Brief 1 – Juni 2002
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11. Jahrgang 2002 ISSN 0943-7754 Rund Brief „An saubre Wände male nicht mit Kohle solch ein Spottgesicht“ der Sektion Historische Bildungsforschung in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft Brief 1 – Juni 2002 Potsdam Bitte denken Sie daran: Der Adressenänderungscoupon hilft uns, den Versand stets auf dem aktu- ellen Stand zu halten. Manuskripte werden nach Möglichkeit auf Diskette erbeten! Mit Namen gekennzeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Kleinere redaktionelle Veränderungen bleiben vorbehalten. Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegen je ein Prospekt des FRANZ-STEINER-VERLAGES, des KLINKHARDT-VERLAGES und des WEIDLER-BUCHVERLAGES sowie ein ADRESSENÄNDERUNGS- COUPON bei. IMPRESSUM Herausgeber: Sektion Historische Bildungsforschung in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft Redaktion: GISELA MILLER-KIPP, JÖRG-W. LINK Anschrift: Universität Potsdam Professur für Historische Pädagogik Dr. Jörg-W. Link Postfach 60 15 53, 14415 Potsdam Tel.: (0331) 977-2146; Fax: (0331) 977-2063 e-mail: [email protected] Druck: S&M Copyshop GmbH, Potsdam ISSN 0943-7754 Die Titelgrafik stammt ursprünglich aus „Des guten Knaben Selbstgespräch“ (1811). In: Zum Kinderbuch. Betrachtungen. Kriti- sches. Praktisches. Hrsg. v. Jörg Drews. Frankfurt a. M. 1975, S. 107. Redaktionsschluss für Brief 1 / 2002 war der 30. April 2002. Redaktionsschluss für den nächsten Rundbrief ist der 31. Oktober 2002. Ohne Worte – oder: „So neu ist das alles gar nicht!“ Buchstabe „d“, aus „Lustiges Bilder-ABC von Paul Widmayer“. Esslingen 1887. (Württ. Landesmuseum Stuttgart, VK 1978/50-326) (In: Schiffler, Horst / Winkeler, Rolf: Tausend Jahre Schule. Eine Kulturgeschichte des Lernens in Bildern. Stuttgart 1985, S.85.) Brief 1 – Juni 2002 1. In eigener Sache 2 2. Aus der Arbeit der Sektion Historische Bildungsforschung 3 3. Aus der Forschung 25 4. Nachrichten und Berichte 34 5. Veranstaltungskalender 45 6. Neuerscheinungen zur Erziehungs- und Bildungsgeschichte 54 7. Mitgliederspiegel 72 1. In eigener Sache Dieser Rundbrief erscheint wegen terminlicher Engpässe leicht verspätet. Wir bitten um Ihr Verständnis. Auch in diesem Heft veröffentlichen wir wieder bildungshistorische Neuerscheinun- gen, die uns in Form von Selbstanzeigen gemeldet wurden. Erfreulicherweise nimmt die Zahl der Mitglieder, die diese Möglichkeit nutzen, stetig zu. So lässt sich die „in- formationslose“ Zeit bis zum Erscheinen des nächsten Bandes der „Bibliographie Bildungsgeschichte“ gut überbrücken. Bitte senden Sie Ihre Angaben mit dem Ver- merk „Rundbrief“ an: Christa FÖRSTER, Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, Redaktion Bibliographie Bildungsgeschichte, Warschauer Straße 34-38, Tel.: 030 / 29336056; Fax: 030 / 29336025, e-mail: [email protected] Jörg-W. LINK 2 2. Aus der Arbeit der Sektion Historische Bildungsforschung Protokoll der Mitgliederversammlung der Sektion Historische Bildungsforschung in der DGfE anlässlich des 17. Kongresses der DGfE in München [...] 