Die Studentenzeitung der Humboldt-Universität 7. Jahrgang

November 1995 Studenten und Medien

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Techniker Krankenkasse€ Editorial

Eine neue UnAUFGEFORDERT ist da. Sie hat 52 Stufen und hier fängt der Wahnsinn nach 16 Stunden Schlußredaktion schon an. Und auch diesmal ist der Titel hoch (äh, rot), man sieht es bloß nicht! Resultat: 1 Fl. Chianti, 1 Fl. Guldentaler Schlosskapelle, 58 Liter Schwarz- kaffee und zwölfen mehligen Schoko-keksen. Der Layouter layoutet mit einer Hand, der Chef schläft mit offenem Mund, die Korrekturleser lesen nach acht Stunden alles nochmal. Stufen sind Seiten und jetzt wird zum Frühstück gerollt und dann ist aus! Lest!

Die Reportage Unsicherheit statt Angst. Inhalt Tausend "Schutzengel" bewachen die Berliner U- Titel und S-Bahn Radio - Studentensender in Berlin 28 "Fritz" - Kaum Praktikumsplätze 31 Fernsehen - Studenten-TV im Offenen Kanal 34 Zeitungen - Fachschaftsblätter an den Berliner Unis 36 Leben Profis - "OSKAR-TV" in Fürsten- Unsicherheit - Eine Reportage über ,-. walde 38 private Wachschutzfirmen bei U- und S-Bahn 40 Architektur - Der Umbau i Viele Studenten wollen nach ihrem Berlins 44 Studium im Medienbereich tätig Bürgerbegehren - Braucht Berlin eine werden. Die meisten fangen schon in der Uni damit an. historische Mitte? 46 Sie machen Radio, moderieren Fernsehesendungen und recher- chieren für Zeitungsartikel. Kultur Musik - The Canadian Brass in Studieren Berlin 47 Anwesenheitslisten 5 Film - "Stadtgespräch" 48 Schlamperei - wie ausländische Studenten beim Einschreiben behindert Sonstiges werden 6 Politik-Njuhs 4 "Berlin - Scheiße" - ein Erfahrungsbe- Studieren-Njuhs 9 richt 8 Kunstseite 26/27 Jahresbericht der psychologischen Bera Fortsetzungsroman 49 tung 10 Rätsel 50 Studieren in Lodz 11 Leserbriefe 51 Impressum 49 Bücher-Spezial Seitenl4-25 Das Letzte: Frauentag 52 Politik Aktuelles aus der Uni Frauen: Ohne über Studiengebühren und BAföG- gekommen (Az: 9.0.365/95), nach Verzinsung. Am Dienstag und dem Bielert sofort den Gesamtbetrag feministische Basis Mittwoch geht es um die außer- in Höhe von 22.748,07 DM plus 4 Am Donnerstag den 2. 11., organi- universitären „Veränderungen" im Prozent Zinsen ab 01.04.1993 sierte die FU ihren zweiten Hoch- Sozialstaat wie Kürzung des Arbeits- zurückzahlen muß. Das Urteil ist schul-Frauentag unter dem Motto losengeldes und der Sozialhilfe. Am rechtskräftig und vollstreckbar, d.h. „Damit Frauen an der Uni eine Donnerstag soll die Woche mit einer der Gerichtsvollzieher kann sofort Zukunft haben". Diese Veranstaltung, Vollversammlung aller Studentinnen und in voller Höhe des Betrages vollstrecken. jot welche 1994 erstmals zur Würdigung beenden, die um 12 Uhr im Audimax der Ernennung von Frau Limbach zur stattfindet. • Präsidentin des Bundesverfassungs- Weitere Informationen an den Studiengebühren: gerichtes zelebriert wurde, setzt sich Aushängen im Hauptgebäude und in Akademischer Senat zum Ziel, Frauenprojekte an der FU den einzelnen Instituten. und in Berlin vorzustellen. Auch die Andreas Biesenthal,(RefRat der HUB) gegen Einführung TU und die HdK planen in diesem Auf Antrag der