erhalten & gestalten KEIM und Alfred Arndt: und Alfred W V alter Gropius alter illa Auerbach FA RBEN in

Nr–6 4 Aufgespürt DIE RÜCKKEHR DER VERG Das Farbkonzept der Villa Auerbach in Jena

6 Bewohnbar

8 Übergreifend

10 Facettenreich

12 Bewahrt

Zuweilen ist das Glück gerade dem hold, der zwischen den Zeilen zu lesen vermag: Gropius „W33“ gegen Gebot zu verkaufen, lautete in dürren Worten die Anzeige in der FAZ. Das wiederum erregte sofort die Aufmerksamkeit eines Wis- 14 senschaftlerehepaares, das dem Ruf von Tübingen an die Alfred Arndt Friedrich-Schiller-Universität Jena folgend gerade auf der Das Buch zum Haus Suche nach einem Haus war. Martin S. Fischer, Zoologe, und Barbara Happe, Kulturwis- senschaftlerin, konnten sich sofort einen Reim auf das Kürzel „W33“ machen. Was da im Herbst 1994 zum Verkauf stand, war eines von insgesamt sechs privaten Wohnhäusern, die 16 Keimfarben der Direktor des Bauhauses, Walter Gropius, in Deutschland gebaut hat. Den Auftrag für dieses Haus erhielt Gropius 1924 von Felix und Anna Auerbach. Die Villa in leichter Hanglage besteht aus zwei sich durch- dringenden, unterschiedlich hohen Quadern mit Flach- dächern. Die schlichten weißen Kuben, großflächige Fenster, der verglaste Wintergarten und natürlich die Flachdächer sind wesentlich Elemente des Neuen Bauens. Obwohl der Sanierungsaufwand des maroden Hauses beim Kauf kaum abzusehen war, griff das Ehepaar Happe/Fischer beherzt zu und machte sich zusammen mit Architekt, Denkmalbehörde und Restauratoren voller Elan an die Instandsetzung ihres neuen Domizils. IMPRESSUM „erhalten & gestalten“ Kunstliebhaber und Farb- Herausgeber: KEIMFARBEN GmbH & Co. KG, enthusiast: Felix Auerbach, Keimstraße 16, 86420 Diedorf, www.keimfarben.de Professor für Theoretische Verlag: mk Fachverlag für Kundenmagazine GmbH, Physik an der Universität Max-von-Laue-Straße 9, D-86156 Augsburg Jena und Bauherr der Texte: Gabriele Betz gleichnamigen Villa. Bildnachweis: Archiv, Berlin mk, Frank Müller. erhalten & gestalten 2 „Wir wollen den klaren organischen Bauleib schaffen, nackt und strahlend aus innerem Gesetz heraus, ohne Lügen und Verspieltheiten.“ Walter Gropius ESSENEN FARBEN

Das äußere Erscheinungsbild der Villa Auerbach mit ihrem fast weißen Putz – nichts deutet auf die inneren Farbqualitäten des kubischen Baus hin. erhalten & gestalten 3 Historische Zeugnisse aus der Bauzeit: Querschnitt, Grundriss und Fassadenaufriss aus dem Baubüro Gropius.

