Jahrgang 48 – Heft 3 Mai/Juni 2002

Inhaltsverzeichnis

Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Philipp Gonon Der Betrieb als Erzieher – Knappheit als pädagogische Herausforderung...... 317

Karin Büchter Betriebliche Weiterbildung – Historische Kontinuität und Durchsetzung in Theorie und Praxis ...... 336

Peter Dehnbostel Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung in der beruflichen Bildung ...... 356

Volker Bank Controlling betrieblicher Weiterbildung zwischen Hoffnung und Illusion – oder: Auch im Westen nicht viel Neues...... 378

Allgemeiner Teil

Jürgen Reyer Sozialpädagogik – ein Nachruf...... 398

Hans Peter Henecka/Frank Lipowsky Quo vadis magister? – Berufliche Wege von Lehramtsabsolventen...... 414 Besprechungen

Heinz-Elmar Tenorth HØl›ne Leenders: Der Fall Montessori. Die Geschichte einer reformpädagogischen Erziehungskonzeption im italienischen Faschismus...... 435

Marc Depaepe Christine Hofer: Die pädagogische Anthropologie Maria Montessoris – oder: Die Erziehung zum neuen Menschen...... 438

Heidemarie Kemnitz Ann Taylor Allen: Feminismus und Mütterlichkeit in Deutschland, 1800–1914 ...... 442

Sabine Andresen Petra Gester/ Christian Nürnberger: Der Erziehungsnotstand. Wie wir die Zukunft unserer Kindern retten...... 446 Susanne Gaschke: Die Erziehungskatastrophe. Kinder brauchen starke Eltern ...... 446

Dokumentation

Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 ...... 451

Pädagogische Neuerscheinungen...... 489 Content

Topic: Within-Company Further

Philipp Gonon The Company as Educator – Shortage as pedagogical challenge ...... 317 Karin Büchter Within-Company Further Education – Historical continuities and success in theory and practice ...... 336 Peter Dehnbostel Current state and Perspectives of Research on Locus of Learning in Vocational Education ...... 356 Volker Bank The Controlling of Within-Company Further Education between Hope and Illusion, or: Nothing New in the West ...... 378

Articles

Jürgen Reyer The Pedagogy of Social Work – An obituary...... 398 Hans Peter Henecka/Frank Lipowsky Quo vadis magister? – Vocational Carrers of Alumni of Teacher Education ...... 414

Book Reviews ...... 435 Habilitations and Dissertations in Pedagogics in 2001 ...... 451 New Books...... 489 Ankündigungen

Die International Society for Adolescent Psychiatry (I.S.A.P) veranstaltet vom 14.-16.06.02 in Göttingen einen Kongress zum Thema „Adoleszenz – Bindung – Destruktivität“. Namhafte Neurowissenschaftler, Psychiater und Psychoanalytiker aus dem In- und Ausland greifen die gesellschaftlich und sozialpsychiatrisch/psychotherapeutisch brisante Thematik der Gewaltbereit- schaft und Destruktivität von Jugendlichen auf. Forschungsergebnisse aus Neurobiologie, Ergebnisse der Gedächtnis- und Bindungsforschung, neue Erkenntnisse und Behandlungsansätze aus Psychiatrie und Psychoanalyse werden vorgestellt und diskutiert. Auskunft: Congress Organisation Goettingen, Rodeweg 18f, 37081 Göt- tingen, Tel.: 0551/5096464, Fax: 0551/5096469, E-Mail: webmaster@con- gressorganisation.de. Auf Anforderung wird ein gedrucktes Programm zuge- sandt. Die Internet-Seite des Kongresses: www.isap-goettingen.de enthält alle relevanten Informationen zum Kongress und bietet die Möglichkeit einer Online-Anmeldung.

Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe der ZfPäd liegen Prospekte des Böhlau Verlag, Köln, und des Hans Huber Verlag, Bern, bei. Zeitschrift für Pädagogik · Beltz Verlag, Weinheim und Basel

Anschriften der Redaktion: Prof. Dr. Ewald Terhart (geschäftsführend), Ruhr-Universität Bo- chum, Institut für Pädagogik, 44780 Bochum (Tel.: 0234/32-28752), Telefax: 0234/32-14241. E-Mail: [email protected]. Prof. Dr. Dietrich Benner, Humboldt-Universität zu , FB Erziehungswissenschaft, Institut für Allg. Pädagogik, Unter den Linden 6, 10099 Berlin. Prof. Dr. Andreas Krapp, Universität der BW München, Fakultät für Sozialwissenschaf- ten, Institut für Erziehungswissenschaft und Pädagogische Psychologie, Werner-Heisenberg- Weg 39, 85577 Neubiberg. Prof. Dr. Jürgen Oelkers, Universität Zürich, Pädagogisches Insti- tut, Gloriastr. 18a, CH-8006 Zürich. Prof. Dr. Reinhard Fatke (Besprechungen), Universität Zürich, Pädagogisches Institut, Gloriastr. 18a, CH-8006 Zürich (Tel.: 0041-1-6342761/63). Redaktionsassistenz: Martin Rothland, Ruhr-Universität Bochum, Institut für Pädagogik, 44780 Bochum (Tel.: 0234/32-28844). E-Mail: [email protected]. Manuskripte werden auf Diskette und in dreifachem Ausdruck an den geschäftsführenden Herausgeber erbeten. Hinweise zur äußeren Form der Manuskripte finden sich auf den Seiten VI–VIII in Heft 1/2002 und auf der Website des Beltz-Verlags (www.beltz.de), Zeitschrift für Pädagogik. Die Hinweise können auch beim Redaktionsassistenten angefordert werden. Die „Zeitschrift für Pädagogik“ erscheint zweimonatlich (zusätzlich jährlich 1 bis 2 Beihefte) im Verlag Julius Beltz GmbH & Co. KG. Bibliografische Abkürzung: Z.f.Päd. Bezugsgebühren für das Jahresabonnement a 72,00 + Versandkosten. Inland a 4,20, europ. Ausland a 9,00, Preise für außereurop. Ausland und besondere Versendungsformen auf Anfrage. Ermäßigter Preis für Studenten a 49,00 + Versandkosten. Vorzugsangebot zum Kennenlernen a 15,00 (2 Hefte, portofrei). Preis des Einzelheftes a 18,00, bei Bezug durch den Verlag zuzüglich Ver- sandkosten. Zahlungen bitte erst nach Erhalt der Rechnung. Das Beiheft wird außerhalb des Abonnements zu einem ermäßigten Preis für die Abonnenten geliefert. Die Lieferung erfolgt als Drucksache und nicht im Rahmen des Postzeitungsdienstes. Abbestellungen spätestens acht Wochen vor Ablauf eines Abonnements. Das Vorzugsangebot zum Kennenlernen geht automatisch in ein Jahresabonnement über, wenn nach Erhalt des zweiten Heftes nicht abbe- stellt wurde. Gesamtherstellung: Druckhaus Beltz, 69494 Hemsbach. Anzeigenverwaltung: Brigitte Bell, Julius Beltz GmbH & Co. KG, Postfach 100154, 69441 Weinheim, Tel.: 06201/6007380, Telefax: 06201/17464. Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und der Verlag entgegen. Fragen zum Abonnement: „Zeitschrift für Pädagogik“-Aboservice c/o Koch, Neff & Oetinger Verlagsauslieferung, 70551 Stuttgart, Tel.: 0711/7899-2203 (Frau Hänel), 0711/7899-2205 (Frau Zerweck). Telefax: 0711/7899-1010. E-Mail: zeitschriften@ kno-va.de. Einzelbestellungen: Beltz-Buch-Service, Werderstr. 10, 69469 Weinheim, Tel.: 06201/6007-343 (Frau Zink). Telefax: 06201/17464. E-Mail: [email protected]. Die in der Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der bersetzung in fremde Sprachen, bleiben vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fo- tokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, ins- besondere von Datenverarbeitungsanlagen, verwendbare Sprache übertragen werden. Auch die Rechte der Wiedergabe durch Vortrag, Funk- und Fernsehsendung, im Magnettonverfah- ren oder auf ähnlichem Wege bleiben vorbehalten.

ISSN 0044–3247

Gonon: Der Betrieb als Erzieher 317

Philipp Gonon Der Betrieb als Erzieher – Knappheit als pädagogische Herausforderung1

Zusammenfassung: Nicht nur die Auszubildenden, sondern alle Betriebsangehörigen sind einem starken erziehlichen Anspruch ausgesetzt, wenn es darum geht, sich auf ‚neue Anforde- rungen der globalen Ökonomie auszurichten. Darüber hinaus wird auch dem Bildungswesen und der Gesellschaft insgesamt nahe gelegt, sich auf betriebliche Bedingungen einstellen: Um- gang mit Knappheit, Flexibilität und – vermittelt durch das Vorbild des Entrepreneurs – Un- ternehmertum sollen auf Wechselfälle individueller, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen vorbereiten. Wir können demgemäß eine innerbetriebliche, intermediäre und gesellschaftliche Perspektive des Betriebes als Erzieher unterscheiden. Innovationsbereitschaft, Fähigkeit zur Teamarbeit und das Streben nach Effizienz sind die hierbei herausragenden Tu- genden.2

1. Einleitung

Lange war der Betrieb eine ‚terra incognita, ein ferner Planet, für die Pädago- gen. Selbst den Berufs- und Wirtschaftspädagogen stand die Schule, nämlich die Berufs- oder Handelsschule weit näher als das erzieherische Geschehen in der Arbeitswelt. In pädagogischen Theorierefugien war die Arbeit allenfalls fern der Fabrik, in idealisierten Tätigkeiten des Landmanns, des Handwer- kers, des Händlers, so bei Spranger, oder der Hausfrau und Mutter, bei Pesta- lozzi, geduldet.3 Noch in den 70er-Jahren wurde der Betrieb als Hort der Ausbeutung, Versklavung, Instrumentalisierung und Herrschaftssicherung beargwöhnt, ehe er dank technologischen Wandels in den 80er und 90er-Jah- ren – wir könnten dies gleichsameine euphorische Wendung nennen –

1 Leicht korrigierte schriftliche Fassung, den mündlichen Duktus beibehaltende und um aktuelle Literaturverweise ergänzte Antrittsvorlesung, gehalten an der Universität Trier, am9.2.2000. 2 Tugenden als Erziehungsziele werden imfolgenden in einem(neo-)aristotelischen Sinne verstanden: In der Nikomachischen Ethik wird im Ersten Buch einer Vielzahl von Hand- lungen und Entschlüssen das Anstreben eines Gutes bescheinigt: Ziel der Medizin ist die Gesundheit, der Schiffsbaukunst das zu erbauende Schiff, der Ökonomik der Reichtum (Aristoteles 1951, S. 55). Dafür bedarf es spezifischer Tugenden. Für diese zu erzeugenden menschlichen Dispositionen und Fähigkeiten spielt die Erziehung eine zentrale Rolle (Nussbaum1999, S. 262f.). 3 Vgl. Pestalozzi (1930), Spranger (1970) und viele andere. Bereits in den 20er-Jahren kriti- sierte A. Siemsen (1926) diesen romantisierenden Zug der Pädagogen, wenn Sie sich auf die Arbeitswelt bezogen.

Z.f.Päd., 48. Jg. 2002, Nr. 3 318 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

über Nacht als Bildungsstätte auftauchte und Glanz entfaltete.4 Die Pädago- gik entdeckte den Betrieb und diese Inlandnahme wurde beispielsweise ein- leitend in der Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Be- rufsbildungsforschung an den Hochschulen aus demJahre 1990, als „Koinzi- denz pädagogischer und ökonomischer Vernunft“ gefeiert (Achtenhagen 1990, S. VII). Das Zusammentreffen von Pädagogik und Ökonomie hat sich seither gründlich intensiviert und findet auch andernorts bei mehreren Gele- genheiten statt, und zwar – wie zu zeigen ist – nicht nur zur Freude der Päda- gogen. Mein Ausgangspunkt ist der Betrieb. Der Betrieb ist, wie es in einemLexi- konartikel heißt, der Wirtschaftlichkeit und dembestmöglichen Erfolg ver- pflichtet (Recktenwald 1990, S. 70; Woll 1996, S. 75). Obwohl der Begriff in der Regel sehr eng mit einer Produktionsstätte von Gütern und Dienstleis- tungen verknüpft wird, dürfe nicht übersehen werden, so in einemanderen Beitrag, dass alle Organisationen einemWirtschaftlichkeitsprinzip unterlä- gen: sie müssten Aufgaben lösen und Leistungen erbringen, wobei Input und Output in einemangemessenenVerhältnis stehen sollten. Nach Meinung ei- niger Autoren können daher auch der familiäre und staatliche Haushalt, ja selbst Krankenhaus und Kirche als Betrieb gefasst werden (Claessens 1992). Dieser betriebswirtschaftlichen Sicht, lässt sich eine eher soziologische bei- gesellen. Hierbei wird das gemeinschaftliche auf Arbeitsteilung beruhende Handeln hervorgehoben (so Dahrendorf 1959; vgl. auch Adorno/Dirks 1955). Ein Betrieb ist dann erfolgreich, wenn er bei beschränkten Mitteln, Wachstum, Wohlstand, Innovation und Fortschritt gewährleistet. Max Weber sieht im Betrieb ein „kontinuierliches Zweckhandeln bestimmter Art“ (We- ber 1985, S. 28). Warum spreche ich im Zusammenhang mit dem Betrieb von Erziehung und nicht von Bildung? Es ist der ‚starke Anspruch des Betriebes als Organi- sation, der auf umfassende Verhaltens- und Dispositionsänderung setzt.5 Bil- dung als Konzept erfasst mit anderen Worten im betrieblichen Kontext nur einen Teilbereich pädagogischen Geschehens und ist zu ‚soft, denn „Bildung ist ein Angebot“, das wahrgenommen werden kann oder nicht, Erziehung hingegen eine Zumutung (vgl. Lenzen/Luhmann 1997, S. 7).6 Erziehung ist deshalb mein bevorzugter Begriff, weil er eine vorgegebene Zielrichtung be-

4 Diese Wendung lässt sich beispielhaft an zwei Veröffentlichungen von Axmacher 1974 bis Arnold 1991 festmachen. 5 Auch andere gesellschaftliche Gebilde, ja gesamte Staaten weisen solch starke (Um-) Erzie- hungsansprüche auf, umihre Mitglieder, ähnlich wie in „Erziehungsstaaten“ (Benner u.a. 1998), auf vorgesetzte Erwartungen hin zu trimmen. 6 Zuweilen wird die Erziehung demBildungsbegriff angenähert, so, wenn diese als ‚Auffor- derung zur Selbsttätigkeit bestimmt wird (Benner 1996). Gonon: Der Betrieb als Erzieher 319 nennt und eine deutliche Asymmetrie ausdrückt. Das pädagogische Gesche- hen imBetrieb ist von einemklaren Machtgefälle geprägt und geht von Defi- ziten der Educanden aus. ¾hnlich wie imVerhältnis Erwachsener – Kind wird den Betriebsangehörigen zugemutet, gesetzten Vorgaben zu folgen und in diesemeingeschränkten RahmenSelbstständigkeit und Handlungsfähig- keit zu entwickeln.7 Betrachten wir das Konzept des ‚erziehenden Unterrichts! Aus dieser Sicht geht es um mehr als die Vermittlung des Fachlichen durch Unterricht, vielmehr sei der Gedankenkreis des zu Erziehenden so zu gestalten, dass sein Wille auf das Sittliche gerichtet wird. Durch erziehenden Unterricht soll Inte- resse erzeugt werden: Ist der Zögling – so W. Rein – in einen solchen Zustand versetzt, dann will der Schüler gar nichts lieber tun als arbeiten. Unterricht bilde den Gedankenkreis, Erziehung den Charakter; das Letzte sei nicht ohne das Erste zu haben, wie er sich, auf Herbart berufend, äußert. Die Bildung des Gedankenkreises erfolgt also in der Weise, dass daraus „die rechten Wol- lungen entspringen“ (Rein 1904, S. 531). Der letzte Endzweck des Unterrichts liege demgemäß im Begriff der Tu- gend. Der erziehende Unterricht erfordere also: „Unterrichte umzu interes- sieren und interessiere umzumWollen zu bilden“. Der Nachdruck Reins be- zieht sich auf das Interesse, „das als ein bleibendes […] den Menschen zur Verfolgung weiterer Ziele antreibt“ (ebd., S. 531). Genau dieses Modell der Interessenerzeugung in eine gelenkte Richtung zur Herausbildung von Tu- genden lässt sich – so meine folgenden Überlegungen – auch auf außerschu- lische Bereiche übertragen. Das skizzierte Erziehungsverständnis imobigen Sinne ist näher an der an- gelsächsischen Tradition, wie sie etwa in John Deweys Hauptwerk „Demokra- tie und Erziehung“ (Dewey 1998) aus demJahre 1916 entfaltet wird. Erzie- hung ist weder lediglich Präparation für spätere Lebenszwecke, noch Entfal- tung von schlummernden Anlagen und auch nicht einfach Training. Erzie- hung ist an Erfahrungen gebunden und ein kontinuierlicher Prozess (Oelkers 2000, S. 281). Durch Problemwahrnehmung und Problembewältigungsver- suche lernen wir: wir als Einzelpersonen, aber auch Institutionen, die Wis-

7 Hierbei ist jedoch nicht, wie etwa W. Brezinka betont, die Absicht der moralischen Bes- serung imVordergrund, die allerdings auch bei ihmauf Menschen in jedemLebensalter bezogen werden kann (Brezinka 1975, S. 92ff.). Die Tradition pädagogischer Reflexion über Erziehung beschränkt sich auf Kinder und geht, wie sie etwa bereits Th. Waitz in seiner 1852 erschienenen Allgemeinen Pädagogik festhielt, in der Regel von einer auch moralbezogenen eindeutigen Erwachsenen-Kind- Asymmetrie aus: „Bei der Erziehung stehen zwei Individuen einander gegenüber, ein fer- tiges […] und ein werdendes, innerlich grossentheils noch unbestimmtes, äusseren Ein- wirkungen allseitig offenes“ (Waitz 1875, S. 39). 320 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung senschaften und die Gesellschaft insgesamt. Und dies bei weitem nicht aus- schließlich in der Schule, vermittelt durch Lehrer. Deweys pragmatischer Zugang betont eine überindividuelle, lebensphasenunabhängige und institu- tionenindifferente Sicht.8 Erziehung als Wachstuman Erfahrung ist unab- schließbar: hieraus bilden sich Gewohnheiten, die wiederumdie Grundlage für weitere Erziehung und Selbsterziehung sind. Auch imBetrieb werden aufbauend auf spezifischen Erfahrungen entspre- chende Gewohnheiten bzw. Dispositionen gebildet. Eine solche Perspektive legt ebenso K. Abrahamdempädagogischen Geschehen in seiner 1957 erst- mals erschienenen Veröffentlichung „Der Betrieb als Erziehungsfaktor“ zu- grunde. Die erzieherische Leistung des modernen wirtschaftlichen Betriebes bestehe darin, dass dessen „gesamtes Gefüge auf bestimmte Ziele hin aus- gerichtet ist“ und gerade durch diese besondere Art der Zielgerichtetheit „die in ihmlebenden Menschen formt“. Der Betrieb handelt in vieler Hinsicht als ein Subjekt, das den einzelnen Menschen veranlassen will, seiner Ausrichtung „eine Richtung zu geben, die demBetriebe genehmist“ (Abraham1957, S. 17). Diese funktionale Sicht Abrahams auf den Betrieb als erziehende Instanz wurde jedoch kaumweitergeführt. Ja selbst die Erziehung der Jugendlichen, als Berufserziehung in den 60er-Jahren noch ganz imSchwange (vgl. nur Schlieper 1963), geriet außer Façon. Stattdessen bürgerte sich übergreifend das Konzept der ‚Sozialisation ein.9 ImFolgenden werde ich neuere forschungsbezogene Sichtweisen auf die betriebliche Bildung und Weiterbildung in groben Zügen skizzieren, ehe ich den Betrieb als Erzieher in einemübergreifenden Sinne aufgreife: nicht nur die Betriebsangehörigen sind dann einemerziehlichen Anspruch unterstellt, sondern die Gesellschaft insgesamt. Ich werde zunächst eine innerbetriebliche Perspektive vorstellen, dann eine intermediäre vermittelt durch den Unter- nehmer (als Entrepreneur) erörtern und eine gesellschaftliche Perspektive, in unseremFalle bezogen auf das Bildungssystem,darstellen. Alle drei Perspek- tiven verweisen darauf, dass demBetrieb ein Erziehungspotenzial innewohnt, das in der heutigen Diskurslage (zu) wenig Beachtung findet.

8 Vgl. insbesondere die ersten beiden Kapitel Dewey (1998). Erziehung ist demgemäß nicht Entwicklung, weder aus der Natur sich ergebend noch auf ein höchstes Ziel hin ausgerich- tet, sondern stattdessen Wachstuman Erfahrung. Und diese gedeiht – ohne dass ich das hier weiter ausführe – in der Demokratie am ungehindertsten. 9 So sucht man den Begriff ‚Erziehung im neuesten „Wörterbuch Berufs- und Wirtschafts- pädagogik“ zwischen den Einträgen „Berufliche Bildung“ und „Berufliche Sozialisation“ vergeblich (Kaiser/Pätzold 1999)! Gonon: Der Betrieb als Erzieher 321

2. Die innerbetriebliche Perspektive: der Betrieb als Lernort für Beruf und Sozialkompetenz

Wie vomSchüler in der Schule so wird auch von den Angehörigen des Be- triebes verlangt, dass sie lernen und imBezug auf die Anforderungen der In- stitution bestimmte Tugenden wie Zuverlässigkeit, Fleiß, Ordnungsliebe und Bereitschaft sich unterzuordnen, entwickeln. E. Schmitz (1978) fasste diese Erwartung für die Weiterbildung imBetrieb in die prägnante Kurzformel,die auch als Titel seiner empirischen Untersuchung figuriert, „Leistung und Loyalität“. Betrachten wir hingegen die neuere Berufsbildungstheorie so scheint ein solch erziehlicher Anspruch beinahe aus demBetrieb entschwun- den zu sein. Es wird davon ausgegangen, dass die Familie und das Bildungswesen und imBesonderen auch die berufliche Lehre die entsprechenden Voraussetzun- gen für dieses im Betrieb weiter zu entfaltende Dual bereitstellen. Immer wie- der lassen sich allerdings Klagen vernehmen, dass Familie, Schule und selbst die berufliche Bildung ihren Erziehungsauftrag nicht wahrnehmen und falsch ausbilden: zu wenig aktuell – z.B. zu wenig Informatik –, zu kopflastig und fachbezogen statt handlungs- und projektorientiert und daher zu wenig pra- xisnah, zu individualistisch statt teamausgerichtet, zu wirtschaftsfern usw. Betriebe empfehlen sich daher häufig als erziehende Reparaturinstanz, um in- haltliche, aber auch einstellungsbezogene Defizite zu beheben. Sowohl imna- tionalen wie auch iminternationalen Rahmenwird daher demBetrieb ein hohes und vor allemauch relevantes pädagogisches Potenzial zugesprochen. Erst hier werde das andernorts Versäumte und Angelernte tatsächlich er- probt, erfahren und umgesetzt. ImUnterschied zu den 60er-Jahren haben sich in der Berufsbildungstheo- rie die Hoffnungen erfolgreichen Lernens aus der Berufsschule hinaus stärker hin zumBetrieb verlagert: neben den Bildungsinstitutionen wurden andere ‚Lernorte (wieder-)entdeckt und aufgewertet. Der Betrieb wird nicht als Ort der Erziehung, sondern des Lernens thematisiert. Entsprechend hat sich in den letzten Jahren eine Lernortforschung etabliert, die die Zusammenarbeit mit anderen Bildungsinstitutionen im Fokus hat und nach organisatorischen und didaktisierbaren Synergien fragt (Pätzold u.a. 1998). Überblicken wir die Ergebnisse dieser oft auch als Begleitforschung konzipierten Projekte, so wer- den, anders als es der Begriff Systemder beruflichen Bildung oder Weiterbil- dung suggeriert, übereinstimmend Mängel der Zusammenwirkens der unter- schiedlichen Lernorte hervorgehoben (vgl. Gonon 2000). Neben der Lernortforschung hat sich seit längerem eine Aufmerksam- keitsrichtung etabliert, die vorwiegend industriesoziologische Forschungs- ansätze aufnehmend eine steigende Qualifikationsentwicklung und anforde- 322 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung rungsreichere Organisation der Arbeit erwartet. Der technologieinduzierte Wandel begünstige eine Verberuflichung der Arbeit mit entsprechenden Pä- dagogisierungschancen.10 Interessanterweise dient diese Forschung dazu, ein pädagogisches Berufskonzept wieder zu beleben. Anders als die ‚klassische Berufspädagogik zu Zeiten Georg Kerschensteiners, Eduard Sprangers und Aloys Fischers speist sie sich nicht aus einemgesellschaftsbezogenen oder wie es damals hieß staatsbürgerlichem Auftrag, sondern der technologische Wan- del in der betrieblichen Arbeitswelt wird als entscheidender Bezugspunkt festgehalten. Lernort und sich aus der Qualifikationsentwicklung ergebende Beruflich- keit sind zwei Aspekte der betrieblich ausgerichteten Bezugspunkte berufli- cher Bildung und ihrer Theorie. Diese schwerpunktmäßig sich auf die beruf- liche Erstausbildung beziehende Diskurslage erfuhr seit den 80er-Jahren eine stetige Ausweitung Richtung beruflicher Weiterbildung, die quasi als Wurm- fortsatz immer stärkeres Gewicht beanspruchte (vgl. schon Lipsmeier 1977). Es sind neben dembereits genannten Lernortansatz insbesondere Fragen des Zugangs zur Weiterbildung imBetrieb, die thematisiertwerden. Beinahe einhellig werden seit Jahren beobachtete Tendenzen bestätigt: Weiterbildung ist stark abhängig von vorgängiger Bildung; sie bildet auch das Fundament für spätere Weiterbildungsmotivationen. Andererseits ist auch die objektive Möglichkeit der Weiterbildungsteilnahme von solchen Vorleistungen, dann aber auch vomGeschlecht und Alter abhängig (vgl. Wuest 1998; Gonon u.a. 2001). Die Zahl der Untersuchungen zur betrieblichen Weiterbildung weist seit einigen Jahren eine steigende Tendenz auf, wobei sich als Schwerpunkte der Berufs- und Weiterbildungsforschung die Bereiche Bildungspolitik, Evaluati- on und Bildungscontrolling, Wissens- und Weiterbildungsmanagement, Multimedia und neuerdings auch wieder Genderforschung hervorheben las- sen (vgl. Schiersmann u.a. 2001). Kaumthematisiert für die betriebliche Bildung und Weiterbildung, bzw. seit den Zeiten von K. Abraham, A. Dörschel und anderen nicht mehr auf- gegriffen werden hierbei die Tugenden, die – in der Sprache Brezinkas (1987) – ‚Tüchtigkeit imBeruf und Leben gewährleisten sollen. Die erziehliche Per- spektive taucht – wenn überhaupt – lediglich amRande auf, etwa bei der Be- gründung von Lehrplänen und Ausbildungsordnungen.11

10 EinemVerschwinden von Berufen stehe eine neue Verberuflichung von Tätigkeiten ent- gegen, sodass die Bilanz der Beruflichkeit der Arbeit ähnlich einemFliessgleichgewicht konstant bleibe, so etwa die Argumentation von Kutscha (1992). 11 Es ist stattdessen die bereichsunspezifische Moralstufentheorie von Kohlberg, die offen- bar durch ihren entwicklungsbezogenen Schwerpunkt weniger anstößig erscheint, die neben der Lernort- und Qualifikationsthematik Eingang in die Berufsbildungsdebatte Gonon: Der Betrieb als Erzieher 323

Selbst in der neuesten umfangreichen Berichterstattung über die Berufs- bildungsforschung der letzten Jahre finden sich kaumHinweise in besagter Richtung (van Buer u.a. 2001). Man muss schon auf Studien der 80er-Jahre zurückgreifen, umauf die empirischeErforschung von Erziehungszielen im Sinne erwarteter Tugenden imBetrieb zu stoßen. So etwa Kraft, Häfeli und Bürki-Lawaczeck, die aufgrund ihrer Studie „Lehrlingserziehung imAlltag“ die Merkmale ‚guter Lehrlinge in einer Rangliste erfassten: Zu oberst figu- riert die Selbstständigkeit, die allerdings wie sie aus ihren Daten herauslesen, als begrenzte Eigeninitiative zu fassen ist, an zweiter Stelle Unterordnung, dann Einsatz, Zuverlässigkeit, Sauberkeit, Ordnung und Anpassung an das Team(Kraft u.a. 1987, S. 33f.). Die Diskussion umArbeitstugenden ist in neueren Studien kaummehr präsent. Sie sind dennoch nicht einfach verschwunden, sondern tauchen zum Teil in neuemGewande auf, etwa wenn sie als Schlüsselqualifikationen oder als soziale Kompetenz etikettiert, als Befähigung zur Kooperation und Kon- fliktbewältigung, Teamfähigkeit und Kreativität gefasst werden (vgl. Woll- mann 1993).

3. Die intermediäre Perspektive: Vom Unternehmer als Parvenü zum Entrepreneur als Erzieher im globalen Zeitalter

Nachdemwir nun den Betrieb als erziehende Instanz beleuchtet und imHin- blick auf den aktuellen Forschungsstand hinsichtlich durch Erziehung zu er- zeugender Gewohnheiten und Tugenden eine gewisse Verlegenheit bekunden mussten, soll im Folgenden ein spezifischer Repräsentant des Betriebes in sei- ner erziehlichen Wirkung vorgestellt werden: der Unternehmer als Vorbild für die Betriebsangehörigen und in einemweiteren Sinne für die Gesellschaft. Mediatisiert immodernen,durch die harte Schule des industriellen Wandels gebildeten Unternehmers als Entrepreneur (Gerschenkron 2000, S. 133) wer- den die Gewohnheiten und Interessen sichtbar, die als Tugenden weit über die Arbeitswelt hinaus als bedeutsamerscheinen. Durch die Macht des er- folgreichen Beispiels werden bestimmte Tugenden plausibilisiert.12

gefunden hat. W. Lempert war wohl der erste, der diese auf betriebliche Situationen be- zog, umhierbei insbesondere die sozialen Beziehungen imSpannungsfeld zwischen Au- toritätskonflikt und Kooperation empirisch zu erfassen (so zu letzt Lempert 1998). 12 Getreu der Beobachtung des badischen Kirchenrates und Volksbildners Johann Ludwig Ewald gilt auch für den Entrepreneur, den findigen und agilen Unternehmer, was jener in einer „Beispielsammlung des Guten“ vorab festhielt: „Jeder ist des anderen Lehrer. Wir arbeiten, wir wirken alle auf alle. So helfe ich die Anderen erziehen, so werde auch ich wieder erzogen von ihnen“ (Ewald 1809, S. VIIIf.). 324 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Es ist der pionierhafte Entrepreneur als Begründer eines Betriebes, der zumHeros und Erzieher der Epoche wird. Hätte Th. Carlyle, ein großer Apo- loget der Arbeit, sein Werk „Helden und Heldenverehrung“ – ein auch in Deutschland als Bestseller verbreitete Schrift (Carlyle 1913)13 – im20. Jahr- hundert geschrieben, so hätte er zweifelsohne neben demDichter, Schriftstel- ler, Herrscher, Reformator und Propheten auch den Unternehmer als wei- teren Helden portraitiert. In kaum einer öffentlichen Talkshow im Fernsehen darf heute die Stimme des erfolgreichen Unternehmers fehlen. Mit dem Mahnfinger erhoben ver- sucht er Politiker und Publikum zur Raison zu bringen, indem er immer wie- der auf Wirtschaftlichkeit und erhöhte Leistungsbereitschaft pocht. Demge- mäß boomen auch Biografien, Selbstzeugnisse und Untersuchungen über die Unternehmer. Unternehmersein ist gar im Zeitalter der Globalisierung und Internetökonomie ‚chic geworden und außerdem unglaublich lohnend (Fal- lows 1999). Künftige Unternehmer oder solche die es werden wollen, können sich mit einer Fülle von Tipps, enthalten in entsprechenden Ratgebern, ein- decken. Verschiedene Erfolgsstorys von Firmengründern, Managern und Sa- nierern von Mercedes über McDonald bis Microsoft vermitteln ein Bild der Dynamik der Pioniere der jeweiligen Branchen wie auch dieser spezifischen Literaturgattung. Außergewöhnliche Unternehmer zeichnen Erfolgs- und Wachstumspfade vor. Die Gesellschaft insgesamt soll – so der in vielen Publi- kationen vertretene Anspruch – für diese Spezies mehr Verständnis aufbrin- gen, ja ist gehalten, selbst stärker unternehmerisch denken zu lernen. Auch in den Wissenschaften ist der Unternehmer Gegenstand des Interes- ses. Ein Historiker begründet mit Verweis auf Lübbes Diktum einer drohen- den „Infantilisierung der politischen Urteilskraft“, warumer Unternehmens- gründungen im19. Jahrhundert untersucht. Unser heutiger Lebensstandard und ein sorgenfreies Leben würden nicht nur als Selbstverständlichkeit, son- dern auch schon als einklagbares Recht erscheinen. Dagegen biete eine Ge- schichte über Unternehmer einen wohlfeilen Kontrast und eine dringend be- nötigte Orientierungshilfe. Denn bis heute seien Wohlstand und Wohlerge- hen „vomPioniergeist und von der Risikofreude, vomEinfallsreichtumund demWeitblick weniger Menschen“ abhängig (Maurer 1991, S. 34). Vernunft, Ausdauer und Lernwille hätten solche Pioniere dazu geführt, gegebene Ver- hältnisse nicht einfach hinzunehmen (ebd., S. 256). Das Spektrum solch porträtierten Unternehmertums ist in allen Literatur- gattungen weitläufig: es reicht von R. Bosch zu R. Branson. Ersterer verstand

13 Es erschienenen eine Vielzahl von Ausgaben. Eine ohne Jahreszahl veröffentlichte in der Reihe der deutschen Bibliothek in Berlin wurde herausgegeben von Robert von Erdberg, einemErwachsenenbildner der ‚neuen Richtung. Gonon: Der Betrieb als Erzieher 325 sich als Erzieher seiner Betriebsangehörigen, wie aus der siebenhundertseiti- gen eindrücklichen Monographie von Th. Heuss (1948, S. 249) hervorgeht, während die Autobiografie des Virgin-Gründers studentischen Lifestyle, toll- kühne Risikobereitschaft und Verquickung von Freizeit- und Arbeitsleben mit Nachahmungsappeal zelebriert und unternehmerisch umsetzt. Dieses neuere positive und buntere Bild des Unternehmertums, etwas bie- derer und nüchterner imdeutschen Sprachraum,unkonventioneller in angel- sächsischen Varianten, wie es sich in Biografien aber auch in der neueren Ge- schichtsschreibung spiegelt, kontrastiert mit der Sichtweise noch zu Beginn des Jahrhunderts. W. Sombart sah die Ursprünge des Unternehmungsgeistes in der Gier nach Gold und Geld. Darumtauchen in seiner Typologie des Un- ternehmertums auch Gewalt und Kriegszug, Spekulation, Freibeutertum und Feudalherrschaft auf (Sombart 1923). Auch J. Schumpeter zeichnete in seinen 1911 erstmals veröffentlichten „Theorien der wirtschaftlichen Entwicklung“ ein Bild des Unternehmers, das noch weit mehr von Ambivalenzen geprägt war. Die wirtschaftliche Entwick- lung beruhe auf der Durchsetzung von Neuem. Fünf Varianten, die auch als neue Kombinationen denkbar sind, schweben ihm vor: Die Herstellung eines neuen Gutes (1), die Einführung einer neuen Produktionsmethode (2), das Finden eines neuen Absatzmarktes (3), das Erstehen einer neuen Bezugsquel- le von Rohstoffen (4) oder die Neue Organisation, z. B. die Bildung eines Trusts (5). Das Wesen des Unternehmertums beruhe – Schumpeter gemäß – auf demVerhalten von Wirtschaftssubjekten, die neue Kombinationenund deren Verkörperung in Betriebsstätten durchzusetzen verstehen. Unterneh- mer als aktiv Neuerungen durchsetzende Wirtschaftssubjekte reproduzieren nicht lediglich den wirtschaftlichen Kreislauf. Sie sind hierbei nicht zwingend selbstständig, sondern oft Angestellte, z.B. im Management und demgemäß auch nicht gleichzeitig Erfinder, Techniker oder Besitzer. Sie kommen in allen geschichtlichen Epochen vor und in allen wirtschaftlichen Systemen, nicht nur imKapitalismus,sondern selbst in sozialistischen Planwirtschaften (Schumpeter 1926, S. 111ff.) Diese, wie er sie auch nennt „Revolutionäre der Wirtschaft“, seien oft Emporkömmlinge ohne Tradition, in ihrem sonstigen Leben duckmäuserisch und ängstlich, sobald sie ihr Büro verlassen hätten. Ihre Motive seien oft egoistisch gefärbt, durchaus auch irrational, eher auf Gütererwerb statt auf Genuss ausgerichtet, eine Haltung die sich als Gewohn- heit etabliere, auch dann, wenn es von wenig individuellemNutzen sei. Ein privates Reich gründen, der Wille zumSieg imWettbewerb und die Freude am Gestalten seien die Elemente, die ihnen eine Führungsrolle zukommen ließen (ebd., S. 130ff.). Ein solch zwiespältiges Bild prägt heute weit weniger das Bild des Unter- nehmers. In einer aktuellen französischen Publikation zu den Perspektiven 326 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung der gesellschaftlichen Zukunft werden Vertreter von Betrieben, wie Roth- schild Bank, Danone, Club MediterranØ etc. portraitiert. Warumwurden in dieser Veröffentlichung betitelt mit „Les grands patrons“, ausschließlich Un- ternehmer und nicht die Politiker zur Zukunft befragt? Weil die französi- schen Betriebe besser in Schuss seien als die französische Gesellschaft, so die lapidare Antwort (Ockrent/SØrØni 1998). Eine amerikanische Studie profiliert die besonders erfolgreichen Unternehmer gar als Genies. Mit dem grosspre- cherischen Untertitel „13 men who changed the world“ (die allermeisten amerikanischer Herkunft, immerhin fanden noch zwei Japaner Eingang) werden Wirtschaftsakteure aus unterschiedlichsten Branchen vorgestellt. Ih- nen werden besondere Tugenden zugeschrieben und sogar jedemEinzelnen zugeordnet: der Charismatische, der Ungeduldige, der Intuitive, der Vertrau- ende, der Beharrliche, der Risikoreiche, der Leidenschaftliche usw. Auch eine deutsche Veröffentlichung betitelt mit „49 Köpfe der deutschen Wirtschaft – Macher und Motive“ führt uns einen bekannten Personenkreis vor, von Jil Sander bis zu Gerhard Schröder (Simoneit 1995). Deren Auswahl wird damit begründet, dass sie sich durch bedeutende Ideen, Beharrlichkeit, und durch ihr Vorbild ausgezeichnet hätten. Darstellungen, die sich auf die ‚Unterneh- merelite beziehen und ihre Erfolgsstrategien ergründen wollen, finden dem- gemäß ein besonderes Interesse, denn sie drücken der Gesellschaft quasi ih- ren Stempel auf (Herles 1998). ‚Was wissen wir über die Psyche erfolgreichen Unternehmertums? fragt aus wissenschaftlicher Perspektive M. Frese. Neben vielen den Erfolg begüns- tigenden Randbedingungen sei gerade die Persönlichkeit des Unternehmers zentral: seine Leistungsmotivation, Risikofreude, Selbstsicherheit, Eigenini- tiative und Innovationsbereitschaft (Frese 1998, S.28). Der Unternehmer des ausgehenden 20. Jahrhunderts wird gar zum großen Umgestalter der Gesellschaft stilisiert. Der prominente Managementtheoreti- ker P.F. Drucker behauptet, dass imUnterschied zur Erneuerung in den letz- ten Jahrhunderten die gesellschaftliche Innovationskraft im20. Jahrhundert den Managern bzw. Unternehmern zugefallen sei (1987, S. 363). Denn gefor- dert sei die ständige Bereitschaft alles in Frage zu stellen und zu prüfen, so et- wa Bill Gates, „wie wir uns weiterentwickeln müssen“ (Gates 1995). Es ist die Gestalt des „entspannt-konzentrierten Unternehmers“, so auch K. Schwab, der Begründer des „World Economic Forum Davos“, die Unternehmertum und gesellschaftlichen Fortschritt verbinde (Zeit 2000, S.31). Dieses Unternehmerbild wirkt nicht nur in die Gesellschaft nach Außen. Von besonderemInteresse in einer intermediären Perspektive ist, dass die Tu- genden des Unternehmers als Innovators seiner Umgebung zunehmend auch nach Innen in untere Betriebshierarchien weiter vermittelt werden. In der fortschreitenden Automatisierung könnten Arbeiter und Angestellte nicht Gonon: Der Betrieb als Erzieher 327 mehr kontrolliert werden, das müssten sie nun selbst tun, quasi als Manager Ihrer selbst (vgl. Drucker 1999, S.161). Darumsei Intrapreneuring, also Un- ternehmertum nach innen angesagt (Delhees 1997, S. 247ff.). Auf allen be- trieblichen Ebenen seien unternehmerische Denkweisen, ausgerichtet auf zu- kunftsorientiertes Handeln, zu stärken. JedemBeschäftigten müsseein Stück weit Unternehmerfunktion übertragen und Unternehmergeist entwickelt werden (ebd. S. 254). Andere Autoren sprechen weiter ausholend vomKonzept des Lebens- unternehmers. Sichere Arbeitsplätze gehörten für alle der Vergangenheit an, darummüsstennicht nur Betriebsangehörige sondern gerade auch Stellen- suchende sich dieser Haltung befleißigen (Baumgartner 1997). Der Leiter des Gottlieb Duttweiler Institutes, ein auf Zukunftsfragen ausgerichtetes Kurs- zentrum, definiert in seiner Veröffentlichung „Leben und Arbeiten in der Zu- kunft“ Lebensunternehmer als Menschen, die sich für ihr eigenes Leben wie für ein Unternehmen zuständig fühlen. Dank der Sozialdemokratie wird die- ses Konzept demokratisiert und damit auch seine erzieherische Kraft als Vor- bild nur bestätigt, wenn etwa Oskar Lafontaine in der Zeit festhält: „Sozialde- mokratie heißt, ausgehend von der höchstmöglichen Entscheidung des Ein- zelnen, auch den Arbeitnehmer als Unternehmer zu begreifen. Der Mitarbei- ter ist jemand, der mitbestimmt und mitverantwortet und insoweit auch et- was unternimmt. Der sozialdemokratische Idealvertrag ist, dass in einem Be- trieb ein Kollektiv von Unternehmern zusammenarbeitet und sich die Früch- te des Unternommenen teilt“ (Zeit 1999, S. 15). Nicht nur in der Beratung und Politik, auch in wissenschaftlichen Unter- suchungen findet der Begriff des Unternehmers in einem solch ausgeweiteten Sinne Eingang. Die Entgrenzung von Arbeit bringe auch einen neuen Typus von Arbeitnehmer, eben den Arbeitskraftunternehmer, hervor. Dieser zeichne sich durch Flexibilität und Innovativität aus. Zumeinen müsstenArbeits- kräfte angesichts entgrenzter Arbeitsformen ihre Fähigkeiten und Leistungen zunehmend zweckgerichtet und kostenbewusst aktiv herstellen und damit immer mehr eine systematische Produktionsökonomie ihrer Arbeitsver- mögen betreiben. Zum anderen obliege es ihnen, ihre Fähigkeiten und Leis- tungen vermehrt auf betrieblichen und überbetrieblichen Märkten für Arbeit aktiv zu ermarkten und sicherzustellen, damit ihre Fähigkeiten und Leistun- gen gebraucht, gekauft und effektiv genutzt werden. Diese Sicht wird als „Unternehmer der eigenen Arbeitskraft“ bezeichnet (Voss 1998, S. 486). Wurde die Figur des Unternehmers zu Beginn des Jahrhunderts noch mit Skepsis und unübersehbaren Ambivalenzen gezeichnet, so hat sich in der öf- fentlichen und wissenschaftlichen Wahrnehmung ein Wandel vollzogen: vom dubiosen Parvenü zumvorbildhaften Gestalter der Gesellschaft. Die Tugend des Unternehmers besteht, wollen wir diese Ausführungen zuspitzen, in sei- 328 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung nemErneuerungsbestreben. Dieses Bild wirkt nach innen und außen, es hat sich von seiner Funktion innerhalb der gesellschaftlichen Arbeitsteilung los- gelöst, verselbstständigt und verallgemeinert.14 ¾hnlich wie die Lehrerper- sönlichkeit in ihremUnterricht auch den erziehenden Anspruch der Institu- tion Schule repräsentiert und gleichzeitig auch ihre gesellschaftliche Stellung markiert, ist es das Tun und Lassen des Entrepreneurs, das beispielhaft Um- sicht, Erneuerung und Erfolg für den Betrieb und die Gesellschaft vermittelt. Ein solches Modell strahlt auf alle gesellschaftlichen Bereiche aus.

4. Das Funktionieren des Betriebes als Vorbild im Umgang mit Knappheit: von der traditionalen Institution zur ‚lernenden Organisation

Gerade imBildungsbereich wurde durch eine gesteigerte Kadenz von Spar- beschlüssen, Organisationsentwicklungs- und Managementkonzepten den Pädagogen bewusst, dass das Zusammentreffen mit der Ökonomie nicht nur eitel Freude sein kann (vgl. Böttcher u.a. 1997). Wenn wir die letzten Jahre rückblickend auf einen Gleichklang hinsicht- lich Bildungsfragen durchforsten, so lässt sich eine Grundstimmung heraus- lesen: das öffentliche Bildungswesen sei innovationsträge und daher erneue- rungsbedürftig. Anders als vor 30 Jahren, als die Bildungskrisis an der Tatsa- che festgemacht wurde, dass zu wenig junge Leute sich um akademische Würden bemühen, wird heute die Bildungskrise darin gesehen, dass unter der Last der anstürmenden Abiturientinnen und Abiturienten die Universitä- ten außer Rand und Band geraten. Die Politiker riefen und die Leute kamen. Ihr Mahnruf wurde gehört, die ‚Bildungskatastrophe abgewendet, aber of- fenbar zeigten sich zu viele hilfsbereit, demlaut beklagten Mangel an Aka- demikern entschlossen entgegenzutreten. Von der Bildungsknappheit sind wir nun in die Phase der Ressourcenknappheit übergegangen. Man könnte eine noch zu verfassende Geschichte der Bildungspolitik aus demGesichtspunkt von Knappheiten, oder besser Klagen über Knappheiten, die meist in katastrophiler Tonlage vorgetragen werden, beschreiben. Aus- gehend von der Entbergung von Begabtenreserven erhielt das Konzept der ‚Chancengleichheit eine wuchtige Prominenz, oder – um eine beliebte Cha- rakterisierung hervorzuheben – wurde zum Paradigma der Bildungsreform. Chancengleichheit war hierbei ein schillernder Begriff; für die einen bedeute- te er Verzicht auf Selektion, für andere spezifische Förderung von imBil-

14 Diese Verallgemeinerung unternehmerischen Handelns hat auch die Berufsbildung einer- seits wie auch die Organisation der Weiterbildung selbst affiziert (vgl. Bäumer 1998). Gonon: Der Betrieb als Erzieher 329 dungswesen Untervertretenen, wie das von Dahrendorf hervorgehobene ka- tholische Bauernmädchen (Dahrendorf 1966). Es war die hohe Zeit der Päda- gogik; eine Aufbruchstimmung die sich durch Kinderläden, kompensatori- schen Unterricht, Laborschulen und pädagogische Lehrstühle auszeichnete. Kurz zusammengefasst – es herrschte pädagogische Hochkonjunktur. Ein wichtiger Auslöser der beschriebenen Bildungsexpansion – gelegent- lich wird auch von ‚Bildungsexplosion gesprochen – war der Sputnik-Schock Ende der 50er-Jahre. In diesen Zeiten war lediglich eine Seite der Bildungs- ökonomie sichtbar: die zusätzliche Investition in Humankapital. Dabei geriet eine zentrale Einsicht der ökonomischen Disziplinen in den Hintergrund: der Umgang mit Knappheit, ein Thema das traditionell nicht imBlickfeld der Pädagogik steht (vgl. Bellmann 2001). Knappheit ist, so lässt sich aus der grundlegenden Einführung von P. Samuelson und anderen ersehen, ein Dauerproblem für Wirtschaft und Ge- sellschaft. Die Volkswirtschaft ist die Wissenschaft vomEinsatz knapper Res- sourcen zur Produktion wertvoller Wirtschaftsgüter und von der Verteilung dieser Güter unter ihren Mitgliedern. Wenn etwas in unbegrenzten Mengen vorhanden wäre, gäbe es auch keine wirtschaftlichen Güter. Die Befriedigung der Bedürfnisse aller zur Gänze unbeschränkt wäre ein Zustand der Utopia. Die Regel ist hingegen vielmehr, dass Güter knapp sind und die Bedürfnisse grenzenlos. Es gilt daher, ein Optimum aus knappen Ressourcen herauszuho- len. Knappheit und Effizienz treten imDoppel auf. Das Wesen des Wirtschaf- tens besteht in der Anerkennung der Knappheit als Realität und in der Folge die Erkenntnis, wie die Gesellschaft beschaffen sein muss, sodass sie zu einem möglichst effizienten Ressourceneinsatz gelangt. Effizienz bedeutet die „völlige Vermeidung von Verschwendung oder die größtmögliche Effektivität beim Ressourceneinsatz zur Befriedigung der Be- dürfnisse und Wünsche der Menschen“ (Samuelson/Nordhaus 1998, S. 29). Der eben skizzierten Welt des Pädagogismus, mit einem Hang zur Gren- zenlosigkeit und Utopismus, sei nun als Kontrast der Betrieb gegenüberge- stellt. Auch der Betrieb muss mit begrenzten Ressourcen umgehen und ist da- her der Effizienz verschrieben. Knappe Mittel müssen unter unwägbaren Be- dingungen mobilisiert und eingesetzt werden. Dieses Modell des Betriebes ist nun auch, so die folgenden Überlegungen, stärker in die Bildungslandschaft eingebrochen. Von der Chancengleichheit hat sich der Akzent imöffentlichen Diskurs zu Sparen und Effizienz verlagert. Wenn ich die zu Beginn dargestellte weite Fassung des Betriebes aufgreife und eine Unterscheidung von Max Weber einführe, der zwischen traditiona- ler und rationaler Betrieblichkeit unterscheidet, so können wir die Schule als traditionalen Betrieb verstehen. Sie ist auf Zielsetzungen ausgerichtet, ohne sie imHinblick auf Input und Output einer dauernden Überprüfung zu un- 330 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung terziehen. Genau dies geschieht aber imrational ausgerichteten Betrieb, des- sen Lernen nicht nach einemFächercurriculumerfolgt, sondern aufgrund realisierter Gewinne oder Verluste. Wir könnten dann also den erziehlichen Beitrag des Modells des Betriebes darin erblicken, dass das Bildungswesen oder eine Schule sich ihrer Wirtschaftlichkeit bewusst(er) wird, bzw. Knapp- heit als eine Grundbedingung anerkennt. Die dargestellte Perspektive ist natürlich nicht so neu und einzigartig, wie sie einigen heute erscheinen mag. Betrachten wir etwa die Dritte Welt, so ist I. Illichs Forderung der Entschulung der Gesellschaft in den 60er-Jahren auch in einemsolchen Kontext zu sehen, wenn er in einer stark effizienzorientier- ten Argumentation statt eine Grundschule Alphabetisierungskurse für Er- wachsene vorschlägt (Illich 1972, S. 17ff.). Bereits J.H. Campe, Herausgeber der Allgemeinen Revision des gesamten Schul- und Erziehungswesens, die erste bedeutende deutschsprachige Enzy- klopädie der Erziehung, schreibt in seinemFragment„Ueber einige verkann- te wenigstens ungenützte Mittel zur Beförderung der Industrie, der Bevölke- rung und des öffentlichen Wohlstandes“ imJahre 1786 Folgendes: „Verzärte- lung, Prachtliebe, Aufwandsnothwendigkeit, mit zwei Worten Luxe und Be- dürfnisvermehrung nehmen überhand (Campe 1786, S. 2). Daher kenne er „keine andere Tugend“, welche „in unsern Tagen geprediget und auf alle Wei- se befördert zu werden mehr verdiente, als Sparsamkeit, Fleiss, Industrie und wohl geordneter Erwerbungstrieb“. Hier würden sich der Moralist und der Staatsmann begegnen, um ge- meinschaftlich einem „allgemeinen Bankerotte der Menschheit“ vorzubauen: „Da es nicht mehr bei uns steht, die Menschen wieder simpel, frugal und be- dürfnisfrei zu machen: so bleibt uns nichts mehr übrig, als zu versuchen, ob wir sie nicht emsiger, industriöser und erwerbsamer machen können, damit Einnahme und Ausgabe einigermassen wieder ins Gleichgewicht kommen mögen“ (ebd., S. 4f.). Aus diesen Prämissen leitete er anschließend die Forde- rung ab, Volksschulen in Industrieschulen zu verwandeln, denn „unsere Volksschulen“ seien „Schulen der Faulheit, der Stupidität und Unbrauchbar- keit fürs Leben; dies ist für alle, welche diese Schulen kennen, ein Axiomdas keines Beweises bedarf“ (ebd., S. 7). Die Geschichte der Beschulung ist aller- dings nicht demPrinzip der Industrieschule gefolgt – in demSinne, wie es Campe sich zumindest in dieser Schrift vorstellte. Dennoch ist die Forde- rung, den Industriegeist zu befördern, von einer erstaunlichen Aktualität. En vogue sind heute Lehrziele und ein Erscheinungsbild von Schule, das sich auf arbeitsbezogene Relevanz und Effizienz ausrichtet. Die Bildungsinstitutionen preisen sich seit einigen Jahren nicht mehr als Stätte besinnlichen Raisonierens, sondern als Vermittler von Schlüsselqualifi- kationen an. Diese Optik hat sich selbst der deutsche Philologenverband zu Gonon: Der Betrieb als Erzieher 331

Eigen gemacht, wenn er neuerdings das Latein als Schlüsselqualifikation pro- pagiert (Lohe/Maier 1998). Auch alle neueren Slogans, wie Qualitätsmanage- ment und Evaluation, Leadership und Leitbild, Bildungscontrolling und Budgetautonomie zeigen, dass der Zustand der traditionalen Betrieblichkeit ins Wanken gerät. BeimBegriff Bildungsqualität denken wir nicht mehrzu- erst an die Durchsetzung von planmäßigem, standardbezogenem Lernen mit Prüf- und Zeugnisverfahren; nein, es ist die Qualität der Führung, Zusam- menarbeit und Ausrichtung auf Eltern und Behörden die, als ‚Kundenorien- tierung etikettiert und vermarktet, in den Vordergrund rückt. Effizienz als Tugend hat auch imBildungsbereich Eingang gefunden und wird gerade nicht oder nicht primär auf den Lernprozess, auf Methodik und Didaktik be- zogen. Es soll die Institution Schule in ihrer Gesamtheit zur ‚lernenden Orga- nisation mutieren. Die Klage O. Willmanns aus dem Jahre 1882 im Hinblick auf die Didaktik, dass wir dazu neigen würden, unsere geistige Arbeit nach dem Prinzipe der Fabrik einzurichten, ließe sich heute demgemäß auf das Bildungswesen insgesamt beziehen. Es ist also nicht nur die Pädagogik die den Betrieb entdeckt, sondern umgekehrt findet auch der Betrieb Eingang in die Pädagogik.

5. Fazit

Überblicken wir die drei präsentierten Perspektiven des Betriebes als Erzieher so können wir folgende Zielrichtungen nochmals hervorheben: In unmittel- bar betrieblicher Perspektive wird neben Zuverlässigkeit und fachlicher Qua- lifizierung und Weiterbildung – modern gesprochen – die Bereitschaft und Fähigkeit zur Arbeit imTeam(als Beitrag zur Absorption von Unsicherheit; vgl. Baeker 1999), etikettiert als soziale Kompetenz oder Schlüsselqualifikati- on als erwünscht erachtet. Bei der intermediär-betrieblichen Perspektive haben wir vermittelt durch den Unternehmer den zukunftsgerichteten Erneuerungs- und Gestaltungs- willen hervorgehoben. Das Modell des Betriebes in einer gesellschaftlichen Perspektive hat uns auf die Haltung der Effizienz, als fortlaufende Überprü- fung imBezug auf Knappheiten hingewiesen. Die Tugenden des modernen Betriebes lassen sich demgemäß in den drei Haltungen Teamfähigkeit, Innovationswille und Streben nach Effizienz zu- sammenfassen. Die Rede vom teamfähigen Innovator, der Sachzwänge und Knappheiten meistert, verdeckt jedoch, dass mit dieser Zuspitzung die tradi- tionalen Elemente der Betrieblichkeit nicht verschwunden sind. Einord- nungsbereitschaft in hierarchische Strukturen, eine solide fachliche und be- rufliche Tüchtigkeit und Gelassenheit, das heißt das Belassen zeitlicher Spiel- 332 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung räume für Fähigkeits- und Kenntniserwerb fern der Arbeit, stehen in Kon- trast zu der heute viel beschworene Flexibilität, die imBetrieb entfaltet, sich dort auch bewähren soll. Die aus den jeweiligen Perspektiven eruierten erwünschten Gewohnheiten und Interessen verlieren zudembei konkreter Umsetzungihre Konturen und widersprechen sich häufig. Traditionale Arbeitstugenden konfligieren mit Unkonventionalität. Eine auf die Spitze getriebene ‚Effizienz gefährdet die Rahmenbedingungen von Lernfähigkeit und Innovation. Denn individuelle Lernbereitschaft und Innovationsgeist – wie sie dem modernen Unternehmer zugeschrieben und uns allen anempfohlen werden –, ja selbst Effizienz des Lernens setzen zentral auf die Ressource Zeit und sind auf geschützte Umge- bungen wie Unterricht angewiesen. Unterricht selbst können wir allen Klagen zum Trotz als einen mehr oder minder erfolgreichen Versuch einer effizienten Veranstaltung von Lehr-Lernvorgängen bestimmen; zumindest aus dieser Kritik fehlender Vermittlungsmöglichkeiten in Alltag und Arbeit heraus ent- stand historisch die Institution Schule. Betriebe sind wesentlich und immer mehr auf außerhalb der alltäglichen Arbeit erworbene und erneuerbare Kenntnisse, Fähigkeiten und Haltungen angewiesen. Wer das wegweisende Weißbuch der Europäischen Union „Lehren und Lernen – auf demWeg in die kognitive Gesellschaft“ (EU 1996) zur Hand nimmt, kann sich davon ein Bild machen. Pädagogische und ökonomische Vernunft sind demnach (auch außerhalb des Betriebes) nicht so weit voneinander entfernt, wie es zuweilen erscheinen mag. Es ist also kein ‚Star Wars-Szenario angesagt, ein Krieg zweier Welten, in demdie Pädagogik der dunklen Bedrohung einer ihr feindlich gesinnten Handelsföderation ausgesetzt ist. Die Herausforderung der Pädagogik besteht viel mehr darin, auf Knappheit nicht mit ‚moralischem Überschuss (vgl. Priddat 1994) zu reagieren, sondern Effizienz als solche anzuerkennen und gleichzeitig imInteresse gesellschaftlicher, kultureller und auch ökonomi- scher Innovation diese zu begrenzen.

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Abstract: Not only trainees, but all employees are subjekt to a strong educative challenge with regard to an orientation towards the new demands of the global economy. Furthermo- re, it is suggested to the educational system as such and to the entire society to adapt to eco- nomic conditions: knowing how to deal with shortage, flexibility, and – mediated through the ideal of the entrepreneur – entrepreneurship is meant to prepare for all vicissitudes of indivi- dual, economic, and social developments. Thus, we can differentiate between a within-com- pany, an intermediary, and a societal perspective of the company as educator. An innovative mind, the ability to work in teams, and the striving for efficiency are, in this context, the out- standing virtues.

Anschrift des Autors: Prof. Dr. Philipp Gonon, Universität Trier, Fachbereich I, Pädagogik, Professur für berufliche, betriebliche Weiterbildung, 54286 Trier. 336 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Karin Büchter Betriebliche Weiterbildung – Historische Kontinuität und Durchsetzung in Theorie und Praxis

Zusammenfassung: Die Aufmerksamkeit, die betriebliche Weiterbildung in der wissenschaft- lichen Theorie und in der Berufsbildungspolitik während der letzten zwanzig Jahre erfahren hat, lässt sich nicht lediglich sachlogisch begründen, sondern sie ist Ergebnis einer kontinuier- lichen historischen Entwicklung, in deren Verlauf sich das betriebliche Interesse an weitgehend selbst verwalteten Modi der Qualifizierung und Sozialintegration von Beschäftigten durch- gesetzt hat. Anhand von einzelnen historischen Bausteinen aus Theorie und Praxis soll im Folgenden ein Einblick in Begründungen und Bemühungen zur industriebetrieblichen Bin- dung von Weiterbildung im 20. Jahrhundert – und zwar vor der erziehungswissenschaftlichen ‚Entdeckung betrieblicher Weiterbildung in den 80er-Jahren – gegeben werden.

