverte, 2012. 16 Marc Hieronimus, Der Schritt zur Seite : Postwachstum – Rückgang – Décroissance, Norden, catware.net Verlag, 2016. 17 AK Postwachstum (éd.), Wachstum – Krise und Kritik. Die Grenzen der kapitalistisch-industriellen Lebensweise, Francfort, Campus Verlag, 2016. 18 Les Handbooks internationaux en témoignent, y compris à mesure qu’une pluralité de disci- plines s’intéressent à ces problématiques. Voir notamment Giles Atkinson, Simon Dietz et Eric 428 Revue d’Allemagne revues scientifiques francophones et anglophones publiées de 2009 à 2014 (19), l’on peut d’autant plus se demander dans quelle mesure ces définitions varient en fonction des traditions et des cadres nationaux. Ou, au contraire, se rejoignent-elles dans les deux contextes français et allemand, en fonction des circulations conceptuelles et pratiques internationales, de l’évolution des connaissances et des représentations des différents acteurs et institutions en la matière ? À cela s’ajoutent de possibles problématiques de traduction, entre « soutenable » et « durable », par exemple, que nous n’aborderons pas ici, en nous concentrant sur la paire « développement durable »/Nachhaltige Entwick- lung – « durabilité »/Nachhaltigkeit. Nous considérons ce premier volet de deux façons : en voyant (1) en quoi le répertoire de la durabilité est « acté » en France et en Allemagne comme un objet pour les disci- plines académiques, à travers l’exemple de manuels de sociologie de l’environnement ; et (2) ce que désigne plus précisément ce registre en tant que tel au sein des analyses de sciences sociales dans les deux pays, à travers quelques ouvrages significatifs qui lui ont été consacrés. D’autre part, les critiques adressées au paradigme du « développement durable » sont devenues nombreuses : continuité du primat d’un référentiel économique, per- manence d’injustices sociales, voire production de nouvelles inégalités environne- mentales entre ceux qui auraient les moyens de bénéficier d’innovations techniques et les autres, références écologiques de compromis, à l’instar de la « croissance verte »/ grünes Wachstum, devenues outil de légitimation des décideurs publics et privés, dans un sens managérial et néolibéral, parfois éloigné de la perception des habitants, etc. (20). On peut comprendre en ce sens le fait, sur le plan international, que l’importante International Union for Conservation of Nature (IUCN) a pris ces dernières années quelque distance avec le terme de « développement durable ». Pour preuve, son rapport Transition to Sustainability : Towards a Humane and Diverse World, en 2008, fait réfé- rence à la sustainability ou ecological sustainability, ce qui se veut différent du sustain- able development, en désignant un état, ou une condition visant une stabilité, et non pas un processus maintenu de développement (économique) qui serait « soutenable ».

Neumayer (éd.), Handbook of Sustainable Development, Cheltenham, Edward Elgar, 2007 ; ainsi que Michael Redclift et Delyse Springett (éd.), Routledge International Handbook of Sustainable Devel- opment, Londres/New York, Routledge, 2015. 19 Si l’on cible la « ville durable », ces répertoires de la durabilité sont apparus caractérisés par de nom- breux traits communs, en termes de contenus et de procédures : Philippe Hamman, « Pollution atmosphérique, climat et société : quelle place aujourd’hui dans la “ville durable” ? », Pollution atmos- phérique. Climat, santé, société, 233 (2017), en ligne : lodel.irevues.inist.fr/pollution-atmospherique/ index.php?id=5216 ; Hamman/Anquetin/Monicolle, « Contemporary Meanings » et « Du “dévelop- pement durable” » (note 4). 20 Ainsi que l’ont montré les recherches sur la « ville durable » en Allemagne comme en France, par exemple : Tim Freytag, Stefan Gössling et Samuel Mössner, « Living the Green City : Freiburg’s Solarsiedlung between Narratives and Practices of Sustainable Urban Development », Local Environ- ment, 19/6 (2014), p. 644-659 ; Philippe Hamman, « Ökonomische und soziokulturelle Ungleichheiten in Bezug auf einen ökologischen Wandel : Die Energiewende am Beispiel von Straßburg », Revue d’Alle- magne et des pays de langue allemande, 49/1 (2017), p. 223-242 ; Philippe Hamman, « Local Governance of Energy Transition : Sustainability, Transactions and Social Ties. A Case Study in North East France », International Journal of Sustainable Development and World Ecology, 26 (2019), en ligne : doi.org/10.10 80/13504509.2018.1471012 ; Jérôme Boissonade (dir.), La ville durable controversée, Paris, Petra, 2015. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 429

Des évolutions multiniveaux s’opèrent aujourd’hui entre des échelles élargies/ mondiales et d’autres davantage territorialisées autour de cette notion duale, à la fois analytique et ancrée dans la société ; ceci se repère tant en France qu’en Allemagne. Plusieurs ouvrages publiés depuis la deuxième moitié des années 2000 l’illustrent. Il en est ainsi, côté allemand, du manuel Nachhaltigkeit d’Armin Grunwald et Jürgen Kopfmüller, où la distinction est posée comme suit : « Während nachhaltige Ent- wicklung einen Prozess gesellschaftlicher Veränderung bezeichnet, beschreibt Nach- haltigkeit das Ende eines solchen Entwicklungsprozesses » (édition de 2006, p. 1). Le distinguo est repris comme tel par Kristina Schaaff dans la présentation de son texte éponyme Nachhaltigkeit publié en 2007, qui ajoute : « Während das Drei-Säulen- Modell (21) der Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung verliert, findet das integrative Nachhaltigkeitsmodell […] wachsenden Anklang » (22). Côté français, notre analyse bibliométrique a montré que l’association entre développement et durable n’apparaît pas/plus systématique dans la littérature à la fin des années 2000 (23). On peut aussi citer la parution en 2014 de l’ouvrage de Yannick Brun-Picard, intitulé de façon significa- tive Plus loin que le développement durable : la durabilité, où l’auteur énonce que cette dernière « va bien plus loin que la notion de développement durable », parlant d’une « conscientisation et d’une responsabilisation par l’intermédiaire de laquelle la surface terrestre est acceptée comme un partenaire vivant », c’est-à-dire que « nos sociétés sont impliquées et indissociables des conséquences des actions entreprises » (24). D’aucuns se positionnent plus encore en rupture, à l’instar de Dennis Meadows, qui écrit en 2013 : « Il est trop tard pour le développement durable » (25), ce qui s’accom- pagne d’un retour du/au paradigme de la « décroissance ». Ce dernier – tout comme la durabilité, on l’a dit – peut se lire de diverses manières selon le contexte dans lequel on se situe :  tMBEÏDSPJTTBODFQFVUÐUSFWVF ËMIFVSFBDUVFMMF DPNNFVOFBMUFSOBUJWFBVjEÏWF- loppement durable », en particulier à propos de la controverse de la compatibilité ou non entre durabilité et croissance (26) ;  tNBJTÏHBMFNFOUDPNNFVOSÏQFSUPJSFEÏDPMPHJFQPMJUJRVFBOUÏSJFVSËMBGPSNVMBUJPO des énoncés contemporains de la durabilité, depuis les années 1970, si l’on pense notamment aux travaux de Nicholas Georgescu-Roegen et à la loi de l’entropie (27), ou

21 C’est-à-dire la quête permanente et toujours relative d’équilibre entre les trois piliers économique, écologique et social de la durabilité. 22 Grunwald/Kopfmüller, Nachhaltigkeit (note 12) ; Kristina Schaaff, Nachhaltigkeit, Munich, Grin Verlag, 2007. 23 Philippe Hamman, « Definitions and Redefinitions of Urban Sustainability. A Bibliometric Approach », Urban Environment, 11 (2017), en ligne : eue.revues.org/1540. 24 Yannick Brun-Picard, Plus loin que le développement durable : la durabilité, Paris, L’Harmattan, 2014, p. 226. 25 Dennis Meadows, « Il est trop tard pour le développement durable », in : Agnès Sinaï (dir.), Penser la décroissance. Politiques de l’Anthropocène, Paris, Presses de Sciences Po, 2013, p. 195-210. 26 Sur ce débat central de la durabilité, voir Peter A. Victor et Brett Dolter (éd.), Handbook on Growth and Sustainability, Cheltenham, Edward Elgar, 2017. 27 Nicholas Georgescu-Roegen, La décroissance. Entropie, écologie, économie (1979), Paris, Sang de la Terre, 2006. 430 Revue d’Allemagne

ceux d’Ivan Illich et la notion de convivialité (28), qui fait à nouveau l’objet de débats conséquents depuis les années 2000 dans les mouvements intellectuels et militants en France et en Allemagne – des publications s’en font l’écho de part et d’autre (29) ;  tPV FODPSF  CJFO BWBOU  DPNNF VOF DSJUJRVF EV QSPHSÒT FU EF MB NPEFSOJUÏ RVJ B émergé en Europe dans des mouvements politiques et philosophiques de droite comme de gauche (30). À partir du registre de la « décroissance », ce deuxième volet consiste ainsi à poser la problématique de l’alternative en tant que telle, en un temps parfois qualifié de « post-politique » (31), où le débat public a souvent fait l’objet d’élisions lorsqu’est mis en avant l’avenir de la planète, et cela alors que la durabilité est une question proprement politique (32). La décision du président américain Donald Trump en juin 2017 de quitter l’Accord de Paris sur le climat conclu en décembre 2015 le traduit nettement : la pré- valence d’intérêts économiques assumée par rapport aux menaces du réchauffement climatique rappelle qu’il n’existe pas de légitimité « en surplomb ».

Trois indicateurs en perspective comparée Une reconnaissance de l’objet « durabilité » en sciences sociales : l’exemple des manuels de sociologie de l’environnement L’analyse des quatre manuels de sociologie de l’environnement considérés permet de dégager cinq traits notables qui se retrouvent dans les deux pays. 1. Le premier constat est celui de la présence désormais incontournable de l’énoncé et de l’objet « durabilité » dans ces manuels. Le terme ne va pas de soi pour une dis- cipline qui étudie les relations nature/société et s’est, à ce titre, consacrée à interroger les notions de nature, d’environnement ou encore d’écologie (33). Désormais, chacun de ces manuels intègre un questionnement de la durabilité énoncé en tant que tel dans la structure de l’ouvrage : deux chapitres y sont dédiés dans le Manuel de sociologie de l’environnement, une section explicite dans Environnement et société (et plusieurs autres sous-sections en traitent de facto aussi), une section est également affichée dans Allgemeine Umweltsoziologie (et plusieurs sous-sections en relation), ainsi que l’une des cinq parties du Handbuch Umweltsoziologie et des chapitres d’autres parties.

28 Ivan Illich, La convivialité (1973), Paris, Points-Seuil, 2014. 29 Voir Alain Caillé, Marc Humbert, Serge Latouche et Patrick Viveret, De la convivialité. Dialogues sur la société conviviale à venir, Paris, La Découverte, 2011 ; Frank Adloff et Volker M. Heins (éd.), Konvivialismus. Eine Debatte, Bielefeld, Transcript Verlag, 2015. 30 Pour une mise en perspective, voir Dominique Bourg et Augustin Fragnière, La pensée écologique. Une anthologie, Paris, Presses universitaires de France, 2014, 2e partie. 31 Slavoj Žižek, The Ticklish Subject : The Absent Centre of Political Ontology, Londres, Verso, 1999 (tra- duction française : Le sujet qui fâche. Le centre absent de l’ontologie politique, Paris, Flammarion, 2007). 32 Henrik Ernstson et Erik Swyngedouw (éd.), Urban Political Ecology in the Anthropo-obscene. Political Interruptions and Possibilities, Londres/New York, Routledge, 2017 ; ainsi que Hamman/ Anquetin/Monicolle, « Contemporary Meanings », et « Du “développement durable” » (note 4). 33 Pour un point, voir notre contribution : « Les relations entre ruralité, nature et environnement en sciences sociales : mises en perspective et renouvellement », in : Philippe Hamman (dir.), Ruralité, nature et environnement. Entre savoirs et imaginaires, Toulouse, Érès, 2017, p. 7-58. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 431

Au-delà, on retrouve trois modes d’entrée, signe d’une porosité des contextes natio- naux en regard des développements multiniveaux de la durabilité. 2. Tout d’abord, à chaque fois est étudiée la genèse et la consécration internationale du registre de la durabilité, ainsi positionné et légitimé à l’échelle globale. Dans le Manuel de sociologie de l’environnement, un chapitre intitulé « De l’écodéveloppement au développement durable » y est pleinement consacré et s’attache à dépeindre un che- minement en quatre temps : les crises du développement qui sont objet de débats dans les années 1970 – sous l’angle des limites de la croissance des activités économiques, mais aussi de la croissance démographique – constituent le contexte de l’émergence de l’« écodéveloppement », notamment forgé par Ignacy Sachs (34), « comme le double refus de deux radicalismes : l’économisme et l’écologisme. […] Le premier met en cause un système économique qui érige la production comme fin en soi. […] Le second évince l’homme d’une autre manière, […] la conservation de la nature étant alors la finalité suprême. […] L’écodéveloppement se veut donc une voie médiane » (p. 246- 247). Puis il est montré en quoi, à partir du début des années 1980, cette notion cède progressivement la place à celle de développement durable. Les fils conducteurs sont le balancement « substitutions de notions, permanence des idées » (p. 251) et la poly- sémie du développement durable, laquelle favorise d’abord la convergence, puis vient à marquer des antagonismes, d’où « plus récemment la montée en force du courant de la décroissance » (p. 255). De même, si Environnement et société situe ses analyses surtout dans le cadre français, en examinant la montée en puissance du développe- ment durable en lien avec « la prise en charge publique du champ de l’environnement » (objet du chapitre III), la mise en perspective socio-historique des évolutions du ministère de l’Environnement est l’occasion d’étudier le processus de « la normalisa- tion du développement durable » et de revenir ainsi sur « le cheminement de la notion de développement durable [qui] est aussi celui de la formulation politique des enjeux environnementaux », où l’on retrouve une mise en perspective internationale à partir des années 1970 et passant par la théorie de l’écodéveloppement (p. 99-101). Le constat dressé et le cheminement restitué sont similaires dans les deux manuels allemands. Ainsi, la section intitulée « Nachhaltige Entwicklung » dans Allgemeine Umweltsoziologie dégage-t-elle là aussi « das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung » (p. 155 sq.) en se situant à l’échelle internationale et en étudiant comme cadres struc- turants le rapport Brundtland de 1987 et le sommet de la Terre de Rio de 1992, sans oublier de revenir aux années 1970 et à l’écodéveloppement (p. 158-159). Qui plus est, un autre chapitre étudie également cette assise internationale de la problématique de la durabilité, en la liant à celle de la gouvernance mondiale : « Internationale Umwelt- regime. Global Environmental Governance » (p. 242-254). Cette même perspective globale se retrouve enfin dans le Handbuch Umweltsoziologie. Un chapitre traite expressément de la « Soziologie globaler Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik », avec des développements là encore scandés à partir des institutions et conférences inter- nationales (p. 628-650). Deux autres chapitres, situés en fin de volume et ouvrant des perspectives, font aussi le lien avec la question « globale » du changement climatique,

34 Voir en particulier Ignacy Sachs, Stratégies de l’éco-développement, Paris, Éditions Économie et Humanisme/Éditions ouvrières, 1980. 432 Revue d’Allemagne qui prend une place de plus en plus forte en matière de durabilité : « Die Politisierung des globalen Klimawandels und die Konstitution des transnationalen Klimaregimes » et « Klimawandel und globale Umweltveränderungen » (p. 671-720). Derrière ces similarités, une spécificité est toutefois remarquable dans les ouvrages allemands. À la différence des écrits francophones (ou anglo-saxons), ils rapportent couramment le registre de la durabilité à une pré-histoire de long terme à travers le « Waldbewirtschaftungsprinzip » énoncé en 1713 par Carl von Carlowitz. Ceci se retrouve par exemple dans le manuel Nachhaltigkeit d’Armin Grunwald et Jürgen Kopf- müller, lorsque les auteurs déclinent leur chapitre socio-historique : avant de restituer les débats internationaux (« Internationale Debatten über Umwelt und Entwicklung »), une première section (« Ursprünge des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung », p. 18-20) attribue au concept de durabilité des origines plus lointaines dans les études forestières : « Der Begriff “Nachhaltigkeit” tauchte erstmals Anfang des 18. Jahrhunderts in der Forst- wirtschaft unter der Zielsetzung auf, ökonomische Erwägungen mit dem Faktor Natur in Einklang zu bringen. Vielfach wird die Abhandlung Sylvicultura Oeconomica des sächsi- schen Oberberghauptmanns von Carlowitz aus dem Jahr 1713 als erstmalige Erwähnung genannt. […] Es sollte pro Jahr nicht mehr Holz geschlagen werden als nachwächst. Dieses (ressourcenökonomische) Prinzip […] wurde ein Vorbild für spätere Nachhaltigkeitsüber- legungen » (p. 18-19). Cette filiation singulière est largement partagée dans les analyses germaniques et se repère de manuel en manuel, à l’instar de celui d’Iris Pufé, Nachhaltigkeit. Là aussi, le chapitre « Geschichte der Nachhaltigkeit » débute par une section dédiée à Carlowitz et à sa postérité, affiliant la durabilité à un principe initial de gestion des ressources naturelles, et en particulier des forêts (« Seinen Ursprung hat der Begriff [Nachhaltig- keit] in der Forstwirtschaft », pose l’auteure), avant de citer également les prémices de l’écologie à travers les écrits de Carl von Linné (Systema Naturae, 1735) (35). 3. Se dégage ensuite le lien entre développement durable et innovation ou moderni- sation, et notamment la connexion avec les théories de la modernisation écologique, dont l’Allemagne a été le berceau avec les travaux de Joseph Huber (avant une exten- sion européenne puis internationale via l’école néerlandaise autour notamment d’Arthur P. J. Mol et Gert Spaargaren (36)), et qui se sont également diffusées en France. Sans surprise, les deux manuels allemands de sociologie de l’environnement retenus y consacrent des développements substantiels. Joseph Huber lui-même a rédigé le manuel Allgemeine Umweltsoziologie ; il y synthétise la thèse de la modernisation écologique (« ökologische Modernisierung »), qui se fonde sur l’hypothèse d’une possible compati- bilité entre économie et écologie – à l’opposé du postulat des tenants de la décroissance : « Die Strategie der ökologischen Modernisierung geht davon aus, dass Ökonomie und Ökologie, Industrie und Natur, nicht zwangslaüfig Gegensätze zu sein brauchen. Sie lassen sich so weit miteinander in Einklang bringen, wie es gelingt, die Steigerung der Umwelt- produktivität – als Ressourcen-, Energie- und Senkenproduktivität –, zu einer ebensolchen Wohlstandsquelle zu machen wie die bisherige Arbeitsproduktivität » (p. 143).

35 Iris Pufé, Nachhaltigkeit, Constance/Munich, UTB-UVK Lucius, 2014 (2e éd.), p. 34-37. 36 Arthur P. J. Mol et Gert Spaargaren, The Ecological Modernisation Reader. Environmental Reform in Theory and Practice, Londres/New York, Routledge, 2009. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 433

Dans son analyse en termes de métabolisme industriel, Joseph Huber met l’accent sur les innovations technologiques (« technologische Umweltinnovationen »), tant dans le domaine de l’énergie que des flux de matières, comme clef de la durabilité : « Bleibt als realistischer Ausweg : innovativer Strukturwandel, der die ökologische Tragekapazität für die Menschheit einmal mehr erhöht » (p. 171). Des jalons sont posés dans le chapitre significativement intitulé « Ökologische Diskurse, Leitbilder und Strategien. Vom Nullwachstum zur ökologischen Modernisierung » (p. 134-182), qui intègre la présentation du développement durable entre les débats sur la croissance et ceux sur la modernisation écologique. Puis l’auteur développe ce paradigme autour de deux grandes entrées : « Umweltmanagement. Ökologisch wirtschaften und produ- zieren » et « Ökoindustrielle Wirtschaftsentwicklung » (p. 255 sq. et 276 sq.). De façon proche, le Handbuch Umweltsoziologie accueille un chapitre signé de Joseph Huber, qui déplie le même fil directeur : « Ökologische Modernisierung und Umweltinnova- tion » (p. 279 sq.), ainsi qu’un autre sous la plume des promoteurs néerlandais de la modernisation écologique, Arthur P. J. Mol et Gert Spaargaren : « Zur Umweltsoziolo- gie der Netzwerke und Flows » (p. 140 sq.), où ils s’intéressent en particulier aux flux de matières. Plus largement, l’ouvrage consacre explicitement l’une de ses grandes parties aux rapports entre « Modernisierung, Innovation und Nachhaltigkeit », dépliés en sept chapitres qui dégagent transversalement une lecture d’abord experte et technique de la durabilité, vue comme accommodement par l’innovation, notamment, pour reprendre des têtes de chapitres, en matière de services écosystémiques, de mobilité, d’énergie et de déchets (p. 277-442). Cette diffusion des théories de la modernisation écologique ressort également en France. Cela apparaît certes à un degré moindre dans le Manuel de sociologie de l’envi- ronnement, qui n’y consacre pas de chapitre ou section affichés en propre. C’est là peut- être un signe de ce que la notion n’a pas son origine dans le contexte francophone, au contraire du cadre allemand qui la promeut. Pour autant, elle est bien mobilisée au fil des textes. Et sa reconnaissance est plus nette dansEnvironnement et société, où une section aborde la « modernisation écologique » comme « l’institutionnalisation d’une gestion économique de l’environnement » (p. 136-142). Les auteures explicitent « le développement d’un marché [économique] fondé sur la valeur environnementale de ses productions, que ce soit dans le domaine de l’agroalimentaire, des technolo- gies propres, des entreprises de traitements, etc., permettant la création de “niches économiques” allant des “écoproduits” à “l’industrie écologique” » ; et d’ajouter : « L’intégration économique des problèmes de pollution a ainsi été un moteur de la croissance, permettant non seulement de renouveler le process mais aussi d’assurer le développement d’un secteur des “biens et services environnementaux” » (p. 136-138). Les exemples donnés au niveau des déchets et flux de matières rejoignent également la synthèse réalisée dans les manuels allemands. On relève deux nuances par rapport aux présentations allemandes. D’une part, ce ne sont pas les travaux initiaux de Joseph Huber qui sont cités et exposés, mais les élabora- tions d’Arthur P. J. Mol et Gert Spaargaren. On lit ainsi dans Environnement et société : « Ce processus défini dans la littérature anglo-saxonne sous le terme d’“ecological moder- nization” est présenté par les auteurs de ce courant en sciences sociales comme une “vision optimiste” et “réformatrice” des relations entre protection de l’environnement et croissance 434 Revue d’Allemagne

(Mol et al. 2009) (37). Le processus d’industrialisation par l’innovation technologique doit être soutenu par une réforme des institutions politiques qui permet une participation croissante des acteurs économiques et sociaux à la modernité écologique » (p. 139). Le constat est corroboré à la lecture du Manuel de sociologie de l’environnement, où l’on dénombre en bibliographie pas moins de cinq références aux publications d’Arthur P. J. Mol et ses collègues néerlandais, et seule une référence à Joseph Huber, cité dans le chapitre consacré à la sociologie allemande de l’environnement pour la réception de son manuel Allgemeine Umweltsoziologie de façon générale. On voit ici de facto que les auteurs néerlandais ont été centraux dans la diffusion internationale – et non pas directement d’Allemagne en France – de la notion. Joseph Huber le reconnaît du reste dans Allgemeine Umweltsoziologie, dès le début de la section portant sur la modernisation écologique : « Durch Rezeption und weitere Ausarbeitung bei den hol- ländischen Umweltsoziologen Mol und Spaargaren hat der Ansatz erst europaweit, dann auch weltweit Aufnahme gefunden » (p. 143). D’autre part, on note un regard plus directement critique sur la modernisation écologique que dans les manuels allemands, ce qui peut s’expliquer par la position pionnière de Joseph Huber en la matière en Allemagne. En France, dans Environne- ment et société, la présentation de la notion est suivie d’une mise à distance au titre de la problématique des « inégalités environnementales » : « L’ajustement de ce mode de développement se fait par le creusement d’inégalités quant à l’accès aux ressources naturelles et à l’exposition aux pollutions » (p. 141). Ceci renvoie aussi plus largement à la place de la sociologie critique française, qu’incarne par exemple Jean-Louis Fabiani lorsqu’il met en garde contre les soubassements de la modernisation écologique : « La modernisation écologique peut être considérée comme le point d’aboutissement de la dissociation entre, d’un côté, une forme activiste de l’écologie, laquelle, avec des degrés de radicalité divers, a constitué la question environnementale comme problème public, et a donc été le vecteur principal de son institutionnalisation, et, d’un autre côté, une forme experte, qui s’est efforcée de dépolitiser l’objet et de le rendre compatible avec les modes de gestion techno-bureaucratiques susceptibles de légitimer son expertise » (38). Ce rôle croissant de l’expertise fait d’ailleurs l’objet d’un chapitre dans Environne- ment et société, ciblant « le recours à l’expertise comme nouveau mode de gouverne- ment de l’incertitude » (p. 179 sq.). Les enjeux des inégalités environnementales ne sont pas ignorés côté allemand, mais, par exemple, le chapitre qui en traite dans le Hand- buch Umweltsoziologie (« Umweltgerechtigkeit », p. 464-484) est présenté de façon bien distincte de celui dédié à la modernisation écologique (« Ökologische Modernisierung und Umweltinnovation », p. 279-302), sans discussion croisée entre les concepts et/ou auteurs, même si toutes les pièces du panorama sont bel et bien fournies. 4. Un dernier trait significatif tient aux enjeux d’implication et de pratiques citoyennes rapportés aux démarches de durabilité. Cette problématique est nettement posée dans Environnement et société, sous l’angle de « l’éducation à l’environnement, entre cri- tique et adaptation », que l’on sait largement reprise sous le registre d’« éducation au

37 Référence à Mol/Spaargaren, The Ecological Modernisation Reader (note 36). 38 Jean-Louis Fabiani, « Rural, environnement, sociologie », in : P. Hamman, Ruralité, nature et environ- nement (note 33), p. 111-132, ici p. 114. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 435 développement durable » (39), avec en arrière-plan le fait que « la diffusion contemporaine de la notion d’écocitoyenneté renvoie explicitement aux valeurs de la morale écologique, dans le sens où elle renomme l’acteur social comme étant en relation avec un écosys- tème. Celui-ci participe par agrégation en tant qu’individu à une œuvre collective et peut accéder ainsi au statut de citoyen » (p. 241). Chantal Aspe et Marie Jacqué montrent que ce postulat n’est pas neutre ; il emporte une « normalisation de l’engagement écoci- toyen », où le discours des « bonnes pratiques » environnementales peut devenir « alié- nant ». L’écocitoyenneté s’appuie en effet « sur un traitement économique et technique des objets environnementaux » et opère un transfert de responsabilité du collectif vers l’individu, invisibilisant le poids des structures socio-économiques et autres rapports de force (p. 241-253). Sans que l’on y trouve cette fois de développements spécifiques, l’asso- ciation entre (appel à la) durabilité dans l’action publique et participation citoyenne est aussi relevée dans le Manuel de sociologie de l’environnement, dans le chapitre portant sur la gouvernance de la durabilité, qui explicite les modes de cadrage (procédures, limi- tation aux échelles de proximité…) de ce « faire participer » (p. 271-272). Côté allemand, le manuel Allgemeine Umweltsoziologie consacre également son dernier chapitre à l’écocitoyenneté : « Umweltbewusstes Verbraucherverhalten, ökolo- gische Haushaltsführung » (p. 295-315), se situant ainsi à l’échelle des pratiques indi- viduelles – après avoir préalablement examiné le registre du développement durable sous l’angle des stratégies d’efficience (« Effizienzstrategie », rattachée à la conférence de Rio) et de la modernisation écologique (en termes de métabolisme et d’éco-inno- vations technologiques). Tout comme le manuel français Environnement et société, on repère une prise de distance, mais la posture diffère. Là où la sociologie critique française relève une possible « aliénation » des individus ou normalisation imposée de leurs pratiques par les décideurs au nom de la durabilité comme répertoire de légitimation (les fameuses « bonnes pratiques ») (40), Joseph Huber dénonce quant à lui les marqueurs d’un « fondamentalisme écologique » (p. 304). Le point commun est de rapporter la durabilité à un cadre de légitimation pour des impositions, jusque, par exemple, dans la façon dont les questions adressées aux citoyens sont formulées dans les enquêtes sur l’écoconsommation : « Die Items kreisen darum, (a) mit weniger zufrieden zu sein und (b) mehr dafür zu bezah- len. Die Items sind unter diesem Aspekt in dreifacher Hinsicht problematisch – erstens im Hinblick auf die Validität der Items, zweitens hinsichtlich ihrer ökologischen Relevanz, drittens und nicht zuletzt unter ideologiekritischen Aspekten » (p. 302). Corrélativement, une section invite à resituer ces enjeux par rapport aux variables et clivages socio-démographiques et économiques, c’est-à-dire à les replacer dans l’épais- seur du social, rejoignant de la sorte Environnement et société :

39 Voir notamment Philippe Hamman et Christine Blanc, Sociologie du développement durable urbain, Bruxelles, PIE-Peter Lang, 2009. 40 On lit ainsi : « L’écocitoyenneté focalise un désir d’engagement pour l’environnement, qui, en s’expri- mant dans des cadres gestionnaires, devient aliénant pour l’individu, lequel est dessaisi de la portée politique de son acte et détourné de l’objectif de son engagement. Par cet engagement, il participe paradoxalement aux formes dominantes d’exploitation des ressources naturelles et au maintien d’un mode de vie axé sur la consommation, ce qu’il est censé combattre », Aspe/Jacqué, Environnement et société (note 6), p. 251. 436 Revue d’Allemagne

« Soziologisch gesehen ist es selbstverständlich, Umweltbewusstsein und Umweltverhalten auf demographische Merkmale wie Alter und Geschlecht zu beziehen, ebenso auf Merk- male der sozialen Lage wie Schicht- und Milieuzugehörigkeit. Davon ausgehend lag es nahe, umweltbewusstes Verbraucherverhalten auch auf Lebensstile zu beziehen » (p. 305). Quant au Handbuch Umweltsoziologie, il déploie – tel un pendant au chapitre consa- cré à la gouvernance de la durabilité dans le Manuel de sociologie de l’environnement qui a aussi évoqué la dimension participative – un chapitre consacré à « Partizipation und neue Formen der Governance » (p. 485-502), dont la ligne directrice énonce : « Ein Hauptmotiv für diese Entwicklung liegt in der gewachsenen Komplexität moderner Umwelt- und Nachhaltigkeitsprobleme begründet, der man mit flexibleren, anpassungs- fähigeren Formen gesellschaftlicher Entscheidungsfindung begegnen möchte, die zugleich derartige Entscheidungen auf eine breitere gesellschaftliche Basis stellen» (p. 485). Il s’ensuit des enjeux de cadrage (niveaux d’association du citoyen) et d’objectifs divers, explicités à partir d’une triade émancipation/légitimation/effectivité : « Emanzipation beschreibt die Befreiung aus Zuständen der Abhängigkeit bzw. Ungleich- heit und eine (Wieder-)Gewinnung von Selbstbestimmung, wie sie für demokratische Gesellschaften prägend ist. […] Partizipation im Sinne einer Teilhabe an kollektiven Ent- scheidungen bildet damit ein zentrales emanzipatorisches Element und ist als Kritik an herrschenden gesellschaftlichen Zuständen vor allem im marxistischen und neo-marxis- tischen Schriftum verankert. […] Ein zweiter wichtiger Diskurs im Zusammenhang mit Partizipation bezieht sich auf die demokratischen Qualitäten und damit die Legitimität von Entscheidungsprozessen. […] Der heute dominante Diskurs ist jedoch der einer zivil- gesellschaftlichen Einbindung “von oben”. Was wie ein Widerspruch in sich klingt, meint die von Seiten der Entscheidungsträger angestoßenen Möglichkeiten zur Beteiligung und Mitwirkung von üblicherweise nicht entscheidungsbefugten individuellen Akteuren, Ins- titutionen, Organisationen, etc. » (p. 489-492). 5. Enfin, d’un point de vue synthétique, la lecture des quatre manuels considérés nous apprend qu’en France comme en Allemagne, les analyses consacrées au développe- ment durable sous l’angle de la sociologie de l’environnement ne s’arrêtent pas tant à la conciliation du triptyque économie-écologie-social, c’est-à-dire le modèle dit des trois piliers de la durabilité, dans la filiation du rapport Brundtland de 1987. Ils soulignent plutôt deux axes en tension : le rapport à l’économie et à la croissance, et le rapport à la nature et à l’environnement, c’est-à-dire technocentrisme vs. écocentrisme. En ce sens, il en va dans la littérature retranscrite dans les manuels, tantôt d’une perspective intégrative et réformiste du processus de mise en durabilité – incarnée notamment par la « modernisation écologique », qui apparaît avoir pris le dessus en Allemagne dans les analyses de la durabilité, au moins un temps – , tantôt d’une lecture davantage sociale et critique – sachant qu’à présent la question de la justice environnementale et sociale est également de plus en plus investie dans les deux cadres nationaux (41). Ce dernier aspect traduit aussi la dimension de la reconnaissance/réhabilitation des savoirs locaux sur la nature, à partir de la question environnementale portée par le développement durable. Ceci rappelle en filigrane que l’écodéveloppement, au sens

41 Voir les analyses convergentes de Karl-Werner Brand, « “Sustainability Transition”. La durabilité, défi social et politique », in : Charles/Lange/Kalaora/Rudolf, Environnement et sciences sociales (note 9), p. 117-146. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 437 d’Ignacy Sachs, relevé dans les différents manuels suggère une pluralité des voies de développement, c’est-à-dire de ne pas opposer artificialité et naturalité d’un écosys- tème, et de considérer les pratiques locales comme un point de départ de la résolution des problèmes techniques (42). Quelle durabilité ? Entre contenus et procédures Ces premiers constats complexifient déjà l’appréhension de la durabilité par-delà la seule question du compromis, toujours partiel et à recommencer de séquence en séquence, entre les trois pans économique, environnemental et social. Pour aller plus loin, nous focalisons sur deux ouvrages de référence, en France et en Allemagne, spé- cifiquement consacrés à l’analyse du développement durable, et publiés au cours ou à l’issue des années 2000, qui ont marqué le succès de la diffusion de la notion. Nous ne revenons pas sur les traits précédemment dégagés, qui sont à nouveau attestés. Par exemple, on retrouve à chaque fois le rappel des dynamiques de genèse et de consécra- tion de la notion, largement rapportées à la scène internationale. De façon révélatrice, le manuel devenu classique d’Armin Grunwald et Jürgen Kopfmüller, Nachhaltigkeit, s’ouvre par un premier chapitre dépeignant cette histoire : « Entstehungsgeschichte und wesentliche Meilensteine » (p. 18 sq.). Les auteurs y présentent les débats inter- nationaux sur l’environnement et la croissance et des moments consacrés, comme la commission Brundtland, le sommet de Rio et les Objectifs du millénaire pour le déve- loppement, dans le cadre des Nations unies. Dans cette littérature spécialisée, en France et en Allemagne, on note de façon centrale les rapports, toujours en train de se faire, entre contenus et procédures de la durabilité, tant en termes de savoirs que de pratiques. Cette ligne directrice présente de réelles similitudes dans les deux pays et se caractérise à partir de cinq entrées et modes d’analyse principaux, dont rendent compte les manuels. 1. Durabilité faible et forte En interaction avec le trinôme économie/écologie/social, Bertrand Zuindeau posi- tionne cet enjeu dès l’introduction de Développement durable et territoire : « Entre les approches “plutôt économiques” ou, au contraire, “plutôt écologiques” du DD [déve- loppement durable], entre ce que les théoriciens du DD ont convenu d’appeler, d’un côté, la “durabilité faible” et, de l’autre, la “durabilité forte”, il n’y a pas que des nuances, tant s’en faut ! » (43). L’auteur explicite : « Une conception est dite de “durabilité faible” si elle estime que les diverses composantes du capital (capital matériel, capital humain, capital naturel) sont substituables. À l’inverse, les approches de type écologique retiennent plutôt l’idée que cette substitution n’est pas possible ». En même temps, il invite à considérer que « la prise en compte des trois piliers du DD (l’économique, le

42 Voir Florence Pinton, « De la mise en valeur coloniale au développement durable : le statut des savoirs locaux sur la nature », in : Charles/Lange/Kalaora/Rudolf, Environnement et sciences sociales (note 9), p. 343-367. 43 Sachant que, sous d’autres aspects, l’on trouve aussi une lecture duale en littérature, entre « écologie superficielle » et « écologie profonde », par exemple. Voir notamment Hicham-Stéphane Afeissa, « : “How deep is your ecology” ? », in : Aurélie Choné, Isabelle Hajek et Philippe Ham- man (dir.), Rethinking Nature, Challenging Disciplinary Boundaries, Londres/New York, Routledge, 2017, p. 27-37. 438 Revue d’Allemagne social, l’environnemental) ne doit pas conduire à un simple collage, mais doit donner lieu à une véritable intégration, amenant à redéfinir les objectifs du développement eux-mêmes » (p. 14-15). Cette attention se confirme au fil des chapitres, à l’instar de celui sur « les antécédents conceptuels du développement soutenable » (p. 25 sq.) ou de la réflexion sur « équité territoriale et développement durable » (p. 97-107). La position exprimée dans le manuel Nachhaltigkeit est comparable, pointant les débats « Starke oder schwache Nachhaltigkeit ? » et « Nachhaltigkeit und Wirtschaftswachstum » comme structurants de la durabilité (chap. 4), et non uniquement le trinôme économie/ écologie/social, parfois présenté comme le « “triangle” magique de la durabilité » (« das magische “Dreieck” der Nachhaltigkeit », p. 58). Ce même arrière-plan de durabilité forte ou faible est également présent dans Nachhaltigkeit als radikaler Wandel. L’un des trois défis centraux dégagés par Hellmuth Lange, afin de dépasser « un correctif purement esthétique de la dynamique de développement existante » (« eine bloß kosmetische Kor- rektur der gegebenen Entwicklungsdynamik », citant ici Carsten Wiemeyer (44)), est celui des objectifs (« Ziele ») à formuler par rapport à cette double grille : « Einerseits zur Stabilisierung der Ressourcenbasis und der tragenden ökosystemaren Zusammenhänge der Erde und andererseits in einer Verteilung der Kosten, des Nachhal- tigkeitswandels, die in der gesellschaftlichen Breite als einigermaßen akzeptabler neuer Angemessenheits- und Gerechtigkeitsrahmen verstanden wird – nicht zuletzt im Nord- Süd-Verhältnis » (p. 36). Il devient alors de plus en plus fréquent d’identifier la démocratie comme un qua- trième pan de la durabilité. Armin Grunwald et Jürgen Kopfmüller soulignent cette dimension politico-institutionnelle (« politisch-institutionnelle Dimension »), et en particulier l’importance de la démocratie et de la participation comme modes de légi- timation des processus décisionnels (p. 40). Dans l’ouvrage collectif Développement durable, communautés et sociétés, deux chapitres s’attachent pleinement à cette ques- tion du « Développement durable démocratique (DDD) ». Notablement, dans son texte conclusif, le sociologue André Petitat, alors président de l’Association internationale des sociologues de langue française, en fait même le troisième pilier du DD, en lieu et place du social, écrivant : « La configuration normative du développement durable (DDD disent certains) […] se trouve au carrefour de plusieurs dimensions, dont les trois principales sont l’économie (Développement), l’écologie (Durable) et la politique (Démocratie) » (p. 221). Plus largement, l’ouvrage montre que la mise en œuvre de politiques locales « durables » passe par des modes collectifs de délibération et de tran- saction. À ce titre, la durabilité relève d’une mise en rapport d’impératifs a priori éloi- gnés (durabilité forte/faible, etc.), qui rejoint le répertoire également protéiforme de la gouvernance locale : « gouvernance démocratique et développement durable » sont examinés de pair par Maurice Blanc, dépliant « gouvernance et partenariat », « gouver- nance multi-niveaux » et « gouvernance intersectorielle » (p. 40-43). 2. Les configurations d’acteurs Justement en lien avec la problématique de la gouvernance, une seconde carac- téristique transversale porte sur les configurations d’acteurs et leur analyse dans le

44 Carsten Wiemeyer, « Sustainable Development » und die lokale Agenda 21 : Ein neues Arrangement auf dem Weg zur Zukunftsfähigkeit ,? Marburg, Tectum, 2002, p. 23. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 439 cadre de démarches et projets en développement durable. L’ensemble de la partie V de Développement durable et territoire déplie les « Démarches d’acteurs » (p. 409-501) en termes de projets d’aménagement, de mobilisations collectives, d’Agendas 21 ou de Plans Climat locaux, d’écologie industrielle, de « bonnes pratiques » ou encore de « gouvernance ». Transversalement, sont égrenés les aspects suivants : « information, formation, sensibilisation, appropriation, incitation, contrainte, conflits, coopéra- tion, etc. » (suivant les termes de Bertrand Zuindeau dans son introduction, p. 20-21). L’étude des jeux d’acteurs se retrouve au fil des pages de Développement durable, com- munautés et sociétés, à la fois dans le domaine de l’agriculture et celui de la ville, qui scandent les parties 2 et 3 du livre, précédées d’un chapitre rédigé par Marc Mormont, qui s’interroge sur « quels publics pour le développement durable ? » (p. 53-65). L’attention aux configurations d’acteurs (« Akteurkonstellationen ») se repère pareil- lement dans les deux ouvrages allemands. Ainsi, Hellmuth Lange y voit-il l’un des trois défis d’une durabilité qui emporte un « changement radical » (« als radikaler Wandel ») : « Es bedarf hinreichend breiter, handlungsfähiger und handlungsbereiter Akteurkonstellationen » (p. 37). En tant qu’exemplifications, l’ouvrage déploie une focale à l’échelon des individus, autour de la consommation durable, et une autre sur les problématiques organisationnelles des entreprises et des institutions (par- tie II : Konsum, et partie III : Unternehmen/Organisation : p. 43-147 et 149-235). Le manuel Nachhaltigkeit dédie également un chapitre aux « Nicht-staatliche Akteure : Unternehmen, Konsumenten, Zivilgesellschaft » (p. 182-203), en lien avec les échelles de concrétisation de la durabilité : locale (Agendas 21 comme exemple), nationale en Allemagne, européenne, Nations unies et modèle de la « gouvernance globale ». Plus loin, on note aussi la question de l’établissement d’une « culture de la durabilité » (« Kultur der Nachhaltigkeit », p. 229 sq.), c’est-à-dire la transformation des pratiques individuelles et les modes d’imposition sous-jacents, lorsqu’on évoque l’éducation au développement durable. 3. L’articulation entre approches substantielles et procédurales Troisième caractéristique partagée, la durabilité est analysée via une double entrée contenus/procédures. C’est là un résultat marquant, tant dans l’appréhension de ce qui se joue derrière l’affirmation du développement durable (et comment, dans quel cadre) que pour relativiser la lecture du compromis entre les « trois volets ». Du reste, la dimension procédurale de la mise en œuvre du développement durable fait aussi l’ob- jet d’une insistance dans les manuels de sociologie de l’environnement précédemment cités. Ainsi, dans Environnement et société, il est clairement soulevé qu’« à l’échelle locale, le développement durable se décline par la multiplication de procédures de normalisation. […] La quête de légitimité dans l’application locale des principes inter- nationaux et surtout dans l’articulation entre les deux niveaux constitue le lieu de positionnement actuel pour une partie des sciences sociales » (p. 102-103) – ce que confirme le chapitre « Développement durable et gouvernance urbaine, perspectives croisées » dans le Manuel de sociologie de l’environnement. On lit en ce sens les parties I à IV du Handbook dirigé par Bertrand Zuindeau, à travers, d’une part, les « enjeux territoriaux » (partie III, par exemple ayant trait à la ville, la ruralité, la biodiversité, etc.) et les « enjeux sectoriels » (partie IV, traitant de la pollution atmosphérique, du changement climatique, de l’eau, des déchets, de la 440 Revue d’Allemagne santé, de l’agriculture, du tourisme, de la construction et des transports), et, d’autre part, les « concepts et méthodes » (partie I) et les « problématiques générales » (par- tie II), où sont étudiées les dimensions processuelles et procédurales, à l’exemple notamment de « l’évaluation des politiques territoriales au regard du développement durable » (p. 71 sq.), des « indicateurs de développement durable à l’échelle des ter- ritoires » (p. 83 sq.) et des « innovations environnementales » (p. 143 sq.) – ou encore les deux derniers chapitres de l’ouvrage : « Développement durable et “bonnes pra- tiques” » (p. 479 sq.) et « La gouvernance, une impérieuse nécessité pour le développe- ment durable » (p. 491 sq.). Développement durable, communautés et sociétés va dans le même sens, en soulignant par exemple les jeux sur les normes et les règles, c’est-à-dire sur les cadres et modes d’intervention en développement durable (« Développement durable urbain et transactions territoriales », p. 157-170) plutôt que sur d’éventuels secteurs clefs, tant dans le domaine de l’agriculture que de la ville, qui sont les deux grandes entrées explorées dans le livre. Nachhaltigkeit propose également, à travers les chapitres 5 et 6, une mise en parallèle des principaux domaines d’application de la durabilité, c’est-à-dire sa dimension subs- tantielle : « Gesellschaftliche Handlungsfelder » (chap. 6, p. 107 sq.), où sont déclinés : Ernährung, Wohnen und Bauen, Mobilität, Energie, Klimawandel, Wasser, Arbeit, Landwirtschaft ; en regard du chap. 5 : « Nachhaltige Entwicklung konkret : messen, bewerten, handeln » (p. 76 sq.), où il en va des enjeux processuels et procéduraux (notamment en lien avec les indicateurs, la question de la mesure et de l’évaluation, les modèles et scénarios…), ainsi que de la section 3 du chapitre 3 où est traitée la dimen- sion démocratique qui se veut rattachée à la durabilité (p. 40 sq.). Enfin,Nachhaltigkeit als radikaler Wandel pose clairement cette hypothèse de départ : « Die Nachhaltig- keitsproblematik wird […] zu einer Herausforderung im Sinne weiterer Schritte zur Modernisierung und Entfaltung der Demokratie, und dies sowohl in prozeduraler als auch inhaltlicher Hinsicht » (p. 12, c’est nous qui soulignons). C’est en cela – « inhalt- liche und prozessuale Nachjustierungen » (p. 37) – que se comprend le troisième défi dégagé par Hellmuth Lange : « Es muss gelingen, sowohl die Zielstellungen als auch die notwendigen Akteurkonstellationen trotz des unvermeidlichen und nicht endenden Wandels des Kontextbedingungen immer wieder zu rekonfigurieren » (p. 37). Le livre interroge ainsi la problématique de la gouvernance, avec par exemple les question- nements du changement socio-technique et de la place des ONG (« Soziotechnischer Wandel », « Nichtregierungsorganisationen als “Player” in der Nachhaltigkeitspoli- tik », p. 237-341). 4. Des dynamiques processuelles et transactionnelles permanentes La durabilité est également qualifiée dans les ouvrages retenus, en France et en Alle- magne, comme relevant d’une dynamique processuelle, caractérisée plus précisément par deux grandes propriétés. D’une part, elle se marque dans des expérimentations tou- jours en train de se faire (et non pas un état figé ou abouti). Comme l’exprime Hellmuth Lange, « es erscheint angemessener und fruchtbarer […] nicht nach Nachhaltigkeit schlechthin zu suchen, sondern die Bedingungen für mehr oder weniger radikale Veränderungen zugunsten von nachhaltigeren Optionen der Entwicklung in den Mit- telpunkt zu stellen » (p. 10). Cette idée se retrouve dans le chapitre 5 de l’ouvrage Nach- haltigkeit : « Nachhaltige Entwicklung konkret : messen, bewerten, handeln » (p. 76 sq.), Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 441 c’est-à-dire la dimension processuelle de mise en œuvre et d’évaluation de la durabilité. De même, dans son introduction à Développement durable et territoire, Bertrand Zuin- deau souligne : « Une approche territoriale orientée vers la compétitivité et l’attractivité ne garderait sa légitimité que si elle intègre des considérations relatives au maintien des ressources, à la gestion des risques, ou à la recherche d’équité sociale. Sur un plan de mise en œuvre des politiques, une telle caractérisation tient plus actuellement de la perspective souhaitable que de la réalité observable. Sa concrétisation ne paraît guère pouvoir se faire autrement que progressivement, et l’orientation proprement durable de la politique est peut-être même à rechercher dans une démarche in itinere (“chemin faisant”) plutôt que définie en amont, une fois pour toutes » (p. 15). Il est ainsi question, au fil des parties de l’ouvrage, d’« apprécier les aspects terri- toriaux des voies de solutions proposées, concernant notamment les gouvernances présentes ou à constituer » (p. 19-20). D’autre part, la durabilité prend place in concreto dans des dynamiques incrémen- tales, par essais et erreurs, en particulier à des échelles réduites, et via des transactions sociales, qui sont au cœur des contributions à l’ouvrage Développement durable, com- munautés et sociétés – en particulier les chapitres « Au cœur du développement durable démocratique. Transactions sociales entre individus, communautés et sociétés » (p. 33-46), rédigé par Maurice Blanc, et « Développement durable urbain et transactions territoriales » (p. 157-170), où sont dépliées, suivant un double balancement, les transac- tions sur les intérêts et sur les valeurs, puis les transactions sur les principes légitimes et sur les règles, dont les cheminements de concrétisation caractérisent des configurations sociospatiales et des espaces de références. Ceci rejoint le concept d’« échec fructueux » (« erfolgreiches Scheitern ») que met en avant Hellmuth Lange dans Nachhaltigkeit als radikaler Wandel (p. 37) à partir des travaux de Johannes Weyer (45). 5. Faire preuve de réflexivité : aborder ce qui peut être à la fois une notion sociétale et un concept scientifique À un cinquième niveau, qu’en est-il alors de la durabilité en termes épistémolo- giques (46) ? Des ouvrages considérés, elle apparaît constituer à la fois un objet d’étude et un cadre analytique pour saisir des transformations sociétales contemporaines. Objet, car la durabilité, on l’a dit, a un certain contenu repérable, qui renvoie en même temps à des cheminements et des configurations. Analyseur, car elle emporte indis- sociablement aussi un mode d’intelligibilité du réel, donne à voir des références et des ressources et permet de relire des dynamiques d’action, leur production comme leur opérationnalisation. En cela, le répertoire de la durabilité a une double portée instru- mentale et heuristique, et c’est bien ce que traduit Développement durable et territoire au fil de ses 40 chapitres ; Bertrand Zuindeau note dans son introduction : « Si …][ les contenus sont plutôt de nature positive, certains développements sont, toutefois, marqués par une certaine normativité. C’est notamment le cas du dernier chapitre

