Nr. 174 2020

DENKMAL INFORMATION BAYERN

BAROCKE PRACHT Die Restaurierung der Kirche St. Mauritius in Wiesentheid

LANGE VERBORGEN Die Burgruine Raueneck UNTER WASSER Ein Schädelfund im Bodensee OFT KOPIERT Die Altöttinger Madonna Titelbild: Illusionistische Malerei in der Kirche St. Mauritius in Wiesentheid Foto: BLfD, David Laudien

Foto S. 3: © StMWK Foto S. 4: BLfD, Michael Forstner EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde der Denkmalpflege,

Entdecken und Erforschen, Erinnern und Erhalten sind Grundpfei- ler der Denkmalpflege, der sich viele Bürgerinnen und Bürger in Bayern mit großem Engagement widmen. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist die Kirche St. Mauritius in Wiesentheid, die von den besten Künstlern des Würzburger Ho- fes erschaffen wurde. Die imposanten Scheinarchitekturen verlei- hen ihr einen raumgreifenden Charakter, ihre Ausstattung ist reich und von herausragender Qualität. Es war eine besondere Heraus- forderung, dieses Gotteshaus zu restaurieren und für kommende Generationen zu bewahren – nicht ohne Grund hat die Katholische Kirchenstiftung St. Mauritius in diesem Jahr für ihr Engagement die Bayerische Denkmalschutzmedaille erhalten. Durch die Coro- na-Pandemie fand die Verleihung nicht wie gewohnt in der Säu- lenhalle der Alten Münze in München statt, sondern vor Ort in Wiesentheid. So konnte ich mich persönlich von der Schönheit der Kirche und der großartigen Leistung für ihren Erhalt überzeugen. Hier passt das bekannte Lied „Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land“, denn die Kirche steht am höchsten Punkt des Ortes. Sie ist Jahrhunderte alt und viele Generationen vor uns haben schon Verantwortung für dieses wunderbare Kulturerbe übernommen. Mit der aktuellen Restaurierung haben wir uns dieser Aufgabe er- neut gestellt: In rund zehnjähriger Arbeit wurde die Außen- und Innensanierung von vielen Schultern getragen, um einen der wich- tigsten Barockbauten in ganz Unterfranken zu erhalten. Damit ist gesichert, dass wir uns in den nächsten Jahrzehnten weiter daran erfreuen können. Denkmalpflege ist gelebte Nachhaltigkeit: Von Generation zu Generation werden Denkmäler weitergegeben, gepflegt und an ver- änderte Bedürfnisse und Nutzungen angepasst. So gehen wir ver- antwortungsvoll und schonend mit unseren Ressourcen um. Das sind Werte, die das Lebensumfeld prägen und Identität schaffen. Und zu unserer Verantwortung gehört dabei auch, nach neuen We- gen der Nutzung zu suchen, wenn die ursprüngliche Verwendung nicht mehr möglich ist. Mustergültig gelungen ist dies mit der ehe- maligen Zisterzienserabtei Raitenhaslach bei Burghausen. In den alten Mauern ist jetzt mit dem Akademiezentrum der Technischen Universität München innovative, international ausgerichtete Wis- senschaft zuhause. Dank neuer Lösungsansätze und -methoden aus der denkmalpflegerischen Praxis gehen hier Tradition und mo- derne Technik Hand in Hand.

München, im November 2020

Bernd Sibler Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

haben Sie es bemerkt? Der Name unseres Magazins hat sich denradar und Drohnen in der Erde verborgene Denkmäler geändert: Ab sofort heißt es DI – Denkmal Information aufspürt und dokumentiert. Bayern. Neu ist aber nicht nur der Titel, sondern auch das Besonders ans Herz legen möchte ich Ihnen den Beitrag Erscheinungsbild. Wir haben es behutsam aufgefrischt und von Arne Schacht. Er erzählt die Geschichte, die sich hin- modernisiert. Das überarbeitete, luftige Layout soll Ihnen ter einem Anwesen am Starnberger See verbirgt. Die Villa die Orientierung beim Lesen erleichtern. Dabei helfen hof- war das Refugium des berühmten Sängers und Schau- fentlich auch unsere ebenfalls neuen Rubriken „Erhalten“, spielers Hans Albers und seiner Lebensgefährtin Hansi „Erinnern“, „Erforschen“ und „Entdecken“, die sehr tref- Burg. Die Jüdin Burg floh nach dem Pogrom 1938 ins Exil. fend widerspiegeln, worin unsere Arbeit im Landesamt für Die Liebe der beiden aber überdauerte die Naziherrschaft. Denkmalpflege besteht. Und das ist es ja, was wir mit der DI Dieser Blick in unsere jüngere Vergangenheit zeigt: Men- möchten: Ihnen einen Einblick in die spannenden, vielfälti- schen haben nicht nur Pandemien überstanden, sondern gen Themen der Denkmalpflege in Bayern zu geben. Unser auch Kriege, Diktaturen und Grauen jenseits unserer Vor- Magazin informiert Sie über aktuelle Forschungsergeb- stellungskraft. nisse, Trends und Methoden, über besondere Instandset- Unsere Denkmäler sind nichts Geringeres als Zeugnisse zungsprojekte wie die fast zehn Jahre dauernde Restaurie- des Menschseins in all seinen Facetten. Sie lehren uns, die rung der Kirche St. Mauritius in Wiesentheid und ebenso Lebensweisen und Gedankenwelten unserer Vorfahren zu über archäologische Maßnahmen. verstehen, sie geben unseren Städten und Gemeinden ihre Diese Ausgabe beschäftigt sich beispielsweise mit dem Identität. Unsere Aufgabe ist es, sie für kommende Genera- Fund einer menschlichen Schädeldecke im Bodensee, tionen zu bewahren. Dazu gehört, dass wir ihre Geschich- deren Datierung uns nun Hinweise auf die Existenz einer ten erforschen und weitertragen. Nur so können wir ihnen bronzezeitlichen Siedlung am bayerischen Ufer gibt. Unse- eine Zukunft geben. Mit der DI – Denkmal Information Bay- re Restauratorin Lara Lunau berichtet über ihre Arbeit an ern möchten wir einen Beitrag dazu leisten. Ich hoffe, dass einer Kopie der Altöttinger Madonna und die Recherche Sie unsere Begeisterung für die Denkmäler Bayerns bei der zur Herkunft und zum Zweck des Siegels auf der Rückseite Lektüre dieser und der kommenden Ausgaben spüren. der Figur. Erkenntnisreich waren auch die archäologisch- bauforscherischen Untersuchungen am Passauer Dom, Ihr über dessen Entstehungsgeschichte bisher kaum etwas be- kannt war, die Ihnen Jérôme Zahn erläutert. In der Rubrik „Hinter den Kulissen“ möchten wir Ihnen künftig diejenigen vorstellen, die sich professionell um die Denkmäler Bayerns kümmern – in diesem Heft unseren Prof. Dipl.-Ing. Architekt Mathias Pfeil Geophysiker Dr. Roland Linck, der mit Magnetometer, Bo- Generalkonservator INHALT

IM FOKUS 06 „Nichts verbessern wollen! Es genügt, wenn nichts verdorben wird!“ Die Restaurierung der Kirche St. Mauritius in Wiesentheid

ERINNERN · ERHALTEN · ENTDECKEN · ERFORSCHEN 15 Liebe, stärker als die Nazis Die Villa und der ­Garten von Hansi Burg und Hans Albers in Garatshausen – eine Entdeckungsreise

20 Die Rätsel des Schädelstücks vom Bodensee

26 Burgruine Raueneck Die Rettung eines burgenkundlichen Hochkaräters

30 Oft kopiert und doch einzigartig Die Altöttinger Madonna und ihre Nachbildungen

34 Es kommt Licht ins Dunkel Neue Erkenntnisse zur mittelalterlichen Baugeschichte des Passauer Doms

INTERVIEW 40 „Die Substanz transportiert die Idee“ Im Gespräch mit Prof. Dipl.-Ing. Architekt Mathias Pfeil 06 — ÜBRIGENS 43 Bauarchiv Thierhaupten – Bayerischer Denkmalatlas – Workbook „Denkmal Europa“ — ENTSCHLÜSSELT 44 Die Scheibenfibel Was ein frühmittelalterliches Schmuckstück über Handwerk, Material, Mode und seine Trägerin verrät — ENGAGEMENT 46 Vom Fürst­bischöflichen Amtshaus zum Bürgerschloss Das Kommunale Denkmalkonzept in Oberschwarzach

34 48 Bald unterwegs in der Römerregion Chiemsee Die Website ist online! — HINTER DEN KULISSEN 50 Zwischen Schreibtisch und Feld Geo-Erkundung: Prospektion und Luftbilddokumentation — STADT LAND FLUSS 52 Auf den Spuren von Wolfram Unterwegs in Ornbau, Merkendorf und Wolframs-Eschenbach — MOMENT MAL – DENKMAL! 60 Foto-Wettbewerb auf Instagram und Facebook — BLICKWINKEL 62 Die Geschichte von Kinnmaskenträgern und einem Geisterhaus 52 — BÜCHER 64 Kräftedreiecke im Torgebäude – Seismik im Turm Das archäologische Jahr in Bayern 2019 — 67 Impressum

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 6 IM FOKUS

„Nichts verbessern wollen! Es genügt, wenn nichts verdorben wird!“

So lautete 1894 die Forderung des Gutachters für die erste­ ­Restaurierung einer der bedeutendsten Barockkirchen­ Frankens: St. Mauritius in Wiesentheid. 116 Jahre später gingen die Restauratorinnen und Restauratoren erneut ans Werk – mit herausragendem Erfolg.

VON HANS-CHRISTOF HAAS

FOTOS BLFD, DAVID LAUDIEN

n den westlichen Ausläufern des Steigerwal- des im unterfränkischen Landkreis Kitzingen liegt der Markt Wiesentheid, dem die Grafen von Schönborn seit dem 18. Jahrhundert durch ihreA anspruchsvolle Bautätigkeit mit Schloss, Park, WIESENTHEID Amtshäusern und Kirche bis heute das Gepräge eines herrschaftlichen Residenz- und Amtssitzes verliehen haben. Der Ort ist 918 erstmals erwähnt und wurde 1678 durch Kaiser Leopold I. Sitz einer Reichsgrafschaft un- DER SCHEIN TRÜGT. KUPPEL, ter Johann­ Otto von Dernbach, der jedoch 1697 kinder- PILASTER, GESIMSE UND MAU­ los starb. Seine Witwe Eleonore Charlotte heiratete 1701 ERÖFFNUNGEN HAT GIOVANNI Graf Rudolf Franz Erwein von Schönborn, zu dessen Brü- FRANCESCO MARCHINI AN DIE dern die Fürstbischöfe von Würzburg, Bamberg, Speyer DECKE UND WÄNDE GEMALT. und Worms zählten. In der Folgezeit bauten die Grafen von Schönborn den Markt mit großem Anspruch zur barocken Residenz aus. Die Bedeutung Wiesentheids und der Kirche St. Mauritius hängt aufs Engste mit der für die deutsche Geschichte und Kulturgeschichte wich- tigen Familie von Schönborn zusammen.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 7 In einer Ädikula über dem Eingang wacht der hl. Mauritius über die Kirchgänger. Mansarddach überfangen sind. Die reich gegliederte Westpartie ist als Werksteinbau errichtet, das Langhaus und der Chor sind Putzbauten mit Sandsteingliederung; am Chor ist im Norden die Sakristei angefügt. Die kräftig proportionierte Fassadengliederung wird zur Mitte mit giebelbekröntem Rundportal und Wappenkartusche zu einer großen Ädikula mit toskanischen Halbsäulen und verkröpftem Segmentgiebel gesteigert. Der Auszug mit seitlichen Voluten wiederholt diese Form in kleinerem Maßstab mit ionischen Säulen und Dreiecksgiebel. Die seitlichen Fassadenfelder sind leicht schräg gestellt und zeigen in den Nischen die überlebensgroßen Figuren der hl. Eleonora und des hl. Franz, während im Turm der Kirchenpatron, der hl. Mauritius, steht. Die Bildhauer- arbeiten schuf 1727–1729 Heinrich Stahler aus Frank- furt. Das Turmobergeschoss mit rundbogigen Schallöff- nungen ist an den abgeschrägten Kanten mit Pilastern instrumentiert und schließt mit einer geschweiften sog. Welschen Kuppel mit Laterne. Der übrige Bau wird an den Gelenkstellen mit Pilastern und vor allem durch die schlanken Rundbogenfenster gegliedert, die wie die Fas- sadennischen segmentbogige Verdachungen haben.

Die Künstler ­gehörten zu den ­besten des Würz­ burger Hofes. Ihr Werk hat nationale Bedeutung.

BAUGESCHICHTE UND BAUGESTALT Der Innenraum besteht aus einem vierachsigen Saal Die gegenüber dem Schloss stehende Kirche mit Fassa- mit eingezogenem Chor, mit westlichen, von Rundbö- denturm und Mansarddach hatte einen spätgotischen gen geschlossenen Kapellen und einer vorschwingen- Vorgängerbau, den der Würzburger Baumeister Anto- den Empore. Der Raum überrascht durch die alles be- nio Petrini (1621–1701) in den Jahren 1681–1684 durch herrschende Quadraturmalerei von Giovanni Francesco einen Turm ergänzte und umgestaltete. Graf Rudolf Marchini (1672–1745), der 1728–1730 nicht nur die Spie- Franz Erwein schließlich gab in den 1720er Jahren einen gelgewölbe, sondern auch sämtliche Wände mit hoch- weitgehenden Neubau der Kirche in Auftrag, für den wirksamen Scheinarchitekturen im Sinne der Kunst Balthasar Neumann (1687–1753), einer der bedeutends- Andrea Pozzos ausgestaltet hat. Die Wände mit Doppel- ten Baumeister des Barock und Rokoko in Süddeutsch- pilastern tragen im Gewölbe eine sehr bewegte Säulen- land, 1726 Entwürfe vorlegte. In den Jahren 1727–1728 architektur, die in einer zentralen Kuppel mit Laterne führte der gräfliche Werkmeister Johann Georg Seitz gipfelt. Belebt wird die Komposition durch illusionis- (1689–1739) den Bau aus. Der Turm, der gleichsam über tisch gemalte Heiligenfiguren, Putten und Gemälde. Der bzw. hinter der römisch-barock geprägten Westfassade Chor mit den seitlichen Oratorien für die gräfliche Fa­ erscheint, geht wohl noch auf Petrini zurück. 1732 weih- milie öffnet sich nach oben in einem leuchtenden Him- te der Bruder des Bauherrn, Fürstbischof Friedrich Carl mel mit musizierenden Putten und der Dreifaltigkeit von Schönborn, die Kirche. in der Mitte. Allein mit dieser Scheinarchitektur stellt Der markante Turm und die monumentale West- die Kirche St. Mauritius ein einmaliges Zeugnis spät­ fassade mit der vorgelagerten Freitreppe beherrschen barocker Malkunst in Süddeutschland dar. Doch auch den Schlossplatz. Ihnen schließen sich das fünfachsige die übrige Kirchenausstattung ist von höchster Quali- Langhaus und der polygonale Ostchor an, die von einem tät, wobei der Hochaltar hervorzuheben ist. Flankiert

8 IM FOKUS von je drei Säulen und zwei Heiligen- RESTAURIERUNGSGESCHICHTE figuren triumphiert in der Mitte der Mehr als 150 Jahre nach der Erbau- hl. Mauritius als Sieger über den Dra- ung war 1894–1897 die erste umfas- chen. Der Auszug zeigt eine hinter- sende Innenrenovierung der Kirche leuchtete Glorie mit dem Heiligen Balthasar Neumann erforderlich. Hierzu wurden von dem Geist. Die Skulpturen hat der in Würz- Er zählt zu den wichtigsten Baumeis- Kunstmaler Max Benatz und den Bal- burg niedergelassene Bildhauer Jakob tern des Barock und Rokoko. dauff´schen Werkstätten Angebote van der Auwera (1708–1756) geschaf- Ab 1719 plante er die fürstbischöf- eingeholt, wobei letztere schlussend- fen. Hochaltar, Seitenaltäre, Kanzel, liche Residenz in Würzburg. Später lich den Auftrag erhielten. Die Restau- Beichtstühle, Bänke und Orgelpros- oblag ihm das gesamte Bauwesen rierung umfasste eine Auffrischung pekt sind hervorragende Werke des der Hochstifte Würzburg und Bam- und weitgehende Überfassung der Hofebenisten Johann Georg Neßtfell berg. Bekannt ist er vielen auch vom Malereien Marchinis. Die Maxime des (1694–1762), der mit dem Tabernakel letzten 50-Mark-Schein, der sein fachlichen Gutachters war hierbei: eine bedeutende Intarsienarbeit an- Porträt zeigte. „Nichts verbessern wollen! Es genügt, gefertigt hat, die die Offenbarung des wenn nichts verdorben wird!“ Die Re- Johannes darstellt. Giovanni Francesco tuschen und malerischen Bearbeitun- Die städtebaulich dominante Kirche Marchini­ gen aus der Restaurierungsphase von St. Mauritius zählt in ihrer qualität- Er gilt als Meister der barocken 1894 beschränkten sich zumeist auf vollen Gestaltung und mit ihrer he­ Illusionsmalerei.­ 1672 bei Como damals notwendige Putz-Reparaturen rausragenden Ausstattung zu den be- ­geboren, arbeitete er nach 1716 und deren Einbindung. Allerdings deutendsten Barockkirchen Frankens. auch in Franken. Seine Werke zieren erlaubten sich die Ausführenden zu- Sie ist hier eines der beredtesten Zeug- Schlösser und Sakralbauten sätzlich malerische Akzentuierungen nisse standesherrlicher Kirchenbau­ Mittel- und Süddeutschlands, zum in Form von Licht- und Schattenkan- tätigkeit. Die Künstler gehörten zu den Beispiel auch die Wallfahrtskirche ten, Lichthöhungen an der gemalten besten des Würzburger Hofes, die auch zu Walldürn. Architekturgliederung und an der fi- über das Fürstentum hinaus gewirkt guralen Malerei wie bei den Locken, haben, sodass der Kirche ohne Zweifel Augen und Gesichtskonturierungen. nationale Bedeutung zukommt. Darüber hinaus wurde die hochwerti-

Der Innenraum beeindruckt mit seiner barocken Ausstattung. Von 2013 bis 2017 arbeiteten Restauratorinnen und ­Restauratoren daran, ihm seine Pracht zurückzugeben.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 9 ge Altarausstattung nebst Kanzel und Die Architekturgliederung der Fas- Adelslogen nach damaliger denkmal- saden aus grünlich-grauem Schilf- Johann Georg Neßtfell pflegerischer Auffassung restauriert sandstein musste im Rahmen der Au- Mit Anfang 20 trat der Kunstschrei- und der Skulpturenbestand um einige ßensanierung ebenfalls gesichert und ner aus Alsfeld 1717 in die Dienste Attribute ergänzt. restauriert werden, wobei das Farb- der Grafen von Schönborn und Die zweite umfassende und jüngst konzept beibehalten wurde. Als mar- fertigte höchst gelungene Furnier- abgeschlossene Restaurierung in der kanteste Änderung des Erscheinungs- arbeiten für Schlösser und Kirchen 290-jährigen Geschichte der Kirche bildes erhielt das bisher weitgehend an. Bekannt wurde er später aber wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit Biberschwanzziegeln eingedeckte vor allem für seine mechanischen notwendig. Konkreter Anlass waren Langhaus aufgrund denkmalfachli- Himmelsmodelle, die Planeten­ mehrfache Wassereinbrüche durch cher und bautechnischer Überlegun- maschinen. die undichte Dachdeckung im Bereich gen nun eine einheitliche Schiefer­ der Gauben. In einem ersten Arbeits- deckung. schritt wurde am vielbenutzten Empo- renaufgang in der Südwestecke eine erste großflächige INNENRESTAURIERUNG Musterachse angelegt, da die 1895 mit Leimfarbe über- fassten Malereien dringend bearbeitet werden muss- Nach Abschluss der Außenrenovierung konnte schließ- ten. Stetiger Bindemittelabbau und Schmutzaufnahme lich von 2013–2017 die aufwendige Innenrestaurierung hatten mittlerweile zu einer großflächigen, pudernden erfolgen. Diese wurde in zwei Phasen durchgeführt: Auf- und Ablösung der Retusche geführt. Da eine rei- In einem ersten Abschnitt wurde die Raumschale des ne Konsolidierung der nur fragmentarisch erhaltenen Chors bearbeitet, in der zweiten Phase das Langhaus. Malschicht zu keinem überzeugenden Ergebnis führ- Die erweiterten Untersuchungen bestätigten den beim te, entschlossen sich die Beteiligten zur Abnahme der Emporenaufgang erarbeiteten Restaurierungsansatz, Übermalungen von 1895. Dabei kam ein fast vollstän- zeigten aber auch an anderen Flächen die Möglichkeit, diger Bestand der ursprünglichen Malerei Marchinis einen zum Teil vermischten Bestand von 1728 und 1894 zutage, die in der Folge auch in den anderen Bereichen zu akzeptieren, und führten nach der Abnahme der wieder zur Wirkung kommen sollte. Oberflächenverschmutzung zu einer differen- zierten Vorgehensweise. So waren die Sockel- zonen von Chor und Langhaus bis zu sechs- AUSSENRENOVIERUNG mal überarbeitet worden, sodass hier eine Eine intensive Begutachtung des reine Konservierung nicht mehr möglich Dachwerks und der Dachein­ war. Mit der Gerüststellung erfolgte auch die deckung führte zur Erkenntnis, dass Restaurierung der wertvollen Ausstat- vor der Innenrenovierung dringend tungsobjekte, wobei insbesondere die eine Außenrenovierung erforderlich sei. Altäre, die Adelslogen, die Kanzel und Diese wurde von 2010–2012 durchge- der Orgelprospekt im Fokus der Spe- führt und umfasste eine zimmermanns- zialisten waren. Die Marketeriearbei- mäßige Reparatur des Dachwerks mit ten Neßtfells wiesen Ablösungen und dem daran befestigten Spiegelgewöl- Fehlstellen auf, weshalb eine sorgfäl- be. Dieses besteht aus Holzlatten, die tige Konservierung geboten war, um an formgebende Rippen genagelt und weiteren Substanzverlust zu verhin- mit einem mit Kälberhaaren verstärk- dern. Die holzsichtige Ausstattung ten Kalkputz versehen sind. Diese für das wurde vornehmlich konservatorisch 18. Jahrhundert typische Konstruktionswei- behandelt, sodass die historischen se ermöglicht die Erzeugung vergleichswei- Schichten und Überzüge weitgehend er- se leichter Gewölbekonfigurationen mit einer halten werden konnten. großen Formenvielfalt. Da das Gewölbe jedoch weit in das untere Mansarddach hineinreicht, Den liturgischen und kunsthisto- werden die Schubkräfte des Sparrendachs durch rischen Höhepunkt der Kirche stellt paarweise angeordnete Binder mit Kreuzstreben der Hochaltar mit dem Figurenpro- gesichert, die bis in das obere Mansarddach ge- gramm um den hl. Mauritius und führt sind. Zusätzliche Hängesäulen tragen die dem Tabernakel im Zentrum dar. Lasten über Druckstreben und liegende Stuhl- Besonderes Augenmerk wurde auf Staub und Kerzenwachs hatten säulen auf die Außenmauern. Die Komplexität die Skulpturen gelegt, die aus theo- das Kleid der Madonna im Seiten- des Dachwerks demonstriert die Erfahrung und altar stark verschmutzt. Behutsam logischen Gründen wieder eine In- das Können des Baumeisters Balthasar Neu- ­gereinigt glänzt es wieder. karnatfassung erhalten sollten. An- mann als Urheber dieser Konstruktion. hand minimaler Befunde und von

10 IM FOKUS

Im Chor mit den seitlichen Oratorien für die gräfliche Familie öffnet sich die Scheinarchitektur Marchinis in einen leuchtenden Himmel, in dem Engelein musizieren.