1. Betriebliche Weiterbildung und betriebliche Autonomiebehauptung – Überlegungen zu einer theoriegeleiteten Historiographie

Die Geschichte betrieblicher Weiterbildung ist bislang noch weitgehend uner- forscht. Zu einemder Gründe hierfür mögendie Schwierigkeiten beimZugang zu historischen Quellen gehören. Betriebliche Weiterbildung unterlag zu kei- ner Zeit einer öffentlichen Kontrolle und somit bestand über tatsächliche Akti- vitäten in diesemBereich auch nie eine Berichtspflicht. Zudemist der Gegen- stand nicht nur aktuell, sondern vor allemin der Vergangenheit aufgrund einer diffusen Begrifflichkeit bzw. Abgrenzungs- und Definitionsproblemen nur schwer greifbar. Erst mit der Verbreitung des Weiterbildungsbegriffs durch die berufsbildungspolitische und -wissenschaftliche Diskussion in den 60er-Jah- ren fand der Terminus betriebliche Weiterbildung Eingang in Konzepte von Betrieben und ihren Vertretern, neben ‚Berufliche Bildung, ‚Training, ‚Per- sonalschulung, später ‚Personalentwicklung. Davor wurde betriebliche Er- wachsenenqualifizierung auch subsumiert unter ‚Berufs-, ‚Betriebserziehung oder betriebliche Ausbildung. Dass sich nur schwer eine eindeutige Abgren- zung zur Ausbildung aufrecht erhalten lässt, oder anders: Definitionen, nach denen betriebliche Weiterbildung „imAnschluss an die Erstausbildung“ (Ar- nold 1999, S. 139) stattfindet, auch für historische Forschung zu eng sind, zeigt sich bereits daran, dass auch Beschäftigte ohne eine formale Ausbildung (Un- und Angelernte) – wenn auch mit geringerem betrieblichen Aufwand – an Weiterbildung imBetrieb partizipiert haben und noch partizipieren. Zu dis-

Z.f.Päd., 48. Jg. 2002, Nr. 3 Büchter: Betriebliche Weiterbildung – historisch 337 kutieren ist überdies, inwieweit angesichts der aktuellen Entgrenzung des Wei- terbildungsbegriffs die informelle Qualifizierung am Arbeitsplatz, die immer schon zu einemselbstverständlichen Bestandteil betrieblicher Qualifizierungs- prozesse gehörte, aufgrund ihrer schwierigen Erfassbarkeit in historischen Re- konstruktionen zur betrieblichen Weiterbildung berücksichtigt werden kann. Für Recherchen nach historischemMaterial zur betrieblichen Weiterbildung bedeutet dies zunächst, von einemweiten Verständnis auszugehen, den Fokus soweit möglich auf die Zielgruppe, nämlich Erwachsene, zu legen, und gleich- zeitig, historische Quellen zur Berufsausbildung und – wenn betriebliche Wei- terbildung umfassender als Instrument betrieblicher Arbeits- und Personal- politik begriffen wird bzw. werden muss, worauf bereits ältere empirische Un- tersuchungen hingedeutet haben (vgl. Schmitz 1979) – solche zur Geschichte industrieller Arbeit und betrieblicher Sozialpolitik heranzuziehen. In der Komplexität und Heterogenität betrieblicher Weiterbildung kommt die weitgehende betriebliche Autonomie in diesem Bereich zum Ausdruck, die einen zentralen Ausgangspunkt dieses Beitrags darstellt: Die theoretischen Vorüberlegungen knüpfen an die Beobachtung an, dass durch die Theorie und in der Praxis die berufliche Weiterbildung imLaufe der letzten Jahrzehn- te immer näher an den Betrieb herangerückt ist, inzwischen eng mit dem Ar- beitsplatz in Verbindung gebracht wird, und gleichzeitig der betriebliche An- spruch auf Autonomie in der betrieblichen Weiterbildung weitgehend unan- getastet bleiben konnte. Wie lässt sich dieser Prozess der sukzessiven Ver- betrieblichung von Weiterbildung sozialhistorisch – nicht sachlogisch – nach- vollziehen? Und welche theoretischen Überlegungen könnten eine so akzen- tuierte historische Rekonstruktion begleiten? Eine theoretische Begründung für die Entstehung und Expansion betrieb- licher Weiterbildung hat Harney (1998) mit seinem Ansatz von der Differenz beruflicher und betrieblicher Handlungslogik geliefert. Danach geht die Aus- dehnung betrieblicher Weiterbildung mit dem „Anschluss der industrie- betrieblichen Ausbildungsausdifferenzierung an die Berufsform“ (ebd., S. 86) einher. Betriebliche Weiterbildung könne somit als komplementäre Folge- erscheinung jener Ausdifferenzierung gedeutet werden, oder berufssoziolo- gisch interpretiert: als Resultat der Herausbildung „betriebsübergreifender, gesamtgesellschaftlich fixierter ‚beruflicher Muster von Arbeitskraft“ und der „‚Veröffentlichung beruflicher Qualifizierungs- und Zuweisungsprozesse“ (Beck/Brater/Daheim1980, S. 79). In eine ähnliche Richtung geht auch Ku- per (1997): „Der Mangel des regulativen Zugriffs auf das Berufskonzept von den Betrieben aus wird dabei zu einembetriebsinternen Problem,an das die betriebliche Weiterbildung anschließt […]“ (ebd., S. 129). Diese eng an demProzess der Formierungvon Beruf orientierte Perspek- tive kann aber nicht die Tatsache unternehmerischer Erwachsenenbildung 338 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung vor der Ordnung und Regulierung der industriellen Berufausbildung, also im 18. und 19. Jahrhundert, die meist auf sozialpolitische Initiativen von Unter- nehmern zurückging und der „Einlösung qualifikatorischer Mindestanforde- rungen“ und „der Milderung der schlimmsten Auswirkungen der ‚sozialen Frage“ (Faulstich 1998, S. 41) diente, erklären und auch nicht die historisch nachweisbare Tatsache, dass Betriebe seit jeher – bis heute – auch nicht un- mittelbar berufsbezogene, sondern ebenso sozialintegrative oder ‚allgemein bildende Kurse für Erwachsene angeboten haben bzw. anbieten. Die Berufsformierung hat zwar zu einer Kopplung von berufsqualifizie- render Weiterbildung an die berufliche Ausbildung geführt, und mit der Sys- tematisierung der Ausbildung wurde dann auch die betriebliche Weiterbil- dung organisiert, institutionalisiert und berufsbildungspolitisch legitimiert, während betriebliche Qualifizierungs- und Sozialisierungprozesse für Er- wachsene schon zuvor imKontext personalpolitischer Strategien stattfanden, anhand derer sich Betriebe quasi selbst versorgen und auf die jeweilige soziale und politische Innen- und Außenwelt reagieren konnten. Etwas weiter ge- spannt ist der Argumentationsradius für die historische Rekonstruktion dann, wenn der Fokus auf die relative betriebliche Handlungsautonomie in der Arbeitspolitik gerichtet wird – auf einen ausführlichen Rekurs auf ent- sprechende industriesoziologische Theorieansätze (vgl. z.B. Altmann/Bechtle/ Lutz 1978; Semlinger 1991; Kock 1994) soll hier verzichtet werden. Kern ist die Annahme, dass betriebliche Aktionen und Reaktionen nicht eindeutig durch technisch-ökonomische Sachzwänge determiniert werden, sondern dass Betriebe bemüht sind, arbeits- und personalpolitische Probleme weit- gehend nach eigenen Interessen und anhand eigener Strategien zu lösen. Hierzu benötigen sie ein weitgehend flexibel einsetzbares personalpolitisches Instrumentarium, welches – je nach Problemlage – polyvalent funktionali- sierbar ist. Aus dieser Perspektive ist betriebliche Weiterbildung, die seit jeher externen Kontrollzugriffen entzogen wurde und deshalb für Betriebe quasi „der letzte FreiraumimBildungswesen“ (Görs 1986, S. 27) ist, nicht allein Folge ausdifferenzierter Berufsausbildung, sondern weiter: als Instrument zur Qualifizierung, Sozialintegration und Verteilung von Zugangschancen zu be- trieblichen Positionen ein personalpolitisches Regulativ imKontext relativ autonomgesteuerter Betriebsorganisationen. Die Anfänge betrieblicher Erwachsenenqualifizierung – so die hier vertre- tene These – fallen zusammen mit der Ausdifferenzierung betrieblicher Orga- nisationen und der Internalisierung von Sozial- und Personalpolitik und Be- schäftigtenqualifizierung, die sich verstärkt seit Ende des 19. Jahrhunderts nachweisen lassen, und zwar „als Folge struktureller Veränderungen der kapi- talistischen Produktionsweise einerseits, des Wandels sozialer Orientierungen der arbeitenden Menschen andererseits […]“ (Schudlich 1994, S. 4). Büchter: Betriebliche Weiterbildung – historisch 339

2. „Die Bemühungen zur ‚Erziehung des Menschen für die Wirtschaft konnte man nicht nur auf den Nachwuchs beschränken […]“1 – Betriebliche Weiterbildung zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die Bewältigung quantitativer Arbeitskräfteprobleme sowie die ‚Rationalisie- rung des Arbeiterlebens gehörten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun- derts zu den zentralen personalpolitischen Aufgaben, mit denen sich indus- trielle Großbetriebe konfrontiert sahen (vgl. Schudlich 1994, S. 76ff.). Die unregelmäßige, häufig auf ein unmittelbares Problem spontan reagierende und vomGutdünken der Fabrikbesitzer abhängige Qualifizierung Erwachse- ner in Betrieben umfasste bereits damals nicht nur eng betriebsspezifisch aus- gerichtete Anpassungsqualifizierung sondern auch solche Qualifizierungspro- zesse, die aufstiegsrelevant waren (vgl. ebd.; Gergen 2000). Darüber hinaus boten Fabrikbesitzer erwachsenen Arbeitern die Möglichkeit an, durch den Besuch von Fabrikschulen ihren Bildungsstand zu verbessern. Durch solche fürsorglichen Leistungen konnten die Unternehmer ihre Beschäftigten an den Betrieb binden und nach außen hin die besondere bildungspolitische Be- deutung von Betrieben demonstrieren. Das betriebliche Interesse daran, die berufliche Bildung der beschäftigten Jugendlichen und Erwachsenen weitgehend unter eigener Regie durchzufüh- ren, resultierte nicht allein aus dembetrieblichen Bedarf an möglichst pass- genauen tätigkeitsspezifischen Qualifikationen, sondern auch an „industrie- typische(n) Verhaltensweisen“ (Pätzold 1980, S. 8). So wurde die betriebliche Weiterbildung in die Überlegungen zur Anpassung, zur Arbeiterbefriedung und zur Begegnung des „Problem(s) der Vermassung der Arbeiterschaft in Fabrikhallen, Mietskasernen und politischen Versammlungen, die als Nähr- boden für soziale Unruhen“ (Staehle 1989, S. 15) angesehen wurden, mit ein- bezogen, und zwar als Instrument einer doppelten Strategie: Auf der einen Seite (re-)produzierte sie als Mediumdes innerbetrieblichen Aufstiegs Positi- ons-, Status- und Lohndifferenzierungen und trug damit zur „Re-Individua- lisierung bzw. Vereinzelung sozialer Beziehungen und Strukturen“ (ebd.) in- nerhalb des Betriebs bei. Gleichzeitig hatte die fürsorgende, allgemeine Er- wachsenenbildung einen nicht zu unterschätzenden gemeinschaftsbildenden Effekt, ebenso wie die Qualifizierung von Vorgesetzten zu so genannten „So- zialingenieuren“ (ebd.). Die Wissenschaftliche Betriebsführung Taylors, deren Gedanken die be- triebliche Berufsbildungspolitik zu Beginn des 20. Jahrhunderts in starkem Maße beeinflusste (vgl. Greinert 1998, S. 65ff.), zielte auf eine weitgehend ra- tionalisierte, betriebs- und arbeitsplatzspezifische Anpassung sowie auf eine

1 Bäumer (1930), S. 70. 340 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Disziplinierung der Arbeiterschaft. Die ‚Psychotechnik förderte die Vorstel- lung, nach der die für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten erforderlichen Fähigkeiten übbar und damit steigerbar sind. In der Kruppschen Gussstahl- fabrik, imNord-Wolle-Konzern oder der Ruhrbergbaugruppe Hambornso- wie weiteren Industriebetrieben wurde die betriebliche ‚Menschenführung auf der Grundlage arbeitswissenschaftlicher und psychotechnischer Erkennt- nisse durchgeführt (vgl. Bunk 1972, S. 151). Zu der nach solchen Maßgaben praktizierten betrieblichen Weiterbildung gehörte in erster Linie die sich an Eignungstests anschließende ‚Fähigkeitsschulung für Arbeiter: „Man will ein- zelne berufswichtige Funktionen für sich üben lassen, wählt also Versuchs- anordnungen, die unter möglichst enger Anlehnung an die tatsächlichen Ver- hältnisse imArbeitsbetrieb selbst die übrigen Funktionen stark zurücktreten lassen. Da es z.B. beim Nieter in erster Linie auf das gleichmäßige Umfahren des Nietkopfes mit dem Meißel ankommt, lässt man das Umfahren üben, wobei jede unzulässige Abweichung des Meißels durch Glockenzeichen und Zählwerk angezeigt wird. Übungen dieser Art ergeben Leistungssteigerung“ (Fabian 1930, S. 1745). In den theoretischen Überlegungen zu dem, was aus heutiger Sicht als be- triebliche Weiterbildung bezeichnet werden könnte, kristallisierten sich – zu- mal seit Mitte der 20er-Jahre – in Bezug auf Funktion und Zielsetzung be- trieblicher Weiterbildung zwei zentrale Stränge deutlich heraus. Zumeinen ging es also nach Maßgabe der Wissenschaftlichen Betriebsführung und der Psychotechnik umbetriebsspezifische und in diesemSinne rationalisierte An- passung von Qualifikationen erwachsener Arbeiter, zumanderen trat der Er- ziehungsaspekt zunehmend in den Vordergrund. So formulierte Riedel (1925) – inspiriert von den Gedanken der Wissenschaftlichen Betriebsfüh- rung ebenso wie von der Ideologie des Deutschen Instituts für Technische Ar- beitsschulung (DINTA) – seine Überlegungen zur Weiterbildung, die „durch die Betriebsleitung geleistet wird oder geleistet werden sollte“ (ebd., S. 335) als Aufgabe der „Betriebserziehung“ (ebd., S. 335-341). Betriebliche Erzie- hung des „spröderen Materials“ (Bäumer 1930, S. 71) der erwachsenen Ar- beiter, derer sich das DINTA und seine Anhänger seit Ende der 20er-Jahre zu- nehmend annahmen, waren nicht zuletzt auch eine Antwort auf die damalige Arbeiter- und Volksbildungsbewegung. In Abgrenzung zur Schulbewegung der Weimarer Zeit, zur Volksbildungsbildungsbewegung mit ihren Bildungs- idealen sollte die Betriebserziehung die „Einordnung des erwachsenen Arbei- ters in dieses Systemder Schaffung neuer innerer Bindungen an Werk und Arbeit“ (ebd., S. 73) bedeuten. Auch wenn einige Großbetriebe wie beispiels- weise Siemens, AEG, Thyssen, Krupp oder die Opel AG (vgl. Sachse 1991; Müglich 1996) neben der Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung auch Kurse zur „bürgerliche(n) Allgemeinbildung“ (Sachse 1991, S. 239f.) als Bestandtei- Büchter: Betriebliche Weiterbildung – historisch 341 le betrieblicher Freizeitgestaltung anboten, legte das DINTA Wert darauf, dass diese ‚Bildung nicht zu weit ging. ImSinne einer „geistigen Diät“ (Schürholz 1930, S. 98) sollten nur solche Kurse angeboten werden, die für den Betriebs- zweck und die Betriebsgemeinschaft von unmittelbarem Nutzen waren. So hielt auch Riedel (1925) die Einrichtung solcher Bildungsmaßnahmen, die nicht unmittelbar an die Berufstätigkeit anknüpfen, also eher Volksbildung- scharakter hatten, für „bedenklich“: „Meist lockern sie die Betriebsgemein- schaft, die sie gerade festigen wollen“ (ebd., S. 336f.). Zur arbeitsplatzübergreifenden Erwachsenenerziehung sollten Maßnah- men zur „Entsorgung“ des Arbeiters (Bäumer 1930, S. 87f.) sowohl im Be- trieb, wie Unfallverhütung, als auch daheim, wie hauswirtschaftlicher Unter- richt für Arbeiterfrauen und Arbeiterinnen gehören. Der Förderung von „Selbstschulung und -erziehung“ (ebd., S. 97) sollte das seit Beginn des 20. Jahrhunderts expandierende Werkszeitungs- und -bibliothekswesen dienen. Die Instrumentalisierung der Erwachsenenbildung durch das DINTA wurde zwar von Seiten der Gewerkschaften, der Arbeiterbildung und zum Teil auch der Volksbildungsbewegung als „neues Kampfmittel der Unterneh- mer im Kampfe gegen die Gewerkschaften“ (Fricke 1931, S. 98) oder als He- rausforderung für die freie Volksbildung (vgl. Weitsch 1928) erkannt, aller- dings hatten diese Interessengruppen zu wenig Macht gegenüber der Unter- nehmerschaft und ihren Vertretern. In den folgenden Jahren wurde die Systematisierung und Intensivierung betrieblicher ‚Erwachsenenerziehung imKontext der ‚Menschenökonomie weiter vorangetrieben. An die von DINTA-Seite in den 20er und frühen 30er- Jahren formulierten Begründungen und Zielsetzungen betrieblicher Weiterbildung konnte die NS-Ideologie nahtlos anknüpfen. Aus ihrer Sicht waren „die verschiedenen unternehmerischen Bestrebungen der Nachwelt- kriegszeit zur Schulung der Arbeiter […] eine wertvolle Vorarbeit für die im nationalsozialistischen Deutschland einsetzende Schaffens- und Leistungs- mobilisierung“ (Höling 1941, S. 47).

3. „Die wichtigste Pflegestelle wirtschaftsberuflicher Erwachsenen- bildung ist der Betrieb […], weil er den arbeitenden Menschen für den überwiegenden Teil seiner Zeit in seinen Bann zwingt.“2 – Betriebliche Weiterbildung im Nationalsozialismus

Die starke „Betriebszentrierung der beruflichen Weiterbildung“ (Kipp 1995b, S. 228) imNationalsozialismusrührte daher, dass der Betrieb zur „tendenziell

2 Löbner, W. (1935), S. 372. 342 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

öffentlichen Szene“ (Harney 1998, S. 87) avancierte: „Die Aura des Verdachts kehrte sich um. An ihre Stelle trat der Mythos der Betriebsgemeinschaft und der betrieblichen Gefolgschaft. Beides bedeutete die gesellschaftliche Aufwer- tung der Betriebssphäre in den dreißiger Jahren“ (ebd.). Wesentlich vorangetrieben wurde die betriebliche Weiterbildung durch die Deutsche Arbeitsfront (DAF) und ihrem„Amtfür Berufserziehung und Betriebsführung“. Die „Hauptabteilung IV Erwachsenenerziehung in Beruf und Betrieb“ war für „fördernde Berufserziehung“ zuständig (vgl. Höling 1941, S. 59f.). Grundlage für die Weiterbildungsarbeit der DAF war § 2 der Verordnung des Führers und Reichskanzlers von 1934: „Das Ziel der Deut- schen Arbeitsfront ist die Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungs- gemeinschaft aller schaffenden Deutschen. Sie hat dafür zu sorgen, dass jeder Einzelne seinen Platz imwirtschaftlichen Leben der Nation in der geistigen und körperlichen Verfassung einnehmen kann, der ihn zur höchsten Leistung befähigt und damit den größten Nutzen für die Volksgemeinschaft gewähr- leistet" (zit. n. Höling 1941, S. 48). W. Löbner (1935) propagierte den „Vormarsch der wirtschaftsberuflichen Erwachsenenbildung“ (ebd., S. 371), sah imBetrieb ihre „wichtigste Pfle- gestelle“ (ebd., S. 372): „Er ist deshalb so bedeutungsvoll, weil er den arbei- tenden Menschen für den überwiegenden Teil seiner Zeit in seinen Bann zwingt. Nirgend anderswo – vielleicht mit Ausnahme der Familie – können so viele starke Einwirkungen pädagogischer Art auf den erwachsenen Men- schen ausstrahlen wie imBerufsleben“ – und unterwarf sich den Befehlen Hitlers: „Es soll nach seinemWillen eine Volks- und Leistungsgemeinschaft aller deutschen Menschen geschaffen werden“ (ebd.). G. Messarius, Abtei- lungsleiter imAmtfür Berufserziehung und Betriebsführung, legte diverse Publikationen zur beruflichen ‚Erwachsenenerziehung vor. In Abgrenzung zu der ‚ich-bezogenen Erwachsenenbildung der Gewerkschaften forderte er die Gemeinschaftsbildung als eine der vordringlichsten Aufgaben betriebli- cher Erwachsenenerziehung, die straff und ‚planmäßig organisiert werden müsste. „Es musste der Weg vom ich-bezogenen Lückenschließen zu einem echten Leistungsaufbau imDienste der Gemeinschaftdes Volkes gefunden werden. Das war auch zweitens deshalb nötig, weil die Teilnehmer an den vorgefundenen Abendlehrgängen unter der Planlosigkeit und Zufälligkeit des Gebotenen litten und drittens der Deutschen Arbeitsfront nicht zugemutet werden konnte, dass sie sich mit der Unvollkommenheit der vorgefundenen beruflichen Wissensschulung einverstanden erklärte“ (Messarius 1938, S. 66). Während der NS-Zeit nahmen die betrieblichen Berufserziehungswerke und die Maßnahmen beruflicher Weiterbildung quantitativ rapide zu. Im Be- richt von Bleicher (1940), Amt für Berufserziehung und Betriebsführung, heißt es: „AmJahresende 1939 konnten bereits 102 betriebliche Berufserzie- Büchter: Betriebliche Weiterbildung – historisch 343 hungswerke in den verschiedensten Groß- und Mittelbetrieben der Eisen- und Metallindustrie, des Flugzeugbaus, der Textilindustrie, der Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie der Banken und Versicherungen gezählt werden, und zwar ohne Berücksichtigung der zahlreichen Betriebe, die be- reits berufserzieherische Einzelmaßnahmen für Erwachsene, wie Vorträge, Vortragsreihen, Betriebsbesichtigungen u.a. durchführten. Darin kommt zumAusdruck das große Interesse, das sowohl weitschauende Betriebsführer als auch deren Gefolgschaftsmitglieder der betrieblichen Berufserziehung und damit der Leistungssteigerung der Erwachsenen im Besonderen ent- gegenbringen. Die fördernde Berufserziehung der Erwachsenen betrieblicher Prägung ist ein wesentlicher Teil der betrieblichen Menschenführung […]" (ebd., S. 133). Nach Recherchen von Kipp (1995b) stieg die Zahl der betrieb- lichen „Berufserziehungswerke“ (nach 1942: „Leistungsertüchtigungswerke“) von 102 imJahre 1939 auf 1.500 imJahre 1944 (vgl. ebd., S. 244). In den be- trieblichen und überbetrieblichen „Leistungsertüchtigungswerken“ befanden sich 1944 insgesamt 4 Millionen Teilnehmer (1938: 3.360.500) (ebd.). Mit der „’Perfektionierung der industriellen Berufsausbildung imDritten Reich“ (Kipp 1995a) gingen die Bestrebungen der DAF dahin, auch die be- triebliche ‚Erwachsenenerziehung zu perfektionieren. Die ‚Erwachsenen- erziehung sollte in den Betrieben nach einemStufenplan aufgebaut werden. In ‚Lehrgemeinschaften und daran anknüpfenden ‚Aufbaukameradschaften sollten theoretisches Wissen und praktisches Können vermittelt werden. „Der erfolgreiche Besuch der Lehrgemeinschaften schafft die Voraussetzung für die Mitarbeit in den Aufbaukameradschaften. Ein Überspringen der Stufen der Lehrgemeinschaften ist nur dem möglich, der ein entsprechendes Wissen nachweist und dessen Kenntnis von der jeweiligen Materie so umfassend und verhältnismäßig lückenlos ist, dass sie als brauchbare Grundlage für die auf die Übung des Berufskönnens hinzielende Aufbaukameradschaft angesehen werden kann“ (Höling 1941, S. 82). Anhand einer „organisch eingebaute(n) Berufslaufbahn-Beratung“ sollten „berufliche Fehlentwicklungen erkannt und korrigiert werden können, was besonders wichtig ist, weil deutsche Men- schen vielfach erst zwischen 25 und 35 Jahren zur vollen Reife kommen“ (Arnhold 1942, S. 39). Daneben wurden zur „Blickweitung“ „wirtschafts- kundliche Studienfahrten“ angeboten (ebd.), deren Teilnehmer „fleißige, auf- nahmefähige und entwicklungsfähige Gefolgschaftsmitglieder“ (Enka-Archiv, zit. n. Müglich 1996, S. 89) sein sollten. Eine ‚Gleichschaltung betrieblicher ‚Erwachsenenerziehung fand nicht statt. Die Betriebsleitungen behielten sich vor, die Planungs- und Umsetzungs- vorgaben entsprechend ihrer betriebsspezifischen Personal- und Qualifizie- rungspolitik zu realisieren. Die Reichswirtschaftskammer unterstütze dies, in- demsie „einen erfolglosen starren Einsatz einengender ‚Systeme“(zit.nach 344 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Urbach 1980, S. 197) vermeiden wollte. Hauptargumente hierfür waren die unmittelbare Anwendungsmöglichkeit und -notwendigkeit des Erlernten im Betrieb, die eine völlige Übertragung der Verantwortung des Unternehmers oder Betriebsführers für alle Maßnahmen betriebsbedingter Weiterbildung be- gründete (vgl. Urbach 1980, S. 197) – „Betriebsnähe“ und „Betriebswirklich- keit“ (Arnhold 1940, S. 190) waren imHinblick auf die ‚Leistungsertüchti- gung und aus der Perspektive der Erziehung Erwachsener zu ‚Gefolgschafts- mitgliedern zentrale Momente in Proklamationen zur betrieblichen ‚Erwach- senenerziehung. Das am20.1.1934 in Kraft getretene „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ (AOG), welches die Idee der ‚Volksgemeinschaft auf den Betrieb als ‚Betriebsgemeinschaft übertrug, sicherte die Einbindung be- trieblicher Weiterbildung in die nationalsozialistische Ideologie. Dieser betrieblichen ‚Selbstverantwortung in der Weiterbildung stand auf der anderen Seite das Versprechen der DAF auf ein Recht der Erwachsenen auf berufliche Weiterbildung gegenüber: „Neben der Grundlegung durch die Verordnung des Führers vom24.10.1934 gründet sich das Deutsche Berufs- erziehungswerk in der DAF – und insbesondere seine Arbeit in der berufli- chen Erwachsenenerziehung – auf das Recht auf berufliche Weiterbildung, das aus demvomNationalsozialismusanerkannten Recht auf Arbeit abgelei- tet werden kann“ (Höling 1941, S. 49). Dieses Versprechen, übrigens ebenso wie das von Robert Ley, demReichsorganisationsleiter und Führer der DAF – „Überwindung der Ungelernten“ (Kipp 1995) – wurden drastisch relativiert, zumeinen durch biologistische Rechtfertigungen – wie: „Bei der Erwachse- nenerziehung muss die Tatsache der erbmäßigen Anlagebedingtheit der Ent- wicklungs- und Leistungshöhe noch bewusster sein als bei der Jugendlichen- erziehung, weil beimErwachsenen die äußeren Merkmaleder jeweiligen An- lagen so stark in Erscheinung treten, dass hier eine Falschlenkung einen gro- ben Missgriff darstellen würde. Es soll auf keinen Fall zu einemAnquälen von Berufskönnen kommen“ (Höling 1941, S. 53) – zum anderen durch die Zerlegung industrieller Arbeit, insbesondere in der Kriegszeit, und einemda- mit verbundenen betrieblich produzierten Bedarf an Ungelernten bzw. gering Qualifizierten. Selektion und Lenkung waren die Instrumente beim totalen Zugriff der Betriebe auf das Berufsleben der Arbeiter. Dieser betriebliche Imperialismus machte auch vor der Lebenswelt der Arbeiter nicht Halt. So ordnete Ley die Gründung von ‚Betriebsvolksbildungsstätten an und schrieb Betrieben mit mehr als 300 ‚Gefolgschaftsmitgliedern einen ‚Betriebsvolksbildungswart vor. Dieser sollte die Arbeit zwischen den Betriebsvolksbildungswerken und dem1936 gegründeten „Deutschen Volksbildungswerk“ koordinieren. Nach- weisbar ist die Existenz von Betriebsvolksbildungsstätten bei der IG Farben- industrie in Leverkusen, AEG Berlin, der Zentralverwaltung der VGF (Ver- Büchter: Betriebliche Weiterbildung – historisch 345 einigte Glanzstoff-Fabriken) (vgl. Müglich 1996, S. 73) und bei Siemens (vgl. Sachse 1991, S. 239f.). Die Betriebsvolksbildungsstätten sahen sich zuständig für die kulturelle und wissenschaftliche ‚Erwachsenenerziehung. Konzerte, Theater, Ausstellungen, Bibliotheken, Werkzeitungen, Museen, aber auch Reisen, Wandern und Urlaub gehörten zu den Angeboten der Betriebsvolks- bildungsstätten. In klarer Abgrenzung von den „marxistischen Volkshoch- schulen“ (Messarius 1936) der 20er-Jahre sollte diese Freizeitpolitik einen Ausgleich zumBerufsalltag bieten, und zwar bei gleichzeitiger Aufrechterhal- tung der betrieblichen Kontrolle über die Teilnehmenden, die meistens männliche Belegschaftsmitglieder waren, da Freizeit als jenes mit Tätigkeiten zu füllendes Zeitkontingent galt, das Männern zugewiesen wurde. „Siemens gab vor, wie männliche Freizeitgestaltung auszusehen hatte, und bot jenen Männern […] entsprechende Möglichkeiten an“ (Sachse 1991, S. 240). Während der Kriegszeit stieg die Bedeutung betrieblicher Weiterbildung noch weiter an. Schulungen zur ‚Menschenführung sorgten für die Festigung der ‚Betriebsgemeinschaft. Aus dem ‚Leistungsbericht der Robert Bosch GmbH von 1940 geht hervor, dass zu dieser Zeit bereits ein umfassendes Weiterbildungsprogramm vorlag: Betriebsführungen, Vorträge und Abend- kurse für ‚Anlernlinge und Umschüler und nicht zuletzt Langzeitlehrgänge für untere und mittlere Führungskräfte, deren Ziel darin bestand, „den ‚Un- teroffizieren und Chargierten des Betriebes, den Einstellern, Einlernen, Vor- arbeitern, den Betriebsteilführern, Meistern, Meisterstellvertretern eine zu- sätzliche, werkbedingte Spezialausbildung zu vermitteln. Nicht nur die An- lernlinge und Umschüler sollen lernen, alle sollen lernen und gefördert wer- den, umdie Betriebsleistungen zu heben“ (zit. n. Wittwer 1982, S. 56). Auch die Betriebsvolksbildungsstätten als Integrationsinstanzen erlebten in dieser Zeit einen weiteren Aufschwung. ImTätigkeitsbericht des Betriebsvolksbil- dungswartes der Gutehoffnungshütte (GHH) in Oberhausen heißt es: „Es hat sich gezeigt, dass es sich lohnt, gerade hier ein Übriges zu tun, weil die Menschen in demhiesigen Gebiet durch die ständige Feindeinwirkung unbe- dingt eine Betreuung erfahren müssen“ (zit. n. Müglich 1996, S. 118).

4. „Die Unternehmerschaft […] hat ein Recht, bewusst zu betonen, dass sie eine Erwachsenenbildungsfunktion wahrnimmt […]“3 – Betriebliche Weiterbildung in der Nachkriegszeit

Nach dem2. Weltkrieg fielen die die betriebliche Weiterbildungsarbeit bis da- hin steuernde nationalsozialistische Ideologie der ‚Berufserziehung sowie die

3 Arlt, F. (1958), zit. n. Baethge, M. (1970), S. 227. 346 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Organisationsvorstellungen der DAF weg. Gleichzeitig verloren Betriebe ih- ren Öffentlichkeitscharakter und reetablierten sich wieder zur Privatsphäre (vgl. Harney 1998, S. 88), begünstigt durch die von den Alliierten durch- gesetzte Entflechtung der Großkonzerne. Beides trug nach 1945 dazu bei, dass auch betriebliche Weiterbildung zunächst wieder stärker zur ‚Privatsa- che wurde. Von einem(Neu-)Anfang in der betrieblichen Weiterbildung nach 1945 kann aber nicht die Rede sein – auch wenn sowohl Firmenbro- schüren als auch einige Studien den ‚eigentlichen Beginn betrieblicher Wei- terbildung auf die Nachkriegszeit datieren (vgl. Sass/Sengenberger/Weltz 1974; Winter/Tholen 1978; Wittwer 1982; Hesseler/Weert-Frerick 1982). Die- jenigen Betriebe, die bereits in den Jahrzehnten zuvor Weiterbildung durch- geführt und ausgebaut hatten, blieben auch in der Zeit danach weiterbil- dungsaktiv – insbesondere die industriellen Kernsektoren, die bis dahin die Berufsbildung umfassend internalisiert hatten, hielten auch weiterhin daran fest, die beschäftigten Erwachsenen in Eigenregie zu qualifizieren. Gleichzeitig bedeutete die Zeit nach 1945 für Betriebe, dass sie nun auf ei- nen veränderten Problemdruck in der betrieblichen Arbeits- und Personal- politik reagieren mussten. Der wirtschaftliche Wiederaufbau, betriebliche Restrukturierungen, Qualifikationslücken der Kriegsrückkehrer, betriebsspe- zifischer Qualifikationsbedarf, (Praxis-)Defizite in der Hochschulausbildung von Ingenieuren (vgl. Seyd 1982, S. 22), die Ansprüche der Besatzungsmächte – beispielsweise darauf, dass die Beschäftigten Fremdsprachen lernen (Müg- lich 1996, S. 161) –, das von Amerika importierte TWI-System (Training wit- hin Industry) (Bunk 1979, S. 108), die ‚Demokratisierung der betrieblichen Führungsideologien, fehlende überbetriebliche Weiterbildungsmöglichkeiten – all das veranlasste Betriebe dazu, insbesondere diejenigen, die amwirt- schaftlichen Wiederaufbau und amWirtschaftsaufschwung der 50er-Jahre maßgeblich beteiligt waren, ihre Weiterbildung umzustrukturieren. Den seit Ende der 60er-Jahre allmählich zunehmenden empirischen Un- tersuchungen zufolge lag das Schwergewicht betrieblicher Weiterbildung zu dieser Zeit auf der Führungskräftequalifizierung, bei der vor allemThemen wie ‚Menschenführung, Recht (angesichts der Mitbestimmungsforderungen der Gewerkschaften und der Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes) und REFA-Techniken imVordergrund standen. Allerdings hat sich die be- triebliche Weiterbildung in Großbetrieben zu keiner Zeit nur auf Führungs- kräftequalifizierung reduziert. Daneben existierten – mit weit weniger Öf- fentlichkeitswirksamkeit und mit weit geringerem Ressourcenaufwand – im- mer auch Anpassungs-, Aufstiegs- und Umschulungsmaßnahmen für Mit- glieder der mittleren und unteren Betriebshierarchie. Insbesondere dort, wo entsprechende Berufsbilder nicht vorhanden waren, versorgten sich die Be- triebe selber mit den nötigen Qualifikationen, indem sie un- und angelernte Büchter: Betriebliche Weiterbildung – historisch 347

Arbeitskräfte intern schulten und so den betriebs- und arbeitsprozessspezi- fischen Anforderungen anpassten. Durch diese eng auf den Betrieb bezogene Qualifizierung konnte eine Betriebsbindung der Belegschaftsmitglieder, eine Reduzierung der Abwanderung und eine Armortisierung ihres Qualifizie- rungsaufwandes erzielt werden (vgl. z.B. Zeuner 2000, S. 363ff.). Die Publizität betrieblicher Weiterbildung erfolgte erst imKontext ihrer zunehmenden gesellschaftlichen Reetablierung durch die Interessenverbände und -vereine der Arbeitgeber, wie beispielsweise durch die Bundesvereini- gung deutscher Arbeitgeber (BDA), durch das Deutsche Industrieinstitut (DI) sowie durch die betriebsnahe Berufsbildungspolitik und -theorie seit Mitte der 50er-Jahre, die an einer weitgehenden Selbstverwaltung der Betrie- be und betrieblichen Bindung von Weiterbildung festhielten. Eine zentrale Legitimationsgrundlage hierfür bildete der von dieser Seite auffallend häufig erfolgte Hinweis auf einen Bedarf an einer gesellschaftlichen Ordnung, der amehesten durch Aus- und Weiterbildung imOrdnungsgefüge Betrieb ge- deckt werden könnte (vgl. Schwab 1968; Baethge 1970). Oberhalb der einzel- betrieblichen Ebene wurden zunehmend Vereine und ‚Kreise gegründet, die durch Programmatiken und Initiativen auf die Stärkung betrieblicher Macht imBereich der Weiterbildung abzielten. ImDeutschen Industrieinstitut (DI), demspäteren Institut der Deutschen Wirtschaft (IdW), wurden bei verschie- denen Arbeitgeberverbänden Weiterbildungsaktivitäten angeregt. Das von Spitzenorganisationen der Wirtschaft gegründete Deutsche Institut zur För- derung des industriellen Führungsnachwuchses lieferte in Koordination mit dem„Wuppertaler Kreis“ Informationenzur Führungskräfteweiterbildung. Imselben Jahr wurde auf Initiative des Fabrikanten H. Freudenberg der „Ett- linger Kreis“ gegründet, eine Vereinigung von Industriellen und Fachwissen- schaftlern, mit dem Ziel, aktuelle (weiter-)bildungspolitische Themen zu erörtern (vgl. Ettlinger Kreis 1974). Auf theoretischer Ebene wurde die betriebliche Weiterbildung in der Nachkriegszeit von K. Abrahamund F. Arlt aufgegriffen, und zwar unter An- wendung der aus der NS-Zeit bekannten Terminologie. Abraham (1957) sah imBetrieb einen „entscheidenden Erziehungsfaktor“ (S. 177) und ging davon aus, „dass der moderne wirtschaftliche Betrieb für viele Menschen der soziale Raumist, wo sie Ersatz für Gemeinschaftsbeziehungensuchen, die ihnen au- ßerhalb dieses Raums versagt geblieben sind“ (ebd., S. 118). Durch „inner- betriebliche Vergemeinschaftung“ (ebd., S. 117) und durch „Einordnung“ je- des Einzelnen imBetrieb erhoffte er sich, die „Befreiung aus der Vermassung“ (ebd., S. 129). Der Betrieb sei ein „Träger und Gestalter der gesellschaftlichen Ordnung“, demdie Aufgabe zufalle, „an der Sicherung der Kontinuität der Kultur mitzuwirken“ (ebd., S. 177). Arlt (1958) begriff den Betrieb als genui- ne Erwachsenenbildungsstätte: „Die Unternehmerschaft als verantwortliche 348 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Initiatoren und Entwickler der Betriebe hat ein Recht, bewusst zu betonen, dass sie eine Erwachsenenbildungsfunktion wahrnimmt, deren Bedeutung nicht auf einen Betriebsnutzen beschränkt ist, sondern von einemhohen Ge- sellschafts- und Staatsnutzen ist“ (ebd.). Er plädierte sogar dafür, dass Betrie- ben als Erwachsenenbildungsstätten mindestens die öffentliche Anerkennung zuteil wird, wie anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung: „Die Betrie- be sind in der öffentlichen Diskussion viel zu wenig oder gar nicht als aus sich selbst wirkende Erwachsenenbildungsstätte betrachtet worden […]“, wobei er seine Theorie lediglich auf der ‚funktionalen Erziehung aufbaut. Es zeige sich, „dass sich imBetrieb, imBereich der Wirtschaft – nicht aus einer aus- drücklichen Erziehungsabsicht heraus – ein Erwachsenenbildungsprozess selbsttätig vollzieht, das heißt, beiläufig das erreicht, was von den Erwachse- nenbildungseinrichtungen bewusst angestrebt wird“ (ebd.).

5. „Die Betriebe sind […] zum wichtigsten Weiterbildungsträger geworden“4 – „Die Schule der Nation ist der Betrieb“5 – Betriebliche Weiterbildung seit Ende der 60er-Jahre

Dem seit Ende der 60er-Jahre zunehmenden Datenmaterial zufolge expan- dierte die betriebliche Weiterbildung – hinsichtlich der Kosten, der Anzahl der Kurse und der Teilnehmendenzahl – zu dieser Zeit enorm und setzte die- sen Kurs imLaufe der darauf folgenden Jahrzehnte weiter fort (vgl. Faulstich 1998, S. 44). Die Knappheit von Arbeitskräften infolge anhaltender Produkti- onsexpansion führten zu einemzunehmendenWeiterbildungsbedarf in Be- trieben. Die Zahl der offenen Stellen lag über der der Arbeitslosen, mit dem Bau der Mauer sank das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften aus der DDR, und der Zugang von Schulabgängern zu weiterführenden Schulen schob den Eintritt dieser Personen in das Berufsleben hinaus. Die betriebliche Arbeitszerlegung stieß an ihre Grenzen und konnte den betrieblichen Qualifi- kationsbedarf nicht auf breiter Ebene kompensieren, und dort, wo eine Viel- zahl an Un- und Angelernten beschäftigt war, betonten Betriebe den Bedarf an Kenntnissen in ‚Menschenführung insbesondere aufseiten des unteren Managements (Vorarbeiter, Meister) (vgl. Sass/Sengenberger/Weltz 1974). Selbst die allgemeinen Weiterbildungskurse blieben ein nicht unwesentlicher Bestandteil imWeiterbildungsangebot der Betriebe (ebd., S. 91f.). Von nun an propagierten nicht mehr in erster Linie Verbände und Ver- einigungen der Arbeitgeber die Bedeutung betrieblicher Weiterbildung; auch

4 Möllemann (1990). 5 Schlaffke (1995), S. 214. Büchter: Betriebliche Weiterbildung – historisch 349 die Betriebe selber machten zunehmend ihre Weiterbildungsaktivitäten in Firmenbroschüren und einschlägigen Zeitschriften für die Öffentlichkeit transparent und verwiesen dabei auf ihr Weiterbildungsengagement für die Mitarbeiter. Großbetriebe bauten Weiterbildungsressorts aus und stellten hauptamtliches Weiterbildungspersonal ein. All das schien wie eine Antwort auf einen Komplex bildungspolitischer Entwicklungen: auf Versuche der Ent- betrieblichung beruflicher Bildung bzw. auf gewerkschaftliche Reformvor- schläge zur Berufsbildung, auf die Diskussion umdas Berufsbildungsgesetz und seine Verabschiedung sowie auf die internationale Diskussion umle- benslanges Lernen und ihre Rezeption in bundesdeutschen Bildungs- und Strukturplänen (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970). Die betriebliche Kritik an der beruflichen Erstausbildung mit dem zentra- len Argument ihrer Inflexibilität wurde zu einer häufigen – und durchaus pragmatisch anmutenden – Begründung für eine möglichst deregulierte und flexibel einsetzbare betriebliche Weiterbildung. Und die Bildungsplan-Dis- kussion lieferte demProzess der Verbetrieblichung von Weiterbildung eine Reihe weiterer Argumente. Die damaligen Ansätze der Bildungsökonomie und -planung, besonders die der Flexibilitätsforschung in den 70er-Jahren mit dem Hinweis auf Unschärfen zwischen Bildungsabschlüssen und Be- schäftigungsmöglichkeiten hatte die Notwendigkeit der Flexibilisierung be- ruflicher Bildung als Strategie der Anpassung von Qualifikationen an nur be- grenzt prognostizierbare technisch-ökonomische Entwicklungen im Beschäf- tigungssystemunterstrichen. Der Begriff der Flexibilität übte in der arbeits- markt-, bildungspolitischen ebenso wie in der berufs- und erwachsenenpäda- gogischen Diskussion eine starke Faszination aus. Die derzeit häufig kursie- renden Begriffe wie „Entinstitutionalisierung“, „Entberuflichung“ und „Ent- spezialisierung der Erstausbildung“ (vgl. Beck/Brater/Daheim1980, S. 102ff.) begannen von nun an ihren Umlauf. Mit dem bildungsökonomischen Flexi- bilitätsansatz und berufssoziologischen Forschungsergebnissen (ebd.) traf sich die bis dahin bereits geäußerte berufspädagogische Skepsis amtraditio- nellen Berufskonzept mit der Fragwürdigkeit der „Dauerberufe“ (Spranger 1950, zit. n. Abel 1963, S. 3) oder demVerweis auf die „Dynamisierungder beruflichen Inhalte und Grenzen“ (Abel 1963, S. 180). Das Interesse an einer weitgehend elastischen und selbstverwalteten Wei- terbildung von Beschäftigten stand aber imWiderspruch zu den imKontext der Bildungsreformära angestrebten Verrechtlichung, Institutionalisierung und Systematisierung der Planung von Weiterbildung und geriet zunehmend unter Legitimationsdruck. Die damaligen empirischen Untersuchungen, die die betriebliche Weiterbildung an den vomDeutschen Bildungsrat (1970) in seinem Strukturplan formulierten Anforderungen maßen, konnten aus dieser Perspektive auf eine Reihe von Defiziten in der betrieblichen Weiterbildung 350 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung hinweisen. Fehlende Regulierung und Verbindlichkeit zur Einhaltung von er- wachsenenpädagogischen Standards, Planungsdefizite, ungleiche Verteilung von Weiterbildungschancen gehörten zu den zentralen Kritikpunkten in der Diskussion umdie betriebliche Weiterbildung (vgl. BMBW 1990). Das Feh- len längerfristiger Planung und die institutionellen Defizite in der betriebli- cher Weiterbildung wurden bereits in den 70er-Jahren nicht mehr nur mit Schlagworten wie Flexibilitätsbedarf und Praxisnähe zu legitimieren versucht, sondern zunehmend wurden auch pädagogische Standpunkte bemüht, nach denen Persönlichkeitsentfaltung der Arbeitskräften amehesten in nicht-insti- tutionalisierten, eng mit der Arbeit verzahnten Lernprozessen erfolgen kann. Bei der Abwehr von Kritik an der Konzeptionslosigkeit betrieblicher Weiter- bildung wurde auch die damalige, kritische Entschulungsdebatte argumenta- tiv funktionalisiert. So heißt es beispielsweise bei Arlt (1978): „Eine besonde- re Bedeutung kommt in der EB der Wirtschaft der arbeitsintegrierten Bil- dung zu, d.h. Wissens-, Könnens- und Verhaltensveränderungen imArbeits- prozess […]. Darauf haben gleicherweise Pestalozzi wie Marx […], die Ar- beitspädagogen in den Zwanzigerjahren […] hingewiesen“ (ebd., S. 703). Und weiter: „Man sollte dem, was oft geringschätzig als ‚en passant-Lehre bezeichnet wird, den ihm zukommenden Wert beimessen. Die Bedeutung des arbeitsintegrierten Lernens würdigen Illich, Korczak, von Hentig und Blankertz in ihrer kritischen Auseinandersetzung mit der Schulbildung“ (ebd., S. 704). Das, worauf Arlt (1970) immer wieder insistiert hat, nämlich die Anerkennung von Arbeitsprozessen als Bildungsprozesse (vgl. 1970, S. 41), hat sich einige Jahre später in der weiterbildungspolitischen und –wis- senschaftlichen Diskussion durchgesetzt. Mit den Forderungen, den Begriff der betrieblichen Weiterbildung nicht mehr nur auf organisiertes Lernen zu reduzieren, sondern umnicht-institutionelles Lernen amArbeitsplatz zu er- gänzen, wurde Betrieben als Weiterbildungsorte eine zusätzliche Legitimation verschafft, da sie diejenigen Stätten sind, an denen Lernen bei der Arbeit am ehesten, ‚wirklichkeitsnah und ‚bedarfsgerecht vollzogen werden könne. Spätestens seit der Mitte der 80er-Jahre von der damaligen konservativ-li- beralen Regierung und von Arbeitgeberverbänden ins Leben gerufenen ‚Qua- lifizierungsoffensive haben der Betrieb als Weiterbildungsort und der Ar- beitsplatz als Lernort den Mittelpunkt der berufsbildungspolitischen Bühne betreten. (Ideologie-)Kritische Stimmen, die in der betrieblichen Weiterbil- dung ein Instrument kapitalistischer Herrschaftssicherung (vgl. Axmacher 1974), ein Mediumzur Herstellung von „Leistung und Loyalität“ (Schmitz 1979) oder der „sozialen Pazifizierung“ (Wittwer 1982) sahen, waren bald ge- genüber denjenigen in der Erwachsenen- und Berufspädagogik, die den Be- trieb als eine ‚lernende Organisation, oder eine ‚humanistische Lernkultur umschrieben, in der Minderheit. Büchter: Betriebliche Weiterbildung – historisch 351

6. Schluss

Ausgangspunkt dieser Abhandlung war die Überlegung, dass es sich bei der in den letzten Jahren offensichtlich gewordenen „Verbetrieblichung von Wei- terbildung“ (Kühnlein 1997), d.h. dem„steigenden Einfluss der Betriebe auf Inhalte und Gestaltung der beruflichen Weiterbildung sowie – komplementär – […] [dem; K.B.] Rückgang staatlicher Regulierungsversuche“ (ebd., S. 267) umeinen kontinuierlichen sozialhistorischen Prozess handelt, in dessen Ver- lauf sich der Betrieb als Weiterbildungsort mehr und mehr durchgesetzt hat. Anhand einzelner Bausteine aus Theorie und Praxis – vor der Zeit der inten- siveren Diskussion umdie betriebliche Weiterbildung seit den 80er-Jahren – sollte diese Überlegung gestützt werden. Abgesehen davon, dass die seit den 90er-Jahren in der Erwachsenen- und Berufspädagogik konstruierte Betriebs- und Weiterbildungsrealität empi- risch, genauer: industriesoziologisch, nicht immer hinlänglich belegt wird (vgl. Kuper 1997, S. 137), und dass der Hinweis auf einen vermeintlichen ‚an- thropozentrischen Paradigmenwechsel im industriellen Management durch die historisch nachweisbare Tatsache (vgl. Krell 1994), dass es in Betrieben immer Kämpfe und Sorgen um das ‚Wohl bzw. die Gunst der Arbeiter gege- ben hat, ernüchtert werden kann – einerseits – aber: ohne die dringende Not- wendigkeit einer erziehungswissenschaftlichen Einmischung in die betriebli- che Weiterbildung relativieren zu wollen – andererseits –, war diese Hinwen- dung zumBetrieb in der theoretischen Weiterbildungsdiskussion zunächst nichts anderes als ein Zugeständnis an die historisch kontinuierliche Durch- setzung des Betriebs als Weiterbildungsort und seiner Dominanz in der Wei- terbildungslandschaft, und zwar ohne dass Betriebe ihrerseits die lang geheg- te Autonomie in der betrieblichen Weiterbildung aufgeben mussten. Mit diesemZugeständnis aber haben die Erwachsenen- und Berufspäda- gogik gleichzeitig ein Stück weit Verantwortung für die betriebliche Weiter- bildungspolitik übernommen und damit trotz der betrieblichen Reduzierung des externen Kontrollzugriffs zur ‚Veröffentlichung betrieblicher Weiterbil- dung beigetragen. Eine stärker realitätsnahe Forschung und auf dieser Basis konzipierte Theorieansätze und nicht zuletzt eine zu intensivierende histori- sche betriebliche Weiterbildungsforschung können hierzu künftig weitere Deutungshilfen geben. 352 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

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Abstract: The attention given to comapany-internal further education in both scientifc theo- ry an in policies of vocational education during the last twenty years cannot be explained by factual logics alone, it is also the result of a consistent historical development in the course of which the companies’ interest in more or less self-controlled modes of qualification and social integration of employees imposed itself. On the basis of individual historical building blocks from both theory and practice, thr author explores the theoretical foundations of the efforts towards an integration of further education into industrial companies during the twentieth century – that ist, before the pedagogical discovery’ of company-internal further education in the 1980s.

Anschrift der Autorin: Dr. Karin Büchter, Universität Hamburg, Fachbereich Erziehungswissenschaft, Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Sedanstr. 19, 20146 Hamburg. 356 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Peter Dehnbostel Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung in der beruflichen Bildung

Zusammenfassung: Die Lernortforschung gehört zu den disziplinären Kernthemen der Be- rufsbildungsforschung. Seit der Lernortkonzeption des Deutschen Bildungsrats in den 1970er- Jahren werden das Lernortkonzept und Ansätze einer Theorie der Lernorte kontrovers dis- kutiert, unterschiedliche Modelle von Lernortverbünden und Lernortkooperationen werden realisiert und analysiert. Auch die Erschließung und Gestaltung von arbeitsintegrierten Lern- orten gewinnt angesichts der Renaissance des Lernens in der Arbeit zunehmende Bedeutung. In der Berufsbildung und betrieblichen Weiterbildung erfolgt eine Differenzierung, Pluralisie- rung und Entgrenzung von Lernorten. Lernende Unternehmen und Netzwerke sind der vor- läufige Endpunkt dieser Entwicklung. In diesem Beitrag wird die Lernortforschung vor diesem Hintergrund bilanziert, und es werden Desiderate und Perspektiven aufgezeigt.

1. Einleitung

In der beruflichen Bildung werden seit den 1970er-Jahren der Begriff ‚Lern- ort und verwandte Begriffe wie ‚Lernortkombination, ‚Lernortkooperation und ‚Lernortgestaltung unter konzeptionellen Gesichtspunkten diskutiert. Es bestehen Ansätze zu einer Theorie der Lernorte und zu einemwissen- schaftlich begründeten Lernortkonzept. Andererseits wurden unter systema- tischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten auch deutlich Zweifel und Kritik an Tragfähigkeit und Erklärungskraft eines umfassenden Lernortkon- zepts und einer Theorie der Lernorte geäußert. Während die wissenschaftli- che Auseinandersetzung umdie Frage einer konsistenten Theorie der Lern- orte in jüngster Zeit deutlich an Intensität verloren hat, gewinnt die Lernort- thematik in der Berufsbildungspraxis und einer darauf bezogenen wissen- schaftlichen Reflexion zunehmend an Bedeutung. Vor allem Fragen der Lern- ortkooperation und Lernortgestaltung stehen imVordergrund, wobei die vormals auf die berufliche Ausbildung konzentrierte Diskussion mittlerweile für die berufliche Weiterbildung ebenso wichtig geworden ist. Eine Vielfalt von Lernorten, und zwar sowohl innerbetrieblich als auch außer- und über- betrieblich, wird heute von vielen Unternehmen und Bildungszentren gleich- zeitig und nebeneinander für die Weiterbildung genutzt, und das in unter- schiedlichen Lernortkombinationen und didaktisch-methodischen Heran- gehensweisen. Differenzierung, Entgrenzung und Pluralität der Lernorte sind ein Charakteristikumaktueller beruflicher Weiterbildung. Für nahezu alle ak- tuellen Innovationsthemen der beruflichen Weiterbildung, seien es eher sin-

Z.f.Päd., 48. Jg. 2002, Nr. 3 Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 357 guläre Innovationen wie Qualitätszirkel und Lerninseln oder umfassendere Innovationen wie die unterschiedlichen Ansätze zur Kompetenzentwicklung und die Schaffung eines durchlässigen Weiterbildungssystems im IT-Bereich, kommt der Lernortfrage ein zentraler Stellenwert zu. Konzepte des lebensbegleitenden Lernens und des selbstorganisierten Ler- nens, eine generelle Subjekt- und Prozessorientierung in der beruflichen Bil- dung sowie das seit wenigen Jahren bestehende und bereits in ca. 50 neuen und neugeordneten Ausbildungsberufen umgesetzte flexible und dynamische Berufskonzept1 stellen erhöhte Ansprüche an eine systematisierte und zu- gleich flexible Kooperation zwischen den Lernorten. Dabei müssen die Lern- orte an sich und in ihrer jeweiligen Kontextualisierung Gestaltungskriterien genügen, die einem ganzheitlichen Kompetenzerwerb und einem abgestimm- ten Bildungskonzept entsprechen. Hintergrund und partiell auch Auslöser für diese Lernortinnovationen, die imRahmender Innovationsforschung wohl eher als inkrementell denn als radikal zu klassifizieren sind (vgl. Kern 2000, S. 25ff.), bilden die neuen Unternehmens- und Organisationskonzepte, die mit Schlagwörtern wie ‚Lean Production, ‚Lean Management, ‚Fraktale Fabrik und ‚Lernende Organisation bezeichnet werden und sich ihrerseits in die so genannten Megatrends der Globalisierung und des Übergangs von der Industriegesellschaft in die Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft einord- nen. Maßnahmen zur Enthierarchisierung und Dezentralisierung sowie zur Schaffung ganzheitlicher Arbeitsstrukturen und partizipativer Organisations- formen sind den neuen Unternehmenskonzepten unter der Prämisse der Er- höhung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit gemeinsam. Dabei wer- den innovative betriebliche Lern- und Arbeitsformen wie Qualitätszirkel, Be- teiligungsgruppen und Gruppen- sowie Projektarbeit geschaffen, die aus der Sicht betrieblicher Bildungsarbeit explizit als Lernorte fungieren und imRah- men neuer Entwicklungs- und Aufstiegswege bis hin zu Bachelor- und Mas- ter-Abschlüssen als solche imVerbund mitanderen anerkannt werden (vgl. Dybowski u.a. 1994; Drexel 1996; Industriegewerkschaft Metall/Deutsche Postgewerkschaft/Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie e.V./ Deutsche TelekomAG 1999). ImFolgenden werden die angesprochenen Kernthemender Lernortfor- schung entfaltet. Zunächst erfolgt eine historische Rekonstruktion der Genese des Lernortkonzepts (2). ImAnschluss daran werden gegenstandsbezogene Analyse- und Gestaltungsfelder der Lernortforschung in ihrer Herausbildung

1 Vgl. dazu Lennartz (1997, 2000). Zur Diskussion der für die Berufsbildung sozusagen exis- tentiellen Frage der Berufsförmigkeit von Arbeit, die angesichts flexibler und innovativer Erwerbs- und Nichterwerbstätigkeiten in der Moderne zunehmend in Frage gestellt wird, sei auf die wichtigen Veröffentlichungen von Meyer (2000) und Kurtz (2001) verwiesen. 358 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung und ihren Problemlagen systematisch unterschieden (3), um dann mit Netz- werkbildungen aktuelle und prospektive Lernortentwicklungen in den Blick zu nehmen (4). In den Schlussbemerkungen erfolgt eine Rückbindung der untersuchten Entwicklungen an eine konsistente Lernortforschung (5).

2. Genese und Kritik des Lernortkonzepts

Der Begriff ‚Lernort und das Konzept ‚Pluralität der Lernorte wurden von der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats im Rahmen der Bil- dungsreformdiskussion zu Beginn der 1970er-Jahre eingeführt. Der Lernort wurde folgendermaßen definiert: „Unter Lernort ist eine im Rahmen des öf- fentlichen Bildungswesens anerkannte Einrichtung zu verstehen, die Lern- angebote organisiert. Der Ausdruck Ort besagt zunächst, dass das Lernen nicht nur zeitlich […] , sondern auch lokal gegliedert ist. Es handelt sich aber nicht allein umräumlichverschiedene, sondern in ihrer pädagogischen Funktion unterscheidbare Orte“ (Deutscher Bildungsrat 1974, S. 69). Jeder Lernort hat eine „pädagogisch-didaktische Eigenständigkeit“, er gewinnt „seine Eigenart […] aus den ihmeigenen Funktionen imLernprozess“ (ebd.). Die Pluralität der Lernorte wird einerseits durch die Aufgaben in der Sekundarstufe II und die Situation des Jugendlichen bestimmt, andererseits durch lernpsychologi- sche, methodische und soziale Gesichtspunkte des Lernens: „Der Jugendliche hat Gelegenheit, unter verschiedenen, den jeweiligen Lernzielen entsprechen- den Bedingungen zu lernen. Da sich die Lernprozesse, die für die verschiede- nen Qualifikationen nötig sind, nach der Art der Lernziele, nach der Vermitt- lungsart und nach demsozialen Kontext des Lernens unterscheiden können, ist je nach Art der Lernprozesse der geeignete Lernort zu bestimmen“ (ebd., S. 17). Lernortpluralität entsteht durch die Verknüpfung mehrerer für einen Bil- dungsgang, einen Bildungsabschnitt oder einen Lernprozess wichtiger Lern- orte. In der Empfehlung wird für die Sekundarstufe II von vier Lernorten aus- gegangen: „Schule, Lehrwerkstatt, Betrieb und Studio“ (ebd., S. 71). Diese Bestimmungen standen im Kontext der damaligen Bildungs- und Berufsbildungsreform. Bildungspolitisch lagen der Reform Postulate wie das Recht auf Bildung, die Herstellung von Chancengleichheit und die Erlangung von Mündigkeit zugrunde. Die gesellschaftliche Diskriminierung beruflicher Bildung und deren Sackgassencharakter sollten überwunden werden, wozu in einer einheitlichen und differenzierten Sekundarstufe II durch das „Konzept für eine Verbindung von allgemeinem und beruflichem Lernen“ die Basis ge- schaffen werden sollte. Insbesondere sollte die Pluralität von Lernorten „das duale Systemder Berufsbildung in eine integrierte Sekundarstufe II“ führen und damit „die pädagogisch wie politisch fragwürdig gewordenen Seiten des Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 359 dualen Systems“ aufheben (ebd., S. 70). Kritisch anzumerken ist dazu, dass die Strukturierung und Fundierung von Lernprozessen dabei kaumerfolgt, ebenso wenig wie eine anthropologische Ausrichtung des Reformkonzepts. Allerdings ist die Zielsetzung des Lernens als Kompetenzerwerb wegweisend, zumal der Deutsche Bildungsrat bereits damals die heute für die berufliche Bildung allgemein akzeptierte Leitidee des umfassenden Kompetenzerwerbs als Einheit von Fach-, Sozial- und Humankompetenz fasste (vgl. ebd., S. 65). Das Lernortkonzept traf von Beginn an auf heftige Kritik. Von Seiten geis- teswissenschaftlich-hermeneutischer Positionen in der Erziehungswissen- schaft und der Berufs- und Wirtschaftspädagogik schien die Aufwertung des Lernorts zu einem zentralen Reformansatz als Ausdruck eines instrumentel- len und funktionalistischen Bildungsverständnisses und damit unvereinbar mit bildungstheoretischen Optionen. Für Dörschel (1974, S. 25) hat „gleich- samüber Nacht der Ausdruck ‚Lernort die bisherigen Bezeichnungen ‚Bil- dungsstätte, ‚Lebensstätte und ‚pädagogische Situation verdrängt“. Und weiter: „Die pädagogische Sinnverarmung und die Neutralisierung des Päda- gogischen kennzeichnen den Begriff ‚Lernort, wenn das isolierende Denken dabei vor allemoder nur die instrumentellenFunktionen […] in Schule und Betrieb hervorhebt und die existenzielle Bedeutung dieser Sozialgebilde im Ganzen für den Einzelnen zumindest unterbewertet, wenn nicht ganz außer Acht lässt“ (ebd.). Zehn Jahre später unterzog Beck das Lernortkonzept einer grundsätzlichen Kritik in der „die praktische Unzulänglichkeit und die erzie- hungswissenschaftliche Irrelevanz des Lernortkonzepts“ konstatiert und der Schluss gezogen wird, dass „die Entfernung der Lernortidee aus pädagogi- schen Denkfiguren sicherlich ein Gewinn“ wäre (1984, S. 256ff.; zur Erwide- rung vgl. Münch 1995b, insbes. S. 95). Beck äußert vor allemfolgende Ein- wände gegen das Konzept: Der Lernortbegriff würde vomDeutschen Bil- dungsrat weder konsistent gefasst und pädagogisch begründet noch in der Folgezeit substantiiert; angesichts der Vielzahl potenzieller Lernorte und der ihnen immanenten bildungsorganisatorischen Autonomieansprüche würde ein zusammenhängendes didaktisch-curriculares Lernortkonzept geradezu verhindert; die Lernortbegrifflichkeit lege die Hypostasierung der pädagogi- schen Funktionalität einzelner Lernorte nahe; die Adressaten der Berufsaus- bildung spielten imLernortkonzept kaumeine Rolle. Auf der anderen Seite wurde das Lernortkonzept fundiert, und die Lern- ortforschung wurde zu einemwichtigen Bestandteil der Berufsbildungsfor- schung. Besonders ist auf die Arbeiten Münchs hinzuweisen, der zusammen mit Kath die Lernortdiskussion bereits vor der veröffentlichten Position des Deutschen Bildungsrats auf empirischer Grundlage aufnahm, und zwar u.a. mit der Zielsetzung, angesichts von Kontroversen um den Betrieb als Lernort auf die „didaktische Kernfrage“, die „Optimierung von Lernprozessen“ hin- 360 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung zuführen sowie „erste Ansätze für eine Theorie des Arbeitsplatzes als Lernort“ zu entwickeln (Münch/Kath 1973, S. 19). In einer ersten Lernortpräzisierung wurde anstelle des Lernorts Betrieb eine „Typologie des Lernortes Arbeits- platz nach dem Grade der Pädagogisierung“ vorgenommen. Dem Lernort Arbeitsplatz sind dabei acht „didaktische Funktionen“ zugeordnet, und zwar von dem„Lernen beruflicher Fertigkeiten“ über die „Verantwortungsent- wicklung“ bis zur „Regeneration des Kenntnis- und Erfahrungsstandes“ (ebd., S. 23). In einer weiteren empirischen Untersuchung über Typen, Funk- tionen und Kombinationen betrieblicher Lernorte und deren Beitrag zur be- ruflichen Qualifizierung wurden als betriebliche Lernorte der ‚Arbeitsplatz, die ‚Lehrwerkstatt und der ‚Innerbetriebliche Unterricht untersucht (vgl. Münch u.a. 1981). Gegenüber diesemeher funktionalistischen Ansatz in Ori- entierung an den spezifisch didaktischen Gegebenheiten einzelner Lernorte und den Bedürfnissen des Beschäftigungssystems stellte Lempert (1974) die bildungs- und damit gesellschaftspolitische Dimension der Lernortdiskussion in den Mittelpunkt seiner Analyse. Der Lernort Betrieb wie andere Lernorte auch, sind danach unter dementscheidenden Kriteriumder Organisations- und Verfügungsgewalt des Lernortträgers zu betrachten, womit der Betrieb zwar weiterhin für die Ausbildung notwendig sei, demLernort Schule aber die maßgeblichere Rolle im Sinne pädagogischer Zielorientierungen und im Sinne der Interessen der Auszubildenden zukommen müsse (vgl. dazu auch Wahler 1978). In der relativ breit geführten Lernortdiskussion (vgl. auch Kath/Spöttl/Ze- bisch 1985; Heidack 1987; Michelsen 1977; Schmiel 1976) ist besonders auf die Ausführungen von Kell und Kutscha (1983, S. 197ff.) zur Lernortfor- schung hinzuweisen, die in vornehmlicher Auseinandersetzung mit Münchs Ansatz auf Unschärfe und Fragwürdigkeit des Lernortbegriffs rekurrieren. In Rückgriff auf die „ökologische Lernforschung“ Bronfenbrenners und „um die mit dem Ausdruck Lernort attributierte Reduktion auf eine verengte räumliche oder organisatorische Betrachtungsweise zu vermeiden“ empfeh- len sie, den Lernortbegriff durch den Begriff des ‚Lernfeldes zu ersetzen, was für die Lernortforschung von paradigmatischer Bedeutung sei (ebd.).2 Emp- fohlen wurde, das Lernortkonzept verstärkt auf didaktisch-methodische An- sätze und unterschiedliche Lehr-Lern-Arrangements zu beziehen (vgl. auch Kutscha 1985).