45 Johannes Weyer, « System und Akteur. Zum Nutzen zweier soziologischer Paradigmen bei der Erklä- rung erfolgreichen Scheiterns », Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 45/1 (1993), p. 1-22. 46 Voir également P. Hamman, Sociologie urbaine (note 2), p. 44-54. 442 Revue d’Allemagne relatif à la gouvernance, qui offre des perspectives pour l’avenir » (p. 17). Précisément, la partie I « Concepts et méthodes » vise à répondre à des enjeux de recherche que l’on peut soulever par rapport au statut de l’objet développement durable : « Répondre aux exigences épistémologiques requises ; Élaborer des méthodes adaptées ; Étudier de manière critique les méthodes existantes » (p. 19). On comprend dans le même sens les essais de théorisation produits en sciences sociales au cours de la décennie 2000, qui qualifient la durabilité d’utopie performa- tive. Tout en validant, durant ces années de diffusion de la notion, l’hypothèse d’une « nouveauté » de la durabilité comme paradigme, ce sont également l’opérationnalité et les usages de ce registre qui se retraduisent dans les ouvrages considérés. Particuliè- rement parlant est Développement durable, communautés et sociétés, où il est question, sous la plume de deux coordinatrices, de « l’utopie mobilisatrice du développement durable » (Josiane Stoessel-Ritz, p. 9-16) (47) et d’un point réflexif sur « l’utopie du déve- loppement durable et la recherche urbaine » (Nicole Mathieu, p. 199-219). En effet, la durabilité est d’abord une notion sociétale et politique, plus qu’un outil- lage scientifique, ainsi que le remarque Hellmuth Lange : « Trotz des starken Bezuges der Nachhaltigkeitsthematik auf wissenschaftliche Fakten (vor allem naturwissen- schaftlicher, aber auch gesellschaftswissenschaftlicher Art) bleibt sie eine regulative Idee und bei entsprechender Nutzung ein politisch-gesellschaftliches Reflexions- instrument » (p. 10). L’auteur avance comme brique de base dans le chapitre théorique d’introduction : « Nachhaltigkeit ist nur sehr bedingt ein wissenschaftliches Konzept. Zwar hat die Expertise von Wissenschaftlern im Entstehungsprozess des Nachhal- tigkeitskonzepts eine nennenswerte Rolle gespielt. Tatsächlich gehören aber die Agenda 21 und das Konzept der Nachhaltigkeit vor allem anderen in den Bereich der Politik » (p. 13, souligné par l’auteur). La durabilité est donc considérée comme un énoncé de portée politique ; Hellmuth Lange évoque la nécessité de faire de la durabi- lité le pivot de toute politique (p. 37). Ceci montre bien l’importance, de plus en plus établie dans la littérature à partir de la deuxième moitié des années 2000, d’une mise à distance des fausses évidences d’une durabilité parfois avancée comme un bien com- mun partagé. De là se conçoit aussi une dimension critique, à l’instar du chapitre 10, « Rezeption und Kritik » (p. 219 sq.) du manuel Nachhaltigkeit. Ces lectures critiques prennent, de façon générale, une place croissante à la suite de la crise économique mondiale de 2007-2008, jusqu’à poser le questionnement d’alternatives au paradigme de la durabilité. Des alternatives à la durabilité ? L’exemple du répertoire de la décroissance/Postwachstum Ce questionnement ressort plus nettement ces dernières années, mais de façon diverse, dans les études de sciences sociales. Ainsi que nous l’avons montré à partir d’un corpus de revues scientifiques francophones et anglophones depuis 2009 autour du marqueur de la « ville durable », on voit apparaître, dans des proportions qui restent limitées par rapport aux énoncés de la durabilité, quatre principales « alternatives » :

47 Ceci n’est pas sans référence au « réalisme utopique » dont parle Anthony Giddens, Les conséquences de la modernité, Paris, L’Harmattan, 1994, p. 160. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 443

« décroissance », « résilience », « transformation durable » et « transition », qui s’avèrent toujours largement enserrées dans une vision binaire (pour/contre) par rapport à la croissance économique comme référent central (48). Il y a là tout un univers de réfé- rences – et non un corpus unifié (49) – qu’il serait vain de prétendre totalement cerner, d’autant qu’il faut tenir compte du fait que les ouvrages rédigés sur ces enjeux le sont généralement par des auteurs eux-mêmes « engagés » et publiant auprès de maisons d’édition elles aussi identifiées. En termes de circulations en France et en Allemagne, nous nous arrêtons sur le registre de la décroissance comme indicateur permettant de formuler cinq remarques : 1. Significativement, c’est depuis la crise économique de 2007-2008 que les débats sur la décroissance ont (re)pris de l’ampleur, tant en France qu’en Allemagne. Wachs- tum – Krise und Kritik, du collectif AK Postwachstum, publié en 2016, se positionne clairement par rapport à ce nouveau contexte : « Seit Beginn des 21. Jahrhunderts setzen sich Menschen für “Décroissance”, “Degrowth” oder “Postwachstum” ein, und seit der Krise 2008 wird diskutiert, ob die kapitalistische Weltwirtschaft in eine “säkulare” Stagnation geraten ist. Die Debatte um die Grenzen des Wachstums ist als Kritik des globalen Kapitalismus wieder aufgeflammt. Dieser Band bietet neue Perspektiven : Er diskutiert, ob der Kapitalismus weltweit an seine Wachstums- grenzen geraten ist ; er stellt Alternativen neben- und gegeneinander ; schließlich fragt er, wie der Weg in eine nicht mehr von Wachstum abhängige Gesellschaft demokratisch gestaltbar wäre » (présentation de l’ouvrage). Le discours est similaire côté français, où Denis Bayon écrit dans sa postface à l’édi- tion de 2012 de La décroissance : « Deux ans après la publication de ce livre, le débat sur la question de la décroissance n’a cessé de prendre de l’ampleur. […] L’effondrement de l’économie d’accumulation n’y est sans doute pas pour rien » (p. 235). Si l’on suit Sté- phane Lavignotte dans La décroissance est-elle souhaitable ?, il y aurait là l’incarnation d’un retour militant à certaines références énoncées dans les années 1970, une fois le paradigme du développement durable capté par les institutions dominantes et ses dis- cours de compatibilité entre croissance économique, attention écologique et progrès social démentis par la crise. Au-delà de la posture de l’auteur lui-même, ceci appuie l’hypothèse du développement durable comme énonciation contingente rattachée aux décennies 1990-2000 : « Trente-sept ans après son utilisation par André Gorz (50) à l’occasion du rapport du Club de Rome sur les limites de la croissance, le terme de décroissance a fait un retour fracassant. […] Le “développement durable”, popularisé au sommet de la Terre à Rio en 1992, a été récupéré par les grandes entreprises comme par les partis politiques classiques. […] Avec le concept de décroissance, l’écologie politique s’offre une seconde jeunesse subversive. Les auteurs de la décroissance revisitent les “fondamentaux” de l’écologie politique et radica- lisent ses thèmes. Une mobilisation militante se dessine petit à petit […] » (p. 11).

48 P. Hamman, « Definitions and Redefinitions of Urban Sustainability » (note 23). 49 Denis Bayon, Fabrice Flipo et François Schneider parlent eux-mêmes de « la galaxie “décroissance” » dans l’introduction de l’ouvrage La décroissance (p. 8-11), et d’une « vaste mouvance hétéroclite » (p. 21). 50 Référence à André Gorz, Critique du capitalisme quotidien, Paris, Galilée, 1973. 444 Revue d’Allemagne

2. Dès lors, et tout comme la durabilité est un énoncé proprement politique en même temps qu’une notion voire une grille d’analyse, la décroissance se lit indissociablement sous le double statut d’un concept et d’un mouvement. Comme l’exprime Stéphane Lavignotte dans La décroissance est-elle souhaitable ? : « D’un concept […] relisant les classiques de l’écologie politique, croisant les travaux plus anciens de Serge Latouche (51) et ceux critiquant la “mal-bouffe” de Paul Ariès (52), la décrois- sance est devenue un mouvement, renouant avec l’écologie comme mouvement – et pas seulement parti – au moment où reprennent de la vigueur le mouvement antinucléaire, l’agriculture paysanne et biologique ou la contestation de la voiture en ville. Des pratiques originales, un programme, un travail idéologique de démarcation et une entrée dans le débat politique… » (p. 39). C’est bien ce que souligne aussi Marc Hieronimus dans Der Schritt zur Seite, ratta- chant le mouvement de la décroissance à une genèse française, celle des années 1970 et de Mai 68 (« Ursprünge im Pariser Mai 1968 »). 3. Il y a là trace de circulations notionnelles entre les deux cadres nationaux, dont une marque – comme pour le développement durable/soutenable – se repère aussi quant aux enjeux de traduction. Significativement, le livre de Marc Hieronimus s’inti- tule : Der Schritt zur Seite : Postwachstum – Rückgang – Décroissance, et l’auteur utilise largement le terme français de décroissance, expliquant p. 9 : « Es gibt bislang keine schöne Übersetzungen. Die vorgeschlagenen Wörter “Negativ-” und “Postwachstum” haben noch zu sehr das Wachstum als Bezugspunkt. » Ceci dit, là où certains concepts associés, comme celui de convivialité, apparaissent directement repris (53), il est plus souvent question de « l’après-croissance » ou Postwachstum en Allemagne, tandis que le terme de décroissance est davantage usité en France. Mais ce constat n’est pas unique ; ainsi, dans l’ouvrage du collectif AK Postwachstum, la partie V s’intitule « Degrowth und Demokratie » et la partie IV portant sur les acteurs de la transforma- tion comprend deux chapitres qui utilisent le terme degrowth et non Postwachstum : « Transformationspotenziale der Degrowth-Bewegung » et « Degrowth und die Frage des Subjekts ». De plus, si l’on voit dans ces mots certaines nuances sémantiques, on peut aussi opérer un rapprochement en référence à la formulation d’« a-croissance » proposée par Serge Latouche : « Le mot d’ordre de décroissance a ainsi surtout pour objet de marquer fortement l’abandon de l’objectif de la croissance pour la croissance, objectif dont le moteur n’est autre que la recherche du profit par les détenteurs du capital et dont les conséquences sont désastreuses pour l’environnement. En toute rigueur, il conviendrait de parler d’a-croissance comme on parle d’a-théisme, plutôt que de dé-croissance. C’est d’ailleurs très précisément de l’aban- don d’une foi ou d’une religion qu’il s’agit : celle de l’économie, de la croissance, du progrès et du développement » (54).

51 Par exemple, Serge Latouche, La planète des naufragés. Essai sur l’après-développement (1991), Paris, La Découverte, 2016. 52 Notamment Paul Ariès, Les Fils de MacDo, Paris, L’Harmattan, 1997. 53 Voir notamment Caillé/Humbert/Latouche/Viveret, De la convivialité (note 29) ; Adloff/ Heins, Konvivialismus (note 29). 54 Serge Latouche, Le pari de la décroissance, Paris, Fayard, 2006, p. 4. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 445

D’emblée, l’ouvrage La décroissance invite également à ne pas en rester à un féti- chisme des expressions, et se positionne en termes de processus – face à celui incarné par le développement durable – et de réception sociale : « La décroissance n’est pas la fin de l’histoire, l’état actuel du débat est amené à évoluer – le mot “décroissance” disparaîtra peut-être une fois accompli son rôle de réarmement de l’ac- tivité critique. […] Son argument principal est bien celui de l’innovation : la décroissance n’est peut-être pas la solution à tout, mais elle ose bouleverser les clivages hérités, pour les mettre en question » (p. 18-19). 4. La montée en puissance du répertoire de la décroissance s’incarne désormais dans des ouvrages organisés comme des tentatives de synthèse « impliquées », ce qui marque aussi une étape en termes de diffusion. Ceci se repère dans les résumés de chacun des quatre ouvrages considérés, aussi bien celui de Marc Hieronimus : « Das Buch stellt die Motive, Denker und falschen Freunde der französischen Wachstumskritiker vor. Es ist die erste deutschsprachige Gesamtdarstellung der Décroissance-Bewegung » ; que celui du collectif AK Postwachstum, dont l’éditeur met en exergue le commentaire suivant : « Seminare zum Thema bekommen mit dem Band eine fast vollständige Lite- raturbasis an die Hand » ; ou encore celui de Stéphane Lavignotte, qui s’affiche en 4e de couverture comme « un panorama guidé par une sympathie critique ». Enfin, l’ouvrage de Denis Bayon, Fabrice Flipo et François Schneider, La décroissance, sous-titré Dix questions pour comprendre et débattre, se veut pédagogique et accessible, de diffusion élargie, en répondant à des questions courantes – par exemple : « La décroissance, une idée neuve ou une vieille idée réactionnaire ? », « Pourquoi la décroissance et pas le “développement durable” ? », « La décroissance, est-ce la fin du progrès scientifique et technique ? », etc. 5. Les ouvrages de synthèse étudiés se rejoignent autour d’une définition de la décroissance autour de sept déclinaisons principales, qui percolent en France et en Allemagne : (i) Une critique – à la fois sociale et écologique – du capitalisme et de la société indus- trielle, vus comme un problème structurel, tel que le pointent le collectif AK Postwachs- tum (Wachstum – Krise und Kritik, partie I) et Marc Hieronimus (chap. 2 et 3 : « Warum Décroissance ? » et « Was hindert uns ? »). C’est aussi le sens du premier chapitre de La décroissance, où les auteurs expliquent la portée critique de la notion, en mobilisant différents courants de pensée : « de la critique écologique à la critique du système des besoins », « de l’entropie à la critique de l’économie politique », « de la critique démo- cratique à la critique culturaliste », pour évoquer enfin une « crise de sens » (p. 21-60). De même, dans le premier chapitre de La décroissance est-elle souhaitable ?, Stéphane Lavignotte expose « le retour d’une écologie politique radicale » (p. 17 sq.). (ii) Une réflexion sur les notions de développement et de croissance et les inégalités qui les accompagnent, en particulier les inégalités socio-écologiques et Nord-Sud, ainsi qu’il est développé dans Wachstum – Krise und Kritik (partie II). Dans Der Schritt zur Seite, Marc Hieronimus résume ainsi : « “Entwicklung” und “Fortschritt” sind also versteckt politische, wenn nicht religiöse Begriffe, auf die hier weitgehend verzichtet werden soll. Sie bedeuten freilich nicht das gleiche. Oft meint “Entwicklung” auch etwas ganz Ungewolltes, etwa die aktuellen Umwelt“entwicklungen”, die kaum jemand als Fortschritt bezeichnen wollte. Aber eben : 446 Revue d’Allemagne

Weil wir sowohl ungewollte als auch gemachte, aus dem rational-industriellwirtschaftli- chem Treiben mit Namen Fortschritt herrührende Veränderungen mit dem gleichen Wort benennen, ist es zu meiden. Es verwischt die hier so wichtigen Grenzen und ist politisch » (p. 11, c’est l’auteur qui souligne). Une mise à distance des notions de développement, de croissance et de mondialisation – y compris à la faveur d’une « autre » mondialisation, celle prônée par les mouvements altermondialistes (55) – se retrouve aussi dans l’ouvrage La décroissance, y compris quant aux inégalités Nord-Sud, aux chapitres 3, 7 et 8 : « Pourquoi la décroissance et pas le “développement durable” ? Où il est utile de rappeler le sens d’une expression dont il est fait usage de façon fréquente et inconsidérée » (p. 81 sq.) ; « La décroissance, c’est la récession, le chômage, la fin de l’économie de marché ? Où il est montré qu’il est impudent d’accuser les dissidents de vouloir propager les maux distillés par le système qu’ils critiquent » (p. 163 sq.) ; « La décroissance concerne-t-elle les pays du Sud ? Où il apparaît que la mondialisation montrerait une bien meilleure figure si l’“Occident” prenait au sérieux les choix de vie des “sous-développés” » (p. 189 sq.). Stéphane Lavignotte évoque à son tour « une critique de la croissance et de la consom- mation comme néfastes à la planète… qui s’élargit à une critique de la richesse comme néfaste au bonheur des personnes », c’est-à-dire une « reprise des critiques de l’écologie politique historique », à laquelle s’adjoint « un apport original et polémique face à la banalisation du discours écologiste », soit une prise de position « contre le dévelop- pement durable et le capitalisme vert ». Cette dernière est appuyée sur « une critique de l’économie dominante avec Nicolas Georgescu-Roegen » et passe par « un débat fratricide avec les tenants d’“un autre développement possible” » (p. 19-38), tout en interrogeant le « sens ou non-sens écologique et social d’une baisse du PIB » (p. 53-57) et « la prise en compte des inégalités et de la structure de classe » dans les réflexions en termes de décroissance (p. 61-72). (iii) Une critique de la croyance en une solution technologique, en se situant après le machinisme : « nach dem Machinensturm », pour reprendre le titre d’un chapitre de Wachstum – Krise und Kritik (p. 159 sq.). De façon proche, Stéphane Lavignotte souligne « une reprise de la critique ellulienne de la technique » (p. 25-27) (56). En même temps, il s’agit aussi d’écarter une autre critique, celle-là adressée à l’encontre de la décroissance, à savoir de prôner un retour en arrière vers un mode de vie « primitif ». Marc Hieronimus écrit ainsi : « Rückgang also, aber bis wohin ? Nein, Décroissance- Anhänger wollen nicht zurück in die Höhle oder auf den Baum, nicht einmal nur in die vorelektrische Zeit, obwohl sie einiges für sich hatte » (p. 13). Et on lit ironiquement dans l’ouvrage La décroissance : « La décroissance, est-ce la fin du progrès scientifique et technique ? Où il apparaît que le retour aux cavernes humides et aux chandelles n’est pas précisément le modèle en vogue, même chez les radicaux irresponsables » (chap. 4, p. 103 sq.).

55 Par exemple, Denis Bayon, Fabrice Flipo et François Schneider mettent en avant, pour les pays du Sud, la possibilité de stratégies économiques de « relocalisation » et celle d’y réintroduire de la diversité par rapport à ce qu’ils considèrent comme l’uniformisation marchande occidentale, en mobilisant plusieurs points de vue dans la littérature « décroissante » , La décroissance (note 15), p. 203. 56 Référence à Jacques Ellul, Le système technicien (1977), Paris, Le Cherche midi, 2012. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 447

(iv) Des pistes et des bases pour fonder une vision sociétale alternative. C’est le sens du titre de l’ouvrage Der Schritt zur Seite, qui pose de suite en introduction : « Lassen wir uns nicht einreden, die Welt sei, wie sie ist, weil alles was kam, so habe kommen müssen. Es gab und gibt immer Alternativen » (p. 10). C’est aussi ce qui explique, plus largement, une double posture des développements : en intégrant un corpus de textes et d’auteurs reconnus désormais comme « classiques » de la pensée de la décroissance (chapitres 1 à 5, avec notamment un focus sur « Vor- und Nachdenker der Décrois- sance » et « Falsche Freunde der Décroissance »), et en tant que propos orienté vers l’action, la transformation concrète de la société (chapitres 6 à 8 : « Der Weg der Décroissance », « Konkrete Vorschläge », « Die Zukunft »). De même, au sein de l’ou- vrage Wachstum – Krise und Kritik, il est question d’ouvrir des pistes : « Der Ausbau von Dienstleistungen als Grundlage einer Postwachstumsgesellschaft » (p. 115 sq.) et « Postwachstumsökonomik als Reduktionsprogramm für industrielle Versorgungs- systeme » (p. 135 sq.). Le dernier chapitre de La décroissance cherche aussi à se projeter, en posant la question : « que signifierait concrètement une politique de décroissance ? ,» et en soulignant transversalement « une critique de la technique à visée universaliste » mais aussi des divergences entre différents courants sur ce « à quoi pourrait ressembler un programme politique de décroissance » (p. 225-234). Stéphane Lavignotte évoque également la « simplicité volontaire » comme « pratique » et « la relocalisation et la pro- motion de l’usage » comme « programme » (p. 39-45). (v) Les acteurs en jeu, notamment quant à l’organisation du mouvement de la décrois- sance ou encore des « Commons & Care » (Wachstum – Krise und Kritik, partie IV), ainsi que les porteurs du mouvement, ou les relectures et interprétations qui en sont faites (Der Schritt zur Seite, chap. 4 et 5 : « Vor- und Nachdenker der Décroissance » et « Falsche Freunde der Décroissance » ; chap. 1 de La décroissance ; ainsi que La décrois- sance est-elle souhaitable ?, qui traite sous l’angle des acteurs aussi bien la présentation du paradigme de la décroissance que les débats et critiques qu’il suscite, et sa place dans le paysage politique français, en particulier à gauche). (vi) Le rapport entre décroissance et démocratie, incarné : a. dans une relation renouvelée aux innovations sociales : « Vorwärts in die Vergangenheit », énonce un chapitre du livre Wachstum – Krise und Kritik (p. 245 sq.) (57). La décroissance est alors bien définie comme une vision inno- vante : « La décroissance, une idée neuve ou une vieille idée réactionnaire ? Où l’on montre que, dans un monde nouveau et souvent inquiétant, certains ne se contentent pas des vieilles formules réchauffées » La( décroissance, chap. 2, p. 61 sq.). b. en redéfinissant une démocratie radicale (« radicale Demokratie ») Wachstum( – Krise und Kritik, partie V). Denis Bayon, Fabrice Flipo et François Schneider prennent soin de déminer la question : « La décroissance n’implique-t-elle pas

57 Quant à Marc Hieronimus, il pointe en exergue de son ouvrage ce retour aux réflexions/utopies des années 1970 : « “Alles anhalten. Nachdenken. Und das ist keine traurige Angelegenheit”. So lautete das Motto einer französischen Comic-Kolumne der Siebziger Jahre, als weltweit die letzten Utopien geschrieben wurden. […] Die französische Décroissance-Bewegung greift dagegen Kritik und Utopie von damals wieder auf : Weniger Arbeit, Besitz, Konsum bedeuten ein Mehr an Freundschaft, Freizeit und Genuss », Der Schritt zur Seite (note 16). 448 Revue d’Allemagne

une vision dirigiste ou autoritaire de la politique ? » (chap. 9, p. 205 sq.). Stéphane Lavignotte propose aussi une focale sur les tenants de la décroissance face à l’exercice de représentation démocratique, et notamment le rapport aux forces politiques de gauche. Il met ainsi en avant « des interpellations souhaitables pour les gauches » : « Décoloniser l’imaginaire productiviste des gauches », « La révo- lution politique de la valeur d(e) (l’)usage » et « Pour une relecture de l’héritage des Lumières » (chap. 3, p. 83 sq.) ; et appelle au final : « Contre toutes les pensées à majuscule, il faut encore compiler et tenter de penser ensemble la pluralité des positions politiques : une composition politique à imaginer [...] » (p. 120, souligné par l’auteur). Autrement dit, il convient de se méfier d’une « pédagogie des catas- trophes » qui risquerait de faire le lit de l’autoritarisme (p. 95). (vii) Enfin, l’idée, posée avec insistance, d’une décroissance heureuse. Marc Hieroni- mus résume : « Rückgang/Décroissance bedeutet : Drehen wir nicht an Rädchen, halten wir die Maschine an – und das ganze mit Freude ! » (p. 12) ; et plus loin : « Wovon wollen wir mehr ? Unterhaltung, Kontrolle und Psychopharmaka, oder von Gespräch, Freiheit und Festlichkeit ? » (p. 17). De même, le chapitre 6 de l’ouvrage La décroissance déve- loppe cette question : « privation ou joie de vivre ? Où l’on se demande sérieusement si les habitants des États-Unis sont vraiment plus heureux que ceux du Bhoutan » (p. 139 sq.), soit une « critique du “bonheur conforme” » (p. 140) – ce que Stéphane Lavignotte pointe aussi à travers une critique de la richesse comme néfaste au bonheur des personnes (p. 22-25). Il est alors question de « simplicité volontaire » et de « sobriété heureuse » – au sens de Pierre Rabhi (58), du reste fréquemment cité (par exemple, dans La décroissance, p. 56) –, c’est-à-dire du lien avec une éthique et certains modes de vi(vr)e (59).

Conclusion Ainsi qu’il ressort des manuels et ouvrages de référence étudiés, le développement durable s’apparente, en France comme en Allemagne, à un concept à la fois communé- ment diffusé et approprié,et contingent ou transitoire, c’est-à-dire dont la pertinence pratique a été avérée, durant les décennies 1990 et 2000, en modifiant le référentiel de l’action publique et en s’imposant comme objet des sciences sociales. La notion s’est développée durant des années de mondialisation, dont le contexte a changé depuis la crise de 2007-2008, ce qui explique des débats sur des visions alternatives de la société plus visibles depuis la fin des années 2000. Au final, en termes de circulations, cet article met à distance plusieurs fausses évi- dences. Clairement, il n’y a pas de processus linéaire ou « qui va de soi » en matière de durabilité ou encore de conscience écologique. Si bien qu’il n’y a pas non plus ni modèle unique – pas plus en France qu’en Allemagne, et, y compris au sein des milieux « alternatifs », il y a nombre de débats et de divergences – ni position nationale « en pointe » ou « en retard » : les visions duales (dont durabilité forte versus faible) sont toujours à relativiser en fonction des secteurs d’intervention, des critères en jeu, etc., et à rapporter à des dynamiques marquées par des emprunts et des modes de diffusion

58 Pierre Rabhi, Vers la sobriété heureuse, Paris, Actes Sud, 2010. 59 Voir sur ce point Aurélie Choné, « Ecospirituality », in : Choné/Hajek/Hamman, Rethinking Nature (note 43), p. 38-48. Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? 449 qui sont autant de filtres. Pour preuve, là où l’on associe volontiers l’Allemagne à des réalisations innovantes (à l’instar d’éco-quartiers « modèles » comme à Fribourg-en- Brisgau…) et à une intériorisation des enjeux de durabilité plus forte qu’en France parmi la population (qu’incarnerait par exemple le succès politique du parti des Verts/ Die Grünen), on s’aperçoit que des références au mouvement de la décroissance, vu comme précurseur, percolent en la matière en Allemagne… à partir des milieux intel- lectuels français des années 1970. Des enjeux de traduction (le terme décroissance utilisé aussi en allemand…) et d’hybridation des concepts (Postwachstum et a-crois- sance…) s’ensuivent, qui complexifient l’appréhension des appropriations : qu’est-ce qu’être pionnier, pour et reconnu par qui, et avec quel contenu ? Des passages indirects se comprennent également de la sorte, à l’exemple de la notion de « modernisation éco- logique », qui ne s’est pas tant diffusée directement d’Allemagne en France – malgré les travaux fondateurs de Joseph Huber –, que par le truchement de chercheurs néerlan- dais. Des questions linguistiques se retrouvent ici, l’internationalisation s’étant avérée de facto facilitée par l’usage véhiculaire de l’anglais. Cette dernière remarque rejoint notre hypothèse de départ : ne pas considérer, lorsqu’il est question de manuels, la sphère scientifique en sciences sociales comme hermétique aux pratiques sociales, mais comme un écho – indirect là encore, à tra- vers les protocoles d’objectivation. Sur ce plan, deux dynamiques interreliées appa- raissent constitutives des savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne. L’une est réflexive, en tant que corpus de connaissances, où il s’agit d’inventer de nouveaux cadres de pensée pour saisir les interactions environnement/société dans leur dimen- sion relationnelle. L’autre est principe d’action, à visée d’intervention, y compris à travers les recompositions d’énoncés et d’objets disciplinaires : cette démarche plus opératoire renvoie à un « engagement dans le monde », qui vise à faire émerger de nou- velles formes de vivre ensemble et d’agir sur le rapport des sociétés à l’environnement. C’est bien cette double entrée qui permet de lire la durabilité sous l’angle des Humani- tés environnementales, dont il s’agit d’une propriété caractéristique (60).

Résumé Cet article interroge les savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne, vus des sciences sociales. Considérant que les travaux et les controverses en sciences humaines et sociales sont des indicateurs valables non seulement d’une actualité de la recherche, mais aussi de débats sociétaux dont ils se font l’écho, il s’appuie sur des lectures croisées de manuels et d’ouvrages saillants allemands et français publiés depuis les années 2000. La démonstration est conduite en trois temps, examinant (1) en quoi le répertoire de la durabilité est « acté » en France et en Allemagne comme un objet pour des disciplines académiques, à travers l’exemple de manuels de sociologie de l’environnement ; (2) ce que désigne plus précisément ce registre en tant que tel au sein des analyses de sciences sociales dans les deux pays, à travers des ouvrages significatifs ; et (3) le développement, après la

60 Ainsi qu’il ressort de recherches récentes : Aurélie Choné, Isabelle Hajek et Philippe Hamman (dir.), Guide des Humanités environnementales, Villeneuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2016 ; et Choné/Hajek/Hamman, Rethinking Nature (note 43). 450 Revue d’Allemagne crise économique mondiale de 2007-2008, de répertoires critiques et alternatifs à la dura- bilité, à commencer par la « décroissance ». Ce parcours rappelle qu’il s’agit de questions proprement politiques, et non d’une évidence environnementale « en surplomb ». Au final, en termes de circulations, deux dynamiques corrélatives se dégagent. L’une est réflexive, en tant que corpus de connaissances, où il s’agit d’inventer de nouveaux cadres de pensée pour saisir les interactions environnement/société dans leur dimension relationnelle. L’autre est principe d’action, à visée d’intervention : cette démarche plus opératoire vise à faire émerger de nouvelles formes de vivre ensemble et d’agir sur le rapport des sociétés à l’environnement. C’est cette double entrée qui permet de lire la durabilité sous l’angle des Humanités environnementales, dont il s’agit d’une propriété caractéristique.

Zusammenfassung Dieser Artikel hinterfragt die Kenntnisse über die „Nachhaltigkeit“ in Frankreich und Deutschland aus der Sicht der Sozialwissenschaften. Er geht davon aus, dass die Arbei- ten und Auseinandersetzungen in den Human- und Sozialwissenschaften als relevante Indikatoren nicht nur für die Aktualität der Forschung betrachtet werden, sondern auch für die gesellschaftlichen Diskussionen, auf die sie sich stützen. Deshalb beruht er auf der vergleichenden Lektüre deutscher und französischer Handbücher sowohl herausra- gender Werke, die seit den 2000er Jahren veröffentlicht wurden. Der Nachweis erfolgt in drei Schritten, wobei (1) untersucht wird, inwiefern das Regis- ter der Nachhaltigkeit in Frankreich und Deutschland wie ein Gegenstand akademischer Fachgebiete „schriftlich verankert“ ist, zum Beispiel in den Handbüchern der Soziologie und Umweltwissenschaften; (2) was genau dieses Registerper se innerhalb der Analysen der Sozialwissenschaften der beiden Länder auszeichnet; und (3) die Entwicklung von Registern nach der Weltwirtschaftskrise von 2007-2008, die der Nachhaltigkeit kritisch gegenüberstehen und Alternativen bieten, angefangen mit der „Décroissance“. Diese Vorgehensweise erinnert daran, dass es sich hier um rein politische Fragen handelt, und nicht um eine „umfassende“, umweltrelevante Evidenz. Letztendlich kristallisieren sich im Hinblick auf die Wissenszirkulation zwei korrelative Dynamiken heraus. Die eine ist reflexiv, in ihrer Eigenschaft als Wissensgrundlage, wo es darum geht, neue Denkmuster zu entwickeln, um die Interaktionen zwischen Umwelt und Gesellschaft in ihrer relationalen Dimension zu erfassen. Die andere präsentiert sich als Handlungsprinzip, mit dem Ziel, einzugreifen : Diese eher operative Vorgehensweise arbeitet darauf hin, neue Formen des Zusammenlebens entstehen zu lassen und auf die Beziehung der Gesellschaften zur Umwelt einzuwirken. Dieser doppelte Ansatz bietet die Möglichkeit, die Nachhaltigkeit aus dem Blickwinkel der „Environmental Humanities“ zu betrachten, für die sie eine charakteristische Eigenschaft darstellt. Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 451 T. 51, 2-2019

La certification Passivhaus entre Allemagne et France Un modèle international de « construction durable » aux appropriations différenciées à l’échelle locale

Marie Mangold *

Introduction Cette contribution (1) propose d’analyser la circulation des savoirs sur la « durabilité » entre Allemagne et France à l’aune du référentiel de construction Passivhaus. Apparu en Allemagne au début des années 1980, il se trouve en cours d’appropriation depuis la fin des années 2000 par les acteurs de la construction durable en France, avec l’organi- sation, entre 2007 et 2010, des Assises nationales de la construction passive à Grenoble puis du Salon Passi’bat à Paris. Le développement d’une fédération professionnelle de la construction passive depuis 2012 à Saverne, en Alsace, sera pris comme cas d’étude. Il s’agira en particulier d’analyser l’intégration du référentiel Passivhaus au sein de la production de la maison individuelle à l’échelle régionale. Le contexte de diffusion du référentiel Passivhaus est celui du développement relativement récent des green buildings à l’échelle mondiale, qui marque la prise en compte des enjeux environnementaux dans le domaine du bâtiment. La structu- ration d’un marché de la construction durable découle de l’institutionnalisation de l’éco-construction (2), intégrée progressivement au sein de politiques publiques

* Post-doctorante en sociologie, programme Interreg RES-TMO (2019-2021) « Solutions régionales pour des systèmes d’énergies renouvelables dans la Région métropolitaine trinationale du Rhin supé- rieur », laboratoire Sociétés, acteurs, gouvernement en Europe (SAGE, UMR 7363), CNRS et Université de Strasbourg, [email protected]. 1 Elle est issue d’une thèse en sociologie qui analyse plus largement les conditions de développement et de structuration d’un marché de la construction durable en Alsace entre 2012 et 2018 : Marie Man- gold, Pour une sociologie de la « maison durable » : entre production d’une offre techno-centrée et vécu des habitants, thèse (sociologie), Université de Strasbourg, 2018. 2 Sophie Némoz, « L’“éco-logis” politique : un dépaysement critique de l’habitat durable en Europe », Sciences de la société, 98 (2017), p. 31-43. 452 Revue d’Allemagne environnementales et de logement. Cette institutionnalisation a suivi la logique top down du développement durable, en partant des instances internationales (3) avant de s’appliquer aux politiques nationales (4). Concrètement, la prise en compte de l’environnement dans la construction emprunte une dynamique sélective, à partir d’une focale énergétique et techno-centrée (5), et est marquée par des processus de certification conduisant à labelliser des bâtiments dits « exemplaires ». En dynamisant l’industrie du bâtiment par le développement de procédés constructifs innovants qui visent l’obtention de nouvelles certifications, la construction durable s’intègre plus largement dans un marché de l’économie verte (6) où les labels eux-mêmes se retrouvent en compétition. Cette tendance se différencie nettement des initiatives en éco-construction des années 1970 en France, à l’exemple des habitants de maison solaire étudiés par Salva- dor Juan. Leur projet d’habitat comportait alors une dimension critique, « un refus du productivisme » (7) qui visait en particulier le fonctionnement politique et l’économie capitaliste. Ceci laisse percevoir une évolution des rapports à la question environ- nementale et à la nature qui présente des points communs dans différents contextes nationaux, et notamment dans sa circulation entre Allemagne et France, à l’image des « passerelles franco-germaniques décelées dans la réalisation des projets de réhabilita- tion d’anciennes habitations rurales » et de la construction en pisé (terre crue) (8). Ma contribution est organisée en trois temps, partant du contexte d’émergence de la certification Passivhaus jusqu’à ses appropriations locales sur le terrain alsacien. Dans un premier temps, j’expliquerai comment le concept de « maison passive » a été développé en Allemagne dans les années 1990 et a progressivement été diffusé comme « modèle » de construction à l’échelle européenne et internationale. Je montrerai notamment que ce modèle, essentiellement basé sur des critères énergétiques, concur- rence d’autres certifications qui intègrent des critères environnementaux plus globaux. L’exemple de la certification Haute Qualité Environnementale (HQE) en France est notamment significatif. Il s’agit ici de pointer la circulation de divers modèles de dura- bilité et la prédominance actuelle de l’approche énergétique dans différents contextes nationaux et climatiques.

3 La conférence onusienne Habitat I à Vancouver en 1976 marque d’abord une prise de conscience des processus d’urbanisation et de leurs impacts sociaux et environnementaux, puis, en 1996, la confé- rence « Sommet des villes » ou Habitat II, tenue à Istanbul, aboutit à l’adoption d’un plan stratégique, The Habitat Agenda, ratifié par 171 pays. L’habitat durable est dès lors inscrit sur l’agenda politique et se développe plus concrètement dans le cadre de politiques nationales. 4 Philippe Hamman, Sociologie urbaine et développement durable, Bruxelles, De Boeck, 2012. 5 Christophe Beslay, Romain Gournet et Marie-Christine Zélem, « Le “bâtiment économe” : utopie technicienne et “résistance” des usages », in : Jérôme Boissonade (dir.), La ville durable controversée. Les dynamiques urbaines dans le mouvement critique, Paris, Éditions Pétra, 2015, p. 335-363. 6 Marit Rosol, Vincent Béal et Samuel Mossner, « Greenest Cities ? Urban Sustainability and the (Post-)Politics of Territorial Competitiveness », Environment and Planning A, 49/8 (2017), p. 1710-1718. 7 Salvador Juan, « Le temps et l’espace de la maison solaire », Espaces et sociétés, 46 (1985), p. 142. 8 Sophie Némoz, « Bâtir les humanités environnementales des matériaux géo-sourcés : construction et déconstruction des passerelles franco-germaniques », Revue d’Allemagne et des pays de langue alle- mande, 50/2 (2018), p. 377-392, ici p. 387. La certification Passivhaus entre Allemagne et France 453

Puis, dans un second temps, le marché alsacien de la construction passive sera pris comme cas d’étude. J’expliciterai d’abord les jeux d’acteurs et la structuration en cours d’une offre de maison passive dont j’ai observé le développement lors de salons régionaux de l’habitat de 2013 à 2018. Les acteurs à l’initiative de cette offre adoptent un discours critique à l’égard des réglementations françaises et se posi- tionnent comme « pionniers » d’une « construction durable » basée sur des modèles internationaux. Enfin, dans un troisième temps, des controverses entre acteurs locaux de la construction passive seront exposées. Je mettrai en exergue le flou réglementaire autour de ce modèle de construction, observable dans les appropriations variables qu’en font les maîtres d’œuvre et constructeurs, à travers les questions de labellisa- tion et d’équipements énergétiques de chauffage dans une maison annoncée comme « sans chauffage ». La maison passive se présente alors comme un modèle en débat, faisant l’objet d’appropriations diversifiées dans le discours des maîtres d’œuvre et constructeurs (9).

Dispositif méthodologique Sur le plan méthodologique, le raisonnement s’appuie sur des enquêtes de terrain (10), conduites de 2012 à 2018 en Alsace (11), fondées sur différents matériaux : 44 séquences d’observations menées lors de différents événements liés au « logement durable » : salons de l’habitat régionaux (Colmar et Strasbourg, de 2013 à 2018), conférences por- tant sur les bâtiments performants ou encore les matériaux biosourcés, visites de quar- tiers « durables » allemands (Fribourg, Tübingen), observations de groupes d’habitat participatif, portes ouvertes de constructeurs, etc. Un corpus de revues spécialisées a également permis de suivre les évolutions du domaine sur la période couverte : offre immobilière locale (suivie notammentvia le magazine LogicImmo) et nationale (revue en ligne Batiactu, destinée aux acteurs de la construction), études et publications du Commissariat général au développement durable. Enfin, un corpus de 65 entretiens a été constitué, dont 7 entretiens approfondis avec des maîtres d’œuvre ou constructeurs investis dans la construction durable en Alsace, que je mobiliserai particulièrement ici.

9 Constructeur et maître d’œuvre sont à distinguer : un constructeur propose une offre de construction globale, via un contrat CCMI (contrat de construction de maison individuelle), en s’associant à des entreprises partenaires, tandis qu’un maître d’œuvre assure la conception de la maison et le suivi du chantier, mais le client reste libre de choisir les entreprises partenaires. Un architecte, par exemple, peut assurer cette maîtrise d’œuvre ; cependant, tous les maîtres d’œuvre ne sont pas architectes. 10 Ces enquêtes ont été menées dans le cadre d’une thèse de doctorat en sociologie (2012-2018) qui a pris place au sein du projet de recherche collectif CIMBEES (Conception et industrialisation de modules de bâtiment à haute qualité environnementale et sociale, FUI-Oséo-Feder, 14e AAP, 2012-2015), porté par le laboratoire SAGE (Sociétés, Acteurs, Gouvernement en Europe), sous la direction de Philippe Hamman. 11 Ces enquêtes de terrain ont été initiées avant le redécoupage régional de 2015. 454 Revue d’Allemagne

La diffusion du référentiel Passivhaus, une illustration de la focale énergétique de la construction durable Le contexte même d’émergence de ce standard allemand « témoigne de l’importante influence de l’internationalisation des processus et acteurs entrepreneurs dans la per- colation des innovations au sein des politiques locales » (12). Il est en effet issu d’une collaboration entre deux scientifiques spécialistes de la construction, Bo Adamson, professeur à l’Université de Lund en Suède (Institute of Technology, Department of Building Science), et Wolfgang Feist, physicien allemand à Darmstadt (Institut für Woh- nen und Umwelt) (13). Les deux experts se sont notamment inspirés de maisons à faible consommation énergétique (14) en Scandinavie et en Amérique du Nord, en renforçant la performance énergétique du bâtiment grâce à des recherches sur le comportement thermique des murs, isolants et fenêtres. Comme le soulève Julie Neuwels, « l’apport des politiques publiques fut fondamental dans l’émergence de cette innovation et son implémentation dans divers pays européens » (15). Le Land de Hesse accueille en effet favorablement et soutient financièrement la construction des premières maisons dites « passives ». Quatre maisons Passivhaus sont construites en 1991 à Darmstadt-Kra- nichstein, en ayant recours à des matériaux existants (murs en pierre, fenêtres en bois) mais également à des innovations telles que le premier modèle de fenêtre triple vitrage ou encore une ventilation plus efficace pour éviter les déperditions énergétiques. À la suite de ces premières expérimentations, Wolfgang Feist et ses collaborateurs fondent le Passivhaus Institut (PHI) en 1996, qui devient l’organisme de référence du bâtiment passif, en proposant la certification Passivhaus à la fois pour les bâti- ments et pour certains matériaux et composants spécifiques VMC( double-flux (16), fenêtres…). Le PHI développe conjointement un logiciel de calcul, le Passivhaus- Projektierungspaket (PHPP), rendu publiquement disponible en 2004. Ce logiciel est utilisé par les acteurs de la construction passive dans d’autres pays et ce même lorsque les bâtiments ne sont pas certifiés par le PHI ; j’y reviendrai. Les préconisations tech- niques de construction sont fondées sur des calculs, et la mesure des résultats, une fois le bâtiment construit, permet d’attester l’atteinte du standard « passif » à partir de

12 Julie Neuwels, « Construction durable : expertise et contre-expertise d’architectes », VertigO, 13/2 (2013), p. 9, en ligne : vertigo.revues.org/14166. 13 Les informations concernant l’historique du concept Passivhaus sont tirées des sites Internet suivants : antenne française du Passivhaus Institut : www.lamaisonpassive.fr/darmstadt-25-ans-apres-toujours- vaillant/ ; entretien avec Wolfgang Feist : www.construction21.org/france/articles/fr/la-premiere- maison-passive-entretien-avec-dr-wolfgang-feist-2-2.html ; site allemand du Passivhaus Institut : passiv.de/. 14 En ce sens, la création d’un standard Passivhaus ne fait qu’institutionnaliser et standardiser une recherche d’autonomie énergétique déjà en cours depuis les années 1970, dans un mouvement de « contre-culture » en architecture. Fanny Lopez donne l’exemple d’Alexander Piker, architecte anglais ayant développé un concept de maison autonome (1971-1979) qui utilise notamment les principes du solaire passif, et dont le projet a bénéficié d’un appui institutionnel et industriel. Voir Fanny Lopez, Le rêve d’une déconnexion. De la maison autonome à la cité auto-énergétique, Paris, Éditions de la Villette, 2014. 15 J. Neuwels, « Construction durable » (note 12). 16 La VMC double-flux autorégule le renouvellement de l’air et permet de préchauffer l’air entrant à l’aide de l’air sortant grâce à un échange de calories, et vice-versa selon les saisons. La certification Passivhaus entre Allemagne et France 455 seuils à respecter. En effet le référentiel de construction passive se base sur trois types d’exigences chiffrées de résultats : une efficacité énergétique du bâtiment (besoins en chauffage limités à 15 kWh/m2.an), une qualité constructive (limitation des flux d’air non maîtrisés) ainsi qu’une faible empreinte énergétique tous usages confondus (17). Si cette initiative de rationalisation et de standardisation de l’éco-construction est précurseuse dans les années 1990, elle correspond aujourd’hui à l’approche main- stream de la construction durable : des projets et certifications priorisant des critères énergétiques, au détriment d’une approche environnementale plus globale, conçus par des techniciens et ingénieurs qui favorisent un solutionnement technique des questions environnementales à partir de leurs expertises (18), et impulsés par des politiques d’amé- nagement à l’échelle locale. Les exemples suivants illustrent cette tendance générale et témoignent de la circulation concurrentielle entre différents modèles de durabilité. Depuis plusieurs années, la construction passive constitue une référence de bâti- ments dits « exemplaires » en matière d’efficacité énergétique. Ses objectifs restent supérieurs aux réglementations énergétiques nationales progressivement imposées dans le bâtiment. En Allemagne par exemple, la construction passive ne constitue pas la référence réglementaire de la construction neuve, dont les objectifs sont compa- rables aux réglementations thermiques françaises actuelles (19). En réaction à la direc- tive européenne de 2010 indiquant un objectif de Nearly Zero Energy Building (NZEB) à l’horizon 2020, le Conseil allemand de la construction durable (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, DGNB) (20) a développé sa propre certification pour construire des bâtiments au bilan carbone « neutre », tout en prenant en compte d’autres facteurs environnementaux tels que le cycle de vie du bâtiment (21). Parallèlement à ces régle- mentations et certifications, qui évoluent régulièrement et sont parfois difficiles à saisir dans leur différenciation pour le maître d’ouvrage (22), la construction Passivhaus a fait l’objet de nombreuses réalisations. D’après la base de données internationale du PHI, il y aurait 2 334 bâtiments passifs en Allemagne (23) et 4 547 à l’échelle mondiale. Ce chiffre ne donne cependant qu’une indication minimale de l’état de la construction passive, car cette dernière s’est parfois affranchie de la référence au PHI dans d’autres contextes nationaux.

