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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Rudolfinum- Jahrbuch des Landesmuseums für Kärnten

Jahr/Year: 2013

Band/Volume: 2012

Autor(en)/Author(s): Schlatti Felix, Eberwein Roland Karl

Artikel/Article: Das Quartier für nicht winterharte Nutzpflanzen im Botanischen Garten Klagenfurt. 240-257 © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at

Das Quartier für nicht winterharte Nutzpflanzen im Botanischen Garten Klagenfurt VON FELIX SCHLATTI UND ROLAND K. EBERWEIN

Abb. 1: Blick auf das Quartier für nicht winterharte Nutzpflanzen. Aufn.: R. K. Eberwein © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at

Abb. 2: Übersichtsplan des Quartiers. Grafik: R. K. Eberwein

Im 21. Jahrhundert wird die Arten anzupflanzen. Erfahrungen bekannten und gängigen Pro- Sinnhaftigkeit, exotische Nutz- aus einer großen Zahl von dukt eine lebende Pflanze in Be- pflanzen in botanischen Gärten Führungen zeigen jedoch, dass ziehung bringen zu können. zu zeigen, häufig in Frage ge- exotische Früchte und Gewürze Seit einigen Jahren rückt eth- stellt. Während noch im 18. Jahr- für viele Menschen dennoch zu nobotanisches Wissen fremder hundert Orangerien mit Pflan- einem erstaunlich großen Pro- Kulturen immer mehr in den zun gen von Mittelmeergewäch- zent satz unbekannt sind, oder Mittelpunkt des allgemeinen In- sen Besucher zum Staunen nicht mit konkreten Pflanzen in ter esses. Gleichzeitig nehmen brachten, haben viele Menschen Verbindung gebracht werden. aber Kenntnisse über das Aus- heute bereits mehrfach tropische Beispielsweise beantworten nur sehen auch bekannter Arten ab. Früchte in ihrer Heimat genos- sehr wenige Erwachsene, die Aus diesem Grund haben wir im sen. Dadurch scheint es für bota- gerne Kindern „untergeschobe- Mai 2012 ein Quartier für exoti- nische Gärten stets schwieriger ne“ Frage, warum die Banane sche Nutzpflanzen errichtet zu werden, wenig bekannte oder krumm ist, richtig. Besonders (Abb. 1). Dieses bietet eine bunte biologisch besonders spannende Kinder freuen sich, zu einem Mischung von bekannten bis hin

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Pflege in diesen Monaten sehr wichtig. Besonders kritisch ist der Frühling, da die ins Freie gebrachten Kübelpflanzen stark unter der Sonne leiden und daher oft Blattverbrennungen zeigen. Pflanzenschausammlungen las sen sich auf verschiedene Weisen gruppieren. Die klassi- sche Anordnung der Arten er- folgt nach ihren verwandtschaft- lichen Beziehungen. Ein Beispiel dafür gibt das Heil- und Gift- pflanzenquartier des Botani - schen Gartens, in dem die Pflan- zen in einer klar definierten Rei- he, nach Familien geordnet, wachsen. Zum größten Teil sind die Gewächse des Botanischen Gartens aber nach geografischer Herkunft der Art (Japan, Afrika, Mittelmeerraum usw.) und nach ökologischem Verhalten (Alpen, Moor, Farnschlucht usw.) präsen- tiert. In dem neu angelegten Quartier für exotische Nutzpflan- zen wurden Kübelpflanzen nach einer weiteren Möglichkeit, näm- lich der Art ihrer Nutzung, ange- ordnet. Die Pflanzen sind als Nah - rungspflanzen (kohlehydrat-, ei- Abb. 3: Blüte der Ananasguave (Acca sellowiana). Foto: R. K. Eberwein weiß- oder fettliefernde Pflan- zen), Gewürzpflanzen oder tech- nisch genutzte Pflanzen einge- zu wenig beachteten Arten. Die schützt werden. Als Winterquar - stuft (Abb. 2). Mehrere Arten aus Auswahl orientierte sich in erster tier steht dem Botanischen Gar- allen Gruppen lassen sich zusätz- Linie an bereits bestehenden ten kein Glashaus, sondern ein lich auch als Heilpflanzen oder Altbeständen, doch wird das Bun kersystem aus dem 2. Welt- Genussmittel liefernde Pflanzen Quartier in den nächsten Jahren krieg zur Verfügung. In diesem nutzen. Pflanzen, die sich mehre- noch Umstrukturierungen und Stollen überwintern die Mitar- ren Gruppen zuordnen lassen, Erweiterungen erfahren. beiter des Botanischen Gartens wurden nach Möglichkeit zwi- Exotische Nutzpflanzen sind seit Jahrzehnten erfolgreich sub- schen diese Abteilungen gestellt. nicht winterhart und müssen als tropische Kübelpflanzen (EBER- Das beste Beispiel dafür ist das Kübelpflanzen gezogen und von WEIN 2013). Durch die außerge- Zuckerrohr (Saccharum officina- Anfang Oktober bis Ende April/ wöhnlichen Bedingungen im rum), ein 5 Meter hoch wachsen- Anfang Mai vor Frösten ge - Stollen ist eine fachkundige des Süßgras aus Ostasien. Seine