Die Figuren des Hochaltars stammen vom Hofbildhauer Jakob van der Auwera: Flankiert von Heiligenfiguren triumphiert der hl. ­Mauritius über den Drachen.

Den Tabernakel schmücken gravierte Edelhölzer, Perlmutt und Zinn, seine Türen aufwendige In- tarsien, die die Offenbarung des Jo- hannes zeigen. Sie stammen – wie auch die Kanzel – von Neßtfell.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 11 Analogien barocker Bemalungen, wie z. B. in rahmt den eigentlichen Aufbewahrungsort, Kloster Banz, erhielten die Figuren eine re- dessen Türen eine Marketeriearbeit mit der versible, neubarocke Fassung. Zuvor wurden Offenbarung des Johannes zeigen. Ergän- die Skulpturen sorgfältig gereinigt und der zend hierzu wurden die zwölf ursprüngli- Untergrund gefestigt. Die farbliche Fassung chen Altarleuchter aus Zinn sorgfältig res- arbeitet nun die Plastizität und den Aus- tauriert und stehen nun in zwei Stufen auf druck der zuvor monochrom gehaltenen Ge- der Mensa. Licht sichter deutlich heraus, sodass wieder eine Der Fußbodenbelag der Kirche bestand ur- Schlichte Stelen leuchten enorme Lebendigkeit im Sinne des barocken sprünglich aus quadratischen, diagonal ver- den Innenraum nun mit Theatrum sacrum – darunter versteht man legten roten Sandsteinplatten. Diese waren LED-Technik aus und set- die bildliche Darstellung der christlichen jedoch aufgrund aufsteigender Feuchtigkeit zen die Ausstattung und Heilsgeschichte unter Einbeziehung thea­ so stark verschlissen, dass sie durch einen die Malereien in Szene. tralischer Effekte, um beim Betrachter Emo- artgleichen Belag ersetzt werden mussten. tionen hervorzurufen – entsteht. Den Taber- Ferner wurde über einer kapillarbrechen- nakel zieren gravierte Edelhölzer, Perlmutt den Schicht im Bereich der Bankblöcke und und Zinn, die nach der Reinigung in dieser des Chores eine Bodentemperierung einge- Vielfalt wieder differenziert zum Ausdruck baut. Das Niedertemperatursystem wird mit kommen. Eine aufwendige Kleinarchitektur Holzdielen bodengleich abgedeckt, sodass mit vergoldeten Säulen und Kapitellen um- sich das Erscheinungsbild nur geringfügig

12 IM FOKUS

Meisterhafte Illusion: Gemalte Architektur, sog. Scheinarchi­ tektur, dominiert den Innenraum von St. Mauritius.

ändert. Alle Laufflächen und Gänge sind sionistischen Malereien und die opulente weiterhin mit Sandsteinplatten belegt. Zur Ausstattung angeregt, sich auf diesen Got- Be- und Ausleuchtung des Innenraums wur- tesdienstraum einzulassen und die Raum- den schlichte Stelen vor die Außenwände kunst des 18. Jahrhunderts zu erfahren. Das gestellt, die mit moderner LED-Technik den Bayerische Landesamt für Denkmalpflege Raum für den Gottesdienstbesucher aus- hat mit seinen Restaurierungswerkstätten Wärme leuchten, aber auch gezielt die Ausstattung die Maßnahme von Beginn an intensiv be- Unter den Bänken und Malereien in Szene setzen. Dieses Kon- raten und begleitet. Das denkmalfachlich sorgt eine moderne zept verhinderte Eingriffe in Wände und Ge- und restauratorisch überzeugende Ergeb- Niedrigtemperatur-­ wölbe und nimmt sich durch den neutralen nis stellt eine Gesamtleistung aller Beteilig- Bodenheizung für die Anstrich soweit zurück, dass die Lichtträger ten dar, zu nennen sind hier insbesondere Behaglichkeit der Gottes­ kaum auffallen. die Kirchengemeinde als Eigentümer und dienstbesucherinnen und Nach der fast zehn Jahre dauernden Au- Nutzer, das Bischöfliche Bauamt der Diöze- -besucher. ßen- und Innenrestaurierung und der lan- se Würzburg, die beauftragten Architekten, gen Schließung während der Bauzeit kön- Fachplaner, Restauratoren und Handwerker. nen Gläubige und Kunstliebhaber nun dieses In diesem Jahr wurde der Katholischen Kir- herausragende barocke Gesamtkunstwerk chenstiftung St. Mauritius für die heraus- wieder in seiner vollen Pracht erleben. Die ragende Renovierung die Bayerische Denk- Sinne der Betrachter werden durch die illu- malschutzmedaille verliehen.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 13 ERINNERN ERHALTEN ENTDECKEN ERFORSCHEN

Lebendige Denkmalpflege bedeu- tet: ERINNERN. Den Blick zurück auf die Geschichte werfen. Die Vergangenheit pflegen. Eine neue Aufmerksamkeit. ERHALTEN. Altes neu denken, neu erschließen. Brü- cken bauen zwischen Gestern und Heute. Eine neue Funktion. ENT- DECKEN. Die Wahrnehmung für das Vorhandene schärfen. Das Be- sondere im Alltäglichen finden. Ein neues Sehen. ERFORSCHEN. Von der Forschung lernen. Zusammen- hänge aktiv knüpfen und verste- hen. Ein neuer Zugang.

14 ERINNERN Liebe, stärker als die Nazis

Die Villa und der Garten von Hansi Burg und Hans Albers in Garatshausen – eine Entdeckungsreise

VON ARNE SCHACHT GARATSHAUSEN

chauplatz einer der Neubewertung gibt Auf- berührendsten Liebes- schluss. geschichten in den turbu- ALBERS VERABSCHEUTE lenten Zeiten der ersten Hälfte DAS SYSTEM, DAS IHN AUF desS 20. Jahrhunderts waren 40 Jahre lang bis 1975 die Villa und die Gartenanla- HÄNDEN TRUG ge der jüdischen Schauspielerin Hansi Burg Hans Albers war nicht nur der „Hambur- und des Filmstars Hans Albers in Garatshausen ger Jung“ von der , er war einer der am Starnberger See. Das bis auf 27.000 m2 sukzes- größten und beliebtesten deutschen Filmstars des siv durch Zukauf vergrößerte Seegrundstück mit his- 20. Jahrhunderts und ein Superheld des frühen deut- torischem Landhaus erwarb der Schauspieler 1935 für schen Films, der in über 100 Stummfilmen mitgewirkt sich und seine Lebensgefährtin von der Familie Thurn und in der Frühzeit des Tonfilms deutsche Filmge- und Taxis. Hier glaubte er, sich den NS-Beobachtungen schichte geschrieben hat. 1930 drehte er den legendä- aus der Weltstadt Berlin entziehen zu können. ren „Blauen Engel“ an der Seite von Das Albers-Anwesen ist eines der letzten unentdeck- und . Der „blonde Hans“ bediente zwar in ten Kleinode am Starnberger See. Es steht seit zehn Propagandafilmen mit seiner markanten „nordischen“ Jahren leer und ist der Verwilderung preisgegeben. Da- Erscheinung das Idealbild der Nationalsozialisten, lebte durch trägt es zwar weitestgehend authentisch die Spu- privat aber alles andere als kooperativ. Von Goebbels als ren der letzten Bewohner in sich, in letzter Zeit gab es „Teufelskerl“ bezeichnet, positionierte der Volksschau- aber auch Überlegungen für einen Hotelneubau. Eine spieler sich hingegen latent regimekritisch: Er mied

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 15 offizielle Veranstaltungen, ließ sich nicht mit Parteigrößen abbilden und so wenig wie möglich von ihnen vereinnahmen. Durch seine Berühmtheit einigermaßen geschützt, Hansi Burg scheute er nicht davor zurück, den Unmut Zur Welt kam Hansi Burg des Reichspropagandaministers auf sich zu im Jahr 1898. Als Zwölf- ziehen. Als die umstrittene Leni ­Riefenstahl jährige zog sie mit ihrer einmal zu Dreharbeiten ins Atelier kam, soll Familie nach Berlin, wo Hans Albers sofort die Arbeit mit den Wor- sie 1917 auch ihre Schau- ten: „Es stinkt hier penetrant nach Nazi. So- spielkarriere am Lust- lange diese Person hier herumsteht, drehe spielhaus startete und in ich nicht weiter!“ niedergelegt haben. mehreren Filmen mit- Nach der Machtübernahme wurde ver- spielte. mehrt Druck auf Albers ausgeübt, sich von seiner jüdischen Lebensgefährtin Hansi Burg loszusagen. Die aus Wien stammende Lageplan mit Verlauf Schauspielerin war die Tochter seines Prote- der Wegeführung im Garten gés und Mentors Eugen Burg, selbst interna- Plan: Bayerisches Hauptstaatsarchiv tional gefeierter Regisseur und Schauspie- ler. Sie erkannte früh sein Potenzial, stellte Der prominent auf dem Hügel gelegene ihre eigene Karriere zurück und wurde seine Villenbau­ ist als unterkellerter, zweigeschos- Managerin. Hansi Burg und Hans Albers siger Mauerwerksbau mit Mezzaninge- Zudem ging die Neustrukturierung in ihrem Landhaus in Garats­ schoss gebaut, das weit ausladende hausen, 1946 des Filmunternehmens Universum Flachsatteldach mit Flugpfetten ist Film AG, kurz Ufa, mit der Entlas- in Kupfer gedeckt. Der Filmstar sung aller jüdischen Mitarbeiter baute es um und glich es, ver- einher. mutlich der Tarnung wegen, ganz der gewollten Architektur- sprache des Systems im barocki- VOM WELTSTÄDTISCHEN sierenden Heimatstil an. Die BERLIN DER 1920ER JAH- Überformung berücksichtigte RE INS FISCHERDORF AM die überlieferte Grundrissdis- STARNBERGER SEE position und beinhaltete regionale Im Juni 1934 wurde Hans Albers aus Baumaterialien, bauzeittypische höl- der Reichsfilmkammer ausgeschlos- zerne Verschalungen und rauen Ver- sen, seine Gagen wurden gestrichen und Foto: Albers II, privat putz, Fensterläden und Balkonbrüstungen er erhielt Berufsverbot. Albers’ Wochen- sowie reichhaltige Kunstschmiedearbeiten. enddomizil, die Villa Oeding am Wannsee, Der nahezu quadratische Baukörper wurde wurde alsbald von Goebbels und seiner im Erdgeschoss südostseitig zum See hin Familie bezogen. Im Oktober 1935 schrieb durch einen runden Eckbodenerker ergänzt. Albers schließlich dem Reichspropaganda- Hans Albers minister, dass er seine Beziehung offiziell Der 1891 geborene Ham- DIE ENTSTEHUNG DES VILLENGAR- gelöst hätte. Im gleichen Jahr ging Hansi burger absolvierte eine TENS IM KONTEXT ZUM SCHLOSS Burg eine Scheinehe mit einem in Berlin le- Kaufmannslehre, ehe er benden Norweger ein, um die Trennung zu Der in nächster Nachbarschaft gelegene einer der berühmtesten bekräftigen. De facto lebten sie aber weiter Garatshausener Schlosspark wurde ab 1872 Schauspieler und Schla- zusammen, von nun an in ihrem Refugium durch den königlichen Hofgärtner Ludwig gersänger Deutschlands am Starnberger See. Beißner neu angelegt. Es kann davon ausge- wurde. Neben zahlrei- Dort erwarb Albers ein Seegrundstück mit gangen werden, dass die historisch gewach- chen Theaterrollen, unter einem klassizistischen Landhaus, das zuvor senen, teils exotischen Baumriesen beson- anderem an der Berliner vom Schlossverwalter von Garatshausen be- ders im Westen des Albers-Anwesens noch Volksbühne und der wohnt worden war. Der Erbauer, Dr. Ludwig aus dieser Zeit stammen. Der Villengarten Komischen Oper, spielte Loé, ließ sich die Villa mit zwei Nebengebäu- erfuhr durch Albers eine Umgestaltung im er in über 100 Filmen mit den 1865 im Bereich einer Kreuzigungsgrup- Sinne eines Reformgartens mit barockisie- und nahm Schallplatten pe auf dem höchsten Punkt des einstigen renden Elementen. So umrundet ein aus- auf. Kalvarienbergs im südlichen Umgriff des schwingender Zufahrtsweg die teilweise mit Schlosses Garatshausen errichten. altem Baumbestand gesäumte Villa viertel-

16 Schloss Garatshausen mit Kalvarienberg (links), dem Standort der heutigen Albers-Villa, Ansicht von 1854 aus: v. Leoprechting: Stammbuch von Possenhofen der Insel Wörth und Garatshausen, 1854

Blick auf die Hans-Albers-Villa von der Die Westfassade weist in Ihrer Feingliedrig- Seeseite, mit Bootshaus und noch nicht keit noch die klassizistischen Merkmale des ­zugewachsener Uferzone ­Ursprungsbaus auf. Foto: Manfred Wirth Foto: Arne Schacht kreisförmig und lässt verschiedene Blickbeziehungen stützenfreien Badehauses. Das Reetdach der Bootshütte zu. vermittelt zusammen mit den Schnitzereien der einzigen Die älteste auffindbare Darstellung des Ursprungs- tragenden Säule auf der Terrasse Südseeflair. Teile der baus aus dem Jahr 1878 gibt Auskunft darüber, dass eine bauzeitlichen technischen Ausstattung wie die Dusche wechselseitige Blickbeziehung vom See zur Terrasse und die Drahtseilwinde haben sich erhalten. Nach Os- möglich war. Heute ist das Ufer zugewachsen. Die obere ten und Süden schließt sich eine dreiseitig umlaufende Terrassenebene wurde von einer opulenten Stützmau- großzügige Holzterrasse an. er eingefasst. Achsensymmetrisch zum Haus mündete eine großzügig angeordnete Freitreppenanlage, vom VIELE FREUNDE UND KOLLEGEN DES Schauspieler als seine „Himmelstreppe“ bezeichnet, steil ­BERÜHMTEN PAARES VERSCHWANDEN absteigend zur tiefer gelegenen Gartenebene mit halb- kreisförmigem Rosenrondell, eine Referenz zur nahe- Als die Repressionen immer stärker wurden, flüchtete gelegenen Roseninsel. Beide Elemente sind heute leider sich Hansi Burg kurz nach den Novemberprogromen nicht mehr sichtbar, vermutlich im Erdreich verschüttet. 1938 ins englische Exil. Von nun an musste ihre Lebens- Als architektonisches Kleinod ließ sich der Filmstar gemeinschaft, die kinderlos blieb, einer sechsjährigen 1936 ein ungewöhnlicherweise mit Ried – Schilfrohr – Fernbeziehung mit ungewissem Ausgang standhalten. gedecktes Bootshaus in den See bauen. Der annähernd Burgs Vater kam während dieser Zeit mit seiner Frau quadratische aufgeständerte Holzbau ist in Blockbauwei- in Theresienstadt ums Leben. Ihre beiden Schwestern se nach einem Entwurf des Architekten Georg Hellmuth wurden in Auschwitz Opfer des Holocausts. Winkler konstruiert und wird von einem vier Meter ho- Nach Kriegsende kehrte Hansi Burg aus dem Exil zu- hen markanten Zeltdach bekrönt. Auf der Firstspitze be- rück nach Garatshausen. In den Folgejahren stand das findet sich ein sternförmig geschmiedeter Aufsatz. Die Haus vielen Freunden und Filmgrößen mit bekennend kühne Hängewerkkonstruktion ist doppelt so hoch wie antifaschistischer Haltung wie Marlene Dietrich, Jean die Außenwände und trägt die Decke des weitgehend Gabin, oder Anton Wohlbrück offen.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 17 Die letzte prägende Baumaßnahme erfuhr 1948 das nördliche Nebengebäude als Doppelgarage mit Chauf- feurswohnung in Kunstschmiedearbeiten neubarocker Prägung, bei denen der Kniestock mit Bundwerkver- blendung aufgesetzt wurde. Hans Albers, dessen Todestag sich 2020 zum 60. Mal jährte, verstarb am 24. Juli 1960. Seine Lebensgefährtin überlebte ihn um 15 Jahre. 1971, vier Jahre vor ihrem Tod, verkaufte Hansi Burg ihren Besitz an den Freistaat Bayern unter Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts mit der Auflage, das Grundstück nach ihrem Tod der Öffentlichkeit „für Er- holungszwecke“ zugänglich zu machen. Die Albers-Vil- la wurde daraufhin von der Bayerischen Landesanstalt für Fischerei genutzt, die 2009 auszog, da ein Verkauf geplant war. Danach stand sogar der Abriss der Villa und der Neubau eines Hotels zur Diskussion. Ein ent- sprechender Bebauungsplan wurde jedoch aufgehoben. Die Villa am Seeufer steht seit 2009 leer und der Park verwildert. Der örtliche Kulturverein versucht seither, Die Geschichte trifft den Zeitgeist: 2020 wurde die tragische Liebesbeziehung verfilmt.

mit einer Petition das Anwesen der Öffentlichkeit zu- Oben: Luftbild des Albers-Anwesens gänglich zu machen, bislang vergebens. 2020 (links) und 1956 (rechts) Luftbilder: ­Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Seit 2017 fand sich eine Gruppe interessierter und fachlich versierter Wissenschaftler mithilfe des Denk- malnetzes Bayern zusammen. Durch Recherchen und Beobachtungen konnten neue vertiefende Einsichten in die Baugeschichte von Villa und Landschaftsgarten und in die Lebenshistorie des prominenten Paares zu- sammengetragen werden. Die Ergebnisse wurden der gehend erhalten. Eine denkmalpflegerische Wieder- Öffentlichkeit und der Lokalpolitik in einem Vortrags- herstellung mittels eines Parkpflegewerks wäre sehr abend im Schloss Garatshausen dargestellt und einer wünschenswert. Ein Ausdünnen des Baumwildwuch- erneuten Petition, die auch durch den Bürgermeister ses insbesondere entlang des Seeufers wäre besonders unterstützt wird, beigefügt. dringend erforderlich, ebenso gartendenkmalpflegeri- In Zeiten von weltweit zunehmendem Antisemitis- sche Maßnahmen. mus trifft die Geschichte den Zeitgeist. Während der Die Villa wurde nun aufgrund ihrer geschichtlichen Forschungsarbeiten zum Thema ist ein Buch erschie- und künstlerischen Bedeutung in die Bayerische Denk- nen, das unterschiedliche Verhaltensweisen von Schau- malliste eingetragen – zum einen als „qualitätvolles Bei- spielern während der NS-Zeit beleuchtet. Anfang 2020 spiel für die Fortschreibung der Villenkultur am Starn- wurde die tragische Liebesbeziehung verfilmt. berger See“ und zum anderen, weil die Villa „Schauplatz des Lebens eines berühmten Schauspielers, aber auch einer christlich-jüdischen Liebesgeschichte ist, die HAPPY END DANK DENKMALSCHUTZ exemplarisch das verbrecherische Wirken des NS-Re- Das Albers-Anwesen reiht sich nahtlos ein in die Kul- gimes widerspiegelt“. turlandschaft der Villen am Starnberger See. Zehn Jahre Bleibt zu hoffen, dass in diesem Sinne Park und Villa Leerstand des Gebäudes und Wildwuchs der histori- eine entsprechende Nutzung finden, die der Geschichte schen Park- und Gartenanlage haben ihre Spuren hin- des Ortes gerecht wird. terlassen. Auch wenn ein Teil der Gartenanlage derzeit von Bewuchs überdeckt ist, sind deren Strukturen weit- Literaturhinweise finden Sie auf S. 66.

18 ERINNERN

Grundriss: ­Beobachtete Zeitschichten der drei wesentlichen Bauphasen Plan: Arne Schacht

Rechts: Vogelschau auf den Pleasure­ ground der Gartenanlage, mit Rosen- rondell, Zustand ca. 1950 Foto: Albers II, privat

Links: Ansicht der Loé-­Villa von der Seeseite, Vignette von 1878 aus: Link, Andreas: Der Starnberger See und seine ­Umgebung, 1878

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 19 ENTDECKEN Die Rätsel des Schädelstücks vom Bodensee

Gehörten die Knochen einer bronzezeitlichen Uferbewohnerin? Einiges deutet darauf hin.