17 Soit une consommation maximum d’énergie primaire limitée à 120 kWh/m2.an pour la totalité des usages effectués dans le bâtiment, une fois celui-ci équipé électroménager,( audiovisuel, etc.) par l’habitant. 18 Pierre Lascoumes, L’éco-pouvoir : environnements et politiques, Paris, La Découverte, 1994. 19 Sven Rösner et Marie Boyette, « Allemagne : le bâtiment et l’énergie en chiffres »,Annales des Mines, 90 (2018), p. 12-16. Selon les auteurs, « la réglementation actuelle (EnEV 2014-2016) fixe une consom- mation maximale qui est en moyenne de 56 kWh/m2.an pour le chauffage, l’eau chaude, la clima- tisation et la ventilation » (p. 12). En France, la RT 2012 fixe ce seuil à 50 kWh/m2.an. 20 www.dgnb-system.de/en/. 21 Le cycle de vie prend en compte toutes les activités qui entrent en jeu dans la fabrication, l’utilisation, le transport et la destruction du bâtiment. Voir www.actu-environnement.com/. 22 Le maître d’ouvrage est à l’origine de la commande d’un projet de construction, tandis que le maître d’œuvre en est l’exécutant. 23 Dont seulement 492 sont certifiés par le PHI, les autres étant considérés comme passifs car construits par des maîtres d’œuvre ou constructeurs ayant validé la formation du PHI. Voir passivhausprojekte.de. 456 Revue d’Allemagne

Hors Allemagne, ce standard fait modèle et témoigne de l’exportation d’un cadre de construction durable développé à l’échelle locale vers d’autres pays et contextes climatiques et énergétiques. Il y fait l’objet d’appropriations qui visent à redéfinir ses objectifs tout en s’appuyant sur ses principes de base et ses logiciels de calcul. On le voit s’intégrer au sein de cadres réglementaires locaux, par exemple dans la région de Bruxelles-Capitale, où le standard passif, dans une version assouplie, a été imposé en janvier 2015 pour toute constructive neuve (24). Il en est de même au Luxembourg, où la construction d’une maison neuve doit se conformer aux normes de la maison passive depuis janvier 2017, tout en admettant un seuil de consommation énergétique en chauffage un peu plus élevé (25). Plusieurs pays disposent d’ailleurs de leur propre antenne nationale de construction passive, comme c’est le cas en Belgique, en Suisse (qui se présente comme un complément ou une alternative au standard Minergie-P) (26), en Espagne, au Royaume-Uni mais également aux États-Unis (27). L’importation du standard Passivhaus à l’échelle européenne et internationale intro- duit une concurrence avec d’autres certifications environnementales pré-existantes. On peut prendre l’exemple de la certification BREEAM Building( Research Establish- ment Environmental Assessment Methodology), pionnière pour la qualité environne- mentale de la construction (28), qui a été développée au Royaume-Uni en 1990. Dans une logique de « carbonisation » du développement durable (29) et de focale sur le chan- gement climatique, la construction à haute performance énergétique, incarnée notam- ment par la construction passive, semble cependant être progressivement priorisée. La construction durable se tourne vers un modèle de construction neutre en carbone, comme l’explique Jenny Pickerill : « In Britain, eco-housing has become synonymous with low or zero carbon hous- ing. Although the early roots of eco-homes were diverse (and included concerns for

24 www.lamaisonpassive.fr/le-passif-desormais-obligatoire-en-region-de-bruxelles-capitale/. Voir éga- lement les travaux de Julie Neuwels sur les controverses suscitées par cette imposition réglementaire du passif au sein du domaine du bâtiment et notamment entre les architectes : Julie Neuwels, « Poli- tique de performance énergétique des logements à Bruxelles : une logique industrielle structurelle- ment inégalitaire », Espaces et sociétés, 170 (2017), p. 73-90 ; id., « Construction durable » (note 12). 25 Soit 22 kWh/m2.an contre 15 pour le standard du PHI. Voir « Les maisons passives en pleine action », Le Quotidien (Luxembourg), 22 août 2018 ; www.myenergy.lu/fr/accueil. 26 Minergie est une association fondée en 1998 à l’initiative des cantons de Berne et de Zurich : « Le concept visait originellement une bonne performance énergétique du bâtiment à coût maîtrisé (Minergie-P pour “passif” lancé en 2002) et a évolué progressivement vers une amélioration de la qualité de vie et la diminution des atteintes causées à l’environnement (Minergie-Éco pour “écologie” et Minergie-P-Éco pour “passif et écologique”). » Voir Lionel Cauchard, Les collèges d’experts et la fabrique de la normali- sation technique. Hybridation normative et performation de la Haute Qualité Environnementale (HQE) des Bâtiments en France, thèse (sociologie), Université Paris-Est, 2010, p. 387. 27 Plateforme Maison passive en Belgique : www.maisonpassive.be/spip.php ; la Maison passive suisse : ig-passivhaus.ch/fr/ig-passivhaus-home ; Plataforma Edificación Passivhaus en Espagne : www.plata- forma-pep.org/ ; Passivhaus Trust au Royaume Uni : www.passivhaustrust.org.uk/ ; Passivhaus Institut US aux États-Unis : www.phius.org/home-page. 28 Elle prend en compte 10 critères, auxquels sont attribués des points : Gestion des opérations, Santé et bien-être, Énergie, Transport, Eau, Matériaux, Déchets, Terrains utilisés et écologie, Pollution, Inno- vation. Voir www.breeam.com/. 29 Edwin Zaccai, 25 ans de développement durable, et après ?, Paris, Presses universitaires de France, 2011. La certification Passivhaus entre Allemagne et France 457

biodiversity, materials scarcity, pollution, water-use reduction), reducing carbon became the dominant discourse that framed the need for, and function of, eco-housing » (30). Le cas de la France illustre particulièrement bien cette concurrence entre différents modèles de construction durable. Le contexte français est d’abord marqué par une tentative de généralisation de la démarche française Haute Qualité Environnemen- tale, créée en 1996 sous l’impulsion du Plan Urbanisme Construction Architecture (PUCA). L’association HQE se donne pour objectif de « promouvoir, dans une pers- pective de développement durable, l’amélioration de la qualité environnementale du cadre de vie bâti » (31). Elle propose un cadre de référence, la « démarche HQE », organi- sée en 14 cibles (32), permettant de définir la qualité environnementale des logements, via quatre volets : l’éco-construction, l’éco-gestion, le confort et la santé. En 2004, l’association HQE est reconnue d’utilité publique et lance la certification NF HQE™, en collaboration avec l’organisme certificateur AFNOR (33). Au-delà d’une performance énergétique, « la qualité environnementale consiste à maîtriser les impacts sur l’envi- ronnement extérieur et à créer un espace intérieur sain et confortable » (34). L’approche environnementale de la HQE s’est néanmoins vue détrônée par la focale énergétique des politiques environnementales, orientée, comme on l’a vu, par des directives européennes sur le Nearly Zero Energy Building. Cette orientation se concré- tise dans la production de nouvelles réglementations thermiques françaises, la RT 2012 et la RT 2020 (35), issues des lois Grenelle I et II (2009-2010). En France, c’est en effet à partir du Grenelle de l’environnement (36) que la focale climatique et énergétique est pleinement observée (37). Un cadrage technique (38) centré sur les questions énergétiques

30 Jenny Pickerill, Eco-Homes. People, Place and Politics, London, Zed Books, 2016, p. 18. « En Grande- Bretagne, l’éco-construction est devenue synonyme de construction à faible voire zéro émission de carbone. Bien qu’à l’origine l’habitat écologique recouvre des préoccupations diverses (ce qui incluait les questions relatives à la biodiversité, à la disponibilité des matériaux, à la pollution et à la réduction de la consommation d’eau), la baisse des émissions carbone est devenue l’objectif dominant, qui défi- nit le besoin et les fonctions premières de l’éco-construction » (ma traduction). 31 www.hqegbc.org/wp-content/uploads/doc/hqe-statuts.pdf. 32 À savoir : 1. Relation harmonieuse des bâtiments avec leur environnement immédiat, 2. Choix intégré des procédés et des produits de construction, 3. Chantier à faible nuisance, 4. Gestion de l’énergie, 5. Gestion de l’eau, 6. Gestion des déchets d’activités, 7. Gestion de l’entretien et de la maintenance, 8. Confort hygrothermique, 9. Confort acoustique, 10. Confort visuel, 11. Confort olfactif, 12. Condi- tions sanitaires des espaces, 13. Qualité de l’air, 14. Qualité de l’eau. Notons cependant qu’aujourd’hui, la démarche HQE propose un « cadre de référence » global, élargissant les quatorze cibles de départ. 33 Association française de normalisation. 34 Voir Guy Chautard, « Développement durable et construction », in : Bertrand Zuindeau (dir.), Déve- loppement durable et territoire, Villeneuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2010, p. 388. 35 La RT 2020 fixe l’objectif de construire en bâtiment à énergie positive (Bepos) d’ici 2020. 36 Processus de concertation ciblant certains domaines impactant l’environnement, lancé en 2007 par le gouvernement français. 37 Vincent Béal, « Le déclin du développement durable. Changement climatique et transformation de la gouvernance environnementale dans les villes françaises et britanniques », in : Isabelle Hajek et Phi- lippe Hamman (dir.), La gouvernance de la ville durable entre déclin et réinventions. Une comparaison Nord/Sud, Rennes, Presses universitaires de Rennes, 2014, p. 96. 38 C’est-à-dire un débat sur les moyens techniques à mettre en place et non sur la nature même du changement. 458 Revue d’Allemagne est opéré dès le départ, par des groupes de travail accordant une place primordiale aux acteurs économiques (39). Parallèlement à la production de ces réglementations, de nou- velles certifications voient le jour au niveau national. Par exemple, pour la construction neuve, le label BBC-Effinergie (40), défini à partir du référentiel de l’association Effiner- gie (41), anticipe la RT 2012 (42). Puis, sont apparus d’autres labels tels que BBC-Effinergie+ ou Bepos Effinergie 2013 (43), afin d’attester une performance énergétique supérieure. Au courant de l’année 2017, l’expérimentation « Énergie+ Carbone- », initiée par l’État en novembre 2016 et qui anticipe la RT 2020, a conduit au lancement de plusieurs labels : E+C-, BBC Effinergie 2017, Bepos Effinergie 2017 et Bepos+ Effinergie 2017. D’autres certifications existent également, comme le labelBâtiment Bas Carbone de l’associa- tion BBCA (44), entré en vigueur en mars 2016, et qui se base sur l’empreinte carbone d’un bâtiment. On observe donc une multiplication des labels et une évolution des critères d’obtention de ceux-ci, devenant toujours plus exigeants. De la sorte, c’est éga- lement une échelle de mesure objectivée qui se diffuse et retraduit le registre pluriel de la durabilité suivant une lecture technique organisée d’après un échelonnement de performances. De façon comparable, la certification Passivhaus peut désormais être qualifiée de « plus » ou de « premium » en cas de bâtiment passif à énergie positive, c’est-à-dire intégrant une production d’énergie renouvelable (45). Le cadre réglementaire français et les certifications encouragées par l’action publique (46) ne se réfèrent toutefois pas à la construction passive. Ce sont dès lors les acteurs du secteur de la construction, et notamment les entreprises locales du bâtiment, qui se sont emparés du modèle d’outre-Rhin pour proposer une offre de construction passive dont je vais à présent expliciter les jeux d’acteurs et controverses à partir du cas de la construction de maisons individuelles en Alsace.

Jeux d’acteurs et structuration du marché alsacien de la construction passive Le PHI de Darmstadt est officiellement représenté en France par la Maison Pas- sive France (MPF) (47). Cette association fédère des professionnels du bâtiment issus

39 Julie Pollard, « Les effets du Grenelle de l’environnement : l’énergie dans le secteur du bâtiment », in : Daniel Boy, Mathieu Brugidou, Charlotte Halpern et Pierre Lascoumes (dir.), Le Grenelle de l’environnement. Acteurs, discours, effets, Paris, Armand Colin, 2012, p. 215-235. 40 BBC pour bâtiment basse consommation. 41 Effinergie est une association créée en 2006 ayant pour objectif de départ la promotion des BBC, qui ont servi de modèle à l’élaboration de la RT 2012. D’après Lionel Cauchard, la certification BBC-Effi- nergie a été soutenue par le Centre scientifique et technique du bâtiment (CSTB : organisme public certificateur des produits de construction) face à la concurrence de la certification suisse Minergie : L. Cauchard, Les collèges d’experts (note 26), p. 291. 42 La RT 2012 a été mise en application dans le secteur résidentiel de la construction neuve au 1er jan- vier 2013, rendant caduque le recours au label BBC dans la construction neuve. 43 Bepos pour bâtiment à énergie positive. 44 Association pour le développement du Bâtiment bas carbone. 45 www.lamaisonpassive.fr/wp-content/uploads/2016/12/CriteresDeCertification.pdf. 46 Henri Bergeron, Patrick Castel et Sophie Dubuisson-Quellier, « Gouverner par les labels. Une comparaison des politiques de l’obésité et de la consommation durable », Gouvernement et action publique, 3 (2014), p. 7-31. 47 www.lamaisonpassive.fr/. La certification Passivhaus entre Allemagne et France 459 de différents corps de métier, dont la maîtrise d’œuvre, mais également des maîtres d’ouvrage publics et privés. Elle constitue un réseau autour de la construction passive et organise des événements collectifs tels que le Salon Passi’bat, dont la onzième édi- tion a eu lieu en mars 2018 à Paris (48). À l’échelle locale, mes enquêtes de terrain – en particulier les observations menées chaque année de 2013 à 2018 aux salons de l’habitat en Alsace – ont mis en évidence un certain engouement pour la construction de maisons passives. Ce dernier se traduit par le développement conséquent d’une offre de constructeurs et de maîtres d’œuvre dans ce créneau. La Fédération française de la construction passive (FFCP), association faisant la promotion du bâtiment passif en organisant notamment des formations mensuelles destinées aux professionnels du bâtiment (49), est apparue comme un acteur central dans l’impulsion de cette dynamique à l’échelle locale. Elle a été créée en 2012 par d’anciens administrateurs de la MPF (50), suite à un conflit au sein du collectif, et est présente au Salon de l’habitat de Colmar depuis 2014. La FFCP propose sa propre certification passive, en partie basée sur des calculs réalisés à partir du logiciel PHPP (Passive House Planning Package ou Passivhaus-Projektierungspaket), alors que la MPF fait toujours transiter les dossiers de certification par le PHI de Darmstadt. S’affichant comme organisme national de la construction passive, la FFCP est basée à Saverne en Alsace et est de facto particuliè- rement active dans la région (51). Elle soutient à la fois la construction de bâtiments passifs collectifs, relevant du secteur tertiaire ou du logement, et fédère également de nombreux constructeurs et maîtres d’œuvre de maisons individuelles. J’ai pu observer au fur et à mesure des années de l’enquête l’accroissement progressif du pôle de la FFCP ainsi qu’une communication accrue autour de la construction pas- sive au sein des salons de l’habitat de Colmar et de Strasbourg (voir encadré et fig. 1). On repère ainsi toute une dynamique d’adaptation des constructeurs et maîtres d’œuvre à ce nouveau référentiel, en même temps que leur investissement participe en retour à la (re)définition de la construction passive. Précisément, dans ce processus de développe- ment de la construction passive, cette dernière est assimilée et légitimée comme modèle de la « construction durable », comme on peut le voir dans le récent ouvrage Habitat durable : l’évidence de la construction passive (52), co-écrit par le président de la FFCP, et dans les discours que je déplie ci-dessous, faisant des constructeurs de maison passive des « pionniers » autoproclamés de la « construction durable » en France.

48 www.passibat.fr/. 49 La FFCP, dont le président est Jean-Claude Tremsal, est étroitement liée à une entreprise de formation gérée par ce dernier, nommée Oze (Objectif zéro énergie), permettant aux adhérents de la Fédération de se former à la construction passive : fedepassif.fr/ ; passivhaus.fr/. 50 On note qu’auparavant, quatre éditions des Assises nationales de la construction passive ont eu lieu de 2007 à 2010, soutenues par la MPF. D’après Jean-Loup Bertez, cofondateur de la FFCP avec Jean-Claude Tremsal et organisateur de ces Assises, la FFCP est inscrite dans leur continuité : « Au bout de quatre ans, on ne voulait plus faire des choses à part mais faire rentrer la construction passive dans le monde du bâtiment en général, c’est pourquoi on a fondé la Fédération » (Salon énergie-habitat de Colmar, 2017). 51 Les adhérents sont situés dans toute la France mais plus nombreux dans le Grand Est. Voir : fedepassif. fr/les-adherents/. 52 Jean-Loup Bertez et Jean-Claude Tremsal, Habitat durable : l’évidence de la construction passive, Paris, Gallimard, 2017. 460 Revue d’Allemagne

La FFCP, acteur central du Salon de l’habitat de Colmar, et la MPF à Strasbourg

Le pôle FFCP du Salon énergie-habitat de Colmar de 2014 – première édition où elle est pré- sente – comprend 10 exposants dont quatre maîtres d’œuvre/architectes. Le président de la FFCP est programmé dans les conférences du salon en proposant des interventions telles que « Construire passif aujourd’hui c’est possible » ou « Voir et comprendre le fonctionne- ment d’une maison passive ». À partir de 2015, les conférences liées à la FFCP sont détaillées dans un programme à part, en distinction des autres conférences du salon, et font à présent intervenir différents types de professionnels (maître d’œuvre, entreprise de fenêtres, de matériaux, etc.). Le dépliant du salon consacre une pleine page à la construction passive, sti- pulant que « [le salon] Énergie Habitat se tourne définitivement vers des solutions de confort, d’économie et d’innovation pour votre habitat en consacrant un pôle entier à la FFCP ». Les années suivantes, le salon propose toujours des conférences sur le fonctionnement global et le principe de la maison passive, mais également des interventions plus pointues sur le plan technique, sur des questions de ventilation, de choix de fenêtres, de matériaux (« Système d’isolation sous dalle certifié passif », en 2016) ou encore de techniques de pro- duction d’énergie (« Solar Water box », en 2016). Il s’agit désormais d’un événement à part entière hébergé dans le Salon de l’habitat, la FFCP proposant sur les quatre jours du salon deux journées « pros » (vendredi et lundi) (1) et deux journées « grand public » (samedi et dimanche). En 2017 et 2018, le salon fait référence à un « pôle passif », avec notamment un espace dédié à la présentation d’une « mini maison passive », c’est-à-dire l’exposition de morceaux de murs (comprenant différents systèmes et matériaux : bois avec isolant naturel ou béton cellulaire, etc.), d’une VMC double flux ou encore de fenêtres triple vitrage. Ce démonstrateur est ins- tallé au centre du pôle et donne aux visiteurs la possibilité concrète de visualiser concrète- ment en quoi consiste une maison passive. On note que, parallèlement à ces évolutions, entre 2014 et 2018, le pôle FFCP s’est égale- ment considérablement agrandi, passant de 10 exposants à 50 lors du dernier Salon de l’habitat enquêté (2), bénéficiant dès lors de son propre espace de conférences. Une salariée a été recrutée afin de gérer les différents événements organisés par la FFCP, dont ce Salon de l’habitat (3). Enfin, en 2018, la FFCP se diversifie en proposant un projet baptisé OSCAR (Organiser, Sécuriser, Contrôler, Accompagner, Rénovation énergétique), basé non pas sur la construction passive mais sur la rénovation énergétique. L’engouement pour la maison passive au Salon de l’habitat de Strasbourg est moins flagrant, ce qui n’est peut-être pas sans lien avec le fait que ce salon soit ciblé sur la construction en bois et non les questions énergétiques. En 2013, le président de la FFCP donne deux confé- rences sur la maison passive, puis il focalisera son action sur le salon de Colmar. Les années suivantes, on repère quelques conférences sur la maison passive, intitulées « En route vers la maison passive », ou encore « La maison passive : principe et performances » aux salons de Strasbourg de 2015, 2017 et 2018. Elles sont toutes données par le même intervenant, un maître d’œuvre de maison en bois ayant passé le diplôme du PHI en 2014 et représentant l’organisme MPF, et non la FFCP, au salon.

1 Il s’agit de journées payantes avec un programme spécifique, et comprenant un repas entre professionnels. 2 Tous les exposants prévus n’étaient cependant pas réellement présents en 2018. Notons qu’en 2017 nous avions déjà noté 41 exposants alors qu’ils n’étaient que 26 en 2016. 3 Une architecte est également chargée de vérifier les aspects réglementaires des bâtiments à certifier. La certification Passivhaus entre Allemagne et France 461

Fig. 1 : Pôle FFCP avec « mini maison passive » : systèmes constructifs, isolants, fenêtres, VMC double flux

Marie Mangold, Salon de l’habitat de Colmar, 2018.

Il est intéressant de noter que les constructeurs et maîtres d’œuvre adhérant à la FFCP sont généralement des entreprises de maisons individuelles existant de longue date et qui ont pris le « virage » de la construction passive. Par exemple, le maître d’œuvre Éco-passive était auparavant connu sous le nom de Construction Voltz, entreprise de gros œuvre de maisons en béton. Fig. 2 : Un maître d’œuvre de maisons en béton Il construit aujourd’hui des mai- se renouvelant dans la construction passive sons passives et « écologiques » en béton cellulaire (voir fig. 2), en s’associant parfois à un archi- tecte ayant lui aussi pris un nom d’entreprise faisant référence à la construction passive : Alsace mai- son passive. De façon similaire, l’entreprise Macc-3, entreprise de gros œuvre proposant un système de murs en béton cellulaire, s’est lancée dans la maîtrise d’œuvre complète et la maison passive en créant l’entreprise Innovalys. On assiste donc à des formes de reconfiguration de ces entreprises dont l’outil publicitaire (change- ment de nom et d’axes de com- munication) est essentiel pour la vente de leurs prestations, et qui cherchent à se différencier, dans un marché très concurrentiel, par Marie Mangold, Salon de l’habitat de Colmar, 2018 462 Revue d’Allemagne leur inscription dans le référentiel de la construction passive. Pour certaines d’entre elles, il s’est agi de faire évoluer leur offre de maison à haute performance énergétique, de la maison basse consommation (BBC) à la maison passive. Par exemple, l’entre- prise Avenir & Bois proposait encore en 2013 des maisons BBC. Puis, leur communi- cation a évolué vers la maison passive, le cogérant d’Avenir & Bois ayant notamment été diplômé du PHI en 2014, l’autorisant ainsi à se déclarer officiellement concepteur certifié PHI de maison passive. On retrouve par ailleurs cette évolution marquée en observant les publicités du magazine immobilier Logic-Immo Bas-Rhin (53) : à partir du numéro de juillet 2014, l’encart publicitaire d’Avenir & Bois se voit ajouter la mention « fabricant labellisé de maisons passives », et, en septembre 2014, l’entreprise organise des journées portes ouvertes comprenant des « conférences sur la RT 2012 et la mai- son passive » (54). Outre les conférences proposées aux salons de l’habitat ainsi que les exemples de systèmes constructifs ou d’équipements exposés, par exemple, dans l’espace « mini maison passive » au Salon de l’habitat de Colmar, les maîtres d’œuvre et constructeurs alsaciens enquêtés proposent à la clientèle de visiter leurs maisons passives lors de portes ouvertes. Ces portes ouvertes peuvent être l’objet de conférences de présenta- tion du principe, des enjeux et des intérêts de la construction passive. On retient donc qu’en Alsace l’offre de maison passive s’est structurée et étendue ces dernières années et a intégré les canaux de communication du marché de la maison individuelle (salons de l’habitat, magazines immobiliers, portes ouvertes…). Face à cette structuration d’une offre de construction passive, on peut se demander pourquoi les acteurs favorisent ce référentiel plutôt que l’objectif affiché par les poli- tiques françaises de bâtiment Bepos. Dans leurs discours, les enquêtés évoquent l’aspect qualitatif et fiable, en termes de résultats énergétiques mesurables, de la construction passive. Ils adoptent une posture critique vis-à-vis des référentiels de performance énergétique français, tout en se percevant comme des « pionniers » du passif, soit d’un modèle reconnu à l’échelle internationale. Tout d’abord, pour les professionnels concernés, la réglementation française Bepos serait basée sur l’intégration d’une production conséquente d’énergie renouvelable – à partir de technologies telles que les panneaux photovoltaïques – afin de couvrir les besoins énergétiques de la maison. Ceci s’oppose à leur vision de la maison passive privilégiant en premier lieu une efficacité énergétique optimale dans la conception de la maison (bioclimatisme, isolation), laquelle nécessite au final une faible production d’énergie renouvelable pour devenir « positive » : « On peut faire du Bepos avec un bâtiment RT [2012], même avec une vieille ferme, si on couvre tout en photovoltaïque. Intellectuellement, c’est un gaspillage, ce n’est pas malin, et puis énergétiquement non plus » (entretien, président de la FFCP, Saverne, janvier 2016). « La RT 2020, qu’est-ce qu’ils vont faire : ils vont rajouter des panneaux solaires sur la RT 2012, ça ne veut pas dire que les maisons seront mieux construites, c’est contre ça qu’on n’est pas d’accord » (entretien, Avenir & Bois, Salon de l’habitat Strasbourg, avril 2016).

53 Analyse des encarts publicitaires des numéros du magazine Logic-Immo de janvier 2014 à août 2015. 54 Logic-Immo Bas-Rhin, n° 248 (septembre 2014), p. 89. La certification Passivhaus entre Allemagne et France 463

Deuxièmement, la perception de la « construction durable » et de ses avancées en France, notamment via le cadre législatif, est assez négative, et l’idée que l’« on est en retard », voire que le cadre réglementaire français ne va pas dans la « bonne direction », revient régulièrement dans les entretiens. Les professionnels prennent alors modèle sur le concept passif allemand et ses appropriations dans d’autres pays à l’échelle euro- péenne et internationale : « Le Passivhaus, il existe depuis 1983, ça fait quand même plus de 30 ans, c’est de l’autre côté de la frontière, on devrait pouvoir les copier. En plus, la Belgique, l’Autriche, l’Irlande, les États-Unis se sont intéressés au système Passivhaus. […] Donc, internationalement, ça commence sérieusement à bouger. Le maire de New York a déclaré en juin [2015] aussi que d’ici 5 à 10 ans la ville de New York imposera pour toute construction neuve et toute réno- vation lourde les critères du standard passif. Nous, qu’est-ce qu’on fait, les petits Français : on fait notre propre réglementation thermique, franchement c’est grave » (entretien, Agence KMO, Drusenheim, août 2015). « Nous, comment on entend le passif : c’est le passif du Passivhaus. On en est très, très loin pour la réglementation 2020, la France va appeler ça passif et ça nous embête d’ailleurs un peu parce que ça va galvauder, il y aura une maison passive du PHI, et une maison passive à la française qui n’aura pas du tout la même valeur. Donc je pense que simplement, en France, on est médiocre, on est à la traîne. Pour pouvoir améliorer les statistiques et les apparences, on utilise simplement des mots et on triture les chiffres pour être pas com- plètement ridicule par rapport aux autres pays européens » (entretien, Maisons Prestige, Horbourg-Wihr, novembre 2015). C’est souvent en se rendant directement dans des quartiers ou régions de pays voi- sins ayant opté pour la construction passive, tels que l’Allemagne, l’Autriche ou encore la Suisse, que ces professionnels ont eu une « prise de conscience » et qu’ils se sont lancés dans la démarche de la construction passive : « On est allés voir un peu ce qui se faisait ailleurs : en Autriche, en Allemagne, pour com- prendre comment eux fonctionnaient, parce qu’en France il n’y avait que les prémices du BBC qui étaient là. Et en faisant des formations, […] mon mari a vu que c’était assez creux, il y avait une démarche mais c’était loin de ce qu’on pouvait faire d’optimal en termes de performance du bâtiment. Et donc on est allé à l’étranger et on a su ce qu’était un bâtiment passif. Et après, pour nous, c’était une évidence qu’on devait aller dans cette voie-là, et donc on s’est spécialisé dans le passif » (entretien, La Maison Innovante, salon de Colmar, mars 2016). « En 2009, Électricité de Strasbourg avait organisé un voyage d’études en Autriche dans le Vorarlberg, j’y ai été convié et là je suis tombé de ma chaise parce que je me suis rendu compte que l’Autriche est déjà très en avance par rapport à une mise en législation des bâtiments durables, et le Vorarlberg encore plus, ils font depuis maintenant deux ans [2013] : tous les bâtiments neufs ou rénovations lourdes doivent être selon le standard passif, qui remplit à 85 % les critères du Passivhaus » (entretien, Agence KMO, Drusen- heim, août 2015). Suivant un processus d’hybridation des modèles et des référentiels, on observe tou- tefois que ces constructeurs et maîtres d’œuvre proposent de plus en plus de maisons à énergie positive, en faisant parfois référence à la RT 2020. On peut citer le cas de Mai- sons Voegelé, qui, en posant des panneaux photovoltaïques sur son modèle de maison passive Chloé, l’a rendu à énergie positive. Le constructeur Maisons Prestige précise également sur son site Internet que « n’importe quelle maison passive peut devenir 464 Revue d’Allemagne positive, si cela a été prévu au départ. Il suffit de prévoir des fourreaux qui permettront un jour d’installer un dispositif de production d’énergie » (55). Nombre d’entre eux annoncent alors construire des maisons « passives et positives ». Cette communication mettant en avant la maison à énergie positive est généra- lement progressive, tout comme l’a été leur affichage d’une offre de maison passive. Ainsi, on peut constater sur la plaquette de présentation de l’entreprise Avenir & Bois que la mention « maison à énergie positive » n’est apposée qu’à partir du dernier Salon de l’habitat observé, en 2018. Pour cette entreprise, il y a donc une évolution claire, entre 2013 et 2018, de la maison BBC – qui n’est d’ailleurs pas mentionnée sur la page de garde de la plaquette en 2013 – à la maison passive, jusqu’à la possibilité de la rendre à énergie positive (voir fig. 3). Cette dynamique incrémentale, par paliers, est considérée par les acteurs comme un « progrès » dans l’offre proposée ; elle conduit certains maîtres d’œuvre et constructeurs à parler de la construction passive comme de « l’excellence » de la construction, ce qui est à mettre en relation avec la clientèle « haut de gamme » visée dans l’offre (56). Toutefois, derrière l’affichage et la cohésion apparente de cette offre de construction « alternative » qui acquiert progressivement une valeur normative, les professionnels sont en désaccord sur des points majeurs, qui tiennent à la définition de la maison passive et aux processus de certification permettant d’attester cette performance énergétique.

Fig. 3 : Évolutions de la page de garde des plaquettes d’Avenir & Bois (2013, 2016, 2018)

Prospectus recueillis au Salon de l’habitat de Strasbourg (2013, 2016, 2018)

55 maisons-prestige.com/performance/nos-constructions/la-maison-a-energie-positive/. 56 M. Mangold, Pour une sociologie de la « maison durable » (note 1). La certification Passivhaus entre Allemagne et France 465

Controverses entre acteurs de la construction locale autour du contenu de la « maison passive » Il n’existe pas de définition réglementaire de la maison passive en France, ce qui autorise un certain flou autour de sa spécification et de ses principes concrets. Bien que le standard passif soit basé sur des critères très précis, deux questions clivent les maîtres d’œuvre et les constructeurs : celle du mode de chauffage, revenant à interro- ger la définition de la maison passive et deson mode de fonctionnement, et celle de la labellisation, opposant à la fois les certifications de la MPF et celle de la FFCP, mais aussi certains concepteurs Passivhaus jugeant la labellisation obligatoire et d’autres l’estimant au contraire non nécessaire. Premièrement, la maison passive est souvent présentée comme étant une « maison sans chauffage ». Cette expression signifie en fait que la maison, par son efficacité énergétique (exposition au soleil via de nombreuses surfaces vitrées au sud, isolation renforcée et système de ventilation double flux récupérant les calories de l’air sortant), peut se passer d’un mode de chauffage dit conventionnel : chaudière, radiateurs, poêle à bois, etc. D’après tous les maîtres d’œuvre et constructeurs rencontrés, il est cepen- dant nécessaire de prévoir ce qui est appelé un « appoint » de chauffage, notamment en cas de période hivernale très peu ensoleillée où la température de la maison chuterait faute d’apports solaires. Il peut alors s’agir de chauffer l’air de la VMC double flux par un système intégré de mini pompe à chaleur, ou encore d’intégrer un ou deux radia- teurs électriques avec une production de chauffage limitée (1 000 à 2 000 watts par exemple), mais suffisante pour obtenir les quelques kWh manquants. Ceci interroge donc tout d’abord la définition du « mode de chauffage » et des modes d’énergie privi- légiés. De plus, certains concepteurs de maison passive semblent jouer avec les limites de cette notion de « maison sans chauffage », en intégrant des systèmes de chauffage non apparents puisqu’intégrés dans des plinthes, dans les murs ou encore en chauffage au sol, et fonctionnant de manière automatique : « Par exemple, ici dans le salon-séjour il y a un plancher qui, lorsqu’on tombe en dessous de la consigne de 21-22°, automatiquement va se mettre en marche et compenser ce que n’apporte pas le soleil, tout simplement et c’est automatique. À l’étage, dans les bureaux- chambres, on a un dispositif de plinthes rayonnantes chauffantes qui sont contre le mur, ça fait partie presque de l’esthétique. À l’intérieur, il y a un petit élément chauffant électrique qui rayonne une chaleur douce, donc tout se fait en douceur et est piloté de manière instan- tanée » (entretien, Maisons Prestige, Horbourg-Wihr, novembre 2015). « Dans notre système, on a une particularité, on fabrique les murs et à l’usine on va installer des petites nappes chauffantes électriques, [elles] sont dans les murs à m20,1 vous ne les voyez pas, il n’y a pas de radiateurs ou d’autre chauffage. On va mettre quelques panneaux photovoltaïques, et ça, ça va permettre de chauffer la maison à plus de 19°, on peut monter jusqu’à 25°. C’est ces panneaux qui vont alimenter ces nappes électriques, donc ils n’auront jamais de facture pour le chauffage » (entretien,Innovalys , Wittenheim, septembre 2015). D’autres maîtres d’œuvre assument pleinement l’idée de mettre un poêle à bois ou granulés de bois dans la maison, estimant que les particularités climatiques régionales nécessitent un tel « appoint » : « Oui, il y a un complément, les gens choisissent, c’est soit du poêle bûches, poêle à pellets, un ou deux radiateurs électriques, ou alors des caissettes de préchauffage à la sortie des gaines de VMC double flux : c’est une petite résistance qui va mettre la différence. Chez 466 Revue d’Allemagne

nous, on ne peut pas faire du tout passif sans chauffage, ce n’est pas possible, on a des jours gris, on n’y arrive pas, il faut un appoint. […] Là, quand il n’y a pas de soleil, c’est le poêle à pellets qui se met automatiquement en marche » (entretien, Avenir & Bois, salon de Strasbourg, avril 2016). À l’inverse, pour le président de la FFCP, mettre une pompe à chaleur ou un poêle à bois dans une maison passive est un non-sens, puisqu’il s’agit d’un équipement coû- teux et produisant trop d’énergie par rapport aux besoins de la maison : « Mettre un poêle avec un conduit de fumée, étanche à l’air, globalement vous allez mettre 8 000 euros, pour quelque chose qui ne sert à rien, c’est débile. Qu’est-ce qu’il se passe si je mets un poêle dans une maison passive ? Je vais monter en température à 35° en 20 minutes, et après qu’est-ce que je fais, j’ouvre la fenêtre ? Des moyens démesurés pour des faibles besoins, ça n’a aucun intérêt » (entretien, président de la FFCP, Saverne, janvier 2016). Toutefois, quel que soit le choix du mode de chauffage, ce dernier ne contraint pas la certification du bâtiment : « Si demain l’architecte me demande de certifier le bâtiment, s’il y a une chaudière dedans, on le certifiera quand même, on écrira à côté que ce n’est pas nécessaire… Mais ce n’est pas un souci » (ibid.). Ces questions de chauffage sont avant tout un gage de plus grand confort pour les habitants, questionnant le principe de maison performante énergétiquement dans sa relation concrète aux consommations d’énergie, et ce du côté même des concepteurs. En effet, lorsqu’on relève des températures de confort mentionnées à 21-22° C, voire 25° C, on est d’abord loin de la réglementation française stipulant une température de 19° C en journée, fixée comme « limite supérieure de température de chauffage […] dans les locaux à usage d’habitation, d’enseignement, de bureaux ou recevant du public et dans tous autres locaux » (57), mais également au-dessus du calcul du PHPP basé sur la température de 20° C. Pour le maître d’œuvre suivant, l’intégration d’un mode de chauffage permet en effet de chauffer à la température désirée, sans contrainte, limi- tant alors les a priori sur une maison passive « froide » en hiver : « Le problème ne vient pas de l’hiver, on aura largement assez chaud, on a les puissances, on a tout ce qu’il faut, on pourra même chauffer à 25° C. Bien sûr ça va coûter plus cher mais on peut le faire, on a tout le confort » (entretien, Maisons Prestige, Horbourg-Wihr, novembre 2015). On perçoit donc que, s’il est de plus en plus question de maison passive à valeur de « modèle », les références effectives ne sont pas stabilisées et peuvent être appropriées différemment selon les professionnels. La question du chauffage n’est pas tranchée et fait intervenir la notion de « confort », se présentant comme primordiale et contrastant fortement avec un discours favorisant les économies de consommation énergétique. Deuxièmement, la question de la labellisation des maisons divise également les pro- fessionnels de la maison passive. L’observation du marché de la construction passive en Alsace sur la période 2013-2018 montre que plusieurs cas de figure sont présents. D’un côté, des concepteurs PHI (diplômés du PHI de Darmstadt) font le plus souvent labelliser Passivhaus – par le PHI – leur première réalisation, mais non les suivantes – le coût financier de la certification pour le client est le principal argument invoqué. De

57 Voir l’article R 131-20 du Code de la construction et de l’habitation, en ligne : www.legifrance.gouv.fr. La certification Passivhaus entre Allemagne et France 467 l’autre, des maîtres d’œuvre ou constructeurs s’affilient à la FFCP et font certifier leur maison passive par cet organisme qui, comme on l’a évoqué, a développé sa propre cer- tification en ayant recours au logiciel PHPP. On trouve également des professionnels affichant une offre de construction passive par leur affiliation à la FFCP mais qui n’ont aucune maison labellisée à leur actif. Le terme de « maison passive » recouvre donc des situations différentes, tout en témoignant bien de l’intérêt commercial de ce référentiel devenu modèle de construction durable. Dans un cadre de concurrence économique conduisant à une compétition en légi- timité, les maîtres d’œuvre formés par le PHI et rattachés à la MPF ont un regard critique sur la certification de la FFCP, et remettent en question le respect du cahier des charges de la « vraie » maison passive et l’évaluation en elle-même : « Il y a une norme européenne, une formation et un diplôme reconnu, les autres qui s’inventent maison passive, ce n’est pas intéressant » (entretien, Natura Concept, salon de Strasbourg, 2017). On voit ici apparaître la complexité du processus de certification qui a accompa- gné l’institutionnalisation de l’éco-construction : des labels et certifications se sont multipliés, souvent élaborés, comme dans le cas de la FFCP, par des acteurs privés. La légitimité d’une définition de la « maison durable » à imposer sur le marché passe aussi par la légitimation de ces labels, lesquels, de manière globale, constituent des formes de gouvernement directes ou indirectes qui poussent – dans une logique concurren- tielle et donc de distinction – les acteurs du secteur à faire évoluer leurs procédés de construction et l’efficacité énergétique de leurs maisons : « La logique de ce gouvernement n’est pas celle de la stabilisation d’un standard qui auto- rise l’uniformisation des entités et pratiques d’un champ, mais la création continue de labels toujours plus exigeants dont seule une partie des membres d’un champ pourra pré- tendre s’orner » (58). Pour les professionnels rattachés à la FFCP, cette certification a l’avantage de per- mettre d’interagir avec un acteur local et de réaliser des formations à une distance géographique et sur un temps moins contraignant que les formations du PHI, tout en respectant le cahier des charges de la construction passive : « La MPF, je crois savoir que c’est surtout des constructeurs, des architectes, des maîtres d’œuvre. Dans la Fédération, on a les fournisseurs de matériaux, les fabricants, les bureaux d’études, il me semble que c’est un peu plus large. Et puis la deuxième chose, ce qui me paraissait primordial, c’est que c’est local, c’est à Saverne, en Alsace, et donc pour faire des formations, on a moins de déplacements, on est à proximité » (entretien, Maisons Prestige, Horbourg-Wihr, novembre 2015). « Là on habite aussi à 10 km du siège de la Fédération, donc ça nous semblait assez évident d’avoir ce côté proximité quoi. Après, je pense que l’intelligence voudrait d’être dans les deux pour que les clients puissent se retrouver dans les deux plateformes » (entretien, La Maison Innovante, Colmar, mars 2016). De fait, la FFCP met en avant le fait d’aller « plus loin » que la certification du PHI en intégrant notamment des critères d’évaluation sur la qualité de l’air :

58 Bergeron/Castel/Dubuisson-Quellier, « Gouverner par les labels » (note 46), p. 11. 468 Revue d’Allemagne

« Nous on certifie bien plus de choses, on vérifie en permanence la qualité de l’air intérieur, typiquement le taux de CO2, on garantit une performance énergétique, donc on certifie un bâtiment sur un an et au bout d’un an on valide le certificat. […] Donc performance énergétique comme le PHI, qualité de l’air intérieur, pérennité des parois, on ne vérifie pas uniquement le critère énergétique ou on risque d’arriver à des chantiers loupés qui fonctionnent pas » (entretien, président de la FFCP, Saverne, janvier 2016). Cependant, la communication internationale autour de la maison passive aurait tendance à invisibiliser le travail de la FFCP. En effet, si on veut réaliser un état des lieux de la construction de maisons passives en France, on s’aperçoit que seules les maisons ayant été certifiées par la MPF – reconnue comme organisme habilité à déli- vrer le label – et donc par le PHI sont intégrées dans le catalogue des maisons passives disponible sur le site Passivhausprojekte. En Alsace, on ne dénombre alors début 2019 que 13 maisons dans la base de données (59), ce qui pose problème aux maîtres d’œuvre et constructeurs de maison passive rattachés à la FFCP : « L’inconvénient, c’est que la MPF représente officiellement le PHI et donc les maisons certi- fiées par la MPF remontent sur le site du PHI, alors que nous, ceux de la Fédé ne remontent pas, c’est un label propre, mais qui est basé sur les mêmes exigences que le PHI » (entretien, Maisons Prestige, Horbourg-Wihr, novembre 2015). Les controverses professionnelles à l’œuvre dans le développement d’un marché de la « maison durable » se retrouvent dans la définition même d’un modèle de « maison passive ». Les professionnels peuvent aussi jouer du flou et l’alimenter, pour certains, en même temps que se développe (et ce d’autant plus qu’il n’y a pas de cadre pré- cis) un marché, de façon similaire à l’analyse du « succès du flou » du développement durable (60).

Conclusion L’analyse de la diffusion du référentielPassivhaus et de ses appropriations par les acteurs de la construction en Alsace illustre nettement la circulation de modèles de durabilité et les questions d’échelle en développement durable. La certificationPas- sivhaus a été développée dans un cadre territorial précis, à Darmstadt en Allemagne, avant de devenir un outil de calcul et un référentiel adaptable dans divers contextes territoriaux, énergétiques et climatiques. La référence à la construction passive s’af- franchit cependant, dans d’autres contextes territoriaux, de l’organisme de référence du Passivhaus Institut, à partir du développement de certifications alternatives qui peuvent consister à redéfinir certains seuils et objectifs énergétiques de la certification Passivhaus de départ. Les acteurs politiques et privés de la construction se réappro- prient donc le référentiel pour l’ajuster à leurs propres conditions de faisabilité. En Alsace, on a vu que l’offre de construction de maison passive s’est amplement développée durant la décennie actuelle, et la référence au Passivhaus a fait l’objet de réappropriations suscitant des controverses entre professionnels. L’opportunité com- merciale de renouvellement que la construction passive a offert sur le marché de la maison individuelle explique en partie le développement rapide et les appropriations

59 www.passivhausprojekte.de/. 60 P. Hamman, Sociologie urbaine (note 4), p. 29. La certification Passivhaus entre Allemagne et France 469 diverses qu’en font les maîtres d’œuvre et constructeurs en l’absence de cadre normatif français sur la construction passive. Les acteurs enquêtés se placent dans la position de pionniers ou d’« innovateurs » et mobilisent pour cela le référentiel de la durabilité tout en proposant des contenus constructifs variables, notamment sur les questions de chauffage dans une maison passive, où des équipements intégrés pour le confort thermique des habitants sont « verdis » (énergie renouvelable) alors que l’objectif de départ d’une maison passive est de limiter la production d’énergie au maximum. Au final, on peut tirer trois enseignements principaux de l’étude du cas de la construction passive dans la circulation de modèles de durabilité : 1. Elle donne à voir le travail de production d’une offre qui se veut exemplaire et innovante, toujours en train de se faire et encore soumise à controverse au sein même du corps professionnel. C’est là une analyse courante des projets territorialisés en développement durable dont l’aspect concret et substantiel ne coïncide pas pleinement avec l’aspect procédural et les modes d’énonciation des objectifs génériques de la dura- bilité. À l’intersection des sciences de la technique, sciences de la nature et sciences humaines, le logement constitue un objet des humanités environnementales et doit aujourd’hui articuler objectifs environnementaux et modes d’habiter (61). 2. À partir de cette circulation de références à valeur d’exemplarité, on perçoit éga- lement la concurrence entre différents modèles de construction durable et l’approche énergétique qui domine actuellement cette production. En ce sens, la construction passive se situe dans la suite logique de politiques environnementales visant la « transi- tion énergétique », concrétisées à travers la production de réglementations thermiques. Bien que la « transition énergétique » ait connu une trajectoire différente entre la France et l’Allemagne (62), on saisit ici une certaine convergence entre les deux pays dans cette approche énergétique de la construction durable. 3. Sur la question des échelles du développement durable, la référence au Passivhaus en Alsace illustre des logiques de circulation de savoirs entre l’Allemagne et la France, dans le cadre d’un territoire propice aux échanges transfrontaliers. Toutefois, il semble que les acteurs de la construction alsaciens soient particulièrement intéressés par la dimension internationale prise par ce modèle de durabilité, et non uniquement son application dans un espace binational de proximité. De plus, on a pu constater que la construction passive a d’abord été développée en France à travers des salons nationaux de la construction (à Grenoble et Paris) avant de se développer sur le marché local de la construction en Alsace. Le cas de la FFCP, acteur se déclarant comme national mais agissant en grande partie à l’échelle régionale, illustre ces jeux d’échelles dans le développement de la construction durable avec des références à la fois territorialisées, nationales et internationales.

61 Nicole Mathieu, « “Modes d’habiter”, “cultures de la nature” : des concepts indissociables », in : Aurélie Choné, Isabelle Hajek et Philippe Hamman (dir.), Guide des Humanités environnementales, Villeneuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2016, p. 567-581. 62 Guillaume Christen, Philippe Hamman, Mathias Jehling et Maurice Wintz (dir.), Systèmes énergé- tiques renouvelables en France et en Allemagne. Synergies et divergences, Paris, Éditions Orizons, 2014. 470 Revue d’Allemagne

Résumé Cet article interroge la circulation de modèles et de savoirs sur la durabilité entre Allemagne et France à partir de l’exemple du référentiel Passivhaus. Cette certifica- tion se référant à une construction dite durable, développée en Allemagne au début des années 1980, se retrouve depuis une dizaine d’années en France à travers le développe- ment et la structuration d’une offre de construction passive. Dans un premier temps est exposé le contexte de diffusion de ce référentiel, devenu modèle à l’échelle internatio- nale. Puis, dans un second temps, la contribution livre une analyse des appropriations dont il fait l’objet à l’échelle locale, à partir d’enquêtes de terrain menées sur le marché de la maison individuelle en Alsace entre 2013 et 2018. Les jeux d’acteurs et contro- verses autour du contenu de la maison passive offrent alors, dans une troisième section, une lecture des échelles et des circulations de modèles de durabilité entre Allemagne et France, où la dimension internationale vaut comme référence locale de légitimation.