2 Dieser Vorschlag wurde in der Lernortdiskussion nicht aufgegriffen, gleichwohl hat der Lernfeldbegriff in einemauf Ganzheitlichkeit und Inhaltlichkeit bezogenemSinne durch das ,Lernfeld-Konzept in den neuen KMK-Rahmenlehrplänen große Bedeutung erlangt und gestaltet den Lernort Berufsschule neu. Inwieweit auf diese Reformdie demLernort- konzept unterstellte ungenügende pädagogische Fundierung zutrifft, ist umstritten (vgl. dazu u.a. Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft 2001; Lipsmeier/Pätzold 2000). Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 361

Eine Schwäche in der Lernortdiskussion und der Lernortforschung be- stand in ihren Anfängen sicherlich darin, dass Kriterien und Analysen zu Qualität, Lernergiebigkeit und Güte von Lernorten zu wenig entwickelt und fundiert wurden. Dies trifft auf die institutionell organisierten Lernorte zu, die ohnehin – etwa die Einrichtung von Studios und des schulischen Berufs- grundbildungsjahres – in starkemMaße reformpolitischund weniger päda- gogisch fundiert waren. Dies gilt aber auch in Bezug auf die nur in Ausnah- mefällen durchgeführte Untersuchung und Identifizierung lernförderlicher und lernhemmender Arbeitsbedingungen sowie lernhaltiger und persönlich- keitsfördernder Arbeitspotenziale. Konstruktiv gewendet ist hiermit die Frage nach der Erschließung und Gestaltung des Lernorts Arbeitsplatz auf analyti- scher Grundlage gestellt, die imFortgang der Lernortdiskussion zu einem zentralen Entwicklungs- und Forschungsfeld werden sollte. In der Berufsbildungsforschung ist die Lernortforschung erst zögernd anerkannt worden, was angesichts der referierten Kritikpunkte nicht verwun- derlich ist. Immerhin wird in der Denkschrift der Senatskommission für Be- rufsbildungsforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Lernort- frage in den vordringlichen Forschungsaufgaben aufgenommen, und zwar im Aufgabenbereich „Zur Organisation beruflicher Bildungsprozesse“ (Senats- kommission für Berufsbildungsforschung 1990, S. 74ff.). Dabei werden Lern- orte als organisatorische Einheiten bezeichnet, an denen Lernprozesse statt- finden. Damit kommt ein offensichtlich gegenüber der oben zitierten Lern- ortdefinition des Deutschen Bildungsrats grundsätzlich erweitertes Lernort- verständnis zumAusdruck. Zudemwird vorgeschlagen, den Begriff ‚Instituti- on vomBegriff ‚Lernort abzugrenzen, wobei Institutionen imAllgemeinen eine Reihe von Lernorten umfassen, so die Institution Betrieb und die Insti- tution berufsbildende Schulen. Für die Senatskommission sind nun Fragen der Zuordnung von Lernorten zu Institutionen und von Lernprozessen zu Lernorten zentral. Die diesen Forschungsbereich abschließende Forschungs- frage lautet: „Welche Ergebnisse für die berufliche Qualifizierung und die Persönlichkeitsentwicklung lassen sich verschiedenen Kombinationen von Lernprozessen, Lernorten und Institutionen zurechnen?“ (ebd., S. 77). Aus- bau und Entwicklung des Lernortkonzepts und einer Theorie der Lernorte wurden in die Denkschrift nicht aufgenommen.

3. Zentrale Analyse- und Gestaltungsfelder der Lernortforschung

Eine Konsolidierung und Profilierung der Lernortforschung erfolgte da- durch, dass – unter wesentlichen Anstößen durch die Berufsbildungspraxis – zentrale Problembereiche der Lernortthematik in den Mittelpunkt bildungs- 362 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung politischer Maßnahmen, besonderer Förderprogramme und groß angelegter Modellvorhaben, sowohl des schulischen als auch des außerschulischen Be- reichs, gestellt wurden. Von betrieblicher Seite wurde zudemdie Erschlie- ßung und Gestaltung von arbeitsplatzintegrierten Lernorten gefordert und gefördert, was mit der Einführung neuer Arbeits- und Organisationskonzepte in den Unternehmen einherging. Folgende Analyse- und Gestaltungsfelder haben sich seit den 1980er-Jahren herausgebildet, die gegenwärtig imMittel- punkt der Lernortforschung stehen und imPrinzip das Lernortkonzept wei- terführen: Verbünde in der Aus- und Weiterbildung, Kooperation der Lern- orte sowie die Erschließung und Gestaltung von Arbeitsorten als Lernorte.

3.1 Verbünde in der Aus- und Weiterbildung

Das duale Systemmitseinen beiden klassischen Lernorten Betrieb und Fort- bildungs- bzw. Berufsschule wurde bereits früh in einemverbundmäßigen Sinne durch einen dritten Lernort ergänzt, durch die inner- oder über- betriebliche Ausbildungsstätte. Stratmann stellt für das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts fest, dass „der umfassender gewordene Qualifikationsbedarf […] nach besonderen Organisationen des Lehr-/Lernprozesses“ verlangt und eine „Trennung der Unterweisung vomProduktionsbereich und Produkti- onsdruck“ erfordert. „Neben den bisherigen Lernorten Betrieb und berufli- che Schule entsteht also ein dritter Lernort: die Lehrwerkstatt“ (1995, S. 36). ImGegensatz zur Handwerkslehre zeichnet sich die industrietypische Ausbil- dung bereits seit ihren Anfängen durch eine Dynamik ihrer Lernortentwick- lung aus. Unterschiedliche Kooperationsformen zwischen den Lernorten und erste Verbundstrukturen sind eine Folge davon. Für das Handwerk bestanden zwar auch vereinzelt verbands- und kammerbezogene zentrale Bildungseinrichtungen, aber erst die veränderten Wirtschafts- und Qualifikationsanforderungen imletzten Drittel des 20. Jahr- hundert stellen die Frage nach der Pluralität der Lernorte und nach Verbund- lösungen der Ausbildungsorganisation systematisch. So stellt Pätzold für das Handwerk fest, dass „mit Lernortverbund und überbetrieblichen Ausbil- dungsstätten in den 70er und 80er-Jahren erst der Anspruch einer vollständi- gen Berufsausbildung in vielen Ausbildungsbetrieben […] eingelöst werden konnte“ (1991a, S. 6f.). Besonders die Neuordnung der handwerklichen Me- tall- und Elektroberufe Ende der 1980er-Jahre mit der verbindlichen berufs- feldbreiten Grundbildung, zwei Berufsschultagen und dem Zusammenwirken von betrieblicher und überbetrieblicher Ausbildung weist – unabhängig von der realen Einlösung dieser Bestimmungen – auf notwendige Erweiterungen des Lernortespektrums hin. Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 363

In den 1980er-Jahren wurden neuartige Lernortverbünde sowohl für die Weiterbildung als auch für die Ausbildung eingerichtet. In der Weiterbildung führte besonders die Einführung und Verbreitung neuer Technologien dazu, eine Qualifizierung imLernortverbund, und zwar vorrangig imzwischen- betrieblichen Verbund, zu entwickeln und zu erproben (vgl. u.a. BMBW 1985a; Paulsen 1991; Siehlmann 1988). In den zwischenbetrieblichen Ver- bünden wurde die betriebliche Weiterbildung auch mit Einrichtungen für au- ßerbetriebliche Qualifizierungsmaßnahmen verknüpft. Adressaten der Wei- terbildung waren vor allemMitarbeiter von Klein- und Mittelbetrieben. Die Weiterbildung wurde z.T. unter der Regie von größeren Betrieben, so ge- nannten Ankerbetrieben, durchgeführt und sollte dabei als „gemeinsame Organisation, Durchführung und Nachbereitung (Lerntransfer) von Qualifi- zierungsmaßnahmen unter vorrangiger Ausschöpfung der in den Unterneh- men, Berufsschulen und regionalen Institutionen vorhandenen personellen und technischen Kapazitäten“ erfolgen (BMBW 1985a, S. 24). Weiterbildungsverbünde blieben in ihrer Verbreitung stark hinter Ausbil- dungsverbünden zurück, die Mitte der 1980er-Jahre aus bildungspolitischen Gründen zusätzlich gefördert wurden umdas Ausbildungsangebot zu erhö- hen. Dabei wurde diese Ausbildungsformauch aus qualitativen Gründen zur Einhaltung oder Verbesserung von Ausbildungsstandards mit öffentlichen Mitteln unterstützt. Es hatte sich gezeigt, dass der Verbreiterung der Berufs- felder eine wachsende Spezialisierung der Betriebe gegenüberstand. Verbund- modelle zwischen verschiedenen Betrieben einerseits und zwischen Betrieben und außer- bzw. überbetrieblichen Bildungsstätten andererseits konnten die einzelbetriebliche Ausbildung ersetzen. Generell erschien der Ausbildungsver- bund als eine geeignete Möglichkeit, die Ausbildung für den Einzelbetrieb vielfältiger und abwechslungsreicher zu gestalten. Auch wurde der Erwerb von Schlüsselqualifikationen durch den Verbund wesentlich erleichtert. In ei- ner empirischen Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (vgl. Hensge/Meyer/Fischer 1989) wurde nachgewiesen, dass die Verbundausbil- dung die Bereitschaft der Betriebe zur systematischen Planung und Durch- führung der Ausbildung fördert, den Betrieben hilft, Modernitätsrückstände durch ein betriebsübergreifendes Ausbildungsangebot zu überwinden, die unternehmensübergreifende Nutzung neuer Technologien für Ausbildungs- zwecke ermöglicht und zum Erhalt der Ausbildungseignung bzw. Sicherung moderner Qualitätsstandards in der Ausbildung beiträgt. Die Organisation von Verbünden wurde unter verschiedenen Gesichts- punkten strukturiert und reguliert (vgl. BMBW 1985a; 1985b; Hensge/Mey- er/Fischer 1989). In der Praxis bestanden Ende der 1980er-Jahre bereits mehr als tausend Ausbildungsverbünde, die in verschiedenen Modellen organisiert waren, umden unterschiedlichen Situationen und Bedarfslagen der Verbund- 364 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung partner gerecht zu werden. Dabei handelt es sich hauptsächlich umfolgende Modelle (vgl. BMBW 1985b, S. 14ff.): Ausbildungsverbund mit Leitbetrieb; Ausbildungsverbund als Konsortium; Ausbildungsverein und Auftragsausbil- dung.3 Aus- und Weiterbildungsverbünde zeichnet aus, dass ihnen feste, zumeist vertraglich fixierte Abmachungen zugrunde liegen und sie Qualifizierungs- maßnahmen und Bildungsgänge in traditioneller Angebotsorientierung be- reitstellen. In den meisten Verbundmodellen bestehen klare Hierarchien und hohe Verbindlichkeiten in Organisations-, Rechts- und Finanzierungsfragen. Vergegenwärtigt man sich, dass moderne Organisationskonzepte und der wachsende Einsatz neuer Technologien wesentlich dazu beitrugen, die Ver- bünde weiter zu entwickeln und auszubauen, dann wären sie in ihrer Lern- ortstruktur adäquat flexibel und offen zu gestalten gewesen. Stattdessen wur- den imPrinzip die obsoleten Regulierungs- und Organisationsstrukturen des herkömmlichen dualen Systems auf die Verbundmodelle übertragen.

3.2 Lernortkooperation in der beruflichen Bildung

Die Kooperation der Lernorte in der beruflichen Bildung ist imVergleich zu den Verbünden eine losere Form der Zusammenwirkens, die aber im Kontext eines Bildungsganges oder einer Bildungsmaßnahme gefordert ist, um ge- meinsame Verbindlichkeiten, pädagogische Ziele und Inhalte zwischen ver- schiedenen Lernorten abzustimmen und zu verfolgen. Kooperation findet auf verschiedenen Ebenen statt: gesellschaftlich-institutionell, strukturell-or- ganisatorisch und personell. In der Diskussion der Lernortkooperation wird Kooperation amVerhalten und den Einstellungen des Bildungspersonals fest-

3 Beim Ausbildungsverbund mit Leitbetrieb ist der Leitbetrieb für die Ausbildung insgesamt verantwortlich. Er schließt die Ausbildungsverträge ab, zahlt die Ausbildungsvergütung und organisiert die phasenweise Ausbildung bei den Partnerbetrieben. Die Partnerbetriebe übernehmen Teile der Ausbildung und sind im Ausbildungsvertrag als ergänzende Ausbil- dungsstätten aufgeführt. ImAusbildungsverbund als Konsortiumstellen jeweils mehrere Klein- und Mittelbetriebe Auszubildende ein und tauschen diese zu vereinbarten Zeiten aus. Die Kosten für die Ausbildungsvergütungen werden jeweils von den Betrieben getra- gen, die die Auszubildenden einstellen. ImAusbildungsverein schließen sich mehrere Be- triebe auf vereinsrechtlicher Grundlage zusammen. Der Verein tritt als Ausbildungsträger auf. Er übernimmt die Steuerung der Ausbildung in den Mitgliedsunternehmen und wird von den Mitgliedern finanziell getragen. Zumeist sorgt ein Koordinator für die übergrei- fende Planung der Ausbildung und wacht über deren Durchführung. Bei der Auftragsaus- bildung werden schließlich einzelne Ausbildungsabschnitte an andere Betriebe oder Bildungsträger vergeben. Die in Auftrag gegebene Auftragsausbildung wird durch Kosten- erstattung seitens der Partnerbetriebe abgegolten. Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 365 gemacht, wobei zum Bildungspersonal Ausbilder, Weiterbildner, Lehrer und Lern- bzw. Prozessbegleiter zählen. So ist unter Lernortkooperation vor dem Hintergrund des z.T. institutionell geregelten Zusammenwirkens verschiede- ner Institutionen und Lernorte – etwa in Berufsausbildung und in der Auf- stiegsfortbildung – die pädagogische, didaktisch-methodische und organisa- torische Zusammenarbeit des Bildungspersonals an verschiedenen Lernorten zu verstehen. Im Rahmen der Abstimmung zwischen den Lernorten sind – in Überein- stimmung mit dem Lernortkonzept – die jeweiligen Lernortvorteile zu nutzen und optimal zu kombinieren. Prinzipiell dient die Kooperation der unmittel- baren Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Lernorten sowie der pädagogischen Orientierung der Lernprozesse. Dabei kommt in der berufli- chen Bildung demVerhältnis von Erfahrungslernen und intentionalembzw. organisiertemLernen eine besondere Bedeutung zu (vgl. Dehnbostel 1996, S. 19f.; Gonon 2000), das sowohl lernortspezifisch als auch in der Kooperation zwischen den Lernorten zu gestalten ist. Das Spektrummöglicher Kooperati- onsaktivitäten erstreckt sich vomgegenseitigen Informieren über die organisa- torische und didaktisch-methodische Abstimmung bis zum gemeinsamen Erarbeiten von Materialien (zu differenzierten Fassungen des Kooperations- verständnisses vgl. Berger/Walden 1994; Pätzold 1991b, S. 40ff.).4 Analysen und konzeptionell-praktische Darstellungen zur Kooperation der Lernorte liegen in einer Vielzahl von Veröffentlichungen vor (vgl. exem- plarisch die Sammelbände Holz/Rauner/Walden 1998; Pätzold 1990; Pätzold/ Walden 1999; Euler/Berger u.a. 1999). Die zahlreichen Beiträge und Sichtwei- sen verdeutlichen die breite Rezeption und Akzeptanz, die die Begriffe ‚Lern- ort und ‚Lernortkooperation erfahren haben, wenn auch die Einbindung in das Lernortkonzept nur in Ausnahmefällen thematisiert wird. Dabei beziehen sich die vielfältigen Beschreibungen und Untersuchungen schwerpunktmäßig auf die Lernortkooperation imdualen Systemzwischen Schule und Betrieb

4 Nach Pätzold (1991b, S. 40ff.) bestehen die folgenden vier Kooperationsverständnisse: Das „pragmatisch-formale Kooperationsverständnis“, das ausschließlich auf äußere for- male Veranlassung zurückgeht. Über die Ableistung von Verpflichtungen im Rahmen von Lehrplänen und Prüfungen werden keinerlei Intentionen mit der Lernortkooperation ver- bunden. Beim„pragmatisch-utilitaristischenKooperationsverständnis“ leiten sich Koope- rationsaktivitäten unmittelbar aus subjektiven Problemerfahrungen in den täglichen Arbeitszusammenhängen her. Das „didaktisch-methodisch begründete Kooperationsver- ständnis“ leitet sich ab aus didaktisch-methodischen Konzepten beruflichen Lernens. Das „bildungstheoretisch begründete Kooperationsverständnis“ knüpft an die didaktisch-me- thodische Ebene an und kooperiert zusätzlich auf bildungstheoretischer Ebene. Die bei- den letztgenannten Kooperationsverständnisse sollten für eine berufspädagogisch orien- tierte Kooperation leitend werden, jedoch sind die beiden ersteren Verständnisse in der Ausbildungspraxis vorherrschend. 366 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung sowie – deutlich nachgeordnet – auf die Kooperation zwischen Schule, Be- trieb und überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Die reale Kooperationspraxis wird in empirischen Befunden häufig als unzureichend bezeichnet, was vor- rangig auf strukturelle und personelle Faktoren zurückgeführt wird. In struk- tureller Hinsicht handelt es sich bei den Lernorten Betrieb und Berufsschule um unterschiedliche Systeme, die zum einen auf die ökonomischen und qua- lifikatorischen Ansprüche der Arbeitswelt gerichtet sind, zumanderen auf öf- fentliche Bildungsstandards und bildungstheoretische Orientierungen. In personaler Hinsicht ist das Verhältnis von Ausbildern und Berufsschullehrern durch erhebliche Statusunterschiede und nicht zuletzt daraus resultierenden Vorurteilen gekennzeichnet, die intensive Kooperationsbeziehungen kaum zulassen und viele gut gemeinte Modellversuchsinitiativen von vornherein zumScheitern verurteilen. Für die Weiterbildung ist zwar gleichfalls von einer Kooperation der Lern- orte auszugehen, nur bestehen imVergleich zur Berufsausbildung nicht an- nähernd so weit entwickelte Kooperationsmodelle, da es sich bei der Weiter- bildung nicht per se umdie Dualität oder Pluralität von Teilsystemenhan- delt, die imGesamtsystemder Berufsausbildung auf gesetzlicher Grundlage strukturell-organisatorisch zusammenwirken müssen. Gleichwohl besteht in der Weiterbildung ein wachsender Kooperationsbedarf zwischen den Lern- orten, sei es in einschlägigen Fortbildungsgängen, neuen Modellen der Wei- terbildung wie imIT-Bereich oder in dualen Studiengängen (vgl. u.a. Borch/ Hecker/ Weismann 2000; Dybowski u.a. 1994; Wissenschaftsrat 1997). Dabei ist die Lernortkooperation in der stark marktorientierten Weiterbildung in besonderemMaße daraufhin zu hinterfragen, wieweit sie durch die häufig auf Eigenvorteil und Eigeninteressen bedachte Rolle des einzelnen Weiterbil- dungsträgers geprägt wird. Der einseitige Bezug von Konzepten und empirischen Befunden zur Lern- ortkooperation auf das duale SystemmitdemSchwerpunkt auf die schu- lischen Lehrkräfte und auf die zumeist in Lehrwerkstätten tätigen Ausbilder vernachlässigt nicht nur den Bereich der Weiterbildung, sondern auch die be- triebliche Arbeitswelt und die zunehmend differenzierte und pluralisierte Entwicklung von arbeitsgebundenen Lernorten. Dies gilt, obwohl der ge- meinsame Bildungsauftrag von Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben immer wieder betont wird und von der Ständigen Konferenz der Kultus- minister der Länder (1991) in der gültigen Rahmenvereinbarung über die Be- rufsschulen aufgenommen ist. Das Konzept der „dual-kooperativen Berufs- ausbildung“ (Rauner 1998) folgt hier einemanderen Weg. Die Lernortkoope- ration in der Berufsausbildung „wird danach nicht primär als ein Bezie- hungsproblemzwischen Lehrern und Ausbildern definiert, sondern über die gemeinsame Aufgabe einer handlungs- und gestaltungsorientierten Berufs- Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 367 ausbildung. Damit wird die innovative berufliche Arbeitswirklichkeit mit ihren Bildungs- und Qualifizierungschancen sowie ihren Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten zum Bezugspunkt für die Berufsbildung“ (ebd., S. 16). Konkretisiert wird dieses Kooperationskonzept an integrierten Berufs- bildungsplänen, die das häufige Nebeneinander von Ausbildungsrahmenplä- nen für die betriebliche Ausbildung und Rahmenlehrplänen für die Berufs- schule ersetzen sollen. Für die betriebliche Lernortkooperation sind die in der Modellversuchs- reihe „Dezentrales Lernen“ geschaffenen Kooperationsmodelle maßgeblich (Dehnbostel 1992; Dehnbostel/Holz/Novak 1996). Prinzipiell sind zwei Typen der Lernortkooperation entwickelt worden: innerbetriebliche Lernort- kooperation für Groß- und Mittelbetriebe, zwischenbetriebliche Lernort- kooperation für Klein- und Mittelbetriebe. Auf die neu gebildeten Kooperati- onsmodelle trifft das zu, was generell für das Lernortkonzept gilt: Im Rahmen der Abstimmung zwischen den Lernorten sind die jeweiligen Lernortvorteile pädagogisch und lernorganisatorisch zu nutzen und optimal zu kombinieren. Dabei haben für die Gestaltung der Kooperation drei Inhaltsbereiche Leitcha- rakter: der lernorganisatorisch-strukturelle, der personale und der didak- tisch-methodische Bereich (vgl. Dehnbostel 1996, S. 21f.; vgl. hierzu ausführ- licher den nachfolgenden Abschnitt 4).

3.3 Erschließung und Gestaltung von Arbeitsorten als Lernorte

Die Erschließung und Gestaltung von Arbeitsorten als Lernorte bezieht sich prinzipiell auf Orte der Erwerbsarbeit als auch auf Orte der Nichterwerbs- arbeit, wobei imFolgenden nur auf die Erwerbsarbeit rekurriert wird. Die Gestaltung des Arbeitsplatzes unter effizienzorientierten Kriterien wird be- reits als Aufgabe gesehen, seitdemein Bewusstsein darüber herrscht, dass Ar- beiten räumlich, zeitlich und methodisch ein von der Lebenswelt gesonderter Raum ist. Diese Aufgabe umfasste immer schon arbeitsgestaltende Instru- mente und Methoden und zielte auch auf das Lernen, wobei Lernen in frühe- ren Zeiten ausschließlich informell war. Erst seit den Zeiten der Meisterlehre und der Einführung institutionalisierten Lernens kamder Gedanke auf, orga- nisiertes Lernen in die Arbeit zu tragen und den Arbeitsplatz bzw. Arbeits- prozesse als Lernort – imFolgenden kurz ‚Lernort Arbeitsplatz – zu erschlie- ßen und zu gestalten. Verschiedene Disziplinen wie die Arbeits- und Organi- sationspsychologie, die Arbeitswissenschaft und die Berufs- und Betriebspä- dagogik haben Kriterien und Verfahren zur Erschließung und Gestaltung des Lernorts Arbeitsplatz entwickelt (vgl. Dehnbostel 1994; Franke/Kleinschmitt 1987; Sonntag 1996). 368 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Entscheidend hierfür ist die Qualität des Arbeitsplatzes, worunter die po- sitiven Bedingungen und Möglichkeiten zur Einlösung von Lernprozessen zu verstehen sind. Diese Bedingungen und Möglichkeiten sind einerseits durch reale Gegebenheiten wie Betriebsgrößen und -branchen, Arbeitsaufgaben, Ar- beitsorganisation, Qualifikationsprofile bestimmt, andererseits durch Maß- nahmen zur Erschließung und Gestaltung des Arbeitsplatzes. Erschließen des Arbeitsplatzes umfasst dabei den Prozess der Untersuchung, der Auswahl und Formierung des Arbeitsplatzes als Lernort; Gestalten bezieht sich auf die gezielte Herstellung lernförderlicher Strukturen, so insbesondere durch per- sonelle und die Ausstattung betreffende Maßnahmen. Qualitätszirkel, Lernstatt, Lerninseln und Lernstationen sind beispielhafte betriebliche Lernorte mitten im unmittelbaren Arbeitsprozess, die als Ar- beitsplätze systematisch erschlossen und gestaltet werden. Diese Aufgabe ist nicht frei von Spannungen und Widersprüchen. Denn die Tätigkeiten amAr- beitsplatz unterliegen betriebswirtschaftlichen Kriterien und Kalkülen, wäh- rend lerntheoretische und berufspädagogische Zielsetzungen imKontext von personaler Entwicklung und beruflicher Bildung stehen. Für die Praxis der Erschließung und Gestaltung des Lernorts Arbeitsplatz ist deshalb ein fünf- stufiges Phasenmodell entwickelt worden (vgl. Dehnbostel u.a. 2001, S. 18).5 Das Modell wird in unterschiedlichen Varianten vor allemin einer Reihe von Großbetrieben angewandt. Es hat sich gezeigt, dass Analysen und Auswahl- kriterien für die Schaffung von Lernorten in der Arbeit notwendig sind, da sich eine Reihe von Arbeitplätzen aus unterschiedlichen Gründen nicht als Lernorte eignen. Eine zentrale Voraussetzung zur Einrichtung solcher Lern- orte ist das Vorhandensein ganzheitlicher Arbeitsaufgaben mit planenden, ausführenden und bewertenden Anteilen. Die Ganzheitlichkeit von Arbeits- aufgaben zeigt sich in der Ablauforganisation darin, dass in einer vollständi- gen Handlung verschiedene Tätigkeiten von der Auftragsentgegennahme und Arbeitsvorbereitung über die eigentliche Produktion und Qualitätskontrolle

5 In demModell werden in der ersten Phase Arbeitsplätze und Arbeitsaufgaben analysiert und die damit verbundenen Arbeitsbedingungen und Qualifikationsanforderungen fest- gestellt. Untersucht wird, welche Lernpotenziale und Lernmöglichkeiten bestehen. Die ge- wonnenen Erkenntnisse führen unter Einbeziehung arbeits- und berufspädagogischer Kri- terien in einer zweiten Phase zu der Entscheidung, ob der untersuchte Arbeitsplatz als Lernformausgewählt wird. In einer dritten Phase werden Struktur, Ausstattungen und Or- ganisationsprinzipien festgelegt, eine Arbeits- und Lerninfrastruktur wird so hergestellt. Lernziele, Lerninhalte und Methoden werden dann in Phase vier auf der Grundlage der Ar- beits-Lern-Situation, der organisationalen Zusammenhänge sowie der personalen und so- zialen Zielsetzungen bestimmt. Die abschließende fünfte Phase dient der konkreten Planung der Arbeit und der Abläufe in der Lernformsowie der Bereitstellung eines Modells zur Qua- litätsbewertung der verrichteten Arbeit. Die Qualität der Lernprozesse und der Kompetenz- entwicklung wird gleichfalls auf der Grundlage fester Kriterien überprüft. Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 369 bis zum Abschluss des Auftrages wahrgenommen werden. Dies korrespon- diert mit lernrelevanten Dimensionen von Arbeitssituationen, die in einigen empirischen Studien festgestellt worden sind und die in unterschiedlichen Facetten als Gestaltungsgesichtspunkte für die Erschließung und Gestaltung des Lernorts Arbeitsplatz empfohlen werden (vgl. Bergmann 1996, S. 173ff.; Franke 1999, S.61ff.; Sonntag 1996, S. 93ff.). ¾hnliche Faktoren sind auch nach konstruktivistischer Auffassung zu er- füllen, umlernförderliche Arbeitsumgebungenund Lernorte in der Arbeit herzustellen (Gerstenmaier/Mandl 1995, S. 879; Reinmann-Rothmeier/ Mandl 2001, S. 177f.). Es müssen bestimmte Freiheitsgrade beim Arbeits- Lern-Handeln bestehen, die sich u.a. darin ausdrücken, dass neue Inhalte nicht als abgeschlossenes Systemerscheinen und der Lernende Steuerungs- und Kontrollprozesse übernimmt. Er muss eigene Erfahrungen machen und eigene Wissenskonstruktionen und Interpretationen vornehmen können. Da- bei sind die Freiheitsgrade auch bewusst wahrzunehmen, zu nutzen und zu gestalten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Lernenden motiviert sind und an den Arbeits- oder Lernhandlungen Interesse haben oder entwickeln. Dabei ist Lernen immer auch ein sozialer Prozess, in dem die Lernenden und ihre Handlungen interaktiv und soziokulturell beeinflusst werden. Zusammenge- fasst sind folgende Grundsätze für die aktive Gestaltung von Lernumgebun- gen nach diesemKonzept zu nennen: Authentizität und Situiertheit, Multiple Kontexte, Multiple Perspektiven und Sozialer Kontext. Wie diese knappe Kennzeichnung deutlich macht, steht die Selbststeuerung des Lernens in die- semkonstruktivistischen Konzept für die KompetenzentwicklungimMittel- punkt.

4. Lernen in vernetzten Lernortstrukturen

Es hat sich gezeigt, dass Kooperationen in modernen Unternehmen z.T. in systematische Vernetzungen übergehen, für die Selbststeuerung und auch Selbstorganisation maßgebliche Organisationsprinzipien sind. Während in den Wirtschaftswissenschaften entsprechende Netzwerkbildungen unter öko- nomischen Zielsetzungen bereits seit den 1980er-Jahren bestehen (vgl. u.a. Staehle 1999, S. 744ff.; Sydow 1992), steht die Herausbildung von Qualifizie- rungs- und Kompetenzentwicklungsnetzwerken in der beruflichen Bildung erst amAnfang (Benzenberg 1999; Faulstich/Vespermann/Zeuner2001; Dehnbostel 2001). Sie ist Ausdruck der allgemeinen Differenzierung, Plurali- tät und Entgrenzung von Lernorten. Vielfach wird die dadurch entstehende örtliche Kontingenz des Lernens mit dem Hinweis auf die Prozesshaftigkeit des modernen Lernens beantwortet und nicht als ein zentrales Problem der 370 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Lernortforschung erkannt, das eine Weiterentwicklung des Lernortkonzepts anzeigt. Der Hintergrund hierfür ist in den einleitend angesprochenen neuen Un- ternehmens- und Organisationskonzepten zu sehen. Die Vernetzung von Lern- und Wissensprozessen ist entscheidend geworden, umin modernen Unternehmen Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und aus- zubauen. Eine andere Frage ist, was die mit der Vernetzung einhergehende Offenheit und Flexibilität von Arbeits- und Lernsituationen für die Lernen- den bedeutet. Dies ist wesentlich abhängig von demTyp des jeweiligen Netz- werks und davon, ob und wie die Netzwerke lernförderlich gestaltet sind. Es sind zwei Typen von Netzwerken zu unterscheiden: Netzwerke zumalleinigen oder vorrangigen Zweck der Qualifizierung und Kompetenzentwicklung so- wie Netzwerke, in denen die Weiterbildung sozialen und ökonomischen Ziel- setzungen deutlich nachgeordnet ist oder informell verbleibt. Nur im ersten Fall ist imeigentlichen Sinne von Lern-, Qualifizierungs- oder Kompetenz- entwicklungsnetzwerken zu sprechen, die in der betrieblichen und außer- betrieblichen Weiterbildung bestehen. Beide Typen von Netzwerken und viel- fältige Mischformen zeichnen sich im Vergleich zu herkömmlichen Weiterbil- dungs- und Organisationsformen durch neuartige Regelungs- und Koope- rationsprinzipien aus. Zugespitzt auf Lern- und Bildungsentwicklungen sind zu nennen: Es besteht kein curricular vorgegebener und hierarchisch abge- sicherter Lehr- und Qualifizierungsplan; die Kompetenzentwicklung erfolgt auf der Grundlage des Lernens in vernetzten Strukturen und gemeinsam ge- tragener Zielvereinbarungen; Prozesse und evtl. Aufgabenbearbeitung folgen demPrinzip der Dezentralität. Ein Beispiel für Netzwerkbildung als Weiterentwicklung der Lernort- kooperation und des Lernortkonzepts stellt die Modellversuchsreihe „Dezen- trales Lernen“ dar (vgl. Abschnitt 3.3). Der in den 1990er-Jahren laufenden Modellversuchsreihe lag die These zugrunde, dass in modernen, technolo- gisch anspruchsvollen Arbeitsprozessen integrative Formen der Verbindung von Arbeiten und Lernen entstehen. Es wurden neue betriebliche Lernorte wie Qualifizierungsstützpunkte, Lernstationen und Lerninseln entwickelt, die mittlerweile in über 50 mittleren und großen Unternehmen eingerichtet sind. Zunächst wurden die Lernorte imRahmender Berufsausbildung in der Pro- duktion entwickelt, gewannen dann aber zunehmend für die betriebliche Weiterbildung und auch für Arbeitsbereiche und Branchen außerhalb der Produktion an Bedeutung. Die konzeptionelle Leitidee der Dezentralisierung zeigt sich in der Delega- tion von Verantwortung und Kompetenzen in die neu entwickelten Lernorte sowie in ihrer relativen Autonomie. Dezentralisierte Entscheidungs- und Dis- positionsfunktionen sind dabei als eine notwendige Voraussetzung zur Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 371

Durchsetzung von eigenverantwortlichemHandeln und selbstgesteuertem Lernen anzusehen. Dezentralisierung kennzeichnet generell eine Entwick- lungstendenz, die sich in unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen und mit besonderemNachdruck in Unternehmensorganisationenniederschlägt. Sie zielt auf eine Reduzierung von Regelungen und Vorschriften sowie die Stär- kung von Selbststeuerung und Selbstorganisation. Ein weitgehend selbstgesteuertes Erfahrungslernen ist für das Lernen in dezentralen Lernorten konstitutiv. Es wird durch lernförderliche Strukturen erleichtert, zugleich gegenüber dem herkömmlichen erfahrungsbezogenen Lernen in der Arbeit erweitert, indemeine Verschränkung von intentionalem und Erfahrungslernen stattfindet. Dezentrale Lernorte ergänzen die Arbeits- infrastruktur herkömmlicher Arbeitsplätze um eine Lerninfrastruktur, Ar- beitshandeln und darauf bezogene Reflexionen stehen mit ausgewiesenen Zielen und Inhalten betrieblicher Bildungsarbeit in Wechselbeziehung. Das Konzept des Dezentralen Lernens sah von Anfang an vor, dass die neu geschaffenen Lernorte untereinander und mit anderen betrieblichen und au- ßerbetrieblichen Lernorten vernetzt werden. Dabei ging es gezielt umdie Entwicklung von Qualifizierungs- bzw. Kompetenzentwicklungsnetzwerken. Lernorte dieser Netzwerke sind betriebliche Arbeits- und Qualifizierungsorte, berufsbildende Schulen und regionale Bildungsstätten. In einzelnen Fällen wurden Arbeitsämter und Industrie- und Handelskammern in das Netzwerk einbezogen. Dezentrales Lernen in Netzwerken war eine grundlegende Ziel- orientierung, die unter demBegriff ‚Lernortkombinationvon unterschiedli- chen Unternehmen auf je eigene Art eingelöst wurde. Lernortkombinationen wurden als Vernetzung und Optimierung von Lernorten verstanden. U.a. wurden ein „Dezentral orientiertes Lernortsystem“, ein „Drei-Stufen-Lern- ortsystem“ und ein „Innerbetriebliches Netzwerk“ entwickelt und ausgebaut (Dehnbostel, 1996, S. 17ff.). Die Lernortpluralität ist kennzeichnend für diese Netzwerke. Die Entwicklung dieser Netzwerke und Lernortsysteme hat gezeigt, dass eine effektive Vernetzung vor allemüber die Aus- und Weiterbildner vor Ort zu leisten ist. Deren persönliches Engagement und weitgehende Selbststeue- rung und – vor allemin Fragen der Lernortkombinationen– partielle Selbst- organisation hat sich als notwendig erwiesen, umdie Kombinationund Op- timierung von Lernorten als Netzwerkmodell zu entwickeln. Eine wichtige Voraussetzung dafür war, dass Aus- und Weiterbildner die netzwerkartige Zusammenarbeit durchweg als ihre gemeinsame Aufgabe und ihr gemein- sames Interesse angesehen haben. Die Zusammenarbeit hat mehrere Kriterien erfüllt, die für die Netzwerkarbeit charakteristisch sind (vgl. u.a. Benzenberg 1999; Hanft 1997, S. 283f.; Kremer 1998). Insbesondere hat sich gezeigt, dass 372 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

O Selbststeuerung und auch Selbstorganisation als grundlegende Organisa- tionsprinzipien zum Tragen kommen, und zwar sowohl in innerbetriebli- chen Netzwerken als auch in überbetrieblichen und regionalen Netzwer- ken; O Kooperationsaufgaben und -beziehungen als für die eigene Arbeit nütz- lich und voranbringend angesehen werden; O Eigenständigkeit und die gewohnten Rahmenbedingungen der Arbeit in den einzelnen Lernorten bei vernetzten Strukturen bestehen bleiben, d.h. dass die Netzwerkarbeit von keinem Netzwerkteilnehmer dominiert oder kontrolliert wird; O Arbeits- und Kooperationsaufgaben amPrinzip der Dezentralisierung orientiert und auf der Konsensebene lernortübergreifend abgestimmt werden; O ein gegenseitiges Vertrauen besteht, das sich größtenteils in der Zusam- menarbeit herausgebildet hat und das es ermöglicht, unter Verzicht auf vertragliche Regelungen und zusätzliche Institutionalisierungen zu arbei- ten.

Das herkömmliche Lernortkonzept wird durch die in Netzwerkstrukturen eingebundenen Lernorte prinzipiell erweitert. Münch (1995a, S. 46ff.) ver- steht entsprechend gestaltete Lernorte als Weiterentwicklung des lernorttheo- retischen Ansatzes bzw. des Lernortkonzepts. Inwieweit das lernende Unter- nehmen dabei unter lernorttheoretischen Gesichtspunkten die „Rolle eines Metalernortes“ einnimmt (ebd., S. 50), dürfte als eine wichtige Frage der Lernortforschung anzusehen sein. Zu fragen ist zudem, ob Lernortverbünde, Kooperationsmodelle und Netzwerke als typische Organisationsform der Moderne, als Lernortkonzept der Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft anzusehen sind. Sicherlich werden Verbünde in Zukunft einen weiteren Aus- bau erfahren, ihre Verbreitung scheint jedoch durch die relativ hohe Verbind- lichkeit und den hohen administrativen Aufwand begrenzt. Zudem entspre- chen sie in ihrer Grundstruktur einemtypisch angebotsorientierten Organi- sationstyp. Demgegenüber wird in Netzwerkstrukturen, aber auch in Koope- rationsmodellen die Nachfrageseite betont. Dies könnte insbesondere moder- nen Ausbildungsberufen einschließlich ihrer Verzahnung mit der Weiterbil- dung unter den Gesichtspunkten des lebensbegleitenden Lernens, der kon- tinuierlichen Kompetenzentwicklung und des Anschlusses an den tertiären Bereich entgegenkommen. Insgesamt spricht deshalb vieles dafür, dass wei- terentwickelte Kooperationsmodelle und Netzwerke das Lernortkonzept der Zukunft darstellen. Dehnbostel: Bilanz und Perspektiven der Lernortforschung 373

5. Schlussbemerkungen

Die Lernortforschung wird gegenwärtig durch Analysen und Konzepte zur Lernortkooperation sowie zur Erschließung und Gestaltung von Arbeitsorten als Lernorte amstärksten vorangetrieben. Die Forschung folgt dabei durch- weg einemhandlungs- und anwendungsbezogenen Ansatz in starker Anleh- nung an die Modellversuchsforschung. Ausbau und Weiterführung des Lern- ortkonzepts wird – durchaus imSinne ursprünglicher pädagogischer Inten- tionen – nicht einseitig auf organisatorische und strukturelle Gesichtspunkte bezogen, sondern mindestens ebenso stark auf didaktisch-methodische, cur- riculare und bildungstheoretische Zielorientierungen. Charakteristisch für das Analyse- und Gestaltungsfeld der Lernortkooperation ist allerdings eine auf die schulische Berufsbildung verengte Sicht- und Erkenntnisweise, in der partiell außerschulische Bildungsstätten, kaumaber Betriebe ihren Platz ha- ben. Zwar wird der gemeinsame Bildungsauftrag von Berufsschule und Aus- bildungsbetrieben immer wieder beschworen, inner- und überbetrieblich zu- nehmende Lernortdifferenzierungen und Lernortentgrenzungen werden je- doch nur in Ausnahmefällen in den Blick genommen. Analyse sowie Erschlie- ßung und Gestaltung von Lernorten und Lernfeldern in der Arbeits- und Le- benswelt – von betrieblichen Projektgruppen bis zu Communities of Practice – bleiben vorrangig anderen Disziplinen vorbehalten. Die beruflich-betriebliche Weiterbildung ist der seit Jahren amstärksten expandierende und höchst lernortinnovative Bildungsbereich, jedoch spielt sie in der Lernortforschung nur eine periphere Rolle. Die Gründe hierfür sind zumeinen in der Förderpolitik, zumanderen in der traditionell starken Orientierung der beruflichen Bildung an Prozessen der Erstausbildung zu suchen. ImErgebnis heißt dies, dass sich betriebliche Weiterbildung in Fort- setzung bisheriger Tendenzen vor allemimRahmeneiner verwendungsorien- tierten Betriebswirtschaftslehre und Managementlehre bewegt. Demgegen- über sind die beruflich-betriebliche Weiterbildung und die betriebliche Bil- dungsarbeit als Einheit von Berufs- und Betriebspädagogik, Personalentwick- lung und Organisationsentwicklung zu konzipieren, womit auch die Lernort- forschung und damit insbesondere die Erschließung und Gestaltung von Lernorten sowie die inner- und überbetriebliche Kooperation von Lernorten integriert sind. Die imbetrieblichen Bereich fortgeschrittenen Netzwerkbil- dungen sind als zentraler Gegenstand der Lernortforschung aufzunehmen, wobei überbetriebliche und regionale Bildungs- und Qualifizierungsnetzwer- ke einzubeziehen sind. Die Abgrenzungen zu Verbünden und Kooperations- modellen sind dabei analytisch bisher nicht hinreichend erfasst, auch wenn klar ist, dass sich Verbünde und Netzwerke organisatorisch als Gegenmodelle zueinander positionieren. Subjekt- und Prozessorientierung sowie eine hohe 374 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Selbststeuerung sind konstitutiver Teil von Weiterbildungsnetzwerken. Die Gefahr einer organisatorischen und strukturellen Dominanz besteht in dieser Weiterführung des Lernortkonzepts wohl kaum, eher ist umgekehrt zu ver- muten, dass Lernen und Weiterbildung in losen Netzwerkstrukturen ohne pädagogische Arrangements und ohne organisatorische Verbindlichkeiten Gefahr läuft, zufällig und situativ zu bleiben. Empirische Studien und Ana- lysen stehen hierzu aus.

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Abstract: Research on the place of learning forms one of the discipline’s core topics of re- search on vocational education. Starting with the conception of locus of learning, formulated by the German Educational Council in the 1970s, the concept of place of learning and ap- proaches to a theory of learning loci are discussed controversially, and different models for the integration of and cooperation between learning places are realized and analyzed. The deve- lopment and design of places of learning integrated into the places of work also gain in im- portance in face of the renaissance of the concept of learning at work. In vocational education and within-company further education learning places are undergoing a differentiation, plu- ralization and delimitation. Companies and networks that are in the process of learning pre- sently mark the final point in this development. Against this background, the author takes stock of research on learning places and points out desiderata and perspectives.

Anschrift des Autors: Prof. Dr. Peter Dehnbostel. Universität der Bundeswehr Hamburg, Holstenhofweg 85, 22039 Hamburg. 378 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Volker Bank Controlling betrieblicher Weiterbildung zwischen Hoffnung und Illusion – oder: Auch im Westen nicht viel Neues

Zusammenfassung: Dieser Beitrag liefert zunächst eine Übersicht über den Grundkonsens, der nach einer Analyse der aktuelleren im deutschsprachigen Raum wie in den angelsächsi- schen Ländern, in Frankreich und der Schweiz verfügbaren einschlägigen Veröffentlichungen deutlich geworden ist. Der Autor unternimmt im Folgenden den Versuch, seine eigene Kritik an der großen Zahl publizierter Patentrezepte zu Fragen des Controllings in der betrieblichen Weiterbildung nicht bloß zu aktualisieren, sondern auch zu überschreiten und konstruktiv die Suche nach der Möglichkeit eines Weiterbildungscontrollings zu erneuern.

1. Bildungscontrolling: Konzeptionen und Publikationen

Bildungscontrolling ist eine der Hoffnungen der 90er-Jahre, zunächst im volkswirtschaftlichen Sektor der Unternehmen, immer mehr aber auch im Bereich der öffentlichen Haushalte. In den 80er-Jahren schon war man dazu übergegangen, betriebliche Bildungsmaßnahmen mit immer weniger Vor- behalten zu fördern – Weiterbildung wurde demVernehmennach beständig ‚zunehmend wichtiger, kaum eine einschlägige Publikation wurde ohne die- sen formelhaften Hinweis eröffnet. Gleichwohl wuchs das Bedürfnis nach ei- nem gezielten Einsatz der Ressourcen im Unternehmenssektor mit der Höhe der für Bildungszwecke eingesetzten Mittel (vgl. den Reader von v. Lands- berg/Weiß 1995 sowie die Forschungsbeiträge von Weiß 2000, erstmals 1990). Später ergab sich auch imStaatssektor mitder Vervielfachung der Budgetde- fizite ein entsprechender Wunsch (vgl. in diesemSinne exemplarischden Bei- trag von v. Recum/Weiß 2000). DemAnliegen einer Erhöhung des zielgerechten Einsatzes der Ressourcen schien die Idee einer analogen Übertragung der sich zeitgleich in der be- triebswirtschaftlichen Praxis durchsetzenden Controllingverfahren Entspre- chung zu bieten, obwohl diese zunächst unverbunden mit den wachsenden Ausgaben in betriebliche Bildungsmaßnahmen entwickelt worden waren. Für den Bereich der betrieblichen Bildung ergoss sich imLaufe der 80er- Jahre, bis etwa in die Mitte der 90er ein Strom von Beiträgen, Sammelwerken und Monographien, in denen in aller Regel die theoretische Konstruktion und praktische Implementation eines betrieblichen Bildungscontrollings pos- tuliert, gelegentlich sogar auf isolierter Basis instrumentell angegangen wurde

Z.f.Päd., 48. Jg. 2002, Nr. 3 Bank: Controlling betrieblicher Weiterbildung 379

– stillschweigend in aller Regel: eines betrieblichen Weiterbildungscontrol- lings, da der Ausbildungsbereich regelmäßig aufgrund der größeren his- torisch-gesellschaftlichen Eingebundenheit einemgeringeren Legitimations- druck unterworfen wurde. Generell sind diese Beiträge von eminent praxeologischer Ausrichtung, d.h. sie entspringen einer mehr (vgl. unter wenigen anderen den Beitrag von Wilkening 1997) oder weniger sorgfältig reflektierten Praxis. Während Seeber u.a. diese Vormacht der Praxisorientierung vornehmlich für den Beginn der Auseinandersetzung mit Bildungscontrolling verorten (vgl. Seeber u.a. 2000, S. 8), sind gleichwohl auch neuere Veröffentlichungen ausdrücklich an die betriebliche Praxis gerichtet (z.B. Hummel 2001, Lehnert 1999). Die ersten Versuche neben praktischen auch wissenschaftstheoretisch reflektierten Über- legungen Raum zu geben stammen aus der Mitte der 90er-Jahre (vgl. Bank 1994; Becker 1995). Die häufig elementhafte oder perspektivisch stark verengte Argumentati- on in den meisten Beiträgen lässt gleichwohl einen Grundkonsens erkennen, der auch in der neueren themenspezifischen Literatur seinen Niederschlag gefunden hat. Diese Elemente seien im folgenden Kapitel kurz herausgearbei- tet und einer Kritik unterzogen (Kap. 3), bevor der Versuch unternommen werden soll, den Status Quo in der wissenschaftlichen Behandlung des Con- trollings betrieblicher Weiterbildung zu überschreiten (Kap. 4). Zu diesemZweck wurde vor demHintergrund einer intensiven Auseinan- dersetzung des Autors mit dem Thema in den mittleren 90ger-Jahren wurde für diesen Beitrag die (zwischenzeitlich überschaubare, jüngst wieder zuneh- mend produzierte) Literatur im deutschsprachigen Raum neu gesichtet und neben relevanten Werken aus Frankreich und demangelsächsischen Raum rezipiert. Nicht einbezogen wurden schwer zugängliche Werke wie Diskussi- onspapiere und auch Diplomarbeiten, von denen in den vergangenen Jahren insbesondere an der Wirtschaftsuniversität Wien, aber nicht nur dort, eine ganze Anzahl vorgelegt worden ist, sowie deutschsprachige Werke, die vor 1996 entstanden sind. Schließlich konnte aus redaktionellen Gründen eine geringe Zahl möglicherweise ebenfalls relevanter Werke jüngsten Datums nicht mehr mit einbezogen werden (v.a. Immenroth 2000; Lang 2000; Pech 2001). Zu den Recherchen in der frankophonen und anglophonen Literatur ist vorab anzumerken, dass das Wort ‚Controlling im Französischen nicht vor- kommt (vgl. als zuverlässige Quelle: Le Grand Robert; hier wurde die aktuelle Fassung konsultiert: CØdØrom: Dictionnaire alphabØtique et analogique de la langue française). Das morphologisch nahe liegende ‚contrôle wird seiner etymologischen Herkunft nach (vgl. ebd: contre-rôle: Gegenrolle) entspre- chend vornehmlich im Sinne der Kontrolle gebraucht, wodurch der semanti- 380 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung sche Umfang der Wortbedeutung verkürzt würde. Soweit das ‚Controlling be- trieblicher Bildung betroffen ist, ergibt sich aus der Rezeption der französi- schen Publikationen eine inhaltlich adäquate Übersetzung mit dem Wort ‚Øvaluation, seit geraumen auch unter dem Begriff ‚audit de formation1. Al- lerdings hat Berset (2001) eine Schrift zumAusbildungscontrolling in der Schweiz vorgelegt, in der er gemäß einer persönlichen Mitteilung vor dem Hintergrund der rezeptiven Verständlichkeit bei Angehörigen aller drei natio- nalen Sprachgemeinschaften den Terminus ‚Controlling als Fremdwort zu einem‚Controlling Øducationnel entlehnt. Verallgemeinernd ist die rezipierte französischsprachige Literatur in zwei Gruppen einzuteilen: Eine Anzahl solcher Schriften, die der Unternehmens- beratung oder dem Management betrieblicher Bildung entstammen und nach denen gerade wie in ihren deutschsprachigen Homologen so gut wie nichts unmöglich und gewissermaßen aus praxeologischer Sicht alle Control- lingmaßnahmen für das betriebliche Überleben sowieso unerlässlich sind. Ei- ne Anzahl von Autoren, offenbar mit eher akademisch geprägter Biografie, dagegen betrachtet die ‚Øvaluation nicht zuletzt imHinblick auf die wirt- schaftliche Randbedingung vor demHintergrund einer elaborierten Metho- denstudie tendenziell skeptisch (wie in der deutschen Literatur bislang allein Bank 1997; vgl. neben Soyer 1999 etwa Barzucchetti/Claude 1995; MØl›se 1984). Auch in der englischen Sprache wird das Wort ‚controlling anscheinend seltener gebraucht, jedenfalls erbringen die Stichwortrecherchen in den wich- tigsten angelsächsischen Bibliotheken eher magere Ergebnisse (vgl. immerhin Tomlinson 1993; Vaizey 1963, beide bildungspolitischen, allenfalls bildungs- ökonomischen Inhalts). Diese Tatsache muss angesichts der Bemühungen umdie in der Controllingliteratur (besonders etwa bei Serfling 1992, S. 20) eingehend dargelegte amerikanische Herkunft des Controllingbegriffs umso mehr überraschen.

2. Grundelemente des Weiterbildungscontrollings

Der Grundkonsens hinsichtlich des Weiterbildungscontrollings liegt weniger in der zugrundegelegten Controllingdefinition, als in demwas (1) funktional mit der Einführung eines Bildungscontrollings erreicht werden solle, (2) in der Menge der zu behandelnden makrodidaktisch relevanten Aspekte und (3) in der Zwiespältigkeit der Perspektive.

1 Fragen des Controllings im allgemeinen findet man unter den Stichworten ,pilotage und ,contrôle de gestion behandelt (z.B. Demeest›re u.a. 1997). Bank: Controlling betrieblicher Weiterbildung 381

2.1 Funktion des Weiterbildungscontrollings

„Bildungscontrolling ist – funktional betrachtet – ein Subsystemdes Per- sonalcontrolling, das die Planung und Kontrolle aller Bildungsaktivitäten so- wie die dafür erforderliche Informationsversorgung systembildend (Gestal- tung von Planungs-, Kontroll- und Informationsversorgungssystemen) und systemkoppelnd (Prozesssteuerung innerhalb des Planungs- und Kontrollsys- tems) koordiniert. Das Bildungscontrolling verfolgt die Sicherstellung und Verbesserung von vorwiegend ökonomischen Effizienzzielen (Wirtschaftlich- keit, Rentabilität) unter Beachtung der sozialen Zielsetzungen (soziale Effi- zienz) des Unternehmens. Untersuchungsobjekt sind alle Maßnahmen und Strukturen des betrieblichen Bildungssystems“ (Hoss 1993, S. 78). Diese Definition ist augenscheinlich konsensfähig und erfolgt ganz offen- sichtlich imAnschluss an das bei P. Horvµth, einemder Vordenker betriebs- wirtschaftlichen Controllings, definierte allgemeine Selbstverständnis des Controllings (vgl. dessen Konzeption eines Controllings ‚systembildender und ‚systemkoppelnder Koordination; Horvµth, ursprünglich 1979, S. 138ff.). Doch schon die funktionale Einordnung in das Personalcontrolling zeugt von einer einseitig betriebswirtschaftlich geprägten Herangehensweise; eine stärker betriebspädagogisch reflektierte Position würde wohl das Weiter- bildungscontrolling nach demin den Systemtheorienverbreiteten und hier zugrunde zu legenden Konzept hierarchischer Systeme (etwa Ropohl 1978, S. 15) demPersonalcontrolling gleichwertig nebenordnen. Ob man nun das Controlling als reine Informationsversorgungsfunktion, als Entscheidungsvorbereitungsinstrument oder als koordinierendes System interpretieren will (hierzu etwa Weber 1998 S. 19ff.): Controlling gilt bei allen Divergenzen in der begrifflichen Auslegung als ein Konzept der Steuerung – hier der Steuerung der betrieblichen Ressourcen – imSinne einer Erhöhung der Rationalität betrieblicher Allokationsentscheidungen (vgl. Albach 1990, bes. S. 537; Weber/Schäffer 2001, S. 75f., 1999, S. 205ff. sprechen von der „Rationalität in der Unternehmensführung“). Dies ist der kleinste gemein- same Nenner aller Konzepte: Es gibt keine elaborierte Controllingtheorie, die das mit betrieblichen Entscheidungen beauftrage Subjekt zum Gegenstand ihrer Erkenntnis machte (vgl. aber einen möglichen Denkansatz bei Weber/ Schäffer 1999, bes. Abb. 1, S. 208).

2.2 Einigkeit in der Orientierung am Funktionszyklus

Für die grundsätzliche Ausgestaltung eines Bildungscontrollings hat sich eine Orientierung amFunktionszyklus der betrieblichen Bildung als zweckmäßig 382 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung erwiesen (vgl. aus der neueren Literatur u.a. Küster/Liebchen 1995, S. 87ff.; Kailer 1996, S. 237; Pieler 2000, S. 55; Seeber 2000, S. 37). Ein Controlling ei- ner Weiterbildungsmaßnahme als Ganzes erweist sich leicht als undurchführ- bar, ja definitorisch widersinnig: Der Zugriff des Controllings wählt west- lichen Traditionen entsprechende analytische Wege, will heißen: man zerlege das zu handhabende Problemin seine Teilaspekte. Unter Ausdifferenzierung der traditionellen Phasenunterscheidung nach Kosiol (1962, S. 56ff. und passim) lässt sich aus den funktional bestimmbaren Aufgaben, die mit der betrieblichen Organisation von Weiterbildungsmaß- nahmen in Verbindung stehen, ein Kanon von Controllingaspekten ableiten, der logisch retrograd geordnet ist: Die notwendige Abfolge der Phasen er- schließt sich dabei aus demBedarf an informatorischemInput,die jeder Schritt an den jeweils vorangehenden Steuerschritt stellt. Nach Bank (vgl. eingehend 1997, bes. S. 33ff.) sind diese tiefer geglieder- ten Phasen: (1) legitimatorische Zielbestimmung, (2) Bedarfsermittlung, (3) Maßnahmenplanung und Maßnahmendurchführung, (4) Transferphase, (5) Maßnahmenevaluation und (6) Maßnahmenkontrolle. Legitimatorische Zielbestimmung heißt, dass eine effiziente Allokation die Festlegung der betrieblichen Ziele vorab als Außenkriteriumbedingt. Ge- wöhnlich werden die Ziele eines Unternehmens in einer Zielhierarchie geord- net, etwa in dem Sinne dass das Finalziel ‚Gewinnmaximierung auf (u.U. sich widersprechende) Modalziele wie ‚Umsatzmaximierung oder ‚Kosten- minimierung gegründet sei. Eine Bedarfsermittlung ist ein ganz wesentliches Steuerungsinstrument, denn ohne das konkrete oder konkret zu erwartende Erfordernis einer Wei- terbildungsmaßnahme drohen die eingesetzten Ressourcen verschwendet zu sein. Dabei ist der betriebliche Bildungscontroller auf die Methoden der em- pirischen Sozialforschung verwiesen, die für die hier zumAusdruck kom- mende Absicht einer möglichst feinen Steuerung in aller Regel unbefriedigen- de Ergebnisse liefern. Zur Maßnahmenplanung werden hier die Auswahl der konkret anzustre- benden Lernziele, der thematische Gehalt und die methodische Gestaltung sowie die organisatorische (makrodidaktische) Setzung der Rahmenbedin- gungen (Raum, Zeitraum, Dozenten, bereitgestellte Medien etc.) gerechnet. Maßnahmenplanung und Maßnahmendurchführung haben den Ergebnissen aus (1) und (2) Rechnung zu tragen und entscheiden weitgehend über den didaktischen Erfolg und Misserfolg einer betrieblichen Weiterbildungsmaß- nahme. Obwohl die Einlösung didaktischen Erfolgs notwendige Bedingung des ökonomischen Erfolgs ist, bleibt unter Controllinggesichtspunkten zu be- denken, dass didaktische Entscheidungen nicht nur pädagogische, sondern auch ökonomische Konsequenzen haben, die im Einzelfall mit abgewogen Bank: Controlling betrieblicher Weiterbildung 383 werden müssen (z.B. Beschaffungskosten einer programmierten Maschine ge- genüber denen einer Computersimulation im Verhältnis zum durch die je- weilige Anschaulichkeit gestifteten didaktischen Nutzen). Die Transferphase bezieht sich auf die (adäquate) Übertragung des im Lernfeld erworbenen Wissens und Könnens auf das betriebliche Funktions- feld. Sie ist eine janusgesichtige Steuerungskomponente: Für eine bestmögli- che Ermöglichung der Übertragung sind bereits didaktisch und damit zeitlich durchaus schon imRahmender Planung und Durchführung einer Maßnah- me Vorsehungen zu treffen; dann aber auch das Funktionsfeld auf die Beseiti- gung von Transferhemmnissen vorzubereiten (z.B. in Form einer rechtzeiti- gen Bereitstellung der Geräte, auf deren Benutzung hin trainiert wurde). Eine Evaluation bewertet den Maßnahmenerfolg im pädagogischen Sinne. Dies kann sich auf das unmittelbar im Lernfeld erzielte Ergebnis beziehen oder auch die Veränderung des Verhaltens imFunktionsfeld thematisieren. Methodisch ist die Evaluation zur Bedarfsermittlung weitgehend analog zu verstehen. Dagegen stellt die Kontrollphase eine Auswertung imbetriebswirt- schaftlichen Sinne dar, d.h. nach Kosten- und Leistungskategorien oder in monetär bewerteten Größen des Gewinnbeitrags einer Maßnahme betriebli- cher Weiterbildung. Sie kann auf der Grundlage einer direkten betriebswirt- schaftlichen Bewertung (vgl. so bei Bank 1997, S. 221ff.) oder auf einer indi- rekten Zuschreibung der Effekte einer Veränderung der globalen Gewinn- situation des betroffenen Unternehmens erfolgen (vgl. Seeber u.a. 2000, S. 37, S. 44f.). Imletzteren Fall ist eine klare Aussage noch weniger zu erwarten, da eine Vielzahl intervenierender Variablen (z.B. Beschaffungs- und Absatz- marktpreise) konstant zu halten wären.

2.3 Einigkeit in der Anerkennung einer dualen Perspektive

Zwar gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen dazu, ob man tatsäch- lich die oben referierte Abfolge von pädagogischer Evaluation und betriebs- wirtschaftlicher Auswertung so zwingend sehen kann. Eine der neuesten Quellen, in der dies eingehend thematisiert wird, ist das Buch von P. Gerlich, in demdie Kontingenz pädagogischer Ziele und Steuerungsmittelauf der ei- nen Seite und betriebswirtschaftlicher Ziele und Steuerungsmittel auf der an- deren zunächst verglichen wird mit der Verschränkung der Ziele bei separa- ten Steuerungsmitteln und schließlich der Verschränkung der Ziele unter in- terdependenten Steuerungsmitteln (1999, hier bes. Abb. 5 S. 71; vgl. weiter exemplarisch Brettel 1999, S. 272). Nichtsdestoweniger berührt nach allgemeiner Auffassung Bildungscon- trolling ebenso eine ökonomische Seite, die eher quantitativ ausgerichtet ist 384 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung und unter Effizienzorientierung eine Kosten-Nutzen-Analyse in den Vorder- grund stellt, wie auch eine pädagogische Seite, die eher qualitativ orientiert ist und unter Effektivitätsgesichtspunkten eine Lernerfolgskontrolle sowie Transferunterstützung in den Blick nimmt. Diese Dualität ist unbestritten, während die Frage des Verhältnisses oder des Vorrangs der beiden Perspekti- ven hingegen unterschiedliche Antworten erfährt. Gleiches ist über die Diskussion der Rolle so genannter ‚weicher Fak- toren, mit anderen Worten: qualitativer Daten zu konstatieren: „…it is very doubtful that the benefits of in-firmvocational education and training can be properly optimised without any information on the non-monetary ante- cedents, process characteristics and effects of the intervention“ (Seeber 1999, S. 21f.). An kaumeiner Stelle fehlt – sinngemäß– der Hinweis, dass ein Bil- dungscontrolling selten sinnvoll ohne die Einbeziehung auch nominal und ordinal skalierter Daten zu implementieren sei (ähnlich Pieler 2000, S. 46). Gleichzeitig liegt auf der Hand, dass Daten dieses Skalenniveaus in weitaus geringeremMaße als metrischeDaten in der Lage sind, die geforderte Erhö- hung der Rationalität zu unterstützen. Auch in diesemPunkte besteht weit- gehend Konsens, allein die Lösungsansätze fallen durchweg unterschiedlich aus.

3. Kritik des Weiterbildungscontrollings

Weiterbildungscontrolling imBesonderen wie der Controllinggedanke im Allgemeinen in seiner Ausgestaltung als spezielle Betriebswirtschaftslehre könnten nur dann ein Mindestmaß an wissenschaftlicher Dignität für sich re- klamieren, wenn der Nachweis gelingt, dass es sich dabei um eine Disziplin handelt, die mehr als nur exemplarische Berechnungen oder eklektische Zu- sammenstellungen ohnehin bekannter Verfahrensweisen bearbeitet, mithin die Erkenntnisse in ein Systemeinzuordnen vermag.

