Schäfer, Ansgar

MASTERTHESIS

Pointen, Sprachspiele und Wortwitz in Rap-Texten

Linguistische Grundlagen und exemplarische Analysen

Fachbereich 05 (Institut für Germanistik) der Justus-Liebig-Universität Gießen

Marburg, den 15.03.2016

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ...... 4 2. Stand der Forschung ...... 6 3. Rap-Musik und ihre Entstehung im Kontext der HipHop-Kultur ...... 9 3.1 Das Aufkommen von Rap-Musik in den USA...... 10 3.2 Rap-Musik in Deutschland ...... 13 3.3 HipHop als „Battle“-Kultur ...... 16 3.4 Battle-Rap...... 19 4. Die Textsorte „Rap-Text“ und der „Punchline“-Begriff ...... 22 4.1 Kennzeichen der Textsorte „Rap-Text“ ...... 22 4.2 Punchlines ...... 28 5. Korpus der Untersuchung...... 31 6. Notation der Textbeispiele ...... 32 7. „Punchlines“ und ihre linguistische Machart ...... 34 7.1 Phonetische Verfahren ...... 34 7.2 Morphologische Verfahren ...... 41 7.3 Syntaktische Verfahren ...... 44 7.4 Phraseologische Verfahren ...... 45 7.5 Kombinatorische Verfahren ...... 46 7.6 Sonstige Verfahren ...... 48 Zwischenfazit...... 51 8. Diskussion ...... 52 9. Zusammenfassung und Fazit ...... 58 Literaturverzeichnis ...... 59 Quellenverzeichnis ...... 60 Anhang ...... 62

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Abkürzungsverzeichnis

DJ = Disk-Jockey GI = General Infantry, bezeichnet einfache Soldaten der Streitkräfte der USA LP = Langspielplatte MC = Master of Ceremonies m.E. = meines Erachtens o.ä. = oder Ähnliches u.v.m. = und vieles mehr

Abbildungsverzeichnis: Abbildung 1: Auszug aus Textbuch, Seite 33.

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1. Einleitung

„Rap ist wohl die populärste und einflussreichste Lyrikform der Gegenwart“ (Wolbring 2015:11) und aktuell erfolgreicher denn je: Die Songs der Protagonisten1 dieses Genres laufen im Radio, ihre Videoclips sind im Fernsehen zu sehen und ihre Gesichter werden auf die Titelblätter von auflagestarken Tageszeitungen und Magazinen gedruckt. Im In- ternet und den sozialen Medien erreichen die Rapper leicht Klick- und Like-Zahlen in Millionenhöhe und damit enorme Reichweiten, um sich und ihre Musik wirksam zu ver- markten. Dazu kommen ausverkaufte Konzerte und Festivals in Deutschland, Österreich und der Schweiz und bemerkenswerte Plattenverkäufe. Das stilistisch breit gefächerte Angebot, das Rap ‚Made in Germany‘ derzeit zu bieten hat, findet eine beeindruckend große Zahl von Abnehmern, denn fast wöchentlich klettert eine neue Rap-Platte in die Top-10, ja oft sogar bis an die Spitze der Charts. Allein im Jahr 2015 konnten sich 18 deutsche Rap-Alben Platz 1 der Charts sichern.2 Viele LPs und Singles der Rap-Acts er- reichen dabei sogar auch Gold-oder Platinstatus3, was lange Zeit aufgrund der unzähligen illegalen Internet-Downloads undenkbar gewesen war. „Doch dieser kommerzielle Erfolg von Rap und die daraus folgende Medienpräsenz täuschen nicht darüber hinweg, dass HipHop häufig als ‚proletarische Kunstform‘ wahr- genommen wird“ (Burkard 2013:15) und zunehmend im Kreuzfeuer der Kritik steht. So werden deutsche Rapper immer wieder der Misogynie, Homophobie, Gewaltverherrli- chung oder auch des Rassismus und Antisemitismus bezichtigt; weitere Kritikpunkte sind das Vorantreiben der Verrohung der Sprache und der schlechte Einfluss auf Kinder und Jugendliche durch problematische Wertevorstellungen und Weltbilder, die durch die Rap- Texte transportiert werden. Doch wie ist diese zumeist einseitige Schelte zu bewerten? In „HipHop am Pranger: Wie Medien eine Kultur verteufeln“ kommt Stefan Burkard nach einer Analyse von über 1000 Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, die in zehn Jahren zum Thema deutscher Rap entstanden, zu dem Fazit, dass die Rap-Berichterstattung größten-

1 Zur Vereinfachung der Darstellung wird hier und an anderen Stellen auf die weibliche Form des Aus- drucks verzichtet. In jedem Fall ist dabei jedoch implizit auch die entsprechende weibliche Person gemeint. 2 Vgl. Hellmich (2015): Deutschrap-Rekord: Das sind die 18 Nummer-1-Alben 2015. Quelle: http://hip- hop.de/magazin/deutschrap-rekord-sind-18-nummer-1-alben-2015- 287125?page=0%2C0#.Vr4CzdD41uF. 3 Ein Gold-Album erhält man für 100.000 Verkäufe, eine Platin-Auszeichnung für 200.000 abgesetzte Ein- heiten.

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teils „Gangsta-Rap“ betrachtet und diesen vorrangig negativ darstellt. „Artikel [hinge- gen], die HipHop in ein positives Licht rücken, beschäftigen sich vor allem mit anderen Elementen [der Kultur] als dem Rap.“ (Burkard 2013:126) Gangsta-Rap also, der als ei- nes von vielen Subgenres der Rap-Musik hervorging und vulgärsprachlich oftmals Kri- minalität, Gewalt, Prostitution und Drogenkonsum glorifiziert, bietet Kritikern viel An- griffsfläche und der eigentlichen stilistischen Vielfalt der HipHop-Musik und anderen Sparten des Raps wird im Vergleich dazu nur wenig Beachtung geschenkt. Szeneinsider hingegen sind der Meinung, dass eine medial überwiegend negative Rezeption und Interpretation von Gangsta-Rap-Texten eine ganze Musikrichtung, die ei- gentlich ein Höchstmaß an sprachlicher Kreativität besitzt und noch viel mehr zu bieten hat, diffamiert. So „fungiert der [deutsche] Rap regelmäßig als moderner Sündenbock für diverse gesellschaftliche Probleme und Konflikte, z.B. Immigration, Kriminalität oder Gewalt.“ (Maierhofer-Lischka 2013:377) Oft werden Textzeilen, so heißt es weiter von dieser Seite, aus dem Zusammenhang gerissen und aufgrund fehlender Kenntnisse der HipHop-Kultur und der darin fest verankerten Idee des „Battles“4, einem leistungsorien- tierten, auf „Skills“5 basierenden Wettstreits, der im Falle von Rap auf sprachlicher Ebene ausgetragen wird, missverstanden und falsch gedeutet. Die vorliegende Arbeit nimmt nun, beide Seiten des Diskurses beachtend, einen bestimmten Teil deutscher Rap-Texte genauer unter die Lupe: die sogenannten „Punch- lines“. Diese nehmen innerhalb eines Rap-Textes eine besondere Position ein und stechen meist durch ihre inhaltliche und/oder formale Gestaltung (oftmals im Stil einer Pointe und wort- bzw. sprachspielerisch vorgetragen) heraus.6 Die Funktion von Punchlines besteht darin, einen Rap-Gegner so gut es geht herabzuwürdigen bzw. die eigenen Fähigkeiten anzupreisen. Dabei bewegen sich die Rap-Künstler oftmals auf einem schmalen Grat zwi- schen plumper und provokanter Beleidigung und kreativem, pointiert-geistreichem Sprachgebrauch. Da sich die Punchlines inmitten des Spannungsfeldes der oben beschrie- benen Diskussion befinden und – wie sich im Verlauf der Arbeit zeigen wird – durch ihre äußerst komplexe sprachliche Umsetzung aus linguistischer Perspektive sehr interessant und vielseitig sind, lohnt eine Analyse dieses Phänomens, welches wissenschaftlich bis- her auch kaum bearbeitet wurde. Das Korpus dieser Untersuchung bildet eine Auswahl

4 Dt. Schlacht, Kampf. 5 Fähigkeiten, Kunstfertigkeiten (eines HipHop-Künstlers). 6 Eine Definition des „Punchline“-Begriffs wird im weiteren Verlauf der Arbeit (vgl. Kap. 4) entwickelt.

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an Textzeilen des Rappers Kollegah7. Dieser gehört gegenwärtig zu den erfolgreichsten Vertretern des Genres, aber auch zu den kontroversesten: Während Kollegah in seiner Musik nämlich in die Rolle des Zuhälters und Gangsters schlüpft, steht er im echten Le- ben kurz vor dem Jura-Abschluss. Unumstritten ist hingegen Kollegahs „sprachliche Raf- finesse und technische Präzision“ (Burkholz 2014:64), mit der er den Punchline-Rap in Deutschland revolutioniert hat (vgl. Kollegah 2014:1) und erstaunliche Sprachspiele und Pointen erschafft, die origineller und unterhaltsamer als jeder Werbetext-Slogan sind. Diese Textausschnitte des Rap-Künstlers sollen (nachdem der Stand der Forschung dar- gelegt und die Geschichte von Rap-Musik im Kontext der HipHop-Kultur sowie die Cha- rakteristika von Rap-Texten und Punchlines skizziert wurden) auf ihre linguistische Machart hin untersucht und kategorisiert werden. In dieser Arbeit sollen dabei phoneti- sche, morphologische, syntaktische, phraseologische, kombinatorische und sonstige Ver- fahren zur Realisierung von Pointen, Sprachspielen und Wortwitz, die unter dem „Punchline“-Begriff zusammengefasst werden sollen, unterschieden und anhand von Bei- spielen genauer beschrieben werden. In der anschließenden Diskussion soll mit Blick auf einen Rap-kritischen Online-Artikel, in dem es unter anderem um die Punchlines von Kollegah geht, und die Ergebnisse der bisherigen Arbeits- und Analyseschritte erörtert werden, ob Punchlines in (Gangsta- oder Battle-) Rap-Texten wirklich als gewaltverherr- lichend, frauenfeindlich oder homophob gedeutet werden sollten oder nicht.

2. Stand der Forschung

Lange Zeit wurden der HipHop-Bewegung und vor allem der Rap-Musik „künstlerische Qualität oder bleibender Wert abgesprochen“ (Burkard 2013:58), wodurch diese The- menkomplexe auch einer akademischen Betrachtung unwürdig erschienen. (vgl. ebd.) Dieser Umstand hat sich erfreulicherweise geändert und Rap-Musik ist nicht nur im Mainstream, sondern auch an den Universitäten angekommen.8 Aufgrund des Erfolges und der erhöhten Aufmerksamkeit rückten die HipHop-Kultur und die Rap-Musik wäh- rend der letzten Jahrzehnte vermehrt in das Forschungsinteresse verschiedener Wissen- schaftsdisziplinen. So existieren mittlerweile unzählige Veröffentlichungen und Beiträge

7 Bürgerlich Felix Antoine Blume. 8 Siehe dazu auch „HipHop goes science“ (Burkard 2013:57-60). Weitere Forschungsfelder, die sich mitt- lerweile mit Rap-Musik beschäftigen sind die Gender-Studies und natürlich auch die Black-Studies.

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mit Rap-Bezug, die sozial-, kultur-, kunst- und natürlich auch literatur9- und sprachwis- senschaftlicher Natur sind. Fabian Wolbring gibt in „Die Poetik des deutschsprachigen Raps“ einen sehr umfangreichen Forschungsüberblick zu Publikationen zum deutschen und amerikanischen Rap und zeigt verschiedenste wissenschaftliche Zugänge auf, betont aber auch die Unvollständigkeit seiner Auflistung, die auf die unüberschaubare Anzahl an Veröffentlichungen zurückgeht. (Vgl. Wolbring 2015:25-39.) 10 „Die Beschäftigung mit Raptexten ist in der Sprachwissenschaft [dennoch] nicht gerade verbreitet, obwohl […] in dieser Art von Texten die möglichst kreative Verwen- dung von Sprache einen sehr hohen Stellenwert hat.“ (Lhotta 2015:9) Und in der Tat: Linguistische Beiträge zu Rap-Texten und vor allem über die darin enthaltenen Pointen, Sprach- und Wortspielen bzw. Punchlines sind äußerst rar gesät. „Weil Hip-Hop-Texte [aber] in ganzen, oft langen Sätzen und Strophen organisiert sind, die Raum bieten für ausgedehnte Metaphern, Zitate, Wortspiele […] [, erreichen diese] eine Komplexität der Artikulation“ (Greif 2012:53), die in anderen popmusikalischen Stilrichtungen nicht zu realisieren ist und daher für die Sprachwissenschaft interessant sein sollten. In einigen seiner Interviews erwähnt der Rapper Kollegah, dessen Punchlines in dieser Arbeit auf ihre Gestaltungsweisen und Rezeption hin untersucht werden sollen, jedoch, dass seine Textzeilen bereits mehrfach von Studierenden der Sprach- und Litera- turwissenschaften in Studien- und Abschlussarbeiten untersucht wurden. Veröffentli- chungen sind aber nur sehr schwer zu finden. So auch die hilfreiche Projektarbeit „Poin- ten im Deutschrap und ihre linguistische Machart“ von Anton Littau und Philipp Pause- wang, die 2011 an der Justus-Liebig-Universität Gießen entstand und dem Verfasser die- ser Arbeit vorliegt.11 Darin gelangen die beiden Autoren über einige Pointen-theoretische Betrachtungen zu einem Versuch zum Dekodieren von Punchlines und greifen dabei auch auf Textbeispiele von Kollegah zurück. In ihrer Kategorisierung von Pointen unterschei- den Littau/Pausewang zunächst Wort- und Sachpointen, doch lassen sich mit Hilfe dieser

9 Ähnlich wie in der Sprachwissenschaft spielt „Rap [in der Literaturwissenschaft] bislang […] kaum eine Rolle; weder in Form einer verbindlichen Gattungsbestimmung oder einer poetologischen Beschreibung der Produktionsweisen. In literaturwissenschaftlichen Lexika wird er entsprechend zumeist nicht aufge- führt“ (Wolbring 2015:11). 10 Burkard (2010) wie auch Wolbring (2015) verweisen dabei auf Positionierungs- und Distanz-Probleme der Forschung: Szeneinsider werfen Wissenschaftlern fehlende Expertise und nicht ausreichende Kennt- nisse der HipHop-Kultur und vor, während Beiträgen von szenenahen Autoren oftmals eine distanzierte Wissenschaftlichkeit aberkannt wird, weshalb zunächst mit sämtlichen Quellen vorsichtig umzugehen ist. 11 An dieser Stelle möchte ich Philipp Pausewang meinen Dank für das Übersenden dieser Projektarbeit aussprechen.

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Einteilung nicht alle Textbeispiele, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen, treffend beschreiben und zuordnen. Ähnlich verhält es sich mit Piotr Tomasz Snuszkas Untersu- chung „Wortspiele von Kollegah und : Ambiguität im Rap“ (2015). Hier liegt der Fokus zunächst auf theoretischen Überlegungen zum „Wortspiel“-Begriff, anschlie- ßend werden Textbeispiele der im Titel genannten Rap-Künstler auf einer eigens ange- legten Skala zur Komplexität von Wortspielen (von „Sehr simple Wortspiele“ bis „Ext- rem komplexe Wortspiele“) verortet, was jedoch nicht sehr sinnvoll erscheint.12 Einen interdisziplinären Ansatz wählt Katharina Lhotta in „Sprache und Kreativität in Raptex- ten“ (2015): In ihrer Arbeit stellt die Autorin einige Forschungsperspektiven auf Kreati- vität zusammen, diskutiert die Literarität von Rap und untersucht im Anschluss verschie- dene Bautypen von Wortspielen, die englischen, standarddeutschen und in verschiedenen österreichischen Dialekten verfassten Rap-Texten entnommen sind. In dem mit 60 Textbeispielen eher kleinen Korpus findet Lhotta drei syntagmatische Bautypen und ei- nen paradigmatischen Bautyp für Wortspiele. Zwar sind einige Textbeispiele – darunter auch einige von Rapper Kollegah – treffend dekodiert und beschrieben, doch reichen die festgesetzten Kategorien bei Weitem nicht aus, um ein größeres Spektrum an Punchlines adäquat zuordnen zu können. Methodisch orientiert sich die vorliegende Arbeit daher an den Kategorien, die Nina Janich (2013) für Sprachspiele in Werbetexten definiert. Doch anstatt zwischen Wort- bzw. Sprachspielen und Pointen zu unterscheiden, sollen diese unter dem Punchline-Be- griff, der in Kapitel 4 noch definiert werden soll, zusammengefasst werden, um eine grö- ßere Menge an Textbeispielen betrachten und eingruppieren zu können. Dabei werden phonetische, morphologische, syntaktische, phraseologische, kombinatorische und sons- tige Verfahren zur Realisierung von Punchlines differenziert und anhand von Text-Bei- spielen beschrieben. Da Rap- und Werbetexte in ihren Charakteristika erstaunlich viele Parallelen aufweisen, die in Kapitel 5 noch kurz erläutert werden sollen, und auf diese Weise möglichst viele verschiedenartig gestaltete Punchline-Formen berücksichtigt wer- den können, ist dieses Vorgehen legitim.

12 Problematisch ist ferner, dass beide Alben, die Rapper Kollegah und Farid Bang zusammen veröffentlicht haben, durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert wurden. Das heißt, diese Alben dürfen nicht mehr beworben und offen zum Kauf angeboten werden. Der Versandhandel (ab 18 Jahren) unterliegt strengen Auflagen, wodurch es auch schwierig ist, an die im Booklet der CD abge- druckten Texte zu kommen. Online sind diese aber mehrfach auffindbar.

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Doch bevor es zur linguistischen Betrachtung von Punchlines kommt, sollen diese zu- nächst im Kontext der HipHop-Kultur und Rap-Musik bzw. der Textsorte Rap-Text ein- geordnet und definiert werden – auch, weil eine nachvollziehbare Definition von „Punchlines“ in der Literatur nicht zu finden ist. Dies dient letztlich der zu empfehlenden kulturspezifischen Interpretation von Rap-Texten und wird in der Diskussion über den kritischen Umgang mit Punchlines noch einmal aufgenommen werden.

3. Rap-Musik und ihre Entstehung im Kontext der HipHop-Kultur

Rap-Musik und ihre Texte sind fester Bestandteil der HipHop-Kultur, die ihren Ursprung in Amerika hat. Im Folgenden sollen die Entstehungskontexte und die Geschichte dieser Jugendbewegung kurz skizziert werden: von den Anfängen in den Vereinigten Staaten bis hin zum globalen Transfer (vgl. Kannamkulam 2008), der die vier bzw. fünf Elemente des HipHop auch nach Deutschland brachte und dort etablierte. Denn gerade diese An- fangszeit der „in den Siebzigerjahren in den verarmten New Yorker Stadtteilen Harlem und Bronx“ (Kage 2009:7) geborenen Gattung beeinflusst Rap-Texte auf der ganzen Welt bis heute wesentlich. So ist das Wissen um die Genese und Spezifika der HipHop-Kultur auch im Blick auf die Interpretation aktueller deutscher Rap-Texte, die in Teilen Unter- suchungsgegenstand dieser Arbeit sind, unverzichtbar.

„HipHop“ – um diesen Begriff einleitend zu definieren – steht für das Zusammenspiel seiner vier Kernelemente „Writing“ (Graffiti), „B-Boying“13 (Breakdance), „Turntab- lism“ (DJing) und „Rap“ (MCing), auf dem das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegen soll, als spezifische soziale Praxen im Kontext dieses Kulturphänomens. Als fünftes Ele- ment wird oftmals das Wissen (Knowledge) bzw. ein reflexives Bewusstsein der invol- vierten Akteure in Bezug auf den Kontext (beispielsweise im Hinblick auf die Geschichte, die geltenden Werte sowie die verhandelten Themen) der Szene genannt. (vgl. Schröer 2011:12) So lässt sich das Phänomen HipHop als „die kulturelle Ausdrucksform von Jugendlichen [verstehen], denen in ihrem sozialen Raum wenige Artikulationschancen geboten wurden. Durch Graffiti fanden sie eine Mög- lichkeit, sich in den öffentlichen Raum einzuschreiben, durch Breakdance einen Weg, ihren Körpern neue Ausdrucksformen zu verleihen. Die Rapper erzählten wortreich vom Leben auf der Straße […] und die DJs kratzten den Rhythmus einer neuen Generation der Ghet- tojugend ins Vinyl. Diese vier […] Elemente von HipHop wurden zwar erst später unter

13 Auch „B-Girling“.

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dem gemeinsamen Begriff zusammengefasst, entstanden aber zur selben Zeit, am selben Ort und in derselben Szene.“ (Kage 2009:9) 3.1 Das Aufkommen von Rap-Musik in den USA Eine neue Art von Musik war für das Aufkommen der HipHop-Subkultur von maßgebli- cher Bedeutung. DJs wie Kool Herc (bürgerlich Clive Campbell), der in der Literatur mehrfach als einer der Pioniere des HipHop genannt wird, begannen vermutlich schon Ende der 1960er Jahre, ihre instrumentalen Lieblingsstellen aus Reggae-, Funk-, Jazz- und Soulmusikstücken in Loops (Tonschleifen) abzuspielen und diese mit Hilfe mehrerer Plattenspieler mit Drums und anderen Soundelementen zu kombinieren14: „DJing im klassischen Sinne bedeutet die musikalische Untermalung sozialer Ereignisse durch einen Diskjockey (DJ), der Schallplatten auflegt. Dies kann sich sowohl durch das Abspielen ganzer Musikstücke, als auch durch Mischen (‚mixing‘) mehrerer Titel vollzie- hen. Im Kontext der HipHop-Szene wird als DJing bzw. Turntablism eine Mitte bis Ende der 1970er Jahre entstandene spezifische Technik bezeichnet, mittels Kombination vorhan- dener Tonträger durch das Zusammenschneiden von musikalischen Versatzstücken […] neue Musik zu kreieren […], [wobei] der Schallplattenspieler […] dabei quasi als Instru- ment eingesetzt [wird].“ (Schröer 2011:15) Die Motivation dieses sogenannten „Samplings“ lag darin, eigene Songs hervorzu- bringen, zu denen man auf den Blockparties länger tanzen bzw. „breaken“ (vgl. „Break- dance“) konnte. Diese Veranstaltungen, die oftmals aus spontanen Zusammenkünften auf der Straße entstanden (vgl. ebd.), waren den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der New Yorker South Bronx, einem Stadtteil mit „überwiegend afroamerikanischer Be- völkerung“ (Burkard 2013:16), eine willkommene Abwechslung, denn sonst prägten Chancen- und Arbeitslosigkeit, Drogen, Kriminalität und Rassismus ihre Lebenswelt: „Mehrere DJs konkurrierten dabei um die Gunst des Publikums. Die Beschallung erfolgte mittels so genannter Soundsysteme […] Dabei handelte es sich um eine mobile Kombina- tion aus Verstärkertechnik und Abspielgeräten für Tonträger, die zum Teil auch ironisch als Ghettoblaster bezeichnet wurden.“ (Schröer 2011:15) 15

14 „Der gelernte Elektroniker Joseph Saddler, [später] bekannt als Grandmaster Flash soll mit Hilfe zweiter Plattenspieler den Breakbeat erfunden haben; eine Technik also, bei der kurze, ‚von Rhythmus- und Per- kussionsinstrumenten dominierte Phrasen‘ unterschiedlicher Musikstücke (so genannte breaks) ineinander gemixt werden, sodass längere gleich klingende Rhythmuspassagen entstehen, die nach Belieben ausge- dehnt werden können. Saddler gilt überdies auch als Entwickler und Konstrukteur einiger der bis heute üblichen Apparaturen zur Musikproduktion.“ (Wolbring 2015:17f) 15 „Auch hier ist der für die HipHop-Szene allgemein typische Wettkampf- bzw. Battle-Gedanke verankert, denn im Kontext dieser sozialen Veranstaltungen kam es häufig zu einer Konkurrenz mehrerer Soundsys- teme.“ (Schröer 2011:15f) Vgl. Kap. 3.3.

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Die South Bronx, in der nicht nur Afroamerikaner, sondern auch Juden, Latinos sowie italienische, deutsche und irische Gemeinschaften lebten, galt als Inbegriff des Get- tos, in dem der allgegenwärtigen Langeweile, Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit zum Trotz (vgl. Burkard 2013:17) bemerkenswerte ingeniöse Potenziale freigesetzt wurden. So wurde dieses Getto allmählich zum „Zentrum einer lebendigen, von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommenen zukunftswei- senden Kreativität, die nur durch diese extreme Mischung der Ethnie und ihre relative Iso- lation gegenüber dem Rest von New York entstehen konnte. Innerhalb der engen Grenzen der Bronx entstanden die Ausdrucksformen, die wir mit HipHop-Kultur assoziieren: Graf- fiti-Kunst, Breakdance, Rappen und Mixen.“ (George 2002:28, zitiert nach Burkard 2013) Während Mixen, Rappen und Breakdance in ihrem Aufkommen zunächst sehr nah beieinanderliegen, hebt sich die Graffiti-Kunst stark von den anderen Elementen ab, die man – wie schon erwähnt – erst später unter dem „HipHop“-Begriff zusammenfassen sollte; in erster Linie natürlich, weil Graffiti gesetzeswidrig ist und keinen Bezug zur Musik besitzt. Aus diesem Grund soll in der vorliegenden Arbeit dieser Teil der Kultur nicht genauer erläutert werden. Auch auf Breakdance wird nicht weiter eingegangen.16

„Heute wird HipHop oft mit HipHop-Musik gleichgesetzt und es sind überwiegend die Rapper, die das Bild dieser Kultur in der Öffentlichkeit […] [und] in den Medien […] repräsentieren“ (Burkard 2013:18), was anfänglich jedoch noch nicht der Fall war. Der Sprechgesang, der chronologisch betrachtet die vierte und letzte HipHop-Disziplin bil- dete, „entwickelte sich [seit seiner Entstehung dann aber] […] rasant zum medial am meisten beachteten, wirtschaftlich erfolgreichsten, kurz: wichtigsten Element“ (Androu- tsopoulos 2003:16) der Jugendkultur. Der Grundstein für diese Erfolgsgeschichte wurde auf den oben erwähnten Blockparties im New York der 1970er Jahre gelegt: Die DJs, die ihre neuen Mixes auf den Veranstaltungen auflegten und an ihren Plattenspielern ver- schiedene Kunststücke zum Besten gaben, holten sich mit der Zeit „ein paar geschwätzige Jungs auf die Bühne“ (Verlan 2003:140, zitiert nach Burkard 2014:26), die mit lockeren Sprüchen, Anfeuerungsrufen und lustigen Reimen das Publikum […] zum Tanzen brach- ten.

