Harmonie in einfachen Verhältnissen: Zwei zu drei ist die magische Relation in

Vielleicht ist es eines der wichtigsten Wohnbauten der -Geschichte. Das Haus Auerbach in Jena ist das erste Privathaus, in dem sein modulares Baukasten-Konzept verwirklichen konnte.

Die einfache Form des Hauses Auerbach in Jena strahlt Ruhe und Solidität aus. Selbstbewusst behauptet sich der kubische Baukörper in der eher traditionell geprägten Umgebung in einem Villenviertel in Jena.

Auf einfache Rechtecke oder auf kubische getreu dem Motto: „Form follows Formen reduziertes Design ist heute all- function“. Das Fehlen von kleinflächigen gegenwärtig. Seit der Bauhäusler Max Bill Fassadenverzierungen und Ornamenten solche einfachen Prinzipien bei seinen wurde auch aus diesem Grund ein Prinzip Der Gründungsvater des Möbelentwürfen einsetzte und Dieter der Bauhauslehre. Um dann doch ein Bauhauses Walter Gropius (1883-1969) hat nur sechs pri- Rams mit den reduzierten Formen das gefälliges Aussehen zu erreichen, musste vate Wohnhäuser in Deutsch- Design von elektrischen Geräten revo- viel mehr Aufwand in die Formensprache land realisiert. Das gemeinsam lutionierte, fällt es heute schon nicht mehr selbst investiert werden. mit Adolf Meyer geplante auf, dass auch die Mobiltelefone von Felix Auerbach, bereits seit 1889 Wohnhaus baute er für den Apple diesem einfachen Prinzip folgen. In Professor für theoretische Physik an der Jenaer Physikprofessor Felix der Architektur der frühen 1920er Jahre Jenaer Universität und angesehener Auerbach und seine Frau Anna. Die Farbgestaltung im war es jedoch eine Revolution. Kunstmäzen der Stadt, und seine Frau Inneren des Hauses entwarf Der Bauhausdirektor Walter Gropius Anna beauftragten Walter Gropius 1924 der Bauhausmeister Alfred stellte 1923 auf der „Internationalen Bau- mit dem Entwurf einer modernen Villa. Arndt. ausstellung“ in sein Baukasten- Bei diesem Auftrag setzte Gropius zusam- Nach langem Leerstand war es system für Wohngebäude vor. Er beab- men mit Adolf Meyer zum ersten Mal die Initiative eines aus sichtigte vor allem, die Erstellung der Ge- dieses Baukastensystem um. Die Auftrag- Tübingen nach Jena gezo- genen Wissenschaftlerpaares, bäude durch standardisierte Bauteile zu geberin Anna Auerbach, eine begeisterte die das Haus seit 1995 in alter vereinfachen. Die Form der Gebäude Fotografin, wirkte bei der Gestaltung des Schönheit neu erstrahlen ließ. wurde Ergebnis dieser Anstrengungen, Hauses entscheidend mit. KUBUS – Faszination der Moderne 35 | 2018 Text und Fotos: Volker Hilarius, Groß-Umstadt, 2018 69

Bei dem Bau in Jena setzte Walter Gro- Nach langem Leerstand konnte 1994 ein Die einfache Gebäudeform mit pius auf das Verhältnis 2:3. Das Haus aus Tübingen nach Jena gekommenes einem flachen Dach war 1924 ein besteht aus zwei ineinander geschobenen Wissenschaftlerpaar das Haus erwerben. Schock in dem noch heute kubischen Körpern, die in Höhe und Mit viel Eigeninitiative und in akribischer „gutbürgerlichen“ Villenviertel im thüringischen Jena. Auch der Breite diesem einfachen Verhältnis ent- Detailarbeit verhalfen sie dem inzwischen weiße, in der Sonne glänzende sprechen. Auch die Fensterzahl folgt die- denkmalgeschützten Gebäude zu wieder- Putz war ungewöhnlich. ser Gliederung. So wirkt das Gebäude erlangter Schönheit. Besonderes Augen- 1994 wurde das Haus mit viel nicht durch die Dekoration, sondern merk richteten sie auf die Wieder- Eigeninitiative der heutigen Be- durch die Form selbst. Die beiden Gebäu- herstellung der originalen Farbgestaltung wohner restauriert. Dabei kam deteile beherbergen die Wohn- und im Inneren, die von Bauhausmeister auch die originale Farbgestal- tung in den Innenräumen wieder Schlafräume im niedrigeren Teil auf der Alfred Arndt entworfen wurde. In seinem zum Vorschein. In der zeitge- Gartenseite und die Funktionsräume, wie Konzept wählte er überwiegend helle mäßen Innenausstattung finden Küche, Bad und Treppenhaus auf der Pastellfarben und berücksichtigte dabei zahlreiche Bauhaus-Klassiker Straßenseite. Es entstand ein selbstbe- auch die spezifische Nutzung der Räume. eine passfähige Umgebung. wusstes, kubisches Gebäude in einem tra- Es gab lange Zeit Zweifel, ob der Farb- ditionell geprägten Villenviertel in Jena. entwurf in dem Haus damals überhaupt Für die damalige Zeit war es ein Schock. umgesetzt wurde. Erst die sorgfältige Aber auch ein seit 1914 existierendes Detailsuche der heutigen Bewohner legte „Ortsstatut über den Schutz gegen die während der Restaurierung die Original- Verunstaltung des Stadtbildes“7 konnte farben frei. Zusammen mit dem Farben- dieses und ein weiteres Bauhausgebäude hersteller Keim konnte die ursprüngliche nicht verhindern. Farbgebung wieder hergestellt werden.

Literatur: /1/ http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/kultur/detail/ -/specific/Bauhaus-Villa-im-Jenaer-Westviertel-gerettet-1112703634 /2/ https://www.denkmalschutz.de/denkmal/Haus-Auerbach.html /3/ https://www.welt.de/welt_print/article4158726/Nur-etwas-fuer-Freaks-Wohnen-mit-Gropius.html /4/ https://www.denkmalschutz.de/denkmal/Haus-Auerbach.html /5/ B. Happe, M.S. Fischer, Haus Auerbach von Walter Gropius mit Adolf Meyer. Wasmuth-Verlag, Tübingen 2003 /6/ Walter Gropius und Alfred Arndt: Villa Auerbach in Jena, in erhalten&gestalten, Nr. 6, Hrsg. KeimFarben GmbH & Co. KG /7/ http://www.jembo.de/500-jahre1 Die Webseiten wurden am 01.02.2018 abgerufen. Das Gebäude steht in Jena, Schaefferstraße 9. Ein herzlicher Dank geht an Frau Dr. Barbara Happe für die freundliche Genehmigung, auf dem Gelände und im Haus fotografieren zu dürfen.

70 Text und Fotos: Volker Hilarius, Groß-Umstadt, 2018 KUBUS – Faszination der Moderne 35 | 2018