Spanien vor 1936

1. Die vier Problemfelder Spaniens 2. Widerstand in Spanien 3. Die Republik

Spanien gehörte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den Der Widerstand in Spanien hatte natürlich einen ganz anderen Als „La niña bonita“ (schönes Mädchen) wurde die Republik rückständigsten Gebieten Europas. Seine Rückständigkeit Charakter als in den stärker entwickelten Regionen Europas. 1931 von der spanischen Bevölkerung begrüßt. Und zunächst hat vier Gesichter: Schon seit Jahrhunderten lief er stets in den gleichen Bah- hatte es den Anschein, als würde sie auch die längst not- nen ab. Wenn ein Pueblo gegen die Obrigkeit rebellierte, wendigen Reformen durchführen. Aber bereits nach zwei hieß das: Ansässige Verwalter und Polizei wurden kurzer- kurzen Jahren war der Traum schon wieder vorbei. Bei den • Die ideologische Macht der katholischen Kirche hand umgebracht, die Kirche als weithin sichtbares Symbol Wahlen 1933 gewann ein Wahlblock aus Liberalen und Kon- der Ordnung angezündet. Wenige Tage später marschierte servativen. Eine rechte Regierung wurde gebildet und die Die katholische Kirche besaß in Spanien vor der Republik dann das Militär auf und zerstörte oft das ganze Dorf. Meh- Reformen wieder rückgängig gemacht. Tragende Kraft dabei de facto ein Erziehungsmonopol, was zu einer Analphabe- rere solcher Pueblo-Aufstände jährlich gab es in Spanien bis war die konservative Partei CEDA, die sich jedoch zunächst tenrate von knapp 80% führte. Großgrundbesitz, Zeitungs- 1936. Diese Form des Widerstands ist wohl einer der wich- nicht selbst an der Regierung beteiligte. Als 1934 dann die verlage und Industriebeteiligungen rundeten ihre Macht in tigsten Gründe dafür, dass die spanische Arbeiterbewegung CEDA in die Regierung eintrat, riefen Regionalisten, die so- Spanien ab. Spaniens Katholizismus gehörte dabei zu den sich nicht wie im Rest Europas am Marxismus orientierte, zialistische Gewerkschaft UGT und andere politische Kräfte reaktionärsten Stützen der vielen antiliberalen Päpste. Die sondern an anarchistischen Ideologien. Der Anarchismus ent- zum Generalstreik auf. Einzig die große revolutionäre Kraft Zweite Republik versuchte ab 1931 der Macht der Kirche mit sprach eher ihren Lebenserfahrungen und ihrer Umwelt. Die Spaniens, die anarchistische Gewerkschaft CNT, konnte sich laizistischen Reformen zu begegnen. Der Jesuitenorden wurde sozialistische Orientierung führte in Spanien dagegen bis lange nicht zu einer Teilnahme entschließen. Der Aufstand aufgelöst, staatliche Schulen eingeführt und das Eigentum zur Republik beinahe ein Schattendasein. scheiterte, außer in Asturien, wo es den Gewerkschaften der Kirche staatlicher Kontrolle unterworfen. All diese Maß- gelang, alte Feindschaften zu begraben und gemeinsam eine nahmen trugen dazu bei, dass die katholische Hierarchie in rote Republik auszurufen. Aber Asturien stand allein da. Der Spanien strikt antirepublikanisch eingestellt war. von der CEDA ins Kriegsministerium berufene General Franco organisierte die Niederschlagung des Aufstandes. 2.000 Tote und 30.000 Verhaftete hatte die Arbeiterbewegung zu beklagen. Das heißt franquistischer Terror. • Die Einmischung des Militärs in die Politik Die Forderung nach Amnestie wurde daraufhin zum zentralen Das Militär hatte in Spanien spätestens seit dem Verlust der Thema der zu den Wahlen 1936 sich konstituierenden Volks- Kolonien in Übersee 1898 ausschließlich die innenpolitische front. Stillschweigend ließ die CNT ihren bis dato üblichen Funktion der Niederschlagung von Aufständen. Die ihm daraus Wahlboykottaufruf fallen. erwachsende Macht nahm der Militärapparat in 100 Jahren Ergebnis: Die Volksfront errang die Macht. Von dem Moment in knapp 50 „Pronunciamientos“ (Putsche) wahr. Den letzten an begannen, in Rücksprache mit Mussolini, die Pläne der Putsch dieser Art führte 1923 Primo de Rivera durch und Oligarchie aus Großgrundbesitzern, Kirche und Militär zur errichtete eine siebenjährige Militärdiktatur. Er baute eine Durchführung eines Pronunciamientos. Falangistische Provo- Militärakademie in Zaragoza auf, zu deren erstem Leiter kateure heizten die Situation zusätzlich an, indem sie sonn- ein junger General namens Francisco Franco ernannt wurde. tags mit Maschinengewehren in Madrid in Arbeitervierteln Solche Einmischung des Militärs in die Politik führte zu herumschossen. Am 17. Juli 1936 war es dann soweit: Der einer außerordentlichen Aufblähung des Offizierskorps. Bei Putsch der Generäle brach los. ca. 80.000 Soldaten verfügte das Militär 1931 über 800 Generäle. Auf acht Soldaten kam ein Offizier. Der Macht des Militärs versuchte die Republik ab 1931 mittels Reformen zu begegnen. Die Zahl der Offiziere wurde reduziert, die Militärverwaltung in der Kolonie in Marokko durch eine zivile ersetzt. Bereits 1932 kam es daher zu einem ersten Militär- putsch reaktionärer Offiziere gegen die Republik.

• Regionalismus versus Zentralismus Spanien war ein vorwiegend agrarisch strukturiertes Land.

Industrialisiert waren nur wenige Randregionen wie das 1931: Gewerkschaftmitglieder werden verhaftet Baskenland, Asturien und Katalonien. Diese Situation führte zu permanenten Spannungen zwischen dem kastilischen Zentrum und den Regionen. So tendierten die Regionen eher zu Freihandel und Parlamentarismus, während das agrarische Zentrum unter Führung von Militär und Monarchie eher Autarkie und autoritäre Staatsformen befürwortete. Der Widerstand der Regionen hatte entscheidenden Anteil am Sturz der Diktatur Primo de Riveras und am Ende der Mo- narchie. Die Republik führte bereits 1932 für Katalonien ein Autonomiestatut ein, mit eigenem Parlament, für Euzkadi (Baskenland) liefen die Verhandlungen über das Autonomie- statut gerade an.

• Der spanische Großgrundbesitz Die spanische Agrarstruktur hatte eine Besonderheit, die bis auf die Zeit der Reconquista zurückgeht. In den zuerst eroberten Gebieten Nordspaniens dominierten bäuerlicher Klein- und Mittelbesitz, während im später eroberten Land - grob gesprochen das ganze Gebiet südlich von Madrid - knapp die Hälfte des Landes sich in Händen von 50.000 meist adeligen Großgrundbesitzern befand. Auf deren Lati- fundien mußte das Gros der arbeitenden Bevölkerung ein karges Leben fristen. Für drei Millionen LandarbeiterInnen in kleinen Pueblos (Dörfern) bedeutete das bitterste Armut.

Februar 1936: Demonstration für die Amnestie der politischen Gefangenen Der Putsch der Generäle Kriegsverlauf 1936/37

Am 17. Juli 1936 begann in Spanisch-Marokko der Aufstand der faschistischen Generäle. In den Tagen vom 18. - 20. Juli griff der Putsch, zu dem sich hohe Militärs, Faschisten und Monarchisten zusammengeschlossen hatten, auf ganz Spani- en über. Der Plan der Putschisten, Spanien im Sturmlauf zu erobern, scheiterte in Barcelona, Madrid, Málaga sowie in Katalonien, Zentralspanien und großen Teilen von Aragón, Asturien und im Baskenland am von den revolutionären ArbeiterInnen organisierten Widerstand.

Der Widerstand gegen die Aufständischen war, je nach Lage und dem Grad der Organisiertheit der ArbeiterInnen, in ganz Spanien vorhanden. Am meisten jedoch widersetzte sich Barcelona den Putschisten, wohl auch wegen der aus der lan- gen Geschichte der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung gewonnenen Abneigung gegen das Militär.

Hier nun standen in den ersten Tagen des Aufstandes die ArbeiterInnen, von den anarchistischen Organisationen mo- bilisiert, mit allen möglichen Waffen, die sie aus ganz Spa- nien gestohlen oder enteignet hatten, auf den Straßen. 19.-20. Juli 1936: „Überdachte“ Barrikade Schlecht bewaffnet und ohne jegliche militärische Leitung warfen sie sich den aus den Kasernen strömenden Soldaten Die Matrosen, in höherem Grade politisiert und organisiert Innen schlossen sich zu Kollektiven zusammen und die zivile entgegen. Nach sehr verlustreichen Kämpfen gelang es ih- als z. B. die LandarbeiterInnen, hatten einen großen Teil zur Verwaltung wurde von ArbeiterInnenräten ausgeübt. Die nen die aufständischen Soldaten zurückzudrängen, die Ka- Bekämpfung des Putsches dadurch geleistet, dass sie die Republik hatte ihre Staatsgewalt verloren. Die Macht lag sernen zu erobern und den befehlshabenden General Goded Pläne ihrer putschenden Offiziere ständig weiterleiteten vollständig in den Händen der ArbeiterInnen und ihrer gefangenzunehmen, der am 20. Juli seine Niederlage über und ganze Marineschiffe in ihre Gewalt brachten, als diese Organisationen. Rundfunk öffentlich verkünden musste. Dieser Sieg hatte von Marokko aus Kriegsmaterial nach Spanien bringen soll- natürlich eine Initialwirkung auch auf andere Städte Spa- Nachdem dies geleistet war, schlossen sich die Arbeiter- ten. niens, in denen die Kämpfe länger andauerten. In manchen Innen zu Milizen zusammen und zogen nach Westen, nach Regionen wurde der Putsch auch dadurch vereitelt, dass sich Diese Siege der revolutionären Arbeiterschaft hatten weit- Aragón, um die Provinzen und Städte dort von den Faschist- die der Republik treu gebliebenen Einheiten von Polizei und reichende Konsequenzen. Überall da, wo sie siegten, setzte Innen zu befreien. So zog bereits am 24. Juli, nur sieben Sturmgarde zusammen mit den ArbeiterInnen den Putschis- ein tiefgreifender Prozess der Revolutionierung der Gesell- Tage nach Ausbruch des Putsches, die Kolonne Durrutis von ten entgegenstellten. schaft ein. Fabriken wurden enteignet, die Landarbeiter- Barcelona aus an die Front.

Barcelona 20. Juli 1936: Barrikaden auf dem Plaza de Chicago

Argüelles Kriegsverlauf 1936/37

Der Abwehrkampf der Milizen

In den ersten Kriegsmonaten wurde der Kampf gegen die Putschisten hauptsächlich von den aus den revolutionären Gewerkschaften und Parteien rekrutierten Milizen getragen. Bereits im September 1936 beschloss die Regierung aus den Milizen eine reguläre Volksarmee zu bilden. Dies hatte zur Folge, dass Frauen nicht mehr kämpfen durften und die Hierarchisierung der Milizen einsetzte. Damit wurden erste revolutionäre Errungenschaften aufgegeben. Widerstand ge- gen diese Militarisierung war vorhanden, beschränkte sich jedoch auf ein paar wenige Kolonnen der AnarchistInnen und der POUM (Vereinigte Marxistische Arbeiterpartei). Im Okto- ber gründeten sich in Albacete die Internationalen Brigaden, die sofort in die Volksarmee eingegliedert wurden.

Kinder im zerstörten Madrid während der Belagerung

Der Kampf um Madrid Die Eroberung des Nordens

Eine klare Frontlinie entwickelte sich erst gegen Ende 1936. Im Laufe des Jahres 37 eroberten die Franco-Truppen den Für das Franco-Lager war die Eroberung des Nordens der Zunächst setzten die Franquisten alles daran, Madrid ein- Norden Spaniens - das Baskenland und Asturien. Diese bei- erste große Sieg nach der Verschiebung der Kampfsituation zunehmen. Im September begannen sie verstärkt auf die den Regionen unterschieden sich darin, dass im Baskenland von Madrid. In zweifacher Hinsicht gewann die Eroberung an Hauptstadt zu marschieren. Eine beispiellose Mobilisierung eine eher konservative und in Asturien eine revolutionäre Bedeutung. Zum einen fiel Franco das einzige Gebiet in die zur Verteidigung Madrids setzte ein. Haltung vorherrschte. Während im Baskenland die Rechte und Hände, in dem RepublikanerInnen eine Kriegsindustrie hätten Die Bevölkerung von Madrid organisierte die Verteidigung vor allem Privilegien der Gläubigen weitgehend unangetas- aufbauen können. Zum anderen zeigte sich die Überlegenheit ihrer Stadt. Im November zog die Regierung von Madrid nach tet blieben, war in Asturien versucht worden, anarchistische der nationalistischen Armee über die gespaltenen und un- Valencia. Da Madrid, trotz direkter Angriffe im November und Grundsätze zu verwirklichen. zureichend bewaffneten baskischen und asturischen Kampf-

Dezember nicht eingenommen werden konnte, versuchten die einheiten. Die Franco-Truppen hatten somit ihre auseinander- Durch diese diametral entgegengesetzten politischen Sys- Putschisten die Stadt zu umzingeln und sie auf diese Weise liegenden Gebiete zu einem einheitlich zusammenhängenden teme wurde den FaschistInnen die Eroberung erleichtert, da in ihre Hände zu bekommen. Gebiet vereint. eine gemeinsame und somit wirksame Verteidigung nahezu Doch auch dieser Plan misslang. Madrid konnte sich bis zum unmöglich war. Aufgrund einer guten wirtschaftlichen Situ- April 1939 halten. Die Faschisten mussten im März 1937 bei ation hätte im Norden eine für die wichtige Rüs-

