Das Quartier Für Nicht Winterharte Nutzpflanzen Im Botanischen Garten Klagenfurt. Felix Schlatti, Roland Karl Eberwein
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Rudolfinum- Jahrbuch des Landesmuseums für Kärnten Jahr/Year: 2013 Band/Volume: 2012 Autor(en)/Author(s): Schlatti Felix, Eberwein Roland Karl Artikel/Article: Das Quartier für nicht winterharte Nutzpflanzen im Botanischen Garten Klagenfurt. 240-257 © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at Das Quartier für nicht winterharte Nutzpflanzen im Botanischen Garten Klagenfurt VON FELIX SCHLATTI UND ROLAND K. EBERWEIN Abb. 1: Blick auf das Quartier für nicht winterharte Nutzpflanzen. Aufn.: R. K. Eberwein © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 2: Übersichtsplan des Quartiers. Grafik: R. K. Eberwein Im 21. Jahrhundert wird die Arten anzupflanzen. Erfahrungen bekannten und gängigen Pro- Sinnhaftigkeit, exotische Nutz- aus einer großen Zahl von dukt eine lebende Pflanze in Be- pflanzen in botanischen Gärten Führungen zeigen jedoch, dass ziehung bringen zu können. zu zeigen, häufig in Frage ge- exotische Früchte und Gewürze Seit einigen Jahren rückt eth- stellt. Während noch im 18. Jahr- für viele Menschen dennoch zu nobotanisches Wissen fremder hundert Orangerien mit Pflan- einem erstaunlich großen Pro- Kulturen immer mehr in den zun gen von Mittelmeergewäch- zent satz unbekannt sind, oder Mittelpunkt des allgemeinen In- sen Besucher zum Staunen nicht mit konkreten Pflanzen in ter esses. Gleichzeitig nehmen brachten, haben viele Menschen Verbindung gebracht werden. aber Kenntnisse über das Aus- heute bereits mehrfach tropische Beispielsweise beantworten nur sehen auch bekannter Arten ab. Früchte in ihrer Heimat genos- sehr wenige Erwachsene, die Aus diesem Grund haben wir im sen. Dadurch scheint es für bota- gerne Kindern „untergeschobe- Mai 2012 ein Quartier für exoti- nische Gärten stets schwieriger ne“ Frage, warum die Banane sche Nutzpflanzen errichtet zu werden, wenig bekannte oder krumm ist, richtig. Besonders (Abb. 1). Dieses bietet eine bunte biologisch besonders spannende Kinder freuen sich, zu einem Mischung von bekannten bis hin 242 LANDESMUSEUM KÄRNTEN | RUDOLFINUM 2012 © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at Pflege in diesen Monaten sehr wichtig. Besonders kritisch ist der Frühling, da die ins Freie gebrachten Kübelpflanzen stark unter der Sonne leiden und daher oft Blattverbrennungen zeigen. Pflanzenschausammlungen las sen sich auf verschiedene Weisen gruppieren. Die klassi- sche Anordnung der Arten er- folgt nach ihren verwandtschaft- lichen Beziehungen. Ein Beispiel dafür gibt das Heil- und Gift- pflanzenquartier des Botani - schen Gartens, in dem die Pflan- zen in einer klar definierten Rei- he, nach Familien geordnet, wachsen. Zum größten Teil sind die Gewächse des Botanischen Gartens aber nach geografischer Herkunft der Art (Japan, Afrika, Mittelmeerraum usw.) und nach ökologischem Verhalten (Alpen, Moor, Farnschlucht usw.) präsen- tiert. In dem neu angelegten Quartier für exotische Nutzpflan- zen wurden Kübelpflanzen nach einer weiteren Möglichkeit, näm- lich der Art ihrer