Gruppe der Studie- Monat einen Hochschulfrauentag. Urteil: Finanzchef des renden wurde auf der Sitzung des Nur an der HUB suchen wir verge- Akademischen Senats vom 24.10. bens nach einer entsprechenden alten Studentenrates muß eine Vorlage verabschiedet, die ein Aktion. Die Frauenbeauftragte, Frau zahlen klares Votum gegen Studiengebühren Dr. Kriszio, bedauert diesen Umstand beinhaltet. Dieses Votum soll der Im Februar 1993 wurde endgültig sehr. Jedoch sei sie derart mit deutlich, daß Jo Bielert, Finanzchef Vertreter der Universitätsleitung regulärer Arbeit überhäuft, daß ihr des Studentenrates (Vorläuferorgan- (Prof. Krauß) bei der Mitte Novem- für etwaige Extraprojekte einfach isation des heutigen Studentenparla- ber in Bonn stattfindenen Hoch- keine Zeit bliebe. Außerdem fehle an ments) finanzielle Mittel in Höhe von schulrektorenkonferenz vertreten. der HU „die breite feministische ca. 22.000 DM ausgegeben hatte, Dort soll über die baldige Einführung Basis", die derartige Vorhaben wozu er nicht mehr berechtigt war. von Studiengebühren abgestimmt einfordern würde. Aber, wenn man Zudem fehlten für Abbuchungen vom werden. der Frauenbeauftragten der FU, Frau Konto des Studentenrates Nachweis- Wider Erwarten zeichnet sich in der Färber, glauben darf, müssen wir belege, oder angeblich gekaufte Berliner Hochschullandschaft von diesen Umstand nicht bedauern. Ihr Geräte waren nicht auffindbar. Das Seiten der Präsidenten der TU Hochschulfrauentag sei teuer und Studentenparlament setzte darauf (Schumann) und FU (Gerlach) arbeitsintensiv gewesen, wobei der eine Kommission ein, die Licht ins ebenfalls eine Ablehnung gegenüber gewünschte Erfolg nicht erreicht Dunkel der Finanzverwaltung bringen der Gebühreneinführung ab. Im wurde. sw sollte (siehe UnAUF 55/93). Gegensatz dazu stehen die Aussagen Auf Grund der fehlenden Kommuni- Die UnAUF hat inzwischen ihren eigenen einiger Hochschulrektoren anderer kationsbereitschaft Jo Bielerts, der Frauentag gemacht und eine gemischt- Bundesländer (UnAUF 69), die die sich bis heute nicht zur Sache geschlechtliche Diskussion durchgeführt. sofortige Einführung gefordert haben. Die Ergebnisse stehen auf Seite 52. geäußert hat, ist es nun zum Versäum- nisurteil des Berliner Landgerichts Sammi Sandawi (Mitglied des RefRats) Protest: Aktionswoche gegen Studiengebühren und Zinspläne Vom 13. bis 16. November soll an der HUB eine Protestwoche stattfin- den. Es geht um die geplante Einfüh- rung von Studiengebühren sowie um die Verzinsung des Darlehensanteil in BAföG-Leistungen zu marktüblichen Zinsen (derzeit ca.8,5%). Diese Infprmations- und Aktionswoche soll die Studenten über die drohenden * Einschnitte ins soziale Netz informie- ren und gleichzeitig ein Protest darüber zum Ausdruck bringen. Am Montag 10.00 Uhr informiert der I Sein letzter Auftritt: der scheideitde Wissenschaftssenator Erhardt wurde bei der Immatri- RefRat im Foyer des Hauptgebäudes kulationsfeier im Audimax am 23.10. von HU-Präsidentin Dürkop verabschiedet. Anwesenheitslisten Schwarze Listen/ grüne Ohren und ein Haufen blauer Augen Sie sind wieder da! Einschreiblisten Marke Illegal! Und alle schauen weg.... wirklich alle?

