1919 Filmhaus Programm 05-19 V3.0.Indd
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FILMHAUS 5/19 Königstraße 93 · 90402 Nürnberg filmhaus.nuernberg.de · T: 2317340 LITTLE BIG FILMS #6 AND ZERO WHITE RED, BRITISH NEW WAVE EDITORIAL Die Filmgeschichte in den einzelnen nationalen Kine- Schnittstelle zwischen der New Wave und den sich an- Vorbereitet wurde der neue humanistische Blick matographien verlief bisher in Wellenbewegungen. Ei- schließenden Filmen des „Swinging London“. dieser Spielfilme in den 50er Jahren durch eine Reihe Im Mai legen wir unseren Fokus auf eine außeror- ner guten oder sogar goldenen Ära folgt(e) eine Zeit der Die Regisseure der neuen Welle wurden von einer von dokumentarischen Formen, die die Welt der Ar- dentliche Welle des englischen Films, die Ende der Mittelmäßigkeit oder Stagnation. Und umgekehrt. Der jungen Generation der Arbeiterklasse entstammenden beiterklasse und die entstehende Jugendkultur in den 50er, Anfang der 60er ihren Höhepunkt erreichte – mit englische Film erlebte mit der British New Wave, einer Schriftstellern beeinflusst, den sogenannten „Angry Mittelpunkt stellten: Das von Lindsay Anderson, Karel weitreichenden Folgen: die British New Wave. Bewegung, die wie ihr französisches Pendant, die Nou- Young Men“. John Osborne, Alan Sillitoe, Harold Pin- Reisz und Tony Richardson proklamierte Free Cinema. Wellenbewegungen sind in unserem Mai-Programm velle Vague in den späten 50er und frühen 60er Jahren ter, David Storey, Shelagh Delaney (die einzige Frau der Sie bekräftigten mit zu sechs Free-Cinema-Programmen vielleicht auch auszumachen, aber nicht intendiert. das Kino revolutionierte, eine Blütezeit. Die britischen „Angry“-Clique) thematisierten zur selben Zeit soziale zusammengefassten Dokumentarfilmen, die außerhalb Wir kombinieren vielmehr kontrastierend Bekann- Filme zeigten sich klassenbewusst und stellten jugend- Entfremdung und Klassenkonflikte in England. Bevor die der Filmindustrie entstanden, und einem Manifest ihren tes und Unbekanntes, Geschichte und Gegenwart, liche Antihelden in den Mittelpunkt, die gegen die res- späteren Regisseure Lindsay Anderson, Karel Reisz und “belief in freedom, the importance of people and in the Himmel und Hölle (in der Blauen Nacht am 4.5.), triktive bürgerliche Gesellschaft aufbegehrten. Eine neue Tony Richardson deren Romane und Erzählungen ver- significance of the everyday.” Das Filmhaus präsentiert stellen unter der Überschrift Japan 69. Kino. Kunst. Generation von Filmemachern um Tony Richardson, Ka- filmten, teilweise unter Mitarbeit der Autor*innen selbst, das erste Free-Cinema-Programm, wie es am 5. Februar Terrorismus mit drei Programmen eine Umbruch- rel Reisz und Lindsay Anderson äußerte ihr Unbehagen attackierten sie als Filmkritiker das behäbige und kon- 1956 im Londoner National Film Theatre zur Aufführung situation in Japan dar, die nach dem Scheitern der Stu- gegenüber einem altmodischen Kino mit eingefahrenen ventionelle britische Kino der 50er Jahre. gelangte. dentenbewegung der 60er Jahre entstand, und freuen Erzählmustern, das vorsätzlich an der Gegenwart vorbei In ihren Filmen sollten sie das Empire dann von un- Der große Erfolg von TOM JONES (1963) und uns auf den Regisseur