Guadalajara eine schwere Niederlage ertragen, die für das tungsindustrie entstehen können. Auch dies scheiterte. Für Die Republikanische Offensive bei Teruel republikanische Spanien von enormer Wichtigkeit war. die FaschistInnen versprach die Eroberung des Nordens einen

für die Weiterführung des Krieges entscheidenden, wirt- Trotz der bisher erfolglosen Angriffe der Nationalisten soll- schaftlichen Vorteil. Im Norden lag der größte Teil der spa- te Madrid durch eine weitere Offensive erobert werden. Da- nischen Eisenerzvorkommen, ein Exportgut, das für künftige Die Maiereignisse in Barcelona bei wollte Franco seine Truppen- und Materialüberlegenheit internationale Verhandlungen von Bedeutung war. ausnutzen. So beschloss die republikanische Führung im Die Maitage des Jahres 1937 läuteten die Sterbestunde der Die faschistische Offensive begann im Baskenland, woran die Dezember 1937, der Offensive auf Madrid zuvorzukommen Revolution ein. Allen Beteiligten kündigten sie die kommende deutsche Legion Condor maßgeblich beteiligt war. Der repu- und ihrerseits einen Angriff gegen das zu diesem Zeitpunkt politische Niederlage an, und einigen der revolutionären Füh- blikanische Verteidigungsgürtel „Eiserner Ring“ und die ka- schwach besetzte Teruel durchzuführen. Die republikanischen rer verhießen sie den Tod. tholische Hauptstadt des Baskenlands Guernica wurden durch Truppen drangen schnell vor und besetzten strategisch wich- massive Luftangriffe dieser Legion schwer zerstört. Trotz tige Punkte. Nach diesen Verlusten unterstützten die Fa- Der Konflikt zwischen AnarchistInnen und POUM einerseits der drohenden Niederlage versuchten AnarchistInnen das schisten ihre Truppen durch Einheiten von der Aragónfront. und der katalanischen Regierung und der kommunistischen Baskenland bis zuletzt zu verteidigen, bis sie schließlich von Beide Seiten setzten starke Kräfte und neues Kriegsmate- PSUC andererseits explodierte als Regierungstruppen das von kapitulierenden Basken entwaffnet und verhaftet wurden. rial ein. Die Zahl der an der Schlacht Beteiligten wurde auf der CNT besetzte Telefonamt von Barcelona stürmen wollten. 180.000 geschätzt. Schließlich ergaben sich die Besetzer Die Folge waren heftige Kämpfe in den Straßen. Noch einmal versuchten die RepublikanerInnen mit allen Mit- Teruels und so konnten zum ersten Mal republikanische Ein- Das Ziel der PSUC und der katalanischen Regierung war teln, die Eroberung des Nordens durch eine republikanische heiten eine größere Stadt zurückerobern. Getrübt wurde es, die Macht der AnarchistInnen zurückzudrängen und den Offensive aufzuhalten. Ziel war es, die nationalistische Ar- der Erfolg allerdings dadurch, dass durch die in der Stadt revolutionären Errungenschaften Einhalt zu gebieten. Die mee aufzuspalten, anzugreifen und sie so zum Rückzug zu ausgetragenen Kämpfe Teruel einem Trümmerhaufen glich. Maiereignisse gewannen so den Charakter eines Putsches, zwingen. Dafür wurden eine Armee von ca. 50.000 Republi- So lässt sich feststellen, dass die Offensive auf Teruel von dessen Ziel es war, die bürgerlichen Kräfte zu stärken, um kanern und starkes Artillerieaufgebot mobilisiert. Anfäng- großer strategischer Bedeutung war, da nicht nur die Offen- die alte Ordnung wiederherzustellen. liche Erfolge waren äußerst kurzlebig. Schon nach zwei Tagen sive glückte, sondern es zusätzlich gelang die faschistischen starteten die Faschisten eine erfolgreiche Gegenoffensive. Die Maiereignisse hatten zur Folge, dass die CNT die kata- Truppen von Madrid wegzumanövrieren. Im weiteren Verlauf Nachdem wichtige Verteidigungsstellungen gefallen und lanische Regierung verließ und ihr Einfluss zurückgedrängt des Bürgerkriegs blieb Madrid von faschistischen Angriffen Städte erobert waren, kapitulierte das Baskenland. Kurze wurde. Die POUM wurde verboten, kriminalisiert und verfolgt. verschont. Zeit später wurde auch Asturien, das bis zuletzt erbittert Sie arbeitete illegal weiter, was einige ihrer Mitglieder das verteidigt worden war, von den Faschisten besetzt. Leben kostete. Die teilweise gewaltsame Auflösung kollekti- vierter Betriebe und die Entwaffnung revolutionärer Arbeiter- Innen begann mit den Maiereignissen, die einen Wendepunkt in der Spanischen Revolution darstellten. Kriegsverlauf 1938/39

Republikanische Soldaten an der Ebro-Front Bergung eines Verletzten an der Aragón-Front

Der Zusammenbruch der Aragón-Front im März 1938 Um das Vorhaben, die von den FaschistInnen besetzten Ge- Schon vor dem Angriff auf Barcelona war die Lage in dieser biete zurückzuerobern, zu verwirklichen, war es eine not- Stadt erschreckend. Unzählige Menschen waren hierhin ge- Für den Verlauf des Bürgerkriegs hatte die Franco-Offensive wendige Voraussetzung, größere Truppeneinheiten und flohen, um Schutz vor den Faschisten zu suchen. Die Lebens- in Aragón eine entscheidende Rolle gespielt, was sich nach schweres Material über den Ebro zu transportieren. Aufgrund mittelversorgung war nicht mehr gewährleistet, überall dem Zusammenbruch in militärischen und politischen Krisen von strategischen und taktischen Überlegungen gelang es, herrschte Hunger. ausdrückte. Durch den Zeitpunkt der Reorganisierung der mit der unter großen Anstrengungen verbundenen Über- Barcelona fiel den FaschistInnen am 26. Januar 1939 wider- Truppen auf republikanischer Seite hatten sich die faschis- querung des Ebros und der Rückeroberung der besetzten standslos in die Hände. Die widerstandslose Preisgabe hatte tischen Truppen einen günstigen Zeitpunkt der Offensive Gebiete die Faschisten zurückzuschlagen. So war es anfangs eine verheerende Wirkung auf die Stimmung der Bevölkerung gesetzt, da eine organisierte Verteidigung der Republikaner möglich, trotz schwerer Luftangriffe seitens der Putschisten und der noch kämpfenden republikanischen Einheiten in ganz nur vereinzelt oder verspätet möglich war. So unterschied die Stellungen zu halten. Nachdem die nationalistische Ar- Spanien. Mit dem Fall Barcelonas setzte das Ende der Republik sich dieser Angriff von den zuletzt langwierigen Graben- mee schwere Verluste erlitten hatte, wurde diese durch gro- ein. kämpfen dadurch, dass die Faschisten ihre motorisierten Ein- ße Truppeneinheiten aus den Ostgebieten verstärkt, und es heiten besser einsetzen konnten. Dies war auf die chaotische deutete sich eine Zermürbungsschlacht an, die im Laufe der Nach dem Fall Kataloniens flohen unzählige Menschen in Situation der republikanischen Kräfte zurückzuführen und Zeit aufgrund einer ungenügenden Ausrüstung zwangsläufig Angst und Panik zur französischen Grenze. Das Republika- machte somit eine massive Offensivaktion der Faschisten verloren werden musste. Selbst ein erbitterter republikani- nische Kommando in Frankreich hatte mit der französischen möglich. Mit dem Zusammenbruch der Aragónfront gelang es scher Widerstand konnte es nicht abwenden, dass die er- Regierung ausgehandelt, dass alle Neuankömmlinge vom Au- den Faschisten, die Republik zu spalten und den strategisch oberten Stellungen nach und nach fielen, bis schließlich eine genblick des Grenzübertritts an als Zivilpersonen behandelt wichtigen Abschnitt bei Vinaroz an der Mittelmeerküste zu Großoffensive die letzten „Überreste“ der republikanischen wurden. Für die Flüchtlinge begann die Leidenszeit des Exils. besetzen. Armee überrannte. Im Prinzip wurde den besiegten Republikanern Asyl gewährt,

aber die französischen Behörden setzten das Prinzip nur wi- In der verlorenen Entscheidungsschlacht am Ebro hatten die derwillig in die Praxis um. RepublikanerInnen große Verluste hinzunehmen, was für den Die Schlacht am Ebro Ausgang des Bürgerkrieges und das Bestehen der spanischen Republik von entscheidender Bedeutung war. Nach der verhängnisvollen Niederlage in Aragón und der damit verbundenen Abschnürung Kataloniens war kaum anzunehmen, dass in dieser ausweglosen Situation noch eine republika- nische Gegenoffensive stattfinden konnte. Weder die Fran- Die Eroberung Kataloniens durch die Franco-Truppen Madrid - das Ende quisten noch die Presse im In- und Ausland rechneten zu diesem Zeitpunkt mit einer Offensive. Gerade deshalb war es Mit der Schlacht am Ebro war bereits eine Vorentscheidung In Toulouse hatte sich eine kommunistische Exilregierung um zumindest von lokaler Bedeutung, am Fluss Ebro einen Teil- für den Ausgang der Revolution gefallen. Nach dem Sieg Juan Negrín gebildet, die über das weitere Vorgehen beriet. erfolg zu erzielen. Wie schon in zahlreichen anderen Schlach- griffen die Franco-Truppen nun Katalonien an. Sie entschloss sich, nach Spanien zurückzukehren, in der ten beteiligten sich am Ebro die Internationalen Brigaden Hoffnung, durch einen möglichst langen Widerstand eine Das wirtschaftliche Leben war in Katalonien schon fast zum und trugen somit entscheidend zur Verstärkung des republi- bedingungslose Kapitulation zu vermeiden und Franco zu Ver- Erliegen gekommen. Dies lag unter anderem an der feind- kanischen Widerstands bei. handlungen zu bewegen. Segismundo Casado, Republikaner seligen Haltung des Auslands, dem blockadebedingten und scharfer Gegner der kommunistischen Partei, hielt einen Schrumpfen des Handels, der Zahlungsmittelknappheit und weiteren militärischen Widerstand für nicht tragbar. Mit der immer knapper werdenden Einfuhr. Die dadurch beding- Hilfe der AnarchistInnen wollte er die kommunistische Regie- te Rohstoffknappheit ließ die Produktion nahezu unmöglich rung stürzen. Die CNT unterstützte Negrín, konnte sich aber werden. Auch die landwirtschaftliche Kollektivierung war am gegenüber der FAI, die radikalere Positionen vertrat, nicht Scheitern, da viele Bauern an der Front kämpften und/oder durchsetzen. Eine Verteidigungsjunta wurde gebildet. Ver- ihre Erzeugnisse nicht teilen wollten. Somit bot die Versor- handlungen zwischen den Lagern scheiterten, die Fronten in- gungslage in ganz Katalonien ein verheerendes Bild. nerhalb der republikanischen Seite verhärteten sich. In Madrid Nach der erschöpfenden Schlacht am Ebro war für die Repu- kämpften republikanische Einheiten nun auch gegeneinander. blikanerInnen ein offensives Vorgehen gegen die Franco- Dieser „Bruderzwist“ sollte über 2.000 Tote fordern.

Truppen aufgrund der wenigen noch kampfbereiten Einheiten Ein Drei-Fronten-Kampf brach aus. KommunistInnen kämpf- und des ungeheuren Materialmangels nicht mehr möglich. ten gegen die Truppen um Casado, und Franco-Truppen gegen Franco mobilisierte für den Angriff auf Katalonien bis zu beide. Schließlich war der Verteidigungsausschuss gezwungen, 350.000 Soldaten. Mit diesem riesigen Aufwand wurde jegli- Franco die Kapitulation anzubieten. Am 28. März 1939 be- cher Widerstand der republikanischen Seite im Keim erstickt. setzen die Franco-Truppen Madrid und am 1. 4. 1939 wurde Der Zusammenbruch der republikanischen Armee war unaus- der Bürgerkrieg von Franco für beendet erklärt. Die Revolution weichlich - er erfolgte in den ersten Januartagen 1939. Kurze war gescheitert. Zeit später mussten auch in Barcelona die RepublikanerInnen den Franquisten weichen.

Die Opfer des Spanischen Bürgerkriegs

Flucht vor den Franquisten nach der Eroberung Kataloniens Flüchtlinge an der französischen Grenze

Der Spanische Bürgerkrieg hat bis zu einer Million Menschen Spanische Flüchtlinge und EmigrantInnen das Leben gekostet: knapp eine viertel Million Tote durch direkte Kampfhandlungen; eine weitere viertel Million starb Etwa 450.000 republikanische SpanierInnen flüchteten im in der Folge von Hunger und Krankheit in unmittelbarem Zu- Februar 1939 über die katalanische Grenze nach Frankreich. sammenhang mit dem Bürgerkrieg. Die übrigen wurden Opfer Ende 1939 kehrten ungefähr 200.000 dieser Flüchtlinge nach politischer Säuberungen in Spanien während und kurz nach Spanien zurück, die restlichen blieben EmigrantInnen. Der dem Bürgerkrieg. Dabei werden für die republikanische Seite Großteil davon lebte in Frankreich. In der Folgezeit schlossen bis zu 100.000 aus politischen Gründen Ermordete angege- sich etwa 15.000 junge Veteranen der französischen Fremden- ben. Etwas höher ist die Zahl der Opfer des franquistischen legion an und ungefähr 14.000 dienten im Feldzug von Terrors während des Bürgerkriegs. Doch damit war der Krieg 1939-40 in der regulären französischen Armee. Zwischen für Franco noch lange nicht beendet. 300.000 Menschen 40.000 und 60.000 beteiligten sich am französischen Wider- wurden in Franco-Spanien alleine im ersten Jahrzehnt nach stand gegen Nazi-Deutschland. Während des Zweiten Welt- dem Bürgerkrieg mit oder ohne Gerichtsurteil ermordet. kriegs fielen ca. 6.000 von ihnen im Kampf, annähernd 20.000 Nicht vergessen werden dürfen bei solchen Zahlen aber auch starben in deutschen Konzentrationslagern. Die Sowjetunion noch die insgesamt über eine Million politischer Gefangene, nahm ungefähr 6.000 Flüchtlinge (darunter 2.000 Kinder) die viele Jahre unter unmenschlichen Bedingungen in fran- auf. Zwischen 1939 und 1942 erreichten 15.000 – 20.000 quistischen Lagern saßen. EmigrantInnen Lateinamerika, ca. die Hälfte wurde von Mexico aufgenommen.

Widerstand gegen Franco

Der militante Widerstand Die ArbeiterInnenbewegung

Mit der Eroberung von Madrid im April 1939 war der Bürger- Streik und autonome Organisierung waren in Franco-Spanien krieg für viele SpanierInnen nicht beendet. Abgelegene Dörfer verboten. Rigide verfolgte die franquistische Diktatur alle in Asturien und Andalusien leisteten bis in den Zweiten Welt- Ansätze einer Gewerkschaftsbewegung. Zwischen 1940 und krieg hinein Widerstand. Als dörflicher Widerstand nicht 1952 wurden beispielsweise zehn Nationalkomitees der CNT mehr möglich war, gingen ganze Gruppen zu Guerilla-Aktio- aufgelöst. Dies zeigt die Schwierigkeiten illegaler Gewerk- nen über. Anschläge auf Verkehrsverbindungen oder andere schaftsarbeit. Als erstes gingen daher die KommunistInnen öffentliche Einrichtungen bis hin zu Attentaten auf Franco zu einer neuen Form der Organisierung über. Statt Beschrän- waren zahllos. Züge und Busse in allen Gebirgsgegenden kung auf Illegalität versuchten die Comisiones Obreras (CCOO) führten bis in die 50er Jahre stets bewaffnete Wachen mit halblegal die falangistischen Syndikate zu unterwandern, sich. 1944 überschritten etwa 5.000 republikanische Vete- um auf diesem Weg ArbeiterInneninteressen durchzusetzen. ranen, die sich mit der französischen Résistance zusammen- Gleichzeitig entwickelte sich studentischer Protest gegen die getan hatten, die Grenze, wurden aber zurückgeschlagen. Ein brutale Militärdiktatur Francos. Anhaltender Widerstand von Teil verblieb in Spanien und beteiligte sich weiter an Guerilla- StudentInnen und ArbeiterInnen, aber auch das Abrücken der Aktionen. Franco stützenden Kräfte z. B. aus der katholischen Kirche, Im weiteren Verlauf organisierten sich Guerillas in der CNT, setzten das franquistische Regime seit den 60er Jahren ge- ETA, PCE und GRAPO. Sie leisteten bis zum Ende der franqui- hörig unter Druck. Es krachte an allen Ecken und Enden. Nur stischen Diktatur militanten Widerstand. Die spektakulärste die Person Franco hielt es noch zusammen.

