6.1. Lulu in Bearbeitung Von Peter Zadek
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MASARYKOVA UNIVERZITA Filozofická fakulta Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky BAKALÁŘSKÁ DIPLOMOVÁ PRÁCE 2016 Kateřina Holišová Masarykova Univerzita Filozofická fakulta Katedra germanistiky, nordistiky a nederlandistiky Německý jazyk a literatura Kateřina Holišová Lulu als Femme fatale, oder als eine missbrauchte Kindfrau? Zur Aufführungstraditionen einer Monstertragödie. Bakalářská diplomová práce Vedoucí práce: PhDr. Zdeněk Mareček, Ph.D. 2016 Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig geschrieben habe und nur die angeführte Literatur und Quellen verwendet habe. ………………………………………… Kateřina Holišová Brno, den 28. 4. 2016 An dieser Stelle möchte ich mich bei meinem Betreuer, PhDr. Zdeněk Mareček, Ph.D., für seine Geduld und zahlreiche Ratschläge bedanken. Inhaltverzeichnis 1. Zielsetzung der Bachelor Arbeit ........................................................... 1 2. Eine listige Verführerin ......................................................................... 3 2.1. Was ist eine Femme fatale? ............................................................ 3 2.2. Femme fatale in Werken von Frank Wedekind .............................. 5 3. Vom Dramentext zur Theateraufführung .............................................. 6 4. Monstertragödie auf der Bühne im HaDivadlo ..................................... 9 4.1. Lulu in Bearbeitung von Martin Porubjak ...................................... 9 4.2. Porubjaks Lulu in Medien ............................................................. 14 5. Lulu in Bearbeitung von Vladimír Strnisko ........................................ 16 5.1. Lulu als elegante Dame im Činoherní klub .................................. 16 5.2. Die Monstertragödie in Tschechien. Ein Presseecho. .................. 20 6. Lulu auf der Bühne des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg .... 23 6.1. Lulu in Bearbeitung von Peter Zadek ........................................... 24 6.2 Lulu-Inszenierung in deutschen Medien ........................................ 27 7. Schluss ................................................................................................. 30 8. Literaturverzeichnis ............................................................................. 31 8.1. Primärliteratur und Quellen .......................................................... 31 8.2. Sekundärquellen ............................................................................ 31 8.3. Internetquellen .............................................................................. 35 1. Zielsetzung der Bachelor Arbeit Schönheit und Verführung sind zwei Elemente, die nicht nur die Werke von Autoren der Vergangenheit inspirierten. Auch die Autoren von heute greifen bevorzugt auf das Thema der Entkoppelung von Liebe und Verführung zurück. In einer Welt des Scheins gewinnt die Schönheit und Verführung gegenüber der Liebe an Bedeutung. Warum ist Wedekinds Lulu nicht vom Spielplan der heutigen Bühnen verschwunden, wenn das Thema Schönheit und Verführung in den letzten 100, genauer 118 Jahren (die Uraufführung von Der Erdgeist fand 1898 im Ibsen-Theater im Krystallpalast in Leipzig statt) eine so gravierende Verwandlung erfahren hat? In meiner Bachelorarbeit werde ich mich dem Werk des berühmten deutschen Dramatikers Frank Wedekind widmen. Obwohl Wedekind davon überzeugt war, dass kein Mann entdecken kann, was die Frauen empfinden, wurde er von diesem Geheimnis der Weiblichkeit der Frauen fasziniert. Dass seine Aufmerksamkeit die Prostituierten, also „die gefallenen Frauen“ gewonnen haben, schlägt sich auch in seinen Lulu-Dramen nieder. Diese Tragödie gilt als Wedekinds Hauptwerk und ihre Inszenierung halten nicht nur deutsche, sondern auch tschechische Regisseure für eine Herausforderung, sodass sie in verschiedenen Textfassungen in die Spielpläne aufgenommen wurde. Wedekinds Lulu diente außerdem als Vorlage für das Libretto der gleichnamigen Oper von Alban Berg. Auf dieses Musikwerk geht diese Bachelorarbeit aber nicht ein. Das Ziel dieser Arbeit ist die Beantwortung der Frage, ob Lulu als Femme fatale bezeichnet werden kann, oder ob sie in Wirklichkeit nur eine missbrauchte Kindfrau ist? Den Schwerpunkt dieser Bachelorarbeit bilden die Analysen von drei Inszenierungen. Die erste wurde von Jan Porubjak im Ha Divadlo in Brno aufgeführt. Die zweite Bearbeitung ist von Stanislav Strnisko, und wurde 1994 in Činoherní klub in Praha aufgeführt, und im dritten Fall handelt es sich um die Version von Peter Zadek im Hamburger Schauspielhaus. Am Anfang meiner Arbeit möchte ich den Begriff Femme fatale kritisch hinterfragen und dessen Charakteristik mit der Figur Lulu vergleichen. 