Lutz Dammbeck, der mit sei- in künstlichen Studiowelten produzierte. Sie begründe- ten, gewissermaßen von der Küchenspüle aus betrach- A HARD DAY’S NIGHT (1964), markierte eine Zeitenwen- nem Film BRUNO & BETTINA zu Gast ist. ten einen neuen Realismus, den Originalschauplätzen ten. Darin fanden vorher selten oder nie behandelte de. Die Filme Mitte der Sechziger wurden bunter, spiele- Ebenfalls eingeladen sind die Regisseur*innen in nördlichen Industriegebieten wie Manchester ein ei- Themen – die Freizeit und der dröge Arbeitsalltag der rischer, überschwänglicher, respektloser und lösten die Lana Gogoberidse aus Georgien (am 3.5.), Darío genes Gewicht verleihend. Der Einfluss der British New Jugendlichen, fehlende Entfaltungsmöglichkeiten, das New Wave ab. Aguirre aus Ecuador (am 6.5.), Werner Heimüller Wave reicht weit, sie prägte durch ihre Regisseure und Leben von Außenseitern, die Undurchlässigkeit der Die Kompassnadel schwang zurück in den Süden, an- aus Nürnberg samt Team (am 28.4.) und viele weitere Stars die Popkultur der folgenden Jahre und ist auch im Klassenschranken – Eingang in die eher abfällig so gezogen vom Magnetfeld der Metropole London, wo junge Gäste bei Little Big Fims #6 – dem von Jahr späteren New British Cinema der 80er Jahre und darü- genannten „Kitchen-Sink-Filme“. Sie bekundeten die eine moderne Jugend Veränderungen in der Sozial- und zu Jahr beliebter werdenden Filmfestival von Kindern ber hinaus zu spüren. Solidarität ihrer Regisseure mit dem Zorn und sozia- Genderpolitik anfachte. Das kreative Zentrum der Swin- für Kinder (11.5 & 12.5.). Ein Tipp: holen Sie sich bei- Das Filmhaus präsentiert eine konzise Auswahl, die mit len Protest ihrer jungen proletarischen Helden, etwa ging Sixties lockte auch in den Filmen junge Protagonis- zeiten ihre Freikarten an der Kinokasse ab! restaurierten Originalfassungen und Nürnberger Erst- mit dem Prä-Punk Colin Smith, der gegen die bigotten ten an, die der Langeweile des Provinzlebens entkommen Das Filmhaus präsentiert regelmäßig interessante aufführungen aufwartet. Zu sehen sind preisgekrönte Moralprinzipien und den Anpassungsdruck der Gesell- wollten. Ken Loachs beeindruckendes Kinodebüt POOR Nürnberg-Premieren, Filme abseits des Mainstream, Klassiker wie SAMSTAGNACHT BIS SONNTAGMORGEN schaft rebelliert. Das alles war neu und wurde neuartig COW (1967) erweitert das Blickfeld auf ein ärmeres die auf ihre Entdeckung warten, Filme, die für sich stehen (1960), BITTERER HONIG (1961), DIE EINSAMKEIT DES inszeniert, on location mit neuen jungen Gesichtern, London. „I dwell in the town in the grey country“ singt und wirken – ohne Popcornkonsum, Filme, die Zusam- LANGSTRECKENLÄUFERS (1962), LOCKENDER LORBEER die später das britische Kino prägen sollten: Tom Cour- Donovan in seinem Titelsong. Auch die Musik in den menhänge sichtbar machen, zu denen sonst kein Zugang (1963) und unbekanntere Werke wie DAS INDISKRETE tenay als Colin Smith wurde in DIE EINSAMKEIT DES Filmen veränderte sich, der Jazz machte einem Pop- möglich ist. Dies trifft bei den aktuellen Erstaufführun- ZIMMER (1962) und DIE ERSTE NACHT (1964). Als LANGSTRECKENLÄUFERS entdeckt, Rita Tushingham in Soundtrack Platz. Paradigmatisch hierfür steht Clive gen