16 Kage (2009), Schröer (2011) und Burkard (2013) geben treffende Beschreibungen dieser beiden Phäno- mene im HipHop-Umfeld und erläutern deren Entstehung und Geschichte.

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„Den [sogenannten] MCs17 oblag es in diesem Zusammenhang in erster Linie, die Dar- bietungen der DJs zu moderieren. Sie entbanden den DJ damit zunehmend von der Funk- tion, das Publikum durch Ansagen, Sprüche und Kommentare zu unterhalten.“ (Schröer 2011:17) Die Rapper machten diesen Job so gut, „dass bald niemand mehr etwas vom DJ wissen wollte, stattdessen wurden sie selbst zu den neuen Stars der Szene.“ (Verlan 2003:140.) „Der englische Begriff rap18 wird in der Literatur unterschiedlich hergeleitet und erweist sich als äußerst bedeutungsvariant. Einige seiner Gebrauchsweisen tragen dabei Züge, die den Rap bis heute kennzeichnen“ (Wolbring 2015:15): „To rap“ (Engl. für Klopfen, Schlagen, Pochen) meinte seiner ursprünglichen Bedeutung entsprechend er- zählen, schwätzen oder einen längeren Monolog zu halten (vgl. Verlan/Loh 2006:114). „Im afroamerikanischen Sprachgebrauch [bzw. Slang] wird der Begriff Rap schon seit 1870 verwendet; er bezeichnet [dort] eine besondere Form des Sprechens. Seit Mitte der 1940er Jahre bezeichnet das Wort einen rhythmischen Sprechgesang mit oder ohne Hin- tergrundmusik“ (Burkard 2013:25).19 So wurde auf den HipHop-Parties der Ton nicht mehr allein von den DJs angege- ben, sondern die Musik entstand in engem Zusammenspiel mit den Rappern, die mit ih- rem unterhaltsamen, rhythmischen Sprechen und ihren Performances beim Publikum sehr beliebt waren. So rückte der DJ, der zuvor mit seinen Skills an den Plattenspielern (Mi- xen, Scratching uvm.) die Aufmerksamkeit der Partybesucher genoss, immer mehr in den Hintergrund. Die MCs bekamen somit mehr Raum für sich sowie ihre Darbietungen und Rap war geboren. „Zunächst wurde Rap auch ausschließlich live dargeboten und [noch] nicht auf Tonträger konserviert.“ (Schröer 2011:17) Die Performances der MCs erfolgten außer- dem weitestgehend „freestyle“. „Diese Form der Darbietung ist dadurch gekennzeichnet, dass Texte spontan, assoziativ, ad hoc und narrativ vorgetragen wurden, also nicht ‚vor- gefertigt‘ waren.“ (Schröer 2011:18) „Dabei orientierten sich diese ersten Rapper an der

17 MC = Master of Ceremonies (dt. Zeremonienmeister.) Diese Bezeichnung geht vermutlich auf einen Titel innerhalb der katholischen Kirche zurück, denn im englischen Sprachraum obliegt dem Master of Ceremo- nies die Organisation einer Messe. (vgl. Schröer 2011:17) „Rapper“ und „MC“ wurde anfänglich noch synonym verwendet. Heute gilt ein MC als kompletterer Rapper, der nicht nur facettenreiche Songs auf Platten presst, sondern auch im Live-Bereich stark ist und das Freestylen beherrscht. 18 Ausgesprochen [ræp] 19 Vergleiche auch „Etymologische Herleitung“, Wolbring 2015:15-17.

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Sprechweise populärer Radio-DJs jener Zeit. Aus den improvisierten Ansagen entwi- ckelte sich eine zunehmend komplexe Sprechgesangspraxis, die man fortan als Rappen bezeichnet.“ (Wolbring 2015:18)

Der Weg der Rap-Musik von den Blockparties der Bronx bis hin zu ersten kommerziell erfolgreichen Rap-Alben war dann noch ein weiter: Zunächst gingen die Rapper ohne vorbereitete Texte ans Mikrofon und fanden ihre Reime spontan. Das gab ihnen die Mög- lichkeit, das anwesende Publikum besser ansprechen zu können und mit ihm zu intera- gieren. „Aus diesem Grunde wurde es [zunächst] auch als unmöglich angesehen, Rap zu konservieren.“ (ebd.) Mit zunehmenden technischen Möglichkeiten konnten nach und nach aber auch eigene Stücke aufgenommen und auf Platte oder andere Speichermedien gepresst werden, wobei die Musiker Texte für den Aufnahmeprozess schriftlich fixierten. Der erste kommerziell erfolgreiche Tonträger mit Rap-Musik wurde dann 1979 – also etwa zehn Jahre nach den ersten Blockparties – von der Sugarhill Gang („Rapper´s De- light“-Single) veröffentlicht. Das Stück verkaufte sich international millionenfach und öffnete Rap die Türen der Musikindustrie: „‘Rapper´s Delight‘ wurde für viele Rap-Gruppen aus der Bronx zum Anstoß, nun auch ihre Stücke zu veröffentlichen. Gerade weil sie sich durch diese Platte so verraten fühlten, wollten sie der SUGARHILL GANG [, einer gecasteten Formation unbekannter Rapper, die sich vieler Textpassagen der auf den Block-Parties auftretenden MCs bediente,] den wahren, authentischen Rap entgegensetzen.“ (Verlan 2000:14)

Von den Problembezirken New York Citys verbreitete sich die Bewegung schließlich schnell über die ganze Welt und so gelangten Graffiti, DJing, Breakdance und Rap auch nach Deutschland. Die Entwicklung eines deutschen Bewusstseins für Rap-Musik soll im folgenden Kapitel kurz nachgezeichnet werden.

3.2 Rap-Musik in Deutschland Der zunehmend kommerzialisierte Rap aus Amerika, der seinen Weg von New York aus in alle Teile der Vereinigten Staaten gefunden hatte, überquerte in den frühen 1980er Jahren schließlich auch die Landesgrenzen und verbreitete sich weltweit. Schallplatten, Zeitschriften, aber auch Musikvideos und bekannte Spielfilme wie „Beat Street“ und „Wild Style“ oder die Dokumentation „Style Wars“, welche die amerikanische Straßen- kultur und die vier HipHop-Elemente abbildeten, fanden ihren Weg so auch nach Deutschland und animierten immer mehr Jugendliche hierzulande zum Sprühen, Tanzen,

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DJing und Rappen. „HipHop und damit Rap waren [demnach] zunächst also ein rein me- dienvermittelter US-Import.“ (Wolbring 2015:21) Einen weiteren wichtigen Beitrag zum Kulturtransfer leisteten außerdem die in Deutschland20 stationierten amerikanischen Sol- daten (GIs), welche die Bildung deutscher HipHop-Szenen in Städten wie Berlin, Ham- burg, Frankfurt, Stuttgart, Dortmund und Heidelberg maßgeblich vorantrieben. „Hier ent- wickelte sich eine kleine Jam-Kultur, die stark an amerikanischen Vorbildern orientiert blieb […].“ (ebd.) Unabhängig von der HipHop-Musik „waren die jungen Leute [in Deutschland] auch empfänglich für das, was den sozialen Kon- text des HipHops als urbane Kultur in Amerika bildete. Allerdings war die Entwicklung von HipHop-Identitäten in Deutschland nicht nur an die Erfahrungen und die Produktion der amerikanischen […] Kultur gebunden, sondern auch an die kulturellen und gesell- schaftlichen Besonderheiten in Deutschland.“ (Templeton 2007:194, zitiert nach Burkard 2013:32) Gerappt wurde dennoch auf Englisch und vorerst „wurden die neuen Künstler nicht so recht ernst genommen, weder von deutschen Musikern noch von den Fachzeitschriften; die Folge davon waren die ersten Rap-Parodien21 […].“ (Burkard 2013:33) Und so dau- erte es auch fast ein Jahrzehnt, bis sich Rap in Deutschland vom „Underground“ seinen Weg in die Charts bahnte. „Ab 1985 formierten sich die ersten, meist noch regional verhafteten Kontakte. Ein Jahr später schon vernetzten sich die ersten Gruppen bereits überregional. Durch diese […] Kontakte der HipHopper untereinander formierte sich im Untergrund ein loses Netz, die Szene begann sich zu entwickeln. Es wurden Strukturen und Voraussetzungen geschaffen, von denen spätere Generationen profitierten.“ (Burkard 2013:32) Eine sehr kleine, aber doch sehr verschworene Gemeinde von Gleichgesinnten traf sich dazu im ganzen Land auf den sogenannten „Jams“, um die vier HipHop-Elemente zu zelebrieren. Bei diesen Veranstaltungen handelte es sich keinesfalls um Shows mit fest vorgegebenen Ablauf, sondern eher um ein Zusammenkommen für den kreativen Aus- tausch und zum Knüpfen von Kontakten. (vgl. ebd.) Hier fanden DJs, Writer, Break- dancer und Rapper die Möglichkeit, sich und ihre Kunst zu präsentieren und in Wettbe- werb mit anderen Aktivisten zu treten.

20 Vor der Wiedervereinigung verlief die Entwicklung der HipHop-Kultur in der Bundesrepublik Deutsch- land (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) unterschiedlich, worauf hier aber nicht eingegangen werden soll. Vgl. dazu Burkard 2013:32-37. 21 Für die wohl berühmteste ist übrigens Thomas Gottschalk verantwortlich: G.L.S.-United mit „Rapper´s Deutsch“ (1980).

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Der zu Anfang noch bestehende Trend, die aus Amerika kommenden Vorbilder zu kopieren und deren Styles nachzuahmen, war dabei ein recht kurzlebiger. Deutlich machte dies unter anderem die Tatsache, dass in dieser Findungsphase immer mehr Rap- per begannen, auf Deutsch zu rappen, was zuvor als altmodisch galt und tabuisiert wurde. Die Musik, die zu Beginn auch größtenteils aus den USA kam22, wurde nach und nach durch eigene Produktionen ersetzt und ein deutscher Sound konnte sich entfalten und rei- fen. Dieser schaffte es Anfang der 1990er Jahre dann erstmalig in die Charts.23 In dieser Zeit entstanden auch erste deutsche Fernseh- und Radioformate sowie Magazine, die sich der HipHop-Kultur und -Musik widmeten, sodass weitere Charterfolge nicht lange auf sich warten ließen. Immer mehr Künstler aus dem Underground fanden ihren Weg in die breite Masse und Rap konnte sich langsam in der populären Kultur etablieren. Großstädte wie Berlin, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Heidelberg, München und auch das Ruhrge- biet entwickelten sich bald schon zu HipHop-Hochburgen, die ihren individuellen Stil kreierten und in Konkurrenz zueinanderstanden. Rap-Musik wurde außerdem facetten- reicher und neben den zunächst hauptsächlich unterhaltsamen, ironischen Texten erhiel- ten auch politische und soziale Themen („Conscious Rap“) Einzug in das Genre.24 Auch „Battle-Rap“ (Vgl. Kap. 3.3!) spielte um die Jahrtausendwende eine zunehmend wichtige Rolle und fand eine große Hörerschaft. „Gangsta-Rap“ wurde zu Beginn des neuen Jahr- tausends sehr populär und verhalf der HipHop-Musik schließlich zu enorm wirtschaftli- chen Erfolg und einer nie dagewesenen medialen Aufmerksamkeit und Kritik, wie einlei- tend bereits erläutert wurde. „Die Wahrnehmung des deutschen Rap in den Medien veränderte sich durch diese Ent- wicklungen stark. Würdigte man zuvor die Produkte als interessante Bereicherung der deutschsprachigen Poplandschaft, füllten Gangsta-Rap und seine Protagonisten nun eher

22 Deutsche Rapper bedienten sich oftmals der Instrumentale, die auf den B-Seiten der amerikanischen Rap- Platten zu finden waren. 23 Die Stuttgarter Rap-Gruppe Die Fantastischen Vier veröffentlichte 1992 mit „Vier gewinnt“ das erste kommerziell erfolgreiche Rap-Album. Die Single „Die da!?“ schaffte es bis auf Platz 2 der Charts. „So wie der erste große Hit der amerikanischen HipHop-Kultur nicht originär dem Block Party-Umfeld entsprang, so war auch der erste deutschsprachige Rap-Hit […] kein wirkliches Szeneprodukt“ (Wolbring 2015:21) und polarisierte aus diesem Grund. 24 Dabei spielte und spielt der Einfluss der in Deutschland lebenden Migranten eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Rap-Musik. Dieser lässt sich nicht nur in thematischen Einschlägen der Rap-Texte (z.B. Rassismus, soziale Ungerechtigkeit o.ä.), sondern auch durch die zunehmende Nutzung arabischer, türki- scher oder kurdischer Wörter in den Texten nachvollziehen, die auch die deutsche Jugendsprache sehr stark prägen. So wurde das türkische „Babo“ (= Boss, Anführer) in 2013 das Jugendwort des Jahres.

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Boulevard-Magazine mit neuen Skandalmeldungen. Von Seiten besorgter Eltern und Ju- gendschützer wurde [deutscher] Rap dadurch zusehends als massive Verrohungstendenz diffamiert […] und zuweilen sogar zensiert.“ (Wolbring 2015:24) Heute findet Rap zu großen Teilen im Internet und in den sozialen Medien statt und nutzt verschiedene Kanäle zu Marketingzwecken – und das mit Erfolg. Die den mehrheit- lich illegalen Downloads geschuldeten Verkaufseinbrüche der Vergangenheit wurden überwunden und mittlerweile koexistieren Gangsta-, Fun- und Conscious-Rap wie auch diverse Mischformen und ein breites Spektrum an unterschiedlichen Stilen und Attitüden, ohne dass eine Leitströmung zu erkennen wäre. (vgl. ebd.)

Dass HipHop-Musik als eigene Gattung mit ihren spezifischen Merkmalen überhaupt ent- stehen und sich weltweit verbreiten konnte, ist auf die afroamerikanische Geschichte und Kultur zurückzuführen, was im Folgenden erläutert werden soll. Der Sprechgesang hat nämlich verschiedene Vorformen, die bis heute auf Rap-Musik und ihre Gestaltung Ein- fluss nehmen und bei der Interpretation von Rap-Texten von Bedeutung sein können.

3.3 HipHop als „Battle“-Kultur Von Beginn an lebte die HipHop-Kultur und -Musik von einem signifikanten Wettbe- werbsgedanken, der die Jugendbewegung ständig vorantreibt und bis heute für Break- dance, Graffiti, DJing und Rap von elementarer Bedeutung ist: Im Breakdance ist den Bewegungen selbst eine spielerische Konfrontation eingeschrieben und es geht es in ei- nem „Breakdance-Battle“ darum, sich spektakulärer zur Musik zu bewegen als sein Ge- genüber. Bei Graffiti führt die begrenzte unbemalte Fläche im öffentlichen Raum zu ei- nem Kampf um Sichtbarkeit. Der beste Writer ist demnach derjenige, der das aufwen- digste Bild an einer für alle wahrnehmbaren Wand platziert oder dort ein schwaches Piece25 mit einem kunstvolleren übersprüht. Auch die DJs kämpften bereits auf den ersten New Yorker Blockparties um die besten Mixes, akustische Dominanz und die Gunst des Publikums. (vgl. Verlan/Loh 2006:29) Auseinandersetzungen im Rap werden auf sprach- licher Ebene ausgetragen: Mit einer oftmals harten und polemischen Sprechweise (vgl. Burkard 2013:44) versucht ein Rapper seinen Gegner im „Rap-Battle“ zu diffamieren. „Unter dem Etikett ‚Battle-Rap‘ […] firmiert ein ganzes Subgenre, das sich [thematisch] einzig der Selbstprofilierung auf Kosten des Gegners widmet.“ (Seeliger/Dietrich

25 Kurzform von „Masterpiece“. Ein Piece bezeichnet ein aufwendiges, großes und mehrfarbiges Graffiti.

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2012:27) Neben den Inhalten des Raps sind Faktoren wie Flow26 bzw. Rhythmus, die Performance27 und der Einsatz der Stimme hier relevant, um sich gegen einen anderen Rapper durchsetzen zu können. Essenziell bleibt aber die kreative und unterhaltende Ver- wendung von Sprache, die das zentrale Element im Rap ist. Dabei ist zunächst auffällig, „dass es sich hierbei nicht um eine schriftlich fixierte, sondern um eine oral vermittelte Form der Sprache handelt 28 – ein Konzept, das in der Face-to-face-Situation der musika- lischen Improvisation zum Tragen kommt und in der afroamerikanischen Geschichte wichtige Vorläufer kennt“ (Kage 2009: 18): „Die Kontinuität [der oralen Traditionslinie der Afroamerikaner] beginnt mit den ‚Griots‘ im Savannengürtel Westafrikas, findet ihre Fortsetzung in den Arbeitsgesängen der [nach Amerika gebrachten] Sklaven, den Gospelgesängen der christianisierten Schwarzen, dem Blues, dem Soul und heute dem HipHop [und Rap]. Verschiedene Gesichtspunkte verbin- den den heutigen Rapper mit seinen westafrikanischen Vorfahren, und diese Traditionsli- nien können auf verschiedenen Ebenen gefunden werden: in der Verbindung von Sprache mit Tanz, in dem mythologischen Einschlag einiger in Rap-Texten erzählten Geschichten und in der Rolle, die der Rapper in der Gemeinschaft einnimmt.“ (ebd.) Ganz im Gegensatz zur nördlichen Erdhalbkugel, wo die Schriftlichkeit dominiert, wurde in den meisten afrikanischen Kulturen Geschichte mündlich überliefert, wobei Rhythmus, Reime und Repetition zur Erinnerung instrumentalisiert wurden.29 In Westaf- rika gelten die oben erwähnten „Griots“ als lebendige Geschichtsbücher ihrer Dörfer und haben die Aufgabe, Wissen aufrecht zu erhalten und weiterzugeben. Dafür entwickelten diese Sänger schon sehr früh eine auf Rhythmus und Reimen basierende Sprachform und reicherten ihre Erzählungen mit Klatsch, Satire und Spott an. Teilweise wurden zwischen zwei Sängern auch Reimkämpfe vor Publikum ausgetragen. Die Oraltradition der Afri- kaner blieb den nach Amerika verschifften Sklaven und deren Nachkommen in den USA erhalten. Da es den Sklaven verboten war, auf ihren Trommeln zu spielen, entwickelten sie mit dem „Signifying“ eine neue Form von Sprechgesang, mit welchem Aussagen ko- diert wurden. Weil die Sklaven aus allen Teilen Afrikas in Amerika zusammentrafen,

26 Engl. für fließen. Bezeichnet das Zusammenspiel von Stimme (auch Aussprache und Betonung) und Beat bzw. Melodie. 27 Beispielsweise durch einen individuellen Style. 28 Mittlerweile besitzen Live-Battles nicht mehr den gleichen hohen Stellenwert wie in der Vergangenheit. Heute sind Battles, die sich über mehrere Lieder erstrecken können, gängiger. 29 „Einmal Gewusstes wird durch Schrift nachschlagbar, das heißt wieder zugänglich gemacht, und muss nicht memoriert werden. Diese Möglichkeit hat die orale Kultur nicht. Die Abwesenheit von Schrift erfor- dert andere Techniken, die es ermöglichen, die dargereichten Informationen zu memorieren. Zu diesen rhetorischen Gedächtnisstützen zählen Rhythmus, Reim und Repetition, also Wiederholung.“ (Kage 2009:19)

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konnten sie auf keine gemeinsame Sprache zurückgreifen und mussten so eine eigene Sprache innerhalb des Englischen finden, die aber von den Sklavenhaltern nicht verstan- den werden konnte. Auf diese Weise entstand eine Sprechweise, die die Rede der Skla- venhalter parodistisch nachahmte, Bedeutungen auf verschiedenen Ebenen hervorbrachte und ganz bewusst mit den Gepflogenheiten der herrschenden Sprache brach, diese ver- drehte, übertrieb und standardisierte Sprachcodes unterlief, sodass eine subversive Wir- kung erzielt wurde.30 Durch Sprachwitz und Zeichenverwirrung fanden die Sklaven einen Weg, sich gegen ihre Peiniger aufzulehnen. Eine eigene Sprache (heute als „African American Vernacular English“ bekannt) diente den Afroamerikanern, die später (u.a. auf- grund von Rassentrennungsgesetzen bis Mitte der 1960er Jahre) in Ghettos wie der New Yorker Bronx lebten, seither als eine Form des Widerstands. Bestimmte Muster, die sich heute auch im Rap wiederfinden, setzten sich durch. (vgl. Burkard 2013:44f) Doch auf die „Sklavenzeit sind auch andere Wortgefechte zurückzuführen, die in den Ghettos weitergelebt und fortgeführt wurden – und die bei unwissenden Hörer von Rap-Musik für Kopfschütteln und Unverständnis sorgen“ (Burkard 2013:46): „Das sogenannte ‚Playing the dozens‘, eine Sprachspielpraxis […] kann als Vorläufer von Battle-Rap betrachtet werden. Das Ziel des offensiv geführten, letztendlich aber nicht ernst gemeinten Streitgesprächs vor zufälligem Publikum (meistens auf der Straße) ist es, den Kontrahenten zu verhöhnen, seine Fähigkeiten infrage zu stellen und die moralische Integ- rität der Familie anzuzweifeln. […] Zum Zeitvertreib nehmen sich die Interaktionspartner ‚hoch‘, überbieten sich in Kreativleistungen verbaler Beleidigungen und simulieren so über Sprache einen Konflikt, der nur der Form halber einer ist.“ (Seeliger/Dietrich 2012:27) In diesem Spiel der verbalen Schlagfertigkeit, das hauptsächlich von Männern ge- pflegt wurde, wurde der, der „im Schlagabtausch von Schimpftiraden die besten Pointen setzt[e]“ (Verlan/Loh 2006:29), Gewinner und Publikumsliebling. Neben dem „Signifying“ und dem „Playing the dozens“ (auch „The Dirty Dozens“) sind außerdem die sogenannten, in den Ghettos entstandenen „Toasts“ zu erwähnen, wo- bei es sich um gereimte Geschichten handelt, die eng mit dem Signifying verwandt sind und das „Prinzip des ‚kreativen‘ Beleidigens wiederaufnehmen“ (Seeliger/Dietrich 2012:27). Diese einfachen, humoristischen Kurzgeschichten mit teils obszönen, misogy- nen und gewalttätigen Einschlägen erzählten sich die männlichen Afroamerikaner über

30 Dies gilt allgemein auch bis heute für die Sprache in der Rap-Musik.

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Jahrzehnte auf den Straßen, im Militär oder auch im Gefängnis zur gegenseitigen Belus- tigung und gegen die Langeweile. „Auch das sogenannte Boasting, was übersetzt Über- treibung und Angeberei bedeutet, war Teil dieser Geschichten.“ (Burkard 2013:46) 31

„So lässt sich [an dieser Stelle] zusammenfassen, dass sprachliche Kompetenz in der af- roamerikanischen Tradition eine große Rolle spielt und das verbale Kräftemessen Mittel zum Zweck ist, um sich gesellschaftlich zu positionieren, sich auf der Straße Respekt zu verschaffen“ (ebd.:47) oder einander zu unterhalten. Neben den in diesem Kapitel zitier- ten Autoren finden sich übrigens noch eine Reihe weiterer Arbeiten, die Signifying, Playing the dozens und die Toasts als Vorformen des Battle-Raps sehen und nachvoll- ziehbar in eine Traditionslinie setzen. (Vgl. Wald, Elijah: Talking ´bout your mama: the dozens, snaps and the deep roots of rap. Oxford, 2014.) So waren es nämlich, wie schon beschrieben, die jungen Afroamerikaner, die um 1970 mit Rap ihre eigene Musikrichtung schufen und verschiedene Facetten ihrer Kultur und Sprache darin zum Ausdruck brach- ten.

Somit ist das Battle auch im Rap nach wie vor zu finden. Die Grundzüge dieses Subgenres sollen im nachfolgenden Kapitel kurz skizziert werden.

3.4 Battle-Rap Im Battle-Rap32, der im HipHop-Kosmos von Beginn an vorzufinden war, spricht man heute noch immer vom „Boasting“ (vgl. oben) einerseits und auf der anderen Seite vom „Dissen“. Das Boasting oder auch Bragging (dt. Prahlen) dient der übermäßig positiven Darstellung der eigenen Person oder Fähigkeiten, während das Dissing (von engl. to dis- resprect, dt. jemanden herabsetzen) einen realen oder auch fiktiven Gegner diffamiert und herabwürdigt, wobei die sprachliche Gewandtheit und Kreativität einen hohen Stellen- wert besitzt und die Zuhörerschaft unterhalten soll. Wie schon beschrieben, rühmten und kommentierten die Rapper zunächst „die Fähigkeiten ihres DJs, lobten ausdrucksstark seine Tricks und seine Erfindergabe. Sie erzählten Witze, Geschichten aus der Nachbarschaft und gaben zum Besten, was für tolle Typen und Reimkünstler sie selbst sind, besser als alle anderen im Saal. Die wiederum wollten das natürlich nicht auf sich sitzen lassen und so kam es bald zu den ersten Wort- und Reimgefechten auf der Bühne […] [der Blockparties].“ (Verlan/Loh 2006:130f)

31 Vgl. auch Labov, William: Rules for Ritual Insults. In: Sudnow, David: Studies in Social Interaction. New York, 1972. S.120-170. 32 Der Begriff „Battle“ ist im HipHop-Zusammenhang übrigens nicht negativ konnotiert.