Zwei Jahre, nachdem die UNAUFGEFORDERT (Nummer 53) bereits über die Verwendung der ominösen Anwesen- heitslisten an der Universität berichtete, ist es an einigen Instituten mittlerweile zur Regel geworden, besagte Listen in Seminaren kreisen zu lassen. Vor allem in den geisteswissen- schaftlichen Fächern, aber auch in Fächern der mathematisch - naturwissenschaftlichen Fakultäten sind die als 'Schwarze Listen' bekannt gewordenen Formulare heiß begehrtes Mittel zum Zweck. Der Zweck derweil ist jedoch mehr als fraglich. Während die einen etwas von „nur für die Statistik" brabbeln, . sehen andere Dozenten den Sinn eher in der Belohnung von Nichtanwesenden, die nach dreimaligem Fehlen keine Möglichkeit zum Scheinerwerb mehr bekommen. Die Abfragepalette ist ebenso einfallsreich wie unver- schämt. Angefangen von „lediglich" dem Namen über die Anzahl der studierten Semester bis hin zur Adresse und der Matrikelnummer sind alle erdenklichen Variationen vertreten. Der Datenschutzbeauftragte der Humboldt- Universität, Andre Kuhring, sieht in dieser Verwendung einen klaren Verstoß gegen geltendes Recht. Datenschutz- rechtlich gesichert ist lediglich die Angabe des Namens sowie des Datums und auch nur bei Seminaren, die eine begrenzte Anzahl von Teilnehmern zulassen oder in denen sogenannten „Sitzscheine" vergeben werden. Alle anderen Daten sind völlig irrelevant und unwichtig für den Verlauf des Studiums und solange nicht der eindeutige Vermerk auf die Freiwilligkeit besteht, illegal. Die Tatsache, daß die Angaben auf freiwilliger Basis erhoben werden, bleibt bisher, da eher hinderlich, oft unerwähnt. Dabei watet der jeweilige Dozent nicht nur durch juristische Grauzonen, sondern stapft sozusagen knietief im Datenschutz-Sumpf. Die selbsternannten direkt auf den Angeschriebenen anzupassen. „Lone Rangers der Datenerhebung" spekulieren selbstver- Bleibt nur zu hoffen, daß all die Professoren, die sich in ständlich auch auf die Blauäugigkeit und Unwissenheit der diesem Artikel wiedererkennen, so einsichtig sind und Studierenden, die wie sollte es auch anders sein, kommen- schleunigst ihre Listen verschwinden lassen, denn die tarlos alle geforderten Daten rausrücken. namentliche Brandmarkung (zum Beispiel in einer Da wundert es auch keinen mehr, daß der Handel mit Studentenzeitung) von „im öffentlichen Interesse stehen- Adressen in Deutschland in den letzten fünf Jahren den Personen" ist juristisch eindeutig erlaubt. exponential angestiegen ist. Die Ware der bereits spezifi- zierten Adressen, wie sie ja in unserem Fall vorliegen, ist zu einem begehrtem Gut geworden, das vor allem für Sammi Sandawi Firmen ein interessantes Mittel darstellt, um ihre Werbung (Mitglied des RefRats) — 6 Ausländische Studenten "An Sabotage grenzende Schlamperei" „Weltoffenheit ist das 3. Prinzip der HUB", sagte unlängst Jutta Limbach bei der feierlichen Immatrikulation der Erstsemester am 23. 10. 95.

