Diplomarbeit
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Diplomarbeit Titel der wissenschaftlichen Arbeit Alfred Hermann Fried. Pazifist im Ersten Weltkrieg. Illusion und Vision. Verfasser Bernhard Tuider angestrebter akademischer Grad Magister der Philosophie (Mag. phil.) Wien, im Mai 2007 Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 312 Studienrichtung lt. Studienblatt: Geschichte Betreuerin: Univ. Prof. Dr. Mag. Christa Ehrmann-Hämmerle View metadata, citation and similar papers at core.ac.uk brought to you by CORE provided by OTHES Alfred H. Fried hatte die unschätzbare Gabe des ‚Common sense‘, des geradeaus und nicht in Winkelzügen Denkens, die Gabe der klaren Konzeption, der weiten, durch sachliche Bildung immer vertieften Übersicht. Er war nüchtern ohne Trockenheit, leidenschaftlich ohne jede Übertreibung, seine Ideen komplex, aber immer auf ein einheitliches Zentrum gerichtet und darum sich wechselseitig verstärkend. Dieses Zentrum, dem seine ganze geistige und moralische Leidenschaft sich zuwandte, war die Idee des Weltfriedens. (...) Die Organisation der Völkergemeinschaft, das war seine Tat vor dem Kriege. Sie stellt sein geistiges Werk dar – seine menschliche Tat aber, sie, die ihn uns als Gestalt, als Erscheinung so bewundernswert macht, begann erst mit dem Kriege. Hier hat Alfred H. Fried wirkliche Größe, historische Bedeutsamkeit erreicht. (...) Und niemand wird heute das ‚Tagebuch‘ und die Schriften Alfred H. Frieds mit größerer Beschämung lesen, als eben jene, die damals mit Hohn und Haß hinter ihm hergehetzt haben. (...) Es ist Tragik in seinem Schicksal gewesen, so unendlich viel Tragik, daß sie seine eigentlich bescheidene und vergängliche Gestalt zu wirklicher Größe und zu dauerndem Gedächtnis erhebt. Stefan Zweig, 1921 2 Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 1. Einleitung 7 2. Friedensbewegungen vor dem Ersten Weltkrieg 13 2.1 Friedensbewegungen im 19. Jahrhundert 13 2.2 Alfred Hermann Fried und Bertha von Suttner 17 2.3 Die Österreichische Friedensgesellschaft 30 2.4 Die Deutsche Friedensgesellschaft 35 3. „Die Grundlagen des revolutionären Pacifismus“ – „Die Grundlagen des ursächlichen Pazifismus“ 46 4. Alfred Hermann Fried und Bertha von Suttner: Konvergenzen und Divergenzen – „Adlatus“ oder „Inspirator“? 63 5. Pazifist im Ersten Weltkrieg – Illusion und Vision 82 5.1 Friedensbewegungen während des Ersten Weltkrieges 82 5.2 „Mein Kriegs-Tagebuch“ 91 5.2.1 Kontinuität und Wandel 96 5.2.1.1 Augusterlebnis 96 5.2.1.2 Exil in der Schweiz 100 5.2.1.3 Die Friedens-Warte 105 3 5.2.2 Presse und Propaganda 111 5.2.3 Krieg 127 5.2.4 Frieden 146 6. Resümee 171 7. Appendix 176 7.1 Programm des revolutionären Pacifismus 176 7.2 Programm für den 21. Weltfriedenskongresses in Wien 1914 178 7.3 Zweites Kriegsflugblatt der Deutschen Friedensgesellschaft 182 7.4 Friedensprogramm des Internationalen Friedensbüros, beschlossen in Bern am 7. Januar 1915 186 7.5 Mindestprogramm der Zentralorganisation für einen dauerhaften Frieden, beschlossen in Den Haag am 8. April 1915 188 7.6 Kundgebung des Internationalen Frauenkongresses zum künftigen Frieden (Friedensschluss) 1. Mai 1915 189 8. Quellen- und Literaturverzeichnis 190 8.1 Ungedruckte Quellen 