Wer dem Haus heute einen Besuch abstattet, kann sich kaum noch vorstellen, in welch desolatem Zustand es sich noch vor zehn Jahren befunden hat. Zudem wartet das Innere mit einer beträchtlichen Überraschung auf: Sämtliche Decken und Wände sind in teilweise ungewöhnlich anmutenden Kombinationen farbig gefasst. Sofort fällt ins Auge, dass Farbwechsel nicht immer an Raumkanten auf- treten, sondern auch innerhalb der Flächen. Der ungewöhnlichen Gestaltungsabsicht liegt ein originaler Farbentwurf des Bau- hausmeisters Alfred Arndt zu Grunde. Erstaunlich daran ist die Tatsache, dass dieser Entwurf lange Jahre als nicht ausgeführt galt und erst bei der Restaurie- rung der Innenräume unter abblätternden Tapeten wieder zum Vorschein kam. Arndt hatte 1924, zu jener Zeit also, als Gropius mit dem Bau des Hauses be- AUFGESPÜRT gann, gerade seine Lehre in der Werkstatt für Wandmalerei am Bauhaus abge- schlossen. Seine Begabung war Gropius nicht verborgen geblieben, er beauf- Die Entdeckung einer verloren geglaubten Farbwelt tragte ihn, für die Villa Auerbach ein Farbkonzept anzufertigen. Dieser Entwurf existiert heute noch, aber weder in der Bauhausliteratur noch in Aufzeichnungen ehemaliger Bewohner fand sich ein Hinweis auf dessen Umsetzung. Doch die neuen Eigentümer mochten nicht so recht glauben, dass die damaligen Bauherren, ein aus der jüdischen Intellektuellenschicht stammendes Ehepaar, auf die Ausführung verzichtet hätten. Also wurde mit besonderer Sorgfalt nach origi- nalen Farbspuren gesucht – und siehe da: Man wurde fündig. Die Restauratorengemeinschaft Bruhm & Serfeling aus Jena konnte Befunde einer ersten Farbfassung unter historischen Lampenfassungen, unterhalb von Fenster- bänken und hinter Heizkörpern sichern. Und es kamen immer mehr hinzu: Insgesamt ließen sich an den Wänden 37 verschiedene Töne feststellen, die exakt den Arndtschen Entwürfen entsprachen. Eine sensationelle Entdeckung, die zudem die Lehrmeinung von der weißen Bauhausmoderne widerlegte.

Nach erfolgter Befundung wurden Für die Befundung der originalen Jedes Detail brachte alle Untersuchungsergebnisse Lacktöne sowie für die Ausmusterung die Rekonstruktion des dokumentiert, ausgewertet und alle der Neubeschichtungen erwies sich originalen Farbkonzep- Farbtöne nachgemischt. das NCS-Farbsystem als hilfreich. tes einen Schritt weiter. erhalten & gestalten 4 Alfred Arndt dokumentierte sein Farbkonzept besonders akribisch und stellte jede Raumsituation in detaillierten und bis heute erhaltenen Entwürfen dar.

Der Farbentwurf von Alfred Arndt wird heute im Bauhausarchiv Berlin aufbewahrt und be- steht aus sechs Wandabwicklungen für die Wohnräume, vier perspektivischen Sichten in Wohnräume und Flure, zwei isometrischen Darstellungen von Wohnräumen und zwei Deckengestaltungen von Erdgeschoss und erstem Stockwerk. Für jeden Raum des Hauses hat Alfred Arndt ein eigenes Farbkonzept in Tempera und Tu- sche gezeichnet. Details wie Leisten, Wand- schränke, Türen, Fenster und Fensterlaibun- gen hat er dabei als Gestaltungsmittel einbe- zogen. Arndt verwendet keine Primärfarben, son- dern setzt graue, blaue, beige, türkise und ockerfarbige Pastelltöne ein. Dadurch ent- steht ein „weicher“ Farbklang, ergänzt und akzentuiert von architektonischen Details in kräftigem Orange, Grün oder dunklem Blau. Immer wieder greifen Wand- und Deckenbe- reiche farblich ineinander. Die komplexe, farbarchitektonisch völlig neuartige Gliederung der Innenräume ver- bindet sich mit der Architektur zu einem ein- zigartigen Zeugnis der Moderne.

Die Befundung der verwaschenen, Leichter zu erkennen war die Farbig- Die farbliche Rahmung von Türen in Leimfarbe ausgeführten Wand- keit von Türen, Fenstern und Fenster- und Fenstern gehört wie die und Deckenanstriche gestaltete sich bänken, die mit ölgebundenen farbig abgesetzten Fußleisten bisweilen schwierig. Farben behandelt waren. zum Arndtschen Stilrepertoire. erhalten & gestalten 5 6

