Pointen, Sprachspiele Und Wortwitz in Rap-Texten
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Schäfer, Ansgar MASTERTHESIS Pointen, Sprachspiele und Wortwitz in Rap-Texten Linguistische Grundlagen und exemplarische Analysen Fachbereich 05 (Institut für Germanistik) der Justus-Liebig-Universität Gießen Marburg, den 15.03.2016 Zur Verfügung gestellt auf content-lover.com Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung .................................................................................................................. 4 2. Stand der Forschung .................................................................................................. 6 3. Rap-Musik und ihre Entstehung im Kontext der HipHop-Kultur ............................. 9 3.1 Das Aufkommen von Rap-Musik in den USA............................................. 10 3.2 Rap-Musik in Deutschland ........................................................................... 13 3.3 HipHop als „Battle“-Kultur .......................................................................... 16 3.4 Battle-Rap..................................................................................................... 19 4. Die Textsorte „Rap-Text“ und der „Punchline“-Begriff ......................................... 22 4.1 Kennzeichen der Textsorte „Rap-Text“ ....................................................... 22 4.2 Punchlines .................................................................................................... 28 5. Korpus der Untersuchung........................................................................................ 31 6. Notation der Textbeispiele ...................................................................................... 32 7. „Punchlines“ und ihre linguistische Machart .......................................................... 34 7.1 Phonetische Verfahren ..................................................................................... 34 7.2 Morphologische Verfahren .............................................................................. 41 7.3 Syntaktische Verfahren .................................................................................... 44 7.4 Phraseologische Verfahren .............................................................................. 45 7.5 Kombinatorische Verfahren ............................................................................. 46 7.6 Sonstige Verfahren .......................................................................................... 48 Zwischenfazit.................................................................................................................. 51 8. Diskussion ............................................................................................................... 52 9. Zusammenfassung und Fazit ................................................................................... 58 Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 59 Quellenverzeichnis ......................................................................................................... 60 Anhang ........................................................................................................................... 62 2 Abkürzungsverzeichnis DJ = Disk-Jockey GI = General Infantry, bezeichnet einfache Soldaten der Streitkräfte der USA LP = Langspielplatte MC = Master of Ceremonies m.E. = meines Erachtens o.ä. = oder Ähnliches u.v.m. = und vieles mehr Abbildungsverzeichnis: Abbildung 1: Auszug aus Kollegah Textbuch, Seite 33. 3 1. Einleitung „Rap ist wohl die populärste und einflussreichste Lyrikform der Gegenwart“ (Wolbring 2015:11) und aktuell erfolgreicher denn je: Die Songs der Protagonisten1 dieses Genres laufen im Radio, ihre Videoclips sind im Fernsehen zu sehen und ihre Gesichter werden auf die Titelblätter von auflagestarken Tageszeitungen und Magazinen gedruckt. Im In- ternet und den sozialen Medien erreichen die Rapper leicht Klick- und Like-Zahlen in Millionenhöhe und damit enorme Reichweiten, um sich und ihre Musik wirksam zu ver- markten. Dazu kommen ausverkaufte Konzerte und Festivals in Deutschland, Österreich und der Schweiz und bemerkenswerte Plattenverkäufe. Das stilistisch breit gefächerte Angebot, das Rap ‚Made in Germany‘ derzeit zu bieten hat, findet eine beeindruckend große Zahl von Abnehmern, denn fast wöchentlich klettert eine neue Rap-Platte in die Top-10, ja oft sogar bis an die Spitze der Charts. Allein im Jahr 2015 konnten sich 18 deutsche Rap-Alben Platz 1 der Charts sichern.2 Viele LPs und Singles der Rap-Acts er- reichen dabei sogar auch Gold-oder Platinstatus3, was lange Zeit aufgrund der unzähligen illegalen Internet-Downloads undenkbar gewesen war. „Doch dieser kommerzielle Erfolg von Rap und die daraus folgende Medienpräsenz täuschen nicht darüber