u. a. auf Stéphane Brizés STREIK zu. Mit einem ein- große Wiederentdeckung ist der in seiner ursprünglich BITTERER HONIG und Albert Finney in SAMSTAGNACHT Donners selten zu sehender und die Werkschau kom- drucksvollen Vincent Lindon in der Hauptrolle gelang konzipierten Form kaum aufgeführte Omnibusfilm RED, BIS SONNTAGMORGEN. Ihre Authentizität unterstrich plettierender HERE WE GO ROUND THE MULBERRY Brizé mit seinem neuen Film über die Geschichte eines WHITE AND ZERO (1967) zu werten. Er verkörpert die das Klassenbewusstsein, das die Filme der New Wave BUSH (1968) mit der psychedelischen Musik der beiden Arbeitskampfes in der französischen Provinz ein ein- Kreativität und Kühnheit des englischen Kinos an der ausstrahlten. Bands Traffic und The Spencer Davis Group. dringliches Lehrstück über die Logik des globalisierten Kapitalismus und zugleich ein menschliches Drama mit den Ausmaßen einer kollektiven Tragödie. STREIK besitzt LANA GOGOBERIDSE ZU GAST eine Wucht und Kraft, die mitzureißen vermag. In Cannes Unter dem Titel „Ich trank Gift wie kachetischen Wein“ ein eindrucksvolles Frauenporträt und zugleich ein auf- gab es dafür stehende Ovationen. Im Mai präsentie- ist soeben die Autobiographie der georgischen Regisseu- schlussreiches Bild der damaligen sowjetischen Gegen- ren wir außerdem fünf weitere sehenswerte Erstauf- rin Lana Gogoberidse (*1928) auf Deutsch erschienen. wart. Mit ihrem Blick auf die alltäglichen Kämpfe einer führungen, LIEBESFILM etwa, eine deutsche Komödie Wir präsentieren das Buch in einer Lesung mit der Schau- emanzipierten Frau gilt ihr Porträt als einer der ersten mit trockenem Humor und herrlich surrealen Einfällen. spielerin Patricia Litten. feministischen Filme der Sowjetunion. Das letzte Wort an dieser Stelle gilt Matthias Im Anschluss wird Lana Gogoberidses Film EINIGE Lana Gogoberidse, geboren 1928 in Tiflis, ist eine der Egersdörfer, dem Comedian, Schauspieler und ja: INTERVIEWS ZU PERSÖNLICHEN FRAGEN (UdSSR/ bedeutendsten Filmemacherinnen Georgiens. Ihre Filme Filme macher. Sie haben richtig gelesen. Er präsentiert GE 1978, 94 Min., DCP, georg. OmU) zu sehen sein, der wurden mehrfach international ausgezeichnet. Von 1992 bei uns eine erste Auswahl seiner filmischen Miniaturen vor kurzem auf DVD erschienen ist. Die Protagonistin So- bis 1995 war sie Abgeordnete im georgischen Parlament. und begründet damit eine lose Kurzfilmreihe – kura- fiko interviewt als Journalistin unterschiedlichste Frauen In den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren dien- tiert von Filmhausleiterin Christiane Schleindl und zu ihren Lebensbedingungen und Wünschen und bemüht te sie als Botschafterin Georgiens im Europarat und in Matthias Egersdörfer. sich gleichzeitig selbst um eine fragile Balance zwischen Frankreich. Viele Entdeckungen in unserem Mai-Programm beruflicher Erfüllung und familiären Pflichten. Feinfühlig In Kooperation mit: Arsenal – Institut für Film und wünscht Ihnen Ihr Filmhaus-Team und in einem dokumentarisch anmutenden Stil insze- Videokunst, Berlin Fr., 3.5. um 18.30 Uhr niert, zeichnet Lana Gogoberidse mit Charme und Humor Zu Gast: Lana Gogoberidse, Lesung: Patricia Litten PROGRAMM MAI BRITISH NEW WAVE DONNERSTAG 25.4. * 15.00 Silberfilm DREI