erhalten & gestalten R in unterschiedlichen Helligkeitsstufen zimmer fördern Blau-undGrautöne Herren-ten Arbeitens:Imehemaligen ungestör- Heute wiedamalseinOrt V BEWOHNBAR Arndt Alfred ...“ dassehrschön diefanden gezeigt, prof herrn unddem denhabenwirderfrau mitmeinembilderbogen, ich „... wirsindalsohingefahren, uhe undKonzentration. om Gestern nahtlos in das Heute überführt nahtlosindasHeute om Gestern penaufgang erscheinenpenaufgang inzurückhal- Elegante Komposition: FlurundTrep- setzen dasGrau derFußleisten, Tür- tenden Farbtönen von hellem Beige blenden undTreppenwangen, das und gebrochenem Weiß. Akzente Ockerorange desFensterrahmens und derrotbraune Handlauf. Dazu gehören beispielsweise Farbtonänderungen oderder beispielsweiseDazu gehören Farbtonänderungen g te Ab wo wenige Ausnahmenaucheinige wurden. Dort, umgesetzt bisauf dassdieseEntwürfe Befundungzeigen, sorgfältigen der DieErgebnisse Farbpläne ausgearbeitet. detaillierte eines Mädchenzimmers imObergeschoss, hatAlfred Arndt Für alleRäume desHauses,mitAusnahmederKüche und und Arbeitsräume. sich befinden diesem Gebäudeteil ausschließlich Wohn- des südlichen, zweigeschossigen In bildet. Quaders manaufdieDachterrasse,aus gelangt diedenAbschluss und Trockenboden untergebracht. Vom Geschoss obersten Eingangsbereich, Treppenhaus, Küche, Bad,Waschküche Im nördlich dreigeschossigen gelegenen, Baukörper sind K W en, diesich aufdenRaumeindruck unmittelbar auswirken. uben der Villa klarinFunktions-uben derVilla undWohnbereiche auf. r alter Gropius teilte diebeidensich Gropiusalter teilte durchdringenden ische Grundkonzeption ein, sondern betreffen Änderun- ische betreffen Grundkonzeption ein,sondern w eichungen dieseniemalsindiegestal- greifen vorliegen, Einbauschränke wie hier im Verzicht auf ursprünglich vorgesehene farbige Gliederungs- Eingangsbereich des Erd- elemente. Es scheint also, als sei vor Ort nicht stur nach Ent- geschosses ließen sich wurf gearbeitet worden, sondern im Sinne eines „work in durch behutsame Aufarbei- progress“: Farbplaner und Bauherr, vielleicht auch der Ar- tung original bewahren. chitekt haben in dieser Phase kreativ in die laufenden Arbei- ten eingegriffen. Die Farbgestaltung der einzelnen Räume berücksichtigte immer auch deren spezifische Nutzung. Für das Herren- zimmer im Erdgeschoss, das dem Hausherren als Arbeits- zimmer diente, wählte Arndt gedeckte Blau- und Hellgrau- töne, für die Decke ein gebrochenes Weiß. Die Nische an der Nordwand, die sich durch die Durchdringung der bei- den Baukörper ergibt, fasst er in einen dunkleren Blauton und betont damit ihre Tiefendimension. Freundlicher Blick- fang ist das helle Gelb, das sich an Fenster- und Türrahmen sowie der Untersicht der Rollladenkästen findet. Die Füllun- gen zwischen den Fenstern sind olivfarben, ein ungewöhnli- cher Farbton, der sich aber mit den übrigen Pastelltönen des Raumes zu einem harmonischen Farbklang fügt.

Auch die Deckenkastenleuchten in den Fluren entstammen der Bauhauszeit. erhalten & gestalten 7 ÜBERGREIFEND

Die Auflösung des klassischen Raumbegriffs

Als frühes Zeugnis für den Aufbruch in die Moderne und den Wagemut eines bedeutenden Architekten steht das Haus Auerbach heute unter Denkmalschutz. In seiner Entstehungs- zeit stellte es dagegen für viele Zeitgenossen schlichtweg eine Provokation dar. Ein Wohnhaus aus verschränkten weißen Kuben, mit Flachdach, das überforderte das Ver- ständnis vieler, deren Wohnträume noch um Sprossenfenster und Satteldach kreisten. Ähnlich mag es mit der farbigen Ausgestaltung gewesen sein. Nur so ist es wohl zu erklären, dass mit dem Freitod der Auerbachs im Januar 1933 auch die farbige Fassung der Innenräume verloren ging. Alfred Arndt hatte die Ausgestaltung möglicherweise in Zu- sammenarbeit mit seinen Auftraggebern ganz auf deren Be- dürfnisse zugeschnitten. Da liegt die Vermutung nahe, dass sich spätere Bewohner damit nicht mehr identifizieren konn- ten und die Farbigkeit schnell hinter Tapeten und neuen An- strichen verschwinden ließen – eine Erklärung dafür, warum der Arndtsche Farbentwurf lange Zeit als nicht ausgeführt galt.