VON TOBIAS PFLEDERER, BERND TRAUTMANN, ROBERT ANGERMAYR

VORGESCHICHTLICHE SEEUFERRAND­ SIEDLUNGEN IM BAYERISCHEN TEIL DES BODENSEES – EINE FORSCHUNGSLÜCKE? Der Fund, die Dokumentation und die Bergung des spätbronzezeitlichen Einbaums von Wasserburg im Bo- densee waren spektakulär. Mit einer Datierung in das Jahr 1124 ± 10 v. Chr. stellt er das bislang älteste Was- serfahrzeug dar, das jemals in Bayern entdeckt wurde. WASSERBURG AM BODENSEE Abgesehen davon ist er der bislang einzig gesicherte und wissenschaftlich dokumentierte Einbaumfund am Bodensee überhaupt. Einige Fragen blieben nach seiner Bergung unbeantwortet: War der Einbaum ein Einzel- ­Seeuferrandsiedlungen als „Prähistorische Pfahlbauten fund, beispielsweise ein angeschwemmtes Verlustob- um die Alpen“ zum universellen Erbe der Menschheit jekt? Wurde er in beschädigtem Zustand und funktions- erklärt. Am bayerischen Ufer des Bodensees ist bislang untüchtig aufgegeben? Oder gab es möglicherweise keine einzige Seeuferrandsiedlung bekannt. Im Gegen- Hinweise auf eine nahegelegene, bislang unentdeckte satz zum westlichen Bodensee werden in den östlichen bronzezeitliche Siedlung, in der die Fahrer des Ein- und damit bayerischen und österreichischen Teil in ho- baums wohnten und in deren Nähe der Einbaum lag? hem Maß Sedimente durch die zuführenden Flüsse, den Kartiert man die bislang bekannten prähistorischen Rhein bzw. den Rheinkanal sowie durch die Bregenzer Seeuferrandsiedlungen am Bodensee, wird deutlich, und Dornbirner Ach, eingetragen. Im Mündungsbereich dass entsprechende Befunde auf bayerischer Sei- des Rheinkanals wurden bis zu 3.000.000 Tonnen (!) te – am Nordufer – fehlen. Aus der großen Zahl von Sedimenteintrag pro Jahr gemessen. Es ist durchaus vorgeschichtlichen Siedlungen auf baden-württem- vorstellbar, dass dieser massive Niederschlag an Sedi- bergischer Seite bekamen am 27. Juni 2011 insgesamt menten in den unmittelbar benachbarten Gebieten zu neun den Status einer Welterbestätte zugesprochen einer Überlagerung von archäologischen Befundsub­ und wurden zusammen mit anderen zirkumalpinen stanzen und Pfahlbauresten geführt hat.

20 FORSCHUNGSTAUCHER DER BGFU WÄHREND DER STRATIGRAFISCHEN ARBEITEN

FOTO: BGFU, TOBIAS PFLEDERER ÜBERLEGUNGEN ZUM BRONZE- dass der Einbaum mindestens 50 Jahre vor ZEITLICHEN UFERVERLAUF UND ZU deren frühester Datierung genutzt wurde. POTENZIELLEN SIEDLUNGSLAGEN Auf der Suche nach zeitgleichen Befunden im Umfeld der Fundstelle muss vor allem Mit 392,1 m über Normalniveau deckt sich das Gräberfeld von Kressbronn-Hemigko- die Position der Einbaumfundstelle weitge- fen (Bodenseekreis) angeführt werden, das hend mit den Höhenwerten der westlich an- in das 13. bis 12. vorchristliche Jahrhundert grenzenden spätbronzezeitlichen Fundstel- datiert und in Luftlinie gerade einmal 2 km len am Bodensee. Die Siedlungsschichten von der Fundstelle des Einbaums entfernt der Seeuferrandsiedlung von Unteruhldin- ist. Auch wenn die zum Gräberfeld zugehö- gen-Stollenwiesen befinden sich beispiels- Zeichnung: HUND B. communication rige Siedlung nicht identifiziert ist, scheint weise grob zwischen 393 und 394 m, die von eine Lage in näherer Umgebung, evtl. auch Hagnau-Burg zwischen 390 und 394 m über SCHÄDEL­KALOTTE in Sichtweite der Grablegen, wahrschein- Normalniveau. Der Einbaum dürfte somit Der Begriff Kalotte leitet lich. Vor dem Hintergrund dieser Befunde am ursprünglichen, bronzezeitlichen Ufer sich vom lateinischen und der chronologischen Entwicklung der oder zumindest im Flachwasserbereich nach Wort für Haube ab: bekannten spätbronzezeitlichen Seeufer- seiner Aufgabe abgelagert worden sein. Da- „calautica“. Später wur- randsiedlungen ist auch eine – bislang unbe- nach scheint der besser erhaltene und tiefer den auch die Scheitel- kannte – Pfahlstation in näherer Entfernung gelegene Bug unter schützende Sediment- käppchen katholischer zum Einbaumfund denkbar. abdeckung gekommen zu sein, während das Geistlicher so genannt. Heck offen blieb und in der Folgezeit zerstört Unter einer Schädelka- SUCHTAUCHGÄNGE UM DIE wurde. Erst in neuerer Zeit hat zunehmende lotte versteht man den FUNDSTELLE – BEARBEITETE Erosion auch den mittlerweile ca. 3 m unter oberen, kuppelförmigen HÖLZER UND EIN SCHÄDEL Wasser liegenden Bug sowie den Rest des Schädelteil, der auch als Einbaums freigelegt. Hirnschale oder Schä- Im November und Dezember 2018 sowie Ob der Einbaum mit den erwähnten Sied- deldecke bezeichnet erneut im Oktober 2019 erkundeten For- lungen in Zusammenhang stand, ist al- wird. schungstaucher der Bayerischen Gesell- lerdings fraglich. Beim Vergleich mit den schaft für Unterwasserarchäologie e. V. Schlagdaten der verbauten Pfähle fällt auf, (BGfU) erneut die Umgebung um die Ein-

Bergung des bronzezeitlichen Einbaums von Wasserburg am 11. April 2018 Foto: BGfU, Tobias Pflederer

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Forschungs­ taucher der BGfU während der stratigrafischen Arbeiten Foto: BGfU, Tobias Pflederer

baumfundstelle. In ca. 70 m Entfernung und auf nahe- rests entwickelt haben. Aus der oberen Strate, in die zu identischer Höhe zur Einbaumfundstelle entdeckten die Schädelkalotte eingebettet ist, stammt ein Brett- sie bereits beim ersten Tauchgang mehrere gering in fragment aus Eichenholz, das zur Datierung der Fund- das Oberflächensediment eingebettete und bearbeitete schicht herangezogen werden konnte – wie auch zwei Hölzer. Besonders aufsehenerregend war inmitten der Holzkohlestückchen aus demselben Befund. Die mittels Hölzer eine oberflächlich sichtbare Schädelkalotte, die 14C-Analyse eingehängte dendrochronologische Datie- in abgelagertes Seesediment, sog. Seekreide, eingebet- rung des Eichenbretts – durchgeführt von Franz Herzig­ tet war. Nach Klärung der weiteren Zuständigkeiten im Dendrolabor des Bayerischen Landes­amtes für – vor allem aus kriminalrechtlicher Sicht – Denkmalpflege in Thierhaupten – ergab wurde der Schädelrest durch eine kleine ein Fälldatum „nicht vor 637 n. Chr.“. Sondage stratigrafisch ergraben und Am Holzkohlestück konnte mittels zur anthropologischen Begutachtung 14C-Analyse ein weitgehend de- weitergeleitet. Weitere Knochenres- ckungsgleiches Datum des te wurden nicht gefunden. 6./7. Jahrhunderts n. Chr. er- Die Stratigrafie, die sich vor- mittelt werden. Nachdem beide wiegend am Südprofil ablesen Funde in das frühe Mittelalter lässt, zeigt unter einer 2 bis 3 cm wiesen, nahm man für die Schä- dicken Schicht aus Seekreide und delkalotte zunächst eine ähnli- Sand ein sehr kompaktes und ver- che Datierung an. backenes, hartes Schichtpaket aus Die anthropologische Begut- zahlreichen Mollusken, Sand und achtung der Schädelreste von Was- kleineren Hölzern. Im unteren Bereich serburg zeigte, dass lediglich das Os dieser Schicht ist der Holzanteil höher und frontale sowie die beiden Ossa parietalia es finden sich auch einzelne Holzkohlestücke. erhalten sind. Das Os occipitale, die komplette Danach schließt sich ein Schichtpaket aus weit- Schädelbasis sowie der Gesichtsschädel feh- gehend sterilem, tonigem und dunkelblauem len. Durch die Einbettung im Seesediment Schluff an, dem die Schädelkalotte unmittel- Schädelkalotte mit haben die Knochen eine grau-braune Färbung bar aufliegt. Das obere, kompakte Schichtpa- erkennbarer sutura sagit- angenommen, an vielen Stellen ist jedoch hel- talis und sutura coronalis, ket läuft am Schädelfragment leicht nach oben les Sediment, die Seekreide, aufgelagert oder eingebettet in eine See- gebogen auf und dürfte sich daher nach oder kreidelinse in spongiöse Strukturen der Lamina interna zusammen mit der Ablagerung des Schädel- Foto: BGfU, Tobias Pflederer eingedrungen. Sowohl an der Außen- als auch

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 23 an der Innenseite des Schädels sind Eindellungen und de auch für die Schädelkalotte zunächst eine ähnliche Abrasionen der Knochenoberfläche zu erkennen, die Zeitstellung angenommen. Die nur geringe Verrollung auf äußere Umstände z. B. durch Verrollung und andere und der gute Erhaltungszustand des Schädelknochens Bewegungen der Schädelkalotte auf oder im Sediment ließen ebenso an eine jüngere Datierung denken. Umso zurückzuführen sind. Auf der Schädelaußenseite sind aufsehenerregender war die abschließende radiome- an insgesamt zehn Stellen in einer Größe von trische Analyse der Schädelkalotte, die ein wenigen Millimetern feine haarähnliche Ge- Jahr nach ihrer Entdeckung eine spätbronze- webereste vorhanden. Ob es sich tatsächlich zeitliche Datierung in das 10. bis 9. Jahrhun- um Reste des Kopfhaares oder um von außen dert v. Chr.erbrachte. Mit einem kalibrierten aufgelagertes Material handelt, kann jedoch BRONZEZEIT 2-sigma Fehler, der Angabe eines anzuneh- nicht mit Sicherheit angegeben werden. Pa- Die Bronzezeit umfasst menden Standardfehlers, wurde ein Datum thologische oder weitere morphologische in Mitteleuropa den zwischen 967 und 831 v. Chr. ermittelt (die Veränderungen sind an den Knochen nicht Zeitraum von 2200 bis radiometrischen­ Untersuchungen erfolgten zu diagnostizieren. Trotz der schwierigen 800 v. Chr. Ihr Name am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie Geschlechtszuweisung über einen Schädel- bezieht sich auf das gGmbH, Leitung: Dr. Ronny Friedrich). rest sprechen viele Indizien für die Knochen- Metall, das die Menschen Wenngleich das verstorbene (wohl weib- fragmente eines weiblichen Individuums. in dieser Epoche vorwie- liche) Individuum aus einer Zeit 200 Jah- Der Arcus superciliaris – die Region oberhalb gend bearbeiteten. re nach der Herstellung des Einbaumes der Orbitae – stellt sich beispielsweise eher stammt, deutet die urnenfelderzeitliche Da- flach, glatt und wenig wulstig dar und erin- URNENFELDERZEIT tierung der Schädelkalotte dennoch auf eine nert an ein weibliches Geschlecht. Auch die In die späte Bronzezeit menschliche Anwesenheit zu dieser Zeit und steilere Stirnneigung und die leichten Wöl- fällt die Urnenfelder­ in der näheren Umgebung hin. Die Lage des bungen an Stirn- und Scheitelbeinen (Tubera kultur, die zwischen Fundes auf einer Schicht des frühen Mittel- frontalia et parietalia) sprechen eher für den 1300 bis 800 v. Chr. in alters lässt zudem die Interpretation einer Knochenrest einer Frau, die – ausgehend Mitteleuropa weit ver- sekundären Ablagerung des Schädelkno- vom Verwachsungsgrad der Schädelnähte breitet war. Benannt ist chens zu. Diese muss relativ rasch und mit – im mittleren Lebensalter verstorben sein sie nach dem damals einer ebenso schnellen Überlagerung durch dürfte. üblichen Bestattungs- schützendes Sediment erfolgt sein. Anders Auch wenn korrelierende Siedlungs- ritus, die Leichen zu lässt sich der gute Erhaltungszustand der schichten der späten Bronzezeit im direkten verbrennen und in Urnen urnenfelderzeitlichen Schädelkalotte kaum Umfeld des Einbaums bislang nicht entdeckt beizusetzen. Sie löste die erklären. Denkbar ist, dass der Knochen bei- wurden, blieben die frühmittelalterlichen Hügelgräberkultur der spielsweise bei einem Hochwasser während Befunde nicht minder interessant. In der mittleren Bronzezeit ab. des frühen Mittelalters oder kurz danach nahegelegenen Ortschaft Hengnau wurden von seinem primären Ablagerungsort (einer 1939 acht bis neun Körpergräber des frühen Grablege?) losgerissen und an die heutige Mittelalters entdeckt. Wasserburg („wazzar­ Stelle verlagert wurde. Auch der nahe Esch- buruc“) selbst wurde erstmals im Jahr 784 ur- bach und das Mitführen von vorgeschicht- kundlich erwähnt. Im Jahr 1997 entdeckte man südwest- lichem Material aus einer Fundstelle im Inland könnte lich des Schlosses von Wasserburg bei Aushubarbeiten eine Rolle gespielt haben. Die dargestellten Ergebnisse für ein Garagenfundament eine beigaben­lose Körper- deuten nicht mehr als einen Zwischenstand in der Er- bestattung. Das in Ost-West-Orientierung niedergelegte forschung der Bucht von Wasserburg an. Die unter- Skelett einer wahrscheinlich weiblichen Person wurde wasserarchäologischen Untersuchungen und die Suche mittels 14C-Analyse ebenfalls in das frühe Mittelalter nach der vermuteten bronzezeitlichen Siedlung im na- zwischen 545 und 685 n. Chr. datiert. hen Umfeld sollen 2021 fortgesetzt werden. Aufgrund der stratigrafischen Verhältnisse und der frühmittelalterlichen Datierung der Fundschicht wur- Literaturhinweise finden Sie auf S. 66.

Südprofil des Aufschlusses an der Schädelkalotte Orthofoto, erstellt mit Agisoft Metashape: BGfU, Tobias Pflederer

24 ENTDECKENIM FOKUS

Schräg seitliche Ansicht der Schädelkalotte im Südprofil Foto: BGfU, Tobias Pflederer

Das Schädelstück entdeckten die Forschungstaucher zwischen mehreren be- arbeiteten Hölzern. Foto: BGfU, Tobias Pflederer

Umzeichnung des Südprofils 391,20 m ü. NN ▽ 391,20 m ü. NN ▽ oberes, kompaktes Schicht- paket mit Mollusken, Sand und kleinen Hölzern sowie Holzkohle unteres Schichtpaket aus sterilem, tonigem, dunkel- 0 10 cm blauem Schluff Zeichnung: BGfU, Tobias Pflederer

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 25 ENTDECKEN

Burgruine Raueneck

Die Rettung eines ­burgenkundlichen Hochkaräters

RAUENECK VON JOACHIM ZEUNE

FOTO: ANDY BETZ, AUGENBLICKE FOTOBLOG 26 ie trotz Ausschilderung schwer aufzufindende und durch dichten Waldbewuchs komplett verborgene Burgruine in der unterfränkischen D Gemeinde Ebern, Lkr. Haßberge, überblick- te, heute kaum vorstellbar, einst vom west- lichen Ausläufer des Haubebergs (431 m ü. NN) weithin sichtbar das gesamte Baunach- tal mit seinem wichtigen Fernhandelsweg und visualisierte dadurch eindrucksvoll die bedeutende gesellschaftliche Stellung der Herren von Raueneck. Dieses wohlhabende Geschlecht stand in direkter Nachfolge der edelfreien Herren von Bramberg und schuf hier um 1200 nach der Zerstörung ihrer Stammburg Bramberg im Jahr 1168 ein neu- es Herrschaftszentrum, nach dem sich 1213 BURG Hermannus de Ruhenecke erstmals benannte. RAUENECK Bemerkenswert ist der Umstand, dass zeit- BAUPHASENPLAN gleich die in Sichtweite befindlichen Burgen Lichtenstein und Altenstein errichtet wur- UM 1200 den. Die Burg selbst erscheint direkt 1231, als 1380–1400 der Edelfreie Ludwig von Ruheneke sein hal- bes castrum dem Würzburger ­Bischof antrug. ANFANG 15. JH. Von 1378 bis 1476 hielten die Marschalks als Würzburger Erbburgmannen und Amts- 1430/40 männer die mittlerweile von mehreren genden Sanierung eine wertvolle Informa- UM 1500 Familien bewohnte Ganerbenburg und in- tionsquelle zu vormaligen Bauzuständen vestierten, verbunden mit dem sukzessiven 1550–1600 und zum Tempo des Verfallsprozesses. Um Erwerb der fremden Besitzanteile, 1378 und die rechtliche und finanzielle Grundlage für 19.–21. JH. 1430 insgesamt 400 Gulden in den Ausbau eine schrittweise Sanierung zu schaffen, ließ und die Verstärkung der Burg. Um 1560 FELS der um den Erhalt seiner Burgen stets be- vereinigte man die Burgen Bramberg und mühte Landkreis Haßberge 2005 ein lang- Raueneck zu einem Doppelamt. Die Burg 1 Halsgraben fristiges Erbbaurecht eintragen. überstand scheinbar Bauernkrieg und Drei- 2 altes Burgtor Die danach einsetzenden Sicherungsarbei- 3 Eckquaderung Palas ßigjährigen Krieg ohne Schäden, wurde al- 4 Ringmauer mit Fischgrät­ ten umfassten in unregelmäßigen Abständen lerdings 1632 geplündert, als man vergrabe- füllwerk kleinere Sanierungsetappen, die sich stets 5 Bergfried ne wertvolle Kelche aus der Kapelle barg. 6 Wohnturm auf die Kernbauten der Hauptburg konzen- 7 Schlupfpforte trierten, dabei obligat von bauhistorischen 8 Ganerbenhaus mit ­Gewölbekeller Bestands- und Schadensanalysen eingelei- SANIERUNGSGESCHICHTE 9 Ganerbenhaus mit Abort tet und begleitet wurden, darunter eine vom 10 ältere Burgkapelle Die ab 1720 im Verfall befindliche Burg kam 11 Zwingermauer Autor geleitete Lehrgrabung der Gesellschaft 1829 an die Familie Rotenhan, die 1898 eine 12/13 Flankierungstürme für Archäologie in Bayern im Sommer 2006. erste Sanierung durchführen ließ und die 14 Eckturm? Einen entscheidenden Schritt zum dauerhaf- 15/16 Streichwehren Burg noch immer besitzt. 17 Zisternenturm ten Erhalt der Haßberger Burgen bedeutete In Zusammenhang mit der Installierung 18 Küchenbau 2009–2011 die Schaffung des Deutschen Bur- 19 jüngere Kapelle des Burgenkundlichen Lehrpfads beauftrag- (hl. Johannes der Täufer) genwinkels, dessen Erfolgsgeschichte dazu te Gert Mader, ehem. Abteilungsleiter im 20 Friedhof beitrug, dass 2018 und 2019 mit Unterstüt- 21 Erweiterung Kellergewölbe Bayerischen Landesamt für ­Denkmalpflege 22 Zehntscheune? zung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (BLfD), 1996/97 eine Bestandsaufnahme 23 Erweiterung Richtung und des BLfD auch die burgenkundlich hoch- ­Vorburg in sechzig maßstäblichen Großbildfotos, 24 neuer Hauptzugang mit Brü- wertige Artilleriebefestigung aus der Zeit um kombiniert mit einer damals vom Verfasser cke 1430 gerettet werden konnte. Im September durchgeführten Bauforschung. Diese Do- 25 Torwärterhäuschen 2019 wirkten 19 Teilnehmer des renommier- 26 Felsentreppe kumentation bildete nicht nur die Grund- ten Seminars für Burgenforschung der Deut- lage einer kleinen Notsicherungsmaßnah- Plan: © Büro für Burgenforschung schen Burgenvereinigung bzw. des Europäi- me 1999 am teileinsturzgefährdeten Palas, Dr. Zeune, 2020, unter Verwendung eines schen Burgeninstituts einige Tage aktiv an vom BLfD beauftragten Aufmaßes des Bü- sondern darüber hinaus bei jeder nachfol- ros für Bauforschung M. Engelhardt, 2019 der Sanierung mit.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 27 Foto: Andy Betz, Augenblicke Fotoblog

VON DER ADELSBURG ZUR AMTSBURG eine für damalige Zeiten spektakuläre Zwingerbefes- Von der Gründungsburg aus der Zeit um 1200 hatten tigung, die neben ihren Wehrgängen vermutlich einst sich nur Teilstücke der Ringmauer aus großen Glatt- drei hohe, schlanke Schalentürme und zwei streich- quadern mit Opus Spicatum, d. h. Fischgrätmauerwerk, wehrartige große Wehrerker aufwies. Dabei waren die im Füllmauerwerk und das Nordeck des Palas erhalten. ansatzweise erhaltenen Wehrgänge sowie die Wehr- Vom ehemaligen Bergfried im Nordwesten des Burg- geschosse der Türme mit zahlreichen spatenförmigen, hofs zeugt heute nur noch ein mächtiger Schutthaufen, an den Fußenden weit und steil ausfächernden Schieß- den Raubgräber angeschnitten hatten, bis sie durch die scharten für Hakenbüchsen ausgestattet. Eine Beson- Wand eines quadratischen Turms gestoppt wurden. Er- derheit dieser Umwehrung ist der in sie integrierte Zis- reicht wurde die Burg damals – anders als heute – über ternenturm. die westlich vorgelagerte Vorburg. Zum ebenerdi- In der Folge kam es zu diversen Instandset- gen Gelände nach Osten hin schützte ein ge- zungsmaßnahmen, wobei man um 1500 am waltiger, sichelförmiger Halsgraben die alten Zugang im Südeck eine neue, dem Hauptburg. hl. Johannes dem Täufer gewidmete Chronologisch folgten während Burgkapelle mit kleinem vorgela- des 14. Jahrhunderts, zeittypisch gertem Friedhof errichtete; wäh- für fast alle Burgen des Würzbur- rend der Sanierungsarbeiten von ger Großraums, Ausbaumaß- 2018 fanden sich hier oberfläch- nahmen zu einer Ganerbenburg lich verstreute Menschengebei- – einer Burganlage, die gleich- ne. An der Ostseite konnte 2006 zeitig von mehreren Familien diese Bauphase archäologisch oder Familienzweigen bewohnt durch einen Küchentrakt mit wurde –, indem die alte Ring- Ausgussstein und Plattenboden mauer teilweise niedergelegt und ergänzt werden; zeitgleich erhielt mit Ganerbenhäusern neu überbaut der Halsgraben eine Kontereskar- wurde, wobei die Marschalks den al- pe, d. h. eine gemauerte Außenwand. ten Palas durch eine Kemenate bzw. einen Zwischen 1550 und 1600 verlagerte man Wohnturm mit eingewölbtem Erdgeschoss den Hauptzugang an die gegenüberliegen-

ersetzten. Ablesbar anhand der bauchrono- Sicherung des Wehrerkers de Ostseite und erschloss die Burg über das logischen Abfolge baute man um 1400 eine (Baualtersplan Nr. 15): dort vorgelagerte geräumige Hochplateau. kleine Kapelle an den Wohnturm. Einfügen der Bogensteine Kaum nachvollziehbar im Gelände zeigt der Die nächste Bauphase stellt einen wertvol- durch die Firma Kirchner Bau LIDAR-Scan, eine lasergestützte Fernerkun- Foto: © Büro für Burgenforschung len Beitrag zur deutschen Burgenforschung Dr. Zeune, 2018 dungsmethode, deutlich erkennbar eine dar, denn um 1430 erhielt die gesamte Burg neue Vorburg.

