Empirica Forschung Und Beratung
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empirica Forschung und Beratung Gutachten Mietpreisbremse Sachsen Az.: 38-446/498 Endbericht Auftraggeber: Sächsisches Staatsministerium des Innern Ansprechpartner: Prof. Dr. Harald Simons, Lukas Weiden Projektnummer: Datum: Büro: 2015057 November 2015 Berlin empirica ag Zweigniederlassung Bonn Kurfürstendamm 234 Kaiserstr. 29 10719 Berlin 53113 Bonn Tel. (030) 88 47 95-0 Tel. (0228) 91 48 9-0 Fax. (030) 88 47 95-17 Fax (0228) 21 74 10 [email protected] www.empirica-institut.de [email protected] Gutachten Mietpreisbremse Sachsen i I NHALTSVERZEICHNIS 1. Kurzfassung ...................................................................................................................................... 1 2. Vorbemerkung ................................................................................................................................. 2 3. Vorgehensweise ............................................................................................................................... 2 4. Identifizierung angespannter Wohnungsmärkte in Sachsen ..................................................... 4 4.1 Vorauswahl ........................................................................................................................................... 4 4.1.1 Bevölkerungsentwicklung und Neubau ..................................................................................... 4 4.1.2 Ergebnis........................................................................................................................................ 9 4.2 Vertiefte Prüfung ................................................................................................................................ 10 4.2.1 Leerstand und Nachfrage .......................................................................................................... 10 4.2.2 Miethöhe und -entwicklung ...................................................................................................... 16 4.2.3 Mietbelastung ............................................................................................................................ 21 4.3 Untersuchung unterhalb der Gemeindeebene ................................................................................. 25 5. Ergebnisse und Prognose ............................................................................................................. 28 6. Anhang ............................................................................................................................................ 30 empirica Gutachten Mietpreisbremse Sachsen 1 1. Kurzfassung Durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz ist die Möglichkeit geschaffen worden, die zulässige Miethöhe zu Mietbeginn (Mietpreisbremse) in Gebieten zu begrenzen, die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmt wurden (§ 556d BGB). Das vorliegende Gutachten dient der Identifizierung von angespannten Woh- nungsmärkten im Freistaat Sachsen. Die in § 556d BGB genannten Kriterien zur Identifizierung eines angespannten Wohnungsmarktes werden diskutiert um daraus handhabbare Kriterien zu entwickeln. Die Vorgehensweise ist zweistufig. Im ersten Schritt erfolgt eine Vorauswahl aus den 430 Gemeinden im Freistaat (Stichtag 1.1.2015). Die Vorauswahl ist angelehnt an das Kriterium „… die Wohnbe- völkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohn- raum geschaffen wird“. In 41 der 430 Gemeinden im Freistaat Sachsen ist die Zahl der Einwohner zwischen 2011 und 2014 angestiegen. In 21 dieser wachsenden Städte und Gemeinden ist im gleichen Zeitraum jedoch ausreichend neuer Wohn- raum entstanden. In 20 Städten und Gemeinden war dies jedoch nicht der Fall. Hier betrug das Bevölkerungswachstum mehr als 1,8 zusätzliche Einwohner je zusätzli- cher Wohneinheit. Diese 20 Gemeinden werden der vertieften Prüfung unterzogen. Die vertiefte Prüfung erfolgt mithilfe der weiteren Kriterien, soweit diese zielfüh- rend angewendet werden können. Die Stadt Dresden erfüllt dabei als einzige Ge- meinde in der Vorauswahl das Kriterium „geringer Leerstand bei großer Nachfrage“. Für einen angespannten Wohnungsmarkt müsste aber zusätzlich die durchschnittli- che Mietbelastung des Einkommens deutlich überdurchschnittlich sein. Dies ist in Dresden nicht der Fall. Vielmehr liegt die durchschnittliche Mietbelastung für die Anmietung der ortsüblichen Durchschnittswohnung sogar unter dem bundesdeut- schen Durchschnitt. Das Ergebnis der Untersuchung ist eindeutig. In keiner sächsischen Gemeinde ist der Wohnungsmarkt angespannt und es ist auch in den nächsten Jahren nicht damit zu rechnen, dass die Voraussetzungen zur Einführung einer Mietpreisbremse erfüllt wären. empirica Gutachten