Farbe und Raum

Befasst man sich intensiver mit den Farbplänen für das Haus, wird schnell deutlich, dass Arndt sich mit jedem einzelnen Raum, dessen Funktion und Eigenart auseinander gesetzt hat. Jedem Raum weist er seine besondere Farbigkeit zu und orientiert sich dabei an Größen- und Lichtverhältnissen und an der Nutzung. Helles Graublau und ein Orangeton, der ins Ockerfarbene hineinspielt, sind die bestimmenden Farben im Esszimmer, das sich zusammen mit Wohn- und Arbeitszimmer im Erdge- schoss befindet. An der Südseite zieht sich das Graublau der Deckenfarbe bis zur Höhe der Schiebetür auf die Wand hin- unter – ein auch in anderen Räumen wiederkehrendes Arndt- sches Gestaltungsprinzip. Umgekehrt greift an der Nordseite der Ockerton der Wand in den Deckenbereich hinein. Die Absicht, die Arndt mit diesem Ineinandergreifen von Decken- und Wandbereichen verfolgte, war, das Erlebnis von „Raum“ zu intensivieren. Indem der Farbwechsel innerhalb der Flächen die Raumgrenzen scheinbar verschiebt, ist der Raum für den Betrachter nicht konturenlos, sondern geschlos- sener und damit deutlicher wahrnehmbar. Zugleich betrachtete Arndt die Farbe als Mittel zur Betonung der räumlichen Organsation und Struktur. Die Farbgrenzen im Esszimmer markieren auch die imaginäre Grenze, an der sich nördlicher und südlicher Kubus durchdringen und heben so die tektonische Struktur des Gebäudes hervor. Andersfarbige Türrahmen weisen auf die Funktion des Hinein- und Hinausgehens hin. erhalten & gestalten 8 „Der Mensch, der bildet und baut, muss eine besondere Gestaltungssprache erlernen, um seine Vorstellungen sichtbar machen zu können.“ Walter Gropius