190 8.2 Gedruckte Quellen 192 8.3 Zeitschriften 194 8.4 Darstellungen 195 9. Abstract 208 4 Vorwort Anlässlich zweier Lehrveranstaltungen zum Thema Der Erste Weltkrieg, die ich im Sommersemester 2004 an der Universität Wien absolvierte,1 las ich unter anderen das Buch Der Tod des Doppeladlers von Manfried Rauchensteiner.2 Durch die Lektüre dieses Buches bin ich erstmals auf den Namen Alfred Hermann Fried aufmerksam geworden. Ich erfuhr, dass Fried im Jahr 1911, als bisher einziger Österreicher nach Bertha von Suttner den Friedensnobelpreis erhalten hatte, und dass beide gemeinsam in den Jahren 1913/14 an den Vorbereitungen für den 21. Weltfriedenskongress in Wien arbeiteten, der im September 1914 tagen sollte, jedoch auf Grund der Kriegsereignisse abgesagt wurde. Diese ersten Informationen über Alfred Hermann Fried weckten mein Interesse, weshalb ich mich eingehender über ihn informieren wollte, zunächst über seine Arbeit als Pazifist und über die Begründung für die Verleihung des Friedensnobelpreises. Während meiner Recherchen im Frühjahr 2004 stellte ich fest, dass noch keine Monographie zur Biographie Alfred Hermann Frieds vorlag und, dass seine Lebensgeschichte bis zu diesem Zeitpunkt lediglich in biographischen Lexika in Form von kurzen Angaben thematisiert wurde, die sich im Wesentlichen auf die Nennung biographischer Daten und literarischer Hauptwerke beschränken.3 Ebenso wird Fried in Biographien über Bertha von Suttner nur en passant erwähnt und primär als ihr „Adlatus“ genannt.4 1 Bei den Lehrveranstaltungen handelte es sich um eine Exkursion geleitet von Professorin Christa Ehrmann-Hämmerle zu dem Thema Der Erste Weltkrieg im Gebirge. Exkursion zu Kriegsmuseen an der ehemaligen Dolomitenfront und eine Vorlesung von Professor Wolfdieter Bihl mit dem Titel Der Erste Weltkrieg: Die politischen, sozioökonomischen, militärischen, geistes-, kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Faktoren des 1. Weltkrieges. 2 Vgl. Manfried RAUCHENSTEINER: Der Tod des Doppeladlers. Österreich Ungarn und der Erste Weltkrieg, Sonderausgabe Graz/Wien/Köln 1997. 3 Vgl. Hans WEHBERG: Alfred Hermann Fried. In: Die Führer der deutschen Friedensbewegung. 1890 bis 1923, Leipzig 1923, 19-23. O. A.: Alfred Hermann Fried. In: Österreichisches Biographisches Lexikon, Bd. 1, Graz/Köln 1957, 361f. Hans WEHBERG: Alfred Hermann Fried. In: Neue Deutsche Biographie, Bd. 5, Berlin 1961, 441f. Adolf GASSER: Alfred Hermann Fried. In: Donat Helmut, Karl Holl (Hrsg.): Die Friedensbewegung. Organisierter Pazifismus in Deutschland, Österreich und in der Schweiz, Düsseldorf 1983, 135-137. Roger CHICKERING: Alfred Hermann Fried. In: Josephson Harold u.a. (Hrsg.): Biographical Dictionary of Modern Peace Leaders, Westport/London 1985, 303- 305. 4 Vgl. Gisela BRINKER-GABLER (Hg.): Kämpferin für den Frieden. Bertha von Suttner. Lebenserinnerungen, Reden und Schriften (= Die Frau in der Gesellschaft. Texte und Lebensgeschichten), Frankfurt am Main 1986. Beatrix KEMPF: Bertha von Suttner. Das Lebensbild einer großen Frau. Schriftstellerin, Politikerin, Journalistin, Wien 21965, 94ff. Brigitte HAMANN: Bertha von Suttner. Ein Leben für den Frieden, München 1991. Harald STEFFAHN: Bertha von Suttner, Reinbek 1998, 101. 