Zusammenfassung Dieser Artikel untersucht am Beispiel des Energiestandards Passivhaus, wie sich Modelle und Wissen über die Nachhaltigkeit zwischen Deutschland und Frankreich verbreiten. Diese Zertifizierung bezieht sich auf das nachhaltige Bauen, das in den 1980er Jahren in Deutschland entwickelt wurde und seit zehn Jahren in Frankreich Fuß fasst. Untersucht werden zunächst die Verbreitungswege dieses Standards, der heute auf internationaler Ebene als Modell dient. In einem zweiten Schritt wird dessen Anwendung auf lokaler Ebene analysiert, ausgehend von Felduntersuchungen, die zwischen 2013 und 2018 auf dem elsässischen Markt für Passivhäuser durchgeführt wurden. Zuletzt werden die Kontroversen über die wahren Anforderungen eines Passivhauses erwähnt. Hier scheint die internationale Anerkennung des Standards einen besonderen Legitimationseffekt auf lokaler Ebene zu bewirken. Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 471 T. 51, 2-2019

Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? Soziale und wirtschaftliche Folgen des Rückbaus für den Standort und seine Bevölkerung *

Caroline Kramer **

Ausgangssituation der Kernenergie (1) und des Rückbaus in Deutschland, Stand der Forschung und Fragestellung des Projekts (2) Die Ausgangssituation in Deutschland war zu Beginn des Forschungsprojekts Ende des Jahres 2012 von dem „zweiten Ausstieg aus der Kernenergie“ gekennzeichnet, der als unmittelbare Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von 11.3.2011 in Fukushima stattfand. Bereits im Jahr 2002 hatte die Bundesregierung erstmals einen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen, ihn allerdings im Jahr 2010 mit der sogenannten Laufzeitverlängerung wieder rückgängig gemacht (3). Dieser „Ausstieg vom Ausstieg“

* Das Projekt, in dessen Rahmen diese Ergebnisse entstanden, lautet „Technische, wirtschaftliche, soziale und politische Folgen durch den Rückbau eines Kernkraftwerks auf regionaler und lokaler Ebene (FoRK)“ und wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert (Leitung: Prof. Dr. Sascha Gentes, KIT, und Prof. Dr. Caroline Kramer, KIT). ** Universitätsprofessorin für Humangeographie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), caroline. [email protected]. 1 Im Folgenden wird von „Kernenergie“ und „Kernkraftwerken“ gesprochen. Die früher synonym verwendeten Begriffe „Atomenergie“ und „Atomkraftwerk“ wurden im deutschsprachigen Raum in den 1970er Jahren bevorzugt von den Gegnern dieser Technologie verwendet („Atomkraft – nein danke“), so dass sie heute eine politische Haltung transportieren. Man kann natürlich umgekehrt denjenigen, die von „Kernenergie“ sprechen, auch eine politische Haltung unterstellen. Wir haben uns in diesem Projektkontext dennoch für diesen Begriff entschieden und möchten ihn ohne eine Positionierung pro oder contra Kernenergie verstanden wissen. 2 Teile der hier vorgestellten Ergebnisse wurde in der Doktorarbeit von Simon Kretz veröffentlicht: Simon Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen im Rückbau und deren Zukunft aus der Perspektive der Bevölkerung, Dissertation, Karlsruher Institut für Technologie, 2015, nbn-resolving. org/urn:nbn:de:swb:90-486785. 3 Diana Gallego Carrera und Jürgen Hampel, „Die Situation der Kernenergie nach Fukushima – Wahrnehmung der Öffentlichkeit und politische Entscheide“, atw. International Journal for Nuclear Power, 59/3 (2013), S. 175-180. 472 Revue d’Allemagne im Jahr 2011 wurde mit der Novellierung des Atomgesetzes (AtG) (4) erneut rückgängig gemacht, und es wurden acht Kernkraftwerke noch unmittelbar im Jahr 2011 abge- schaltet. Die Laufzeit der sieben verbliebenen Kraftwerke wurde nur bis maximal 2022 verlängert (5). Für die Betreiber der Kraftwerke und die Standortgemeinden galt es nun, diese für sie überraschende Wende in der Energiepolitik umzusetzen. In der Regel beginnt nach dem Ende des Leistungsbetriebs die Phase des Rückbaus, die zusam- men mit den Phasen des Nach- und Restbetriebs mindestens zehn Jahre andauert (6). Somit standen im Jahr 2011 insgesamt fünfzehn kleine und mittelgroße Gemeinden in Deutschland vor einer unerwartet raschen Schließung eines großen energieprodu- zierenden Betriebes an ihrem Standort. Wie vielfältig die Folgen dieses Prozesses sind, wen sie auf welche Art und Weise betreffen, wie die Betroffenen mit dieser Entwick- lung umgehen und welche Maßnahmen die verschiedenen Akteure für diesen Prozess planen, ist Thema dieses Forschungsprojektes. In der Forschung beschäftigen sich zwar verschiedene Disziplinen und Fachberei- che mit Fragestellungen, die das Thema Rückbau kerntechnischer Anlagen tangieren, es gibt jedoch bisher keine Forschungsarbeiten, die das sowohl aus einer sozialwis- senschaftlichen/ geographischen als auch ingenieurwissenschaftlichen Perspektive beleuchten. Dieses Projekt knüpft daher an Arbeiten an, die auf verschiedenen Maß- stabsebenen die Bereiche Gesellschaft, Migration, Partizipation, Technik und Risiken miteinander verbinden. Im Folgenden werden die Ansätze kurz vorgestellt, die in diesem Projekt für die Formulierung der Hypothesen und für die Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt wurden. Aus Platzgründen kann auf diese Ansätze nur sehr knapp eingegangen werden und es muss auf die genannten Autoren und Simon Kretz’ Dissertation zu diesem Thema (7) verwiesen werden. Auf der gesellschaftlichen Ebene thematisiert der Soziologe Ulrich Beck (1986) mit seiner Arbeit zur Risikogesellschaft (8) die Bedeutung der selbst produzierten Risi- ken, z.B. durch die Nutzung der Radioaktivität. Er interpretiert diese Risiken als „Folgeprobleme der technisch-ökonomischen Entwicklung“ (9), die zu einer grund- legenden Verunsicherung in der Moderne führen. Dabei spielt die Thematisierung dieser Risiken durch die Massenmedien eine entscheidende Rolle für die Sichtbarkeit und Bewertung eben jener Risiken (10). Durch die Reaktorkatastrophe von Tscherno- byl im Erscheinungsjahr des Buchs erhielt Becks Gesellschaftsanalyse unerwartete Aktualität. Bereits zwei Jahre zuvor richtete der Soziologe und Experte im Bereich Technikfolgenabschätzung Ortwin Renn in seinem Buch Risikowahrnehmung der Kernenergie (11) den Fokus auf die individuelle Einstellung zum Thema Kernenergie

4 www.gesetze-im-internet.de/atg/index.html. 5 www.bmub.bund.de/themen/atomenergie-strahlenschutz/nukleare-sicherheit/aufsicht-ueber- kernkraftwerke/kernkraftwerke-in-deutschland/. 6 Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mbH, Stilllegung kerntechnischer Anlagen, GRS-S- 50, www.grs.de/sites/default/files/pdf/GRS-S-50.pdf. 7 Vgl. S. Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen (Anm. 2). 8 Ulrich Beck, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1986. 9 Ebd., S. 26. 10 Ebd., S. 29f. 11 Ortwin Renn, Risikowahrnehmung der Kernenergie, Frankfurt am Main, Campus Verlag, 1984. Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? 473 mit dem Ziel, „die Struktur der Beziehungen zwischen dem Objekt Kernenergie und dem bewertenden Subjekt zu erhellen und unabhängige Faktoren der Einfluss- nahme auf die Ausbildung einer Einstellung ausfindig zu machen“ (12). Er konnte dabei sowohl persönliche als auch wohnortbezogene Einflussfaktoren ausmachen. Im eldF der Technikfolgenabschätzung im Bereich Kernenergie stehen allerdings derzeit die Diskussionen zur Zwischen- und Endlagerung sowie der Standortsuche für diese Lagerstätten im Vordergrund (13). Der Umgang mit dem Rückbau der kerntechnischen Anlagen selbst wird in diesem Forschungsfeld meist nicht berücksichtigt. Eine ausführliche Diskussion zum Risikobegriff in den Sozialwissenschaften, der Risikowahrnehmung sowie den Ansätzen der Risikoforschung findet sich bei Gallego Carrera und Hampel, die aufzeigen, weshalb die individuelle Risikowahrnehmung so stark variiert, und die auf den Zusammenhang von Risikobewertung mit individu- ellen Werten und Interessen innerhalb eines sozialen Kontextes hinweisen (14). Dazu kann auch Ingleharts Wertewandeltheorie (15) herangezogen werden, derzufolge ein Wertewandel von materialistischen Werten hin zu postmaterialistischen Werten erfolgt, zu denen auch ein gestiegenes Umweltbewusstsein zählt. Mit einem an Ing- lehart angelehnten Modernisierungsindex wurden in diesem Projekt Haltungen zur Kernenergie und zum Rückbau in Beziehung gesetzt (16). Ortwin Renn et al. (17) können vier Komponenten für die öffentliche Akzeptanz von planerischen Maßnahmen identifizieren, die auch für die Gestaltung des Rückbaus kerntechnischer Anlagen bedeutsam sind. Dazu zählen Einsicht in die Notwendigkeit und die Ziele der Maßnahmen, Selbstwirksamkeit, Nutzen und Identität bzw. Identi- fizierung mit der Maßnahme. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- sicherheit (BMU) spielen die Medien und die Glaubwürdigkeit von Akteuren in der „Umweltkommunikation“ dabei eine nicht unwesentliche Rolle (18). Diese Frage erhält in Zeiten von „fake news“ erneut Aktualität. Auf diesen Aspekt wird im vorliegen- den Projekt auch eingegangen. Viele dieser Aspekte werden in dem hier vorgestellten Projekt bei Fragen zur Kernenergie im Allgemeinen, zu den Informationsquellen und deren Glaubwürdigkeit angesprochen.

12 Ebd., S. 300. 13 Peter Hocke, „Technik oder Gesellschaft? Atommüll als sozio-technische Herausforderung begrei- fen“, in: Achim Brunnengräber (Hg.), Problemfalle Endlager. Gesellschaftliche Herausforderungen im Umgang mit Atommüll, Baden-Baden, Nomos, 2016, S. 77-96. 14 Vgl. Gallego Carrera/Hampel, „Die Situation der Kernenergie“ (Anm. 3). 15 Ronald Inglehart, Modernisierung und Postmodernisierung. Kultureller, wirtschaftlicher und politi- scher Wandel in 43 Gesellschaften, Frankfurt am Main, Campus Verlag, 1998. 16 Vgl. S. Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen (Anm. 2), S. 122. 17 Ortwin Renn, Wolfgang Köck, Pia-Johanna Schweizer, Jana Bovet, Christina Benighaus, Oli- ver Scheel und Regina Schröter, „Öffentlichkeitsbeteiligung bei Planungsvorhaben der Energie- wende“, in: Jens Schippl, Armin Grunwald und Ortwin Renn (Hg.), Die Energiewende verstehen – orientieren – gestalten, Erkenntnisse aus der Helmholtz-Allianz ENERGY-TRANS, Baden-Baden, Nomos, 2017, S. 547-568. 18 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) (Hg.), Umweltbewußtsein in Deutschland 2002. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, Ber- lin, 2002, www.umweltbildung.de/uploads/tx_anubfne/umweltbewusstsein2002.pdf. 474 Revue d’Allemagne

Über die subjektive Identifizierung mit einer Maßnahme hinaus ist auch die Identi- fizierung mit dem Raum bzw. der Wohngemeinde ein wichtiger Aspekt, der in diesem Projekt berücksichtigt wird. Peter Weichhart (19) betont die funktionale Bedeutung der raumbezogenen Identität hinsichtlich der Dimensionen „Sicherheit, Aktivität/ Stimulation, soziale Interaktion/Symbolik sowie Individuation“ (20). Er führt an ande- rer Stelle aus, dass es „Heimat-Territorien sind, welche besonders entscheidende Refe- renzgrößen unserer ‚Ich-Welt-Kongruenz‘ darstellen“ (21); sie sind „‚Orte des leichten Handelns‘“ (22). Andere Autoren bezeichnen die Verbundenheit der Subjekts mit seiner räumlichen Umgebung als „place-identity“ (23) oder als „Regionalbewusstsein“ (24). Im vorliegenden Projekt werden Aspekte der raumbezogenen Identität bzw. Verbunden- heit u.a. über Fragen zur Zugehörigkeit angesprochen. Zudem wird das Image der Gemeinde, d.h. die Fremdzuschreibung zu verschiedenen Zeitpunkten thematisiert, was besonders im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der Standorte von Bedeu- tung ist. Eng mit der raumbezogenen Identität verbunden ist der Aspekt der sozialen Eingebundenheit und der sozialräumlichen Netzwerke, auf die die Menschen zurück- greifen können. Dabei ist auch heute noch die räumliche Distanz zu verschiedenen Familienmitgliedern und Freundinnen und Freunden bedeutsam. Da in diesem Projekt u.a. von Interesse war, welche Pläne die Befragten bezüglich ihrer Wohnsituation in näherer Zukunft haben, galt es auch, Migrationstheorien zu berücksichtigen, die den Einfluss von Stressfaktoren im Wohnumfeld betrachten. Dazu zählt das sog. „stress-threshold-model“ (Stress-Anpassungs-Ansatz) nach Wol- pert (25), Brown und Moore (26) sowie Speare (27). In diesem Modell wird davon ausgegan- gen, dass es einen Schwellenwert der Unzufriedenheit gibt, nach dessen Überschreiten Menschen darüber nachdenken, wie sie mit diesem Stress umgehen, d.h. ob sie ihre Bedürfnisse anpassen, ob sie versuchen, die Bedingungen zu verändern, oder ob sie den Ort verlassen. In den Ingenieurwissenschaften – die Projektpartner dieser Studie waren – befasst man sich in der Regel vorwiegend mit den technischen und organisatorischen Aspek- ten des Rückbaus, d.h. der Abfolge der Rückbauarbeiten, mit der Entsorgung der unter- schiedlichen Abfälle oder mit den organisatorischen und personellen Konsequenzen

19 Peter Weichhart, „Raumbezogene Identität als Problemstellung der Regionalentwicklung“, Beiträge zur theoretischen Grundlegung der Raumentwicklung, Arbeitsmaterial der ARL, 254 (2000), S. 51-68. 20 Ebd., S. 55. 21 Peter Weichhart, Entwicklungslinien der Sozialgeographie, Stuttgart, Franz Steiner Verlag, 2018 (2. Aufl.), S. 291. 22 Ebd., S. 291. 23 Harold M. Proshansky, Abbe K. Fabian und Robert Kaminoff, „Physical Word Socialization of the Self“, Journal of the Social Environment Psychology, 3 (1983), S. 57-83. 24 Hans-Heinrich Blotevogel, Günter Heinritz und Herbert Popp, „‚Regionalbewußtsein‘. Zum Stand der Diskussion um einen Stein des Anstoßes“, Geographische Zeitschrift, 77/3 (1989), S. 65-88. 25 Julian Wolpert, „Behavioral Aspects of the Decision to Migrate“, Papers in Regional Science, 1 (1965), S. 159-169. 26 Lawrence A. Brown und Eric G. Moore, „The Intra-Urban Migration Process: A Perspective“, Geo- grafiska Annaler, Series B, 52 (1970), S. 1-13. 27 Alden Speare, „Residential Satisfaction as an Intervening Variable in Residential Mobility“, Demography, 11/2 (1974), S. 172-188. Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? 475 des Rückbaus. Dabei werden Personalanpassungsmaßnahmen, der Kompetenzerhalt der Mitarbeiter aus dem Leistungsbetrieb sowie der Einsatz von externen Fachkräften untersucht (28). Auf diese Themen kann in diesem Beitrag aus Platzgründen nur am Rande eingegangen werden.

Konzeption der Untersuchung und methodische Herangehensweise der empirischen Studie Die theoretische Grundlage dieses Projekts ist ein handlungstheoretischer Zugang, bei dem nach Werlen „die Handlungen der Menschen im Zentrum stehen, d.h. das Räumliche wird als Dimension des Handelns gesehen und nicht umgekehrt“ (29). Aufbauend auf dieser konzeptionellen Grundlage stehen die Handelnden in ihrem sozialen und räumlichen Kontext im Vordergrund des Projekts. Dies sind Bewohner (30) der Standortgemeinden, politische Verantwortliche (z.B. Bürgermeister, Mitglieder des Gemeinderats usw.), engagierte Bürger sowie Führungskräfte und Mitarbeiter der Energieversorgungsunternehmen. Sie wurden mithilfe unterschiedlicher Methoden zu den Themenschwerpunkten des Projekts befragt. Wie bereits im ersten Abschnitt angesprochen, sind die Schwerpunkte dieses Pro- jekts die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Folgen des Rückbaus, die Strategien der Betroffenen in diesem Rückbauprozess, sowie die Kritik und die Sorgen, die gegen- über den Verantwortlichen geäußert werden. Dabei sind vor allem die Wahrnehmun- gen und Bewertungen dieses Rückbauprozesses durch die Betroffenen von Interesse. Daher gelten die Fragen, die in den Leitfadeninterviews an die Verantwortlichen in der Gemeinde, d.h. in diesem Fall an die „Experten“, gestellt wurden (31), ausdrücklich deren Wahrnehmung der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Folgen, wie z.B. dem Rückgang der Gewerbesteuer, dem Verlust von Arbeitsplätzen, den Auswirkungen dieser Prozesse auf die lokale Industrie, das Handwerk, die Gastronomie und Gewerbe, sowie auf die Ansiedlung von Unternehmen und den Wohnstandort selbst (Wohnungs- markt, Neubaugebiete usw.). Ebenso sollte eingeschätzt werden, ob sich die politische Landschaft in der Gemeinde verändert hat (z.B. ob sich nach dem Abschalten des Kraft- werks die Konflikte verringern) und inwieweit sich das Image der Gemeinde sowie das gesellschaftliche Leben (Vereine usw.) verändert haben. Außerdem wurde thematisiert, welche Strategien die verschiedenen Akteure vor dem Hintergrund dieser Veränderung verfolgen. Diese qualitativen Interviews mit insgesamt 38 Personen wurden größten- teils als explorative Interviews vor der Ausarbeitung der quantitativen standardisierten Bevölkerungsbefragung von September 2013 bis Februar 2014 durchgeführt. Die standardisierte Bevölkerungsumfrage fand im März 2014 in vier Untersu- chungsgemeinden mit je 1.800 postalisch versandten Fragebögen (d.h. an insgesamt

28 Madeleine Weber, Untersuchung der Personaleinsatzplanung beim Rückbau kerntechnischer Anlagen und Erstellung einer den Anforderungen entsprechenden optimalen Rückbaumannschaft, Dissertation, Karlsruher Institut für Technologie, 2014. 29 Benno Werlen, Sozialgeographie, Bern, Haupt, 2000, S. 309. 30 Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die weibliche Form der Bezeichnung verzichtet. Wo immer es möglich ist, werden geschlechtsneutrale Bezeichnungen verwendet. 31 Dies waren z.B. Bürgermeister, Vertreter aus der Gemeindepolitik, der Kirchen, der Vereine, von Bür- gerinitiativen, Landwirte und Landräte, Wirtschaftsförderer und Schulleiter. 476 Revue d’Allemagne

7.200 repräsentativ gezogene Ausgangsadressen) statt. Der Rücklauf betrug mit 1.586 zurück gesandten und ausgefüllten Fragebögen rd. 22% (32). Neben den o.g. Themen, die in den Experteninterviews angesprochen wurden, standen in der schriftlichen Befragung die Einstellung der Befragten zur Kernenergie und zum Rückbau, ihre Handlungsoptionen für die eigene Zukunft, ihre raumbezogene Verbundenheit sowie die Frage danach, ob sie über einen Wegzug aus der Gemeinde nachdenken, im Vor- dergrund. Ebenso wurden Fragen zur aktuellen Wohnsituation, zum sozialen Netz- werk sowie zu sozioökonomischen und demographischen Merkmalen gestellt. Als Untersuchungsorte wurden vier Standorte ausgewählt, an denen sich die Kraft- werke in unterschiedlichen Rückbaustadien befinden, um der Frage nachzugehen, inwieweit die Wahrnehmung und Bewertung des Rückbauprozesses durch die Betrof- fenen sich dadurch unterscheidet, in welcher Phase des Rückbaus sich das Kraftwerk befindet. In Obrigheim am Neckar (rd. 5.200 Einwohner) wurde bereits 2005 das 1965 gebaute Kraftwerk stillgelegt, so dass hier der Rückbau zum Befragungszeitpunkt seit neun Jahren im Gange war. In Biblis (rd. 9.000 Einwohner an der Bergstraße im Ober- rheingraben) wurden beide Blöcke (1974 und 1976 erbaut) im Jahr 2011 gleichzeitig stillgelegt, so dass hier zum Befragungszeitpunkt der Rückbau gerade begonnen hatte. In Neckarwestheim (rd. 4.000 Einwohner, Block 1 1976, Block 2 1989 erbaut) im Neck- artal und Philippsburg am Rhein (rd. 13.000 Einwohner, Block 1 1979, Block 2 1985 erbaut) wurde der jeweils ältere Block ebenfalls 2011 stillgelegt, während der jeweils jüngere Block noch bis 2022 bzw. 2019 im Leistungsbetrieb verbleiben kann (33). Somit sind mit diesen Standorten Gemeinden verschiedener Größe und Lage sowie verschie- dener Rückbaustadien im Projekt vertreten.

Bewertung des Rückbaus aus der Sicht der betroffenen Bevölkerung und der lokalen Experten Der Rückbauprozess aus der Sicht der Bevölkerung (quantitative Befragung) Bevor man die Beurteilung des Rückbaus des Kernkraftwerks betrachtet, stellt sich die Frage, wie denn die Bewohnerinnen und Bewohner eines Kraftwerksstandorts grundsätzlich der Nutzung von Kernenergie gegenüberstehen. Es könnte einerseits vermutet werden, dass sie als Betroffene eines Kernkraftwerks „in their backyard“ der Kernenergie kritischer gegenüberstehen als die Durchschnittsbevölkerung. Anderer- seits könnten sie aufgrund positiver Erfahrungen (mit dem Kraftwerk als Arbeit geber, als Garant für Steuereinnahmen und Wohlstand, keine gefährlichen Störfälle) die Nutzung von Kernenergie positiver bewerten. In den Umfragedaten zeigt sich, dass in den Untersuchungsgemeinden 36% der Befragten die Aussage „Ich finde die Stromge- winnung aus Kernenergie gut“ für zutreffend halten, 41% halten dies für nicht zutref- fend und 23% positionieren sich neutral. Im Vergleich zu bundesweiten Umfragen sind somit die Bewohner der Untersuchungsgemeinden zwar mehrheitlich auch Gegner der Nutzung von Kernenergie, jedoch weitaus verhaltener als die deutsche Bevölkerung,

32 Bemerkenswert ist, dass 813 Bögen (d.h. mehr als 50%) erst nach dem Versand einer Erinnerungs- postkarte eintrafen, was darauf hinweist, dass es notwendig – und erfolgreich – ist, bei postalischen Befragungen mit einer schriftlichen Erinnerung nachzufassen. 33 Vgl. S. Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen (Anm. 2), S. 24. Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? 477 die zu 76% gegen und nur zu 21% für die Nutzung von Kernenergie votiert (34). Diese weniger ablehnende Haltung der Befragten in den Standortgemeinden lässt sich u.a. damit erklären, dass durchaus eine gewisse Identifikation mit dem Kraftwerk besteht, denn 56% der Befragten stimmt der Aussage zu „Ich fühle mich selbst betroffen, wenn es um das Kernkraftwerk geht“. Diese Betroffenheit darf jedoch nicht nur im Sinne einer positiven Identifikation mit der Anlage verstanden werden, denn zugleich stim- men jeweils 57% der Befragten in den Untersuchungsgemeinden der Aussage „Ich habe Angst vor radioaktiver Strahlung“ und der Aussage „Ich mache mir Gedanken über ein Risiko für meine Gesundheit durch das Kernkraftwerk“ zu. Dennoch ist das Vertrauen in die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort außerordentlich groß: 67% der Befragten in den Untersuchungsgemeinden stimmen der Aussage zu „Im Kernkraftwerk wird sehr auf die Sicherheit geachtet“. Dagegen haben nur 44% der Deutschen sehr großes oder großes Vertrauen in die Sicherheit von Atomkraftwerken (35). Somit kann festgestellt werden, dass es durchaus eine kritische Haltung der Befragten in den Standortgemein- den gegenüber dem Kraftwerk gibt, dennoch relativ großes Vertrauen in die Sicherheit der Anlage gesetzt wird, was sich u.a. dadurch erklären lässt, dass immerhin 53% der Befragten ihr Wissen über Kernenergie aus persönlichen Gesprächen mit Mitarbei- tern erlangen. Diese direkte Informationsquelle steht Personen an anderen Orten nicht zur Verfügung. Es zeigt sich an dieser Stelle, dass es insbesondere für kritische und risikoreiche Entscheidungen wichtig ist, auf vertrauenswürdige Quellen zurückzugrei- fen und dafür sind face-to-face-Kontakte nach wie vor unersetzlich (36). Noch höher ist mit 80% der Anteil derer, die ihr Wissen über Kernenergie aus Fernsehen und Radio, zu 77% aus Zeitungen und Zeitschriften und zu 69% aus Gesprächen mit Freunden und Familie speisen (37). Die größte Glaubwürdigkeit bzgl. Informationen über Kernenergie besitzen jedoch mit 77% (38) die Bildungseinrichtungen Schule und Hochschule, gefolgt von Gesprächen mit Freunden und Familie (69%), Ortsblatt o.Ä. (66%) und Gesprä- chen mit Mitarbeitern des Kraftwerks (65%). Die mit Abstand geringste Glaubwürdig- keit besitzen mit nur 42% die Energieunternehmen selbst. Da in diesem Projekt der Rückbau der Anlage im Vordergrund stand, wurde erfragt, wie denn dieser Rückbauprozess wahrgenommen wird, der von außen in den ersten Jahren kaum zu erkennen ist. Mehr als die Hälfte der Befragten (52%) nimmt zwar den Rückbau nicht oder selten wahr, dagegen geben jedoch 66% an, sich darü- ber Gedanken zu machen und 52% machen sich Gedanken über ein Risiko für ihre Gesundheit durch den Rückbau des Kernkraftwerks. Grundsätzlich begrüßen jedoch 54% den Ausstieg aus der Kernenergie und 65% den Rückbau des ortsansässigen

34 Vgl. Statista, 2018, Frage: „Inwieweit sind Sie für oder gegen den Gebrauch von Atomenergie in Deutschland“, de.statista.com/statistik/daten/studie/196207/umfrage/meinung-zum-gebrauch-von- atomenergie-in-deutschland/. 35 Vgl. Statista, 2018, Frage: „Haben Sie in die Sicherheit der Atomkraftwerke in Deutschland eher großes oder eher geringes Vertrauen?“, de.statista.com/statistik/daten/studie/20323/umfrage/ vertrauen-in-die-sicherheit-deutscher-atomkraftwerke/. 36 Mehr zu diesem Aspekt bei Peter Meusburger, Bildungsgeographie. Wissen und Ausbildung in räum- licher Dimension, Heidelberg/Berlin, Spektrum, 1998. 37 Vgl. S. Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen (Anm. 2), S. 121f. 38 Die Frage lautete: „Für wie glaubwürdig halten Sie den Informationsquellen über Kernenergie – Ant- wortmöglichkeiten: eher glaubwürdig, eher nicht glaubwürdig“. 478 Revue d’Allemagne

Kernkraftwerks. Bemerkenswert ist, dass bei dieser postalischen standardisierten Befragung überdurchschnittlich häufig die Gelegenheit wahrgenommen wurde, auch außerhalb der vorgegebenen Antworten Kommentare und Meinungsäußerungen auf den Fragebögen zu vermerken. Stellvertretend für diejenigen, die den Ausstieg aus der Kernenergie bedauern, stehen die Kommentare „Der Strom wird teurer, weil das KKW abgebaut wird. Vielen Dank, Ihr Grünen“ sowie „Saubere und sichere Energie, nur wegen Tsunami in Japan verteufelt der Deutsche die Kernenergie“. Diejenigen, die den Ausstieg begrüßen, kommentieren „Weg damit!“, „Gut, dass es aus ist -“ und „Ich bin glücklich über den Rückbau und die Stilllegung“. Diese Kommentare weisen darauf hin, dass das Thema für die Befragten von großer Bedeutung ist. Auf die Frage, wen man auf welche Art und Weise als Beteiligten, als Betroffenen und als vertrauenswürdigen Akteur im Rückbauprozess ansieht, gehen erwartungsge- mäß ebenfalls die Ansichten auseinander (vgl. Abb. 1). Als Beteiligte werden in erster Linie die Kraftwerksbetreiber (89%) und -mitarbeiter (77%) sowie die Landesregierung (74%) angesehen. Erstere sind demzufolge auch diejenigen, von denen man vermutet, dass sie als am stärksten negativ vom Rückbauprozess betroffen sein werden. Immer- hin 47% der Befragten gehen davon aus, dass auch die Gemeindeverwaltung nega- tiv betroffen sein wird (Rückgang der Steuereinnahmen) und 37% befürchten, dass auch die ortsansässigen Unternehmen Schaden leiden. Im Rückbauprozess wird den Kraftwerksmitarbeitern unter allen Beteiligten sogar am meisten Vertrauen geschenkt (57%), dann folgen allerdings bereits mit einem gewissen Abstand die Betreiber selbst (43%). Kommunalpolitiker und Medien rangieren bezüglich dieser Thematik mit jeweils 13% unter den am wenigsten vertrauenswürdigen Quellen.

Abb. 1: Beteiligte, negativ Betroffene und vertrauenswürdige Akteure im Rückbauprozess (39)

Eigene Erhebung, Auswertungen nach S. Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen (Anm. 2), S. 132f.

39 „Wer ist Ihrer Ansicht nach am Rückbau des Kernkraftwerks beteiligt?“, „Wer ist vom Rückbau positiv oder negativ betroffen?“, „Wem schenken Sie Ihr Vertrauen im Rückbau?“. Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? 479

Die mit Abstand größte Sorge der Befragten in den Standortgemeinden ist jedoch, dass nach dem Rückbau des Kraftwerks aus dem temporären lokalen Zwischenlager ein Endlager werden könnte, was 63% der Befragten befürchten. Da 75% der Befragten sicher davon ausgehen, dass radioaktiver Abfalls in großes Problem für die nachfol- gende Generation darstellen wird (weitere 18% halten dies für möglich), stellt dieser Aspekt des Rückbauprozesses das größte Problem der Bewohner dar, da sie befürch- ten, langfristig für die Lagerung der radioaktiven Abfälle verantwortlich zu sein. Wenn man weiß, dass die Zwischenlager in drei der vier untersuchten Gemeinden (40) eine Betriebserlaubnis bis mindestens 2046/47 besitzen, so wird deutlich, wie lange diese Standorte noch das Etikett „Kernenergie“ tragen werden. Eine wichtige Fragestellung des Projekts ist, welche Pläne die Betroffenen in den kommenden fünf Jahren bzgl. ihres Wohnstandorts haben, welche Gründe für den Verbleib und welche für einen potentiellen Wegzug aus der Gemeinde genannt wer- den und ob diese Pläne mit der Haltung zur Kernenergie bzw. zum Rückbau des Kraftwerks in Verbindung stehen. In Abb. 2 wurden die Ergebnisse zu diesen bei- den Aspekten zusammengeführt und die theoretischen Ansätze markiert, die für die Zusammenhänge zwischen den Plänen und den Merkmalen/Einstellungen der Befragten als Erklärung herangezogen werden können.

Abb. 2: Umzugspläne und Pläne für Persistenz in Verbindung mit verschiedenen individuellen Merkmalen und Einstellungen

Eigene Erhebung, Auswertungen nach S. Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen (Anm. 2), S. 171f.

40 Dies sind die Gemeinden Biblis, Neckarwestheim und Philippsburg. Die Brennelemente aus Obrig- heim werden im Zwischenlager Neckarwestheim deponiert. 480 Revue d’Allemagne

Grundsätzlich plant die große Mehrheit von 84% der Befragten, in den kommen- den fünf Jahren (und meist noch länger) am derzeitigen Wohnstandort zu verbleiben, was sich u.a. mit der enorm hohen Wohneigentumsquote von 83% in den Untersu- chungsgemeinden erklären lässt (im Vergleich zu nur 43% in Deutschland) (41). Die durchgeführten Two-Step-Clusteranalysen und Korrelationsanalysen (Rangkorre- lationskoeffizient nach Spearman) (42) ergaben, dass die Cluster vor allem von sozio- ökonomischen, persönlichen und wohnungsbezogenen Merkmalen und weniger von Eigenschaften der Wohngemeinde und des Rückbauprozesses abhängig sind. Grob lassen sich zwei Gruppen erkennen: die Gruppe der Umzugswilligen (16%) setzt sich vorwiegend aus jungen Menschen unter 30 Jahren (43) und aus Männern zusammen, die über eine hohe Bildung/Berufsausbildung und über ein relativ hohes Einkommen verfügen. Sie sind zwar insofern eher ortsverbunden, da sie am Ort gemeinsam mit Partner/Familie leben, allerdings verfügen sie bereits jetzt über ein relatives weit gestreutes soziales Netzwerk, da Freunde/Familienmitglieder auch in größerer räumlicher Entfernung leben. Sie sind eher den Postmaterialisten zuzurech- nen und sind auch besser gebildet (32% mit Hochschulreife im Vergleich zu 22% mit Hochschulreife unter den Persistenten). Zudem sind sie eher nicht zufrieden mit der Nachbarschaft und wohnen etwas häufiger noch zur Miete als diejenigen, die am Ort bleiben wollen. Bezüglich ihrer Haltung zur Kernenergie zählen sie eindeutig zu den Kernkraftgegnern, die den Ausstieg begrüßen und Sorge davor haben, dass ihr Wohn- ort zum Endlagerstandort werden könnte. Aufgrund des höheren Einkommens sind sie daher in der Lage, bei Unzufriedenheit (Stress), z.B. mit der nachbarschaftlichen Situation oder mit den politischen Entscheidungen zur Lagerung von radioaktiven Abfällen, den Ort zu verlassen. In den offenen Fragen zu den (potentiellen) Umzugs- und Persistenzgründen zei- gen sich detailliert die Motive, die hinter diesen Entscheidungen stehen. Von den 16% der Befragten, die planen, in den kommenden fünf Jahren umzuziehen, geht die mit Abstand größte Gruppe von 35% davon aus, dass ein Arbeitsplatz an einem weiter entfernten Ort der Grund für den Wegzug sein wird. Weitere 9% nehmen an, dass es familiäre Gründe sein werden, 8% dass es der Wohnraum sein wird, 7% dass es die Infrastruktur sein wird und ebenfalls 7%, dass das Kernkraftwerk und dessen Rück- bau Anlass für den Umzug sein werden. Die potentiellen Zielorte sind meist Oberzen- tren im Umkreis von 50 bis 100 Kilometern. Es ist deutlich erkennbar, dass diese gut gebildete jüngere Gruppe von Umzugsbereiten vor allem davon ausgeht, dass sie nicht in der unmittelbaren Nähe dieser Kleinstädte und Landgemeinden einen angemesse- nen Arbeitsplatz finden wird und vorwiegend deshalb die Gemeinde verlassen wird. Die weitaus größere Gruppe von 84% der Befragten möchte jedoch auch in Zukunft am derzeitigen Standort wohnen bleiben. Diese Befragten sind im Durchschnitt deut- lich älter und häufiger weiblich, leben auch mit Partner/Familie, verfügen allerdings über niedrigere Bildungsabschlüsse und ein niedrigeres Einkommen. Sie zählen zu einem materiellen Wertetyp und leben weit überdurchschnittlich im Eigenheim.

41 Vgl. S. Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen (Anm. 2), S. 152. 42 Mehr zu diesen Analyseverfahren, vgl. ebd., S. 122, S. 100f. 43 Unter den Umzugswilligen sind 39% jünger als 25 Jahre und 21% zwischen 25 und 44 Jahre alt. Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? 481

Zudem sind sie zufriedener mit ihrer Nachbarschaft, haben ein räumlich engeres Netzwerk und stehen der Kernenergie und dem Kraftwerk am Standort weitaus posi- tiver gegenüber als die Umzugsbereiten. Diejenigen, die am Standort bleiben möchten, nennen in den offenen Fragen zu 37% als Grund für das Verbleiben das Wohneigentum, das erwartungsgemäß an den Standort bindet, gefolgt von der Familie (die oft am gleichen Standort wohnt) (21%) und die Verbundenheit mit dem Ort, die für 14% der Befragten einen wichtigen Grund darstellt, an diesem Ort zu bleiben. Weitere 9% nennen das „Wohlfühlen am Ort“ als wichtigen Grund und 5% nennen explizit ihr soziales Umfeld als Grund für die Per- sistenz. Oft sind diese Personen auch in der Gemeinde aufgewachsen und fühlen sich daher mit dem Ort besonders verbunden. Die Analysen zeigen, dass die deutliche Mehrheit der Befragten eine starke raumbe- zogene Verbundenheit aufweist, die sich nicht nur mit dem dort vorhandenen Wohn- eigentum, sondern auch mit einem nahen sozialen Netzwerk und dem Gefühl von Heimat erklären lässt. Um eine Bewertung der Gemeinde zu erhalten und notwendigen Handlungsbedarf zu erkennen, wurden die Befragten gebeten, die Wichtigkeit verschiedener Eigen- schaften der Gemeinde und die Zufriedenheit mit diesen Eigenschaften anzugeben. Mithilfe von Faktorenanalysen (44) wurden diese Eigenschaften gebündelt. Es zeigte sich, dass die Faktorengruppe „Sicherheit und Ruhe“, zu der auch das Zusammenleben in der Nachbarschaft zählt, von großer Wichtigkeit für die Befragten ist. Deutliche Unzufriedenheit ist bei der Faktorengruppe „Beruf und Alltag“ zu erkennen, wo das Angebot an Einkaufsmöglichkeiten und Ärzten, die Anbindung an öffentliche Ver- kehrsmittel und die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten relativ geringe Zufrieden- heitswerte erreichen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es für diese Gemeinden – nicht zuletzt nach dem Wegfall des Kernkraftwerks als Arbeitgeber – wichtig ist, Unternehmen anzusiedeln, die den jungen Menschen Verdienstmöglichkeiten vor Ort ermöglichen. Um einen Blick in die Zukunft zu werfen, wurden die Befragten gebeten, ihre Zustimmung bzw. Ablehnung zur Aussage „Meine Gemeinde ist der ideale Ort für meine Zukunft“ zu nennen. Dabei zeigte sich, dass 37% der Aussage zustimmen, 32% konnten sich nicht positionieren und 31% lehnten die Aussage ab. Unter den jungen Befragten unter 25 Jahren liegt der Anteil derer, die diese Aussage ablehnen, allerdings bei 50%, was vorwiegend auf die fehlenden Arbeitsplätze hindeutet. Dabei zeigten sich Unterschiede zwischen den Gemeinden: in Obrigheim – dem Ort, der aufgrund seiner Lage und seiner wirtschaftlichen Strukturdaten am schwächsten ein- zustufen ist, und in dem das Kraftwerk seit 2005 rückgebaut wird – bewerten deutlich mehr Befragte den Ort als ideal für ihre Zukunft. Der Bau eines Biomassekraftwerks (2008) und die Ausweisung neuer (interkommunaler) Gewerbegebiete könnten Grund für diese positive Wahrnehmung sein. Zudem hat man sich in Obrigheim aufgrund des lange angekündigten und nun schon weit fortgeschrittenen Rückbaus mittlerweile auf diese veränderte Situation gut einstellen können. Dagegen beurteilen in Biblis die Befragten ihren Ort hinsichtlich einer Zukunftsperspektive am negativsten, obwohl die Gemeinde im Oberrheingraben zwischen Mannheim und Frankfurt über eine

44 Vgl. S. Kretz, Standorte mit kerntechnischen Anlagen (Anm. 2), S. 158ff. 482 Revue d’Allemagne günstige Lage verfügt. Hier hat der unerwartet rasche Ausstieg aus der Kernenergie zu einer Stilllegung beider Blöcke im Jahr 2011 geführt und nach Einschätzung der Experten war man bzgl. einer Neuausrichtung der Gemeinde zum Zeitpunkt der Abschaltung nur ungenügend aufgestellt, was im nachfolgenden Abschnitt noch ein- mal angesprochen wird (45). Aus der Sicht der Befragten aller Standorte hat sich das Abschalten des Kraftwerks in der Gemeinde vor allem in Form eines Rückgangs der Gewerbesteuereinnah- men (73%), des Verlusts von Arbeitsplätzen (67%) und von Ausbildungsplätzen (62%) bemerkbar gemacht. Auch auf anderen Ebenen nimmt man diese Veränderung als Verlust wahr. Allerdings sehen auch 47% die Chance, dass man sich nun auf regenera- tive Energien konzentrieren könne, wie dies in Obrigheim geschieht.

Abb. 3: Auswirkungen des Abschaltens der Kernkraftwerks auf die Gemeinde (46)

Eigene Erhebung

Die Maßnahmen, die die Befragten als Reaktion auf diese wahrgenommenen Veränderungen vorschlagen, zielen in die Richtung Wirtschaft und Infrastruktur, nämlich die Ansiedlung neuer Unternehmen (79% Zustimmung) und von Geschäf- ten des täglichen Bedarfs (60%) sowie die Sicherung der Gemeinde als Schulstandort (60%). Besonders wichtig für die zukünftige Entwicklung der Gemeinde erscheint den Befragten das Image bzw. der Ruf, den die Gemeinde als Wohn-, aber auch als Wirt- schaftsstandort besitzt. An dieser Stelle wird erneut deutlich, dass ein Kernkraftwerk weitaus mehr als nur ein „normaler“ Großbetrieb ist, sondern dass diese Art von Ener- giegewinnung aufgrund der Risikobewertung und der politischen bzw. ideologischen Bewertung große Bedeutung für das Image des Standorts besitzt. So entstehen rasche Veränderungen dieses Images durch Ereignisse an anderen Kraftwerksstandorten in der Welt, die die Bewertung der Kernenergie maßgeblich beeinflusst haben. Dies spiegelt sich in den Einschätzungen der Befragten, von denen 52% der Ansicht sind,

45 Mit einer Kampagne „Hier entsteht das neue Biblis“ bemüht sich Gemeinde nun um eine Neuausrich- tung, www.biblis.eu/gv_biblis/Wirtschaft/Brosch%C3%BCre%3A%20Das%20neue%20Biblis/. 46 „Inwieweit hat sich das Abschalten des Kernkraftwerks in der Gemeinde bemerkbar gemacht?“ Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? 483 dass der Ruf ihrer Gemeinde zu Beginn des Betriebs des Kraftwerks gut war, nach dem Unfall in Tschernobyl nehmen nur noch 15% an, dass der Ruf gut gewesen sei, nach dem Unfall in Fukushima nur noch 14% und nach der Entscheidung, dass der Standort ein Zwischenlager sei, glauben nur noch 7%, dass der Ruf ihrer Gemeinde gut gewesen sei. Heute – in der Phase des Rückbaus – glauben 25%, dass der Ruf ihrer Gemeinde gut sei, 39% glauben, dass er schlecht sei und 36% können dies nicht ein- schätzen. Besonders große Sorgen um den aktuellen Ruf der Gemeinde machen sich die Befragten in Biblis (56% glauben, er sei schlecht) und in Philippsburg (46% halten ihn für schlecht), wohingegen dies nur auf 13% der Befragten in Obrigheim zutrifft. An diesem Standort kommt neben der gut geplanten und weit fortgeschrittenen Rück- bauphase auch als positiver Faktor hinzu, dass es hier langfristig kein Zwischenlager (und damit auch kein Endlager) geben wird, da die Castoren mit den Brennelementen im Zwischenlager in Neckarwestheim gelagert werden. Der Rückbauprozess aus der Sicht der Expertinnen und Experten (qualitative Interviews) Bereits in den standardisierten Fragebögen fanden sich zu diesem Thema „Image der Gemeinde und zukünftige Entwicklung der Gemeinde“ Kommentare, wie z.B. „Niemand, aber gar niemand, wird in den nächsten Generationen den Atommüll aus Philippsburg wegbringen!! Wer hat denn daran Interesse, außer den paar Philipps- burgern?“ oder „Denkt an unsere nachkommenden Menschen!“. Um diesen Aspekt zu vertiefen, sollen im Folgenden Ergebnisse aus den qualitativen Interviews, die mit den Expertinnen und Experten geführt wurden (47), zu verschiedenen Themenschwer- punkten dargestellt werden. Die finanziellen Einbußen durch den Rückgang der Gewerbesteuer werden in den Gemeinden unterschiedlich aufgefangen. Dennoch ist bereits mittelfristig mit einem deutlichen Rückgang zu rechnen, was auch die befragte Bevölkerung erwartet. Dies wird Auswirkungen auf die bisher verfügbare Infrastruktur haben, nach dem die „fet- ten Jahre“ (O6, 193) (48) vorbei sind. Ein politisch Verantwortlicher formuliert es so: „[Man hat] sich eine enorme Infrastruktur geleistet [...]. und jetzt, wo die Steuereinnah- men wegbrechen, wo diese Gebäude [...], Hallenbad, Freibad, Stadtbibliothek, Gymnasium, Realschule, alles damals Neubauten, die hier gewachsen sind. Die sind jetzt alle in die Jahre gekommen. Es ist ein enormer Sanierungsbedarf, der hier jetzt ansteht, und den Philipps- burg fast nicht bewältigen kann“ (P1, 36). Die in der standardisierten Umfrage bereits erwähnten Sorgen vor negativen Arbeits- platzeffekten werden in den qualitativen Interviews insofern differenzierter diskutiert, als unterschieden wird, ob das Energieversorgungsunternehmen den Rückbau vorwie- gend in Eigenregie schultert und damit nur eine langsamer Abbau der Arbeitsplätze erfolgt (z.B. aus Obrigheim berichtet) oder eine große Zahl an Fremd arbeitern im laufenden Betrieb eingesetzt war, die nun bereits in der Nachbetriebsphase wegfällt.

47 Aus Kapazitätsgründen fanden die qualitativen Interviews nur in Biblis (B), Obrigheim (O) und Phi- lippsburg (P) statt. 48 Die Quellenangaben verweisen auf Ort, Nummer und Zeile der Interviews. Hier: Obrigheim, Nr. 6, Zeile 193. 484 Revue d’Allemagne

Zudem fallen in der Nachbetriebsphase die jährlichen Revisionen weg, bei denen je nach Arbeitsaufwand 800 bis 1.000 zusätzliche Mitarbeiter von Fremdfirmen vier bis sechs Wochen lang vor Ort waren. Derartige Veränderungen schlagen sich unmit- telbar z.B. bei den Übernachtungsbetrieben und in der Gastronomie nieder. Ebenso leiden Handwerksbetriebe z.T. durch die Stilllegung des Kraftwerks. Ein Befragter aus Obrigheim berichtet: „Bauunternehmer, Gipser, etc. pp., die hat’s am meisten erwischt. Die anderen haben’s natürlich nur peripher gemerkt, also beispielsweise in Obrigheim Bäcker, Metzger und die Üblichen. [...] Da war’s dann halt so, dass vielleicht halt ein Zehn-Mann-Betrieb dann viel- leicht drei entlassen hat und dann hat er halt mit sieben weiter gemacht. Aber die drei haben halt nur fürs KWO [Kernkraftwerk Obrigheim, Anm. der Autorin] gearbeitet“ (O15, 154). Diese Effekte sind natürlich an den beiden Standorten, an denen nur ein Block still- gelegt wurde, weitaus geringer als in Obrigheim und Biblis. In der frühen Rückbauphase, in der ein reduziertes Stammpersonal vor Ort ver- bleibt und zusätzlich Spezialfirmen ihre Mitarbeiter zum Kraftwerk entsenden, kann ein Standort durchaus noch einmal von dem Kraftwerk profitieren, bis es dann in der späten Rückbauphase zu einem deutlichen Rückgang des Stammpersonals kommt und nur mit einer kleineren Zahl von Fremdarbeitern gearbeitet wird, bis die sog. „Grüne Wiese“ erreicht ist. Die Abläufe an den Standorten unterscheiden sich dadurch sehr, dass der Rückbau z.B. in Obrigheim lange geplant war, wohingegen die Stilllegun- gen in Biblis und Philippsburg nach dem Unfall in Fukushima die Verantwortlichen überraschten. Die Abhängigkeit von bundespolitischen Entscheidungen und Strate- gien der Energieversorgungsunternehmen zeigt, dass die betroffenen Gemeinden oft keinen Einfluss auf die Prozesse nehmen konnten, oder sogar regelrecht „erpresst“ wurden, wie ein Experte aus Biblis schildert: „Wir waren für das zweite Zwischenlager [für schwache und mittelradioaktive Stoffe, Anm. der Autorin], weil uns klar war, dass ohne das Zwischenlager kein Rückbau erfolgt. Wenn wir uns gegen das Zwischenlager aussprechen, dann sagt RWE, na gut, machen wir halt einen sicheren Einschluss, dann passiert die nächsten 50 Jahre überhaupt nichts. Aber dann passiert in Biblis auch in den nächsten 50 Jahren nichts“ (B9, 98). Ein wichtiger Aspekt aus planerischer Perspektive ist die Frage danach, wie die Gemeinden mit diesem mehr oder weniger vorhersehbaren Ereignis umgegangen sind bzw. umgehen. Dazu sind Strategien notwendig, um den Standort als Wirt- schaftsstandort neu zu positionieren, Arbeitsplätze zu schaffen und eine attraktive Infrastruktur für Gewerbetreibende und Bewohner anzubieten. Einige der Exper- ten äußerten dahingehend Kritik, dass man sich zu lange zu sehr auf diesen großen Arbeitgeber verlassen habe und die kleinen Gewerbetreibenden vernachlässigt habe, was sowohl über Biblis als auch über Philippsburg geäußert wird. „Man hat halt auch die Kleinen gehen lassen. Nach dem Motto: Dich brauchen wir nicht“ (B3, 118). „Es gab von einem früheren Bürgermeister in der Öffentlichkeit die Aussage: Wir brauchen euch Kleine nicht! Wir haben das Kraftwerk. Das war eigentlich typisch für die ganze Art und Weise“ (P9, 257). Die Konzentration auf nur einen Erwerbszweig ist eine nur wenig zukunftsfähige Strategie, die in Biblis durchaus als Pfadabhängigkeit interpretiert werden kann. Ein Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? 485

Befragter bringt dies prägnant auf den Punkt: „früher die Gurkenindustrie, jetzt die Kernkraft. Das war eigentlich immer monostrukturiert“ (B9, 33). Allerdings ist eine Gemeinde, deren Name untrennbar mit einem Kernkraftwerk verbunden ist, als Standort nur begrenzt attraktiv. So führen mehrere Interviewpart- ner aus, dass sie z.B. für die Lebensmittelbranche oder für Naturprodukte als Standort nicht in Frage kommen. „Was könnte für einen Gewerbetreibenden, der versucht, national was zu verkaufen, schlimmer sein, als die Postleitzahl mit dem Kraftwerk zu teilen und den Namen? Keiner würde Kekse kaufen, auf denen 68847 Biblis draufsteht“ (B1, 127). „Wir haben ein Negativ-Image bei vielen Leuten. ALNATURA hat zum Beispiel in Lorsch gebaut, die wären nie nach Biblis gegangen, weil die sind ja so öko, ja? […] Also mir hat mal eine gesagt, alleine, wenn die Adresse dann Biblis ist...“ (B2, 98). „Ich denke gerade in so sensiblen Bereichen wie Nahrungsmittelvertrieb, -produktion oder was auch immer. […] EDEKA wollte sich mal hier ansiedeln, mit der Fleischproduktion und sonstigen Sachen, wäre ganz gut gegangen draußen in dem ehemaligen Kasernen- gelände. […] Letztendlich fiel die Entscheidung fast ausschließlich deswegen egeng Phil- ippsburg, weil halt eben diese Bedenken da waren“ (P13, 192-193). Insofern sind die Gemeinden deutlich eingeschränkt, was die Anwerbung neuer Gewerbebetriebe angeht und müssen sich auf bestimmte weniger image-sensible Branchen fokussieren. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kernkraftwerks versuchen die Betreiber in Form von Personalanpassungsmaßnahmen (Vorruhestandsregelungen, Abfindungen, Versetzungen, Altersteilzeit usw.) einen sozialverträglichen Eigenper- sonalabbau einzuleiten. Dies wird von den meisten befragten Mitarbeitern auch so wahrgenommen. Für die Betreiber ist es zudem für einen erfolgreichen Rückbau wich- tig, auf dem Erfahrungsschatz und den Kompetenzen einer gewissen Zahl von Mitar- beitern aufzubauen, die auch in der Rückbauphase weiter beschäftigt werden. Es fällt jedoch allen Mitarbeitern – zumindest zu Beginn des Rückbauprozesses – schwer, sich von der Betriebsphase auf die Rückbauphase umzustellen und den eigenen Arbeits- platz abzubauen. Langfristig wird davon ausgegangen, dass gegen Ende des Rückbau- prozesses zunehmend Fremdpersonal vor Ort tätig sein wird. Zukunftswerkstatt Um gemeinsam mit Entscheidungsträgern aus den Gemeinden und Bürgern neue Ideen für die Untersuchungsstandorte zu entwickeln, wurde zum Abschluss des Pro- jekts nach den Auswertungen der quantitativen und qualitativen Interviews eine sog. Zukunftswerkstatt als partizipatives und kreatives Format durchgeführt (49). Dabei wurden einen Tag lang am KIT in wechselnden Gruppen Ideen entwickelt, die nicht aus Problemen heraus, sondern aus Wünschen und Utopien der Teilnehmerinnen und Teilnehmer entstehen konnten. Die insgesamt 18 Personen fanden ausgehend von einer kurzen Analyse- und Kritikphase drei Themenschwerpunkte, die für die Entwicklung der Gemeinden zukunftsfähig sein könnten: 1) „Starke Gemeinschaft“,

49 Konzipiert und geleitet wurde die Zukunftswerkstatt von Robert Gaßner, preferable-futures.de/ leistungen/zukunftswerkstatt/. 486 Revue d’Allemagne d.h. aktive Beteiligung von Bürgerinnen, Bürgern und Firmen sowie spürbare Inves- titionen in die soziale Infrastruktur; 2) „Speicherung und Transport von Energie“ als Schwerpunkte von Forschung, Entwicklung und Produktion; und 3) „Man macht sich zur Tourismusregion“, indem man auf dem Gelände des Kraftwerks durch Nutzung der Gebäude und die Nähe zum Wasser einen „Freizeitpark“ entwickelt, der wiede- rum ein gesondertes Thema der Gruppe 4) darstellte. Die Rückmeldung der Beteilig- ten war außerordentlich positiv, da das Veranstaltungsformat die Möglichkeit schuf, gemeinsam die Phantasie walten zu lassen. Es wurde zudem deutlich, dass die von den Teilnehmern im Zukunftsworkshop wahrgenommen Stärken der Gemeinden, wie z.B. der gute soziale Zusammenhalt, auch von der Befragten der quantitativen Erhebung genannt wurden. An diesen Stärken gilt es für die Weiterentwicklung anzuknüpfen.