28 ENTDECKEN

DIE HUSSITENZEITLICHE einbußen erlitten hatten. An mehreren ARTILLERIEUMWEHRUNG Stellen hatten sich von ihren in den Die Sanierungskampagnen von 2018 und 1990er Jahren noch intakt vorliegenden 2019 waren sorgfältig vorbereitet und eng Schießscharten nur mehr die Sohlsteine mit den Oberen und Unteren Denkmal- mit den Schartenfüßen erhalten, die es schutzbehörden sowie dem verantwort- unbedingt zu bewahren galt. lichen Bauleiter Jürgen Bergmann­ abge- Bauhistorisch anspruchsvoll war die stimmt worden. Angestrebt wurde eine Sanierung der um 1500 errichteten sensible konservatorische Sicherungs- Burgkapelle, deren Innenwände noch maßnahme mit möglichst reduzierten mehrere bauzeitliche Weihkreuze er- Bestandseingriffen und Ergänzungen. Ansicht des fertig sanierten und kennen ließen. Bei der Instandsetzung Alle Maßnahmen am Mauerwerk erfolg- teilrekonstruierten Wehrerkers von des Mauerwerks galt es, wichtige bau- ten manuell. Der Arbeitsfortschritt wur- Südosten Foto: © Büro für Burgenforschung historische Befunde nicht zu eliminie- Dr. Zeune, 2018 de regelmäßig in Jour Fixes begutachtet ren, sondern sie sichtbar zu belassen. und dokumentiert, ergänzt durch ertrag- Die Kapelle war offenbar 1632 im Zuge reiche Nachbefundungen vom Gerüst ihrer Plünderung im Dreißigjährigen aus. Flexibilität, Umsicht und Sensibili- Krieg stark beschädigt und daraufhin tät waren ständige Begleiter dieser sehr notdürftig überformt worden, da ihre gelungenen Sanierung. Nutzung bis 1745 bezeugt ist. Dabei wur- Zu den baulich und denkmalpflege- den etliche originale Öffnungen ver- risch größten Herausforderungen der mauert oder erweitert, Geschosshöhen beiden Sanierungskampagnen gehörte verändert und neue Öffnungen einge- die Sicherung des einzigen weitgehend fügt. erhaltenen Wehrerkers (ein zweiter wurde durch die Brücke von 1550–1600 EIN NEUER GRUNDRISS UND EINE überbaut), der mittig von einem stump- NEUE TAFEL fen Eck der östlichen Zwingermauer Seit der ersten Bestandsaufnahme vorsprang und somit einst mit seinen 1996/97 litt die Qualität der diversen seitlichen Schießscharten zwei Seiten be- bauhistorischen Befundungen und strich. Im Inventar der Kunstdenkmäler Blick von Süden auf die noch unsa- Schadenskartierungen unter dem Um- von Unterfranken und Aschaffenburg, nierte Südwestseite der Burgruine, stand, dass der 1916 publizierte Grund- im Vordergrund die Burgkapelle, Band XVI (München 1916), findet sich riss sehr fehlerhaft war und keine im Hintergrund die Artilleriebefes- ein Detailaufmaß, das den Erker in der tigung von 1430 Foto: © Büro für Burgen- sauberen Einträge zuließ. Dieses stets Außen- und Seitenansicht sowie seiten- forschung Dr. Zeune, 2013 störende Manko behob das BLfD, indem verkehrt in der Untersicht zeigt. Da die es durch das Büro für Bauforschung südliche Hälfte aufgrund des eingestürz- M. Engelhardt ein neues Aufmaß anfer- ten Kragbogens akut einsturzgefährdet tigen ließ. Dieses lag noch vor Abschluss war, entschloss man sich in Anbetracht der Sanierungsmaßnahme vor und der castellologischen Hochwertigkeit konnte somit im Rahmen des Schluss- des Baukörpers, der exakten Bestands- berichts nachbefundet und um die im aufnahme von 1916 und des Umstands, Nordwesten aus dem Hangschutt her- dass sich aus dem Bauschutt unterhalb ausgeschälten Mauerzüge der Ringmau- des Erkers Fragmente des Bogens ber- er und Zwingermauer ergänzt werden, gen ließen, zu einer Teilrekonstruktion: sodass letztlich auch ein neuer Baupha- Nachdem ein passgerechtes Lehrgerüst senplan vorlag. gezimmert und montiert war, konnten Dies wiederum lieferte den berechtig- die fehlenden Bogensteine mechanisch ten Anlass, die alte Infotafel des Burgen- eingesetzt werden. Der Boden mit sei- kundlichen Lehrpfads von 1996 durch nem Wurfloch konnte gleichfalls nach Blick von Norden auf die sanierte eine Neue zu ersetzen und somit die In- Burgkapelle Foto: © Büro für Burgen­ Befund wiederhergestellt werden. forschung Dr. Zeune, 2019 fostation des Deutschen Burgenwinkels Als dramatisch ließen sich die Be- durch ein weiteres attraktives Element standsverluste an den beiden hohen Bauforschung, Archäologie, Schadenskartierung, aufzuwerten. Nun bleibt zu hoffen, dass Flankierungstürmen der Nordwestseite Sanierungskonzept, wissenschaftliche Sanierungs­ die hier extrem aggressive Natur sich betreuung: Büro für Burgenforschung Dr. Zeune beschreiben, die nachweislich während (J. Zeune, Th. Starke) – Örtliche Bauleitung, bauliche nicht erneut der Burgruine bemächtigt, der letzten Jahrzehnte an ihren wehr- Projektleitung: Dipl.-Ing. Jürgen Bergmann – Zuständiger sondern durch dauerhafte Pflege des haften, über einem Gesims ausgekrag- Referent BLfD: Dipl.-Ing. Christian Schmidt – Burgareals von diesem ferngehalten Untere Denkmalschutzbehörde: Dipl.-Ing. Bernhard ten Obergeschossen heftige Substanz- Joos – Ausführende Baufirma: Kirchner Bau GmbH wird.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 29 ERHALTEN

Oft kopiert und doch einzigartig

Die Altöttinger ­Madonna und ihre Nachbildungen

VON LARA LUNAU

ei der Altöttinger Madonna handelt Rupertus­stifts im oberbayerischen es sich um ein weit über die Grenzen Altötting, stammt aber vermutlich aus Bayerns hinaus verehrtes Gnadenbild. der Region Oberrhein. Gestiftet haben Als solches bezeichnet man eine Verbild- soll sie der Überlieferung nach der lichungB zumeist eines oder einer Heiligen, der hl. Rupertus selbst, sie ist eines sei- eine besondere Gebetserhörung zugesprochen ner ikonografischen Attribute. wird. Das Altöttinger Gnaden- Die Altöttinger Madonna ist bild wird seit dem 15. Jahr- in ihrem Erscheinungsbild ge- hundert mit Wundern in prägt durch eine optische Verbindung gebracht, Alt- Besonderheit: Die Madon- ötting entwickelte sich zu na ist schwarz. Und so einem bedeutenden Wall- sind auch ihre Nachbil- fahrtsort. Bis heute Derzeit geht dungen als „schwarze wird die seit dem Madonnen“ bekannt. 16. Jahrhundert auf- man davon aus, Heute wissen wir, wendig bekleidete dass sich die dunkle Skulptur verehrt und dass allein in Farbe ihres Inkarnats zieht jährlich rund am Original u. a. auf eine Million Pilger an. Europa mehrere eine starke Verrußung Die gefasste Nadel- durch die vielen Ker- holzskulptur, die nach hundert Kopien zen in der Kapelle zu- derzeitigem Forschungs- rückführen lässt, also stand in die Zeit um 1300 der Madonna zunächst keineswegs datiert wird, steht heute in gestalterische Absicht der Gnadenkapelle des erhalten sind. war.

30 DIE KOPIEN DER treu: die gekrönte Madonna mit ­ALT­ÖTTINGER MADONNA dem Jesuskind auf dem Arm. Das Die Reproduktion von christlich Jesuskind trägt die Himmelsku- verehrten Gnadenbildern blickt gel, auch Sphaera genannt, als auf eine lange Tradition zurück, Zeichen der Allmacht Gottes, sie wird bereits seit dem Mittel- die Madonna ein Zepter, das bei alter betrieben. Auch im Zuge der der Rotter Madonna allerdings Verehrung des Gnadenbildes von nicht erhalten ist. Auch in der Altötting kam es vermehrt zur Präsentation dieser beiden Nach- Anfertigung von Devotionalko- STRAUBING bildungen gibt es Ähnlichkeiten. pien. ALTÖTTING Die Straubinger und die Rotter Derzeit geht man davon aus, ROTT Madonna wurden wie das Origi- dass allein in Europa mehrere nal zeitweise bekleidet gezeigt. hundert Kopien der Madonna Bis heute werden Nachbildungen erhalten sind; vereinzelt findet des Gnadenbildes hergestellt und man Nachbildungen dieser Mari- gehandelt. endarstellung auch über Europa hinaus, beispielsweise in ehem. ANBERÜHRUNGEN UND Missionsstätten in Südameri- SIEGEL ka. Um die Verbreitung und Be- UM kanntheit des Gnadenbildes ge- Gelegentlich finden sich Siegel zielt voranzutreiben, entstanden 1300 auf den Rückseiten der Skulptu- vor Ort ab dem 19. Jahrhundert ren. Dies ist bei den meisten der eigene Werkstätten für Nachbil- Das Gnadenbild aus offiziellen Devotionalkopien der ­Altötting, hier ohne dungen. Die zahlreichen Kopien, Fall, doch lässt sich vermuten, Gnadenröckl, metallene die im Laufe der Jahrhunderte Krone und Zepter dass es sich bei einigen dieser ge- angefertigt wurden, sind dabei Foto: Hildegard Pollety siegelten Nachbildungen nicht jedoch nicht unbedingt ein ge- um einfache Kopien eines Kunst- treues Abbild. Material, Größe, werks, sondern um Nachbildun- Fassung und Stil variieren und gen zum Zweck der Heilsvermitt- passen sich dem vorherrschen- lung handelt. Diese wurden am den Zeitgeschmack an. Doch Original anberührt, um den re- eines haben fast alle Nachbildun- ligiösen Wert des Gnadenbildes gen gemeinsam, sie weisen das auf die Kopie zu übertragen, wo- charakteristische dunkle Inkar- für das Siegel Zeugnis sein soll. nat auf. Bis heute finden Anberührungen Zwei dieser Nachbildungen – statt. So wird z. B. jährlich im eine aus Straubing und eine aus Rahmen des Aschermittwochs- Rott am Inn – wurden in jüngerer gottesdienstes ein Schleierband Zeit in den Restaurierungswerk- am Gnadenbild anberührt, um stätten des Bayerischen Landes- daraus Schleierbildchen für die amtes für Denkmalpflege (BLfD) Gläubigen zu fertigen. eingehend untersucht und res- Die Mehrzahl der Siegel, die tauriert. Mehrere Jahrhunderte im Zuge der Recherchen ausfin- liegen zwischen den beiden höl- dig gemacht werden konnten, zernen Darstellungen und dem zeigt die Altöttinger Madonna, Gnadenbild, sie könnten unter- doch lassen sich Unterschiede er- schiedlicher nicht sein. Während kennen. Auch an der Rotter Ma- die Straubinger Madonna noch MITTE donna wurde ein ovales, ca. 1 cm eine deutliche Ähnlichkeit zum großes und gut erhaltenes Siegel Original aufweist, auch wenn sie 17. JH. festgestellt. Das detailreiche Sie- mehr als doppelt so groß ist, hat Gnadenbildkopie aus gel zeigt das Altöttinger Gnaden- die Formsprache der Madonna Straubing, Zustand nach bild. aus Rott nur noch wenig Ähn- der Restaurierung am Insgesamt muss jedoch fest- lichkeit mit dem Altöttinger BLfD Foto: BLfD, Michael Forstner gehalten werden, dass zu Siege- Original. Dem Bildprogramm lungen von Devotionalkopien blieben die Bildhauer jedoch­ vor allem im Zusammenhang

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 31 WOHL 19./20. JH.

Röntgenaufnahme der Madonna aus Rott am Inn Foto: BLfD, Thomas Stöckl

Gnadenbildkopie aus Rott am Inn, Zustand nach der Restaurierung am BLfD Foto: BLfD, Michael Forstner

32 ERHALTEN

Rückseitiges Siegel an der Madonna aus Rott am Inn Foto: BLfD, Michael Forstner

Siegel an undatierten Gnadenbildkopien aus dem Kunsthandel Foto links: BLfD, Andreas Müller Foto oben: Sonja Gruber

Bei einem Vergleich mit Anberührungen derzeit noch eine mikroskopische Fassungs- recht wenig bekannt ist. Im Fall der der Nachbildungen untersuchung lediglich die vor- Madonna aus Rott am Inn liegen liegende, eher modern wirkende zudem nach derzeitigem Kennt- fiel auf, dass sich Fassung nachweisen. nisstand keine Aufzeichnungen zu Neben der Fassungsuntersu- historischen Siegeln oder gar er- gelegentlich Siegel auf chung wurden in Zusammenarbeit haltene historische Siegelstempel mit dem Zentrallabor des BLfD vor. Über die genauere Bedeutung den Rückseiten der auch Analysen zur Bestimmung dieses konkreten Wachssiegels der verwendeten Materialien und die Frage, ob vielleicht auch Skulpturen finden. durchgeführt. Ebenso erfolgte in die Rotter Madonna am Original Zusammenarbeit mit der archäo- anberührt wurde, lässt sich daher logischen Restaurierung des BLfD keine Aussage treffen. eine röntgentechnologische Untersuchung zur Zusam- mensetzung des hölzernen Trägers. Die Gesamtheit der Indizien aus den Beobachtungen DIE MADONNA AUS ROTT AM INN und Untersuchungen lässt eine Datierung der Figur Die Altöttinger Gnadenbildkopie aus der Pfarrgemein- in das späte 19., eher aber noch in das erste Drittel des de St. Peter und Paul in Rott am Inn wurde vom Referat 20. Jahrhunderts plausibel erscheinen. Eine genauere Restaurierung des BLfD für eine Untersuchung, die Kon- Datierung gestaltet sich jedoch schwierig. servierung und Restaurierung übernommen. Anlass für In Zuge der Recherchen zu Altöttinger Gnadenbild- die intensive Betrachtung des Objekts war neben der un- kopien wurde deutlich, dass die Datierung solcher geklärten Datierungsfrage vor allem das rückseitig auf- Bildwerke sich als besonders komplex erweist. Hilf- gebrachte Siegel. Zur ursprünglichen Herkunft der Figur reich wären vergleichende Erkenntnisse zu Werkstät- aus Rott fanden sich bislang jedoch keine archivalischen ten, die Gnadenbildkopien anfertigten, aber auch zur Belege, auch keine Anhaltspunkte für eine Datierung. Praxis des kunsttechnologisch weitgehend noch uner- Die geschnitzte und polychrom gefasste Figur aus forschten Wachssiegelns von Devotionalkopien. Lindenholz entspricht mit einer Größe von 66 cm dem Die Figur, die im gegenseitigen Austausch sowohl Altöttinger Gnadenbild, gleicht stilistisch jedoch eher mit der Pfarrei als auch mit dem Kunstreferat des Erz- Kopien, die in die Zeit zwischen 1750 und 1850 datie- bischöflichen Ordinariats innerhalb des Referats Res- ren. Gleichwohl erscheint die Figur aber zu „neu“ und taurierung bearbeitet wurde, gelangte 2020 wieder an der allgemeine Erhaltungszustand zu gut, um aus der die Pfarrei zurück. ersten Hälfte des 19. oder gar der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen zu können. Auch konnte Literaturhinweise finden Sie auf S. 66.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 33 ERFORSCHEN

PASSAUER DOM, BLICK AUF DEN CHOR VON OSTEN, VOR DEM CHOR DIE BEGINNENDE GRABUNG IM AUSSENBEREICH (ZUSTAND: 07/2020)

FOTO: PEDAGRAFIE, PASSAU ERFORSCHEN Es kommt Licht ins Dunkel

Über die mittelalterliche Baugeschichte PASSAU des Passauer Doms war bislang wenig gesichert. Die Neuelektrifizierung lieferte spannende Erkenntnisse.

VON JÉRÔME ZAHN

DIE und auch das Baudenkmal AUSGANGSLAGE selbst wird diesbezüglich Mit einer der welt- erst zunehmend erschlos- weit größten Orgeln sen und analysiert. Der Pas- wird der Passauer Dom ebenso sauer Dom bleibt ein Desiderat publikumswirksam wie laut in Szene ge-  Passauer Dom, Blattmaske, der Forschung und gleichzeitig ein Feld setzt. Visuell nicht weniger einnehmend ­Konsole vermutlich des 15. Jahr- anhaltender Spekulation und mitunter be- hunderts, beim barockzeitlichen macht die opulente Bilderflut des prächti- liebiger Hypothesen. An dem von Walter Wiederaufbau in Zweitverwen- gen barocken Innenraums fast vergessen, dung als Baumaterial eingebracht, Haas (1978) konstatierten Status, „der Pas- dass die Geschichte der Kathedrale weit hier zur Fundierung einer Stufe im sauer Dom ist die am wenigsten erforschte vor dem Wiederaufbau nach dem gro - nördlichen Querhaus Bischofskirche Bayerns“, hat sich auch gut ßen Stadtbrand von 1662 ihren Anfang Foto: Staatliche Dombauhütte Passau 40 Jahre später nichts Wesentliches ver- nimmt. Wenngleich sich diese Tatsache ändert. Die Grabungsgeschichte des Doms dem kundigen Besucher spätestens auf ist schnell erzählt. Systematisch archäo- den zweiten Blick erschließt, sind Einzel- logisch gegraben wurde im Dom bis zu heiten und belastbares Faktenmaterial rar und über- der laufenden Maßnahme der Jahre 2019/20 noch nie. haupt muss die Frühgeschichte des Doms durch das ge- Im direkten Umfeld des Doms gab es 1977 eine kleinere samte Mittelalter hindurch als weitgehend unbekannt Grabungsmaßnahme östlich des Chors und von 1987 bis gelten. Schriftliche Quellen oder Planmaterial aus der 1989 eine ausführlichere Kampagne im Domhof, dem frühen Entstehungszeit und zu den Vorgängerbauten ehemaligen Kreuzgang. der mehrphasigen Kathedrale mit unmittelbarem Be- Während der „Barockdom“ im Hier und Jetzt also zug auf den Bauvorgang haben sich fast nicht erhalten effektvoll und vernehmlich bespielt wird und zu den