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In ihrer ursprünglichen Form sind Battles zwischen den Rappern als rein künstleri- sche Auseinandersetzung innerhalb der HipHop-Bewegung zu beschreiben. Der sportli- che Battle-Gedanke gilt allgemein als Motor einer Kultur, die davon lebt, im Wettstreit mit Gleichgesinnten einen individuellen Style zu entwickeln und sich dadurch Distinktion innerhalb der gemeinsamen Bewegung zu verschaffen. Dadurch angetrieben, vergrößer- ten die Rapper ihren Wortschatz und feilten an ihrem Sprachwitz und ihren Pointen. (vgl. Burkard 2013:47f) Sprachliche Wettkämpfe sind im Übrigen keine modernen Phäno- mene, sondern sie besitzen eine jahrtausendealte Tradition: So kam es in der griechischen Antike bereits zu Wettbewerben der Dicht- und Redekunst (musische Agone). Auch die mittelalterlichen Sänger lieferten sich Versduelle, um einen Sieger zu ermitteln.33 Und noch bevor es zu den ersten Battles zwischen Rappern kam, existierten die Polemik der Sprache, die Wortgefechte und Spottreime, wie oben bereits beschrieben, in der Alltags- rhetorik der afroamerikanischen Kultur, auf deren Basis sich der spätere Sprechgesang entwickelte. (vgl. ebd.) Im Battle-Rap zielen die Pointen, Sprachspiele und der Wortwitz, im Folgenden unter dem Punchline-Begriff zusammengefasst (vgl. Kap 4), unter anderem auf nicht vor- handene oder mangelhafte Fähigkeiten (Skills) des Gegners, dessen Glaubwürdigkeit (Realness, Credebility) und Style, Männlichkeit oder Sexualität, Bekanntheit, Erfolg, Geld oder andere Maßstäbe, mit denen man Überlegenheit bzw. eine große Distanz zum Ausdruck bringen kann. Innerhalb eines Battles „kommen dabei zwei Strategien zum Tra- gen, die eigene Überlegenheit performativ zu äußern: Durch (1) Demonstration des eige- nen Könnens […] und (2) durch die Abwertung der Leistung und der persönlichen Integ- rität der Konkurrenz […].“ (Schröer 2011:271) Erfolgt eine Auseinandersetzung zwischen zwei Rappern „face to face“ und damit (zeitlich und räumlich) unmittelbar, kann vom eigentlichen Modus eines Battles gespro- chen werden. (vgl. ebd.) Die Kontrahenten haben in diesen Freestyle-Battles die Chance, die Punchlines des Gegners zu kontern. Es geht dabei darum, spontan den besten Weg zu finden, seiner Überlegenheit Ausdruck zu verleihen.34 „Wer ausgeklügelter Battle-Texte

33 In ihrer Dissertation untersucht Sonja Würtemberger „die Fehden und Polemiken der Sangspruchdichter im 13. Jahrhundert sowie die Battles des deutschen Sprechgesangs, des Raps“ (Würtemberger 2009:9), und entdeckt erstaunliche Parallelen. 34 Es gibt in den USA, aber auch in Deutschland, neben Freestyle-Veranstaltungen auch Formate, in denen vorgefertigte Texte im Beisein des Gegners auf einer Bühne präsentiert werden: Zu nennen sind hier „Feuer über Deutschland“ oder „Rap am Mittwoch“.

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über seinen Kontrahenten niederprasseln lässt, gespickt mit spitzfindigen Reimen und amüsanten Geschichten, dem steht die Gunst des Hörers zu.“ (Klausegger 2009:167ff) Doch Battle-Rap vollzieht sich mittlerweile auch in anderen Formen, beispielsweise durch „Disstracks“. Das sind auf Speichermedien fixierte Lieder, die einen anderen Rap- per (fiktiv oder real35) inhaltlich angreifen. In diesem Fall sind die am Battle teilnehmen- den Akteure zeitlich und räumlich voneinander getrennt, was ein Call-and-Response wie im Live-Battle dennoch nicht ausschließt. Der Unterschied zwischen diesen beiden For- men des Schlagabtausches ist, dass ein Live-Battle stark ritualisiert ist und gewissen Re- geln gehorcht, welche die Teilnehmer im Vorfeld auch abstimmen können. Ferner be- kommen die Rapper direktes Feedback durch eine Jury und/oder das anwesende Publi- kum, die entscheiden, wer als Gewinner aus dem Battle hervorgeht. Wenn zwei Rapper sich in ihren Songs duellieren, ist nicht geregelt, wer den Schlagabtausch gewinnt. Ge- disst wird im Rap-Kosmos übrigens nicht ausschließlich musikalisch, sondern auch auf anderen Wegen, beispielsweise in Interviews oder über die sozialen Medien.36 Weil die Akteure hier ihre eigenen Regeln festsetzen, kommt es dabei auch häufig zu Grenzüber- schreitungen, die dazu führen, dass ein Battle nicht mehr auf rein sprachlicher Ebene fort- geführt wird, was nicht im Sinne des ursprünglichen HipHop-Gedankens ist. Eskalierende Rapper-Feindschaften endeten hierzulande in körperlicher Gewalt und in den USA sogar tödlich, was ein sehr schlechtes Licht auf das musikalische Genre wirft. Die Kehrseite der Medaille ist, dass Rapper-Feindschaften Rap-Songs von herausragender Qualität hervor- gebracht und das Genre weitergebracht haben. Dieser Gedanke soll in der Diskussion (Kap. 7) noch einmal aufgenommen werden.

Gegenstand dieser Arbeit sind Punchlines als ein Merkmal der Gattung Rap-Texte, das im nächsten Abschnitt vorgestellt wird. Auf diese Weise sollen – nachdem in Kap. 3 der kulturelle Rahmen, in dem Punchlines entstehen, abgesteckt wurde – nun auch textlingu- istische Kategorien herangezogen werden, um die im Zentrum der Analyse stehenden Textbeispiele einzuordnen zu können.

35 Reale Gegner können einerseits namentlich direkt genannt werden, das Dissing kann sich aber auch gegen einen imaginären Gegner richten. 36 Eine Rapper-Feindschaft wird in der Szene als „Beef“ bezeichnet.

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4. Die Textsorte „Rap-Text“ und der „Punchline“-Begriff

Im Verständnis der vorliegenden Arbeit ist ein Rap ein durch Rhythmus und Reim ge- bundener Sprechtext (vgl. Wolbring 2015:15). Rap-Texte sind dabei als eigene Textsorte, „d.h. als Gruppe von Texten, die sich durch gemeinsame Kennzeichen als dieser zugehö- rig bestimmen lassen“ (Wolbring 2015:246), zu betrachten. Textsorten37 „lassen sich als jeweils typische Verbindungen von kontextuellen (situativen), kommunikativ-funktiona- len und strukturellen (grammatischen und thematischen) Merkmalen beschreiben“ (Brin- ker 2010:125), die nun für Rap-Texte dargelegt und teils mit kurzen Beispielen erläutert werden sollen.

4.1 Kennzeichen der Textsorte „Rap-Text“ Rap-Texte werden auf Schallplatte, auf CD oder digital als MP3 oder in anderen Datei- Formaten veröffentlicht, also in einer vom Autor bzw. Rap-Schaffenden vorgegebenen akustischen Realisation (gesprochene Sprache) und musikalischen Umsetzung. (vgl. Ver- lan 2000:23) Die (im musikalischen Schaffensprozess meist erstmalig) schriftlich fixier- ten Texte dienen somit einem performativen Akt in unterschiedlichen Situationen, bei- spielsweise während der Aufnahme von Musikstücken oder während Konzertsituationen. Dabei sind Akzentuierung, Rhythmik und Vortragsgeschwindigkeit (im Gegensatz zu in gedruckter Form veröffentlichten Texten) vom Interpreten vorgegeben. (vgl. ebd.) Wäh- rend des Schreibprozesses verfolgt der Autor einen kreativ-ästhetischen Ansatz, weshalb man Rap-Texte – ähnlich wie Lyrik – als poetische Texte (poetische Textfunktion38) klas- sifizieren sollte.39 „Der Rapschaffensprozess ist im Wesentlichen bestimmt durch die konzentrierte schriftgestützte Konzeption der Rap-Texte.“ (Wolbring 2015:201) Die während der Musikproduktion notierten Texte werden üblicherweise im Nachhinein von den Verfassern ins Reine gebracht und öffentlich zugänglich gemacht, so etwa in den Booklets (=Beiheft einer CD-Hülle). Rap-Texte, die auf Transkripten unterschiedlicher Autoren beruhen, finden sich darüber hinaus in Büchern40, wissenschaftlichen Beiträgen

37 „Textsorten […] sollen zunächst ganz allgemein als komplexe Muster sprachlicher Kommunikation ver- standen werden, die innerhalb der Sprachgemeinschaft im Laufe der historisch-gesellschaftlichen Entwick- lung aufgrund kommunikativer Bedürfnisse entstanden sind. Der konkrete Text erscheint immer als Exemplar einer bestimmten Textsorte.“ (Brinker 2010:120) 38 Dieser und weitere in diesem Abschnitt kursiv gedruckte Begrifflichkeiten beziehen sich auf Analyse von Textsorten in Brinker 2010. 39 Rap-Texte können dabei – je nach ihrem inhaltlichen Fokus – auch eine informative oder appellative Nebenfunktion besitzen. 40 Zum Beispiel: Verlan, Sascha: Arbeitstexte für den Unterricht. Rap-Texte. Stuttgart, 2000.

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oder im Internet41. Neben der performativen Funktion, die ein Rap-Text für dessen Ver- fasser hat, ist eine weitere Textfunktion dieser Gattung demnach die Lesbarkeit bzw. die Verständlichkeit auf Rezipientenseite. Die über verschiedene Medien öffentlich zugäng- lich gemachten Rap-Texte (öffentlicher Handlungsbereich), sollen der Hörerschaft von Rap-Musik zur Verfügung stehen. Wenn beim Hören der Musikstücke einige Textpassa- gen nicht verstanden werden (können), ist ein Transkript oft hilfreich beim Entschlüsseln der sprachlichen Anteile. Schrift als hier zugrundeliegendes Medium (geschriebene Sprache) bringt in die- sem Fall eine monologische Kommunikationsrichtung und eine zeitliche und räumliche Trennung der Kommunikationspartner bei Rap-Texten mit sich. (Anders verhält es sich jedoch während eines Live-Konzertes. Hier sind die Kommunikationspartner zeitlich und räumlich nicht voneinander getrennt und sie können dialogisch über die gesprochene Sprache kommunizieren) In beiden Fällen kann jedoch von einem öffentlichen Hand- lungsbereich gesprochen werden. In Blick auf das Textthema und dessen Entfaltung sind im Rap keine Grenzen ge- setzt. Das Thema in Rap-Texten ist demnach nicht fixiert. Es existieren verschiedene For- men der temporalen und lokalen Orientierung. Die Texte des Genres sind thematisch sehr „ausdifferenziert, die Spannweite reicht nunmehr vom reinen Entertainment […] bis hin zu konkreten Botschaften, die über das Medium Sprache transportiert werden. Dabei lassen sich grob mehrere Formen unterscheiden: Im Kontext des ‚story tellings‘ wurden fiktive, häufig aber auch reale Geschichten aus dem Alltag […] behandelt. So wurde z.B. das Leben in ‚Ghettos‘, welches mit Drogen, Gewalt und Perspektivlosigkeit einherging, thematisiert, zum Teil legten dabei Rapper auch ihre Weltsicht dar. Daraus entwickelte sich wiederum ein breites Spektrum von Subgenres. Einerseits wurde Rap politischer, indem beispiels- weise soziale Themen aufgegriffen und Missstände angeprangert wurden. Andererseits kam es auch zur Entwicklung des so genannten ‚‘, welcher dadurch gekenn- zeichnet ist, dass das Leben in den ‚Ghettos‘ in den Texten glorifiziert wird.“ (Schröer 2011:18) Vergleichbar vielschichtig präsentiert sich die sprachliche Form von Rap-Texten: „In seiner lexikalischen Ausgestaltung zeugt der deutschsprachige Rap von großer Vari- abilität und hohem Innovationspotential.“ (Wolbring 2015:266) Dabei orientiert er sich vornehmlich an der gesprochenen Alltags- und Jugendsprache, aber auch an Slangs wie

41 Hier ist als Beispiel genius.com zu nennen. Auf dieser Plattform finden sich kommentierte Fassungen von Song-Texten verschiedener Genres, so auch Rap. Auch können sich Nutzer der Community über die Texte austauschen und diese interpretieren.

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zum Beispiel „Kiezdeutsch“. Diese wenig normierten Sprachvarietäten bieten große kre- ative Potenziale (vgl. ebd.) und so sind die Rapper oftmals darum bemüht, neue Formu- lierungsweisen auszuprobieren und zu etablieren. Des Weiteren spielen die Nutzung von Anglizismen und ein Sonderwortschatz (spezielle HipHop- und Rap-Begriffe) eine wich- tige Rolle. Exkurs: An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass die Werbesprache in ihren Stilmitteln eine große Ähnlichkeit zum Rap hat: Vergleiche, Hyperbeln, vielfältige Reim- varianten, Rhythmus (in beispielsweise Jingles) und auch Wiederholungsfiguren gehören zu den sprachlichen Parallelen. (vgl. Wolbring 2015:482f) Werbesprache „verzichtet zu- meist auf ‚bildungssprachliche‘ Fremdwörter, orientiert sich stattdessen an der Umgangs- sprache, produziert Neologismen und Produktnamen42.“ (ebd.) Auch kommen in beiden Textsorten häufig Anglizismen vor. Witz und Ironie gehören genauso dazu. „Impliziter Sprechakt der Werbung ist häufig ein Prahlen“ (Wolbring 2015:484), das sich beim Rap- pen als Boasting manifestiert. Die wichtigste Gemeinsamkeit ist jedoch eine analoge Wortspielbildung, die unterhaltend sein und auch einen Wiedererkennungswert schaffen soll. Aus diesem Grund sollen für die linguistische Analyse der Machart von Punchlines (vgl. Kap 6) methodisch auch Nina Janichs Kategorien für die Beschreibung von Sprach- spielen in Werbetexten aufgenommen werden. (vgl. Janich 2013) Werbetexte sind im Vergleich zu Rap-Texten wesentlich besser erforscht. Weniger erforschte Textsorten und deren Spezifika zu beschreiben und zu analysieren ist dabei ein Gebiet der Textlinguistik – und u.a. darin liegt die Motivation dieser Arbeit.

Formal sind die Texte in allen Rap-Songs in ähnlicher Weise strophisch gegliedert und nach einem (meist) gleichmäßigen Metrum strukturiert. (vgl. Wolbring 2015:310) „Ge- meinsam mit der [typischen] Paarreimbildung bewirkt die Taktierung des Beats [, der üblicherweise in einem 4/4-Takt die musikalische Grundlage für den performativen Akt der Texte bildet,] auch, dass sich die Anzahl der Zeilen [in einer Strophe] beinahe aller Rap-Texte insgesamt einem Vielfachen von 4 entspricht.“ (ebd.) Eine Strophe, die auch „Part“ genannt wird, besitzt in der Regel somit eine Standardlänge von 16 Zeilen, auch

42 Rapper-, Label- oder CD-Namen sind hier als Beispiel für die Rap-Seite zu nennen.

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„Lines“ oder „Bars“ genannt. Ferner unterscheidet man noch zwischen Strophen und ei- nem Refrain („Hook“).43 „Die Omnipräsenz ähnlicher Ordnungsstrukturen im Rap ist be- merkenswert, zumal diese kaum je thematisiert werden. Ihre Tradierung scheint einzig durch die Nachahmung bekannter Muster oder die bewusste Vermittlung durch […] Vor- bilder geleistet zu werden.“ (ebd.) Stilistisch kommen dem Sprecherrhythmus („Flow“) und den Reimen die größte Bedeutung zu. Auch lassen sich in Rap-Texten eine Vielzahl von sprachlichen Stilmitteln finden, die sich mit den bekannten Figuren aus der Rhetorikforschung beschreiben lassen, wobei „allerdings die wenigsten rap-exklusiv oder auch nur rap-typisch wären.“ (Wol- bring 2015:333) Die Hyperbel, der Vergleich und das Wortspiel gehören jedoch zu den wichtigsten poetischen Prinzipien des Rap-Schaffens und lassen sich für einen Großteil von Rap-Texten belegen. Die Hyperbel, also eine starke Übertreffung oder Übertreibung, kommt im Rap vornehmlich bei den Sprechhandlungen Dissing und Boasting (vgl. Kap. 3.4) vor und korreliert häufig mit dem rhetorischen Mittel des Vergleichs. (vgl. ebd. f.) So definieren Ueding/Steinbrink die Hyperbel als „eine bewußte Übertreibung, die be- sonders durch vergleichende oder metaphorische Erhöhung und Erniedrigung zustande kommt.“ (2011:294) Im Battle-Rap dient die rhetorische Figur der Übertreibung einer- seits der Selbstbeweihräucherung des Rappers, auf der anderen Seite kann durch die Hy- perbel dessen Gegner herabgewürdigt werden. Die Grundaussagen dieses Subgenres „Ich bin gut“ sowie „Du bist schlecht“ werden auf diese Weise möglichst originell ausformu- liert und erzeugen durch ihre Extremität und auch Absurdität sowie Komik. (vgl. Wol- bring 2015:335) (1) Money on my mind, ey der Boss der Rapper, neben mir wirkt Rockefeller wien Gossenpenner (Kollegah 2015:7)

Beispiel (1) zeigt, wie ein Vergleich herangezogen wird, um ein eindeutig übertrie- benes Boasting zu verdeutlichen: Den bekannten amerikanischen Unternehmer John D. Rockefeller, der ein Milliardenvermögen mit Ölgeschäften machte und als einer der reichsten Männer der Neuzeit gilt, in Anbetracht von Rapper Kollegahs Reichtum zum

43 Nicht alle Lieder sind zwangsläufig in Parts und Hooks unterteilt, letztere können auch weggelassen werden. Die Länge der Parts kann außerdem stark variieren. Klassische Songstrukturen besitzen jedoch zwei bis drei Strophen, die jeweils von einem Refrain abgelöst werden. (vgl. Wolbring 2015:310)

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obdachlosen Bettler zu degradieren, ist die Übertreibung schlechthin und erzeugt damit eine komische Wirkung. Vergleiche und auch Metaphern44 können in Rap-Texten auf die gleiche Weise wie Hyperbeln zum Einsatz kommen und bestimmen den „Wettbewerbstopos im Rap“ (Wol- bring 2015: 338) wie auch die Suche nach kreativen und unterhaltsamen Zeilen. „Ein im rap-spezifischen Sinne guter Vergleich liefert trotz der vorhersehbaren Struktur der Figur einen Überraschungseffekt, z.B. durch ein ungewöhnliches Tertium comparationis45 oder über einen homophonen Wortspieleffekt.“ (Wolbring 2015:339) (2) Doch nachdem ich dir Patronen wie nem Schulfüller geb, zieht man Kreide um dein Kopf als wärst du n Poolbillardqueue (Kollegah 2005:6)

(3) Ey ich bin der Beste weit und breit, werd als der King of Rap gefeiert, dabei mach ich meine Arbeit mal ebenso mit links wie Webdesigner (Kollegah 2007:16)

In Beispiel (2) ist Patronen ambig, also doppeldeutig (homophon): Einerseits wird ein Schulfüller tatsächlich mit (Tinten-)Patronen gefüllt; der Kontext, der sich aber in der zweiten Zeile erschließt, deutet darauf hin, dass mit Patronen geben „erschießen“ ge- meint ist, denn in Mordfällen werden die Umrisse einer auf dem Boden liegenden Leiche mit Kreide markiert. (Zumindest kennt man solche Szenarien aus Filmen.) Der Kopf eines Billardqueues (auch Pomeranze) wird – demnach genauso wie Kollegahs Opfer, und da- bei wird ein zweiter Vergleich gezogen – vor dem Stoß mit (Billard-) Kreide bedeckt, um bessere Haftung auf der Spielkugel zu gewährleisten. Ein weiterer Vergleich findet sich in Zeile 2 des dritten Beispiels: Die Phrase (etwas) mit links machen bedeutet, dass einem etwas besonders leichtfällt. Links bekommt mit Blick auf den Vergleich wie Webdesigner ebenfalls eine zweite Bedeutung, denn ein Link (Kurzform für Hyperlink) ist eine Ver- knüpfung oder ein Querverweis, der im Internet, sozusagen dem Arbeitsplatz eines Web- designers, zu finden ist. Neben Hyperbeln und Vergleichen gelten Wortspiele nach Wolbring (vgl. 2015:341ff) als ein weiteres typisches Stilistik-Merkmal der Textsorte Rap-Text. Die gängigste Form des Wortspiels, so heißt es dort weiter, sei das Klang-Wortspiel, welches

44 Hier ist nicht nur die Metapher der Literatur, sondern auch die Metapher der Sprache gemeint. 45 Bezeichnet die Gemeinsamkeit zweier verschiedener, miteinander zu vergleichender Gegenstände oder Sachverhalte. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tertium_comparationis)

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auf homophonen Formulierungen basiert.46 (vgl. Beispiel 3) Das Wortspiel definiert sich zunächst allgemein als „Sammelbegriff für verschiedene Formen beabsichtigter ‚spiele- rischer Veränderung‘ oder Kombination sprachlichen Materials“ (Bußmann 2008:800), wobei der Umgang meist witzig, geistreich, sarkastisch oder auch kalauernd sein kann und auf verschiedenen Techniken beruht (vgl. Glück: 2010:774), die im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch beschrieben werden sollen. Das Wortspiel gehört zur Oberkategorie der Sprachspiele, wobei damit nicht der philosophische Begriff des Wittgenstein’schen Sprachspiels gemeint ist, sondern der linguistische und literaturwissenschaftliche, der auf das Spiel mit Sprache abzielt. (vgl. Janich 2013:202) Sprachspiele definieren sich so als „Spiele mit dem gesamten überkommenen Sprachmaterial, die sich den normativen Ide- alen inhaltlicher Eindeutigkeit und formaler Fixiertheit durch Mehrdeutigkeit und Ab- wandlung entziehen, vornehmlich um komische und suggestive Wirkungen zu erzeugen.“ (Kreutzer 1969:6, zitiert nach Janich 2013:202) Zum einen geht es bei einem Sprachspiel demnach um eine spielerische Abweichung von sprachlichen Normen, bzw. von den Er- wartungen der Kommunikationsteilnehmer (wodurch Aufmerksamkeit auf das Gesagte gelenkt wird), zum anderen erfolgt diese Abweichung nicht unabsichtlich, sondern ge- wollt und verfolgt das Ziel, eine komische, witzige (oder auch persuasive47) Wirkung zu erzeugen. (vgl. Janich 2013:203) Es handelt sich als um eine spielerische, humoristisch motivierte Verwendung von Sprache, die im Falle von Rap-Texten dazu dient, diesen „aller inhaltlichen Erwartbarkeit zum Trotz [durch sich so auftuende Überraschungsmo- mente] interessant und hörenswert zu gestalten.“ (Wolbring 2015:342) Eine derartige Sprachverwendung markiert „gemeinhin die Dominanz der poetischen Funktion“ (ebd.) der Textsorte, die sich übrigens eher der gesprochenen als der geschriebenen Sprache zuordnen lässt. (vgl. Lhotta 2015:56) Sprachspiele besitzen umgangssprachlichen Cha- rakter und sind Teil der oralen Kultur. Ferner unterbrechen sie den seriösen, disziplinier- ten Gebrauch von Sprache, welchen die Schriftlichkeit bevorzugt. (vgl. Fiske 2008:46) Diese ist „linear, ihre Beziehungen sind logisch und verbunden durch die Gesetze von Ursache und Wirkung. […] [Sprachspiele] sind assoziativ, sie entkommen diesen Gesetzen […] [, sie]

46 Die Analyse der linguistischen Machart von Punchlines (vgl. Kap 6) wird aufzeigen, dass neben dem Klang-Wortspiel noch zahlreiche weitere Techniken beim Spiel mit Worten zum Einsatz kommen, die ei- nen gleichrangigen Stellenwert besitzen. 47 Bei Battle-Rap-Texten kann man durchaus auch von einer persuasiven, also einer überzeugenden, Text- funktion sprechen, da der Rapper erreichen möchte, dass das Publikum seine Textzeilen unterhaltsamer findet als die des Gegners und ihn damit zum Gewinner ernennt.

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heben den linearen Fluss der Gedanken auf, durch den der Leser bei der Hand genommen und von einem Gedanken zum nächsten geführt wird. Sie beziehen hingegen parallele Pro- zesse ein, die Fähigkeit, simultan verschiedene Informationsflüsse zu verarbeiten.“ (ebd.)

Zwar funktionieren die bisher gebrachten Beispiele auch ohne das Anhören der ent- sprechenden Stellen in den Musikstücken, doch andere Textzeilen, die im weiteren Ver- lauf der Arbeit noch herangezogen werden, lassen sich nicht derartig leicht entschlüsseln. Rap-Texte werden in der Regel (als Sprechtexte) geschrieben, um performt zu werden, weshalb Schriftlichkeit und Mündlichkeit hier kaum voneinander trennbar sind. Auch Verlan empfiehlt bei dem Umgang mit Rap-Texten: „Letztlich muss man sich die Texte anhören, muss das rhythmische Zusammenspiel von Musik und Sprache selbst erfahren“ (2000:23), vor allem, wenn es um das Entschlüsseln komplexer Sprachspiele geht. Der Vortrag ist letztlich auch immer das, was bei der Bewertung von Rap-Texten im Vorder- grund steht: „Die Bewertung von Rap-Texten vollzieht sich vor dem Hintergrund zweier Kriterien: Zum einen die Komplexität und Einzigartigkeit des Vortragstils (‚style‘), zum anderen auch auf einer sprachlich-inhaltlichen Ebene im Hinblick auf die Originalität des Vortrages, den er- kennbaren Wortwitz, die verwendeten Assoziationen, die verbalisierten Emotionen etc. Es geht also darum, mit dem Vortrag das Publikum zu ‚fesseln‘ und dadurch die wohlwollende Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen.“ (Schröer 2011:20) Um das vor allem im Battle-Rap zu erreichen, steht den Rap-Schaffenden ein „wei- terer Kunstgriff […] zur Verfügung […] und zwar die sogenannten Punchlines.“ (Littau/Pausewang 2011:2) Dieses weitere charakteristische Stilmittel der Gattung Rap- Texte tritt in Verwendung zu einer pointierten Phrase auf (vgl. ebd.) und soll im kom- menden Arbeitsschritt definiert und genauer beschrieben werden.