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Abb. 4: Eine typische, von acht breiten Längsrippen gekennzeichnete Beerenfrucht der Surinamkirsche (Eugenia uniflora). Foto: F. Schlatti

mehrere Zentimeter dicken Rund um verschiedene Citrus- te) und auffällig gelben Staub- Halme sind von einem zuckerhal- Pflanzen und einen Olivenbaum beuteln (Abb. 3). Diese Filamen- tigen Mark ausgefüllt, das zu (Olea europaea) wachsen im te tragen entscheidend zur opti- Rohrzucker, Melasse und Alkohol Bereich der Nahrungspflanzen schen Wirkung der Blüte bei und weiterverarbeitet werden kann. vier Obst liefernde Myrtenge - locken Vögel als Bestäuber an. Alkohol aus Zuckerrohr lässt sich wäch se (Myrtaceae). Alle vier Wissenschaftliche Untersuchun - in Form von Rum als Genuss- Arten stammen aus dem subtro- gen aus dem brasilianischen mittel trinken oder als biologi- pischen Südamerika. Ein Merk- Bun desstaat Santa Catarina zei- scher Kraftstoff technisch einset- mal, das bei vielen Arten der gen, dass die meisten blütenbe- zen. Myrtengewächse ausgebildet suchenden Vögel den Gruppen Die folgenden Seiten geben wird, kann bei der Ananasguave der Thraupidae (Tangaren), Mimi- einen kurzen Überblick über das (Acca sellowiana) gut in den dae und Turdidae angehören. Die neu errichtete Quartier für exoti- Frühlingsmonaten studiert wer- kleinen, häufig bunt gefiederten sche Nutzpflanzen und einige den. Ihre Blüten tragen große Vögel suchen in den Blüten kei- Hinweise zu den darin gezeigten Staubblätter mit intensiv rot nen Nektar, sondern fressen die Pflanzen. gefärbten Staubfäden (Filamen- fleischigen, weiß bis rosa gefärb-

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Herstellung von Gelee, Saft und Kompott, aber auch Wein und Chips (DOS SANTOS & al. 2009). Die Früchte erfreuen sich beson- ders in Südeuropa, Nordamerika und Neuseeland großer Beliebt- heit. Große Pflanzungen findet man vor allem in Georgien, Aser- baidschan und Neuseeland. Die Ananasguave erträgt kurzfristig bis -8°C und kann daher pro- blemlos im Mittelmeerraum, aber auch in Westeuropa kultiviert werden (JANICK & PAULL 2008). Die Früchte von Acca sellowia- na sind nicht nur wohlschme- ckend, sondern enthalten auch viele wichtige Mineralstoffe und Vitamine, v. a. Kalium, Vitamin E und Niacin. Zusätzlich weisen rezente Studien darauf hin, dass einige Inhaltsstoffe antimikrobiell auf verschiedene Bakterien und Pilze wirken. Bereits die lokale Volksmedizin soll sie erfolgreich gegen Durchfallerkrankungen eingesetzt haben (BASILE & al. 2010). Ein anderer Vertreter der Myr- taceae, Eugenia uniflora, kann in manchen Jahren in reichem Fruchtbehang beobachtet wer- den. Die Pflanzen heißen im Deut schen „Surinamkirschen“ Abb. 5: Schuppenborke der Echt-Guave (Psidium guajava). Aufn.: F. Schlatti oder „Kirschmyrten“, haben mit heimischen Süß-Kirschen aber wenig gemeinsam. Sie wachsen ten Kronblätter. Währenddessen Acca sellowiana ist in zu mehrere Meter hohen immer- werden sie auf ihrem Kopf mit iSüdamerika als Feijoa sehr be- grünen Kleinbäumen oder Sträu- Pollen beladen (DUCROQUET & kannt, spielt im Erwerbsobst bau chern mit glänzenden, glatten, HICKEL 1997). Blütenbesuchende ihrer Heimat dennoch eine unter- dunkelgrünen Blättern heran. Im Vögel als Bestäubergruppe feh- geordnete Rolle. Ihre Früchte Gegensatz zu Acca sellowiana len in Kärnten jedoch gänzlich. erinnern im Geschmack an Ana- sind ihre Blüten deutlich kleiner Um bei uns Früchte von Acca sel- nas und in ihrer Form an Kiwis. und unauffälliger, die Staub- lowiana ernten zu können, müs- Sie lassen sich auch auf ähnliche blätter einheitlich weiß gefärbt sen die Blüten vom Menschen Weise auslöffeln. Außerdem eig- (JANICK & PAULL 2008). Die unter- händisch bestäubt werden. nen sie sich hervorragend zur schiedliche Farbe deutet auf eine