Aktion war das erfolgreiche Attentat der ETA auf Premier- Am 19. November 1975 starb Franco – unverdienterweise minister Carrero Blanco am 20. 12. 1973, dessen Auto in die im Bett. Luft gesprengt wurde. 6. Faschistisches Eingreifen im Spanischen Bürgerkrieg

Faschistisches Eingreifen

Die NationalsozialistInnen stellten Noch viel früher hatten italienische FaschistInnen unter Musso- ihr Engagement für die Putschist- lini Kontakt zu spanischen FaschistInnen um José Antonio Innen unter Franco in ihrer Propa- Primo de Rivera. Obwohl viel umfangreicher als die deutsche ganda als einen ideologischen Kampf Unterstützung, wurde das italienische Eingreifen in der gegen den weltbedrohenden Bolsche- internationalen Öffentlichkeit damals wie heute weniger be- wismus dar, doch war die Suche achtet. Neben einer diffusen Idee von einem italienisch be- nach Vorteilen für das Deutsche herrschten Mittelmeerraum (Mare Nostrum) standen innen- Reich ein viel wichtigerer Grund. politische Gründe und das Stabilisieren ihrer eigenen Macht Wirtschafts- und bündnispolitische in Italien hinter der Einmischungspolitik Mussolinis.

sowie militärstrategische Erwägun- Ab Januar 1937 kämpfen zeitweise bis zu 70.000 italienische gen waren ausschlaggebend, so Soldaten und faschistische Milizionäre auf franquistischer z. B. die Versorgung des Reiches Seite. Auch die finanzielle und materielle Unterstützung war mit für die Rüstung wichtigen Roh- erheblich, doch im Gegensatz zu den Deutschen verlangten stoffen. die ItalienerInnen kaum Gegenleistungen wie z. B. Schürf- Schon eine Woche nach Ausbruch rechte oder Handelsmonopole.

des Aufstandes der Generäle, also Trotz dieser massiven Unterstützung nahmen die National- am 25. Juli 1936, entschied Hitler, sozialistInnen und italienischen FaschistInnen, verglichen Franco Hilfe zu leisten. Nur mit ge- mit der UdSSR in der republikanischen Zone, relativ wenig lieferten JU 52-Transportflugzeugen Einfluss auf die innenpolitischen Entscheidungen des Fran- war es Franco möglich, mit seiner co-Regimes, da ihr Hauptziel die Verhinderung des republi- Afrika-Armee von Marokko nach kanischen Sieges darstellte. In diesem Vorhaben wurden sie Südspanien zu gelangen. Neben ei- nicht entscheidend von den Westmächten gestört, wie die ner Militärhilfe von ca. 230 Mio. mangelhafte Umsetzung des Londoner Abkommens von 1936 León: Freiwillige der deutschen Legion Condor stehen vor Franco stramm. Reichsmark steht die Legion Condor zur Nichteinmischung zeigt, welche eine sehr einseitige für das deutsche Eingreifen in Spa- Unterstützung der nationalistischen Aufständischen er- Die Ursprünge und Gründe des Bürgerkriegs sind im wesent- nien: insgesamt ca. 700 Flugzeuge und 19.000 Piloten, Tech- möglichte. lichen innerhalb Spaniens zu finden. Die Internationalisierung niker und Ausbilder, die ab 1937 an allen größeren Kämpfen des Kampfes hat aber seine Dauer, seinen Verlauf und seinen beteiligt waren und dabei Bomben mit insgesamt 21. Mio. An Planung und Vorbereitung des Aufstandes waren Italien Ausgang maßgeblich mitbestimmt. Kriegsentscheidenden Tonnen Sprengkraft auf Spanien geworfen haben. Ein Teil und Deutschland zwar nicht maßgeblich beteiligt, doch Charakter hatte vor allem das Eingreifen der Nationalsozia- dieser Bombenlast verwüstete beim ersten großen Luftan- setzte sehr bald nach dem 18. Juli 1936 eine umfangreiche listInnen und der italienischen FaschistInnen. Im Vergleich griff auf die Zivilbevölkerung am 26. April 1937 die baski- Hilfe für die franquistische Seite ein. Ohne diese Unterstüt- hierzu war die materielle Hilfe anderer Länder für die Put- sche Stadt Guernica und veranlasste Pablo Picasso zu sei- zung wäre der Sieg Francos über die Republik und ihre sozia- schistInnen unbedeutend. nem berühmten Protestgemälde. len Ideale nicht möglich gewesen.

November 1936: Faschistische Bombadierung Madrids Republikanische Fliegerabwehr 7. Nichteinmischung – Einmischung

Faschistisches Eingreifen Einmischung / Nichteinmischung

Großbritannien

Das britische Kapital hatte zwei bedeutende Inter- USA essenssphären in Spanien: die Minen der Rio-Tin- to-Company in Andalusien und die Handelsbezie- Die USA teilten von Anfang an die Politik der Nicht- hung zum Baskenland. Als die Generäle putschten, einmischung seitens der westlichen Demokratien. entschloss sich die britische Regierung zunächst Am 5. 8. 1936 verkündete Roosevelt ein „morali- einmal abzuwarten. Noch während sie wartete, sches Embargo“ über Kriegsgüter, die nach Spani- gelang Franco die Eroberung Andalusiens. Damit en exportiert werden sollten. Später mussten so- befanden sich beide britische Interessenssphären gar alle Exporte nach Spanien angemeldet werden. in unterschiedlichen Lagern. Das ist der ökono- Betrachtet mensch jedoch die Handhabung dieses mische Hintergrund der Nichteinmischung, durch Embargos, dann wird schnell klar, dass Exporte die Großbritannien sowohl seine Schürfrechte im Frankreich in das republikanische Gebiet weitaus häufiger franquistischen Gebiet als auch die Handelsbezie- untersagt wurden, als jene in das franquistische hungen zum Baskenland sicherte. Nach der Erobe- Gebiet. Gerade die US-amerikanischen Großkon- Bereits am Tag des Putsches bat Spaniens Volks- rung des Nordens 1937 befanden sich dann beide frontregierung die französische Volksfrontregierung zerne Ford, General Motors und Texaco bekamen Interessenssphären im franquistischen Gebiet. Die keinerlei Steine in den Weg gelegt ihre „zivilen“ um Hilfe. Ministerpräsident Blum sagte Hilfe zu, Londoner Börse reagierte prompt auf die neue und stellte ein erstes Kontingent an Waffen für die Güter an Franco zu liefern. Texacos Öl ermöglichte Situation: Während die republikanische Peseta so den schnellen Vormarsch der Putschisten zu Republik zusammen. Aus Rücksicht auf Großbritan- verfiel, blieb die franquistische Peseta erstaunlich nien wurde die Lieferung wenige Tage später wieder Beginn des Krieges und die Fahrzeuge von General stabil. Als auf den Schlachtfeldern der Bürgerkrieg Motors und Ford stabilisierten in nicht unerhebli- gestoppt. Ein Teil erreichte aber trotzdem Spanien, tobte, war er an den internationalen Börsen längst weil Flieger desertierten und ihre Maschinen der chem Maße Francos Kriegsglück. Damit zeigt sich zugunsten Francos entschieden. Bereits im Herbst zumindest auf wirtschaftlichem Gebiet eine deut- spanischen Republik zur Verfügung stellten. Als im 1937 schickte Großbritannien einen Handelsatta- Sommer 1936 die ersten Waffenlieferungen Deutsch- liche Bevorzugung der Putschisten. Auf diplomati- ché zu Franco. Aus Rücksicht auf Frankreich ver- schem Gebiet warteten die USA anständigerweise lands und Italiens an die Putschisten bekannt wurden, zögerte sich zwar die offizielle Anerkennung bis reagierte die französische Regierung, indem sie die immerhin bis nach Ende des Bürgerkriegs, um Februar 1939, aber selbst damit ist Großbritan- Francos Diktatur anzuerkennen. Grenze nach Spanien schloss und ein internationales nien noch immer die erste Demokratie, die Franco Nichteinmischungskomitee vorschlug, um eine Aus- anerkannte. breitung des Spanischen Bürgerkrieges auf Europa zu verhindern. Eingeklemmt zwischen heimlichen Mexiko Waffenlieferungen aus Deutschland und Italien und offizieller Unterstützung der Republik durch die Bereits wenige Tage nach dem Putsch erklärte die Sowjetunion, verkam das Nichteinmischungskomitee damals noch revolutionäre Regierung von Mexiko zur Farce. Nicht einmal der Zweite Weltkrieg wurde ihre uneingeschränkte Solidarität mit der spani- verhindert, nur ein halbes Jahr nach dem Ende des schen Republik und lieferte unverzüglich Waffen, Spanischen Bürgerkriegs brach er los. Die Erfolg- ohne dass über den Preis verhandelt worden wäre. losigkeit der Nichteinmischung hat der Volksfront- Solch demonstrative Solidarität wirkte angesichts regierung viel und berechtigte Kritik eingetragen. der Verweigerungshaltung der westlichen Demo- Statt der Republik zu helfen, schloss Frankreich zu kratien wie wahrer Balsam. Mexikos Hilfe dauerte den unpassendsten Zeitpunkten die Grenze und un- ununterbrochen den ganzen Bürgerkrieg an, es terband so den Nachschub der spanischen Republik, lieferte Waffen, kaufte Waffen bei internatio- während es gegen Waffenlieferungen Deutschlands nalen Waffenhändlern und stellte der Republik nichts unternahm. seinen diplomatischen Apparat in aller Welt zur Trotzdem ist zu bedenken, dass der Großteil der Verfügung. Allerdings stieß Mexiko dabei bald an Waffen die spanische Republik über Frankreich er- seine Grenzen: Es war nicht produktiv genug, um reichte. Was die Regierung versäumte, leisteten die Republik mit ausreichend Waffen zu versor- französische Grenzer und schlossen einfach die Augen. gen, Waffenkäufe scheiterten an mangelnder Ein- Als aber Katalonien erobert wurde, waren die Grenzen bindung in den internationalen Finanzmarkt und wieder dicht und Lieferungen aus der Sowjetunion schließlich übten die USA außenpolitischen Druck erreichten nicht mehr ihr Ziel. Damit war die Republik aus. Trotzdem gehört Mexiko zu den wenigen Län- endgültig besiegt und die französische Volksfront dern der Welt, die Francos Diktatur niemals aner- hatte fast tatenlos zugeschaut ... kannten. Wer den Faschismus nicht entschieden bekämpft, hilft nur den Faschisten.

Portugal

Seit 1933 herrschte in Portugal ein Ständestaat nach faschistischem Vorbild. Spätestens seitdem war Portugal ein sicherer Rückzugsort putschen- der spanischer Generäle. Von Beginn des Bürger- kriegs an stellte Portugal seinen diplomatischen Corps, seine Verkehrswege, den ganzen militäri- schen „Estado novo“ in den Dienst der Sache der PutschistInnen. Portugal gewährte die ersten Kredite, es war militärisches Operationsgebiet der PutschistInnen und griff sogar selbst aktiv ins Kampfgeschehen ein. In Lissabon wurde die erste franquistische Botschaft eröffnet und es war ein Tummelplatz internationaler Waffenhänd- ler. Portugals wichtigste Hilfe an die Putschisten bestand jedoch darin, dass sie regelmäßig Waffen- transporte aus Deutschland anlanden konnten und folglich die kriegsentscheidenden deutschen Waffen Franco sicher und zuverlässig erreichten.

„Nicht-Einmischungspoker“ - Karikatur von David Low Überstetzung: Vertrauensseliger Tony: „Nur damit ja niemand schummelt trage ich eine Zwangsjacke und lasse Euch mein Blatt spielen.” Dargestellte Personen: Adolf Hitler, Benito Mussolini, Joseph Stalin, Léon Blum (franz. Premierminister), Anthony „Tony” Eden (brit. Außenminister) Die Rolle der Sowjetunion

Das außenpolitische Konzept der Sowjetunion Der Goldschatz

1935 verabschiedete die Komintern ihr neues antifaschis- Im Oktober beschloss die Regierung der spanischen Repu- tisches Programm: die Bildung von Volksfronten gemeinsam blik, den Staatsschatz vor den PutschistInnen in Sicherheit mit bürgerlichen Parteien. Das Konzept hatte für die sowje- zu bringen. Nachdem die Sowjetunion das einzige industria- tische Regierung eine klare außenpolitische Komponente: lisierte Land der Welt war, das der Republik zu Hilfe kam, ein enges Bündnis mit dem bürgerlichen Frankreich, um dem wurde Spaniens Goldschatz nach Moskau eingeschifft. So zunehmend aggressiven NS-Regime mit einem Zweifronten- stand er auch weiterhin der Volksfront zu Waffenkäufen krieg zu drohen. In dieser Situation kam der Sowjetunion zur Verfügung. Außerdem konnten damit die sowjetischen der Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs ungelegen. Ange- Lieferungen direkt bezahlt werden. lehnt an Frankreich verhielt sich deshalb die Sowjetunion Während also die faschistischen Mächte den Generälen die nach dem Putsch zunächst einmal abwartend. Waffen auf Kredit lieferten, ließ sich die sowjetische Re- gierung, trotz aller Solidarität, ihre Waffenlieferungen be- zahlen. Knapp 1/3 des Goldschatzes wurde für sowjetische Die Waffenhilfe der Sowjetunion Waffenlieferungen verwendet, 2/3 flossen in die Taschen von internationalen Waffenhändlern, die (dank der Weigerung Anders als Frankreich änderte die Sowjetunion aber ihr Ver- der Demokratien, die Republik zu unterstützen) enorme halten, nachdem die Intervention der faschistischen Mächte Profitspannen erzielten. offensichtlich geworden war. Der Prozess dieses Positions- wandels war in der Sowjetunion deutlich nachvollziehbar und fand stets vor den Augen der Weltöffentlichkeit statt. Zur innerspanischen Einmischung der Sowjetunion Ab Herbst 1936 wurden Botschafter mit Spanien ausge- tauscht, Kredite an die spanische Republik gewährt und vor Waffenhilfe und Goldschatz waren zwei Hebel, mit denen die allem massiv schwere Waffen (Panzer, Flugzeuge) dem anti- Sowjetunion Einfluss auf die innerspanische Entwicklung nahm. faschistischen Kampf zur Verfügung gestellt. Vorwiegend Ihr Transmissionsriemen war dabei die bis dato kleinste den sowjetischen Waffenlieferungen ist es zu verdanken, Partei der Volksfront, die PCE. Der PCE gelang es, wichtige Andreu Nin 1892 - 1937 dass der franquistische Vormarsch gestoppt und Madrid Positionen in der Regierung und im republikanischen Militär- verteidigt werden konnte. apparat zu besetzen. Besonderes die Verteilung der sowjeti- Die Ermordung Andreu Nins

schen Waffenlieferungen missbrauchte sie zu parteipoliti- Die Lieferungen hielten in großem Umfang bis Frühjahr schen Zwecken. So zeigt sich, dass die sowjetischen Waffen Zur Zeit des Spanischen Bürgerkriegs fanden in der Sowjet- 1938 an. Allerdings erreichten sie nur sehr unregelmäßig vorwiegend kommunistischen und republikanischen Einheiten union gerade die Säuberungen und Schauprozesse statt. Spanien, weil italienische U-Boote den Seeweg und französi- zukamen, während die AnarchistInnen oder die POUM kaum Stalins Einmischung in die republikanische Politik ging gar sche Unentschlossenheit den Landweg blockierten. Waffen aus der Sowjetunion erhielten. Die PCE – immer im so weit, derartiges auch in Spanien durchzuführen. Im Mai Im Frühjahr 1938 stoppte die Sowjetunion die Waffenhilfe Bündnis mit den republikanischen Parteien – usurpierte 1937 entführte der sowjetische Geheimdienst NKWD das an die Republik, vermutlich weil es nicht gelungen war, wichtige Machtpositionen, während auf der anderen Seite ehemalige CNT-Mitglied und Mitbegründer der PCE, Andreu Frankreich zur Einmischung in Spanien zu bewegen. Ende anarchistische Milizen oder Kollektive mittels sowjetischer Nin. Als Kritiker der Stalinisierung war Nin aus der PCE 1938 nahm die Sowjetunion die Lieferungen zwar wieder Waffen aufgelöst wurden. Derartige Maßnahmen hatten einen ausgetreten. Er war Mitbegründer der POUM und wurde so auf, aber die Waffen blieben bis nach der Niederlage der nicht zu unterschätzenden Anteil an den Grabenkämpfen im in die Nähe des Trotzkismus gerückt. Nin war vom NKWD Republik an der französischen Grenze hängen. republikanischen Lager, die den Widerstand gegen Franco so dazu ausersehen, Opfer eines spanischen Schauprozesses entscheidend schwächten. Außerdem verhinderten sie jeg- zu werden. Aber Nin brach unter der Folter des NKWD nicht liche revolutionäre Umgestaltung, wie sie die AnarchistInnen zusammen. Wenige Tage später wurde er ermordet aufge- befürworteten. funden. Neben den Angriffen auf die anarchistischen Milizen und Kollektive ist die Ermordung Andreu Nins ein Beispiel dafür, wie weit die sowjetische Führung zu gehen bereit war, um ihre vorrangigen Ziele, die Volksfront mit den bür- gerlichen Parteien und das Bündnis mit Frankreich, auch ge- gen den Widerstand aus der ArbeiterInnenbewegung durch- zusetzen.

Sowjetischer T26-Panzer auf Seite der Republik Ausländische Freiwillige auf Seiten der Republik

Schätzung über Anzahl und Herkunft der ausländischen Freiwilligen

Zahlenangaben sind meist nur für die Internationalen Briga- den zu finden, geben aber trotzdem ein ungefähres Bild über die nationale Herkunft aller sich in Spanien befindenden InternationalistInnen wieder.