4.2 Punchlines Eine Punchline im Rap kann sprachspielerisch, aber auch in Form einer klassischen Pointe oder als Wortwitz (vgl. Titel) realisiert werden. Während Wortwitz sich leicht als auf Wortspielen (vgl. oben) beruhender Witz erklären lässt, ist der „Pointen“-Begriff we- sentlich komplexer und in seiner Bedeutung sehr breit gefächert.48 Gemeinhin bezeichnet eine Pointe jedoch den überraschenden, witzigen und geistreichen Höhe- und Schluss- punkt eines kurzen Textes, oftmals in den Gattungen Anekdote, Aphorismus oder Witz. (vgl. Müller 2003:15,17) Im Englischen spricht man bei einer Pointe übrigens auch von

48 Vgl. Müller 2003:15ff sowie Littau/Pausewang 2011:4ff.

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Punchline. So beschreibt Wolbring: „Im Rap werden unter Punchlines Zeilen verstanden, die Pointen generieren.“ (2015:342) Durch den 4/4-Takt des zugrundeliegenden Beats zur Rap-Performance, die Endbetonung der Zeilen sowie die Paarreimbildung, die die for- male Struktur einer Rap-Strophe vorgeben, eignet sich das Medium Rap-Text ideal für das Setzen von Pointen, (vgl. ebd.) die hier üblicherweise durch eine oder mehrere Zeilen vorbereitet werden. Dabei können in einem Part beliebig viele Pointen gesetzt werden, sogar in jeder einzelnen Zeile ist das möglich. Vor allem bei den nun schon mehrfach erwähnten Sprechakten Dissing und Boasting eignet sich pointierte Phrasen. Doch hinter dem „Punchline“-Begriff verbirgt sich mehr als das:

Im Verständnis dieser Arbeit definiert sich eine Punchline in Rap-Texten als Zeile (bzw. ein Zusammenspiel von geschriebenen49 oder gefreestylten Zeilen), also eine line, die aufgrund ihrer (1) inhaltlichen und/oder (2) formalen Ausgestaltung überraschend her- aussticht und daher möglicherweise eine Wirkung beim Rezipienten hervorruft. Auf in- haltlicher Ebene (1) kann die Hörerschaft durch ausdrucksvolle, emotionale o.ä. Aussa- gen angesprochen werden. Formal (2) lässt sich eine Punchline als geistreiches Sprach- bzw. Wortspiel, durch verschiedene rhetorische Mittel oder als pointierte Phrase realisie- ren, die humoristisch motiviert ist und häufig mit den im Battle-Rap typischen Sprach- handlungen Dissing und Boasting in Zusammenhang steht, aber auch in anderen Kontex- ten und Subgenres Verwendung findet. Im zweiten Fall ist von Hörerseite eine Interpre- tationsleistung, die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Aspekten herstellt, Fehler der Standardsprache aufdeckt oder Wissen in unterschiedlichsten Bereich abruft, nötig, um das Verstehen der Zeile zu gewährleisten und ein Erkenntnismoment herbeizuführen. Betrachtet man außerdem beide Bestandteile des Kompositums „Punchline“, lässt sich der Begriff sinngemäß als Textzeile, die den Zuhörer erschlägt / wie ein Schlag trifft über- setzen. Eine wirksame Punchline nimmt der Hörer als eine besondere Zeile mit einer star- ken Message wahr (1). Im Battle-Kontext trifft sie einen Kontrahenten besonders hart (2) und die Menge lacht und feiert den Hervorbringer der Punchline. Mit dieser Definition ist es nun möglich, eine sehr große Auswahl an Rap-Text- Ausschnitten unter den Punchline-Begriff zu fassen und diese mit Blick auf ihre unter- schiedliche Machart zu untersuchen. Dabei muss an dieser Stelle festgehalten und betont

49 Wolbring ist der Meinung, dass Punchlines nicht improvisiert werden können. (vgl. 2015:344) Hier muss jedoch widersprochen werden: In Live-Freestyle-Battles werden Punchlines spontan dargeboten.

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werden, dass die sich im Korpus der vorliegenden Arbeit befindlichen Textbeispiele größ- tenteils zum zweiten Typus der Punchline-Arten gehören, also sprachspielerisch realisiert sind und komischen Effekt verfolgen. (Der Grund dafür liegt in der Zusammenstellung des Korpus, der in Kap. 5 erläutert wird.) Der erste Punchline-Typus taucht oftmals in anderen Zusammenhängen auf, etwa, um in Rap-Texten auf politische oder soziale Miss- stände hinzuweisen oder andere aktuelle Themen zu bearbeiten. Das lässt sich anhand des Beispiels (4) gut nachvollziehen:

(4) Denkt ihr, die Flüchtlinge sind in Partyboote gestiegen, mit dem großen Traum, im Park mit Drogen zu dealen? (KIZ in »Boom Boom Boom«, 2015) 50

Dass es sich bei diesem Beispiel um eine Punchline handelt, obwohl kein besonde- res Wortspiel oder eine zugespitzte Pointe zum Einsatz kommt, steht außer Frage. Der überspitzte Sarkasmus dieser Textzeilen erzielt seine Wirkung beim Hörer und verstärkt die Aussage des Textes, der unter anderem die Kritik an der Flüchtlingsdebatte zum Thema hat. Auch muss erwähnt werden, dass Textzeilen wie diese nicht zitiert werden, wenn es in der eingangs beschriebenen Debatte um den kritischen Umgang mit Rap-Tex- ten geht.

(5) Und [ich] brauch nur die Beretta oder Glock zu laden und du suchst das Weite wie ein Fettsack im Klamottenladen

(Kollegah 2005:16) Beretta und Glock sind Namen von Pistolenherstellern. (6) Und ihr geht auf Jams, du bist am Start mit deinem Rapverein, doch keine Sau ist da wie in islamischen Metzgereien,

Kid, während bei Toni-Live-Konzerten öfter Zugabe verlangt wird als in Polizeiverhören (Kollegah 2006:4c) Jam bezeichnet eine HipHop-Veranstaltung. (vgl. Kap. 3.2)

Die Beispiele (5) und (6) lassen sich im Vergleich zu Beispiel (4) mit Leichtigkeit dem zweiten Punchline-Typus zuordnen und zielen durch ihre typisch wortspielerische Ausgestaltung darauf ab, den imaginären Battle-Gegner zu dissen, bzw. die eigene Person möglichst gut darzustellen und den Zuhörer zu unterhalten. Auf die linguistische Machart dieser Beispiele soll später noch einmal eingegangen werden.

50 Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=J_JqKXvenaE. Eigene Transkription.

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Im nächsten Kapitel soll zunächst aber der Korpus der Punchline-Untersuchung vorge- stellt werden. Auch werden noch einige Angaben zur Notation der Textbeispiele (vgl. Kap. 6) gemacht.

5. Korpus der Untersuchung

Das Korpus für die linguistische Analyse der Machart von Punchlines in deutschen Rap- Texten bildet eine großzügige Auswahl von 335 Beispielen des Rappers Kollegah, die auf den (Solo-)Alben des Künstlers, die zwischen 2005 und 2015 veröffentlicht wurden,51 zu finden sind. In diesen zehn Jahren hat sich der Rap-Künstler zu den erfolgreichsten Musikern der deutschen HipHop-Szene, in der er vor allem für seinen außergewöhnlichen Einsatz von Sprache und Punchlines bekannt ist, entwickelt. Auch Wolbring ordnet Kol- legah einer Gruppe der „Rapschaffende[n zu], die den Fokus auf Reime und Wortspiele legen.“ (2015:203) Nachdem in Kap. 4.2 der Punchline-Begriff definiert wurde, wurden beim Durchhören der Alben Kollegahs sämtliche auf die Definition treffende Zeilen vom Verfasser dieser Arbeit aus den Rap-Texten herausgefiltert, der gewählten Notation (vgl. Kap. 6) entsprechend überarbeitet und den verschiedenen Realisationsarten (vgl. Kap. 7) zugeordnet.52 Guten Gewissens darf behauptet werden, dass die Punchline-Dichte wie auch der Punchline-Variantenreichtum Kollegahs im deutschen Rap völlig konkurrenzlos ist, denn schon „seit Beginn seiner Karriere […] 2004 [steht der Rapper] für die Innovation von Punchlines.“ (Littau/Pausewang 2011:3) Im Buch, das , das Plattenla- bel, bei dem Kollegah seit Beginn seines Schaffens unter Vertrag steht, zum 10-jährigen Jubiläum des Firmenbestehens herausgab, heißt es über den Künstler: „Seit er im Herbst 2005 das ‚Zuhältertape‘ im Internet und wenig später über Selfmade Records veröffentlichte, nimmt Kollegah eine Sonderstellung in der hiesigen HipHop- Szene ein: Wortgewandt wie ein junger Debattierclubchampion verfasst der Sohn eines kanadischen Vaters und einer deutschen Mutter die intelligentesten deutschsprachigen Raptexte, denen es weder an sprachlicher Raffinesse noch an technischen Details mangelt.“ (Wehn 2015:55)

51 Eine Auflistung der Veröffentlichung findet sich in den Quellenangaben. Sämtliche CDs liegen dem Verfasser dieser Arbeit vor. Vereinzelte Zeilen einer Veröffentlichung aus 2004 wurden später noch mit aufgenommen, um mehrere Beispiele für Punchlines eines gewissen Typus vorlegen zu können. 52 Um den Umfang dieser Arbeit nicht zu sprengen, wurden einige Textbeispiele im Nachhinein wieder gestrichen. Aus diesem Grund wurden auch nur die Solo-Alben des Künstlers beachtet und die Punchlines aus den Kollaborationsalben und sogenannten Feature-Parts (zusammen etwa 100 weitere Songs) nicht mit in das Korpus aufgenommen.

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Was hier ein wenig übertrieben anmuten kann, entspricht jedoch der Wahrheit, denn eine Großzahl von Szeneinsidern ist sich über die besonderen Sprachspiel- und Pointen- Fähigkeiten Kollegahs, der laut einer Studie des Bayrischen Rundfunks in seinem Werk sogar ein größerer Wortschatz als Goethe besitzt 53, einig. Kollegah brachte 2010 sogar eine eigene Punchline-App auf den Markt (vgl. Littau/Pausewang 2011:3). Ferner sind die Textzeilen des Künstlers stets in den Jahresrankings verschiedener Print- und Online- HipHop-Magazine zu finden, wenn es darum geht, die besten Punchlines des Rap-Szene zu nominieren. Dabei stimmen viele Rap-Fans regelmäßig für die Zeilen Kollegahs ab und bescheren diesem meistens einen der vorderen Plätze. All diese Punkte rechtfertigen die Entscheidung, den Korpus dieser Arbeit aus den Punchline-Beispielen Kollegahs aufzubauen.

6. Notation der Textbeispiele

Da Rap-Texte als performative Sprechtexte in gewisser Weise zwischen schriftlicher und mündlicher Sprache einzuordnen sind (vgl. Kap. 4), wird bei deren Notation „bewusst auf einige Merkmale des schriftsprachlichen Standards verzichtet.“ (Lhotta 2015:63) Die von Verlan in „Rap-Texte“ vorgeschlagene Art der Transkription lässt von der im Deutschen typischen Großschreibung von Substantiven und Satzanfängen ab (vgl. ebd.), da seiner Ansicht nach beim Hören von Raps „nicht sofort klar [wird], ob es sich bei einem Wort um ein Nomen, Verb oder Adjektiv handelt.“ (Verlan 2000:23) Dies erscheint in Blick auf die geäußerte Motivation, „die Lesbarkeit [nicht] unnötig zu erschweren“ (ebd.) zu wollen, jedoch kontraproduktiv. Daher orientiert sich die Verschriftlichung von Rap-Tex- ten in dieser Analyse stattdessen an einem dem Autor vorliegenden „Textbuch“ Kolle- gahs. (vgl. Abb. 1) Gemeinsamkeiten mit Verlans Vorschlag sind dabei die Organisation in Zeilen und der Verzicht auf Satzzeichen (einzelne Kommata, Fragezeichen und drei Punkte ausgenommen): „Diese Art der Notation wird verwendet, um der Tatsache zu ent- sprechen, dass man bei Raptexten oft nicht weiß, wo ein Satz beginnt und aufhört.“54 (Lhotta 2015:63) Bei einem Kollegah „Textbuch“, welches dem in 2015 erschienenen

53 Vgl.: Schramm, Kevin: Wer hat den Größten? Quelle: http:/story.br.de/rapwortschatz/ 54 Wobei die Großschreibung des Satzanfangs im „Textbuch“ manchmal willkürlich erscheint. Auch wurden in der vorliegenden Arbeit Fragezeichen zugelassen.

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Album beilag, kann von einer Notation im Sinne des Rap-Text-Autors ausgegangen wer- den, die daher so übernommen werden soll. Dieses Schema befolgend wurden die Punchlines, die in dieser Untersuchung zitiert werden, entsprechend transkribiert bzw. überarbeitet.

Abbildung 1: Auszug aus Kollegah Textbuch.55

55 Eigener Scan. (vgl. Kollegah 2015:12)

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7. „Punchlines“ und ihre linguistische Machart

Nun sollen die zuvor definierten Punchlines (vgl. Kap 4.2) als besonderes Merkmal der Gattung Rap-Text auf ihre verschiedenen Realisationsformen hin untersucht werden. Für die Zuordnung und Beschreibung der verschiedenen Typen werden folgende Kategorien herangezogen: In der Analyse sollen (7.1) phonetische, (7.2) morphologische, (7.3) syn- taktische, (7.4) phraseologische, (7.5) kombinatorische (vgl. Janich 2013: 202ff.) und (7.6) sonstige Verfahren zur Bildung von Punchlines mit Hilfe der Textbeispiele aus dem zugrundeliegenden Korpus (vgl. Kap. 5) unterschieden und erläutert werden. „Die Erwartungen der Rezipienten hinsichtlich der sprachlichen Form werden [bei den Textbeispielen beabsichtigt] verletzt, indem Veränderungen am Wort oder Syntagma vor- genommen oder sprachliche Elemente in überraschender und normwidriger Weise kombi- niert werden. Hier lassen sich verschiedene Verfahren unterscheiden, die auf den verschie- denen Ebenen des Sprachsystems angesiedelt sind“ (Janich 2013:205)

7.1 Phonetische Verfahren Für die Analyse der Bildungsarten von Sprachspielen in Werbetexten unterscheidet Janich vier Typen von phonetischen Verfahren, die sich auch für Rap-Texte belegen las- sen. Als erstes ist das Spiel mit Homophonie bzw. Homoiophonie zu nennen, wofür sich im Korpus weit mehr als die nun gelisteten Beispiele finden.

Anmerkung: Werden beim leisen Lesen der Textbeispiele die „Hindernisse“ einer Punchline nicht gleich deutlich, kann es hilfreich sein, diese laut auszusprechen. Teils wurden Begriffe jedoch auch fettgedruckt, um auf das wichtigste Element der Zeile hin- zudeuten.

7.1.1: Spiele mit Homophonie (= Gleichklang): (1) Ich steig in den Benz und bin am Rasen so wie Linienrichter (2006:12)56 (2) Und deine hässliche Crew bemerkt es jetzt, Bitch, ich suche Ärger und ist nur noch mit Beten beschäftigt wie ein Blumengärtner (2007:11) (3) Ein Indiz, dass etwas nicht mit deinem Essverhalten stimmt, deine Menüs haben mehr Gänge als ein Heckenlabyrinth (2010:28) (4) Ey yo, checkst du meine Bilanzen, dann siehst du da schwarze Zahlen

56 Da fortan alle Beispiele von Kollegah stammen, wird in den Quellenangaben nur noch das Erscheinungs- jahr der CD und die Liednummer des Stücks, auf dem die zitierte Punchline zu finden ist, aufgeführt.

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als wärst du Kassierer in nem Supermarkt in Harlem (2014:11) (5) […] ey ich mach Party mit paar dopen Hoes und wach am nächsten Tag mit nem Karter auf wie Beyonce Knowls (2014:1) Hoe (engl.) = Hure, dope (HipHop-Jargon) = cool (6) Ich […] dreh stundenlange Sex-Tapes mit Jennifer Lopez, wir machen einen Mehrteiler wie die Eltern von Moses (2014:13) (7) Stricher, du verdienst dein Geld mit Rummachen wie Jamaika (2006:1) (8) Ich komm mit Magazinen wie ein Zeitungshändler und du siehst Eimsbush-Rapper voller Einschusslöcher Warum lächelst du? Ich schieß dich Hurensohn voll Kugeln und lande mehr Treffer als die Suchfunktion von google (2005:4) Eimsbush = Hamburger Plattenfirma (9) Kid, es ist der Boss, der für ne Modezeitschrift Posen einnimmt wie die , die in Polen einschritt

(2015:17)

Ein Homophon bezeichnet allgemein gleich auszusprechende Wörter unterschied- licher Schreibung, wie zum Beispiel lehren und leeren. (vgl. Glück 2005:262) So steht in Beispiel (1) Rasen als Nomen durch den Kontext des Linienrichters einerseits für eine mit Gras bewachsene Fläche (einer Sportanlage); als umgangssprachlich gebrauchtes Verb mit Bezug auf steig in den Benz bedeutetet es, mit hoher Geschwindigkeit zu fahren. In Beispiel (2) muss sich die hässliche Crew des Gegners in Anbetracht von Kollegahs Gewaltbereitschaft sehr viel beten, um glimpflich davon zu kommen. Dieser Tätigkeit widmen die Crew-Mitglieder fortan ihre ganze Zeit, ähnlich wie ein Gärtner, der sich in seiner Arbeitszeit hauptsächlich um Beete kümmert, also mit Beeten beschäftigt ist. Auch Gänge in (3) lässt sich unter der Angabe zweier Referenzpunkte (Menüs und Labyrinth) unterschiedlich verstehen. (4) In Bilanzen schreibt man bei gut laufenden Geschäften schwarze Zahlen, ein Supermarkkassierer in Harlem sieht hingegen häufig Schwarze, also Afroamerikaner, ihre Einkäufe (be)zahlen. In diesem Beispiel sind demnach gleich zwei beieinanderliegende Wörter in ihrem Zusammenspiel und in Blick auf zwei unterschied- liche Referenzpunkte mit unterschiedlicher Bedeutung geladen. Punchline (5) kann wahr- scheinlich nur dekodiert werden, wenn man weiß, dass Rapper Jay-Z der Ehemann der Sängerin Beyonce Knowls ist. Dieser trägt den bürgerlichen Namen Shawn Carter. Wäh-

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rend Frau Knowls demnach täglich neben ihrem Herrn Carter aufwacht, kommt Kolle- gahs Kater (auch Alkoholintoxikation) vom Party machen, also vom ausgelassenen Fei- ern mit seinen dopen Hoes. Auch die beiden Bestandteile eines Kompositums können in verschiedenen Kontexten andere Bedeutungen entfalten: (6) Mehrteiler als Filmreihe und Meerteiler im Sinne des biblischen Moses, der durch das Teilen des Meers (mit Gottes Hilfe) sein Volk vor den Ägyptern bewahren konnte. Machen steht im Blick auf die Sex- Tapes einerseits für produzieren, kann aber so etwas wie „zeugen“ heißen, denn die Eltern von Moses setzten einen späteren Meerteiler in die Welt (7) Rum machen bezeichnet die Herstellung von Rum, auf der zweiten Bedeutungsebene heißt rummachen (salopp) sich mit jemandem sexuell einzulassen. In Beispiel (8)57 spricht man bei Magazinen und Tref- fer von Homogrammen (vgl. Homographie), das heißt, es liegt eine identische Schreibung bei unterschiedlicher Bedeutung vor (vgl. Glück 2005:260): Magazine sind einerseits Zeitschriften, anderseits Patronenbehälter von Handfeuerwaffen. Ein Treffer ist ein Schlag oder ein Schuss, der sein Ziel erreicht, oder er steht am Ende einer Internetrecher- che mittels Suchmaschine wie google. (vgl. „Ihre Suche ergab X Treffer, Ergebnisse.“) Tatsächlich ist das Spiel mit Homophonen im Rap sehr beliebt und wird für das Setzen von Punchlines häufig verwendet. Viele weitere Beispiele lassen sich noch im Korpus dieser Arbeit, aber auch in den Textsammlungen anderer Rap-Schaffender finden. Um unterschiedliche Bedeutungen eines oder mehrerer Wörter in einer Punchlines abru- fen zu können, bedarf es aber entsprechender Marker, die den jeweiligen Bedeutungen einen Kontext geben, um sie zu entfalten. Dazu ist bei manchen Textzeilen Hintergrund- wissen nötig, um die Doppeldeutigkeit einiger Begriffe erkennen zu können und die Punchline damit zu entschlüsseln. All dies gilt auch für den nächsten Typus, den Janich unter den phonetischen Ver- fahren aufführt:

7.1.2: Spiele mit Homoiophonie (= ähnlicher Klang): (1) Ich trag Armani, mein Schneider ist ein Italiener, deiner ist ein Thailänder wie Sankt Martin (2009:3) (2) Diese Schlampen sorgen bei mir für Schamesröte, was Beef, das sind nur paar Kindereien wie Knabenchöre (2009:2)

57 Außerdem bei Beispiel (1).

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(3) Ihr seid keine Gs, ihr seid nett wie Flanders (2005:6) (4) Und ich vertick so nonchalant, man könnte meinen, das Zeug ist frei verkäuflich, Hosentaschen voller Dollarnoten wie ein Einserzeugnis (2008:17) (5) Ich trage Kleider von ganz großen Stardesignern, bin kein Astronaut, aber mein Anzug ist maßgeschneidert (2007:1) (6) Denn das ist unsere Ära, eine glorreiche Zeit wie Hallenbadbesuche (2007:7) (7) Du willst mich dissen, Bitch, ich battle nicht, ich zerstöre wie Angler (2010:6) (8) Oder der Boss betritt dein Treppenhaus und boxt dich in die Fresse und du liegst am Ende des Ganges wie ostindische Städte

(2007:1) (9) Shop die Designermarken, für die Schuhe wurde so einige Alligatore geschossen wie für die Meisterschale

(2011:5) (10) Ich geb pelzumhangtragend jedem Spasti-Rapper Pimpslaps, Competition findet keine statt wien Navi im Provinznest

(2015:17)

Auch wenn hier nun bei den Beispielen (1) bis (10) kein exakter Gleichklang wie in den in 7.1.1 aufgeführten Textzeilen vorliegt, ergeben sich durch einen sehr ähnlichen Klang zweier oder mehrerer Wörter ebenfalls Doppeldeutigkeiten auf der Bedeutungs- ebene, wenn sie in unterschiedlichen Kontexten gedeutet werden. Durch seine Ausspra- che kann der Performer eines Rap-Textes ähnliche Klänge auch zu Gleichklängen ma- chen. Die Beispiele lassen sich wie folgt entschlüsseln: (1) Während die italienische Mode und Marken wie Armani einen guten Ruf genießen und qualitativ hochwertig er- scheinen, sind asiatische Produkte, so oftmals auch thailändische, häufig billigere Plagi- ate von minderwertiger Qualität. Das betriebene Boasting (mein Schneider ist ein Italie- ner) wie auch das Dissing (dein Schneider ist ein Thailänder), welche hier Hand in Hand gehen, zielt darauf ab, eine möglichst große Distanz zum imaginären Battle-Gegner auf- zubauen. Der thematische Maßstab ist dabei die Mode. Doch welche Verbindung besteht zwischen einem Thailänder [ˈtaɪ̯ ˌlɛndɐ] und dem Heiligen Sankt Martin? Die Geschichte des Mannes, der in einer kalten Nacht seinen Mantel zerschnitt und eine Hälfte einem frierenden Bettler gab, ist sogar unter Kindern bekannt: Der Akt des Teilens macht Martin zu einem Teilenden, bzw. ist er ein Teilender [ˈtaɪ̯ ləndɐ]. Punchline (2) soll aussagen,

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dass Kollegah Beef, also Rapper-Feindschaften, nicht ernst nehmen kann; für ihn sind das Kindereien. Verglichen werden Beefs nun mit Knabenchören, bei denen mehrere Kinder, meist in unterschiedlich hohen Reihen stehend singen, dabei also Kinderreihen bilden. Kindereien und Kinderreihen haben somit auch einen sehr ähnlichen Klang, mit dem das Wortspiel durchschaut werden kann. Bei Beispiel (3) bleibt der Erkenntnismoment bei alldenjenigen aus, die nicht mit den Figuren der Fernsehserie Die Simpsons bekannt sind. Ned Flanders ist nicht nur der Nachbar der Simpsons-Familie, er ist auch strenggläubiger Christ und legt dauerhaft nett(e) Charakterzüge an den Tag. Kollegah stellt durch diese Zeile die Glaubwürdigkeit anderer Gangsta-Rapper in Frage. Die in Beispiel (4) beschrie- benen Drogendealer-Aktivitäten Kollegahs bescheren diesem Hosentaschen voller Dol- larnoten. Ein Einserzeugnis zeichnet sich in der Regel aber eher durch dolle (tolle) Noten aus. Um nicht jede Zeile weitere Zeile zu ausführlich erklären zu müssen, sollten die fol- genden Anmerkungen zum Entschlüssen der Punchlines, die auf Homoiophonie beruhen, ausreichen: (5) maßgeschneidert VS Mars-geschneidert, (6) glorreich VS chlorreich, (7) zerstöre VS zerr Störe, (8) Gang(es) (als Korridor) VS Ganges (als bekannter Fluss Indi- ens), (9) Alligatore VS A-Liga-Tore sowie geschossen für einen Ball ins Fußballtor be- fördern VS Tiere erschießen. (10) statt VS Stadt.