3.1 Strukturelle Uneinlösbarkeit des Rationalitätspostulats

Albach (vgl. oben Kap. 2.1) wird sich vermutlich ohne zu zögern zu denjeni- gen Vertretern der Betriebswirtschaftslehre zählen, die sich selbst als ‚Kriti- sche Rationalisten bezeichnen. Man kann nämlich bei einem der führenden Vertreter des Kritischen Rationalismus in den deutschen Sozialwissenschaf- ten, H. Albert, im Rahmen einer Argumentation zum Verhältnis von Realwis- senschaft und Politik einen Satz finden, in der die zitierte Position in klar konturierter Diktion vorgezeichnet wird. Er schreibt (1972, S. 25): Bank: Controlling betrieblicher Weiterbildung 385

„Wer nämlich das Maß an Rationalität in unserem sozialen Leben erhöhen will, tut gut daran, sich über die realen Bedingungen der Möglichkeit solcher Rationalität zu informieren, und die Erforschung dieser Bedingungen gehört in die theoretischen Realwissenschaften. Entsprechende Steuerungsmaßnah- men müssen sich also, wenn sie wirksam sein sollen, auf technologische Überlegungen stützen, in denen die in dieser Beziehung in Betracht kom- menden Resultate dieser Wissenschaften verwertet sind. […] die Frage der Realisierbarkeit [einer Idee, d.V.] ist ein Problem, für dessen Realisierung nomologisches Wissen […] vorausgesetzt wird.“

Albert postuliert damit (1) die Verfügbarkeit von Messtechniken und (2) no- mologisches Wissen, d.h. Wissen über (quasi-)gesetzmäßige Zusammenhän- ge. Diese Position präzisiert in annehmbarer Weise die mit dem Controlling- gedanken verknüpften Intentionen. Es wird an diesemMaßstab unschwer deutlich, dass die Erwartungen an ein Bildungscontrolling generell übersteigert sind. Selbst die in der reichhalti- gen praxeologischen Literatur gelegentlich berichteten erfolgreichen Imple- mentationen können nicht mehr als eine konstruktivistisch erklärliche, doch umnichts weniger eine Illusion darstellen. Diese Illusion gründet sich bereits in den unzutreffenden Modellannahmen des Controllings als kritisch-ratio- nal aufgebauter Theorie, die ein eingegrenztes deterministisches System zur Voraussetzung machen und eine reduktionistische Betrachtungsweise zur Folge haben. Umso weniger ist ein Controlling in der Lage, eine Erhöhung der Rationa- lität herbeizuführen; Rationalität wohlverstanden als eine inhaltliche Katego- rie, die sich nicht allein in einer Reduzierung von subjektiver Willkür er- schöpft, wie es durch die Substitution von individuellen Entscheidungen durch die Vereinbarung von Verfahren geschieht (vgl. Luhmann 1969). Die Begründung für diese Aussage ist in demalbertschen Postulat hinreichender Messverfahren zu sehen: An kaumeiner Stelle des Funktionenzyklus zeigt sich einmal die Chance, dieses Postulat auf angemessenem Skalenniveau um- zusetzen und gleichzeitig nicht gegen die stets in der Praxis mitgedachte Randbedingung der Wirtschaftlichkeit zu verstoßen. Schließlich ist die Idee des Controllings, Ressourcen einzusparen, nicht, sie anstelle produktiver oder investiver Leistungen zu vergeuden (vgl. Bank 1997; hier bes. S. 280ff.; Soyer 1999, S. 271; imaus demBereich öffentlicher Finanzen übertragenen Sinne auch: Anderson 1983, S. 27f.). Damit bleibt als Dilemma nur die Wahl zwischen der Implementation von Controlling für atomistisch vereinzelte Lerninhalte, die durch den Begriff der Bildung sicher nicht abgedeckt sind (vgl. Bank 1997, S. 276ff., bes. 278f.), und der Akzeptanz der nicht hintergehbaren Ungenauigkeiten der möglichen 386 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Verfahren, welche die Entscheidungsträger von ihrer individuellen Verant- wortung nicht zu exkulpieren vermögen2.

3.2 Fehlen des systematischen Zusammenhangs

Controlling lässt bis zumheutigen Tag den für eine Wissenschaft zu fordern- den systematischen Zusammenhang vermissen (vgl. ähnlich: Seeber 1997, S. 29). Tatsächlich liest sich die konsensfähige Controllingdefinition wie eine Aufgabenstellung: Erhöhe die Rationalität der Entscheidungen! In anderen Worten: Controlling erweist sich zumStatus Quo als eine Kunstlehre, mithin auch das Bildungscontrolling. Diese Selbstbescheidung, sofern offen gelegt (vgl. explizit Willke 1999, S. 4; vgl. in freier Auslegung ggf. Gleich/Seiden- schwarz 1997, S. 5), würde durchaus an gute betriebswirtschaftliche Tradition der Gründerzeit anknüpfen. Auch die Vereinbarung der Orientierung des Bildungscontrollings am Funktionszyklus betrieblichen Bildungsmanagements vermag über diesen Punkt nicht hinwegzutäuschen. Hier erscheint eine ‚Soll-Ist-Profilanalyse, dort ‚Budgetierung als das geeignete Steuerungsinstrument, und gleich wie- der ist es die Kennzahl, unverbunden oder in ein hierarchisches Systeminte- griert, die der jeweiligen betrieblichen Funktion in angemessener Weise bei der Erhöhung der Entscheidungsrationalität zur Hand steht. Der ‚Dernier Cri des Controllings, die Balanced Scorecard, mit der eine ausgewogene Ver- folgung unverknüpfter oder kontradiktorischer Ziele intendiert wird (vgl. ur- sprünglich Kaplan/Norton 1992), scheint nach der Durchsicht der zitierten neueren Veröffentlichungen imWeiterbildungscontrolling noch Desiderat zu sein (andeutungsweise: Pieler 2000, S. 211f.), obwohl es ja gerade imBereich betrieblicher Bildung darauf ankommt, sowohl unterschiedliche unterneh- merische wie auch individuelle Ziele zu berücksichtigen (vgl. etwa ‚Weiterbil- dungsbedarf (institutionell) vs. -bedürfnis (individuell) schon bei Gon- schorrek/Saul 1983, S. 6). Jüngst hat Pieler für das Bildungscontrolling die Forderung übernommen, die zunächst Horvµth für das Controlling überhaupt aufgestellt hatte, näm- lich das Controlling funktional ‚systemkoppelnd und ‚systembildend (loc.cit.) mit einer Koordinationsaufgabe zu betrauen. Pieler schreibt: „Von einemkoordinationsorientierten Controllingansatz der betrieblichen Weiter- bildung ist […] insofern […] eine Verbesserung zu erwarten, als dass betrieb-

2 Diese Einschätzung korrespondiert mit dem Vorschlag bei Soyer (1999, S. 101f.), die Ver- antwortung für die Steuerung (pilotage) der betrieblichen Weiterbildung bei bestimmten Personen imUnternehmenanzubinden. Bank: Controlling betrieblicher Weiterbildung 387 liche Weiterbildung in der Praxis häufig durch eine defizitäre Integration in das Unternehmensgeschehen gekennzeichnet ist“ (Pieler 2000, S. 41, vgl. auch schon 1998). Somit sollen die betrieblichen Rahmenbedingungen der Bildungsprozesse besser mit einbezogen werden können, als unter isolierter Betrachtung von Planung, Steuerung und Kontrolle als Controllingphasen. Diese ¾ußerung legt nahe zu vermuten, dass in Pielers Schrift die phasen- orientierte Konzeption des Weiterbildungscontrollings nicht nur zugunsten einer systemorientierten Konzeption aufgegeben wird, sondern auch eine so- lide systemtheoretische Grundlage erarbeitet wird. Wie in dem zitierten Werk von Horvµth jedoch bleibt diese Grundlage implizit, und – wie es scheint – vortheoretisch. Betrachtet man nämlich das Bildungscontrolling, gerade wie das Control- ling überhaupt, vor dem Hintergrund der Systemtheorie – namentlich der luhmannschen Theorie sozialer Systeme (1984) – so kann es nicht gleichzei- tig als ‚systembildend und als ‚systemkoppelnd charakterisiert werden, ohne dass dies zu einer Tautologie führte. Unterstellt, ein Unternehmen sei ein so- ziales System, dann könnte Controlling relevant systembildend nur auf die Genese von Subsystemen innerhalb des betrachteten Unternehmens wirken. Diese Genese von Systemen jedoch ist untrennbar mit der Genese der funktionalen oder strukturellen Kopplungen zwischen ihnen und ihrer jewei- ligen Umwelt verbunden. Potenzielle Kopplungen können aktualisiert, aktua- lisierte Kopplungen qualitativ verändert werden, die Genese von Systemen kann hingegen nicht auf isolierter Basis erfolgen. Dies würde nach der Theo- rie sozialer Systeme Luhmanns dem Sinnpostulat als Abgrenzungskriterium eines Systems nach ‚Innen und ‚Außen zuwiderlaufen (1971, S. 11 u.ö.). ‚Sinn aber kann entweder funktional in der Ausfüllung einer bestimmten Aufgabe oder aber metaphysisch einlösbar sein, gegebenenfalls funktional und metaphysisch – nicht dagegen weder funktional noch metaphysisch. Die metaphysische Alternative ist indessen ohnehin für das sich hier stel- lende Problemauszuschließen. Darüber hinaus ist ein weiterer argumentativ zu berücksichtigender Einwand, dass auch in sozialen Systemen technische bzw. allopoieteische (vgl. zumBegriff der Auto- bzw. Allopoiese einführend Jongebloed 1987), d.h. schöpferisch fremdbestimmte Subsysteme vorkom- men können, wie es die in den 50er-Jahren entstandene Theorie soziotech- nischer Systeme vorsieht (vgl. als noch zugängliche Schrift Trist 1975). Solche allopoietischen Systembestandteile würden nicht zwingend dieser Argumen- tation unterliegen. Dies bleibt gleichwohl ohne Belang, denn ein technisches Systemohne funktionale Einbindung ist jedenfalls kein Subsystemeines so- zialen Systems. Allgemeiner könnte man an der theoretischen Relevanz der Systemtheorie Luhmanns an dieser Stelle wie überhaupt Kritik üben (so z.B. Müller 1996, S. 351ff. u.ö.), doch fehlt es den übrigen systemtheoretischen 388 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Ansätzen für die Frage der Systembildung im Hinblick auf den durch das imaginierte Unternehmen hier gegebenen Rahmen an geeigneten Aussagen.

4. Neukonstruktion eines Weiterbildungscontrollings

Vor demHintergrund dieses Spannungsfeldes von Hoffnung und Illusion des Weiterbildungscontrollings soll imweiteren untersucht werden, ob und in welcher Form das Dilemma zwischen pragmatisch hinnehmbarem Appro- ximativismus einer Kunstlehre und einer wissenschaftlich enttäuschenden Li- mitationalität theoretisch überwunden werden kann. Ein Ansatz dafür scheint in der Systemtheorie zu liegen, die in der Lage ist aufzuzeigen, unter welchen Bedingungen der reduktionistische Ansatz des Controllings begrün- det angewandt werden kann.

4.1 Arten von Entscheidungen und Systemregulation

Teilweise hat die Theorie sozialer Systeme Regulationsvorstellungen hervor- gebracht (Willke 1999), die unter Umständen auf ihre Variabilität im Hin- blick auf die in Rede stehenden Verfahrensziele und unter der Bedingung der Steuerung von Lernprozessen zu prüfen wären. Dort jedoch werden be- stimmte strukturelle Ausprägungen von Koordinationsformen zwischen den Polen ‚Demokratie und ‚Hierarchie diskutiert (ebd., S. 17ff.), deren Funk- tionalitäten sich der Transaktionsmedien ‚Macht, ‚Geld und ‚Wissen bedie- nen (ebd., S. 142ff.). Eine Auseinandersetzung mit diesem soziologischen Konzept wäre für einen pädagogischen Aufgabenbereich gewiss ertragreich: Es böte durch die reflektierte Einführung der genannten Kategorien in den Entscheidungsprozess fraglos eine Chance auf die Erhöhung von Rationalität in der Entscheidung, wohl aber wäre es kaumunter demkritisch-rational belegten Stichwort ‚Bildungscontrolling zu fassen, nicht einmal in einem weiteren Sinne. So bleibt die hier noch nicht restlos verworfene Idee der qualitativen Beeinflussung der Systemkopplung als Ansatzpunkt für die Ver- knüpfung mit einer anderen Systemtheorie. Eine Systemkopplung kann man sich entweder als ein Datenmodell vor- stellen, das der Information der Entscheidungsträger dient, oder als ein Re- gelkreismodell, das aufgrund von Entscheidungen über Stellgrößen die Steue- rung der imSystem‚Unternehmenablaufenden Prozesse selbsttätig exe- kutiert. Implementationen beider Modelle wären geeignet, den Maßgaben der Systemtheorie wie auch dem albach-albertschen Rationalitätspostulat zu genügen. Andererseits wird das rein informationelle Datenmodell des Con- Bank: Controlling betrieblicher Weiterbildung 389 trollings in einer deutlichen Mehrheit der Quellen ebenso abgelehnt (vgl. statt anderer Weber 1998, bes. S. 23). Ein an der Informationsversorgungs- funktion ausgerichtetes Controlling wäre in der Tat kaummehrals eine neue, allenfalls geschickt zusammenfassende Bezeichnung für die ohnehin spätes- tens seit der Institutionalisierung der Betriebswirtschaftslehre existierenden Rechenwerke Bilanzbuchhaltung, Kostenrechnung und Betriebsstatistik. Auch verletzte ein automatisches Regelkreismodell die mittlerweile gleich- falls eingeforderte Kompetenz der Letztentscheidung durch den unternehme- rischen Entscheidungsträger (vgl. Friedl 2001, S. 306ff.). Etymologisch be- trachtet deutet jedoch entgegen dieser spontan zustimmungsfähigen Forde- rung der infinite angelsächsische Wortstamm ‚to control in seiner Haupt- bedeutung ‚steuern auf das Regelkreismodell der Kybernetik, die im Übrigen in ihrer Urquelle bei N. Wiener 1948 genau diese Vokabel imTitel führt. 3 Ergänzend ist die zunächst nur sprachwissenschaftlich relevante Annähe- rung an ‚Controlling auch über den Entscheidungsbegriff zu stützen. Pro- blemstrukturen, die Entscheidungen erzwingen, sind durch fehlende Infor- mation gekennzeichnet, andererseits prinzipiell entscheidbar (vgl. Jongebloed 1984, S. 67ff.) und nicht auf Versuch oder Intuition angewiesen (vgl. ebd. so- wie rudimentär auch Weber/Schäffer 1999, bes. Abb. 4 S. 220). Problem- strukturen, die algorithmisch abzuarbeiten sind, stellen dagegen Ableitungs- probleme und keine Entscheidungen dar (vgl. Jongebloed 1984, bes. S. 72f.); gleiches gilt für Auswahlprobleme unter vollkommener Information (vgl. ebd., S. 88ff.). Während so ‚echte von ‚unechten Entscheidungen zu unter- scheiden wären, könnte man in Anlehnung an de Bono (1982, S. 5ff.) von ‚first- und ‚second-stage Problemen sprechen. Damit hängen nur die echten Entscheidungen (first stage) offen erkenn- bar subjektiv von demTräger der Entscheidung ab und sind in jedemFalle innovativ. Durch Algorithmus zu lösende Probleme dagegen werden häufig genug zwar ebenfalls mit dem Begriff ‚Entscheidung belegt, stellen aber keine eigentlichen Entscheidungen dar (Quasidezisionismus), sondern nur öko- nomisch bedingte Informationsdefizite. Dem Quasidezisionismus steht häu- fig ein Quasideterminismus gegenüber, wenn stochastische Zusammenhänge wie deterministische behandelt werden. Dieses ist methodisch umso mehr unzulässig, wenn keine Wahrscheinlichkeiten für die Zusammenhänge zu be- nennen sind oder gar über den möglichen Zusammenhang inhaltlich nichts bekannt ist.

3 So übersetzt auch Le grand dictionnaire terminologique (hrsg. v. Gouvernement QuØbec: Office de la langue française) den angelsächsischen Begriff ,controlling system zuerst mit ,Øquipement de rØgulation und mit ,installation de rØglage, mithin durch kybernetisch deutbare Begriffe. 390 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

4.2 Der kybernetische Kreidekreis

Es sei zur Illustration der hier zu treffenden Feststellungen ein Kreidekasten als ein auch heutzutage noch integrales Moment didaktischer Medienent- scheidungen in einen einfachen kybernetischen Regelkreis eingebunden. Die- ses möglicherweise trivial erscheinende Beispiel vermag aufzuzeigen, dass die Kybernetik gleichwohl umnichts weniger als angemessenetheoretische Grundlage für die Behandlung von Auswahl- und Ableitungsproblemen im Bereich betrieblicher Weiterbildung herangezogen werden kann. In diesem Sinne argumentieren auch Thom/Blunck: „Controlling kann im Sinne einer kybernetischen Darstellung als Regelungsmechanismus aufgefasst werden“ (1995, S. 37). Dort wie bei Küpper (vgl. 1997, S. 179f.) kommen somit auch Anklänge an kybernetische Ideen zumAusdruck. Sie scheinen indes mehr metaphorisch zu verstehen zu sein, denn sie sind als Koordination zwischen Planungs- und Kontrollsystemgedacht und unterliegen mithindemEinfluss einer impraktikabel grossen Anzahl intervenierender Variablen. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass für einen ungestört ablaufen- den Unterricht eine hinreichende Menge an Verbrauchsmaterial, hier bei

Sollwert Störgrößen (extern vorgegeben; (z.B. Schwund, z.B. 10 Kreidestücke) übermäßiger Verbrauch ...)

Rezeptor (Meßfühler) (z.B. Kanban-Karte)

Regler: Regelstrecke: (z.B. Wert £ 10?) (z.B. Kreidevorrat)

Effektor: (z.B. Beschaffung)

Außenwirkung (z.B. Möglichkeit des Medieneinsatzes)

Abb. 1: (Bildungs-)Controlling als kybernetische Steuerung Bank: Controlling betrieblicher Weiterbildung 391 spielhaft Kreide, bereitzuhalten ist. In ganz ähnlicher Weise ist das Vorhalten weiterer Medien zu interpretieren (Overhead, Vorführmaschinen etc.). Die zu regelnde Größe sei hier also die vor Ort bevorratete Kreidemenge. Für eine (sub-)systeminnere Regelung bedarf es nun eines Sensors bzw. Re- zeptors, der anzeigt, wenn die Sollmenge unterschritten wird, die von außen zuvor als erforderlich festgelegt wurde. In Bevorratungsverfahren, die nach demseit einigen Jahren in der Logistik beliebten Kanban-Prinzip durch- geführt werden, geschieht dies durch Einstecken einer Warnkarte durch den Entnehmer von Waren (vgl. erläuternd Gupta/Gupta 1989, S. 118). Natürlich gibt es nach wie vor die Störgrößen kurzfristiger Verbrauchsschwankungen, von Schwund oder anderen Einflüssen. Diese ansonsten nur stochastisch zu antizipierenden Einflüsse verlieren durch die selbstregulierte Nachbefüllung ihre Bedeutung für die Beschaffung, die hier die Rolle des Effektors ausfüllt, denn sobald der Regler feststellt, dass der Normwert unterschritten wird, er- hält der Effektor gewissermaßen einen Auftrag zur Handlung. Ein Weiterbildungscontrolling, das diesemKonzept folgt, wäre erstmals als ein theoretisch zulässiges geschlossenes Konstrukt anzuerkennen, mithin als ein Handlungskonzept, das auf einemsystematischen,wissenschaftlich be- gründeten Fundament gegründet wäre und damit mehr als ein auf bloße Hoffnung abgestütztes pragmatistisches Durchwursteln mangels besserer Möglichkeiten. Idealerweise könnte man sich ein Weiterbildungscontrolling als eine kaskadenartige oder netzwerkartige Verknüpfung solcher einfacher Regelkreise vorstellen, die notwendig informationelle Rückkopplungen mit enthält. Eine Hintereinanderschaltung von mehreren Regelkreisen würde ermögli- chen, dass die Füllstände nach demlangfristigen Bedarf in den unterschiedli- chen Lehrsälen differenziert gesteuert werden könnten; die äußerliche Vor- gabe (,Sollwert) der Füllmenge kann in Abhängigkeit von einem Sollbefül- lungsintervall (,Meta-Sollwert) angehoben oder abgesenkt werden. Dieses formale Konzept deckt die ökonomische Vorteilhaftigkeit eines kybernetisch interpretierten Controllingverfahrens auf: So werden entweder die Beschaf- fungs- oder die Bevorratungskosten gesenkt, ohne die Unterrichtsqualität da- durch zu beeinträchtigen. Das heißt, dass die Einhaltung des ökonomischen Minimalprinzips bzw. das Effizienzpostulat gewahrt ist. Einem Weiterbil- dungscontrolling in Formeiner solchen selbstregulierten Steuerung bliebe nicht zuletzt der Vorwurf erspart, mehr Ressourcen für die Kontrolle zu ver- brauchen denn für das eigentlich und unmittelbar auf die Wertschöpfung ausgerichtete Anliegen, die betriebliche Weiterbildung (vgl. Abschnitt 3.1). Hinzu kommt, dass die reichlich absurde Idee Horvµths, durch ein Con- trolling die Koordination der Führung durch Verfahren zu erzwingen, ersetzt würde durch die selbstorganisierte Koordination von Führung auf der 392 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

Grundlage einer Entlastung von Entscheidungen, die in Wirklichkeit durch selbstregulative Prozesse handhabbare Ableitungsprobleme darstellen. Füh- rung bezieht sich dann instrumentell auf das Setzen der Normen – in der ky- bernetischen Begrifflichkeit: der Sollwerte – nach denen die selbstregulierten Prozesse abzulaufen haben. Ein amSteuerungs- bzw. Regelungsprozess orientiertes Controlling wird weder den immer wieder begangenen Fehler machen und nicht steuerbare, informationslose oder nur subjektiv begründete, also echte Entscheidungen trotz allemquasidezisionistisch als regelgestützt handhabbare behandeln zu wollen. Genauso wenig wird es den Fehler begehen, die Regeln der Steuerung als solche quasideterministisch intern hervorzubringen: Diese bleiben in je- demFalle Gegenstand verantwortlicher Entscheidungen. Mit anderen Wor- ten: Verwaltung ist regelgestützt und damit potenziell formalisierbar, Politik ist es nicht. Dieserart betrachtet ist Controlling eine neue betriebswirtschaftliche Kate- gorie, die demRationalitätspostulat genügt und demEntscheider jenseits des Singulären – etwa ob ein bestimmter Weiterbildungsprozess anzuregen sei oder nicht – in allen echten Entscheidungen in seiner Souveränität aber auch seiner Verantwortung unberührt lässt. Für das Weiterbildungscontrolling be- deutet dies daraus abgeleitet, dass nicht – wie bislang in der Literatur ver- mutet – die Frage zu beachten ist, ob ein ökonomisch-quantitatives Problem einempädagogisch-qualitativ zu betrachtenden Aspekt gegenübersteht, son- dern ob ein Ableitungs- oder ein Entscheidungsproblemzu bewältigen ist.

5. Ausblick: Das neue Weiterbildungscontrolling – mehr als eine weitere Illusion?

Der hier mehr angedeutete denn ausgeführte Entwurf eines Controllings als kybernetischer Steuerungswissenschaft – so unterbleibt die zugehörige For- malisierung ganz – lässt ohne jeden Zweifel eine ganze Reihe von Fragen of- fen. Unübersehbar die erstrangige davon ist, ob denn eine hinreichende Zahl von ‚Kreidekreisen sinnvoll für die betriebliche Weiterbildung nachzuzeich- nen wäre. Zwar ersetzt der Ansatz die Konzeption linearer Kausalität durch eine solche zirkuläre Kausalität (vgl. v. Bertalanffy 1970, S. 120), bleibt jedoch definitionsgemäß mechanistisch, was die Zahl der Anwendungsfälle für den angestrebten Bereich der Weiterbildung deutlich begrenzen dürfte. Dies ist offensichtlich ein Problem, wie die aus der obigen Frage abzuleitenden An- merkungen verdeutlichen: Bank: Controlling betrieblicher Weiterbildung 393

1) Das Kreidekastenbeispiel ist zwar vor allemaus demdidaktischen Grunde seiner einfachen Anschaulichkeit gewählt worden. Nichtsdestoweniger dürfen aus operationalen Gründen die Regelstrecken nicht zu komplex werden, d.h. es liegt diesen eine einfache Struktur abhängiger Variablen zugrunde. Damit besteht die prinzipielle Gefahr, dass die einem Control- ling unterworfenen Variablen sich als ignorant gegen Dritte Faktoren er- weisen, sofern sich diese nicht durch Verkettung von Regelkreisen in das Gesamtmodell mit einbeziehen lassen. 2) Zwar verlangt der Controllingkreis kein deterministisches Verhältnis von Sollvorgabe und Außenwirkung durch die Einbeziehung der Möglichkeit des Einwirkens von Störgrößen, doch dürfte m.E. die Mehrzahl der zu treffenden Entscheidungen im Weiterbildungsmanagement unhintergeh- bar als ‚echte Entscheidung zu beschreiben sein. Diese Art der tech- nischen Selbstregulation jedoch basiert auf Problemen, die grundsätzlich algorithmisch lösbar sein müssen. 3) Ebenfalls in einer Vielzahl der Fälle wird man fordern müssen, dass die Variablen, welche die Sollvorgaben repräsentieren, quantifizierbar sein müssen. Rein theoretisch würden hierfür, wie auch für die Rezeptoren und die Regler auch ordinal oder auch nur nominal skalierte Größen ge- nügen. Eine Verkettung von Regelkreisen niedrigeren Skalenniveaus mit anderen höheren Skalenniveaus muss jedoch praktisch als problematisch eingeschätzt werden, selbst wenn hierfür operational keine Skalentrans- formation im strengen Sinne zwingend erforderlich werden sollte.

Darüber hinaus wäre zu bedenken, dass ein radikales Aufschaukeln, ein extre- mes Oszillieren oder gar ein Implodieren des Gesamtsystems vernetzter Re- gelkreise zu vermeiden ist. Nicht zuletzt aber bleibt wiederum die Frage im Sinne Habermas’ ungeklärt, wie ein automatisierter Gesamtverwaltungsakt für Innovationen offen gehalten werden kann (vgl. diese Position in Haber- mas 1971, S. 170: „die Apologie des Bestehenden um seiner Bestanderhaltung willen“). Sollten diese Fragen, verallgemeinert auf diese und weitere betriebliche Belange, sich als nicht zu schwerwiegend nachweisen lassen, dann könnte ein so angelegtes Controlling nach demOperations Research die zweite system- theoretisch begründete betriebswirtschaftliche Disziplin werden. Als solche stünde sie dann für das Feld der betrieblichen Weiterbildung auch der Wirt- schaftspädagogik zu Gebote (vgl. zumdisziplinären Selbstverständnis der Wirtschaftspädagogik den Beitrag von Jongebloed 1998). 394 Thementeil: Betriebliche Weiterbildung

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Abstract: The author gives a concise survey of the basic consensus evident on the basis of an analysis of the more recent pertinent publications available in the German-speaking area as well as in the Anglo-Saxon countries, in France and in Switzerland. He then goes on to not only bring up to date his own critique of the vast number of published patent remedies for problems of controlling within-company further education, but also to reach beyond mere cri- ticism and to constructively renew the search for new ways of control in further education.

Anschrift des Autors: Dr. Volker Bank, Institut für Pädagogik (Phil. Fak.), Universität Kiel, Herman-Rodewald-Str. 9, 24098 Kiel. 398 Allgemeiner Teil

Jürgen Reyer

Sozialpädagogik – ein Nachruf

Zusammenfassung: Mit Bezug auf die kürzlich erschienene zweite Auflage des „Handbuchs der Sozialarbeit/Sozialpädagogik“ (erste Auflage 1984) sieht der Beitrag das Projekt einer dis- ziplinären Sozialpädagogik unter dem Dach der Erziehungswissenschaft als gescheitert an. Der Beginn des Scheiterns wird nicht in neueren Entwicklungen gesehen, sondern in die Zeit der Weimarer Republik datiert. Damals begann jenes schwierige, bis heute nicht geklärte Ver- hältnis zwischen der ,Fürsorgewissenschaft (heute: ,Sozialarbeitswissenschaft) und der Sozi- alpädagogik.

Wissenschaftliche Handbücher sind nicht irgendwelche Bücher. Sie sollen nicht nur Überblickswissen kompetent bereitstellen, sondern auch die Syste- matik des Wissenschaftszweiges widerspiegeln, den sie in Handbuchformat repräsentieren; das erlaubt es ja erst, das Detailwissen, das man in ihnen sucht, in seinen Zusammenhängen zu sehen. Zumindest sollte der Leser er- warten dürfen, das Wissenschaftsgebiet, zu demdas jeweilige Handbuch sich anbietet, in hinlänglicher Weise beschrieben zu finden. Hier ist vom„Handbuch der Sozialarbeit/Sozialpädagogik“ die Rede, des- sen zweite, völlig überarbeitete Auflage kürzlich erschienen ist (Otto/Thiersch 2001). Nicht die Frage seiner Systematik soll im Folgenden interessieren – es hat keine, und zwar nicht darum, weil man sich nicht bemüht hätte, sondern weil sie (noch) nicht möglich ist. Vielmehr soll das Ableben der Sozialpäda- gogik kommentiert werden. Dieser Befund wird nur den unbefangenen Leser überraschen, den mit der Dauerdebatte um die „disziplinäre Identität“ (Hornstein 1995) der Sozialpädagogik vertrauten kaum. Was sich 1984, mit der ersten Auflage des ,Handbuchs (Eyferth/Otto/Thiersch 1984) angekün- digt hatte, ist nun unübersehbar: Sozialpädagogik als erziehungswissenschaft- licher Begriff gehört der Vergangenheit an. Nun scheint eingelöst zu sein, was 1961 schon gefordert wurde, nämlich die Bezeichnung ,Sozialpädagogik nur noch als „historischen Begriff“ zu verwenden (Wilhelm1961, S. 240). Der sinnfälligste Beleg für diesen Befund besteht darin, dass sich unter den knapp zweihundert Beiträgen nicht ein einziger findet, der demLeser erläuterte, was er sich unter Sozialpädagogik vorzustellen hätte – mit einer Ausnahme: Der Beitrag „Klassiker der Sozialpädagogik“ (Ch. Niemeyer) versucht in Erinne- rung zu halten, dass es sozialpädagogische Traditionsbestände gibt. Doch da, wo ,Sozialpädagogik in Gegenwartszusammenhängen gebraucht wird, kann er ohne jeden Substanzverlust durch Sozialarbeit ersetzt werden. Bis auf Ein-

Z.f.Päd., 48. Jg. 2002, Nr. 3 Reyer: Sozialpädagogik – ein Nachruf 399 zelbeiträge, die wie Fremdkörper wirken, wäre der Inhalt mit dem Titel „Handbuch der Sozialarbeit“ oder „Handbuch der Sozialarbeitswissenschaft“ korrekt bezeichnet. Ein Leser aber, der nicht nur über Theorien und Gegen- standsbereiche der Sozialarbeit informiert werden möchte, sondern, vom Handbuchtitel ermuntert, auch über die disziplinäre Gestalt einer akademi- schen Sozialpädagogik unterrichtet werden will, die es ja in der äußeren Formvon Professuren und Studierendenzahlen, Zulassungsarbeiten bis hin zu Habilitationen, Tagungen und Arbeitskreisen durchaus gibt – ein solcher Leser wird vergebens suchen. Ein fahrlässiges Versehen der Herausgeber, ein böswilliges gar? Keineswegs – diese disziplinäre Gestalt gibt es nicht, darum kann man sie auch nicht beschreiben! Wohl nur aus Gründen der Pietät und demKalkül, die Erziehungswissen- schaft nicht aufzuschrecken, erscheint ,Sozialpädagogik noch imHandbuch- titel. Das Unterfangen, den Begriff Sozialpädagogik veralten zu lassen und an seine Stelle Sozialarbeit zu setzen, bringt die Merkwürdigkeit hervor, dass in demBeitrag „Theorien der sozialen Arbeit“ (Füssenhäuser/Thiersch, S. 1876ff.) K. Mollenhauer (postum) und M. Winkler, der das akademische Amt eines Professors für Allgemeine Pädagogik versieht, zu Theoretikern der sozialen Arbeit befördert werden! Hier geht es nicht einfach umdie Umbenennungvon Sozialpädagogik in Sozialarbeit bzw. den Zukunftsbegriff Sozialarbeitswissenschaft. Es geht viel- mehr um das zwar kaschierte, aber nicht zu übersehende Eingeständnis, dass das Untote nun endgültig tot ist, dass das Projekt einer akademischen Sozial- pädagogik imHause der Erziehungswissenschaft gescheitert ist. Demging ein langes Siechtumvoraus. Hier die Leidensgeschichte imZeitraffer:

1. „Sozialpädagogik“ – Konjunktur und Entsorgung eines Leitbegriffs

Ursprünglich, d.h. Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Weimarer Zeit hin- ein, war Sozialpädagogik der Leitbegriff eines kraftvollen Unternehmens, das man auch als erste ,realistische Wendung der Pädagogik ansehen kann. Sein Ziel war die sozialwissenschaftliche und -philosophische Modernisierung der schulmeisterlichen Individualpädagogik des 19. Jahrhunderts (Reyer 2001, 2002). Der „Begriff ,Sozialpädagogik“, er nahmin der „deutschen Bildungs- theorie eine Generation lang eine Art Monopolstellung“ ein (Wilhelm1974, S. 163), war der Inbegriff für den Durchbruch der gesellschaftswissenschaftli- chen Perspektive in der Pädagogik, die damit überhaupt erst zur Erziehungs- wissenschaft wurde. Bedeutende Subunternehmen waren: der Spät-Herbar- tianismus (vor allem O. Willmann), der Neu-Kantianismus (P. Natorp), die 400 Allgemeiner Teil soziologischen und sozialpsychologischen Perspektiven der ,Milieupädago- gik und der ,Kinder- und Jugendkunde. Aus der Sicht einer Modernisierung der alten Individualpädagogik stellten die Werke von R. Lochner (1927) und C. Weiß (1929) Höhepunkte der theoretischen Sozialpädagogik dar. Aber auch die Kulturpädagogik (Th. Litt) arbeitete an der Frage, wie Individuelles und Soziales, Individuumund Gesellschaft in der pädagogischen Theorie zu- sammengebracht werden können. Hier erwuchs das Bedürfnis nach Sozialisa- tionstheorie, aber nicht primär zum besseren Verständnis des Verhaltens von Fürsorgezöglingen, sondern umüberhaupt erst zu verstehen, wie Gesellschaft in das Kind ,hineinkommt, um so bestimmbar zu machen, was der einzelne individualpädagogische Akt bewirkt oder bewirken soll. Seit der Jahrhun- dertwende, so A. Fischer, sei „imDienst der Sozialpädagogik“ die Frage auf- geworfen worden, „wie sich imindividuellen Leben das soziale Bewusstsein entwickelt“. Um dem „Kampf gegen die zersetzende Wirkung des Egoismus und Individualismus […] eine tragfähige Unterlage zu schaffen, musste die psychologische Jugendkunde die Frage studieren, in welchemSinn und Aus- maß das Kind selbst ein soziales Wesen ist“ (Fischer 1922/1954, S. 548). Kurz, unter demLeit- und Inbegriff der Sozialpädagogik war die Pädagogik dabei, sich sozialwissenschaftlich zu modernisieren. Dann eroberte die „geisteswissenschaftliche Pädagogik“ die Definitions- macht in der „verspäteten Disziplin“ Erziehungswissenschaft (Tenorth 1989, S. 121). Damit begann die Dauerkrise eines akademischen Fachs, noch bevor es als Fach überhaupt geboren war; und es begann die Wechselbalgerei um Sozialpädagogik und Sozialarbeit, die damals noch bevorzugt ,Fürsorge hieß. Die erste akademische Vertretung der Sozialpädagogik durch Ch. Jasper Klumker in Frankfurt hatte ,Fürsorge zum Thema. Diese ältere deutsche Fürsorgewissenschaft war die Vorläuferin dessen, was sich heute zu einer Sozi- alarbeitswissenschaft zu verdichten beginnt. Innerhalb der Erziehungswissenschaft aber wurde das interdisziplinäre Unternehmen namens Sozialpädagogik zerschlagen, deutlich ablesbar an dem „Handbuch der Pädagogik“, das von 1928-1933 in fünf Bänden von H. Nohl und L. Pallat herausgegeben wurde. Welche Systematik bot dieses Handbuch? Erster Band (als letzter 1933 erschienen): „Die Theorie und die Entwicklung des Bildungswesens“; zweiter Band (1929): „Die biologischen, psychologi- schen und soziologischen Grundlagen der Pädagogik“; dritter Band (1930), „Allgemeine Didaktik und Erziehungslehre“; vierter Band (1928): „Die Theo- rie der Schule und der Schulaufbau“; fünfter Band (1929): „Sozialpädagogik“. Der Ausdruck stand nun als Sammelbezeichnung für diverse Bereiche der Kin- der- und Jugendfürsorge. In 16 Einzelbeiträgen wurde eine bunte Anordnung von Themen geboten, deren Zusammengehörigkeit vielen Zeitgenossen, die sich weiterhin an einen theoretischen Begriff von Sozialpädagogik hielten, Reyer: Sozialpädagogik – ein Nachruf 401 nicht plausibel war. Da steht „Schulgesundheitspflege“ neben „Psychopathen- erziehung“, „Jugendbewegung“ neben „Fürsorgeerziehung“, „Erholungs- und Heilstätten“ neben „Kriminalpädagogik“ und anderes mehr. Der Einleitungs- beitrag von G. Bäumer mit dem vielversprechenden Titel „Die historischen und sozialen Voraussetzungen der Sozialpädagogik und die Entwicklung ih- rer Theorie“ brachte nur bedingt Ordnung in das Vielerlei. Was Bäumer hier bot, muss viele Zeitgenossen in Erstaunen versetzt haben, denn was da als Theorie ausgegeben wurde, lag weit unterhalb des kultur- und sozialphiloso- phischen Niveaus der bisherigen Debatte. Verständlich war der Beitrag am ehesten als ambitionierte Erläuterung zum Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922/24, das die Einrichtungen und Maßnahmen der Kinder- und Jugendfür- sorge als Ausfallbürgschaften imFall des Versagens der Familiedefinierte. Für die weitere Entwicklung folgenreich war, dass Bäumer in Übereinstim- mung mit Nohl, E. Weniger und anderen Sozialpädagogik als Bereichspädago- gik bestimmte – eine Festlegung, die keineswegs alle Zeitgenossen teilten, die aber mit der Aufnahme in das „Handbuch der Pädagogik“ ein besonderes Gewicht bekam. Was da im fünften Band unter „Sozialpädagogik“ zusam- mengewürfelt wurde, war in erziehungswissenschaftlicher Hinsicht völlig theo- rieentleert; und auch die soziologischen und psychologischen Säulen, die bis- lang die Sozialpädagogik nicht nur äußerlich getragen, sondern in ihremin- nersten Kern ausgemacht hatten, wurden von ihr separiert, nämlich im zwei- ten Band des Handbuchs. Das war die entscheidende Operation, die das Siechtum der akademischen Sozialpädagogik einleitete: Die Themen, die bis- lang und für viele noch immer mit dem Begriff ,Sozialpädagogik verbunden waren, finden sich verstreut über die übrigen Bände, insbesondere imersten und zweiten Band: imersten mitErziehungsgeschichte und den zwei Beiträ- gen von Nohl, die das Theoriegespann von Individual- und Sozialpädagogik in Nationalpädagogik auflösten; imzweiten mitPsychologie und Entwick- lungspsychologie, neben anderen von Nohl und Ch. Bühler bearbeitet, und Soziologie, wo die Namen E. Krieck, C. Mennicke, C. Bondy und A. Bu- semann auftauchten, früher allesamt leitende Angestellte im Modernisie- rungsunternehmen Sozialpädagogik. Wohl konnte man den Ausdruck ,Sozi- alpädagogik entsorgen, nicht aber die bisherigen sozialpädagogischen Theo- riezusammenhänge! Vor allemmitdieser Operation wurden der Sozialpädagogikbegriff von seinen Theoriewurzeln abgeschnitten und die Einheit von Gegenstand und Fragestellung, die bislang immer noch erkennbar blieb, auseinander gerissen. Dass der Ausdruck ,Sozialpädagogik als Sammelbegriff für die diversen Fel- der der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge entsorgt wurde, war allein nicht das Entscheidende; Ausdrücke sind bloße Begriffshülsen, und ihre Um- widmung zu anderen Begriffsinhalten kommt in den Wissenschaften laufend 402 Allgemeiner Teil vor. Aber die Fragmentierung des Begriffsinhalts hat nicht nur die disziplinäre Verankerung des Restgebildes namens ,Sozialpädagogik in der Erziehungs- wissenschaft verhindert; sie war darüber hinaus der Entfaltung eines gesun- den sozialwissenschaftlichen Selbstverständnisses innerhalb der gesamten Er- ziehungswissenschaft abträglich. Um den Vorgang zu verstehen, muss man sich ganz klar machen: Sozialpädagogik stand bislang für die sozialwissen- schaftliche Modernisierung der Pädagogik. Die geisteswissenschaftliche Päda- gogik hat sie zurückgedreht! Man mag dies, wie Hornstein (1995, S. 19), als Paradigmenwechsel verste- hen; aber hatte hier überhaupt ein Paradigmenwechsel stattgefunden? Lässt sich der Vorgang tatsächlich so beschreiben, als sei ein erziehungswissen- schaftliches Paradigma von Sozialpädagogik durch ein anderes erziehungswis- senschaftliches Paradigma abgelöst worden? Th. Wilhelm, dem ,Sozialpädago- gik als Theoriebegriff noch geläufig war, hat rückblickend dessen Beschrän- kung auf die Jugendfürsorge mit einem interessanten Argument beklagt: Da- mit sei der Durchbruch der gesellschaftswissenschaftlichen Perspektive in der Erziehungswissenschaft überhaupt behindert worden. Mit Verweis auf die „individualistische Fracht“ (Wilhelm1974, S. 139), die die wissenschaftliche Pädagogik seit ihrer Gründerzeit belastet habe, sei die Erziehungswissenschaft mit dem Begriff der Sozialpädagogik bereichert worden (ebd., S. 163). Doch seien die „sozialen Überlegungen der Erziehungswissenschaft“ durch die an- sonsten verdienstvolle „sozialpädagogische Bewegung“ (damit war der Kreis umH. Nohl gemeint)und durch das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz „eng ka- nalisiert worden“ (ebd., S. 164). Denn der „Begriff des Sozialen war nun für ein Sondergebiet der Erziehung in Beschlag genommen; der Gesichtspunkt der ,Fürsorge für seelisch und sittlich ,Verwahrloste war beherrschend. So kames, dass ein großartiger […] Neuansatz zugleich einer allgemeinen Durchdringung des pädagogischen Denkens mit aufgeschlossenen, der ver- wandelten Sozialstruktur Rechnung tragenden Sozialkategorien hindernd im Wege stand“ (ebd.). Somit ist festzuhalten: Der Theoriebegriff ,Sozialpädagogik wurde als Sammelbegriff für die diversen Bereiche der Kinder-, Jugend- und Familien- hilfe entsorgt und imHinblick auf ihren Adressatenkreis als „Ausbildungs- wissenschaft“ (Münchmeier 1981, S. 89) neu kodifiziert. Die bislang mit So- zialpädagogik verbundenen Theoriebestände aber gingen an die Soziologie, die Psychologie und – an die Allgemeine Pädagogik. Kein Vertreter aus demKreis der geisteswissenschaftlichen Pädagogik wird so eng mit der Geschichte der Sozialpädagogik verbunden gesehen wie H. Nohl. Doch seine sozialpädagogische Theorie besteht nicht, wie die Legen- denbildung nach demZweiten Weltkrieg (Weniger 1959) und gelegentlich bis heute glauben machen will, in seinen Beiträgen zur Jugendfürsorge. Man Reyer: Sozialpädagogik – ein Nachruf 403 kann zu Nohl stehen, wie man will, aber man sollte ihm die Ehre erweisen und das, was er zur Jugendfürsorge geschrieben hat, nicht als Theorie aus- geben. Theoretisch und fachwissenschaftlich fundierter haben zur Jugendfür- sorge ganz andere geschrieben. Nohls sozialpädagogische Theorie findet sich vielmehr in seinem pädagogischen Hauptwerk „Die pädagogische Bewegung in Deutschland und ihre Theorie“ von 1935. Darin hat er das fruchtbare Spannungsverhältnis von Individualpädagogik und Sozialpädagogik in Na- tionalpädagogik aufgelöst. Das „geschichtliche Urbild“ der Ersten sei Sokrates (S. 222), das der Zweiten Plato, „seine Pädagogik ist Staatspädagogik, nicht Individualpädagogik“ (ebd.). „ImFrühling 1933 schlug bei uns in Deutsch- land die Sokratische Formder Pädagogik in die platonische um“(ebd., S. 223). Plato als Vorläufer der nationalsozialistischen Pädagogik – man muss schon in großer Not sein, um auf diese Idee zu kommen! Damit gab Nohl den ,pädagogischen Bezug, also das individualpädagogische Standbein preis und torkelte so, umdie Balance gebracht, den Nationalsozialisten entgegen.

2. „Sozialpädagogik“ – Dauerkrise eines akademischen Faches

In den 50er- und frühen 60er-Jahren versuchten manche, an den ursprüng- lichen Begriff der Sozialpädagogik als zentralen Begriff der Erziehungswissen- schaft anzuknüpfen. Die ersten Vorschläge aber, Sozialpädagogik an den Uni- versitäten zu etablieren, ließen schon ahnen, dass das in Richtung einer Fort- setzung der früheren fürsorgewissenschaftlichen Ansätze ging. O. Kroh for- derte die „Einrichtung eines sozialpädagogischen Universitätsinstituts sowie eine Diplomprüfung für Sozialpädagogen“ (Kroh 1959, S. 275). Der Fächerka- non aber hätte sich in der Erziehungswissenschaft nicht realisieren lassen – Pädagogik war, wie schon in den Wohlfahrtsschulen, Nebenfach. Die geisteswissenschaftliche Pädagogik, sie beherrschte bis in die 60er-Jah- re hinein die Pädagogik an den Universitäten, setzte ihr Entsorgungswerk fort, und die Enkelgeneration, vertreten vor allemvon K. Mollenhauer und H. Thiersch, folgte den Vätern (Weniger) und Vorvätern (Nohl). 1964 er- schien Mollenhauers „Einführung in die Sozialpädagogik“ als „Theorie der Jugendhilfe“ (Mollenhauer 1964, S. 13). In der Grundsubstanz war das noch die Bestimmung des Handbuchartikels von Bäumer (1929). Schon in seiner Dissertation „Die Ursprünge der Sozialpädagogik in der industriellen Gesell- schaft“ (1959) hatte er versucht, Sozialpädagogik als ein neues Gefüge von Eingliederungshilfen vorzuführen, das durch die industrielle Entwicklung hervorgerufen worden sei. Was zunächst blendete, war, dass er das von Weni- ger und Nohl übernommene Konzept der Eingliederungshilfen reißerisch fri- sierte, und zwar mit der Dialektik Schleiermachers, den er aber als sozialpä- 404 Allgemeiner Teil dagogischen Denker nicht gelten lassen wollte.1 Er wies der Pädagogik die Aufgabe zu, die „Mittel zur Veränderung oder zumFortschritt der Gesell- schaft“ bereitzustellen – und da kamHoffnung auf: Mollenhauer erfand die sozialpädagogische Randgruppenstrategie, sprach die Sozialpädagogik von Bildungsaufgaben frei und stellte die Jugendhilfe als Speerspitze demgesell- schaftlichen Fortschritt voran, sie sei am„gesellschaftlichen Fortschritt […] unter allen pädagogischen Aufgaben-Bereichen allein unmittelbar beteiligt“ (Mollenhauer 1964/1968, S. 27). Mollenhauer kannte den älteren Begriff der Sozialpädagogik noch. Auch hier folgte er den Vätern und Vorvätern und bestätigte deren Fragmentierung des Begriffsinhalts und die Entsorgung des Ausdrucks, denn wenn der Begriff Sozialpädagogik „als Polemik gegen eine bürgerlich-individualistische Kon- zeption von Erziehung“ gebraucht werde, dann sei er ein „Synonymfür das, was heute eine ,Allgemeine Pädagogik darzustellen sich bemüht“ (ebd., S. 12). Er hat wesentliche Teile des traditionellen sozialpädagogischen Theorie- zusammenhangs der Allgemeinen Pädagogik überlassen und gleichzeitig da- rüber geklagt, „dass keine sozialpädagogische Theorie existiert, die eine unter pädagogischen Gesichtspunkten geführte Forschung fördert bezw. in Gang setzt“ (ebd., S. 11). Kurz, etwa seit dieser Zeit suchte die akademische Sozial- pädagogik der Nachkriegszeit nach Theorie, die ihr zu einer disziplinären Identität verhelfen könnte. Ein deutliches Indiz für die Verwirrtheit der akademischen Sozialpädago- gik war der Beitrag „Sozialpädagogik/Sozialarbeit: Theorie und Entwicklung“ von H. Thiersch und Th. Rauschenbach in der 1. Auflage des „Handbuch[s] zur Sozialarbeit/Sozialpädagogik“ von 1984. Auch Handbuchartikel sind nicht irgendwelche, und solche zur Theorie und Geschichte eines Wissen- schaftszweiges ganz besonders nicht. Darum: Pestalozzi, Marx und Nohl in eine historische Reihe zu setzen war ganz einfach nur peinlich; aber den älte- ren Theoriebegriff von Sozialpädagogik, der einmal für die sozial- und kul- turwissenschaftliche Modernisierung der Pädagogik gestanden hatte, einfach zu verschweigen, sich treuherzig hinzustellen und Sozialwissenschaft ein- zufordern, wo doch die akademischen Väter und Vorväter von Thiersch die Sozialpädagogik von ihren sozialwissenschaftlichen Wurzeln vorsätzlich ge- trennt hatten, war imWortsinn eine Untat. 2 Auch wenn erst in den letzten Jahren durch die Arbeiten einer neuen Generation kritischer Erziehungswis-

1 Das haben andere ganz anders gesehen, R. Lochner zumBeispiel, für den durch Schleier- macher „der Ausbau einer Sozial-Pädagogik möglich geworden ist, mit einer großen Blick- erweiterung über die rein personale Sicht hinaus“ (Lochner 1963, S. 133). 2 Über den Umgang, besser: Nicht-Umgang mit Paul Natorp hat Niemeyer (1998, S. 227) das Nötige gesagt. Reyer: Sozialpädagogik – ein Nachruf 405 senschaftler in der akademischen Sozialpädagogik das ganze Ausmaß der Ver- drängungs- und Verfälschungsarbeit bezüglich der Jahre zwischen demEnde des 19. Jahrhunderts und etwa 1930 erschreckend deutlich wird, Thiersch und Rauschenbach also insofern entlastet zu sein scheinen, als hätten sie es nicht besser gewusst: Mollenhauer war immerhin so redlich, darauf hin- zuweisen, dass es da noch anderes gab und welcher Traditionslinie er folgte. Schon damals wurde im Hinblick auf das ,Handbuch und den Beitrag von Thiersch/Rauschenbach kritisiert, dass der Sozialpädagogik die einhei- mischen Begriffe abhanden gekommen seien, „ohne dass sie neue entwickelt hätte, welche die spezifische Differenz der Sozialpädagogik zu den anderen wissenschaftlichen Disziplinen markieren könnten“ (Fatke/Hornstein 1987/ 1998, S. 140). Thiersch/Rauschenbach stellten die Frage, „inwieweit es sinnvoll“ (1984, S. 1009) sei, eine Theorie der „SP/SA“, also der Sozialpädagogik und Sozial- arbeit, „noch der Erziehungswissenschaft zuzuordnen, SP/SA also imBezug auf die Leitwissenschaft Erziehungswissenschaft zu erörtern. Wäre es nicht plausibler, nur von einer freien Koalition zwischen einzelnen Wissenschaften oder gar von einer eigenen Sozialarbeitswissenschaft auszugehen?“ Ihre Ant- wort enthielt Bedingungen: „Wir verstehen die Theorie [!] von SP/SA indes- sen nach wie vor als Theorie innerhalb der Erziehungswissenschaft, allerdings einer Erziehungswissenschaft, die ihrerseits sozialwissenschaftlich orientiert und gesellschafts- sowie handlungstheoretisch konzipiert ist“ (ebd.). Ansons- ten drohe „ein offener Enzyklopädismus“ (ebd.). Dass mit dem Leitbegriff ,Sozialpädagogik die erste „realistische Wendung“, das heißt sozialwissen- schaftliche Modernisierung der gesamten Erziehungswissenschaft verbunden war – verdrängt und vergessen. Aber anstelle einer nicht nur äußeren, sondern substanziellen Veranke- rung in der Erziehungswissenschaft wurde die Koalition mit der Fürsorgewis- senschaft gesucht, die nun Sozialarbeitswissenschaft heißen und deren diszip- linärer Status demder akademischenSozialpädagogik vergleichbar sein sollte. In den 60er- und 70er-Jahren, aber auch danach bis in die unmittelbare Ge- genwart war es zu immer neuen Versuchen einer Verhältnisbestimmung, der Bemühungen um Abgrenzung und der Suche nach Gemeinsamkeiten gekom- men. Dabei war es durchaus fraglich, ob sich da die Richtigen zusammenfan- den. Denn auch die Verwissenschaftlichung der Sozialen Arbeit zu einer Sozi- alarbeitswissenschaft scheint – soweit ersichtlich – bis heute eher eine Forde- rung zu sein als ein gesicherter akademischer Sachverhalt. Jedenfalls musste K. Utermann 1974 feststellen: „Eine Schwäche der gesamten Position der So- zialarbeit in Deutschland ist ohne Zweifel in dembisher unzureichenden Stand ihrer theoretischen Grundlegung zu erblicken, der keineswegs allein durch die Fortschritte in der Ausbildung der Methodenlehre beseitigt werden 406 Allgemeiner Teil kann“ (Utermann 1968/1974, S. 192). Konnte es da nicht so scheinen, als tä- ten sich zwei Legastheniker in der Hoffnung zusammen, aus der je einzelnen Schwäche eine gemeinsame Stärke zu machen? Mit der Einführung des Diplomstudiengangs Erziehungswissenschaft (1969) geriet die akademische Sozialpädagogik in eine noch unbequemere, weil Zweifrontenstellung: auf der einen Seite die Frage nach ihrer disziplinä- ren Identifizierbarkeit innerhalb der Erziehungswissenschaft, auf der anderen Seite nun das drängende Problem, Sozialpädagogik auf universitärem Niveau lehrbar zu machen, d.h. den „wissenschaftlich ausgebildeten Praktiker“ (Lü- ders 1989) hervorzubringen. Seine Bearbeitung hatte eine Flut an Schriften zur Methoden- und Professionalisierungsfrage zur Folge. Die Antwort auf die Frage, inwieweit oder ob die akademische Sozialpädagogik überhaupt profes- sionelles Wissen erzeuge, fiel nur bei jenen positiv aus, die von strategischem Optimismus getragen waren. Die Ausbildung zu Sozialarbeiterinnen und So- zialarbeitern an den Fachhochschulen etablierte sich auf beachtlichemNi- veau, aber was die akademische Sozialpädagogik anbelangte, so vergaßen doch viele bei der Bewertung allzu leicht, dass es an den Universitäten der Bundesrepublik überhaupt keinen Abschluss als ,Diplom-Sozialpädagoge gab, sondern nur eine Prüfung in einemVertiefungsfach (Studienschwer- punkt) ,Sozialpädagogik. Damit war eine sozialpädagogische Qualifizierung an den Universitäten immer nur so gut wie die personelle Ausstattung des Fachs, und wie der weitaus größere Teil des Studiums (Allgemeine Pädago- gik, Soziologie, Psychologie) mit dem Schwerpunkt harmonierte – und mit beidem sah es nicht immer gut aus. Wie häufig begannen Studierende ihr Studium mit der Absicht, Sozialpädagoge zu werden, und sahen sich mit Humboldt, Herbart oder sonstigen Vorlieben der jeweiligen Vertreter der All- gemeinen Pädagogik traktiert, die überhaupt nicht in der Lage waren, mit ih- nen einen historischen und systematischen Bezug zu einer sozialpädagogi- schen Fragestellung herzustellen – wie übrigens die jeweiligen Vertreter des Fachs ,Sozialpädagogik auch nicht. Mehr und mehr wurde deutlich, dass der Versuch, über Professionalisierung eine disziplinäre Identität der Sozialpäda- gogik zu begründen, eine Kreisbewegung auf der Stelle war. Bis auf einige Versuche, Sozialpädagogik an die einheimischen Begriffe der Erziehungswissenschaft rückzubinden, blieb die akademische Sozialpäda- gogik, soweit sie das mit ihrem Stellenbestand bewerkstelligen konnte, uni- versitäre Sachwalterin von Objektbereichen und brachte auch vor allemOb- jektbereichstheorien hervor, d.h. sie hatte zwar keine disziplinäre Identität, dafür aber viele Theorien, sie war also nicht theorielos, sondern multi-theo- retisch: Theorie der Vorschulerziehung, Theorie der Heimerziehung, Theorie der Jugendarbeit, Theorie der Erziehungsberatung u.¾. Multi-theoretisch war sie auch mit ihrem theoretischen Eskapismus, d.h. mit den zahlreichen Ein- Reyer: Sozialpädagogik – ein Nachruf 407 zelversuchen, eine theoretische Sozialpädagogik mithilfe von Theorieimpor- ten zu begründen. In den 70er-Jahren tauchten nun Begriffe auf, die in geradezu inflatio- närer Weise Eingang in die sozialpädagogische Theoriedebatte fanden: Lebenswelt, Lebensform und Alltag. Mit H. Thiersch vorweg versprach die „alltagsorientierte Sozialpädagogik“ nicht nur, das Theorieproblemder Sozi- alpädagogik Vergangenheit werden zu lassen, sondern auch die bisher von der Sozialpädagogik und Sozialarbeit nur verwalteten Lebensnöte der Men- schen zu lindern und einem„gelingenderen Alltag“ zuzuführen (Thiersch 1986, S. 43). ImHinblick auf die Gegenstandskonstitution der akademischen Sozialpädagogik bedeutete die Alltagswende mit ihrer tendenziellen ,Ent- anstaltung der veranstalteten Sozialpädagogik eine enorme Ausweitung, ja geradezu eine Entgrenzung (Winkler), die sich nur dann nicht als Falle erwei- sen würde, wenn sich neue, gestaltbildende Ufer finden ließen. Ginge es nach Thiersch, könnten die Menschen, ob jung oder alt, ob weiblich oder männ- lich, überspitzt formuliert, keinen Schritt ohne sozialpädagogische Begleitung gehen angesichts der Ubiquität von ,Verunsicherungen und Desorientierun- gen. Aber auch ganz unabhängig von Thiersch waren mit ,Lebensform und ,Alltag starke Entgrenzungstendenzen des Begriffsinhalts von Sozialpädago- gik verbunden. Sein Kernbestand war zwar immer noch die Kinder- und Jugendhilfe, auf den man sich zurückziehen konnte, um von dort, wie von ei- nemsicheren Boden aus, zu neuen Entgrenzungsunternehmungenaufzubre- chen; aber es war deutlich geworden, dass sich damit eine disziplinäre Identi- tät der akademischen Sozialpädagogik in der Erziehungswissenschaft nicht begründen ließ und dass die Koalition mit der Sozialarbeitswissenschaft einer solchen Identität keineswegs förderlich war. H. Pfaffenberger, positioniert als Vertreter einer Konvergenz von Sozialpädagogik und Sozialarbeit, sprach 1981, also etwa zehn Jahre nach den Reformen im Fachhochschul-, Univer- sitäts- und Gesamthochschulbereich, vom „traditionellen ,Fächersalat“ und fügte hinzu: „… dies ist allerdings nicht nur ein didaktisch-curriculares Pro- blemder Prüfungsordnung bzw. der Ausbildungspraxis der Fachhochschulen und Gesamthochschulen, sondern ein wissenschaftstheoretisches und wissen- schaftsorganisatorisches Desiderat der Disziplin ,Sozialpädagogik/Sozial- arbeitswissenschaft“ (Pfaffenberger 1981, S. 116). K. Mollenhauer, der „eine Enkel“ (Niemeyer 1998) der geisteswissen- schaftlichen Pädagogik, der die ältere sozialpädagogische Theoriegestalt noch kannte, hat die Sozialpädagogik der Nachkriegszeit wesentlich geprägt und entscheidend dazu beigetragen, sie als Theorie der Jugendhilfe festzuschrei- ben und zentrale Theoriegehalte des älteren Sozialpädagogikbegriffs der All- gemeinen Pädagogik zu überlassen. Dann hat er die akademische Sozialpäda- gogik sich selbst überlassen und sich zur Frage des Verhältnisses von Aisthesis 408 Allgemeiner Teil und Pädagogik geäußert, was dieser Debatte gut getan hat; später hat er darü- ber lamentiert, was Thiersch und andere zwischenzeitlich aus der Sozialpäda- gogik gemacht hatten. H. Thiersch, der ,andere Enkel der geisteswissenschaftlichen Pädagogik innerhalb der akademischen Sozialpädagogik, der die ältere Theoriegestalt entweder nicht mehr kannte oder sie verdrängte oder sie bewusst verschwieg, hat die Festschreibung zunächst mitgemacht, dann aber die Sozialpädagogik in die Gestaltlosigkeit, d.h. in die Inflation getrieben. Die Koalition mit der Sozialarbeitswissenschaft hat die akademische Sozialpädagogik nicht gestärkt und die Ausbildung einer Wissenschaftsgestalt behindert. Es ist genau das eingetreten, was Thiersch/Rauschenbach mit ihrem Eintreten für den Ver- bleib der Sozialpädagogik/Sozialarbeit in der Erziehungswissenschaft vermei- den wollten: „ein offener Enzyklopädismus“ (1984, S. 1009), der Beleg dafür: eben das von Thiersch mitherausgegebene „Handbuch der Sozialarbeit/Sozi- alpädagogik“ von 1984. Und noch etwas anderes ist imVerlauf der Koalition eingetreten: Die akademische Sozialpädagogik hat dasjenige Bezugssystem aus den Augen verloren, das allein ihr eine disziplinäre Identität sichern könnte: Erziehung und Bildung unter den Bedingungen von Moderne und Postmoderne, und ist in den Sog jenes Bezugssystems geraten, das der Sozia- len Arbeit als „Funktionssystemder Gesellschaft“ (Baecker 1994) professionel- le Identität und der Sozialarbeitswissenschaft disziplinäre Identität zu geben verspricht: Hilfe und Kontrolle.3 Das müsste man nur dann nicht bedauern, wenn man eine akademische Sozialpädagogik aufzugeben und für eine Sozi- alarbeitswissenschaft einzutauschen bereit wäre. W. Hornstein stellte die Frage nach dem„disziplinären Ort“ der akademi- schen Sozialpädagogik, ob die Erziehungswissenschaft noch die „Mutterdis- ziplin“ sei, „aus der die Sozialpädagogik ihre Nahrung bezieht, oder […] mehr eine – allerdings noch gar nicht existierende – ,Sozialarbeitswissenschaft, die den disziplinären Rahmen bilden soll“ (Hornstein 1995, S. 14). Aber bestand diese Option überhaupt noch? War die akademische Sozialpädagogik inner- halb der Erziehungswissenschaft nicht schon längst Sozialarbeitswissenschaft geworden oder doch der Vorläufer davon? Hätte sie eine Option, dann müss- te sie etwas haben, das sie von einer Sozialarbeitswissenschaft unterscheidet! Und was wäre das? Die akademische Sozialpädagogik hat sich in die Arme ei- ner sich gerade erst formierenden Sozialarbeitswissenschaft begeben in der Hoffnung, damit die eigene disziplinäre Identität zu wahren, oder besser: überhaupt erst zu gewinnen. Das ist etwa so, als verschenke man sein Unter- nehmen an ein anderes in der Hoffnung, selbstständig bleiben zu können.