Herkunftsland Anzahl andere Quellen (nach Hugh Thomas) (jeweils höchste Abweichungen)

Frankreich 10.000 20. .000 - 35.000 England 2.000 Italien 3.300 5.000 Polen 5.000 6.000 Deutschland/ 5.000 10.000 Österreich Belgien 2.000 3.000 Skandinavien 1.000 2.000 Ungarn 1.000 2.000 Jugoslawien 1.200 500 Sowjetunion 500 USA 2.800 Kanada 1.000

Darunter ca. 8.000 Jüdinnen und Juden

Desweiteren kamen Menschen aus Albanien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Irland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Norwegen, Niederlande, Portugal, Rumä- nien, Schweiz, Türkei, Tschechoslowakei, Ukraine, Marokko, Armenien, China, Indien, Irak, Palästina, Philippinen, Kuba, Argentinien, Bolivien, Brasilien, Dominikanische Republik, Mexiko, Chile, Panama, Paraguay, Peru und Australien

August 1936: Französische Sektion der Internationalen Gruppe der Kolonne Durruti

Wenn auch außer der Sowjetunion und Mexiko kein Staat die Anzahl und Herkunft der InternationalistInnen Gründe der InternationalistInnen nach Spanien zu gehen Spanische Republik offiziell unterstützte, so gab es doch Zehn- tausende von internationalen Freiwilligen, die auf Seiten der Eine genaue Anzahl der in Spanien kämpfenden ausländischen Seit Mitte der 1920er Jahre war die internationale Arbeiter- Republik gegen den franquistischen Faschismus kämpften. Freiwilligen lässt sich nicht ermitteln. Im franquistischen Innenbewegung mit einer Welle von Nationalismus, Faschis-

Spanien wurde die Zahl der Freiwilligen weit nach oben ver- mus und Antisemitismus konfrontiert. Besonders die Macht- Ein Teil der ausländischen Freiwilligen befand sich bereits schoben, um die Söldner aus Italien und Deutschland in den übergabe an die FaschistInnen in Deutschland 1933 bedeu- zum Zeitpunkt des Putsches in Spanien. Zum einen waren Hintergrund treten zu lassen. In einer Broschüre der „Oficina tete für SozialistInnen und KommunistInnen eine schwere dies deutsche und italienische EmigrantInnen, die in Spanien Informática Española“ aus dem Jahr 1948 wird die Zahl von Niederlage. Als im Februar 1936 die Volksfront die Wahlen in im Exil lebten. Zum anderen sollte am 22. Juli 1936 in Bar- 125.000 Freiwilligen genannt. Die Zahl, die sich hartnäckig Spanien gewann, war dies für die europäische Linke ein echter celona die Arbeiterolympiade – als Gegenstück zu den zur bis in die 70er Jahre hielt, diente Propagandazwecken: Fran- Erfolg. Dieser wurde ab dem 18. Juli 1936 durch Putschisten gleichen Zeit in Berlin stattfindenden Olympischen Spielen cos eigener Geheimdienst SIFNE schätzte die ausländischen bedroht, die zudem von den faschistischen Regierungen Ita- – eröffnet werden. Rund 2.000 SportlerInnen und mehrere Freiwilligen auf lediglich 54.000. liens und Deutschlands unterstützt wurden. Für viele Anti- tausend Gäste waren nach Barcelona gekommen. faschistInnen war die Verteidigung der Spanischen Republik Sowjetische Quellen dagegen versuchten die Zahl der Spani- Als die Spiele wegen des Putsches abgesagt wurden, blieben gleichzeitig der Kampf gegen die politischen Zustände in enfreiwilligen herunterzudrücken. Einerseits wollte man die ein paar Hundert von ihnen in Spanien, um die bedrohte Re- ihrem jeweiligen Herkunftsland. sowjetische Hilfeleistung im Vergleich zur deutschen und publik mit zu verteidigen. italienischen gering erscheinen lassen und das Ausmaß der Der überwiegende Teil der ausländischen Freiwilligen war Diesen ersten Freiwilligen, die sich den von den verschiedenen sowjetischen Einmischung herunterspielen. Gleichzeitig soll- proletarischer Herkunft. Daneben fällt vor allem der Anteil Parteien und Gewerkschaften gebildeten Milizen anschlossen, ten damit auch die Leistungen der republikanischen Armee Intellektueller auf, die kämpfend und publizierend die Republik folgten viele Tausende aus aller Welt. aufgewertet werden. unterstützten.

Insgesamt waren es etwa 60.000 Menschen, die auf republi kanischer Seite kämpften, publizierten, Sanitätsdienste leis- teten usw. An die 40.000 der ausländischen Freiwilligen waren in den ab Oktober 1936 aufgestellten Internationalen Brigaden organisiert. Andere kämpften in den Milizen der CNT/FAI und der POUM bzw. der republikanischen Armee. Ein weiterer Teil der Freiwilligen war in nichtmilitärischen Be- reichen (Sanitätsdienst, internationale Pressearbeit, techni- scher Dienst etc.) tätig.

Freiwillige der Internationalen Brigaden Die Internationalen Brigaden

Die Internationalen Brigaden stellen in der Geschichte ein ein- maliges Ereignis dar. Ausländische Freiwillige hatte es zwar schon in anderen Bürgerkriegen gegeben, so zum Beispiel in der Sowjetunion. Niemals jedoch gab es zuvor eigens orga- nisierte ausländische Truppen mit spezifischer militärischer und sozialer Infrastruktur.

Nachdem einzelne linke Parteien und Gewerkschaften (CNT/FAI, PSUC, POUM) spontan Milizen gebildet hatten, in denen sich auch ausländische Gruppen formierten, begann die Kommu- nistische Partei und auf internationaler Ebene die Komintern eigene Milizen zu organisieren. Am 26. Juli 1936 fiel in Prag die Entscheidung der Komintern und der Gewerkschaftsinter- nationale Profintern die Republik mit einem Hilfsfonds und einem 5.000 Personen starken Freiwilligenkontingent zu un- terstützen. Vorbereitungen dazu liefen im August 1936 an: Die nationalen kommunistischen Parteien wurden angewiesen, Listen für ein erstes Freiwilligenkontingent aufzustellen, organisatorische Vorbereitungen für den Transport der Frei- willigen wurden getroffen. Am 11. Oktober 1936 ging der erste große Transport Richtung Spanien ab. Am 14. Oktober traf die Truppe in Albacete, dem Stammquartier der Inter- brigaden für die nächsten eineinhalb Jahre, ein. In verschie- denen Orten rund um Albacete wurden Einheiten gemäß Nationalitäten zusammengestellt und ausgebildet. Nach und nach formierten sich die fünf klassischen Interbrigaden XI, XII, XIII, XIV und XV, die – nach dem Vorbild der Milizen – Madrid, November 1936: eine Einheit der Internationalen Brigaden auf dem Casa de Campo die Namen von Ereignissen der ArbeiterInnenbewegung oder deren VertreterInnen trugen.

Einsätze der Internationalen Brigaden Das Ende Neben diesen klassischen Brigaden gab es noch so genannte Brigadas Mixtas und kleinere internationale Einheiten inner- Die Internationalen Brigaden waren als Angriffstruppen ge- Im Oktober 1938 wurden die Internationalen Brigaden offiziell halb der Republikanischen Armee. plant und aufgebaut worden und wurden dementsprechend aufgelöst. Vorangegangen war der Vorschlag des spanischen Auch wenn die Internationalen Brigaden Sache der Komintern eingesetzt. Sie waren an allen entscheidenden Schlachten Ministerpräsidenten Negrín, beiderseitig die ausländischen und der nationalen kommunistischen Parteien waren, fanden des Spanischen Bürgerkriegs beteiligt. Freiwilligen abzuziehen. Unter Jubel und Beifall wurden im sich in ihren Reihen neben KommunistInnen auch Sozial- November die Internationalen Brigaden von 300.000 Spani- Eine besondere Rolle kam ihnen in der „Schlacht um Madrid“ demokratInnen, SozialistInnen, AnarchistInnen oder einfach erInnen in Barcelona verabschiedet. (November 1936 – März 1937) zu, da mit ihrer Unterstüt- ideologie-ungebundene AntifaschistInnen. zung die Hauptstadt der Republik vor der Einnahme durch Mit dem offiziellen Rückzug endete die Geschichte der Inter- Die InterbrigadistInnen kamen aus insgesamt 53 Nationen, Franco-Truppen bewahrt werden konnte. brigadistInnen jedoch nicht. Bis Januar 1939 hatten von ca. ihre Anzahl für die Gesamtdauer des Krieges liegt zwischen 13.000 ausländischen Freiwilligen erst 4.600 Spanien ver- Während die XI. und XII. Brigade hauptsächlich in Zentral- 40.000 - 50.000, von denen jedoch nicht mehr als 10.000 - lassen. Die Übrigen hielten sich noch immer in Barcelona auf, spanien zum Einsatz kamen, wurden die XIII. und XIV. Bri- 15.000 gleichzeitig in Spanien waren. da sie – wie ItalienerInnen, Deutsche und ÖsterreicherIn- gade vor allem im Süden eingesetzt, um den Vormarsch der nen – nicht in ihre Länder zurückkehren konnten und ihnen Durch starke Verluste 1937 und durch die Abnahme frei- Franquisten auf die andalusische Mittelmeerküste aufzu- in Frankreich die Aufnahme verweigert wurde. williger Meldungen erlebte die internationale Beteiligung halten. Ein weiteres Kampfgebiet lag in Aragón, an der einen stetigen Abwärtstrend. Um die Lücken zu füllen, sogenannten Ebro-Front. Als Franco zum Jahreswechsel 1938/39 eine Großoffensive wurden mehr und mehr SpanierInnen in den Interbrigaden startete, wurden Ende Januar die noch in Spanien verbliebenen Die Internationalen Brigaden wurden nach mehrwöchigen eingesetzt, die letztlich die Zahl der ausländischen Frei- internationalen Freiwilligen ein letztes Mal in die Kämpfe Ruhepausen immer wieder an die Front geworfen. Der häufi- willigen übertrafen. einbezogen. Die Brigaden XI, XII und XII wurden in ihrer alten ge und intensive Kampfeinsatz forderte entsprechend hohe Zusammensetzung aufgestellt. Der letzte Einsatz der Inter- Verluste. Die Interbrigaden hatten 17 % Tote, 13 % Invalide, brigadistInnen konnte das Vordringen der franquistischen 13 % Gefangene, Deserteure und Verschwundene und 50 % Armee nicht mehr aufhalten, sicherte aber die Flucht der Verwundete zu verzeichnen. Das heißt: Zieht man die als ge- Zivilbevölkerung nach Frankreich. Am 9. Februar 1939 brach heilt entlassenen Verwundeten ab, bleibt eine erschreckend der Widerstand in Katalonien zusammen. Die noch am Leben hohe Verlustzahl von über 40 %. gebliebenen InterbrigadistInnen versuchten Spanien über die Mittelmeerküste oder Frankreich zu verlassen. Etliche muss- ten sich den Franco-Truppen ergeben.

Die Interbrigaden in ihrer Zusammensetzung im Sommer 1937

Nummer gegründet Name Bataillone überwiegende nationale Zusammensetzung

Organisation der Interbrigade XI Oktober 1936 Thälmann 1. Thälmann deutsch 2. Edgar André skandinavisch 3. Hans Beimler österreichisch Die Zentrale der Internationalen Brigaden gliederte sich in 4. 12. Februar zwei Abteilungen, eine militärische und eine politische. Chef der militärischen Zentrale war der französische Kommunist XII November 1936 Garibaldi 1. Garibaldi italienisch André Marty; der Italiener Luigo Longo („Gallo“) leitete die 2.-4. spanisch-italienische politische Abteilung. Ein wichtiger Aufgabenbereich des po- Bataillone ohne Namensgebung litischen Kommissariats war die Herstellung und Verbreitung XIII Dezember 1936 Dombrowski 1. Jaroslaw Dombrowski polnisch/russisch umfangreicher Pressedienste und des Zentralorgans der 2. Tschapajew bulgarisch Interbrigaden, der „El Voluntario de la Libertad“. 3. Mathias Rakosi ungarisch Gleichzeitig mit den Interbrigaden wurde die für sie notwen- 4. Adam Mickiewicz jugoslawisch dige Infrastruktur aufgebaut: ein „Internationaler Sanitäts- XIV Dezember 1936 Marseillaise 1. de Paris französisch dienst“ mit eigenem Personal, Lazaretten, Kliniken und Er- 2. Henri Viulemin holungsheimen; ein eigener Postdienst; Kriegsschulen zur 3. Henri Barbusse Ausbildung der Offiziere und Polit-Kommissare; ein ausge- 4. Pierre Brachet dehnter Fuhrpark mit dazugehörigen Werkstätten; zwei klei- 5. 6 de febrero nere Fabriken zur Herstellung von Granaten. Darüber hinaus gründeten und unterhielten die Interbrigaden Kinderheime XV Juli 1937 Lincoln/Washington 1. Abraham Lincoln US-amerikanisch für spanische Kriegswaisen. 2. George Washington kanadisch 3. Mackensie-Papineau britisch Jüdinnen und Juden im Spanischen Bürgerkrieg

Soldaten der jüdischen Einheit „Botwin“ kurz vor der Ebro-Offensive 1938. Die meisten von ihnen sind gefallen oder nach der Gefangennahme ermordet worden.

Unter den nach Spanien eilenden Freiwilligen aus aller Welt Ungeachtet ihres hohen Anteils wurde die Rolle der jüdischen Titelseite der 32-seitigen jüdischen Frontzeitung „Botwin“ vom befanden sich ungefähr 8.000 Jüdinnen und Juden. Ihr Anteil SpanienkämpferInnen in der Geschichtsschreibung kaum ge- 3. November 1938 mit dem Leitartikel „Der Abschied“ und der in den meisten nationalen Kontingenten war unvergleichlich würdigt. Auch wenn kein Zweifel daran besteht, dass die Schilderung des Staatsbegräbnisses für Chaskel Honigstein. höher als der in der Bevölkerung des betreffenden Herkunfts- meisten Freiwilligen als überzeugte InternationalistInnen landes. Der Grund für die überproportionale Beteiligung nach Spanien gingen und ihnen die Zugehörigkeit zu einer jüdischer Menschen am Spanischen Bürgerkrieg liegt in der nationalen Gruppe nicht wichtig war, wurden sie doch in na- Tatsache, dass sich der in Europa auf dem Vormarsch befin- tionale Einheiten und Brigaden eingeteilt. Die jüdische Betei- dende Faschismus und Antisemitismus unmittelbar gegen sie ligung wurde dabei meist übersehen. richtete. Mehr als ihre nichtjüdischen GenossInnen waren sie Von den 18 KämpferInnen der ersten internationalen Gruppe von der Vorstellung beunruhigt, dass auch Spanien Mitglied „Thälmann“, die an den Kämpfen gegen Putschisten in Barce- der faschistischen Achse werden sollte. lona teilnahm und allgemein als deutsche Gruppe bezeichnet wird, waren 14 jüdischer Herkunft. „Ein Sieg Francos in Spanien würde das Signal für das Ent- Der Gründungskommandeur der XII. Brigade war der ungari- flammen der Welt sein. Es würde die Verdammnis für Millio- sche Jude Mate Zalka. nen von Menschen bedeuten, die den nationalen Minderheiten in verschiedenen Ländern Europas angehören; er würde Tod Am 12. Dezember 1937 wurde die jüdische Einheit „Botwin“ und Vernichtung von Juden bedeuten. gegründet, die neun Monate bestand. Franco darf nicht siegen!“ Juden und Jüdinnen kämpften in den Internationalen Briga- (Aus der August-Ausgabe 1937 der New Yorker jüdischen den, in Einheiten der Republikanischen Armee, als ÄrztInnen, Zeitung „Najleben“) PflegerInnen, DolmetscherInnen und BerichterstatterInnen gegen den franquistischen Faschismus. André Friedmann, „In dem Kampf Spaniens kann es für das jüdische Volk nur ungarischer Jude, und Gerta Pohorylle, polnische Jüdin eine Stellung geben: die neben dem spanischen Volk, das von – besser bekannt als Robert Capa und Gerta Taro – fotogra- denselben Mächten angegriffen wurde, die auch auf den fierten einen Teil der Bilder dieser Ausstellung. Fahne der Botwin-Kompanie Untergang des jüdischen Volkes sinnen!“ Neben den jüdischen Menschen, die in Spanien kämpften, haben (Aus der April-Nummer 1937 der Monatsschrift „Jüdische sich Jüdinnen und Juden weltweit für die Republik ausge- Revue“) sprochen und diese mit Geld- und Sachspenden unterstützt.

