Der Steppengrashüpfer, Chorthippus Vagans
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Göttinger Naturkundliche Schriften Jahr/Year: 1994 Band/Volume: 3 Autor(en)/Author(s): Meineke Thomas, Menge Kerstin, Grein Günter Artikel/Article: Der Steppengrashüpfer, Chorthippus vagans (Eversmann, 1848), (Insecta: Orthoptera) im und am Harz gefunden 45-53 Göttinger Naturkundliche Schriften3, 1994: 4 5 - 53 © 1994 Biologische Schutzgemeinschaft Göttingen Der Steppengrashüpfer, Chorthippus vagans (Ev ersm a n n , 1848), (Insecta: Orthoptera) im und am Harz gefunden* The Heath Grasshopper, Chorthippus vagans (E v e r s m a n n , 1848), (Insecta: Orthoptera) recorded in the Harz mountains Thomas Meineke, Kerstin Menge und Günter Grein The Heath Grasshopper, Chorthippus vagans, was recorded in and around the Harz mountains. Distribution, status and habitats are described and discussed. 1. Einleitung und Dorset) (MARSHALL & Haes 1988), Nord-Frankreich (Flandern) (Duijm & Der Steppengrashüpfer wurde in den Kruseman 1983), den Niederlanden meisten Teilen Süd- wie Mitteleuropas (Gelderland) (Hermes & Fliervoet 1987), und ostwärts bis in den Südteil der Nord-Jütland (Skagen, Dänemark) Sowjetunion nachgewiesen (Harz 1975). (Holst 1986) und Nord-Polen (Raum Aufgrund der meist kleinen und oft weit Danzig) (Zacher 1917) markiert. voneinander entfernt lebenden Popula In Niedersachsen wurde Chorthippus tionen gilt die Feldheuschreckenart in vagans bisher in 21 Meßtischblatt-Qua Mitteleuropa jedoch als relativ selten dranten beobachtet, und zwar in den (Bellmann 1985). Bereichen Lingen/Ems, Sage in Süd- Die nördliche Arealgrenze wird nach Oldenburg, Steinhuder Meer, Elbdünen den gegenwärtigen Kenntnissen durch zwischen Hitzacker und Bleckede, Göhr Fundorte in Süd-England (Hampshire de und Drawehn sowie um Gifhorn (vgl. *) 3. Vorarbeit zu einer Fauna der Heuschrecken, Schaben und Ohrwürmer des Harzes Eingang des Manuskriptes: 9. Oktober 1991 45 Grein 1990). Aus Hamburg gibt es einen alten Nachweis aus dem 19. Jahrhundert (Zacher 1917, Martens & Gillandt 1985). Aus Schleswig-Holstein liegen bisher keine gesicherten Fundangaben vor1). Im Ostteil der neuen Bundesrepublik Deutschland wurde die Art offenbar bis her im Raum Berlin (Köhler 1988, Prasse et. al. 1991, Zeuner 1931), am Kyffhäusergebirge (Thüringen) (KÜhl- Abb 1: Fundorte von Chorthippus vagans im HORN 1955, Schiemenz 1965, 1969) und und am Harz. Numerierung wie in Tabelle 2. bei Nebra an der Unstrut (Sachsen - Die naturräumliche Abgrenzung des Harzes folgt Spönemann (1970). Von Westen (links) Anhalt) (Schiemenz 1965) gefunden. nach Osten (rechts): Oberharz mit Hochharz, Das nördlichste Vorkommen entdeckte Unterharz, Östliche Harzabdachung. G. Grein (unveröff.) am 21.09.1991 auf dem Darß (Mecklenburg-Vorpommern). Aus dem Harz und vom Harzrand war An den gleichen Stellen wurde die Art ein Vorkommen des Steppengrashüpfers auch bei späteren Exkursionen gefunden bisher nicht bekannt (vgl. Meineke 1991). (vgl. Tab. 1). Der Nachweis war Auslöser für ge zielte Nachforschungen an anderen ge 2. Ergebnisse eignet erscheinenden Biotoptypen des Zunächst entdeckte G. Grein den Step