Die Weltoffenheit ist ein Prinzip, das man sich an der die exekutierende Stelle eines Obrigkeitsstaates, sei es nun HUB besonders gern auf die Fahnen schreibt. Sie ist aber preußischer oder realsozialistischer Provenienz, handelt." auch ein Ideal, von dem die Wirklichkeit bisweilen Der Brief hängt im Foyer des Hauptgebäudes aus. abweicht. Im Folgenden drei Beispiele jüngeren Datums. Auf ihn angesprochen sagte Joachim Baeckmann, Leiter Fall 1: Zwei Tage vor Fristablauf erhielten einige Studie- der Studienabteilung, daß das "so nicht wahr" und ein rende in der großen weiten Welt einen Brief der Studien- solcher "Rundum- abteilung der HUB mit ihrer Zulassung nebst der Auffor- schlag" unfair sei. derung, sich fristgemäß einzuschreiben. Eiligst hier Prof. Münkler sage angekommen, erfuhren sie, daß sie eigentlich vorher eine nicht einmal, um wen Deutschprüfung hätten ablegen müssen. es sich handele. Daß Fall 2: Am 25./26.09. fanden im Sprachenzentrum, in der die Zeiten bis zum Abteilung "Deutsch als Fremdsprache", die Einstufungs- Fristablauf, und damit prüfungen für die Sprachkurse statt. Von den 250 erwarte- bis zum Verlust des ten Teilnehmern kamen jedoch nur 50, weil die meisten Studienplatzes, so erst am Freitag vorher, am 22. 09., per Post davon erfuh- knapp gewesen seien, ren. Zwei Tage Zeit, beispielsweise, um aus dem Iran nach wäre nicht allein der Deutschland zu kommen. Viele kamen auch später zum Studienabteilung Sprachenzentrum, die sich zwar ordentlich in ihre Studien- zuzuschreiben. fächer eingeschrieben hatten, aber mangels Deutschkennt- Im letzten Winterse- nissen gar nicht hätten studieren können. . mester gab es eine Leiter der Studienabteilung Baeckmann Fall 3: Erasmusstudierende kamen, wie ihnen gesagt Umstrukturierung im worden war, zu Semesterbeginn in die Uni. Aber alle Bereich der Betreu- Sprachkurse, die extra für Programmstudenten eingerich- ung ausländischer Studierender. Seit dem Sommerseme- tet wurden, waren voll, einer mangels Lehrer gestrichen. ster 95 stehen der Studienabteilung statt der bis dahin fünf Stellen nur noch 2,5 zur Verfügung. Von diesen wurde die halbe Stelle nicht besetzt, und eine der verbleibenden zwei Nur Schlamperei der Stellen ist zu Beginn des Wintersemesters ausgefallen. Studienabteilung der HUB? Macht zusammen einen Verantwortlichen von ehemals fünf, der sich mit den neu vom Akademischen Auslands- Zu Fall 1: An der Humboldt-Uni sind derzeit ca. 2500 amt übernommenen Unterlagen auseinandersetzen muß. ausländische Studierende immatrikuliert. Wer an deut- Die Prüfung der Studienanträge sei sehr langwierig schen Unis studieren möchte, braucht außer einer aner- (Anerkennung von Zeugnissen, Einstufung in die Fach- kannten Hochschulzugangsberechtigung den Nachweis, semester...), entschuldigte sich Baeckmann, zudem bei der daß er Kenntnisse in der deutschen Sprache hat. Ohne die "personellen Notsituation". Hinzu kämen Pannen mit der Prüfung zum Nachweis der deutschen Sprache (PNdS) Poststelle. Daß die Zeit bis zum Stichtag für die Betroffe- darf man nicht zugelassen werden. nen unmöglich kurz war, sei "ein Fehler, wie er statistisch nun mal passiert". Normalerweise würde angegeben, Diesen Hinweis auf die vor der Immatrikulation obligato- welche Papiere zur Einschreibung notwendig seien und rische Deutschprüfung bekamen einige ausländische mitgebracht werden müßten. Doch hätten Studierende die Studierende erst beim Einschreiben. Skandalös wird Angewohnheit, "nur die ersten drei Zeilen zu lesen". So dieser Fall dadurch, daß den