General Jakob Smuschkewitsch, General Grigori Stern, Chaskel Honigstein,

Oberbefehlshaber der spanischen republikanischen Luft- oberster sowjetischer Befehlshaber in Spanien, „Held der polnischer Jude aus Lublin, war der letzte gefallene waffe, ab 1939 Oberbefehlshaber der sowjetischen Luft- Sowjetunion“, 1941 in der Sowjetunion verhaftet und Interbrigadist. waffe, zweifacher „Held der Sowjetunion“, 1941 in der ermordet. Sowjetunion verhaftet und ermordet. Die Odysee der InternationalistInnen

Bekannte Persönlichkeiten, die in Spanien auf Seiten der Republik kämpften

George Orwell (Eric Blair), Kurt Höfer, 1903 - 1950, geb. 1916 in Chemnitz britischer Schriftsteller

Kurt Höfer war Gruppenleiter der Kommunistischen Jugend Orwell wurde vor allem durch sei- (KJ) und Mitglied der KPD. Er flüchtete nach der Machtüber- ne politische Satire „Animal Farm” gabe an die Faschisten 1933 ins damals noch unabhängige und durch sein Buch „1984” welt- Saarland, arbeitete weiterhin illegal im „Reich“. 1934 wurde 1939: Republikanische Flüchtlinge in französischem Lager weit berühmt. Orwell ging Ende er verhaftet und in ein KZ eingeliefert. Nach der Entlassung 1936 nach Spanien und kämpfte 1936 wurde er von der KPD zu den Interbrigaden rekrutiert Die Menschen, die aus den USA, Großbritannien, Frankreich in Katalonien in Reihen der POUM- und nach Paris geschleust. In Spanien war er Zugführer im und anderen demokratischen Staaten nach Spanien kamen, Miliz. Im Juni 1937 verließ er Thälmann-Bataillon und Ausbilder spanischer Freiwilliger. konnten ohne weiteres wieder zurück. Dort waren sie größ- Spanien, um der drohenden Ver- Nach Ende des Bürgerkriegs wurde er in Frankreich interniert tenteils weiterhin politisch aktiv. Von Repressionen gegen folgung der POUM zu entgehen. Sein 1938 erschienenes und an die Nazis ausgeliefert. Nach seiner Selbstbefreiung die Spanien-Kämpfer ist in diesen Ländern wenig bekannt, Buch „Mein Katalonien” ist einer der wichtigsten authenti- aus einem Außenlager des KZs Sachsenhausen kehrte er außer in den USA, wo sie während der McCarthy-Ära verfolgt schen Berichte über den antifaschistischen Kampf in Spani- nach Chemnitz zurück. In der DDR war er bis zur Rente wurden. en und die Kampagne der KommunistInnen gegen die Anar- Volkspolizist. Kurt Höfer lebt heute in Berlin und ist Vorsit-

chosyndikalistInnen und die POUM in Katalonien im Sommer zender der Organisation ehemaliger SpanienkämpferInnen. Für Kämpferinnen und Kämpfer, die aus diktatorisch regierten 1937. Staaten kamen, wie z. B. Polen, Ungarn, aber auch aus den faschistisch regierten Deutschland oder Italien war eine Rückkehr nicht möglich. Wenn sie zurückgingen bedeutete dies meist politische Verfolgung, sie landeten oft im Zucht- Heinz Priess, haus oder im Konzentrationslager. Mit Beginn des Zweiten Clara und Paul Thalmann, 1915 - 2001 Weltkriegs wurden in Frankreich alle Spanien-KämpferInnen, 1908 - 1987 bzw. 1901 - 1980 die aus diesen Länder kamen, in Lagern interniert. Nach der Heinz Priess war Mitglied der Kapitulation 1940 lieferte Frankreich viele Spanien-Kämpfer Kommunistischen Jugend. 1933 in die Hände der faschistischen Schergen. Für Unzählige be- Clara und Paul Thalmann kämpf- kam er in „Schutzhaft“, 1934 emi- deutete das den sicheren Tod. Wer dieser Verfolgung ent- ten im Sommer 1936 in den Mi- grierte er nach Dänemark. Von kommen konnte, schloss sich meist der Résistance an und lizen der POUM und der CNT/FAI. dort schlug er sich 1936 auf ei- kämpfte damit gegen den Faschismus bis 1945 weiter. Wer Wegen der Militarisierung der gene Faust nach Paris durch. Im Glück hatte, konnte in die wenigen aufnahmebereiten Länder Milizen, durch die es Frauen nicht November 1936 trat er den In- wie Mexiko und die Sowjetunion emigrieren. mehr gestattet war, mitzukämp- ter-brigaden bei. Nach der Remo- fen, war es Clara Thalmann ab bilisierung der Interbrigaden ent- Herbst 1936 nicht mehr möglich, kam er nach Frankreich, flüchtete Was ist aus den InterbrigadistInnen geworden? in den Milizen zu kämpfen. dort aus einem Internierungslager und war bis zum Ende des Während des sog. Mai-Putsches 1937 standen sie auf Seiten Zweiten Weltkriegs bei den PartisanInnen der Résistance. In der Sowjetunion wurden viele Spanien-KämpferInnen Opfer der POUM und wurden von der kommunistischen Geheim- Danach kehrte er nach Hamburg zurück und arbeitete als Re- der politischen Säuberungen. Nach Stalins Tod 1953 wurden polizei verhaftet und erst auf Geheiß des sozialistischen dakteur einer kommunistischen Zeitung. In den 50er Jahren sie meist rehabilitiert. Innenministers Zugazagoita freigelassen. Seit 1937 lebten siedelte er nicht ganz freiwillig in die DDR über. Dort arbei- In Osteuropa gehörten Teilnehmer des Spanischen Bürger- beide in Paris und waren von 1940-44 in der Pariser Wider- tete er beim Mitteldeutschen Rundfunk. kriegs zu den führenden kommunistischen Staatsfunktio- standsbewegung aktiv. 1954 gründeten sie zusammen mit nären. Der Interbrigaden-General Walter war von 1945-47 anderen Gleichgesinnten in Südfrankreich eine Art Land- polnischer Verteidigungsminister. Tito, der spätere jugosla- kommune, die Serena. Diese wurde in den 60er Jahren ein wische Staatschef, hatte die Interbrigaden mitorganisiert. internationaler politischer Treffpunkt. Der spätere tschechische Ministerpräsident Gottwald war Pilar Mendiburu, politischer Berater in Albacete, am Standort der Interbri- geb. 1910 in Spanien gaden. Im Zentralkomitee der SED saßen mehrere Spanien- Kämpfer. Vor allem in den Bereichen Polizei, Staatssicherheit Pilar Mendiburu trat 1934 der PCE bei und beteiligte sich und Militär nahmen viele kommunistische Spanien-Kämpfer Heinrich Friedetzky, trotz neugeborenem Kind an der Niederschlagung des Put- hohe Positionen ein. Auch auf kulturellem Gebiet waren viele 1910 - 1998 sches in Madrid. Im Dezember 1936 wurde sie nach Valencia, InterbrigadistInnen sehr aktiv, wie Ludwig Renn, Bodo Uhse, später nach Barcelona evakuiert und arbeitete bei einer Erich Weinert, Ernst Busch, Willy Bredel oder Alfred Kantaro- Der gelernte Elektriker aus Ober- kommunistischen Armeezeitung und im Bildungsministerium. wicz. schlesien trat 1929 der FAUD Sie flüchtete nach Frankreich und tauchte mit ihren drei (Freie Arbeiter Union Deutsch- Kindern in Marseille unter. Während des Zweiten Weltkriegs Das ist aber nur die eine Seite: Einige InterbrigadistInnen lands) bei. Er wurde 1932 arbeits- wurde sie von der PCE illegal nach Spanien geschleust; sie aus Osteuropa wurden Opfer stalinistischer Säuberungen. los und reiste dann nach Spanien. war als Kurierin zu den PartisanInnen tätig. Nach einem ge- Im Gegensatz zu den osteuropäischen Spanien-KämpferIn- 1933 kam er nach Deutschland scheiterten Aufstandsversuch der PCE Ende der 50er Jahre nen haben nur wenige angelsächsische und westeuropäische zurück und führte bis 1937 emigrierte sie in die DDR. Dort arbeitete sie bei der Reichs- Freiwillige des Bürgerkriegs in ihren Heimatländern eine illegale Aktionen durch. Heinrich Friedetzky ging 1937 wie- post als Dolmetscherin und leistete Solidaritätsarbeit für hohe Stellung erreicht. Berühmt wurde der englische Spani- der nach Spanien, wo er in der XI. Brigade, im Ernst Thäl- Familien von Inhaftierten in Franco-Spanien. Pilar Mendiburu enkämpfer Eric Blair, der in einer POUM-Miliz kämpfte, unter mann Bataillon kämpfte. lebt heute in Berlin. seinem Pseudonym George Orwell. In Italien nahm Luigi Longo, 1938 wurde er von den italienischen Faschisten gefangenge- einer der Organisatoren der Internationalen Brigaden, eine nommen und bis 1939 in einem spanischen KZ festgehalten. führende Position in der kommunistischen Partei ein. In Frank- Danach wurde er an die Gestapo ausgeliefert. Der Volksge- reich wurde der Schriftsteller André Malraux, Organisator richtshof der Nazis verurteilte ihn zu zweieinhalb Jahren eines republikanischen Luftgeschwaders, unter Präsident de Zuchthaus. Er überlebte die Konzentrationslager Sachsenhau- Gaulle Kulturminister. sen und Ravensbrück.

In der Bundesrepublik Deutschland führten die ehemaligen Spanien-KämpferInnen im öffentlichen Leben ein politisches Schattendasein. Ihnen wurde nicht die Anerkennung und Aufmerksamkeit zuteil, die ihnen aufgrund ihres harten und selbstlosen Einsatzes eigentlich zustand. Erst 1972 wurden ihnen minimale Rentenansprüche zugestanden, im Gegensatz zu den Angehörigen der Legion Condor, die in der Bundes- republik schon immer Anspruch auf Versorgungsbezüge hat- ten und ein wesentlich höheres gesellschaftliches Ansehen besaßen. Die Odysee der InternationalistInnen Anarchismus

Der Konflikt in Spanien

Der Streit der VertreterInnen dieser beiden unterschiedlichen revolutionären Ideologien war sicherlich historisch und wur- de oftmals zu einer Art Glaubensfrage stilisiert. Diese Unei- nigkeit innerhalb der revolutionären ArbeiterInnenbewegung jedenfalls hat wesentlich zum Scheitern der Spanischen Revolution beigetragen. Die AnarchistInnen waren größten- teils nicht dazu bereit, die Macht, die nach dem Putsch im Juli 1936 vollständig in ihren Händen lag, zu institutiona- lisieren, da sie getreu der anarchistischen Theorie jedwede staatliche Organisationsform ablehnten und weiterhin auf die freie Assoziation von Betrieben und Kollektiven setzten. Mit dieser Vorgehensweise sahen sie sich dem Vorwurf aus- gesetzt, durch ihre Nichtbeteiligung an der staatlichen Re- organisierung den bürgerlichen Kräften Zeit und Handlungs- spielraum zu verschaffen, sich neu zu formieren, um dann den revolutionären Prozess endgültig zu beenden.

Michail Bakunin, 1814 - 1876 Karl Marx, 1818 - 1883 Die KommunistInnen, an Zahl und Relevanz zu Beginn der Revolution 1936 nahezu unbedeutend, orientierten ihre Vor- stellungen stark an der russischen Revolution von 1917. Zu Der Gegensatz zwischen einem Problem wurde der Streit zwischen KommunistInnen Anarchismus und Kommunismus und AnarchistInnen erst als die Sowjetunion unter Stalin begann die Republik in Spanien zu unterstützen. Dies be- Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern hat die gerInnen Bakunins die nahezu ewige Organisationsform der deutete eine ungemeine Stärkung der kommunistischen anarchistische Theorie und Praxis in Spanien eine lange Ge- Unterdrückung. Sie bekämpften ihn mit erbitterter Wut. Position.

schichte und Tradition innerhalb der ArbeiterInnenbewegung. Darum verwarfen sie auch „jede Organisation einer vorgeb- Fortan versuchten die von der SU unterstützten Kräfte in lich provisorischen oder revolutionären politischen Gewalt“. Der Disput zwischen Karl Marx und Michail Bakunin, ausge- allen gesellschaftlichen Bereichen Einfluss zu gewinnen, Als Keimzelle der gerechten, sozialen und herrschaftslosen tragen in der Ersten Internationalen (IAA), endete in Spanien wodurch sie zusehends in Opposition zu den AnarchistInnen Gesellschaft der Zukunft, war für sie die freie Assoziation, mit einem Sieg für Bakunin. Marx, der für einen „autoritären traten. die freie Kommune, eine unabdingbare Voraussetzung. Staatskommunismus“ eintrat, stand in einem unüberwind- Durch außenpolitische Überlegungen kam die sowjetische baren Gegensatz zu Bakunin, der einen „freiheitlichen Kom- In späteren Jahren gesellte sich zu diesen Vorstellungen Führung zu dem Schluss, die Republik zwar zu verteidigen, munismus“ für die Befreiung aller Unterdrückten propagier- eine Annäherung an die revolutionären SyndikalistInnen des den sozialrevolutionären Prozess innerhalb des spanischen te. Der Konflikt endete 1872 in einer Spaltung der Ersten französischen Gewerkschaftsbundes CGT (Conféderation Proletariats aber zu stoppen. Dementsprechend verteilte sie Internationalen. Spanien wurde fortan von anarchistischen Géneral du Travail), was schließlich 1910 in der Gründung auch ihre Unterstützung. Dies gipfelte darin, dass bereits und anarcho-syndikalistischen Ideen der Libertären geprägt, einer eigenen Gewerkschaft endete. im März 1937 die sowjetische Geheimpolizei Menschen ver- die sich in der „Internationalen Allianz der sozialistischen In den theoretischen Auseinandersetzungen innerhalb der schwinden ließ und eine massive Hetzkampagne gegen die Demokratie“ zusammengeschlossen hatten. revolutionären ArbeiterInnenbewegung im ausgehenden 19. anarcho-syndikalistische Bewegung startete. Somit trug die Nach der Lehre Bakunins war der Sturz des Kapitalismus nur Jahrhundert lag der Konflikt zwischen AnarchistInnen und SU trotz ihrer logistischen Unterstützung für die Republik von einer spontanen Entfesselung der zerstörerischen Kraft KommunistInnen begraben, der sich durch die gesamten wesentlich dazu bei, dass die revolutionären Ideen der An- der Unterdrückten zu erwarten. Im Staat sahen die Anhän- Revolutionsjahre und länger hinziehen sollte. archistInnen zerschlagen wurden.