Das Haus lebt mit seinen neuen Bewohnern, die auf die besondere Atmosphäre mit großer Umsicht reagieren. erhalten & gestalten 9 10 F Zeiss-Ikon, Einbauschränke, Kastenlampen, Türklinkenund waren:sprünglichen erhalten Deckenstrahler Zustand von st wurde diesdurch Begünstigt zustandes. denerfreulichen Um- desOriginal- Wiederherstellung eine möglichst detailgetreue t g aufnahme undanschließenden DieneuenEi- Sanierung. DenkmalschutzDeutschen dieArbeitenzurBestands- Stiftung des Thüringischen undder fürDenkmalpflege Landesamtes Mit demKauf desHauses1994 mitUnterstützung begannen saniert Ein Hauswird kommt zumAusdruck. hierbesonders Seine Meisterschaft s Die Kombination weicher inähnlichen Pastelltöne Helligkeits- Breite desHolzrahmens versetzt. nicht umdie aufderEsszimmerseite sondern geradlinig, in derKante allerdingsEssraum desTürrahmens, verläuft zwischen DieFarbgrenze Esszimmer abteilen. Wohn- und Der Raum sich lässt Schiebetür einerdreiteiligen mittels vom Grau. kräftigen derTürzumArbeitszimmerineinem Blendleiste umlaufende dazukontrastieren unddie dieFußleisten sind türkisfarben, verzichtet.der Ausführung WändedesZimmers Alleübrigen g te neben derSchiebetür undanderSüdwand neben derFens- f Ihnum- orientiert. Maß sich derFensterfront anderLänge Deckenspiegel, gehaltene inhellemTürkis dessen platzierte, derleicht ist Gestaltungsmerkmal asymmetrisch Auffallendes Tageslicht ungehindert und lässt einströmen. c RaumbreiteBereich überdiegesamte rei- Einefast derVilla. zusammenmitdemEsszimmersicherist derrepräsentativste Musikzimmer,Das ehemalige Wohn- heute undLesezimmer, erhalten & gestalten Felix undAnnaAuerbach in Dankbarkeit seiner gedenkt.“ ausdiesemHause,indemmanalleTage Gropius Prof. GrüßeanHerrn „…viele freundliche ekturhistorischer Bedeutungsehrwohl bewusst, wünschten ängt einBandinhellemGelb,dassich anderOstwand tufen ist ein grundlegendes Gestaltungsprinzip von Arndt. Gestaltungsprinzip eingrundlegendes ist tufen hende Fensterfront im Süden öffnet denBlick imSüdenöffnet indenGarten hende Fensterfront ensteroliven aus Horn und in die Wand integrierte Regale. undindieWandensteroliven ausHorn integrierte entümer, glücklich undsich überihren Erwerb dessenarchi- anNord- Fries undWestwandesehenen gelben wurde in and, dass einige Einrichtungsgegenstände noch Einrichtungsgegenstände and, dasseinige imur- rf r ont hinunterzieht. AufeinenimArndtschenont hinunterzieht. Farbplan vor- Gearbeitet wurde mitKEIM’scherGearbeitet Innen-Silikatfarbe. manuelle Aus-undNachmischungen erforderlich. vor Ort s unddabei dentypischenherzustellen Arndtschen, insich Um g ander verschränkten Kuben anderFassade architektur- lässt g andenbeidenDachterrassendie Metallgeländer inkräfti- r im Außenbereich Verwendung. nursehrsparsame Fenster- Farbe zumInneren desHausesfindet ImGegensatz fundete. mit Glimmeranteilen versehenen be- Terra-Nova-Außenputz zunächst mitderäußeren Fassade, andermaneinenhellen, Die denkmalpflegerischen Farbuntersuchungen begannen Die Farbigkeit überrascht durch subtileDetails FA ahmen undRollläden sindindunklemGraublau gehalten, timmigen Zusammenklangzuerreichen,timmigen waren teilweise liedernde LinienundFlächenliedernde entstehen. em Rot. Lediglich dieLicht- undSchattenwirkung derinein- dieursprüngliche Polychromie derInnenräume wieder- CETTENREICH W DeckenbandDas hellgelbe im hinab. die WändebiszumFußboden ohnzimmer ziehtsich über F der verwendeten die gleiche Helligkeit ko Ess- undWohnzimmer arbtöne. rrespondieren durch 11 erhalten & gestalten „Wir wollen erfahren, was mit uns in diesem einzigartigen Ambiente geschieht.“ Barbara Happe und Martin Fischer BEWAHRT

