Ims 1 2014 Gesamt.Pdf

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Ims 1 2014 Gesamt.Pdf Informationen zur modernen Stadtgeschichte 2014 1.Halbjahresband Verlagsort: Berlin Herausgegeben von Martin Baumeister, Christoph Bernhardt, Dorothee Brantz, Martina Heßler, Gerd Kuhn, Friedrich Lenger, Gisela Mettele, Susanne Rau, Jürgen Reulecke, Ralf Roth, Axel Schildt, Dieter Schott und Clemens Zimmermann in Verbindung mit Stefan Fisch, Antjekathrin Graßmann, Adelheid von Saldern, Hans Eugen Specker und Clemens Wischermann Themenschwerpunkt Die Reform der Großstadt Verantwortliche Herausgeber: Dirk Schubert, Jörg Seifert, Thomas Völlmar LEITARTIKEL Dirk Schubert Sozialer Städtebau zwischen Ansprüchen und Realitäten......................... 5 BERICHTE UND AUFSÄTZE ZUM THEMA Celina Kress Gemeinschaft als Leitmotiv im Wohnungsbau der Großstadt.................. 17 Thomas Völlmar Englisches Haus und Gartenstadt - Geistige Strömungen im Städtebau um 1900.................................................................................................... 28 Hans Günther Burkhardt Konrad Adenauer und Fritz Schumacher - Wege zur Großstadtreform in Köln...................................................................................................... 38 Jörg Seifert Vom künstlerischen Despotismus zum städtebaulichen Dirigieren. Individuum und Kollektiv im Hamburger Städtebau der 1920er Jahre..... 52 Hartmut Frank Volkspark und Stadtlandschaft................................................................. 65 Carola Hein Das Museum of Modern Art (MoMA) in New York und die Einführung europäischer Wohnungs-, Nachbarschafts- und Städtebaukonzepte in die USA..................................................................................................... 87 LEITREZENSION Paul Sigel Dirk Hempel / Ingrid Schröder (Hg.), Andocken. Hamburgs Kulturgeschichte 1848 bis 1933, Hamburg 2012...................................... 99 FORUM Jan Andreas Kaufhold Innerstädtische Mobilität im Kontext des Siedlungsprogramms „vorstädtische Kleinsiedlung“................................................................... 104 Petra Spona Kulturelles Gedächtnis zwischen Herrschaftspolitik und Orientierungs- praxis. Das Stadtprofil Hannovers im Nationalsozialismus....................... 123 ALLGEMEINE BERICHTE Eleonore Harmel/Tabea Hilse Towards a Sustainable and Just City Region – Looking at Berlin, London and Paris (Tagungsbericht)........................................................................ 137 Heidi Hein-Kircher Infrastrukturen der Versorgung. Ein Workshop zur Geschichte kommunaler Wirtschaftspolitik im 19. und frühen 20. Jahrhundert (Tagungsbericht)....................................................................................... 141 Stephan Sander-Faes Städte im Krieg. Erlebnis, Inszenierung und Erinnerung des Ersten Weltkriegs. 52. Arbeitstagung des Südwestdeutschen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung (Tagungsbericht).............................................. 145 Tanja Vahtikari (Re)constructing communities in Europe, 1918-1968. A Venture into the discursive practices of community building (Tagungsbericht) ........... 149 Elke Beyer/Sylvia Necker Planung und Aneignung urbaner Freiräume im deutsch-deutschen Vergleich (1945-1990) (Tagungsbericht)................................................... 153 Kai Drewes Werkstattgespräch zur DDR-Planungsgeschichte (Tagungsbericht).......... 156 Celina Kress Gemischt Wohnen? Integration oder Segregation der Stadt (Tagungsbericht)....................................................................................... 161 Timo Luks Herrschaft vor Ort – Kommunalverwaltungen im 19. und 20. Jahrhundert (Tagungsbericht)....................................................................................... 163 Michael Toyka-Seid „Urbanization of Nature“, Exploratory Workshop der European Science Foundation (Tagungsbericht).................................................................... 167 MITTEILUNGEN............................................................................................... 171 LEITARTIKEL DIRK SCHUBERT Sozialer Städtebau zwischen Ansprüchen und Realitäten Seit dem 19. Jahrhundert bietet die Stadt mit ihren Problemen für die Planung ein relevantes Interventionsfeld, das einen ordnenden, gestaltenden Zugriff herausfor- dert. Ein (fiktives) Gemeinwohl stand dabei hinter den planerischen Interventionen und Handlungskonzepten. Städtebau und Stadtplanung galten als Signal für Fort- schritt, wenngleich vielfach mit paternalistischen Ideologien verbunden und über- höhten Hoffungen überfrachtet.1 Die planerische Aufgabe der Optimierung und Modernisierung von Stadtstrukturen und Lebensverhältnissen war durchweg posi- tiv konnotiert, zukunfts- und wachstumsorientiert angelegt und mit sozialen und reformerischen Visionen der Plan- und Machbarkeit