Bewaffneter Bauer CNT-FAI

es immer nur ein kleiner Schritt. Da die CNT eine Massen- organisation war und sich dadurch einer gewissen Transpa- renz für Staat und Polizei nicht entziehen konnte, begann sie schon sehr früh ihre illegale Arbeit in geheimen Kader- gruppen zu organisieren. Diese Gruppen übernahmen Auf- gaben wie Waffenversorgung, Selbstverteidigung, Geldbe- schaffung, Gefangenenbefreiung, Terrorismus oder Spionage. 1927 wurde diese Arbeitsteilung durch die Gründung der FAI (Federación Anarquista Ibérica) formalisiert. Die FAI arbeitete grundsätzlich konspirativ. Ihre Mitglieder waren alle in der CNT organisiert. Diese Geheimorganisation be- gann sich zum eigentlich richtungsweisenden Kern der CNT zu entwickeln. Die Politik der FAI, durch die sie die CNT zu leiten wusste, war strikt antiparlamentarisch und lan- ge Zeit ein Garant gegen die Gefahr des Abgleitens in den Reformismus. In ihrer organisatorischen Struktur kam sie Bakunins Modell als Kader einer großen spontanen Massen- bewegung sehr nahe. Durch ihre Konspirativität entsponnen sich die wildesten Gerüchte, durch die sich ihre GegnerIn-

nen zu den absurdesten Unterstellungen hinreißen ließen. Barcelona, 1936: Kollektivierte Staßenbahn der CNT Fakt ist, dass die FAI einen großen Einfluss auf die CNT ausübte, was immer wieder zu Auseinandersetzungen Der spanische Anarchismus, stark geprägt durch libertäre Die klassischen anarchistischen Ideale der Beseitigung von innerhalb der anarchistischen Bewegung führte. So unter- Denker wie Bakunin, Kropotkin oder Ferrer, fand seine Hierarchie und Herrschaft, von Bürokratisierung und Insti- schiedlich die Strömungen auch gewesen sein mögen, so endgültige Organisationsform erst 1910 in der Gründung tutionalisierung waren auch in der Organisation der CNT gelang es der CNT dennoch sich bei einem Kongress im der weltweit ersten revolutionären Gewerkschaft, der CNT zu finden. Einen bürokratischen Apparat gab es nicht. Die März 1936 in Zaragoza auf eine Richtung festzulegen: (Confederación Nacional del Trabajo). Funktionäre und Funktionärinnen wurden nicht bezahlt. Die nämlich das Ziel, in ganz Spanien den „freien Kommunismus“

ständige Kontrolle von unten wurde nicht formal, durch zu erkämpfen. Die CNT hat sich nie als „Sozialpartner“ verstanden, der Statuten garantiert, sondern folgte aus den Lebensverhält- mit den Unternehmern verhandelt, um die materielle Lage Festzustellen bleibt, dass die CNT die Organisation des nissen der Militanten, die auf das Vertrauen ihrer Basis der ArbeiterInnenklasse zu verbessern. Ihr Programm und spanischen Anarchismus war, die es vollbrachte eine Massen- unmittelbar angewiesen blieben. ihre Praxis bestanden darin, den offenen, permanenten basis (schon 1936 hatte sie über eine Million Mitglieder) Krieg der LohnarbeiterInnen gegen das Kapital bis zum Die Kampfformen der CNT waren der Streik und die Guerilla. zu schaffen, mit deren Hilfe der Militärputsch vom Juli endgültigen Sieg zu führen. Von den Arbeitsniederlegungen zum offenen Aufstand war 1936 erst einmal zurückgedrängt werden konnte.

Madrid 1936: Die Bevölkerung baut Barrikaden zur Verteidigung Madrids - auf dem Bus ein Transparent das zur Verteidigung Zaragozas mobilisiert Kollektivismus

Gewerkschaftler bemalen Züge mit antifaschistischen Parolen Kollektivierte Landwirtschaft in Aragón

Überall wo das Volk nach dem 19. Juli über die Militärput- Kollektivierung auf dem Land Kollektivismus schisten siegte, vollzog sich eine tiefgehende Veränderung (am Beispiel der katalanischen Provinzen) in den Eigentumsverhältnissen und der Produktionsweise. Die An der Spitze jeder Arbeitsgruppe stand ein Delegierter, der Durchführung der sozialen Revolution durch die spanischen Der langgehegte Wunsch der LandarbeiterInnen und Klein- auf der Mitgliederversammlung gewählt wurde. Die Gesamt- Anarcho-SyndikalistInnen vollzog sich in Übereinstimmung bauern und -bäuerinnen, sich nun endlich in den Besitz des heit der Gruppendelegierten bildete einen Arbeitsausschuss, mit ihren freiheitlichen Grundsätzen, deren Einführung in die Landes zu setzen, wurde verwirklicht. Das Land hatte einmal der die gesamte Arbeit organisierte. Die Mitglieder hatten Wirtschaft die Abschaffung aller Privilegien und des Privat- den Vorfahren der Bauern und Bäuerinnen gehört und war jedoch das Recht, auf einer allgemeinen Versammlung die eigentums bedeutete. unter den verschiedensten Vorwänden von den Kriegern, Beschlüsse des Arbeitsausschusses zu ändern. Eine Arbeits- Adligen und später der Bourgeoisie geraubt worden. Die gruppe übernahm die Gemüseversorgung und richtete auf Agrarrevolution verbreitete sich 1936 über ganz Spanien. dem Marktplatz des Dorfes einen Gemüsestand ein. Dort

wurde das Gemüse zu den niedrigsten Preisen angeboten. Im Gegensatz zur Sowjetunion ist der Kollektivismus in Kollektivierung in der Stadt Die Preise waren für Mitglieder und Nichtmitglieder die Spanien eine alte Erscheinung. Bereits im 19. Jahrhundert gleichen. findet man unter den spanischen Bauern kollektivistische Als die ArbeiterInnen nach Beendigung des Generalstreiks in Tendenzen. „Niemandsland“ wurde von den Bauern und Bäuer- Die Kollektive wählten auch einen Verwaltungsvorstand, der die Fabriken zurückkehrten, nahmen sie die Arbeit unter innen ohne Dazwischentreten der Feudalherren besiedelt. über die Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen und der neuen Bedingungen auf. Die Betriebe wurden kollektiviert. Die Bauern und Bäuerinnen halfen sich gegenseitig bei ihren Generalversammlung der Mitglieder Rechenschaft abzulegen Sie wählten auf Belegschaftsversammlungen eigene Betriebs- Feldarbeiten. hatte. leitungen. Die Fabrikkomitees führten die Betriebe unter Hin- So gab es unter ihnen bereits damals in Spanien kollektive zuziehung aller hierzu notwendigen technischen und kauf- Arbeits- und Produktionsweisen. An diese alte Tradition männischen Fachleute weiter. Unternehmer, die die neue knüpfte die moderne sozialistisch-syndikalistische Bewegung Ordnung anerkannten, wurden als gleichberechtigte Beleg- in Spanien an. schaftsmitglieder aufgenommen und auf einen ihren Fähig- keiten entsprechenden Platz gestellt. Nicht selten verblieben Niemand wurde zur Mitarbeit oder zum Eintritt in die Kollek- sie in der Betriebsleitung. Was am Anfang an Erfahrung fehlte, tive gezwungen, denn wer zur Mitarbeit gezwungen wird, der wurde durch Initiative ersetzt. sabotiert. Man war der Meinung, dass die KleinbäuerInnen

nur durch das Beispiel funktionierender Kollektive vom Kol- In kurzer Zeit war das privatkapitalistische Wirtschafts- lektivismus überzeugt werden können. system in eine Kollektivwirtschaft umgewandelt. Eine öko- nomische Revolution hatte sich vollzogen. Der Wechsel der Der beschlagnahmte Grund wurde von der Landarbeiterge- Besitzverhältnisse vollzog sich ohne Betriebsstockungen. werkschaft verwaltet und gemeinsam zum Nutzen der Mit- Doch stellten sich nach kurzer Zeit Schwierigkeiten bei der glieder bearbeitet. Bei Eintritt in ein Kollektiv erhielten die Rohstoffversorgung ein. Die Peseta war gefallen, wodurch LandarbeiterInnen eine Quittung für das, was sie an Arbeits- die Rohstoffe aus dem Ausland teurer wurden. Die Waren vieh und Arbeitsgerät wurden trotz einer Lohnerhöhung um 15 % nicht verteuert, mitgebracht hatten. Bei stattdessen wurden die hohen Direktorengehälter abge- Austritt hatten alle das schafft und unproduktive Zwischenhändler ausgeschaltet. Recht, ihr Eigentum zu-

rückzufordern. Die Feld- Die Kollektivierung der Betriebe war der erste Schritt zur arbeiten wurden von Sozialisierung der Wirtschaft. Der zweite Schritt bestand in Gruppen ausgeführt, der Zusammenarbeit aller Betriebe innerhalb der Industrie- deren Anzahl auf einer gewerkschaft. Die Gewerkschaften verwandelten sich in gemeinsamen Mitglieder- sozialisierte Industriekartelle. versammlung festgestellt Die Kollektivierung erfasste das Baugewerbe, die Metall- und bestimmt wurde. industrie, die Bäckereien und Schlächtereien, die Kinos, das Friseurgewerbe usw. Auch die Hotels und Gaststätten wur- den kollektiviert. Die UnternehmerInnen, HotelbesitzerInnen, etc. schlossen sich halb gezwungen der Gewerkschaft an und erhielten von dieser ihren Lohn. Die Löhne der niederen Lohn- klassen wurden erhöht, die großen Gehälter gekürzt.

Der Staat war an dieser Neuordnung nicht beteiligt. Es war eine wirtschaftliche, industrielle und soziale Revolution. Die Parteipolitik wurde in den Betrieben und sozialisierten Industrien nicht gewünscht.

Barcelona: ArbeiterInnen in der kollektivierten Textilfabrik Godó Milizen

Lebensweise: Die Kolonne war das Abbild der klassenlosen Gesellschaft, für die sie kämpfte. Um sie herum entstan- den Bauernkollektive, in denen das Geld, die Lohnarbeit so- wie das Privateigentum abgeschafft wurden. Die Mitglieder der Kolonne, die aus Mangel an Waffen gerade nicht an die Front gehen konnten, halfen den Bauern und Bäuerinnen bei der Landarbeit, während sie auf ihre Schicht im Schützen- graben warteten - so wurde das Parasitentum bekämpft, das das SoldatInnenleben hervorzubringen pflegt.

Disziplin: Die Disziplin beruhte auf Freiwilligkeit, freiem Ein- verständnis und Klassensolidarität. Die Befehle wurden von (1896 - 1936) an der Front in Aragón Genossin zu Genosse erteilt. Die Delegierten besaßen kei- nerlei Privilegien. Das Prinzip war Gleichheit in Rechten und Um sich gegen die faschistischen Putschisten zu wehren, Autonome Gruppen: Dazu gehörte die Internationale Grup- Pflichten. Der moralische Druck des sozialen Milieus ersetzte bildeten sich sofort nach dem Putsch aus den Gewerkschaften pe (Franzosen, Deutsche, Italiener, Marokkaner, Briten und die Strafmaßnahmen der Militärgesetzbücher. und Parteien CNT, UGT, PCE und POUM ArbeiterInnen-Milizen. Amerikaner), die bis auf rund 400 Menschen anwuchs. Ihr Kulturelle Aktionen: Kultursektionen erteilten Unterricht. Die MilizionärInnen wählten ihre AnführerInnen und ihr Ope- Generaldelegierter und Verbindungsmann mit dem Kriegs- Ein Radiosender verbreitete Texte und Vorträge über ver- rationsgebiet selbst. Die zahlenmäßige Größe der Milizen komitee war der ehemalige französische Artilleriehaupt- schiedene Themen und strahlte Aufrufe an die Soldaten aus, ist nicht genau zu ermitteln, es dürfte über 100.000 Milizi- mann Berthomieu, bis er im September bei einem Gefecht die in den Reihen der Franquisten kämpften. Ein Bulletin El onärInnen gegeben haben. Davon stellte die CNT 50.000, die ums Leben kam. Frente (Die Front), das in einer fahrbaren Druckerei auf ei- UGT 30.000, die PCE 10.000 und die POUM 5.000 Kämpfer- Guerillagruppen: Sie hatten ihre Aufgabe an den feindlichen nem Lastwagen gedruckt wurde, informierte über das Leben Innen. Linien. Zu diesen Gruppen gehörten „Los Hijos de la Noche“ der Kolonne und diente zugleich als Briefkasten für Ideen Anfang August 1936 hatte die Kolonne „Durruti“ folgende (Söhne der Nacht), „La Banda Negra“ (Der schwarze Haufen), und Kritiken.

Struktur: „Los Dinamiteros“ (Die Sprengmeister), „Los Metallúrgicos“ Um das Kriegskomitee konzentrierten sich verschiedene (Die Metallarbeiter) und andere. Kriegskomitee: Die Mitglieder waren Durruti, Ricardo Rionda, Verwaltungs- und andere Dienste, wie zum Beispiel eine Miguel Yoldi, Antonio Carreno und Luis Ruano. Die größte Strategie: Trotz des Mangels an Waffen und Munition, der Bäckerei, die die Kolonne mit Brot versorgte, ein Fahrzeug- Einheit, der Verband, bestand aus fünf Hundertschaften, die Aktionen der Kolonne beeinträchtigte, etablierte die park mit Mechanikerwerkstatt, ein sehr gut ausgebauter aufgeteilt in vier Gruppen mit je 25 Personen. An der Spitze Kolonne “Durruti” von Zaragoza an eine 78 Kilometer lange Sanitätsdienst mit zwei Chirurgen sowie einer Gruppe von jeder Einheit stand ein/e von der Basis gewählte/r und je- Verteidigungslinie, die von Velilla de Ebro bis Monte Oscuro Krankenschwestern. derzeit abrufbare/r Delegierte/r. Diese VertreterInnen hatten reichte. Die Offensive übernahmen mobile Guerillagruppen, Die Struktur und die Organisation der Kolonne entstanden eine Verantwortung, die weder Privilegien noch Befehlsge- die in Überraschungsangriffen feindliche Positionen einnah- im Lauf des Kampfes: Was nicht taugte wurde fallenge- walt mit sich brachte. men und so die Verteidigungslinie der Kolonne Stück für lassen und ersetzt durch etwas, was den gleichen Zweck Stück weiter vorschoben. Mitte August 1936 zählte die Militärisch-technischer Rat: Der Rat bestand aus den zur Ko- besser erfüllte. Es war ein experimenteller Prozess, der Kolonne rund 6.000 Menschen. lonne gehörenden Offizieren; ihr Vertreter war Major Pérez schon am 22. Juli, als sich die ersten Freiwilligen bei den Farràs. Die Aufgabe dieses Rates bestand darin, das Kriegs- Bewaffnung: 16 Maschinengewehre (größtenteils dem Feind Gewerkschaften in Barcelona meldeten, begann. Sie kann komitee zu beraten; auch er verfügte über keinerlei Privile- abgenommen), 9 Mörser und 12 Geschütze sowie 3.000 nicht als das Werk einer Person angesehen werden - sie gien oder Befehlsgewalt. Gewehre (es konnten also nie alle Mitglieder gleichzeitig war ein kollektives Werk, an dem jede/jeder mit ihrer/

ins Gefecht ziehen). seiner eigenen Initiative mitarbeitete.