3 Wilhelm Roeßler † Am 30. Januar 2002 verstarb in Bochum Wilhelm ROEßLER, der erste Vorsitzende der 1971 eingerichteten Historischen Kommission der DGfE (heute: Sektion für Histori- sche Bildungsforschung). Geboren am 19. Dezember 1910 in Duisburg als Sohn eines Talsperreningenieurs legte er nach einem Studium in Leipzig, Tübingen und Bonn 1938 und 1940 in Trier (mit einer Prüfung an einem ihm bis zum Examenstag unbekannten Gymnasium in Düsseldorf) die Prüfungen für das Lehramt an höheren Schulen ab – zum zweiten Mal, da Preußen die einphasige Lehrerbildung in Sachsen nicht anerkannte. Unmit- telbar danach wurde er zu den Pionieren eingezogen. Die Promotion erfolgte während eines (von sieben) Lazarettaufenthaltes 1942 in Bonn. Die Promotionsschrift in Alt- germanistik bei dem Germanisten Naumann hielt nach 1945 der Nachprüfung stand. Eindruck machte ROEßLER im Rahmen der Reeducation – wie vielen anderen Deut- schen in der Nachkriegszeit – ein Aufenthalt in Wilton-Park auf Einladung der briti- schen Besatzungsmacht. 1943 zum Studienrat ernannt und in Bonn tätig, nahm ROEßLER von 1950-1957 die Funktion eines Fachleiters am dortigen Studienseminar wahr. Die nebenamtliche Tä- tigkeit am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Bonn wurde 1957 hauptamtlich. Bereits seit 1948 nahm ROEßLER ausgedehnte Feldforschungen zur Si- tuation der westdeutschen Jugend vor, die 1962 unter dem Titel: „Jugend im Erzie- hungsfeld. Haltung und Verhalten der westdeutschen Jugend der Gegenwart“ veröf- fentlicht wurden. 30 Artikel folgten bis zu seiner Ernennung 1964 als o. Professor für Sozialpsychologie in der Abteilung für Sozialwissenschaften, Sektion Sozialpsycho- logie und Sozialanthropologie, an der neu gegründeten Ruhr-Universität. Unter sei- nen Publikationen dieser Phase finden sich pädagogisch-psychologische Analysen zur Lebenslage damaliger Jugendlicher, zum „Miterzieher Film“, zur „Akzeleration“, zum „Infantilismus“ und zur „seelisch-geistigen Situation“, gefolgt von historisch- pädagogischen Aufarbeitungen zur Schulgeschichte, zum Einfluss Hegels auf das Schulwesen, zur Geschichte der Berufsschule, Familie usw. Die Habilitation erfolgte 1962 auf der Basis des Buches „Die Entstehung des modernen Erziehungswesens in Deutschland“ (1961). ROEßLER war schon in Bonn an der Aufwertung des Berufs- schullehrers und an der Einführung der Studienseminare für die beruflichen Fach- richtungen beteiligt gewesen. Mit dem Kultusministerium in Düsseldorf gab es nach seiner Ernennung eine langjährige Projektarbeit zur Entwicklung des Berufsschulwe- sens und dessen Studienseminaren. Auf der Basis des interdisziplinären Studiums bei GADAMER, KÖHLER, LITT, DRIESCH-ESTERHUIS, SPRANGER u.a. vertrat ROEßLER einen dezidiert sozialwissen- schaftlichen Ansatz und kooperierte, interdisziplinären Ansätzen vorausgreifend, mit den neu eingerichteten Fächern Sozialmedizin und Sozialrecht. Sein letzter öffentli- cher Vortrag am 12. Januar 1987 markierte diesen Ansatz noch einmal: „Sozialpäda- gogik, Sozialpsychologie, Sozialanthropologie. Ortsbestimmung einer wissenschaft- 4 lichen Einrichtung im Grenzbereich der Sozialwissenschaften“ (Bochumer Universi- tätsreden H. 15, 1987). Der 1973 mit einem diesem Ansatz entsprechenden interdis- ziplinären Team auf dem Paradigma der Sozialisationsforschung in der Abteilung für Sozialwissenschaften