Rekonstruktion auf höchstem Niveau

Die klassische Problematik bei der Sanierung eines Baus Heute, nach Abschluss sämtlicher Instandsetzungsmaßnah- der frühen Moderne, die unzureichende Wärmedämmung men, ist einmal mehr deutlich geworden, dass sich die Ver- der oft dünn dimensionierten Außenbauteile, trat beim Haus nachlässigung baulicher Kleinodien im Osten Deutschlands Auerbach nicht in Erscheinung. Die Außenwände sind in im Nachhinein oft als Glücksfall erweist. 32 cm starkem Jurkomauerwerk, schlackengefüllten Beton- Vom Zahn der Zeit zwar stark angenagt, aber in der Subs- steinen mit guten Wärmedämmeigenschaften, ausgeführt. tanz gut erhalten und mangels verfügbarer Mittel in den Anders sah es beim Dachaufbau aus. Da der Architekt bei letzten Jahrzehnten weitgehend von unsensiblen Sanierungs- der Bauausführung keine Dampfsperre verlegt hatte, wurde attacken verschont geblieben, konnte die Gropiusvilla ihre dies nachgeholt und gleichzeitig die Wärmedämmmung des Authentizität und ihren besonderen Charakter wahren. Dachaufbaus unter den Dachterrassen verbessert. Verständnis für das Besondere, Risikobereitschaft, Sorgfalt in Viele der einfach verglasten Fenster waren bereits in den Forschung und Ausführung und die kompetente Zusammen- 20er-Jahren durch den Einbau eines zweiten Flügels zu so arbeit aller Beteiligten haben kein Denkmal wiedererstehen genannten Kastenfenstern umgerüstet worden. Diese Kasten- lassen, sondern ein Haus, in dem gelebt wird und das uns fenster und die gut erhaltenen Wendeflügelfenster an der heute viel von der damaligen Aufbruchstimmung in eine Südseite wurden saniert, die übrigen Fenster mit Isolierver- neue Ära zu erzählen weiß. glasung nachgebaut. Die Stahl-Glas-Konstruktion des Winter- gartens war noch vollständig erhalten, aber so stark verzo- gen, dass hier korrigierende Eingriffe nötig waren. Da der Wintergarten als thermische Pufferzone dient, beließ man es bei der Einfachverglasung. Der Einbau einer komplett neuen Zentralheizung blieb den Besitzern allerdings nicht erspart, da die alte in allen Teilen irreparabel war. Im Inneren des Hauses wurden die historischen Einbauteile und Beschläge, wo noch vorhanden, restauriert und wieder eingebaut. Der Wunsch nach größtmöglicher Originaltreue bei der Rekonstruktion ging bis ins Detail. So investierten die neuen Eigentümer viel Mühe und Zeit in die Suche nach den richtigen Klinken und Beschlägen für Fenster und Türen. Und wurden belohnt: In einem anderen Jenaer Haus, das zur selben Zeit erbaut worden war, stießen sie auf das Gesuchte. Die Fußböden wurden, wie bereits vor 70 Jahren, mit hellem Linoleum belegt. Mit einer Ausnahme: Im Schlafzimmer ließ das Ehepaar einen Teppichboden nach den Entwürfen der Bauhausschülerin Gertrud Hantschke, der späteren Frau von Alfred Arndt, verlegen.

Die umfassende Rekonstruktion erwies sich als Glücksfall für die Bewahrung des architektonischen Erbes. erhalten & gestalten 12 angrenzenden Wandflächen oberen Dielenbereich, setzte in hellem Beigegelb entsteht in hellemBeigegelb Gesättigte Farben, wiedas Arndt nursehrsparsam ein. Im Zusammenspielmitden kräftige Ultramarinblaukräftige im einer derganzwenigen Hell-Dunkel-Kontraste im g esamten Haus. architektur entlehnt. zeitgenössischen Industrie- W undSchließenÖffnen der Der Hebelmechanismus zum holz. schwarzem HornundRosen- Originale Türklinke aus intergartenfenster istder 13 erhalten & gestalten WALTER GROPIUS