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andere Bestäubergruppe hin. pflanzen. Die Hauptanbaugebie - fallerkrankungen, Husten und Eugenia uniflora wird in erster te liegen in Brasilien, Mexiko, der anderen Erkältungskrankheiten Linie von Bienen bestäubt (DA Dominikanischen Republik, In - ein. In Papua-Neuguinea werden SILVA & PINHEIRO 2009). dien, Pakistan, Ecuador, Kolum- Auskochungen von Zweigspitzen Nach erfolgreicher Bestäu - bien, den Philippinen, Südafrika zur Behandlung von Hepatitis bung und Befruchtung entwi- und Thailand. verwendet (KHARE 2007). In ckeln sich etwa 2–3 cm große Psidium guajava wächst in der Afrika sollen die Blätter sogar Beerenfrüchte mit typischerwei- Natur als mehrere Meter hoher Fiebertees gegen Malaria beige- se 8 breiten Längsrippen (Abb. Strauch, wird aber in Kultur mischt sein (IWU 1993). In wissen- 4). Ihre Farbe wechselt mit der baumförmig gezogen. Wie viele schaftlichen Untersuchungen Reife von Grün über Orange bis Arten der Gattung zeigt sie eine wurden einige dieser Wirkungen zu einem kräftigen Rot. Die auffällig gemusterte Schuppen- bestätigt und noch weitere ent- Früch te heißen in Brasilien borke (Abb. 5). Die Früchte errei- deckt. Zusätzlich konnten bei- „Pitanga“, in Paraguay und Boli- chen 6–12 cm im Durchmesser spielsweise auch positive vien „Ñangapiry”, „Capulí”, „Gro- und sind somit weit größer als Wirkungen auf das Herz und ent- sella” oder „Cereza de Cayena” jene von Acca sellowiana und zündungshemmende Eigen - und in Französisch Guayana Eugenia uniflora. Die birnenför- schaf ten festgestellt werden „Cerisier de Cayenne”. In den migen Beerenfrüchte sind gelb (GUTIÉRREZ & al. 2008). USA und Guayana tragen sie den bis grün gefärbt, haben ein wei- An die Gruppe der Nahrungs- Namen „Surinam cherries”. Die ßes bis rötliches Fruchtfleisch pflanzen schließt sich der Be - Früchte haben nicht nur zahlrei- und einen erfrischenden, quitten- reich mit Gewürzpflanzen an. che Namen, sondern auch einen ähnlichen Geschmack (FRANKE Neben Echt-Lorbeer (Laurus vielfältigen und dabei schwierig 2007). nobilis) und Ceylon-Zimt (Cinna- zu beschreibenden Geschmack. Der zweite Guaven-Baum der momum verum) fällt hier be- Das Fruchtfleisch schmeckt sau- Nutzpflanzen-Sammlung trägt sonders die Gruppe der verschie- er bis würzig süß, tomatenähn- den Namen Erdbeer-Guave (Psi- denen „Pfeffer“ auf. Mit dem lich, manchmal auch mild bitter dium cattleyanum fo. lucidum) Begriff „Pfeffer“ werden heute im bis harzig (JANICK & PAULL 2008). und entwickelt etwas saurere allgemeinen Sprachgebrauch Momentan erhält man die Früch- Beeren. Die Früchte beider Arten eine große Anzahl unterschiedli- te fast nur auf lokalen Märkten in schmecken frisch vorzüglich und cher Gattungen und Arten aus z. Südamerika. Sie werden frisch lassen sich einfach zu ausge- T. nicht näher verwandten gegessen oder zu Saft, Speise- zeichnetem Fruchtsaft und Pflanzenfamilien bezeichnet. eis, Marmelade und Wein weiter- Fruchtmus verarbeiten. Die Früch- Eine kurze Zusammenstellung verarbeitet (VILLACHICA & al. te der Echt-Guave schmecken der wichtigsten gehandelten 1996). unreif und weißfleischig süß, reif Arten zeigt Tab. 1. Von allen Myrtengewächsen und rotfleischig hingegen säuer- Der Name „Pfeffer“ leitet sich haben die Arten der Gattung lich. Letztere eignen sich weniger vom Sanskrit-Namen des Langen Psidium die größte Bekanntheit zum Verzehr, sondern eher zur Pfeffers „pippali“ ab. Daraus ent- und Verbreitung. Das ursprüngli- Weiterverarbeitung (JANICK & stand im Griechischen „peperi“ che Heimatgebiet der Echt- PAULL 2008). [πέπερι] und im Lateinischen Guave (Psidium guajava) lässt Echt-Guaven werden nicht „“. Die Bedeutung verlager- sich heute kaum noch ermitteln, bloß wegen ihres erfrischenden te sich von ursprünglich „Langer man vermutet es aber im nördli- Geschmacks angebaut, sondern Pfeffer“ zu „Schwarzer Pfeffer“, chen Südamerika. Heute wird die auch als weit verbreitete Volks- nachdem Letzterer vermehrt Echt-Guave in den Tropen der arz neipflanze. In Asien setzt die gehandelt wurde und den Lan- gesamten Erde angebaut und Medizin Präparate aus ihren gen Pfeffer schließlich vom Markt gehört zu den wichtigen Obst- Blättern gegen Diabetes, Durch- verdrängte.