3 Diese Einschätzung trifft ausdrücklich nicht auf den erziehungswissenschaftlichen Bereich der Erziehung in früher Kindheit zu! Reyer: Sozialpädagogik – ein Nachruf 409

Die Verfechter einer Sozialarbeitswissenschaft sprechen zwar noch von „aka- demischer Sozialpädagogik“ (Dewe/Otto 1996, S. 3), aber doch nur, um un- ter dieser Bezeichnung eine Sozialarbeitswissenschaft zu installieren. Der Stand des Projekts sei allerdings noch nicht so weit, um„hinreichende Aus- kunft darüber [zu] erteilen, ob Sozialpädagogik – als sich entwickelnde Dis- ziplin – sich über eindeutige objektbezogene Definitionen zu konstituieren hat, über allein wissenschafts- und forschungsinterne Optionen und kluge Fragestellungen, über eine genaue Bestimmung ihres Erkenntnisinteresses oder gerade über eine zu systematisierende Verknüpfung dieser Ansätze. Die Bestimmung des Theoriestatus bedingt zudem das Setzen der Differenz von wissenschaftlichen Theorien und Reflexionstheorien“ (ebd.). Was nun aber die Identifizierbarkeit der disziplinären Identität der aka- demischen Sozialpädagogik im Hause der Erziehungswissenschaft betrifft, lässt die Beurteilung durch M. Winkler an Klarheit nichts zu wünschen übrig, sie lässt sich auch auf das „Handbuch der Sozialarbeit/Sozialpädagogik“ be- ziehen: Sein Inhalt lässt es nicht zu, „zumindest ansatzweise eine Vorstellung von Sozialpädagogik zu entwickeln“ (Winkler 1999, S. 88).

3. „Sozialpädagogik“ – Auf der Suche nach Perspektiven

Darf in einemNachruf, der doch demVergänglichen gilt, auch Hoffnung auf- scheinen, und wenn ja, worauf sollte sie sich gründen? Mir scheint, sie könn- te sich an eine Beobachtung halten, der kaumjemandBeachtung schenkt, die aber zumindest Verwunderung auslösen sollte, nämlich Verwunderung darü- ber, dass ein akademisches Fach, das, von seiner äußeren Seite besehen, zu beachtlichem Umfang heranwuchs, seit nunmehr rund einem halben Jahr- hundert mit der Frage befasst ist, worin denn das Eigene, die innere gedank- liche Gestalt bestehe, die es gegenüber anderen Fächern identifizierbar macht. Diese Frage wurde nicht nur von Übelmeinenden von außen gestellt, sondern von den Fachvertretern selbst in immer neuen Diskussionsrunden, Zeitschrif- tenbeiträgen und Sammelbänden behandelt. Lässt sich das mit Einzelgründen erklären, die zusammengenommen das Problem erzeugen? Etwa die Viel- gestaltigkeit der Arbeitsfelder und Problemgruppen, die mit Sozialpädagogik verbunden gedacht werden? Oder mit den fließenden Grenzen zur Berufs- und Heilpädagogik und zur Erwachsenenbildung? Oder mit dem schwierigen Verhältnis zwischen Sozialpädagogik und Sozialarbeitswissenschaft und mit den hochschulpolitischen Interessengruppen der Fachhochschulen und Uni- versitäten? Das alles spielt eine Rolle, doch Zufriedenheit will sich mit sol- chen Erklärungen nicht einstellen. Zu lange, zu konsistent wird der theoreti- sche Status, die disziplinäre Identität der Sozialpädagogik auf den Prüfstand 410 Allgemeiner Teil gestellt. Warumdieser Kampfumden Ausdruck ,Sozialpädagogik, wenn doch mit ihm überhaupt nichts bezeichnet ist, was man nicht auch mit ande- ren Ausdrücken – vielleicht sogar besser, zumindest weniger missverständlich – bezeichnen könnte? Warummusses ,Sozialpädagogik heißen und nicht einfach Pädagogik der Kinder- und Jugendhilfe? Demdarauf aufmerksamge- machten Beobachter drängt sich der Eindruck auf, als ob das nicht endenwol- lende Fragen von einemDrang beherrscht werde, einen Sinngehalt freizule- gen, der einmal mit ,Sozialpädagogik verbunden war, der aber irgendwo, wenngleich verschüttet oder unter Fremden hausend, noch lebendig ist und darauf harrt, mit ,Sozialpädagogik wieder vereint zu sein – ein Sinngehalt, mit dem verglichen alles das, womit man den Ausdruck bislang begrifflich füllen wollte, zu billigen Surrogaten schrumpfen müsste. Ist es nicht gleich- samso, als habe der Ausdruck ,Sozialpädagogik noch soviel von seinemehe- maligen Geist, dass er sich gegen Alltag und Sozialarbeit widerständig zeigt? Ist er nicht wie ein Haus, leer zwar, doch nicht so entseelt, dass sich darin Dienstleistungsunternehmen oder schlimmere Kunden anmieten könnten? Ist es nicht so, als lebte in ihmdennoch ein Wissen weiter, das unbeirrbar er- kennt, welcher Begriff sich ihmeignet? Wenn die Anzeichen nicht trügen, besinnen sich einige Vertreter der aka- demischen Sozialpädagogik bei ihrer Identitätssuche auf ihre Mutterwissen- schaft, die Erziehungswissenschaft. Dies jedoch nicht in der Absicht, neue Koalitionspartner unter den Bereichspädagogiken zu finden, sondern in Aus- einandersetzung – Auseinandersetzung ist der Identität förderlich – mit der Allgemeinen Pädagogik. Weist die akademische Sozialpädagogik nicht auch eigenes bildungstheoretisches Reflexionspotenzial auf? Der ältere K. Mollen- hauer, zunehmend befremdet angesichts dessen, was aus der Sozialpädagogik geworden war, hat sich in Aufsätzen und Reden immer wieder nach dem Ver- bleib der bildungstheoretischen Traditionsbestände erkundigt. Jetzt erst be- ginnt den Einsichtigen die volle Bedeutung aufzugehen, die die wesentlich von Ch. Niemeyer angestoßenen historischen Rekonstruktionen der Sozial- pädagogik jenseits einer Geschichte der sozialen Arbeit für die disziplinäre Identität einer akademischen Sozialpädagogik haben könnten. Dank hat ihm das kaumeingetragen, ebenso wenig wie M. Winkler, der den Machthabern der akademischen Sozialpädagogik beharrlich auf die Füße trat und sie an ih- re Pflichten erinnerte: an der disziplinären Identität der Sozialpädagogik zu arbeiten, statt sie bei der Sozialarbeitswissenschaft zu entsorgen. Winkler, der sich freilich als Allgemeiner Pädagoge versteht, hat „eine Theorie der Sozial- pädagogik“ (1988) vorgelegt, die mit pädagogisch einheimischer Begrifflich- keit, also ohne A. Schütz, P. Bourdieu, J. Habermas, N. Luhmann oder sonst- wem auskommt. H. Sünker hat versucht, bildungstheoretische Elemente ei- ner Theorie der Sozialpädagogik zusammenzustellen (1989). Reyer: Sozialpädagogik – ein Nachruf 411

Nicht nur K. Mollenhauer sind ,vergessene Zusammenhänge aufgegan- gen. W. Hornstein hat zur Frage der „disziplinären Identität der Sozialpäda- gogik“ Stellung genommen und dazu aufgerufen, nach „konsensfähigen Be- zugspunkten für ein Paradigma der Sozialpädagogik“ zu suchen, und zwar imÜbergang zur Moderne, als das Verhältnis zwischen Individuum und Ge- sellschaft sich prinzipiell krisenhaft gestaltete; es sei das Interesse der ersten sozialpädagogischen Denker gewesen, die „Probleme im Verhältnis von Indi- viduumund Gesellschaft, von Kultur und Natur, von sozialer Ungleichheit und individuellemGlücksverlangen theoretisch zu erfassen. […] Entschei- dend ist, dass vor diesemHintergrund so etwas wie eine Grundstruktur oder Grundfigur sozialpädagogischen Denkens deutlich wird: diese Grundstruktur ist wesentlich bestimmt durch die Annahme eines konflikthaften Charakters des Verhältnisses von Individuumund Gesellschaft“ (Hornstein 1995, S. 18; Hervorhebungen imOriginal). Aus der Perspektive einer so verstandenen Geschichte der Sozialpädagogik wäre der erste Schritt, umder akademischenSozialpädagogik doch noch eine disziplinäre Identität zu sichern, zunächst einmal alle vergangenen und ge- genwärtigen Entsorgungsbemühungen außer Kraft zu setzen; der zweite be- stünde darin, sie aus ihrer Funktionalisierung als „Ausbildungswissenschaft“ (Lüders 1989, S. 41) zu lösen – nicht zu entlassen –, umKlarheit darüber zu gewinnen, was sie jenseits dieser Funktion eigentlich ausmacht; der dritte und vielleicht wichtigste Schritt wäre, die innerhalb der Erziehungswissen- schaft, insbesondere unter demEtikett „AllgemeinePädagogik“ frei flottie- renden oder systematisch verankerten Traditionsbestände sozialpädagogi- schen Denkens zu sichten, womit vor allem solche aus der Zeit vor der Ent- sorgung des Ausdrucks und der Fragmentierung des Begriffsinhalts von Sozi- alpädagogik gemeint sind. Während der gesamten Zeit, in der sich die aka- demische Sozialpädagogik um eine disziplinäre Identität bemühte, lebten die Traditionsbestände weiter, Sozialisationstheorie, Pädagogische Soziologie, Sozialphilosophie zumBeispiel. Das also wäre der Hoffnungsteil des Nach- rufs, dass sie sich mit ihrem Mutterbegriff – Sozialpädagogik – wieder zusam- menfinden.

Literatur

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Abstract: With reference to the recently published second edition of the „Handbook of Social Work/Pedagogy of Social Work“ (first edition 1984), the author regards the project of a sepe- rate discipline of social work under the roof of educational science as having failed. First signs for this failure are seen not in the more recent developments, but rather in the period of the Republic. It was then that the difficult and still moot relationship between welfare science’ (today: science of social work’) and pedagogy of social work came into being.

Anschrift des Autors: Prof. Dr. Jürgen Reyer, Universität Erfurt, Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Institut für Sonder- und Sozialpädagogik, Nordhäuser Str. 63, 99089 Erfurt. 414 Allgemeiner Teil

Hans Peter Henecka/Frank Lipowsky Quo vadis magister? Berufliche Wege von Lehramtsabsolventen

Zusammenfassung: Das Heidelberger Forschungsprojekt „Wege in den Beruf“ untersucht die beruflichen Wege baden-württembergischer Lehramtsabsolventen, die zwischen 1995 und 1997 ihr 1. Staatsexamen für Grund-, Haupt- oder Realschulen ablegten. Die ersten Ergeb- nisse zeigen, dass ungefähr die Hälfte aller Absolventen bis zum Frühjahr 2000 immer noch keine feste Stelle im staatlichen Schuldienst hatte. Gerade dieser Gruppe mit ihren teilweise höchst individualisierten beruflichen Um- und Neuorientierungen, aber auch den hier vor- findbaren offenen oder verdeckten Formen und Bewältigungsstrategien von Lehrerarbeits- losigkeit gilt das Hauptinteresse der Projektstudie.

1. Einleitung

Die Situation auf demLehrerarbeitsmarkthat sich in den letzten beiden Jah- ren deutlich entspannt. Für die kommenden Jahre wird allgemein mit sehr günstigen Berufsaussichten für Absolventen von Lehramtsstudiengängen ge- rechnet (vgl. Klemm 2000, S. 9ff.). Die ‚mageren Jahre scheinen zumindest für eine absehbare Zeit vorbei zu sein. Einige Bundesländer suchen bereits seit demletzten Schuljahr händeringend nach qualifizierten Pädagoginnen und Pädagogen für einzelne Lehrämter und Fächer, ja jagen sich nach dem Vorbild des „Bildungslands Hessen“ (Eigenwerbung) bundesweit mit im Bil- dungsbereich bislang völlig ungewohnten, aggressiven Anwerbemethoden und unkonventionellen Einstellungsterminen gegenseitig die Lehrer ab, um den eigenen Nachwuchsbedarf zu decken. Mit dieser Entwicklung wird einmal mehr die Problematik der bisher praktizierten diskontinuierlichen Einstellungspolitik der Kultus- und Finanz- bürokratien deutlich, die zu den vorhersehbaren zyklischen Schwankungen von Phasen des Lehrermangels und der Lehrerarbeitslosigkeit geführt hat. Bis vor zwei Jahren standen Junglehrerinnen und -lehrer nach ihrer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung noch zu Tausenden auf der Straße und wurden trotz bester Qualifikationen nicht eingestellt. Neuerdings zeichnet sich dage- gen eine erhebliche Nachfrage nach Lehrerinnen und Lehrern ab, die aller Vor- aussicht nach in den nächsten Jahren mit den gegebenen Absolventenzahlen nicht abgedeckt werden kann. Allenthalben müssen sich jetzt Bildungspoliti- ker mit dem Vorwurf auseinandersetzen, die ihnen zur Verfügung stehenden Daten der zu erwartenden Schülerzahlen und Pensionierungswellen nicht in

Z.f.Päd., 48. Jg. 2002, Nr. 3 Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 415 prospektiv relativ verlässlicher Forminterpretiert und mitentsprechenden bildungspolitischen Initiativen frühzeitig und gewissermaßen als Prophylaxe ‚antizyklisch reagiert zu haben.

2. Bildungspolitische Versäumnisse

Bis zumEnde der 90er-Jahre waren die Berufsaussichten für Lehramtsabsol- venten alles andere als günstig. In einigen Bundesländern erreichten die Ein- stellungsquoten 1997 und 1998 den niedrigsten Stand seit Beginn der 80er- Jahre (vgl. KMK 1994, S. 4, 2000a, S. 5). Für die Absolventen, die in jenen ‚mageren Jahren trotz bester Abschlüsse keine Einstellung im staatlichen Schuldienst fanden, kommen die momentan günstigen Einstellungsperspek- tiven in den allermeisten Fällen zu spät. Viele von ihnen haben sich bereits beruflich umorientiert und sich in ihren Lebensplänen vom Beruf des Lehrers bzw. der Lehrerin verabschiedet. Die bildungspolitischen Versäumnisse der letzten Jahre, in denen man nicht nur vielen hoch qualifizierten Absolventen keine Einstellungsperspektiven gab, sondern auch Abiturienten durch einen rationalisierenden Numerus Clausus auf Studien- und Referendariatsplätze von einemLehramtsstudiumfernhalten wollte, rächen sich nun. Bis vor wenigen Jahren noch sahen sich ausgebildete Junglehrerinnen und -lehrer nach dem ersten oder zweiten Staatsexamen zuhauf mit der Frage konfrontiert, welchen Berufsweg sie jetzt einschlagen könnten. Für die meis- ten von ihnen bedeutete die Nicht-Zulassung zumReferendariat oder die Nicht-Einstellung in den Schuldienst einen erheblichen Bruch mit einer vor allemdurch personale Motive begründeten und favorisierten Berufsbiogra- phie, mit der sie aus unterschiedlichen Perspektiven und Motivationen seit ihremsechsten Lebensjahr vertraut waren (vgl. Henecka/Gesk 1996, S. 128ff., 133ff., 183ff.). Objektiv erschwerend wirkt sich dabei aus, dass Lehramtsstudiengänge aufgrund ihrer eingleisigen Struktur und ihrer engen Ausrichtung auf den Beruf des Lehrers bzw. der Bindung an eine Schule einen Übergang in andere Berufsfelder eher versperren.1 Das dennoch notgedrungene Abwandern von Lehramtsabsolventen in andere Berufsfelder hat daher nicht nur eine indivi- duell psycho-soziale, sondern auch eine volkswirtschaftliche Komponente. Statt sich die Arbeitskraft und die Fähigkeiten junger qualifizierter Absolven- ten in Erwartung des voraussichtlichen Lehrerbedarfs durch breitere Ein- stiegskorridore und neuere Arbeitszeitmodelle langfristig zu sichern, haben es viele Bundesländer zugelassen, dass diese Absolventen in andere Berufs-

1 Dies gilt vor allem für die Lehramtsstudiengänge Primar- bzw. Sekundarstufe I. 416 Allgemeiner Teil bereiche oder in andere Bundesländer abwanderten. Berücksichtigt man, dass ein Studienplatz das jeweilige Bundesland zwischen 23.300 und 43.900 Euro2 kostet und dass die Bundesländer in der Regel als Hauptabnehmer der Lehr- amtsabsolventen ein besonderes Interesse an der effektiven Nutzung ihrer eingesetzten Mittel haben müssten, entpuppen sich diese Entwicklungen un- ter fiskalischen Gesichtspunkten als eine immense Vergeudung und Fehl- steuerung von öffentlichen Mitteln. Nicht-eingestellte Lehramtsabsolventen waren zudem in dieser schwieri- gen Passage von der Berufsausbildung in den Arbeitsmarkt in der Regel auf sich allein gestellt. Während in den 80er-Jahren zumThema‚Lehrerarbeits- losigkeit zahlreiche Initiativen gegründet sowie Forschungsprojekte (vgl. z.B. Havers/Parmentier/Stooß 1983; Ulich u.a. 1985; Weiss/Falk 1985; Herlyn/ Schmidt/Vogt 1986; Parmentier 1989; Unseld u.a. 1989; Heinemann/Die- trich/Schubert 1990; Wiedenhöft 1995) durchgeführt wurden und Veröffent- lichungen erschienen (vgl. z.B. Sommer 1986; Furck 1986), ist seit etwa zehn Jahren ein merklicher Rückgang an diesbezüglichen Bemühungen festzustel- len, obwohl der ‚Berg arbeitssuchender Lehrerinnen und Lehrer nach einer kurzfristigen Erholung von Anfang bis Ende der 90er-Jahre wieder anwuchs (vgl. KMK 2000b, S. 4ff.). Damit sind auch die Hochschulen gefordert, ihr eigenes Ausbildungsange- bot zu evaluieren und die beruflichen Wege ihrer Absolventen genauer zu verfolgen. Im Unterschied zu den meisten anderen akademischen Studien- gängen erweist sich das Lehramtsstudium für den Arbeitsmarkt insofern als problematisch, als es aufgrund seiner spezifischen Eingleisigkeit zunächst ein- mal nur für einen schulischen Beruf qualifiziert. Anderweitige Verwertungs- möglichkeiten des ersten und zweiten Staatsexamens scheint es nicht zu ge- ben bzw. liegen nicht auf der Hand, ebenso wenig bestehen etablierte Über- gänge in alternative Berufsfelder. Zugänge zu außerschulischen Berufsmög- lichkeiten bleiben damit ungeregelt und der Eigeninitiative des jeweiligen Ab- solventen überlassen. Vorteile gegenüber anderen Absolventengruppen bei der Bewerbung umaußerschulische Arbeitsplätze bestehen nicht, imGegen- teil: Gegenüber anderen Akademikergruppen sind die Lehramtsabsolventen eher imNachteil, da sie u.a. mitstarken sozialen Vorurteilen konfrontiert werden. Selbst gegenüber geringer qualifizierten Mitbewerbern verleihen die Staatsexamina keine exklusiveren Chancen auf einen außerschulischen Ar- beitsplatz. Die eingeschränkten Verwertungsmöglichkeiten der Staatsexamina, die Eingleisigkeit des Studiums und die damit verbundene frühe und einseitige Festlegung der beruflichen Identität verhindern in der Regel, dass sich Lehr-

2 Vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 12/844, 1996, S. 5. Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 417 amtsabsolventen während ihres Studiums für andere Berufsfelder öffnen, be- rufspraktische Erfahrungen in anderen adäquaten beruflichen Bereichen sammeln und weitere Berufsmöglichkeiten, die ihren Interessen und Fähig- keiten entgegenkommen, wahrnehmen. Diese hohe Bindung an den Beruf des Lehrers erweist sich angesichts der Flexibilitätserfordernisse auf demAr- beitsmarkt als eine wesentliche Barriere für einen reibungsloseren Übergang in außerschulische Berufsfelder.

3. Die Heidelberger Studie „Wege in den Beruf“

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die ersten Ergebnisse einer empirischen Längsschnittstudie, die im Rahmen des Forschungsprojekts „Wege in den Beruf“ an der Abteilung Soziologie der Pädagogischen Hoch- schule Heidelberg durchgeführt wird. Ziel dieser Studie ist es, die beruflichen Passagen von Lehramtsabsolventen aufzuzeigen, die zwischen 1995 und 1997 in Baden-Württemberg ihr 1. Staatsexamen abgelegt haben. Zu dieser Zeit hatten die Einstellungsquoten für Lehramtsabsolventen in Baden-Württem- berg den absoluten Tiefststand seit den 80er-Jahren erreicht. Auch in diesem Bundesland zeigen sich damit besonders deutlich die zyklischen Schwankun- gen auf demLehrerarbeitsmarkt:Wurden 1997 landesweit nur 1.670 Lehr- amtsabsolventen eingestellt (vgl. KMK 2000a, S. 5), waren es zum Schuljahr 2000/01 mit 5.000 Bewerberinnen und Bewerbern gleich dreimal so viel.3 Für die Heidelberger Studie wurden Absolventen der Lehrämter für Grund- und Hauptschulen sowie für Realschulen ausgewählt. Grund- und Hauptschullehrerinnen und -lehrer waren 1997 deutlich stärker von Arbeits- losigkeit betroffen als noch zwei Jahre zuvor. In den alten Bundesländern bil- deten sie mit der Gruppe der Gymnasiallehrerinnen und -lehrer die am stärksten von Arbeitslosigkeit bedrohte Lehramtsgruppe (vgl. Parmentier/ Schade/Schreyer 1998, S. 43).

3.1 Zum Untersuchungsdesign und zur Aufteilung der Gesamtpopulation – Ergebnisse des telefonischen Erstkontakts

Die Längsschnittstudie umfasst vier Erhebungswellen. Für eine erste Befra- gung wurden von den insgesamt 7.554 Lehramtsabsolventen im Unter- suchungszeitraum3.000 Absolventen ausgewählt, von denen 2.626 imFrüh-

3 Vgl. Schavan, A.: Pressemitteilung des Kultusministeriums Baden-Württemberg vom 06.09.2000, S. 1. 418 Allgemeiner Teil jahr 2000 telefonisch zu ihrer aktuellen beruflichen Situation befragt werden konnten. 1.250 dieser 2.626 Absolventen wurden daraufhin imMai 2000 schriftlich befragt. Eine weitere Befragung der verbliebenen Absolventen wur- de im November 2000 vorgenommen, die letzte Erhebung fand im Dezember 2001 und imJanuar 2002 statt. Die Analyse der Daten aus demtelefonischen Erstinterview mitden 2.626 Absolventen ergab folgende drei Hauptgruppen von Absolventen:

O Lehrerinnen bzw. Lehrer an staatlichen Schulen mit unbefristetem Dienstverhältnis (Gruppe L), O Lehreranwärterinnen und -anwärter (Gruppe LA), O Sonstige Lehramtsabsolventen, die zum Zeitpunkt der Erhebung keine feste Stelle imstaatlichen Schuldienst inne hatten (Gruppe S).

Prozent 100

80 36,7 53,9 50,2 47 60 2,2 2,4 27,9 10,7 40 47,3 20 43,9 35,3 42,3

0 1995 1996 1997 gesamt Gruppe S: Sonstige Lehramtsabsolventen ohne feste Stelle im staatlichen Schuldienst Gruppe LA: Lehramtsanwärterinnen und -anwärter

Gruppe L: Lehrerinnen und Lehrer mit fester Stelle im staatlichen Schuldienst

Abb. 1: Anteil der Absolventen mit und ohne feste Stelle im staatlichen Schuldienst pro Jahrgang des 1. Examens (zum Befragungszeitpunkt Februar 2000)

Die Abbildung zeigt, dass mehr als die Hälfte aller befragten Absolventen zumZeitpunkt des telefonischen Kontakts der Gruppe S oder LA angehört, demnach also keine feste Stelle im staatlichen Schuldienst hatte. Von den 2.626 befragten Absolventen gehörten 1.234 (= 47%) der Gruppe S an, 282 Absolventen (=10,7%) befanden sich imFrühjahr 2000 imReferendariat, zählen also zur Gruppe LA. Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 419

Die differenzierte Analyse des beruflichen Status ergibt für die Gruppe S (nicht-eingestellte Lehramtsabsolventen) folgendes Bild: 9% aller Absolven- ten dieser Gruppe haben eine befristete Stelle imstaatlichen Schuldienst inne, 3,2% der Absolventen wurden von einer der beiden Kirchen als Lehrer einge- stellt, 12% fanden in Privatschulen eine Anstellung, 7,6% an Klinikschulen, in Justizvollzugsanstalten oder an Schulen imAusland. Dabei unterrichten mehr als die Hälfte der im Ausland tätigen Lehrerinnen und Lehrer in der Schweiz. Diesen Absolventen kameine groß angelegte Bildungsinitiative im nahe gelegenen Nachbarland entgegen, in deren Verlauf viele Stellen neu ge- schaffen und durch deutsche Lehrkräfte besetzt wurden. Damit üben noch einmal ca. 32% der Absolventen dieser Gruppe S eine hauptberufliche Tätigkeit als Lehrerin bzw. Lehrer aus, wenngleich sie dieser Tätigkeit in vielen Fällen unter ungünstigeren Arbeitsbedingungen nach- gehen müssen als ihre Kolleginnen und Kollegen mit einer festen Stelle im staatlichen Schuldienst.

Prozent 70 60 50 40 68,2 30 12 20 7,6 9 3,2 10 0

Lehrer

Schuldienst brige Absolventen kirchlich angestellteLehrer im Ausland, in befristet angestellte ü tigkeit als Lehrer und KlinikschulenLehrer im staatlichenLehrer an Privatschulenohnet Haupterwerbs-ä Justizvollzugsanstalten

Abb. 2: Beruflicher Status von Subgruppen der Gruppe S (nicht-eingestellte Lehramtsabsol- venten) zum Befragungszeitpunkt Frühjahr 2000

Die beruflichen Situationen der übrigen rund 68% Absolventen dieser Grup- pe stellen sich so dar: Viele von ihnen gehen nebenberuflichen Lehrtätigkei- ten an Abendschulen und bei freien Bildungsträgern nach, einige unterrich- ten imberuflichen Bereich oder sind im‚nachmittäglichen Bildungsmarkt 420 Allgemeiner Teil als Nachhilfelehrer oder in der Hausaufgabenbetreuung tätig. Andere qualifi- zieren sich über ein Studiumoder eine zusätzliche Ausbildung weiter, absol- vieren ein Praktikumoder eine Umschulung, wieder andere sind außerschu- lisch in Voll- oder Teilzeit erwerbstätig. Ferner zählen zu dieser Gruppe er- werbslose Absolventen, die Familienarbeit leisten und/oder als arbeitslos ge- meldet sind. Schließlich befinden sich in der Gruppe S auch zahlreiche Absolventen, deren beruflicher Status sich durch Kombinationen unter- schiedlicher Situationen auszeichnet, so z.B. Absolventen, die mehrere Er- werbstätigkeiten parallel ausüben oder sich neben einer Erwerbstätigkeit wei- terqualifizieren.

3.2 Zur beruflichen Situation der nicht-eingestellten Lehramtsabsolventen – Ergebnisse der schriftlichen Befragung

Für die schriftliche Befragung wurden per Zufallsverfahren 750 von den ins- gesamt 1.234 Absolventen der Gruppe S ausgewählt. Daneben wurden als Kontrollgruppe 300 in den Schuldienst eingestellte Lehrerinnen und Lehrer (Gruppe L) sowie 200 Referendare (Gruppe LA) schriftlich befragt. Die hohe Rücklaufquote von insgesamt 78% lässt aussagekräftige Rückschlüsse auf die beruflichen Wege aller Absolventengruppen zu. Die folgenden Daten basieren auf der Auswertung von 977 Fragebögen. Ta- belle 1 (S. 421) gibt einen Überblick über die Verteilung dieser auswertbaren Fragebögen zumBefragungszeitpunkt Mai 2000. Tabelle 2 (S. 422) vermittelt des Weiteren die differenzierten Angaben der befragten Absolventen ohne hauptberufliche Lehrtätigkeit aus der Gruppe S zu ihremberuflichen Status: Von den 377 befragten Absolventen der Examensjahrgänge 1995 bis 1997 sind also 117 Personen oder 31% zumZeitpunkt der schriftlichen Erhebung imMai 2000 entsprechend der Angaben in der Tabelle nicht erwerbstätig. Als ‚arbeitslos imeigentlichen Sinne bezeichnen sich elf Probanden. Berücksich- tigt man noch zwei weitere Absolventen, die neben ihrem Status als Arbeits- lose geringfügig beschäftigt sind, so befinden sich insgesamt lediglich 13 Ar- beitslose unter dieser Gruppe der 377 Absolventen, was dann einemAnteil von 3,8% entspricht. Da sich in den anderen untersuchten Absolventengrup- pen per definitionem keine Arbeitslosen befinden, lässt sich somit bestim- men, dass – bezogen auf alle Absolventen, die keine feste Stelle im staatlichen Schuldienst haben und nicht imReferendariat sind – nur 2,5% bzw. bezogen auf die Gesamtpopulation aller Absolventen sogar nur 1,1% arbeitslos sind. Einschränkend muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass aufgrund feh- lender Vorversicherungszeiten für viele Lehramtsabsolventen eine Registrie- rung als Arbeitslose mit keinerlei finanzieller Unterstützung verbunden ist, Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 421

Tab. 1: Anzahl der auswertbaren Fragebögen Gruppe L Gruppe LA Gruppe S

Lehrerinnen Lehramts- Sonstige Lehramtsabsolventen ohne feste Stelle im und Lehrer mit anwärter staatlichen Schuldienst fester Stelle im staatlichen Schuldienst Hauptberufliche Lehrerinnen Absolventen ohne und Lehrer … hauptberufliche Tätigkeit als Lehrer … mit befris- … an anderen erwerbs- nicht teter Stelle allgemeinbilden- tätig erwerbs- im staatli- den Schulen tätig chen Schul- (Privatschulen, dienst Schulen im Ausland etc.) 260 117 89 100 377 266 145 566

sodass viele von ihnen keinen Sinn darin sehen dürften, sich tatsächlich (und nur zu statistischen Zwecken) auch als arbeitslos zu melden. Vergleicht man diese Erwerbslosenquote mit denen älterer Studien, so ergibt sich für die Ab- solventen unserer Untersuchung ein vergleichsweise günstiges Bild: In älteren Studien wurden Arbeitslosigkeitsquoten zwischen 7 und 9,2% ermittelt (vgl. Parmentier 1989, S. 92; Wiedenhöft 1995, S. 140; Heinemann/Dietrich/ Schu- bert 1990, S. 33). Der offiziell erfassten oder erfassbaren Arbeitslosigkeit stehen indessen faktisch versteckte Formen der Arbeitslosigkeit gegenüber, die sich im Rah- men unserer Studie in verschiedenen Formen der Nichterwerbstätigkeit und Unterbeschäftigung ausdrücken. So ist beispielsweise zu vermuten, dass die Angabe „Aufnahme eines weiteren Studiums“ in manchen Fällen eher der (sozial-)rechtlichen Aufrechterhaltung eines Studentenstatus dient und weni- ger das Ergebnis einer neuen Berufsorientierung ist. Als Student erhält man in vielen Fällen relativ leicht eine Aushilfstätigkeit bzw. einen Job, bezahlt niedrige Sozialversicherungsbeiträge und erhält in verschiedenen Bereichen Ermäßigungen und Vergünstigungen. Nicht zuletzt lassen sich dadurch auch soziale Stigmatisierungen vermeiden, denen man als Arbeitsloser ausgesetzt sein kann. 422 Allgemeiner Teil

Tab. 2: Lehramtsabsolventen ohne hauptberufliche Lehrtätigkeit (Befragungszeitpunkt Mai 2000) Erwerbstätige und Nichterwerbstätige absolut in Prozent nicht erwerbstätige Absolventen 117 31 – davon arbeitslos 11 2,9 – davon Hausmann bzw. Hausfrau 50 13,3 – davon in beruflicher Ausbildung 18 4,8 – davon in beruflicher Weiterbildung, Umschulung 22 5,8 oder Praktikum – davon Studierende an Hochschulen und 16 4,2 Berufsakademien ohne angegebene Nebentätigkeit erwerbstätige Absolventen 260 69 – davon mit einer Vollzeittätigkeit 161* 42,7 – davon mit einer oder mehreren Teilzeittätigkeiten 37 9,8 – davon Hausmänner und -frauen sowie Arbeitslose 23 6,1 mit teilzeitiger oder geringfügiger Beschäftigung – davon mit einer oder mehreren Teilzeittätigkeiten 39 10,3 und parallel in Weiterqualifizierungsmaßnahmen (Ausbildung, Umschulung, Studium u.ä.) Summe 377 100 * Von den 161 vollzeitig erwerbstätigen Absolventen qualifizieren sich 2 über ein weiteres Studium weiter, 25 gehen einer weiteren nebenberuflichen Tätigkeit nach.

Tab. 3: Absolventen ohne hauptberufliche Lehrtätigkeit, die sich weiterqualifizieren (Befragungszeitpunkt Mai 2000) Absolventen in Weiterqualifizierung absolut in Prozent 97 25,7 – davon in einem Studium an einer Hochschule 42 11,1 – davon in einer beruflichen Ausbildung 24 6,4 – davon in einer beruflichen Weiterbildung 24 6,4 – davon in einem Studium an einer Berufsakademie oder 7 1,9 in einem Praktikum

Der Studentenstatus ist daher in vielen Fällen attraktiver, wenngleich er sich faktisch meist nicht von dem eines Arbeitslosen unterscheiden dürfte. Auch die hohe Zahl an Absolventen, die sich um ihre Familien kümmern, kann als eine individuelle Antwort auf verstellte Berufsperspektiven gewertet werden. Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 423

Wie die Tabelle 3 (S. 422) unter demdifferenzierenden Aspekt der Weiterbil- dung bzw. Umschulung zeigt, befinden sich zum Erhebungszeitpunkt von al- len 377 Absolventen dieser Gruppe 97 Absolventen (=25,7%) in einer Ausbil- dung oder einemStudium.42 Absolventen studieren, 24 durchlaufen eine weitere berufliche Ausbildung, gleichfalls 24 besuchen eine berufliche Weiter- bildung, fünf Absolventen haben ein Studiuman einer Berufsakademieauf- genommen und zwei machen ein Praktikum.

3.3 Außerschulische Erwerbstätigkeiten

3.3.1 In welchen Branchen arbeiten die nicht-eingestellten Lehramtsabsolventen?

Von den 377 ‚Nichtlehrern gaben 208 an, eine außerschulische hauptberufli- che Tätigkeit inne zu haben.4 Imnächsten Auswertungsschritt wird daher der Frage nachgegangen, in welchen Branchen diese Absolventen arbeiten.5 Bei einer ersten Übersicht zeigt sich, dass nahezu alle Branchen vertreten sind (siehe Tabelle 4, S. 424). Quantitativ bedeutsamsind jedoch nur wenige berufliche Bereiche. So hält sich mehr als ein Viertel der Absolventen in so- zialen, gesundheitsorientierten und pädagogischen Berufsfeldern auf. Ange- sichts der Feminisierung des Lehrerberufs ist der Übergang der Lehramts- absolventen in diese ‚lehrer(innen)nahen Beschäftigungsbereiche jedoch nicht überraschend.6 Nimmt man den informationstechnischen Bereich da- zu, so arbeiten von den 208 Absolventen 41,3% in den drei Bereichen „Erzie- hung und Bildung“, „Gesundheits- und Sozialwesen“ sowie „Datenverarbei- tung und IT“. Diese Branchen erweisen sich damit für Lehramtsabsolventen als besonders aufnahmefähig. Die übrigen 58,7% verteilen sich auf 13 weitere, branchennah zusammen- gefasste Tätigkeitsbereiche. In den Sektoren „Banken, Versicherungen, Woh-

4 Hierunter befinden sich 12 Absolventinnen, die z.Zt. der Erhebung imMutterschutz bzw. imErziehungsurlaub waren. 5 Wenn imFolgenden von ,dieser Gruppe oder von ,allen Absolventen die Rede ist, dann sind diese 377 Absolventen gemeint, die keine feste Stelle im staatlichen Schuldienst ha- ben. Dies erleichtert die Lesbarkeit des Textes. 6 Nach der Querschnittsstudie von Heinemann/Dietrich/Schubert (1990, S. 46f.), die den beruflichen Verbleib von Sportlehrerinnen und Sportlehrern der Examensjahrgänge 1983 bis 1985 untersuchten, gingen 32,2% der außerschulisch beschäftigen Lehramtsabsolven- ten (N = 590) einer Tätigkeit imBerufsfeld ,Pädagogik nach. Darunter fassen die Auto- ren Erwerbstätigkeiten als pädagogische Leiter, Lehrer an Volkshochschulen, Nachhilfeleh- rer, Sozialarbeiter und imBereich Erwachsenenbildung und (berufliche) Fortbildung zusammen. 424 Allgemeiner Teil nungswesen, Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung“ sowie in den Sparten „Papier, Presse, Verlag, Druck“ und „Eisen- und Metallerzeugung, Maschinenbau, KFZ-Industrie“ haben noch einmal 20,7% der Absolventen einen Arbeitsplatz gefunden. Die restlichen 38% verteilen sich auf 10 weitere Branchenbereiche. Diese Orientierungstendenz wird noch stärker sichtbar, wenn man dieje- nigen Absolventen berücksichtigt, die nur eine teilzeitige, geringfügige Be-

Tab. 4: Verteilung aller Absolventen mit hauptberuflicher außerschulischer Erwerbstätigkeit auf Branchenbereiche Branchen Alle Erwerbstätigen mit außerschulischer Haupterwerbstätigkeit (N = 208) Erziehung und Bildung 18,2% Datenverarbeitung, IT 13,5% Gesundheits- und Sozialwesen 9,6% Banken, Versicherungen, Wohnungswesen, Rechts-, Steuer- 7,7% und Unternehmensberatung Papier, Presse, Verlag, Druck 6,7% Eisen- und Metallerzeugung, Maschinenbau, KFZ-Industrie 6,3% Sport, Unterhaltung, Freizeit 4,8% Landwirtschaft, Gartenbau, Handwerk, Messe- und 4,8% Veranstaltungsbau Groß- und Einzelhandel, Ernährung, Nahrung- und 4,3% Genussmittel Kunst, Theater, Museum, Rundfunk, Fernsehen 3,9% Chemische Industrie, Elektrotechnik, Textilindustrie 3,9% Werbung, Markt- und Meinungsforschung 3,4% Öffentliche Verwaltung, Parteien, Kirche, Verbände, 2,9% Organisationen Sonstige Dienstleistungen: Zeitarbeit, Personalentwicklung, 2,9% Personenschutz Telekommunikation, Postbank, Postdienste 2,4% Fremdenverkehr, Hotel- und Gaststättengewerbe 1,9% Sonstige 2,9% Gesamt 100% Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 425 schäftigung, einen kurzfristigen Job oder eine Aushilfstätigkeit ausüben (Tab. 5). In den drei Branchen „Erziehung und Bildung“, „Datenverarbeitung und IT“, „Gesundheits- und Sozialwesen“ arbeiten 66,8% dieser Absolventen, wo- bei die Branche „Erziehung und Bildung“ und darin der Sektor „Nachhilfe“ besonders stark vertreten ist. Gerade teilzeitig und geringfügig beschäftigte Lehramtsabsolventen sind überwiegend in den lehrerberufsnahen erzie- hungs-, bildungs- und sozialorientierten Beschäftigungsfeldern zu finden.

Tab. 5: Verteilung der Absolventen mit geringfügigen Erwerbstätigkeiten auf Hauptbranchen Hauptbranchen Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte (N = 99) Erziehung und Bildung 55,7% Gesundheits- und Sozialwesen 8,1% Datenverarbeitung, IT 3% Kunst, Theater, Museum, Rundfunk, Fernsehen 6,1% Groß- und Einzelhandel 6,1%

3.3.2 Berufliche Tätigkeiten der Lehramtsabsolventen

Die Tätigkeiten der Absolventen, die außerhalb des Schulwesens hauptberuf- lich tätig sind, sind breit gestreut.7 Sie liegen teilweise quer zu den einzelnen Branchen, d.h. zwischen bestimmten traditionellen Branchenprofilen und konkreten Arten der Erwerbstätigkeit lassen sich oft keine eindeutigen 1:1 Zuordnungen vornehmen. Deshalb können die beruflichen Tätigkeiten der Absolventen nur bedingt auf die Tabelle 4 bezogen werden. Es zeigt sich, dass viele der hauptberuflich außerhalb des Schuldienstes arbeitenden Absolventen Tätigkeiten ausüben, für die sie eher überqualifi- ziert sind. Für Tätigkeiten wie die einer Sekretärin, einer kaufmännischen Angestellten, einer Erzieherin, einer Postzustellerin, einer Floristin, eines Kranken- und Altenpflegers, einer Verkäuferin u.a. ist ein abgeschlossenes Hochschulstudiumkeine formaleVoraussetzung. Dies deckt sich imWesent- lichen auch mit der Selbsteinschätzung der Absolventen: 38,7% der haupt-

7 Wenn in der jeweiligen Berufsgruppe Frauen vertreten sind, werden in der Tabelle die weiblichen Berufsbezeichnungen aufgeführt. Die Formulierungen der Tätigkeiten entspre- chen den Originalangaben der Absolventen. 426 Allgemeiner Teil

Tab. 6: Berufliche Tätigkeiten aller Absolventen mit hauptberuflicher außerschulischer Erwerbstätigkeit Berufliche Tätigkeiten (in Berufsgruppen zusammengefasst) in % Unterrichtende und lehrende Tätigkeiten 15,4 Dozentin, Schulungsleiterin, Trainerin, LRS-Lehrerin, Sportlehrerin, Musiklehrer u.a. Erwerbstätigkeiten im Bereich IT 10,1 Netzwerkadministrator, Softwareentwickler, Programmierer, SAP-Consultant u.a. Soziale Tätigkeiten 10,1 Pädagogische Betreuerin, Erzieherin, Sozialpädagogin, Jugendreferentin, Mitarbeiterin im Jugendhaus u.a. Gesundheitsdienstberufe und pflegerische Tätigkeiten 4,3 Krankenschwester, Altenpfleger, Rettungsassistent, Musik-Therapeutin u.a. Kaufmännische Tätigkeiten 24,0 Sekretärin, Sachbearbeiterin, Bürokraft, Bankkauffrau, Versicherungskauffrau, Kaufmännische Angestellte u.a. Tätigkeiten im Bereich Einkauf, Verkauf 5,3 Warenkauffrau, Verkäuferin, Groß- und Einzelhandelskauffrau, Pharmareferentin, Vertreterin eines Schulbuchverlags u.a. Publizistische Tätigkeiten 5,8 Redakteurin, Autor, Redaktionsassistentin, Redaktionsleiterin, Werbetexterin, Be- raterin bei Schulbuchverlag u.a. Tätigkeiten im Bereich Personalführung und Unternehmensberatung 5,8 Personaldisponentin, Personalreferentin, Personalentwickler, Unternehmens- berater u.a. Tätigkeiten im Bereich Landwirtschaft, Gartenbau und gewerbliche Tätigkeiten 5,3 Landwirtin, Floristin, Maler- und Lackierermeister, Schreiner, Maurer, Gebäude- systemtechniker u.a. Tätigkeiten im Bereich Marketing, Vertrieb 4,3 Vertriebsmitarbeiter, Vertriebsassistent, Projektleiter u.a. Tätigkeiten im Bereich Kundenbetreuung 2,4 Leitender Angestellter, Kontakter, Kundenservice, Kundenberaterin u.a. Künstlerische und kulturelle Tätigkeiten 2,4 Grafikerin, Projektmanager in einer Eventagentur Postdienstleistungen, Wachdienstberufe 2,8 Postzustellerin, Wachmann u.a. Technische und wissenschaftliche Tätigkeiten 1,9 Ingenieur, Technischer Zeichner, Wissenschaftliche Angestellte Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 427 beruflich außerhalb des Schuldienstes tätigen Absolventen halten sich hin- sichtlich ihrer derzeitigen Beschäftigung für eher überqualifiziert, 48,2% der Absolventen beurteilen ihre berufliche Position als ausbildungsadäquat, 13,1% halten sich in Bezug auf ihr gegenwärtiges Tätigkeitsprofil für eher un- terqualifiziert.8 Eine Signifikanzprüfung ergibt geschlechtsspezifische Unter- schiede in der Einschätzung der beruflichen Adäquanz: Männliche Absolven- ten betrachten ihre berufliche Position häufiger als ausbildungsangemessen und schätzen sich selbst seltener als überqualifiziert für die Position ein, wäh- rend die entsprechenden Werte für die weiblichen Absolventen in die umge- kehrte Richtung weisen. Der Unterschied ist auf dem5%-Niveau signifikant. 9 Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die aufgelisteten beruflichen Tätigkeiten in Tabelle 6: Es sind in erster Linie weibliche Absolventen, die Tätigkeiten mit niedrigeren formalen Voraussetzungen ausüben. Zusammenfassend lässt sich bilanzieren, dass lediglich ca. 24,4% der Lehr- amtsabsolventen, die keine Stelle als Lehrerin oder Lehrer an einer allgemein- bildenden Schule haben, außerschulisch hauptberuflich tätig sind und ihre berufliche Position als ausbildungsadäquat beurteilen.

3.4 Auf welchen Wegen kamen die Lehramtsabsolventen zu ihrer Stelle?

Von den hauptberuflich tätigen Absolventen außerhalb des staatlichen Schul- dienstes kamen 26,6% über Stellenangebote in Zeitungen zu ihrem Arbeits- platz, weitere 6,3% bewarben sich erfolgreich auf Stellenausschreibungen im Internet und auf Online-Angebote des Stelleninformationssystems des Ar- beitsamts. Für 19,8% führten berufspraktische Erfahrungen im Rahmen einer Aushilfstätigkeit, einer Honorartätigkeit, eines Praktikums oder einer sons- tigen Erwerbstätigkeit zu ihremaußerschulischen Arbeitsplatz. Für nahezu die Hälfte dieser Absolventen erwies sich dabei ein studentischer Job als Sprungbrett zumaußerschulischen Berufseinstieg. Weitere 2,1% der nicht- eingestellten Lehramtsabsolventen kamen über berufspraktische Erfahrungen als Angestellte einer Zeitarbeitsfirma zu ihrem außerschulischen Arbeitsplatz. 18,8% nutzten Kontakte zu Freunden, Bekannten oder anderen Personen, umeinen Arbeitsplatz zu erhalten. 13% der Absolventen hatten Erfolg mit einer Initiativbewerbung, 5,7% schufen sich ihre Stelle durch eigene Findig- keit oder machten sich selbstständig, 4,1% gelangten durch die Vermittlung

8 Heinemann/Dietrich/Schubert (1990, S. 47) ermittelten für ihre Studie, dass ca. 13% der befragten Lehramtsabsolventen Tätigkeiten ausüben, für die keine universitätsvermittelte Qualifikation notwendig ist. 9 prob < 0,0025 428 Allgemeiner Teil

Prozent 35 30 25 20 32,9 15 21,9 10 18,8 13 5 5,7 4,1 3 0

Kontakte

Erfahrungen werbungen sonstige Wege Berufspraktische Initiativ-, Blindbe- Arbeitsplatzes StellenangeboteZeitung, Internet in Arbeitsvermittlung Schaffung des eigenen

Abb. 3: Antworten auf die Frage: „Auf welchem Weg sind Sie zu Ihrer derzeitigen Stelle außerhalb des Schuldienstes gekommen?“ des Arbeitsamts und privater Vermittler zu ihrer Stelle, 3,1% durch das Ab- solvieren von Umschulungs- bzw. Weiterqualifizierungsmaßnahmen und ei- ne Absolventin erhielt ihren Arbeitsplatz durch ihre Heirat. Diese Ergebnisse unterstreichen damit nachdrücklich, wie wichtig berufs- praktische Erfahrungen in Formvon Jobs, Aushilfstätigkeiten oder Praktika für die Arbeitsplatzfindung sind. Jeder fünfte nicht in den Schuldienst einge- stellte Absolvent kamüber diesen Weg zu seinemderzeitigen Arbeitsplatz. Berücksichtigt man zusätzlich, dass 18,8% der Absolventen über die verschie- densten Kontakte zu ihremJob kamen,so wird deutlich, dass neben Flexibili- tät und Mobilität vor allemOffenheit und Kontaktfreudigkeit wichtige Per- sönlichkeitseigenschaften sind, die den Weg zu einemaußerschulischen Ar- beitsplatz ebnen können. Ein Vergleich mit den Ergebnissen älterer Studien zeigt auch, dass die Be- deutung der Arbeitsvermittlung im Rahmen eines persönlichen Kontakts zwischen Berater und Absolvent abgenommen und dafür berufspraktische Erfahrungen für einen gelingenden Berufseinstieg deutlich an Gewicht ge- wonnen haben. In diesem Zusammenhang ist an den Modellversuch der deutschen Wirtschaft in den 80er-Jahren zu erinnern (vgl. Weiss/Falk 1985). Im Rahmen dieses einjährigen Projekts sammelten 35 Lehrerinnen und Leh- rer berufspraktische Erfahrungen in verschiedenen Firmen. Durch dieses Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 429

Training-on-the-job erhielten 28 der 35 Absolventen nach Beendigung des Versuchs einen Arbeitsplatz (ebd., S. XXVI ff.).10

3.5 Die Bindung an den Lehrerberuf

ImZeichen des sich ankündigenden Lehrermangelsinteressiert besonders die Frage, wie viele der bisher nicht in den staatlichen Schuldienst eingestellten Absolventen für eine Einstellung in den staatlichen Schuldienst noch zur Ver- fügung stehen. Von den 377 Lehramtsabsolventen ohne feste Stelle im staatlichen Schul- dienst würden ca. 22,4% ein kurzfristiges Einstellungsangebot annehmen, weitere 34,3% nur unter bestimmten Bedingungen wie Wohnortnähe, der Vereinbarkeit mit der Familie und einem Lehrauftrag an einer Grundschule. 16,1% der Absolventen wissen nicht, wie sie in einer solchen Situation reagie- ren würden; 11,1% der Absolventen würden dagegen ein solches Einstel- lungsangebot rundweg ablehnen. Die übrigen 16,4% haben den Vorberei- tungsdienst noch nicht begonnen oder haben ihn abgebrochen bzw. unter- brochen und stehen deshalb für ein kurzfristiges Einstellungsangebot nicht zur Verfügung. Von diesen Absolventen ohne zweitemStaatsexamenbeab- sichtigen nur noch 7,4% den Vorbereitungsdienst abzuschließen, dagegen ge- ben 63,8% dieser Gruppe an, den Vorbereitungsdienst nicht mehr aufneh- men zu wollen; diese Absolventen haben offenbar mit ihrem ursprünglichen Berufswunsch abgeschlossen. 28,7% der Befragten waren sich nicht sicher, ob sie den zweiten Ausbildungsabschnitt noch absolvieren werden. Unter den Lehreranwärterinnen und -anwärtern ist die Identifikation mit demBeruf der Lehrerin bzw. des Lehrers erwartungsgemäßbesonders hoch. Bei den Absolventen, die nach Jahren des Wartens noch die besonderen An- strengungen und Belastungen eines Referendariats auf sich nehmen, kann ei- ne besonders starke Motivation für den Lehrerberuf vermutet werden. 90,7%

10 Allerdings sind diese Ergebnisse nicht repräsentativ. Auf 78 Plätze bewarben sich ins- gesamt 647 Lehrerinnen und Lehrer. Wie die Befunde der Studie zeigen, verfügten die ausgewählten Lehrerinnen und Lehrer über besondere Zusatzqualifikationen und zeigten eine ausgeprägte Affinität zu Tätigkeiten in der Wirtschaft (vgl. Weiß/Falk 1985, S. 178ff.). Zudemwaren bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber die Fächerkom- bination und der persönliche Eindruck entscheidend. Gymnasiallehrerinnen und -lehrer mit mathematischen, naturwissenschaftlichen, bedingt auch mit fremdsprachlichen Kenntnissen hatten deutlich bessere Chancen auf eine Stelle als Grundschullehrerinnen und -lehrer. Zusätzlich von Bedeutung waren für die Betriebe die Bereitschaft zur regio- nalen Mobilität, Aufgeschlossenheit, Engagement, Kontaktfreude und ein ernsthaftes In- teresse an der betrieblichen Funktion (ebd., S. 120ff.). 430 Allgemeiner Teil der befragten Referendare geben auch an, sich sofort nach Abschluss des Re- ferendariats umeine Stelle imstaatlichen Schuldienst bewerben zu wollen. Allerdings kann daraus nicht einfach abgeleitet werden, dass diese Absolven- ten dann auch tatsächlich jedes Einstellungsangebot akzeptieren werden. Mit einiger Vorsicht lässt sich somit bilanzieren, dass etwa nur jeder fünfte früher nicht eingestellte Absolvent jetzt relativ kurzfristig für eine Einstellung zur Verfügung stehen wird. Jeder dritte ‚Alt-Absolvent knüpft außerdemdie Annahme eines Einstellungsangebots an individuelle Bedingungen. Wie sich imEinzelnen die Bindung der Absolventen an ihren ursprünglich angestreb- ten Beruf nach dem 1. Staatsexamen mit fortschreitenden Warteschleifen ver- ändert, bedarf zusätzlicher Analysen und ist ein Schwerpunkt weiterer Erhe- bungen innerhalb des Längsschnittsdesigns unserer Untersuchung. In Verbindung mit dem oben dargestellten Ergebnis, wonach Lehramts- absolventen mit 2. Staatsexamen wesentlich häufiger auf den Lehrerberuf fo- kussieren als Absolventen, die das 2. Examen nicht abgelegt haben, lässt sich auch formulieren, dass das Absolvieren des Referendariats, trotz seiner be- sonderen Belastungen, offenbar die Berufsentscheidung ‚Lehrer unterstützt und die berufliche Identität festigt. Die NC-Beschränkung der Plätze imRe- ferendariat hatte somit nicht nur eine direkte Wirkung auf die Anzahl der für eine Einstellung zur Verfügung stehenden Junglehrer, sondern sie wirkt auch indirekt, indemsie die Bindung der nicht zumReferendariat zugelassenen Lehramtsabsolventen an ihren ursprünglich angestrebten Beruf zunehmend abschwächt. Aufgrund des restriktiven und selektiven Zugangs zumReferen- dariat sahen sich viele Absolventen gezwungen, ihre Berufsentscheidung zu überdenken und sich vomintendierten Lehrerberuf zu lösen. Diese Absolven- tengruppe steht heute für eine Einstellung praktisch nicht mehr zu Ver- fügung. Diejenigen Absolventen, die zumReferendariat zugelassen wurden und es auch absolvierten, können sich dagegen eher vorstellen, auch nach ei- nigen Jahren beruflicher Aktivitäten außerhalb des Schuldienstes wieder als Lehrerin bzw. Lehrer in den staatlichen Schuldienst einzusteigen.

3.6 Beschäftigungsstatus

Ein wichtiges Kriteriumzur Beurteilung der beruflichen Situation der Absol- venten ist der Beschäftigungsstatus. Von allen außerschulisch hauptberuflich tätigen Absolventen hatten 64% zumZeitpunkt der Erhebung einen unbe- fristeten und 18,3% einen befristeten Arbeitsvertrag. Die restlichen 17,7% ar- beiten auf der Basis von Honorar- oder Werkverträgen, in stundenweisen Be- schäftigungsverhältnissen, auf Provisionsbasis oder waren selbstständig. Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 431

Diese Ergebnisse deuten zunächst darauf hin, dass es viele Absolventen ge- schafft haben, beruflich Fuß zu fassen. Bezogen auf die Gesamtzahl der nicht eingestellten Absolventen, die keine hauptberufliche Stelle als Lehrerin oder Lehrer an einer allgemeinbildenden Schule haben, bedeutet dies jedoch, dass lediglich 35,2% auf der Basis eines unbefristeten Arbeitsvertrags einer haupt- beruflichen Erwerbstätigkeit nachgehen11, 10,1% auf der Basis eines befriste- ten Arbeitsvertrags, 9,8% auf Honorar-, Werkvertrags- oder sonstiger Basis. Dagegen können 44,8% derjenigen nicht-eingestellten Absolventen, die keine hauptberufliche Stelle als Lehrerin oder Lehrer haben, zumZeitpunkt der Be- fragung überhaupt noch keine Aufnahme einer hauptberuflichen Tätigkeit angeben. Damit ist für nahezu die Hälfte dieser Absolventen die Phase des Übergangs vomStudiumin den Beruf drei bis fünf Jahre nach dem1. Staats- examen immer noch nicht abgeschlossen.

4. Ausblick

Eine erste Auswertung ergibt ein heterogenes Bild der beruflichen Situation von Lehramtsabsolventen: Die beruflichen Wege dieser Gruppe von Hoch- schulabgängern sind drei bis fünf Jahre nach ihrem1. Staatsexamendurch ei- ne große Vielfalt meist unfreiwillig gewählter ‚alternativer beruflicher Situa- tionen und in der Regel niedriger qualifizierter Tätigkeiten gekennzeichnet. Auf den ersten Blick scheint Arbeitslosigkeit kein relevantes Thema für die Lehramtsabsolventen zu sein. Zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt man jedoch, wenn man den hohen Anteil an Absolventinnen mit berücksich- tigt, die sich in schwierigen Arbeitsmarktlagen auf traditionelle Rollenmuster zurückziehen und sich der Familienarbeit zuwenden. Die verbreitete Femini- sierung der Lehramtsstudiengänge führt damit unfreiwillig zu einer Entlas- tung des Arbeitsmarkts. Nur ein relativ kleiner Teil der Absolventen hat sich beruflich in anderen Bereichen konsolidieren können und scheint mit der erreichten Berufspositi- on zufrieden zu sein. Da sich der aktuell schon vorhandene Lehrerbedarf in den naturwissen- schaftlich-mathematischen, musischen und informationstechnischen Fä- chern der allgemeinbildenden Schulen und zusätzlich in den gewerblich- technischen Fächern der beruflichen Schulen mit Neuabsolventen der kom-

11 In älteren Studien liegt der Anteil der unbefristet beschäftigten Absolventen bei ungefähr 50% (vgl. Parmentier 1989, S. 70 u. S. 87; Heinemann/Dietrich/Schubert 1990, S. 34; Unseld u.a. 1989, S. 31). Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Zeitraumzwischen Ab- schluss des Lehramtsstudiums und Befragungszeitpunkt teilweise erheblich variiert. 432 Allgemeiner Teil menden Jahrgänge voraussichtlich nicht decken lässt, werden die Schulver- waltungen der einzelnen Länder verstärkt versuchen, Altbewerberinnen und -bewerber zur Rückkehr in den Schuldienst zu bewegen. Unsere Datenlage verweist darauf, dass sich relativ viele Absolventen mit 2. Staatsexamen – trotz einer hauptberuflichen außerschulischen Tätigkeit – einen Wiedereinstieg in den staatlichen Schuldienst vorstellen können, aller- dings nur unter bestimmten Bedingungen. So sind beispielweise nur wenige Absolventen bereit, für eine Stelle imSchuldienst ihren bisherigen Wohnort aufzugeben und umzuziehen. Da die Altbewerberinnen und -bewerber jedoch meist nicht über die ge- fragten Lehrbefähigungen verfügen, ist weiter damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren verstärkt Programme in Form verkürzter, kompakter Ausbil- dungs- und Weiterbildungsmaßnahmen aufgelegt werden, um gezielt Lehre- rinnen und Lehrer bzw. bisher nicht-eingestellte Absolventen für die beson- ders gesuchten Fächer nachzuqualifizieren (vgl. Lipowsky 2001, S. 42ff.). Da- neben werden wohl dezentrale und flexiblere Einstellungsverfahren notwen- dig werden, umden schulischen Lehrerbedarf vor Ort effektiver mitden re- gional beschränkten Einsatzwünschen der Absolventen abzugleichen. Sollten darüber hinaus die Kultusbehörden jedoch wieder zu früheren ‚Problemlö- sungsstrategien übergehen und ‚Hilfslehrerprogramme ins Leben rufen, über die weniger qualifizierte und pädagogisch motivierte Absolventen einge- stellt werden12, dann dürfte sich dies auf die Qualität des Bildungswesens und die Durchführung anstehender Reformen eher negativ auswirken. Die aktuellen Werbekampagnen der Kultusbehörden für die Aufnahme ei- nes Lehramtsstudiums sind dagegen eher langfristig wirksam. Denn diejeni- gen Schulabgänger, die sich jetzt für die Aufnahme eines Lehramtsstudiums entscheiden, werden sich bei normaler Studien- und Referendariatsdauer frü- hestens ab demJahre 2007 umeine Einstellung in den Schuldienst bewerben können. Sollten die Werbemaßnahmen der Bundesländer Erfolg haben und sich aufgrund der momentan günstigen Berufsperspektive wieder mehr Ab- solventen für ein Lehramtsstudium entscheiden, so wird sich auch die Bewer- berzahl entsprechend erhöhen, wobei ein erneuter Überhang an Lehramts- absolventen nicht auszuschließen ist. Ob die Einstellungschancen bis zum Ende der Dekade günstig bleiben, hängt imWesentlichen also auch vomrela- tiven Wirkungsgrad der Werbekampagnen bei den kommenden Schulabgän- gerkohorten ab.

12 Einige Bundesländer sind bereits dazu übergegangen, Lehramtsabsolventen ohne 2. Staatsexamen oder Universitätsabsolventen ohne pädagogische Ausbildung einzustellen. Henecka/Lipowsky: Quo vadis magister? 433

Ferner sind die Einstellungschancen immer auch gebunden an die fiskali- sche Situation in den einzelnen Bundesländern, wobei sich jedoch imzeitli- chen Kontext anstehender Wahlen häufig überraschende Veränderungen er- geben können. Hinzu kommt, dass die Berufsaussichten für die einzelnen Lehrämter auch in Zukunft erheblich differieren werden. Voraussichtlich wird es für den Primarbereich, auch bedingt durch sinkende Schülerzahlen, weiterhin ein leichtes Überangebot an Absolventen geben. Für den gymnasia- len Bereich ist, abgesehen von den Mangelfächern, sogar ein starkes Über- angebot an Junglehrerinnen und -lehrern zu erwarten. Demgegenüber wird sich der Lehrermangel besonders in den beruflichen Schulen und in der Se- kundarstufe I zeigen. Nach verschiedenen Modellrechnungen werden bis zumEnde dieses Jahr- zehnts voraussichtlich jede zweite Lehrerin bzw. Lehrer wegen Altersgründen aus demSchuldienst ausscheiden und imgünstigsten Fall durch eine junge Kollegin bzw. einen jungen Kollegen ersetzt. Die sich dadurch abzeichnende starke Verjüngung der Kollegien und günstige Einstellungsperspektiven sind zwar einerseits zu begrüßen, andererseits bedeutet dies aber auch, dass sich dann ähnlich wie in den 70er-Jahren eine altersmäßig wieder zunehmend ho- mogene Lehrerschaft im Schuldienst befindet. Sollte sich deshalb an dieser ‚zyklischen Einstellungspraxis der einzelnen Bundesländer nichts Grund- legendes ändern, werden sich die Einstellungskorridore bis zur nächsten Pen- sionierungswelle erneut nach den bekannten Mustern verengen. Nach der zu erwartenden Phase des Lehrermangels bzw. der Unterversorgung wäre dann die nächste Phase der Sättigung bereits abzusehen.

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Abstract: The Heidelberg research project „Paths Into the Profession“ studies the vocational careers of Baden-Württemberg students of the teaching profession who passed their first state exam for teachers for primary and lower secondary schools between 1995 and 1997. First re- sults show that about half of all graduates have not yet obtained a permanent position as pu- blic school teachers. The study focusses on just this group of graduates with often highly indi- vidual vocational reorientations, but also with sometimes open, sometimes hidden forms of teacher unemployment and the related strategies of coping with this situation.