September 1936: Eine Hundertschaft der Kolonne Durruti, bestehend aus Bauern aus Calanda (Turuel) Die AkteurInnen

Die Putschisten

Das rechte Lager war in sich zersplittert und einig nur in der Gegnerschaft zur Republik. Wichtigste politische Partei der Rechten war die 1933 gegründete katholische Partei CEDA (Spanische Vereinigung der autonomen Rechten), die Die SozialistInnen die Parlamentswahlen im gleichen Jahr auch gewann. Die Ziele dieser Interessenvertretung der Kirche und der Groß- Die zweifellos größte Partei auf der republikanischen Sei- Die POUM grundbesitzer waren ultrakonservativ, klerikal und gegen te war die 1879 gegründete sozialistische Partei. Sie ent- die Autonomiebestrebungen des Baskenlandes und Katalo- stand aus der von den AnarchistInnen aus der spanischen Sowohl aus rechten wie aus linken Abspaltungen der PCE niens gerichtet. Insbesondere die Kirche, die durch ihren Sektion der Ersten Internationalen ausgeschlossenen „au- entstand im September 1935 die POUM (Vereinigte Marxis- Reichtum und ihre Traditionen über eine große gesellschaft- toritären“ (marxistischen) Fraktion und arbeitete bis 1881 tische Arbeiterpartei). Mit ihren anfangs kaum mehr als liche Machtposition verfügte, fand in der CEDA ihre poli- unter dem Namen PDSO (später PSOE) mit geringem Erfolg 3.000 eingeschriebenen Mitgliedern hatte sie 1936 allen- tische Vertretung. In der Bevölkerung aber war die Kirche in der Illegalität. Ihre politische Stärke gewann die PSOE falls in Katalonien eine gewisse politische Stärke. Ihr nicht mehr durchgehend anerkannt. Nach einer Schätzung erst nach 1888, nach der Gründung der sozialistischen politisches Gewicht erhielt sie allein durch ihre Existenz, von gemäßigter katholischer Seite waren in den 30er Jahren Gewerkschaft UGT, die im Gegensatz zu den bereits be- die vor allem den KommunistInnen ein Dorn im Auge war. nur noch 2/3 der SpanierInnen praktizierende Katholiken. stehenden revolutionären ArbeiterInnenorganisationen der Die KommunistInnen stellten die POUM als trotzkistische AnarchistInnen streng zentralistisch aufgebaut war und Partei hin, obwohl Trotzki selbst sie wegen ihrer Betei- Neben der katholischen Partei der CEDA besaßen verschie- reformistische Inhalte vertrat. ligung an dem linken Wahlbündnis bei den Wahlen 1936 dene monarchistischen Gruppierungen und Parteien, die vor scharf kritisiert hatte. Im Sommer 1937 war die POUM das 1934 zählte die UGT 1,25 Millionen Mitglieder und war allem von der Aristokratie gestützt wurden, einen wichtigen hauptsächliche Ziel der von den KommunistInnen betrie- damit etwa gleich stark wie die anarchistische CNT. Bei Einfluss auf die Putschisten. Eine Sonderrolle innerhalb der benen Welle der Verhaftung und Liquidierung politischer Ausbruch des Bürgerkriegs waren die spanischen Sozialist- MonarchistInnen spielen die Carlisten, die vor allem in GegnerInnen. Einer der bekanntesten POUM-Führer war Innen tief gespalten. Ein reformistischer Flügel, vertreten Navarra Unterstützung fanden. Sie propagierten eine abso- Andreu Nin. lutistische, ultraklerikale Monarchie des carlistischen Zweigs vom späteren Verteidigungsminister Pietro, beherrschte des Hauses Bourbon und lehnten auch die relativ liberale den Parteiapparat und fand Unterstützung in einigen Ein- und konstitutionelle Herrschaft der alfonsinischen Linie ab. zelgewerkschaften. Ein eher revolutionärer Flügel dagegen wurde vom UGT-Vorsitzenden Largo Caballero geführt, der Die faschistische Falange, die von José Antonio Primo de oft der „spanische Lenin“ genannt wurde. Er hatte seine Rivera, dem Sohn des Diktators Miguel Primo de Rivera, 1934 Massenbasis in der organisierten ArbeiterInnenschaft und gegründet worden war, spielte politisch vor dem Bürgerkrieg im Parteivolk. nur eine untergeordnete Rolle und zählte erst wenige tausend AnhängerInnen. Bei den Parlamentswahlen 1936 kandidierte die Falange selbständig und erlitt eine eklatante Nieder- lage. Ideologisch orientierte sie sich am italienischen und deutschen Faschismus, nur war sie im Gegensatz zu ihren beiden Vorbildern nicht antiklerikal, sondern betonte, dass das katholische Bewusstsein einen integralen Bestandteil des „Nationalen Neubaus“ darstellen würde. Die spanische Oligarchie verfügte zwar über gute Kontakte zur Falange, verhielt sich ihr gegenüber aber zurückhaltend. Für die Oli- garchie war sie nicht mehr als eine Reservetruppe, auf die gegebenenfalls zurückgegriffen werden konnte.

Die RepublikanerInnen

Die verschiedenen Organisationen und Parteien auf repub- likanischer Seite waren sich nur über das allgemeine Ziel, den Aufstand der putschenden Generäle niederzuschlagen, einig. Bei allen weiteren Fragen entstand heftiger Streit zwischen den verschiedenen Lagern. Die KommunistInnen Die unterschiedlichen Ziele der linken Parteien im Spanischen Bürgerkrieg Die bürgerlich-republikanischen Parteien, die politisch die Aus Abspaltungen der sozialistischen Partei und der CNT Republik getragen und die Regierung gestellt hatten, wa- entstand 1920 die Kommunistische Partei Spaniens (PCE). Die linken SozialistInnen, die AnarchistInnen sowie die ren im Vergleich zu den Parteien der Rechten und Linken Bis zur Volksfrontregierung 1936 spielte sie eine völlig POUM stellten gewissermaßen das linke Spektrum der an- relativ schwach. Der bürgerliche Liberalismus war in Spa- unbedeutende Rolle. Erst nachdem sie die Volksfrontpoli- tifaschistischen Kräfte dar. Sie wollten mit der Nieder- nien schon deswegen schwach, weil es für ein kräftiges, tik übernommen hatte und ihre Mitglieder aufforderte in schlagung des Putsches zugleich die Revolution verwirkli- selbstbewusstes Bürgertum keine tragfähige industrielle die UGT einzutreten, gelang es ihr, sich langsam eine Mas- chen. Rechte SozialistInnen, KommunistInnen und bürger- Basis gab. Der Industrialisierungsprozess war auf sich senbasis aufzubauen. Unterstützt wurde dies auch dadurch, lich-republikanische Parteien - als rechter Flügel -, forder- relativ unabhängig voneinander entwickelnde Zentren wie dass sich die Jugendverbände der sozialistischen und ten „nur“ die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Madrid, Barcelona, in geringerem Maß Valencia und Aragón, kommunistischen Partei vereinigt hatten. Ordnung. Letztere gewannen während des Bürgerkriegs sowie auf die Bergbaugebiete Asturiens beschränkt. Im mehr und mehr an Einfluss. Höhepunkt dieser Entwicklung Die Anhängerschaft der PCE vergrößerte sich von 30.000 relativ hoch entwickelten Katalonien hatten die liberalen war der von den KommunistInnen erzwungene Rücktritt im Jahr 1936 auf 300.000 im Jahr 1937! Dies hat zwei Parteien ihre stärkste Position und traten energisch für des seit September 1936 regierenden Ministerpräsidenten Hauptgründe: einerseits die sowjetischen Waffenlieferun- die Autonomiebestrebungen der Katalanen ein. Caballero im Mai 1937, und seine Ersetzung als Gewerk- gen, die Sympathien für die KommunistInnen erzeugten; schaftsvorsitzender der UGT im November 1937. Seitdem andererseits aber die ausgesprochen nicht-revolutionäre spielten die LinkssozialistInnen keine Rolle mehr im politi- Politik der PCE und ihre radikale Bekämpfung revolutionä- schen Leben der Republik. rer Politik von CNT und POUM. Dadurch wurde die PCE ge- rade vom Kleinbürgertum als zentraler Ordnungsfaktor der Republik begriffen und unterstützt. Die Situation der Frau

September 1936: Milizionärinnen an der Estremadura-Front Toledo: Beim Anstehen vor einer Essenausgabestelle Milizionärinnen an der Front in Guadarramara

Vor Ausbruch des Bürgerkriegs Zu Beginn des Bürgerkriegs Im weiteren Verlauf

Frauen waren in Spanien vor dem Bürgerkrieg in den ver- In den ersten Gefechten des Bürgerkriegs kämpften Frau- Mit der Zeit änderte sich die Einstellung zu Frauen im schiedensten Bereichen stark benachteiligt. Ihre Lebens- en mit den Männern voll mit. Die milicianas trugen Hosen Kampf. Im November 1936 gab es noch Milizionärinnen, bedingungen waren extrem repressiv. Frauen litten an all- (bekannt wurde der typische Overall) und waren bewaff- aber es wurden immer weniger. Verstärkt waren Frauen gemeiner Unterernährung, harte Arbeit war schlecht be- net. Sie führten im Kampf das gleiche Leben wie die Män- nun hinter den Gefechtslinien in den traditionellen Berei- zahlt - um die Hälfte schlechter als die der Männer. Von ner und trugen aktiv zur Verteidigung bei, durch Barrika- chen wie Sanitätswesen und Wach- und Küchendiensten zu 1913 bis 1922 stieg das Einkommen der Männer um 107,1 %, denbau oder als Flakhelferinnen. In Barcelona wurde sogar finden. Wurde der Anblick von Frauen mit Waffen anfangs hingegen das der Frauen um 67,9 %. Erst kurz vor dem ein eigenes Frauen-Bataillon gebildet. als völlig normal empfunden, so wurden sie später häufig

Ersten Weltkrieg wurden wichtige Verordnungen zum Schutz ausgelacht. Jedoch negierten viele Frauen bestimmte unabänderlich der Arbeiterinnen offiziell verabschiedet, obwohl zur Jahr- frauenspezifische Bedürfnisse, um nicht als schwächer Letztendlich wurde von Largo Caballero (Ministerpräsident) hundertwende in nahezu jedem Industriezweig in Spanien oder ungeeigneter zu gelten. Menstruationswatte wurde ein Dekret erlassen, nach dem Frauen der Kampf an der Frauen beschäftigt waren. heimlich verbuddelt und eines der großen Probleme der Front verboten wurde. Begründet wurde dies damit, dass Im gesellschaftlichen Leben nahmen bezeichnender Weise Frauen im Kampf war, nicht schnell im Stehen pinkeln zu eine „normale bürgerliche“ Armee aufgestellt werden soll- die Männer an Versammlungen teil, während Haushalt und können. War die Frau wie ein Mann, wurde sie anerkannt. te, um in der Verteidigung besser zu werden. Frauen soll- Kinder Frauensache waren. Bestimmende Struktur war für ten ihre Energien auf die Arbeiten im Hinterland richten, Frauen die Familie, hier war sie eingebunden und für Haus- Bei Versammlungen waren Frauen wohl allgemein anwesend, da dies mehr ihrem Wesen entspräche. halt- und Erziehungstätigkeiten verantwortlich, was natür- standen aber nicht notwendigerweise auf der gleichen Mit der Zeit ließ sich ein Wandel in der Kleidung beobach- lich ökonomische Abhängigkeit vom Mann mit sich brachte. Stufe wie die Männer, was sich an der geringeren Zahl von ten: weg von Hosen und Overall hin zur Ausgehkleidung. Redebeiträgen beobachten lässt. In den Städten kümmer- 1872 nahmen erstmalig zwei weibliche Delegierte am Kon- ten sich Frauen um Massenorganisationen und betrieben In den Kollektiven wurde eine unterschiedliche Bezahlung gress der Arbeiterföderation Spaniens teil. Ab 1902 er- Propaganda und organisierten das Alltagsleben. Sie be- beibehalten, z. B. erhielt ein Mann im landwirtschaftlichen schien in Valencia die Zeitschrift „Freie Menschheit“ von trieben Gemeinschaftsküchen und Kinderkrippen, was oft Kollektiv Segorbe 5 Peseten Tageslohn, während eine allein- und für Frauen. unter erschwerten Bedingungen geschah, da sie die Aus- stehende Frau 4 Peseten erhielt und eine verheiratete so- Anfang der 20er Jahre entwickelte sich eine Bewegung gangssperre brechen mussten, um einen guten Platz in gar nur 2 Peseten, mit der Erklärung, Frauen bräuchten für Frauenrechte. Das Mutterschaftsgeld wurde eingeführt, den Lebensmittelschlangen zu ergattern. weniger Geld.

1931 erhielten beide Geschlechter das Stimmrecht ab 23 Theoretisch forderten die AnarchistInnen eine Verbesse- Unter den Opfern der Mai-Kämpfe in Barcelona befanden Jahre, die Möglichkeit zur Scheidung wurde festgelegt. rung der Stellung der Frau, praktisch jedoch verliefen die sich zahlreiche Frauen, ähnlich verhielt es sich bei den Ge- 1936 legalisierte die Gesundheitsministerin der Volks- Denkstrukturen meist in den traditionellen Bahnen. Dazu fangenen. frontregierung, Federica Montseny, als erste Amtshandlung kam noch, dass die Auflösung von Familie und Kirche ge- die Abtreibung. Insgesamt zeigt sich, dass nach dem euphorischen Beginn fordert wurde, was aber in erster Linie sozial bedeutende 1933 bildete sich die Frauenorganisation Mujeres Antifa- der Kämpfe die Frauen stark in ihre alten Positionen Strukturen für die Frauen waren. Die Auswirkungen durch scistas. 1936 entstanden die feministische Organisation zurückgedrängt wurden. Durch die soziale Veränderung die Abschaffung wurden nicht einmal angedacht. Mujeres Libres und die gleichnamige Zeitschrift. zu Ausbruch des Bürgerkriegs war es möglich auch alte stark verfestigte Strukturen aufzubrechen, jedoch konn- te sich dieser Zustand nicht halten. Die Stellung der Frau verschlechterte sich zusehends im Laufe des Bürgerkriegs.

September 1936: Republikanische MilizionärInnen an der Estremadura-Front 19. Frauenorganisationen

Frauenorganisationen

Das Ziel der Mujeres Libres war einerseits, den Widerspruch Mujeres Antifascistas zwischen Theorie und Praxis der AnarchistInnen, wenn es um die Befreiung der Frau ging, aufzudecken und zu be- Ihrer Satzung nach standen die Mujeres Antifascistas (An- kämpfen. Andererseits sollten mehr Frauen für die anar- tifaschistische Frauen) für jede Frau offen, waren aber chistische Bewegung gewonnen werden, um diese zu stär- kommunistisch dominiert. Sie waren aus den 1933 von der ken. Es bildeten sich insgesamt 147 regionale Gruppen, in KP gegründeten „Mujeres contra la guerra y el fascismo“ allen größeren Städten waren die Mujeres Libres vertreten, (Frauen gegen Krieg und Faschismus) hervorgegangen, die Mitfrauenzahl stieg auf weit über 20.000. Sie gaben organisierten die Mädchen in der „Union de Muchachas“ die Zeitung „Mujeres Libres“ heraus mit folgenden Positio- (Vereinigung junger Frauen) und gaben die Zeitschrift nen: „Mujeres“ heraus. Sie stellten Arbeitsbrigaden auf, errich- teten Lehrwerkstätten für Mädchen, Kindergärten und • Sie griffen die Familie als Institution an, die Unterdrü- sanitäre Hilfsdienste, alles im Hinterland, da sie der Über- ckung der Frau im Privaten. zeugung waren, dort sei der Platz der Frau während des • Mutterschaft als bestimmendes Element im Leben der Krieges, ihre Aufgabe sei die Versorgung.

Frau lehnten sie ab, warben für die Anerkennung auch Ihre Positionen waren nicht so weitreichend wie die der der Frauen, die sich gegen Kinder entschieden hatten. Mujeres Libres. Sie erklärten den Kampf gegen Faschismus • Sie forderten die gleichberechtigte Beteiligung der Frauen zur absoluten Priorität, der die Frauen sich und ihre Forde- am öffentlichen Leben und an der Erwerbstätigkeit - rungen unterzuordnen hätten. Die Mütterlichkeit wurde von natürlich bei gleichen Löhnen für beide Geschlechter. ihnen hochgehalten und propagandistisch eingesetzt, auch • Sie lehnten Prostitution (nicht die Prostituierten) ab. Dolores Ibarruri, „La Pasionaria“, appellierte in ihren An- • Von der Sexualaufklärung über den Haushalt bis zur Kin- sprachen immer wieder an den „Instinkt der Mütter“. dererziehung, nichts ließen sie unangetastet - auch zum Leidwesen mancher Genossen, die sie nicht als autonome Organisation anerkannten.