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Familie Taxon Deutsche Quartier im Bezeichnung Botanischen Garten Anacardiaceae Schinus terebinthifolius Rosa Pfeffer Nutzpflanzen Anacardiaceae Rosa Pfeffer Nutzpflanzen Annonaceae Xylopia aethiopica Mohrenpfeffer Aristolochiaceae Asarum europaeum Wilder Pfeffer, Hasenpfeffer Heilpflanzen, Laubwald Lamiaceae hortensis Pfefferkraut, Bohnenkraut Bauerngarten Lamiaceae Vitex agnus-castus Mönchspfeffer Istrien Myrtaceae Pimenta dioica Nelkenpfeffer, Piment Mexikanischer Blattpfeffer Nutzpflanzen Piperaceae Piper borbonense Voatsiperifery Piperaceae Kubeben-Pfeffer Nutzpflanzen Piperaceae Ashanti-Pfeffer, Guinea-Pfeffer Piperaceae Piper longum Langer Pfeffer Piperaceae Piper nigrum Pfeffer, Schwarz-Pfeffer Nutzpflanzen Piperaceae Langer Pfeffer Polygonaceae Polygonum hydropiper Wasserpfeffer Moor Rutaceae Zanthoxylum bungeanum Szechuanpfeffer (China) Rutaceae Szechuanpfeffer, Nutzpflanzen Japanischer Pfeffer Solanaceae pubescens Chilipfeffer Solanaceae Capsicum baccatum Chilipfeffer Solanaceae Capsicum chinense Chilipfeffer Bauerngarten Solanaceae Capsicum frutescens Chilipfeffer Winteraceae Tasmanischer Pfeffer, Bergpfeffer Zingiberaceae Melegueta-Pfeffer, Guineapfeffer, Paradieskörner

Tabelle 1: Zusammenstellung wichtiger Taxa, die als ‚Pfeffer‘ bezeichnet werden

Schwarzer Pfeffer wird seit chend hohe Gewinne. Nach der umfasst fünf Gattungen (Zippe- weit mehr als zweitausend Jahr- Gründung portugiesischer Han- lia, Manekia, Piper, Peperomia, en in Indien kultiviert. Nach dem dels niederlassungen in Indien Verhuellia) mit insgesamt etwa Indienfeldzug Alexanders des durch Vasco da Gama verlager- 3.600 Arten und ist in allen tropi- Großen (326 v. Chr.) wurde ten sich Monopol und Gewinne schen und subtropischen Gebie- Pfeffer erstmals über arabische nach Lissabon. ten der Erde anzutreffen. Wirt- Händler nach Europa importiert. Der bekannte Schwarze Pfeffer schaftliche Bedeutung hat neben Die Herkunft dieses außerge- (Piper nigrum) entstand durch der Gattung Piper (Pfeffer) mit wöhnlichen Gewürzes, das rasch Kultivierung einer bis heute nicht ca. 2.000 Arten auch die Gattung große Beliebtheit erlangte, blieb zweifelsfrei identifizierten Peffer- Peperomia mit ca. 1.600 Arten, geheim. Venedig hatte bis zum Wildform in Malabar, an der von denen einige wenige als Beginn des 16. Jahrhunderts in Westküste Südindiens. Er gehört Zierpflanzen gehandelt werden. Europa das Monopol für den zur Pflanzenfamilie der Pfeffer- Schwarzer Pfeffer wächst als Pfefferhandel – und entspre- gewächse (Piperaceae). Diese verholzende Kletterpflanze bis

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Abb. 6: Trieb von Schwarzem Pfeffer (Piper nigrum) mit jungem Blütenstand und Pfefferfrüchte (grün, schwarz, weiß und rot). Aufn.: R. K. Eberwein

zu 10 m an Bäumen oder Kletter- punkt und Verarbeitung erhält (Gefrier trocknung) rasch ge - gerüsten hoch. Seine unschein- man vier verschiedene Handels- trocknet. Eine Fermentation baren Blüten, die bei Kulturfor- pro dukte (Abb. 6): wird dadurch unterbunden. Er men meist zwittrig sind, sitzen in Grüner Pfeffer: Früh (grün) schmeckt frisch-krautig und hat ährenförmigen Blütenständen. geerntete, unreife Früchte wer- einen geringen Schärfegrad. Die Früchte sind kleine, rote den entweder bei erhöhter Tem- Grüne Pfeffer früch te werden Steinfrüchte. Je nach Erntezeit- peratur oder im Vakuum auch eingelegt in salzige oder

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saure Laken im Handel angebo- ten. Schwarzer Pfeffer: Die Früchte werden knapp vor der Reife ge- erntet und danach bei mäßiger Temperatur getrocknet. Dabei läuft ein Fermentierungsprozess ab, welcher die Früchte schwarz färbt. Je später man den Pfeffer erntet, desto besser wird sein Aroma. Wenn sich die Früchte gelb-orange verfärben, ist der letzte Zeitpunkt erreicht, bei dem noch schwarzer Pfeffer produ- ziert werden kann. Dieser Pfeffer aus fast reifen Früchten hat ein besonders starkes Aroma. Er wird nach seinem Hauptproduk- tionsgebiet „Tellicherry-Pfeffer“ genannt. Wartet man hingegen zu lange ab, steigt der Zucker- gehalt so weit an, dass die Früch- te verfaulen, anstatt zu fermen- tieren. Weißer Pfeffer: Bei vollreifen Früchten wird nach der Ernte die äußere Hülle (Exokarp und Meso- karp) entfernt, indem man die Früchte eine Woche in langsam fließendem Wasser einweicht. Dabei zerfallen Exo- und Meso- karp und können mechanisch vom Endokarp abgetrennt wer- den. Das Endokarp wird getrock- net und ergibt den weißen Pfeffer. Durch das Entfernen der Hülle fehlen dem weißen Pfeffer viele Aromastoffe und Zucker. Er schmeckt daher vorwiegend Abb. 7: Blütenstand vom Kubeben-Pfeffer (Piper cubeba). Aufn.: R. K. Eberwein scharf.