Harzgebietes. Chorthippus vagans wurde daraufhin von T. Meineke und K. Menge pengrashüpfer 1990 auf meist südex an weiteren Stellen im Harz sowie im ponierten Felshängen des Bodetals im südlichen und nördlichen Harzvorland Bereich der Roßtrappe und der Schurre. gefunden. Die Überprüfung von Sammlungen durch T. Meineke und K. Menge ergab, 1) Die Angabe für den Raum Lübeck (Lunau daß die Art schon in der ersten Hälfte 1972) beruht offenbar auf Verwechslung dieses Jahrhunderts im und am Harz mit Chorthippus biguttulus (vgl. Smissen et al. 1989). gefunden worden ist, ohne daß dies Tab. 1: Funddaten und Anzahl der im Bodetal festgestellten Adulten von Chorthippus vagans. 4a = obere Hangkanten im Bereich der Roßtrappe (400 m), 4b = offene Gesteinspartien im oberen Hangdrittel entlang des Fußweges ins Bodetal (Schurre, 360 m). Datum 4a 4b Beobachter 12.08.1990 21 50 G. Grein 14.09.1990 2 T. Meineke u. K. Menge 21.08.1991 4 10 T. Meineke u. K. Menge 46 Tab. 2: Geographische und naturräumliche Lage der Fundorte von Chorthippus vagans im Harzgebiet. Die geographische Lage wird durch die Nummer des Meßtischblattes (1:25000), die Nummer des Quadranten und die Minutenfeldnummer im ent sprechenden Quadranten beschrieben. Bezeichnung und Abgrenzung der natur räumlichen Haupteinheiten folgen Spönemann (1970). Vgl. auch Abb. 1. Fundort Natur raum Lage 1 Burg Regenstein Blankenburger Harzvorland 4131/4/13 2 Großer Thekenberg (Harslebener Berge) Blankenburger Harzvorland 4132/3/04 3 Hinterberge (Harslebener Berge) Blankenburger Harzvorland 4132/3/05 4 Roßtrappe und Schurre (Bodetal) Unterharz 4232/3/02 5 Westlich Ackeburg (Selketal) Östliche Harzabdachung 4333/1/05 6 Westlich Wilhelmsberg (Selketal) Östliche Harzabdachung 4333/2/01 7 Wilhelmsberg (Selketal) Östliche Harzabdachung 4333/2/02 8 Klippmühle (Wippertal) Östliche Harzabdachung 4334/3/15 9 Westteil Hoher Berg (Friesdorf/Wippertal) Östliche Harzabdachung 4433/2/03 10 Südteil Hoher Berg (Friesdorf/Wippertal) Östliche Harzabdachung 4433/2/04 11 Questenberg (Nassetal) Südharzer Zechsteinhügel 4532/2/03 12 Steinberge bei Nordhausen Südharzer Zechsteinhügel 4431/3/06 Tab 3: Geologie und kennzeichnende Pflanzengesellschaften an den Fundorten von Chorthippus vagans (Fundortbezeichnungen s. Tab. 2). Angaben zur Geologie wurden Waldeck & Z itzmann (1986) und Hentschel et al. (1983) entnommen. Zur Cha rakterisierung der Vegetation wurden Beschreibungen mit Bezug zu den Fundgebieten (vgl. Hentschel et al. 1983, Schubert 1972, 1973, 1974, Stöcker 1962, 1965) und eigene Erhebungen ausgewertet. Fundort Geologie Pflanzengesellschaften 1 Kreidesandstein Euphorbio - Callunetum, Cytiso - Quercetum 2 Kreidesandstein Festuco cinereae-Corynephoretum, Cytiso-Quercetum 3 Kreidesandstein Euphorbio - Callunetum, Cytiso - Quercetum 4 Granit Calluno - Quercetum, Cytiso - Quercetum 5 Grauwacke Cytiso - Quercetum 6 Grauwacke Euphorbio - Callunetum, Calluno - Quercetum 7 Grauwacke Calluno - Quercetum 8 Tonschiefer Euphorbio - Callunetum, Calluno - Quercetum 9 Tonschiefer Euphorbio - Callunetum, Calluno - Quercetum 10 Tonschiefer Euphorbio - Callunetum, Cytiso - Quercetum 11 Zechstein Festuco glaucae-Callunetum, Lithospermo-Quercetum 