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 35 > N

PASSAUER DOM

GRUNDRISS MIT ­KARTIERUNG DER 2019 ERFOLGTEN BODEN­EINGRIFFE

„bekanntesten“ Sehenswürdigkeiten ≤ -10 ≤ -20 ≤ -30 ist, erwies sich der enge Rahmen doch der Region zählt, bleiben die Spuren ≤ -40 ≤ -50 ≤ -60 immer wieder als Verhandlungsmas- seiner Entstehungsgeschichte im Ver- ≤ -70 ≤ -80 ≤ -90 se und ermöglichte im eng getakteten borgenen und stumm. So bot nun die ≤ -100 ≤ -110 ≤ -120 Bauablauf wiederholt Spielräume, um aktuelle Baumaßnahme zur Neuelek­ ≤ -130 ≤ -140 ≤ -150 der Bedeutsamkeit des Gegenstands trifizierung des Doms die Gelegenheit, ≤ -160 ≤ -170 ≤ -180 auch hinsichtlich seiner entstehungs- einen alten Unbekannten endlich et- ≤ -190 ≤ -200 ≤ -210 geschichtlichen Erschließung Rech- was besser kennenzulernen und den ≤ -220 ≤ -230 nung tragen zu können. Untergrund zumindest in Teilbereichen Grabungsbereiche 2019 archäologisch-bauforscherisch zu er- Tiefe in cm (Bezugshöhe ANLASS UND BAUVORHABEN schließen (Abb. oben). Bereits nach OKFF ±0,0) einer bauvorgreifenden Sondierungs- Die Diözese Passau, vertreten durch

grabung während der Planungspha- Romanischer Vorgängerbau, das Baureferat der Abteilung Finanzen se im Vorjahr der hier beschriebenen Rekonstruktion Wildner nach und Bau des Bischöflichen Ordinariats, und anhaltend laufenden Maßnahme Strukturanalyse, 1983 beauftragte die Neuelektrifizierung war klar, dass die Grabung äußerst er- des Doms. Nach Planung einer beglei- tragreich hinsichtlich des erhofften Er- Vorgängerbau, Rekonstruktion tenden ersten Sondierungsgrabung nach Grabungsbefund, 2019 kenntnisfortschritts zur Baugeschichte und der weiteren Vorbereitung der werden könnte. Wenngleich die archäo- Baumaßnahme sowie der denkmal- laufende Grabungsarbeiten logische Grabung durch die anlassbe- rechtlichen Erlaubnis konnte Anfang zogen schlank geführten Trassen und 2019 mit den Grabungsarbeiten be- geplante Grabungsarbeiten die geringen Zieltiefen sowie einen äu- gonnen werden. Die benötigten Bo- ßerst straffen Zeitplan und eigentlich dentrassen wurden dabei für die ge- Grundriss/Kartierung: Staatliche ohne Budget deutlich limitiert war und ­Dombauhütte Passau samte Länge der Seitenschiffe und der

36 Passauer Dom, nördliches Sei- tenschiff, Joch 1 – Bestattung in situ, zweifach gestört, erstmalig durch die Anlage des Vorgän- gerturms (östlich, Fußende) und erneut um 1670 beim Neubau der weiter nach Westen ver- schobenen Fassade (Kopfende) Foto: Staatliche Dombauhütte Passau

Querhäuser (Nord- und Südseite) sowie im Chor und wiederversetzte Bodenplatten konnten nach Ausbau im ersten Joch des Mittelschiffs in Querrichtung vor- mit dem Verlegemörtel widerspruchsfrei vom unver- gesehen. Entsprechende Eingriffe erfolgten außerdem ändert entstehungszeitlichen Bestand unterschieden im südlichen Zwischenbau (Chor-Querhaus Süd), im werden. So war bereits unmittelbar mit dem Aufheben nördlichen Westturm sowie, noch ausstehend, in der des Bodenbelags die exakte Abgrenzung ungestörter Sakristei. Ergänzend wurden erschließende Bodentras- von bereits gestörten Bereichen möglich. Das weitere sen an sämtliche Frei- und Wandpfeiler des Langhauses Abtiefen erfolgte ausschließlich händisch und zunächst und der Vierung geführt. Im Zuge der bauvorgreifen- abschnittsweise großflächig nach natürlichen Schich- den Sondierung wurde in Abstimmung mit den zustän- ten, um den Bestand begleitend nach bauhistorischen digen Vertretern der Denkmalschutzbehörde bzw. der Gesichtspunkten untersuchen und dokumentieren zu Fachbehörde entschieden, dass die neuen Leitungsgrä- können. Die einzelnen Horizonte mit mal mächtigen, ben vornehmlich in bereits gestörten Bereichen vorzu- überwiegend jedoch feinen Planier- und Füllschichten sehen sind, d. h. insbesondere in den Trassen einer ers- erwiesen sich im Wesentlichen als Abfolge barockzeit- ten Elektrifizierungsphase des frühen 20. Jahrhunderts licher Bauschichten der Wiederaufbauphase nach 1662. in den Seitenschiffen und Querhäusern. Die Ausfüh- Trotz der recht schmalen Ausgrabungsabschnitte konn- rung erfolgt nacheinander in acht Bauabschnitten, die ten in der Zusammenschau für die Gesamtfläche be- phasenweise gewerkübergreifend parallel bearbeitet achtliche Ergebnisse zum Bauvorgang des heute sicht- werden. baren barocken Bestands ermittelt werden. Aufgrund der stratigrafisch-chronologischen Verhältnisse sowie des sich dabei zunehmend erschließenden Referenzma- BESTAND UND BEFUND terials wurde der Neubau der 1670er Jahre auch unter Im Zuge der Vorzustandsdokumentation wurden Plä- dem bestehenden Laufniveau im Boden schnell fassbar ne mit dem exakten Verlegemuster des Bodenbelags und ermöglichte mitunter den detaillierten Nachvoll- erstellt. Ersetzte oder nach vorübergehendem Ausbau zug seiner Entstehung. Entsprechend konnten durch

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 37 Vergleich und ausweislich der Stratigrafie – das ist die in historischen Abbildungen überlieferte Doppelturm- zeitliche Aufeinanderfolge unterschiedlicher Schichten fassade könnte, zumindest in der Anlage, bereits auf – auch die vorausgehenden älteren, noch erhaltenen die durch Schriftquellen belegte Bauaktivität Bischof Bauphasen identifiziert, relativ eingeordnet und vor- Pilgrims­ (971–991) zurückgehen. Unklar bleiben aber so- sichtig datiert werden. wohl das Ausmaß des pilgrimschen Bauprogramms als Für die Überlegungen zu gelegentlich weiterfüh- auch die Veränderungen der nachfolgenden Jahrhun- renden Aufschlüssen konnte Wolfgang Wildners derte. Die komplexe Baugeschichte des frühen Doms, wegweisende Strukturanalyse zum vorausgehenden die als mehr oder weniger kontinuierlicher Prozess von romanischen Kathedralbau des 10. Jahrhunderts her- Um-, An- und Neubauten zu denken ist, lässt sich an- angezogen werden. Tatsächlich bestätigte sich der Re- hand der wenigen erhaltenen schriftlichen Quellen le- konstruktionsvorschlag im Westen der mehrphasigen diglich rudimentär erahnen. Während die noch heute Kathedralkirche in den grundlegenden Zügen, zeigte im Außenbau sichtbar erhaltenen spätgotischen Teile aber auch die zu erwartenden Ungenauigkeiten im De- in Zusammenschau mit den erhaltenen Schriftquel- tail. Die in der Forschung wiederholt diskutierte Lage len vergleichsweise klar Auskunft zu ihrer Entstehung des ehemaligen westlichen Abschlusses einschließlich geben, bleiben bereits die Bauvorgänge des durch den der Dimensionen der Vorgängertürme ließ sich bei der Brand verlorenen gotischen Langhauses des 14. und aktuellen Grabungskampagne exakt bestimmen. Die 15. Jahrhunderts weitgehend im Dunklen. In ihrer An- aufgehenden Turmmauern wurden dabei nur knapp lage könnte die Kathedrale, wie wiederholt vermutet, unter dem barockzeitlichen Fußbodenniveau aus- bereits durch einen Vorgängerbau weitgehend prädesti- schnittweise freigelegt und untersucht. Der Abbruch niert gewesen sein. Dass die möglicherweise als Neubau der durch den Brand geschädigten Turmmauern war zu charakterisierenden baulichen Veränderungen zu ausdrücklicher Bestandteil des Vertrags zwischen dem Ende des 10. Jahrhunderts eine bereits an Ort und Stel- beauftragten Baumeister Carlo Lurago­ und Bischof le befindliche agilolfingisch-ottonische Bischofskirche Wenzeslaus von Thun vom 14. März 1668. sukzessive ersetzt haben, darf zumindest mit Bei aktuell erreichtem Stand lassen sich einiger Wahrscheinlichkeit angenommen wer- die Mauern des ehemaligen südlichen und Passauer Dom, nörd- den. Hierzu und erst recht zur weiter zurück- liches Seitenschiff, Joch 2, nördlichen Westturms aufgrund der stra- reichenden Entstehungsgeschichte des Doms gotischer Fußboden des tigrafischen Verhältnisse sowie der ver- 14./15. Jahrhunderts in lassen sich allerdings kaum konkrete Angaben gleichenden Analyse des Mörtels und der Funktionslage, knapp 1 m machen, weder zu einem karolingischen Vor- Mauertechnik zwar bereits relativ-chro- unter dem bestehenden gängerbau und erst recht nicht für die Frühge- nologisch als älter, vermutlich vorgotisch, barockzeitlichen Fußboden- schichte in spätantik-frühchristlicher Zeit. niveau, hier im Anschluss an einordnen, genauere Datierungsversuche So ließ auch eine mit Beginn der Maßnahme den ehemaligen nördlichen bleiben zunächst allerdings schwierig. Westturm durchgeführte Prospektion mittels Bodenradar Die bis 1662 bestehende und mehrfach Foto: Staatliche Dombauhütte Passau letztlich klare Ergebnisse vermissen. Der pos-

38 ERFORSCHEN

Hinsichtlich der Datierungsfragen lässt sich aus dem Der Passauer Dom bleibt relativen Zusammenhang unmittelbar ein terminus post quem für die Entstehung der Türme ableiten. Außerdem ein Desiderat der Forschung würden die Bestattungen als Gräberfeld inner- und un- terhalb des heutigen Baus darauf hinweisen, dass dem und gleichzeitig ein Feld Dom an dieser Stelle eine Friedhofskirche vorausgegan- gen sein könnte, deren Entstehung zumindest in einem anhaltender Spekulation. etwas weiteren zeitlichen Zusammenhang mit den Be- stattungen steht. Irene Mittermeier wies bereits 1993 da- rauf hin, dass der Domberg erst in frühmittelalterlicher tulierte Nachweis der karolingischen Bauphase des Pas- Zeit zum geistlich-kirchlichen Zentrum avanciert sein sauer Doms und die darauf aufbauende Rekonstruktion könnte und sich erst zunehmend zu einem Gegenpol des der Gesamtanlage konnten durch die laufenden Ausgra- östlich gelegenen spätantiken Ortskerns Batavis entwi- bungen nicht bestätigt werden. Sondageschnitte erga- ckelte. Mit der Datierung des Knochenmaterials mittels ben keine Hinweise auf entsprechende Strukturen oder 14C-Daten können weiterführende Überlegungen und Zeugnisse frühmittelalterlicher Zeitstellung. Interpretationen des Baubefunds in Zusammenschau Eine gänzlich neue Ausgangslage zur Einordnung mit den urkundlichen Nachrichten hierzu entsprechend und genaueren Datierung der erhaltenen Reste der Vor- zuverlässiger vorgenommen und belastbarer begrün- gängertürme ergibt sich jetzt allerdings durch mehrere det werden (die 14C-Datierungen lagen bei Redaktions- angeschnittene und freigelegte Körpergräber im Be- schluss noch nicht vor). reich der ehemaligen Westtürme. Die Bestattungen Unmittelbar fassbar wurde der beim Stadtbrand des waren durch die Anlage der beiden Vorgängertürme 17. Jahrhunderts verlorene gotische Innenraum nicht gestört worden und erlauben unmittelbar eine vorsich- nur anhand zahlreicher Architekturteile und vereinzel- tige relative Datierung. Die beobachteten aufgehenden ter Bauplastik (Abb. S. 35), einschließlich ihrer Farbfas- Turmmauern sind dabei gegen die Baugrubenwände sung, des während der barockzeitlichen Wiederaufbau- gemauert worden, die die Grabgruben, darunter auch phase als Füllschicht eingebrachten Abbruchschutts, ein Kammergrab, überschnitten und teilweise zerstört sondern auch im ehemaligen Fußboden des Doms. Das haben. Eine Bestattung wurde sowohl durch die Anla- vormalige Bodenniveau konnte einen knappen Meter ge des ehemaligen nördlichen Westturms als auch die unter dem heutigen ermittelt und der zweifarbige Na- spätere Fundamentierung der barockzeitlichen West- tursteinbelag bereichsweise sogar in Funktionslage frei- fassade beschnitten (Abb. S. 37). Zur Entstehungszeit der gestellt werden (Abb. S. 38). Dabei wurde der gotische Vorgängertürme griff man offensichtlich deutlich über Fußboden an die bestehenden älteren Türme herange- einen bestehenden älteren Kirchenbau nach Westen führt und jeweils ein östlicher Zugang aus dem Inneren aus. Die beigabenlosen Bestattungen und verlagertes der Seitenschiffe ausgebildet. Für einen darunterliegen- Knochenmaterial, überwiegend Kinder und weibliche den, in zwei Sondagen freigelegten älteren Bodenbe- Individuen im Alter zwischen 9 Monaten und ≥ 60 Jah- lag konnte der Bauzusammenhang zum aufgehenden ren, deuten in Verbindung mit ihrem stratigrafischen Mauerwerk der Türme nicht unmittelbar belegt werden, Verhältnis zum Bau darauf hin, dass es sich um „ge- scheint ausweislich des Mörtels aber wahrscheinlich wöhnliche“ Gräber handelt, die, ehemals außerhalb und wird vorübergehend vorsichtig gleichfalls als vor- der Bischofskirche, einem Friedhof zuzurechnen sind. gotisch / romanisch angesprochen.

AUSBLICK

Die Beschränkung der Grabung auf die anlassbezogen-bauliche Ausdehnung und Zieltiefe las- sen nur eine lückenhafte Erschließung zu. Die Mehrphasigkeit der Befunde in Verbindung mit der komplexen und weitgehend unbekannten älteren Baugeschichte des Doms aus einer Folge von Um-, An- und Neubauten schließen eine schnelle Festlegung und unmittelbare Gewisshei- ten aus. Die aktuell unterbrochenen und noch fortzusetzenden Grabungsarbeiten im westlichen Dominneren lassen auf eine Vielzahl weiterer interessanter und hinsichtlich der Entstehungs- geschichte des Baus verwertbarer Informationen hoffen. Weiterführende Erkenntnisse werden sich zudem aus der Gesamtschau und Verknüpfung der Teilergebnisse sowie den 14C-Daten ergeben. Die laufende Grabungskampagne wird planmäßig mit der Bearbeitung der Sakristei in der zweiten Jahreshälfte 2021 ihren Abschluss finden.

Literaturhinweise finden Sie auf S. 66.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 39 „Die Substanz transportiert die Idee“

Prof. Dipl.-Ing. Architekt Mathias Pfeil ­leitet seit 2014 das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. In unserem ­Interview blickt er auf das Jahr 2020 zurück. Er erklärt, wie die Denkmalpflege zum Klimaschutz steht und was ein Denkmal überhaupt ausmacht.

INTERVIEW BIRGIT NEUHÄUSER / JULIANE GRIMM-VON WEDEMEYER

2020 ist das Passionsspielhaus in Haben Sie schon eine Antwort nach vorne gegangen, was die tech- Oberammergau in die Denkmalliste darauf gefunden? nische Ausstattung betrifft. Wir eingetragen worden – ein Theater- Ganz ohne Treffen wird es auf Dau- können in viel größerem Umfang bau, der seine Existenz der Pest er nicht gehen, auch in der Arbeits- als bisher aus dem Homeoffice, aber verdankt. 72 bayerische Denkmäler welt nicht. Für die Teambildung ist auch direkt vor Ort am Denkmal ar- tragen das Wort „Pest“ sogar im der persönliche Kontakt extrem beiten, weil wir mit dem Laptop auf Namen: Pestbildstöcke, Pestsäulen wichtig. Darum ist es auch sehr die Daten zugreifen können. und -kreuze. Was wird künftigen schade, dass Veranstaltungen weg- Generationen von der Corona-Pan- fallen oder – wie der Tag des offenen Ein Großteil der Akten ist ja demie bleiben? Denkmals – nur digital begangen bereits digitalisiert. Mathias Pfeil: Unter Denkmalge- werden können. Diese besonderen Ja, sämtliche Akten zur Denk- sichtspunkten fällt mir da nichts Termine strukturieren ja das Jahr. malerfassung oder auch zu den ein. Zumindest hoffe ich, dass die Aber da müssen wir jetzt gemein- archäologischen Maßnahmen bei- Auswirkungen nicht so groß wer- sam durch. spielsweise haben wir umfangreich den, dass wir in Bildstöcken daran digitalisiert. Die Krise hat uns jetzt erinnern müssen. Mich beschäftigt Wie hat sich Corona auf die Arbeit gezeigt, wo Homeoffice und mobi- aber tatsächlich sehr die Frage, wie im Landesamt ausgewirkt? les Arbeiten möglich sind. Ich bin wir Menschen mit dieser moder- Massiv. Zu einem großen Teil aber überzeugt, dass das die Arbeits- nen Pandemie umgehen. Wie funk- auch positiv. Corona hat uns einen welt verändern wird – in Bayern, tioniert eine Gesellschaft dennoch, Digitalisierungsschub beschert. in Deutschland, weltweit. Auch wenn wir uns nicht treffen dürfen? Wir sind einen gewaltigen Schritt hinsichtlich der Vereinbarkeit von

40 INTERVIEW

Arbeiten und Wohnen. Gerade Das gilt für Barrierefreiheit genauso kleinere Städte könnten davon pro- wie für Sanitäranlagen. Und eben fitieren, weil sie dann wieder als auch für den Wärmeschutz. Es gibt Lebens- und Arbeitsort funktionie- mittlerweile auch Möglichkeiten, Mathias Pfeil lehrt als Honorar- ren. Allerdings müssen wir aufpas- professor an der Technischen die denkmalgerechte energetische sen, dass wir nicht nur noch digital Universität München, wo er auch Modernisierung von Baudenkmä- arbeiten. Wir müssen uns, wie ge- studiert hat. lern zu fördern. Die meisten Denk- sagt, auch treffen und die Bau- und Composing: HUND B. communication mäler sind älter als 100 Jahre und Vorlage Foto: BLfD, Michael Forstner Kunstdenkmäler vor Ort in ihrer haben häufig starke Mauern und Materialität betrachten können. Kastenfenster. Damit entsprechen Aber wir wägen Zeitpunkte und sie oft in hohem Maße den moder- Anlässe genauer ab. nen Wärmeschutzanforderungen. Man muss sie allerdings noch wei- Ein anderes großes Thema ter optimieren: beispielsweise eine unserer Zeit ist der Klimaschutz. Nachhaltigkeit ist Fußbodenheizung einbauen, die Welche Rolle spielt er für die Fenster verstärken. Die Bauten der Denkmalpflege? der Gründungs­ 60er und 70er Jahre stellen uns da Nachhaltigkeit ist der Gründungs­ vor größere Pro­bleme. Die Techni- gedanke der Denkmalpflege. Nichts gedanke der Denk­ sche Universität München will jetzt ist nachhaltiger als Gebäude zu er- genau für diese Gebäude Methoden halten. Die Denkmalpflege ist die malpflege. Nichts zur Instandsetzung entwickeln. Speerspitze des Bauens im Bestand. ist nachhaltiger als Was gestaltet sich daran Im Gegensatz zum Neubau spart Gebäude zu erhal­ so schwierig? das Energie und CO2-Emissionen. Damals hat man häufig ganz neu Aber die Menschen müssen ein ten. Die Denkmal­ entwickelte Materialien verwendet, Gebäude ja auch nutzen können. die der heutigen Wärmeschutzver- Energetische Modernisierungen pflege ist die Speer­ ordnung längst nicht mehr stand- und Denkmalschutz – geht das halten. Und was ihr Korrosions- zusammen? spitze des Bauens verhalten angeht, fehlte noch die Selbstverständlich darf niemand Erfahrung. Heute sind die verbau- eine Außendämmung an die Fassa- im Bestand. ten Stoffe oft in einem so schlechten de eines barocken Palastes anbrin- Zustand, dass sie ausgetauscht wer- gen. Andererseits müssen sich auch den müssten. Nur werden viele gar historische Gebäude an die gesell- nicht mehr hergestellt. Da stellt sich schaftlichen Ansprüche anpassen. die Frage nach dem Denkmalwert: Sonst sind sie nicht überlebensfähig. Ist das die Substanz oder die Idee?

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 41 INTERVIEW

Andererseits müssen sich auch historische Gebäude an die gesellschaftlichen Ansprüche anpassen. Sonst sind sie nicht überlebensfähig. Das gilt für Barrierefreiheit genauso wie für Sanitäranlagen. Und eben auch für den Wärmeschutz.