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Roter Pfeffer: Vollreife Früchte müssen sehr rasch getrocknet werden, um ein Verfaulen oder ein Fermentieren zu verhindern. Meist wird dies durch eine Trock- nung im Vakuum (Gefriertrock- nung) bewerkstelligt. Roter Pfef- fer schmeckt süß, frisch-krautig und sehr scharf. Er ist ein sehr seltenes Handelsgut und ent- sprechend teuer. Fallweise wird auch in Lake eingelegter, roter Pfeffer angeboten. Die Süße geht bei dieser Konservierungsmetho - de jedoch verloren (RAVINDRAN 2000). Der Kubeben-Pfeffer (Piper cubeba) stammt ursprünglich aus Indonesien (Abb. 7). Heute wird er auch in afrikanischen Ländern und auf Sri Lanka ange- baut. Die noch grünen Früchte werden mit ihrem Stiel geerntet und in der Sonne getrocknet, bis sie schwarz werden. Davon leiten sich auch die populären Namen „Stiel-Pfeffer“ und „Schwanz- Pfeffer“ ab. Der Geschmack ist scharf und bitter, mit einem star- ken Terpenaroma. Letzteres wird in der Literatur als trocken-hol- zig, warm-kampferartig und wür- zig-pfeffrig beschrieben. Im Europa des 16. und 17. Jahrhun - derts hatten Kubeben eine große Bedeutung als Pfefferersatz. Heute spielen sie noch eine ge- wisse Rolle in einigen nordafrika- Abb. 8: Hoja santa (Piper auritum) aus dem tropischen Mittelamerika. Aufn.: R. K. nischen Ländern, allen voran Eberwein Marokko und Tunesien, in Ge- würz mischungen wie Ras el- Hanout sowie in der indonesi- bis zu 30 cm lang werdenden, fri- an Anis, Muskat und Pfeffer. Die schen Küche. schen Blätter werden zum Ein- Schärfe ist nur schwach ausge- Der Mexikanische Blattpfeffer wickeln von Fisch vor dem Grillen prägt. (Piper auritum), auch Hoja santa oder auch für Saucen verwendet. Als Szechuanpfeffer werden genannt, stammt aus dem tropi- Ihr Geschmack ist angenehm die Früchte einiger Gelbholz- schen Mittelamerika (Abb. 8). Die aromatisch und erinnert entfernt Arten (Zanthoxylum spp.) aus

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Abb. 9: Der Sansho-Pfeffer (Zanthoxylum piperitum) ist ein Rautengewächs und mit Orangen und Zitronen verwandt. Aufn.: R. K. Eberwein

der Familie der Rautengewächse beitung bedarf. Verwendet wird han delten Arten sind: Zanthox- (Rutaceae) gehandelt. Die bota- die aromatische Fruchtwand. Die ylum piperitum (Anispfeffer, nische Zuordnung ist schwierig, Sa men werden entfernt. Der Ge- Japanischer Pfeffer, Szechuan - da die Abgrenzung der einzel- schmack ist hoch aromatisch, pfeffer, Sansho-Pfeffer. Vorkom- nen Arten strittig ist und zudem zitronenartig und wenig scharf. men: Japan, Korea, N-China. die Nomenklatur einer Bear- Die wichtigsten, als Gewürz ge- Abb. 9), Zanthoxylum bungea-

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num (Szechuanpfeffer. Vor- kommen: China), Zanthoxylum schinifolium (Szechuanpfeffer. Vorkommen: Korea), Zanthoxy- lum acanthopodium (Indonesi - scher Zitronen pfeffer. Vor - kommen: Indonesien), Zanthoxy- lum armatum (Nepalpfeffer. Vor- kommen: Nepal, Bhutan) und Zanthoxylum rhetsa (Jummina. Vorkommen: Indien). Unter dem Namen Rosa Pfeffer werden zwei Arten der in Sü dame rika vorkommenden Gattung Schinus (Anacar dia - ceae) gehandelt, nämlich Schi- nus terebinthifolius aus Brasilien und Schinus molle aus Peru. In Europa werden fast ausschließ- lich die etwas kleineren Früchte von Schinus terebinthifolius in getrockneter Form, selten in Lake eingelegt, angeboten. Rosa Pfeffer hat kaum Pfefferschärfe, sondern ein mildes, süßes Aroma. Er darf keinesfalls mit den reifen Früchten des Schwarzen Pfeffers (Piper nig- rum) verwechselt werden, die rot bis rotbraun gefärbt sind und intensiv pfefferartig scharf schmecken. Rosa Pfeffer wird meist als optischer Aufputz Pfeffermischungen beigemengt. Sein zarter Geschmack kommt in diesen Mischungen nicht zur Geltung. Andere Pflanzen, die auch als Abb. 10: Das Bohnenkraut (Satureja hortensis) wird heute zum Würzen von „Pfeffer“ bezeichnet werden, sind Bohnengerichten, jedoch nicht mehr als Pfefferersatz genutzt. Aufn.: R. K. zwar nicht im Nutzpflanzen-Quar- Eberwein tier zu bewundern, stehen aber in anderen Quartieren des Bota - Früchte sind schwach aroma- mischungen in nennenswertem nischen Gartens (siehe Tab. 1). tisch und schmecken leicht bit- Umfang gehandelt. Der Mönchspfeffer (Vitex ag- ter-scharf. Er wurde deshalb frü- Als Wasserpfeffer wird das hei- nus-castus) ist ein Lippenblütler her fallweise als Pfefferersatz mische Knöterichgewächs (Poly- (Lamiaceae) aus dem Mittel - genutzt. Heute wird er fast nur gonaceae) Polygonum hydropi- meerraum. Seine getrockneten mehr in Marokko für Gewürz - per bezeichnet. Die Samen des