Auch für die von Janich als nächsten Typen phonetischer Verfahren zur Realisation von Wortspielen lassen sich Belegbeispiele in den Rap-Texten Kollegahs finden:

7.1.3: Lautvertauschung (1) Du bist nicht King auf dem Track, du bist höchstens ne Dragqueen (2004:16) (2) Alle Bitches in deiner Town kommen zu Kollegah, denn er geht ab wie Tec N9ne, ich hab ne Tec Nine, hast du ne Tec? Nein (2009:2) TecN9ne ist ein amerikanischer Rapper. (3) Ich baller mir allein ein halbes Kilogramm vom feinsten kolumbianischen Stoff, zu viel für ein allein, doch nach einer Line ist mir das Einerlei, Nutte (2009:6)

Durch die Lautvertauschung finden sich schnell Wortpaare, mit ähnlichem Klang, aber unterschiedlichen Bedeutungen, mit denen sich wie oben spielen lässt. Ähnlich ver- hält es sich, wenn einem Ausdruck ein Laut hinzugefügt oder ersetzt wird:

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7.1.4: Lauthinzufügung (1) Ey, ich hab ne GmbH, du bist ein Gay im BH, […] du bist fast so gay wie FR (2010:27) (2) Ich kauf die Ohrringe von Christian Dior (Was passiert denn dann mit denen Schatz?) Du kriegst die an die Ohrn (2009:7) (3) Oder nein warte, ich fick Jennifer Lopez, denn ich bin der Typ, der mit Jenny verlobt is Und Jennifer lobt es, wenn ichs ihr besorge, Bitch, bis six in the morning (2005:19) (4) Hole mir per Import Monet-Bilder, Topmodels haben von mir im Portemonnaie Bilder (2011:4) (5) K zum O, bester Rapper in Allemagne derzeit, schick mir deine Jungs, ich fick sie allemann, jederzeit (2015:20)

7.1.5: Lautersetzung (1) Denn ich nehm glänzende MGs, erledige Fake-Gs und sie fressen Blei wie chinesische Babys (2008:1) MG = Abkürzung für Maschinengewehr, Fake-Gs = unechte Gangster

Beispiele für Lautersetzungen sind nur sehr schwer zu finden. Erklären lässt sich diese besonders kreative Zeile durch die unterschiedlichen Phonemsysteme des Deut- schen und Chinesischen. In der chinesischen Sprache gibt es keinen Laut, der dem R-Laut des Deutschen gleicht. Der L-Laut im Chinesischen, der wie der R-Laut ein Liquid ist, kommt dem deutschen R am nächsten und wird dementsprechend genutzt, wenn ein R gesprochen werden soll: Aus diesem Grund wird ein Chinese Blei statt Brei sagen, mit dem Babys üblicherweise gefüttert werden. Der Laut wird also aus genannten Gründen ersetzt, woraus sich das Resultat der Lautersetzung von dem Wort, das zu artikulieren beabsichtigt war, lautlich unterscheidet. Dadurch tun sich aber auch zwei Bedeutungs- ebenen auf, die nun spielerisch für einen Vergleich genutzt werden: Blei fressen bedeutet mit dem Schusswaffen-Kontext, der durch die MGs gegeben ist, so viel wie erschießen. Ein Hörer dieser Zeile wird sich (aufgrund seines Sprach- und Weltwissens) vermutlich zunächst daran stören, dass Babys Blei statt Brei , dass der Vergleich also keinen

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Sinn ergibt, und versucht dann, nach Gründen dafür zu suchen. Findet er diese, hat er das Wortspiel gelöst.

7.1.6: Spiel durch Lautverschriftlichung (Onomatopöie) (1) Ey, ich bin wieder der Nicolaus und komm mit drei Hoes durch die Tür (Ho Ho Ho) (2004:10) (2) […] im fürstlichen Haus mit vierzig TVS, überall hade, als verlässt ein Türke den Raum (2015:4) Hade ist eine Verabschiedungsphrase des Türkischen und lässt sich mit „Hau rein“ übersetzen. (3) Deine Breitling-Armbanduhr is ne miserable Imitation, meine ist voll mit Ice wien Piratenfilm-Dialog (2008:17) Ice meint im HipHop Jargon Juwelen, bzw. glänzende Schmuckstücke. (4) […] kauf ihr teure Mode, frag sie, was sie will, und sie sagt Gucci Gucci als wär ich ihr Neugeborenes (2008:17) (5) Und wenn ich am Morgen dein kleines Brüderchen in seim Kinderbett da wecke, fängt sein Tag mit weh weh an wie ne Internetadresse (2010:26) (6) Profihustlershit, es ist wie Kreditkartenlesegeräte, wenn man die Dinger durchzieht, macht es rich (2008:4) (7) […] und die Kleinkaliberwaffen machen ratatatata so wie Schreibmaschinentasten (2010:17)

Auch die Figur eines Onomatopoetikons, also ein laut- oder klangmalendes Wort kann in Punchlines spielerisch dazu genutzt werden, um verschiedene Bedeutungsebenen zu erzeugen. Die dafür aufgeführten Beispiele lassen sich erneut durch erzeugte Gleich- klänge oder Klangähnlichkeiten dekodieren: (1) Hoe VS Ho, (2) Hade VS HD (High De- finition), (3) Ice VS Ayes (vgl.: „Aye, aye, Sir“), (4) Gucci VS Gutschi (Babysprache), (5) WW VS Wehweh, (6) rich (engl. für reich) VS Klang eines Bezahlvorgangs mit Kre- ditkarte.

Als letzten Untertyp der phonetischen Wortspielverfahren nennt Janich das Spiel mit klanglichen Wiederholungsfiguren aus der Rhetorik. Dabei findet führt sie Werbetextbei- spiele für Reime und Alliterationen an. Ähnliche Belege für die Nutzung in Punchlines finden sich erneut im Korpus:

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7.1.7: Spiel mittels rhetorischer Wiederholungsfiguren Reime: (1) Ey, erst drohst du, du kommst mit ner Truppe Albaner Gs, dann tauchst du auf mit ner Truppe albaner Gs (2006:3) G = Kurzform für Gangster (2) Kid, und du hast sächsischen Dialekt? Der Boss nicht, er hat sechs Ischen, die er leckt (2009:9)

Alliteration: (1) […] bin mit allen Wassern gewaschen wie Weltreise-Schiffe (2006:4) (2) Money on my mind, ey der Boss der Rapper, neben mir wirkt Rockefeller wien Gossenpenner (2015:7) (3) Veni, vedi, vici, ich kam, sah und siegte, zieh am Rest vorbei mit stahlharter Miene (2007:2) (4) Der King kauft Kleiderbügel und hängt sich an Züge dran wie U-Bahn-Surfer (2009:13)

Natürlich lassen sich in Rap-Texten unzählige Reime finden, da diese zu den der wich- tigsten stilistischen Merkmalen dieser Textsorte gehören. Alliterationen kommen in Rap- Texten auch häufig vor. So gibt es beispielsweise mehrere Künstler, die es sich zu einem ihrer Songkonzepte gemacht haben, sich „durch das deutsche Alphabet zu rappen“ und dabei beispielsweise in mehreren Zeilen jedem Wort den gleichen Anfangsbuchstaben zu geben. Janich betont jedoch, dass es sich bei dieser Kategorie um Reime und Alliteratio- nen handeln muss, durch die „ein witziger Effekt entsteht“ (2013:205). Das kann für Reime wie in Beispiel (1)58 durchaus zutreffen, für Alliterationen ist das eher nicht der Fall. Die gefundenen Beispiele sind fast alle phraseologisch oder haben intertextuelle Be- zugspunkte.

7.2 Morphologische Verfahren Zu den morphologischen Verfahren zählt Janich das Spiel mit Komparation (7.2.1), Wort- bildungen (7.2.2) und Morphem-, Silben- und Wörterwiederholungen (7.2.3).

58 Sicher finden sich in Kollegahs Texten weitere Zeilen mit lustigen Reimen. Da diese jedoch nicht zwangsläufig als Punchline zu bezeichnen sind, finden sich für diesen Typus nicht viele Textbelege.

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7.2.1: Komparation Komparation bezeichnet im weiteren Sinn alle Konstruktionen zum Ausdruck von Ver- gleichen oder Gegenüberstellungen, im engeren Sinn die morphologische Kategorie von Adjektiven (und vereinzelten Adverbien) zum Ausdruck von Gradangaben. (vgl. Buß- mann 2008:349) (1) Ey das ist wie Felgen gegen Radkappe, SL gegen A-Klasse, Toni gegen dich ist wie Magnum gegen Gasknarre, Pimp gegen Table-Bitch, ich geb dir ein Autogramm und du bist völlig durch den Wind wie ein Segelschiff (2006:8) (2) Rapper weinen, denn ich trage Designermarken, dein Kumpel auch und zwar die seiner Mom (2006:9) (3) Guck mich nicht an, kuck dich an, du fährst Trabbi, ey mein Benz hat sechs Zylinder wie ein halbes Dutzend Rabbis (2006:13) (4) Ihr trinkt Evian, ich Dom Pérignon, ja sowas kostet paar Mücken wien Chamäleon (2014:3) (5) Zuhälterrap, ich hab mir die Krone im Land verdient, denn ich bin besser, Kingrapper, Pimpslapper, Bitchrappern ins Gesicht stechender Mac mit Springmesser, kling fresher als ein rauschender Gebirgsfluss (2015:19) (6) Lass die Sache mit dem Rappen sein, du hast in deinem Leben maximal als größter Hurensohn Erfolg (2015:14) (7) Und du fragst dich, wieso nennt selbst dein Vater dich Schwuchtel, Kid, weil du dem oberpeinlich bist wien Haar in der Suppe (2014:18) (8) Du tickst auch, aber mein Stoff macht higher („Haya“) wie Karatekämpfer, sieh, er macht higher (Haia) wie der Boss, der sich am Abend selbstzufrieden mit paar schwarzen Ghetto-Queens in Satin-Bettwäsche schmiegt (2009:16)

Spricht man von Komparation – wie oben beschrieben – in einem weiteren Sinn, so können die Beispiele (1) bis (4) als Belege für dieses Verfahren gesehen werden. Im Battle-Rap ist es für einen Rapper besonders wichtig, sich selbst gut dazustellen, während der Widersacher durch den Einsatz von Sprache diffamiert und degradiert wird. Die Kom- paration ist demnach prädestiniert, um dieses Ziel zu erreichen, sich selbst und den Geg- ner entsprechend zu positionieren. Durch Vergleiche können thematisch unterschied- lichste Maßstäbe herangezogen werden, die Überlegenheit angesichts des Kontrahenten

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implizieren. (vgl. Kap 3.4: Skills, Realness, Style, Männlichkeit, Bekanntheit, Erfolg, Geld u.v.m.) Die hier angeführten Beispiele (5) bis (8) zeigen Komparation im gramma- tischen Sinn: durch Steigerungsformen von Adjektiven. Diese können dabei wortspiele- risch zusätzlich mit anderen Bedeutungen versehen werden. Vgl. Beispiel (7) und (8).

7.2.2: Spiel durch Wortbildung (1) Ey ich komm aus Kanada, doch die Kids sagen „Alter Schwede“, denn es ist Kollegah, der Besitzer der (2007:3) (2) Und durch die Touren hab ich noch was gecheckt, dass auch in Frauen manchmal etwas bosshaftes steckt (2014:7) (3) Ey es ist Kollegah, der Stoffticker, Kollegah der Boss, das Wort „Koloss“ ist die Abkürzung für „Kollegah, der Boss“ (2007:16)

Die Versuche einiger Rapper, in ihre Texte eingebaute Wortneuschöpfungen zu etablieren, wurden bereits zuvor erwähnt. Kollegah war mit diesem Vorhaben auch sehr erfolgreich, denn Fans des Künstlers werden allesamt den Neologismus „Alphagene“ od- er „bosshaft“ kennen. (vgl. Burkholz 2015:65) Mit letzterem einhergehend wurde „Boss“ auch so etwas wie Kollegahs Beiname, was sich auch anhand anderer hier genannter Bei- spiele nachvollziehen lässt. Durch die auf unterschiedliche Art neu gebildeteren Worte können dann auch entsprechend neue Punchlines geschaffen werden, wie die Beispiele (1), (2) und (3) verdeutlichen.

7.2.3: Spiel durch Wiederholung von Morphemen, Silben, Wörtern, Homonymen (1) Ich geh mit Messer auf dein Kopf los, danach bist du kopflos, was ist mit dem Kopf los? Du bist deinen Kopf los, such deinen Kopf, los und wenn du ihn nicht findest, kauf dir auf den Jahrmarkt ein Kopflos (2004:22) (2) Ich zieh die Handgun, zersieb zehn Rapper, ach was sag ich, ich zersieb siebzehn Rapper, zersieb siebzig Rapper, ich kann sie gar nicht mehr zählen, sagen wirs einfach so, Kid: Ich zersieb zig Rapper (2015:16) (3) Der Boss bleibt immer Zuhälter und immer zu hält er sich Bitches, die dafür sorgen, dass er immerzu Geld hat, für Swimmingpools Geld hat, so viel Geld hat, dass er sich nichts mehr aus Geld macht, außer Papierflieger (2015:10)

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In diesen Beispielen für morphologische Wiederholungsfiguren werden die jewei- ligen Bestandteile der Punchline immer wieder aufgenommen, wobei es zu leichten Ab- änderungen kommt. Dadurch erhalten die Silben und Wörter neue Bedeutungen.

7.3 Syntaktische Verfahren Zu den syntaktischen Wortspieltypen zählt Janich zunächst das

7.3.1. Spiel mittels rhetorischer Satzfiguren wie Chiasmus oder Parallelismus

Chiasmus:

(1) Kid, und du kriegst keine Bitches ins Bett, ey, du hast eher sechs Richtige als richtigen Sex (2015:19) (2) Sitze dort im winterlichen Trenchcoat von La Martina, Ey, La Martina wie Frau Hingis bei den French Open (2008:4) Martina Hingis ist eine bekannte Tennisspielerin. (3) Yeah, der Boss trägt Designermäntel, die besten Designer sind die seiner Mäntel (2010:30)

Parallelismus:

(1) Ihr seid keine Gs, ihr seid nett wie Flanders. (2005:6) (2) Nutte, ich bin der Boss, du holst deine Verwandtschaft, weil man dir sagt: Du bist mitnichten der Boss. (2006:6)

Auch zu der Gruppe der syntaktisch realisierten Wortspieltypen zählt das

7.3.2. Spiel mit Aktiv und Passiv

(1) Ey der junge Hustler, der Sich-nie-unterkriegen-lasser, bis jedes Hindernis überwunden ist wie Pflaster (2008:4) (2) Und all die anderen frustrierten Idioten in der Szene Drücken sich nur Schore in die Vene, weil sie überboten sind wie Segel (2007:11) (3) Stammt dein Vater aus Polen, Bitch? Du siehst mitgenommen aus (2004:10)

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Janich nennt weitere syntaktische Verfahren zur syntaktischer Wortspielbildung, doch lassen sich dafür keine Punchline-Beispiele im Korpus finden, was vermutlich damit zu- sammenhängt, dass Rap-Texte näher an der gesprochenen Sprache anzusiedeln sind als an der schriftlichen, die in ihrer Syntax wesentlich komplexer ist. Zweifelsohne lassen sich auch hier Belege für diese Formen in den Rap-Texten finden, dass sie jedoch zur Punchline-Bildung genutzt werden, ist unwahrscheinlich.

7.4 Phraseologische Verfahren Phraseologische Verfahren der Wortspielbildung sind sehr häufig in Punchlines zu fin- den, sodass diesem Typus der Realisation eine hohe Bedeutung zukommt. Ein Phraseo- logismus bezeichnet eine feste Wortverbindung bzw. eine zu einer festen Form verwach- sene Lexemfolge, die sich im Sprachgebrauch etabliert habt. Die Bedeutung eines „sol- chen sprachlichen Fertigbausteins“ geht üblicherweise auf die rein wörtliche Bedeutung der einzelnen Bestandteile der Phrase zurück. 59 Spielerisch können Phraseologismen ver- wendet werden, indem man sie abändert, sodass ein witziger Effekt entsteht oder indem mach zwei Phrasen miteinander kombiniert. (vgl. Janich 2013:206f) Oder aber man macht Gebrauch von der „Remotivation eines Phraseologismus (d.h. neben der idiomati- schen Bedeutung wird auch die wörtliche aktiviert“ (Janich 2013:207), was sich für Rap- Texte am häufigsten belegen lässt:

(1) Chill in der Ferienvilla in Thailand und bewahr nen kühlen Kopf wie Serienkiller im Eisschrank (2014:14) (2) […] hab erstaunlich oft mit Frauen am Wochenende beim Casinobesuch mit stilvoller Uhr mehr auf den Kopf gehauen als Boxlegenden (2006:5) (3) Und ich trag Kleidung von Armani Und box dich weg, denn du bist ein halbes Hemd wie die Kleidung von Sankt Martin (2007:3) (4) Ey wenn du Lauch auf Kickboxing-Champ machst, bist du wohl zu Scherzen aufgelegt wie Sitcom-Gelächter (2015:6) (5) Der einzig noch Relevante im Game gibt Autogramme, doch regelte die bis vor Kurzem noch die Drogengeschäfte rund um die Uhr wie ne Rolex-Lünette (2007:3)

59 https://de.wikipedia.org/wiki/Phraseologismus.

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(6) Mit 17 Jahren habe ich auf Kilobasis Gras getickt, geriet schon relativ früh auf die schiefe Bahn wie Martin Schmitt (2007:9) (7) Jetzt fließt auf den Straßen wieder Blut, Cops rutscht das Herz in die Hose wie beim Kartenspielbetrug (2015:13) (8) Denn es gibt Gunshots ins Herz, ihr labert von Ghettobeton, doch wenn ich komm, fallt ihr aus der Rolle wien Mentos-Bonbon (2015:3) (9) Und Bitches haben ihre Augen auf mich geworfen als sei ich ein Würfeltisch (2007:2) (10) Yeah, ich hab hektargroße Koksplantagen und zieh Kartellchefs übern Tisch als wärn sie Texas-Hold’em-Pokerkarten (2015:7) (11) Denn Anklagen gegen mich verlaufen stets im Sande wie die Uhren von Salvador Dali (2015:4) (12) Boss seit Urzeiten, meine Faust fliegt wie Turmfalken und lässt euch schwarz vor Augen werden wie Zensurbalken (2015:13)

Übrigens lassen sich nicht nur Phrasen, sondern auch Komposita demotivieren, wie diese Beispiele zeigen:

(1) Ich bin die Zukunft, Mann und eröffne das Kreuzfeuer wie der Ku Klux Klan (2014:2) (2) Ich werf dich vor die Bahn bis du dann an der Zugspitze hängst so wie Reinhold Messner (2006:3) (3) Sieh, der Boss ist back in fürstlicher Pracht, der Rest sind Randfiguren wie Türme beim Schach (2014:14) (4) Die Konkurrenz ist nicht mehr ausschlaggebend wie Nulllinien (2015:6) (5) […] herausragend wie Haifischflossen […] (2006:3) (6) Ich geh durch die Hood, unantastbar wie Luft (2006:7) (7) Lade nach, baller dann deine Eltern und Kinder ab, kaltblütig wie Nelken im Winter (2006:8)

7.5 Kombinatorische Verfahren Wie beim Betrachten der bisher aufgeführten Beispiele deutlich wird, sind Mischformen zwischen den verschiedenen Verfahren durchaus im Bereich des Möglichen. Als fünften

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Wortspieltypus nennt Janich grafische und orthografische Verfahren. Da die Transkrip- tion von den mündlich vorgetragenen Rap-Texten nicht immer leicht zu bewerkstelligen ist (vgl. Kap. 6: Notation der Texte), bzw. standardisierte Textbücher o.ä. einfach nicht der Regelfall sind, lassen sich auch kaum genauere Angaben zur Orthografhie machen. Außerdem ist unwahrscheinlich, dass hier Wortspiele beispielsweise durch Satzzeichen o.ä. realisiert werden können. Eine Kreuzung verschiedener Verfahren, die die Orthogra- fie in gewisser Weise jedoch miteinschließt, könnte man als orthografisch-phonetische Verfahren bezeichnen, die Janich nicht nennt. Doch für Punchlines lassen sich für diese Kategorie zahlreiche Beispiele finden:

(1) Denn ich bin King und wer seid ihr? Der Boss ist wie Viagra, man kann denken, was man will, doch das Ding is er regiert (erigiert) (2014:20) (2) Und du denkst, dein Umsatz wär echt spitze, doch der Boss findet das W nich (wenig) wie ne unfähige Tippse (2015:2) (3) Dein Alki-Vater schläft sein Rausch aus, steht auf, kann sich kaum normal bewegen, fängt zu saufen an um zehn und will erstmal ein Glas um die Uhrzeit exen (ein Glas um die Urzeitechsen) wie im Dinosauriermuseum (2015:20) (4) […] doch hol dann abermals aus Mexiko Koka Und es kommt per Containerschiff über die Grenzen Europas, mit so mächtig viel Dope, dass der Zoll staunen würde, wenn er diesen Kahn je (Kanye) entdeckte wie Hova (2015:5) Kanye (West) ist ein erfolgreicher Rapper und Musikproduzent, der von Jay-Z, aka. Hova, entdeckt wurde. (5) Ich zieh laid back an der Davidoff-Zigarre, kippe den Cristal selbstzufrieden in die Marmorbadewanne, denk an frühere Partys, viele meiner Sexgeschichten begaben sich in dieser Wanne (die Savanne) wie Wüstensafaris (2014:14) (6) Also glaub nicht, dass du Hund hier n Aufreißer wirst (Hundhirn auf Reis ser- vierst) wien China-Imbiss (2015:19)

Diese allesamt auf den neueren CDs Kollegahs zu hörenden Punchlines weisen ei- nen hohen Grad an Komplexität auf, was – wie auch ein Blick auf den chronologisch

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angelegten Punchline-Korpus (vgl. Anhang) – beweist, dass Wortspiele im Rap zuneh- mend innovativer werden und die Beispiele beim ersten Hören kaum direkt dekodiert werden können. Durch das Spiel mit der Verschiebung von orthografisch festgelegten Wortgrenzen, welches in den angegebenen Beispielen phonetisch realisiert wird, ergeben sich Ambiguitäten, die wie schon zuvor in unterschiedliche Kontexte gesetzt und mitei- nander verknüpft werden.

7.6 Sonstige Verfahren Für eine Reihe von anderen Punchline-Typen hält Janich keine passenden Kategorien bereit. Diese sollen hier jedoch definiert und anhand weiterer Beispiele belegt werden:

7.6.1 Spiel mit Namen:

(1) Ihr seid keine Gs, ihr seid nett wie Flanders. (2005:6) Ned Flanders ist eine Figur aus der Fernsehserie Die Simpsons. (2) Ich bin ein Star so wie Ringo (2006:6) Ringo Starr ist ein Mitglied der Beatles. (3) Starker Tobak, da wird sogar Mary J bleich (2007:19) Mary J Blige ist eine amerikanische Sängerin (4) Du bist wie Uschi, du hast Glasknochen (2010:30) Uschi Glas ist eine deutsche Schauspielerin. (5) […] der King wie Stephen […] (2005:3) Stephen King ist ein berühmter Autor. (6) Du bist ein wehrloser Depp und deine Chemobraut macht fürn Zwanziger die Beine auf wie Theos Frau (2010:25) Theo Zwanziger wurde als Präsident des Deutschen Fußball Bundes (DFB) be- kannt. (7) Sieh, auch wenn du Opfer zwar nicht auf Schornsteinen hockst, hast du Vorzeigetrottel trotz dessen Storchbeine wie Scott (2007:20) Scott Storch ist ein bekannter amerikanischer HipHop-Produzent. (8) Diese Rapper sind nicht meine Kragenweite und das kann ja wohl kaum klarer (Klara) sein wie der Name eines Jungen (2009:1)

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7.6.2. Spiel mit fremdsprachlichen Ausdrücken:

(1) Sogar New York Gangster hören mich im Loop, wenn sie durch Queens rauschen wie königliches Blut (2015:5) (2) […] fährt routiniert durch die Straßen von deiner Hood und ist von Fans umgeben wien englischer Vorgarten (2007:19) (3) Und ich bänge die Hure, schwänger die Hure, dann ist die Hure ne Mummy wie ne englische Mumie (2009:9) (4) Ich sagte: Koch mir Kaffee, doch habs mir noch überlegt und will jetzt doch lieber Tee wien französische Freiheitskämpfer (2010:29) (5) Guck den Kanadier an, Kid, ich bin ein P-l-a-y-a wie ein spanischer Strand (2009:7) (6) […] im fürstlichen Haus mit vierzig TVS, überall hade, als verlässt ein Türke den Raum (2015:4)

Kollegah realisiert Punchlines auch mit Hilfe geläufiger Wörter aus anderen Spra- chen. In den Beispielen finden sich englische, französische, spanischen und sogar türki- sche Vokabeln, die spielerisch verwendet werden.