Und wie stehen Sie dazu: ausgetauscht, weil die Plexiglas- gend. Oder auch zur Wohnungsnot. Substanz oder Idee? elemente durch die UV-Strahlung Wenn ich bedenke, dass der Stadt- Der Bezug allein auf die Substanz ist blind geworden waren. Es bleibt planer Theodor Fischer Anfang des nicht ausreichend. Das entspricht trotzdem ein Denkmal. Verallge- 20. Jahrhunderts in München einen einer sehr mitteleuropäischen Vor- meinern kann man das nicht. Sol- viel höheren Bevölkerungsdruck stellung, die aus den ersten Jahren che Fragen müssen für jeden Einzel- auf 100 Jahre entspannt hat – dann des 20. Jahrhunderts stammt. In fall entschieden werden. fehlt mir dort heute mit der Hoch- anderen Ländern geht die Denk- hausstudie die Vision! malpflege ganz anders damit um. Zeit für einen kurzen Jahresrück- In Italien etwa: Am Kolosseum in blick: Was hat Sie 2020 bewegt – In die Höhe zu bauen ist doch Rom sind viele Quader komplett abgesehen von Corona? ökologisch sinnvoll. So müssten neu. Oder in Korea und Japan: Dort Da fällt mir ein interessantes Pro- keine weiteren Flächen versiegelt bestehen Baudenkmäler häufig aus jekt zum Thema Klimaschutz ein: werden. Holz und werden regelmäßig kom- Wir untersuchen in Wasserburg am In die Höhe bauen ist in Ordnung. plett ersetzt. Inn, wie man Solarpanele auf den Aber es sollte nicht darum gehen, Altstadtdächern anbringt, ohne wo man punktuell wie weit in die In Paris wurde ja auch diskutiert, das Ensemble zu stören. Beschäf- Höhe bauen kann, sondern welche ob für die Rekonstruktion des aus- tigt haben uns auch archäologische Gebiete man wie entwickeln kann. gebrannten Dachstuhls von Notre Themen wie die Funde vom Polder Es geht nicht nur um individuellen Dame Stahl verwendet werden darf Sulzbach, die mehr als 5.000 Jahre Wohnraum, sondern auch darum, und ob sie nicht die Gegenwart Menschheitsgeschichte erzählen. wie wir als Gemeinschaft leben wol- widerspiegeln sollte. Archäologische Grabungen im Zuge len. Ein Stadtbild hat für viele eine Es gab Entwürfe mit Glastürmen des Donauausbaus brachten dort identitätsstiftende Wirkung. Die und Bienenstöcken – da muss man Bestattungen, bauliche Überreste gilt es zu erhalten. Die Silhouette sagen: Nein! Das ist ein Monument von Siedlungen und Alltagsgegen- einer Stadt darf nicht beliebig und der Welt. Da darf niemand reinpfu- stände ans Licht – oft gut erhalten. austauschbar werden. schen. Die Substanz transportiert Ansonsten war 2020 geprägt von den geistigen Inhalt. Sie ist die Trä- vielen, vielen Gesprächen mit Mi- Vielen Dank für das Gespräch! gerin der Idee. Denkmalpflegerin- nistern und Abgeordneten, in de- nen und -pfleger müssen heute er- nen ich die Belange der Denkmal- kennen, wie sich Idee und Substanz pflege in die aktuellen politischen am jeweiligen Denkmal aufeinan- Debatten einzubringen versuchte. der beziehen. Zum Beispiel? Wie halten es denn die Zum Thema „Umbauordnung“: bayerischen Denkmalpflegerinnen Solch eine neue Bayerische Bau- und -pfleger damit? ordnung würde das Bauen im Be- Das Zeltdach des Olympiastadions stand erheblich erleichtern. Aus in München wurde schon mehrfach ökologischer Sicht wäre sie zwin-

42 ÜBRIGENS Virtuell durchs Bauarchiv­ spazieren Sie ist eine der größten ihrer Art in Deutschland: die Schau- und Lehr- sammlung des Bauarchivs in der ehe- maligen Benediktinerabtei in Thier- haupten. Ein virtueller Rundgang startet im Ökonomiehof der Abtei und führt dann ins Gebäudeinnere, wo Dachstühle, Fenster, Fachwerke, Türen, Lampen oder Ziegel lagern – das Archiv beherbergt mehr als 6.000 historische Bauteile von der Römer- zeit bis zum 20. Jahrhundert. Einst gehörten die Stücke zu Kirchen und Wohn- häusern, ja sogar zu Gefängnissen und dem Olympiastadion in München. Die Unterwegs Denk- virtuellen Besucherinnen und Besucher können nicht nur zwischen den Regalen mäler entdecken stöbern, sondern auch mehr über einzelne Bauteile erfahren. Ein abwechslungs- und lehrreicher Ausflug, für den man das heimische Sofa nicht verlassen muss! Sich bei einem Spaziergang über Bo- den- oder Baudenkmäler und Ensem- https://www.blfd.bayern.de/blfd/­­veranstaltungen/ bles in der Umgebung informieren? rundgang-bauarchiv-thierhaupten/vr_tour/index.html Das geht mit dem Bayerischen Denk­ mal-Atlas jetzt auch per Smartphone und Tablet. Wer die GPS-Ortung seines Geräts eingeschaltet hat, kann sich die Denkmäler in der Nähe des eigenen Standorts anzeigen lassen. Mit dem Workbook durch die Zeit reisen Die digitale Landkarte vermittelt aber Das abwechslungsreich gestaltete Workbook schickt Kinder und Jugendliche nicht nur die genaue Lage der Denk- auf Zeitreise. Wer es aufschlägt, landet ganz schnell im 8., 11. oder 15. Jahr- mäler, sondern informiert in kurzen, hundert oder auch in der Jugendzeit der Großeltern. Bei der Navigation helfen teilweise bebilderten Texten auch Fragen. Mal lauten sie ganz praktisch: „Wo finde ich gute Informationen?“ oder über deren Geschichte, Ortszugehö- „Wo befindet sich die älteste Brücke in meiner Stadt?“. Andere inspirieren eher rigkeit, Alter und Funktion. zu Gedankenspielen wie „Waren die Gemälde in den Kirchen früher eine Art Netflix?“. Auf der Suche nach den Antworten erkunden die Kinder und Jugend- https://www.denkmal.bayern.de lichen spielerisch die Denkmäler vor der eigenen Haustür. Das Buch kann im Unterricht in den Klassen 4 bis 9, in der Projektwoche oder beim Familienausflug eingesetzt werden. Es kann für 9,50 € auf der Website www.denkmal-europa.de bestellt oder kostenlos heruntergeladen werden. Die Website bietet zudem ein digitales Geschichtsbuch mit Graphic Novels, Zeit- leisten, Videos und Animationen sowie Vermittlungsmaterial und Dokumen- tationen von Best Practice-Projekten, die vor allem Lehrende und Kulturver- mittelnde darin unterstützen sollen, das Thema Denkmalpflege für Kinder und Jugendliche spannend aufzubereiten. Auf geht’s, zurück in die Vergangenheit!

https://denkmal-europa.de/downloads/workbook_komplett.pdf

Texte: Juliane Grimm-von Wedemeyer Foto oben links: Dorothea Gehringer; Foto oben rechts: BLfD; Fotos unten: © VDL

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 43 Die Scheibenfibel Was ein frühmittelalterliches Schmuckstück über Handwerk, Material, Mode und seine Trägerin verrät

Einfach elitär – das ist die Ausstattung mehrerer Gräber eines frühmittelalterlichen Friedhofs in Gauting bei München. Archäologen haben dort zwölf Bestattungen freigelegt und dokumentiert – darunter vier auffallend reich ausgestattete Frauengräber des 6. Jahrhunderts. Das Grab einer jungen Dame sticht heraus: Die Qualität ihres Schmucks zählt zur Spitze dessen, was damals in Süddeutschland möglich war. Sie war kaum älter als 20 Jahre, als sie kurz vor dem Jahr 600 starb – woran, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Besonders kostbar ist eine aus edlen Materialien gefertigte Scheibenfibel.

GAUTING

Gräber Die letzte Ruhe — rund 1.300 Jahre lag die junge Frau ungestört in ihrem Grab, Villa bis um 1910 eine Villa gebaut, später erweitert und modernisiert wurde. Ihr Kopf- und Fußbereich wurden dabei von Kabelschäch­ ten und Fundamenten zerstört. Im Kopfbereich gingen vermut- lich goldene Ohrringe und vielleicht eine Nadel, im Fußbereich Teile der Wadenbinden und Schuhzier verloren. Über den Um- fang der Verluste lässt sich nur spekulieren.

44 ENTSCHLÜSSELT

Von weit her

— wahrscheinlich aus Indien stammen die roten Edelsteine, die die Fibel zieren. Wissenschaftler haben sie im Zentral- labor des Landesamtes mittels Röntgen- fluoreszenz- und Raman-Spektroskopie untersucht: Es handelt sich um Granate, mineralogisch exakter ausgedrückt um Almandine, ein im frühen Mittelalter sicherlich nicht gerade günstiges Sta- tussymbol. Die Steine zeugen von einer zeitweise perfekt funktionierenden inter- nationalen Handels- und Verarbeitungs- kette im Mittelalter.

Sorgfältig gearbeitet

— so zeigt die Fibel das Können der damaligen Hand- werkskunst. Der Goldschmied schmolz die Metalle, goss sie und gab ihnen durch Schmieden und Zwi- schenglühen die Form von Blechen und Drähten. Die Grundplatte aus Silber erhielt ihre Gestalt sicher durch Sägen und Feilen. Für den Aufbau, durch und durch aus Feingold gearbeitet, nutzte der Handwerker wohl Trendsetterin auch Hämmer und Zangen. So konnte er die Bleche formen, den geschnittenen Almandinen anpassen, — ganz sicher zählte die junge Dame zur modischen Avant- montieren und dann hart verlöten. Die filigranen Perl- garde ihrer Zeit in Südbayern. Die Art, wie sie ihren Mantel drähte, die Zahnleiste und die gefassten Steine zieren mit der Scheibenfibel verschloss, war neu und die Fibel die beim Tragen sichtbare Seite. Vier über Eck sitzende selbst, hergestellt in einer linksrheinischen, fränkischen silberne Niete fixieren den prächtigen Aufbau auf der Werkstatt, brandaktuell. Zentral und stets sichtbar im Brust- Grundplatte. bereich getragen, markierte sie einen neuen Kleidungsstil mediterraner Prägung, der noch bis weit in das 7. Jahrhun- dert hinein modern bleiben sollte. Auf der Rückseite sind wenige organische Strukturen erhalten, die Rückschlüsse auf die Textilschichten unterhalb der Fibel geben können. Mög- licherweise waren an der Fibel auch Gehänge aus verzierten Lederriemen oder Perlschnürchen angebracht.

Gold und Geschmeide

— insgesamt 66 Schmuckobjekte haben die Archäologen im Grab der jungen Frau gefunden. Neben der Fibel mit den Almandinen etwa ein Halscollier mit drei goldenen Münzanhängern sowie viele Perlen aus Glas und Bernstein, außerdem eine große Bügelfibel aus feuer­ vergoldetem Silber. Sie war eigentlich typisch für Skandinavien und England und damals bereits etwas aus der Mode gekommen. Die Objekte sind wichtig für die Datierung des Grabes.

Von J. Haberstroh, St. Gasteiger, M. Mach, T. Niepold / Zeichnung: H. Voß Fotos: M. Forstner; M. Schnetz; M. Mach / Idee: B. Neuhäuser, J. Grimm-von Wedemeyer

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 45 Vom Fürst­ bischöflichen Amtshaus zum Bürgerschloss

Das Kommunale Denkmalkonzept in Oberschwarzach

46 ENGAGEMENT

KOMMUNALES DENKMALKONZEPT­ (KDK)

Das KDK ist ein Angebot an Kommunen, die ihren histo- rischen Ort entwickeln und erhalten wollen. Nach einer ­denkmalfachlichen Bestandsanalyse gehen Verwaltung und OBERSCHWARZACH Politik in den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern, um ge- meinsame Entwicklungsziele zu formulieren. Auf dieser Grund- lage entstehen mit fachlicher Beratung denkmalgerechte­ ­Nutzungs- und Sanierungskonzepte für Einzelobjekte oder ganze Ortsquartiere. Das BLfD unterstützt diesen Prozess von der Idee bis zur Umsetzung mit individuell auf den Ort VON HANS-CHRISTOF HAAS und seine Akteure abgestimmten Lösungen. UND JUDITH SANDMEIER

ahrelang hatte sich die Ober- sige Hauptbau mit Treppengiebel Keller der Scheune reift Käse, in der schwarzacher Kirchenverwaltung und flankierenden Rundtürmen Remise wird der dazu passende lo- um eine Revitalisierung des ehe- sowie die gegenüberliegende große kale Wein ausgeschenkt und in den maligen J Fürstbischöflichen Amts- Schlossscheune an den Längsseiten. alten Ställen wirkt der Backofen hauses bemüht, das den Charakter Das Karree schließen die unterge- einmal im Monat wie ein Magnet und die Ausmaße einer Schlossan- ordneten eingeschossigen Neben- auf den ganzen Ort: Am allmonat- lage aufweist. Erst die Beteiligung gebäude der Remise einerseits und lichen Backsamstag schieben dann der Kommune und der Bürgerschaft der Ställe andererseits. Das Schloss viele Oberschwarzacher Bürgerin- führte jedoch zu einem Nutzungs- bot damit viel Raum für Ideen, die nen und Bürger gegen ein gerin- konzept, das den großen Gebäude- auf ihre bauliche und finanzielle ges „Holzgeld“ Brot, Pizza, Kuchen komplex wieder mit Leben erfüllen Machbarkeit geprüft und zur Zufrie- und am Abend den Sonntagsbraten soll. Um dieses Projekt anzugehen denheit aller Beteiligten austariert in den gemeinschaftlichen Ofen. und in eine nachhaltige Ortsentwick- werden mussten. Eine zentrale Rol- Hinter dieser und anderen Initiati- lung einzubetten, hatte die Marktge- le spielten neben den Erwartungen ven steht der Förderverein Schloss meinde 2018 in enger Abstimmung der Kommune und der Kirchen- Oberschwarzach e. V., dessen mit dem Bayerischen Landesamt verwaltung, die sich im Schloss Mitglieder auch die zukünftigen für Denkmalpflege ein Kommunales zukünftig eine gemeinsame Infra- Nutzungen des Bürgerschlosses Denkmalkonzept (KDK) beauftragt. struktur teilen, die Anforderungen mitgestalten werden. Neben der Für den unterfränkischen Markt und Wünsche der Oberschwarz­ Versorgungsfunktion wollen sie stand die Reaktivierung des leer- acherinnen und Oberschwarzacher mit der Bi­bliothek und dem Bürger­ stehenden Schlosses bei den zehn an ihr zukünftiges Bürgerschloss. café auch Bildungs- und Dienstleis- prioritären Planungsmaßnahmen Mit dem vorliegenden Nutzungs- tungsangebote in die Ortsmitte zu- des KDK an erster Stelle. Die poli- konzept sowie der statischen und rückholen. tische Gemeinde war sich dieser bauhistorischen Untersuchung als Oberschwarzach nahm 2020 am großen Herausforderung bewusst Grundlage suchte die Gemeinde per digitalen Tag des offenen Denkmals und hatte daraufhin den repräsen- Ausschreibung nach einem geeig- teil. In einem Kurzfilm wurden die tativen Amtssitz erworben. Dieser neten Planungsteam. Nun, nach Ab- vielen am Entwicklungsprozess be- mutige Schritt schaffte die Hand- schluss dieses Verfahrens, steht sie teiligten Akteure und ihre Motiva- lungsgrundlage für die Beauftra- in den Startlöchern für den Beginn tionen vorgestellt. Der Film ist auf gung einer Machbarkeitsstudie zur der Großbaustelle. Youtube abrufbar. Umnutzung des Gesamtkomplexes: Doch auch ohne Bagger hat sich Um einen rechteckigen Innenhof im Schloss bereits einiges getan: https://www.youtube.com/ gruppieren sich der dreigeschos- Im Barocksaal wird geheiratet, im watch?v=zabYZJWZwpE&feature=emb_share

BLICK VON NORDWESTEN AUF DAS EHEMALIGE FÜRST­ BISCHÖFLICHE AMTSHAUS FOTO: BLFD, JUDITH SANDMEIER

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 47 Bald unterwegs in der SIMSSEE

Römerregion Mit dem Projekt Römerregion Chiem- see – gefördert im Rahmen des LEADER- Programms und unterstützt durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege Chiemsee (BLfD) sowie die Landesstelle für die nicht- staatlichen Museen – entsteht derzeit rund um den Chiemsee ein umfassendes An- gebot für Einheimische und Urlauber, um römische Geschichte fachlich fundiert in VON SABINE MAYER spannender Weise erleben zu können. Das Sachgebiet Ehrenamt in der Bodendenk- malpflege des BLfD lieferte hierfür durch zwei kleinere Projekte in Bernau und See- bruck die Initialzündung.

48 ENGAGEMENT

Die Website ist online!

CHIEMSEE

Seit März 2020 kann die Römerregion über die Website Während hinter den Kulissen emsig an informativen www.roemerregion-chiemsee.de bereits digital erkundet Texten, lebhaften Rekonstruktionen, eindrucksvollen werden. In die sich derzeit noch im Aufbau befindlichen Abbildungen und den Detailkonzepten der Umsetzung Stationen in den elf beteiligten Gemeinden werden erste gearbeitet wird, gibt die Website, die ständig aktualisiert Einblicke ermöglicht, die die Neugierde wecken und wird, laufend Einblicke in die Entstehung jeder Station Lust auf den Besuch im Gelände machen. Die einzelnen und den aktuellen Stand der einzelnen Gemeinden. Informations- und Erlebnisangebote, die heuer und im Wer sich schon jetzt vertieft informieren möchte, Laufe des Jahres 2021 fertiggestellt werden, lassen sich kann sich einstweilen mit einer ansehnlichen Literatur- sowohl thematisch als auch regional über die einzelnen liste und einer fachlichen Einführung in die Archäolo- Gemeinden erschließen. Eine Karte ermöglicht einen gie und Geschichte der Region durch den Schirmherrn Überblick über die Standorte, wobei nach verschiedens- Prof. Dr. Siegmar von Schnurbein weiterbilden. Auch ten Kategorien gefiltert werden kann. So lassen sich die eigens entwickelten und liebevoll illustrierten Kin- z. B. Angebote speziell für Kinder oder auch einzelne dergeschichten stehen schon zum Lesen bereit. Die Themenschwerpunkte – wie ein römischer Gutshof, Re- Erlebnisse des römischen Jungen Marcus und des Kel- ligion und Brauchtum, Handwerk, Landwirtschaft und tenmädchens Annilio nehmen auf die in Wert gesetz- Handel oder vor- und frühgeschichtliche Themen – ge- ten Fundstellen und Fundobjekte Bezug und bereiten zielt finden. sicherlich nicht nur Kindern und Familien Freude. Zukünftig wird die Website verschiedene Aufgaben zugleich erfüllen: Sie bietet einen Online-Führer für die Stationen, vertiefte Inhalte zu verschiedenen The- men rund um die Römerregion und ein gemeinsames Marketing der beteiligten Gemeinden für ihr archäolo- gisches Erbe. Erstmalig kann über ein ortsübergreifen- des Konzept der außergewöhnliche Gesamtbestand der Römerregion Chiemsee wahrgenommen werden – zu- nächst online.

www.roemerregion-chiemsee.de Literaturhinweise finden Sie auf S. 66.

ILLUSTRATION: © RÖMERREGION CHIEMSEE/ GEMEINDE PRIEN/ JAN REISER

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 49 HINTER DEN KULISSEN

Wussten Sie, wie vielseitig und spannend die zahl- reichen unterschiedlichen Aufgaben des Bayerischen Zwischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) sind? Rund 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschie- Schreibtisch und dener Berufsgruppen und Fachrichtungen kümmern sich täglich um Bayerns Denkmäler, deren Erfor- Feld schung und Erhaltung, sie sind die Ansprechpartner für Denkmaleigentümer, Planer, Ehrenamtliche und GEO-ERKUNDUNG:­ alle an Bayerns Kulturschätzen Interessierte. In jeder Ausgabe stellt Ihnen eine Mitarbeiterin Prospektion und oder ein Mitarbeiter ihren/seinen Aufgabenbereich Luftbilddokumentation vor. Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen des Landesamtes!

Der Arbeitsbereich Geo-Erkundung umfasst die beiden Denkmälern in ganz Bayern. Seit Kurzem setzt der Arbeits­ großen Fachgebiete der Luftbilddokumentation und der bereich Geo-Erkundung insbesondere für die Dokumenta­ geophysikalischen Prospektion. Das BLfD ist dabei eines tion von Baudenkmälern auch Drohnen ein, um fotorealis­ der wenigen deutschen Denkmalämter, das sich bereits seit tische 3D-Modelle zu erstellen. über 40 Jahren durchgehend mit diesem Thema beschäf­ Die geophysikalische Prospektion umfasst die zerstö­ tigt und sogar eine eigene Arbeitsgruppe besitzt. rungsfreie Untersuchung von Ackerflächen auf im Boden Das Luftbildarchiv befasst sich mit der flugzeugbasierten schlummernde archäologische Befunde. Als Verfahren ste­ Dokumentation von Boden- und Baudenkmälern in Bay­ hen dabei die Magnetometerprospektion, die Elektrik und ern. Zur Entdeckung archäologischer Überreste im Boden das Bodenradar zur Verfügung. Während erstere Methode stehen diverse Merkmale wie z. B. Bewuchsmerkmale zur besonders gut für ehemalige Gräben und Siedlungsgruben Verfügung. Darunter versteht man, dass Feldfrüchte geeignet ist, werden die beiden anderen Techniken v. a. oberhalb von im Boden verborgenen archäologi­ zur Suche nach Mauerresten eingesetzt. Mit Hilfe schen Befunden v. a. bei Wassermangel ein anderes des Messbildes, das ähnlich wie eine Röntgenauf­ Wachstumsverhalten an den Tag legen als in ihrer nahme aussieht, ist es möglich, einen detaillierten Umgebung. Das weltweit einmalige Luftbildarchiv Grundrissplan der Bodendenkmäler zu erstellen, umfasst mittlerweile über 800.000 Fotos von ohne in den Boden eingreifen zu müssen.