der Ruhr-Universität Bochum eingerichtete „Studiengang Sozi- alpädagogik beruflicher Fachrichtung“ war für Westdeutschland neu, herausfordernd und praxisnah. ROEßLERS Auffassung nach hätte der Studiengang in der universitären Pädagogik jener Zeit nicht eingerichtet werden können. Die Lage des Faches Pädago- gik/Erziehungswissenschaft bestätigte ihn langfristig. In Zusammenarbeit mit päda- gogischen Fachkollegen eines großen Fachspektrums förderte er als langjähriger Mit- herausgeber die Zeitschrift „Bildung und Erziehung“. Noch heute sind ROEßLERS Ar- tikel „Pädagogik“ (Lexikon „Geschichtliche Grundbegriffe“, Bd. 4/1978) und „Sozi- alpädagogik“ (Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9/1995) als Standardar- tikel zu nennen. In den von reformerischen Motiven getragenen Drittmittelforschungsprojekten ging es um die Realisierung „der Werkstatt für Behinderte“, die „Eingliederung der Hörgeschädigten in die Arbeitswelt“ und um die Lebenswelten geistig Behinderter, denen er durch Anstoß der „Hilda-Heinemann-Stiftung“ erstmals in Köln eine famili- enähnliche Unterbringung in Wohnungen eröffnen konnte. ROEßLERS Motive dazu entstammten nicht zuletzt der eigenen Erfahrung. Als zu 100% Kriegsversehrter hatte er nach dem Krieg eine Herunterstufung erreicht, um wieder arbeiten zu dürfen. Bei seinem Ziel, Behinderten den Zugang zur vollen Entwicklung ihrer jeweiligen Ei- genwelt und zur vollen Beteiligung an dem Weltgeschehen zu eröffnen, fand er po- tente und kompetente Mitstreiter. Die Leistung des von ihm mitgeschaffenen zentra- len Instituts für Sozialrecht der Ruhr-Universität bei der Formulierung des „Sozialge- setzbuches“ und des „Bochumer Kommentars“ dazu steht außer Frage. Die Gründung eines interdisziplinären Instituts für Familienforschung gelang dagegen nicht. Mehrfach Dekan – auch in der für die Abteilung für Sozialwissenschaft der RUB wirren Zeit 1968 –, brachte ROEßLER immer wieder die streitenden Parteien an einen Tisch. Notfalls beriet er die Studierenden gegen die Polizeieinsätze des damaligen Rektors Biedenkopf. Er förderte in akademischer Toleranz und in Fortsetzung seiner pädagogischen Erfahrungen aus der Jugendbewegung – bei klarem eigenem Stand- punkt zum Unverständnis so mancher – selbst akademische Opposition bis zur Pro- motion, sofern sie wissenschaftlich argumentierte. Seine „Prüfungsgespräche“ auf dem hohen Niveau eines umfassend belesenen Sozialwissenschaftlers werden den Beteiligten unvergesslich sein. ROEßLER gehörte der Generation an, die von dem Erlebnis der Jugendbewegung, dem Freiwilligen Arbeitsdienst und dem Erleben der Kameradschaft geprägt war. Die zweite Haupterfahrung war der auch ihn gesundheitlich schädigende Krieg. Mit sei- nen wissenschaftlichen Reflexionen, die von einer Nordlandexpedition bei den Eski- mos als Student bis hin zu den Treffen mit den „Großen“ des Fachs reichten, konnte er seine Zuhörer in den Bann schlagen. Geschichte, für ihn ein Ergebnis „arbeitender Geselligkeit“, war gelebte, aufgearbeitete „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“, Bewusstseins- und Generationengeschichte, Geschichte des „ganzen Hauses“, der Institutionen und der professionellen Berufe. Resignativ bezeichnete er sich nicht