Wegbereiter moderner Formgebung

Walter Gropius, 1883 in Berlin geboren, entstammt einer häusern für die „Bauhausmeister“. Die kubischen Formen Architektenfamilie. Nach dem Architekturstudium in den Jah- der schmucklosen Flachdachbauten verkündeten den pro- ren 1903 bis 1907 an den Technischen Hochschulen Berlin gressiven Zeitgeist, der damals an Deutschlands wichtigstem und München tritt er zunächst in das Büro von Peter Behrens Zentrum modernen Gestaltens herrschte. ein und macht sich 1910 als Industriedesigner und Architekt 1928 gibt Gropius die Leitung des Bauhauses an Hannes selbstständig. Meyer ab. Im Jahr 1934 emigriert er dann nach England. Die Zusammenarbeit mit seinem Partner Adolf Meyer bringt 1937 erhält er eine Professur an der Harvard University, 1913 ein frühes Meisterwerk hervor: die Schuhleistenfabrik USA. In den 60er-Jahren baut Gropius auch wieder in Fagus in Alfeld an der Leine. Erstmals findet hier ein Kon- Deutschland. struktionsprinzip Anwendung, das sich als stilbildend für die Er stirbt 1969 in Boston. moderne Architektur erweisen wird: die Trennung zwischen tragender Konstruktion und nichttragender Fassade, die als „gläserner Vorhang“, als curtain wall, ausgebildet ist und das gesamte Gebäude umzieht. Im April 1919 wird Walter Gropius zum Direktor der Kunst- gewerbeschule und der Hochschule für Bildende Kunst in ernannt und er schließt diese Ausbildungsstätten zum Staatlichen Bauhaus zusammen, mit dem erklärten Ziel, eine neue Einheit von Kunst und Handwerk zu schaffen. Zu- sammen mit Adolf Meyer baut Gropius in jener Zeit auch private Wohnhäuser, wie 1924 das Haus Auerbach in Jena. Zum ersten Mal setzt er hier konsequent seinen bereits 1910 formulierten Gedanken des „Baukastenprinzips“ für Wohn- bauten um. „Wechselweiser An- und Aufbau sich wieder- holender Raumzellen“ sollten den immer gleichen Bautyp variieren, Standardisierung und Vorfertigung den Bau ver- billigen. Mit diesen Untersuchungen legte Gropius den Grundstein für die spätere Fertigbauweise. Politische Anfeindungen und Etatkürzungen zwingen die „Vereinigung größtmöglicher Kunstschule 1925 zum Umzug nach Dessau. Nach den Ent- Typisierung mit größtmöglicher würfen von Walter Gropius entsteht dort ein neuer Komplex Variabilität“ – Untersuchungen aus Schulgebäuden, Direktorenhaus und drei Doppelwohn- zum Haus als Baukasten. erhalten & gestalten 14 ALFRED ARNDT Alle Details über die Ent- deckung der verlorenen Bauhauspionier in Sachen Farbe Farben und die umfang- reiche Sanierung des einzig- artigen Baudenkmals der Alfred Arndt wird 1896 in Elbing geboren. Nachdem er dort malerei gehören, danach unterrichtet er Ausbaukonstruktion, Architekturmoderne lassen in einem Bau- und Konstruktionsbüro eine Ausbildung als Entwurfszeichnen und Perspektive. sich in dem neu erschiene- Maschinenzeichner absolviert hat, nimmt er 1921 das Studi- Nachdem das Bauhaus 1933 von den Nationalsozialisten nen Buch „Haus Auerbach um am Bauhaus in Weimar auf. Wie alle Bauhausschüler be- aufgelöst wird, lässt sich Arndt erneut als freier Architekt in von Walter Gropius mit sucht er zunächst den Vorkurs bei Johannes Itten: eine Probstzella nieder. Er erhält Aufträge verschiedener Indus- Adolf Meyer“ nachlesen. Grundausbildung, die Handwerker und Künstler gemeinsam triebetriebe und entwirft für die AEG in Berlin Kücheneinrich- Die Autoren und Eigen- besuchen und die Kenntnisse über Form, Farbe und Beschaf- tungen. tümer beschreiben darin fenheit des Materials vermittelt. Es folgen Kurse bei Klee, 1945 wird er Leiter des Hochbauamtes in Jena. Drei Jahre kenntnisreich die Geschichte Kandinsky und Schlemmer. später gibt er dieses Amt jedoch wieder auf und übersiedelt des Hauses und seiner Arndt entscheidet sich für eine Ausbildung in der Werkstatt als freier Architekt nach Darmstadt, wo er unter anderem einstigen Bauherren, für Wandmalerei und beschließt diese1924 mit der Gesellen- 1957 das vielbeachtete Wohnhaus des Kunstsammlers Karl die Architektur und