Nutzung, ange- ordnet. Die Pflanzen sind als Nah - rungspflanzen (kohlehydrat-, ei- Abb. 3: Blüte der Ananasguave (Acca sellowiana). Foto: R. K. Eberwein weiß- oder fettliefernde Pflan- zen), Gewürzpflanzen oder tech- nisch genutzte Pflanzen einge- zu wenig beachteten Arten. Die schützt werden. Als Winterquar - stuft (Abb. 2). Mehrere Arten aus Auswahl orientierte sich in erster tier steht dem Botanischen Gar- allen Gruppen lassen sich zusätz- Linie an bereits bestehenden ten kein Glashaus, sondern ein lich auch als Heilpflanzen oder Altbeständen, doch wird das Bun kersystem aus dem 2. Welt- Genussmittel liefernde Pflanzen Quartier in den nächsten Jahren krieg zur Verfügung. In diesem nutzen. Pflanzen, die sich mehre- noch Umstrukturierungen und Stollen überwintern die Mitar- ren Gruppen zuordnen lassen, Erweiterungen erfahren. beiter des Botanischen Gartens wurden nach Möglichkeit zwi- Exotische Nutzpflanzen sind seit Jahrzehnten erfolgreich sub- schen diese Abteilungen gestellt. nicht winterhart und müssen als tropische Kübelpflanzen (EBER- Das beste Beispiel dafür ist das Kübelpflanzen gezogen und von WEIN 2013). Durch die außerge- Zuckerrohr (Saccharum officina- Anfang Oktober bis Ende April/ wöhnlichen Bedingungen im rum), ein 5 Meter hoch wachsen- Anfang Mai vor Frösten ge - Stollen ist eine fachkundige des Süßgras aus Ostasien. Seine BOTANIK MIT DER AUßENSTELLE KÄRNTNER BOTANIKZENTRUM (KBZ) 243 © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 4: Eine typische, von acht breiten Längsrippen gekennzeichnete Beerenfrucht der Surinamkirsche (Eugenia uniflora). Foto: F. Schlatti mehrere Zentimeter dicken Rund um verschiedene Citrus- te) und auffällig gelben Staub- Halme sind von einem zuckerhal- Pflanzen und einen Olivenbaum beuteln (Abb. 3). Diese Filamen- tigen Mark ausgefüllt, das zu (Olea europaea) wachsen im te tragen entscheidend zur opti- Rohrzucker, Melasse und Alkohol Bereich der Nahrungspflanzen schen Wirkung der Blüte bei und weiterverarbeitet werden kann. vier Obst liefernde Myrtenge - locken Vögel als Bestäuber an. Alkohol aus Zuckerrohr lässt sich wäch se (Myrtaceae). Alle vier Wissenschaftliche Untersuchun - in Form von Rum als Genuss- Arten stammen aus dem subtro- gen aus dem brasilianischen mittel trinken oder als biologi- pischen Südamerika. Ein Merk- Bun desstaat Santa Catarina zei- scher Kraftstoff technisch einset- mal, das bei vielen Arten der gen, dass die meisten blütenbe- zen. Myrtengewächse ausgebildet suchenden Vögel den Gruppen Die folgenden Seiten geben wird, kann bei der Ananasguave der Thraupidae (Tangaren), Mimi- einen kurzen Überblick über das (Acca sellowiana) gut in den dae und Turdidae angehören. Die neu errichtete Quartier für exoti- Frühlingsmonaten studiert wer- kleinen, häufig bunt gefiederten sche Nutzpflanzen und einige den. Ihre Blüten tragen große Vögel suchen in den Blüten kei- Hinweise zu den darin gezeigten Staubblätter mit intensiv rot nen Nektar, sondern fressen die Pflanzen. gefärbten Staubfäden (Filamen- fleischigen, weiß bis rosa gefärb- 244 LANDESMUSEUM KÄRNTEN | RUDOLFINUM 2012 © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at Herstellung von