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tensis, Abb. 10) in Notzeiten dazu, den fehlenden Pfeffer in Speisen zu ersetzen. Cayennepfeffer, Chilipfeffer oder kurz Chili bezeichnet meh- rere zentral- und südamerikani- sche Arten der Gattung Capsi- cum aus der Familie der Nacht- schattengewächse (Solana - ceae). Es sind dies: Capsicum annuum, Capsicum frutescens, Capsicum chinense, Capsicum baccatum und Capsicum pube- scens. Die Art Capsicum annu- um wird meist als „“ bezeichnet und besitzt nur eine milde Schärfe. Sorten der ande- ren genannten Arten bilden Beerenfrüchte, die eine zum Teil unerträgliche Schär fe aufweisen. Die Schärfe von Chilis wird in „Scoville-Einheiten“ angegeben. Dabei handelt es sich um eine subjektive Maßzahl, die ur - sprünglich durch Geschmacks- vergleich zwischen unterschied- lich verdünnten Chili-Extrakten festgelegt wurde. Chi lis sind leicht zu kultivieren. Dies be - dingte ihre rasche, weltweite Ver breitung und die große Be- liebtheit. Entlang der Gehölze, die das Moor umrahmen, erstreckt sich die Gruppe der technisch ge- nutz ten Pflanzen. Solche Nutz- pflanzen liefern wertvolle Roh- Abb. 11: Die Japanische Faser-Banane (Musa basjoo) steht nicht im Nutz- stoffe in Form von Bauholz, Fa- pflanzenquartier, sondern im Japanquartier. Aufn.: F. Schlatti sern, Gerbstoffen, Harzen, Balsa- men, Lacken, Wachsen, Farb- stoffen oder Kraftstoffen, die auf Wasserpfeffers schmecken sehr finden in der japanischen Küche verschiedenste Weise verarbeitet intensiv scharf und brennend. Sie für Suppen und Salate Verwen- werden können. Wir können nur dienten in der Nachkriegszeit vor dung. einige wenige, aber wichtige allem in Deutschland als Pfeffer- Ähnlich dem Wasserpfeffer Beispiele aus dieser großen, in ersatz. Heute sind sie nicht mehr diente auch das Pfefferkraut ihrer Bedeutung oft unterschätz- im Handel erhältlich. Die Blätter oder Bohnenkraut (Satureja hor- ten Gruppe ausstellen.

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Blätter bilden Spreiten, die in einem charakteristischen Schopf angeordnet stehen. Die jungen Blattscheiden werden von wei- chen, zarten und biegsamen Leitbündelscheiden durchzogen. Man kann sie maschinell oder händisch herausarbeiten, trock- nen und erhält schließlich Bana- nen fasern. Sie eignen sich her- vorragend zur Herstellung von Schiffstauen, Fischernetzen, Sack- ge weben, Bindfäden, Hän ge - matten und Kabelumhüllungen (FRANKE 2007). Zur Fasergewinnung eignet sich in erster Linie die als Manilahanf oder Abacá bekannte Musa textilis. Aber auch andere Arten, z. B. die Sikkim-Banane (Mu sa sikkimensis) oder die Ja- pa nische Faser-Banane (Musa basjoo, Japan-Quartier, Abb. 11) wurden oder werden von der lokalen Bevölkerung auf ähnliche Weise genutzt. Wir kultivieren beide letztgenannten Arten auf- grund ihrer relativen Winterhärte. Während Musa textilis bei uns nur in einem großen Glashaus über- wintert werden kann, lassen sich Musa basjoo und Musa sikkimen- sis auspflanzen. Sie benötigen allerdings einen laub- oder stroh- gefüllten Kastenüberbau als Schutz vor dem Winterfrost. Musa sikkimensis stammt aus Abb. 12: Grünrinde und junge Stacheln am Stamm des Florettseidenbaums (Ceiba Hochlagen des östlichen Hima- speciosa). Aufn.: F. Schlatti layas, wo sie in Höhen von 600 bis über 1.500 m vorkommt. Die Pflanze wird bis 5 m hoch, bildet Pflanzenfasern können bei- ben aus ihrem Rhizom kräftige Scheinstämme von bis zu 40 cm spielsweise auch aus den Blät- Scheinstämme, die aus den im Durchmesser und fällt durch tern von Bananen-Arten (Musa Querschnitt u-förmigen, steifen ihren rötlichen Stamm und ihre spp.) oder den Früchten von Blattscheiden bestehen. Oberir- oft rot gebänderten Blattspreiten Kapokbäumen (Ceiba spp.) dische Sprossachsen zeigen sich auf. Die kantigen Früchte sollen gewonnen werden. Bananen trei- nur zur Blütezeit. Die mächtigen süß schmecken und werden von