hinweg, dass HipHop häufig als ‚proletarische Kunstform‘ wahr- genommen wird“ (Burkard 2013:15) und zunehmend im Kreuzfeuer der Kritik steht. So werden deutsche Rapper immer wieder der Misogynie, Homophobie, Gewaltverherrli- chung oder auch des Rassismus und Antisemitismus bezichtigt; weitere Kritikpunkte sind das Vorantreiben der Verrohung der Sprache und der schlechte Einfluss auf Kinder und Jugendliche durch problematische Wertevorstellungen und Weltbilder, die durch die Rap- Texte transportiert werden. Doch wie ist diese zumeist einseitige Schelte zu bewerten? In „HipHop am Pranger: Wie Medien eine Kultur verteufeln“ kommt Stefan Burkard nach einer Analyse von über 1000 Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, die in zehn Jahren zum Thema deutscher Rap entstanden, zu dem Fazit, dass die Rap-Berichterstattung größten- 1 Zur Vereinfachung der Darstellung wird hier und an anderen Stellen auf die weibliche Form des Aus- drucks verzichtet. In jedem Fall ist dabei jedoch implizit auch die entsprechende weibliche Person gemeint. 2 Vgl. Hellmich (2015): Deutschrap-Rekord: Das sind die 18 Nummer-1-Alben 2015. Quelle: http://hip- hop.de/magazin/deutschrap-rekord-sind-18-nummer-1-alben-2015- 287125?page=0%2C0#.Vr4CzdD41uF. 3 Ein Gold-Album erhält man für 100.000 Verkäufe, eine Platin-Auszeichnung für 200.000 abgesetzte Ein- heiten. 4 teils „Gangsta-Rap“ betrachtet und diesen vorrangig negativ darstellt. „Artikel [hinge- gen], die HipHop in ein positives Licht rücken, beschäftigen sich vor allem mit anderen Elementen [der Kultur] als dem Rap.“ (Burkard 2013:126) Gangsta-Rap also, der als ei- nes von vielen Subgenres der Rap-Musik hervorging und vulgärsprachlich oftmals Kri- minalität, Gewalt, Prostitution und Drogenkonsum glorifiziert, bietet Kritikern viel An- griffsfläche und der eigentlichen stilistischen Vielfalt der HipHop-Musik und anderen Sparten des Raps wird im Vergleich dazu nur wenig Beachtung geschenkt. Szeneinsider hingegen sind der Meinung, dass eine medial überwiegend negative Rezeption und Interpretation von Gangsta-Rap-Texten eine ganze Musikrichtung, die ei- gentlich ein Höchstmaß an sprachlicher Kreativität besitzt und noch viel mehr zu bieten hat, diffamiert. So „fungiert der [deutsche] Rap regelmäßig als moderner Sündenbock für diverse gesellschaftliche Probleme und Konflikte, z.B. Immigration, Kriminalität oder Gewalt.“ (Maierhofer-Lischka 2013:377) Oft werden Textzeilen, so heißt es weiter von dieser Seite, aus dem Zusammenhang gerissen und aufgrund fehlender Kenntnisse der HipHop-Kultur und der darin fest verankerten Idee des „Battles“4, einem leistungsorien- tierten, auf „Skills“5 basierenden Wettstreits, der im Falle von Rap auf sprachlicher Ebene ausgetragen wird, missverstanden und falsch gedeutet. Die vorliegende Arbeit nimmt nun, beide Seiten des Diskurses beachtend, einen bestimmten Teil deutscher Rap-Texte genauer unter die Lupe: die sogenannten „Punch- lines“. Diese nehmen innerhalb eines Rap-Textes eine besondere Position ein und stechen meist durch ihre inhaltliche und/oder formale Gestaltung (oftmals im Stil einer Pointe und wort- bzw. sprachspielerisch vorgetragen) heraus.6 Die Funktion von Punchlines besteht darin, einen Rap-Gegner so gut es geht herabzuwürdigen bzw. die eigenen Fähigkeiten anzupreisen. Dabei bewegen sich die Rap-Künstler oftmals auf einem schmalen Grat zwi- schen plumper und provokanter Beleidigung und kreativem, pointiert-geistreichem Sprachgebrauch. Da sich die Punchlines inmitten des Spannungsfeldes der oben beschrie- benen Diskussion befinden und – wie sich im Verlauf der Arbeit zeigen wird – durch ihre äußerst komplexe sprachliche Umsetzung aus linguistischer Perspektive sehr interessant und vielseitig sind, lohnt eine Analyse dieses Phänomens, welches wissenschaftlich bis- her auch kaum bearbeitet wurde. Das Korpus dieser Untersuchung bildet eine Auswahl 4 Dt. Schlacht, Kampf. 5 Fähigkeiten, Kunstfertigkeiten (eines HipHop-Künstlers). 6 Eine Definition des „Punchline“-Begriffs wird im weiteren Verlauf der Arbeit (vgl. Kap. 4) entwickelt. 5 an Textzeilen des Rappers Kollegah7. Dieser gehört gegenwärtig zu den erfolgreichsten Vertretern des Genres, aber auch zu den kontroversesten: Während Kollegah in seiner Musik nämlich in die Rolle des Zuhälters und Gangsters schlüpft, steht er im echten Le- ben kurz vor dem Jura-Abschluss. Unumstritten ist hingegen Kollegahs „sprachliche Raf- finesse und technische Präzision“ (Burkholz 2014:64), mit der er den Punchline-Rap in Deutschland revolutioniert hat (vgl. Kollegah 2014:1) und erstaunliche Sprachspiele und Pointen erschafft, die origineller und unterhaltsamer als jeder Werbetext-Slogan sind. Diese Textausschnitte des Rap-Künstlers sollen (nachdem der Stand der Forschung dar- gelegt und die Geschichte von Rap-Musik im Kontext der HipHop-Kultur