Gelee, Saft und Kompott, aber auch Wein und Chips (DOS SANTOS & al. 2009). Die Früchte erfreuen sich beson- ders in Südeuropa, Nordamerika und Neuseeland großer Beliebt- heit. Große Pflanzungen findet man vor allem in Georgien, Aser- baidschan und Neuseeland. Die Ananasguave erträgt kurzfristig bis -8°C und kann daher pro- blemlos im Mittelmeerraum, aber auch in Westeuropa kultiviert werden (JANICK & PAULL 2008). Die Früchte von Acca sellowia- na sind nicht nur wohlschme- ckend, sondern enthalten auch viele wichtige Mineralstoffe und Vitamine, v. a. Kalium, Vitamin E und Niacin. Zusätzlich weisen rezente Studien darauf hin, dass einige Inhaltsstoffe antimikrobiell auf verschiedene Bakterien und Pilze wirken. Bereits die lokale Volksmedizin soll sie erfolgreich gegen Durchfallerkrankungen eingesetzt haben (BASILE & al. 2010). Ein anderer Vertreter der Myr- taceae, Eugenia uniflora, kann in manchen Jahren in reichem Fruchtbehang beobachtet wer- den. Die Pflanzen heißen im Deut schen „Surinamkirschen“ Abb. 5: Schuppenborke der Echt-Guave (Psidium guajava). Aufn.: F. Schlatti oder „Kirschmyrten“, haben mit heimischen Süß-Kirschen aber wenig gemeinsam. Sie wachsen ten Kronblätter. Währenddessen Acca sellowiana ist in zu mehrere Meter hohen immer- werden sie auf ihrem Kopf mit iSüdamerika als Feijoa sehr be- grünen Kleinbäumen oder Sträu- Pollen beladen (DUCROQUET & kannt, spielt im Erwerbsobst bau chern mit glänzenden, glatten, HICKEL 1997). Blütenbesuchende ihrer Heimat dennoch eine unter- dunkelgrünen Blättern heran. Im Vögel als Bestäubergruppe feh- geordnete Rolle. Ihre Früchte Gegensatz zu Acca sellowiana len in Kärnten jedoch gänzlich. erinnern im Geschmack an Ana- sind ihre Blüten deutlich kleiner Um bei uns Früchte von Acca sel- nas und in ihrer Form an Kiwis. und unauffälliger, die Staub - lowiana ernten zu können, müs- Sie lassen sich auch auf ähnliche blätter einheitlich weiß gefärbt sen die Blüten vom Menschen Weise auslöffeln. Außerdem eig- (JANICK & PAULL 2008). Die unter- händisch bestäubt werden. nen sie sich hervorragend zur schiedliche Farbe deutet auf eine BOTANIK MIT DER AUßENSTELLE KÄRNTNER BOTANIKZENTRUM (KBZ) 245 © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at andere Bestäubergruppe hin. pflanzen. Die Hauptanbaugebie - fallerkrankungen, Husten und Eugenia uniflora wird in erster te liegen in Brasilien, Mexiko, der anderen Erkältungskrankheiten Linie von Bienen bestäubt (DA Dominikanischen Republik, In - ein. In Papua-Neuguinea werden SILVA & PINHEIRO 2009). dien, Pakistan, Ecuador, Kolum- Auskochungen von Zweigspitzen Nach erfolgreicher Bestäu - bien, den Philippinen, Südafrika zur Behandlung von Hepatitis bung und Befruchtung entwi- und Thailand. verwendet (KHARE 2007). In ckeln sich etwa 2–3 cm große Psidium guajava wächst in der Afrika sollen die Blätter sogar Beerenfrüchte mit typischerwei- Natur als mehrere Meter hoher Fiebertees gegen Malaria beige- se 8 breiten Längsrippen (Abb. Strauch, wird aber in Kultur mischt sein (IWU 1993). In wissen- 4). Ihre Farbe wechselt mit der baumförmig gezogen. Wie viele schaftlichen Untersuchungen Reife von Grün über Orange bis Arten der Gattung