Was sind Ihre Aufgaben sik umfasst die Planung, Durchführung im Landesamt? und Auswertung der Feldmessungen. Roland Linck: Als Arbeitsgruppenleiter Dabei sind wir mit verschiedensten Gerä- der Geo-Erkundung bin ich zum einen ten, wie z. B. Magnetometer und Boden- für die Organisation des Betriebs im Luft- radar, in ganz Bayern unterwegs. Was bildarchiv zuständig. Dort müssen die viele immer vergessen, ist, dass es nicht neuen Luftbilder, die jedes Jahr von unse- mit der eigentlichen Messung vor Ort ge- rem freiberuflichen Luftbildarchäologen tan ist, denn danach folgen noch einige geliefert werden, katalogisiert und archi- Tage oder gar Wochen im Büro für die viert werden, damit sie den Kolleginnen Datenverarbeitung und Interpretation und Kollegen im Haus und externen der Messbilder nach archäologischen Nutzerinnen und Nutzern für die wissen- und geophysikalischen Gesichtspunk- schaftliche Auswertung zur Verfügung ten. Nur so erhält man ein umfassendes stehen. Zusätzlich bin ich als ausgebil- Bild der untertägigen Bodendenkmäler. deter Drohnenpilot auch für die Durch- Die Ergebnisse werden dann den Kolle- führung von Drohnenbefliegungen an ginnen und Kollegen im hauseigenen Denkmälern sowie die Verarbeitung der Fachinformationssystem georeferenziert, Aufnahmen zu 3D-Modellen zuständig. d. h. versehen mit Informationen zu Ort Meine Tätigkeit im Bereich der Geophy- und Position, zur Verfügung gestellt und

Foto: BLfD, Roland Linck 50 Fotos: BLfD, Roland Linck

münden in einer Vielzahl an wissen- schen Friedhöfe in Bayern mittels beispielsweise die Entdeckung der schaftlichen Publikationen. Drohne. Von den hier möglichen bisher nicht lokalisierbaren Einsie- Mit welcher fachlichen etwa 40 Objekten konnten wir be- delei St. Emmeram in Feldkirchen Ausbildung kann man diese reits 20 Stück erfassen und ich bin bei München nennen. Mittels Bo- Aufgaben ausführen? derzeit damit beschäftigt, die zu- denradar gelang uns hier der Nach- Mein Interesse an Archäologie be- gehörigen Daten zusammenzubau- weis einer mehrphasigen Kirche, steht seit der Kindheit, mit den Na- en und digitale Pläne der dortigen die auch wesentlich größer war als turwissenschaften kam ich im Zuge Grabsteine zu erstellen. bisher angenommen. meiner Leistungskurse Mathematik Was gefällt Ihnen am meisten an VON ANDREA FRONHÖFER / ROLAND LINCK und Physik in Berührung. Studiert Ihrer Arbeit? habe ich Angewandte Geophysik Das Interessante an meinem Job ist in München und ich habe mich im die abwechslungsreiche Kombina- Rahmen meiner Diplom- und Dok- tion von Büro- und Feldarbeit. Denn torarbeit insbesondere mit der Un- neben der Datenauswertung am PC tersuchung von Denkmälern mittels ist man auch immer wieder im Ge- Radar beschäftigt. Die Erfahrung in lände unterwegs, um neue Daten Bezug auf die archäologische Inter- zu generieren. So wird es einem nie pretation der Messbilder kommt langweilig und man erlebt immer über die Berufserfahrung automa- wieder etwas Neues. tisch hinzu. Durch meine zwischen- Und zum Schluss: Ein Highlight aus zeitliche mehrjährige Tätigkeit in Ihrem Arbeitsalltag DR. ROLAND LINCK der freien Wirtschaft konnte ich mir Im Bereich der Luftbildarchäologie Geophysiker, zusätzlich noch Kenntnisse im Be- zählt hierzu sicherlich die Entde- arbeitet (mit Unterbrechun­ reich der Drohnentechnik aneignen. ckung einer neuen römischen Villa gen durch Studium und Woran arbeiten Sie gerade? rustica, eines römischen Land- Tätigkeit in der Industrie) Derzeit bin ich mit der Auswertung gutes, im Nördlinger Ries im Jahr der geophysikalischen Messungen 2019. Zuvor war an dieser Stelle nur seit 2003 in der Arbeits- der Feldsaison 2020 befasst. Hier eine neolithische, d. h. jungstein- gruppe Geo-Erkundung konnten wir, trotz Einschränkun- zeitliche, Fundstelle­ bekannt und am BLfD und ist derzeit als gen durch Corona, auch dieses Jahr weder über Lesefunde noch über Arbeitsgruppenleiter dort um die 20 Projekte durchführen, Jahrzehnte bisheriger Luftbildbe- tätig. Sein Schwerpunkt deren Daten nun verarbeitet werden fliegungen wurden die römischen liegt auf der Radarprospek- müssen. Mauern bislang entdeckt. Ein Über- Zudem bearbeiten wir in Zusam- flug zur richtigen Zeit ermöglichte tion und der Durchführung menarbeit mit unserem Referat uns nun die Erstellung eines exak- von Drohnenflügen. Denkmalerfassung ein großes Pro- ten Plans der römischen Fundstelle. jekt zur Dokumentation aller jüdi- Aus der Geophysik könnte man hier

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 51 STADT LAND FLUSS Auf den Spuren von Wolfram

Unterwegs in Ornbau, Merkendorf und Wolframs-Eschenbach

VON DORIS EBNER

ORNBAU, DAS SÜDLICHE UNTERE TOR MIT BRÜCKE ÜBER DIE ALTMÜHL­ FOTO: ARCHIV TOURIS­ MUSVERBAND FRÄNKI­ SCHES SEENLAND UND SEINER PARTNER/HUB ein Zug fährt in eine der drei zauberhaf- Kten kleinen Landstädte 15 km südöstlich von – weshalb man sie sich am besten mit dem Fahrrad erschließt oder er- wandert. Die drei Orte liegen nur rund 8 km auseinander. Der Besucher staunt, welche städtebaulichen Schönheiten er so dicht beisammen abseits der großen Routen zu sehen bekommt. Autofrei nähert man sich den Orten auf der Zugstrecke Treuchtlingen–Würzburg. Am nächsten liegt der Bahnhof Triesdorf (zwi- schen Gunzenhausen und Ansbach). Wer eine schöne Fahrradtour entlang des Alt- mühlsees und dessen Altmühlzuflusses ge- nießen will, startet in Gunzenhausen und radelt zunächst 10 km nach Ornbau. Ansbach

Wolframs-Eschenbach

Triesdorf Merkendorf

Ornbau

Karte: HUND B. communication

DREI BEFESTIGTE LANDSTÄDTE Es sind etwa 3 km zurückzulegen zum Bahnhof Tries- Die Altstadt von Ornbau steht als Ensemble unter Denk- dorf, wo man die Gleise überquert, um nach weiteren malschutz. Die rundum befestigte Zwergstadt hat sehr knapp 2 km in Merkendorf anzulangen. Keine 5 km von alte Wurzeln. Ältestes überliefertes Datum ist die Weihe Ornbau entfernt also ist die nächste umwehrte Klein- der Kirche St. Jakobus 1058 durch den Bischof von Eich- stadt. Merkendorf war einst Eigenstadt des Klosters stätt. Seit dem Spätmittelalter gehörte Ornbau zum Bis- und Verwaltungssitz von dessen Propstei tum Eichstätt; seit dem 17. Jahrhundert war es eine eich- Altmühl. Nach 1578 unterstand es einem markgräflich stättische Hauptzollstätte. Noch heute ist der Ort eine ansbachischen Stadtvogt. Das komplette von der Ring- katholische Enklave im reformierten Mittelfranken. straße eingefasste Altstadtensemble steht als solches Der Befestigungsring in der heutigen Form entstammt unter Denkmalschutz und auch zahlreiche Häuser sind der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Er ist D-förmig Baudenkmäler, so etwa das spätgotische Alte Rathaus, mit der geraden Seite im Süden an der Altmühl. Zwei das ehemalige Amtshaus, die einstige Zehntscheune Stadttore, nördlich und südlich gelegen, gewähren Ein- und ein Gasthaus. Dezentral in der Nähe des Oberen lass. Betritt man das Städtchen von Süden her über die Tors befindet sich die evangelische Kirche Unserer Lie- vierbogige Brücke durch das Untere Tor, gelangt man ben Frau. bald zum Zentrum mit der alten Stadtpfarrkirche St. Ja- Wie in Ornbau verbindet die Nord-Süd-gerichtete kobus. Diese wurde in den 1960er Jahren auf originelle Hauptstraße Unteres und Oberes Tor; ein drittes Stadt- Weise umgestaltet: Zwischen dem romanischen Turm tor gibt es im Osten. Nicht nur die Stadtmauer mit und dem gotischen Chor ersetzte man das Langhaus mehreren Türmchen aus dem 15. Jahrhundert hat sich durch eine breitere zeltförmige Konstruktion aus Beton in großen Teilen erhalten, sondern im Süden auch ein und Glas. Archäologische Ausgrabungen begleiteten großes Stück des Wassergrabens. 2016 Kanalverlegungen und die Neugestaltung inner- örtlicher Straßen, was detaillierte Einblicke in die Stadt- Weniger als 3 km sind es nach Wolframs-Eschen- geschichte ermöglichte. bach, der dritten umwehrten Kleinstadt in nächster Durch das Obere Tor verlässt man die Altstadt auf der Nähe. Waren Ornbau vom katholisch-bischöflichen Nordseite über die „Vorstadt“ und findet am Ortsrand Eichstätt und Merkendorf vom markgräflichen Ansbach linkerhand den Friedhof mit der Kath. Friedhofskirche geprägt, so erhielt Wolframs-Eschenbach ab 1210 vom St. Jobst aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Deutschen Orden seinen Stempel aufgedrückt als eine der frühesten Deutschordensresidenzen in Deutsch-

54 STADT LAND FLUSS land. 1332 ist das Jahr der Stadterhebung durch Kaiser Zu seinem Leben lassen sich nur einige wenige Mo- Ludwig den Bayern. Die Stadtbefestigung geht auf das saiksteine zusammentragen, hauptsächlich Selbst- 15. Jahrhundert zurück. Die Hauptstraße verläuft West- aussagen in seinen Dichtungen. Er nennt den Land- Ost vom Oberen zum Unteren Tor. Auch hier ist die grafen Hermann I. von Thüringen (es dürfte sich um ganze Innenstadt als Ensemble denkmalgeschützt; zu- den Schwiegervater der hl. Elisabeth von Thüringen sätzlich sind Bau- und Bodendenkmäler eingetragen. handeln) als Gönner; man nimmt an, dass Wolfram Eindrucksvolle Gebäude verschiedener Stilepochen rei- sich zeitweise an seinem Hof aufgehalten und dort hen sich entlang der Hauptstraße: das Renaissance-Rat- wohl auch geschrieben hat. Dieser Landgraf Hermann haus aus Natursteinquadern, wo einst der Landkomtur stammte selber aus Franken. Von ihm kennen wir das des Deutschen Ordens Quartier bezog, neben der Alten Todesjahr 1217. Der ebenfalls erwähnte Graf von Wert- Vogtei mit Fachwerkobergeschoss, wo 2014 bei Bau- heim (Poppo I. oder II.) war Lehnsherr von Eschen- maßnahmen auch eine archäologische Ausgrabung bach und wohl auch Förderer Wolframs. Weitere stattfand; daneben die ehemalige Fürstenherberge Hinweise können bekräftigen, dass Wolfram in mit Volutengiebel. Heraus ragt die gotische Kath. Eschenbach beheimatet war: So nennt er zahlrei- Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt, deren Kirchturm che Ortsnamen aus der Umgebung, die ihm offen- mit bunten Ziegeln gedeckt ist. Gleich gegen- bar geläufig waren, etwa Pleinfeld, Dollnstein, über steht im Zentrum das Alte Rathaus mit Wassertrüdingen, Nördlingen, Kitzingen. Und zwei Fachwerkobergeschossen, wo heute nicht zuletzt seine Sprache verrät ihn, denn das Museum Wolfram von Eschenbach sein Mittelhochdeutsch weist fränkischen untergebracht ist. Einschlag auf – im Gegensatz zu bayerischen Sprachmerkmalen. WOLFRAM, DER ERZÄHLER DES PARZIVAL KANN MAN LITERATUR AUSSTELLEN? Im Jahr 1861 hat König Maximilian II. von Bayern am Stadtplatz ein Denk- Was aber lässt sich sonst noch über die mal mit Brunnen für den berühmten Person des Dichters aussagen, der vor 800 Sohn der Stadt – Wolfram – gestif- Jahren lebte? Das Museum Wolfram von tet. Damals hieß der Ort noch Ober- Eschenbach, das 1995 im Alten Rathaus eschenbach, wurde jedoch 1917 in im Ortszentrum neu eröffnet wurde, hat Wolframs-Eschenbach umbenannt. sich bemüht, alles zusammenzutragen, Mit hinreichender Sicherheit darf was über Leben und Werk Wolframs er- diese Stadt als die Heimat des mit- schlossen werden kann. Dass es wenig ist, telalterlichen Dichters Wolfram von verhehlt das Museum nicht. Im Gegenteil: Eschenbach gelten. Seit 1268 ist eine Da es vor der Frage stand, wie man Litera- Familie der Herren von Eschenbach tur überhaupt ausstellen könne, machte es urkundlich nachweisbar. Wolfram die Frage zum Programm. Die Ausstellung selber lebte einige Jahrzehnte früher, ist also in erster Linie Inszenierung – die- wobei man seine Lebensdaten nicht ge- se aber sehr gelungen. Es gibt ja keinerlei nau eingrenzen kann. Sicher wurde er vor persönliche Gegenstände oder Erinnerungs- 1200 geboren, denn seine Dichtungen ent- stücke zum Ausstellen, nicht einmal ein Grab Wolframs-Eschenbach, standen in den ersten zwei Jahrzehnten des Wolfram-Denkmal von 1861 kann im Ort gezeigt werden. So bleiben nur 13. Jahrhunderts. Ein Fixdatum ist herauszu- Foto: Doris Ebner die überlieferten Werke, also aufgeschriebe- lesen aus der Erwähnung im Parzival, dass ne Worte, allen voran der „­Parzival“. der Erfurter Weingarten von Pferden zer- Von Parzival hat jeder schon einmal ge- trampelt worden sei. Dies muss 1203 bei der WOLFRAM hört – wobei möglicherweise Richard Wag- Belagerung durch König Philipp geschehen Die mittelhochdeutsche ners Opernadaption populärer ist als der sein im Thronstreit mit dem Welfen Otto IV. Literatur verdankt ihm mittelhochdeutsche Versroman. Dieser ist Die Schaffensjahre Wolframs fallen also in mehrere epische Werke. reicher überliefert als jedes andere zeitge- die Zeit, als der Deutsche Orden in Eschen- Er widmete sich dem nössische Werk, nämlich in 15 vollständi- bach Fuß fasste und der junge Staufer Fried- Minnesang, aber auch der gen Pergament- oder Papierhandschriften rich II. König war. Der Kreuzzug, auf dem Lyrik. Da seine Schaffens- und 66 Fragmenten – was die Beliebtheit dessen Großvater Kaiser Friedrich Barbaros- zeit vor allem die Jahre der Erzählung im Mittelalter bezeugt. Dabei sa 1190 sein Leben verlor, hallt in Wolframs 1200 bis 1217 umfasste, hat Wolfram die Geschichte nicht erfunden, Werken nach. Ein angebliches, um 1608 ge- gilt es als sicher, dass er sondern eine Vorlage neu bearbeitet und nanntes Grab Wolframs ist in Eschenbach vor 1200 geboren wurde. vorgetragen, wie es zu seiner Zeit üblich allerdings nicht erhalten. war. Er bezog sich auf die Artus-­Romane

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 55 des Chrétien de Troyes aus Frankreich, damals in Mode und höfischem Leben und auch Sprache der stil- prägende Trendsetter. „In die deutsche Sprache zog die ritterlich-höfische Welt Frankreichs ein.“ (Karl- Heinz Göttler, 2011) Für heutige Lesegewohnheiten erscheint der Text in weiten Teilen verwunderlich oder gar etwas fremd. Im Gegensatz zur Wagner-Oper, die einen heldenhaften Parsifal zeigt, wird der Parzival des Epos als geradezu tölpelhaft dargestellt. Als Sohn einer überbehütenden Mutter, die ihn abschirmt und nicht auf das Leben vor- bereitet, in das er von heute auf morgen gestürzt wird, tappt er von einem Fettnäpfchen in das nächste, wählt das Falsche, benimmt sich daneben. Er stellt sich oft dumm an, kommt aber dennoch voran; er lädt Schuld auf sich, bringt es aber am Ende doch bis zum Grals- könig. Unwahrscheinliche Zufälle und Begegnungen prägen seinen Weg. Die mittelalterlichen Zuhörer fan- den offensichtlich Geschmack an dieser Entwicklungs- geschichte, in welcher der „Held“ wahrlich nicht nur glänzt! Die große Trias der deutschen Literatur waren da- mals Hartmann von Aue, Gottfried von Straßburg und Wolfram von Eschenbach; nehmen wir als Lyriker noch Walter von der Vogelweide dazu. Kollegen und Konkur- renten! Gottfried hat Hartmann gelobt und Wolfram harsch kritisiert: Er vermisse bei ihm eine geschliffe- ne Ausdrucksweise. Wolframs Sprach- und Erzählstil ist nicht edel elitär, sondern eher umgangssprachlich, dabei aber einfallsreich und witzig. Er konnte zuspit- zen und übertreiben, originell und lustig sein: „Vor mir braucht man schon gar nichts zu verstecken, ich finde ohnehin nichts.“ (P 185,4–5) – „Was man uns Bayern nachrühmt, muss ich auch den Leuten aus Valois zu- Wolframs-Eschenbach, Deutschordenshaus, Treppenturm mit Renais- sanceportal Foto: Doris Ebner

Ornbau, Friedhofskirche St. Jobst Foto: Doris Ebner

Alte Vogtei in Wolframs-Eschenbach Foto: Archiv Tourismusverband Fränkisches­ Seenland und seiner Partner/Hub

56 IM FOKUS erkennen: Sie sind zwar noch dümmer als die Bayern, der Tafelrunde. Verwandtschaftliche Beziehungen im doch im Kampfe stehen sie ihren Mann. Wer in diesen Parzival sind ein weiteres Thema, die mit einem Mobile beiden Ländern aufwächst, ist ein Muster an Anstand mit Spielkarten dargestellt werden. Der geheimnisvolle und Schicklichkeit.“ (P 121,5–10) – „Erzählt jemand Gral findet natürlich ebenfalls Raum. umständlich und mit vielen Abschweifungen, so lang- Wolfram hat weitere Werke verfasst, die thematisiert weilt er seine Zuhörer. Seine Erzählung bleibt nicht werden: Das Fragment „Titurel“ dreht sich um den alten haften, sondern nimmt den bequemsten Weg – zum Gralskönig; hier gelang es, eine Melodie der gesunge- einen Ohr hinein, zum anderen heraus! Wollte ich nen Strophen nachzuvollziehen. Bei mehreren Liedern, meine Zuhörer solcherart belästigen, wäre alle Mühe die Wolfram gedichtet hat, handelt es sich überwiegend vergebens! Dann könnte ich meine Dichtung gleich um sogenannte Tagelieder, die am Morgen gesungen einem Holzbock oder einem Baumstrunk vortragen.“ wurden. Schließlich hat Wolfram nach dem Parzival (P 241,20–30) – „Wäre jede Staude im Schwarzwald noch ein zweites groß angelegtes Werk verfasst oder zu- eine Lanze, man hätte dort keinen dichteren Wald vor mindest in Angriff genommen, den „Willehalm“ – hier Augen als beim Anblick seiner [Poydiconjunz‘] Heer- geht es um den Kampf zwischen Christen und Heiden; schar.“ (P 379,1–5) qualitativ wird dieses Werk teilweise noch höher einge- Das Museum vermittelt den Kontext der Erzählung schätzt als der Parzival. und greift dann wichtige Aspekte heraus, die in den Die Rezeption des Parzival-Stoffs ist noch nicht zu Ausstellungsräumen inszeniert werden. Zum Einstieg Ende: Er wurde zu unserer Zeit mehrmals verfilmt. wird das 13. Jahrhundert herangezoomt, dann die Jüngste Adaption ist der Roman „Der Rote Ritter“ von Person Wolfram aus seinen Selbstaussagen herausge- Adolf Muschg, erschienen 1993 und 1.000 Seiten stark. schält. Die Welt des Königs Artus zeigt ein Raum mit Die Sekundärliteratur füllt Bände.

58 STADT LAND FLUSS

DER LITERATURWEG FRANKEN

Verlässt der Besucher das Museum, angeregt, sich weiter mit Literatur zu beschäftigen, so bietet es sich an, noch einen Spaziergang rund um Wolframs-Eschenbach zu machen. Hier gibt es nämlich den „Literatur- weg Franken“. Der 2,2 km lange Rund- Wolframs-Eschenbach, Museum Wolfram weg ist für Fußgänger konzipiert von Eschenbach: Raum „Willehalm“ und beginnt am Unteren Tor. Von bezieht sich auf ein Werk Wolframs, das hier geht man im Uhrzeigersinn an sich dem Kampf zwischen Christen und Heiden widmet. Foto: Doris Ebner der Stadtmauer entlang und begeg- net 15 Tafeln, auf denen jeweils ein(e) Schriftsteller(in) aus Franken vor- „Erzählt gestellt wird. Außer Wolfram finden sich weitere bekannte und weniger jemand­ um­ bekannte Namen von Hans Sachs bis Günter Eich, darunter Jean Paul und ständlich und Jakob Wassermann, aber auch einhei- mische Künstler kommen zum Zug: mit vielen Ab­ Gerd Scherm, Horst Prosch und Pe- schweifungen, ter Dreyling. Die Literatur in Franken lebt! Das Epos des Parzival ist das umfang- so langweilt er reichste Werk Wolframs. Ihm gibt Literaturhinweise finden Sie auf S. 66. das Museum Wolfram von Eschenbach seine Zuhörer.“ viel Raum. Foto: Doris Ebner

Stadtmauer von ­Wolframs-Eschenbach Foto: Archiv Tourismusverband Fränkisches Seenland und seiner Partner/Hub

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 59 #denkmalumseck FOTO-WETTBEWERB AUF INSTAGRAM UND FACEBOOK

Zum Tag des offenen Denkmals, der in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie digital stattfand, hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege auf seinen neuen Social Media-Kanälen bei Instagram und Facebook einen Foto-Wettbewerb veranstaltet. Unter dem Hashtag #denkmalumseck ­wurden Bilder von Lieblingsdenkmälern in Bayern gepostet. Eindrucksvolle Fotos von mächtigen Burganlagen, imposanten Kirchen, spannenden Architektur- details, malerischen Stadtansichten, Denkmälern in stimmungsvollen Lichtsituationen und vielen weiteren Motiven wurden hochgeladen. Herzlichen Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fotowettbewerbs. Aus den zahlreichen Posts wurden drei Gewinner-Fotos ausgewählt.