Fazit und Ausblick In diesem Projekt zu den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Rückbaus eines Kernkraftwerks konnte zum einen gezeigt werden, dass die Bevölkerung und die Gemeinde in vielerlei Hinsicht von diesem Prozess betroffen sind, und zum anderen, dass es verschiedene Strategien im Umgang mit dieser Veränderung gibt. Die rasche Energiewende nach dem Unfall in Fukushima im Jahr 2011 hatte zur Folge, dass es im gleichen Jahr zur Abschaltung von mehreren Kraftwerken in Deutschland kam. Dies war der Anlass, der Frage nach der Bewältigung dieses Prozesses an verschiedenen Standorten nachzugehen. Dabei zeigt sich, dass die Folgen dieses Ereignisses maßgeb- lich davon bestimmt werden, wie die Gemeinde in im Vorfeld bereits aufgestellt war, z.B. ob das wirtschaftliche Leben monostrukturiert war oder ob man sich bereits zur Laufzeit des Kraftwerks langfristig Gedanken über die Zukunft gemacht hatte. Die sozialwissenschaftliche Forschung bietet verschiedene theoretische Ansätze auf unterschiedlichen Maßstabsebenen, mit denen man einzelne Aspekte des Themas erklären kann, angefangen von der Risikogesellschaft (nach Beck) (50), dem Umgang mit Umweltrisiken nach Renn (51) oder dem Wertewandel nach Inglehart (52). Von entschei- dender Bedeutung für das Handeln der Individuen ist die subjektive Bewertung der Risiken (53), die stark von den individuellen Werte und Interessen geleitet wird. Darüber hinaus trägt wesentlich sowohl die Identifizierung mit den erfolgten Maßnahmen als auch mit der Wohngemeinde in Form von raumbezogener Identität nach Weichhart (54) dazu bei, wie diese Risiken bewertet werden und ob Migrationsabsichten bestehen. Es zeigt sich in den empirischen Ergebnissen, dass die Bevölkerung an den Kraft- werksstandorten je nach persönlicher Werteorientierung, nach raumbezogener Identität und nach Glaubwürdigkeit der Informationsquellen die Risiken durch das Kernkraftwerk und dessen Rückbau unterschiedlich bewertet. Dabei kann eine ambivalente Haltung beobachtet werden. Einerseits steht die Bevölkerung an den Kraftwerksstandorten der Kernenergie weniger ablehnend gegenüber als die

50 Vgl. U. Beck, Risikogesellschaft (Anm. 8). 51 Vgl. O. Renn, Risikowahrnehmung (Anm. 11). 52 Vgl. R. Inglehart, Modernisierung und Postmodernisierung (Anm. 15). 53 Vgl. Gallego Carrera/Hampel, „Die Situation der Kernenergie“ (Anm. 3), S. 178. 54 Vgl. O. Renn et al., „Öffentlichkeitsbeteiligung“ (Anm. 17). Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? 487

Gesamtbevölkerung, andererseits ist man durchaus besorgt, dass der Rückbau auch Risiken für die Gesundheit bergen könnte. Dennoch herrscht großes Vertrauen in die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort, das deutlich größer ist als in der Gesamtbevöl- kerung. Die Informationen dazu stammen zwar größtenteils aus den Medien, aber für mehr als die Hälfte der Befragten gibt es die Möglichkeit, Informationen aus ers- ter Hand, nämlich direkt von Mitarbeitern des Kraftwerks, zu erhalten. Neben den Face-to-face-Kontakten, die als sehr vertrauenswürdig eingeschätzt werden, besitzen Hochschulen und Schulen eine große Glaubwürdigkeit. Diese Erkenntnis gilt es zu nutzen, wenn man seriöse Informationen zu diesem Thema vermittelt möchte. Die größte Sorge der Befragten ist, dass aus dem Zwischenlager vor Ort doch ein End- lager werden könnte, was langfristig die Gemeinde weiter belasten würde. Die weni- gen Befragten, die planen, in näherer Zukunft die Gemeinde zu verlassen, sind jung, gebildet, auf Arbeitsplatzsuche und lassen sich eher den Postmaterialisten zurechnen. Sie stehen zwar der Kernenergie eher negativ gegenüber, aber das Hauptmotiv ihrer Abwanderung ist das relativ geringe Arbeitsplatzangebot in der Gemeinde, das sich durch den Rückbau des Kraftwerks weiter verschlechtert. Die überwältigende Mehrheit der Befragten möchte jedoch am Standort bleiben, was aufgrund der Wohnimmobilie, der Nähe von Familie und Freunden, der hohen Zufriedenheit mit der Nachbarschaft und der starken raumbezogenen Identität erklärt werden kann. Man schätzt die Ruhe und die Sicherheit in diesen kleinen Städten und Orten, vermisst aber Arbeitsplätze und einige Infrastruktureinrichtungen. Dies sind die Bereiche, in denen man sich Verbesserungen an den Standorten wünscht. Das Image der Gemeinde unterlag in der Vergangenheit sehr großen Schwankun- gen durch Ereignisse, die in weit entfernten Regionen stattfanden, wie z.B. die großen Reaktorunfälle. Insofern fühlt man sich dahingehend machtlos und den politischen Entscheidungen auf Bundesebene regelrecht „ausgeliefert“. Besonders große Sorgen um den Ruf macht man sich in Biblis und Philippsburg. Die durchweg positivste Bewertung erhält Obrigheim, wo man sich keine Sorgen um das Image der Gemeinde macht. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass 1) der Rückbau dort weit fort- geschritten ist, 2) er dort langfristig geplant war und 3) an diesem Standort kein Zwi- schenlager besteht. Die Experten beklagen den Rückgang der Steuereinnahmen („die fetten Jahre sind vorbei“) und sehen durchaus kritisch die großzügig ausgebaute Infrastruktur, die man jetzt nur ungern zurückbauen möchte. Die Arbeitsplatzeffekte in der Gemeinde sind in hohem Maße davon abhängig, ob der Rückbau in Eigenregie oder mit Fremdfirmen gestaltet wird und ob nur ein Block oder alle beide stillgelegt wurden. Als wesent- liche Strategien sollten das Anwerben von Betrieben und eine Diversifizierung der Wirtschaft voran getrieben werden, wobei sich der Ruf als Kernkraftwerksstandort für einige sensible Branchen (z.B. Lebensmittel) als ein Handicap erweist. Die Ergebnisse des Zukunftsworkshops zeigten, dass man aufbauend auf den erkannten Stärken, z.B. dem großen sozialen Zusammenhalt, der vorhandenen Infra- struktur als energieproduzierender Standort (Anschluss an überregionale Strom- netze) und den Kompetenzen, die auch für regenerative Energien genutzt werden könnten, die Gemeinden gut in die Zukunft führen kann. Ein rascher und vollständi- ger Rückbau, transparente Abläufe, von vertrauenswürdigen Personen und Instituti- onen vermittelt, langfristige verlässliche Konzepte für die Gemeinde als Wohn- und 488 Revue d’Allemagne

Wirtschaftsstandort und ein aufrichtiger Umgang mit dem heiklen Thema Zwischen- und Endlager sind die Strategien, die für die Zukunft dieser Gemeinden wünschens- wert sind.

Zusammenfassung In diesem Projekt zu den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Rückbaus eines Kernkraftwerks wurden die betroffene Bevölkerung sowie Experten aus den Gemein- den dazu befragt, wie sie mit dem Rückbau ihres Kernkraftwerks umgehen. Es wurde deutlich, dass man trotz der kritischen Haltung zur Kernkraft weitgehend darauf ver- traut, dass dieser Rückbau sicher abgewickelt wird, man sich aber große Sorgen darüber macht, ob der Standort vom derzeitigen Zwischenlager zum Endlager werden könnte. Die Zukunft der Gemeinde als Wohn- und Wirtschaftsstandort hängt aus Sicht der Befragten davon ab, ob der Rückbau rasch und sicher erfolgt, ob man den Struktur- wandel langfristig voran treibt und Arbeitsplätze schafft und wie man die Stärken der Gemeinde, wie z.B. den sozialen Zusammenhalt und die Verbundenheit mit dem Stand- ort nutzen kann.

Résumé Cet article présente une étude portant sur les retombées sociales et économiques du démantèlement d’une centrale nucléaire. L’enquête montre qu’en dépit d’une méfiance à l’encontre de l’énergie nucléaire, la population et les experts régionaux consultés esti- ment que le démantèlement s’effectue en sécurité. Ils craignent cependant fortement que le site de stockage provisoire ne devienne un site de stockage définitif des matières radioactives. Selon eux, l’attractivité immobilière et économique de la commune dépend de la rapidité et de la sécurité du démantèlement, d’une politique de restructuration à long terme créant de l’emploi et de la façon dont sont pris en compte les atouts de la commune, tels que sa cohésion sociale et l’attachement des habitants à leur lieu de vie. VARIA

Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 491 T. 51, 2-2019

L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch (Transylvanie, 1914-1918)

Catherine Roth *

Le Livre d’honneur des soldats de la Guerre mondiale 1914-1918 de la paroisse luthé- rienne de Mediasch, en Transylvanie (en roumain Mediaş), fut réalisé entre les deux guerres. Des livres d’honneur ou livres d’or ont été publiés dans tous les pays, ainsi les Livres d’or des Morts pour la France de 14-18, listes officielles des soldats tués durant le conflit, dressées par chaque commune et destinées à être déposées au Panthéon (1). En Transylvanie, les confessions sont plus ou moins équivalentes aux nations (2). Les luthé- riens mentionnés dans le titre du Livre d’honneur sont des Saxons de Transylvanie, une minorité germanophone originaire de régions essentiellement rhénanes, qui a été appelée à partir du xiie siècle par le roi de Hongrie. Ils deviennent citoyens roumains en 1920, et choisissent en 1989 un exode quasiment collectif pour l’Allemagne, après le communisme roumain qui était aussi un nationalisme hostile aux minorités. Mediasch est une petite ville saxonne au centre de la Transylvanie. Depuis le xixe siècle, elle abrite aussi une population hongroise (catholique ou calviniste) et une autre roumaine (orthodoxe ou gréco-catholique), aujourd’hui très largement majo- ritaire. Michael Braisch, qui a perdu son fils Michael Gottlieb, âgé de 19 ans, est à l’origine du projet, débuté après la fin de la guerre. Le père réalise ainsi un travail de deuil et propose de coordonner celui de ses compatriotes : le conseil presbytéral, dans une décision de 1918, annonce que l’ouvrage sera chargé de rendre hommage à tous les combattants membres de la paroisse. En tout, quatre volumes seront réalisés. Les deux premiers, terminés en 1918, sont consacrés aux 93 morts de la communauté avec

* Maître de conférences en sciences de la culture et de la communication, Université de Haute-Alsace, CRESAT, EA 3436. 1 www.archives71.fr/article.php?laref=219 ; gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k65593241.r=.langFR, consultés le 11 avril 2016. 2 Harald Roth, « Ethnikum und Konfession als mentalitätsprägende Merkmale. Zur Frage konfessio- neller Minderheiten in Siebenbürgen », Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, 1 (2001), p. 74-83. 492 Revue d’Allemagne leur photo, leurs dates biographiques et leurs décorations. Par la suite, et c’est là que se trouvent les éléments intéressant la présente étude, Braisch demande des témoignages à tous les survivants et aux familles des disparus. Le résultat est consigné dans deux gros volumes reliés (photo 1) qui comprennent 1 706 pages et 669 personnes (sur les 4 200 Saxons de la ville à l’époque, eux-mêmes formant la majorité de la population). Furent probablement réalisés trois exemplaires : pour le lycée allemand ; pour le musée Brukenthal de Sibiu, le musée des Saxons de Transylvanie ; et pour l’Église, qui repré- sente aussi, pour cette minorité sans État, le pouvoir politique. Les trois textes sont identiques car dactylographiés au papier carbone, et les photos sont collées comme dans un album. Le premier volume est terminé en 1931, le deuxième en 1938, un an avant la Seconde Guerre mondiale. Il faut ajouter que pour un certain nombre d’entre eux, ce qui s’appelait encore la guerre mondiale fut en réalité un conflit s’étendant de 1914 à 1921, voire 1922, car la Grande Roumanie, fait peu connu, enrôla les soldats entraînés de l’ancienne armée austro-hongroise dans les différentes guerres qu’elle mena pour consolider ses frontières élargies après 1918 ; par ailleurs, les prisonniers des Russes ne rentrèrent souvent que dans les années vingt.

Photo 1 : Les deux volumes du Livre d’honneur © Archiv der Heimatgemeinschaft Mediasch eV

Ce texte, jamais analysé scientifiquement, constitue une source primaire de grand intérêt. En effet, ces hommes ont fait la guerre comme une des nationalités de l’empire multiethnique austro-hongrois, mais rédigent leurs contributions en tant que mino- rité dans un État-qui-se-voudrait-nation, la Roumanie, en outre ancien adversaire de la double monarchie. Ils sont non seulement entre deux États comme tous les habi- tants de Transylvanie, mais même entre trois, puisque ni l’État hongrois, ni l’État roumain ne les représente culturellement. Comment gèrent-ils leur ancienne loyauté à l’Autriche-Hongrie, en l’affirmant et en s’attirant l’inimitié du nouvel État, ou en la reniant en faveur du nouvel ordre politique, qui cependant ne leur est guère favorable ? L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch 493

Cette question générale se décline en plusieurs sous-questions en lien avec le palimp- seste que constitue le Livre d’honneur. Le premier niveau du palimpseste est le travail de deuil personnel fait par un père, et par ses compatriotes dont il coordonne les témoignages. Quelle est la part de l’individu et de son quotidien dans ce livre collectif, est-elle une façon d’échapper à l’insoluble question politique ? Le deuxième niveau est celui de l’Église, porteuse de l’identité collective de cette nation(alité) sans État. Par ces ouvrages, elle met en scène l’unité de la nation par ses héros. En effet, il semblerait que le premier tome de témoignages ait été exposé à partir de 1935 dans la salle des Héros du musée du Vieux Mediasch (3), petit musée national sans le dire, puisque le vieux Mediasch était majoritairement saxon jusqu’en 1945. La salle des Héros exposait des portraits de personnages célèbres et le manteau du héros national Stefan Ludwig Roth. La mémoire saxonne est donc patrimonialisée par cette mise en exposition des- tinée avant tout aux Saxons. Mais alors pourquoi n’avoir pas publié cet ouvrage, les Saxons publiant par ailleurs de nombreux documents sur leur histoire ? Le troisième niveau est contemporain. Le Livre d’honneur est tombé dans l’oubli après la Seconde Guerre mondiale et n’a été redécouvert qu’en 2011, lors d’un travail considérable réa- lisé par l’Association des habitants de Mediasch (Heimatortgemeinschaft) pour archi- ver les documents relatifs à la ville et conservés en Roumanie et en Allemagne. Trois Saxons (4) ont retranscrit les quatre volumes en vue d’une publication digitale en cours par l’IKGS, Institut pour la culture et l’histoire allemande en Europe du Sud-Est, uni- versité de Munich (5). Cette lourde mission bénévole correspond pour eux à un devoir de mémoire à la fois familial et collectif. Ici surgit une nouvelle question, impérative. Pourquoi ce Livre d’honneur si important pour la communauté a-t-il été oublié par tous, alors même que les Saxons soignent jalousement leur mémoire collective ? Le quatrième niveau, enfin, correspond à la situation du chercheur. L’un des trois transcripteurs est mon cousin, il m’a confié le manuscrit. J’ai découvert que mon grand-père n’y figurait pas. Il est revenu de captivité en URSS en 1922, silencieux et malade. Il n’a raconté de la guerre qu’un seul fait : « Les Russes nous ont fait des- cendre dans le fleuve, ils ont tiré ; l’eau est devenue rouge, je suis le seul à être sorti de l’eau. » Pourquoi mon grand-père, habitant luthérien de Mediasch, n’est-il pas mentionné dans le Livre d’honneur, pourtant relativement exhaustif ? N’en a-t-il pas été prié, a-t-il refusé ? En outre, la moitié des hommes cités n’a rien écrit, ce qui est beaucoup. Braisch en fait mention dans son avant-propos : « Souvent, nous n’avons pas réussi à obtenir un texte » en raison de « l’incompréhension, la méfiance ou même un franc rejet » chez certains. Mais l’absence de mon grand-père fait surgir une nouvelle catégorie dans laquelle il n’est pas seul, les non-mentionnés (6). C’est la proximité familiale avec le sujet qui m’a permis de découvrir cette catégorie invisible, qui pose particulièrement

3 Albert Klingenspohr, « Rücksichtslose Opferung statt ehrenvolle Aufgabe. Mediascher Ehrenbuch der Teilnehmer am Ersten Weltkrieg », Mediascher Infoblatt, no 29, juin/juillet 2015, p. 44-49. 4 Hansotto Drotloff, Albert Klingenspohr, Wolfgang Lehrer. 5 media.wix.com/ugd/1f1b7d_0c11f786b4e944cf9eabbc6666f38ac9.pdf, consulté le 11 avril 2016. 6 Les transcripteurs actuels ont l’intention de recenser, à partir d’une base de données généalogique, d’autres soldats non mentionnés, pour les lister en annexe de la publication digitale. 494 Revue d’Allemagne question. Apparut ainsi au début de l’analyse une triple question : quelle loyauté est ici exprimée, à l’ancien pouvoir ou au nouveau ? Pourquoi le Livre d’honneur n’a-t-il pas été publié et a-t-il disparu des mémoires ? Pourquoi tant de soldats sont-ils muets, et surtout pourquoi certains ne sont-ils même pas mentionnés ?

Les personnes, les types de documents et leurs fonctions génériques Les 669 soldats du Livre sont issus de toutes les classes sociales : petit paysan, artisan, propriétaire terrien, membre de la bourgeoisie, dont un député et maire de Mediasch, Wilhelm Binder. Ils ont servi dans tous les corps, infanterie, artillerie, marine, armée de l’air, et avec tous les grades, du simple soldat à un général d’infan- terie, Ludwig Fabini. Beaucoup étaient dans le régiment d’infanterie 31 et dans le régiment 24 de la Honvéd (7). Quelques femmes se sont engagées comme infirmières (p. 1558 et p. 1572). Les documents peuvent être classés en deux grandes catégories, datant de la guerre et postérieurs, dans lesquelles apparaissent des fonctions-types. Les écrits de guerre sont essentiellement des lettres et des journaux intimes. Les lettres du front sont adres- sées aux parents, aux frères et sœurs, plus rarement à l’épouse, sans doute par pudeur. Elles ont pour fonction d’informer, de demander des vêtements chauds et des provi- sions (p. 576), un harmonica pour l’hiver (p. 1183), mais aussi très souvent de rassurer, parfois en utilisant l’humour. Une missive évoque le premier bonjour du matin par les Cosaques, qui sont chassés « comme des lapins » : « Voilà que sifflaient autour de nous les schrapnels et les grenades – boum – frr – paff. » Le soldat rajoute qu’il n’a pas grand-chose à manger et qu’il a rarement l’occasion de se laver, mais c’est la guerre et il faut prendre les choses comme elles viennent. D’ailleurs, ajoute-t-il, « on dort dans les tranchées presque comme à la maison » (p. 6-7). Ceux que ces descriptions devaient rasséréner y croyaient-ils vraiment ? Les extraits de journal intime sont produits soit par leur auteur, soit, plus fréquem- ment, par sa famille s’il a disparu. Ce sont les écrits les plus dénués d’artifice et les plus émouvants. Leur fonction est celle du journal intime en situation extrême : se rassurer, se ressaisir, se rassembler en tant qu’individu dans la tourmente, se souvenir. Plus rare, le poème écrit pendant les heures de repos a également pour mission de retravailler les traumatismes. À la fonction de l’époque de la rédaction s’ajoute tou- jours une fonction dans le Livre d’honneur, puisque les documents ont fait l’objet d’une sélection qui leur donne du sens, et parfois d’une réécriture partielle. Dans le recueil, le poème fait partager les sentiments d’alors et il met à l’honneur les soldats saxons. Enfin, on recense des diplômes de décoration (photo 2), croquis de tranchées, rapports de combat (p. 1297) et cartes d’état-major (p. 608). La fonction seconde de ces documents, quand ils sont insérés dans le recueil, peut être aussi de faire revivre la guerre de l’intérieur, mais sur un mode plus officiel que les lettres. À l’inverse, Braisch écrit dans sa préface que la guerre est représentée de façon « plus vivante »

7 A. Klingenspohr, « Rücksichtslose Opferung statt ehrenvolle Aufgabe » (note 3). La Honvéd était l’armée territoriale royale hongroise, l’une des trois forces de l’armée de terre austro-hongroise. Cette dernière comprenait aussi l’armée commune régulière et l’armée territoriale autrichienne ou Land- wehr, enfin des milices de volontaires organisées à travers tout l’Empire au sein du Landsturm. L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch 495

que dans les rapports de guerre publiés par les journaux. La distance paraît abo- lie. Les nombreuses photographies abo- lissent également par nature la distance temporelle. Ce sont des portraits réalisés la veille du départ (photo 3), des photos faites sur le front, souvent des prises de congé auprès de tombes de fortune, ou encore des cartes postales destinées aux familles. Les documents rédigés après la guerre correspondent à trois grandes catégories. Les proches d’un mort ont parfois écrit en son honneur un poème, une façon de conjurer la mort : « Alors le héros vit ; car jamais ne meurt Celui dont les actes vivent dans les mémoires » (p. 1287). Plus nombreux sont les récits épitaphes, comprenant dans certains cas des extraits de journal intime du disparu. Enfin, les protagonistes eux-mêmes ont écrit, cinq ou vingt ans plus tard, des comptes rendus longs de quelques mots à une trentaine de pages, et qui montrent toute la diversité de l’humain dans la présentation de soi. Certains textes men- tionnent seulement les décorations ou les lieux traversés, ou bien retranscrivent les faits en notes télégraphiques. D’autres, à l’opposé, sont très détaillés. Certains montrent une volonté de se mettre en scène, avec des présents de narration pour créer le suspens et des passés épiques pour glorifier (p. 1513 sq.).

Photo 2 (en haut) : Diplôme de décoration par l’empereur © Archiv der Heimatgemeinschaft Mediasch eV

Photo 3 (ci-contre) : Hans Theil, lycéen, né le 14 juillet 1897, tombé en 1917 en Italie © Archiv der Heimatgemeinschaft Mediasch eV 496 Revue d’Allemagne

Les figures collectives dans leLivre d’honneur À l’issue de la lecture, il n’existe pas de doute sur la fidélité mémorielle des Saxons à l’Empire, qu’aucune contribution ne renie. L’entre-trois politique Pourtant, les mentions profondément patriotiques sont très rares et apparaissent exclusivement dans les documents d’époque, ainsi dans cette lettre du front du 11 février 1915 : « J’ai fait mon devoir pour notre bon empereur, pour notre patrie ardemment aimée [Vater- land], pour notre jolie petite patrie [Heimat]. Que notre empereur, dans sa bienveillance, ait reconnu par une décoration le devoir accompli me rend heureux et fier » (p. 299). Il est fait ici référence à deux des trois niveaux d’appartenance identitaire des Saxons jusqu’à la Première Guerre : la petite patrie (Heimat) est la Transylvanie multiculturelle, seul élément stable au cours de leur longue histoire. La grande patrie (Vaterland) est l’Empire. À partir du xixe siècle naît un attachement pour l’Allemagne considérée comme origine culturelle, la matrie (Mutterland), pays de la langue maternelle. En effet, déçus par Joseph II qui leur a ôté leurs privi- lèges, puis par la Hongrie qui tente de les magyariser, les Saxons se tournent de plus en plus, à l’époque des nations, vers les territoires germaniques, puis vers le Reich allemand. Les historiens parlent à ce propos de double loyauté, à l’Empire d’Autriche-Hongrie et à l’Allemagne. Les trois niveaux d’identité correspondants sont être saxon (par référence à la Heimat), être allemand culturellement (Mutter- land), être austro-hongrois politiquement (Vaterland). La Heimat marque plutôt l’attachement sentimental, le lieu où on va en permission ou en convalescence, le Vaterland l’amour de la patrie, le devoir et l’héroïsme, et le Mutterland les racines. Compte tenu des déceptions infligées par les Habsbourg et Budapest, il est sur- prenant de voir les Saxons entrer en guerre avec enthousiasme pour la double monarchie. L’intéressante hypothèse de l’historien Konrad Gündisch est que le sentiment d’appartenance des peuples de la monarchie aurait été plus grand que le nationalisme des élites, plus présent dans les sources que dans les mentalités (8). En outre, l’engagement des Saxons est potentialisé par l’alliance entre l’Empire austro- hongrois et le Reich allemand. À ces trois niveaux d’appartenance, la fidélité demeure. Mais comment le lecteur en est-il convaincu, alors même que les passages aussi clairs que celui cité sont très rares ? C’est grâce à une catégorie invisible et omniprésente dans le Livre d’honneur comme dans beaucoup de documents saxons à partir de l’époque nationale, celle de l’implicite (9), qui réaffirme entre les lignes les solidarités anciennes. Plusieurs procédés sont à l’œuvre. La matrie n’est jamais évoquée explicitement (et encore moins le Reich), mais elle est présente dans les poèmes. Ainsi le vers :

8 Konrad Gündisch, Mathias Beer, Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen (1998), Stuttgart, Langen Müller, 2005, p. 164. 9 À laquelle j’ai consacré ma thèse : Catherine Roth, La Nation entre les lignes. Médias invisibles, dis- cours implicites et invention de tradition chez les Saxons de Transylvanie, thèse de doctorat sous la direction de Fabrice d’Almeida, soutenue à Paris le 4 décembre 2013. L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch 497

« Le chêne allemand bruissait (p. 1287, non daté) » exprime-t-il par métonymie une identité interdite, façon de se préserver de l’irritation de l’État roumain tout en renforçant entre soi son ancienne appartenance. En effet, l’implicite a comme propriété de ne pouvoir être prouvé tout en étant parfaitement compris par les membres d’une même communauté, qu’il soude par cette complicité même. Il peut aussi être nié : les anciens soldats peuvent répondre aux autorités désor- mais roumaines, si elles s’irritent de ce chêne allemand, qu’il s’agit seulement d’un poème et seulement d’un arbre, alors que les visiteurs du musée reconnaissent tous le symbole de la nation allemande. Dernière caractéristique de l’implicite, il fait aussi appel à l’inconscient, qui génère les enthousiasmes inconditionnels nécessaires au sen- timent national, plus encore pendant les conflits (10). Une autre forme d’implicite est le sous-entendu contenu dans l’adjectif « volontaire », qui apparaît une centaine de fois dans les deux volumes (11). Dans leur majorité, ceux qui ont pris la plume ont écrit qu’ils étaient volontaires : l’un cache la cicatrice d’une opération récente pour ne pas être réformé (p. 1611), l’autre écrit dans son journal qu’aller au front « fut le plus beau voyage de [sa] vie » (p. 465). Le sous-entendu est l’enthousiasme pour la cause d’alors, une autre façon de dire à demi-mot sa fidélité au passé. Le mot « enthousiasme » apparaît fréquemment (p. 74 sq., 289, 672) : « Plein d’enthousiasme pour la déclaration de guerre et rempli de grands espoirs, je décidai de participer aux combats. Sans réfléchir plus longuement, je me présentai avec de nom- breux autres volontaires… » (p. 900). L’implicite est présent également dans la façon de désigner les personnes et les évé- nements, car désigner est déjà qualifier, souvent sans en avoir l’air. Le mot le plus fré- quent dans le corpus est probablement le substantif ou adjectif « ennemi », qui apparaît plus de cinq cents fois. Or il se rapporte toujours aux ennemis de l’époque – les alliés de la Roumanie. Le terme reste le plus souvent générique, mais il se décline aussi en macaronis pour les Italiens (p. 9), en ânes à deux pattes pour les Russes (p. 95), pendant que les Français sont fiers et les Américains sont des dilettantes, à l’opposé des Alle- mands pragmatiques et efficaces (p. 1552). Un passage terrifiant décrit même une façon nationale d’agoniser : « Sur le champ de bataille on entendait les gémissements sans fin des blessés. À côté du sourd gémissement des Tyroliens allemands, on entendait les lamentations à voix haute des Hongrois et les vagissements des Tyroliens italiens » (p. 1034). Les stéréotypes en usage en Transylvanie sont ici visibles sans l’être : les Tyro- liens allemands sont les frères du Mutterland et meurent (comme les Saxons) avec dignité et retenue, les Hongrois sont arrogants, et les Tyroliens italiens, du Haut- Adige (Südtirol), sont des Latins comme les Roumains et ils vagissent comme des nouveau-nés.

10 Catherine Kerbrat-Orecchioni, L’Implicite (1986), Paris, Armand Colin, 1998. 11 Les décomptes ont été réalisés sans logiciel d’analyse quantitative, une étude qui gagnerait à être faite. 498 Revue d’Allemagne

Les stéréotypes sur les nationalités, constitutifs des identités européennes du Sud- Est (12), sont très présents dans certains témoignages (13) : Polonais dégénérés (p. 495), Ruthènes apathiques (p. 481), juifs hostiles ou avides (p. 481, 967, 1405), vénalité des Tatares (p. 1102) surprennent le lecteur contemporain. Ils s’opposent d’une part à la récurrente évocation de la bravoure et du sens du devoir des Saxons (p. 810, 1545, 1556) ou des Allemands en général (p. 474), et d’autre part à « la merveilleuse camaraderie qui régnait dans la vieille armée austro-hongroise » (p. 1514), même à l’hôpital : « Là, les blessés sont assis ou couchés, Autrichiens, Allemands, Hongrois et Bosniaques ensemble, dans la plus belle des concordes, qui nous a rendus si forts… » (p. 22). Enfin, les références aux deux empereurs successifs d’Autriche-Hongrie, François-Joseph puis Charles Ier, sont empreintes d’une déférence souvent discrète mais clairement perceptible (p. 238, 481, 753, 781, 1535, 1543 sq.). L’identité collective qui ressort de ces mentions parfois directes, mais le plus sou- vent allusives, est donc la même qu’au début du siècle : l’une de ses composantes est la fidélité à la double monarchie. Comment, en ce cas, présenter le rattachement de la Transylvanie à la Roumanie ? La disparition de l’Empire et le rattachement à la Roumanie Le rattachement à la Roumanie n’est en aucun endroit décrit comme une catas- trophe. Mais cet implicite ressort de l’ensemble du corpus. Les Saxons parlent plus souvent de la fin de l’Autriche-Hongrie, désignée systématiquement (plus d’une centaine d’occurrences) par le mot Zusammenbruch, qui signifie effondrement. Les connotations en sont négatives, alors que l’historiographie roumaine désigne l’événe- ment positivement : « la grande union » (Marea Unire), ou réintégration nationale. Ce rattachement, les Saxons du Livre d’honneur le désignent par un mot neutre, Anschluß, le rattachement. Les connotations, ce nuage invisible d’appréciations qui entourent le mot, expriment le sentiment réel des uns et des autres. Celles du Livre d’honneur sont neutres face à l’intégration à la Roumanie – où l’on reconnaît une démarche de pru- dence – et négatives pour désigner la fin de la double monarchie, une façon réservée d’exprimer le regret. Par l’implicite, les anciens soldats sous-entendent leur attache- ment réel sans pour autant donner aux autorités de motif exprimé de se fâcher. A contrario des pages sur l’armée impériale, le mot « volontaire » est exceptionnel pour l’enrôlement dans l’armée roumaine (p. 509). Il est remplacé par un autre mot aux implicites limpides, le verbe « devoir » : « Après l’effondrement de la monarchie austro-hongroise, j’ai dû encore servir dans l’armée roumaine » (p. 88). « J’ai dû » sous- entend « j’ai été obligé », et rend parfaitement compte de l’état d’esprit du soldat, même si aucune mention n’en est faite. Le verbe devoir est très fréquent dans ce contexte, et il est souvent associé à l’adverbe enfin: « Servi encore 16 semaines dans l’armée rou- maine, puis enfin libéré du service des armes » (p. 777). Aucun soldat, en revanche, n’écrit qu’il fut enfin libéré du service dans l’armée aus- tro-hongroise, le mot présupposant qu’il a servi à contrecœur.

12 Konrad Gündisch, Wolfgang Höpken, Michael Markel (dir.), Das Bild des Anderen in Siebenbür- gen : Stereotype in einer multiethnischen Region, Cologne, Böhlau Verlag (« Siebenbürgisches Archiv »), 1998. 13 Mais le contraire existe aussi, bien qu’il soit plus rare. L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch 499

L’implicite exprime enfin la réprobation par rapport au nouveau pouvoir politique en passant par une description vestimentaire, apparemment anodine, des troupes rou- maines prenant possession de Mediasch en 1918 : « Le 16 décembre vers midi, les Roumains entrèrent dans Mediasch. […] Les troupes por- taient des uniformes américains, des casques français et seuls leurs pieds étaient chaussés d’opanques locales, qui n’étaient guère avantageuses avec les nouveaux uniformes améri- cains » (p. 1141). Les opanques sont les chaussons de cuir portés dans les campagnes roumaines, et par lesquelles la description insinue que les soldats roumains ne sont pas des profession- nels des armes, mais des paysans récemment enrôlés. La moquerie sur leur attifement mi-américain, mi-français sous-entend que leur identité nationale n’est pas affermie et peut-être aussi que la Roumanie n’a obtenu la Transylvanie que par un coup de force de la Triple Entente. Le persiflage en apparence superficiel est en réalité de nature politique. La grande neutralité de propos vis-à-vis de la Roumanie (14) est donc accom- pagnée d’allusions significatives sur la double catastrophe que représentent pour eux, en réalité, l’effondrement de l’Empire et le rattachement à Bucarest. Dès lors, il n’est plus surprenant que le Livre d’honneur n’ait pas été publié. Certes, des raisons économiques peuvent être envisagées dans les années vingt et trente, mais aussi des raisons politiques : l’ouvrage n’a pas fait l’objet d’un dépôt légal et n’est pas vendu en librairie, c’est-à-dire qu’il n’est pas présent dans l’espace public roumain. L’absence de publication est une forme d’implicitation des contenus, qui permet de les réserver aux visiteurs majoritairement saxons du musée, les seuls disposés à entendre le message non formulé et pourtant fort clair des ouvrages : l’allégeance mémorielle à l’Empire austro-hongrois. Un tel message est probablement une des principales rai- sons de la disparition de l’ouvrage. L’organisation matérielle de l’oubli commence en 1948, au moment de l’expropria- tion du musée du Vieux Mediasch. Il semblerait qu’un inventaire ait été réalisé à ce moment-là par l’Église, et que le Livre d’honneur n’y apparaisse pas (15). La recherche n’explique pas pourquoi – mais une thèse est en cours sur le musée. Mon hypothèse est que l’Église a voulu escamoter un objet dangereux parce que limpide entre les lignes, à la fois pour se prémunir contre des ennuis et pour protéger le précieux document de la destruction. Au moment de ces expropriations, l’État roumain a en effet gardé les objets ayant une valeur artistique et les a réorganisés selon une sémantique diffé- rente, d’abord internationaliste puis nationale (16). Elle excluait les minorités, dont elle faisait même disparaître certains documents. Le but fut sans doute de faire oublier par l’État roumain cet objet compromettant, et tous les malheurs qui suivirent la Pre- mière Guerre, de la Seconde au national-communisme, parachevèrent la tâche chez les Saxons eux-mêmes. Ils avaient d’autres soucis.

14 À quelques rares exceptions près : deux ou trois soldats qualifient la Roumanie de « nouvelle patrie » (p. 5, 187) et font d’autant plus ressortir l’absence de telles mentions dans l’ensemble du Livre d’honneur. 15 Source : Hansotto Drotloff. 16 Catherine Roth, « Le musée Brukenthal de Sibiu avant et après la capitale culturelle européenne de 2007 : un média identitaire saxon (de minorité), roumain (national), transylvain (régional) ? », in : Martine Corral-Regourd (éd.), Musées en mutations, Paris, L’Harmattan, 2012, p. 353-376. 500 Revue d’Allemagne

L’individu en guerre Quant à la place de l’individu dans cette orgie de violence collective, elle devrait être fondamentale dans un livre constitué de témoignages. Mais dès la première lecture, le récit personnel paraît encadré par des normes strictement respectées bien qu’elles ne soient pas formulées. L’expérience autorisée concerne le quotidien, notamment la faim (p. 31, 47, 53, 636, 761, 1526), la nourriture, avec de pantagruéliques descrip- tions de fête pour les officiers (p. 138-139), ce qu’on mange chez les Russes (p. 137), les myrtilles géantes ou le thé aux feuilles de fraisier (p. 237), voire le thé « sans sucre et sans thé » (p. 636). Récurrentes aussi, les descriptions en lien avec l’hygiène : se raser, s’épouiller (p. 213, 437, 722), le train pressing (p. 137), les latrines. Enfin, les soldats décrivent sobrement les tranchées (p. 394) et les lieux de repos ainsi que les hôpitaux, et ils s’attardent sur Pâques et Noël, le sapin, le culte, les larmes dans la barbe (p. 478), un des rares moments où l’émotion a droit de cité. L’émotion est aussi curieusement récurrente à un endroit surprenant, les fréquentes descriptions de paysages dont la tonalité est quasiment touristique. Les narrateurs sont émerveillés par l’Adriatique (p. 207), par les palmiers, lauriers, oliviers (p. 388), par la plaine russe « infinie et couverte de neige » (p. 1611), par Kiev aux coupoles dorées dans le soleil couchant (p. 1084). Mais c’est surtout la montagne qui fascine (p. 142, 468, 876, 1020). Beaucoup semblent voir les Alpes pour la première fois. Un exercice consiste à monter sur le Zinseler, à 2 422 mètres d’altitude. Les six heures d’efforts sont largement récompensées par « une vue magnifique jusqu’aux Dolomites couvertes de neige, au Zillertal et aux Alpes de Sarntal » (p. 142). Elle est en plusieurs endroits documentée par des photos annotées des sommets, comme celle du Monte Cimone (photo 4). Ces émerveillements récurrents, et si inattendus pour le lecteur contemporain, permettent

Photo 4 : Près du Monte Cimone, en Italie © Archiv der Heimatgemeinschaft Mediasch eV L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch 501 de comprendre que la Grande Guerre fut probablement la première occasion pour beaucoup de ces hommes de découvrir le monde, comme on le leur apprenait depuis seulement la fin duxix e siècle dans les clubs nouvellement fondés à cet effet – Club alpin allemand ou français, Club carpatique transylvain (17). À l’époque, montagne et tourisme se superposent (18). L’appréciation de la beauté du paysage demeure cependant assez conforme aux descriptions que livre l’annuaire du Club carpatique transylvain à la même époque. L’expression réellement personnelle est en revanche exceptionnelle, dans ce domaine comme de façon plus générale. Parfois surgissent, dans les journaux intimes des morts, des moments d’intense sincérité. Après une bataille : « Nous rions et dansons dans la forêt » (p. 1279). Dans les centaines de pages du Livre d’honneur, la singularité d’une telle mention fait ressortir a contrario le poids des contraintes imposées au discours des survivants. L’absence des expériences-limites Ce poids est plus grand encore face aux principales expériences de guerre, terreur et souffrance. Dans ce Livre d’honneur, il manque les expériences limites. L’horreur n’est que très rarement décrite. Les blessures sont mentionnées sans adjectifs, le ton est celui du protocole : « Dans l’explosion de grenade ci-dessus mentionnée, j’ai perdu un œil » (p. 4). Un autre constate, sans commentaire, que ses intestins pendent (p. 252). Les morts sont simplement recensés. Dans les phrases suivantes, seul le mot « camarade » laisse envisager l’attachement aux disparus et la douleur : « Je suis tombé avec six hommes dans le fleuve. Trois de mes camarades se sont noyés » (p. 228). L’horreur n’est pourtant pas absente de ces témoignages chargés de rendre compte d’expériences qui en furent nourries de bout en bout. Son expression est cepen- dant contrôlée par la notion de dicible (19). Quelques adjectifs, très fréquents dans le corpus, sont chargés de résumer l’insupportable : terrible, épouvantable, horrible (p. 52, 135, 213, 640) sont infiniment répétés, tout en paraissant dans le même temps dédouaner de détails. La faim ou la souffrance d’une blessure sont horribles et non décrites, prenant ainsi un caractère abstrait. Une façon explicite et très rare de dire l’insupportable ne se trouve que dans les journaux intimes des morts (à qui on ne pourra reprocher la pusillanimité). En revanche, une façon d’exprimer l’horreur est récurrente : elle se dit entre les lignes. Les photos peuvent être utilisées à cet effet, notamment dans la distorsion entre un texte neutre et une image qui ne l’est pas.

17 Catherine Roth, « Le Club Carpatique Transylvain (SKV) comme support de l’identité saxonne. Ana- lyse de ses annuaires », in : C. Moldovan, I. Costea, L. Stan (éd.), Scholars in Dialogue. Multidisci- plinary Approaches in Dealing with the Past in Transylvania, numéro spécial de Transylvanian Review, XXI, supplément no 3 (2012), Cluj. 18 Catherine Bertho Lavenir, La Roue et le stylo, comment nous sommes devenus touristes, Paris, Odile Jacob, 1999. 19 Pierre Aubert de Trégomain, Les Frontières du dicible. Les Saxons de Transylvanie et la Seconde Guerre mondiale, thèse en études germaniques, sous la direction de Gerald Stieg, 11 décembre 2006 (non publiée). 502 Revue d’Allemagne

Une photo porte la légende « cimetière », mais ce n’est même pas une fosse com- mune, tout juste des tas de morts jetés sous des bâches (photo 5). Ou encore ces portraits d’enfants soldats, bientôt enfants morts, réa- lisés la veille du départ au front et qui montrent bien autre chose que l’enthou- siasme patriotique des Photo 5 : Cimetière derrière le front près de Seredinsa, Galicie engagements volontaires © Archiv der Heimatgemeinschaft Mediasch eV (photo 3). L’émotion affleure en un second endroit peu attendu. Les animaux sont étonnam- ment présents dans le corpus, au point qu’ils semblent parfois chargés d’assurer l’expression de la continuité du monde. Un soldat nourrit une petite hirondelle jusqu’à ce qu’elle sache voler ; elle rend visite tous les jours à l’escadron qui se désole lorsque le chat l’attrape (p. 1117). Le coucou apparaît plusieurs fois, et le cheval mène vaillamment son maître sur le champ de bataille jusqu’à succomber à ses blessures (p. 1519). Un autre a la gueule arrachée, et on relève les descrip- tions pleines d’empathie des traces de sang laissées par les sabots (p. 926-928), alors que la misère humaine est à peine évoquée. Enfin, un chien n’est pas mentionné dans le texte mais il apparaît sur trois photos l’illus- trant : sur les genoux du soldat, sur une des quatre chaises lors du repas, sur la gueule d’un canon (photo 6). Les trois hommes, visi- blement, s’étaient attachés à lui (p. 1180 sq.). Comme si les animaux étaient un refuge de la tendresse dans un monde de mort, et qu’on puisse retrouver le sentiment perdu de Photo 6 : Sans légende la souffrance, ou le droit de l’exprimer, en © Archiv der Heimatgemeinschaft Mediasch eV considérant la leur.

Refoulement et silence face à la rhétorique de guerre Pourquoi les expériences terribles auxquelles ces hommes furent soumis sont-elles si peu décrites ? Certes, l’époque ne le permettait pas, en Transylvanie comme ailleurs, mais cherchons au sein du corpus les raisons données pour ce mutisme. L’une d’entre elles est l’oubli : L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch 503

« […] j’ai la qualité (parmi les nombreux défauts qu’on me reproche) d’oublier rapidement les choses désagréables, et comme à la guerre arrivaient le plus souvent des choses désa- gréables, j’ai presque tout oublié » (p. 1184). Le mécanisme ici décrit est le refoulement. Un autre est régulièrement évoqué, l’im- possibilité à décrire les événements : « La guerre est cruelle et sans pitié. Celui qui a vécu le passage des troupes dans les villes et villages détruits, celui-là seul peut savoir à quoi cela ressemble vraiment. C’est impossible à décrire » (p. 465). De même, le regard de ceux qui meurent gazés : « Je suis malheureusement dans l’impossibilité de décrire les impressions psychiques de cette guerre » (p. 1193). Ces hommes, qui ne sont pas des professionnels de l’écriture, buttent face à l’expression de la cruauté radicale. Une dernière raison du silence est d’une autre nature. Le général Ludwig Fabini, dont le portrait (photo 7) était exposé dans la même salle que le Livre d’honneur, donne un avis autorisé sur la crise de nerfs au combat. C’est là, écrit-il, que se reconnaît le « vrai caractère » d’un homme, l’humain dans sa nudité, indépendamment de sa position sociale. Les crises de larmes, une « sorte de fièvre nerveuse », se rencontrent parfois chez des hommes qu’on avait « jugés excellents » en temps de paix. Ce sont des signes de faiblesse qui, le plus souvent, font place ensuite à un comportement « digne, mesuré, impeccable » (p. 264-265). La réaction de peur face au cataclysme est donc considérée comme une déficience, pendant que le soldat abruti par la vio- lence et résigné à la mort est, lui, digne d’éloges. Il s’agit typiquement d’une rhé- torique de guerre. Comment, dans un tel contexte, décrire son angoisse ? Dans un esprit semblable, Wilhelm Binder, ancien maire de Mediasch, écrit qu’en tant qu’« accomplissement de son devoir pour la communauté », la guerre était « terrible et pourtant belle », parce qu’elle « mettait à l’arrière-plan tout ce qui était personnel devant la grande mission confiée même aux plus insignifiants » (p. 1554). Com- ment ces insignifiants soldats pourraient- Photo 7 : Ludwig Fabini, général d’infanterie ils avoir l’audace de mentionner dans le de l’armée austro-hongroise Livre d’honneur leurs crises de larmes et © Archiv der Heimatgemeinschaft Mediasch eV de nerfs ? C’est donc un faisceau de raisons qui amène à la sobriété dans la description des souffrances endurées, voire au silence. Oubliées pour survivre, indescriptibles dans leur horreur, elles sont aussi considérées comme nécessaires pour le bien de la communauté, et leur expression comme contraire à la dignité du groupe. Un seul désespéré semble 504 Revue d’Allemagne d’ailleurs avoir pleinement le droit de s’exprimer dans le Livre d’honneur. C’est Martin Müller, qui ne parviendra jamais à réunir l’argent nécessaire pour revenir de captivité en Russie et écrit pendant deux décennies des lettres terribles (p. 369 sq.). Son désespoir est légitime, car il est privé du groupe, alors que le désespoir de ceux qui se battent pour le groupe n’a pas droit de cité. Ces raisons conjuguées expliquent probablement pourquoi tant de soldats mentionnés n’ont rien écrit, et pourquoi certains ont même refusé d’être mentionnés, ou bien n’en ont pas été priés. Ceux qui ont pris leurs distances par rapport aux souffrances endurées, qui n’en voient plus le sens ou qui en pensent l’absurdité, ceux-là n’ont pas leur place dans un Livre d’honneur qui consacre les héros de la nation, puisqu’ils ne sont pas des héros. La littérature en fera même, plus tard, des anti-héros. La description du quotidien se révèle donc être non pas un refuge contre l’expression politique, mais au contraire une autre façon de renforcer le collectif ébranlé par les changements politiques. Il semble que seule l’expression de ce qui participe du senti- ment collectif soit légitime – et cela n’étonne pas vraiment après une guerre et dans des circonstances politiques qui menèrent à la suivante.