Studenten genau zwei Tage liege bei der Immatrikulation oft das Zeugnis der PNdS vor Fristablauf diese, für eine gültige Einschreibung nicht vor, weil es entweder vergessen oder die Prüfung unbedingt notwendige, Information gegeben wurde. nicht abgelegt wurde (ohne die aber niemand einen Prof. Münkler (Politikwissenschaften) kritisiert diese Studienplatz bekommen dürfte, d.A.). Damit sie dennoch offensichtlich mehrfach vorgekommenen Fälle in einem immatrikuliert werden könnten, erfolge eine "Zulassung Brief an das Präsidialamt der Uni als "eine an Sabotage unter Auflage", den Nachweis innerhalb einer Frist zu grenzende Schlamperei". "Offenbar agiert ein Teil der erbringen. In einem Fall wurde ein norwegischer Student Universitätsleitung weiterhin so, als ob es sich bei ihr um zugelassen, dessen Zugangsberechtigung als auch Sprach- stimmung innerhalb der Universität? Letzten Endes nachweis fehlten, weil man in der Eile davon ausging, daß werden solche "Fehler, die nun mal passieren", auf dem Norwegen in der EU sei. Rücken der Studierenden ausgetragen. Einzelfallregelungen für unverschuldete Säumnisse sind abhängig vom Entscheidungsspielraum der Angestellten, zu Fall 3: Man studiere also besser nicht auf eigene Faust, der innerhalb der Verwaltungshierarchie verschieden ist, sondern möglichst im Rahmen eines Austauschprogram- und die Sachbearbeiterinnen haben sich eben an ihre mes? Es gibt universitäre Verträge, die den Studentenaus- Anordnungen zu halten. tausch mit dem Ausland regeln und bürokratische Hinder- nisse abbauen sollen. So bietet das Sprachenzentrum extra Kurse für Studenten aus Austauschprogrammen wie Ignorierbare Lappalien? ERASMUS an. Diese sind fakultätsgebunden, und wer durch sie nach Berlin kommt, sollte eigentlich schon so Sind "statistische Fehler" ignorierbare Lappalien? Hier gut Deutsch beherrschen, daß er das jeweilige Fach wird gespart, und das auf Kosten ausländischer Studier- studieren kann. In den meisten Verträgen sind bestimmte ender,deren Immatrikulationsverfahren ohnehin kompli- Fachabschlüsse festgelegt, die an der Heimatuniversität ziert genug ist. Auf der einen Seite sitzt eine universitäre anerkannt werden. Da diese das gesamte Semester- Verwaltung mit "kleinen internen Kommunikations- programm nicht ausfüllen, bleibt die Möglichkeit, im problemen", die gerade umstrukturiert wird. Auf der Gastland auch die Sprachkenntnisse zu vertiefen. In anderen Seite stehen Leute aus dem Ausland, die ihre diesem Semester waren vier Kurse für Grund-, Mittel- und Selbständigkeit unter Beweis stellen sollen, indem sie mit Oberstufe vorgesehen. Ein Test vor Semesterbeginn ermittelt das Niveau für jeden Studierenden. Das erfuhren einige Erasmus-Studenten erst, als sie am 16. 10. zum Studienbeginn erschienen und sich für einen der Deutsch- kurse einschreiben wollten, zusammen mit der Informati- on, daß diese bereits voll belegt seien und ein Kurs für die Mittelstufe wieder gestrichen wurde, weil eine Lehrerin eine Gastdozentur in Kopenhagen erhalten hatte. Ersatz- los. Die zwanzigstündigen Kurse bieten Platz für ca. 20 Leute, was erstens der Effektivität und zweitens der begrenzten Raumkapazität geschuldet ist. Für die real existierenden 60 Plätze waren allein vom Fachbereich Jura (50 Eras- mus-Studis) zu erwarten, und das war seit Ende Sommer bekannt. Da war die Planung, Ohnehin schon auf das Geringste beschränkt, für das Wintersemester längst abgeschlossen. (Die Planung für das SS 96 muß am 07. Warten auf einen Platz im Sprachkurs. (November 1994 in der