Mietpreisbremse Sachsen 2 2. Vorbemerkung Das Sächsische Staatsministerium des Innern hat empirica mit einem „Gutachten Mietpreisbremse Sachsen“ beauftragt. Hintergrund ist die im Rahmen des Miet- rechtsnovellierungsgesetz neugeschaffene Möglichkeit die zulässige Miethöhe zu Mietbeginn (Mietpreisbremse) in Gebieten zu begrenzen, die von der Landesregie- rung durch Rechtsverordnung bestimmt wurden (§ 556d BGB). Voraussetzung für die Anwendung der Mietpreisbremse ist der Nachweis, dass der Wohnungsmarkt in den zu bestimmenden Gebieten angespannt ist. Zur Definition von angespannten Wohnungsmärkten in § 556d BGB hat der Gesetzgeber zunächst auf die bereits aus §558 Abs. 3 (Kappungsgrenze) bekannte Formulierung „…wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen […] zu angemes- senen Bedingungen besonders gefährdet ist“ zurückgegriffen. Dann allerdings kon- kretisiert er weiter und führt vier mögliche Indikatoren an, die zur Prüfung heran- gezogen werden können. Demzufolge können Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten insbesondere vorliegen, wenn 1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt, 2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt, 3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit er- forderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder 4. geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht. Diese vier Kriterien – auch da sie nicht verpflichtend sind – eröffnen allerdings dem Verordnungsgeber einen sehr weiten Interpretationsspielraum. Da die vom Gesetz- geber genannten möglichen Indikatoren neu sind, kann die Interpretation sich noch nicht auf einschlägige Gerichtsurteile und eine Diskussionshistorie stützen. 3. Vorgehensweise Die Identifizierung angespannter Wohnungsmärkte im Freistaat Sachsen orientiert sich an den vier in § 556d BGB genannten Kriterien und erfolgt auf Ebene der Ge- meinden. Aufgrund der hohen Zahl an Gemeinden1 wird hierzu eine zweistufige Herangehensweise angewendet. Auf der ersten Stufe wird eine Vorauswahl vorge- nommen und begründet. Auf der zweiten Stufe werden diese Gemeinden einer ver- tieften Prüfung unterzogen. Bei kleinen Gemeinden kann die Gemeindeebene allerdings zu klein sein, einmal aufgrund der Datenverfügbarkeit. Zum Zweiten aber ist – selbst wenn alle Kriterien in einer kleinen Gemeinde auf einen angespannten Markt hindeuten – die Bestäti- 1 Der Freistaat Sachsen umfasst zum Gebietsstand 1.1.2015 430 Gemeinden. Dies sind sowohl die Großstädte Dresden und Leipzig mit mehr als 500.000 Einwohnern als auch viele kleinere Gemeinden. Ein gutes Dutzend hat weniger als 1.000 Einwohner. empirica Gutachten Mietpreisbremse Sachsen 3 gung eines angespannten Wohnungsmarktes dann nicht zulässig, wenn in den Nachbargemeinden der Wohnungsmarkt nicht angespannt ist.2 Die Schwierigkeit der Vorauswahl besteht darin, ein Kriterium zu entwickeln, dass verhindert, dass möglicherweise einzelne Gemeinden mit angespannten Woh- nungsmärkten fälschlicherweise bereits in der Vorauswahl ausgesondert werden. Gleichzeitig müssen aber dafür verlässliche Daten auch verfügbar sein. Ein naheliegendes Vorauswahlkriterium wäre ein Kriterium, dass die durchschnitt- liche Miete verwendet (Höhe oder Entwicklung). Dies aber kann in kleinen Gemein- den mit geringem Mietwohnungsbestand wie z.B. im Bautzener Land zu erratischen Ergebnissen führen, wenn in einem bestimmten Zeitraum nur sehr wenige Angebote vorliegen – nicht, weil die Stichprobe zu klein wäre, sondern, weil schlicht kaum Mietwohnungen angeboten werden. Bei unplausiblen Ergebnissen (z.B. besonders hohe Mieten oder Mietsteigerungen) müssten diese daher ausgeschlossen werden. Dies würde uns zu Recht dem Vorwurf aussetzen, dass wir immer dann unserem eigenen Kriterium nicht vertrauen, wenn die Mieten hoch sind. Aus diesem Grunde wurde die Miete auf Gemeindeebene nicht zur Vorauswahl herangezogen. Die Vorauswahl stützt vielmehr auf Kriterien von Angebot und Nachfrage, die auf amtlichen Zahlen beruhen. Dies sind zum einen die Einwohnerentwicklung (Anstieg der Zahl der Einwohner durch Zuwanderung als Voraussetzung für einen ange- spannten Wohnungsmarkt) und zum anderen die Zahl der Baufertigstellungen. Dies korrespondiert zum dritten Kriterium, das im neuen § 558 Abs. 3 BGB vorgeschla- gen wird („… die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit inso- weit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird“). Wir gehen davon aus, dass der Gesetzgeber hiermit dem Gedanken folgt, dass eine wachsende Bevölkerung zusätz- lichen Wohnraum benötigt und ein angespannter Wohnungsmarkt dann vermieden werden kann, wenn dem Anstieg der Wohnungsnachfrage ein entsprechender An- stieg des Wohnungsangebotes gegenübersteht. In der vertieften Prüfung werden dann weitere Kriterien bzw. Indikatoren diskutiert und