| Historie

Matchless und AMC im Rennsport –

| unvergessen die G45 und die G50 Text: Jürgen Kießlich | Fotos: Jürgen Kießlich (4), Jürgen Kießlich (Archiv, 1), D. Augustin (1)

Henry Herbert Collier gründete 1878 in Plumstead eine Fabrik, um dort Fahrräder mit der Bezeichnung zu produzieren. Unter dem Namen „Collier & Sons“ ent- wickelten und fertigten die Söhne ab 1899 Motorräder und vertrieben diese ab 1901; zu gleicher Zeit gab Sohn Charlie sein Debut als Rennfahrer. Zwei Söhne des Chefs, Charlie und Harry, fuhren gern Rennen und errangen zwischen 1907 und 1910 auf der Isle of Man zur TT beachtliche Siege mit ihren eigenen Produkten. Wenig später, ab 1912, entwickelten sie auch selbst Motoren und verkauften diese erfolgreich an weitere Firmen, die damit eigene Fahrgestelle bestückten. Es war die Zeit der Motorrad Konfek- tionäre, wie es auch in Deutschland sehr verbreitet praktiziert wurde.

Matchless kreiert. Schwinge mit Hinterradfederung, vorn Telega- bel, Doppelsitzbank und relativ viel Chrom zeichneten die Modell- serie aus. Mehr Federungskomfort versprach man sich 1951 mit der Umrüstung auf die sogenannten „Jampots“ (Federbeine als Mar- meladentöpfe bezeichnet). Ab 1952 wurde die Serie mit einem Burman Getriebe ausgestattet. Die G11 mit dem 600er Twin sorgte 1956 ebenso wie ab 1958 die G12 und AJS 31 CSR für Aufsehen. Die Krönung folgte 1968 mit der G15 CSR, mit ei- nem 750-cm³-Motor, ein wahres und rares Luxusmodell zum Ab- schluss einer interessanten Fir- mengeschichte. Wenn man so will, ist dieses seltene Modell, es wurden nur etwa 500 Stück ge- fertigt, ein Zwitter von Matchless – AMC und Norton. Der Motor Matchless G45 stammt von der Norton Atlas und

Ende der zwanziger Jahre, als es verwendet. 1914 kam als bemer- bei AJS zu kriseln begann, wur- kenswertes Modell die „Alldays“ de die Firma zu Matchless an die Matchless mit 557 cm³ Hubvolu- Brüder Harry und Charlie Col- men auf den Markt. 1921 folgte lier veräußert. 1931 übernahm die bekannte 1000 H1 und 1927 „Matchless“ die Firma endgültig die T3 mit Satteltank und 500 cm³ und wechselte das Tankemblem Hubraum. Nach vielen Varianten, auf das große „M“ um. 1937 wur- auch Automobilen und Threweeh- de schließlich der Firmenverbund lern erregte 1948 der erste Paral- von AMC (Associated Motor Cy- lel Twin G9 Bewunderung. Eben- cles) und Norton-Villiers vereint. so wie die AJS Schwester „Modell Hier führten die Collier Brüder ihre 20“ gehörten diese Motorvariatio- Marken Matchless, Sunbeam und nen zu den schönsten Brit Bikes. AJS zusammen. Nach dem Zwei- Wie so viele bekannte Modelle er- ten Weltkrieg gingen die Marken- blickten zur Earls Court Show in rechte an BSA, letztlich kam 1953 London diese beiden Exotinnen noch Norton zu dem Firmenbund. das Licht der Welt, damit wurden Zu Beginn der Fertigung wurden auch die Namen „Spring Twin“ für Einbaumotoren der Firma JAP die AJS, sowie „Clubman“ für die Matchless G45, Ernst Hiller, 1957 Sachsenring