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der lokalen Bevölkerung gesam- Kapokbaums (Ceiba pentandra). ten Platz ausgepflanzt und über- melt und gegessen (MOLINA & Aufgrund ihrer geringen Masse wintert seither geradezu sensa- ROA 2000). Die Pflanze im Nutz - und ihrer schlechten Benetzbar- tionell. Einschlägige Quellen ge- pflanzenquartier wurde aber erst keit eignen sie sich hervorragend ben seine Winterhärte mit 8–11 an im April 2013 ausgepflanzt und als Füllmaterial für Kissen, (Winterhärte-Skala des US De- hat noch lange nicht ihre volle Matratzen, Schlafsäcke, sogar für par tment of Agriculture: http:// Größe erreicht. Schwimmwesten und Rettungs- planthardiness.ars.usda.gov/PHZ Der Florettseidenbaum (Ceiba ringe (SCHÜTT & LANG s. dat.). MWeb/), was eigentlich der speciosa) fällt durch seine gro- Ein bekanntes Beispiel für eine Adria- oder Atlantikküste ent- ßen, handförmig zusammenge- Harz liefernde Nutzpflanze ist spricht. Ihr Harz wurde früher als setzten Blätter und seinen kräfti- der Mastixstrauch (Pistacia len- Volksheilmittel gegen verschie- gen Stamm auf. Er wächst in tiscus). Obwohl er von Portugal dene Formen von Krebs einge- Trockenwäldern in Ost- und Zen- bis Israel natürlich vorkommt und setzt und auf Wunden aufgetra- tral-Brasilien und kann in der Re- als typischer Begleiter der medi- gen (LANGENHEIM 2003). Heute gen zeit große Wassermengen im terranen Macchie gilt, wird das wird es nur noch zu „zyprischem Stamm speichern. Am Stamm meiste Mastix seit dem Altertum Terpentin“ verarbeitet, was aber entwickelt sich eine grüne Rinde, auf der Insel Chios gewonnen. keine große wirtschaftliche Be- die über viele Jahre erhalten Die Produkte der im Südosten deu tung hat. bleibt (Abb. 12). Aus der Epider- von Chios angebauten Sträucher Rechts neben dem Florett - mis wachsen nach einigen Jahren werden auch als „Echter Mastix“ seidenbaum steht eine Pflanze, kräftige, breite Stacheln, die der bezeichnet. Sie unterscheiden deren Wachse wichtige techni- Rinde aufsitzen, das Dicken - sich in ihrem Chemismus gering- sche Rohstoffe darstellen: der wachstum des Stammes mitma- fügig von den Harzen anderer Jojobastrauch (Simmondsia chi- chen und sogar Jahresringe zei- Herkünfte. nensis). Trotz des Artepithets gen. In höherem Alter bildet auch Die Mastixsträucher werden „chinensis“ liegt sein Verbrei - Ceiba speciosa eine graue von Mitte Juli bis Mitte Oktober tungsgebiet nicht in China, son- Schup pen borke, mit der die mit tiefen, vertikalen Einschnitten dern im Nordwesten Mexikos und Stacheln schließlich wieder ab- in die Borke verletzt und das aus- in den US-Bundesstaaten Kali - geworfen werden. getretene, gehärtete Harz etwa fornien, Utah und Arizona. Die Die wunderschönen, purpurn drei Wochen später eingesam- Art wurde bei ihrer Erstbe - und gelb gefärbten Blüten des melt. Der hellgelbe Mastix dient schreibung durch Johann Hein- Florettseidenbaums können Be- als Grundsubstanz für die rich Friedrich Link 1822 irrtümli- sucherInnen des Botanischen Herstellung wasserfester Malfar- cherweise mit Pflanzenmaterial Gartens leider (noch) nicht stu- ben und natürlicher Klebstoffe aus China vermischt. Nach den dieren. In tropischen Ländern sowie zum Härten von Kunst - nomenklatorischen Regeln der entwickeln sich aus ihnen 20 cm stoffen. Außerdem findet Mastix Botanik ist Simmondsia chinensis lange, ei- bis zitronenförmige Einsatz beim Räuchern, als natür- trotzdem der gültige Name für Kapselfrüchte. Nach Absprengen licher Kaugummi und zur Aroma- das Taxon (MCNEILL & al. 2012). der äußeren Fruchthülle bleiben tisierung von Ouzo (LANGENHEIM Simmondsia chinensis ist die die Samen in einem Filz aus 2003). einzige Art der Familie Simmond - Fasern an den Fruchtstielen hän- Im Istrien-Quartier des Botani- siaceae und steht auch bioche- gen. Diese Fasern sind stabil und schen Gartens wächst eine wei- misch sehr isoliert. Ihre Embryo - leicht, können vom Wind ver- tere Pistacia-Art, die Terpentin- nen lagern in ihren Speicherkeim - frachtet werden und so die Pistazie (Pistacia terebinthus). blättern schon bei Normaltempe - Samen ausbreiten (BÖHLMANN s. Das Gehölz wurde lange als ra tur flüssiges Wachs als Reser- dat.). Sie lassen sich auf ähnliche Kübelpflanze kultiviert, vor ein vestoff ein. Dieses Wachs erlang- Weise nutzen wie jene des paar Jahren an einem geschütz- te als „Jojobaöl“ weite Bekannt-