Conclusion : historiciser la mémoire Les trois questions apparues au début de l’étude trouvent donc une réponse unique. Quelle loyauté est ici exprimée, à l’ancien pouvoir ou au nouveau ? Les Saxons de Mediasch choisissent une troisième voie, celle de l’implicite, qui leur permet de conserver intactes leurs anciennes convictions sans affronter ouvertement l’État rou- main (20). En ne publiant pas le Livre d’honneur, en restant presque toujours neutres dans l’explicite et en utilisant largement les différents moyens linguistiques du dis- cours implicite (sous-entendus, présupposés, allusions, etc.), ils travaillent dans l’invi- sible à la continuité avec l’avant-guerre – ce qui répond aux deux autres questions. Pourquoi le Livre d’honneur a-t-il été oublié, pourquoi tant d’anciens soldats y sont-ils muets, et certains même absents ? Cette entreprise cryptopolitique le rend irrecevable pour l’État roumain, c’est-à-dire à l’extérieur de la communauté ; de l’intérieur, elle rend irrecevables les témoignages de ceux parmi les Saxons qui ne croient pas ou plus à la nécessité de la souffrance et aux mythes collectifs liés à la guerre, ceux qui ne sont pas considérés ou ne se considèrent pas comme des héros. Toute l’entreprise, en effet, vise sans jamais le dire à la continuité : continuité psy- chique et sociale de l’individu dans son journal intime, continuité familiale de l’ancien soldat qui écrit ses souvenirs pour ses enfants et du père qui écrit en l’honneur de son fils disparu, et enfin continuité collective de l’identité de minorité. Le Livre d’honneur est un média d’identité collective entre les lignes, un média de la continuité saxonne en Roumanie. La définition du mothonneur dans deux ouvrages de référence est à ce propos éclairante. Dans les Concepts historiques fondamentaux dirigés par l’his- torien allemand Koselleck, l’article « honneur » (21) montre comment la notion, dans

20 Une thèse de doctorat a montré que la nostalgie d’empire existait aussi chez les Roumains de Transylva- nie : Sabina Fati, Transilvania, o Provincie în căutarea unui centru. Centru şi periferie în discursul politic al elitelor din Transilvania, 1892-1918, Cluj, Centrul de Resurse pentru Divesitate etnocultural, 2007. 21 Friedrich Zunkel, « Ehre », in : Geschichtliche Grundbegriffe, historisches Lexikon zur politisch-sozia- len Sprache in Deutschland, Stuttgart, Klett-Cotta, Bd. 2, 1975, p. 56-63. L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch 505 l’Allemagne éclatée d’avant 1871, est chargée de représenter la continuité de la nation allemande et d’annoncer son avènement politique. Les Saxons, visiblement, s’ins- crivent dans cette logique, mais à l’inverse, il s’agit pour eux de maintenir une identité désormais disparue, celle de nation médiévale dotée de privilèges, puis de nationalité d’empire. Le Trésor de la langue française, quant à lui, définit notamment l’honneur comme le fait de jouir de l’estime publique grâce au respect de la norme sociale (22). La norme implicite étant la continuité avec l’esprit de 1914, ceux qui ne la partagent pas n’y ont pas leur place. On peut sans doute aller plus loin dans l’analyse. Le double mouvement dans lequel est pris le Livre d’honneur ne revient-il pas, finalement, à réécrire l’histoire entre les lignes ? D’une part, les messages inaudibles par le nouveau pouvoir sont escamotés par l’implicite, mais d’autre part, la mise en exposition dans la salle des Héros, cette fois à destination des Saxons, patrimonialise le témoignage et la mémoire, leur donne un statut officiel, en un mot historicise la mémoire. De la sorte, les Saxons contrebalancent à la fois l’historiographie roumaine, qui à l’époque les fait quasiment disparaître, et même ce qui leur reste d’historiographie propre. En effet, la version longtemps offi- cielle (et vulgarisée) est que les Saxons ont loyalement voté le 9 décembre 1918 le rat- tachement à la Roumanie, qui les a ensuite trahis en ne leur donnant pas les droits promis aux minorités. L’historiographie moderne (23) montre qu’en réalité ce choix fut fait à la fois sous la pression des Roumains, qui voulaient établir la légitimité de leur ambition territoriale vis-à-vis de leurs alliés, et par stratégie : puisqu’il devenait clair que la Roumanie gagnerait la Transylvanie, autant montrer de la bonne volonté. Le Livre d’honneur, en sous-main, rétablit le rôle des Saxons en Transylvanie et leur senti- ment collectif réel, du moins celui de la plus grande partie d’entre eux. La mémoire est implicite et d’autant plus prégnante, et elle est historicisée en étant exposée au musée. De la sorte, elle peut rassembler la minorité en ces temps contraires. Selon S. Audoin-Rouzeau (24), 1989 aurait été le dernier avatar de l’épisode ouvert par la Grande Guerre. Peut-être cet épisode se ferme-t-il en Roumanie avec l’élection en 2014 du Saxon Klaus Johannis comme président de la République, changement radical dans la conception des identités minoritaires et majoritaires, et sans doute un phéno- mène (encore) unique en Europe, du moins depuis le début de l’époque nationale. C’est en tous cas la fin de la logique du Livre d’honneur.

Résumé Le Livre d’honneur des soldats de la Guerre mondiale 1914-1918 de la paroisse luthé- rienne de Mediasch, en Transylvanie, rend hommage aux soldats tombés et publie des témoignages de leur famille d’une part, et de survivants d’autre part. Tous sont saxons de Transylvanie, une minorité germanophone. Cette source primaire, redécouverte par hasard, n’a jamais été analysée scientifiquement. Pourquoi certains soldats saxons ne sont-ils pas mentionnés ? Par ailleurs, ces hommes ont fait la guerre pour l’Empire

22 atilf.atilf.fr/dendien/scripts/tlfiv4/showps.exe?p=combi.htm;java=no, consulté le 11 avril 2016. 23 Gündisch/Höpken/Markel (dir.), Das Bild des Anderen in Siebenbürgen (note 12). 24 Émission « Public Sénat », le 9 novembre 2014. 506 Revue d’Allemagne austro-hongrois, mais rédigent leurs contributions en tant que minorité de Roumanie, ancien adversaire de la double monarchie. Comment gèrent-ils leur ancienne loyauté à l’Autriche-Hongrie, en l’affirmant et en s’attirant l’inimitié du nouvel État, ou en la reniant en faveur de la Roumanie ? L’étude montre qu’ils choisissent une troisième voie, en exprimant par l’implicite leurs anciennes convictions pour ne pas affronter ouverte- ment l’État roumain. Par divers biais, ils historicisent la mémoire et réécrivent l’histoire entre les lignes.

Zusammenfassung Das Ehrenbuch der Kriegsteilnehmer von 1914-1918 der evangelischen Kirchen- gemeinde A.B. in Mediasch würdigt die gefallenen Soldaten und enthält Zeugnisse einerseits ihrer Familien und andererseits Überlebender. Alle gehören der deutschen Minderheit der Siebenbürger Sachsen an. Diese Primärquelle, die zufällig wieder entdeckt wurde, ist nie wissenschaftlich analysiert worden. Warum werden nicht alle betroffenen Soldaten erwähnt? Außerdem wurden die Männer von Österreich-Ungarn in den Krieg geschickt, das Ehrenbuch aber wurde in der Zeit verfasst, in der sie zu einer der Minderheiten des Königreichs Rumänien gehörten, einem ehemaligen Gegner der Doppeltmonarchie. Wie gehen sie mit ihrer ehemaligen Loyalität gegenüber Österreich- Ungarn um? Sind sie der Monarchie treu geblieben und riskieren somit, den neuen Staat zu verstimmen oder verleugnen sie ihre Vergangenheit zugunsten von Rumänien? Die Studie zeigt, dass sie einen dritten Weg wählen, indem sie ihre ehemaligen Überzeu- gungen ausschließlich durch implizite Botschaften ausdrücken, um nicht gegen den rumänischen Staat offensiv zu treten. Durch verschiedene Mittel historisieren sie das Gedächtnis und schreiben Geschichte zwischen den Zeilen.

Abstract The Honour Book of the Soldiers of the World War 1914-1918 of the Lutheran Parish of Mediasch, in Transylvania, honours fallen soldiers and publishes testimonials from their family or from survivors. All of them belong to a German minority, the Transylvanian Saxons. This primary source, which was rediscovered by accident, has never been scientifically analysed. Why are not all Saxon soldiers being mentioned? Furthermore, these men went to war for the Austro-Hungarian Empire but they write their contribution as a minority in Romania, former adversary of the dual monarchy. How do they deal with their previous loyalty towards Austria-Hungary, do they claim it and risk the enmity of the new state, or do they renounce to it in favour of Romania? The study shows that they choose a third path, expressing their old convictions through implicit meanings, in order to avoid a direct confrontation with the Romanian state. By various means, they historicize memory and rewrite history between the lines. Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 507 T. 51, 2-2019

« Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946)

Matthias Gemählich *

C’est une décision d’une portée historique que les députés de l’assemblée nationale de France prirent le 22 février 2000 : ce jour-là, ils adoptèrent à une large majorité une loi permettant la ratification du statut de la Cour pénale internationale (CPI) (1). Avant le vote, le ministre des Affaires étrangères Hubert Védrine fit un discours dans lequel il souligna la volonté exprimée du gouvernement d’adhérer à la CPI et dans lequel il se déclara favorable à la ratification proposée. La création de la nouvelle juridiction inter- nationale était, selon lui, « une vraie victoire de la lutte contre l’impunité au crépuscule d’un siècle marqué par des horreurs » (2). Ainsi, le ministre voyait clairement la dimen- sion historique dans laquelle le vote des députés s’inscrivait et il fit aussi référence à l’événement qui, sur le plan international, constitua la première tentative de traduire en justice les dirigeants de tout un pays et qui, depuis, symbolise le début de la lutte contre l’impunité : le procès de Nuremberg. Mais tout en rappelant les faits historiques, Védrine n’évoqua que de manière som- maire l’œuvre des « vainqueurs de l’Allemagne nazie » (3) et la mise en place par eux de la première juridiction internationale, le Tribunal militaire international (TMI), pour réprimer les crimes nazis, sans mentionner la participation de la France dans cette entreprise. Ce n’est ni par négligence, ni pour rester dans une perspective interna- tionale que Védrine ne mentionna pas la contribution de son propre pays à ce célèbre procès. En fait, le discours de Védrine est révélateur de la façon dont le procès de

* Docteur en histoire contemporaine, enseignant-chercheur à l’Université Johannes Gutenberg de Mayence. 1 Assemblée nationale, 2e séance du 22 février 2000 : discussion du projet de loi autorisant la ratification de la convention portant statut de la Cour pénale internationale, p. 1096. Disponible sur : http://www. assemblee-nationale.fr/11/cri/html/20000130.asp. 2 Ibid. 3 Ibid. 508 Revue d’Allemagne

Nuremberg a été perçu en France : on y a vu un événement relevant de la politique internationale, ne concernant pas ou peu le pays, et qui ne fait par conséquent pas par- tie de l’histoire nationale. On pourrait citer bien d’autres exemples étayant ce constat. Dans son documentaire Nuremberg – les nazis face à leurs crimes, Christian Delage laisse complètement de côté le travail de la délégation française à Nuremberg (4). Lors des commémorations de l’ouverture du procès, la presse française rappelle régulière- ment « l’héritage » du TMI et souligne que les « fondements de la justice internatio- nale » (5) auraient été établis à Nuremberg, mais toujours sans prendre en considération la contribution française. Dans son livre sur le procès, l’historien François Delpla affirme expressément son désintérêt pour le rôle de la France et informe le lecteur dans l’introduction que « le point de vue américain a été privilégié » (6). Il suffit pourtant de jeter un bref regard sur ce qui se passa entre 1945 et en 1946 à Nuremberg pour réaliser que le point de vue français est loin d’être négligeable, notamment si l’on veut comprendre le déroulement du procès devant le TMI et ses conséquences pour la codification du futur droit pénal international. Comme le tri- bunal de Nuremberg fut composé par les quatre puissances alliées, les représentants du gouvernement français eurent une influence manifeste sur l’accusation contre les dirigeants nazis et sur le verdict rendu à la fin du procès. Le présent article a pour utb d’éclairer cet aspect longtemps négligé par l’historiographie et d’examiner le rôle de la France au procès de Nuremberg sous différents angles (7). Dans ce contexte, il est tout d’abord important de montrer dans quelle mesure le Gouvernement provisoire suivit au printemps 1945 les préparatifs du procès contre les dirigeants nazis et quelles posi- tions il adopta lors des négociations avec les autres puissances alliées. Sur cette base, il semble nécessaire d’examiner la composition et le fonctionnement de la délégation qui fut créée pour la durée du procès de Nuremberg et qui y représentait la France. Nombreuses sont aussi les questions qui concernent directement le procès : quelles furent la stratégie et l’argumentation exacte de l’accusation française devant le TMI ? Quelle valeur peut-on accorder aux preuves qu’elle a produites ? Y avait-il des diffé- rends avec les autres délégations alliées ? Quel fut l’impact de l’accusation française sur les condamnations individuelles ? En fin de compte, la perception du procès de Nuremberg en France est aussi à prendre en considération : quelle fut la réaction de l’opinion publique ? Quelles ont été les conséquences politiques du verdict du TMI ? Ces questions sont examinées dans le présent article qui repose principalement sur une exploitation du fonds d’archives françaises sur le procès de Nuremberg.

4 Christian Delage, Nuremberg – Les nazis face à leurs crimes (2006). 5 « Le procès de Nuremberg 65 ans après », Le Monde, 20 novembre 2010. 6 François Delpla, Nuremberg face à l’histoire, Paris, l’Archipel, 2006, p. 8. Peu nombreux sont les ouvrages qui s’intéressent à la contribution française ; voir Antonin Tisseron, La France et le procès de Nuremberg. Inventer le droit international, Paris, Prairies Ordinaires, 2014 ; Annette Wieviorka, Le procès de Nuremberg, Paris, Liana Levi, 2006. 7 L’article résume les résultats de la thèse de doctorat de l’auteur rédigée en allemand : Matthias Gemählich, Frankreich und der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher 1945/46, Franc- fort-sur-le-Main, Peter Lang, 2018. « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 509

La préparation du procès de Nuremberg Dans le débat sur le sort des « grands criminels de guerre » allemands, donc des représentants du régime nazi dont les crimes, d’après la déclaration de Moscou de 1943, ne pouvaient pas être géographiquement localisés, longtemps le Gouvernement provisoire de la République française n’intervint pas activement et se borna à prendre connaissance des propositions des autres gouvernements alliés. Le premier projet concret qui montre une prise de position française date de février 1945 : il s’agit d’une note rédigée par Jacques Fouques-Duparc, directeur du Secrétariat des conférences au Quai d’Orsay, et signée par Georges Bidault, ministre des Affaires étrangères (8). Dans ce document, l’idée de traduire les grands criminels de guerre en justice et de créer un tribunal international à cette fin est approuvée sans réserve. Tout en préconisant la mise en œuvre d’une procédure judiciaire pour juger les crimes de l’Allemagne nazie sur le plan international, Fouques-Duparc avertit du « danger d’inefficacité d’une inculpation ne reposant pas sur un droit positif certain »(9). C’est pourquoi il voulait limiter l’accusation contre les dirigeants nazis, devant un tribunal international, aux atrocités et exactions allemandes commises pendant et, éventuel- lement, aussi avant la guerre, donc aux crimes de guerre au sens propre et à ce qu’on appellerait plus tard les « crimes contre l’humanité ». En revanche, le procès envisagé ne devait pas concerner la préparation et la conduite de la guerre par l’Allemagne nazie qui relevait, selon les diplomates du Quai d’Orsay, de la sphère politique et n’était pas à juger dans le cadre d’une telle procédure pénale. Pour le gouvernement français, c’était une considération d’importance cruciale et, par la suite, son point de vue sur cette question l’éloigna de plus en plus de ses Alliés. François de Menthon, alors ministre de la Justice, et qui représenta plus tard la France comme procureur en chef à Nuremberg, déclara en mai 1945 sans équivoque : « La responsabilité des grands coupables en ce qui concerne le déclenchement même de la guerre en violation des traités et l’établissement de leur politique de guerre ne devrait pas être confondue avec celle des crimes de guerre proprement dits ; il s’agit d’une question différente et d’une responsabilité politique » (10). Les Alliés, en particulier du côté américain, ne partageaient pas cette opinion. En effet, l’objectif de ces derniers, en prenant l’initiative de proposer une coopération des quatre grandes puissances alliées principales pour la création d’un tribunal interna- tional, était justement de s’en servir pour inculper les dirigeants nazis d’avoir planifié et mené une guerre illégale en violation du droit international. Lors de la conférence de San Francisco (25 avril-26 juin 1945), le plénipotentiaire américain Samuel Rosen- man, conseiller du président Truman, fit même comprendre aux ministres des Affaires

8 « Document no 110 : note du Secrétariat des Conférences. Instructions sollicitées par M. Cassin, 16 février 1945 », in : Ministère des Affaires étrangères (éd.), Documents diplomatiques français, 1945-1946, t. II, Paris, Imprimerie nationale, 1998, p. 216-218. 9 Ibid., p. 216. 10 « Document no 325 : note du Secrétariat des Conférences. Criminels de guerre, 7 mai 1945 », in : Ministère des Affaires étrangères (éd.), Documents diplomatiques français, 1945-1946, t. I, Paris, Imprimerie nationale, 1998, p. 606 sq., ici p. 607. Georges Bidault, ministre des Affaires étrangères, s’exprima dans le même sens, voir Archives diplomatiques (AD), NUOI 1944-1959/83, télégramme no 235-238, 14 mai 1945. 510 Revue d’Allemagne

étrangères britannique, soviétique et français que, pour son gouvernement, c’était même le but principal du procès envisagé contre les grands criminels de guerre (11). Par conséquent, le plan présenté par Rosenman provoqua de fortes tensions franco-améri- caines au sein du comité qui fut créé à San Francisco pour examiner la proposition des États-Unis et pour élaborer un accord politique des quatre puissances. Le juriste Jules Basdevant, plénipotentiaire du gouvernement français dans cet organisme, informa le Quai d’Orsay « de grandes difficultés »(12) qui auraient surgi dans le débat sur la pénalisation de la guerre d’agression. Mais la poursuite des négociations qui furent, par manque de temps, suspendues à San Francisco et reprises quelques semaines plus tard à Londres montra vite que les Américains restèrent fermes sur leurs intentions et ne cédèrent pas aux demandes françaises. Du côté français, ce conflit eut des consé- quences graves : contrarié et déçu par l’échec de ses propres initiatives, Basdevant décida de se retirer de l’affaire et de ne plus participer aux pourparlers. Avant leur reprise à Londres, le ministre des Affaires étrangères, qui appréciait le jugement du juriste, fit de même : convaincu alors que le procès planifié serait « mal engagé »(13), le Quai d’Orsay adopta dès lors « une attitude négative de désintéressement » (14) et ne voulut plus soutenir la création du tribunal international. Désormais, il laissa au ministère de la Justice le soin de suivre les négociations et d’y participer au nom du gouvernement français. Cependant, le ministère de la Justice n’avait reçu jusque-là que peu d’informations sur le projet et le nouveau garde des Sceaux, Pierre-Henri Teitgen, ayant visiblement d’autres priorités, hésita à en assumer la responsabilité (15). Dans les négociations qui suivirent, la position française fut fortement fragilisée par l’échec de cette délégation de compétences et, au moment crucial où il fut question d’élaborer le statut du tribu- nal international et de définir les crimes à punir devant la nouvelle juridiction, l’im- pression d’une irrésolution et d’une indifférence du gouvernement français s’installa chez les Alliés. En effet, bien que l’ambassade américaine soit intervenue à plusieurs reprises pour rappeler au gouvernement français l’urgence de l’affaire, Teitgen ne réus- sit pas, des semaines durant, à désigner un nouveau représentant pour les négocia- tions (16). Sous la pression, on choisit finalement au ministère de la Justice le juge Robert Falco, conseiller à la Cour de Cassation, qui fut envoyé à Londres où la conférence des quatre puissances commença le 26 juin 1945 (17). L’impréparation française, causée par la négligence du cabinet du garde des Sceaux, se manifesta ainsi devant l’ensemble des délégations alliées : en tant que conseiller à la Cour de Cassation, Falco n’était pas en mesure de mener des négociations d’égal à égal avec des personnalités de plus haut rang comme Robert Jackson et David Maxwell Fyfe qui avaient tous les deux

11 AD, NUOI 1944-1959/83, télégramme de Bidault, 6 mai 1945. 12 AD, NUOI 1944-1959/83, crimes de guerre (sans auteur), 14 mai 1945, p. 2. 13 Ibid. 14 AD, NUOI 1944-1959/86, note du Secrétariat des Conférences. Procès de Nuremberg, 28 décembre 1945. 15 Archives nationales (AN), BB 30/1794, Secrétariat des Conférences. Crimes de guerre, 8 mai 1945. 16 AD, NUOI 1944-1959/86, note de l’ambassade des États-Unis, no 496, 21 mai 1945. 17 Robert Falco, Juge à Nuremberg. Souvenirs inédits du procès des criminels nazis (1945-1946), illustra- tions de Jeanne Falco, Nancy, Arbre bleu éditions, 2012, p. 28 sq. « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 511 appartenu aux gouvernements de leurs pays et avaient exercé les fonctions d’Attorney General. De plus, Falco arriva seul à Londres tandis que Jackson, par exemple, était accompagné d’une équipe de 16 collaborateurs (18). Mais la position de la France dans les négociations de Londres fut surtout affaiblie par le fait que Falco n’avait reçu aucune instruction précise de la part du ministère de la Justice lors de son départ. René Massigli, ambassadeur français à Londres, se plaignit pour cette raison de « la complète impréparation de la conférence en ce qui concerne les services de Paris » (19). Secondé par André Gros, le délégué adjoint de la France au sein de la Commission des crimes de guerre des Nations unies, et sié- geant également dans la capitale britannique, Falco ne put exercer par la suite que peu d’influence sur le déroulement des négociations. Pendant toute la conférence, qui s’acheva le 8 août 1945 avec la signature du statut du TMI, Gros et lui intervinrent rarement et sur presque toutes les questions discutées ils se déclarèrent d’accord avec les propositions anglo-américaines, si bien que les conflits les plus violents qui mar- quèrent les négociations éclatèrent suite à l’opposition soviétique aux plans de Jack- son, sans l’implication des délégués français. Une seule tentative sérieuse de défendre la position française divergeant de celle des Anglo-Américains fut faite par Gros et Falco lorsque le débat porta, une fois encore, sur la création d’un chef d’accusation criminalisant la préparation et la conduite d’une guerre d’agression pour le procès à venir. Ici, les deux délégués eurent recours à la plupart des arguments qui avaient déjà été avancés à San Francisco. Mais les deux Français durent vite constater que sur ce point ils se trouvaient isolés parmi les négociateurs réunis à Londres et que ni les Anglo-Américains ni les Soviétiques ne soutenaient leurs objections fondamentales. Vu les rapports de forces, ils s’inclinèrent finalement devant la volonté de la majorité et acceptèrent que ce qu’on qualifiait désormais de « crime contre la paix » soit inscrit dans le statut du TMI (20). Au final, le seul succès diplomatique pour la France consista dans le fait même d’être présente à la conférence de Londres, d’y participer et d’être reconnue comme partenaire par les autres puissances alliées. En effet, les délégués français furent loin d’imposer leurs idées ou de participer activement à l’élaboration des bases juridiques du procès de Nuremberg.

La délégation française à Nuremberg Le 18 octobre 1945, Charles de Gaulle signa l’ordonnance par laquelle il créa une délégation française auprès du TMI et chargea celle-ci de représenter l’accusation au nom de la France dans le procès des grands criminels de guerre (21). Dans un décret

18 Telford Taylor, Die Nürnberger Prozesse. Hintergründe, Analysen und Erkenntnisse aus heutiger Sicht, Munich, Heyne, 1994, p. 77. 19 AD, NUOI 1944-1959/83, Massigli à Bidault, 2 juillet 1945. 20 « LII. Revised Definition of “Crimes”, Prepared by British Delegation and Accepted by French Dele- gation, 28 juillet 1945 », in : United States Department of State (éd.), Report of Robert H. Jackson, United States Representative to the International Conference on Military Trials London 1945, Washing- ton, U. S. Government Printing Office, 1949, p. 390 sq. 21 « Ordonnance no 45-2397 du 18 octobre 1945 instituant une délégation du Gouvernement provisoire de la République française au ministère public du tribunal militaire international », JORF, 19 octobre 1945, p. 6652. 512 Revue d’Allemagne qui suivit le même jour, la composition et le fonctionnement de la délégation furent réglés (22). Les effectifs de la délégation varièrent pendant les mois qui suivirent : en novembre 1945, quand le procès des grands criminels de guerre débuta, l’effectif total de la délégation française était de 62 personnes (23). Jusqu’à la fin de l’année, un grand nombre de recrutements suivirent, si bien que la délégation s’agrandit considérable- ment (24) et atteignit sa taille maximale de 100 employés début janvier 1946 (25). Mais il est à noter qu’on ne peut parler ici que de la délégation au sens strict. Il s’agissait de toutes les personnes qui participaient directement au procès et qui avaient le statut de salariés du ministère de la Justice : les juges, les procureurs, leurs assistants, les tra- ducteurs et interprètes, les secrétaires et sténotypistes. Les nombres mentionnés n’in- cluent pas les personnes qui séjournaient à Nuremberg par ordre d’autres ministères et services, mais qui, au sens large, appartenaient également à la délégation française. Il s’agissait surtout d’un détachement militaire déployé à Nuremberg pour garantir la sécurité de la délégation française qui comptait 85 soldats en janvier 1946 (26). Une autre équipe fut envoyée par les PTT pour assurer une communication par téléphone et télégraphe avec Paris (27). En outre, des représentants des ministères des Affaires étrangères et de l’Information arrivèrent également à Nuremberg avec leurs propres missions. En janvier 1946, François de Menthon, comme il l’écrivit dans une lettre à de Gaulle, avait au total 262 personnes sous sa direction (28). Avec un tel effectif la délégation française était, après l’américaine, la deuxième plus grande représentation alliée auprès du TMI (29). Le personnel juridique, qui effectuait le travail au sein même du procès, était com- posé des membres du tribunal et du ministère public. Les deux juges français du TMI furent Henri Donnedieu de Vabres, professeur de droit criminel à la faculté de droit de Paris, et Robert Falco qui avait représenté la France à la conférence de Londres. Du côté du ministère public il y avait une hiérarchie à quatre niveaux : en haut de cette hiérarchie se trouvait le poste de procureur en chef. Ce dernier fut occupé d’abord par François de Menthon qui démissionna en janvier 1946, puis par son successeur

22 « Décret no 45-2415 du 18 octobre 1945 fixant la composition et le fonctionnement de la délégation du Gouvernement provisoire de la République française au ministère public du tribunal militaire inter- national », JORF, 19 octobre 1945, p. 6666. 23 AN, 19970410/1, liste des membres et employés auxiliaires, 27 novembre 1945 ; voir également Domi- nique Tantin (éd.), Delphin Debenest, 1939-1945. Un magistrat français en guerre contre le nazisme, La Crèche, Geste, 2005, p. 290. 24 « Délégation du Gouvernement provisoire de la République française au tribunal militaire internatio- nal », JORF, 18 novembre 1945, p. 7663 sq. ; voir également JORF, 19 décembre 1945, p. 8390. 25 AN, 19970410/1, état de présence des membres de la délégation française au siège du Tribunal Mili- taire International, Nuremberg, janvier 1946. 26 AD, HCRFA/SL/19, le Général de Corps d’Armée Koenig, Commandant en chef français en Alle- magne. Détachement français de Garde auprès du Tribunal Militaire International de Nuremberg, 16 octobre 1946 ; AN, F 41/2721, de Menthon à de Gaulle, 19 janvier 1946, p. 4. 27 « Le procès de Nuremberg ne sera plus remis », Le Parisien libéré, 6 novembre 1945. 28 AN, F 41/2721, de Menthon à de Gaulle, 19 janvier 1946, p. 4. 29 Ann Tusa, John Tusa, The Nuremberg Trial, New York, Cooper Square Press, 2003, p. 136 ; T. Taylor, Die Nürnberger Prozesse (note 18), p. 256 ; (David Maxwell Fyfe), Political Adventure. The Memoirs of the Earl Kilmuir, Londres et al., Weidenfeld & Nicolson, 1964, p. 103. « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 513

Auguste Champetier de Ribes (30). Viennent ensuite les deux postes d’adjoint du pro- cureur qui furent occupés par Charles Dubost et, pendant une longue phase du procès, Edgar Faure, qui n’était alors qu’au début de sa carrière politique (31). Le troisième niveau de cette hiérarchie se composait des chefs de section auquel appartenaient notamment Delphin Debenest, Charles Gerthoffer, Jean Leyris et Pierre Mounier (32). Ils étaient quant à eux responsables des différents thèmes que couvrait l’accusation contre les dirigeants nazis. Sous leur direction travaillaient enfin plusieurs chargés de mission qui complétaient le ministère public et qui préparaient les exposés de l’accusation fran- çaise. Ces fonctions furent remplies par Aline Chalufour, Henri Delpech, Serge Fuster, Jacques-Bernard Herzog, Jean-Jacques Lanoire, Henri Monneray et Constant Quatre. De par leurs biographies, les membres du ministère public formaient un groupe assez homogène. À Nuremberg, il s’agissait de dénoncer les crimes du nazisme et de demander justice au nom de la France meurtrie par l’occupant allemand. Une telle accusation ne pouvait être portée de manière crédible et convaincante que par des procureurs n’ayant pas été compromis personnellement durant la guerre. C’est pour- quoi le ministère de la Justice choisit des magistrats ayant personnellement contribué au combat contre l’Allemagne nazie et qu’on ne pouvait pas soupçonner d’avoir été complices des occupants ou des sympathisants du régime de Vichy. On composa ainsi un parquet dont pratiquement tous les membres avaient été des résistants éprouvés. Charles Dubost, qui avait été fait prisonnier par les Allemands, réussit à s’enfuir pendant la guerre. En tant que substitut du parquet de Toulon, il organisa ensuite le transport des armes pour le mouvement Libération, devint membre d’un réseau d’exfiltration vers l’Algérie, hébergea chez lui des officiers alliés ayant débarqué en secret dans la France occupée, établit des dépôts de matériel de guerre et se rallia en été 1944 aux FFI (33). Jean Leyris, en tant que président du Tribunal civil de Carpentras, avait soutenu un groupe qui commit de nombreux actes de sabotage contre les forces d’occupation (34). Après une spectaculaire attaque à l’explosif, au cours de laquelle une vingtaine de locomotives du dépôt ferroviaire d’Avignon furent détruites, il fut arrêté en avril 1944 par la police allemande. Quelques semaines plus tard, il réussit à s’échap- per d’un convoi de déportation en route vers Dachau. Pierre Mounier fut victime des mesures d’épuration prises par le régime de Vichy (35). À cause de son appartenance à une loge maçonnique, il fut exclu du service public en 1941 et perdit son poste de juge à la Cour d’appel de Rabat. Après le débarquement allié au Maroc, il rejoignit les troupes gaullistes et rentra en France comme inspecteur de la justice militaire dans les territoires libérés. Henri Monneray, né sous le nom de Heinz

30 AN, 19970410/1, note sur la composition de la délégation française près le TMI, 3 juillet 1947. Sur de Menthon et Champetier de Ribes, voir Laurent Ducerf, François de Menthon. Un catholique au service de la République (1900-1984), Paris, Éditions du Cerf, 2006 ; Philippe Dazet-Brun, Auguste Champetier de Ribes (1882-1947). Un catholique social en République, Biarritz, Séguier, 2008. 31 Faure consacra une partie de ses mémoires à son séjour à Nuremberg ; Edgar Faure, Mémoires II : « Si tel doit être mon destin ce soir », Paris, Plon, 1984, p. 11-64. 32 AN, BB-30-1779, liste sans date : « Tribunal Militaire International, ministère public ». 33 AN, 19890322/43, dossier de carrière : Dubost, Charles Joseph Marie. 34 AN, 19840317/7, dossier de carrière : Leyris, Jean Marius Joseph. 35 AN, 19770067/338, dossier de carrière : Mounier, Pierre Édouard François. 514 Revue d’Allemagne

Meierhof à Erfurt, avait vécu en France occupée, en tant que Juif, dans l’illégalité (36). À Tarbes, il joua un rôle actif dans une filière de passeurs conduisant des aviateurs alliés vers l’Afrique du Nord. Jacques-Bernard Herzog s’était engagé pendant la guerre dans un mouvement de résistance à Toulouse (37). Craignant son arrestation, il décida de fuir vers l’Espagne en plein hiver 1943. Dans le froid des Pyrénées, il souffrit de plusieurs gelures qui nécessitèrent l’amputation de son pied gauche. Delphin Debenest avait également payé cher son courage : arrêté en tant que résistant en juillet 1944 à Poitiers, il fut déporté au camp de concentration de Buchenwald et ne rentra en France qu’à la fin de la guerre (38). De tels mérites ne pouvaient pas être mis en doute et expliquèrent la grande majo- rité des nominations. Mais on savait bien au ministère de la Justice que la réalité des années de guerre avait été plus complexe et que surtout les magistrats s’étaient alors retrouvés dans une situation bien difficile (39). En tant que membre d’un système éta- tique qui les obligeait à se soumettre aux lois et aux ordres hiérarchiques, les magistrats devaient sous Vichy servir le régime s’ils voulaient continuer à exercer leur fonction et garder leurs postes (40). La « Résistance judiciaire » se caractérise donc surtout par sa complexité : toutes les activités résistantes, dont les formes et l’intensité avaient varié considérablement au sein de la magistrature, nécessitaient le couvert de la loyauté professionnelle au régime (41). C’est pourquoi la plupart des membres du parquet fran- çais avaient prêté serment de fidélité à la personne du maréchal Pétain, comme cela était exigé des magistrats sous le régime de Vichy (42). Quelques-uns étaient même allés plus loin dans leurs manifestations de loyauté envers le régime : après avoir été démo- bilisé, Serge Fuster se rendit en été 1940 à Vichy où il se présenta à plusieurs reprises, avec une rare opiniâtreté, au ministère de la Justice qui y était installé depuis peu. C’est ainsi qu’il réussit à être intégré dans la magistrature. Pour, semble-t-il, réfuter des accusations sur ses convictions politiques, Pierre Mounier adhéra quelques mois avant son expulsion de la magistrature à la Légion française des combattants (LFC), créée par le régime de Vichy, et souligna dans une lettre datée de juillet 1941 « l’admi- ration, le respect et la reconnaissance » (43) qu’il éprouvait pour le maréchal Pétain. Même à propos de Jean Leyris ses supérieurs à la Cour d’appel de Nîmes notèrent en novembre 1943 : « il est sincèrement dévoué aux principes de l’ordre nouveau et fidèle

36 AN, 19950468/4, dossier : Monneray, Henri. 37 AN, 19890074/124, dossier de carrière : Herzog, Jacques Bernard. 38 AN, 19820583/146, dossier de carrière : Debenest, Delphin Jean Aristide. 39 Sur la magistrature sous Vichy, voir Alain Bancaud, Une exception ordinaire. La magistrature en France 1930-1950, Paris, Gallimard, 2002. 40 Ibid., p. 444. 41 Sur la « Résistance judiciaire », voir Liora Isra‰l, Robes noires, années sombres. Avocats et magistrats en résistance pendant la Seconde Guerre mondiale, Paris, Fayard, 2005 ; Liora Isra‰l, « Résister par le droit ? Avocats et magistrats dans la résistance (1940-1944) », L’Année sociologique, 59/1 (2009), p. 149-175. 42 Par exemple AN, 19890074/132, dossier de carrière : Lanoire, Jean Jacques Joseph, « Prestation de ser- ment », 4 novembre 1942. 43 AN, 19770067/338, dossier de carrière : Mounier, Pierre Édouard François, lettre manuscrite de Pierre Mounier du 22 juin 1941. « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 515

à la personne du Chef de l’État » (44). Sous Vichy tous les magistrats devaient, d’une manière ou d’une autre, s’arranger avec le régime et le ministère de la Justice en était bien conscient en 1945. C’est pourquoi l’éventuelle loyauté manifestée envers Vichy par un candidat au TMI ne constitua pas en tant que telle un obstacle pour son recrutement. Mais ce que les responsables au ministère de la Justice craignaient vraiment et cherchaient à éviter à tout prix étaient des scandales publics qui pouvaient éclater à propos de leurs déci- sions et qui pouvaient nuire à l’image de la France. Quand un tel danger apparaissait, le ministère réagissait rapidement et avec la plus grande fermeté. Henri Delpech fut confronté à cette fermeté après avoir présenté en janvier 1946 un exposé au procès de Nuremberg, dont rendit compte la presse française (45). Le lendemain, d’anciens soldats ayant été détenus avec lui en Allemagne s’adressèrent au ministère de la Justice pour déclarer que Delpech avait appartenu en captivité à un cercle pétainiste. La réaction du ministère, qui redoutait un scandale au cas où les accusations contre Delpech seraient relayées par les médias, est révélatrice : Delpech dut rentrer à Paris, où il fut informé de son expulsion immédiate de la délégation (46). Cette affaire montre bien dans quelle mesure les responsables au ministère de la Justice étaient conscients du caractère très sensible du choix du personnel pour le procès de Nuremberg et leurs décisions dépen- daient grandement de considérations politiques.

L’accusation française Dans la salle d’audience du palais de justice de Nuremberg, l’accusation française eut la parole du 17 janvier au 7 février 1946 pour présenter, preuves à l’appui, ses inculpations contre les dirigeants nazis. Devant les autres participants au procès, mais aussi devant un grand public de journalistes venus du monde entier, elle pouvait alors exposer son point de vue sur les crimes allemands de la Seconde Guerre mondiale et les conclusions à en tirer. En partie, ce point de vue différait considérablement de ce que les procureurs anglo-américains, mais aussi soviétiques, affirmèrent. C’était surtout son positionnement sur la question de la culpabilité collective des Allemands qui sépara le parquet français des Alliés en donnant la responsabilité géné- rale à l’ensemble du peuple allemand. Pour la première fois, cette thèse fut défendue au procès de Nuremberg par François de Menthon dans le discours d’ouverture qu’il présenta au nom de sa délégation (47). À partir de ce moment-là, elle devint un leitmotiv de toute l’accusation française régulièrement répété par les compatriotes de l’ancien

44 AN, 19840317/7, dossier de carrière : Leyris, Jean Marius Joseph, Cour d’Appel de Nîmes, notice du Président et du Procureur : « Leyris, Jean », 19 novembre 1943. 45 Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, 14. November 1945 bis 1. Oktober 1946, amtlicher Text in deutscher Sprache, 42 vol., Nuremberg, 1947-1949, ici vol. 5, p. 633-644 et vol. 6, p. 7-28. 46 AN, 19890322/39, dossier de carrière : Delpech, Henri Joseph Jules Léon. 47 Annette Weinke, Die Nürnberger Prozesse, Munich, Beck, 2006, p. 41 ; Matthias Gemählich, « Wir aber wollen, dass dieses Deutschland schuldig gesprochen werde – Zur Eröffnungsrede des französi- schen Chefanklägers François de Menthon », in : Nürnberger Menschenrechtszentrum (éd.), Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/1946. Die Reden der Hauptankläger neu gelesen und kommentiert, Hambourg, CEP Europäische Verlagsanstalt, 2015, p. 127-162, ici p. 137-140. 516 Revue d’Allemagne garde des Sceaux, ce qui frappa les auditeurs. Viktor von der Lippe, un des avocats allemands, nota lors d’une phase ultérieure du procès dans son journal : « En utilisant sans cesse des formulations généralisantes, les procureurs français tendent nettement à déclarer le peuple allemand entier comme coupable. À cet égard, ils vont beau- coup plus loin que les Anglo-Saxons » (48). Mais ce n’était pas le seul cas où les procureurs français se démarquaient des Alliés : l’inculpation contre les dirigeants nazis d’avoir planifié et mené une guerre d’agres- sion à laquelle les délégations anglo-américaines, mais aussi soviétique attachaient beaucoup d’importance manque presque entièrement dans l’accusation française. Évi- demment, les différends entre les Alliés, nés au moment de la phase de préparation du procès, quand les représentants français avaient en vain essayé d’écarter du procès le déclenchement de la guerre comme chef d’accusation, se poursuivaient ici et le parquet français, soucieux de montrer un front uni avec les autres délégations, n’inséra dans son discours d’ouverture qu’un bref aperçu rédigé par Pierre Renouvin qui défendait la thèse de la criminalité de la guerre d’agression devant le droit international (49). En revanche, les grands sujets sur lesquels l’accusation française se concentrait étaient le travail forcé, le pillage économique, les atrocités sous toutes les formes et la politique de germanisation dans les territoires occupés. Cherchant visiblement à fonder leurs inculpations sur un droit positif, les procureurs français se référaient à des traités internationaux, surtout à la convention de La Haye de 1907, mais aussi à la législation nationale des pays concernés pour démontrer la criminalité des faits en question. À la fin du procès, il s’avéra que ce procédé fut couronné de succès : le tribunal accepta presque complètement l’argumentation française relative aux crimes de guerre et sou- ligna dans son jugement l’illégalité du travail forcé et du pillage économique pratiqués par l’Allemagne nazie. Les atrocités allemandes dans les pays d’Europe de l’Ouest, mais aussi dans les camps de concentration que l’accusation française avait fustigées, furent également prises en compte par les juges (50). Dans le jugement, ils mentionnèrent par exemple explicitement le massacre d’Oradour-sur-Glane auquel Charles Dubost avait consacré une partie considérable de son temps de parole devant le tribunal (51). C’est seulement sur la question des exécutions d’otages, qu’elle aurait a priori voulu voir qualifiées de crimes de guerre, que l’accusation française ne réussit pas à s’impo- ser (52). Ici, le tribunal évita une prise de position de principe et se borna dans son juge- ment au simple constat qu’un grand nombre d’otages avait été fusillés par les troupes allemandes sans faire de déclaration supplémentaire sur l’illégalité de ces représailles. En outre, l’interprétation française du crime contre l’humanité ne convainquit pas le tribunal : l’accumulation des inculpations d’une nature très diverse qu’Edgar Faure

48 Viktor Freiherr von der Lippe, Nürnberger Tagebuchnotizen. November 1945 bis Oktober 1946, Franc- fort-sur-le-Main, Knapp, 1951, p. 112 (citation traduite par l’auteur). 49 Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher (note 45), vol. 5, p. 427-437. 50 Ibid., vol. 1, Urteil, p. 253-286. 51 Ibid., p. 262. 52 Sur l’argumentation française dans ce cas, voir Peter Lieb, Konventioneller Krieg oder NS-Weltan- schauungskrieg ? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44, Munich, Olden- bourg, 2007, p. 254 sq. « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 517 présenta au tribunal sous ce titre et qu’il qualifia de politique criminelle visant à ger- maniser les territoires occupés fut presque entièrement laissée de côté par les juges du TMI. L’incorporation de force que les Allemands avaient pratiquée en Alsace et en Moselle, par exemple, ne fut même pas mentionnée dans le jugement (53). La seule partie des inculpations présentées par Faure que le tribunal entérina et mentionna dans son jugement était la persécution des Juifs en France et dans les autres pays de l’Europe de l’Ouest (54). Les réserves du tribunal, en ce qui concerne cette question, étaient dues au fait que l’interprétation française du crime contre l’humanité, comme elle fut développée pendant le procès, dépassait largement les termes du statut de Londres qui contenait une définition étroite et qui liait les crimes contre l’humanité aux autres chefs d’accusation. Les juges du TMI appliquèrent cette disposition rigoureusement et ne distinguèrent pas clairement dans leur jugement les crimes contre l’humanité des crimes de guerre, ce qui ne laissa pas de place pour la conception française (55). On peut constater une autre spécificité française lorsqu’on porte son regard sur les qualifications juridiques des inculpations présentées devant le TMI. Le parquet fran- çais ne définit et ne catégorisa les innombrables crimes allemands qu’en fonction de la chronologie et des méthodes employées. En revanche, il y manqua une distinction explicite entre les différents groupes de victimes. Par exemple, les procureurs a priori ne différencièrent pas dans leurs exposés devant le tribunal les Juifs systématiquement exterminés dans le cadre de la Shoah et les résistants torturés et assassinés dans le cadre du combat que les occupants menèrent contre la Résistance. Les déportations « raciales » et politiques furent considérées par eux comme des crimes de même nature, perpétrés pour les mêmes mobiles (56). Dubost, qui présenta cette partie de l’ac- cusation française, ne mentionna souvent qu’en marge l’identité juive des victimes (57). Une telle généralisation amena quelques historiens à reprocher au parquet français de Nuremberg de ne pas avoir suffisamment traité de l’extermination des Juifs ou même de s’être tu sur ce sujet pour cacher la complicité du régime de Vichy dans les dépor- tations (58). Lorsqu’on examine de plus près les arguments de l’accusation française, de tels reproches s’avèrent injustifiés. En fin de compte, une grande partie des exposés fut consacrée aux crimes perpétrés à l’encontre des Juifs et la délégation mena une

53 Frédéric Stroh, Introduction, in : Frédéric Stroh, Peter M. Quadflieg (éd.), L’incorporation de force dans les territoires annexés par le IIIe Reich 1939-1945, Strasbourg, Presses universitaires de Stras- bourg, 2016, p. 5-25, ici p. 8. 54 Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher (note 45), vol. 1, Urteil, p. 280 sq. 55 Ibid., p. 285 sq. ; voir aussi Rainer Huhle, « Vom schwierigen Umgang mit “Verbrechen gegen die Menschheit” in Nürnberg und danach », s.l., 2009. Disponible sur : www.menschenrechte.org/ blog/2009/02/17/verbrechen-gegen-die-menschheit/, p. 4 sq. ; Mireille Delmas-Marty, Isabelle Fou- chard, Emanuela Fronza, Laurent Neyret, Le crime contre l’humanité, Paris, Presses universitaires de France, 2009, p. 14 sq. 56 Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher (note 45), vol. 5, p. 452 sq. 57 Ibid., vol. 6, p. 175 sq. 58 Donald Bloxham, Genocide on Trial. War Crimes Trials and the Formation of Holocaust History and Memory, Oxford et al., Oxford University Press, 2003, p. 101 sq. ; Henry Rousso, « Juger le passé ? Justice et histoire en France », in : Florent Brayard (éd.), Le Génocide des Juifs entre procès et histoire 1943-2000, Actes d’un colloque, Berlin et Potsdam janvier 1998, Bruxelles, Complexe, 2000, p. 261-287, ici p. 270 ; A. Weinke, Die Nürnberger Prozesse (note 47), p. 49. 518 Revue d’Allemagne coopération étroite avec le Centre de documentation juive contemporaine (CDJC) à Paris qui mit à la disposition des juristes un grand nombre de documents produits par la suite comme preuves à Nuremberg (59). Dans sa méthodologie, l’accusation française différait également d’une manière évidente des présentations des autres délégations alliées, notamment de celles des Anglo-Américains. Tandis que les parquets américain et britannique produisaient principalement comme preuves des documents allemands, confisqués par leurs troupes et axés sur les accusés et leurs mobiles, l’accusation française quant à elle adoptait la perspective des victimes (60). Dubost, par exemple, développa ses inculpa- tions sur la base d’un grand nombre de rapports policiers français et de témoignages écrits qui décrivaient des atrocités allemandes commises partout en France. Il argu- menta que l’ampleur de ces crimes ne pouvait s’expliquer que par une politique bien réfléchie et dirigée par les accusés qui avaient occupé les postes les plus hauts dans le gouvernement, le parti nazi et l’armée. Cette argumentation devait certainement avoir pour but d’une part de masquer le point faible de l’accusation française : en effet, contrairement aux Anglo-Américains, le parquet français ne disposait que de peu de documents allemands qui prouvaient quels ordres avaient été signés et quelles décisions avaient été prises individuellement par chaque accusé. Mais d’autre part, elle reflétait aussi une autre stratégie pour le pro- cès et une autre compréhension de son but. L’intention déclarée du parquet français était de tourner l’attention générale vers les victimes et de leur donner la parole devant le tribunal. Pour cette raison, dans le cadre de l’accusation française, furent interro- gés onze témoins qui appartenaient tous au groupe des victimes du nazisme. Dubost, pour qui ces dépositions étaient d’une importance de tout premier plan, leur réserva entièrement deux audiences (61). Les témoins français furent choisis par la délégation en coopération avec la Fédération nationale des déportés et internés résistants et patriotes (FNDIRP) et étaient censés créer, par leurs dépositions, une forte impression au tribu- nal, mais aussi aux observateurs du procès (62). Dans un procès qui était dans l’ensemble centré sur les dirigeants nazis, le mérite revint alors à la délégation française d’avoir aussi fait entendre la voix des victimes (63).

59 A. Tisseron, La France et le procès de Nuremberg (note 6), p. 153 sq. 60 Sur la stratégie des parquets américain et anglais, voir Tusa/Tusa, The Nuremberg Trial(note 29), p. 101. 61 Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher (note 45), vol. 6, p. 359. 62 La coopération avec la FNDIRP explique aussi pourquoi des rescapés des camps de Buchenwald et Mauthausen surtout déposèrent pour le parquet français à Nuremberg : les associations de déportés avaient leurs origines dans les camps avec un grand nombre de détenus français qui y avaient formé les premiers réseaux, surtout à Buchenwald et Mauthausen ; Serge Wolikow, Les combats de la mémoire. La FNDIRP de 1945 à nos jours, Paris, le Cherche-Midi, 2006, p. 27-61 ; aussi Michel Fabréguet, Maut- hausen. Camp de concentration national-socialiste en Autriche rattachée (1938-1945), Paris, Honoré Champion, 1999, p. 573-585 ; Olivier Lalieu, La zone grise ? La Résistance française à Buchenwald, Paris, Tallandier, 2005. 63 Le contraire se passa en 1961 au procès contre Adolf Eichmann à Jérusalem où le parquet cita un grand nombre de rescapés juifs des camps de concentration à la barre et leur donna la parole ; Annette Wie- viorka, L’ ère du témoin, Paris, Fayard, 2013 ; Annette Wieviorka, Le procès Eichmann, Bruxelles, Complexe, 1989. « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 519

Lorsqu’on essaie d’évaluer l’accusation française à Nuremberg au regard de l’état des recherches d’aujourd’hui, il faut tout d’abord rappeler qu’en 1945, peu de mois après la fin de la guerre, les connaissances exactes sur les crimes allemands étaient tou- jours limitées. Ainsi il n’est pas surprenant que plusieurs données chiffrées, avancées par l’accusation française devant le TMI, durent être corrigées. Dubost parla au procès de Nuremberg de 250 000 personnes qui furent déportées de France dans des camps de concentration et des prisons allemandes (64). Aujourd’hui, on chiffre le nombre des déportés de France à 135 000 (65). Dans le cas des exécutions d’otages ce n’est pas que le nombre de 29 660 victimes soit exagéré, mais Dubost s’est appuyé sur une définition floue. En effet, d’après une statistique du Service de recherche des crimes de guerre ennemis (SRCGE) qu’il présenta comme pièce à conviction, il considéra toutes les personnes tuées par les occupants comme otages fusillés, y compris les résistants et maquisards morts au combat (66). Aujourd’hui, on estime que le nombre total des per- sonnes tuées par les occupants en France est de 20 000 personnes, dont 5 000 étaient des civils. À peu près 1 000 personnes furent exécutées comme otages au sens propre (67). Mais il y avait aussi des données chiffrées dans les exposés de l’accusation fran- çaise qui s’avérèrent assez exactes et qui furent plus tard confirmées par les historiens : Jacques-Bernard Herzog, par exemple, parla devant le TMI de 2 600 000 Français for- cés à travailler pour l’occupant, dont 876 000 auraient été déportés en Allemagne, et donna ainsi une image réaliste des dimensions de la politique nazie du travail forcé (68). C’est pourquoi, on peut constater que la délégation française a dans l’ensemble réussi à accomplir sa mission bien qu’elle ait travaillé sous la pression permanente et le manque de temps, qu’elle ait dû s’habituer à une procédure judiciaire inconnue et qu’elle n’ait disposé que de ressources restreintes. Elle produisit des preuves pertinentes devant le TMI et en tira des conclusions convaincantes, comme le montre la confirmation de la plupart des inculpations françaises dans le verdict à la fin du procès. À juste titre François de Menthon parla plus tard d’une « contribution très utile à l’accusation » (69) faite par lui-même et son équipe à Nuremberg.