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das Fahrgestell ist das typische Einheitsfahrgestell mit Doppel- rohrführung von AJS – Matchless. Die lange Reihe der hochinteres- santen Singles beider Marken be- nötigten ein extra Kapitel zur Vor- stellung, besonders auch wegen ihrer Vielfalt im Einsatz beim Trial und Motocross. Bis 1963 liefen die parallel pro- duzierten Modelle von AJS und Matchless unter verschiedenen Bezeichnungen. 1969 wurde die Produktion in Plumstead total be- endet und die Tore 1971 endgül- tig geschlossen. Hier soll aber mehr die rennsport- liche Seite dieser berühmten Tra- ditionsmarke beleuchtet werden, ganz speziell die 500er-Maschi- nen G45 und G50. Robin Sherry setzte 1951 den 500er Twin der G9 mit Alu-Zy- Matchless G50 in ihrer kompakten Schönheit linderkopf (Schwester der AJS Sprint Twin Mod. 20) in ein Boy Allein im Jahr 1953 waren bei und auch auf der Arter-G50 erheb- namhaften Platzierungen. Viele be- Racer Fahrwerk ein und starte- der Senior TT 14 Fahrer auf den liche Prioritäten setzte. 1969 be- kannte Rennfahrer errangen auf der te damit beim Manx GP. Darauf- Matchless Twins am Start, darun- legte P. Williams auf der G50 im Maschine reihenweise Erfolge von hin wurde eine Super Clubman ter auch Arthur Wheeler und Bob GP der Niederlande den zweiten 1960 bis 1974 allein in der WM- als Rennversion entwickelt. Nach McIntyre. Leider scheiterten die Platz hinter Agostini, ebenso beim Tabelle. So A. Shepherd als Vize- diesen Versuchen kündigte man meisten Fahrer, nicht nur auf der GP von Deutschland in Hocken- weltmeister 1962 und 63, M. Duff, 1953 bei Matchless die Entwick- TT, an der Unzuverlässigkeit des heim, noch 1973 erkämpfte er hin- J. Findlay 3. der WM 1966 und 68, lung und den Bau einer begrenz- Triebwerkes. ter bei der Senior TT Ph. Read, D. Woodman, J. Hartle 3. ten Anzahl von Productions Ra- Wesentlich erfolgreicher war da- den zweiten Platz, neben weiteren der WM 1967, P. Driver, F. Stevens, cern an. Das war die offizielle gegen das Modell G50. Ganz ein- Geburtsstunde der G45. Zu die- fach gesagt war sie die größere ser Zeit war das ein großer Er- Schwester der 7R Boy Racer, folg für Privatfahrer, die Anzahl schließlich kamen ja beide Model- der „Clubmanraces“ im Vereinig- le aus dem gleichen „Stall“ AMC. ten Königreich war aufgrund der Unter Matchless wurde die ASJ zahlreichen Rennstrecken sehr im Hubraum auf 500 cm³ aufge- groß, man konnte an manchen stockt, der prinzipielle Aufbau, Wochenenden bei mehreren Ren- überhaupt das gesamte optische nen starten. Finish, nicht nur des Motors, war Die G45 wurde für die Zeit ihrer fast identisch. Ob im Solobetrieb Produktion von 1952 bis 1957 als oder im Gespann, ob Straße oder unübertrefflich bezeichnet, evtl. Gelände, eben speziell modifiziert, war das doch etwas hochtrabend wurde das Modell zu vielen Erfol- 14 MX GP T´Thal gegriffen. Der luftgekühlte Quer- gen gefahren, egal ob von Werks- Parallel-Twin in Pre Unit Bauweise oder Privatfahrern. Aber auch be- hatte ein Bohrung/Hubverhältnis kannte Tuner-Experten außerhalb von 66/72,8 und dementspre- der Firmengruppe AMC versuch- chend einen Hubraum von 498 ten sich mit dem Motor in eigens cm³. Jeder Zylinder war separat entwickelten Fahrgestellen Colin mit einem Amal GP Vergaser be- Jordan Seeley, Tom Arter und die stückt. Die Leistung betrug 50 PS Gebrüder Rickman nicht zu ver- bei 7000/min, je nach Überset- gessen, trugen erheblich zur Be- zung konnten 210 km/h erreicht rühmtheit der Rennmaschinen bei. werden, bei angenehmen 145 kg Der Konstrukteur Phil Walker stand Leergewicht. Das Burman Getrie- in Diensten von AJS und er war der be wurde primärseitig mit Kette maßgebliche Mann bei der Entste- angetrieben. Der moderne Dop- hung der Boy Racer. Seine Ablö- pelschleifenrahmen war vorn mit sung bei der Weiterführung der einer AMC Teledraulic und hin- Entwicklung und Überleitung für ten mit ein Paar Dowty Oleoma- das Projekt G50 bei Matchless tic ausgerüstet. Die zu dieser Zeit war Jack Williams, der legendäre gebräuchlichen Konus-Naben der Entwicklungsingenieur bei AMC, Britbikes für die Räder wurden dessen Sohn der später erfolgrei- auch hier verwendet. che Rennfahrer Peter Williams war

Top Speed 02/2017 | 14 rungselemente. Das Vorderrad ver- fügt über eine Duplex-Konus-Nabe und das Hinterrad verzögert ana- log eine Simplex-Ausführung. Er- hebliche Abweichungen gibt es bei den „Nachbauern“ konstruktions- bedingt. Der Zylinder der 7R wur- de von 81 mm Bohrung auf 90 mm erweitert und der Hub mit 78 mm beibehalten, als Kurzhuber für die 498 cm³. Die Motorsteuerung ohc wurde bewährt und prinzipiell von der „Kleinen“ über Kette im goldfar- benen Gehäuse übernommen und auch die beiden Ventile wurden als ausreichend ebenso konzipiert. Ein Amal-GP2-Rennvergaser sorgte für ausreichende Beatmung, dazu ein bewährter Lucas Rennmag- net für genügend Zündfreudigkeit. Dan Shorey arbeitet an der G50, Sachsenring 1971 Die Motorleistung wird mit 51 PS

G. Marsovsky, S. Graham und … Jahre nach der Indienststellung und. Auch im deutschsprachigen der Boy Racer im Jahre 1958 Raum wurde die G50 häufig ein- geboren. Bereits vier Jahre spä- gesetzt, Ernst Hiller errang mehr- ter wurde sie gemeinsam mit der mals die Deutsche Meisterschaft, kleinen Schwester 1962 aus der die Österreicher Auer, Bergold, Produktion genommen. Der un- Fassl und weitere Fahrer kamen gekrönte König des historischen auf der Maschine zu Ehren. Rennsports, der Ami Dave Ro- Die heutige Legende, so kann per, siegte noch 1984 in der Se- man die Maschine ohne Über- nior TT bei den „Classic Race“ treibung bezeichnen, wurde zehn unangefochten.

Tommy Rob auf der Seeley G50, Sachsenring 1970

Das Fahrgestell der originalen G50 bei 7200 U/min angegeben. So- entspricht in etwa prinzipiell dem mit werden die etwa 150 kg Masse der Boy Racer. Ein relativ stabi- auf 210 km/h beschleunigt. les Zentralrohr für den Oberzug Insgesamt sollen nur 180 Stück und die bekannte Doppelschleife der Rarität gefertigt worden sein. nach unten und hinten als Haupt- 1966 erwarb Colin Seeley die teile des Rahmens. Die übliche Produktionsrechte für Ersatztei- Telegabel aus dem Rennset von le der 7R, G50 und auch für die AMC und hinten Girlings als Fede- .

Hans Haldemann (1950, 3. WM Cs) mit Matchless G50, Most 1984

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