durchsetzt. Die rasche Industrialisierung und Ver(groß)städterung im 19. Jahrhundert impli- zierte vielfältige und miteinander vernetzte neue Probleme der Wohnungsversor- gung, der Stadthygiene, der Infrastruktur, der Stadttechnik und des Verkehrswe- sens. Während einerseits die städtebaulichen, sozialen und technischen Herausfor- derungen zunahmen, wurden andererseits in den (Groß-)Städten zugleich neue in- novative Lösungen gefunden, um die Probleme anzugehen und zumindest partiell zu lösen. Nationaler und internationaler Austausch mittels Tagungen, Fachbesu- chen und Ausstellungen beförderte die zeitnahe Umsetzung neuer Lösungen. Aber nicht nur die realen Umbrüche und Verwerfungen bildeten Schwierigkeiten, auch der mentale Umgang der meist vom Lande kürzlich Zugewanderten und auf dem Lande sozialisierten Neustädter und Neustädterinnen mit dem neuen Phänomen „Großstadt“ bildete eine Herausforderung.2 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun- derts wurde die Großstadtentwicklung zu einem Sujet wissenschaftlicher und öf- fentlicher Kontroversen, das auch die städtische Lebensform als „Urbanität“ einbe- 1 Städtebau und Stadtplanung werden hier synonym benutzt. Bis zum Ersten Weltkrieg war der Begriff Städtebau üblicher. 2 Vgl. Jürgen Reulecke, Geschichte der Urbanisierung in Deutschland, Frankfurt am Main 1985; Walter Kieß, Urbanismus im Industriezeitalter. Von der klassizistischen Stadt zur Garden City, Berlin 1991; Cle- mens Zimmermann, Die Zeit der Metropolen. Urbanisierung und Großstadtentwicklung, Frankfurt am Main 1996. IMS 1/2014 5 zog. Bald sollten dabei, unterschiedlich fokussiert, stark polarisierende Positionen die Debatte dominieren. Städte waren immer Gegenstand widersprüchlicher Wahrnehmungen, die zwi- schen Bewunderung und Euphorie sowie Kritik und Ablehnung oszillierten. Otto Borst hat dies mittels der Konfrontierung von Babel und Jerusalem nachgezeichnet, die auch noch aktuelle Wirkungsmacht entfaltet. Babel gilt als Inbegriff der sündi- gen Überheblichkeit, von Ehrgeiz, Eitelkeit und Herrschsucht, die mittels der Stadt- architektur und des Turmbaus ihren sinnlosen, vermessenen, ehrgeizigen und über- heblichen Ausdruck fand. Jerusalem dagegen – nicht ohne visionäre, himmlische Züge – ist die Stadt der ewigen Schönheit und Herrlichkeit, ein Gemeinwesen des Schönen und Guten.3 Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts sich herausbildende Ideologie der Agrarro- mantik und Großstadtfeindschaft war dabei kein deutsches Phänomen.4 Sie war zu- dem eingebettet in kulturpessimistische Strömungen, die eine Zersetzung der Ge- meinschaft beklagten. Der Begriff der Gesellschaft wurde vermieden, da damit nach Meinung der konservativen Kritiker eine künstliche, entwurzelte und rationale Le- bensform verbunden war. Baulich manifestierten sich diese großstadtfeindlichen Vorstellungen in dörflich-kleinstädtischen Strukturen, die ideologisch mit Begriffen wie sozialer Harmonie, organisch Gewachsenem und bodenständigem, einfachen Leben konnotiert waren. Der moralisierenden Kritik der Moderne und ihrer Manifestation in der Groß- stadt stand eine positive Überhöhung der Großstadt gegenüber. Landleben-Idylle wurde mit der Lust am „Alten“ verbunden, die Großstädte dagegen seien „vom Teufel“, wobei die kapitalistische Wirtschaftsordnung das städtische Chaos generie- re. Lotterleben und Verderbnis der Stadt wurden mit ländlicher Bodenständigkeit und trauten Dörfern kontrastiert. Wenn auch soziale Aufsteiger im 21. Jahrhundert 3 Vgl. Otto Borst, Babel oder Jerusalem? Sechs Kapitel Stadtgeschichte, Stuttgart 1984, S. 15-124. Ähnlich der Titel des Bandes von Clemens Zimmermann/Jürgen Reulecke, Die Stadt als Moloch? Das Land als Kraftquell? Wahrnehmungen und Wirkungen der Großstadt um 1900, Basel/Boston/Berlin 1999; Klaus Bergmann, Agrarromantik und Großstadtfeindschaft, Meisenhein am Glan 1970; Steffen Krämer, Entar- tung und Urbanität. Großstadtkritik im 19. und 20. Jahrhundert, in: Forum Stadt - Die alte Stadt H. 3/2012, S. 225-254, Dirk Schubert, Großstadtfeindschaft und Stadtplanung. Neue Anmerkungen zu ei- ner alten Diskussion, in: Die alte Stadt H. 1/1986, S. 22-41. Eine vergleichende Studie des internationa- len Antiurbanismus, die auch die Ungleichzeitigkeiten des Verstädterungsprozesses reflektiert und Quel- len aus Belletristik, Musik, Film etc. einbezieht, ist noch ein Forschungsdesiderat. 4 Vgl. Andrew Lees, Cities Perceived. Urban Society in European and American Thought, 1820-1940, Manchester 1985; Morton G. White, The Intellectual versus the City, From Thomas Jefferson To Frank Lloyd Wright, Cambridge, Mass. 1962. 6 IMS 1/2014 nicht mehr aus der Stadt fortziehen, sondern in der Stadt bleiben, hat das bis heute wenig an den hartnäckigen Vorurteilen gegenüber der Großstadt geändert.5 Am Städtebau und der Produktion der modernen Stadt
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