64 Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher (note 45), vol. 6, p. 363 ; Dubost déclara que sur les 250 000 à peu près 35 000 auraient survécu. Sur ce point-là il fit référence à un rapport du ministère des Prison- niers, Déportés et Réfugiés qu’il présenta sous la cote F-497/RF-399 ; Centre de documentation juive contemporaine (CDJC), Nuremberg-CCCXCIV/14. 65 Ce chiffre total comprend 75 000 déportés juifs et 60 000 déportés politiques. Presque la totalité des déportés juifs furent assassinés (2 560 rescapés), dans le groupe des déportés politiques à peu près un tiers ne survécut pas à la détention ; Pierre Lagrou, « Les guerres, les morts et le deuil. Bilan chif- fré de la Seconde Guerre mondiale », in : Stéphane Audoin-Rouzeau, Annette Becker, Christian Ingrao, Henry Rousso (éd.), La violence de guerre 1914-1945, Bruxelles, Complexe, 2002, p. 313-339, ici p. 319 sq. ; Corine Defrance, Ulrich Pfeil, Eine Nachkriegsgeschichte in Europa, 1945 bis 1963, Darmstadt, WBG, 2011, p. 22 ; Serge Klarsfeld, Vichy – Auschwitz. Die “Endlösung der Judenfrage” in Frankreich, Darmstadt, WBG, 2007, p. 368-372. 66 Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher (note 45), vol. 6, p. 154 ; la liste fut présentée par Dubost sous la cote F-420/RF-266 ; AN, BB 30/1796, statistique des otages fusillés, fournie par les délégués régionaux du Service de recherche des crimes de guerre, sans date. 67 P. Lieb, Konventioneller Krieg (note 52), p. 412-415. 68 Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher (note 45), vol. 5, p. 567. 69 Archives départementales de la Haute-Savoie (ADHS), 135 J 191, de Menthon, manuscrit, vers 1966, p. 2. 520 Revue d’Allemagne

La perception en France Le 2 octobre 1946, il y avait à la une de pratiquement tous les journaux français des gros titres comme « Le verdict de Nuremberg : Douze condamnations à mort par pen- daison » (70) ou : « Onze chefs nazis sur vingt-deux seront pendus » (71). Le jugement que le TMI avait rendu à Nuremberg fut plusieurs jours durant un des thèmes principaux de la couverture médiatique en France. Pourtant, les journaux français étaient loin de faire l’éloge de la tâche accomplie par les juristes des pays alliés et se montrèrent très critiques devant les résultats du procès : dans les médias, on parla de la « honte de Nuremberg » (72) et on fustigea surtout les trois acquittements que le TMI avait rendus à la grande stupéfaction de l’opinion publique française. Les sept peines de prison qui furent prononcées lors du jugement furent éga- lement considérées par un grand nombre de journalistes comme trop clémentes. Le cas de Rudolf Heß notamment suscita de vives réactions : l’opinion selon laquelle ce dernier aurait mérité la peine de mort au lieu de la réclusion criminelle à perpétuité était large- ment répandue parmi les commentateurs. De plus, la décision du TMI de ne pas décla- rer criminels la SA, le cabinet du Reich et le haut commandement des forces armées allemandes renforçait l’indignation générale. Cet « acquittement collectif » (73) fut inter- prété par les détracteurs du jugement comme une réhabilitation de l’idéologie nazie. La véhémence de la critique dépendait certes de la position politique de chaque journal. À gauche, une véritable tempête d’indignation se leva : « Outrage à la conscience humaine – Trois des accusés sont acquittés, sept autres échappent à la potence » (74), commenta par exemple Le Populaire de Paris et pour L’Humanité le jugement de Nuremberg était « une injure à tous les martyrs de la liberté » (75). En évoquant les sacrifices de la Résis- tance pour justifier son indignation, le quotidien communiste se servit d’un argument sans aucun doute puissant qui trouva un fort écho dans tous les camps politiques. Pour L’Aurore, il s’agissait d’un « verdict qui soulève des protestations » (76), le journal Résistance s’indigna des « scandaleux acquittements » (77) et le quotidien Front national voyait une « vague d’indignation en France » (78) provoquée par les juges du TMI. Dans le Franc-Tireur, un autre quotidien issu de la Résistance, la journaliste Madeleine Jacob qui avait assisté personnellement à un grand nombre d’audiences du TMI à Nuremberg ne cacha pas sa déception et dressa un bilan plein d’amertume : « Le tribunal international a failli à sa tâche. L’aube qui se lèvera sur le monde de demain est une aube trouble. Supprimer les criminels, c’est bien. Mais ne pas supprimer tous les criminels et leurs instigateurs et leurs soutiens, c’est un crime. L’humanité paiera » (79).

70 Le Monde, 2 octobre 1946. 71 L’Aube, 2 octobre 1946. 72 « Après la grande honte de Nuremberg », Front National, 3 octobre 1946. 73 France Libre, 1er octobre 1946. 74 Le Populaire de Paris, 2 octobre 1946. 75 L’Humanité, 2 octobre 1946. 76 L’Aurore, 2 octobre 1946. 77 Résistance, 2 octobre 1946. 78 Front National, 3 octobre 1946. 79 « Hess sauve sa tête », Franc-Tireur, 2 octobre 1946. « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 521

Parmi les détracteurs les plus violents du jugement de Nuremberg figurait aussi l’écri- vain Pierre Schaeffer qui reprocha aux juges du TMI : « Vous êtes des lâches » (80) et admit avec une franchise sans équivoque : « Quand la justice est sans proportion avec le crime, je préfère la vengeance » (81). Devant ce tollé médiatique, peu nombreux étaient ceux qui approuvèrent le jugement du TMI ou qui au moins restèrent plus prudents dans leurs commentaires. L’Aube, journal chrétien-démocrate, se borna à constater que le jugement « sera[it] diversement commenté » (82). Le Figaro salua explicitement le « grandiose événement » (83) qui se serait déroulé à Nuremberg et pour L’Époque Jean Bernard-Derosne rédigea une chronique dans laquelle il déclara : « Le tribunal a ses raisons. Mais les Français ne trouveront pas, eux, de raisons d’accepter sans passion cette clémence indigeste » (84). Compte tenu de ces hommages, il faut certainement constater que les commentaires des journaux conservateurs et libéraux étaient plus nuancés tandis que les condamnations furent catégoriques et unanimes à gauche. Mais dans l’ensemble, c’était un rejet général que le jugement du TMI trouva dans la presse française et bien peu de commentateurs ne partageaient pas l’indignation de la grande majorité des journalistes. Les grandes associations des anciens déportés et résistants manifestèrent également leur mécontentement face au jugement. Leurs réactions furent encore plus virulentes que celles de la presse et elles n’hésitèrent pas à lancer une campagne politique en faisant pression sur le Quai d’Orsay pour qu’il intervienne auprès des Alliés contre le jugement. Maurice Lampe, le secrétaire général de la FNDIRP qui avait lui-même déposé en tant que témoin au procès de Nuremberg, estimait nécessaire d’avertir les diplomates que « le maintien de ces verdicts serait un encouragement à la répétition des atrocités du fascisme » (85). C’est pourquoi la FNDIRP exigea que le verdict fût annulé et que tous les accusés fussent de nouveau condamnés – à la peine de mort. De telles revendications furent partagées par d’autres associations et syndicats partout en France : l’Association départementale des prisonniers de guerre du Pas-de-Calais réclama la révision du procès de Nuremberg tout comme l’Association républicaine des anciens combattants à Agen, l’Amicale des prisonniers, déportés et internés de la régie intéressée du gaz de Marseille, la Fédération régionale des mineurs du Gard ou par exemple le Syndicat des cheminots d’Avignon (86). Dans leurs démarches, les formulations ne pouvaient pas être assez sévères : pour le Syndicat général du papier-carton et similaires des départements de Seine

80 Pierre Schaeffer, « Les voleurs de cadavres », Esprit, 12 (1946), p. 829-840, ici p. 830. 81 Ibid. 82 « Onze chefs nazis sur vingt-deux seront pendus », L’Aube, 2 octobre 1946. 83 « Le Jugement », Le Figaro, 2 octobre 1946. 84 Ibid. 85 AD, NUOI 1944-1959/91, Lampe au nom de la FNDIRP, 7 octobre 1946. 86 AD, NUOI 1944-1959/91, lettres : l’Association départementale des prisonniers de guerre du Pas- de-Calais, 17 octobre 1946 ; l’Association républicaine des anciens combattants de la section d’Agen, 25 octobre 1946 ; l’Amicale des prisonniers, déportés et internés de la régie intéressée du gaz de Mar- seille, 3 octobre 1946 ; la Fédération régionale des mineurs du Gard, 5 octobre 1946 ; le Syndicat des cheminots Avignon et région, 11 octobre 1946. 522 Revue d’Allemagne et Seine-et-Oise le jugement de Nuremberg constituait même « un véritable déni de justice » (87) et le Comité d’action et de propagande pour le châtiment des criminels de guerre résuma : « Justice insuffisante, justice hésitante, justice confuse »(88). Face à cette forte pression politique, le gouvernement décida finalement de réagir : le 3 octobre 1946, le garde des Sceaux Pierre-Henri Teitgen donna une conférence de presse dans laquelle il commenta le jugement du TMI et répondit aux questions des journalistes (89). En soulignant : « Les représentants du gouvernement français ont fait non seulement tout leur devoir, mais plus que leur devoir » (90), il chercha visiblement à dégager la délégation française de toute responsabilité par rapport aux décisions prises par le TMI. Dans ce sens L’Ordre avisa ses lecteurs le lendemain : « La France n’est pas responsable des acquittements de Nuremberg » (91). C’était bien éloigné de la vérité : le vote d’Henri Donnedieu de Vabres avait été crucial pour deux des trois acquittements et dans plusieurs autres cas le juge français avait sauvé la vie des accu- sés en se prononçant pour une peine de prison au lieu de la peine capitale. Mais les délibérations des juges du TMI s’étaient tenues en secret et pour cette raison on ne savait pas en France comment le jugement à Nuremberg avait été rendu. Apparem- ment inquiet par le mécontentement public, Donnedieu de Vabres osa même insinuer quelques jours plus tard dans une interview avec l’hebdomadaire protestant Réforme que ce n’était pas lui, mais les juges britannique et américain qui étaient responsables des acquittements (92). Au moins, ces manœuvres de dissimulation aboutirent : l’inter- view dans Réforme amena même Charles Dubost à croire que Donnedieu de Vabres se serait opposé aux acquittements et aux peines trop clémentes imposés par les juges anglo-américains (93). Ainsi, la vérité resta inconnue en France et les Français ne surent pas que leur com- patriote était à l’origine de presque toutes les décisions du tribunal qui avaient causé une telle indignation générale. Jusqu’à la fin de leur vie, Donnedieu de Vabres et Falco ne se prononcèrent jamais en public sur le déroulement des délibérations et les votes des juges à Nuremberg si bien que ce secret fut bien gardé. 20 ans plus tard même, François de Menthon n’avait que des connaissances vagues et peu précises de ce qui s’était passé entre les juges du TMI. « Il arriva que pour tel ou tel accusé le juge fran- çais, le professeur Donnedieu de Vabres, joua le rôle décisif en joignant sa voix, dans le sens de la clémence, à celle du président Lord Justice Lawrence » (94), rapporta en 1966 l’ancien procureur en chef sans pouvoir donner de détails.

87 AD, NUOI 1944-1959/91, lettre du Syndicat général du papier-carton et similaires des départements de Seine et Seine-et-Oise, 4 octobre 1946. 88 AD, NUOI 1944-1959/91, lettre du Comité d’Action et de Propagande pour le Châtiment des Crimi- nels de Guerre, 5 novembre 1946. 89 « Le verdict de Nuremberg commenté par le garde des sceaux », Le Monde, 5 octobre 1946. 90 Pierre-Henri Teitgen, Le jugement de Nuremberg, Conférence de M. Teitgen, le 3 Octobre 1946, Paris, 1946, p. 6. 91 L’Ordre, 4 octobre 1946. 92 « Nuremberg : Le Juge Donnedieu de Vabres nous dit … », Réforme, 82 (2e année), 12 octobre 1946. 93 Charles Dubost, « Les crimes des États et la coutume pénale internationale », Politique étrangère, 11/6 (1946), p. 553-568, ici p. 565. 94 ADHS, 135 J 191, de Menthon, manuscrit, vers 1966, p. 7. « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 523

À l’indignation publique s’ajouta, à long terme, la déception des Français qui avaient personnellement contribué au procès de Nuremberg. Contrairement à une grande partie des médias de leur pays, les juristes ne fustigèrent pas la clémence des juges du TMI et n’exprimèrent pas leur colère en public, mais cherchèrent à évaluer la valeur juridique du jugement et réfléchirent à ses conséquences. Leurs regards étaient claire- ment tournés vers l’avenir : Henri Donnedieu de Vabres souligna la « portée incom- parable » (95) du jugement pour le développement du droit pénal international. Charles Dubost vit le droit pénal international comme un « édifice qui s’élève » (96) et auquel les événements de Nuremberg auraient posé la première pierre. Aux autres membres du parquet français, il parla de « notre combat pour la paix » (97) qui aurait eu lieu à Nuremberg. Voués à la cause de la justice internationale, presque tous les juristes fran- çais ayant participé au procès mirent de grands espoirs dans le jugement du TMI et se montrèrent d’abord confiants dans l’idée que, suivant le modèle de Nuremberg, une juridiction internationale permanente serait instaurée par les Nations unies et serait chargée de sanctionner des crimes relevant du droit international partout dans le monde. Plein d’enthousiasme, Edgar Faure écrivit en automne 1946 : « Si les hommes d’État qui ont créé la justice internationale n’hésitent pas devant l’enver- gure de leur œuvre et savent y discerner la grande chance de la paix, 1946 aura mérité de demeurer dans l’histoire une date aussi mémorable que 1789 » (98). Mais les juristes durent vite constater que, face aux réalités politiques, leur opti- misme initial s’avéra injustifié et que la Guerre froide empêchait tout avancement du droit pénal international. « Les deux blocs qui divisent le monde semblent vouloir régler leurs rapports en force et non en droit » (99), déplora par exemple Henri Mon- neray. Par la suite, les évaluations du procès de Nuremberg furent au cours du temps de plus en plus marquées par la déception des espoirs des juristes : pour Monneray les idées de Nuremberg paraissaient dès la fin des années quarante « avoir disparu sans lendemain » (100). Lors d’un colloque en 1967 Delphin Debenest fit le même constat tout en exprimant sa propre « amertume » (101). Guidé par les mêmes sentiments, Jacques- Bernard Herzog donna à son livre inachevé sur le procès devant le TMI, qui fut publié après sa mort en 1968, le titre Nuremberg : un échec fructueux ? (102). Certes, les juristes

95 Henri Donnedieu de Vabres, « Le procès de Nuremberg devant les principes modernes du droit pénal international », in : Académie de droit international de La Haye (éd.), Recueil des cours, 70/1 (1947), Paris, 1948, p. 477-582, ici p. 577. 96 C. Dubost, « Les crimes des États » (note 93), p. 568. 97 Fondation nationale des sciences politiques (FNSP), Archives d’histoire contemporaine, CD/03, manuscrit sans titre (« Je ne crois pas que la notion de crime contre l’humanité […] »), sans date, 3 pages. 98 AN, 505 AP II/56, Edgar Faure, La justice internationale et les droits de l’homme, sans date (automne 1946), 7 pages, ici p. 7. 99 Cf. CDJC, MDXXXV/22, Henri Monneray. La justice internationale, sans date (vers 1949), 7 pages, ici p. 4. 100 Ibid., p. 3. 101 Fonds Debenest (en possession privée), manuscrit sans titre (« Déjà plus d’un quart de siècle […] »), 29 avril 1967, 11 pages, ici p. 1. 102 Jacques-Bernard Herzog, Nuremberg – un échec fructueux ?, Paris, Librairie générale de droit et de jurisprudence, 1975. 524 Revue d’Allemagne défendirent toujours la cause pour laquelle ils s’étaient engagés contre ses détracteurs : Charles Gerthoffer qualifia aussi 20 ans plus tard le procès de Nuremberg « d’œuvre grandiose » (103) et Henri Monneray continua à considérer comme un « grand privi- lège » (104) d’avoir eu la possibilité d’y participer. Mais les évaluations d’ensemble de la part des juristes restèrent dominées par la déception et le pessimisme. Tout ce qui restait du procès de Nuremberg par exemple pour François de Menthon en 1976 était « une lueur d’espoir » (105). Pour comprendre ce pessimisme, il faut se rendre compte que les juristes français ayant participé au procès de Nuremberg en tant que juge ou procureur ne purent voir la création de la Cour pénale internationale (CPI) à La Haye. Aucun d’eux n’était plus en vie lorsqu’en 1998 le statut de la nouvelle juridiction fut signé à la fin de la conférence de Rome (106). C’est pourquoi le rejet du procès de Nuremberg par l’opinion publique en France se poursuivit très longtemps du fait de son évaluation pessimiste par ceux qui avaient représenté le pays auprès du TMI et qui, comme personne, pou- vaient marquer de leur empreinte le débat autour de l’héritage du procès. Le résultat de ce développement fut une perception très négative dans la société française si bien que le procès de Nuremberg fut considéré comme un échec.

Conclusion Dans l’ensemble, le rôle de la France au procès de Nuremberg peut être saisi de façon claire et nette : sur le plan politique, le gouvernement français préconisa depuis le prin- temps 1945 la mise en œuvre d’un procès contre les dirigeants de l’Allemagne nazie et créa, après la conférence de Londres, une délégation qui représentait le pays auprès du TMI. Comme le ministère de la Justice fut responsable du choix du personnel pour le procès de Nuremberg, on recruta surtout des magistrats qui s’étaient illustrés dans la Résistance pendant la Seconde Guerre mondiale. Ce groupe, autour du procureur en chef adjoint Charles Dubost, élabora l’accusation et en profita pour démontrer leur point de vue sur les crimes nazis en défendant surtout la thèse de la culpabilité collec- tive des Allemands. Pourtant, l’opinion publique en France fut clairement défavorable à l’issue du procès de Nuremberg et après le verdict un bon nombre de journaux français menèrent une campagne farouche durant laquelle ils s’emportèrent contre la clémence des juges du TMI. À ces réactions marquées par la colère et le mécontentement s’ajouta la déception des anciens membres de la délégation française pour lesquels les espoirs d’un triomphe de la justice internationale et de la création d’une juridiction permanente pour le monde entier ne se concrétisèrent pas dans les décennies suivantes. Même les juristes ayant appartenu à la délégation française en 1945 parlèrent par la suite d’un « échec » (107)

103 Ibid., p. 7. 104 CDJC, MDXXXV/24, Monneray, manuscrit sans titre (« J’ai eu le grand privilège […] »), sans date (vers 1949), 13 pages, ici p. 1. 105 ADHS, 135 J 191, de Menthon, manuscrit, vers 1976, p. 18. 106 William Schabas, An Introduction to the International Criminal Court, Cambridge et al., Cambridge University Press, 2011, p. 13-22. 107 J.-B. Herzog, Nuremberg (note 102). « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) 525 qu’ils voyaient dans le procès devant le TMI. L’hypothèse selon laquelle cette percep- tion défavorable sur différents niveaux pourrait expliquer de manière exhaustive le désintérêt manifeste que la participation française au TMI connut plus tard en France, reste à vérifier dans le cadre de recherches futures. Il faut constater ici que ce désintérêt créa une image erronée et qu’en réalité la France apporta sur le plan politique ainsi que juridique une contribution significative au procès de Nuremberg. Cette contribution mérite d’être rappelée.

Résumé L’article analyse le rôle de la France au procès de Nuremberg en 1945/46 sous plusieurs angles : d’abord, il montre dans quelle mesure le gouvernement français suivit au prin- temps 1945 les préparatifs du procès et quelles positions il adopta lors des négociations avec les autres puissances alliées. Il examine ensuite la composition de la délégation française auprès du Tribunal militaire international (TMI) de Nuremberg ainsi que les interventions des juristes français pendant les audiences du tribunal. En fin de compte, l’article s’interroge sur la perception du procès de Nuremberg en France et met en évi- dence que celui-ci fut largement considéré comme un échec politique et juridique par la population française.

Zusammenfassung Der Beitrag analysiert die Rolle Frankreichs im Nürnberger Prozess gegen die Haupt- kriegsverbrecher aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Zunächst zeigt er, inwieweit die französische Regierung im Frühjahr 1945 die Prozessvorbereitungen mitverfolgte und wie sie sich hierbei gegenüber den anderen alliierten Mächten positionierte. In einem zweiten Schritt werden die Zusammensetzung der französischen Delegation beim Inter- nationalen Militärtribunal (IMT) und die Beiträge der französischen Juristen in den Sitzungen des IMT untersucht. Am Ende steht die Frage nach der Haltung der franzö- sischen Öffentlichkeit zu den Vorgängen in Nürnberg und der Aufsatz zeigt, dass der Prozess in Frankreich weitgehend als politischer wie juristischer Misserfolg angesehen wurde.

Abstract The article examines from different perspectives the role of France in the Nuremberg Trial of the German Major War Criminals before the International Military Tribunal (IMT) in 1945/1946. It highlights first to which extend the French government followed in spring 1945 the preparation of the trial and which positions it adopted in the negotiations with the other Allied powers. Thereupon, the composition of the French delegation in Nuremberg and their contributions during the proceedings of the IMT are analyzed. In its last part the article focuses on the attitude of the French population towards the events in Nuremberg and points out that the trial was widely seen by the French as a political and judicial failure.

Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 527 T. 51, 2-2019

Italiques

Sasha DISKO, The Devil’s Wheels. Men and Motorcycling in the Weimar Republic, New York/Oxford, Berghahn Books, 2016, 360 p.

Dans une entreprise qui, bien qu’elle demeure ancrée dans la démarche historienne, rappelle parfois celle de Kristin Ross dans son fameux ouvrage Fast Cars, Clean Bodies (1), Sasha Disko propose que la motocyclette a fait figure d’objet médiateur essentiel pour l’accès à la modernité d’un grand nombre d’Allemands, pendant la période de Weimar – une modernité qu’il faut ici avant tout comprendre comme une expérience de la mobilité (une mobilité spatiale concrète dans les loisirs, par exemple, mais aussi sur le plan des classes sociales, sur le plan sexuel, etc.). À la croisée de l’histoire de la motori- sation, de l’histoire de la consommation et d’une histoire culturelle prenant fortement appui sur des études de genre, son travail se réclame précisément des recherches inter- disciplinaires récentes dans le champ des Mobility Studies, et notamment de l’ouvrage de Gijs Mom, Atlantic Automobilism. Emergence and Persistence of the Car (2). Disko se situe donc dans la droite ligne de travaux qui ont envisagé les transports en fonction des enjeux sociaux et politiques qu’ils soulèvent, tout en renouvelant, par le choix même de son objet d’étude, certaines voies ouvertes par ces travaux qui se sont le plus souvent attachés à l’automobile, cette marchandise « par excellence » du XXe siècle. Un autre point central de sa démarche consiste à poser l’hypothèse, pour la période de Weimar, de la construction d’identités masculines concrètes, modernes et marquées par leur hétérogénéité, à travers la consommation – envisagée ici par le biais précis de la motocyclette –, alors que, pour cette période, on sait l’importance que les histo- riens ont accordée aux représentations de la consommation féminine. L’ouvrage, qui se déploie sur sept chapitres, est ambitieux par la diversité des documents d’archives et des sources qu’il convoque : les archives officielles, politiques et légales, ont per- mis notamment d’établir les statistiques relatives à la possession d’une moto, mais

1 Kristin ROSS, Fast Cars. Clean Bodies. Decolonization and the Reordering of French Culture, Cambridge, MIT Press, 1995. 2 Gijs MOM, Atlantic Automobilism. Emergence and Persistence of the Car, 1895-1940, New York/ Oxford, Berghahn (coll. « Explorations in Mobility »), 2015. 528 Revue d’Allemagne aussi de présenter les lois relatives à l’utilisation de ce véhicule pendant la période de Weimar ; les archives des clubs consacrés à la conduite, celles des fameux ADAC (Allgemeiner Deutscher Automobil-Club) et DMV (Deutscher Motorradfahrer-Verband), et les archives des fabricants de motos les plus importants de l’époque ; les revues destinées aux amateurs de la conduite motorisée, qui prolifèrent pendant la période de Weimar ; les textes de fiction consacrés à la moto et publiés en tant que nouvelles, poèmes, ou romans-feuilleton dans les revues et magazines dédiés à la motorisation, etc. Le dépouillement des sources industrielles et officielles permet par exemple à l’au- teure d’illustrer que, au-delà du contexte économique de l’après-Grande Guerre dont le déséquilibre a certes en très grande partie contribué à la prédominance de la moto- cyclette, la rationalisation de la production et les programmes incitatifs mis en place par l’État ont aussi contribué à la démocratisation de l’accès à la motocyclette (p. 60). En définitive, c’est toutefois l’interprétation des débats menés dans les revues – par des lettres à l’éditeur, notamment – ainsi que celle des textes fictionnels, qui fondent la richesse de la démarche analytique de l’auteure. De ce point de vue, les deux derniers chapitres de l’ouvrage mettent en valeur des sources fascinantes, restituant l’existence de femmes motocyclistes et/ou auteures engagées au sein du discours majoritairement masculin sur la moto et du milieu de la course motorisée, et réfléchissant aux impacts de la motocyclette sur les relations entre les sexes. Dans l’avant-dernier et sixième chapitre (« Motoring Amazons ? Women and Motorcycling ») qui expose bien comment, en dépit de nombreux obstacles, certaines femmes ont activement embrassé le rapport à la technologie pendant la période de Weimar, en battant même des hommes dans les courses de motocyclettes tout en étant parfois les seules à terminer la course (p. 257), s’imposent ainsi les articles d’Alfred Nauck ; ingénieur, auteur de plusieurs ouvrages techniques, Nauck avait même imaginé que la femme motocycliste pourrait avoir un passager homme (p. 268-269). Dans le dernier et septième chapitre (« Sex and the Sidecar. Sexuality, Courtship, Marriage, and Motorization »), l’analyse de la nouvelle Die Motorbraut de Georg Oswald Breyer est captivante ; elle éclaire très bien le renver- sement des rôles traditionnels associés à la masculinité et à la féminité bourgeoises que décrit Breyer ; ainsi, dans cette nouvelle, la passion de l’épouse pour la moto est si vive et prenante que, jusqu’au premier jour des leçons, elle transforme le bureau de son mari – espace privé masculin s’il en est – en atelier pour confectionner ses vêtements de sport, et contraint son mari à prendre ses repas à la taverne (p. 308).

Si l’hypothèse principale du lien entre la motocyclette et l’expérience de la modernité convainc – on soulignera d’ailleurs le souci de Disko d’identifier les comparaisons éta- blies par les acteurs du discours allemand sur la moto avec d’autres modèles modernes, a fortiori le modèle américain et sa moralité parfois jugée prude –, le choix de postuler le caractère primordial de la construction d’identités masculines à travers la motocyclette ne suscitera peut-être pas l’adhésion aussi marquée du lecteur, possiblement en raison de la division du plan. Ainsi, dans les deux derniers chapitres, l’analyse des documents que l’on a mentionnés fait en sorte qu’en fin de parcours, l’ouvrage accorde aussi une place essentielle aux constructions de la féminité, dont les savoureuses représentations fictionnelles sont adroitement mises en valeur. Pourtant, en dépit du caractère par- fois quelque peu répétitif de l’argumentation – notamment au chapitre 5, lorsqu’il est question des principaux comportements déviants qui ont mené à l’élaboration de stra- tégies destinées à éluder les préjudices sociaux entraînés par l’augmentation notable du nombre de motocyclettes sur les routes –, Disko présente d’adéquate manière les types de masculinité « idéale » associés aux motocyclistes pendant la période de Weimar (cha- pitre 3), ainsi que les divergences d’opinion, aussi bien au sein de la communauté des Italiques 529 motocyclistes, que dans la République de Weimar au sens large, sur les comportements qui correspondraient à une masculinité « convenable ». Souvent, elle relie pertinemment ces différences d’opinion à divers enjeux centraux qui suscitent le débat pendant la période : les débats sur la nature du « sport », et sur la possibilité ou non d’associer la motocyclette à un sport, sont savamment étudiés au chapitre 4. Toutefois, il arrive que les conclusions générales tirées à la fin d’un chapitre ou d’une section surprennent, l’auteure terminant par un propos très affirmatif et/ou généralisant, sans que les ana- lyses menées paraissent justifier l’aspect catégorique de la conclusion avancée – c’est rarement le cas, certes, mais l’on se doit néanmoins de signaler la présence de conclu- sions de ce type, au chapitre 5 par exemple : « The process of motorization, particularly rife with both contradictions and the potential for sparking social conflict during the Weimar Republic, heightened the sense that intense instability and crisis were perpe- tual. Motorcyclists appeared to embody the disorder of spatial and social relations » (p. 242). Outre les chapitres déjà évoqués, notons que les deux premiers chapitres sont consacrés respectivement à la croissance de l’industrie allemande de la motocyclette pendant ses 40 premières années (chapitre 1), à la figure de l’ingénieur et à son rôle dans les discussions qui cherchent à réfléchir à l’articulation entre la technologie et la culture, ainsi qu’à tout ce qui concerne l’univers publicitaire entourant la motocyclette (chapitre 2). En dépit des quelques réserves émises, l’ouvrage contient des aperçus fascinants sur les principaux débats et polémiques sociaux qui ont entouré la gestion des loisirs et la transformation de l’espace routier, pendant cette période qui voit l’Alle- magne devenir le chef de file mondial de la production de motocyclettes.

Louise-Hélène Filion

Marion ABALLÉA, Un exercice de diplomatie chez l’ennemi. L’Ambassade de France à Berlin, 1871-1933, Villeneuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2017, 422 p.

L’ouvrage de Marion Aballéa, issu d’une thèse de doctorat en cotutelle (Strasbourg/ Genève), constitue une contribution importante au renouvellement de l’histoire des relations internationales. L’auteure a pris pour objet ce qui, au premier regard, pour- rait paraître comme un élément de l’histoire diplomatique traditionnelle, mais loin de faire une histoire de plus des relations diplomatiques franco-allemandes, elle mène une « histoire totale » d’une ambassade considérée dans son ancrage local – ici Berlin. Après avoir défini l’« ambassade » – en tant qu’institution, avec ses mécanismes déterminant des pratiques, animée par des centaines d’individus occupant les éche- lons les plus variés et ayant des missions diverses –, elle procède à une socio-his- toire de ce microcosme français à Berlin et multiplie les perspectives portées sur son objet : histoire sociale et culturelle, histoire des pratiques diplomatiques et histoire du symbolique appliquée à la diplomatie. Ainsi, un magnifique chapitre 7 (« l’ambassade mondaine ») est consacré notamment à l’architecture du bâtiment, à la décoration intérieure, à la symbolique des réceptions officielles, fondée notamment sur le décryp- tage des menus. Elle se livre aussi à une très convaincante analyse prosopographique du personnel (chapitre 5) diplomatique et non diplomatique de l’ambassade (allant jusqu’aux agents du chiffre, aux cuisiniers, au personnel de maison), retraçant des « parcours » de diplomates et le rapport entre diplomates, personnel français et étranger. Elle entend ainsi retrouver les traces du quotidien de l’ambassade, de son 530 Revue d’Allemagne fonctionnement interne, comme des contacts avec l’administration du pays d’accueil, qu’il s’agisse de l’entretien du bâtiment, des impôts et charges pour le personnel local, de la diplomatie traditionnelle ou du travail « d’entremise » entre milieux économiques et culturels français et allemands. Elle met l’accent sur la sociabilité de l’ambassade, le rôle des femmes (chapitre 7), son insertion dans le milieu berlinois et la façon dont elle attire à elle et à la culture française des pans de la société berlinoise. Elle interroge l’ambassade comme vecteur de transferts culturels et l’appréhende comme un agent, parmi d’autres, des relations franco-allemandes et internationales, montrant toujours ses limites en fonction des contextes et des temporalités. Marion Aballéa a pris pour fil directeur la question de l’adversité et se livre à une histoire appliquée de la diplomatie au quotidien dans la capitale du voisin allemand au temps de l’antagonisme, de 1871 à 1933. Comment fonctionner chez l’ennemi ? Com- ment incarner l’ennemi (ambassade chez l’ennemi / ambassade de l’ennemi) ? Si tradi- tionnellement la diplomatie a été définie comme la volonté de travailler à unir à son prince celui vers lequel il est envoyé ou à entretenir leur union (François de Callières, 1716), quel peut être le but de la diplomatie chez l’ennemi et comment la pratiquer ? S’interrogeant sur les trois missions traditionnelles de la diplomatie – représenter, infor- mer, négocier –, elle a conçu un plan thématique audacieux et remarquable autour des manières d’aborder « l’adversité » : 1. L’affrontement comme manière d’assumer l’adver- sité ; 2. Le contournement, afin de sortir de la confrontation et de la situation de blocage ; 3. Le rapprochement pour combattre l’adversité. In fine, elle estime que l’objectif de l’ambassade de France à Berlin a moins été d’œuvrer au rapprochement que d’« installer la France dans une situation diplomatique qui empêcherait la catastrophe de l’été 1870 de se reproduire », de briser son isolement diplomatique et de consolider sa position. À partir de cette problématique de l’adversité, Marion Aballéa a défini sa période d’étude en partant logiquement de 1871, date de la réouverture d’une ambassade du « vaincu » dans ce qui n’est plus la capitale de la Prusse, mais de l’Empire allemand. Elle propose une histoire longue – six décennies – allant jusqu’à l’arrivée de Hitler et des nationaux-socialistes au pouvoir en janvier 1933. Elle estime alors que la « position spécifique occupée par la diplomatie française à Berlin paraît se déliter » avec l’arrivée du nouveau pouvoir et que « l’adversité discriminante qui caractérisait la place de l’ambassade de France à Berlin se trouve dissoute dans la multiplication des ennemis, intérieurs comme extérieurs, désignés par le régime » (p. 24). Peut-être…, mais cela reste davantage une affirmation qu’une démonstration. Comme l’auteure le souligne elle-même, si l’ambassade de France n’est plus spécifiquement, aux yeux de Hitler et des siens, « l’ambassade de l’ennemi », elle reste pour Paris, dans une large mesure, « l’ambassade chez l’ennemi »… On peut donc s’interroger sur le choix de 1933 comme fin de la période d’étude et se demander si 1939 n’aurait pas été une césure plus adaptée au regard de la problématique retenue. Pour mener à bien cette étude, Marion Aballéa a su mobiliser des sources innom- brables, tant françaises qu’allemandes. Elle n’a pas hésité à aborder la pratique diplo- matique par ses marges pour retrouver les traces qu’elle avait pu laisser jusque dans les archives de la police ou de la justice berlinoise ! Cette recherche s’appuie aussi sur la maîtrise d’une très vaste bibliographie. Il faut encore souligner qu’outre une synthèse très réussie, la conclusion offre une belle réflexion sur les enjeux contemporains de la diplomatie en « terrain difficile » et sur la manière de repenser les relations bilatérales dans le champ international. Ce travail admirable et novateur a amplement mérité les nombreux prix qui l’ont déjà récompensé.

Corine Defrance Italiques 531

Matthias GEMÄHLICH, Frankreich und der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher 1945/46, Berlin, Peter Lang, 2018, 391 p.

Que la France soit rappelée à sa participation au Tribunal militaire international de Nuremberg de la part d’un jeune historien allemand (dont ce livre est issu de la thèse) est tout à la fois singulier et intéressant. C’est sur cet oubli, symptomatique, que s’ouvre la présente étude : lorsque la France a ratifié le statut de Rome (de la Cour pénale internationale) le 22 février 2000, et qu’elle s’est ainsi présentée à elle-même comme pionnière dans la lutte pour une justice universelle, il n’a pas été question, ni dans la bouche des parlementaires ni dans la mémoire du gouvernement, Védrine en tête (pour les Affaires étrangères), de rappeler que la France avait été pleinement partie prenante au Procès international des « grands criminels de guerre », au même titre que les trois autres nations alliées : c’est « une forme singulière d’oubli de l’his- toire » (p. 14) dont l’auteur donne d’autres exemples en ouverture. C’est qu’il y va de la conscience que ce pays a de lui-même, de sa capacité réflexive et critique, de sa Selbstverständigung en somme, comme dirait Habermas, philosophe né en 1929, qui a de son côté été si sensible à la manière dont les Alliés ont initié la reconstruction de la société allemande par cette criminalisation pénale du régime nazi à travers ses dignitaires. Il y avait vu une étape essentielle dans la dénazification et la possible démocratisation de la société allemande ravagée. Grâce au pas de côté que nous permet de faire Matthias Gemählich, c’est justement cette Selbstverständigung qui progresse. En effet, le décentrement qu’il nous invite à opérer force le respect. L’ampleur et la précision du travail, qui combine au besoin le regard de l’historien et le questionnement du juriste, dans un souci explicite d’inter- disciplinarité, la méticulosité de l’argumentation et le soin mis à parcourir les archives permettent d’entreprendre « une évaluation exhaustive du rôle de la France » (p. 17) tout au long de cet événement judiciaire qui n’est pas seulement de nature mondiale, mais aussi nationale. La méthode est celle de « l’histoire croisée », et ce dans une pers- pective transnationale. La période concerne aussi bien le Procès lui-même que sa pré- histoire et ses conséquences. L’étude est menée en quatre parties systématiques qui visent à construire un tout. Gemählich étudie tout d’abord « le chemin de la France vers Nuremberg » (clairement emprunté par la France libre dès la Déclaration de St James du 12 janvier 1942 grâce à un René Cassin (p. 38-40) dont le rôle est bien cerné jusqu’à sa participation en tant que délégué de la France à la Commission des crimes de guerre des Nations unies le 20 octobre 1943), soit son rôle dans l’institution du TMI : comment s’est-elle impliquée pendant la guerre dans les discussions interalliées autour de l’élaboration des instru- ments pénaux internationaux ? Quels furent sa volonté et son désir ? À l’évidence la France était très mal préparée pour convaincre qui que ce soit lors des négociations menant à l’Accord du 8 août 1945 à Londres. Il présente ensuite la délégation française à Nuremberg, tant du côté de l’équipe des procureurs que des juges, en cherchant à mettre en évidence des éléments mal connus jusque-là : qui étaient ces 250 personnes ? Comment furent-elles sélectionnées ? On se souvient du procureur français en chef, de Menthon, qui pourtant n’avait pas participé aux négociations à Londres, et a fait un séjour limité à Nuremberg avant d’endosser le rôle de ministre de la Justice du Gouvernement provisoire. Mais il a tout de même réuni avec son équipe (dont les membres importants sont présentés un à un), dirigée de fait par un Dubost, dont l’auteur met en évidence qu’il était l’orateur le plus important de son pays (p. 113), 1 500 documents valant officiellement pour preuve et visant à dénoncer les crimes de guerre ainsi que les crimes contre l’humanité commis à l’ouest 532 Revue d’Allemagne de l’Europe. La France a vite pris la mesure du sens et de l’importance de l’investisse- ment nécessaire, ayant conscience de son rôle pionnier dans la défense d’une nouvelle conception du droit international à travers la poursuite des crimes contre l’humanité, mais aussi à travers l’insistance sur l’idée de culpabilité allemande. Le pas suivant le mène vers le cœur de son travail : l’analyse de la participation de la France au cours du Procès en tant que tel (20.11.1945-31.08.1946), auquel l’historien consacre presque cent pages (p. 179-270). Son rôle a-t-il été aussi anecdotique qu’on a pu le dire ? Quelle fut son effectivité ? La France entre en scène avec le plaidoyer de De Menthon le 17 janvier 1946 ; jusque-là elle était absente. Dans un élan métaphy- sique, il vise jusqu’au « crime contre la condition humaine » (das Verbrechen gegen die Menschenwürde). C’est Dubost qui exposera la partie la plus importante du plaidoyer à partir du 24 janvier en dénonçant la politique d’atrocités menée par l’occupant dans les territoires concernés à l’encontre des civils et des prisonniers de guerre. Faure mettra la dernière touche à ces trois semaines de plaidoyer qui constituent l’apport principal de la France au Procès (p. 215). Sont également analysés les relations aux autres délégations, la confrontation à la défense ou encore les contre-interrogatoires, et le plaidoyer final. Sans oublier la procédure contre les organisations criminelles. Il conclut son travail en considérant la réception du Procès en France, tant dans l’opi- nion publique que dans ses conséquences politiques, puis dans notre histoire judiciaire, ce jusqu’à la poursuite des crimes contre l’humanité, dont l’imprescriptibilité sera établie en droit français en 1964. Dans l’historiographie principale, en anglais et en allemand, ces questions n’avaient jusqu’alors jamais été traitées de front, ni en profondeur. La présence des Français et de la France était au mieux mentionnée, mais jamais approfondie comme telle. Du côté de la langue française, la presse, déjà pendant le Procès, a fourni des reportages symptomatiques ; puis des publications nombreuses ont permis aux Français de lire le plaidoyer de De Menthon ou le jugement lui-même. L’auteur s’intéresse donc tant à la constitution d’une vérité historique qu’à l’édification d’un espace public démocra- tique dans la France libérée. Mais tout ce qui peut se lire depuis en français puise aux mêmes sources, c’est-à-dire aux textes officiels parus à la fin des années 40, comme les minutes de tout le procès. Il a fallu plonger dans les archives pour renouveler la lecture de cette implication de la France. Ce qui obligeait l’historien à repérer puis trouver, et rassembler ces archives, ce qu’aucune instance officielle n’avait eu pour mission de faire, autre symptôme de ce singulier oubli de l’histoire… Travail déjà mené en partie par Antonin Tisseron qui aborde cependant, dans une thèse sous la direction d’Annette Wieviorka, le procès de Nuremberg vu de France dans l’optique plus large de l’invention du droit international. Or, ce qui intéresse Gemählich c’est bien le procès en tant que tel, et vu de France, par la France. Il a fallu trouver les documents pertinents non seulement dans les Archives diplomatiques, les Archives nationales, mais égale- ment dans les dossiers de carrière du Ministère de la Justice ou, encore, concernant de Menthon, aux Archives départementales de la Haute-Savoie. Toutes les archives ne sont pas déclassifiées et l’historien a dû obtenir parfois des autorisations spéciales. Fort de ce travail, il peut conclure en affirmant que « la France a participé à la mise en forme du Procès contre les grands criminels de guerre et apporté une contribution propre, tout sauf symbolique, à cette procédure. Cette contribution mérite de ne pas être oubliée par la postérité » (p. 353).

Valéry Pratt Italiques 533

Michel FABRÉGUET et Danièle HENKY (dir.), Mémoires et représentations de la déportation dans l’Europe contemporaine, Paris, L’Harmattan (coll. Inter-Natio- nal), 2015, 234 p.

À l’heure où disparaissent les derniers témoins des déportations de la Seconde Guerre mondiale, quelles traces cette expérience laisse-t-elle en Europe ? En se saisis- sant de cette question, l’ouvrage collectif et interdisciplinaire dirigé par M. Fabréguet et D. Henky (Université de Strasbourg) fait le pari d’enrichir l’histoire européenne du phénomène de la déportation, vu après 1945 au travers d’un prisme national insistant sur les prisonniers de guerre et les résistants, puis éclairé par la prise de conscience de l’importance et de la spécificité des déportations raciales menées par le Troisième Reich. Dans la première partie, Michel Fabréguet montre, en comparant des témoignages de l’immédiat après-guerre avec les discours de grands résistants prononcés à la fin de la Guerre froide, que les déportés avaient une vision d’abord nationale des relations internationales, marquée par les expériences des années 1930, ou bien une vision universaliste « naïve » ; retrouver, dans l’épreuve de la déportation, une solidarité entre déportés au nom de valeurs européennes tient de la reconstruction a posteriori. Marcel Tambarin s’interroge sur le passage à la mémoire non communicationnelle en Alle- magne fédérale, tandis que Nadine Willmann déchiffre, dans les mémoires d’anciens détenus politiques après 1933, le processus assimilant progressivement les prisons allemandes au régime extra-judiciaire des camps. Nathanaël Wadbled et Michèle Farache s’attaquent à la représentation de l’irreprésentable : visiter Auschwitz est comme affronter la méduse. Le musée a pour rôle de conduire et de protéger le visi- teur, comme le bouclier de Persée. Riche et intéressant, cet article ne remet néanmoins pas en question le présupposé selon lequel le visiteur saurait d’avance ce qui va lui être montré et aurait déjà pris la mesure inouïe de l’expérience annihilatrice dont il vient voir les traces à Oŋwiĕcim. Puis Gilbert Merlio retrace les débats des années 1990 en Allemagne sur la muséalisation des prisons des services secrets soviétiques, souvent installées dans les anciens camps nazis après 1945. Cette étude des mots et des musées est suivie d’une deuxième partie consacrée à l’expression artistique de la déportation, centrée sur le témoignage qui se décline en trace et document, avertissement, remémoration, mise en présence… Les vitraux étudiés par Jean-Claude Lescure, ayant pour thème les prisonniers de guerre exilés, voire la déportation de résistants, se rapprochent de l’ex-voto. Leur fréquence et leur diffusion sur tout le territoire français permettent de mesurer l’ample écho trouvé par la déportation de membres de la communauté catholique. Mais c’est bien la Shoah qui stimule le plus la réflexion sur la fonction du témoignage et sa possibilité même. À travers la succession des médias qui veulent en rendre compte depuis 1945 (par la photographie, puis la mise en mots, enfin par l’œuvre d’art qui peut être partiellement documentaire), Jérôme Moreno explique les fonctions sociales successives du témoi- gnage sur l’activité concentrationnaire et génocidaire nazie, en mettant en évidence les relations entre le medium choisi et la progressive prise de conscience des crimes du Troisième Reich. Alessandro Carrieri revient aux œuvres musicales composées en situation de déportation, notamment à L’Empereur d’Atlantis de Viktor Ullmann, œuvre très connue et commentée, dont il rappelle sommairement le caractère désespérément protestataire, encore sensible grâce à sa construction dramatique et à ses citations d’autres grands compositeurs. Régine Atzenhoffer retrouve le propos de Claude Lanz- mann dans Shoah (1985) qui, en excluant presque complètement le recours à la fiction et aux images d’archives, redonne aux lieux, visages, silences et mots de témoins la 534 Revue d’Allemagne possibilité de « dire vrai » sur le génocide au-delà du mensonge institutionnalisé par les nazis (3) : Shoah « n’est pas un film de souvenirs, mais un film de la mémoire », transfor- mant les « spectateurs que nous sommes [en] des témoins de l’Holocauste », c’est-à-dire des « témoins d’un ‘événement-sans-témoin’ » (p. 138). Martine Benoît livre un résumé sensible de sa source, en l’occurrence un roman de Peter Edel qui, au début des années 1970, aborde la question d’une mémoire juive spécifique et de ses difficultés à se faire reconnaître au sein de l’antifascisme est-allemand. La troisième partie s’interroge sur l’usage du témoignage, parallèlement à la trans- mission du savoir scolaire sur les déportations de la Seconde Guerre mondiale. Cathy Leblanc explique qu’un tel savoir ne pourra être intériorisé comme une expérience digne de mémoire, donc liée à l’univers affectif des jeunes, que si, d’une part, l’empathie des élèves est sollicitée et que, d’autre part, ils acceptent de ne pas tout comprendre d’un phénomène dont l’inhumanité résiste à l’explication. Danièle Henky analyse le paradoxe de la littérature de jeunesse qui, dès la fin des années 1940, s’est donné pour objectif de « transmettre ‘une expérience devenue héritage de l’inhumain’ » (4) à travers des formes souvent stéréotypées, mais utilisées avec sensibilité par des auteurs « passeurs de mémoire soucieux d’aider l’enfant à devenir citoyen » (5), en l’aidant à se recentrer sur des émotions accessibles, plutôt qu’en se perdant dans la monstruosité du mythe. Le théâtre de marionnettes étudié par Maja Saraczynska-Laroche a le même souci de recourir au transfert ou au détournement « de cette question jugée irreprésen- table, notamment à un public jeune » (6), mais à laquelle les auteurs étudiés ne renoncent pas pour des raisons autobiographiques. Elle met en lumière l’inventivité poignante de ces derniers qui, incapables d’oublier ce traumatisme, utilisent par exemple une marionnette comme le prolongement de leur corps pour jouer les scènes où le déporté est déshumanisé. Enfin, Stanislas Hommet et Jan Lofström présentent une partie des résultats du projet de recherche commun aux universités de Caen et d’Helsinki, Teaching history for Europe in common (projet THIEC, 2008-2012), qui a interrogé des lycéens de plusieurs pays européens sur des épisodes du « passé douloureux » de leur pays, liés aux déportations de la Seconde Guerre mondiale. Les réactions des enquêtés montrent davantage de références à une culture civique générale qu’à une historicisation de cette culture qui identifierait clairement les bourreaux et rendrait acceptable l’idée d’une réparation matérielle des violences subies. Leur mémoire, sans être abstraite (ils com- patissent avec de vraies victimes), élude la question de la responsabilité individuelle des injustices historiques. Néanmoins, la plupart accepte l’idée d’une continuité entre ce passé douloureux et le présent et ne rejette pas cet héritage. À la lecture de ce riche ensemble, on regrette de devoir naviguer sans boussole entre les termes polysémiques de mémoire, déportation, témoignage, dont les définitions successives ne sont pas expliquées, mises en rapport ou contextualisées à l’échelle du volume. Le rapport entre la Shoah et les autres expériences de déportation souffre de n’être pas explicité, alors même que l’ouvrage fait ressortir la différence des mémoires, voire l’incompatibilité de leurs enjeux. Contrairement à ce que laisse supposer le titre,

3 Régine ATZENHOFFER, « De la difficulté de représenter dans Shoah de C. Lanzmann ou 9 h 30 de mise en images de la parole de témoins », p. 127-138, ici p. 128. 4 Lucie CAMPOS, Fictions de l’après : Coetzee, Kertész, Sebald. Temps et contre-temps de la conscience historique, Paris, Classiques Garnier, 2012, p. 202, cité par Danièle HENKY dans « L’indicible histoire de la Shoah : du travail de mémoire et d’écriture en littérature de jeu- nesse », p. 169-182, ici p. 169. 5 D. HENKY, ibid., p. 182. 6 Maja SARACZYNSKA-LAROCHE, « Représentation théâtrale de la déportation : détournement par la pratique du théâtre de marionnettes », p. 183-190, ici p. 183. Italiques 535 les contributions ne s’intéressent que rarement aux mémoires collectives des différents groupes sociaux et nationaux en Europe, mais portent bien plus souvent sur le témoi- gnage. À travers l’étude de témoignages souvent individuels ou produits par un petit groupe, hélas rarement analysés dans leur contexte de production et de réception, elles rejoignent les problématiques bien connues des rapports entre mémoire et oubli, du deuil et de l’incapacité d’oublier, de l’injonction de la remémoration et du problème de la transmission. On aurait aimé que l’originalité de ce recueil d’analyses, moins historiques que littéraires et artistiques, s’affirme davantage en remplissant plus sys- tématiquement les objectifs fixés page 11, notamment celui de l’étude des moyens techniques et stylistiques de représentation. En outre, la présentation des corpus, des périodes et des lieux étudiés étant souvent rapide, il est difficile de s’interroger sur les transferts ou les circulations de ces mémoires. Si la dimension européenne est assurée par quelques articles capables d’analyser avec justesse un regard non français sur la déportation, seul le dernier article présente explicitement la problématique pourtant actuelle de l’élargissement des mémoires européennes à l’Europe de l’Est. Des expé- riences de déportation qui y ont été fréquentes, comme le travail forcé dans le Reich, ne sont curieusement pas abordées. D’autres (celle des Tsiganes par exemple) sont sous-représentées. Ces réserves mises à part, la mosaïque d’expériences littéraires et artistiques qui se forme au fil du volume – comportant les reproductions des vitraux cités par Jean- Claude Lescure, se terminant par un éloge de feu Pierre Ayçoberry et un résumé des contributions – ne manque pas d’intérêt, notamment lorsqu’il s’agit d’études de cas à partir de sources de première main. Certains auteurs parviennent à communiquer leur passion pour les formes que prend la transmission de l’expérience de la déporta- tion ; formes diverses, presque braconnières parfois, insérées pour certaines dans des pratiques purement locales (comme les vitraux d’églises) ou mineures (la littérature de jeunesse). De la lecture de cet ouvrage, on retire aussi plusieurs belles formules, forgées ou mises en exergue par les auteurs. Leurs textes témoignent de la réalité d’une expérience plurielle, dont on regrette néanmoins de ne pas bien saisir l’unité postulée par les directeurs du recueil et dont la généralisation de la mémoire à l’échelle européenne, bien qu’elle ne fasse pas de doute, mériterait encore d’être creusée.