Den Standpunkt der Mujeres Libres kann man als „Proleta- rischen Feminismus“ bezeichnen: „Ihr Ziel war in erster Li- „Mit der Arbeit und den Waffen verteidigen wir Frauen die Freiheit des Volkes“ nie ein soziales und politisches Bewusstsein zu schaffen • das hieß: Identifizierung mit den Interessen der Arbeiterklasse. An zweiter Stelle ein feministisches Mujeres Libres Bewusstsein • das bedeutete die Forderung nach Befreiung der Frau aus Die Mujeres Libres (die freien Frauen) gründeten sich im dem Zustand ihrer Unterdrückung als Frau. April 1936. Sie waren klar anarchistisch orientiert, blieben Dieser „Proletarische Feminismus“ ist wohl das, was die aber eine autonome Gruppierung innerhalb der anarchisti- Organisation am Besten kennzeichnet.“ schen Bewegung. (Mary Nash, aus dem Buch „mujeres libres“)

Dolores Ibarruri - „La Pasionaria“ (1895 - 1989) Emilienne Morin, Durrutis Lebensgefährtin Dolores Ibarruri wurde 1895 als baskische Bergarbeiter- „Ja, die Anarchisten haben immer gern von der freien Lie- tochter geboren. Sie war langjährig Generalsekretärin und be gesprochen. Aber schließlich waren sie Spanier, und es Propagandistin, dann Ehrenvorsitzende der PCE (Kommunis- ist komisch, wenn Spanier von so etwas reden. Es passt tische Partei Spaniens). Während der Republik war sie Cor- gar nicht zu ihrem Temperament. Sie hatten das nur aus tes-Abgeordnete. Ihre anfeuernden Reden für die Republik ihren Büchern. während des Bürgerkriegs brachten ihr den Beinamen „La Die Spanier hatten nie etwas übrig für die Befreiung der Pasionaria” ein. Berühmt wurde ihre Parole „No Pasarán” Frau. Nicht die Bohne. Ich kenne sie in- und auswendig, (Sie werden nicht durchkommen). Nach dem Bürgerkrieg und ich sage Ihnen: Die Vorurteile, die sie störten, sind lebte sie bis Ende der 70er Jahre im Exil in der UdSSR. Sie sie rasch losgeworden, aber die ihnen passten, haben sie starb in Madrid. sorgfältig gehütet. Die Frau gehört an den Herd! Von die- Federica Montseny (1905 - 1994) ser Weisheit haben sie viel gehalten. Federica Montseny wurde 1905 in einem anarchistischen „Der Krieg in Spanien ein Bürgerkrieg? Gewiss, doch er war Ein alter Genosse hat einmal zu mir gesagt: ‚Das ist ja Elternhaus geboren. Sie trat 1931 der CNT/FAI bei und war nicht nur das. Es verwirrt, wenn man sich dieses Ereignis ganz schön und gut mit euren Theorien, aber die Anarchie später im zentralen Büro der FAI als Theoretikerin und als einen Kampf zwischen zwei Parteien vorstellt, die um ist eine Sache, und die Familie eine andere. So ist es, und Schriftstellerin tätig. Da sie eine glänzende Agitatorin war, die Macht rangeln. Der Krieg hatte Bürgerkriegscharakter so bleibt es auch.‘ “ arbeitete sie in der Propaganda und kämpfte selbst nie an insofern, dass er die höchste Form jenes Kampfes dar- der Front. Sie arbeitete eng mit Durruti zusammen, gehörte stellt, in dem sich seit Jahrzehnten die Besitzlosen und „Trotz ihrer libertären Ideen fiel es ihnen (den Anarchisten) aber dem anderen Flügel an, der den Regierungseintritt Besitzenden gegenüberstehen. Aber es war auch ein Krieg schwer, einzusehen, dass eine Frau sich ebenso für die der AnarchistInnen befürwortete. So wurde sie die erste für die Verteidigung von Republik und Demokratie ange- libertäre Bewegung interessieren und einsetzen könnte und einzige anarchistische Ministerin (für Gesundheit). Im sichts einer Militärmeuterei faschistischer Prägung. Daher wie sie.“ Mai 1937 riet sie der Bevölkerung Barcelonas, die Waffen der antifaschistische Charakter dieses Krieges (...). Mit der niederzulegen. Nach Kriegsende lebte sie jahrelang im Exil Revolution, die durch die Militärmeuterei ausgelöst wurde, in Südfrankreich und leitete die Auslandssektion der CNT. war es auch ein revolutionärer Krieg. Das alles stellt ein 1977 kehrte sie nach Spanien zurück. unauflösliches Ganzes dar.“ Milicianas

„Der Putsch der faschistischen Offiziere hatte nicht nur die politischen Verhältnisse sondern auch den Alltag der Bevölkerung und das herkömmliche - und in Spanien be- sonders strikte - Rollenverhalten der Geschlechter er- schüttert. 16-jährige Mädchen tauschten das Kleid gegen den blauen Overall der Milizen, hängten sich ein Gewehr über die Schulter und fuhren in den Krieg. Hausfrauen gingen daran, das gesellschaftliche Leben zu organisieren. Es kam in den ersten Tagen und Wochen nach Ausbruch des Krieges zu einer Revolution in der Revolution. Alle Beobachter schilderten noch nachträglich erstaunt das neuartige Auftreten der Frauen, das, da es sich um Spanierinnen handelte, besonders radikal anmutete. Die überwiegende Mehrheit der spanischen Frauen stand unter der Diktatur von Armut, Kirche und Ehemännern. Bis zur Republik 1931 hatten sie so gut wie gar keine Rechte, skandalös niedrige Löhne und keinerlei Interessenver- tretung. Auch die Anarchisten, die in ihrem Grundsatz- programm für die Gleichberechtigung der Frauen plädiert hatten, rührten in der Praxis keinen Finger, nicht auf gewerkschaftlicher Ebene, geschweige denn zu Hause.“ (Ingrid Strobl, „Sag nie Du gehst den letzten Weg“)

Die Frauenbataillone „Rosa Luxemburg“ und „Bolxevique“ der CNT-FAI

„Fifi“ - Fidela Fernandez de Velasca Perez „Chico” - Julia Manzanal „La Dinamitera” - Rosario Sánchez Mora

„Ich bin froh, dass ich damals das Richtige getan habe. Und „Mit 17 war Julia an die Front gegangen, hatte sich eine „Ihr zu Ehren wurde sogar ein Gedicht verfasst, die Helden- in einer vergleichbaren Situation würde ich es wieder tun.“ Khakiuniform angezogen, eine Thälmann-Mütze aufgesetzt, sage der Dinamitera, die ihre rechte Hand dem Kampf gegen die Brüste abgebunden, bis man sie nicht mehr erkennen den Faschismus opferte.“ • Fidela Fernandez de Velasca Perez wuchs in einem konnte. So wurde aus einer koketten Zigarettenverkäuferin, traditionellen, armen Arbeiterviertel in Madrid auf. der die Männer auf der Straße nachpfiffen, Chico, der • Rosario Sánchez Mora kam 1920 in einem kleinen Dorf in • Mit 13 trat sie der Jungorganisation der Kommunistischen Junge.“ der Provinz von Madrid zur Welt. Partei bei. Sie absolvierte dort eine militärische • Mit 16 lernte sie Näherin in Madrid, in einem Zentrum des Ausbildung. • Mit 11 Jahren verließ Julia Manzanal die Schule und „Vereinigten Sozialistischen Jugendverbandes“. • Sofort nach Bekanntwerden des faschistischen Putsches arbeitete in einer Betonfabrik. • Zwei Tage nach dem faschistischen Putsch meldete sie wurde sie an die Front geschickt. • Sie wurde Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation sich als Freiwillige und ging an die Front. • Nach einer Verwundung arbeitete sie als Agentin hinter und der sozialistischen Gewerkschaft UGT. der feindlichen Linie. • Später arbeitete sie bei Standard Electrica, dort wurde „Es war die reinste Hölle. Da wurde Tag und Nacht geschos- • Kurz vor Kriegsende wurde sie verhaftet. sie jedoch nach einem Streik entlassen. sen, dabei haben wir allerdings das Kämpfen sehr schnell • Sie wurde wegen ihrer Geheimdiensttätigkeit zum Tode • „Sie war unangenehm aufgefallen - sie hatte, zusammen gelernt. Bei mir kam noch dazu, dass ich eine Frau war und verurteilt und verbrachte die meiste Zeit in Einzelhaft. mit einer Handvoll anderer junger Arbeiterinnen, die deshalb noch weniger versagen durfte. Angst und Feigheit • Später wurde ihre Strafe in lebenslänglich umgewandelt - StreikbrecherInnen verprügelt, und zwar regelmäßig und haben schließlich kein Geschlecht!“ und sie wurde wegen der überfüllten Gefängnisse systematisch.“ entlassen. • Am Tag des faschistischen Putsches trat sie offiziell in • Sie wurde zu einem mobilen Stoßtrupp versetzt. die Kommunistische Partei ein. • Später wurde sie zur „Sección Dinamiteros“ versetzt. „Eines Tages, nach der Auflösung der Milizen, kam ein • Sie wurde zur politischen Kommissarin des Bataillons („dinamiteros“ wurden quasi automatisch nur Männer) Offizier der regulären Armee zu Fifis Einheit und wagte es, “Kommune” ernannt und ging an die Front. „Die Sensation, dass eine Frau die Bombenexpertin ihrer Fifi als Frau zu beleidigen. Er behauptete, sie würde unter • Als die Milizen aufgelöst wurden, entzog man Julia Einheit war, sprach sich schnell herum, aus Rosario wurde der Treppe mit den Männern schlafen. Fifi: ‚Ich bin zu dem Manzanal die Befehlsgewalt. ‚La Dinamitera’”. hin und hab ihm so in die Fresse geschlagen, dass es ihn • Später wurde sie sogar in die Etappe beordert. • Im September 1936 ereignete sich der Unfall, bei dem sie umgeschmissen hat.’ Das macht man und schon gar nicht • Sie wurde Sekretärin der „Freunde der Sowjetunion“. ihre rechte Hand verlor. frau mit einem Offizier natürlich nicht, und der Geschlagene • Auch nach dem Sieg Francos arbeitete sie in der illegalen • Sie arbeitete als Telefonistin, später wurde sie „Postchef drohte, Fifi vor ein Militärgericht zu stellen. Kameraden Kommunistischen Partei. der Front“. von Fifi griffen jedoch ein und erklärten, wenn er dies täte • 1940 wurde sie verhaftet und als Urheberin des • Rosario arbeitete in der „Arbeiterkommission“. würden sie ihn gleichfalls anklagen, da er die Ehre einer Verbrechens der Rebellion zum Tode verurteilt. • Sie wurde verhaftet und landete in einem KZ der Kämpferin beleidigt hatte. Und damit war die Angelegenheit • Nach Monaten wurde ihre Strafe zu 30 Jahren schweren Faschisten. bereinigt.“ Kerkers umgewandelt. • Sie wurde zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, jedoch nach • Julia Manzanals Tochter war bei der Verhaftung 14 Tage einigen Jahren entlassen. alt - mit 10 Monaten starb sie im Gefängnis. • Jahre später wurde Julia Manzanal begnadigt. „Wir müssen aus den Erfahrungen lernen, wir Frauen müssen lernen: Nie wieder ohne reguläre Bedingungen in einer Armee „Heute bin ich immer noch in der Partei aktiv, obwohl ich zu sein. Wir müssen nicht nur um das Recht kämpfen, die mit dieser neuen Politik meine Schwierigkeiten habe. In gleiche Verantwortung zu tragen wie die Männer, sondern der Illegalität waren wir radikaler, überzeugter, da war nur auch darum, die gleiche Anerkennung zu bekommen.“ Mitglied, wer wirklich voll und ganz hinter der Sache stand. Heute ist das anders. Aber ich nehme noch immer teil am Kampf. Das ist schließlich mein Leben.“

Eine Milizionärin an der Aragón-Front 21 Mika Mika Etchebéhère Kommandantin einer bewaffneten Einheit

Mika Etchebéhère, Argentinierin, ging 1931 nach Europa So wechselte eine miliciana von der kommunistischen Ko- nem Genossen zu hören, dem sie entgegnet: „Ja, es ist und 1936 ins revolutionäre Spanien. Nachdem ihr Gefährte lonne Pasionaria zu ihrer Einheit: „Ich habe gehört, dass wahr, eine Frau, trotz allem, und du mit deinem ganzen Hippolyte, Chef einer Kolonne der POUM (Partido Obrero de in eurer Kolonne die Milizfrauen dieselben Rechte haben Anarchismus, ein Mann, trotz allem, stinkend von Vorurtei- Unificación Marxista), in einem der ersten Gefechte getö- wie die Männer, dass sie sich weder ums Geschirr noch um len wie irgendein Mannsbild.“ tet wurde, wurde Mika Etchebéhère das Kommando über- die Wäsche kümmern. Ich bin nicht an die Front gekommen, tragen. Selbst nach dem Dekret vom Juli 1937, das Frauen um mit einem Putzlumpen in der Hand zu krepieren. Ich In dem Buch „Mika Etchebéhère. Eine Frau kämpft für den Frontdienst verbot, blieb sie und wurde sogar offiziell habe schon genug Töpfe für die Revolution gescheuert“. Spanien“ hat sie ihre Erinnerungen zum Spanischen zum „Hauptmann“ befördert. Sie kämpfte in Zentralspanien Bürgerkrieg in lebendiger Weise geschildert. und bei der Verteidigung von Madrid. Erst Ende 1938 wur- In umsichtiger Organisationsfähigkeit kümmerte sich Mika de ihr durch eine trügerische Beförderung das Kommando Etchebéhère sorgfältig um Verpflegung und medizinische ihrer Kompanie entzogen. Sie überlebte und konnte aus Versorgung: „Wieder einmal bin ich ein Hauptmann-Haus- dem franquistischen Spanien fliehen. mütterchen, das auf Kinder-Soldaten aufpasst“. Sie bemüh- te sich um solch banal klingende Dinge wie Thermosfla- Etchebéhère war sich ihrer absoluten Ausnahmestellung schen und warme Kleidung, die jedoch wesentlich halfen, bewusst: als Frau und Ausländerin an der Spitze einer die Widrigkeiten des Krieges an vorderster Front zu ertra- bewaffneten Einheit zu stehen, noch dazu im Spanien der gen. 30er Jahre mit seinen rückständigen und restriktiven Vor- stellungen von der Rolle der Frau. Durch besonders muti- Zwar wurde die Kommandantin von den Männern ihrer Um- ges und tapferes Handeln versuchte sie die Männer ihr Ge- gebung voll respektiert, doch in all ihrem Handeln ist im- schlecht vergessen zu machen, wurde von ihnen auch als mer der Gedanke präsent, tapferer als diese sein zu müs- quasi geschlechtsneutral betrachtet: „Was bin ich für sie? sen: „Ich spüre Blei in den Armen, eine Eisenkette schnürt Vermutlich weder Frau noch Mann, ein Zwitterwesen be- mir den Hals zu, die Angst der schlimmen Tage lähmt mei- sonderer Art“, aber auch „eine Frau, ihre Frau, eine außer- nen Magen, kriecht mir in die Kehle hoch. Ich muss wei- gewöhnliche Frau, rein und hart, der man ihr Geschlecht tergehen, ich darf nicht hinfallen, ich darf nicht schreien, verzeiht, solange sie keinen Gebrauch davon macht“. fast ist es vorbei, morgen noch, dann werde ich meine Einsamkeit haben, ich werde die Maske der starken Frau Mika Etchebéhère sorgte dafür, dass die milicianas völlig fallen lassen können, werde weinen und schlafen können.“ gleichberechtigt kämpften, ohne „typisch weibliche“ Aufgaben erledigen zu müssen, wie in anderen Kolonnen Dass ihre Befürchtungen berechtigt waren, das Ansehen üblich: „Die Mädchen, die sich unter uns befinden, sind der Männer durch angebliche „weibliche Schwäche“ zu ver- Milizinnen, keine Dienstboten. Wir alle kämpfen für die lieren, bestätigte sich in einem Augenblick der Trauer an- Revolution, Männer wie Frauen, alle sind einander gleich, gesichts sinnloser Opfer: „Na was denn, Kleine, hör auf zu das dürfen wir nie vergessen“. weinen, tapfer wie du bist, da weinst du! Aber natürlich, du bist eben eine Frau, trotz allem“, bekommt sie von ei-

Wandel des Frauenbildes: von der revolutionären Heldin zur Gefahr für den Soldaten

„No pasaran!“ - Sie werden nicht durchkommen! Aufruf der CNT-FAI: „Für die Milizen” “Die Frauen in der Etappe erwarten Dich” “Achtung! Geschlechtskrankheiten bedrohen deine Gesundheit! Schütze dich vor ihnen!” In den ersten Kriegstagen, bei den spontanen Aufständen Hieß es erst noch „Frauen an die Front!“ wurde ihnen nun gegen die Franquisten in vielen Städten kämpften Frauen der Kampf mit der Waffe verboten und es hieß: „Frauen in oft Seite an Seite mit den Männern. Die selbstbewusste die Etappe!“ - wo sie ihnen angemessene Arbeiten verrichten Milizionärin mit der Waffe in der Hand prangte auf den sollten und in traditionelle Rollen zurückgedrängt wurden. Plakaten, wurde glorifiziert und zum Symbol für helden- Milizionärinnen wurden diffamiert und als Huren beschimpft, haften Widerstand. Das änderte sich im Verlauf des Bürger- Frauen zur Gefahr für die Soldaten erklärt. kriegs.