Anschrift der Autoren: Prof. Dr. Hans Peter Henecka/Dipl.-Päd. Frank Lipowsky, Pädagogische Hochschule Heidelberg, Abteilung Soziologie, Keplerstraße 87, 69120 Heidelberg. Besprechungen 435

Besprechungen

HØl›ne Leenders: Der Fall Montessori. korrumpierenden politischen Macht Die Geschichte einer reformpädagogi- und Ideologie. Es ist kein schmeichel- schen Erziehungskonzeption imitalie- haftes Bild der dottoressa, das dabei ent- nischen Faschismus. (Aus dem Nieder- steht, sondern sehr deutlich ein Szena- ländischen von Petra Korte.) Bad Heil- rio der Anbiederung, des Opportunis- brunn: Klinkhardt 2001. 276 S., a 18,40. mus, der leichtfertig-willigen Kooperati- on mit dem Faschismus im allgemeinen Am6. Mai 2002 jährte sich der Todestag und sogar mit Mussolini persönlich, das Maria Montessoris zum50. Mal, und Leenders zeichnet. Die Autorin warnt die nicht endende Beschäftigung mit dennoch davor, einfach zu verurteilen demWerk der italienischen Reformpäd- oder auch nur rasche Parallelen etwa agogin zeigt an, dass ihre Wirkung un- zumVerhalten Peter Petersens und der gebrochen ist. Die hier zu besprechende Situation der deutschen Reformpädago- Utrechter Dissertation von HØl›ne gik imNationalsozialismuszu ziehen. Leenders könnte freilich dafür sorgen, Schon wegen solcher reflektierter Ab- dass die Gemeinde der Verehrer und grenzungen und Unterscheidungen Freunde den Jahrestag nicht nur zufrie- lohnt die Lektüre dieses Buchs (das Pe- den und stolz begeht; denn der belieb- tra Korte in ein lesbares Deutsch über- ten „Mythenbildung“ wird hier ent- setzt hat; nur was die „Sozialistisierung schieden entgegengearbeitet. Wie andere der Erziehung“ [sic, S. 82] bedeutet, das Reformpädagogen vor ihr wird nämlich ist mir verborgen geblieben). Montessori mit diesem Buch durch die Zunächst ist es selbstverständlich ein bildungshistorische Forschung nicht Buch über Montessori und ihre Pädago- nur in den theoretischen, philosophi- gik imitalienischen Faschismus,keine schen und pädagogischen Zusammen- vergleichende Studie. Imersten Kapitel hang ihrer Zeit eingeordnet (auch hier wird, quasi systematisch und einleitend, durch die jüngere Forschung z.T. in „Die Montessori-Pädagogik“ vorgestellt, neuer Interpretation; vgl. die Rezension konzentriert vor allemauf den Kern der zumBuch von C. Hofer in diesem kontinuierenden Ideen, das „harmo- Heft), sondern auch in den politisch-ge- nische Ideal von ,Normalität und ,Ge- sellschaftlichen Kontext zurückgeholt, sundheit“; die Autorin zeigt zugleich demdiese Pädagogik entstammtund auch die frühe „Wertschätzung empiri- ihre Anerkennung verdankt. In Deutsch- scher Forschung“, bezieht sich also auf land gibt es seit langemdiese kritische nicht ganz neue Befunde. Diese Rücker- Debatte, übergreifend oder für einzelne innerung an das Bekannte verbindet sie prominente Reformpädagogen, aktuell zugleich aber, textkritisch und textver- mit den deutlichsten Zeichen einer gleichend in der Methode, material be- Kontroverse amBeispiel Peter Petersens. zogen auf „Veränderungen imWort- Leenders wirft jetzt auch für Mon- gebrauch, Auslassungen und Neuformu- tessori die Fragen nach Distanz und Nä- lierungen in der dritten Auflage von he zumFaschismusauf und untersucht Montessoris ,Metodo“ von 1926 (S. Kooperation und Konkurrenz mit einer 47ff.), mit distanzierten Analysen, und

Z.f.Päd., 48. Jg. 2002, Nr. 3 436 Besprechungen die führen schon zumThema.Leenders Mit demzweiten Kapitel (S. 57ff.) kann belegen, dass Montessori ihre setzt die historische Kontextualisierung Theorie trotz der Kontinuität des Me- imDetail ein, orientiert an Montessoris thodenkonzepts als des Zentrums ihrer Aktivitäten „imItalien der zwanziger eigenen Erfindungen durchaus ver- Jahre“, mit einem knappen Blick auf die ändert, und zwar an zentralen Stellen: davor liegende Aktivität. Leenders stützt Sie tilgt 1926 z.B. die frühere Nähe zur sich hier, wie auch imweiteren Fortgang positivistisch-empirischen Theorie und ihrer Arbeit, nicht allein auf eine präzise Methode in der Betrachtung des Kindes, Interpretation des gedruckten Materials, verdeckt ihre Anregungen durch die na- sondern wertet auch bisher weitgehend turalistische Anthropologie der Jahr- unberücksichtigte Primär-Quellen in hundertwende, minimiert die Rolle von großer Breite aus, und zwar aus italie- WilliamJamesoder Jean Itard für ihre nischen staatlichen Archiven sowie aus Theorie und sucht aktiv die Nähe zu ka- den Beständen des Vatikan, auch aus tholischen und idealistischen Denkfigu- demNachlass Gentiles und aus lokalen ren. Parallel zu dieser Distanzierung ge- Archiven, z.B. in Romoder in Amster- genüber alten Gewährsmännern und dam, wo Mario Montessori, der Sohn, demAnspruch einer stark verwissen- ja später lebte. Leenders zeichnet auf schaftlichten Pädagogik beginnt sie in- dieser Grundlage ein dichtes Bild von tensiver mit der Stilisierung der „Ent- Montessoris Kontakten und Aktivitäten deckung des (erhabenen Wesens des) in Italien, sie demonstriert überzeugend, Kindes“ und der gleichlautenden Legiti- wie Montessori die „Protektion des fa- mation der „Methode“ ihrer pädagogi- schistischen Regimes“ (S. 70ff.) gewinnt, schen Arbeit. All das belegt, dass sie ja von Mussolini selbst, und wie „die theorie-„strategisch“ (S. 48) arbeitet, Montessori-Lobby“ bis zumBeginn der zugleich daran interessiert, ihre eigene 1930er-Jahre agiert. Durch diese Politik Theorie in den Referenzen zu moderni- und ihre Strategie der „Funktionalisie- sieren und politisch akzeptabel zu ma- rung bekannter Persönlichkeiten“ (S. chen, aber in der Sache als unverändert 66) – vomPapst bis zu Ministern und darzustellen, jedenfalls die Deutungs- Partei-Eliten – gewinnt sie große Aner- hoheit über ihre Konzepte zu behalten. kennung (und nebenher immer neu Auch das mag kein ganz neuer Befund auch finanzielle Stütze). Signifikant ist über ihre Theoriestrategie sein, aber er dabei, dass sie unmittelbar Kontakt zu öffnet den Weg zur Analyse ihres Ver- Mussolini selbst findet, nicht allein we- haltens imFaschismus,konkret nach gen kluger Verkaufsrhetorik in Bezug 1922 ihren Weg zu den einflussreichen auf ihre Theorie, sondern auch, weil sie bildungspolitischen Aktivitäten, die mit machtpolitisch und international nütz- Giovanni Gentiles Reformeröffnet wer- lich ist und sich mithin selbst funktio- den. Systematisch wird damit schon hier nalisiert. Montessori kann Mussolini nachgewiesen, dass Montessori kontinu- dafür gewinnen, den Ehren-Vorsitz in ierlich Optionen ihrer Theoriearbeit den opera Montessori zu übernehmen, wählt, mit denen sie universell rezipier- ihre Arbeit in der italienischen und in- bar wird, unabhängig von ideologisch- ternationalen Montessori-Bewegung politisch variierenden Kontexten. (AMI) aktiv zu stützen, für die Vor- Besprechungen 437 schulerziehung und die Grundschule chen. Auch als sie sich, nach 1933, aus die Schulreformin Italien in ihrem Italien zurückzieht, keineswegs von den Geiste zu organisieren und in der Scuola Faschisten vertrieben, wie die Montes- di Metodo selbst die Idee einer „Montes- sori-Gemeinde gern behauptet, eher sori-Universität“ umzusetzen. persönlich motiviert, weil sich die Nähe In Kap. 3 wird dann die weitere, zu den jetzt dominierenden faschisti- jetzt auch immanent kontrovers wer- schen Bildungspolitikern wenig glück- dende Rezeptionsgeschichte dargestellt, lich entwickelt, bleibt sie demSystem wie sie sich in einemProzess ereignet, selbst verbunden. Montessori arbeitet der insgesamt die „praktisch-didakti- jetzt international für die Verbreitung sche und ideologische Brauchbarkeit“ ihrer Methode, meist mit großem Erfolg weiter bestätigt (S. 111ff.): Die Gleich- und bei exorbitant hohen Honorarfor- zeitigkeit von Nähe und Distanz zur derungen (allein in den USA erlebt sie idealistischen Pädagogik von Lombardo eine sehr distanzierte Rezeption; vgl. Radice und zu der von Gentile inspirier- Brita Rang/HØl›ne Leenders: Die politi- ten Schulreform, die dabei geführten sche Karriere der Montessori-Pädagogik Debatten über den „kritischen“ und den in Italien, den Vereinigten Staaten und orthodoxen „Montessorianismus“ sind den Niederlanden imInterbellum.In: T. hier zentral. Sie dokumentieren immer Rülcker/J. Oelkers [Hrsg.]: Politische neu „die ideologische Verwendbarkeit Reformpädagogik. Bern/Berlin 1998, S. der Montessori-Pädagogik für das fa- 379–406). Von 1933 bis 1936 verlässt sie schistische Regime um 1925/26“ und aber mit ihrem Sohn Italien, ohne dass danach, auch für die konkreten Ziele die Verbindung zu Mussolini damit ab- der faschistischen Pädagogik in der bricht. Ihr Briefwechsel zeigt vielmehr Konstruktion der italianit und der Er- weiterhin die Suche nach Nähe und An- ziehung des „neuen Italieners“ als The- erkennung durch den Duce, politisch ma der faschistischen Staatspädagogik, und für die Montessori-Bewegung. eingeordnet in den Duce-Kult und ge- Noch imFrühjahr 1934 hält sie auf dem stützt auf die Prämissen von Arbeit, Montessori-Kongress in Romeine Rede, Disziplin (usw.), die diese staatliche Pä- die allein als ein Lobgesang auf die Poli- dagogik mit Montessori gemeinsam hat. tik Mussolinis angemessen interpretiert Die Differenzen, die gleichzeitig zwi- ist. „Ihre nicht endende Hoffnung auf schen idealistischen und faschistischen Mussolini“ (S. 221) bleibt also erhalten. Denkfiguren bestehen bleiben (S. Was sind die zentralen, konstanten 142ff.), werden dabei ebenso subtil he- oder wechselnden, Motive für dieses rausgearbeitet wie die aktiv gesuchte Verhalten? Liegen sie in der Theorie Nähe zumFaschismus. und in der Pädagogik Montessoris, die In den 30er-Jahren, Thema von Kap. damit im Kern „faschistisch“ wäre, oder 4 (S. 175ff.), konzentrieren sich die Ak- mehr in der Person? Leenders diskutiert tivitäten auf die „Verbreitung der Mon- diese Frage umsichtig, reflektiert und tessori-Pädagogik“ in der Phase der besonnen, und sie findet, zumGlück, schon machtvollen faschistischen Poli- keine einfache Antwort. Ihre zentrale tik. Montessori sucht immer neu den These – bezogen auf die Theorie – lau- Nutzen ihrer Pädagogik sichtbar zu ma- tet, dass die Konzentration auf die „Me- 438 Besprechungen thode“ die Theorie immanent schwächt, schen Formationen wirklich nachgewie- so dass sie „aus theorie-immanenten sen ist. Das Thema Reformpädagogik Gründen … nicht widerstandsfähig ge- imKontext von Faschismusund Natio- gen ihren Missbrauch in einer faschisti- nalsozialismus wird uns also weiter be- schen Staatspädagogik“ wurde (S. 173). schäftigen, hoffentlich immer neu ge- Mir scheint dabei das von Leenders an stützt auf ein so reichhaltiges und klug dieser Stelle prominent und ursächlich erschlossenes Material wie in der vorlie- erwähnte „Fehlen von jeglicher Anlei- genden Studie. tung zu Art und Inhalt des Lehrplans“ zwar wichtig, aber der Verweis auf den Prof. Dr. Heinz-Elmar Tenorth „formalen Charakter der Montessori- Humboldt-Universität, Pädagogik“ allein nicht hinreichend; Unter den Linden 6, 10099 Berlin denn die implizite Anthropologie dieser Theorie wird man ebenfalls nicht igno- rieren dürfen, wenn man die Nähe zur Christine Hofer: Die pädagogische faschistischen Ideologie zu erklären Anthropologie Maria Montessoris – oder: sucht. Gleichzeitig gibt es personenbe- Die Erziehung zumneuen Menschen. zogene Gründe für die Distanzlosigkeit (Erziehung – Schule – Gesellschaft, Bd. und den endemischen Opportunismus. 23.) Würzburg: Ergon 2001. 229 S., a Die Kontrolle über die Montessori-Be- 26,–. wegung zu erringen und die „Kontrolle über die Reinheit der Methode“ (S. 94) Mit ihrer imJahre 2000 abgeschlossenen zu sichern war ein zentrales und zu- Berner Dissertation legt Christine Hofer gleich konstantes Motiv der Ideologie- eine Studie vor, die sich in die seit eini- und Theoriepolitik; die Selbstdarstel- ger Zeit zu beobachtenden intensiven lung der Person und die Stilisierung der Bemühungen der Rekonstruktion und Methode zu einer von Beginn an genia- Kontextualisierung der Reformpädago- len, kindzentrierten, genuin pädagogi- gik und ihrer Ideen einfügt. Diese Be- schen und unverwechselbaren Erfin- mühungen, innerhalb der pädagogi- dung kamen hinzu. Gemeinsamkeiten schen Historiografie immer noch relativ mit Petersen sind dann unverkennbar, jung, aber bereits fruchtbar imErtrag, aber auch die Differenzen in der theo- gelten jetzt Maria Montessori und hier retischen Fundierung des eigenen prak- konkret der „Pädagogischen Anthro- tisch-pädagogischen Programms und, pologie“, d.h. der 1910 als ihr zweites vor allem, in den ideologischen und Buch veröffentlichten „Antropologia pe- Kontextreferenzen. Schließlich sollte dagogica“, zu der zwar eine englische man, wie in der Debatte über Petersen Übersetzung von 1913 existiert (aus der auch, diese Zuschreibungen politischer Ch. Hofer auch häufig zitiert), die aber Indienstnahme und Unterwerfung nicht bis heute nicht ins Deutsche übersetzt für hinreichend halten, solange nicht wurde und systematisch in der Montes- die pädagogische Praxis selbst mit un- sori-Diskussion hierzulande auch weit- tersucht worden ist und ihre scheinbar gehend ignoriert wird. unverändert mögliche Nutzung unter Hofer konzentriert sich auf dieses unterschiedlichen ideologisch-politi- Werk. Sie klärt – nach der problemori- Besprechungen 439 entierten Einleitung – die Stellung in Es sind, in ihrer Gesamtheit, also der Werkgeschichte (Kap. 2), erörtert Ideen einer teleologisch gedachten und das systematische Verständnis von Anth- technologisch kontrollierten Machbar- ropologie (Kap. 3) sowie die leitenden keit des Menschen, auch Annahmen der Begriffe aus Biologie und Evolutions- Eugenik, die hier als Quellen ihrer Anth- theorie (Kap. 4) und analysiert intensiv ropologie dargestellt und kritisch unter- die Quellen, aus denen Montessori bei sucht werden. Ein wichtiger Aspekt ist der Abfassung dieser Anthropologie ge- hierbei, dass das Biologische und die schöpft hat. Neben der Berücksichti- Annahmen über die Natur des Men- gung ihrer Beziehungen zur Evolutions- schen bei Montessori auch eine ethische theorie stehen dabei das Verhältnis zur Funktion erhalten; „die biologischen Sozial-Hygiene und vor allemzu der Gesetzmäßigkeiten“, so resümiert Hofer Fassung der „Sozialphysik“ (Physique zutreffend, „beinhalten laut Montessori sociale) oder Sozial-Mechanik imZent- ästhetische und moralische absolute rum der Aufmerksamkeit, sowohl in der Normen“ (S. 45). Hofer weist aber vor Diskussion der „Konzepte der physi- allemund sehr überzeugend nach, wie schen Anthropologie“ (Kap. 5) als auch prägend und folgenreich Quetelets Be- in der Analyse der Bedeutung, die der griff des „homme moyen“ die Grundlage Idee vom„mittlerenMenschen“ bei für das Normalisierungsdenken von Montessori systematisch zukommt Montessori bildet und den Gedanken (Kap. 6). Sie verweist also insgesamt auf der „Ordnung und Berechenbarkeit“ in die große Bedeutung von Ideen, die im ihrer Pädagogik stärkt. Legitimiert wird 19. Jahrhundert von demBelgier Adol- dieses sozial-moralische Pathos von ei- phe Quetelet entwickelt worden sind ner „kosmischen Theorie“ Montessoris, (nicht QuØtØlØt, wie fälschlicherweise im die den Menschen „als Krone der Vorwort von W. Böhmund J. Oelkers Schöpfung“ und als „Beherrscher der steht). Hofer berücksichtigt daneben in Erde“ konzipiert (Kap. 7). Konkret wird der Rekonstruktion der einflussreichen diese als Theorie auftretende Spekulati- Konzepte die Studien des Italieners Gia- on in einer theosophisch untermauerten cinto Viola und seine „Suche nach dem Weltanschauung legitimiert. Hofer ,uomo medio in natura“, die Versuche macht zugleich kritisch bewusst, dass anthropologischer Vermessung des dieser große Anspruch und das kos- Menschen in der italienischen Anthro- mische Ideal sich – bei Montessori – pologie des ausgehenden 19. Jahrhun- mit einer demokratischen Erziehungs- derts, u.a. bei Paul Broca, und die Über- praxis nicht verbinden und vertragen. tragung auf die Kriminalitätstheorie Aber das ist von Montessori auch weder und -politik bei Cesare Lombroso; in beabsichtigt noch als Makel empfunden Sergis Reflexionen über „die Schule als worden, denn sie kannte in ihremFrei- Laboratorium“ – eine der ebenfalls we- heitsverständnis, so Hofer, den Mündig- nig beachteten Quellen von Montessoris keitsbegriff weder politisch noch anth- Pädagogik – findet sie nicht nur eine ropologisch (S. 139). Das zentrale Motiv scharfe Fröbel-Kritik, sondern auch ihrer pädagogischen Anthropologie war zentrierende Gedanken der Organisati- vielmehr die Verhütung und Eliminie- on ihrer pädagogischen Arbeit. rung schlechter, für die normale Ent- 440 Besprechungen wicklung störender Faktoren; und das unhaltbar eine solche Einseitigkeit eines ist auch ihre (negative) Definition der ideengeschichtlichen Zugangs ist. Sozial-Hygiene als „Hygiene der Der Untersuchungsmethode Hofers Menschheit“. Erziehung wird dabei als entgeht bereits der Befund, dass theo- „technologisches Allmachtsinstrument“ retisch durchaus analog konstruierte konzipiert (S. 215) und „die Schule im und begründete Theorien selbst der Hy- Prinzip zur sterilen Klinik, in der alles gienisierung, der Sozialkontrolle und in einer künstlich kontrollierten, von der Schulreformzu völlig anderen Re- krankmachenden Einflüssen bereinigten sultaten in der Praxis der Erziehung Umgebung abläuft“ (S. 215). Mit die- und des Unterrichts geführt haben. Stu- semFazit präsentiert Hofer tatsächlich dien zu Ovide Decroly (mit dessen Er- eine entmythologisierende Sicht, an- wähnung in diesemBuch eigentlich zu schlussfähig an die neuere Montessori- rechnen gewesen wäre) hätten vor fal- Literatur in den Niederlanden (vgl. die schen Schlüssen bewahrt; denn dieser Rezension des Buchs von Leenders in Zeitgenosse (und Rivale) Montessoris diesem Heft) und kompromisslos kri- ging, ebenfalls als Arzt ausgebildet, tisch gegenüber der unkritischen Hagio- nicht nur von den gleichen Prämissen graphie, die in der Historiographie ihrer aus, er gehörte auch einem– freilich li- überzeugten Anhänger dominiert. beralen – Milieu an, in demQuetelets Bei aller Anerkennung – Hofers ei- Sozialstatistik ebenfalls Aufsehen erregte gene Analyse ist gegen Kritik nicht im- und Anerkennung fand. Aber seine kon- mun: Ihre Verankerung in der interna- kreten pädagogischen Konzepte und tionalen Literatur ist eher selektiv als anthropologischen Schlussfolgerungen insgesamt hinreichend. So werden die beweisen nicht nur, dass man andere Arbeiten von HØl›ne Leenders, umbeim praktische und politische Konsequenzen niederländischen Beispiel zu bleiben, aus diesen Theorien ziehen kann, son- wohl erwähnt, aber nicht material integ- dern auch, dass es der Reformpädagogik riert. Auch die Erklärung für das Spezi- nicht so sehr umdie Entwicklung einer fische der pädagogischen Anthropologie authentischen Theorie, sondern umEr- Montessoris ist in der Konzentration oberung oder Aufrechterhaltung der auf den theoriegeschichtlichen Kontext, „Macht“ ging, sowohl in den fort- zudemin einemdurchaus engen Sinne, schrittsfreundlichen als auch in den nicht alternativenlos. Hofer analysiert fortschrittsfeindlichen Schichten der also rein wissenschaftsimmanent, auch Schulpraxis. Es ist also nicht so sehr ohne Blick auf die besondere biogra- Theorie-, sondern machtbewusste Re- fische Perspektive dieser Theorie. Lässt formpolitik, auf die man stößt, wenn man noch die theoretisch-methodologi- man diese Texte analysiert. Wie Leen- sche Frage außer Acht, ob man an den ders ausführlich dargestellt hat, sah sich historischen Kontext einer pädagogi- Montessori in diesen Auseinanderset- schen Theorie vomZuschnitt der Päd- zungen als triumphierende Königin, die agogik Montessoris nur ideenhistorisch keinen anderen Reformpädagogen ne- herangehen kann oder darf, die Ge- ben sich duldete. Die machtbewusste schichte der Reformpädagogik beweist und gegenüber anderen Pädagogen ver- meiner Meinung nach hinreichend, wie einnahmende Art und Weise, mit der Besprechungen 441 sie z.B. das Monopol über das pädago- tungen aus demEigendiskurs Montes- gisch-didaktische Material zu erreichen soris und ihrer Anhänger ohne Zögern versuchte, beweist das hinreichend. übernommen werden. Kritische histori- Vielleicht hätte dieses Dominanzstreben sche Forschung könnte aber die Geltung auch als Perspektive zur Analyse der päd- und Authentizität zahlreicher Ansprü- agogischen Anthropologie zumThema che durchaus in Frage stellen, z.B. die gemacht werden können. These, dass Montessoris „sensualistisch- Die pädagogische Legitimation des positivistische“ Theorie nahezu als di- Normalisierungsbegriffs, ein weiteres rekte Fortsetzung der Ideen von J. Itard Thema bei Hofer, umfasst ebenfalls und E. SØguin (S. 32) begriffen werden Aspekte, die nicht allein theorieimma- kann. Erforscht werden müsste in die- nent, sondern z.B. über eine diskursive semKontext z.B., umeine aus deutsch- Analyse imSinne Foucaults untersucht schweizerischer Sicht vielleicht entlege- werden könnten. Daraus hätten sich ne Hypothese zu nennen, inwieweit die dann auch Berührungspunkte zur an- belgischen Pädagogen und insbesondere gelsächsischen Literatur ergeben kön- die Genter Broeders van Liefde (Brüder nen, die sich mit den Nachwirkungen der Caritas), deren orthopädagogische der sogenannten „progressive education“ Einrichtungen Montessori intensiv be- auseinandersetzt, die als komplementäre sucht und studiert hat, eine wichtige Bewegung zur europäischen, z.T. stark Vermittlerrolle zur Geschichte der Itard/ deutsch inspirierten Reformpädagogik Seguinschen Pädagogik gespielt haben. ein wichtiger Vergleichspunkt wäre. In Aber es mag sein, dass Montessori das der angloamerikanischen Forschung, in ihren Arbeiten zu erwähnen bewusst u.a. bei TomPopkewitz, wird die Ana- vergessen hat, umihre eigenen Ver- lyse der Statistik (das zentrale Thema dienste besonders hervorzuheben. Quetelets) z.B. als Fabrikation anthro- Fragen dieser Art sind auch nach pologischer Kategorien zur Kontrolle Hofers Arbeit unbeantwortet. Sie infor- und Disziplinierung der Menschheit miert gelegentlich zudem noch weniger, aufgefasst; in Kevin Brehonys Interpre- als sie könnte, z.B. in der Chronologie tation finden die Theosophie (und der Texte und Ereignisse, die demLeser Montessoris Beziehung zu Blavatsky, die nicht immer so vor Augen stehen wie von Hofer nur sehr knapp erwähnt der Autorin. Aber obschon Hofer erwie- wird) und die fröbelianischen Grund- senermaßen Italienisch liest, auch viele prinzipien, denen Montessori wegen der Montessori-Quellen in der deutschen Casa dei Bambini ebenfalls verpflichtet oder englischen Übersetzung oder einer war, auch eher eine angemessene und bearbeiteten Neuauflage gelesen hat und kritische Berücksichtigung. entsprechend zitiert, arbeitet sie bei- Es mag schließlich eine Folge der spielsweise, ohne immer das Erschei- Nichtbeachtung der biografischen Per- nungsjahr der Texte präzise zu nennen. spektive und eine Folge der vollständi- Trotz der chronologischen Tabelle (S. gen Enthaltsamkeit gegenüber echter 27f.) erschwert es diese Zitierweise dem Archivforschung sein, dass trotz der un- bildungshistorisch interessierten For- bestreitbaren Entmythologisierung des scher, bestimmte Auffassungen eindeu- Montessori-Bildes bestimmte Behaup- tig in die diachronische Perspektive zu 442 Besprechungen

übersetzen. Aber trotz solcher Einwän- „eher“ amerikanisch, d.h. „Feminismus“ de: Christine Hofer hat einen wichtigen steht bei ihr für die gesamte Geschichte Schritt zu einer angemessenen Berück- der Frauenbewegung (S. 10). Sie be- sichtigung der pädagogischen Anthro- hauptet damit vor allem deren Kon- pologie Montessoris bei der systemati- tinuität und benutzt Feminismus nicht schen und genetischen Interpretation in qualitativemSinn, imSinne einer ihrer Theorie und Praxis getan. Abgrenzung der zeitgenössischen von der alten Frauenbewegung, wie es im Prof. Dr. Marc Depaepe Deutschen gebräuchlich ist. Dass es da- KU Leuven, mit eigene Schwierigkeiten hat, zeigt Vesaliusstraat 2, B-3000 Leuven sich später an den Stellen, an denen Al- len qualitative Unterscheidungen wie „spezifisch feministisch“ (S. 245) oder Ann Taylor Allen: Feminismus und Müt- „wahrhaft“ feministisch (S. 326) ein- terlichkeit in Deutschland, 1800–1914. führt, die dann als inkonsequenter (Frauen- und Geschlechterforschung in Rückgriff auf den deutschen Sprach- der Historischen Pädagogik, Bd. 4.) gebrauch erscheinen. Doch zunächst, Weinheim: Deutscher Studien Verlag vor den Details, ein Blick auf das Buch 2000. 356 S., a 34,–. als Ganzes. Es behandelt die Entwicklung der Ann Taylor Allen ist in der deutschen deutschen Frauenbewegung von den erziehungshistorischen Frauen- und Ge- Anfängen des 19. Jahrhunderts bis zum schlechterforschung keine Unbekannte. Beginn des Ersten Weltkrieges und ist Sie hat sich mit Aufsätzen und Interpre- dabei auf die Frage konzentriert, wie tationen, die die gewohnte Verortung das Konstrukt von geistiger, sozialer der mutterzentrierten deutschen Frau- oder organisierter „Mütterlichkeit“ – enbewegung imSpektrumdes Konser- bezogen auf Kinder und Kindererzie- vatismus hinterfragen, seit längerem ei- hung – entstand und sich über ein Jahr- nen Namen gemacht. Nun ist ihre be- hundert hinweg fortgeschrieben hat. reits 1991 veröffentlichte Studie „Femi- Nach Vorwort und Einleitung gibt es nismand Motherhood in Germany zwei umfassende Teile, die noch einmal 1800–1914“, auf der viele ihrer Thesen in insgesamt elf Kapitel unterteilt sind. beruhen, in deutscher Übersetzung er- Der erste, mit „Geistige Mütterlichkeit“ schienen. Dass es mit dieser Überset- überschrieben, reicht zeitlich bis 1900. zung kein Leichtes gewesen sein dürfte, In ihmwerden, von Pestalozzi und Frö- lässt sich mit Blick auf die Schwierigkei- bel ausgehend, die theoretischen und ten, die die deutsche Feminismus-For- sozialen Ursprünge des „mütterlichen schung bei der Übertragung angloame- Feminismus“ dargestellt und jene Zu- rikanischer Begriffe hat, ahnen. Erinnert sammenhänge analysiert, die der Idee sei an die Unterscheidung zwischen Sex „geistiger Mütterlichkeit“ amEnde zur und Gender, für die es in der deutschen professionellen Konkretion verhalfen. Sprache keine Entsprechung gibt. Hier Imzweiten Teil mitder Überschrift ist es nun der Feminismusbegriff, den es „Mutterschaft, Sozialreformund Staat“ vorweg zu klären gilt. Allen benutzt ihn geht es umdie Entwicklungen, die von Besprechungen 443

1888 an imZuge der Diskussion über lässt die Tatsache, dass die deutsche das Bürgerliche Gesetzbuch aufkamen, Frauenbewegung „Mütterlichkeit“ ins umden Zusammenhangvon Mutter- Zentrumihrer Politik rückte, in einem schaft und Bevölkerungspolitik sowie anderen als nur oder vor allemkonser- umdie Verknüpfung von „organisierter vativen Licht erscheinen. Das ist viel- Mütterlichkeit“ mit Staatsbürgerrech- leicht (nicht zuletzt dank Allen selbst) ten. Demfolgt ein doppelter Schluss, inzwischen nicht mehr ganz neu; Allens der mit einem Epilog über „Feminismus Plädoyer für einen „nichtdogmatischen und deutsche Geschichte“ beginnt, in und kontextbezogenen Zugang“ (ebd.), demsie Behauptungen einer kausalen der mitunter zu Wahrheiten führt, die Verkettung des feministischen Mütter- zwischen den polaren Interpretationen lichkeitsdiskurses mit der Politik des von fortschrittlich und konservativ lie- Nationalsozialismus entgegentritt. Unter gen, ist aber noch immer aktuell. Es ist der Überschrift „Feminismus als Ideo- ein Plädoyer für genaueres Hinsehen, logie und Erfahrung“ gibt Allen, aus- das eine Interpretationsnorm, nach der gehend von ihren Befunden, einen Aus- die Frauenbewegung in Großbritannien blick auf die jüngere Geschichte, der be- oder den Vereinigten Staaten implizit legen soll, dass die Frauengeschichte zumMaßstab für den Verlauf der Frau- nicht imMuster von Polaritäten ge- enbewegung in Deutschland erklärt schrieben werden sollte. So seien etwa wird, nicht gelten lässt. Allen hat dieser „Gleichheit und Differenz (wie schon in unterschwelligen Normden expliziten früheren Zeiten) in der feministischen Vergleich entgegengesetzt, „umheraus- Theorie und Praxis eher einander ergän- zubekommen, inwiefern Gemeinsamkei- zende als einander widersprechende ten und Unterschiede zwischen den Themen“ (S. 339). Ein Verzeichnis der deutschen und den englischsprachigen Archivquellen und ein relativ differen- Feministinnen mit dem jeweiligen kul- ziertes Namen- und Sachregister schlie- turellen, politischen und sozialen Kon- ßen den Band ab. text in Verbindung standen“ (ebd). Die- Eigentlich ist das Buch „für ame- ser Vergleich vor allemmachtdas Be- rikanische Leserinnen und Leser ge- sondere der Darstellung aus, führt zu schrieben“ worden, „die die deutsche Relativierungen und stützt die Thesen, Geschichte imallgemeinen und die der mit denen sich Allen gegen einseitige Frauengeschichte imbesonderen kaum Lesarten und unzureichende Kontextua- kennen“ (S. 10). Ursprünglich erfüllte lisierungen wendet. also der an mehreren Stellen vorgenom- Zu den Hauptthesen, die mehrfach mene Vergleich mit der Geschichte der wiederholt und mitunter in fast trotzig Frauenbewegung in den Vereinigten anmutender Manier verteidigt werden – Staaten die Funktion, demamerikani- wobei nicht immer ganz klar ist, gegen schen Lesepublikumdie deutsche Ge- wen – zählen: (1) die Kontinuitätsthese, schichte besser verständlich zu machen. nach der Mütterlichkeit als Ideologie In der Umkehrung, für deutsche Lese- und Ideenkorpus eine Geistestradition rinnen und Leser, ist die zweite Funk- darstellt, auf die sich die Frauenbewe- tion, die dieser Vergleich darüber hinaus gung von den Anfängen an und auch hat, von größerer Bedeutung, denn er über die Lager hinweg berufen hat; (2) 444 Besprechungen die These, dass die geistige Mütterlich- können, Lebensgeschichten von Frauen, keit, die oft als konservative Ideologie die in der deutschen Frauenbewegung abgestempelt worden sei, in bestimmten eine Rolle gespielt haben. Imersten Teil Kontexten, wie z.B. dempreußischen sind das Emilie Wüstenfeld, Charlotte Kindergartenverbot, eine oppositionelle, Paulsen, Bertha von Marenholtz-Bülow, gelegentlich sogar radikale Bedeutung Malwida von Meysenbug, Henriette gehabt hätte; (3) die These, dass sich die Breymann (später Schrader-Breymann) Verteidigung des Mütterlichkeitskon- und Henriette Benas (später Gold- zepts nicht nur sehr wohl mit dem schmidt), frühe Verfechterinnen der Kampf um Gleichberechtigung vertrug, geistigen Mütterlichkeit imAllgemeinen sondern dass das Staatsbürgerrecht ge- und der Pädagogik Pestalozzis und Frö- rade mit einem explizit weiblichen Ideal bels imBesonderen. des Dienens verknüpft wurde und (4) Genutzt werden die zusammengetra- die These, dass der Rückgriff des „Femi- genen biografischen und autobiogra- nismus“ auf „Mütterlichkeit“ keinen fischen Schriften nicht als Quellen ob- deutschen Sonderweg darstellt. jektiver Information, sondern unter der In der Einleitung erläutert die Auto- Frage, welcher Gebrauch von Lebens- rin, was sie unter „Mütterlichkeit“ als erfahrung darin deutlich wird. Damit ist „Ideenkorpus“ verstanden wissen will. klar, dass es nicht umKollektivbiogra- Danach sei „Mütterlichkeit“ „aus der fien geht, sondern umden Versuch, aus historischen Situation bestimmter Frau- den unterschiedlichen Lebensgeschich- engruppen“ hervorgegangen und habe ten die Gemeinsamkeiten herauszufil- als „Ideologie“ „Formen weiblicher Er- tern, die diese bürgerlichen Frauen zur fahrung“ und „ethische Werte“ zum Frauenbewegung und zu ihren dann Ausdruck gebracht (S. 16), die nicht auf durchaus wiederumunterschiedlichen eigener Mutterschaft aufruhen mussten. Positionen geführt haben. Dies ist über Die daraus abgeleiteten Vorstellungen Jahrzehnte hinweg, also auch noch bei von „privater und öffentlicher Mutter- den in späteren Kapiteln analysierten schaft“ will Allen nun nicht hauptsäch- Lebensgeschichten der neuen Generati- lich „unter demAspekt ihrer Indienst- on (von Radikalen wie Helene Stöcker, nahme für politische oder organisatori- Henriette Fürth, Lily Braun und Adele sche Strategien der Frauenbewegung“ Schreiber, aber auch von Alice Salomon, betrachtet wissen, wie es „die meisten“ Anna von Gierke oder Frieda Duen- Historiker/-innen getan hätten (vgl. sing), die Unzufriedenheit mit den ebd.), sondern sie als eine „Geistestradi- meisten Aspekten der Stellung von tion“ (S. 16f.) begreifbar machen, die Frauen in der Familie. Allen verweist ernst genommen werden sollte. Diesem z.B. auf die Gehorsamspflicht gegenüber Ansatz zufolge wird „Feminismus“ dann Vätern und Ehemännern oder die Ver- imersten Kapitel als „Erfahrungspoli- pflichtungen des Haushalts, die zu Be- tik“ (S. 32) definiert, die eine Beziehung ginn des 19. Jahrhunderts genannt wer- zwischen Ideen und individueller Erfah- den, aber hundert Jahre später immer rung voraussetzt. Mit dieser Definition noch, etwa in der Form: „Kann ich ist es folgerichtig, dass die Autorin auf Hausfrau werden? Nein, ich kann mich Quellen zurückgreift, die das spiegeln einemMann nicht unterordnen“ (Zitat Besprechungen 445

Duensing, S. 306). Von den „Haushalts- gung, die auf wackligeren Beinen steht, pflichten“ wird nur die Kinderbetreu- denn es ist zu fragen, ob nicht die Ge- ung nicht als lästig angesehen. Ganz im meinsamkeit von Unmut und die Ver- Gegenteil, die Rolle der Mutter oder der wendung der gleichen Mütterlichkeits- Fürsorgenden wird als Steigerung des metaphern deutlich von den Unter- Selbstwertgefühls betrachtet, was mit schieden aufgewogen werden, die Allen demArgumentder geistigen Mütter- selbst bewusst macht, indem sie z.B. im lichkeit zur Überschreitung der Grenze zweiten Teil auf die doch erheblichen von der privaten zur öffentlichen Sphäre Differenzen zwischen Radikalen und führt und später keineswegs antithetisch Gemäßigten sowie die gravierenden mit der Forderung nach Gleichberechti- Kommunikationsprobleme zwischen gung verknüpft wurde. bürgerlichen und proletarischen Frauen Anders als bei der amerikanischen imausgehenden 19. und beginnenden Vorstellung von „republikanischer Müt- 20. Jahrhundert aufmerksam macht terlichkeit“ (S. 68), die imKontrast zu (vgl. S. 307). Schließlich schreibt sie in egalitären Konzepten vertreten wurde Bezug auf Salomon, Gierke und Duen- und insofern ein „unterwürfiges Modell sing auch davon, dass deren Arbeit „ei- von Staatsbürgerschaft“ darstellte, sei ne unmittelbarere Kontinuität [sic!] mit die Betonung der Mutterrolle als wichti- älteren Traditionen feministischen Akti- ge Grundlage weiblicher Ethik imdeut- vismus“ aufgewiesen habe „als die ihrer schen Kontext durchaus mit individua- radikalen Zeitgenossinnen“ (S. 289). listischen Argumenten verträglich gewe- Wenn zudem„Mutterschaft“ in der sen. So seien z.B. Institutionen wie der Konfrontation mit den Problemen von Kindergarten oder die Hamburger Geschlecht und Klasse die Verbunden- Hochschule für das weibliche Ge- heit stiftende Basis verliert, wo ist da die schlecht und später dann auch das Pes- Kontinuität, wo Gemeinsamkeit? Allen- talozzi-Fröbel-Haus als Versuch anzuse- falls doch imGegenstand selbst, nicht hen, „Formen der Gemeinschaft zu stif- aber in der Interpretation von „Mutter- ten, in denen … individuelle Freiheit schaft“ und „Mütterlichkeit“, die zu Be- und gesellschaftliche Harmonie mit- ginn des 20. Jahrhunderts mit ihrer einander versöhnt werden sollten“ (S. auch bevölkerungspolitischen Variante 116). Für die Zeit des Kindergartenver- eine völlig neue Dimension erreicht. bots nach 1851 sei „geistige Mütterlich- Dass diese Dimension, die Mit- keit“ deshalb als ein oppositionelles bestimmung des Eugenik-Diskurses, Konzept anzusehen, weil es in der Zeit wiederumkein deutsches Phänomenist, der Repression und der „amtlich durch- das zwangsläufig zumNationalsozialis- gesetzten Rückkehr zu traditionellen mus führen musste, wird von Allen mit Ansichten über die Grenzen zwischen Verweis auf die internationale Debatte, privat und öffentlich“ (S. 124) die Sache auf ¾hnlichkeiten mit der amerikani- der Frauenrechte (vgl. auch S. 137) qua- schen Frauenbewegung und den Zeitho- si berufspolitisch vorangetrieben habe. rizont vor allemimzweiten Teil und im Demlässt sich folgen. Schwieriger ist es Epilog deutlich gemacht. Das mag als dagegen mit der wiederholten Betonung Entlastungsargument verstanden wer- von Kontinuität in der Frauenbewe- den oder nicht; die Logik der streng auf 446 Besprechungen den Kontext setzenden Untersuchung Erziehung ist eine Angelegenheit von erlaubt keine andere Deutung. So wi- öffentlichemInteresse, und viele fühlen derspricht Allen denn auch Interpreta- sich berufen, über die Erziehung unserer tionen, die in der Verbindung des Müt- Kinder, über Schulen und Kindergärten, terlichkeitsdiskurses mit dem Argument über Familie und Elternschaft zu reflek- der Bevölkerungsqualität die Schatten tieren. Dies geschieht in abendfüllenden der Politik totalitärer Staaten voraus- Diskussionen mit Freunden, in Fernseh- geworfen sehen. Allen folgt dieser These runden, Zeitungen und Zeitschriften nicht. Für sie ist der Feminismus jener und eben auch in Büchern. Zeit, jene „Erfahrungspolitik“, nicht „im Von Journalistinnen stammen zwei Zusammenhang mit irgendeiner künfti- neuere Bücher, die Erziehung in öffent- gen Staatsform“ zu sehen, „sondern im licher und privater Verantwortung dis- Zusammenhang mit dem Staat“, in dem kutieren. Die ZDF-Moderatorin Petra die Frauen „ihre Erfahrungen machten“ Gerster und ihr Mann Christian Nürn- (S. 264, vgl. auch S. 320ff.). Ob man berger, Journalist und freier Autor, so- mit Blick auf den deutschen wie die als „Zeit“-Redakteurin bekannt (Sprach-)Kontext heute, bei aller gewordene Susanne Gaschke haben auf- „nichtdogmatischen“ Sicht, auch den lagenstarke Bücher vorgelegt. Deren Feminismusbegriff so stehen lassen auffallend breite Rezeption wirft Fragen kann, wie Allen ihn verwendet, wird für die Disziplin der Erziehungswissen- wohl umstritten bleiben. Dass hier ein schaft auf, Fragen, die sich zunächst an insgesamt wichtiges Buch vorliegt, das den Gehalt der beiden Werke richten. nicht nur die Geschichte von Frauen er- Gerster/Nürnberger legen in ihrem zählt, sondern auf scharfsinnige Weise Buch zunächst dar, in welchen „Krisen- die Verschränkung von Lebensgeschich- herden“ sich deutsche Kinder und Ju- ten und Mütterlichkeitsdiskurs vor- gendliche tagtäglich bewegen, nämlich führt, ist dagegen gewiss. ZumStandard in Elternhaus und Schule. Sie verweisen der erziehungsgeschichtlichen Frauen- auf das Verschwinden sozialer, integrie- forschung gehört das Buch allemal. render Milieus, ironisieren die Hoff- nung, dass die flächendeckende Ausstat- PD Dr. Heidemarie Kemnitz tung der Schulen mit Computern den Humboldt-Universität, Inst. f. Allg. Päd., Lernerfolg maximieren würde, und ap- Unter den Linden 6, 10099 Berlin pellieren stattdessen an den „Mut zur Erziehung“. Den Rahmen des Buchs bil- det das Private, das Persönliche der ge- Petra Gerster/Christian Nürnberger: meinsamen Familie der Autoren sowie Der Erziehungsnotstand. Wie wir die Zu- Erinnerungen an deren Herkunftsfami- kunft unserer Kinder retten. Berlin: Ro- lien. Damit legen sie ihren Bezugspunkt wohlt 2001. 284 S., a 19,90. offen: Der nämlich wurzelt in ihnen selbst oder besser: in ihren Kindern und Susanne Gaschke: Die Erziehungskata- den Erfahrungen, die sie als Eltern in strophe. Kinder brauchen starke Eltern. der heutigen Gesellschaft mit ihrem Stuttgart/München: Deutsche Verlags- Nachwuchs machen. Anstalt. 2001. 201 S., a 19,90. Susanne Gaschke hingegen verweist Besprechungen 447 bereits imTitel auf ihre Grundthese: Der Erziehungswissenschaftlerin fällt Die Erziehung deutscher Kinder ist auf, dass beide Bücher offenbar auf der nicht nur schlecht, sondern gar kata- Basis erstaunlich geringer Fachkenntnis strophal, weil die Erzieherinnen und Er- imHinblick auf erziehungswissenschaft- zieher, vor allemdie Eltern schwach liche Standards, familien- und schulso- sind. Der Rahmen dieses Buchs ist ziologische Studien und differenzierte durch einen generationalen Zugang ge- Analysen entstanden sind. Die Verfasse- prägt: Die Autorin beginnt mit den rinnen scheinen sich primär auf Publi- „Spätschäden der Achtundsechziger“ kationen aus ihremeigenen Genre, den und schließt mit der empirisch eviden- Printmedien und öffentlich-rechtlichen ten Tatsache, dass wir einer kinderlosen Sendern, zu beziehen. Gerster/Nürnber- Gesellschaft entgegensehen. In ins- ger zitieren darüber hinaus Autoren wie gesamt zwölf Kapiteln rechnet Gaschke Donata Elschenbroich, Dietrich Schwa- mit Eltern, Kinderbetreuungseinrich- nitz, Florian Illies und die TIMSS-Stu- tungen, Schulen, mit der Jugendhilfe, die, während Gaschke Theodor Adorno, der Medienwelt und der Konsumgesell- Norbert Elias, Jean Piaget und Richard schaft, mit Enid Blytons Büchern und Sennett bemüht und häufig Konrad der Kinderrechtsbewegung, aber vor al- Adamvon der FAZ heranzieht. lemmitden „Achtundsechzigern“ sowie Gerster/Nürnberger monieren die deren Pädagogik ab. Gaschkes Bezugs- mangelnde politische Verantwortung punkt ist demgemäß weniger ein famili- für die Bildungspolitik, das Desinteresse är-persönlicher (ihre eigene Tochter er- gegenüber den Schulen, die Reaktions- wähnt sie selten), sondern das Ressenti- losigkeit auf Eltern-, Schüler- und Leh- ment gegenüber dieser Generation, die rerklagen über Unterrichtsausfall und das kulturelle, soziale und politische Le- Lehrermangel sowie die Bereitschaft, ben und eben auch die Bedingungen den Wirtschaftslobbyisten das Feld der des Aufwachsens in den letzten zwei Bildung zu überlassen. Diesen Punkten Jahrzehnten entscheidend mitgeprägt kann man durchaus auch aus erzie- hat. hungswissenschaftlicher Sicht zustim- Beiden Büchern gemeinsam ist die men und den eigenen Anteil an diesem Einschätzung, unsere Gesellschaft kran- Zustand kritisch bedenken. Die Absicht ke an ihren Kindern – oder besser: an von Gerster/Nürnberger ist es, sich vor- den schlecht erzogenen, den verwöhn- nehmlich aus der Perspektive von Eltern ten oder verwahrlosten Kindern, sie in die Geschehnisse einzumischen. Sie krankt an den Erwachsenen, die in ver- haben dazu ihr Buch in vier Großkapitel schiedenen Institutionen für das Auf- gegliedert, wovon das erste nahezu zwei wachsen der jungen Generation verant- Drittel des Gesamttextes ausmacht. Es wortlich sind, an den fehlenden Kind- geht imersten Kapitel umden „Erzie- heitsidyllen, und sie krankt schließlich hungsnotstand“, imzweiten umdie Ein- an pädagogischen Irrtümern. Das Pro- schätzung, dass Erziehung keine Privat- blemmanifestiert sich für die Autoren sache sei, imdritten umdie Frage: „Bes- u.a. an den neuen Medien, allen voran ser lernen mit der Maus?“, und schließ- amInternet sowie amVideo- und Com- lich imvierten Kapitel um„Mut zur Er- puterspiel. ziehung“ (ohne dass ausdrücklich auf 448 Besprechungen die gleichnamige Streitschrift konser- dern ebenso wie die Verhinderung der vativer Erziehungswissenschaftler und „pädagogischen Sünde“ Gleichmacherei Bildungspolitiker aus den 70er-Jahren (S. 185). Die Gesellschaft bräuchte El- Bezug genommen würde). tern, die wieder erziehen und Grenzen ImKapitel „Erziehungsnotstand“ setzen, und Schulen, die nicht als „Tur- befassen sie sich mit Unterthemen wie boschulen“ (S. 181) stromlinienförmige der bedingten Gesellschaftsfähigkeit Menschen hervorbringen, sondern die heutiger Kinder (z.B. schlechtes Beneh- wie „Summerhill“ Kinder glücklich ma- men im Restaurant), Verwöhnung und chen wollen. Darüber hinaus aber müss- Vernachlässigung, Überforderung, Ge- ten für Hochbegabte Eliteschulen ge- walt, Vaterlosigkeit, Schule als Abstell- schaffen werden. Die Autoren verlieren raum, verheizten Lehrern, von Japan bei ihrer zuweilen naiv anmutenden lernen. Imletzten Drittel des Buchs set- Darstellung jedoch keineswegs aus den zen sie sich explizit mit den neuen Me- Augen, dass die Last der Probleme nicht dien und der Lernsoftware auseinander, zu privatisieren ist, sondern Aufwachsen und hier trifft man über die Elternschaft durchaus in öffentlicher Verantwortung hinaus auf ihre berufliche Professionali- steht. tät. Die Legitimität ihres Anspruchs, Diese Überzeugung wiederumist bei sich als Eltern öffentlich einzumischen, Susanne Gaschke nicht vorbehaltlos an- befreit Gerster/Nürnberger jedoch nicht zutreffen. In ihremBuch erweist sich von einer kritischen Auseinanderset- die „Erziehungskatastrophe“ als Folge zung mit ihrer Sichtweise – dies umso der „Achtundsechziger“ einerseits und mehr, als sie angeben, in ihrem Buch als Konsequenz versagender Eltern und die Frage nach demGlauben und den Lehrer andererseits. Durch die zwölf Ka- Werten der Gesellschaft stellen zu wol- pitel zieht sich kaskadenförmig die Kla- len. Hier nun muss die Kritik ansetzen, ge über die antiautoritäre Pädagogik, denn zur Beantwortung dieser Frage ge- die Antipädagogik, die Kinderladen- nügt es zweifellos nicht, das in den Me- pädagogik und die „symbiotische Päd- dien allenfalls halb verdaute Wissen, die agogik“ (S. 64), die sie synonymfür Schlagwörter und Klischees, die bil- die Erziehungsvorstellung der von ihr dungs- und kulturkritischen Topoi der homogenisierten Generation ’68 ge- letzten Jahrzehnte aneinander zu reihen. braucht. Sie betreibt darüber hinaus ei- Kultur und Bildung, so die Gesamt- ne zuweilen wenig differenzierte Eltern-, einschätzung der Autoren, hätten einen Lehrer-, Erzieher- und Sozialarbeiter- Selbstzweck und sollten sich nicht den schelte. Der Inhalt des Buchs besteht Zwecken der Wirtschaft unterordnen, u.a. aus der Diskussion problematischer dazu bedürfe es eines „kultivierten Konsequenzen aus Adornos „Erziehung Lernklimas“ und keiner „Eiapopeia-Er- nach Auschwitz“ (Kap. 1) oder aus der ziehung“ (S. 59), notwendig seien mehr Klage über fehlende Bullerbü-Idyllen Musik in der Vorschul- und Grund- heutiger Kindheit (Kap. 2). Mit Richard schulerziehung sowie Männer in diesem Sennetts Figur des „flexiblen Menschen“ Bereich, wichtig seien der Abbau des stellt sie eine Analogie von antiautoritä- Bürokratismus und die Einsicht in die rer Erziehung und neuemKapitalismus konservative Grundhaltung von Kin- her, beschwört die allgemeine Familien- Besprechungen 449 misere und die Kumpelhaftigkeit des nitenten Eltern hilfreich, wenn nicht gar Generationenverhältnisses bzw. das notwendig sind, traten in den Hinter- „Herunterkumpeln“ (S. 70) der Erwach- grund.“ (S. 151f.) Diese Fähigkeiten senen (Kap. 3). Sie kritisiert die „Inter- oder Eigenschaften verhülfen dazu, so nierung des Kindes“ (S. 93) in Kinder- die Autorin, demPhänomen,dass die tagesstätten (Kap. 4), die überforderte Schulen „immer häufiger Abgänger mit Schule (Kap. 5), die offene Jugendarbeit einemdefizitären Charakterprofil und (Kap. 6), die politische Indoktrination lückenhafter Allgemeinbildung pro- der Kinderlobbyisten (Kap. 11) und for- duzieren“, konstruktiv zu begegnen (S. dert schließlich das Lesen guter Bücher 194). Gaschke rekurriert in ihrer Ana- (Kap. 9). Gaschke schwadroniert über lyse implizit auf eine Zeit vor 1968, in falsch verstandene Empathie von Sozial- der unausgesprochen die Bildungs- und arbeiterinnen, moniert die mangelnde Familiensituation angeblich eine bessere literarische Qualität der Abenteuerbü- war. Das ist in der historischen Bil- cher Enid Blytons, knüpft jedoch selbst dungsforschung ebenso wie in der mit ihrer Kulturkritik an die des Krimi- Kindheits- und Jugendforschung höchst nalromanautors Henning Mankell an. umstritten, auch Bildungs- und Jugend- Sie springt locker von aufwändigen Kin- studien aus den fünfziger Jahren recht- dergeburtstagen zur Kinderpornografie, fertigen dieses Bild keineswegs. Ihre setzt Kindergärten mit Kindertagesstät- Analyse ist zwar in vielen Punkten nicht ten gleich und philosophiert beinahe in falsch, aber Gaschkes Rückschlüsse sind „einemAtemzug“über Scheidungsraten wissenschaftlich und politisch mehr als und „vitaminisierte Nudeln“ (S. 50). bedenklich. Dies vor allemdeshalb, weil Grundsätzlich hinterfragt sie die Ta- die Verantwortung für die zu Recht be- buisierung heikler familien- und frauen- klagten Missstände eigentümlich ent- politischer Themen, wie die Floskel der politisiert wird, indemzumeinen die „Vereinbarkeit“ von Familie und Beruf Schuldzuschreibung monokausal erfolgt oder wie die Idee der Gleichheit sowie und zumanderen privatisiert und ent- die vorschnelle politische Kategorisie- kontextualisiert erscheint. rung bei unpopulären Vorschlägen. Vor Die Erziehungswissenschaft kann die allemaber fordert sie die Rückkehr zu Fragen nach demVerhältnis von Familie Charisma und natürlicher Autorität in und Gesellschaft, von Bildung und Er- pädagogischen Berufen: „Die Akademi- ziehung, nach der Verantwortung für sierung der Pädagogik in den siebziger das Aufwachsen so jedenfalls nicht stel- Jahren hatte eine wichtige Implikation: len – dies umso weniger, als Gaschke Wenn man den Beruf des Sozialpädago- brisante sozialpolitische Fragen, wie sie gen an einer (Fach-)Hochschule studie- u.a. auch die PISA-Studie aufwirft, die ren konnte, dann war jeder, der die Mü- Problemhäufung in bestimmten sozia- hen eines solchen Studiums gemeistert len Milieus und die besondere Betrof- hatte, auch berufen, ihn auszuüben. Kri- fenheit von sozialen Problemen in be- terien der Eignung wie Charisma, na- stimmten Gruppen von Kindern und türliche Autorität, ja ein gewisser mis- Jugendlichen in keiner Weise in den sionarischer Eifer, die für den Umgang Blick zu nehmen vermag. Abgesehen da- mit delinquenten Jugendlichen und re- von mutet ihre Forderung nach authen- 450 Besprechungen tischen Persönlichkeiten zwar nicht die Komplexität der Problematik redu- falsch an, aber sie ist eben alles andere ziert und die Kontexte systematisch aus- als ausreichend, ebenso wenig wie ihre geklammert werden. So wirken die Vor- Forderung nach guter Kinder- und Ju- schläge imFall Gerster/Nürnberger zu- gendliteratur, obgleich diese Passage zu weilen naiv, imFall Gaschke in ihrer den lesenswerten zählt und sich hier die Schlichtheit vor allemreaktionär. promovierte Literaturwissenschaftlerin Als Erziehungswissenschaftlerin mag ohne Zweifel als Expertin erweist. man bedauern, dass derartige Bücher Insgesamt ist zunächst durch die offenbar zahlreiche Leserinnen und Le- TIMSS-Ergebnisse und schließlich ser finden und vielleicht sogar dem durch PISA die deutsche Gesellschaft Zeitgeist entsprechen. Die Erziehungs- für Erziehungs- und Bildungsfragen wissenschaft kommt somit nicht umhin, sensibilisiert. Hier zeigt sich, wie diffe- diesen Tatbestand zumindest zur Kennt- renziert die Bildungsprobleme in nis zu nehmen. Dass sie selbst mit seriö- Deutschland betrachtet werden müssen, ser Forschung etwas anderes leisten wie ausgeprägt der politische Wille sein muss und auch kann, liegt auf der müsste, um die zentralen Probleme, wie Hand. Gleichwohl muss sie sich selbst- soziale Ungleichheit, die sich in Bil- kritisch fragen, ob und wie sie in der dungsabschlüssen manifestiert, und wie politischen Öffentlichkeit, in der Kultur die bezweifelte Zukunftsfähigkeit min- der Wahrnehmung überhaupt präsent destens eines Viertels der jungen Gene- ist und sein will, ob sich ihre Vertrete- ration, konstruktiv und innovativ lösen rinnen und Vertreter genügend zu Wort zu können. Gaschke und Gerster/Nürn- melden und so dazu beitragen, dass berger übersehen, dass man kaum von über Erziehung und Bildung diskutiert monokausalen Zusammenhängen aus- wird. gehen kann, einfache Antworten nicht Vielleicht hat sich die Disziplin allzu parat liegen, Probleme zwar schlicht sehr daran gewöhnt, dass sich die Stim- dargestellt, aber in aller Regel nicht naiv mung der Gesellschaft an ihrer Einstel- gelöst werden können. lung zur Erziehung manifestiert und je- Die banalisierende und dichotomi- de und jeder etwas dazu zu sagen hat. sierende Rede über Erziehung, zu der Sicher kann sie sich sein, dass mit den sich offenbar gerade etablierte Gesell- hier rezensierten Büchern kein einziges schaftskritikerinnen und -kritiker beru- Problemangemessengelöst werden fen fühlen bzw. geradezu durch ihr eige- kann, und darin manifestiert sich para- nes Unbehagen an der Kultur dazu ver- doxerweise wohl die gerade von diesen führt werden, ist jedoch populär. Es Autorinnen beklagte mangelnde Verant- scheint zu genügen, selbst Kind gewesen wortung für das Aufwachsen der jungen zu sein, selbst eine Schule besucht und Generation. Eltern oder Erziehende gehabt zu haben, umsich kompetent und urteilsfähig zu Dr. Sabine Andresen fühlen, Erziehungsinstitutionen umfas- Universität Zürich, Päd. Institut, send zu kritisieren und ¾nderungsvor- Gloriastr. 18a, CH-8006 Zürich schläge mit Verve vorzubringen. Das funktioniert in beiden Büchern, indem Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 451

Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Zu Beginn eines jeden Jahres erbittet die Schriftleitung der „Zeitschrift für Pädago- gik“ von allen wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland, Österreichs und der Schweiz eine Aufstellung der imvergangenen Jahr abgeschlosse- nen Habilitations- und Promotionsverfahren. Nachmeldungen für das vorangegan- gene Jahr sind jeweils möglich. Um den Informationsgehalt der nachfolgenden Liste so groß wie möglich zu halten, sind auch diejenigen Hochschulen in die Liste auf- genommen worden, die auf die Anfrage gemeldet haben, dass im Jahr 2001 keine Habilitations- und/oder Promotionsverfahren abgeschlossen wurden. In diesen Fäl- len wurde der Vermerk „Keine Verfahren abgeschlossen“ hinzugefügt. Trotz aller Bemühungen ist es kaum möglich, eine wirklich vollständige Liste zu- sammenzustellen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass einige Dekanate keine eigenen Übersichten vorliegen haben und deshalb die Anfrage an die betref- fenden Institute oder Lehrstühle weiterleiten, von denen dann nicht immer ein lü- ckenloser Rücklauf erfolgt. Dies wiederumkann von der „Zeitschrift für Pädagogik“ natürlich nicht nachgeprüft werden. Manche Dekanate schicken auf die Anfrage Listen zu, in denen sämtliche abge- schlossenen Verfahren der jeweiligen Fakultät bzw. des Fachbereichs ohne klare Fä- cherzuordnung aufgeführt sind. In solchen Fällen ist versucht worden, einesteils über die Personen der Gutachter und Gutachterinnen, andernteils über die Themen (sofern dies aufgrund der Formulierungen möglich war) die Verfahren, die eindeutig anderen Fächern zuzuordnen sind (z.B. Psychologie, Soziologie, Sportwissenschaft, Philosophie, Ethnologie, Sprachwissenschaft u.¾.), aus der nachfolgenden Aufstel- lung herauszunehmen. In Zweifelsfällen aber sind die Angaben aufgenommen wor- den. Was die Gutachter und Gutachterinnen betrifft, so melden manche Hochschulen nur die Namen derer, die das Erstgutachten verfasst haben, der weitaus größte Teil jedoch die zwei Gutachter und Gutachterinnen, die in aller Regel an Promotionsver- fahren beteiligt sind. In einigen Fällen werden alle imPromotionsausschuss tätigen Personen (bis zu fünf) aufgeführt. Ein Problemeigener Art stellen die Fachdidaktiken dar, denn manche Hoch- schulen rechnen diese zumFach Pädagogik und melden entsprechend abgeschlosse- ne Verfahren, während andere Hochschulen sie den jeweiligen Bezugsfächern zuord- nen, so dass in der vorliegenden Liste fachdidaktische Habilitationen und Promotio- nen vermutlich nur lückenhaft dokumentiert sind. Ein Problemähnlicher Art besteht für die Pädagogische Psychologie. Diese ist in einigen Hochschulen in die erziehungswissenschaftlichen Institute oder Fakultäten eingegliedert, während sie in anderen Hochschulen zu den Psychologischen Institu- ten oder Fakultäten gehört. Deshalb dürften die Habilitations- und Promotionsver- fahren in Pädagogischer Psychologie ebenfalls nur lückenhaft dokumentiert sein.