@denkmaelerbayern #denkmalumseck

Texte: Andrea Fronhöfer

BURG PARSBERG IN DER OBERPFALZ Foto: Michael Achatz @paula_gram525

60 MOMENT MAL – DENKMAL!

ST. ADALBERO IN WÜRZBURG, DETAIL DES PORTALS Foto: Martin Hahn @hahnteutrine BURG RABENSTEIN IN OBERFRANKEN Foto: Birgit Horvath @bisabiho

MITMACHEN!

Mach es wie die Sonnenuhr, Haben Sie eine Sonnenuhr zähle die heiteren Stunden auf einem Denkmal in Bayern nur… entdeckt? Sie waren schon in der Antike Dann nehmen Sie an unserem nächs- in Gebrauch und galten noch im ten Foto-Wettbewerb teil. Posten Sie 19. Jahrhundert als wichtigste Zeit- bis zum 31.01.2021 unter dem Hash- messgeräte. tag #denkmalumseck ein von Ih- Auf Burgen sind sie zu finden, nen selbst aufgenommenes Foto des in Fußgängerzonen, Parks, auf Denkmals mit der Sonnenuhr, geben Kirchtürmen und Rathäusern – Sie an, wo es sich befindet, und ver- stets sind sie wahre Kunstwerke, Sonnenuhr von Johann Georg linken Sie unsere Social Media-Kanäle jede für sich ist einzigartig und Ainstandt an Schloss Neuburg am Inn @­­ denkmaelerbayern­ auf Instagram für einen bestimmten Standort mit dem Wappen des Passauer oder Facebook. Das Social Media-Team gemacht: Sonnenuhren unter- Fürstbischofs Kardinal Graf von wählt die besten Fotos aus. Sie werden Firmian, in dessen Auftrag sie 1777 schiedlicher Arten, Größen, Formen auf den Kanälen des Landesamtes prä- gemalt wurde und Farben begegnen uns auch an Foto: BLfD, Andrea Fronhöfer sentiert und in der nächsten Ausgabe zahlreichen Denkmälern in Bayern. dieses Magazins veröffentlicht.

Mit der Teilnahme am Foto-Wettbewerb erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Foto auf den Social Media-Kanälen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und in der nächsten Ausgabe dieses Magazins unter Nennung Ihres Namens und Accounts veröffentlicht wird. Ihr Foto darf keine Rechte Dritter verletzen. Die Daten werden zu keinen weiteren Zwecken gespeichert oder weitergegeben.

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 61 Die Geschichte von Kinnmaskenträgern und einem Geisterhaus

DER BLICKWINKEL: selbst achtgeben, Corona – Beobachtungen da sie zum stark

gefährdeten Perso- Foto: Andreas Müller Foto: Simone Kreuzeder während des Lockdowns nenkreis gehören. Sie sind aus ihrem gewohnten Alltag gerissen und finden sich in einer anderen Welt wieder. Der Ar- VON AGNES RAHM beitsplatz hat sich gezwungenerma- die Daheimgebliebenen mit Informa- ßen in die eigenen vier Wände verla- tionen und machen alles, was nicht Ausgestorbene Plätze, Straßen, Flu- gert. Das heißt für die, deren Kinder einfach liegen bleiben kann. Keine re inmitten der Landeshauptstadt weder in Schule, Kindergarten noch Ahnung wie, aber sie bekommen das München. Der Marienplatz – fast Kita gehen dürfen, dass zwei Hände hin, und das verdient Respekt und leer! Das Leben steht still und nur manchmal einfach nicht genug sind. Anerkennung, vielleicht sogar Dank- noch wenige Menschen wagen sich In der einen Hand das Telefon, die an- barkeit. auf die Straße. Die Geschäfte und dere, um das weinende Kind zu trös- Die dringlichste Frage ist leicht Restaurants sind geschlossen, im ten, das vor lauter Langeweile durch zu beantworten: Was ist wichtiger, Hauptbahnhof steigen nur noch ver- die Wohnung getobt ist und sich da- die Arbeit oder die Menschen? Ganz einzelt Reisende aus fast leeren Zü- bei am Tisch gestoßen hat. Nun wä- klar, die Menschen stehen in die- gen. ren weitere Hände wünschenswert, sem Haus an erster Stelle. Inmitten der sonst so pulsierenden um die Mikrofonfunktion der Video- Was ist zu tun, damit es für alle Innenstadt steht auch das Geister- konferenz zu deaktivieren und dem möglichst schmerzfrei ablaufen haus im Hofgraben 4, in das sich nur zweiten Kind zu bedeuten, dass es kann? Was ist zu tun, um eine Ent- noch wenige Mutige wagen. Es ist von doch bitte konzentriert seine Schul- lastung zu erreichen? Auch auf diese außen verriegelt. Auch in den Fluren aufgaben erledigen soll, die man Fragen finden sich Antworten und sieht man fast ausschließlich ver­ eben noch schnell vor der eigenen Lösungen, die den Druck aus der Si- schlossene Büros, da die Menschen, Arbeit ausgedruckt hat. Ganz schön tuation nehmen. Ein Lichtschimmer die sich sonst dahinter befinden, nun viel verlangt sie allen ab, diese neue in einer sehr besonderen und für vie- andere Aufgaben haben: Sie müssen Welt. le schwierigen Zeit. sich um ihre Familien kümmern, Aber einige gute Geister befinden Ein Blick aus dem Fenster zeigt, ihre Kinder beschulen und manche sich doch noch im Haus. Es sind die, dass es nicht bei allen so glimpflich müssen jetzt mehr als sonst auf sich die versuchen, alles am Laufen zu abläuft. Die ersten Restaurants ge- halten. Sie kümmern sich um Post, Telefonate, Organisation, versorgen

62 BLICKWINKEL

Foto: Burkhard Körner

Foto: Bernd Symank

Man kann eine ganz ben auf und es werden nicht die letz- neue Fortbewegungs­ sollte. Verantwortliche Bürgerin- ten sein. nen und Bürger haben sich sogar die Viele bangen um ihre Arbeitsstel- weise beobachten, den Mühe gemacht, dies ihren Mitmen- len, befinden sich in Kurzarbeit oder „Ich-komm-Dir-nicht- schen überlebensgroß und an promi- müssen ihre Geschäfte für immer zu-nahe-Tanz“. nenter Stelle zu zeigen. schließen. Es ist deshalb verwunderlich, dass Die Regierung reagiert ebenfalls scheinbar viele davon überzeugt und verkündet fast täglich neue Kon- sind, dass eine starke Gefährdung zepte in Pressekonferenzen. Wenn man sich in diesen Tagen für ihre Mitmenschen von der Kinn- In anderen Häusern ist es gar umsieht, könnte man meinen, die partie ausgeht. Vielleicht handelt es nicht so einsam. Hier kann man eine vorher beschriebene Situation hat sich aber bei der beliebten Trageform ganz neue Fortbewegungsweise be- sich geändert. Manches sieht wieder um die derzeit bestmögliche Doppel- obachten, den „Ich-komm-Dir-nicht- aus wie vorher. kinntarnung und erfüllt einen ähn- zu-nahe-Tanz“. Dieser ist recht ein- Wären da nicht die Masken, die lich guten Zweck wie eine Spanx. fach zu erlernen: Kommt eine Person uns deutlich machen, dass die Ge- Regelmäßig kann man lässig um das auf Sie zu, dann weichen Sie dieser fahr nicht vorbei ist. In allen Farben Kinn geschlagene Masken sehen. mit einem eleganten Schlenker in und Stoffarten werden sie getragen. Nicht nur an der frischen Luft, son- beliebige Richtung aus. Werden Mal uni, mal gemustert, mal scheuß- dern auch oft in Zügen, Geschäften Sie von einer sich hinter Ihnen öff- lich, manchmal geschmackvoll, fast und Restaurants. nenden Tür überrascht, machen Sie schick, das neue Modeaccessoire. Gerade auf der Arbeit vergessen einen Hopser zur Seite und drehen Überall sieht man sie, sogar als wir manchmal, dass die Gefahr sich um die eigene Achse. Dann kön- Pflanzendekoration soll schon die noch nicht vorbei ist. Wir sind wie- nen Sie den oder die Eintretende mit ein oder andere gesichtet worden der in unserem alten Alltag ange- einem fröhlichen Hallo und einem sein. Nur wie man eine Mund-Nase- kommen und versuchen, das Ver- Wedeln mit den Händen gebührlich Bedeckung richtig im Gesicht trägt, säumte mit noch höherem Einsatz willkommen heißen. Die einzige Re- scheint für manche ein Buch mit nachzuarbeiten. Und doch gilt nach gel, die bei diesem Tanz eingehalten sieben Siegeln zu sein. Schon die Be- wie vor: Nehmen Sie Rücksicht auf- werden muss, ist, dass Sie einen Ab- zeichnung gibt einen Hinweis, wo im einander und seien Sie achtsam, so stand von mindestens 1,5 m zu Ihrem besten Fall eine Maske platziert sein kommen wir gemeinsam gut durch Tanzpartner einhalten. Sollte doch diese Zeit. Bleiben Sie gesund und möglich sein, oder? optimistisch! So sollten Masken nicht getragen werden. Der Römer zeigt, wie's geht. Fotos: Sven Bittner

Foto: Agnes Rahm

Foto: Markus Gschwind

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 63 Kräftedreiecke im staunenswerten Besonderheiten: Das Torgebäude am Staffelberg konnten Torgebäude – Seismik Priesterseminar auf dem Freisinger physikalisch erschlossen werden, und im Turm Domberg fußt auf einer bronzezeit- wir begreifen: Das Zangentor war eine lichen Höhensiedlung. – Wer hätte in Machtdemonstration! Das archäologische einer bronzezeitlichen Grube in Viecht Sieben RÖMISCHE FUNDSTELLEN Jahr in Bayern 2019 sieben versammelte Henkeltassen werden vorgestellt: Wir haben es mit vermutet und ein passgenau in eine Siedlungen, Handwerkerzonen, Grä- Die aufschlussreichsten archäolo- andere Grube eingesetztes Großgefäß bern und einer Römerstraße zu tun. gischen Ausgrabungen im Freistaat mit über 653 kg Kieselsteinen ringsum Was führten die Römer abseits des stellt das Bayerische Landesamt für und darüber? Schlitzgruben entziehen Lagers in Marktbreit im Schilde? Denkmalpflege (BLfD) alljährlich im sich zwar gerne der Datierung, aber Sieben Öfen und noch kein Verwen- „Archäologischen Jahr in Bayern“ nicht dem Auge des Archäologen: 17 in dungsnachweis! – Wer waren die Ein- vor, mit herausgegeben von der Ge- Buchbrunn, 56 in Gänheim, 20 in Zel- wohner einer Siedlung in Sand? Römi- sellschaft für Archäologie in Bayern. lingen – sind es Jagdgruben? Das Rät- sche Komponenten und Dendrodaten Jüngst ist der Band für das Jahr 2019 er- selraten darf weitergehen. – Silogruben des 1. Jahrhunderts n. Chr. lassen an schienen. In 72 Beiträgen von 107 Au- in Zellingen warten auf mit je einem den seltenen Fall denken, dass es toren werden darin auf 220 Seiten die kompletten Hirsch, Rind und Pferd auf Menschen der Heimstettener Gruppe wichtigsten Projekte präsentiert. Eine der Grubensohle. In Fuchsstadt finden waren. – Heftig muss es in Weißen- Bibliografie listet die 2019 erschiene- wir Kegelstumpfgruben, in deren einer burg um die Mitte des 3. Jahrhunderts ne Literatur zu archäologischen The- ein Lamm lag. – Späthallstattzeitliche zugegangen sein: Waffen in der Brand- men in Bayern auf. Holzhäuser und Zäune entdeckte man schicht eines steinernen Hypokaust- Der erste Beitrag wirft einen Blick in sumpfigem Grund in Ehekirchen, baus, Skelettteile daneben in einem ins MESOLITHIKUM: Späteiszeitliche darunter ein Eichenpfahl mit Beilspu- Brunnen lassen nichts Gutes erahnen. Jäger und Sammler hinterließen in ren. Ein Kollektivgrab überraschte in Einblicke ins FRÜHMITTELALTER Beilngries viele tausend Artefakte aus Lenkersheim, ein Schwertgrab in Gra- gewähren Grabfunde in Gauting, Nor- Silex, die unterschiedlichste Aktivi- fentraubach, eine Goldblechscheibe dendorf, Altötting und Lappersdorf. täten in ihrem Jagdlager vor mehr als in einem spätbronzezeitlichen Brand- Herausstechend sind zwei benachbar- 10.000 Jahren spiegeln. Fünf weitere grab in Großmehring – Zeugnis einer te Gräber in Nordendorf, neben denen Beiträge zum Neolithikum handeln überregionalen Symbolsprache. Auch auch noch ein Pferd begraben liegt: Ein von Siedlungen und Erdwerken in die großen Kerben im Sandstein einer Krieger war mit drei Goldblattkreuzen Siedlungen (Stephansposching und Grabhügeleinfassung in Altendorf und mediterranem Bronzegeschirr Mangolding). sind von Menschenhand gemacht; ihr versehen, im zweiten Grab erkennt Weiter wird das Feld in den Sinn erschließt sich vorerst nicht. man den Bestatteten als Reiterkrieger. METALLZEITEN:­ 17 Beiträge berich- Manches aus vorgeschichtlicher In elf Beiträgen zum MITTELALTER ten über Gräber, Siedlungen, ein Zan- Zeit Überlieferte verstehen wir Heuti- handelt es sich um Siedlung, Wüs- gentor, eine Tonfigur – fast alle mit gen nicht. Aber die Kräftedreiecke im tung, Burgruine, Burg, Schloss, Grä-

Buchtipps

Huber, Paul (Hrsg.): Das Zisterzienser- Pfister, Peter (Hrsg.): Die Zister­zien­ Sulk, Simon: Das römische Kastell kloster Raitenhaslach. Maßnahmen zur serinnen in Waldsassen. „Die auf Biriciana. Weißenburg in Bayern. Umnutzung historischer Klostertrakte, den Herrn vertrauen, schöpfen neue Ein Führer, München 2020 (Schriftenreihe des Kraft“, Regensburg 2020. Regensburg 2020. Bayerischen Landesamtes für Denk- Verlag Schnell & Steiner, Verlag Friedrich Pustet, ISBN 978-3-7954-3543-1, ISBN 978-3-7917-3158-2, malpflege; 21). 392 S., 125 farb. und 14 s/w Abb., € 24,95 88 S., zahlr. Abb., € 14,95 Volk Verlag, ISBN 978-3-86222-364-0, 304 S., zahlr. Abb., € 29,90

64 BÜCHER

ber, Stadtmauer, Kloster. Kurios ent- ben vom Jahr 1348 mit Epizentrum in burg, als die Stadt am Domplatz Bäu- wickelte sich etwa die Sanierung eines Friaul bis hier im Inntal auswirkte. me pflanzen wollte. Wohin mit dem Hauses in Landshut: Im Rückgebäude Ein Fund aus Regensburg führt uns Baum, wenn der Untergrund fast lü- kam buchstäblich unter dem Parkett auf einen Schauplatz des DREISSIG­ ckenlos voller Archäologie steckt? Es die alte Stadtmauer zum Vorschein! JÄHRIGEN KRIEGES: Die genaue wurde für die Pflanzgruben tatsäch- Sie wurde bei der Stadterweiterung im waffenkundliche Begutachtung der lich eng! 13. oder 14. Jahrhundert gebaut. – Grä- zwei Eisenstücke erweist sie als Spieß- Die RESTAURIERUNG kommt mit ber vor dem Kloster Oberelchingen eisen, also die Spitze von Stangenwaf- zwei Beiträgen zu Wort; das Sachge- warfen Fragen auf. Die Diagnosen an fen der Landsknechte. – Im 17. Jahr- biet EHRENAMT berichtet von Fund- den Skeletten zeigen eine überdurch- hundert erhielt Forchheim eine aufarbeitungen in Stadtlauringen und schnittliche hohe Gesamtbelastung Stadtbefestigung, wovon ein Stück in Vilsbiburg. Schlussendlich stellen unter anderem durch Mangelernäh- des Eskarpemauerwerks der St.-Hen- sich drei neue MUSEEN vor, und zwar rung und Parasiten. Bezeugt sind auch rici-Bastion freigelegt wurde, an dem in Landau an der Isar, Bad Königsho- Gallensteine und mehrfache Rippen- sich Details der wohldurchdachten fen im Grabfeld und Bamberg. brüche. Diese bedauernswerten Men- Festungsarchitektur studieren lassen. VON DORIS EBNER schen könnten im Hospital der Bene- Die ARCHÄOLOGISCHE PRO- diktiner verstorben sein. SPEKTION stellt sechs Projekte vor, SPÄTMITTELALTER UND NEU- darunter den römischen Brandopfer- ZEIT nehmen mit 13 Beiträgen einen platz auf dem Auerberg, die Einsie- relativ breiten Raum ein, was auf viele delei St. Emmeram bei Feldkirchen, innerstädtische Bau- und Sanierungs- Kloster Wessobrunn. Exotisches Ob- maßnahmen zurückzuführen ist. Sie jekt ist dabei die sog. Weiherschneid- führen uns u. a. nach Ingolstadt, Theu- bacher Röhrenfahrt – keine Rutsch- ern und Memmingen, auf die Burg bahn, sondern eine über 5 km lange Haag, zum Spitaltor in , unterirdische Wasserleitung, die im zu Schloss Emtmannsberg, zum Zister- 18. Jahrhundert den Vergnügungen zienserkloster Heilsbronn, in die Bene- des wilden Markgrafen Carl Wilhelm diktinerabtei Plankstetten. Die Bauge- Friedrich von Ansbach zugute kom- Bayerisches Landesamt für schichte der Burg Haag in Oberbayern men sollte, heute aber eher zum Miss- Denkmalpflege / Gesellschaft für weist um 1400 eine starke Zäsur auf; vergnügen der Landwirte gelegentlich Archäologie in Bayern (Hrsg.): damals wurde viel umgebaut – warum?­ deren Fahrzeuge in einbrechenden Das archäologische Jahr in Bayern Ein gewaltiger Riss im heute noch ste- Brunnenstuben versinken lässt. Das 2019, Darmstadt 2020. henden Turm gibt den Hinweis, dass Förstersonden-Magnetometer konnte Konrad Theiss Verlag GmbH, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, die Befunde ein archäoseismisches eine 160 m lange Teilstrecke ermitteln. ISBN 978-3-8062-4230-0, 220 S., Schadensmuster darstellen: Der Aus- Ein SPEZIALPROBLEM von Bo- 328 meist farbige Abb., gräber vermutet, dass sich das Erdbe- dendenkmalpflege trat auf in Regens- € 29,00, erhältlich im Buchhandel

Later, Christian: Gotteshaus und Haus der Bayerischen Geschichte Appuhn-Radtke, Sibylle: Toten­acker. Die Ausgrabungen (Hrsg.): Stadt befreit. St. Sylvester der ehemaligen Pfarrkirche Wittelsbacher Gründerstädte, München Schwabing, St. Benedikt in Starnberg (2007–2009), Regensburg 2020. Lindenberg 2020. Starnberg 2020. Verlag Friedrich Pustet, Kunstverlag Josef Fink, Kulturverlag Stadt Starnberg, ISBN 978-3-7917-3159-9, 256 S., ISBN 978-3-95976-268-7, 32 S., ISBN 978-3942915113, 480 S., zahlr. Abb., € 29,95 32 Abb., € 4,00 zahl. Abb., € 29,80

DI DENKMAL INFORMATION BAYERN NR. 174/2020 65 Autorinnen und Autoren

Robert Angermayr Lara Lunau M.A. Judith Sandmeier M.A. Bayerische Gesellschaft für Unterwasser- Wiss. Volontärin Referat A V: Bau- und Kunst- Stellv. Referatsleiterin Z VI: Bürgerbeteiligung denkmalpflege archäologie e. V. und städtebauliches Erbe Restaurierung, Fachbereich Gemälde und Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Möwenweg 4, 82279 Eching a. Ammersee Skulptur Schloss Seehof, 96117 Memmelsdorf E-Mail: [email protected] Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege E-Mail: [email protected] Hofgraben 4, 80539 München

E-Mail: [email protected] Dr. Doris Ebner Dipl.-Ing. Arne Schacht Stellv. Referatsleiterin Z IV: Dr. Sabine Mayer E-Mail: [email protected] Publikationswesen Referat Z VI: Bürgerbeteiligung und städte- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege bauliches Erbe Dr. Bernd Trautmann Ehrenamt in der Bodendenkmalpflege Hofgraben 4, 80539 München Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlun- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege E-Mail: [email protected] gen Bayerns Adolf-Schmetzer-Str. 1, 93055 Regensburg Staatssammlung für Anthropologie und Paläo- E-Mail: [email protected] anatomie Dr. Andrea Fronhöfer Karolinenplatz 2a, 80333 München Referatsleiterin Z IV: Publikationswesen Birgit Neuhäuser M.A. E-Mail: [email protected] Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Referatsleiterin G V: Presse- und Öffentlich- keitsarbeit Hofgraben 4, 80539 München Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Jérôme Zahn E-Mail: [email protected] Hofgraben 4, 80539 München Leiter der Staatl. Dombauhütte Passau

E-Mail: [email protected] Residenzplatz 9, 94032 Passau

Juliane Grimm-von Wedemeyer M.A. E-Mail: [email protected] Referat G V: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Dr. Tobias Pflederer Bayerische Gesellschaft für Unterwasser- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Dr. phil. Joachim Zeune archäologie e. V. Mittelalterarchäologe Hofgraben 4, 80539 München Pfaudlerweg 10, 87435 Kempten E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Büro für Burgenforschung 1. Vorsitzender Wissenschaftlicher Beirat Deut-

Agnes Rahm sche Burgenvereinigung e.V. Hans-Christof Haas Personalratsvorsitzende Vorsitzender Kuratorium Europäisches Burgen- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege institut Schloss Seehof, 96117 Memmelsdorf Hofgraben 4, 80539 München Dorfstraße 16, 87637 Eisenberg-Zell E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected]

Literaturhinweise

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66 IMPRESSUM

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