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heit. Von fetten Ölen unterschei- bildung angewendet. Die Rinden- Dendrologie. – Weinheim: det es sich durch seinen Chemis- fasern dienen als Grundsubstanz Wiley-VCH. mus, dass es nicht schmiert, eine für die Herstellung von Seilen BOLE P. V. (s.dat.): Bixa orellana temperaturunabhängige Viskosi- und Tauen (BOLE s. dat.). In Euro- (Linné). – In: ROLOFF A., WEIS- tät zeigt und sehr lang haltbar ist. pa ist weniger bekannt. GERBER H., LANG U. M., STIMM B. Bereits die amerikanischen Völ- Er wird jedoch regelmäßig als (Hrsg., 1995–): Enzyklopädie ker Papago und Yavapai nutzten Lebensmittelfarbe (E 160b) zum der Holzgewächse. Handbuch die Samen zum Einreiben gegen Färben von Eiern, Käse, Eis, und Atlas der Dendrologie. – Hautkrankheiten (MOERMAN 2009). Desserts und Gebäck eingesetzt. Weinheim: Wiley-VCH. Heute wird Jojobawachs als Der Annattostrauch im Nutz- DA SILVA A. L. G. & PINHEIRO M. C. B. Ergänzung zu verschiedensten pflan zenquartier des Botani - (2009): Reproductive success der matologischen Präpara ten schen Gartens trägt noch keine of four species of Eugenia L. und Kosmetika, als Schmiermittel Blüten und Früchte. Er stammt (Myrtaceae). – Acta Bot. Bras. für hochtourige Motoren und als aus einer Samenaufsammlung 23(2): 526–534. Grundsubstanz in der chemi- auf der Karibikinsel Martinique, DOS SANTOS K. L., PERONI N., GURIES schen Industrie eingesetzt die über den Botanischen Garten R. P. & NODARI R. O. (2009): (FRANKE 2007). Nancy nach Klagenfurt gelangte Traditional knowledge and Das jüngste Exponat im Nutz- und hier im Frühling 2011 ausge- management of Feijoa (Acca pflanzen-Quartier ist ein Anna- sät wurde. sellowiana) in Southern Brazil. tto strauch (Bixa orellana), eine In den nächsten Jahren werden – Econ. Bot. 63(2): 204–214. Farbstoff liefernde Pflanze. Die wir weitere interessante Nutz - DUCROQUET J. P. H. J. & HICKEL E. R. Pflanze heißt auf Deutsch auch pflan zen akquirieren und die (1997): Birds as pollinators of „Orleansstrauch“, auf Spanisch Sammlung exotischer Nutzpflan- Feijoa (Acca Sellowiana Bera). „Achiote“, auf Portugiesisch zen erweitern. BesucherInnen – In: DONADIO L. C. International „Uru cu“ und auf Französisch des Gartens sollen so laufend Symposium on Myrtaceae. – „Rou cou“. Seine weißen bis rosa- Neuheiten in einem Quartier ent- Curitiba, PR, Brazil: ISHS Acta farbenen Blüten entwickeln sich decken, welches sich bereits jetzt Horticulturae 452. zu rundlichen Kapseln, die rot- als essenzieller Bestandteil der EBERWEIN R. K. (2013): 150 Jahre braun gefärbt und mit weichen, pädagogischen Arbeit im Botani- Botanischer Garten Klagenfurt. roten Stacheln besetzt sind. Zur schen Garten etabliert hat. – Carinthia II 203/123: 25–44. Reifezeit färben sich die Kapseln FRANKE W. (2007): Nutzpflanzen- braun, brechen mit zwei Klappen Literatur kunde, 7. Aufl., neu bearbeitet auf und geben den Blick auf etwa von R. Lieberei und C. 50 kleine, durch einen roten BASILE A., CONTE B., RIGANO D., Reisdorff. – Stuttgart, New Mantel kräftig gefärbte Samen SENATORE F & SORBO S. (2010): York: Thieme Verlag. frei. Antibacterial and Antifungal GUTIÉRREZ R. M, MITCHELL S & SOLIS Aus diesem Samenmantel ge- Properties of Acetonic Extract R. V. (2008): Psidium guajava: winnen die Ureinwohner Süd - of Feijoa sellowiana Fruits and a review of its traditional uses, ameri kas seit mindestens 8000 its Effect on Helicobacter pylo- phytochemistry and pharma- Jahren einen roten Farbstoff. Sie ri Growth. – Journal of Medi- cology. – J. Ethnopharmacol. benutzen ihn noch heute zum cinal Food 13(1): 189–195. 117(1): 1–27. Färben von Gesicht und Körper. BÖHLMANN D. (s.dat.): Chorisia IWU M. M. (1993): Handbook of In Mittelamerika wird Annatto speciosa Saint Hilaire, 1827. – In: african medicinal . – zusätzlich als Mittel gegen land- ROLOFF A., WEISGERBER H., LANG Boca Raton, London, New wirtschaftliche Schädlinge, zur U. M., STIMM B. (Hrsg., 1995–): York, Washington: CRC Press. Heilung von Schnittwunden und Enzyklopädie der Holzgewäch- JANICK J. & PAULL E. (2008): The zur Verhinderung von Narben- se. Handbuch und Atlas der Encyclopedia of Fruit & Nuts. –

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