Farb- prüfung. Wie es seinen Interessen entsprach, befasst er sich Ströher samt angrenzendem Galerietrakt baut. 1976 stirbt gestaltung. in dieser Zeit eingehend mit farbigen Wand- und Raumge- der „Urbauhäusler“ (Gropius über Arndt) in Darmstadt. Barbara Happe & Martin staltungen. Dabei kommt es ihm vor allem darauf an, Farbe S. Fischer: „Haus Auerbach nicht zu Dekorationszwecken, sondern als mitgestaltendes von Walter Gropius mit Element einzusetzen. Farbe soll nicht der „Verschönerung“ Adolf Meyer“. Wasmuth- von Architektur dienen, sondern eine gleichwertige Bezie- Verlag, Tübingen 2003, hung mit der Architektur eingehen und deren raumplastische 172 Seiten, 24,– Euro, Wirkung unterstützen. ISBN 3 8030 0635 X. In erhalten gebliebenen Farbplänen für die Außengestaltung der Meisterdoppelhäuser in Dessau versucht Arndt, diesen Haus Auerbach, Jena. Vorstellungen Gestalt zu verleihen. Neben lichten Tönen Bauherren: Dr. Barbara wie Grau, Hellgelb und Rosa für die Fassaden wählt er für Happe und Prof. Dr. Martin Fensterlaibungen, Überstände, Geländer, Regenfallrohre S. Fischer oder Balkonbrüstungen starkfarbige Akzentuierungen in Architekt: Hans-Hubert Rot und Blau. In diese Zeit fällt auch seine Zusammenarbeit Krämer, Reutlingen mit Walter Gropius für die farbige Ausgestaltung der Villa Restauratoren: Restauratoren- Auerbach in Jena. gemeinschaft Bruhm & Nach dreijähriger Tätigkeit als freier Architekt in Probstzella, Serfeling, Jena Thüringen, kehrt Arndt 1929 als Meister an das Bauhaus Ausführung: zurück. Bis 1931 arbeitet er dort als Leiter der Ausbauwerk- Maler Volkland GmbH, stätten, wozu die Metall- und Möbelwerkstatt und die Wand- Eisenberg/Thüringen erhalten & gestalten 15 16 erhalten & gestalten KEIM W MODERNES F Das Material dafürkommtDas Material von KEIMFARBEN. giltespositivzunutzen. Diesen Effekt F arbe wirktaufdenMenschen zwangsläufig. –ganz ARBE FÜR F OHNEN ARBEN GmbH & Co. KG Co. & ARBEN GmbH · emtae1 62 idr · www.keimfarben.de ·Diedorf 86420 Keimstraße 16 F KEIM’sche Farben, das sind mineralischen Pigmenten. denrein dankt ihre Wirkung FarbigkeitDie brillante ver- W denen Farbe angenehmes mit nen alleEigenschaften, c Die silikatischen Innenanstri- f g Markenname alsSynonym beiträgt, kanntiven ein Effekt Anstrich, derzudiesemposi- spricht dieSinnean.Fürden F Einrichtung, Materialien, Ort. als einenangenehmen nehmung desWohnraums F vielenanderen aus? Neben macht Wohnen modernes letztlich zeitlos. Doch was g modern mag, diesesHausist auchhunderts gewesen sein die Geschichte des20.Jahr- Jahren zu.Sowechselhaft st dieseFest- Auerbach trifft FürdasHaus empfinden. als inunsere Zeitpassend was wir gelten, darf modern Wohnenmodernen Als ist. w bach wie inJenazeigen, wiedasHausAuer- Objekte arben. he von KEIMFARBEN verei- arben ausderNatur. Ge- arben undLicht –alldies dies dieWahr-aktoren ist elten: KEIM’scheelten: Mineral- und eblieben, zeitgemäß ellung seit nunmehr fast 80 ellung seitnunmehrfast eitreichend der Begriff vomeitreichend derBegriff ohnen möglich macht. Haus Auerbach. –sozeitloswiedas bis heute warenmodern undsindsie und Zeitgemäß neralfarben. Mi- die von ihmerfundenen W V ner Luftfeuchtigkeit. R und bewirkt einangenehmes Schutz vor Schimmelbefall scher Anstrich bedeutet derFarbe. Einminerali-tern g Oberfläche sindebensoaus- Schwitzwasserbildung ander ru st zwischenansammlungen An- Feuchte-diffusionsfähig. dabei hoch wasserdampf- ein. DieOberfläche bleibt bindung mitdemUntergrund lung eineuntrennbare Ver- derVerkiese-dem Prinzip g bilden, auf demUntergrund f zuDispersions- Gegensatz sowie Wohnen. gesundes Im gisches BauenundSanieren fürökolo-KEIM dasMaterial vonbilden Innenfarben einwandfreien Ökobilanz nicht toxisch undmiteiner arben, dieeineFilmschicht aumklima beiausgegliche- eschlossen wieeinAbblät- ehen dieSilikatfarben nach or 125 Adolf Jahren erhielt ri c ilhelm Keim dasPatent auf ch hlos, frei von Lösemitteln, und Untergrund sowie undUntergrund

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