5 Zusätzlich intensivierten zwei kontradiktorische Texte mein Interesse an Fried, die den Impuls gaben, sein pazifistisches Konzept genauer zu fokussieren. Der erste Text, ein Artikel in der Tageszeitung Die Presse vom Juli 2004, war gemeinsam mit Texten über österreichische NobelpreisträgerInnen abgedruckt, die bis zu diesem Zeitpunkt den Preis erhalten hatten. Der Artikel über Alfred Hermann Fried lautet wie folgt: „Alfred Hermann Fried 1864 Wien - 4.5.1921 ebenda. Wahrscheinlich der unbekannteste österreichische Nobelpreisträger. Fried bekam 1911 den Friedensnobelpreis. Zunächst Buchhandlungsgehilfe in Berlin, gab er mit Bertha von Suttner 1892-1899 die Zeitschrift ‚Die Waffen nieder‘ heraus. 1892 gründete er die ‚Deutsche Friedensgesellschaft‘, bemühte sich um internationale Verständigung und war aktiv in der Esperantobewegung tätig; während des 1. Weltkrieges lebte und arbeitete er in der Schweiz. Seine These: Die weltweit zunehmende ökonomische Verflechtung mache Kriege ökonomisch sinnlos und immer weniger wahrscheinlich. Eine Illusion, wie die Geschichte zeigt.“5 Eine Interpretation von Frieds pazifistischer Theorie durch den Historiker Karl Holl divergiert von dieser Aussage in der Presse. Holl argumentiert, dass Fried während des Ersten Weltkrieges sein pazifistisches Konzept bestätigt gesehen habe, und dass der Erste Weltkrieg nicht bedeute, dass Frieds Denkansatz falsch gewesen sei.6 Karl Holl zieht folgendes Fazit: „Die Geschichte des älteren Pazifismus hält immer noch eine Fülle von Anliegen und unerledigt gebliebener Aufgaben für den gegenwärtigen Pazifismus, für seine Theorie und seine Praxis bereit.“7 Beide Texte gaben den Impuls und bilden den Ausgangspunkt für die grundlegende Fragestellung der vorliegenden Diplomarbeit. Das Erkenntnisinteresse liegt im Spannungsfeld der beiden zitierten Texte – zwischen Illusion und Vision – und fokussiert die Theorie Frieds primär im Kontext mit dessen Erfahrungen während des Ersten Weltkrieges. 5 O. A.: Alfred Hermann Fried 1864 Wien - 4.5.1921 ebenda. In: Die Presse, 10.07.2004, R4. 6 Vgl. Karl HOLL: Scheitern und lernen. Der Pazifismus und die Zäsur des Ersten Weltkrieges. In: Dominikowski Thomas, Regine Mehl (Hrsg.): Dem Humanismus verpflichtet. Zur Aktualität pazifistischen Engagements. Festschrift für Karlheinz Koppe (= Agenda Frieden, Bd. 14), Münster 1994, 65f. 7 HOLL: Scheitern und lernen, 69. 6 1. Einleitung Alfred Hermann Fried ist von der Historiographie lange Zeit vernachlässigt worden. Außer einer Arbeit, die kurz nach seinem Tod publiziert wurde,8 liegen erst seit kurzem zwei umfangreiche Monographien zur Biographie Alfred Hermann Frieds vor.9 Als Begründung für dieses Forschungsdefizit können mehrere Ursachen genannt werden. In der Vergangenheit erwies sich das Thema Pazifismus im Vergleich zu anderen Forschungsfeldern als wenig attraktiv, einer Vielzahl an Arbeiten über den Imperialismus vor dem Ersten Weltkrieg stehen nur relativ wenige Arbeiten über die Friedensbewegungen vor 1914 gegenüber. Erst ab dem Ende der 1960er Jahre intensivierte sich das Interesse an pazifistischen Themen, und HistorikerInnen haben begonnen, sich zunehmend mit den pazifistischen Bewegungen vor dem Ersten Weltkrieg auseinanderzusetzen.10