Z.f.Päd., 48. Jg. 2002, Nr. 3 452 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

In der nachfolgenden Liste werden unter den einzelnen Hochschulen, die alpha- betisch nach ihremStandort (zunächst in der Bundesrepublik Deutschland, dann in Österreich und der Schweiz) geordnet sind, die Habilitationen vor den Promotionen aufgeführt. Bei letzteren sind jeweils die Gutachter und Gutachterinnen mitgenannt. Nachmeldungen für 2000 sind sowohl bei Habilitationen als auch bei Promotionen stets den Meldungen für 2001 vorangestellt. Reinhard Fatke

Bundesrepublik Deutschland

Aachen: Technische Hochschule „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Augsburg: Universität Arnold, Margret: Aspekte einer modernen Neurodidaktik. Emotionen und Kogni- tionen imLernprozess. (Gutachten: W. Wiater) 2001. Boeser, Christian: Relevanz geschlechtsspezifischer Aspekte in der Politischen Bil- dung. (Gutachten: H. Macha) 2001. Hofmann, Renate: Geschlechtergerechte Sozialisation im Religionsunterricht. (Gut- achten: G. Lämmermann) 2001. Jelitto, Andreas: Evaluation von Heimerziehung. Die Befragung ehemaliger Maß- nahmenempfänger als Beitrag zur Diskussion um Leistung und Qualität der pä- dagogischen Arbeit im Rahmen stationärer Unterbringungsmaßnahmen in Hei- men. (Gutachten: G. Schäfer) 2001. Kopp, Bärbel: Pädagogisches Ethos imWandel. Zumerzieherischen Selbstverständ- nis in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945. (Gutachten: F. Maurer) 2001. Lechner, Helmut Martin: Erlebnisorientierte Persönlichkeitsbildung. (Gutachten: H. F. Paffrath) 2001. Riggenmann, Konrad: Escola nova, escola ativa! John Dewey’s Pädagogik am Bei- spiel ihrer Rezeption in Brasilien. (Gutachten: W. Wiater) 2001. Salzmann, Alexandra: Zur Wirksamkeit erlebnispädagogischer Aktivitäten in der Adipositastherapie – Identitätsförderung bei adipösen Jugendlichen. (Gutachten: H. Altenberger) 2001. Schlegel, Clemens Maria: Europäische Musiklehrpläne im Primarbereich. Eine ver- gleichende Inhaltsanalyse. (Gutachten: R.-D. Kraemer) 2001. Scholz, Martin: Der Lernprozess in der erlebnispädagogischen Arbeit. (Gutachten: H. Altenberger) 2001. Vachenauer, Wilhelm: Handlungskompetenz als Ziel der zünftischen Berufsausbil- dung in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Exemplarisch dargestellt und ana- lysiert an Hand des Zunftbuches der Kemptener Schmiede von 1419 bis 1757 mit Hilfe aktueller didaktischer Kategoriensysteme. (Gutachten: F. März) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 453

Bamberg: Universität Pirner, Manfred L.: Fernsehmythen und religiöse Bildung. Grundlegung einer me- dienerfahrungsorientierten Religionspädagogik amBeispiel fiktionaler Fernseh- unterhaltung. (Gutachten: R. Lachmann/H. Weigelt/W. Ritter) 2000. Kabus, Andrea: Zur Rezeption der Montessori-Pädagogik in der Religionspädagogik. (Gutachten: L. Erler/G. Ruppert) 2001. Meidel, Eva: Der Aspekt der Schülerorientierung in den Konzeptionen der Musikdi- daktik seit 1945. (Gutachten: R. Weyer/F. Brusniak) 2001. Trapper, Thomas: Erziehungshilfe – von der Disziplinierung zur Vermarktung? (Gutachten: G. Hörmann/E. Hußlein) 2001.

Bayreuth: Universität „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Berlin: Freie Universität Gehrmann, Axel: Der professionelle Lehrer. Habilitationsschrift 2001. Kersting, Christa: Pädagogik imNachkriegsdeutschland. Habilitationsschrift 2001. Reinders, Heinz: Politische Sozialisation Jugendlicher in der Nachwendezeit. For- schungsstand, theoretische Perspektiven und empirische Evidenzen. (Gutachten: H. Merkens/R. Münchmeier) 2001. Rösner, Hans-Uwe: Jenseits normalisierender Anerkennung. Ethische Überlegungen zu Macht und Behindertsein. (Gutachten: Ch. Wulf/J. Zirfas) 2001. Sasse, Ada: Zwischen Tradition und Moderne. Sonderschüler und Sonderschule im ländlichen Raum. (Gutachten: H. Eberwein/R. Benkmann) 2001. Schulz, Andreas: Berliner Grundschulgefälle. Die Illusion von der Gleichheit der Bil- dungschancen. (Gutachten: P. Hübner/H. Striebeck) 2001. Strzebkowski, Robert: Selbständiges Lernen mit Multimedia in der Berufsbildung. Mediendidaktische Gestaltungsaspekte interaktiver Lernsysteme. (Gutachten: L. J. Issing/P. Klimsa) 2001. Thiele, Angela: Entwicklung eines Modells zur Qualifizierung von Lehrenden. Com- munity of Learning on Demand. (Gutachten: L. J. Issing/G. Lischke) 2001.

Berlin: Humboldt-Universität Fischer, Gundel: Bildungstheorien der Naturwissenschaften. Eine systematische Un- tersuchung zur curricularen Bedeutung der erkenntnis- und bildungstheoreti- schen Positionen bei Aristoteles, Bloch, Schelsky und Litt. (Gutachten: D. Ben- ner/K.-F. Göstemeyer/E. Cloer) 2001. Hess, Simone: Entkörperungen – Suchbewegungen zur (Wieder-)Aneignung von Körperlichkeit. Eine biographische Untersuchung bei Teilnehmerinnen an Ge- sundheitskursen in der Erwachsenenbildung. (Gutachten: W. Gieseke/R. Tippelt) 2001. 454 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Nehoda, Hans: Ethik bei Führungskräften – ein Ost-West-Vergleich. (Gutachten: K.-F. Wessel/E. Franke/O. Schäffter) 2001. Pawlenka, Claudia: Der Utilitarismus als Schlüssel zu einer Systematik der Sport- ethik. (Gutachten: E. Franke/D. Mieth) 2001.

Berlin: Technische Universität Lehner, Martin: Mitarbeiterführung und Weiterbildung imlernenden Unterricht. Habilitationsschrift 2001. Fuchs, Petra: „Krüppel“ zwischen Selbstaufgabe und Emanzipation am Beispiel der Entstehung und Entwicklung des Selbsthilfebundes der Körperbehinderten (1919–1945) und der Biographie Hilde Wulfs (1898–1972). (Gutachten: J. Schö- ler/V. Schönwiese) 2001. Hanemann, Ulrike: Educación Popular als innovativer Ansatz für die Grundbildung: Bildungspolitische Strategien und Erfahrungen während der sandinistischen Re- volution in Nicaragua (1979–1990). (Gutachten: M. Liebel/I. Schimpf-Herken) 2001. Hartmann, Jutta: Vielfältige Lebensweisen. Eine Studie zur Dynamisierung der Tria- de Geschlecht – Sexualität – Lebensformund zur Entwicklung einer kritisch-de- konstruktiven Perspektive in der Pädagogik. (Gutachten: A. Albrecht-Heide/Ch. Holzkamp) 2001. Heßler, Manfred: Jugendhilfe imSpannungsfeld zwischen jugendhilferechtlichen und jugendstrafrechtlichen Ansprüchen und Zielsetzungen. (Gutachten: J. Mün- der/B.-R. Sonnen) 2001. Jun, Kyung-Suk: Wertevorstellungen und Verhaltensweisen koreanischer, chinesi- scher und japanischer Jugendlicher vor den verschiedenen soziokulturellen Hin- tergründen. (Gutachten: U. Preuss-Lausitz/M. Siebel) 2001. Merz-Atalik, Kerstin: Subjektive Theorien von Lehrerinnen und Lehrern zur integra- tiven Beschulung von türkischen und kurdischen Schülerinnen und Schülern im gemeinsamen Unterricht für behinderte und nichtbehinderte Kinder. (Gutach- ten: R. Kornmann/J. Schöler) 2001. Michaels, Henrik: Der zweifache Praxisbezug imHochschul-Curriculumberuflicher Fachrichtungen. Dargestellt amBeispiel des Studiengangs Ernährung und Haus- wirtschaft. (Gutachten: E. Uhr/C. H. Wagemann) 2001. Schmidt, Andrea: Dichotomie – Dekonstruktion – Differenz. Ein Beitrag zur kriti- schen Reflexion von Theorie und Praxis außerschulischer Arbeit mit Mädchen. (Gutachten: W. Kerber-Ganse/Ch. Holzkamp) 2001. Speichert, Brigitte: Kunsthandwerkliche Kompetenz im sozialen Wandel auf Java. (Gutachten: W. Siebel/I. Wessel) 2001. Völkel, Bärbel: Konstruktivismus und Geschichtsdidaktik – eine Untersuchung über die Chancen selbstbestimmten historisch-politischen Lernens in der Schule. (Gutachten: P. Schulz-Hageleit/G. Zielke) 2001. Walker, Jaimie: Vermittlung gewaltfreier Konfliktaustragung als Aufgabe der Schule: Prävention – Intervention – Konfliktbewältigung durch Mediation. (Gutachten: A. Albrecht-Heide/H.-F. Rathenow) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 455

Weber, Ulla: Qualifizierung als Strategie zur Stärkung der politischen Macht von Frauen. Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs und Vorschläge für die Konzepti- on von Bildungsangeboten. (Gutachten: B. Schaeffer-Hegel/W. Gieseke) 2001. Xu-Lackner, Yan: Primat des Nützlichen. Politische Dimensionen des Fremdspra- chenunterrichts im modernen China. (Gutachten: U. Steinmüller/H. Marburger) 2001.

Berlin: Universität der Künste Bannach, Michael: Selbstbestimmtes und interessenorientiertes Lernen. Eine Fallstu- die aus demUnterricht der Grundschule. (Gutachten: J. Ramseger/R. Werning) 2001. Günther, Bettina: Wirtschaftswunder – Wohnobjekte. Aneignung von Objekten der industriellen Massenkultur zwischen sparsamen Haushalten und neuen Kon- summöglichkeiten zwischen 1955 und 1965. (Gutachten: W. Ruppert/C. Lipp) 2001. Tippach-Schneider, Simone: Das Werbefernsehen in der DDR von 1959–1976. Le- bensgestaltungsmuster der industriellen Massenkultur im Spannungsverhältnis der sozialen Wirklichkeit. (Gutachten: W. Ruppert/K. Hickethier) 2001. Wagener, Matthea: Ziffernzensuren oder verbale Beurteilung? Eine empirische Un- tersuchung zum Zusammenhang von Beurteilungsform und der Unterrichts- organisation, Leistungsrückmeldung und Klassenraumgestaltung von Grund- schullehrerinnen aus östlichen und westlichen Stadtbezirken . (Gutachten: E. Jürgens/G. Mattenklott) 2001.

Bielefeld: Universität Popp, Ulrike: Geschlechtersozialisation imKontext schulischer Gewalthandlungen und konflikthafter Interaktionen. Habilitationsschrift 2001. Schäfer-Koch, Karin: Materialrecherche und -rezeption jenseits des Lehrbuchs. Ha- bilitationsschrift 2001. Chuang, Mei-Ling: Teaching and Learning English in Kindergartens in Kaohsiung. (Gutachten: D. Hänsel/K. P. Treumann) 2001. Götte, Wenzel M.: Erfahrungen mit Schulautonomie. Das Beispiel der Freien Wal- dorfschulen. (Gutachten: H. Paschen/D. Timmermann) 2001. Höhmann, Katrin: Was wird durch eine Lehrplanrevision verändert? Die Einfüh- rung der hessischen Rahmenpläne (1993–1997) in innovationstheoretischer Per- spektive. (Gutachten: K.-J. Tillmann/N. Meder) 2001. Hugger, Kai-Uwe: Medienpädagogik als „vernetzende“ Profession. Zur Entwicklung eines Konzepts professionellen medienpädagogischen Handelns. (Gutachten: W. Ferchhoff/J. Fromme) 2001. Kern, Heidi/Schmidt, Dorothee: Nutzen und Chancen des Outdoor-Trainings. Eine Methodentriangulation zur Überprüfung des Praxistransfers imbetrieblichen Kontext. (Gutachten: J. Fromme/W. Wittwer) 2001. Schmidt, Dorothee: siehe Kern, Heidi. 456 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Standop, Jutta: Emotionen und kognitives schulisches Lernen aus interdisziplinärer Perspektive. Emotionspsychologische, neurobiologische und schulpädagogische Zusammenhänge – Ihre Berücksichtigung im schulischen Bildungsauftrag wie den Forschungen zumUnterrichtsklimaund der Klassenführung. (Gutachten: E. Jürgens/N. Meder) 2001. Steinbrück, Jürgen: Von der Fürsorge zur Leistung? Neue Personal(entwicklungs) konzepte in der Sozialen Arbeit – amBeispiel der Diakonie. (Gutachten: H.-U. Otto/J. Fromme) 2001. Witsch, Monika: Zeichen und Gegenzeichen. Fundamentalistische Agitation im In- ternet und Möglichkeiten für eine Pädagogik semiotischer Präventionen im In- formationszeitalter. (Gutachten: N. Meder/H. Paschen) 2001. Zdrazil, Tomas: Gesundheitsförderung und Waldorfpädagogik. (Gutachten: H. Pa- schen/I. Wagner) 2001.

Bochum: Ruhr-Universität Freese, Susanne: Pädagogische Betrachtung des Umgangs mit Tod, Sterben und Trauer. (Gutachten: M. Kerres/W. Schweidler) 2001. Kubitza, Thorsten: Identität und Verkörperung. Pädagogische Perspektiven der Phi- losophischen Anthropologie Helmuth Plessners. (Gutachten: K. Meyer-Drawe/B. Waldenfels) 2001.

Bonn: Universität Zmas, Aristotelis: Europäische Bildungspolitik: ihre Grenzen und Möglichkeiten un- ter demKriteriumder regulativen Idee von Bildung. (Gutachten: V. Laden- thin/N. Hilgenheger) 2001.

Braunschweig: Technische Universität Grewe, Norbert: Aktive Gestaltung des Klassenklimas – Eine empirische Interventi- onsstudie. Habilitationsschrift 2001. Kloppenburg, Josef: Pädagogische Musik als ästhetisches Konzept. Neue Musik und musikalische Praxis in der Schule. Habilitationsschrift 2001. Osterloh, Jürgen Günter: Identität der Erziehungswissenschaft und pädagogische Verantwortung – Ein Beitrag zur Strukturdiskussion gegenwärtiger Erziehungs- wissenschaft in Auseinandersetzung mit Wilhelm Flitner. Habilitationsschrift 2001. Borchert, Christiane Anne: Hochschuldidaktische Weiterbildung – Akzeptanz und Wirkung. Eine Analyse am Beispiel des Bausteinprogramms WindH-Weiterbil- dung in der Hochschule, seine Konzeption und Evaluation. (Gutachten: K. Neu- mann/B. Girgensohn) 2001. Dickmann, Günter Friedrich: Von einem gehobenen progymniasalen Unterricht zur gymnasialen Bildung – Eine Langzeitstudie zur historischen Entwicklung des hö- heren Schulwesens im Landkreis Gifhorn. (Gutachten: K. Neumann/H. Semel) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 457

Greiner, W. H. F.: Zur Bedeutung von Bezugspersonen bei der Herausbildung natur- relevanten Wissens, naturrelevanter Einstellungen und Verhaltensweisen für die Umweltbildung. Untersuchungen an Schülern der 3. und 4. Klasse und ihren Be- zugspersonen. (Gutachten: G. Strey/D. Bolscho) 2001. Ideler, Claudia: Markiertheitsphänomene im Zweitspracherwerb. (Gutachten: H. Janßen/T. Gardner) 2001.

Bremen: Universität Duderstadt, Matthias: Improvisation und ¾sthetische Erziehung. Ein Baustein für eine zu etablierende ästhetische Praxis. Habilitationsschrift 2001. Riecke-Baulecke, Thomas: Effizienz von Lehrerarbeit und Schulqualität. Habilitati- onsschrift 2001. Schmidt, Renate: Lebenswelt Sexualität. Sexuelle Handlungs- und Einstellungsmus- ter jüngerer Frauen. Habilitationsschrift 2001. Ziemen, Kerstin: Das bislang ungeklärte Phänomen der Kompetenz. Kompetenzen von Eltern behinderter Kinder. Habilitationsschrift 2001. Faby, Susanne: Problemwahrnehmung in der Rehabilitation nach Hirnschäden. (Gutachten: W. Jantzen/G. Feuser) 2000. Schädel, Thomas: Fremd sein und Alt sein. (Gutachten: H. G. Schönwälder/Ch. Glass) 2001. Zeller, Wolfgang: Die Ausbildung Behinderter und ihre Integration in den Arbeits- markt. (Gutachten: B. Vogt) 2001.

Chemnitz-Zwickau: Technische Universität Weise, Carola: Von der Kriminalisierung zur Pädagogisierung? Zum Reformversuch des Jugendstrafvollzuges in Sachsen von 1947–1952. (Gutachten: N. Belardi/H. Gängler/S. Müller) 2001.

Darmstadt: Technische Hochschule Bartels, Ralf: Kompetenzentwicklung mitbestimmen. Besonderheiten der betriebli- chen Mitgestaltung von Weiterbildung im Zusammenhang mit neuer Arbeits- organisation für Betriebs- und Personalräte imDienstleistungssektor. (Gutach- ten: A. Paul-Kohlhoff/J. Rützel) 2001. Bauer, Horst Philipp: Die Entwicklung der öffentlichen Fachschulen für Wirtschaft, Fachrichtung Betriebswirtschaft, in Hessen und deren Bewertung durch ihre Stu- dierenden. (Gutachten: J. Rützel/A. Paul-Kohlhoff) 2001. Fasshauer, Uwe: Emotionale Leistungsfähigkeit im Kontext beruflicher Bildung. Subjektorientierte Aspekte der Qualität von Teamarbeit an beruflichen Schulen. (Gutachten: J. Rützel/D. Euler) 2001. Ziehm, Stefan: Facharbeit als Leitidee der Berufsbildungszusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China. Dargestellt an den Implementierungsstrategien und Durchführungsbedingungen in der wirt- schaftlichen Zusammenarbeit. (Gutachten: J. Rützel/A. Paul-Kohlhoff) 2001. 458 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Dortmund: Universität Galuske, Michael: Die flexible Arbeitsgesellschaft und ihre Sozialpädagogik. Baustei- ne einer Theorie Sozialer Arbeit in der Zweiten Moderne. Habilitationsschrift 2001. Steiner, Jürgen: Pädagogische Fragestellungen imThemenkreis Alter, Hirnfunktions- störungen, chronische Sprachbehinderungen, Rehabilitation. Habilitationsschrift 2001. Ameln, Falko von/Kramer, Josef: Führung als Konstruktion. Beiträge zu einer kons- truktivistischen Psychologie und ihre Anwendung auf die Erklärung und Ver- änderungen von Führung in Organisationen. (Gutachten: B. Gasch/J. Fengler) 2001. Bartmann, Silke: Der behinderte Mensch im Spielfilm. Eine kritische Auseinander- setzung mit Mustern, Legitimationen, Auswirkungen von und dem Umgang mit Darstellungsweisen von behinderten Menschen in Spielfilmen. (Gutachten: S. Solarovµ/E. Scóscµn) 2001. Bögemann-Großheim, Ellen: Die berufliche Ausbildung von Krankenpflegefachkräf- ten. Kontinuitäten, Reformansätze und Zukunftsrisiken einer Ausbildung beson- derer Art. (Gutachten: P. Vogel/G. Pätzold) 2001. Brinker-Meyendriesch, Elfriede: Untersuchung der Vernetzung von Theorie und Praxis in demStudiengang Pflegepädagogik an der Fachhochschule Münster. Ei- ne mehrperspektivische, formative Evaluation. (Gutachten: S. Metz-Göckel/M. Poser) 2001. Brück, Brigitte: Frauen und Rechtsradikalismus in Europa anhand von Interviews mit Frauen in Führungspositionen rechtsradikaler Parteien in der Bundesrepub- lik Deutschland, Frankreich und Italien. (Gutachten: S. Metz-Göckel/B. Rom- melspacher) 2001. Gedrath, Volker: Gesellschaftliche Modernisierung und Sozialpädagogik – Bürgerli- che SozialreformimVormärz. Bildung und Erziehung in der Übergangsgesell- schaft. (Gutachten: Th. Rauschenbach/H. Gängler) 2001. Gerling, Vera: Soziale Dienste für ausländische Senioren/innen bzw. ältere Angehöri- ge ethnischer Minderheiten: Erfahrungen aus Deutschland und Großbritannien und ein Vergleich kommunaler Praxis der Partnerstädte Dortmund und Leeds. (Gutachten: G. Naegele/L. Veelken) 2001. Häsel, Uta: Strategien der Lösung von Sachaufgaben. Theoretische Analyse und em- pirische Studien bei Schülerinnen und Schülern der Schule für Lernbehinderte. (Gutachten: B. Wember/P. Scheerer) 2001. Hemsteg-von Fintel, Renate: Vertrauensleute in der IG Metall – programmatischer Anspruch und Realität. (Gutachten: R. Kalbitz/G. Naegele) 2001. Hölschner, Petra: Mädchen und Jungen in Armut – Lebenslagen und Bewältigungs- strategien materiell deprivierter Jugendlicher. (Gutachten: E. Wacker/R. Stöpp- ler) 2001. Kastner, Beatrix: Optimierung der organisationsinternen Kommunikation. Öffent- licher Dienst und Unternehmen auf dem Weg zur lernenden Organisation. (Gut- achten: H. G. Rolff/B. Gasch) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 459

Kledtke, Herbert: ZumProblemvon Technik und Ethik amBeispiel der Ausbildung zumIngenieur. (Gutachten: G. Pätzold/P. Vogel) 2001. Knops, Heike: Die Verantwortung der Kirche in der Euthanasie-Frage. Eine Unter- suchung zu den historischen Wurzeln der Euthanasie-Diskussion in Kirche und Theologie. (Gutachten: H. Grewel/G. Wied) 2001. Knost, Eberhard: Auswirkungen von Armut und Arbeitslosigkeit auf die psycho- soziale Entwicklung der Betroffenen und deren Familien, insbesondere der Kin- der und Jugendlichen. (Gutachten: Th. Rauschenbach/W. Thole) 2001. Koske, Renate: Einschätzung, Veränderungsprozesse und Rehabilitation bei Schwer- hörigkeit imAlter. (Gutachten: G. Dupuis/L. Veelken) 2001. Kramer, Josef: siehe Ameln, Falko von. Kückmann-Metschies, Hedwig: Total-Quality-Management – Ein Weg zur Quali- tätssicherung an Fachschulen für Sozialpädagogik? (Gutachten: D. Höltershin- ken/G. Flößer) 2001. Maihack, Volker: Sprachheilpädagogik und Sprachtherapie. Zur historischen Ent- wicklung klinisch-therapeutischer Handlungsfelder von Sprachheilpädagogen unter besonderer Berücksichtigung der Zeit von 1945–1990. (Gutachten: G. Du- puis/F.-J. Stachowiak) 2001. Malmendier, Marcel: Trainierte Organisationskultur. Studien zur Struktur von Inter- ventionsprozessen amFall von Verhaltens- und Kommunikationstrainings. (Gut- achten: R. Hitzler/H. Metz-Göckel) 2001. Meinert, Silke: ¾sthetische Produktion in den frühen Entwicklungsphasen des Men- schen – Schlussfolgerungen und Kriterien im Umgang mit dieser Malerei. (Gut- achten: F.-W. Stallberg/K. Pfaff) 2001. Müller, Sabine: Gelingensbedingungen und Wirkungen interner Evaluation in Schu- len. Eine empirische Studie zu Sichtweisen und Erfahrungen von Lehrerinnen und Lehrern. (Gutachten: H. G. Rolff/H. Altrichter) 2001. Musenberg, Oliver: Das psychologische und pädagogische Konzept von Hans Würtz (1875–1958) vor demHintergrund seiner Biographie. Eine kritische Würdigung imSpannungsfeld sozialbiologischer und reformpädagogischer Positionen aus der Sicht der Körperbehindertenpädagogik. (Gutachten: S. Solarovµ/H. Stadler) 2001. Nagode, Claudia: Grenzenlose Konstruktionen – konstruierte Grenzen? Behinderung und Geschlecht aus der Sicht von Lehrerinnen in der Integrationspädagogik. (Gutachten: U. Schildmann/S. Metz-Göckel) 2001. Pourgholam-Ernst, Azra: Das Gesundheitserleben von Frauen aus verschiedenen Kulturen. (Gutachten: A. Franke/G. Lazarus) 2001. Wördemann, Dirk: Der bios nach Plutarch und das Evangelium nach Markus. Eine Untersuchung des Charakterbildes des Helden und des Christusbildes imEvan- gelium Jesu Christi. (Gutachten: D. Dormeyer/R. Kollmann) 2001. Zimmermann, Blanka: Indikation von Entspannungsverfahren bei Neurodermitis und Wirkungen von Entspannungsverfahren unter verschiedenen Durchfüh- rungsmodalitäten. (Gutachten: U. Petermann/Ch. Leyendecker) 2001. 460 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Dresden: Technische Universität Gemende, Marion: Interkulturelle Zwischenwelten: Bewältigungsmuster in der Mig- ration amBeispiel der Migrant/innen der ersten Generation in den neuen Bun- desländern. Habilitationsschrift 2001. Arnold, Helmut: Der Strukturwandel der Arbeitsgesellschaft und das sozialpolitische Mandat der Jugendberufshilfe. Eine historisch-systematische Studie. (Gutachten: L. Böhnisch/S. Müller/F. Nestmann) 2000. Enke, Thomas: Prozessstrukturen der Jugenddelinquenz. Empirische Beiträge zur pädagogischen Kriminologie und Ableitungen für die Interventionspraxis. (Gut- achten: L. Böhnisch/K. Lenz/Th. Olk) 2001. Orr, Dominic James: Die Finanzierungsmethodik im englischen Universitätssektor: eine verfahrensanalytische Untersuchung ihrer Implikationen und Folgen. (Gut- achten: D. Waterkamp/A. Wolter/U. Teichler) 2001. Pollhähne, Helga: Konzeptionen und Gestaltungsmöglichkeiten einer bewegungsori- entierten Grundschule. Theoretische Grundlagen und empirische Untersuchun- gen zur Perspektive der amProjekt „Bewegte Grundschule“ Beteiligten. (Gutach- ten: Ch. Müller/G. Landau/H. Petillon) 2001. Reinhard, Katrin: Verfahren des Bildungssponsorings an berufsbildenden Schulen. Ein Vergleich zwischen Deutschland und den USA. (Gutachten: D. Water- kamp/G. Wiesner/Th. Deißinger) 2001.

Düsseldorf: Universität Dieckmann, Willi: Zur Geschichte der Sammelschulen (Weltliche Schulen) zwischen 1919 und 1933 amBeispiel der Städte und Gemeinden Düsseldorf, Gräfrath, Höhscheid, Ohligs, Wald und Solingen. (Gutachten: D. Margies/G. Michel) 2001. Mevissen, Claudia: Kampf um schulische Mitbestimmung. Entscheidungsgeschichte des Schulmitwirkungsgesetzes im Lande Nordrhein-Westfalen. (Gutachten: D. Margies/Ch. Schwarzer) 2001.

Duisburg: Universität Gnahs, Dieter: Kumulative Habilitation 2001. Becker, Boris: Wahrnehmung und Wirkung der Trommel – Empirische Unter- suchungen zur Einschätzung von Trommeln und zum Erleben von Trommel- klängen. Bedeutung und Einsatzmöglichkeiten der Trommel in der Pädagogik. (Gutachten: R. Brunner/N. Linke) 2001. Beyen, Wolfgang: Handlungsorientierter Unterricht in der Warenverkaufskunde ei- ner branchengemischten Einzelhandelsklasse – Theoretische Studien und empiri- sche Befunde. (Gutachten: G. Kutscha/R. Dobischat) 2001. Hildebrandt, Ludger: Bildungsgangsdidaktische Überlegungen zur Lehrerbildung. (Gutachten: R. Dobischat/W. Habel) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 461

Neimeier, Gerhard: Empirische Untersuchungen zum Qualifikationsprofil des Sorti- mentsbuchhändlers unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung der neuen Medien. Eine explorative Studie mit einer Darstellung zum Beruf des Buchhändlers. (Gutachten: R. Dobischat/D.-J. Löwisch) 2001. Wösthoff, Martina: Der Funktionswandel der Lesebuchliteratur umdie Wende zum 19. Jahrhundert in Korrelation zumgesellschaftlichen Bildungsdenken amBei- spiel von Philipp Wilmsens Kinderfreunden. (Gutachten: R. Stach/K. Helmer) 2001.

Eichstätt: Universität Gerhard, Michael: Diakonisches Handeln – Ökonomisches Denken – Ethisches Er- wägen. Eine Untersuchung zu den sozialen, ökonomischen und ethisch-theologi- schen Grundlagen der Diakonie. (Gutachten: H.-L. Schmidt/Th. Strohm) 2000. Nechwatal, Gerhard: Die Leitung einer sozialen Einrichtung. Eine Analyse der Situa- tion von LeiterInnen sozialer Einrichtungen und der Unterstützungsmöglichkei- ten für die Personengruppe. (Gutachten: H.-L. Schmidt/E. Hischer) 2001.

Erfurt: Pädagogische Hochschule Rasch, Renate: Zum Arbeiten mit problemhaltigen Textaufgaben im Mathematik- unterricht der Grundschule. Habilitationsschrift 2001. Kanzler, Ines: Erziehung zur gesunden Lebensführung – Standpunkte, Analysen und Möglichkeiten für den Biologieunterricht. (Gutachten: S. Protz/H. Kemper/I. Heinzel) 2000. Schinkel, Kerstin: Zur Entwicklung der Fähigkeit Werten – untersucht imBiolo- gieunterricht der Klassenstufen 5 und 8 des Gymnasiums. (Gutachten: S. Protz/H. Kemper/I. Heinzel) 2000. Müller, Emil: Das Paradigma des Herbartianismus unter problemgeschichtlichem Aspekt. (Gutachten: P. Zedler/W. Lesanovsky/R. Coriand) 2001.

Erlangen-Nürnberg: Universität Barth, Anne-Rose: Konsistenzen und Inkonsistenzen zwischen Denken und Handeln von Lehrkräften imGruppenunterricht. Habilitationsschrift 2001. Afratis, Georgios: Struktur und Situation der Privatschulen des griechischen Staates in Bayern, dargestellt amBeispiel Nürnbergs. (Gutachten: W. Sünkel) 2001. Deffner, Sibylle: Die Nachkriegswirren imBayerischen Volksschulwesen 1945-1954 unter besonderer Berücksichtigung der amerikanischen Re-edukationsbemühun- gen. (Gutachten: W. Fürnrohr) 2001. Franke, Karl Heinz: Verlaufsformen der Entwicklung des Rechenbuchs der deut- schen Volksschule. (Gutachten: M. Liedtke) 2001. Goldmann, Ulrike: Der Zusammenhang von Entwicklung und Erziehung aus sys- temtheoretischer Sicht. (Gutachten: D. Spanhel/J. Forster) 2001. 462 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Kleber, Hubert: Reale Gewalt – mediale Gewalt. Förderung der Konfliktlösungs- fähigkeit von Schülern imRahmender moralischen Erziehung. Entwicklung, Er- probung und Evaluation eines Interventionsprogramms zur gewaltfreien Kon- fliktlösung. (Gutachten: D. Spanhel/E. Liebau) 2001. Leidner, Michael: Pädagogische Sinndeutungen nebenberuflicher Ausbilder im Handwerk. Eine Analyse ihrer subjektiven Theorien über die Ausbildung im Baugewerbe. (Gutachten: W. Sacher/D. Spanhel) 2001. Moser, Uta: WilhelmAlbert – Leben und Werk. (Gutachten: H. Glöckel) 2001.

Essen: Universität – Gesamthochschule Breuer, Jörg: ZumWandel kindlicher Lebens- und Bewegungswelten. Fallstudien zu Bewegungskindheiten imdichtbesiedelten Wohnquartier. (Gutachten: W. Schmidt/W. Landau) 2001. Frohnhofen, Achim: Raum – Region – Ort. Sozialräumliche Perspektiven Jugend- licher aus einer Landschaft zwischen Umstrukturierung und Demontage. (Gut- achten: W. Breyvogel/K. Klemm) 2001. Kersting, Karin: Berufsbildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Eine Studie zur moralischen Desensibilisierung im Pflegealltag. (Gutachten: A. Gruschka/M. Dietzel-Papakyriakou) 2001. Thierack, Anke: Berufliche Vorstellungen von Studierenden in den Lehrämtern Pri- marstufe und Sekundarstufe I/II – unter Berücksichtigung schulstufen- und ge- schlechtsspezifischer Besonderheiten. (Gutachten: E. Nyssen/B. Lumer) 2001.

Flensburg: Universität Ehmke, Timo: Eine Klasse beweglicher Figuren für interaktive Lernbausteine zur Geometrie. (Gutachten: A. Schreiber/H. Schumann/H. Wellstein) 2001. Wamisho, Aklilu Dalelo: Students’ Awareness of and Views about Natural Resource Degradation and Famine in Ethiopia – Implications for Geographic Education and Natural Resource Management. (Gutachten: M. J. Müller/R. Hoffmann/W. Aschauer) 2001.

Frankfurt a.M.: Universität Merkl, Gerhard: Die didaktische Dimension der Grundsätze ordnungsmäßiger Bi- lanzierung. (Gutachten: E. Wurdack/M. Horlebein) 2000. Deckert-Peaceman, Heike: Holocaust als Thema für Grundschulkinder? Ethnogra- phische Feldforschung zur Holocaust Education amBeispiel einer Fallstudie aus demamerikanischen Grundschulunterricht und ihre Relevanz für die Grund- schulpädagogik in Deutschland. (Gutachten: G. Beck-Schlegel/G. Scholz/H. Schreier) 2001. Dietenberger, Marcus: Moral, Bildung, Motivation – eine Theorie moralischer Handlungskompetenz und ihre schulpädagogischen Bezüge. (Gutachten: H. Hörner/M. Brumlik) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 463

Egloff, Birte: Das Praktikumaus Sicht von Studierenden. Diplom-Pädagogik und Humanmedizin im Kontext der Deutungsmuster Studium, Beruf, Biografie und Lebenswelt. (Gutachten: J. Kade/D. Nittel) 2001. Gissel-Palkovich, Ingrid: Total Quality Management in der Jugendhilfe? Von der Qualitätssicherung zur umfassenden Qualitätsentwicklung in der Sozialen Ar- beit. (Gutachten: H. Kallert/Ch. Schrapper) 2001. Gültekin, Nevâl: Bildung, Autonomie und Tradition. Doppelperspektivität biogra- phischer Prozesse in der Migration amBeispiel von Frauen und Familienaus der Türkei. (Gutachten: H. Kallert/U. Apitzsch) 2001. Jampert, Christa: Schlüsselsituation Sprache. Spracherwerb im Kindergarten unter besonderer Berücksichtigung des Spracherwerbs bei mehrsprachigen Kindern. (Gutachten: G. Iben/J. Zimmer) 2001. Roth, Christa: Beratung als Teil pädagogischer Professionalität. Versuch einer Pro- blemfeldanalyse, dargestellt am Beispiel einer Förderkonferenz. (Gutachten: G. Beck-Schlegel/W. Mutzeck) 2001. Steinert, Carsten: Gestaltung der Weiterbildung in kleinen und mittleren Unterneh- men – Situationsanalyse und Entwicklungsmöglichkeiten betrieblicher Weiterbil- dung. (Gutachten: M. Horlebein/H. Rommelfanger) 2001. Youssef, Reine: In Another Country: Environmental Education in Lebanon. Status and Potentialities. (Gutachten: H. Hess/R. Meier) 2001.

Freiburg i.Br.: Pädagogische Hochschule Kamke, Iva: Zur Allgemeinen Didaktik des Computer integrierenden Unterrichts unter besonderer Berücksichtigung des sprachlichen und des mathematischen Unterrichts an der Sekundarstufe I. (Gutachten: W. à Brassard/H. Finger) 2000. Kneile-Klenk, Karin: Der Nationalsozialismus in Unterrichtsfilmen und Schulfern- sehsendungen der DDR. (Gutachten: W. Hug/K. Schubring) 2000. Böhmer, Anselm: Kosmologische Didaktik – Lernen und Lehren bei Eugen Fink. (Gutachten: F. Graf/W. Mattl/W. à Brassard) 2001. Kobler, Jan: Pädagogische Transformationsprogramme in der CR 1990–1999. Aus- gangspunkte, Grundlagen und Tendenzen amBeispiel der Fachkonzeption Kunstpädagogik. (Gutachten: G. Brinkmann/B. Bischoff) 2001. Kokemüller, Birgitt: Jüdische Identität nach der Shoah als Thema in ausgewählten Kinder- und Jugendbüchern. (Gutachten: B. Feininger/P. Fiedler) 2001. Lechner, Jörg Johannes: Die philosophisch-anthropologische Ethik Hans Reiners und ihre Bedeutung für eine lebensbezogene Pädagogik. (Gutachten: N. Hup- pertz/F. Filser) 2001. Maldacker, Dietmar: Abt Anselm II. von Salem (1746–1778) – Leben und pädagogi- sches Wirken imZeitalter der Aufklärung. (Gutachten: F. Enz/F. Graf/X. Fieder- le) 2001. Mentz, Olivier: Zur Entwicklung der nationalen und europäischen Dimension in der Geographiedidaktik Frankreichs. (Gutachten: H. Haubrich/E. Rattunde) 2001. 464 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Wollny-Ullrich, Evelin: Entwicklung und Erprobung eines Konzepts zur Weiterqua- lifizierung von ukrainischen Lehrkräften imFach Deutsch. (Gutachten: W. Roth/W. Schwark) 2001.

Freiburg i.Br.: Universität Abs, Hermann-Josef: Helfendes Engagement in der Reflexion junger Erwachsener. (Gutachten: G. Eigler/N. M. Seel) 2000. Wegner, Marion: Analyse personaler Entwicklungsprozesse imManagement. Coaching von Führungskräften. (Gutachten: G. Eigler/H. Schüpbach) 2000. Al-Diban, Sabine: Pädagogische Diagnose mentaler Modelle. (Gutachten: N. M. Seel/K.-P. Wild) 2001.

Gießen: Universität Westphal, Kristin: Wirklichkeiten von Stimmen. Grundlegung einer Theorie der me- dialen Erfahrung. Eine Analyse von Stimmen als und im Medium unter erzie- hungswissenschaftlicher Perspektive. Habilitationsschrift 2001. Kremer, Gabriele: Psychopathenfürsorge in der Weimarer Republik: Anspruch und Alltag einer pädagogisch-psychiatrischen Bewegung amBeispiel des Heimsfür jugendliche Psychopathinnen in Hadamar. (Gutachten: M. Schwander/M. Ver- nooij) 2001.

Göttingen: Universität Bendorf, Michael: Förderung der flexiblen Anwendung von Wissen in der betriebli- chen Ausbildung von Bankkaufleuten. (Gutachten: F. Achtenhagen/W. Benner) 2001. Chang, Yu-Chen: Gesundheit in Fernsehen und Internet. Eine Studie über Angebot, Qualität und Nutzung von Gesundheitserziehung in den Medien. (Gutachten: Ch. Krause/H.-D. Haller) 2001. Martin, Ernst: Sozialpädagogische Berufsethik – Ethische Probleme und Prinzipien des sozialpädagogischen Handelns. (Gutachten: D. Lemmermöhle/R. Müller) 2001. Reinkensmeier, Sandra: Problemlösendes Handeln in der Ausbildung von Bankkauf- leuten. (Gutachten: F. Achtenhagen/W. Benner) 2001.

Greifswald: Universität Kelek, Neclµ: IslamimAlltag – IslamischeReligiosität und ihre Bedeutung in der Le- benswelt von Schülerinnen und Schülern türkischer Herkunft. (Gutachten: A. Pehnke/U. Neumann/W. Weiße) 2001. Maykus, Stephan: Schulalltagsorientierte Sozialpädagogik. Begründung und Kon- zeptualisierung schulbezogener Angebote der Jugendhilfe. (Gutachten: F. Prüß/ H.-E. Colla-Müller) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 465

Hagen: FernUniversität – Gesamthochschule Gidion, Gerd: Modulares arbeitsnahes Lernen in der Stahlbaumontage. (Gutachten: W. Georg/G. Wiendieck) 2001. Görtz, Günther: Die gesellschaftliche Relevanz außerschulischer Musikbildung. Qua- litative Untersuchung zu Entwicklungschancen und -problemen musizierender Jugendlicher imaktuellen gesellschaftlichen Kontext. (Gutachten: Th. Heinze/A. Gethmann-Siefert) 2001. Scherrer, Martin: Grundlagen und Entwicklung einer guten Schule – Impulse für die österreichische Hauptschule. (Gutachten: H. Dichanz/R. Pfundtner) 2001.

Halle-Wittenberg: Universität Heinzel, Friederike: Kinder imKreis – Kreisgespräche in der Grundschule als Sozia- lisationssituation. Habilitationsschrift 2001. Drechsler, Christiane: Zur Lebensqualität Erwachsener mit geistiger Behinderung in verschiedenen Wohnformen in Schleswig-Holstein. (Gutachten: W.-R. Wal- burg/G. Theunissen/H. Bergeest) 2001. Kolbinger, Martin: Gemeinsam den Aufbruch wagen! Einstellungen, Planungsüber- legungen und situative Kognitionen von Heimpädagogen bei der Gestaltung er- lebnispädagogischer Kurzzeitmaßnahmen. Eine reflexive Analyse dreier Fallpor- traits mit Schlussfolgerungen für die Theorie und Praxis der Erlebnispädagogik bei Jugendlichen mit speziellen Erziehungserfordernissen. (Gutachten: G. Opp/O. Speck) 2001. Kramer, Rolf-Torsten: Das schulbiographische Passungsverhältnis. Hermeneutische Rekonstruktionen zumVerhältnis von Schülerbiographie und Schulkultur. (Gut- achten: W. Helsper/H.-H. Krüger) 2001. Seyfarth, Annnett: Organisationsentwicklung als Herausforderung. Ausgewählte Aspekte der Gestaltung von Organisationen unter Würdigung der Theorie des Konstruktivismus. (Gutachten: H. Wenzel/U. Sander) 2001.

Hamburg: Universität Knauth, Thorsten: Problemorientierter Religionsunterricht. Eine kritische Rekon- struktion. Habilitationsschrift 2001. Lehmkuhl, Kirsten: Unbewusstes bewusst machen. Vom Nutzen psychoanalytischer Erkenntnisse in der Vermittlung selbstreflexiver Fähigkeiten zur Bewältigung neuer Formen der Arbeitsorganisation. Habilitationsschrift 2001. Schroeder, Joachim: Bildung im geteilten Raum. Schulentwicklung unter Bedingun- gen von Einwanderung und Verarmung. Habilitationsschrift 2001. Weber, Peter J.: Virtuelles Lernen und europäische Integration – Grenzen und Nut- zen von Internetlernumgebungen für Präsenzhochschulen. Habilitationsschrift 2001. Korrektur für 2000: Bei den Promotionen für das Jahr 2000 wurde von der Univer- sität in einemFall versehentlich ein falscher Titel gemeldet; die richtige Angabe lau- tet folgendermaßen: 466 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Schöpke, Henning: Erleben bewirkt Wandel. Wege zu einer nachhaltigen Verant- wortlichkeit. (Gutachten: K. Reinhardt/E. Grimmel/J. Petersen/H. Schreier/H. Sienknecht) 2000. Ajavon, Paulina: Die Aufnahme nigerianischer Gebärden in die Gehörlosenpädago- gik in Nigeria: Eine Pilotstudie. (Gutachten: K. Günther/H. Wudtke/G. Renzel- berg/I. Gogolin/R. Kokemohr) 2001. Angress, Alexandra: Selbstorganisiertes Lernen als Paradigma der betrieblichen Wei- terbildung? EU-Programm- und Projektergebnisse. (Gutachten: P. Faulstich/T. Stahl/W. Brand/H. Scarbath/Ch. Zeuner) 2001. Behm, Britta: Moses Mendelssohn und die Transformation der jüdischen Erziehung in Berlin. (Gutachten: I. Lohmann/Ch. Mayer/G. von Staehr/H. Sienknecht/H. Decke-Cornill) 2001. Bonk, Wendy-Jean: English second time around: Fremdsprachenlernen – ein Weg mit Hindernissen? (Gutachten: M. Meyer/B. Schenk/H. Decke-Cornill/P. Faul- stich/L. Legenhausen) 2001. Coelen, Thomas: Pädagogik und kommunale Öffentlichkeit. Jugend und Schule im Hinblick auf eine raumbezogene Identitätsbildung. (Gutachten: H. Richter/M. Meyer/H. Scarbath/A. Combe/I. Lohmann) 2001. Friedemann, Hans-Joachim: Zur Mitwirkung von „Gästen“ in Schule und Unter- richt: Stücke zu einer Theorie sozialräumlicher und kulturbezogener Schulent- wicklung. (Gutachten: U. Neumann/T. Hofsäss/G. Hiller/H. Gudjons/H. Schrei- er) 2001. Gefert, Christian: Didaktik theatralen Philosophierens. Untersuchungen zumZu- sammenspiel argumentativ-diskursiver und theatral-präsentativer Verfahren bei der Texteröffnung in philosophischen Bildungsprozessen. (Gutachten: E. Mar- tens/B. Lecke/H. Hastedt/U. Gebhard/M. Dehn) 2001. Haedayet, Walter: Lehrerarbeit imSpannungsfeld von beruflicher Belastung und Ge- sundheitsförderung. Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung einer Befragung von pensionierten Grund-, Haupt- und Realschullehrkräften. (Gut- achten: W. Wallrabenstein/A. Combe/W. Weichert/A. Wagner/R. Luca) 2001. Hagen, Jutta: Ansprüche an und von Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung in Tagesstätten. Aspekte der Begründung und Anwendung lebens- weltorientierter pädagogischer Forschung. (Gutachten: I. Beck/U. Neumann/ K.-D. Schuck/T. Hofsäss/M. Schmidt-Grunnert) 2001. Kandzora, Gabriele: Subjektentwicklung imMediumpolitischen Lernens. Theoreti- sche Konzepte, gesellschaftliche Analysen und Überlegungen zur Lernpraxis und zumpädagogischen Handeln. (Gutachten: B. Claußen/B. Lecke/G. Schottmay- er/H. Faulstich-Wieland/M. Dehn) 2001. Linhart, Heike: „Soziale Frauenbetriebe“ in Niedersachsen – Eine qualitative Studie zur Wiedereingliederung von Frauen in das Erwerbs- oder Berufsleben. (Gutach- ten: P. Faulstich/U. Heyder/K. Büchter/Chr. Mayer/T. Tramm) 2001. Lürßen, Uta: Untersuchung zumWortschatz und phonologischen Gedächtnis bei Cochlear-Implant (C1)-versorgten Kindern. (Gutachten: M. Rothweiler/G. Homburg/D. Rhenius/A. Welling/H. Willenberg) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 467

Marquard, Arwed: „Zwischenwelten“ – Jugendliche zwischen Schule und Straße: ei- ne empirische Untersuchung im Hamburger Bahnhofsmilieu. (Gutachten: B. Warzecha/H. Wocken/H. Richter/H.-Ch. Koller/W. Grünberg) 2001. Plöhn, Inken: Zur erziehungswissenschaftlichen Relevanz des „Flow“-Begriffes. (Gutachten: W. Lauff/H. Opaschowski/A. Wagner/M. Kipp/R. Mielke) 2001. Spörlein, Eva: „Natrium ist ein Element mit einem so ’nem Ding im äußeren Kreis.“ Chemielernen in der Sekundarstufe I am Beispiel des Schulversuchs „Profilklas- sen“. (Gutachten: B. Schenk/M. Meyer/R. Mielke/A. Combe/U. Gebhard) 2001.

Hamburg: Universität der Bundeswehr Severing, Eckart: Diffuse Lernwelten und institutionalisierte Weiterbildung. Habili- tationsschrift 2000. Fuleda, Stefanie: Zwischen Orientierung und Anleitung. Erwachsenenbildung im Dialog mit Psychologie. Ein interdisziplinärer Beitrag für eine subjektorientierte Lern- und Bildungskultur in der Trias Individuum, Gesellschaft und Wissen- schaft (Gutachten: L. R. Reuter/G. Strunk/F. Haeberlin) 2000. Petersen, Jendrik: Von den Managementtechniken zum „Dialogischen Manage- ment“. Die Ausgestaltung eines reflexiven Führungsmodells als erwachsenenpä- dagogische Herausforderung. Habilitationsschrift 2001. Heinbokel, Torsten: Kognitionspsychologische Grundlagen der Interfacegestaltung für die Prozessführung. Theoretische Konzepte und Ergebnisse empirischer Un- tersuchungen. (Gutachten: A. von Scheliha/R. Kluwe/R. Dieterich) 2001. Palt, Beatrix: Modernisierungsprozesse imspanischen und portugiesischen Schulwe- sen zwischen 1974/75 und 2000. (Gutachten: A. von Scheliha/R. Kluwe/A. Scheunpflug) 2001. Spandau, Ulrich: Mächtige Kommunikation im Organisationslernen. Fallstudie zur Ermöglichung dialogorientierten Managementhandelns in Organisationen. (Gutachten: A. von Scheliha/H. Geißler/P. Conrad) 2001. Ulrich, Uwe: Beteiligung in der Bundeswehr. Zwischen Humanität und Effizienz. (Gutachten: A. von Scheliha/L. R. Reuter/R. Dieterich) 2001. Zhang, Xinke: Vomdeutschen Hochschulsystemlernen? Ein Beitrag zur Analyse und Reformder chinesischen Hochschulverwaltung unter Bezugnahmeauf das deutsche Hochschulwesen. (Gutachten: A. von Scheliha/L. R. Reuter/M. Jour- dan) 2001.

Hannover: Universität Dühlmeier, Bernd: Und die Schule bewegte sich doch. Die „kleinen“ Reformpädago- gen und ihre Projekte in der niedersächsischen Volksschule während der ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte. Habilitationsschrift 2001. Günther, Matthias: Interesse amMitmenschen. Lebensstilorientierte Bibelerschlie- ßung imbiblischen Unterricht. Habilitationsschrift 2001. Habekost, Achim: Die DCR-Umweltschutztechnik als Unterrichtsgegenstand im Chemieunterricht. Habilitationsschrift 2001. 468 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Hansen, Detlef: Sprachbehindertenpädagogik als Integrations- und Handlungswis- senschaft. Habilitationsschrift 2001. Kaulen, Heinrich: Kinderlieder, Lehrstücke, Parabeln. Literatur für Kinder und Ju- gendliche bei Bertolt Brecht. Habilitationsschrift 2001. Rudnick, Ursula: Aber wie kommt es in jedes Dorf und jedes Haus? Judentum als Thema zeitgenössischer evangelischer Bildungsarbeit in der Bundesrepublik Deutschland. Habilitationsschrift 2001. Lucke, Inge: Die Rede von Gottes Geist in der Grundschule. (Gutachten: F. Johann- sen/U. Becker/K. Petzold) 2001. Reinhold, Camilla: Empathisches Verstehen und intersubjektives Gleichgewicht. Ei- ne kritische Analyse der Funktion der Perspektivenübernahme in religionspäda- gogischen Konzeptionen. (Gutachten: H. Norrmann/U. Becker/E. Billmann-Ma- hecha) 2001. Rhein, Rüdiger: Betriebliche Gruppenarbeit imKontext der lernenden Organisation. (Gutachten: L. Schäffer/H. Griese) 2001. Romppel, Joachim: Soziale Arbeit im Stadtteil. Praxisforschung zur Vernetzung in der Kinder- und Jugendhilfe. (Gutachten: H. Griese/M. Schmidt/M. Heiner) 2001. Schulze, Annette: Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit – eine ethische Auseinanderset- zung. (Gutachten: D. Bolscho/F. Johannsen) 2001.

Heidelberg: Pädagogische Hochschule Rass, Eva: Möglichkeiten Psychoanalytischer Pädagogik und analytischer Therapie bei sublimen und unerkannten Schwächen in der sensorischen Integration. (Gutachten: G.-B. von Carlsburg/R. Göppel) 2001.

Heidelberg: Universität Locher, Beate: Zwischen „Feuchtbiotop“, „Dritter Halbzeit“ und „Heiler Welt“: Not- wendigkeit und Möglichkeit suchtpräventiver Maßnahmen im Interventionsfeld jugendlichen Vereinssports. (Gutachten: M. Brumlik/H. Rieder) 2001. Pantazis, Vassilios: Geschichtsunterricht in der multikulturellen Gesellschaft. Das Beispiel der griechischen Migrantenkinder. (Gutachten: V. Lenhart/I. Diehm) 2001. Simon, Friedhelm: Soziale Arbeit mit Asylbewerbern. (Gutachten: M. Brumlik/V. Lenhart) 2001.

Hildesheim: Universität Krieg, Elsbeth: Die Entwicklung der öffentlichen Kleinkindererziehung imZusam- menhang mit der Entwicklung der Stadt und der Industrie zwischen 1871 und 1914. Eine Mikrostudie amBeispiel der Städte Köln, Krefeld und Bochum.Habi- litationsschrift 2001. Schubert, Volker: Erziehung und Gesellschaft in Japan. Studien zur vergleichenden Sozialisationsforschung. Habilitationsschrift 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 469

Berg, Meike: Jüdische Schulen in Niedersachsen. Die Schulen einer Minderheit zwi- schen religiöser Tradition, rechtlicher Emanzipation und gesellschaftlicher Assi- milation vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1938 (Jacobson-Schule in Seesen und Samsonschule in Wolfenbüttel). (Gutachten: R. Keck/W.-U. Friedrich/E. Schubert) 2001. Langer: Christian: Medien und Pädagogik. Zur Legitimation von Medienpädagogik auf prinzipienwissenschaftlicher Grundlage. Sinnorientierung und Differenzbe- wusstsein als Konstituenten einer bildenden Medienpolitik. (Gutachten: K. G. Pöppel/E. Cloer/S. Aufenanger) 2001. Rudolph, Margitta: Zur Kritik der außerschulischen Lernbegleitung. Eine empiri- sche Erhebung bei Eltern, LehrerInnen und Nachhilfeinstituten. (Gutachten: R. Keck/ O. Jaumann-Graumann/J. Bennack) 2001.

Hohenheim: Universität Sieger-Hanus, Beate: Einflussfaktoren auf die berufliche Sozialkompetenz und deren Entwicklung in der dualen kaufmännischen Erstausbildung – Theoretische Klä- rung und empirische Analyse. (Gutachten: D. Jungkunz/A. Kell) 2001.

Jena: Universität Meier, Dorothea: Werdendes Wissen und bewusstes Leben. Eine Untersuchung über den Zusammenhang von Friedrich Daniel Ernst Schleiermachers Pädagogik und Psychologie auf der Grundlage neu aufgefundener Mitschriften beider Kollegs aus den Jahren 1820/21. (Gutachten: M. Winkler/A. Langewand/J. Hopfner) 2001.

Kaiserslautern: Universität „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Karlsruhe: Pädagogische Hochschule Berger, Albert: Bildung und Ganzheit. Normkritisch-skeptische und prinzipienwis- senschaftliche Untersuchungen zur Einheit von Unterricht und Erziehung. (Gut- achten: J. Rekus/K. Fees) 2001. Gönnheimer, Stefan: Schule und Verantwortung. Zur Bedeutung einer ethischen Ka- tegorie in Erziehung und Unterricht. (Gutachten: J. Rekus/L. Kuld) 2001. Hedderich, Volker: Handlungsorientiertes Lernen imFernunterricht als Herausfor- derung für die Curriculumkonstruktion. Theoretische Überlegungen zur bei- spielhaften Umsetzung eines methodisch-didaktischen Modells. (Gutachten: A. Lipsmeier/K. Jenewein) 2001. Richter, Helmut: Konzepte zur Lernerfolgsüberprüfung im handlungsorientierten Berufsschulunterricht der Metalltechnik dargestellt an Beispielen aus demge- werblich-technischen Bereich. (Gutachten: K. Jenewein/A. Lipsmeier) 2001. 470 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Karlsruhe: Universität (Technische Hochschule) „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Kassel: Universität – Gesamthochschule Berner, Christiana: Topmanager im Spiegel historisch-normativer Aufgaben, aktuel- ler Images und biographischer Selbstpräsentationen. (Gutachten: L. Nellessen/G. Rosenthal) 2001. Budde, Monika: Sprachsensibilisierung: eine Übertragung des Language Awareness Konzepts auf den Deutschunterricht multikultureller Klassen der Sekundarstufe I. Entwicklung und Evaluation eines sprachsensibilisierenden Curriculums. (Gutachten: G. Neuner/N. Kruse) 2001. Ermeling, Ferdinand Jürgen: Die Berufspädagogik im Modernisierungsprozess: Be- rufspädagogik und Schlüsselqualifikationen. Dargestellt anhand des Konzeptes der Juniorenfirma als personalpolitisches Instrument zur Konditionierung von Handlungskompetenz. (Gutachten: G. Gerdsmeier/O. Kießler) 2001. Fischer, Thomas: Eine Mustersprache für das Design von Autorensystemen. Eine Anwendung des Open-Source-Entwicklungsmodells auf Entwurf und Herstel- lung von Lernsoftware. (Gutachten: W. Sanke/H. Dehlinger) 2001. Gerdes, Andrea: Zur Wirksamkeit von integriertem naturwissenschaftlichen Unter- richt – Empirische Untersuchungen zu Interessen und zum Selbstkonzept von Schülerinnen und Schülern. (Gutachten: H. Wöhrmann/R. Wodzinski) 2001. Kim, Mi-Seoung: Landeskunde im Deutschunterricht in Südkorea. Zur Reichweite der kommunikativen und interkulturellen Konzepte. (Gutachten: G. Neuner/A. Berndt) 2001. Kissmann, Ulrike: Die Narrationsanalyse biographischer Selbstpräsentationen von Experten/innen der Kerntechnik imSpiegel des parlamentarischen bzw. öffent- lichen Diskurses zur friedlichen Nutzung. (Gutachten: W. Fischer-Rosenthal/A. Knie) 2001. Maas, Michael: Adoleszenz und Schule – Eine empirisch-qualitative Studie zur emo- tionalen Bedürfnislage Jugendlicher in einer Freien Alternativschule. (Gutachten: R. Messner/A. Garlichs) 2001. Maierhof, Gudrun: Selbstbehauptung imChaos. Jüdische und weibliche Selbsthilfe imnationalsozialistischen Deutschland. (Gutachten: H. Feidel-Mertz/W. Aden- Grossmann) 2001. Morlang, Wilhelm: Veränderungsprozesse einer Reformschule – dargestellt am Bei- spiel der Wilhelm-Filchner-Schule (Gesamtschule Wolfhagen) von 1957–2000. Ein Beitrag zur Schulentwicklungsforschung und zur Geschichte der hessischen Schulreform. (Gutachten: D. Krause-Vilmar/E. Wicke) 2001. Müller, Hartmut: Personal- und Organisationsentwicklung auf der Grundlage von Qualitätsmanagement und der systemischen Theorie Senges – dargestellt am Beispiel der Wellnesshotels. (Gutachten: G. Neumann/J. Tümmers) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 471

Pfeiffer, Jörg: Strukturelle Integration von Umweltmanagementsystemen in gewerb- lichen Betrieben. Entwicklungsmöglichkeiten von Umweltmanagementsystemen, Interventionsmöglichkeiten von Interessenvertretungen und Empfehlungen für die Weiterbildung von Betriebsräten. (Gutachten: G. Neumann/A. Fischer) 2001. Pohl, Wilfried: Virtuelle Lernwelten vor demHintergrund sich wandelnder Unter- nehmen. Gestaltungsmöglichkeiten, Einsatzbereiche, Erfolgsfaktoren und Best Practice. (Gutachten: U. Winand/R. Hünerberg) 2001. Purmann, Ernst: Der Morgenkreis in der Eingangsstufe – dargestellt am Beispiel der Schule Vollmarshausen. (Gutachten: A. Garlichs/R. Messner) 2001. Schulz-Wendler, Bettina: Lernstile und Fremdsprachenlernen – Empirische Studie zum computergestützten Grammatiklernen. (Gutachten: M. Raupach/H.-D. Hal- ler) 2001. Stechmeyer-Emden, Kurt: Perspektiven des Dualen Systems der kaufmännischen Be- rufsausbildung – Einschätzungen der Arbeitgeberverbände und der Gewerk- schaften. (Gutachten: H. Dedering/G. Neumann) 2001. Wollert, Mattheus: Gleiche Wörter – Andere Welten. Interkulturelles Lernen im Grundwortschatzbereich. Empirisch basierte Untersuchungen zum Unterricht Deutsch als Fremdsprache an Universitäten in Südkorea. (Gutachten: G. Neu- ner/I. Warnke ) 2001.

Kiel: Universität Dombrowski, Stefan: Studien zur Theorie der realistischen Bildung. Systematik – Geschichte – Didaktisches Zukunftspotential. Habilitationsschrift 2000. Bach, Jürgen: Religion in der Kindheit – Zur Entstehung religiöser Vorstellungen bei Kindern imVorschulalter. Didaktik der Evangelischen Religionslehre. Habilitati- onsschrift 2001. Breier, Karl-Heinz: Leitbilder der Freiheit und ihre Bedeutung für die politische Bil- dung in einer Republik. Habilitationsschrift 2001. Anderssohn, Stefan: Religionspädagogische Forschung als Beitrag zur religiösen Er- ziehung und Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung. (Gutachten: W.-R. Walburg/K. Kürzdörfer/H. Grothaus) 2001. Kolshorn, Malte: Systemische Verkehrserziehung von Kindern mit geistiger Behin- derung zur Integration mit curricularen Folgerungen. (Gutachten: W.-R. Wal- burg/R. Stöppler) 2001. Räther, Hartmut: Ökonomische Bildung in der gymnasialen Oberstufe. Das Fach- gymnasium – wirtschaftlicher Zweig. (Gutachten: E. R. Dall’Asta/K.-P. Kru- ber/H. Friedrich) 2001. Schürmann, Jasmin-Yvonne: Lexikalische Kollokationen im Lernwörterbuch. Ana- lyse ausgewählter Lernwörterbücher des Englischen und Entwicklung eines Kon- zeptes für ein Kollokationslernwörterbuch. (Gutachten: K. Detering/J. Bahns/W. Ulrich) 2001. Tews, Dagmar: Der sogenannte Offene Unterricht vor dem Hintergrund schultheo- retischer, curricularer und psychologischer Kriterien. (Gutachten: D. Klemenz/K. Westphalen) 2001. 472 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Tuider, Elisabeth: Sexualerziehung – Sexualupplysning: Der Geschlechterdiskurs im Spannungsfeld von Kultur und Subjektivität. Ein Länderverleich Österreich und Schweden. (Gutachten: U. Sielert/K. Etschenberg/G. Hanisch) 2001. Koblenz-Landau: Universität Biewer, Gottfried: VomIntegrationsentwurf der Sozialpädiatrie zur Theorie der ein- beziehenden Schule. Habilitationsschrift 2001. Laux, Hermann: Prozesse originären Lernens in offenen Unterrichtssituationen der Grundschule. Habilitationsschrift 2001. Biehler, Kurt: Ansätze der Gestaltungsautonomie an Grundschulen. Eine empirische Untersuchung zur Einstellung von Lehrern, Schulleitern und Schulräten. (Gut- achten: H. L. Gukenbiehl/H. Petillon) 2001. Broich, Peter: Der Abbruch eines Schulversuchs mit gemeinsamem Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderungen. (Gutachten: D. Kroppenberg/K. AndrØ) 2001. Doll, Johannes: Fachunterricht an deutsch-brasilianischen Begegnungsschulen. Eine Untersuchung zur Sprachkompetenz von Schülern in zweisprachigen Klassen. (Gutachten: I. Hegele/H. Reich) 2001. Gimmler, Roland: Kognitive und motivationale Dimensionen der Multimedianut- zung. Eine explorative Analyse – basierend auf individuellen Entscheidungen zur Nutzung von Anwendungen auf multimediafähigen Computern. (Gutachten: P. Nenniger/B. Schwarz) 2001. Köln: Deutsche Sporthochschule Wassong, Stephan: Pierre de Coubertin – US-amerikanische Studien und ihre Be- deutung für die Analyse seiner frühen Erziehungskampagne. (Gutachten: D. Quanz/ W. Decker) 2000. Auras, Thomas: Kinder als Bewegungsexperten. Ein subjektorientiertes Konzept des freien Bewegens. (Gutachten: W. Kleine/F. Thiemann) 2001. Varsamis, Panagiotis: Förderung des Selbstwertgefühls und der sozialen Kompetenz Körperbehinderter durch sportdidaktische Maßnahmen. (Gutachten: R. Erd- mann/K. Schüle) 2001. Köln: Universität Dederich, Markus: Behinderung, Medizin und Ethik. Behindertenpädagogische Re- flexionen über Grenzsituationen amAnfang und Ende des Lebens. Habilitations- schrift 2001. Kaul, Thomas: Kommunikation schwerhöriger Erwachsener. Habil.-Schrift 2001. Leiprecht, Rudolf: Alltagsrassismus. Diskurse, Repräsentationen und subjektive Um- gangsweisen. Eine Untersuchung bei Jugendlichen in Deutschland und den Nie- derlanden. Habilitationsschrift 2001 Beutner, Marc: Ausbildungsbereitschaft von Klein- und Mittelbetrieben – Eine wirt- schaftspädagogische Studie zur Ermittlung der Determinanten der Ausbildungs- bereitschaft. (Gutachten: M. Twardy/L. Fischer) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 473

Coenen, Olaf: Entwicklung und Evaluation einer Architektur für ein Systemzur Un- terstützung universitärer Lehr- und Lernprozesse. (Gutachten: M. Twardy/L. Fi- scher) 2001. Eckert, Andreas: Erfahrungen und Bedürfnisse von Eltern behinderter Kinder als Grundlage familienorientierter Angebote in der Heilpädagogik. (Gutachten: G. Antor/W. Dreher) 2001. Forster, Julia: Veränderungen der Körperzufriedenheit bei anorektischen und buli- mischen Patientinnen nach einjähriger teilstationärer und ambulanter Psycho- therapie. Eine empirische Vergleichsstudie und die Darstellung eines körperthe- rapeutischen Behandlungskonzeptes bei Essstörungen. (Gutachten: J. Fengler/B. Januszewski) 2001. Kiedrowski, Joachimvon: Modellierung der virtuellen Akademiedes Handwerks – unter besonderer Berücksichtigung der Bewertung von Lehr-/Lernplattformen mit Methoden des Total Quality Managements. (Gutachten: M. Twardy/D. Seibt) 2001. Kneip, Stefanie: Psychogene Dysphonien bei Erwachsenen. (Gutachten: G. List/A. Welling) 2001. Kroeff, Adriane Maria Santos: Mittelohrerkrankungen in der Kindheit. Ein Scree- ningverfahren mit dem Ziel der Prävention von Lernbehinderung. (Gutachten: K. H. Wisotzki/G. Antor) 2001. Malmede, Hans: Jugendkriminalität und Zwangserziehung im Deutschen Kaiser- reich bis 1914. Ein Beitrag zur Historischen Jugendforschung. (Gutachten: Ch. Berg/G. Bers) 2001. Müller, Susanne: Bindung, psychische Auffälligkeit und Selbstbild von Jugendlichen im Heim. (Gutachten: R. Schleiffer/H. Buchkremer) 2001. Prause, Manuela Carmen: Musik und Gehörlosigkeit: Therapeutische und pädagogi- sche Aspekte der Verwendung von Musik bei gehörlosen Menschen unter beson- derer Berücksichtigung des anglo-amerikanischen Forschungsgebiets. (Gutach- ten: W. Piel/F. Coninx) 2001. Schöneberg, Arnd: Rehabilitative Kunsttherapie älterer und alter Menschen. Ein An- satz auf der Basis semiotisch-ästhetischer Erkenntnistheorien. (Gutachten: B. Wichelhaus/H.-G. Richter) 2001. Schulte, Annemarie: Staunen-Lernen. Staunen und seine Bedeutung für den Sach- unterricht in der Grundschule. (Gutachten: H.-R. Becher/U. Timm) 2001. Stroß, Rudolf: Selbstbeobachtung, Ressourcenaktivierung, Selbstveränderung. Mo- delle und Methoden der Selbststeuerung. (Gutachten: J. Fengler/Kirfel) 2001. Thevissen, Wolfgang: Das neue Institutionsparadigma der Erwachsenenbildung. Weiterbildung und Selbstorganisationsmodelle des Lernens im Kontext der ko- gnitiv-reflexiven Wende (aus wirtschaftspädagogischer Perspektive). (Gutachten: M. Twardy/J. Aff) 2001. Voss, Anja: Geschlechterkonstruktionen imSport. Zur Bedeutung (de-)konstrukti- vistischer Konzeptionen von Geschlecht. (Gutachten: B. Koch-Priewe/J. Ben- nack) 2001. 474 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Konstanz: Universität Die Universität Konstanz teilt mit, „dass der bisher dem Bereich Erziehungswissen- schaft zugewiesene Lehrstuhl durch den Senatsbeschluss eine andere fachliche Aus- richtung erhalten hat, nämlich Medieninformatik. – Aus diesen Gründen sind in na- her Zukunft keine Habilitationen und Promotionen im Fach Erziehungswissenschaft zu erwarten.“

Landau: siehe Koblenz-Landau

Leipzig: Universität „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Ludwigsburg: Pädagogische Hochschule Volk-Moser, Andrea: Schule imKlinikum– pädagogischer Ort in medizinischem Feld. Eine empirische Untersuchung. (Gutachten: Ch. Ertle/H. Kautter) 2000. Esslinger, Ilona: Berufsverständnis und Schulentwicklung. Eine repräsentative Un- tersuchung zu schulentwicklungsrelevanten Berufsauffassungen von Lehrerinnen und Lehrern an Realschulen in Baden-Württemberg. (Gutachten: G. Unseld/D. Knab) 2001.