Kommode) 11. abgeschlossen sein.) Paul und Jan, zwei belgische Erasmusstudenten, kamen der Bürokratie der Humboldt-Uni, durch mehrere "kleine" am Montag, dem 16.10., zur Einschreibung in die Sprach- Fehler erschwert, klarkommen. Oder wie? Und wenn die kurse. Sie wichen auf sogenannte fachbegleitende Kurse rechte Hand der Verwaltung nicht weiß, was die linke aus und haben jetzt 4 Stunden Deutsch in der Woche: macht, sind dann die Studierenden dafür verantwortlich, "Deutsch lernen am Computer" und einen Grammatikkurs. weil die immer nur die ersten drei Zeilen lesen?! Im Sprachenzentrum sagte man, alles Machbare sei getan worden; von den 13 Deutschlehrern arbeiteten schon zu Fall 2: Studierende, die zwar de facto eine Hochschul- sieben in den Kursen für Austausch-Studis. Als Ersatz für zugangsberechtigung, aber keine PNdS haben, müssen den ausgefallenen Kurs sei jetzt ein Vörbereitungskurs für diese vor Fachstudienaufnahme ablegen. Für sie ist die die PNdS für die Programmstudenten geöffnet worden Zentraleinrichtung für Sprachen zuständig. Wie die und laufe mit 12 statt 20 Stunden in der Woche. Der Abteilung "Deutsch als Fremdsprache" mitteilte, sei es Andrang sei überraschend gewesen, die Kurse würden schon mehrfach vorgekommen, daß Studierende, die außerdem auch von Studierenden der anderen Berliner ordentlich eingeschrieben waren, kein Sprachzeugnis Universitäten frequentiert. Daß überhaupt viele der hatten und zum Teil mangels Sprachkenntnissen gar nicht Austauschstudenten infolge unzureichender Sprachkennt- hätten studieren können. Zuständig für die Immatrikulati- nisse in den Grundstufenkurs gehen mußte, "widerspreche on und den betreffenden Schriftverkehr ist die Studienab- dem Gedanken von Erasmus". Wie auch immer, die Kurse teilung. sind voll, und Besserung ist nicht in Sicht. Am 25/26. 09. fanden Einstufungsprüfungen statt, von 250 gemeldeten kamen nur 50 Studierende. Warum? Sie Internationalität und Weltoffenheit sind Grundprinzipien hatten zum Teil erst am Freitag vorher, dem 22. 09., per dieser Uni. Nur macht man es sich auf Kosten der hier Post von der Prüfung erfahren. 15 Fälle waren Nachprü- studierenden Ausländer stellenweise schwer damit, sie fungen. Die Kapazitäten des Sprachenzentrums sind umzusetzen. • rike beschränkt, es gibt nur 13 Deutschlehrer. War es das allgemeine große Chaos? Fehlende Überein- 8 — Ausländische Studenten "Berlin - Scheiße"

Wie Beamte ausländische Studierende an den Rand der Verzweiflung treiben

Eine summende ungeduldige Menge sammelt sich vor der Leute werden pro Stunde vorgelassen - die Zeit vergeht Tür, jeder Ellbogen zielstrebig bereit, den besten Platz zu quälend langsam. Die Wände sind kahl, die Fensterbretter kriegen. Nein, hier wird nicht die Uni-Mensa beschrieben, pflanzenlos, die Beleuchtung grell - wie bei McDonalds. auch nicht die Abendkasse beim Berliner Ensemble vor Alles fühlt sich unwohl und unsicher. Was sollte man einer „Arturo Ui"-Aufführung, sondern das bekannte mitbringen? Habe ich alles dabei? Einwohnermeldeamt in der Dominicusstraße, Schöneberg Als ich dort war, wurde es plötzlich unerträglich für eine um 7 Uhr in der Früh. Diese Adresse klingt allen ausländi- ordentliche Japanerin: sie wollte unbedingt eine Frage schen Studenten vertraut und verhaßt - zweifellos bin ich stellen und klopfte an eine Tür. Eine Beamtin und brüllte: nicht die einzige an der Humboldt-Uni, die die Ehre hatte, "Ja?" - Die Japanerin brachte ihren sorgfältig formulierten dieses bunte freundliche Amt dreimal zu besuchen. Zweck