7.6.3 Intertextuelle Punchlines:

(a) Du bist der Sohn einer Hure, deine Mom brachte einen Hurensohn zur Welt, so eine Hure, die im Puff anschaffen geht, und zwar als mehr als drei Jahrzehnten, aber immer noch auf Luftmatratzen schläft (2005:2) (a) Ey, du bist der Sohn einer Hure, kein Wunder bei so einer Hure wie deiner Mom, so eine Hure, die mit Russlanddeutschen fickt, und zwar seit ihrem zehnten Lebensjahr, als ihr Jungfernhäutchen riss (2006:1) (a) Du bist der Sohn einer Hure, kein Wunder bei deiner Mom, seit ihrem zehnten Lebensjahr ist diese Person eine Hure, (2009:2) (a) Du bist der Sohn einer Hure, so einer Hure,

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selbst in Frankreich sagt man, du bist der Garçon einer Hure (2015:1) (b) Ey ich bin der Beste weit und breit, werd als der King of Rap gefeiert, dabei mach ich meine Arbeit mal ebenso mit links wie Webdesigner (2007:16) (b) Und bin der Beste hier, werde mit King of Rap betitelt, dabei mach ich meine Arbeit mal ebenso mit Links wie Zelda-Spieler (2008:2) Link ist die Hauptfigur in dem Videospiel Zelda von Nintendo. (c) Und ich trag Kleidung von Armani Und box dich weg, denn du bist ein halbes Hemd wie die Kleidung von Sankt Martin (2007:3) (c) Ich trag Armani, mein Schneider ist ein Italiener, deiner ist ein Thailänder wie Sankt Martin (2009:3) (d) Und deine Bitch, die kreidebleich in meiner Einfahrt liegt mit Spritzen, drückt öfter H als englische Schreibmaschinen-Tippsen (2007:14) (d) Und du denkst, dein Umsatz wär echt spitze, doch der Boss findet das W nich wie ne unfähige Tippse (2015:2) (e) Und geb ich's deiner Sis in dem reichverzierten Maybach, ist die Kleine hier am Schreien bis sie heiser wird wien Thai-Imbiss (2014:12) (e) Also glaub nicht, dass du Hund hier n Aufreißer wirst wien China-Imbiss (2015:19)

Intertextuelle Verweise auf eigene oder andere Rap-Songs finden sich in der Hip- Hop-Musik sehr häufig; gerade, wenn bestimmte Lieder oder Alben mehrteilig sind, also Fortsetzungen erhalten. (vgl. Quellenangaben) Auch im Battle-Rap werden Textzeilen des Gegners in Teilen aufgenommen, verändert oder direkt gekontert, weshalb man von intertextuellen oder gar intermedialen Punchlines sprechen kann.

7.6.3 Elliptische Figuren:

(1) Mit mir is nicht chilln, Whiky, Pillen, ich bin ganz schön am Ende, yop – Disneyfilm (Favorite 2008:10) (2) Du willst ein Krasser sein, machst auf Gangster, Usher-Style – Traumtänzer, du willst mir ein paar Waffen zeigen – Schaufenster (ebd.) (3) Oh mein Gott, ich sehe keine Hater – Ray Charles

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(/Shindy 2015:2) Ray Charles ist ein blinder Sänger und Komponist. (4) Nach einer Schelle brennt dir deine Fresse – Niki Lauda (ebd.) Niki Lauda ist ein ehemaliger Formel-1-Fahrer, dem bei einem Unfall Teile sei- nes Gesichts verbrannten. (5) Ihr seid alle Absturz – Windows (Shindy 2014:1)

Eine Ellipse bezeichnet eine Aussparung von sprachlichen Elementen, die rekon- struierbar sind: Die hier angegebenen Beispiele sind so im Stil einer Ein-Wort-Pointe oder als ein Vergleich, der ohne Vergleichspartikel auskommt, realisiert. Diese Art der Realisierung von Wortspielen wird im Rap übrigens auch als „Hashtag-Flow“ bezeichnet und hat seinen Ursprung in den sozialen Medien. Obwohl hier keine vollständigen Sätze vorhanden sind, lassen sich die Zeilen durch die Kontextgebung entschlüsseln.

Zwischenfazit

Die Untersuchung der verschiedenen Varianten zur Realisation von Punchlines in Rap- Texten zeigte deutlich, dass Rapper in ihren Texten sehr vielfältige und kreative Wege finden, mit Sprache und Worten zu spielen. Dabei bewegen sich die Rapper beim Setzen ihrer Punchlines mindestens auf dem gleichen, wenn nicht sogar auf einem höheren Ni- veau als professionelle Werbetexter.60 Für die von Nina Janich festgesetzten Kategorien für Wortspiele in der Werbesprache ließen sich – mit bis auf wenige Ausnahmen, was vorrangig daran liegt, dass Rap-Texte eher zur mündlichen als zur schriftlichen Sprache zu zählen sind – auch passende Punchlines aus Rap-Texten finden. Für diese spezielle Wortspielart wurden sogar noch weitere Klassen wie die kombinatorischen Verfahren und die sonstigen Verfahren eingeführt und mit Beispielen beschrieben und belegt. Das verdeutlichte, dass es sich beim Punchlines wie auch Werbetext-Wortspielen eine „offene Klasse“ (Janich 2013:205) handelt, die je nach den kreativen Einfällen von Rappern noch erweitert werden kann. Die vorliegende Arbeit stellt dabei auch nicht den Anspruch an Vollständigkeit, doch mit Blick auf die eigens angefertigte Definition des Punchline-Be- griffs wie auch auf das verwendetet Korpus wurden möglichst viele unterschiedliche Re-

60 Das wird m.E. deutlich, wenn man die Textbeispiele heranzieht, die Janich für Wortspielen in Werbetex- ten aufführt, und diese mit den Punchlines Kollegahs vergleicht.

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alisierungsvarianten gefunden, mit denen sich Punchlines in Rap-Texten adäquat be- schreiben lassen. Einige genannte Beispiele erweisen sich dabei sogar als sehr komplex und lassen sich ohne ein gewisses sprachliches Wissen oder Allgemeinwissen bzw. Hip- Hop-Wissen nicht dekodieren. „Rap bedient sich weltweit einer hochgradig metaphorischen Sprache, deren Bedeutung sich häufig nicht beim ersten Hören erschließen lässt […] Die Rapper nehmen in ihrer Dichtung [wie auch in ihrem Spiel mit Worten] Bezug auf alles Bekannte und Unbekannte: Namen von Persönlichkeiten, Waren, Filmen, Comics usw. werden im Rapdiskurs immer wieder als Vergleichsgrößen zum Zweck des Selbstlobs oder rituellen Erniedrigung des Gegners eingesetzt.“ (Burkard 2013:48) Punchlines zu dekodieren gestaltet sich dabei als kognitiver Prozess, der mit einem Erkenntnismoment und einer Reaktion seitens des Rezipienten endet. Wird die Interpre- tationsleistung von diesem erbracht, so erzielen die üblicherweise humoristisch motivier- ten Punchlines die beabsichtigte Wirkung beim Hörer (Schmunzeln, Lachen o.ä.).

Doch weil Rap-Texte und die darin enthaltenen Punchlines nicht nur positiv aufgenom- men und in einen Diskurs zitiert werden, der immer wieder die von Rap ausgehenden Gefahren61 thematisiert, soll nun im nächsten Arbeitsschritt der mediale Umgang von Punchlines diskutiert werden.

8. Diskussion

Der amerikanische Gangsta-Rap provozierte bereits Anfang der 1990er Jahre einen „me- dialen Moralismus“, der einen deutschsprachigen Diskurs erst zu Beginn des 21. Jahr- hunderts im Zuge der großen Erfolge von hartem Berliner Rap erreicht. In derartigen Diskussionen hat sich eine Art Topos etabliert, der die Rezeption und Produktion von Rap generell als Ursache für massive Persönlichkeitsstörungen erklärt. (vgl. Wolbring 2015:41) „Entsprechend verzichtet die Bild in ihrem Portrait des Attentäters Anders Breivik nicht darauf, diesen als einstigen ‚HipHop-Fan‘ auszuzeichnen. Auch der Amokläufer von Win- nenden im Jahr 2009 wurde mit Rap in Verbindung gebracht, ohne dass der Täter irgendein Interesse an diesem hätte erkennen lassen. In der Fernsehsendung Hart aber Fair wurde

61 „Insgesamt ist der präsente mediale Diskurs um Rap allerdings ein Gefahren-Diskurs.“ (Wolbring 2015:40)

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ein aus der Sicht eines amoklaufenden Schülers gesprochener Rap eingespielt und – ob- wohl dieser offensichtlich als beinah kitschige Sozialkritik an Mobbing und Schulgewalt intendiert war – als mögliche Ursache für das Attentat diskutiert.“ (ebd.) Und dies sind nur zwei Beispiele für gesellschaftliche Themen, bei denen Rap bzw. dessen Erzeuger als Sündenbock herhalten muss. Neben den Gewaltvorwürfen sehen sich Rapper hierzulande oft mit Homophobie- oder Misogynieanschuldigungen konfrontiert und werden an einen ‚medialen Pranger‘ (vgl. Burkard 2013) gestellt: Die „die bürgerlichen Gefilde etablierter Schichten provozierende Stimme [des Gangsta- Raps], die von den ‚Rändern‘ der Gesellschaft her erschallt und in den Rhythmen jener subkulturellen Milieus erklingt, in welchen soziale Härten, existenzielle Gefährdungen und auch Gewalt (bis hin zur organisierten Kriminalität) zum ‚Alltag auf der Straße‘ gehören, ist seit gut drei Jahrzehnten eine feste Institution. Sie breitete sich von der ‚black neigh- bourhood‘ der South Bronx in New York auch nach Europa aus, nach London und Mar- seille, nicht zuletzt nach Frankfurt und Berlin, Hamburg, Köln und Stuttgart etwa (wo seit Ende der 1980er Jahre auch in deutscher Sprache gerappt wurde). Die irritierte, mitunter geschockte Öffentlichkeit […] beäugte den Gangsta-Rap schon bald aufmerksam und kri- tisch. Eltern und Bürgerinitiativen schlugen Alarm. Die zuständigen Behörden (von den Indizierungsstellen über die Gerichte bis hin zum Verfassungsschutz) übernahmen Über- wachungs- und Kontrollfunktionen. Die Massenmedien begleiteten den oft spektakulären Ausdruck eines kollektiven Lebensgefühls mit voyeuristischer Angstlust und zugleich mit dem erhobenen Zeigefinger moralischer und politischer Autorität. […] Daran hat sich bis heute im Prinzip kaum etwas geändert.“ (Dietrich/Seeliger 2012:8) Dem kann sich Rapper Kollegah, dessen Punchlines hier zuvor hinsichtlich ihrer linguistischen Machart untersucht und erklärt wurden, ebenfalls nicht entziehen. Von den einen als begnadeter Sprachakrobat gefeiert, schwingen andere die Moralkeule und legen die Textzeilen des Künstlers nicht nur gewaltverherrlichend, sondern auch frauen- und schwulenfeindlich aus und üben Kritik an den Punchlines. Als Beispiel dafür soll ein On- line-Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 27.12.2015, verfasst von Jan Stremmel, zi- tiert werden62:

Nutten beim Jurastudium [Teaser:] Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Schwule – die Songs des Rappers Kollegah dürften eigentlich kaum jemandem gefallen. Dennoch bricht er gerade Chartsrekorde. Un- ser Autor hat sein Erfolgsgeheimnis entschlüsselt. Das sind schon fast Beatles-Dimensionen: Der Rapper Kollegah hat ein Album mit 19 Songs veröffentlicht, eine Woche später stehen 16 davon in den Single-Charts. Man muss sich das kurz klar machen: Üblicherweise enthält ein Album zwei, drei Hits, die als Singles vermarktet werden. Wenn es gut läuft, steigen sie in die Charts. Bei Kollegahs Zuhältertape Vol. 4 (genau wie bei seinem letzten Album, übrigens) haben so viele Menschen die Songs

62 Quelle: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/44039/Nutten-beim-Jurastudium

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einzeln bei iTunes heruntergeladen, dass man sagen muss: Das Album besteht fast komplett aus Hits. Sogar das »Outro« hat es auf Platz 92 geschafft. Kollegah, Spitzname »Boss«, bleibt damit der kommerziell erfolgreichste deutsche Rapper, und die Frage ist: Woran liegt das? Denn Zuhältertape Vol. 4 ist alles andere als leichte Konsenskost. Es ist Gangsta-Rap der knüppelhärtesten Sorte, eine Orgie der Gewalt und der Frauenfeindlichkeit. "Ich sag' aus Erfahrung, wenn ich Hardcore-Sluts schlage / Haben ihre Faces herbstliche Ahornblattfarben." "Nutte, zeig' dass du Putzlappen befeuchtest / Ich bring' Schusswaffengeräusche wie die der Deutschen" So geht das ununterbrochen weiter. Kollegah rappt von »Untermenschen« und »Hardcore- Faggots«, von »Mamas«, die er aufreißt »wie Schwangerschaftsstreifen«. Auch wenn man die spielerischen Gewaltbeschreibungen im Gangsta-Rap gewohnt ist, lässt einen die kühle Konkretheit der Texte frösteln. Umso erstaunlicher: der breite Erfolg der Platte! Einen Hinweis lieferte Kollegah vor ein paar Tagen in einem Interview. Er erklärt da, wie sich sein Publikum zusammensetzt: »Von Straßenjugendlichen, die wahrscheinlich nur die Hälfte meiner Punchlines checken, bis zu Akademikern«. Das muss nicht stimmen, aber es könnte. Denn die Texte von Kollegah, der nebenher angeblich Jura studiert, sind bei aller verstörender Gewalt vollgepackt mit, tatsächlich, gewieften Sprachbildern und, ja, doch, um die Ecke gedachten Gags, die man beim ersten Hören kaum versteht. "Du hast Rauschgift dabei? Da nehm' ich gern mal 'ne Probe / Doch find' die haut nicht rein, wie Seals Dermatologe" (Gag verstanden?) "Bin kein britischer Lord, doch geb' meinen Dienern Schellen / Wenn sie sich nicht vor dem Sir verneigen, wie Riesenwellen" (Na...?) Diese ständige Diskrepanz zwischen Zuhälter-Image und dem Vokabular eines Jura-Stu- denten, das Pendeln zwischen extremer Gewaltverherrlichung und tatsächlich witzigen Sprachbildern, ist der Unique Selling Point von Kollegah. Ausgestellte Muskelmann- Dumpfheit, die kleine Jungs beeindruckt - und überraschend geistreiche Metaphern, die auch Poetry-Slammern imponieren dürfte. Die Rechnung geht auf: Wer das Image absto- ßend findet, kann sich trotzdem noch am Sprachwitz freuen. Und wer nicht versteht, was zum Teufel die Zeile »Der Boss hat Termine / Wie Harry Potter« bedeuten soll, kann ja immer noch über die Bitchslaps in der nächsten Strophe lachen. Kollegah ist der erfolgreichste Rapper Deutschlands, weil er mit jedem Song zwei Schich- ten gleichzeitig bedient, auf unterschiedlichen Kanälen, ganz ohne Störgeräusche. Erinnert an: Scarface Wer hört das? Männer. Ausschließlich. Was dem Album gut tun würde: Weniger Gewalt gegen Frauen und Schwule - schon aus Vermarktungsgründen!

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Interessant ist dieser Artikel, weil er einerseits kritische Töne in Bezug auf einige darin zitierte (aus dem Zusammenhang gerissene?) Textzeilen Kollegahs anschlägt, anderer- seits den Wortwitz von Punchlines, die als vermeintlich ‚harmloser‘ eingeordnet werden, lobt. Es wird dabei weder in eine negative oder positive Richtung pauschalisiert. Für Rap- Texte allgemein wie auch die Zeilen Kollegahs gilt zunächst, dass diese sich in qualitati- vere und weniger qualitative Kunst aufteilen. (vgl. Littau/Pausewang 2011:3) Rap ist wie auch die anderen Elemente der HipHop-Kultur (vgl. Kap. 2) in erster Linie eine Kunst- form: „Die kulturellen Praxen der Szene sind an den Elementen der HipHop-Kultur orientiert und umfassen insbesondere die Bereiche (Selbst-) Inszenierung, Raumbesetzung und Stilisie- rung. Die mit der HipHop-Szene verbundenen Handlungspraxen vollziehen sich einerseits performativ, repräsentieren jedoch darüber hinaus auch einen anhand spezifischer Merk- male eingrenzbaren sozialen Kontext und bilden den ‚thematischen Rahmen‘ bzw. ‚Sinn- horizont‘ des mit der Szene verbundenen Geschehens sowie dem damit verbundenen Han- deln sozialer Akteure.“ (Schröer 2011:13)

Der am Ende des Artikels gegebenen Empfehlung, die Musik solle sich inhaltlich verändern, muss jedoch widersprochen werden: Zunächst ist die Gattung, in der sich Kol- legah bewegt, also Gangster-Rap, so erfolgreich wie nie, was von dem Verfasser ja eben- falls thematisiert wird – und zwar gerade, weil darin kein Blatt vor den Mund genommen wird. Wenn sich etwas ändern muss, ist es unsere Gesellschaft: Einen „100-prozentigen politisch korrekten Rap wird es [nämlich] niemals geben, zumindest nicht, solange es keine 100-prozentige politisch korrekte Gesellschaft gibt.“ (Schacht 2014:27). Rap lässt sich – wie zu Beginn bereits erläutert wurde (vgl. Kap. 3) – als Spiegel der gesellschaft- lichen Entstehungskontexte sehen. Bereits die benachteiligten Kids und Jugendlichen fan- den auf den Straßen New Yorks vor einigen Jahrzehnten Mittel und Wege, um auf sich und ihre Lage aufmerksam zu machen.63 Rap und die anderen HipHop-Elemente gaben diesen Menschen eine Chance, sich auszudrücken und auf ihre schwierigen Lebensum- stände hinzuweisen: „Gangster-Rap ist ohne soziale Ungleichheiten und prekäre Existenzen, ohne ‚Ghettos‘, ‚problematische Stadtteile‘ oder ‚soziale Brennpunkte‘ […] weder in seiner geschichtli-

63 „Nicht nur, dass sie das vergessene Ghetto zurück ins öffentliche Bewusstsein brachten, auch an anderen Stellen sind diese positiven Umdeutungen zu finden, durch die die Jugendlichen ihre Freiheit, Selbstbe- stimmung und persönliche Integrität wiedererlangten.“ (Verlan 2000:14)

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chen Entwicklung noch in seinen zeitgenössischen Bedeutungen verständlich. Soziale Hie- rarchien und ungleiche Verteilung von materiellem, sozialen und symbolischen Kapital […] sind zweifellos ein ‚Nährboden‘ auch von Gangsta-Rap, einer hybriden künstlerischen Form, in der sich konjunktive Erfahrungen und Erwartungen, Schicksale und Orientierun- gen, Wünsche und Begehren bestimmter Menschen in oftmals Aufsehen erregenden kultu- rellen Praktiken artikulieren. Das klingt so gut wie immer cool, bisweilen brachial und martialisch, drohend, aggressiv und verletzend, Gewalt verherrlichend und selbst schon gewaltsam, manchmal dagegen subtil und spielerisch, sensibel und sentimental, motivie- rend und mobilisierend, vielleicht sozialromantisch und verklärend – und was es sonst noch an Nuancen in dieser Texten und Bilder einschließenden Musik geben mag.“ (Dietrich/See- liger 2012:8) Dabei lässt Rap sich auch nicht (von außen) verbiegen und setzt seine Inhalte ei- genständig fest. Innovation und Veränderungen werden ausschließlich aus dem Inneren bewirkt und Regelverstöße und Grenzüberschreitungen (vgl. Verlan 2000:13) kennzeich- nen die Kultur in ihrem Kern bis heute. „Die Sprache des HipHop ist eine Sprache von Menschen, deren Erfindungsreichtum vital ist und die sich nehmen, was ihnen zusteht […].“ (Greif 2012:58) Und das gilt nicht nur für Gangsta-Rap, sondern auch für Battle- Rap. Wie er in seinen Interviews beteuert, nutzt der Rapper die Zuhälter- und Gangster- verweise in erster Linie aus Unterhaltungszwecken und dazu, um seinen Battle-Rap the- matisch anzureichern und unterhaltsame Sprachspiele, Pointen und Wortwitz hervorzu- bringen. Überhaupt ist Battle- bzw. Gangsta-Rap eher Lösung als Problem: Anstatt das Leben eines echten Kriminellen zu führen, was für viele junge Menschen, die sozial be- nachteiligt sind, manchmal als einzige Perspektive offen seht, ist darüber ‚nur‘ zu rappen doch die bessere Wahl. Auch das Rap-Battle erscheint als gute Form, sich zu messen und einen möglicherweise bestehenden Konflikt auf einer rein sprachliche Ebene auszutragen, anstatt es zu realer Gewalt kommen zu lassen. „Die [im Battle] häufig unter die Gürtellinie zielenden Aussagen stoßen aber weit- gehend auf Ablehnung von außen und werden besonders von Erwachsenen, die nicht mit HipHop sozialisiert worden sind, als geschmacklos empfunden.“ (Burkard 2009:49) Die wichtige Rolle des Battle-Gedankens wurde in Kap. 3.4 dargelegt und es wurde auch beschrieben, wie die in einem Battle getätigten Aussagen einzuordnen und zu bewerten sind. „Inwieweit die Rapper ‚nur‘ die Tradition von Playin the Dozens und Signifying fortgeführt haben, oder Rap schlichtweg als Ausdrucksform benutzen, weil sie gerne be- leidigen und provozieren […], ist schwierig zu sagen.“ (ebd.) Dennoch sollte auch Battle- Rap in erster Linie als Kunstform gesehen und kulturspezifisch interpretiert und rezipiert

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werden – wenn zumindest nichts Anderes dagegenspricht. Punchlines, die wie andere humoristisch motivierten Sprachspielformen in einer gewissen Tradition der afroameri- kanischen Oralkultur stehen, entstehen bis heute aus einem spielerischen Umgang mit Sprache und sollen das Publikum unterhalten. Bei den in Artikel angegebenen Zeilen wie

Nutte, zeig' dass du Putzlappen befeuchtest, ich bring' Schusswaffengeräusche wie die Schutzstaffel der Deutschen. geht es m.E. nach vornehmlich um die mehrsilbigen Reimstrukturen als darum, Frauen zu diskriminieren. Durch den fehlenden Kontext lässt sich nicht einmal sagen, ob wirklich eine Frau angesprochen wird. Ferner sind Rapper nicht daran schuld, dass gewisse Be- griffe wie zum Beispiel „Schwuchtel“ oder „Nutte“ als Beleidigungen in unserer Gesell- schaft gelten. Homophobie und Misogynie sind wie auch Rassismus oder Antisemitismus gesamtgesellschaftliche Probleme und werden nicht durch Rap-Musik vorangetrieben. Rapper bedienen sich derartiger Beleidigungen in der Battle-Situation, in der es um einen sprachlichen Weg geht, seinen Gegner herunterzumachen. Schimpfworte zu benutzen, ist eine von vielen Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen. Dabei wird auf das sprachliche Material der Gesellschaft zurückgegriffen und so kommt es zur Nutzung von Wörtern, durch die sich Homosexuelle oder Frauen (zurecht) diskriminiert und angegriffen fühlen, was in der Intention des Rappers absolut nicht beabsichtigt ist. Wenn Schwule und Frauen in Deutschland zu 100% gleichberechtigt wären, würde sich dies auch in der HipHop- Szene wiederspiegeln und Zeilen, die aktuell falsch gedeutet werden, gar nicht erst ent- stehen.64 Die Rapper würden sich dann anderer Beleidigungen oder Sprachspielformen bedienen, um sich in der künstlichen Auseinandersetzung eines Rap-Battles gegen einen Gegner durchzusetzen. Dass sie darin beachtliche kreative Potentiale besitzen, hat die vorliegende Arbeit zu Genüge bewiesen. Punchlines zielen demnach auch nicht auf Frauen, Homosexuelle oder bestimmte ethnische Minderheiten, die durch diese Aussagen verletzt werden sollen, sondern auf das Individuum, das Teilnehmer eines sprachlichen Wettkampfes ist, der nur der Form halber einer ist.

64 Rapper sagen in der Regel auch, dass was sie denken und äußern ihre Meinung zu diversen gesellschaft- lichen Diskursen. So existieren auch teils explizit schwulenfeindliche Songs. Im Umkehrschluss ist aber nicht jeder Battle-Part, in dem Wörter wie Schwuchtel oder Tucke vorkommen, homophob motiviert.

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9. Zusammenfassung und Fazit

Ausgangspunkt der Arbeit waren die in einen medialen Gefahren-Diskurs eingebetteten Punchlines als besonderes Merkmal der Textsorte Rap-Texte. Diese herausstechenden Textzeilen wurden zunächst durch einen kurzen historischen Abriss der Geschichte der Rap-Musik im Kontext der HipHop-Kultur eingeordnet, um später eine kulturspezifische Interpretation der Textzeilen vornehmen zu können. Rap wurde dabei nicht nur in eine Traditionslinie mit der afroamerikanischen Oralkultur gesetzt, auch wurde die Idee des Battles in der Rap-Musik erläutert, die für HipHop und seine Praxen elementar ist. Punchlines wurden daraufhin als Rap-Text-Zeilen definiert, die aufgrund ihrer (1) inhalt- lichen und/oder (2) formalen Ausgestaltung besonders sind und daher möglicherweise eine Wirkung beim Rezipienten hervorrufen, wobei der Fokus auf dem zweiten Typus lag. Dieser wird durch ein beabsichtigtes Spiel mit Sprache realisiert, das unterschiedlich angegangen werden kann. Um die linguistische Machart von Punchlines bestimmen zu können, wurde ein Korpus mit 335 Beispielen mithilfe der Texte des Rappers Kollegah erstellt, der in der Szene als einer der besten Wortspieler bekannt ist. Aufgrund der stilis- tischen Ähnlichkeiten von Rap- und Werbetexten, diente Nina Janichs methodischer An- satz zur Analyse der Rap-Sprachspiele. Für ihre festgelegten Kategorien konnten viele Punchline-Beispiele zugeordnet und auf diese Weise beschrieben werden, doch wurden zusätzlich eigene Kategorien geschaffen und Janichs Liste somit ergänzt. Abschließend wurde in der Diskussion (mit Blick auf einen kritischen Online-Artikel) für einen Um- gang mit Punchlines argumentiert, der die humoristische Motivation hinter diesen Sprachspielen, die Einbettung in den kulturellen Kontext des HipHop sowie gesellschaft- liche und soziale Einflüsse auf Rap beachtet.

Punchlines als Sprachspiele in Rap-Texten stellten sich als sehr vielseitige, kreative For- men der Sprachverwendung heraus, die in Zukunft sicher noch mehr Einhalt in die ange- wandte Sprachwissenschaft erhalten.

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Quellenverzeichnis

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Kollegah 2010: Hoodtape Vol. 1. Selfmade Records, Düsseldorf. Kollegah 2011: Bossaura. Selfmade Records, Düsseldorf. Kollegah 2014: King. Selfmade Records, Düsseldorf. Kollegah 2015: Zuhältertape Vol. 4. Selfmade Records, Düsseldorf.