Ségolène Plyer

Gwénola SEBAUX (dir.), Identités, migrations et mobilités transnationales. Europe (XIXe-XXIe siècle). Étude de cas : Allemagne, Autriche, Roumanie, France, Israël, Ville- neuve d’Ascq, Presses universitaires du Septentrion, 2017, 234 p.

Les mobilités, c’est bien connu, sont l’antithèse de la stabilité dont les identités collec- tives ont besoin pour se constituer et qui, pour les plus abouties, s’appuient sur l’État et ses moyens administratifs et coercitifs, ces derniers incluant le contrôle des dépla- cements de population. Néanmoins, l’histoire contemporaine de l’Europe continentale ou projetée outre-mer, étudiée ici au travers d’exemples allemands, autrichiens et roumains, français et israéliens, est en contradiction avec cette profession de stabilité. Cette contradiction est passée au crible par dix-sept études de cas qui, des Empires à la construction européenne en passant par l’établissement ou l’approfondissement des États-nations au XXe siècle, analysent les tensions entre identités collectives, États 536 Revue d’Allemagne et mobilité, en montrant les recompositions plus ou moins grandes des premières en fonction des seconds. La première partie de ces Actes du colloque « Identités migrations et mobilités trans- nationales en Europe aux XXe et XXIe siècles », tenu à l’Université catholique de l’Ouest en 2013, pose, à travers le cas ambivalent des migrations de travail de la seconde moitié du XXe siècle, les enjeux de l’ouvrage. C’est un vaste régime migratoire à l’échelle euro- péenne qui caractérise l’Europe de l’Ouest entre les années 1950 et les années 1970, explique Jochen Oltmer, dû à « un ensemble […] d’interventions d’acteurs institution- nels » (p. 24) : une européanisation née de la concurrence pour la main-d’œuvre après- guerre et de mesures à l’échelle européenne sur l’accueil des Dps (Displaced Persons), puis des accords bilatéraux entre pays européens, enfin des échanges au début des années 1970 sur le « problème des travailleurs étrangers » (p. 37) à travers « les médias, les [hommes] politiques et l’administration » de différents pays ouest-européens. Cette dimension supranationale est sous-estimée par l’interprétation ethnique de certaines migrations qui pourtant, dans la pratique, s’organisent selon ce régime migratoire, argumente Jannis Panagiotidis. En effet, le système migratoire ouest-européen, parti- culièrement celui de la RFA, s’est appuyé sur les bassins de main-d’œuvre particuliers que furent certaines minorités d’Europe de l’Est. Ce système fonctionna indépendam- ment des professions d’ouverture à l’Ouest et du contrôle des migrations affiché à l’Est : entrées quasi-libres en RFA pour les personnes d’ascendance juive et les germano- phones tant que ces derniers eurent des difficultés à quitter leur pays ; puis restrictions à la fin des années 1980, lorsque le Rideau de fer s’ouvrit. Obéissant en apparence à un critère stable, « l’appartenance allemande » qui s’appuyait effectivement sur « cer- taines ressources biographiques » du migrant (p. 57), l’arrivée d’immigrants d’origine allemande ou juive était ainsi insérée dans un régime migratoire fondé sur une action étatique tout à fait classique. Enfin, Dirk Rupnow montre, à travers son plaidoyer pour la constitution de fonds d’archives spécifiques aux migrations de travail en Autriche, la difficulté à saisir ces dernières, phénomène transnational longtemps rendu invisible ou considéré de façon étroitement nationale. C’est depuis leur nouvelle visibilité dans les musées allemands grâce à un ensemble de mesures liées au Plan d’intégration de 2012, soutenu par l’Unesco et l’Organisation internationale pour les migrations, que se pose en Autriche la question des moyens de documenter un tel processus. L’ouvrage s’organise ensuite selon trois thèmes. Les « Trajectoires (post) coloniales en Europe sud-orientale » portent sur les Allemands qui, pendant quelque deux siècles, ont peuplé le territoire conquis par les Habsbourg sur les Ottomans en Roumanie et dans le Banat. Vasile Docea analyse la question de cette colonisation en montrant qu’elle fut largement spontanée, mais comprise à tort comme une expansion pan-ger- maniste par les Roumains qui s’efforcèrent d’en limiter l’influence, notamment lors de la rédaction de la constitution du royaume de Roumanie en 1866, sans la décourager pour autant puisqu’elle était indispensable au jeune État. L’article d’Anton Sterbling s’interroge sur l’évolution de l’identité collective d’une partie de ces germanophones, les Souabes du Banat, citoyens de Roumanie après 1918. Se considérant comme des autochtones, ils vécurent dans une étrangeté grandissante envers l’État du fait de la pression nationaliste de la Roumanie, à laquelle ils réagirent d’abord par le rappro- chement avec le Troisième Reich, puis – après 1945 – par la recherche d’une stabilité se traduisant par « l’accentuation des caractéristiques [culturelles] tournées vers le passé » (p. 78). Enfin, la « prise de conscience progressive de la précarité de leur situa- tion » (p. 79) à l’époque communiste amena à l’émigration vers la RFA et à l’activité du groupe littéraire « Aktion Banat », « défend[ant] […] une option allemande résolu- ment moderne », dirigée autant contre l’orientation traditionaliste souabe que contre Italiques 537 le socialisme roumain (p. 82). Gwénola Sebaux insiste sur les difficultés du groupe à se maintenir, l’émigration s’éloignant, culturellement parlant, des Banatais germano- phones restés en Roumanie. Emmanuel Bioteau et Vincent Veschambre terminent cette partie par une brève étude de géographie culturelle montrant la progressive disparition des langues parlées jadis à Timiüoara, au profit d’une insertion dans la mondialisation dont la langue véhiculaire est l’anglais ; ils appellent à une prise de conscience de la valeur du « patrimo[ine] immatérie[l] » des « minorités ‘historiques’ » hongroise et allemande de la ville (p. 106). Impossible d’aborder la question migratoire en Europe sans poser la question des migrations forcées pour la période étudiée, traitée dans la partie suivante à travers l’expulsion des Allemands d’Europe centrale et orientale après la Seconde Guerre mon- diale. Christine de Gemeaux brosse à grands traits le départ forcé des Allemands de Prusse orientale, entre 1944 et 1947, qui durent quitter un territoire disputé entre l’Alle- magne et la Pologne depuis 1918, repeuplé désormais par des Soviétiques (pour Kalinin- grad) et des Polonais (pour la Masurie). La synthèse d’Alice Volkwein sur la mémoire de l’expulsion intègre intelligemment les aspects que cette dernière a pris dans les deux Allemagnes depuis les années 1950, pour conclure sur sa difficulté à s’européaniser. En effet, le projet d’un Centre mémoriel des expulsions au début des années 2000 a déclenché une controverse européenne : il a été considéré comme une remise en cause de l’ordre mémoriel à la base des identités nationales de l’Europe d’après 1945. Former une mémoire commune des déplacements forcés des années 1940 ne cesse d’achopper sur « l’injonction identitaire inhérente à toute mémoire » ; or, au-delà de ce cas particulier, la mémoire européenne est en partie une mémoire migratoire (p. 119). L’originale étude de Catherine Repussard sur la Deutsche Kolonialgesellschaft (Société coloniale allemande) en Alsace sert de transition à la partie suivante sur « Les migrations, un enjeu transnational ? ». En effet, au-delà de la rupture de 1918, le colo- nialisme allemand, puis français, a été utilisé d’une manière comparable pour intégrer les habitants d’Alsace-Lorraine à l’Empire qui les dominait, suscitant une adhésion réelle de la part de la population locale réceptive à cette « migration symbolique en direction d’un ailleurs rêvé » (p. 144). L’étude détaillée des sociétés coloniales en Alsace autour de 1900 permet de conclure à une « hybridation des mondes au sein d’un ‘terri- toire-tiers’ […] » (ibid.). Patrick Farges analyse lui aussi le rôle d’un espace-tiers dans l’intégration différenciée d’un groupe à un ensemble plus vaste, celui des yekkes, juifs germanophones réfugiés en Israël à partir des années 1930. En refusant d’oublier leur origine, ils ont réussi à « négocier une position médiane entre acculturation [sioniste] et préservation d’une mémoire culturelle » (p. 151) qui les a aidés à se ménager une place au sein de l’élite du pays. Pour mener à bien ce travail de distinction sociale et cultu- relle, il leur a fallu homogénéiser le groupe, socialement fort hétérogène, des migrants d’Europe centrale autour de cette mémoire « allemande ». Cette dernière se montre actuellement suffisamment dynamique pour servir de ressource à une culture dite juive allemande, reconstituée par des descendants lorsqu’ils rémigrent vers l’Europe, notamment vers Berlin. L’article court mais poignant de Dorothea Bohnekamp sur la communauté judéo-alle- mande en France après la Libération brosse, en miroir inversé du texte précédent, le portrait d’une petite société ayant survécu, mais appauvrie, traumatisée et marginalisée, même si certains de ses membres parvinrent à s’intégrer en France qu’ils enrichirent de leur culture allemande ; mais pour mieux comprendre ce paradoxe, il faudrait recourir à des outils qui manquent encore à l’analyse historique afin de saisir les trajectoires post- traumatiques de ces exilés et, surtout, de leurs enfants (p. 165). Samuel Delépine pour- suit et achève cette confrontation critique à la dimension transnationale du processus de 538 Revue d’Allemagne mobilité, en démontrant que parler d’une « question rom » au niveau européen revient à ethniciser et européaniser une question sociale nationale, voire locale, celle d’indivi- dus pratiquant généralement « une mobilité très localisée et contrainte, mais qui le plus souvent [les] exclu[t] de l’accès aux droits » (p. 173) – alors même que l’accès au droit commun à tous les ressortissants d’un même pays pourrait accélérer leur intégration. Le volume s’achève sur le renouveau récent que les études migratoires apportent à l’analyse de l’Allemagne contemporaine. Après une présentation bien informée de Brigitte Lestrade sur la situation démographique du pays, Gilles Leroux critique le terme de « colonie ethnique » appliqué à l’immigration turque : sur le plan politique, cette dernière connaît les mêmes fractures qu’à l’intérieur de la Turquie. L’analyse détaillée des comportements matrimoniaux aboutit à des résultats nuancés. Si les Turcs sont les migrants les moins disposés à épouser un ou une Allemande et si les hommes turcs de la seconde génération ont tendance à aller chercher une épouse au pays, il s’agit là moins de conserver un particularisme culturel que de perpétuer une stratégie migratoire éprouvée, souvent au sein du même lignage et en raison aussi de leur faible position sur le « marché matrimonial » allemand. De façon générale, conclut l’article, les migrants turcs disposent d’un capital social et culturel trop réduit pour articuler des intérêts col- lectifs au-delà de la cellule familiale (p. 200). On aimerait que cette intéressante étude se prolonge et discute le poids de cette diaspora sur la vie politique turque. À propos des quelque 20 000 Français de Berlin, Cédric Duchêne-Lacroix va dans le même sens en démontrant finement l’hétérogénéité de ce groupe et la diversité de son intégration. Ainsi 64 % des répondants se disant « citoyens du monde et Français » se considèrent-ils comme fort peu intégrés en Allemagne et désireux de rentrer en France… Se donner une identité revient donc à exprimer le « rapport plus ou moins réfléchi, plus ou moins objec- tivé d’une personne » aux dimensions nationale ou supranationale, selon son « parcours, [s]es valeurs, [sa] situation sociale présente » (p. 213). L’identité est donc situationnelle : « un changement de contexte sociétal ou un changement de position sociale […] peut entraîner un changement [des] sentiments d’appartenance » (ibid.). Anne Salles poursuit cette déconstruction des catégories en s’interrogeant, à partir d’une étude pour l’Institut Max-Planck de recherches démographiques à Rostock, sur les transferts de valeurs via les migrations d’Allemands de l’Est vers l’Allemagne de l’Ouest, qui ont concerné deux millions de personnes entre 1988 et 2008. La question de la maternité montre que les représentations de l’Est et de l’Ouest se rapprochent. Tout en gardant leur spécificité, tous les Allemands sont confrontés à la même augmentation du nombre des femmes travaillant. Mais à la différence des sédentaires, les migrants et surtout les migrantes de l’Est vers l’Ouest se montrent davantage disposés à choisir ce qui, dans leur socialisation et le contexte socio-économique, leur permet de réaliser leurs aspirations à concilier vie professionnelle et familiale. Comme on l’aura compris, l’essentiel des études porte sur le cas allemand et ses marges, lorsque des mobilités, voulues ou non, font bouger les cadres établis dans ou par cet acteur majeur des relations internationales du XXe siècle. Ce recueil de contri- butions souvent neuves et intéressantes, augmenté d’une bibliographie classée, mérite- rait une réflexion conceptuelle plus serrée au niveau de l’organisation du volume, pour éviter une impression de diversité entre les parties confinant à l’hétérogénéité, ces der- nières étant plus juxtaposées qu’elles ne sont prises dans une démonstration capable de répondre au vœu de l’introduction : offrir, en réalisant la synthèse d’expériences à première vue si différentes, des clefs pour enrichir les débats actuels.

Ségolène Plyer Italiques 539

Aurélie CHONÉ, Isabelle HAJEK, Philippe HAMMAN (éd.), Rethinking Nature. Challenging Disciplinary boundaries, Londres/New York, Routledge, 2017, 282 p.

Rethinking Nature est un livre stimulant. À partir de perspectives interdisciplinaires et interculturelles, il aborde la place centrale de la Nature et les chemins complexes par lesquels nos sociétés sont de plus en plus obligées de penser la Nature. Le défi de ce livre est de montrer pourquoi et comment différentes disciplines peuvent travailler ensemble, ou non, afin de redessiner des cadres théoriques. Compte tenu de l’urgence climatique et des nombreux signaux envoyés par les scientifiques, notamment ceux réunis autour des travaux du GIEC, les humains sont maintenant contraints de réaliser que leur survie dépend de la façon dont ils vivent, et pourront vivre, avec les ressources de la planète. Le fil conducteur du livre est une discussion sur la façon dont les sciences sociales peuvent contribuer au débat sur la fin du modèle économique actuel, qui, s’il ne devait pas être abandonné, condamnerait toutes les espèces de la vie sur Terre (espèces animales et végétales, mais aussi espèce humaine). Cela suppose de revisiter le concept de la Nature. C’est un concept poly- sémique qui invite à redéfinir les cadres traditionnels et les outils dont disposent les disciplines académiques pour y contribuer. Ce concept est censé produire de nouveaux champs d’investigation et de nouvelles pratiques, et peut-être de nouveaux outils, pour explorer le lien très particulier entre les activités humaines et la santé de la planète. Les auteurs proposent d’interroger la cosmologie qui est la nôtre depuis le XIXe siècle (séparation entre une Nature universelle et des cultures humaines contingentes). L’en- semble de l’ouvrage se présente comme une réflexion de type inclusive et systémique. Il invite à poursuivre le débat sur la place de l’être humain dans la Nature, à élargir les perspectives de dialogue entre cultures. Il invite à réfléchir davantage « par le bas » (dans une approche participative, qui s’ancre sur les territoires vécus) sur les visées de la technique et de la science, pour aujourd’hui, et pour les générations futures.

Le livre est organisé en cinq parties. La première partie porte sur les valeurs et l’action, et la suivante sur les écrits et les représentations. La troisième partie traite des mouvements et de l’activisme. Dans la quatrième partie, on trouve des textes sur les écologies renouvelées et la dernière partie est une contribution à la réflexion sur notre relation avec les animaux. Dans la première partie, les auteurs insistent sur la nécessité de prêter attention à la dimension symbolique et aux aspects éthiques, philosophiques, spirituels et psy- chologiques de la réflexion. Ce point de vue systémique conduit à de nouveaux para- digmes liés à la réalité concrète. Catherine Larrère montre comment nos conditions environnementales actuelles nécessitent de combiner deux types d’éthique : l’une (qui relève d’une approche nord-américaine) se concentre sur les relations à la Nature et développe une éthique de respect envers la Nature. L’autre (qui se rattache à un point de vue plutôt européen) étudie les relations avec la technologie et questionne une éthique de la responsabilité concernant les conséquences des actions technologiques. Hicham-Stéphane Afeissa explore trois approches des questions environnementales : la gestion de l’environnement et la quantification des ressources naturelles (l’approche européenne dominante), l’éthique environnementale (l’approche anglo-saxonne) et l’écologie profonde (qui découle des travaux attribués à Arne Naess). Selon ce dernier point de vue, la protection de la Nature devrait être liée à l’épanouissement person- nel. (Ce concept est utilisé en particulier dans les travaux traitant d’écospiritualité et en écopsychologie.) Pour sa part, Aurélie Choné voit un lien entre l’écologie et la spiritualité : l’engagement existentiel des pratiques écologiques intègre une dimension thérapeutique une fois que le bien-être individuel et le bien-être de la planète sont 540 Revue d’Allemagne re-connectés l’un à l’autre. Selon elle, toutes les espèces sont dotées du même droit de vivre et l’existence de toutes les espèces devient une fin en soi. Si l’écologie pro- fonde a souvent été comprise comme une dérive totalitaire ou sectaire, les auteurs la considèrent comme un bon outil d’analyse qui gagne progressivement en notoriété du fait du changement climatique. Dennis L. Merritt explique ensuite que l’écopsycholo- gie constitue une réponse face à la crise environnementale. L’écothérapie utilise les principes de l’écopsychologie qui inclut la Nature dans un cadre thérapeutique. Elle postule que les valeurs, les attitudes, les perceptions et les comportements influent sur l’environnement. Par conséquence, le monde non humain devrait être considéré comme une valeur en tant que fin en soi, et pas simplement pour sa valeur d’usage pour l’homme. C’est pourquoi la société moderne a besoin à la fois de la science, mais aussi du sens du sacré. En cela, elle est de plus en plus poussée à développer une vision du monde plus écologique.

Dans la deuxième partie de l’ouvrage, les auteurs montrent que la Nature est une représentation sociale. Nathalie Blanc, par exemple, considère l’environnement comme faisant partie de notre vie sociale et politique. Selon elle, le développement des voies vertes, des jardins partagés, de l’agriculture urbaine ou des réseaux écologiques aide les gens à mieux comprendre l’importance de la biodiversité, et à devenir des citoyens. Cela conduit à une forme d’expérience esthétique dans la vie ordinaire. Mais ces initia- tives restent le produit d’une planification spécifique. Il est alors nécessaire de repen- ser la séparation entre l’esthétique de la Nature et l’esthétique de l’environnement. Et il importe de se rappeler que ré-examiner la place de la Nature dans nos cultures implique une modification plus profonde des processus démocratiques qui implique de toujours inclure la question environnementale dans les débats et décisions politiques. De son côté, Emmanuelle Peraldo explore les origines et les significations de l’écocri- tique et en pointe les limites. Ce mouvement critique a été développé en opposition au postmodernisme et au poststructuralisme (Foucault, Derrida). Cette méthode critique analyse certains genres littéraires (récits de voyage, road novels, récits de science- fiction…) en tant que vecteurs d’une réflexion écologique et éthique. L’écocritique replace la vie non-humaine au centre et tente de mettre en garde l’homme quant à sa tendance à raisonner de manière trop anthropocentrée. De la sorte, l’environnement occupe une place centrale dans toutes les réflexions qui conduisent l’homme à l’impac- ter. Pour sa part, Laurence Dahan a sélectionné quelques textes littéraires (Goethe, Flaubert, Duflo…) pour montrer comment l’épistémocritique franchit les frontières des disciplines pour ouvrir un dialogue entre sciences naturelles et études culturelles. Elle nous rappelle que la notion de « Nature » est complexe et qu’elle a plusieurs signifi- cations. Par ailleurs, elle n’existe pas indépendamment de la notion de Culture. Au contraire, elle se construit à partir de déterminants culturels. Ses variations histo- riques et culturelles doivent être explorées comme telles. La Nature peut alors être saisie à travers tout un système de formes symboliques, de pratiques, de modes de production, de perceptions et d’actions. Toutes ces dimensions interagissent dans un espace social. Elles sont interprétées, transformées, façonnées et préservées par la technologie, les systèmes de connaissances, les rituels et les règles sociales. En même temps, la Nature n’est pas seulement un objet de discours, mais le cadre de la vie sociale, cadre dans lequel elle est étroitement liée à ce qui relève des cultures. Ainsi, le mythe d’une division Culture / Nature devrait être ré-exploré.

La troisième partie du livre traite de l’environnementalisme. Elle aborde autant les valeurs qui le sous-tendent que les actions qui en découlent et qui s’expliquent par le lien qui existe entre la culture et le pouvoir. Deux revendications sont ainsi à prendre en considération : l’efficacité et la justice environnementale. À partir des auteurs Italiques 541

allemands du XIXe siècle, Catherine Repussard se demande comment l’écosociologie est née de la sociologie, discipline qui n’est a priori pas vraiment tournée vers la Nature. Elle rappelle que les romantiques pensaient que les humains faisaient partie de leur environnement naturel, et que, par la suite, c’est l’écologie profonde (deep ecology) qui a replacé la Nature au cœur des réflexions. Elle se demande ainsi comment des champs de recherche interdisciplinaires comme l’ethnoécologie ou l’écoféminisme ont pu émerger. Historiquement, on peut tenter une comparaison : de manière générale, les minorités sont souvent chassées ou réduites au silence ; or c’est ce que l’on retrouve à propos de la Nature. Cependant, Catherine Repussard critique la notion d’adaptation qui, selon elle, traduit seulement le fait que le modèle capitaliste a trouvé de nouvelles opportunités de créer de la croissance. Enfin, elle souligne le fait que l’écologie poli- tique a permis l’émergence de contre-pouvoirs, en particulier dans la société civile, ce qui contribue à ce que les sociétés humaines commencent lentement à réfléchir à des alternatives à la croissance. Pour sa part, Margot Lauwers explique la manière dont l’écoféminisme considère la domination des femmes comme une domination de la Nature. D’après les écoféministes, la crise écologique est le résultat prévisible d’une culture patriarcale. Tout en dénonçant la relation présupposée entre les femmes et la Nature, les féministes, rapports d’experts à l’appui, notent que les femmes et les enfants souffrent plus que les hommes de la dégradation de l’environnement. C’est en cela que les travaux de Margot Lauwers rejoignent les propos précédents qui mettent en avant les rapports de domination et de pouvoir comme rapports structurants. L’ar- ticle de Graham Woodgate traite de la manière dont la sociologie de l’environnement conduit à différentes conceptions de l’écosociologie. Son article commence par l’exposé du point principal de la sociologie environnementale qui consiste à penser qu’il existe des interactions réciproques entre la société et l’environnement. Il met en évidence le rôle du capitalisme dans la genèse de la dégradation de l’environnement. Il souligne la distinction entre l’approche américaine (the treadmill theory) et l’approche européenne (la modernisation écologique). La première approche considère que la diminution de la disponibilité des ressources et l’aggravation de la dégradation écologique engendrent à la fois une mobilisation politique et une régulation étatique. La seconde approche souligne l’importance de la dynamique du marché dans la réforme écologique et met l’accent sur les processus sociaux qui découplent la croissance de ses impacts environ- nementaux (grâce à des gains d’efficacité de la production et à des demandes de biens et services plus respectueux de l’environnement). Ainsi, l’auteur promeut la nécessité de développer différentes écosociologies pour penser des pratiques alternatives pour faire face à la menace du changement climatique et aborder les dimensions intra et intergénérationnelles du débat écologique. En s’appuyant sur plusieurs auteurs, tels que Descola ou Diamond, Éric Navet affirme qu’il n’est plus possible de penser à des sociétés humaines en dehors de leur environnement. À travers une ethnohistoire, il pro- meut une approche ethno-écologique dans laquelle les scientifiques peuvent découvrir comment nos sociétés ont si longtemps pensé les hommes en dehors de la Nature, en essayant de la domestiquer. La question principale repose sur le fait de savoir si l’évo- lutionnisme social est aussi un évolutionnisme naturel. Il postule que les explorateurs ou les cartographes étaient probablement (pas scientifiquement, mais intuitivement) de bons ethnographes et géographes. Cependant à ce moment-là, ils étaient enfermés dans une approche ethnocentrique et étaient convaincus qu’ils avaient la mission de devenir les maîtres de la Nature. Cette position explique les ethnocides et les écocides jusqu’au XIXe siècle. Mais, en accord avec Diamond, l’auteur considère que l’effondre- ment des sociétés n’est pas une fatalité. Il suffit d’accepter l’idée de notre responsa- bilité dans la disparition des solutions développées par les sociétés traditionnelles. Le 542 Revue d’Allemagne défi est d’arrêter de défier les lois naturelles et de reconstruire un lien avec la Nature pour garantir notre survie.

La partie IV s’intitule « Écologies renouvelées ». Ses contributeurs suggèrent d’adop- ter une approche holistique pour penser la pluralité des liens existants entre les modes de vie, les styles de vie et l’environnement. Polanyi a montré le double encastrement de l’économie dans la société et dans la Nature. En fait, avec la montée des courants de pensée critiques, les scientifiques sont plus enclins à se demander comment le modèle économique dominant de la croissance a influencé notre conception de la ville et de l’environnement. Ainsi, Owain Jones étudie la question de l’environnement à partir de l’espace rural. Il explore comment l’accélération de l’urbanisme a également conduit à un écocide et à la perte de la Nature, ce qui caractérise l’Anthropocène. D’une part, il souligne le fait que, curieusement, il existe un besoin humain de dissoudre l’idée de la Nature pour la sauver et se demande ce qu’il adviendra lorsque la grande idée de Nature sera perdue. D’un autre côté, il souligne la coexistence de deux conceptions principales de la Nature : la première dans laquelle la Nature est pensée comme une sorte de domaine séparé de la Culture qui a imprégné tout ce qui l’entoure. La seconde conception considère que la Nature n’est pas une exclusivité humaine parce que les humains et les non-humains sont liés au même monde. De fait, la ville étant partout, comment ces deux conceptions peuvent-elles garder du sens lorsqu’on les transpose à l’espace rural ? Pour leur part, Isabelle Hajek et Jean-Pierre Lévy s’interrogent sur la conception « catastrophiste » selon laquelle les organisations sociales continuent d’être perçues comme largement étrangères à la sphère environnementale. Dans cette conception, la ville est abordée comme une collection de dysfonctionnements, de risques ou de problèmes qui ne peuvent être résolus que par la gestion de « systèmes artificiels ». C’est dans ce contexte que le développement durable a obligé les villes à réinterpréter la question de la Nature. Ainsi, les auteurs proposent d’adopter une nou- velle conception de l’écologie dans laquelle l’urbanisation est appréhendée à partir de perspectives plus positives : le point de vue de l’écologie urbaine leur paraît opportun et pertinent pour penser autrement les changements à préconiser et éviter qu’ils ne constituent des ruptures pour les habitants. Cela suppose une compréhension renou- velée des « modes d’habiter » et des transformations qui peuvent les affecter. Lionel Charles change de registre pour aborder la question de la santé environnementale issue du droit à la santé (art. 25, Déclaration universelle des droits de l’Homme). Il fait remarquer combien la santé constitue un résultat complexe d’une combinaison de facteurs sociaux et environnementaux. Sur ce sujet, l’approche environnementale française contemporaine s’inscrit dans une perspective cartésienne, contrairement à l’approche anglo-saxonne qui donne plus d’importance à l’empirisme. Ceci explique les différences de gouvernance des problèmes de santé environnementale. C’est la raison pour laquelle, malgré un contexte de connaissances indigentes sur le sujet, l’auteur considère qu’il serait opportun que les scientifiques s’entendent sur ce qu’ils appellent « Environnement ». Pour sa part, Philippe Hamman aborde le problème de l’urbanisme durable. Selon lui, il existe quatre modèles principaux de ville durable : la ville recyclable, la ville compacte, la ville mixte et la ville participative. Ces modèles sont tous sujets à débat et ne sont pas nécessairement compatibles. Ils mélangent les dimensions économiques, éthiques et environnementales, mais si l’un est basé sur l’inspiration économique, les autres portent sur des questions de démocratie, de déve- loppement du territoire ou de diversité. Jusqu’à présent, l’urbanisme durable peut être considéré comme un concept pertinent et contingent. Mais ce concept est-il toujours le bon concept pour penser à la Nature ? Par exemple, est-il suffisamment pertinent pour aider les mouvements des villes en transition ? La même question pourrait être Italiques 543 posée à propos de l’écologie industrielle. Dans une suite logique, Nicolas Buclet discute des différentes visions de la Nature en écologie industrielle. Le modèle de l’économie cyclique est confronté à deux contraintes : l’intégration de la société industrielle dans l’économie de marché dominante et la montée d’une société basée sur le développe- ment des technologies environnementales. Dans ce contexte, l’écologie industrielle doit respecter le principe « du berceau au berceau » et vise à intégrer le défi des activités sans carbone. Mais c’est assez complexe. Cela implique de sortir de la pensée unique et des sentiers de dépendance qui sont le produit de projets de sociétés technocentrés. La réponse se trouve peut-être dans le texte de Roldan Muradian qui s’intéresse aux moteurs des changements socio-environnementaux. Le paradigme des services éco- systémiques a permis de renouveler les discours et de réfléchir aux outils, canaux ou formes d’action. Ce nouveau modèle économique a contribué à définir ces « services » pour les mettre ensuite à l’agenda politique.

La dernière partie du livre ouvre sur une discussion sur la relation Homme-Animal. À ce propos, Éric Navet prend un exemple concret, celui de l’ethnocide des Amérindiens de Guyane. Ces derniers n’ont jamais pu lutter contre l’entreprise de leur disparition orchestrée par le gouvernement français. L’auteur montre alors que l’écocide et l’eth- nocide sont des pratiques qui contribuent à la disparition de la Nature du monde social. Tout comme l’histoire des animaux a toujours été écrite d’un point de vue humain. L’histoire des Amérindiens, des aborigènes australiens… a souvent été écrite par des colonisateurs, des missionnaires ou des agents de développement. Le problème principal est alors double. Il concerne à la fois le pillage des ressources naturelles (écocide), mais aussi l’acculturation et l’assimilation de ces populations dont les effets conduisent à interroger des concepts tels que ceux de progrès et de développement. De son côté, Roland Borgards souligne que les études animales, les critiques sur les études animales, les études sur l’animal humain et les études sur les animaux culturels sont des voies pertinentes pour mettre l’animal au-devant de la scène. En tant qu’êtres sans voix, les animaux devraient être considérés comme des entités à part entière, ce qui oblige à adopter une approche plus « centrée sur l’animal ». La vie des humains et celle des animaux sont étroitement liées. De nombreux auteurs ont souligné ce fait. Mais, s’il n’y a pas de différence à faire entre eux, alors est-ce que l’homme et l’animal sont tous deux, et de la même manière, des acteurs de la politique de la Nature ? Dans cette perspective, en combinant des méthodes historiques et des compétences étholo- giques, Eric Baratay plaide pour la création d’une histoire animale, qui considère les animaux comme de vrais sujets. La manière de faire consiste à revenir à l’étude de la réalité dans des « savoirs situés », c’est-à-dire en tenant compte des contextes d’élabo- ration de l’investigation. De toute évidence, l’éthologie est la discipline parfaite pour essayer de comprendre le comportement des animaux. Mais l’approche idéale serait une sorte d’histoire éthologique, basée sur des biographies animales. Dans le dernier chapitre, lié à notre entrée dans l’Anthropocène, Sabine Wilke prône les humanités environnementales. Ce type d’étude permet de mieux comprendre les interdépendances complexes sur la base d’un dialogue interdisciplinaire qui ouvre un large éventail de problématiques et de questions sur l’avenir.

Dans la conclusion du livre, la réponse principale est de savoir comment les scienti- fiques peuvent redéfinir le concept de Nature. Les co-directeurs de l’ouvrage (Aurélie Choné, Isabelle Hajek et Philippe Hamman) proposent quelques méthodes pour y parve- nir : il est essentiel d’ouvrir les frontières pour que différentes connaissances puissent circuler. Il est fondamental de déconstruire les domaines académiques et de revisiter et reconfigurer les approches théoriques. Il est sûrement nécessaire de multiplier les 544 Revue d’Allemagne

études empiriques qui remettent la Nature et l’Animal au centre. Et il y a une réelle pertinence à faire une place aux citoyens pour relever les défis de la gouvernance et de la politique sur la Nature. Que pouvons-nous dire après avoir lu toutes ces contributions ? Nous ne pouvons plus penser à la Nature hors-sol. Premièrement, la complexité des problèmes liés à l’environnement suppose de confronter les différentes perspectives sur la Nature d’un point de vue interdisciplinaire. De plus, les contributions insistent sur la dimension processuelle et sur l’obligation d’adopter une approche multi-échelles. Cela invite à dépasser les frontières disciplinaires pour mieux comprendre cette complexité. La crise écologique l’impose. D’une certaine façon, notre société est écologiquement archaïque. De manière paradoxale, mais pour mieux les contrôler, elle privilégie la régulation technologique des écosystèmes naturels. Elle marchandise la Nature et ses ressources. Elle distend la relation de la Cité avec son environnement naturel. En fonctionnant comme prédatrice, elle affaiblit les services écosystémiques qui sont pourtant la garantie des conditions du vivant. Elle ambitionne de devenir une société « intelligente » (smart cities, smart grids…), tout en développant l’idée d’un urbanisme qui s’affiche comme « renaturé », mais sans reconstruire la relation du citadin à son environnement biophysique, sans recréer de lien entre le politique. La crise écologique devient un impératif pour repenser nos choix de société. Cepen- dant, même s’il se défait de l’approche technocentrée, le drame pour l’homme est de penser la Nature dans une approche anthropocentrée : il interroge toujours la Nature à partir de ses schèmes de pensée, de ses cadres interprétatifs. Il pense pour elle à partir de son régime de valeurs, de ses visions du monde. Il se place au centre du système et continue d’interpréter la Nature comme une entité dans laquelle il peut puiser ce dont il a besoin pour vivre et survivre. La question est de savoir s’il ne vaudrait pas « désan- thropiser » son point de vue de manière à s’inclure dans cet environnement comme un élément parmi d’autres pour ne plus se penser comme simple prédateur, mais plutôt, par un travail de symétrisation, comme contributeur d’un équilibre à rétablir pour que la planète puisse lui survivre. En somme, comment penser ensemble Nature, monde social, technique et une certaine éthique ? L’homme s’est pensé comme « maître et pos- sesseur de la Nature ». Il s’agit désormais qu’il se pense davantage comme « serviteur et protecteur de la Nature », Nature dont il fait partie. Repenser l’écologie, repenser la place de la Nature, c’est repenser la question politique des relations entre Nature, culture et les autres entités qui cohabitent et ont besoin d’un porte-parole.

Marie-Christine Zélem Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande 545 T. 51, 2-2019

Sommaire du tome 51 – 2019

N° Pages Thomas Beutelschmidt Grenzüberschreitungen. Das DDR-Fernsehen im europäischen Kontext – das Beispiel Frankreich...... 1 67-81 Andrea Brait, Andrea Kronberger Die Geschichte der DDR in österreichischen Geschichtslehrwerken ...... 1 193-207 Sandie Calme Chronique juridique. L’avènement de la Cour d’appel du Tribunal pénal fédéral de droit suisse ...... 1 259-263 Aurélie Choné Ecocriticism/écocritique im deutschen und französischen Kontext: eine vergleichende Perspektive...... 2 321-341 Aurélie Choné, Tim Freytag, Philippe Hamman & Evi Zemanek Environmental Humanities: Wissenstransfer und Wissenserneuerung in Frankreich und Deutschland – Einleitung ...... 2 275-283 Guillaume Christen De la gestion à la naturalité : le lynx vient-il déplacer les savoirs de la nature ? Le cas du retour du lynx dans la Réserve de biosphère transfrontalière Vosges du Nord-Pfälzerwald ...... 2 387-406 Gabriele Dürbeck Der Mensch als Gärtner oder Parasit der Erde: Narrative des Anthropozän in deutschsprachigen Qualitätszeitungen (2010-2016)...... 2 285-301 Pascal Fagot Introduction au dossier « La République démocratique allemande dans l’espace public européen (1949-2018) » ...... 1 3-4 Monica Fioravanzo La RDA et le Festival mondial de la jeunesse à Berlin (1973) dans une perspective transnationale : auto-représentation, cultures jeunes, réception...... 1 51-65 Franziska Flucke, Marie Müller-Zetzsche Schulwissen über die DDR in Frankreich...... 1 177-191 546 Revue d’Allemagne

Tim Freytag, Aurélie Choné, Philippe Hamman & Evi Zemanek Environmental Humanities: Wissenstransfer und Wissenserneuerung in Frankreich und Deutschland – Einleitung ...... 2 275-283 Matthias Gemählich « Notre combat pour la paix » : la France et le procès de Nuremberg (1945-1946) .....2 507-525 Maximilian Graf Die DDR und die EWG 1957-1990 ...... 1 21-35 Elisabeth Hamm Le cheval astronomique à la croisée des savoirs : une lecture des scènes de foire dans Woyzeck de Georg Büchner...... 2 357-370 Philippe Hamman Quels savoirs de la « durabilité » en France et en Allemagne ? Jalons pour une mise en perspective comparée sous le regard des sciences sociales...... 2 425-450 Philippe Hamman, Aurélie Choné, Tim Freytag & Evi Zemanek Environmental Humanities: Wissenstransfer und Wissenserneuerung in Frankreich und Deutschland – Einleitung ...... 2 275-283 Stefan Hecht Zur Konstruktion „humanimaler“ Emotionen in Otto Alschers Die Bärin. Natur- und Tiergeschichten aus Siebenbürgen ...... 2 371-386 Dominique Herbet Die DDR retten? Historisierung der DDR-Diktatur in französischen Medien 1989-2009...... 1 129-140 Italiques ...... 1 265-272 2 527-544 Jonas Kachelhoffer La mode en RDA, une mode française ? Histoire d’un transfert culturel inachevé, 1960-1990...... 1 227-245 Caroline Kramer Was geschieht, wenn das Kernkraftwerk geht? Soziale und wirtschaftliche Folgen des Rückbaus für den Standort und seine Bevölkerung ...... 2 471-488 Andrea Kronberger, Andrea Brait Die Geschichte der DDR in österreichischen Geschichtslehrwerken...... 1 193-207 Jean Kudela Comment les écrivains sorabes ont perçu la RDA ...... 1 155-176 Marie Mangold La certification Passivhaus entre Allemagne et France. Un modèle international de « construction durable » aux appropriations différenciées à l’échelle locale ...... 2 451-470 Paul Maurice La collaboration des historiens de l’économie est-allemands à l’Association internationale d’histoire économique : une intégration de la RDA dans l’espace intellectuel européen ? ...... 1 37-49 Marie Müller-Zetzsche, Franziska Flucke Schulwissen über die DDR in Frankreich...... 1 177-191 Burkhard Olschowsky Die DDR aus polnischer Perspektive. Wahrnehmungen und Erinnerungsdiskurse am Beispiel Preußens in den 80er Jahren ...... 1 141-154 Sommaire du tome 51 – 2019 547

Friedemann Pestel Prekäre DDR-Repräsentation: Die Europa-Tourneen des Leipziger Gewandhausorchesters in den 1950er bis 1980er Jahren...... 1 83-97 Christian Rau Die DDR als Teil eines alternativen Europas? Die Fédération mondiale des villes jumelées (FMVJ) und die kommunale Außenpolitik Ostdeutschlands in den 1960er Jahren...... 1 5-19 Valérie Robert « Nous, les Allemands, nous sommes un peuple de réfugiés. » La mémoire des migrations dans la presse allemande durant l’été 2015 ...... 1 211-226 Catherine Roth L’histoire entre les lignes. Livre d’honneur des soldats saxons de Mediasch (Transylvanie, 1914-1918)...... 2 491-506 Benjamin Thober „Natur unter Menschenhand“? Zur Historisierung des Anthropozoikum-Konzepts von Hubert Markl im Hinblick auf die aktuelle Anthropozän-Debatte ...... 2 303-319 Hélène Trespeuch La peinture, médium privilégié de l’art contemporain allemand ...... 1 247-257 Bianka Tr'tschel-Daniels Europäische Institutionenöffentlichkeit – Der Weg zur Mitgliedschaft der DDR bei Icomos (International Council on Monuments and Sites) 1964 bis 1969 ...... 1 99-112 Nadine Willmann Le 17 juin 1953 dans la presse ouest-allemande et française ...... 1 113-128 Evi Zemanek Pour une écologie littéraire. Changements environnementaux, innovations (éco-)poétiques et transformations des genres : le cas du nouveau récit de village (Dorfroman)...... 2 343-356 Evi Zemanek, Aurélie Choné, Tim Freytag & Philippe Hamman Environmental Humanities: Wissenstransfer und Wissenserneuerung in Frankreich und Deutschland – Einleitung ...... 2 275-283 Nepthys Zwer Pratiques de la transition agricole – deux exemples allemands...... 2 407-423

PRESSES UNIVERSITAIRES DE STSBOURG

collection « Études alsaciennes et rhnanes »

À paraître : Sustainability Research in the Upper Rhine Region. Concepts and Case Studies Edited by Philippe Hamman and Stéphane Vuilleumier L’Alsace au xvie siècle. Les hommes et leur espace de vie 1525-1618 Jean-Pierre Kintz 2018 > 442 p. > 28,00 € Histoire de Russie, avec sa partie politique, par Mr. Koch, Professeur à Strasbourg. Suivie de la Constitution de l’empire de Russie Édité par Rodolphe Baudin, Wladimir Berelowitch 2018 > 326 p. > 22,00 € Transition énergétique et inégalités environnementales. Énergies renouvelables et implications citoyennes en Alsace Guillaume Christen, Philippe Hamman 2015 > 228 p. > 24,00 € L’Alsace actuelle. Développement régional et métropolisation depuis les années 1950 !%"!!-2015 > 204 p. > 22,00 €

La coloration des façades en Europe. Bâti urbain et paysage bâti Denis Steinmetz dir. 2015 > 256 p. > 39,00 € > 19,5 x 24cm Clergé catholique et politique en Alsace 1871-1940 Christian Baechler 2014 > 252 p. > 24,00 €

L’espace rhénan, pôle de savoirs Catherine Maurer et Astrid Starck-Adler dir. 82013 > 446 p. > 32,00 € Sociologie des espaces-frontières. Les relations transfrontalières autour des frontières françaises de l’Est Philippe Hamman 82013 > 244 p. > 24,00 € Imposer « l’environnement ». Le travail révélateur des associations alsaciennes (1965-2005) Carole Waldvogel 82011 > 256 p. > 20,00 € Le patriciat strasbourgeois (1789-1830). Destins croisés et voix intimes Laure Hennequin-Lecomte82011 > 398 p. > 28,00 €

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PRESSES UNIVERSITAIRES DE STRASBOURG « Les Mondes Germaniques » ©WPDBUJPOQMVSJEJTDJQMJOBJSF MBDPMMFDUJPO EFT.POEFT(FSNBOJRVFTFYQMPSFMFT BTQFDUT QPMJUJRVFT  ÊDPOPNJRVFT  TPDJBVY %FOJT(PFMEFMଙr Le Tournant occidental de FUDVMUVSFMTEFM̮"MMFNBHOFFUEFTQBZT l’Allemagne après 1945. Contribution à l’histoire HFSNBOPQIPOFTÆM̮ÊQPRVFDPOUFNQPSBJOF politique et culturelle de la RFA  Q  î L’Incorporation de force dans les territoires Aspects du fondamentalisme annexés par le IIIe Reich 1939-1945 – Die -PVJT%VQFVYr national en Allemagne de 1890 à 1945 Zwangsrekrutierung in den vom Dritten Reich  Q  î annektierten Gebieten r1FUFS.ଙ2VBEĚJFH  'SÊEÊSJD4USPI EJS $BUIFSJOF.BVSFSr Le Modèle allemand de la  Q  î charité. La Caritas de Guillaume II à Hitler  Q  î &SJD)BTTMFSr La Cour de Vienne 1680-1740. Service de l’empereur et stratégies spatiales La Charité en pratique. Chrétiens ançais et des élites nobiliaires dans la monarchie des allemands sur le terrain social : xixe-xxe siècles r Habsbourg *TBCFMMFWPO#VFMU[JOHTMPFXFO%FOJT  Q  î 1FMMFUJFS EJS À la recherche de la paix. France - Allemagne.  Q  î Les carnets d’Oswald Hesnard 1919-1931 r 4UBOJTMBT+FBOOFTTPOr Poincaré, la France et la $BSOFUTFUÊDSJUTJOÊEJUTÊEJUÊTQBS+BDRVFT Ruhr (1922-1924). Histoire d’une occupation #BSJÊUZ  Q  î  Q SFMJÊUPJMF KBRVFĨF î +BDRVFT(BOEPVMZr Pédagogie et enseignement Les Espaces de l’Allemagne au xixe siècle. en Allemagne de 1800 à 1945 Frontières, centres et question nationale r  Q  î $BUIFSJOF.BVSFS EJS $ISJTUJBO#BFDIMFSr Gustave Stresemann (1878-  Q  î 1929). De l’impérialisme à la sécurité collective 4UÊQIBOJF#VSHBVEr La Politique russe de  Q ­QVJTÊ Bismarck et l’unification allemande. Mythe Walther Rathenau (1867- fondateur et réalités politiques 1BVM-ÊUPVSOFBVr 1922)  Q  î  Q  î L’Image de Vienne et de °WF.FOL#FSUSBOEr Sous le signe de la Prague à l’époque baroque (1650-1740). Essai .POJRVF.PNCFSUr rééducation. Jeunesse et livre en Zone Française d’histoire des représentations d’Occupation (1945-1949)  Q QIPSTUFYUF  î  Q  î Les Reichsuniversitäten de Strasbourg et La Politique culturelle de la de Poznan et les résistances universitaires. $PSJOF%FGSBODFr France sur la rive gauche du Rhin (1945-1955) 1941-1944 r$ISJTUJBO#BFDIMFS 'SBOÉPJT  Q  î *HFSTIFJNFU1JFSSF3BDJOF EJS  Q  î +FBO1JFSSF#MBODQBJOr Migrations et mémoire germaniques en Amérique latine  Q  î

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