Satz langsam vor und lächelte die Frau höflich an. Die des Besuches: eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, Antwort kam im allerschnellsten Deutsch - die Japanerin ohne die man sich an der Uni nicht einschreiben kann. nickte immer wieder und lächelte noch immer höflich. Gleichzeitig gibt 's ohne die Studienbescheinigung keine Noch ein Erguß in allerkompliziertestem Deutsch. Das Genehmigung. Verwirrend? - Ja! Da erfährt man zum Lächeln wurde jetzt schwächer und endlich war die Japane- erstenmal das Wort Teufelskreis nicht mehr bloß als rin tapfer genug zuzugeben: "Ich habe nichts kapiert." - abstrakten Begriff. "Ach." knurrte die Beamtin und schlug die Tür zu. Anschei- Das Landeseinwohneramt ist ein seltsamer Ort, wo sogar nend gibt es keinen Platz im Amt für Leute, die nach Berlin die Zeit anders als sonst vergeht. Während Berlin früh- gekommen sind, um Deutsch erst noch zu lernen. Nach stückt, gibt es schon Hektik in der Dominicusstraße. Jeden diesem Ereignis flüstert mein italienischer Nachbar, als ob Tag steht eine Herde unbedarfter Ausländer um eine es eine Beichte wäre: "I no speak German." und wird blaß. unmenschliche Uhrzeit auf, um zu sehen, ob das üble Endlich gegen Mittag begleitet die verstimmte Melodie ' Gerücht wahr ist. Kann es wirklich sein, daß um 7.35 Uhr - die Nummer 848 - meine Nummer! Ich würde nun endlich die Tür wird um 7 Uhr geöffnet - alle Wartenummern weg die allerwichtigste grüne Karte kriegen... "Zeigen Sie mir sind? Die Leute, die um 8 Uhr kommen, schütteln die Ihre Anmeldüngsbescheinigung!" kam knapp der Befehl. Köpfe traurig und starren die Maschine mit ungläubigem Alles andere hatte ich dabei, sogar einen Mietvertrag. Blick an: "Heute keine Nummer mehr!" verkündet ein Aber von der Notwendigkeit einer doppelten Anmeldung ' Schild hämisch. wußte ich nichts. "Sie müssen zur Polizei gehen - bis Zum zweiten Versuch bekam ich eine goldene Nummer morgen!" Noch ein Amt? und merkte, die hektische Tätigkeit ging bis 8 Uhr. Die Ja, und natürlich noch eine viertstündige Schlange. Von 7 Beamten rennen mit Höchstgeschwindigkeit durch die Uhr an am nächsten Tag dachte ich, es sei vielleicht ein Gänge - hin und zurück, zurück und hin - sie schießen aus endloses Spiel. Vielleicht sollte ich wegen einer mir einer Tür, verschwinden durch eine andere - hin und unbewußten Sünde bestraft werden, vielleicht war ich auch zurück. Man denkt, vielleicht kann ich jetzt eine kurze in Kafkas "Prozeß" gelandet. Neue erschöpfte Gesichter, Frage stellen. Welche Unterlagen erforderlich sind, ist eine noch verstimmtere Melodie, noch langsamere Minuten. nirgendwo angeschlagen. Was soll man also überhaupt Immer mehr resignierte Amtsgeschädigte begeben sich auf mitbringen? - Aber nein... "Später, später!" keuchen die de§ Weg zu einem anderen Amt. Eine ältere Griechin mit rotgesichtigen Beamten. traurigen Augen kannte nur zwei Worte auf Deutsch, die sie Die Gedanken wandern zu einem Kinderbuch, "Alice im immer öfter im Laufe der Stunden äußerte. "Berlin" - ein Wunderland", wo ein bestimmtes weißes Kaninchen immer riesiges achselzuckendes Kopfschütteln, und "Scheiße". in Eile ist. Im Labyrinth der Bürokratie fühlt man sich Gegen 1 Uhr des nächsten Tages wollte ich ihr fast zustim- genau so verwirrt, wie Alice - keine Auskunft. men. Aber eine viertel Stunde später verließ ich das Amt, Plötzlich leitet eine verstimmte Melodie den nächsten Teil die grüne Karte in der Hand - und das Leben in Berlin ging des Erlebnisses ein: das Warten. Die "Melodie" kommt von wirklich los. In solch einer Stadt zu wohnen, lohnt einigen der müden Nummernanzeige, die wahrscheinlich früher bürokratischen Aufwand. Mit einem bißchen Hartnäckig- ganz deutlich klang und jetzt den Kampf gegen das träge, keit ist alles möglich. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg - seelenlose Wartezimmer aufgegeben hat. Bald fühlen sich aber was für einer! die Wartenden genauso farblos und verstimmt. Nur fünf rebecca (from Scotland) o Schikane Ein gehetztes Anekdötchen vom benachbarten Campus