1 Zu Wedekinds bedeutendsten Werken zählen Büchse der Pandora und Erdgeist, die durch die Protagonistin frei verbunden sind. Diese Dramen wurden im Jahre 1913 in der „Lulu“- Tragödie zusammengeführt. Deswegen möchte ich auch darauf aufmerksam machen, welche Szenen aus der ersten Fassung Erdgeist und welche aus Büchse der Pandora übernommen wurden und welche Änderungen gemacht wurden. Da zwischen dem Teil 1 und Teil 2 insgesamt 21 Jahre liegen, ist zu fragen, ob bzw. wie sich der Charakter der Hauptfigur Lulu zwischen Erdgeist und Büchse der Pandora entwickelte. Den Hauptteil soll die Analyse der bereits erwähnten Aufführungen bilden. Hauptsächlich wird sich mein Augenmerk auf unterschiedliche Darstellungen der Hauptfigur Lulu richten. Für diese Bachelorarbeit bieten das Prager Theaterinstitut und seine reiche Sammlung von Kritiken eine wichtige Informationsquelle. Darum versuche ich abschließend die Rezeption der tschechischen Aufführungen zu rekonstruieren. 2 2. Eine listige Verführerin Die verführerische, Männer ins Unglück stürzende Frau war auch in der Naturalismuspoche und in dem anschließenden Fin de siècle ein häufiges Thema literarischer oder künstlerischer Werke, sei es Gerhart Hauptmanns Tänzerin Ingigerd Hahlstrøm in seinem Roman Atlantis, sei es die Titelheldin in dem französisch geschriebenen Einakter Salomé von Oscar Wilde oder die Barfußtänzerin Rosa Fröhlich in Heinrich Manns Roman Professor Unrat . Wegen ihrer Schönheit und ihren Charme verlieren die Männer ganz und gar den Kopf. Sigmund Freud erklärte Otto Weiningers Erfolg mit seinem frauenfeindlichen Buch Geschlecht und Charakter (1903) mit der Kastrationsangst, auf die er auch den Antisemitismus zurückführte. Für Weiniger gibt es nur zwei Frauentypen ‒ Mütter und Hetären1 und die großen Frauenhasser wie Schopenhauer, Nietzsche, Wedekind, Strindberg und Karl Kraus teilen diese krasse Zweiteilung mit ihm. 2.1. Was ist eine Femme fatale? Manche Autoren schildern eine Frau als ein Wesen, dass die Männer völlig hinreißen kann. Bei anderen Verfassern ist eine solche verlockende Frau wie ein Teufel in weiblicher Gestalt beschrieben. Einen naturalistisch aufgefassten Typ einer Verführerin nannte Karl Schönherr in seinem Drama aus dem Jahre 1914 direkt Der Weibsteufel. Als Femme fatale bezeichnet man eher Verführerin aus dem städtischen Milieu. Das Adjektiv „fatale“ kommt ursprünglich aus dem Latein und bedeutet 1 WEININGER, Otto. Geschlecht und Charakter: Eine prinzipielle Untersuchung. 19. unveränd. Aufl. Wien und Leipzig: V. Braunmüller, 1920. [online]. S. 108: W ist nichts als Sexualität, M ist sexuell und noch etwas darüber. Daselbst, S. 303: Die merkwürdige Analogie der großen Hetäre zum großen Verbrecher, d.i. eben zum Eroberer; die intime Beziehung der kleinen Dirne zum moralischen Ausbunde der Menschheit, dem Zuhältertum; jenes Gefühl, das sie im Manne wachruft, die Absichten, die sie in betreff seiner hegt, am meisten endlich die Art, wie sie im Unterschiede von der Mutter den Koitus empfindet – all das vereinigt sich dazu, jene Ansicht zu bekräftigen. Wie die Mutter ein lebensfreundliches, so ist die Prostituierte ein lebensfeindliches Prinzip. URL: http://www.k- faktor.com/files/geschlecht-und-charakter.pdf. Letzter Zugriff am 25. 4. 2016. 3 schicksalhaft.2 In Wörterbüchern lassen sich verschiedene Definitionen des Begriffs Femme fatale finden. Im Lexikon Motive der Weltliteratur wird dieser Frauentyp dämonische Verführerin genannt. In diesem Fall wird „der Frau eine unwiderstehliche Anziehungskraft und ein magisch-dämonischer Charakter zugeschrieben , durch die sie den Mann nicht nur erotisch an sich bindet, sondern ihn auch von seinen höheren Interessen und Aufgaben ablenkt, seine Moral untergräbt und ihn meist ins Unglück stürzt“.3 Trotzdem kann der Typus der Femme fatale nicht ausschließlich negativ bewertet werden. Eine objektivere Beschreibung solcher Frau findet man bei Carola Hilmes: „Die Femme fatale fasziniert durch ihre Schönheit und das in ihr liegende Versprechen auf Glück, einen Wunsch nach leidenschaftlicher Liebe. Gleichzeitig wird sie aber auch als bedrohlich empfunden.“4 Das Motiv der Femme fatale kommt in der Literatur seit der babylonischen Urzeit vor. Bereits in der Bibel ist Eva als Verführerin Adams dargestellt. In der Weltliteratur sind verschieden berühmte Femme fatales vertreten wie zum Beispiel Celinde von Andreas Gryphius, Kleopatra aus Anthony and Cleopatra von William Shakespeare oder Gräfin Orsina in Lessings Emilia Galotti. Gerade im Fall von Orsina, die als Gemischter Charakter hervorsticht, ist Frenzel allelrdings mit der Zuordnung sehr vorsichtig: „Nicht dämonisch, nur leidenschaftlich und mit einem Einschlag nach der „schönen Seele“ hin ist die durch ihr Schicksal als Verlassene [der Marwood aus Miß Sara Sampson] verwandte Gräfin Orsina [...]”5 2STROHMAIER, Alena. Mythos Femme fatale. Wien, 2008. Diplomarbeit.