Favorite 2008: Anarcho. Selfmade Records, Düsseldorf. KIZ 2015: Hurra, die Welt geht unter. Universal, Berlin. Bushido/Shindy 2015: Classic. Ersguterjunge, Berlin. Shindy 2014: Fuckbitchesgetmoney. Ersguterjunge, Berlin.

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Anhang

Chronologisch angelegte Liste der Kollegah-Punchlines:

(1) Ich ficke deine Mutter und die Nutte kommt nach wenigen Minuten wie ein Sceensaver (2005:1) (2) Ich bin als Businessmann geborn, meine Abstellkammer sieht aus wie der Citibanktresor (2005:1) (3) […] der King wie Stephen […] (2005:3) (4) Ich komm mit Magazinen wie ein Zeitungshändler und du siehst Eimsbush-Rapper voller Einschusslöcher Warum lächelst du? Ich schieß dich Hurensohn voll Kugeln und lande mehr Treffer als die Suchfunktion von google (2005:4) (5) Sieh, deine Raps und Flows sind nicht sonderlich berauschend wie übertrieben gestrecktes Koks (2005:5) (6) […] du dämlicher Idiot. Guck mal, deine Bitch is läufig wie Marion Jones (2005:5) (7) Komm mit Bankräubermaske plus Handfeuerwaffe und dein Kopf hat gleich mehr Löcher als ne Salzstreuerkappe (2005:5) (8) Doch nachdem ich dir Patronen wie nem Schulfüller geb, zieht man Kreide um dein Kopf als wärst du n Poolbillardqueue (2005:6) (9) Du machst auf G mit deiner Plastik-MG, doch meine AK bringt dich zur Strecke wie ein Navi-System (2005:6) (10) Ihr seid keine Gs, ihr seid nett wie Flanders (2005:6) (11) […] denn du singst bei den Bullen wie ein Country-Star (2005:7) (12) Sieh, du bist ein Fake-G wie Undercover-Cops (2005:8) (13) Yo, ich üb mit der Gun, denn ich fahr die Gangsterschiene so wie Züge in Compton (2005:11) (14) […] doch wenn ich mit der Tech-9 schieß, heißt es für sie „Shut up“ wie bei Black Eyed Peas (2005:12) (15) Kid, du solltest laufen wie beim Marathon oder du musst dran glauben wie ein Pfarrersohn (2005:12) (16) Ich fahre nen Cadillac wie Snoop Dogg […] und cruise wie Tom (2005:12) (17) […], denn du weißt: ich komm in dein Viertel mit AK wie Overgroud (2005:13) (18) Step auf die Bühne und kriege mehr Slips ab als ein Bügelbrett

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(2005:13) (19) Jetzt fließt auf den Straßen wieder Blut, Cops rutscht das Herz in die Hose wie beim Kartenspielbetrug (2015:13) (20) Sprich nicht von Drogenbiz und dass du H am Start hast, Mutterficker, wenn sogar das englische Alphabet mehr H am Start hat (2005:14) (21) Und Bitches haben ihre Augen auf mich geworfen als sei ich ein Würfeltisch (2007:2) (22) Deine Bitch meinte, zuerst soll ich von ihr Nacktfotos schießen, seit ich sie kenne muss ich öfter Pariser ziehen als französische Abschleppdienste (Kollegah 2005:14b) (23) Ich hab mehr Kohle als das Ruhrgebiet, durchlöcher deinen Körper wie ein Nudelsieb (2005:14) (24) Es ist der Zuhälter, Schlampe, Ich schicke die Hoes jede Nacht über die Straße wie 'ne Fußgängerampel (2005:16) (25) Und [ich] brauch nur die Beretta oder Glock zu laden und du suchst das Weite wie ein Fettsack im Klamottenladen (Kollegah 2005:16) (26) Kid, ich lehn an der Ferrari-Motorhaube Glaub mir, da machen selbst Japaner große Augen (2005:16) (27) Ey, ich kann auch über Morsezeichen oder Kornfeldkreise labern und trotzdem so G sein, dass Ihr die Kurve kratzt wie Formel 1-Fahrer (2005:16) (28) Nuttensohn, das ist Bossrap und ich teile deinen Schädel – nenn es Kopfrechnung (2005:17) (29) Und jeder von deinen Bekannten nennt dich Drag-Queen, denn du spielst öfter Dame als Bettspielfans (2005:17) (30) Ich geh zu Jacobs und du weißt mir ist nichts zu teuer, denn ich steh nun mal auf Ice so wie Schlittschuhläufer (2005:18) (31) Ich trag überwiegend Prada und verfüg über ein Lager mit mehr Desert-Eagles als im Himmel über der Sahara (2005:19) (32) Denn es gibt Gunshots ins Herz, ihr labert von Ghettobeton, doch wenn ich komm, fallt ihr aus der Rolle wien Mentos-Bonbon (2015:3) (33) Ey Bitch, ich mach Scheine wie niemand zuvor, ich mach bald mehr Riesen als Storck, mehr Bucks als Milwaukee und mach mit deiner Sis und deiner Mum mehr Dreier als ein Basketballprofi (2005:19) (34) Aber lass das G-Gehabe oder du liegst schneller als du dachtest unter der Erde wie ne Tiefgarage (2005:19) (35) Stricher, du verdienst dein Geld mit Rummachen wie Jamaika (2006:1)

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(36) Ich steh nen Abend lang an der Theke und hab am Ende mehr Hoes mit Doppel D abgeschleppt als der ADAC in Dresden (2006:2) (37) Nutte, dein Rap is wie Blindenschrift – nur Behinderte fühlen ihn (2006:3) (38) Ey, erst drohst du, du kommst mit ner Truppe Albaner Gs, dann tauchst du auf mit ner Truppe albaner Gs (2006:3) (39) Ich werf dich vor die Bahn bis du dann an der Zugspitze hängst so wie Reinhold Messner (2006:3) (40) […] herausragend wie Haifischflossen […] (2006:3) (41) Ihr könnt gehn und die Waffen laden, doch jeder Versuch, mich zu ficken, geht daneben wie Bodyguards (2006:3) (42) Denn ich komm und Rapper schauen bloß in Knarrenläufe und sind schon Sekunden später mausetot wie Katzenbeute (2006:3) (43) Der Moneymaker, sieh ich hab mehr mit großen Summen zu tun als ein Bienenschwarm (2006:4) (44) Hunderte von Hoes finden mich umwerfend wie Nahkampftrainer (2006:4) (45) Und ihr geht auf Jams, du bist am Start mit deinem Rapverein, doch keine Sau ist da wie in islamischen Metzgereien, Kid, während bei Toni-Live-Konzerten öfter Zugabe verlangt wird als in Polizeiverhören (2006:4) (46) […] sonst schießt Kollegah, der Hotelsuite-Bewohner Hoes mit Schnellschusspistole an bis sie kein' Piep mehr machen, wie die Feldbusch-Verona (2006:4) (47) […] bin mit allen Wassern gewaschen wie Weltreise-Schiffe (2006:4) (48) […] hab erstaunlich oft mit Frauen am Wochenende beim Casinobesuch mit stilvoller Uhr mehr auf den Kopf gehauen als Boxlegenden (2006:5) (49) Nutte, ich bin der Boss, du holst deine Verwandtschaft, weil man dir sagt: Du bist mitnichten der Boss. (2006:6) (50) […] hab erstaunlich oft mit Frauen am Wochenende beim Casinobesuch mit stilvoller Uhr mehr auf den Kopf gehauen als Boxlegenden (2006:5) (51) Ich geh nachts durch die Hood, unantastbar wie Luft (2006:7) (52) Ich komm stets von oben herab so wie Fallschirmspringer (2006:7) (53) Deine Crew besteht aus Bitches, die die Tage haben wie Erotikkalenderblätter (2006:7)

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(54) T-o-n seit ich nicht mehr selbst mit Gras ticke, Penner, lass ich Ticker für mich laufen wie ein Nachrichtensender (2006:7) (55) Ey das ist wie Felgen gegen Radkappe, SL gegen A-Klasse, Toni gegen dich ist wie Magnum gegen Gasknarre, Pimp gegen Table-Bitch, ich geb dir ein Autogramm und du bist völlig durch den Wind wie ein Segelschiff (2006:8) (56) Der Rapper der Zukunft, ey ich brachte mehr Kilos über die Grenze als der Weather-Girls Tourbus (2006:8) (57) Ich bin ein Star so wie Ringo (2006:8) (58) Lade nach, baller dann deine Eltern und Kinder ab, kaltblütig wie Nelken im Winter (2006:8) (59) Deine Freundin konsumiert Stoff und setzt sich den goldenen Schuss wie 96 Olli Bierhoff (2006:8) (60) Deine Mom war schon in jungen Jahren so eine Bitch, dass jeder, der wollte sie knallte, ey jeder dritte hatte sie schon, als wär sie ne Bronzemedaille (2006:8) (61) Rapper weinen, denn ich trage Designermarken, dein Kumpel auch und zwar die seiner Mom (2006:9) (62) Meine Kleidung ist der letzte Schrei wie Scream 3 (2006:9) (63) Penner, was, ich mache dir Beine wie Prothesenbauer (2006:10) (64) Und ich habe, als ich noch nicht über Piano-Beats rappte, schon mehr Geld mit Speed gemacht als Keanu Reeves (2006:11) (65) Ey, ich gebe keinen Fuck auf Bullen, erpress dich per Beretta und du Bitch bist mit mehr blechen beschäftigt als ein Bäcker (2006:12) (66) Ich steig in den Benz und bin am Rasen so wie Linienrichter (2006:12) (67) Guck mich nicht an, kuck dich an, du fährst Trabbi, ey mein Benz hat sechs Zylinder wie ein halbes Dutzend Rabbis (2006:13) (68) Ich kucke dich an und erkenn in deinem Hip-Hopper-Team mehr Paradebeispiele für Schwule als am Christopher Street Day (2006:13) (69) Kein andrer geht mit so viel Schotter in den Club und haut mehr auf den Kopf als Profi-Boxer (2006:14) (70) Yalla, hol mir von der Cocktailbar Drinks und zwar zackig wie der Kopf von Bart Simpson (2006:14) (71) Oder ich schlag dich aus deinem Hardwood Classic und du musst dich liften lassen so wie Fahrstuhlgäste (2006:14)

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(72) Bleibe nur kurz sieh raus und bring mit Homies Girls mit, sie steigen ein und dann heißt es blow wie Curtis (2006:15) (73) Du wirst sogar von der hässlichsten Bitch belächelt wie Betrachter der Mona Lisa (2006:15) (74) Drum vertraue gar keinem, es gibt keine Partner, nur Hoes, die dir in den Rücken fallen wie Münzen einem Sparschwein (2006:16) (75) Ich trage Kleider von ganz großen Stardesignern, bin kein Astronaut, aber mein Anzug ist maßgeschneidert (2007:1) (76) Rennst panisch weg um die nächste Straßenecke und zwar in 'nem Affenzahn, wie Bananenreste (2007:1) (77) Aber mit mir ist trotz dessen nicht gut Kirschen essen wie mit Obstallergien (2007:1) (78) Mit 17 Jahren habe ich auf Kilobasis Gras getickt, geriet schon relativ früh auf die schiefe Bahn wie Martin Schmitt (2007:9) (79) Ich steh nämlich auf Knarren, so wie das Walter Emblem, Bitch (2007:1) (80) Oder der Boss betritt dein Treppenhaus und boxt dich in die Fresse und du liegst am Ende des Ganges wie ostindische Städte (2007:1) (81) Schwarzer Benz, laute Schreie "Endlich ist der Boss wieder da" Frauen kreischen "Kollegah" der Mac Daddy wie ein schottischer Vater Und er macht deine Freundin zur Bordsteinschwalbe, du bist deshalb völlig aus dem Häuschen wie Schornsteinqualm, ich steig elegant in den Wagen und rolle durch Stadtbezirke, startete den Takeover vor zwei Jahren mit durchschlagenden Erfolg wie ne Abrissbirne (2007:2) (82) Wir übernehmen den Markt hier, guck mal ich sags dir, du spürst es, es liegt einfach in der Luft wie ein Fakir (2007:2) (83) Und Bitches haben ihre Augen auf mich geworfen als wär ich ein Würfeltisch (2007:2) (84) Was Deutscher Hip-Hop? Ey diese Krüppel und Abschaum-Rapper kenne ich fast allesamt nur flüchtig wie Knastausbrecher Heutzutage kriegt jeder Spinner nen Deal, Deutschrap ist wie Mikado, jeder Spast hat seine Finger im Spiel (2007:2) (85) Und ich trag Kleidung von Armani Und box dich weg, denn du bist ein halbes Hemd wie die Kleidung von Sankt Martin (2007:3) (86) Währenddessen sind die elenden, nervigen Bullen mir auf den Fersen wie Achillessehnen (2007:3) (87) Ey ich tauch bedrohlich im Gelände auf und Hoes kriegen ne Gänsehaut als wohnten sie in Entenhausen (2007:3)

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(88) Ey, ihr macht auf Zuhälterrap, doch man sieht bei eurer Crewmembersession nur Milchbubis wie bei Kuhmelkertreffen (2007:3) (89) Ich komm an im Benz, steig aus, lauf durch den Block durch und schon bilden Menschen einen Auflauf wie im Kochkurs (2007:3) (90) Bitch, Obacht, ey der Halbkanadier kommt mit Gewaltfanatikern aus der Balkanmafia in dein Haus und misshandelt dich Trottel wie Versuchskarnickel, deine Mom siehts und ist von den Socken wie Geruchspartikel (2007:3) (91) Der einzig noch Relevante im Game gibt Autogramme, doch regelte die bis vor Kurzem noch die Drogengeschäfte rund um die Uhr wie ne Rolex-Lünette (2007:3) (91) Es ist der Boss in der Raplandschaft und wenn du das noch nicht erkennst, dann hast du ein Brett vorm Kopf wie ein Slamdunker (2007:3) (92) Kid, ich gebe dir den Befehl: Geh die CD von Kollegah Minimum fünf Mal holen, du Opfer, denn ich will endlich Gold gehen wie dieser Star Wars-Roboter (2007:4) (93) Ey, mir geht es trotz aufgesetzter Ray Ban-Brille blendend (2007:4) (94) G-Shit, du siehst mich Kilos stemmend beim Kraftsport mit versteinerter Mimik wie der Mount Rushmore (2007:5) (95) Und am Telefon sind sie gewaltig am Drohen, aber wenn sie vor mir stehen, ham sie nen Frosch im Hals wie Franzosen (2007:5) (96) Du hast zwar Dope, doch keine Kunden, denn du bist wie Sting, du hast mal bei der Polizei gesungen (2007:5) (97) Kuck auf die Goldkette, sie zeigt dem Betrachter an: Kollegah ist wie Adam, ein gemachter Mann (2007:6) (98) Kuck auf die Goldkette, und während ihr zähneknirschend resigniert, führe ich ein Übermenschendasein wie ein Regenschirm (2007:6) (99) Sieh der Rest ist wie das Z, buchstäblich das Allerletzte (2007:6) (100) Ich hab in der Hood währenddessen krumme Dinger laufen wie verschnupfte Märchenhexen (2007:6) (101) Kuck, wie ich die Rapper schlage, kuck was ich für ne Kette trage, deshalb jetzt mal ein Hoch auf mich als wär ich eine Wetterkarte (2007:6) (102) Denn Kollegah ist nun mal ein Bild von einem Mann wie ein van Gogh Selbstporträt (2007:6) (103) Deine Freunde sahen noch keinen Rapper so eine Kette tragen und sind deshalb auf einmal so klein mit Hut wie der Sohn eines Mexikaners

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(2007:6) (104) Denn das ist unsere Ära, eine glorreiche Zeit wie Hallenbadbesuche (2007:7) (105) Binnen zwei Jahren zum Star, yeah, Bilderbuchkarriere wie Comiczeichner (2007:9) (106) Tick nicht mehr Ladungen an Dope, aber was Straßenpreise angeht bin ich immer noch auf dem Laufenden wie Startnummerntrikots (2007:9) (107) Und ey, ich hatte zwar meistens Glück, doch es ist wie Bumerang-Werfen: die krummen Dinger, die man dreht, kommen irgendwann auf einen zurück (2007:9) (108) Mit 17 Jahren habe ich auf Kilobasis Gras getickt, geriet schon relativ früh auf die schiefe Bahn wie Martin Schmitt (2007:9) (109) Und was ich mit selbstverliebten Raps jetzt für Geld verdiene geht auf keine Kuhhaut mehr wie ne defekte Melkmaschine (2007:10) (110) "Wie viel eigentlich genau?" Schwer zu sagen wie Zungenbrecher (2007:10) (111) Und all die anderen frustrierten Idioten in der Szene Drücken sich nur Schore in die Vene, weil sie überboten sind wie Segel (2007:11) (112) Ey ich bin der Rapperking und komm mit Butterfly wien Schmetterlingskokon Und es ist scharf wie ein Pfefferminzbonbon (2007:11) (113) Und was ihre Kinder angeht, möchte ich darauf hinweisen, sie sind daraufhin Waisen (2007:11) (114) Ey, mit Tunnelblick wie Arbeiter im Bergbauschacht betracht ich dich abfällig wie ein Herbstlaubblatt (2007:11) (115) Und deine hässliche Crew bemerkt es jetzt, Bitch, ich suche Ärger und ist nur noch mit Beten beschäftigt wie ein Blumengärtner (2007:11) (116) Kid, ich traf deine Crew und sieh Bitch, ich schlug sie hart, nun liegen sie blutig da und sind am Kriechen wie Tunikas (2007:11) (117) Denn du siehst mich mit den dicksten Ringen so wie Sumokämpfer (2007:11) (118) Ich häng mit Toony und paar Altgangstern im Club ab, wir machen einen drauf wie ein Schalldämpferbenutzer (2007:12) (119) Halb eins haben wir Bitches abgeschleppt und sie sitzen zwar nicht gänzlich splitternackt im Benz, aber im knappen Outfit wie ein Ritter-Assistent (2007:14) (120) Und deine Bitch, die kreidebleich in meiner Einfahrt liegt mit Spritzen, drückt öfter H als englische Schreibmaschinen-Tippsen (2007:14)

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(121) Der Weiber checkende Machoman, ey von Szenegirl bis Ghettobitch verdreht er den Girls den kopf wie der Regisseur vom Exorzist (2007:15) (122) Ey es ist Kollegah, der Stoffticker, Kollegah der Boss, das Wort „Koloss“ ist die Abkürzung für „Kollegah, der Boss“ (2007:16) (123) Du dagegen kommst mit 32 Zehen am Ohr, wie ein Tschernobylmutant (Kollegah 2007:16) (124) Ey ich bin der Beste weit und breit, werd als der King of Rap gefeiert, dabei mach ich meine Arbeit mal ebenso mit links wie Webdesigner (Kollegah 2007:16) (125) Jetzt wird gefeiert wie in Apres-Skihütten und ich geb ein' aus Das ist wie Satellitenschüsseln, die Runde geht auf's Haus (Kollegah 2007:16) (126) Kollegah, K.I.Z., die Typen, die Deine Bitch auf dem Couchleder bangen Und das Ganze geht bis in die Puppen so wie Bauchrednerhände (Kollegah 2007:16) (127) Der selbst, wenn fantastisches Wetter ist, Pelz trägt wie Chewbaccadarsteller (Kollegah 2007:19) (128) Ey ich sitz im Benz und wenn du mir um Autogramme bettelnd den Notizblock zuschiebst, dann macht das leider nur wenig Sinn, denn Kollegah nimmt in der Regel keinerlei Notiz von Groupies (Kollegah 2007:19) (129) Starker Tobak, da wird sogar Mary J bleich (2007:19) (130) Dein Portemonnaie voll Scheine gehört jetzt mir und Fav und wir machen „Fifty Fifty“ so wie Curtis Jackson Fans auf Curtis Jackson Jams (2007:19) (131) Ey, der Pokerfaceking ist im glänzenden Sportwagen mit Gangstern am Vorfahren wie Gefängnistransportwagen (2007:19) (132) […] fährt routiniert durch die Straßen von deiner Hood und ist von Fans umgeben wien englischer Vorgarten (2007:19) (133) Also mach bitte nicht auf Ganove und Halunke, denn du hängst in deiner Wohnung ab mit Kumpels und ziehst dir die Prinzen rein so wie das Rapunzel (2007:19) (134) Denn egal was ich mach, ich mach dabei ne fantastische Figur wien plastischer Chirurg (2007:20) (135) Der Pimp im Mercedes, ey ich bin ähnlich wie dieser Stephen King, denn ich drehte Dinger mit Es (2007:20) (136) Und deine Freunde, die sich abends in den Straßen der Innenstadt treffen, sind am Betteln und hängen an der Nadel wie Pinnwandzettel (2007:20) (137) Du hast ne feminine Ader wie ein Frauenhandgelenk (2007:20) (138) Boss ist da, vielversprechend wie Stotterer (2007:20)

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(139) Sieh, auch wenn du Opfer zwar nicht auf Schornsteinen hockst, hast du Vorzeigetrottel trotz dessen Storchbeine wie Scott (2007:20) (140) Takeover, Zeit, dass meine Pläne Früchte tragen, ne Menge Wirbel um mich als wär ich Rückenmark (2008:1) (141) Rennen verstört im Wald rum, denn ich bin back und MCs sehen ihre Karrieren auf dem Spiel stehen wie das Nintendo-Emblem (2008:1) (142) Denn ich nehm glänzende MGs, erledige Fake-Gs und sie fressen Blei wie chinesische Babys (2008:1) (143) Yeah, ich hab den Schlagstock mit, verprügel die Bahnhofsstricher deiner Gang und sie sind hinüber wie Stabhochspringer (2008:1) (144) Und bin der Beste hier, werde mit King of Rap betitelt, dabei mach ich meine Arbeit mal ebenso mit Links wie Zelda-Spieler (2008:2) (145) Hochnäsig wie Yayo-Lines, playboyhaftes Life, hier bist du fehl am Platz wie Kate Moss bei dem Weight-Watchers-Verein (2008:3) (146) Ey der Boss hustlet die halbe Nacht, doch es ist wie Ventilatoren: wenn du Wind davon bekommst, wirst du kaltgemacht (2008:3) (147) Sitze dort im winterlichen Trenchcoat von La Martina, Ey, La Martina wie Frau Hingis bei den French Open (2008:3) (148) Er verteilt die Tschechische Paste, die nen rötlichen Stich hat wie das Opfer einer Wespenattacke und stimmt die Kohle, dauerts keine dreißig Sekunden und du bist für eine Dreiviertelstunde vom Weißen high wie Bisswunden (2008:4) (149) Ey der junge Hustler, der Sich-nie-unterkriegen-lasser, bis jedes Hindernis überwunden ist wie Pflaster (2008:4) (150) Profihustlershit, es ist wie Kreditkartenlesegeräte, wenn man die Dinger durchzieht, macht es rich (2008:4) (151) Ich antworte mit 9mm wie Guerillakrieger, und wenn Gerichtsmediziner dann sein Torso untersuchen, stoßen sie auf Kugeln so wie Billiardspieler (2008:5) (152) Werd ganztags Plagegeistern nach Autogrammen gefragt, dich nimmt man derweil meist nur am Rand wahr wie Bademeister (2008:5) (153) Ey, komm ich in dein Dorf im mattschwarzen Porsche, hüpfen deine im Garten grillenden Nachbarn in Dornenbüsche, denn die Anlage macht mehr Krach als ne Horde Büffel, die Boxen haben mehr Watt als die Nordseeküste (2008:5) (154) Höre wie mein Rufton klingelt, es ist deine Mum, ich drücke sie weg als wär es Sumo-Ringen

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(2008:6) (155) Ey und wenn sie sehen, wie ich den Gebrauch der Gun übe, machen sich deine Bodyguards aus dem Staub wie Sandstürme (2008:6) (156) Ich machte schon zu Grundschulzeiten als kleiner Mensch große Coups und das nicht nur im Schreiblernheft (2008:7) (157) Hustlerstyle, ich ernte neidische Blicke, denn 20-Zoll-Felgen sind am Reifen, wie Früchte (2008:10) (158) Und hat er seinen Schmuck nicht grad wie Zuggleise verlegt, zieht er mehr Edelmetall an als ein Hufeisenmagnet (2008:10) (159) Lehn am Benz in den Fuhrpark, Bitch, keiner rappt hier besser, Ey, ich stech aus der Masse raus wie Weihnachtsplätzchenbäcker (2008:10) (160) Sieh den Daimler-Benz in pechschwarz und mit Chromleisten veredelt, neben großen 3er BMWs und roten Maybachs stehen, und im Innern dominieren die Farbe kokosweiß und beige, weil da Elfenbein drin ist, wie in der Hose einer Fee (2008:10) (161) Neider sehn mich mit ungewöhnlich viel Money, ey wenn sie sehn, wie viel Geld mir ungefähr gehört, dann sagen sie Hut ab wie Frisöre zu Rabbis, nachdem sie kurz stutzen wie ein Bundeswehrfrisör (2008:10) (162) Verneige dein Haupt, ich erschein in deiner Town, breit gebaut wie der zweite Joint (2008:11) (163) Mit dem ersten Album in den Charts, meine Tracks sind Dauerbrenner wie olympisches Feuer (2008:11) (164) Frauen lauschen meiner Stimme über Handylautsprecher und machen sich dann frei wie Gefängnisausbrecher (2008:11) (165) Mein Dick ist wie Jesus: dafür bekannt in Jungfrauen zu stecken (2008:12) (166) Kid, ey das ist Zuhälterrap, Ich lass Pussys antanzen wie das Musical Cats (2008:12) (167) Und wann immer ich Havannas aus Zigarrenetuis nehm, hältst du die Hand auf und spielst den Usher wie ein R’n’B-DJ (2008:12) (168) Ich schlage dich und deine Zähne sind lose so wie Jahrmarktbudeninhalt (2008:13) (169) Ich glaub nicht an Sternzeichen, ich glaub an das Mercedes-Logo, bin in meinem Fuhrpark mit mehr Gefährten zu sehn als Frodo (2008:15) (170) Denn ich bin nachtaktiv, bestritt schon früh die Hustlerschiene mit Business, das meistens glatt lief so wie Katharina Witt (2008:15) (171) Lade die Submachinegunclips wie ein Waffenfetischist, du gehst zu Boden durch Geschosse wie herabfahrende Lifts