Lüneburg: Universität Nath, Axel: Bildungswachstumder Moderne. Euphorie und Skepsis – Enttäuschung und Pessimismus. Eine bildungshistorische Untersuchung zu den Öffnungsschü- ben der Bildungsselektion und den Konjunkturen der Lehrerdiskussion 1780–1996. Habilitationsschrift 2001. Brohl, Christiane: Displacement als kunstpädagogische Strategie. (Gutachten: M. Lenz-Johanns/M. E. Karsten/W. Engelhardt) 2001. Hempel, Brigitte: Möglichkeiten und Grenzen der Gesundheitsförderung älterer Menschen mit Hilfe des Konzeptes der Themenzentrierten Interaktion. (Gutach- ten: M. E. Karsten/W. Engelhardt/W. Kamps) 2001. Motschmann, Bettina: Die europäische Dimension in der Lehrerbildung. Eine Fall- studie des ITE-Netzwerkes an der Universität Lüneburg. (Gutachten: W. Kamps/J. Ziegenspeck/G. Classen-Bauer) 2001. Rosenhagen, Günther: Sozialpädagogik und Psychodrama. (Gutachten: F. Stimmer/ H.-E. Colla-Müller/W. Kamps) 2001. Stachowske, Ruthard: Die mehrgenerationale Entwicklung drogenabhängiger Le- bensentwürfe. (Gutachten: H.-E. Colla-Müller/U. Pfäfflin/W. Engelhardt) 2001. Wohlers, Lars: Informelle Umweltbildung am Beispiel der deutschen Nationalparks. (Gutachten: G. Michelsen/D. Bolscho/U. Stoltenberg) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 475

Magdeburg: Universität Friebertshäuser, Barbara: Fremde Lebenswelten verstehen – Ethnographische Feld- forschung und Kulturanalysen in der Erziehungswissenschaft. Habilitations- schrift 2001. Dietzel, Kerstin: Lebenswelten Jugendlicher während des Zweiten Weltkrieges, dar- gestellt amBeispiel der Kinderlandverschickung aus Schulen auf demGebiet des heutigen Sachsen-Anhalt. (Gutachten: R. Golz/M. Tullner) 2001. Jacobi-Riechert, Barbara: Personale Kompetenzen und soziale Rehabilitation. Zur Aus- und Weiterbildung von PädagogInnen unter besonderer Berücksichtigung der Basiskompetenzen. (Gutachten: W. Baudisch/V. Linneweber/D. Schmetz) 2001.

Mainz: Universität Höffer-Mehlmer, Markus: Erziehungsratgeber für Eltern. Zur Geschichte eines Gen- res. Habilitationsschrift 2001. Badawia, Tarek: „Der dritte Stuhl“ – Eine qualitative Studie imStil der Grounded Theory zum produktiven Umgang bildungserfolgreicher Immigrantenjugend- licher mit kultureller Diversität im Prozess der bikulturellen Identitätsbildung. (Gutachten: F. Hamburger) 2001. Bienengräber, Thomas: Die Entwicklungsbedingungen moralischen Urteilens – Eine analytische, systematische und empirische Untersuchung. (Gutachten: K. Beck/K. Breuer) 2001. Hummrich, Merle: Spannungsreiche Subjektkonstruktionen. Eine rekonstruktive Analyse von Bildungsbiografien aufstiegsorientierter Migrantinnen. (Gutachten: F. Hamburger) 2001. Kim, Young-Rae: Der Begriff der Bildung bei Immanuel Kant, Max Scheler und Theodor Ballauff. (Gutachten: E. Hufnagel) 2001. Maul, Bärbel: „Als Mensch, als Akademikerin, als Frau …“ – Frauen im Studium und akademischen Beruf in der Bundesrepublik Deutschland und in der Deut- schen Demokratischen Republik 1945–1965. (Gutachten: W. Helsper) 2001. Parche-Kawik, Kirsten: Kaufmännische Berufsethik im Spannungsfeld von individu- eller Entwicklung und ökonomischer Funktionalität. Zur Bestimmung des „Mo- ralisierungsbedarfs“ imKontext marktwirtschaftlicher Strukturen. (Gutachten: K. Beck/K. Breuer) 2001.

Mannheim: Universität Buhl, Monika: Der Einfluss familialer Bedingungen auf das politische Denken und Handeln Jugendlicher. (Gutachten: M. Hofer/S. Matthäus) 2001.

Marburg: Universität Hillig, Götz: „Verblaßte Gesichter, vergessene Menschen … 28 Portraits von ,Freun- den und ,Feinden A. S. Makarenkos“ und weitere Schriften. Habilitation 2001. 476 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Brake, Anna: Familie – Arbeit – Freizeit: Was zählt? Optionen der Lebensqualität in den Vorstellungen junger Erwachsener. (Gutachten: W. Wolf/B. Hafeneger) 2001. Huth-Hildebrandt, Christine: Das Bild von der Migrantin in seinemEntstehungs- zusammenhang – Auf den Spuren eines Konstrukts in der Migrationsforschung. (Gutachten: E. Rohr/B. Hafeneger) 2001. Klein, Regina: Der imaginierte Raum. Tiefenhermeneutische Fallstudien zur weibli- chen Selbstverortung imProzess der Modernisierung. (Gutachten: U. Prokop/M. Scharfe) 2001. Koch, Katja: Der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I als Schul- entwicklungsprozess – Eine empirische Regionalstudie zur Wahrnehmung und möglichen pädagogischen Gestaltung von Übergangsprozessen aus Lehrerinnen- und Lehrersicht. (Gutachten: P. Büchner/R. Lersch) 2001. Kontze, Arne: Der Reformpädagoge Prof. Dr. Ludwig Gurlitt (1855-1931): bedeu- tender Schulreformer oder „Erziehungsanarchist“? Ein Lebensbild als Beitrag zur Historiographie der Reformpädagogik. (Gutachten: R. Lersch/H. Stübig) 2001. Krus, Astrid: Die Beeinflussung von wahrgenommenen Handlungs-Ergebnis-Kon- tingenzen bei Kindern durch einen spezifischen mototherapeutischen Ansatz. (Gutachten: F. Schilling/K. Fischer) 2001. Petzold, Veit: Die bürgerlich-liberalen Traditionen der deutschen Behinderten- betreuung und ihre konsequente Verwirklichung während des Nationalsozialis- mus. (Gutachten: E. Rohrmann/W. Baudisch) 2001. Wendler, Michael: Diagnostik und Förderung der Graphomotorik. Konzeptionelle Überlegungen zu einementwicklungs- und bewegungsorientierten Schrift- spracherwerb. (Gutachten: F. Schilling/K. Fischer) 2001.

München: Technische Universität „Keine Verfahren abgeschlossen.“

München: Universität Gräsel, Cornelia: Ökologische Kompetenz – Analyse und Förderung. Habilitations- schrift 2000. Henninger, Michael: Die Förderung sprachlich-kommunikativen Handelns. Konzep- tion und Untersuchung einer konstruktivistischen Lernumgebung. Habilitati- onsschrift 2000. Pietraß, Manuela: Realitäts- und fiktionsbezogene Rezeption von Bewegtbildern als „Framing“. Ein Beitrag zur Medienpädagogik. Habilitationsschrift 2001. Reinhartz, Petra: Vomalten und neuen Zauber der Bildung. Mit einer Untersuchung zumBildungsverständnis von PädagogikstudentInnen. Habilitationsschrift 2001. Balk, Michael: Die Wirkung von Evaluationsrückmeldung und der Einfluss von Selbstwirksamkeitserwartungen auf Handlungsparameter von Lehrpersonen. (Gutachten: H. Mandl/J. Gerstenmaier) 2000. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 477

Bruhn, Johannes: Förderung des kooperativen Lernens über Computernetze – Pro- zesse und Lernerfolg beimdyadischen Lernen mitDesktop-Videokonferenzen. (Gutachten: H. Mandl/J. Gerstenmaier) 2000. Busse, Angelika: Analyse von Problemen studentischer Projektgruppen. (Gutachten: H. Mandl/J. Gerstenmaier) 2001. Eicher, Iris: Intervoice: Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems für Praxen der Stimmtherapie. (Gutachten: M. Grohnfeldt) 2001. Haberkorn, Friedrich: Neurogene Entwicklungsstörungen in der Schulvorbereiten- den Einrichtung für Entwicklungsverzögerte und Sprachauffällige unter besonde- rer Berücksichtigung der sensorischen Integration. (Gutachten: H. Baier) 2001. Kannewischer, Sybille: Epilepsie – eine chronische Erkrankung bei Kindern und Ju- gendlichen. Kenntnisse und Einstellung zur Epilepsie. Eine Umfrage bei Lehr- amtsstudenten und Lehrern verschiedener Schularten. (Gutachten: K. Bund- schuh) 2001. Linz, Maria: Die Erklärungskraft des Motivations-Prozess-Modells von Dweck und Legget bei der Veränderung sprachrezeptiven Handelns. (Gutachten: H. Mandl/L. von Rosenstiel) 2001. Reißfelder-Zessing, Michaela: Nutzorientierte Evaluation von Online-Lernen. (Gut- achten: H. Mandl/J. Gerstenmaier) 2001. Schmidt, Siegfried: Aktive Videoarbeit in der Schule zur individuellen Lernför- derung. Theoretische Grundlagen schulischer Medienerziehung und eine pro- duktive praktische Methode. (Gutachten: H. Baier) 2001. Scholpp, Hadumoth Radegundis: Das Sehen als Medium menschlicher Bildungspro- zesse. Eine Untersuchung zu pädagogischen, didaktischen und therapeutischen Dimensionen des Sehens mit Schwerpunkt im elementaren Bildungsbereich. (Gutachten: M.-A. Bäuml-Roßnagl) 2001. Zeitz, Renate: Anthroposophische Pädagogik zur Willensbildung des Kindes im Grundschulalter. Eine vergleichende Studie. (Gutachten: H. Tschamler) 2001.

München: Universität der Bundeswehr Hof, Christiane: Popularisierung als didaktisches Prinzip. Anmerkungen zu einem zentralen pädagogischen Konzept des 19. Jahrhunderts. Habilitationsschrift 2001. Schlattmann, Andreas: Analyse und Modifikation der Selbstpräsentation im Sport. Habilitationsschrift 2001. Birkner, Hans-Albert: Handeln und Emotionen im Erlebnissport – Theorie, didakti- sche Konzeption und empirische Analysen am Beispiel des Tauchsports. (Gut- achten: D. Hackfort/B. Strauß) 2001. Geramanis, Olaf: Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollier- barkeit. (Gutachten: K. A. Geißler/R. Zech/H. G. Lößl) 2001. Hoffmann, Elisabeth: Bewegungskoordination und Ermüdung. Eine Analyse bio- mechanischer und physiologischer Parameter bei zielgerichteten Wurfbewegun- gen. (Gutachten: K. Schneider/D. Jeschke) 2001. 478 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Miller, Michael: Produktives Verstehen. Beitrag zu einer rhizomatischen Fundierung der Wirtschaftspädagogik und ihres Bildungsanspruchs. (Gutachten: K. A. Geiß- ler/J. Rützel) 2001. Praxl, Norbert: Zur Bedeutung passiver Muskeleigenschaften für die menschliche Bewegungskoordination. (Gutachten: K. Schneider/G. Beier/H. Altenberger) 2001. Stich, Jutta: Alleinlebende: Gewinner und Verlierer imgesellschaftlichen Individuali- sierungsprozess. (Gutachten: W. Schefold/H. R. Vetter) 2001.

Münster: Universität Brenk, Markus: Kunsterziehung als pädagogisches Problem. Zur Bedeutung des his- torischen Konzepts der Kunsterziehungsbewegung für den kooperativen Dialog zwischen Allgemeiner Didaktik und Musikdidaktik. Habilitationsschrift 2001. Krisam, Ilse: Zum Studieren ist es nie zu spät. (Gutachten: G. Breloer/P. Heitkäm- per) 2001. Krönchen, Sabine: Mutiger werden und sich einmischen – auch in die eigenen An- gelegenheiten. Lehr-Lern-Geschichten interkultureller Bildungsgänge in der Aus- bildung von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern und Sozialpädagoginnen/Sozial- pädagogen. (Gutachten: H. Kordes/M. Krüger-Potratz) 2001.

Neubrandenburg: siehe Greifswald

Nürnberg: siehe Erlangen-Nürnberg

Oldenburg: Universität Fischer, Erhard: Auf demWeg zu einer systemischen Sichtweise. Geistige Behin- derung im Rahmen der ICIDH-2. Kumulative Habilitation 2001. Heckt, Dietlinde: Zur Lernzeitnutzung von Kindern in offenen und lehrerdominier- ten Lernsituationen. Kritische Fragen zumUnterricht. Habilitationsschrift 2001. Klees, Katharina: Entwicklungskonflikte in der Frühen Kindheit und ihre Auswir- kungen auf die Persönlichkeitsbildung – ein Aufgabenfeld pädagogischer Erzie- hungsberatung. Habilitationsschrift 2001. Opelt, Karin: Die Volkshochschule imBildungssystemder SBZ/DDR. Eine histori- sche Quellenanalyse zur Strukturbildung. Habilitationsschrift 2001. Bernath, Ulrich: Projektstudium– Fernstudium– Online-Studium.Gewaltfacetten in reflexiven männlichen Selbstbeschreibungen. (Gutachten: F. Busch/D. Garz) 2001. Eckert, Ela: Maria und Mario Montessoris Kosmische Erziehung. Vision und Kon- kretion. (Gutachten: H. Meyer/A. Kaiser) 2001. Eikenbusch, Gerhard: Schulentwicklung und Evaluation. Grundlagen – Ansätze – Verfahren. (Gutachten: H. Meyer/M. Ekholm/H. Kiper) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 479

Eulenburg, Nicole: Die Nachwuchsgeneration der deutschen Industrie zwischen Kar- riere, Kulturen und Bildung. Eine qualitative Studie zu Karriereverhalten und Auslandsentsendung, untersucht amBeispiel des Rückkehr- und Wiedereinglie- derungsverhaltens unter Berücksichtigung generationsspezifischer Merkmale. (Gutachten: B. Haupert//D. Garz) 2001. Kim, Young-Ran: Erziehungs- und Bildungsvorstellungen. Eine empirische Unter- suchung bei Schülern und Eltern in Südkorea. (Gutachten: W.-D. Scholz/H.-D. Loeber) 2001. Ohling, Maria: Die ledige Mutter und ihre Familie. Ganzheitliche Betrachtung einer besonderen Familienform. (Gutachten: W.-D. Scholz/J. von Maydell) 2001. Pan, Rong-Ji: Sohnespflicht. Eine Analyse der Familienbeziehungen im Alten China. (Gutachten: J. von Maydell/H.-D. Loeber) 2001. Pech, Detlef: „Neue Männer“ und Gewalt. Gewaltfacetten in reflexiven männlichen Selbstbeschreibungen. (Gutachten: A. Kaiser/U. Preuss-Lausitz) 2001. Richter, Hans-Joachim: Entwicklung und Evaluation der Ausbildungskonzeption „Praxisintegrierter Unterricht“ zur beruflichen Rehabilitation Behinderter – dar- gestellt amBerufsbildungswerk Leipzig für Hör- und Sprachgeschädigte GmbH. (Gutachten: W. Thimm/W. Mutzeck) 2001. Siebert, Ute: Bildung vomMenschen aus. Das Sokatische Gespräch imEntwick- lungsprozess Einer Welt. (Gutachten: B. Fülgraff/H.-D. Raapke) 2001.

Osnabrück: Universität Hellmann, Wilfried: Das Offene Kinder- und Jugendzentrum in der Lebenswelt sei- ner NutzerInnen. Eine Evaluationsstudie aus der Perspektive seiner BesucherIn- nen. (Gutachten: H. Müller-Kohlenberg/F. Loser/K. Münstermann) 2001. Kammann, Cornelia: „Ich stelle mich draußen hin … und wünsch mir eine Freun- din.“ Eine kritische Evaluationsstudie auf der Grundlage einer Befragung von Kindern und Jugendlichen aus Integrations-, Kooperations- und Sonderschul- klassen sowie Tagesbildungsstätten in Stadt und Landkreis Osnabrück. (Gutach- ten: H. Müller-Kohlenberg/P. Graf/W. Wittstruck) 2001.

Paderborn: Universität – Gesamthochschule Sabel, Martin: Selbstqualifikation als Leitidee der beruflichen Bildung. (Gutachten: W. Keim/E. König) 2001.

Passau: Universität Heinze, Achim: Kindgerechte Verkehrserziehung für die Grundschule auf der Grundlage einer vergleichenden empirischen Analyse von Schulwegsituationen aus der Sicht von Grundschülern. (Gutachten: H. Buchinger/G. Pollak) 2001. Loibl, Gabriele: Grundlegende Fähigkeiten und ihre Bedeutung für den Einsatz von Arbeitsmitteln im mathematischen Anfangsunterricht. Theoretische Bezüge, Konkretisierung und Evaluation imRahmeneines Unterrichtsprojekts in der 1. Jahrgangsstufe. (Gutachten: H. Buchinger/L. Bauer) 2001. 480 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Stakic-Robic, Helga: Wenn das Haus auf Sand gebaut ist. Lernprobleme in der Grundschule gezielt diagnostizieren und ganzheitlich bekämpfen. (Gutachten: H. Buchinger/N. Seibert) 2001.

Potsdam: Universität Kelle, Helga: Die interaktive Herstellung sozialer Ordnung durch Kinder. Habilitati- onsschrift 2001. Uhlendorf, Harald: Erziehung imsozialen Umfeld.Eine empirischeUntersuchung über Erziehung zwischen elterlicher Kontrolle und Freiräumen für Kinder in Ab- hängigkeit vom persönlich gestalteten und gesamtgesellschaftlichen Umfeld von Familien. Habilitationsschrift 2001. Durdel, Anja: Der Bildungsbegriff als individuelle Konstruktion. Orientierungs- und handlungsleitendes Potenzial der Bildungsidee: Konnotationen von Bildung im theoretischen Diskurs und in der schulpädagogischen Praxis. Erkundungsstudie. (Gutachten: U. Drews/W. Marotzki) 2001. Josties, Elke: Sinn imLeben und Sinn in der Musik – Mädchen, Musik, Förderung. (Gutachten: E. Flitner/Ch. Lüth) 2001.

Regensburg: Universität Barthelmeß, Manuel: Pädagogische Beeinflussung als Fremdorganisation. Ein sys- temtheoretisches Modell der Intervention. (Gutachten: E. Prokop/H. Gruber) 2001. Gallenberger, Wolfgang: Weiterbildungsabstinenz älterer Beschäftigter in einer al- ternden Erwerbsbevölkerung. (Gutachten: H. Heid/H. Gruber) 2001. Huber, Franz: Schule gestalten. Ergebnisse aus empirischen Erhebungen zu einem Schulversuch – ein Beitrag zur Analyse innerer Schulentwicklung. (Gutachten: H. J. Ipfling/H. Heid) 2001. Sgolik, Volker: Bildungsangebote für das Leben in Familien zwischen Andragogik und Sozialpädagogik. (Gutachten: E. Prokop/H. J. Ipfling) 2001.

Reutlingen: siehe Ludwigsburg

Rostock: Universität Burgert, Michael: Fit fürs Leben? Untersuchung zur nachschulischen Lebensbewälti- gung von benachteiligten jungen Menschen und Konsequenzen für den struktu- rellen Umbau der Oberstufe an Förderschulen. (Gutachten: U. Angerhoefer/G. G. Hiller/M. Wittrock) 2001. Pfeiffer, Silke: Philosophieren in der Grundschule? Versuch der Fundierung eines neuen Unterrichtsfaches. (Gutachten: H. J. Schmidt/H. Hastedt/H. Schreier) 2001. Zander, Gudrun: Schülermoderation und ihre Auswirkung auf die Gewaltreduzie- rung und auf das Schulklima – Eine empirische Untersuchung an drei Mecklen- burger Schulen. (Gutachten: M. Wittrock/ H. J. Schmidt/P. Paulus) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 481

Saarbrücken: Universität Werle, Petra: Zumberuflichen Selbstkonzept des Schulleiters. Eine Untersuchung zumberuflichen Selbstbild und Selbstverständnis von Schulleiterinnen und Schulleitern sowie deren Bedürfnisse und Erwartungen an die Schulleiterfortbil- dung. (Gutachten: P. Strittmatter/H. H. Zimmermann) 2001.

Schwäbisch-Gmünd: Pädagogische Hochschule „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Siegen: Universität – Gesamthochschule Bünder, Peter: „Ressourcen“ in der Sozialen Arbeit – Dimensionen, Perspektiven und Schwierigkeiten eines Modebegriffs. (Gutachten: S. Hering/S. Mrochen) 2001. Dentler, Karl-Heinz: Musikalische Handlung und deren biographische Funktionen. Eine qualitative Fallstudie zu sozialpädagogischer Gruppenarbeit imSetting „Rockmobil“. (Gutachten: J. Zinnecker/W. Klüppelholz) 2001. Herzberg, Irene: Kleine Singles – Lebenswelten von Schulkindern, die ihre Freizeit häufig allein verbringen. (Gutachten: J. Zinnecker/M. Kron) 2001. Paulini-Schneider, Christa: Der Dienst amVolksganzen ist kein Klassenkampf. Die Berufsverbände der Sozialarbeiterinnen imWandel der Sozialen Arbeit. (Gutach- ten: S. Hering/N. Schwarte) 2001. Renker, Gerhard: Neues Lernen. Eine subjektivwissenschaftlich orientierte Studie zu aktuellen Fragen der beruflichen Beratung von Jugendlichen. (Gutachten: B. Fichtner/R. Huisinga) 2001. Schmalbrock, Cornelia: Verstehen und Verständigung. Zur Entwicklung und Früh- förderung von Kindern mit Hörschädigung. (Gutachten: M. Kron/N. Schwarte) 2001.

Stuttgart: Universität Hoffmann, Petra: Sinnkrise als Herausforderung an existentielle Pädagogik. Von Bollnow über Jaspers zu Frankl und Dürckheim. (Gutachten: Th. Rütter/G. Bien/ K. Biller) 2001.

Trier: Universität Limbach-Reich, Arthur: Geistige Behinderung, Autoaggression und die emotionale Betroffenheit der Bezugspersonen. (Gutachten: H. G. Homfeldt/A. Fröhlich) 2001. Müller, Lothar: Didaktik der Menschenrechte. Beiträge zur didaktischen Strukturie- rung von Menschenrechtserziehung in der Schule aus theoretischer und empiri- scher Perspektive. (Gutachten: G. Müller-Fohrbrodt/K. P. Fritzsche) 2001. 482 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Tübingen: Universität Hauer, Wolfram: Das Schulwesen in Tübingen von seinen Anfängen im Spätmittel- alter bis 1806. (Gutachten: K. Prange/A. Schindling/U. Herrmann) 2000. Bährer, Sabine: Präventive soziale Faktoren imVorfeld der stationären Psychiatrie unter Einbezug von psychiatrischen Erkrankungsbildern. (Gutachten: M. Hei- ner/G. L. Huber) 2001. Fiedler, Harald: „Schaulust“. Ein soziales Phänomen und Möglichkeiten seiner päda- gogischen Beeinflussbarkeit. (Gutachten: S. Müller/G. Korff) 2001. Holoch, Elisabeth: Situiertes Lernen und Pflegekompetenz. Entwicklung, Einfüh- rung und Evaluation von Modellen Situierten Lernens für die Pflegeausbildung. (Gutachten: G. L. Huber/K. Kunert) 2001. Krupka, Bernd: „… die rechte Hand muss wissen, was die linke tut.“ Interkulturelles Lernen – Handeln im Zusammenspiel von Kulturdifferenz, Macht, Diskriminie- rung und Fremdwahrnehmung. (Gutachten: K.-E. Nipkow/L. Liegle) 2001. Painke, Uwe: Gemeinwesen gegen Gewaltkriminalität. Neighbourhood Safety in den USA. (Gutachten: H. Thiersch/S. Müller) 2001. Schmidt, Eva Maria: Mit Social Support vom Wissen zum Handeln. Die Wirkung „Kommunikativer Praxisbewältigung in Gruppen“ (KOPING) auf den Lernpro- zess von Erwachsenenbildnern. (Gutachten: G. L. Huber/D. Wahl) 2001.

Vechta: Hochschule Nüberlin, Gerda: Selbstkonzepte Jugendlicher und schulische Notenkonkurrenz. Analyse der Selbstbildentwicklung Jugendlicher als Anpassungsreaktion an Strukturanomien der schulischen Leistungsbewertung. (Gutachten: L. Wigger/ K.-D. Scheer/M. Kron) 2001.

Weingarten: Pädagogische Hochschule Jetter, Heiner Andreas: Entgrenzung schulischen Musikunterrichtens – Konzeption einer institutionenübergreifenden Musikerziehung (Gutachten: M. Ernst/A. Wer- ner-Jensen) 2000. Widmann, Dieter Gotthold: Geschichtsbewusstsein als geschichtswirksame Kraft. Sachsen und die Reichsherrschaft vom10. bis zum12. Jahrhundert. (Gutachten: K. Pellens/H.-U. Rudolf) 2000.

Wuppertal: Universität – Gesamthochschule Liesner, Andrea: Sicherheit pädagogisch. Eine historische und systematische Analyse von Sicherheitsbedürfnissen und Sicherheitsreklamationen. (Gutachten: J. Ruh- loff/H.-R. Müller) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 483

Würzburg: Universität Kim, Cheol: Zur Geschichte und Theorie des erzieherischen Verhältnisses – Versuch einer Rehabilitation und Revision der geisteswissenschaftlichen Theorie des er- zieherischen Verhältnisses aus der Sicht einer personalistischen Pädagogik. (Gut- achten: W. Böhm/W. Müller) 2001. Wehner, Ulrich: Pädagogik imKontext von Existenzphilosophie. Eine systematische Untersuchung imAnschluss an Eberhard Grisebach, Otto Friedrich Bollnow und Theodor Ballauff. (Gutachten: W. Böhm/H. Hopfner) 2001.

Zwickau: siehe Chemnitz-Zwickau

sterreich

Graz: Universität Gruber, Elke: Beruf und Bildung – (k)ein Widerspruch? Bildung und Weiterbildung in Modernisierungsprozessen. Habilitationsschrift 2001 Friedl, Theresia: Lebensbedingungen Jugendlicher in ländlichen Regionen. Eine Un- tersuchung von Jugendlichen zwischen 14 bis 19 Jahren imsteirischen Bezirk Feldbach. (Gutachten: J. Scheipl/ R. Egger) 2001. Gobiet, Maria: Erzogen und unterrichtet in der Klosterschule. Dargestellt amBei- spiel von Lebensläufen von AbsolventInnen der Grazer SacrØ Cœur. (Gutachten: R. Egger/G. Simon) 2001. Herfort-Wörndle, Ulla: Von der Altenbetreuung zur Eigeninitiative. (Gutachten: G. Iberer/G. Simon) 2001. Moriz, Werner: Bildung imZeitalter der Unschärfe. (Gutachten: E. Ribolits/W. Lenz) 2001. Müllner, Georg: Innovationsmanagement in Einrichtungen der beruflichen Erwachse- nenbildung – dargestellt amBFI Steiermark. (Gutachten: W. Lenz/G. Iberer) 2001. Resl, Eleonore: Existenzanalytische Erwachsenenbildung. Ein Beitrag zur Psycho- hygiene. (Gutachten: W. Lenz/E. Gruber) 2001. Stieber, Eva: Förderung von subjektorientierten Lehr- und Lernstrukturen in der be- ruflichen Weiterbildung. (Gutachten: R. Egger/E. Ribolits) 2001. Tropper, Andrea: Bildung als Partizipation. Kulturelle Bildung für Kinder und Ju- gendliche. (Gutachten: W. Lenz/R. Egger) 2001. Vogel, Walter: Religionsunterricht kommunikativ-vernetzt. Möglichkeiten religions- pädagogischer Arbeit imInternet. (Gutachten: G. Iberer/H.-F. Angel) 2001. Weber, Maria E.: Familien als Koproduzenten sozialpädagogischer Interventionen – Zur Innensicht Sozialpädagogischer Familienhilfe. (Gutachten: J. Scheipl/R. Eg- ger) 2001. Zebisch, Gudrun: Integrativer Englischunterricht für die Grundstufe I auf der Basis des lernpsychologischen Konzepts nach Howard Gardner. (Gutachten: G. Ibe- rer/A. Peltzer-Karpf) 2001. 484 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Innsbruck: Universität Niedecken, Dietmut: Geistig Behinderte verstehen. Habilitationsschrift 2001. Blaas, Regina Irene: Die Relevanz der Viabilität für eine ganzheitliche Wissenschaft: Das 4-Dimensionen-Modell in Konstruktivismus und Systemtheorie als theoreti- sche Grundlage für ein verantwortungsvolles Miteinander. (Gutachten: H. J. Walter/T. Hug) 2001. Burtscher, Reinhard: Unterstützte Beschäftigung amArbeitsmarkt. Die Arbeitsassis- tenz in der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen. (Gutach- ten: H. Hierdeis/V. Schönwiese) 2001. Helmut, Hans-Jörg: Böse Dinge als Elemente Offener Jugendarbeit vor dem Hinter- grund fehlender Professionalisierung. Eine Einzelfallstudie. (Gutachten: H. Pes- koller/P. Stöger) 2001. Loidold, Sabine: Kindergärtnerinnen in Südtirol auf universitären Ausbildungs- wegen. Begleitstudie. (Gutachten: H. Hierdeis/M. Schratz) 2001. Moser, Judith Maria: BILDEN wenn es umeine Körperlichkeit geht … (Gutachten: B. Rathmayr/Ch. Bertsch) 2001. Schrettl, Claudia Anna Maria: Partizipation von Kindern und Jugendlichen. (Gut- achten: B. Rathmayr/P. Stöger) 2001. Sorgo, Elisabeth: Die Brüste der Frauen – ein Symbol des Lebens oder des Todes? (Gutachten: H. J. Walter/C. Werlhof) 2001.

Klagenfurt: Universität Wächter, Christine: Technik-Bildung und Geschlecht. Ursachen für die Unterreprä- sentanz von Frauen in hochqualifizierten Technikberufen und Ansätze der Ver- änderung. Habilitationsschrift 2001. Astis, Andrea Birgit de/Staubmann, Dagmar: Zur Lebenssituation von Frauen mit Behinderungen in Kärnten. Unterstützungsinitiativen für ein selbstbestimmtes Leben. (Gutachten: H. Hovorka/E. Adam) 2001. Avad, Salwa Saad: Street Children in the Sudan: Working Towards Socio-Education- al Solution. (Gutachten: D. Larcher/J. Reichmayr) 2001. Gutowing, Michael Herbert: Zeit für Mehrsprachigkeit. Gründe für die Anmeldung bzw. Nichtanmeldung von Kindern zum bilingualen Unterricht in slowenischer und deutscher Sprache. (Gutachten: A. Fenk/A. BammØ) 2001. Hensel, Angela: Montessoripädagogik aus der Sicht der betroffenen Eltern. (Gutach- ten: E. Krainz/K. Ottomeyer) 2001. Huber, Pauline Gabriele: Suggestopädie auf demPrüfstand: Erfahrungen und Kritik einer Sprachlehrmethode. (Gutachten: P. Gstettner/D. Larcher) 2001. Schwarz, Gerhard Andreas: Interaktionserfahrungen mit Immigrantenkindern aus der Perspektive von Kärntner GrundschullehrerInnen. (Gutachten: K. Ottomey- er/P. Gstettner) 2001. Sendlhofer, Alexandra: „Sorgenkinder“ Hyperaktive Kinder. (Gutachten: H. Hovor- ka/E. Adam) 2001. Staubmann, Dagmar: siehe Astis, Andrea Birgit de. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 485

Uschnig, Agatha: Lebenswege schwierig gewordener Kinder und Jugendlicher bis hin zumErwachsenensein – Suche nach möglichen Ursachen, die ein Schwierig- werden auslösen. (Gutachten: H. Hovorka/K. Ottomeyer) 2001.

Linz: Universität „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Salzburg: Universität Weiglhofer, Hubert: Die Förderung der Gesundheit in der Schule. Habilitations- schrift 2000. Hopfgartner, Johannes: Drogenkult und Spiritualität in der psychedelischen Rock- musik und ihre musikpädagogische Relexion. (Gutachten: W. Roscher) 2000. Kabza, Helga: Gewalt in der Schule. Ein persistierendes Phänomen. (Gutachten: V. Krumm) 2000. Schweighart, Renate: Die Kovariationsinformation in der Attributionsforschung und ihre pädagogische Relevanz. (Gutachten: H. Astleitner) 2000. Baldauf, Christine: Sozialpädagogische Betreuungsarbeit zwischen Effizienz und Ef- fektivität. (Gutachten: J. Sauer) 2001. Fallend, Maria: Sonderpädagogische Diagnose imKontext sozio-kulturell benachtei- ligter Schülergruppen unter besonderer Berücksichtigung der Integration von Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. (Gutachten: J. Sauer) 2001. Leitner, Heidemarie: Schlüsselqualifikationen der Informationsgesellschaft. (Gutach- ten: H.-J. Herber) 2001. Mandour, Inas: Preparing a list of criterion competencies and their measuring. Test battery for the specialists in the field of educational technology fromthe theo- retical and practical points of view. (Gutachten: J.-L. Patry) 2001. Molan-Grinner, Siegfried: Bewegung und Abenteuer Natur Sprache: Pädagogische Entwicklung durch Outdoor-based-Training. (Gutachten: J.-L. Patry) 2001. Rahouma, Karem: Design and effectiveness evaluation of a suggested hypertext pro- gramfor teaching the educational technologists the skills of maintaining and troubleshooting the educational equipments. (Gutachten: P. Zinterhof) 2001.

Wien: Universität Gruber, Brigitte: Verhaltensauffälligkeiten, eine Folgeerscheinung frühkindlicher Be- wegungsstörung: Bildung und Erziehung: Lehrplan und Unterricht. (Gutachten: G. Hanisch/F. Oswald) 2000. Kalayci, Hüseyin: Sozialarbeit mit ArbeitsmigrantInnen. Alternativen zur konventio- nellen Praxis. (Gutachten: R. Stipsits/W. Datler) 2000. Mayer, Hanna: Die Ausbildung von Lehrkräften in der Gesundheits- und Kranken- pflege in Wien. (Gutachten: R. Olechowski/R. Forster) 2000. 486 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Puhm, Alexandra: Untersuchung über den kinderperzipierten Erziehungsstil in Fa- milien mit unterschiedlicher elterlicher Alkoholbelastung. (Gutachten: G. Ha- nisch/M. Friedrich) 2000. Weinhandl, Andrea: VomNutzen und Nachteil der Philosophie für die Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung des transzendentalphilosophischen Ansatzes. (Gutachten: M. Heitger/A. Schirlbauer) 2000. Ardelan, Michael: Kultur und Erziehung. (Gutachten: A. Schirlbauer/K. Garnit- schnig) 2001. Göllner, Manfred: Die Bildungs- und Lehraufgaben des Ethikunterrichts in Europa imVergleich. (Gutachten: A. Schirlbauer/W. Langer) 2001. Hufnagl, Anita: Der lange Weg: Kann die Europäische Integration zur Berufs- und Ausbildungsentwicklung der diplomierten medizinisch-technischen Analytikerin beitragen? (Gutachten: E. Ribolits/K. H. Gruber) 2001. Löscher, Harald: Disziplin und Unterrichtsstörungen: Eine empirische Unter- suchung über Lehrereinstellungen gegenüber Disziplin und Unterrichtsstörun- gen in der Sekundarstufe 1. (Gutachten: R. Olechowski/G. Hanisch) 2001. Mayr, Franz J. M.: Freizeit- und Seniorenanimation. (Gutachten: W. Schwenden- wein/R. Girtler) 2001. Pirstinger, Franziska: Der Einfluss der Unterrichtsmethode auf die Entwicklung der grafischen und malerischen Kompetenz von Schülern der mittleren Kindheit und Adoleszenz. (Gutachten: B. Rollet/A. Plank) 2001. Puhm, Erika: Bildung als Bollwerk gegen Gewalt: Die Schule als Ort der Vermittlung von Wissen und Werten. (Gutachten: M. Friedrich/T. Reinelt) 2001. Rabong, Sibille Beatrix: Zivildienst als Lernfeld: Lernen auf der Basis der österrei- chischen Zivildienstlegistik und imHinblick auf den permanenten pädagogi- schen Wert des Wehrersatzdienstes. (Gutachten: W. Schmidl/E. Ribolits) 2001. Rehar, Christine: Sein oder Schein: Erleidet der Mensch unserer Zeit einen Realitäts- verlust? – Insbesondere gesehen imHinblick auf Neue Medien Internet – Virtu- elle Realität – Cyberspace. (Gutachten: K. Garnitschnig/M. Heitger) 2001. Sattlberger, Eva: College preparatory mathematics versus offenes Lernen: Ein Ver- gleich zweier Mathematikprogramme hinsichtlich ihrer Eignung zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, basierend auf einer in Kalifornien durchgeführten Fragebogenuntersuchung. (Gutachten: G. Hanisch/F. Oswald) 2001. Schmidhofer, Hermine: Frau Drogensucht + Frau Mutterschaft = ? Kann es mit Un- terstützung des Helfersystems einen gemeinsamen Nenner geben? (Gutachten: W. Schmidl/G. Diem-Wille) 2001. Sperker, Leopold: Untersuchung der verschiedenen LehrerInnenausbildungen des Faches „Technisches Werken“ und der Schulrealität. (Gutachten: G. Hanisch/F. Oswald) 2001. Wagner-Haselbauer, Monika Maria: Bilinguale Didaktik in der Sekundarstufe 1. (Gutachten: W. Schwendenwein/A. Schirlbauer) 2001. Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001 487

Wien: Wirtschaftsuniversität Kotmoch, Alexandra Sonja: Interesse und Interessenveränderung. Eine empirische Untersuchung an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. (Gutachten: W. Schneider/G. Mikl-Horke) 2000.

Schweiz

Basel: Universität „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Bern: Universität Frei, Bernadette: Pädagogische Autorität. Eine empirische Untersuchung bei Schüle- rinnen, Schülern und Lehrpersonen der 5., 6. und 8. Schulklasse. (Gutachten: W. Herzog/F. Osterwalder) 2001.

Freiburg i.Ü.: Universität Baumgartner, Edgar: Die Organisation von Hilfeleistungen für behinderte Personen. Sozialpolitische Folgerungen aus einemPilotprojekt zu Assistenzdiensten. (Gut- achten: A. Godenzi) 2001. Fontana-Lana, Barbara: Un’analisi del concelto di decisione nel campo della defi- cienza intellettuale. (Gutachten: J.-L. Lambert/M. Widmer) 2001. Hartmann, Erich: Möglichkeiten, Effekte und Grenzen einer präventiven Förderung der phonologischen Bewusstheit von lautsprachgestörten Kindergartenkindern – Theoretische Grundlagen, praktische Erprobung und empirisch-analytische Eva- luation imRahmeneiner sprachheilpädagogischen Interventionsstudie. (Gutach- ten: U. Haeberlin/G. Bless) 2001. Seiler, Stefan: Führungsverantwortung. Eine empirische Untersuchung zum Berufs- ethos von Führungskräften amBeispiel von Schweizer Berufsoffizieren. (Gutach- ten: F. Oser/R. Steiger) 2001. Wild-Näf, Martin: Differenzierung und Organisation der Lehrerinnen- und Lehrer- bildung. Eine vergleichende Studie von Ausbildungen in der deutschen Schweiz. (Gutachten: F. Oser/J. Oelkers) 2001. Zutavern, Michael: Professionelles Ethos von Lehrerinnen und Lehrern. Berufs- moralisches Denken, Wissen und Handeln zum Schutz und zur Förderung von Schülerinnen und Schülern. (Gutachten: F. Oser/J.-C. Wolf) 2001.

Genf: Universität Flückiger, Annick: Gen›se expØrimentale d’une notion mathØmatique: la notion de division comme mod›le de connaissances numØriques. (Gutachten: F. Conne/ M.-L. Schubauer-Leoni/G. Sensevy) 2000. 488 Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2001

Lausanne: Universität Ariffin, Yohan: GØnØalogies du discours du dØveloppement: IdØes, doctrines et tech- nologies politiques. (Gutachten: P. de Senarclens) 2001. David, Thomas: Nationalisme Øconomique et dØveloppement. L’industrialisation des pays d’Europe de l’Est durant l’entre-deux guerres. (Gutachten: J. Batou/J.-C. Asselain) 2001. Froidevaux, Sylvain: La connaissance, entre pouvoir et transgression. Rencontre avec un Nakombga dans l’Afrique du XXe si›cle. (Gutachten: G. Berthoud) 2001. Kaufmann, Laurence: A la croisØe des esprits. Esquisse d’une ontologie d’un fait so- cial: l’opinion publique. (Gutachten: P. Beaud/L. QuØrØ) 2001. Mach, AndrØ: La Suisse entre internationalisation et changements politiques inter- nes. La lØgislation sur les cartels et les relations industrielles dans les annØes 1990. (Gutachten: I. Papadopoulos) 2001. Papilloud, Christian: Georg Simmel, Marcel Mauss. ElØments pour une approche sociologique de la relation humaine. (Gutachten: G. Berthoud/A. CaillØ) 2001.

Neuchtel: Universität Zittoun, Tania: Engendrements symboliques. Devenir parent: le choix du prØnom. (Gutachten: A.-N. Perret-Clermont/G. Duveen/M. Grossen/Ph. Meirieu) 2001.

St.Gallen: Universität Capaul, Roman: Die Planspielmethode in der Schulleiterausbildung. Theoretische Grundlagen – praktische Anwendungen. Habilitationsschrift 2001.

Zürich: Eidgenössische Technische Hochschule „Keine Verfahren abgeschlossen.“

Zürich: Universität Baumann, Thomas: Medienpädagogik und Internet. (Gutachten: Ch. Doelker) 2001. Jurt, Ueli: Überwindung des Theorie-Praxis-Problems am Beispiel der prozessorien- tierten Textproduktion mittels Beispiellösungen. Ein Beitrag zur Didaktik der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. (Gutachten: J. Oelkers/R. Fatke) 2001. Roos, Markus: Ganzheitliches Beurteilen und Fördern in der Primarschule. (Gut- achten: H. Fend/K. Reusser) 2001. Stocker, Kurt Richard: Cochlea-Implantat, Gebärden und Frühschriftsprache: Aus- einandersetzung mit der Frühförderung hörgeschädigter Kinder unter spezieller Berücksichtigung einer neuen Art der Schriftsprachvermittlung. (Gutachten: G. Heese/H. Burger) 2001. Pädagogische Neuerscheinungen 489

Pädagogische Neuerscheinungen

Apel, Hans Jürgen/Kemnitz, Heidemarie/Sandfuchs, Uwe (Hrsg.): Das öffentliche Bildungswesen. Historische Entwicklung, gesellschaftliche Funktionen, pädago- gischer Streit. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2001. 336 S., a 20,–. Arnold, Rolf/Nolda, Sigrid/Nuissl, Ekkehard (Hrsg.): Wörterbuch Erwachsenenpä- dagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2001. 378 S., a 25,50. Becker, Helle: Bildung in der Europäischen Union. Handbuch zur Projektplanung und -finanzierung. Weinheim/München: Juventa 2001. 342 S., a 20,50. Bellenberg, Gabriele/Böttcher, Wolfgang/Klemm, Klaus: Stärkung der Einzelschule. Ansätze zumManagementder Ressourcen Geld, Zeit und Personal. Beiträge zur Schulentwicklung. Neuwied: Luchterhand 2001. 184 S., a 24,50. Benner, Dietrich/Kemper, Herwart: Theorie und Geschichte der Reformpädagogik. Teil 1: Die pädagogische Bewegung von der Aufklärung bis zumNeuhumanis- mus. Weinheim/Basel: Beltz 2001. 320 S., a 32,–. Benner, Dietrich/Kemper, Herwart: Quellentexte zur Theorie und Geschichte der Reformpädagogik. Teil 2: Die Pädagogische Bewegung von der Jahrhundertwen- de bis zum Ende der Weimarer Republik. Weinheim: Beltz 2001. 502 S., a 39,–. Berg, Hans Christoph/Klafki, Wolfgang/Schulze, Theodor: Lernkunstwerkstatt IV – Unterrichtsvariationen. Neuwied: Luchterhand 2001. 368 S., a 14,90. Böhm-Kasper, Oliver/Bos, Wilfried/Körner, Sylvia C./Weishaupt, Horst: Sind 12 Schuljahre stressiger? Belastung und Beanspruchung von Lehrern und Schülern am Gymnasium. (Veröffentlichungen der Max-Traeger-Stiftung, Bd. 35.) Wein- heim/München: Juventa 2001. 256 S., a 20,50. Boldt, Uli: „Ich bin froh, dass ich ein Junge bin.“ Materialien zur Jungenarbeit in der Schule. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 183 S., a 15,30. Boschki, Reinhold/Schlenker, Claudia: Brücken zwischen Pädagogik und Theologie. Mit Karl Ernst Nipkow imGespräch. Gütersloh: Kaiser/Gütersloher Verlagshaus 2001. 143 S., a 14,95. Both, Kees: Jenaplan 21. Schulentwicklung als pädagogisch orientierte Konzeptent- wicklung. Hrsg. von Oskar Seitz. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 254 S., a 35,20. Bremer, Ludolf: Sigismund Evenius (1585/89–1639). Ein Pädagoge des 17. Jahrhun- derts. (Beiträge zur Historischen Bildungsforschung, Bd. 26.) Köln: Böhlau 2001. 195 S., a 25,50. Bucher, Anton A.: Was Kinder glücklich macht. Historische, psychologische und empirische Annäherungen an Kindheitsglück. (Kindheiten, Bd. 22.) Weinheim/ München: Juventa 2001. 312 S., a 25,–. Danner, Stefan: Erziehung als reflektierte Improvisation. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2001. 172 S., a 16,40. Döbert, Hans/Ernst, Christian (Hrsg.): Basiswissen Pädagogik: Aktuelle Schulkon- zepte, Bd. 1: Neue Schulkultur, 207 S.; Bd. 2: Finanzierung und Öffnung von Schule, 205 S.; Bd. 3: Schulen in staatlicher und freier Trägerschaft, 219 S.; Bd. 4: 490 Pädagogische Neuerscheinungen

Schulen mit besonderem Profil, 204 S.; Bd. 5: Flexibilisierung von Bildungsgän- gen, 202 S.; Bd. 6: Schule und Qualität, 219 S. Baltmannsweiler: Schneider 2001. Zus. a 50,30; einzeln je a 12,30. Duwe, Claudia: Raumfür Übergänge. Zur Bedeutung des Lesens für die kindliche Ich-Findung. München: KoPäd 2001. 126 S., a 13,50. Eckert, Ela: Maria und Mario Montessoris Kosmische Erziehung. Vision und Kon- kretion. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2001. 274 S., a 27,70. Edelstein, Wolfgang/Grötzinger, Karl E./Gruehn, Sabine/Hillerich, Imma/Kirsch, Bärbel/Leschinsky, Achim/Lott, Jürgen/Oser, Fritz: Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde. Zur Grundlegung eines neuen Schulfachs. Analysen und Emp- fehlungen. Weinheim: Beltz 2001. 295 S., a 34,–. Eder, Sabine/Roboom, Susanne: Kinder und Jugendliche machen Rabatz. Intensivie- rung der medienpädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Offenen Kanälen. München: KoPäd 2001. 160 S., a 15,–. Enzelberger, Sabina: Sozialgeschichte des Lehrerberufs. Gesellschaftliche Stellung und Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern von den Anfängen bis zur Gegenwart. Weinheim/München: Juventa 2001. 364 S., a 21,–. Falardeau, Waltraud: Kontexte und Hintergründe sexueller Gewalt an Kindern. Ein Beitrag zur Analyse eines individuellen und gesamtgesellschaftlichen Problems. Marburg: Tectum2001. 434 S., a 29,65. Fix, Tina: Generation @ imChat. Hintergrund und explorative Motivstudie zur ju- gendlichen Netzkommunikation. München: KoPäd 2001. 156 S., a 14,80. Flammer, August/Alsaker, Françoise: Entwicklungspsychologie der Adoleszenz. Die Erschließung innerer und äußerer Welten imJugendalter. Bern: Huber 2001. 414 S., a 34,95. Friedenthal-Haase, Martha: Ideen, Personen, Institutionen. Kleine Schriften zur Er- wachsenenbildung als Integrationswissenschaft. (Managementkonzepte, Bd. 25.) Mering: Hampp 2002. 529 S., a 42,80. Gabriel, Thomas: Forschung zur Heimerziehung. Eine vergleichende Bilanzierung in Großbritannien und Deutschland. Weinheim/München: Juventa 2001. 232 S., a 23,–. Giesecke, Hermann: Was Lehrer leisten. Porträt eines schwierigen Berufes. Wein- heim/München: Juventa 2001. 230 S., a 14,50. Grunder, Hans Ulrich: Schule und Lebenswelt. Ein Studienbuch. Münster: Wax- mann 2001. 280 S., a 38,–. Grunder, Hans Ulrich/Bohl, Thorsten (Hrsg.): Neue Formen der Leistungsbeurteilung in den Sekundarstufen I und II. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 390 S., a 32,–. Grunder, Hans Ulrich/Roi-Frey, Karin de la (Hrsg.): „Wenn alle Stricke reißen …“. Lehrerinnen in biographischen Texten. Bochum: Winkler 2001. 310 S., a 40,–. Gruschka, Andreas: Didaktik. Das Kreuz mit der Vermittlung. Elf Einsprüche gegen den didaktischen Betrieb. Wetzlar: Büchse der Pandora 2002. 463 S., a 24,50. Gudjons, Herbert: Pädagogisches Grundwissen. Überblick – Kompendium – Studi- enbuch. 7., völlig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2001. 384 S., a 19,50. Pädagogische Neuerscheinungen 491

Häder, Sonja/Ritzi, Christian/Sandfuchs, Uwe: Schule und Jugend imUmbruch. Analysen und Reflexionen von Wandlungsprozessen zwischen DDR und Bundes- republik. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 207 S., a 18,50. Hafeneger, Benno/Jansen, Mechtild M.: Rechte Cliquen. Alltag einer neuen Jugend- kultur. Weinheim/München: Juventa 2001. 256 S., a 17,50. Herrmann, Ulrich (Hrsg.): Protestierende Jugend. Jugendopposition und politischer Protest in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Weinheim/München: Juventa 2002. 496 S., a 45,–. Horn, Klaus-Peter/Ritzi, Christian (Hrsg.): Klassiker und Außenseiter. Pädagogische Veröffentlichungen des 20. Jahrhunderts. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 224 S., a 18,50. Hugger, Kai-Uwe: Medienpädagogik als Profession. Perspektiven für ein neues Selbstverständnis. München: KoPäd 2001. 160 S., a 16,50. Kemper, Herwart: Schulpädagogik. Eine problemgeschichtliche Einführung. Wein- heim/München: Juventa 2001. 148 S., a 10,–. Kiper, Hanna (Hrsg.): Sekundarbereich I – Jugendorientiert. Pädagogische Über- legungen, Unterrichtsbeispiele, Anregungen. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 264 S., a 18,50. Kistenich, Johannes: Bettelmönche im öffentlichen Schulwesen. Ein Handbuch für die Erzdiözese Köln 1600 bis 1850. (Stadt und Gesellschaft – Studien zumRhei- nischen Städteatlas, 2 Bde.) Köln/Weimar: Böhlau 2001. 1718 S., a 96,–. Klink, Cornelia: Universitäre Bildung in der Öffnung für das Lebenslange Lernen. Der Beitrag der Offenen Universität der Niederlande. Münster: Waxmann 2001. 200 S., a 25,50. Konrad, Klaus/Traub, Silke: Kooperatives Lernen. Theorie und Praxis in Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 174 S., a 15,30. Krönchen, Sabine: „Mutiger werden und sich einmischen.“ Interkulturelle Kom- petenzentwicklung in der Sozialen Arbeit. (Interkulturelle Bildungsgänge, Bd. 2.) Münster: Waxmann 2001. 454 S., a 32,70. Kückmann-Metschies, Hedwig: Total-Quality-Management. Ein Weg zur Qualitäts- sicherung an Fachschulen für Sozialpädagogik? (Dortmunder Beiträge zur Päda- gogik, Bd. 28.) Bochum: Projekt 2001. 252 S., a 17,50. Leenders, HØl›ne: Der Fall Montessori. Die Geschichte einer reformpädagogischen Erziehungskonzeption imitalienischen Faschismus.Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2001. 276 S., a 18,50. Lehner, Martin: Pädagogik der Mitarbeiterführung. Differenzorientierte Bildung und subjektive Führungsstandards. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 292 S., a 20,35. Ludwig, Harald/Fischer, Christian/Fischer, Reinhard (Hrsg.): Leistungserziehung und Montessori-Pädagogik. Chancen und Probleme der Leistungsförderung in einer kinderorientierten Pädagogik. (Impulse der Reformpädagogik, Bd. 5.) Münster: Lit 2001. 272 S., a 39,80. 492 Pädagogische Neuerscheinungen

Martin, Ernst: Sozialpädagogische Berufsethik. Auf der Suche nach demrichtigen Handeln. Weinheim/München: Juventa 2001. 264 S., a 20,50. Meisel, Klaus: Managementprobleme in öffentlichen Erwachsenenbildungseinrich- tungen. Anforderungen an intermediäre Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für ausgewählte Managementaufgaben. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 180 S., a 15,30. Merten, Roland (Hrsg.): Hat Soziale Arbeit ein politisches Mandat? Positionen zu einemstrittigen Thema.Opladen: Leske + Budrich 2001. 182 S., a 13,70. Meyer-Willner, Gerhard (Hrsg.): Eduard Spranger – Aspekte seines Werks aus heuti- ger Sicht. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2001. 248 S., a 19,50. Müller, Siegfried: Erziehen – Helfen – Strafen. Das Spannungsverhältnis von Hilfe und Kontrolle in der Sozialen Arbeit. Weinheim/München: Juventa 2001. 216 S., a 20,50. Nickel, Horst/Quaiser-Pohl, Claudia (Hrsg.): Junge Eltern imkulturellen Wandel. Untersuchungen zur Familiengründung im internationalen Vergleich. Wein- heim/München: Juventa 2001. 344 S., a 30,–. Niesyto, Horst (Hrsg.): Selbstausdruck mit Medien. Eigenproduktionen mit Medien als Gegenstand der Kindheits- und Jugendforschung. München: KoPäd 2001. 215 S., a 15,–. Niewiem, Michael: Über die Möglichkeit des Philosophierens mit Kindern und Ju- gendlichen. Auffassungen aus zweieinhalb Jahrtausenden. Münster: Waxmann 2001. 190 S., a 19,50. Peterßen, WilhelmH.: Lehrbuch Allgemeine Didaktik. 6., völlig veränderte, aktuali- sierte und stark erweiterte Auflage. München: Oldenbourg 2001. 286 S., a 18,80. Quehl, Thomas (Hrsg.): Schule ist keine Insel. Britische Perspektiven antirassisti- scher Pädagogik. Münster: Waxmann 2001. 304 S., a 19,50. Rath, Norbert/Ravenberg, Klaus (Hrsg.): Der Schulkindergarten. Bd. 2: Neue Ar- beitsmodelle. Münster: Waxmann 2001. 288 S., a 19,50. Schächter, Markus (Hrsg.): Reiche Kindheit aus zweiter Hand? Medienkinder zwi- schen Fernsehen und Internet. Medienpädagogische Tagung des ZDF 2000. München: KoPäd 2001. 240 S., a 18,50. Schäffter, Ortfried: Weiterbildung in der Transformationsgesellschaft. Zur Grund- legung einer Theorie der Institutionalisierung. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 377 S., a 29,65. Schindler, Wolfgang/Bader, Roland/Eckmann, Bernhard (Hrsg.): Bildung in virtuel- len Welten. Praxis und Theorie außerschulischer Bildung mit Internet und Com- puter. (Beiträge zur Medienpädagogik, Bd. 6.) Frankfurt a. M.: Gemeinschafts- werk der Evangelischen Publizistik 2001. 478 S., a 20,35. Schneebauer, Richard: Offene Jugendarbeit. Eine soziologische Untersuchung mit speziellemBezug auf den Verein „Jugend und Freizeit“. Linz: Trauner Univer- sitätsverlag 2001. 242 S., a 19,80. Schneider, Norbert F./Krüger, Dorothea/Lasch, Vera/Limmer, Ruth/Matthias-Bleck, Heike: Alleinerziehen. Vielfalt und Dynamik einer Lebensform. Weinheim/Mün- chen: Juventa 2001. 372 S., a 25,–. Pädagogische Neuerscheinungen 493

Schröer, Wolfgang/Struck, Norbert/Wolff, Mechthild (Hrsg.): Handbuch Kinder- und Jugendhilfe. Weinheim/München: Juventa 2001. 1050 S., a 92,–. Schulze-Krüdener, Jörgen/Homfeldt, Hans Günther/Merten, Roland (Hrsg.): Mehr Wissen – mehr Können? Soziale Arbeit als Disziplin und Profession. (Grund- lagen der Sozialen Arbeit, Bd. 5.) Baltmannsweiler: Schneider 2002. 152 S., a 15,30. Sörensen, Bernd: Pädagogik für den Zwischenraum. Schülerclubs an Grundschulen. Münster: Waxmann 2001. 224 S., a 19,50. Stecher, Ludwig: Die Wirkung sozialer Beziehungen. Empirische Ergebnisse zur Be- deutung sozialen Kapitals für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Weinheim/München: Juventa 2001. 360 S., a 30,–. Uhlendorff, Harald: Erziehung im sozialen Umfeld. Eine empirische Untersuchung über elterliche Erziehungshaltungen in Ost- und Westdeutschland. Opladen: Les- ke + Budrich 2001. 165 S., a 20,35. van den Berg, Reinhard und Gertrud: Dienstleistungsunternehmen Schule. Beispiel zeitgemäßer Gestaltung des Lern- und Lebensraums Schule. Baltmannsweiler: Schneider 2001. 118 S., a 12,30. Walper, Sabine/Pekrun, Reinhard (Hrsg.): Familie und Entwicklung. Aktuelle Per- spektiven der Familienpsychologie. Göttingen: Hogrefe 2001. 480 S., a 39,95. Weißköppel, Cordula: Ausländer und Kartoffeldeutsche. Identitätsperformanz im Alltag einer ethnisch gemischten Realschulklasse. Weinheim/München: Juventa 2001. 260 S., a 23,–. Wermke, Jutta (Hrsg.): Hören und Sehen. Beiträge zu Medien- und ¾sthetischer Er- ziehung. (¾sthetik – Medien – Bildung, Bd. 4.) München: Kopäd 2001. 220 S., a 18,50. Wiener Psychoanalytische Vereinigung (Hrsg.): Psychoanalyse für Pädagogen. Wien: Picus 2001. 243 S., a 18,90. Wingens, Matthias/Sackmann, Reinhold (Hrsg.): Bildung und Beruf. Ausbildung und berufsstruktureller Wandel in der Wissensgesellschaft. Weinheim/München: Juventa 2002. 256 S., a 23,–. Wölfl, Edith: Gewaltbereite Jungen – was kann Erziehung leisten? Anregungen für eine gender-orientierte Pädagogik. München/Basel: Reinhardt 2001. 237 S., a 20,35. Wulfhorst, Britta: Theorie der Gesundheitspädagogik. Legitimation, Aufgabe und Funktionen von Gesundheitserziehung. Weinheim/München: Juventa 2002. 230 S., a 17,–. Würth, Reinhold/Klein, Hans Joachim: Wirtschaftswissen Jugendlicher in Baden- Württemberg. Eine empirische Untersuchung. Künzelsau: Swiridoff 2001. 345 S., a 24,60. Zinnecker, Jürgen: Stadtkids. Kinderleben zwischen Straße und Schule. (Kindheiten, Bd. 20.) Weinheim/München: Juventa 2001. 352 S., a 25,50.