12 Zechstein ? bisher erkannt bzw. publiziert wurde. ein Weibchen, das 1928 im „Steinberge Unter den Orthopteren, die von Arthur bei Nordhausen" gefunden wurde. Das Petry (Nordhausen) gesammelt wurden Belegexemplar trägt u. a. Etiketten mit und die heute im Museum der Natur in der Aufschrift „Chorthippus biguttulus" Gotha aufbewahrt werden, befindet sich und „Kühlhorn det.", wurde also offenbar 47 fehlbestimmt. Im Zoologischen Museum Die Fundhabitate sind durch Fels- oder der Universität Halle befindet sich eben Gesteinsfluren gekennzeichnet. Wie die falls ein Weibchen mit den Funddaten Aufstellung in Tabelle 3 zeigt, wird „Harz, 10.8.1947", das wahrscheinlich von sowohl basenarmes Silikatgestein als Igor Grebenscikov (biographische Daten auch relativ basenreicher Zechstein be vgl. Stubbe 1986) gesammelt wurde. siedelt. Der fehlende oder meist nur Eindeutig lokalisierbare Feststellungen flachgründig entwickelte Boden (Ranker, liegen damit aus zwölf Minutenfeldern Syroseme, Grus) läßt von Natur aus nur vor (vgl. Abb. 1 und Tab. 2). Von den im einen schütteren Bewuchs zu. Naturraum Harz gelegenen Fundorten Chorthippus vagans wurde in der Regel entfällt einer auf den Unterharz, die im Übergang von lichten Eichen -Trok- anderen sind der naturräumlichen kenwäldern zu lückigen Heidekraut- Haupteinheit Östliche Harzabdachung Heiden oder Silbergras-Fluren gefunden zuzuordnen. (Tab. 4). Diese Übergänge finden sich In der Östlichen Harzabdachung lie überall dort, wo der Wald arme Fels gen alle Fundorte in Höhen von 250 bis bänder, Gesteinsschutt- und Sandfluren 300 m ü. NN. An der Roßtrappe und der nicht oder nur mühsam zu erobern Schurre siedelt die Art dagegen in Berei vermag. Starke Erwärmung, Trockenheit, chen von 360 bis 400 m ü. NN. Verwitterung und Erosion schaffen Die mittlere Jahresniederschlagssum Standortbedingungen, die lediglich die me bleibt in allen Fundgebieten unter Entwicklung genügsamer und trocken 650 mm (vgl. Deutscher Wetterdienst heitsertragender Pionierfluren bzw. Hei 1964). Die Lebensstätten sind darüber den zulassen. Auf dem Regenstein und hinaus meist süd- oder südwestex im Bereich der Harslebener Berge be poniert und aufgrund der direkten siedelt der Steppengrashüpfer ausnahms Sonneneinstrahlung besonders wärme weise auch die völlig baumfreien Fels begünstigt. heiden und Silbergrasfluren der Gipfel- und Kammlagen. Tab 4: Funddatum, Fundhöhe und Anzahl der angetroffenen adulten Individuen von Chorthippus vagans (Mindestwerte). Daten zur Roßtrappe und Schurre (Bodetal) sind Tabelle 1 zu entnehmen. Fundort Höhe über NN Funddatum Imagines 1 Burg Regenstein 290 12.09.1991 350 2 Großer Thekenberg (Harslebener Berge) 170-200 18.09.1991 200 3 Hinterberge (Harslebener Berge) 150 18.09.1991 15 5 Westlich Ackeburg (Selketal) 270 05.10.1991 15 6 Westlich Wilhelmsberg (Selketal) 280 05.10.1991 15 7 Wilhelmsberg (Selketal) 250 05.10.1991 20 8 Klippmühle (Wippertal) 270 27.09.1991 20 9 Westteil Hoher Berg (Friesdorf/Wippertal) 250 21.09.1991 320 10 Südteil Hoher Berg (Friesdorf/Wippertal) 250-290 21.09.1991 120 11 Questenberg (Nassetal) 250-265 14.09.1991 25 12 Steinberge bei Nordhausen 260-300 Okt. 1928