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(2008:15) (172) Ich komme durch die Wohungsvordertür mit Chloroform zu dir, du nimmst 'nen Zug davon wie Deutsche-Bahn-Kunden (2008:15) (173) Ey, du siehst den Boss im Beamer und der Schock sitzt tiefer als, nun ja, als der Boss im Beamer, Kid, er kommt mit getönten Autofensterscheiben, im Beamer wie die Besatzung vom Raumschiff Enterprise Und ist ein Traum von einem Mann, ey du Schwuchtel wachst nachts auf mit steifem Schwanz, nach einem Traum von einem Mann (2008:17) (174) Deine Breitling-Armbanduhr is ne miserable Imitation, meine ist voll mit Ice wien Piratenfilm-Dialog (2008:17) (175) Der Zigarren in Villas smokende, chauvinistische Lebemann fickt nur Frauen, die Marken tragen wien Polizistinnenehemann (2008:17) (176) Du chillst im Hippiebus mit Kiffern, ich besuch deine Frau und mach mich in deinem Haus breit als wärst du n Fitnessclubbesitzer (2008:17) (177) Und ich vertick so nonchalant, man könnte meinen, das Zeug ist frei verkäuflich, Hosentaschen voller Dollarnoten wie ein Einserzeugnis (2008:17) (178) Meine Schwachstelle sind Frauen, die ich abschlepp in der Town, ich nehm Sluts mit in mein Haus und das Treffen is' wie Vulkanlava: es läuft nach dem Knallen auf Abhängen hinaus (2008:17) (179) […] kauf ihr teure Mode, frag sie, was sie will, und sie sagt Gucci Gucci als wär ich ihr Neugeborenes (2008:17) (180) Der Boss ist back, jetzt werden wieder Karrieren beendet, denn Deutschrap ist ein lahmer Haufen wie Kamelexkremente (2009:1) (181) Du machst nie das große Geld wie ne Münzprägeanstalt (2009:1) (182) Ey Kid, ich zück jetzt die Pumpgun, lauf, der Finger ist im Abzug wie Santa Klaus (2009:1) (183) Diese Rapper sind nicht meine Kragenweite und das kann ja wohl kaum klarer sein wie der Name eines Jungen (2009:1) (184) Der Boss, der zentnerweise Crack verteilt an Schulhöfen, die Brust mit paar Ketten bedeckt wie seine Fußböden (2009:1) (185) Es ist 2009, Rapper sind Opfer und Biter, das Volk vermisst den Boss wie sein Schneider (2009:1) (186) Diese Schlampen sorgen bei mir für Schamesröte, was Beef, das sind nur paar Kindereien wie Knabenchöre (2009:2)

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(187) Ich tick an Junkies H, halt dir die Gun ins Face, deine Gang besteht aus Kids wie ein Bambisteak (2009:2) (188) Alle Bitches in deiner Town kommen zu Kollegah, denn er geht ab wie Tec N9ne, ich hab ne Tec Nine, hast du ne Tec? Nein (2009:2) (189) Der Boss macht Ghettobusiness, hat den Benz voll Bitches, und ihr Backpacker habt tolle Ranzen wie Tempolimits (2009:2) (190) Ich geh Rauschgift verticken, ehrliches Geld ist wie dieser Wind-of-Change-Song, darauf wird gepfiffen (2009:3) (191) Ich trag Armani, mein Schneider ist ein Italiener, deiner ist ein Thailänder wie Sankt Martin (2009:3) (192) Der Boss, der deine Bodyguards totschießt und mit Dopedeals Money macht so wie das Ice-Age-Animationsteam (ist jetzt back) (2009:3) (193) Der Mac an der Westside, ich mach Cash an der Westside, als ich noch tickte hing ich hier lange Zeit am Eck wie Valeska (2009:4) (194) Yeah, hier kriegst du Nasenbrüche von Kids mit Strafdelikten, die in Akten aufgeführt sind wie Theaterstücke (2009:4) (195) Wenn ich heut bei Nacht im Benz durch die Streets Westdeutschlands roll, hör ich meine eigene Stimme durch die Außentüren der Diskos, Kollegahtracks laufen in den Autos wie die Flintstones (2009:4) (196) Ich schlag die Gun in dein Gesicht, der Notarzt kommt und du kriegst Reanimationen wie ein Bambizeichentrick (2009:5) (197) Ich baller mir allein ein halbes Kilogramm vom feinsten kolumbianischen Stoff, zu viel für ein allein, doch nach einer Line ist mir das Einerlei, Nutte (2009:6) (198) Kannst du später vorbei kommen, er will Weed kaufen, yeah, also schau ich vorbei so wie Schielaugen (2009:6) (199) Und lang bevor die Bullen kommen, sieht man uns uptown wie Nordpolgletscher (2009:6) (200) Ich kauf die Ohrringe von Christian Dior (Was passiert denn dann mit denen Schatz?) Du kriegst die an die Ohrn (2009:7) (201) Guck den Kanadier an, Kid, ich bin ein P-l-a-y-a wie ein spanischer Strand (2009:7) (202) Ich kläre die Girls, du Tuckke stehst dagegen ja eher auf die Guys wie ein Ziegenbock (2009:7)

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(203) Kid, du laberst von Bitches abschleppen beim Discobesuch, aber saugst dir das nur aus den Fingern so wie Schnittwundenblut (2009:7) (204) Heut verprass ich Geld in Clubs, oben auf wie ein Sparschwein (2009:8) (205) Und Frauen mit Armreifen, Ohrringen und Ketten, die brillant besetzt sind wie dieser Clown in The Dark Knight (2009:8) (206) Ey du kommst abends heim und siehst deine Mum im Bett mit dem Punchlinekönig, da fährst du Clown aus der Haut wie angreifende Löwen (2009:9) (207) Ey yo wenn Rapper mich sehen, ey yo dann laufen sie vor Schreck wie dieser sprechende Esel (2009:9) (208) Ey wenn ich deine Crew klatsche, sieht man die Fressen von den Schlampen anschwellen wie Fußmatten (2009:9) (209) Denn ich bin top connected, sieh mich im Bentley-Cockpit, Flatscreen glotzend, am Schirm hängend wie Mary Poppins (2009:9) (210) Ich steh zu allem was ich sage wie Untertitel (2009:9) (211) Und ich bänge die Hure, schwänger die Hure, dann ist die Hure ne Mummy wie ne englische Mumie (2009:9) (212) Und hab dann die Ex im Nacken so wie Vin Diesel (2009:9) (213) Kid, und du hast sächsischen Dialekt? Der Boss nicht, er hat sechs Ischen, die er leckt (2009:9) (214) Nutte, mein Rolls Royce kommt mit Kühlerfigur wie ein Eisskulpturenschnitzer (2009:11) (215) Bitch ich trag Platin, dein Alkoholikervater verlässt die Bar nie wie Barney (2009:11) (216) Bitches sehn uns bei McFit, wir machen Kreuzheben wie Jesus (2009:11) (217) Es ist der Rauschgiftdealer, breitbeiniger Gang, du dagegen hast X-Beine wie Tausendfüßler (2009:12) (218) Und deine Gangmember klappen zusammen wie Campingstühle, wenn sie den King anrücken sehen wie Engelsflügel (2009:12) (219) Ich bin V.I.P, dich dagegen sieht man nur bei unbekannten Leuten wie beim Klingelstreich spielen (2009:12) (220) Ey, und deine Ma, sie war Angestellte des Monats in meinem Rotlichtbordell, doch sie war wie Winnie-Pooh, bei der Arbeit hatte die Hoe nich zu essen (2009:13) (221) Der King kauft Kleiderbügel und hängt sich an Züge dran wie U-Bahn-Surfer (2009:13)

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(222) Du hast Blut am Körper, denn ich zieh die AK, denn ich hab mehr mit Akazien zu tun als Förster (2009:13) (223) Du Sohn einer Hündin siehst die Kokstickergröße mit Ahornblatt und fliehst wie ich meine Wohnzimmerböden mit Marmorkacheln (2009:14) (224) Ey vor paar Jahren fuhr ich die Ware nach Haus über Frankreich, in nem Jahr tret ich in Stadien auf, wie 'ne Krankheit (2009:15) (225) Johnny, deine Frau ist kein Thaiboxer, doch tritt mir halbnackt unter die Augen (2009:15) (226) Und deine Mum verlässt die Mietwohnung bei Nacht, um deiner Sis nicht zu begegnen durch den Dienstboten-Eingang, denn in der Regel steht die an der Vordertür, denn eh noch die eine weg ist, steht die andere vor der Tür, ich habs mit beiden getrieben, ey, das ist wie das neue Aston Martin Coupe, ich habs mit beiden Getrieben (2009:15) (227) Ey yo, Killer wie Cameron, ich bin zwar kein Chicken-Wings Essen, doch all die Bitches, die lecken sich die Finger nach Kollegah, diesem intelligenten, reifen Mann wie das Michelin-Männchen (2009:15) (228) Du tickst auch, aber mein Stoff macht higher („Haya“) wie Karatekämpfer, sieh, er macht higher (Haia) wie der Boss, der sich am Abend selbstzufrieden mit paar schwarzen Ghetto-Queens in Satin-Bettwäsche schmiegt (2009:16) (229) Sieh ich tanke den Maybach, fahre nach Frankfurt, begehe dann in der Kaiserstraße Verhandlungsgespräche in Rotlichtbordellfluren mit professionellen Huren und fick dann mit Billy Boy wie Tokio Hotel-Groupies (2009:17) (230) Lad die Vollautomatik, komm auf die Party, im Giorgio Armani, fahr nach nur ner Viertelstunde davon im Ferrari, deine besoffene Ma, die ist voll mitgefahren wie der unberührte Dschungel (2009:17) (231) Yeah und du fragst, was ich für die Präsidentensuite so zahle, das sind stattliche Preise wie Championsleaguepokale (2009:17) (232) Player Hater, deine Bitch wird feucht wie Katastrophenhelfer im Amazonasdelta, nur weil sie den Toni trifft wie schlechte Karaokesänger (2009:17) (233) Ey yo, der Boss kommt im Maybach an und Rapper haben Probleme, ihre Mas bei sich zu halten wie besoffene Bayern, Punk (2009:18) (234) Bitch der King der Substantiv-Reimketten lässt dein Unterkiefer brechen so wie Bulimie-Patienten (2009:18) (235) Verchecke das Zeug dann im Westen von Deutschland,

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ich hab etliche Läufer wie ein Teppichverkäufer, schick sie mit H und Teilen raus und abends will ich mein Geld von den Drogenkurieren als wär es Amy Winehouse Und ich bin großzügig, aber statt sie zu bezahlen, geb ich den Boten Stoff ab, wie Hormondrüsen (2009:18) (236) Und vor Schreck wird deine Haut weiß wie Kokosmilch, wenn ich dir das Ende des Laufs zeig wien Fotofinish (2009:18) (237) Gehe raus, Hoes sehen den Businessman, zücken Digicams, denn er hat ne Menge ansehen wie Michigan (2010:1) (238) Kollegah der Mac, ich mache Tapes für Gs, die Yayo ziehn bis ihr Herz durch das weiße Pulver raßt wien Schneemobil (2010:1) (239) Dein Transen-Vater ist ne Bitch mit Schwanz so wie Arielle (2010:1) (240) Seh die Kundschaft auf dem Dancefloor am Raven wie Vincent (2010:4) (241) Signiert alles, Caps von Kids und Bauchtaschen von Rentnern, nach ner halben Stunde kann er sich aufmachen wie Bender (2010:5) (242) Und der G gibt Speed wie bei Deals, denn ich hab ein Hang zum schnell Fahrn wien Skigebiet (2010:5) (243) Deine Gang besteht aus Frauenzimmern wie Mädchen-WGs (2010:6) (244) Du willst mich dissen, Bitch, ich battle nicht, ich zerstöre wie Angler (2010:6) (245) Kauf ein Kilo Staub, ziehe es in einer Linie wie das Haus vom Nikolaus (2010:7) (246) Du bist wie ein T-Rex, großes Maul, aber kein Bizeps (2010:7) (247) Kid, ich fahr im Bentley vor, vertick dir H und du landest nach einem Schuss auf dem Strich wie das Wembleytor (2010:7) (248) Lässt du dein Girl allein daheim, dring ich in deine Kleine ein, sie ist wien Hampelmann, ziehst du Leine, macht sie die Beine breit (2010:7) (249) Ey, der Bulle hämmert an die Hotelzimmertüre, während ich im Bad das Koks durch die Toilette wegspüle und er linst durch das Schlüsselloch, ich ruf: Sekündchen noch und halte den Cop hin wie ein Sündenbock (2010:11) (250) Du machst auf Playa in Songs und deine Jungs finden dich Killer, ey die finden doch jeden Killer so wie Adrian Monk (2010:11) (251) Ich park vor deinem Haus, box gegen die Eingangstür und sie fällt aus den Angeln wie Nylonschnürre (2010:14)

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(252) Und dein Blut spritzt auf meinen Luxussweater, da mein Waffenfetisch zum Tragen kam wie Umzugshelfer (2010:15) (253) Meine Waffenkammer ist wie ne Staffellaufmannschaft, yeah, voller Dynamitstangen (2010:17) (254) […] und die Kleinkaliberwaffen machen ratatatata so wie Schreibmaschinentasten (2010:17) (255) Behauptungen, ich sei nicht der Boss, sind Unterstellungen wie Schützengräben (2010:17) (256) Geh dann zur Wohnung deiner Mom und klinge penetrant, sie öffnet, begrüßt mich mit offenen Armen wie ne Hero-Schlampe (2010:19) (257) Ridermusic und die Bullerei ist wie starke Nießer: Sie kann das Tempo nicht halten (2010:20) (258) Verzehre im Bossmodus Octopus, Junkies gehn auf Cold Turkey zugrunde so wie Schneeflocken am Bosporus (2010:21) (259) Du bist ein wehrloser Depp und deine Chemobraut macht fürn Zwanziger die Beine auf wie Theos Frau (2010:25) (260) Und geht den Stoff an deine Crackjunkiema liefern, auch wenn die Bitch dir erzählt, wie clean sie ist wie Ex-Nationalspieler (2010:25) (261) Und wenn ich am Morgen dein kleines Brüderchen in seim Kinderbett da wecke, fängt sein Tag mit weh weh an wie ne Internetadresse (2010:26) (262) Ey, ich hab ne GmbH, du bist ein Gay im BH, […] du bist fast so gay wie FR (2010:27) (263) Ein Indiz, dass etwas nicht mit deinem Essverhalten stimmt, deine Menüs haben mehr Gänge als ein Heckenlabyrinth (2010:28) (264) Ich sagte: Koch mir Kaffee, doch habs mir noch überlegt und will jetzt doch lieber Tee wien französische Freiheitskämpfer (2010:29) (265) Yeah, der Boss trägt Designermäntel, die besten Designer sind die seiner Mäntel (2010:30) (266) Du bist wie Uschi, du hast Glasknochen (2010:30) (267) Hole mir per Import Monet-Bilder, Topmodels haben von mir im Portemonnaie Bilder (2011:4) (268) Shop die Designermarken, für die Schuhe wurde so einige Alligatore geschossen wie für die Meisterschale (2011:5) (269) Fahre nach Mailand, shoppe da Marken von Italodesignern das ist wie German Dream, da wird Armani dabei sein

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(2011:9) (270) Rapper sind seltsam, rappen, dass sie Geld haben, obwohl jeder sieht, ihr Biz läuft schleppend wie Hotelpagen (2011:12) (271) Kuck auf dein Body, du bist im Fitnessverein, doch hast ne Frauenstatur so wie Liberty Island (2011:12) (272) Du Tucke nervst, hör auf den Boss, hol mir deine Mutter her und wir verbringen die Zeit mit Doktorspielen wie Guttenberg (2011:12) (273) Und du sprichst von Heirat, doch ich treff deine Chick im Nightclub, ein, zwei Whiskey und sie sitzt im Maybach, es braucht nich viel Einsatz, bis die Bitch sich freimacht der Aufwand is' ein minimaler wie Disney-Zeichner (2011:12) (274) 2005, das erste Zuhältertape im Netz, keiner hat mich auf dem Schirm wien New-Era-Etikett (2014:1) (275) […] ey ich mach Party mit paar dopen Hoes und wach am nächsten Tag mit nem Karter auf wie Beyonce Knowls (2014:1) (276) Und Nutte, du sprichst mit dem King, der die Scheine stapelt, Rapper zerfickt und dann ihre Weiber nagelt, den in Sachen Punchlines keiner schlägt als sei er Abel (2014:2) (277) Und jetzt sieh dir diese Poser an, die früher Deutschrap regierten, aber heute verlieren, so wie Kobraschlangen (2014:2) (278) Ihr trinkt Evian, ich Dom Pérignon, ja sowas kostet paar Mücken wien Chamäleon (2014:3) (279) Mache deine Ma klar, sie zückt ‘nen Füller, schreibt mir nen Liebesbrief, will Beziehung, doch sie ist wien Zahnarzt nur Lückenfüller (2014:4) (280) Wenn HipHop heißt, du musst ne Schwuchtel sein in Baggy Pants, dann fall ich aus dem Raster wie die Schuppen eines Reggae-Fans (2014:8) (281) Ein überragender Geist, rar wie der ägyptische Sonnengotz (2014:10) (282) Der Boss, bei dem sich das Biz im Block abspielt wie Daumenkinos (2014:11) (283) Ey yo, checkst du meine Bilanzen, dann siehst du da schwarze Zahlen als wärst du Kassierer in nem Supermarkt in Harlem (2014:11) (284) Lamborghini Kickdown, ich bin back im Biz, guck, ich komm mit Coke in der Limo so wie Mezzo-Mix (2014:11) (285) Und geb ich's deiner Sis in dem reichverzierten Maybach, ist die Kleine hier am Schreien bis sie heiser wird wien Thai-Imbiss (2014:12)

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(286) Ich […] dreh stundenlange Sex-Tapes mit Jennifer Lopez, wir machen einen Mehrteiler wie die Eltern von Moses (2014:13) (287) Boss seit Urzeiten, meine Faust fliegt wie Turmfalken und lässt es euch schwarz vor Augen werden wie Zensurbalken (2014:13) (288) Sieh, der Boss ist back in fürstlicher Pracht, der Rest sind Randfiguren wie Türme beim Schach (2014:14) (289) Chill in der Ferienvilla in Thailand und bewahr nen kühlen Kopf wie Serienkiller im Eisschrank (2014:14) (290) Ich zieh laid back an der Davidoff-Zigarre, kippe den Cristal selbstzufrieden in die Marmorbadewanne, denk an frühere Partys, viele meiner Sexgeschichten begaben sich in dieser Wanne (die Savanne) wie Wüstensafaris (2014:14) (291) Yo, verneig dich vor dem Drogenboss, sonst klatscht er dein Schädel auf die Eckkommode wie Designer das Rhinozeros (2014:16) (292) Seit ich euren Mums nurn Mindestlohn bezahle, haben sie aufm Strich mehr Laufkundschaft als eine Intersportfiliale (2014:16) (293) Guck, ich treff die Crew dieses Smudos, geb ihnen Punches und sie fliegen auf den Mars wie die Groupies von Bruno (2014:16) (294) Kid mein Portemonnaie is so schwer, das könnte sogar nen Kran nich halten wie Vogelzüchter (2014:16) (295) Die Konkurrenz is nich mehr ausschlaggebend wie Nulllinien (2014:16) (296) Und du fragst dich, wieso nennt selbst dein Vater dich Schwuchtel, Kid, weil du dem oberpeinlich bist wien Haar in der Suppe (2014:18) (297) Guck ma, heut nennt ein Haufen Kids mich Stiefvater, der Boss ist kein Callboy doch ein geschickter Liebhaber und klärt jede Nacht Bitches, hat auf den ledernen Sitzen im Benz mehr heiße Feger als brennende Besenfabriken (2014:20) (298) Sieh dein Label ist broke, Spast, was kein Wunder ist, wenn man son Müll erzeugt wie die Eltern von Thomas (2014:20) (299) Texteschreiben ist wie Angeln, weil ich dafür Cash erhalte (2014:20) (300) Dein Alki-Vater schläft sein Rausch aus, steht auf, kann sich kaum normal bewegen, fängt zu saufen an um zehn und will erstmal ein Glas um die Uhrzeit exen

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wie im Dinosauriermuseum (2015:20) (301) Denn ich bin King und wer seid ihr? Der Boss ist wie Viagra, man kann denken, was man will, doch das Ding is erigiert (2014:20) (302) Pack das Cash in Koffer, flieg weg im Helikopter, denn der Boss hat Termine wie Harry Potter (2015:2) (303) Und du denkst, dein Umsatz wär echt spitze, doch der Boss findet das W nich wie ne unfähige Tippse (2015:2) (304) Denn es gibt Gunshots ins Herz, ihr labert von Ghettobeton, doch wenn ich komm, fallt ihr aus der Rolle wien Mentos-Bonbon (2015:3) (305) Ich bin motherfucking back im Building und muss Rapper auf Distanz halten, wie Kameras in Actionfilmen (2015:3) (306) […] im fürstlichen Haus mit vierzig TVS, überall hade, als verlässt ein Türke den Raum (2015:4) (307) Denn Anklagen gegen mich verlaufen stets im Sande wie die Uhren von Salvador Dali (2015:4) (308) Ich bring' das Weed in die Town, hab viel zu verkaufen und selten mal den Kopf frei, wie muslimische Frauen (2015:5) (309) […] doch hol dann abermals aus Mexiko Koka Und es kommt per Containerschiff über die Grenzen Europas, mit so mächtig viel Dope, dass der Zoll staunen würde, wenn er diesen Kahn je entdeckte wie Hova (2015:5) (310) Bin kein britischer Lord, doch geb mein Dienern Schellen, wenn sie sich nicht vorm Sir verneigen wie Riesenwellen (2015:5) (311) Sogar New York Gangster hören mich im Loop, wenn sie durch Queens rauschen wie königliches Blut (2015:5) (312) Ey wenn du Lauch auf Kickboxing-Champ machst, bist du wohl zu Scherzen aufgelegt wie Sitcom-Gelächter (2015:6) (313) Yeah, ich hab hektargroße Koksplantagen und zieh Kartellchefs übern Tisch als wärn sie Texas-Hold’em-Pokerkarten (2015:7) (314) Blowjobs im Pool, die ich von Schlampen forder, finden unter Wasser statt wie Atlantisforscher (2015:7) (315) Money on my mind, ey der Boss der Rapper, neben mir wirkt Rockefeller wien Gossenpenner (2015:7) (316) Dein Team wechselt die Seiten, wie beim Verschleiß einer E-Gitarre (2015:9)

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(317) Kollegah der G, Apotheker der Streets, yo, mein Arzt verschreibt alles, als hätt' er Legasthenie (2015:9) (318) Der Boss bleibt immer Zuhälter und immer zu hält er sich Bitches, die dafür sorgen, dass er immerzu Geld hat, für Swimmingpools Geld hat, so viel Geld hat, dass er sich nichts mehr aus Geld macht, außer Papierflieger (2015:10) (319) Junkies verrecken an mei'm Crystal in der Vorstadt, das waren tödliche Dosen wie die Büchse der Pandora (2015:11) (320) Ich smoke Ott in meiner Villa, doch fürs Drehen lass ich Diener beauftragen wie Harry-Potter-Maskenbildner (2015:12) (321) Jetzt fließt auf den Straßen wieder Blut, Cops rutscht das Herz in die Hose wie beim Kartenspielbetrug (2015:13) (322) Dein Girl fickt rum im Golfclub im Vollsuff, jeder steckt sein' Finger in dein Schatz, als wärst du Gollum (2015:13) (323) Für mich schuften Bitches sogar mit kurzem Minirock im Dezember, mit einem aufgesetzten Lächeln wie Anonymous-Member (2015:14) (324) Lass die Sache mit dem Rappen sein, du hast in deinem Leben maximal als größter Hurensohn Erfolg (2015:14) (325) Mein Stoff hat Top-Niveau, Qualitätsware, der Boss ist keiner, der die Nase streckt wie Pinocchio (2015:15) (326) Vermiet am Block die Hoes als Bondage-Sexsklaven, damit die Umsätze rumkommen wie Comic-Sprechblasen (2015:15) (327) Du hast Rauschgift bei? Ich nehm gern ma ne Probe, doch find die haut nicht rein wie Seals Dermatologe (2015:15) (328) Du endest hier nach einem falschen Wort am Strick wie das Galgenmännchen (2015:16) (329) Ich zieh die Handgun, zersieb zehn Rapper, ach was sag ich, ich zersieb siebzehn Rapper, zersieb siebzig Rapper, ich kann sie gar nicht mehr zählen, sagen wirs einfach so, Kid: Ich zersieb zig Rapper (2015:16) (330) Und heute komm ich an im weißen Testarossa und seh Bitches vor mein' Schlössern lagern, sie hängen öfter mal am Tor rum wie der Götterhammer (2015:17) (331) Ich geb pelzumhangtragend jedem Spasti-Rapper Pimpslaps, Competition findet keine statt wien Navi im Provinznest (2015:17)

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(332) Kid, es ist der Boss, der für ne Modezeitschrift Posen einnimmt wie die Wehrmacht, die in Polen einschritt (2015:17) (333) Zuhälterrap, ich hab mir die Krone im Land verdient, denn ich bin besser, Kingrapper, Pimpslapper, Bitchrappern ins Gesicht stechender Mac mit Springmesser, kling fresher als ein rauschender Gebirgsfluss (2015:19) (334) Kid, und du kriegst keine Bitches ins Bett, ey, du hast eher sechs Richtige als richtigen Sex (2015:19) (335) Also glaub nicht, dass du Hund hier n Aufreißer wirst wien China-Imbiss (2015:19)

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