Es ist und bleibt die nackte Wahrheit, daß sich ein eine Alptraumwelle nach der anderen über unseren ordentlicher Student immer wieder einmal in der gestraften Mitstudenten ergoß, stieg endlich nun die Wut universitären Willkür verfängt und häufig extrem darunter empor. Er rebellierte. Das wiederum beeindruckte den zu leiden hat. Lehrenden, er bahnte den Weg zur Kompromißbe- So begab es sich vor einigen Wochen am Fachbereich reitschaft und bot seinem Zögling an, in einer halben Physik der Freien Universität zu Berlin, daß ein fleißiger Stunde die Prüfung anlaufen zu lassen, wenn dieser bis Student ganz friedfertig zu den betongeschmückten . dahin die Prüfungsakte besorge, er selbst kümmere sich Gemäuern seiner Alma mater schritt, um dort sein um einen Beisitzer. So raste der Student durch die langen Vordiplom abzulegen. Welch emotionale Turbulenzen ihn toten Gänge des Betonirrgartens und traf schließlich auf auf diesem Weg begleiteten, können wir uns bestens die Frau Sekretärin, die nach der Berichterstattung des vorstellen und fühlen ganz im komillitonischen Sinne mit abgehetzten Studenten dem Herrn Proffessor telefonisch (Oh, weh, der Ärmste!). grünes Licht gab. Also ging's im gleichen eiligen Tempo Im Büro seines Prüfers zum festgelegten Termin pünktlich zurück zum Palastsaal, wo er neben dem Gnade angekommen, starrte dieser unseren Helden nur fragend Erweisenden ein verwirrtes Gesicht hocken sah. Denn der an und wunderte sich über die Präsenz seines Schülers Herr Professor konnte keinen anderen als einen jungen mitten in der vorlesungsfreien Zeit. Als er die Absicht Assistenten aus dem Labor ausfindig machen, der von seines Gegenübers erfuhr, entgegnete er mit dem banalen seiner wichtigen Versuchsreihe losgerissen wurde. Ausruf: "Tut mir leid." Der Herr Professor habe keine Da saßen sie schließlich alle vereint am runden Tisch und Prüfungsakte vorliegen, also könne er auch keine Prüfung führten nach allen Regeln der hochschulverwaltungstech- abnehmen. „Kommen Sie doch einfach in sechs Wochen nischen Kunst ein gelungenes Prüfungsgespräch ab. wieder, ich fahre morgen für längere Zeit fort." alex Studentischer Horror, universitärer Terror! Nachdem sich

Buch Vordergrund. Nicht nur, daß die praktischen Anteile wesent- lich verstärkt sind, auch der theoretische Unterricht findet in Bezug auf Fälle oder Patienten statt. So ist der erste, Reform des Medizinstudiums fünfsemestrige Studienabschnitt anhand der Organsysteme in mehrwöchige Blöcke untergliedert. Die wiederum sind in Krankheitsbilder unterteilt, welche das Thema einer Woche • Die dritte Auflage des Leitfadens zur Studienreform in vorgeben. Im zweiten Studienabschnitt wird der Stoff Human- und Zahnmedizin faßt die aktuellen Bemühungen um vertieft, die Blöcke sind anhand von Lebensabschnitten einen Reformstudiengang Medizin zusammen. gegliedert. Die Prüfungen im Reformstudiengang sollen auf die Lehr- und Lernziele des Reformstudiengangs abgestimmt Der .»Leitfaden zur Studienreform" beschreibt die studentische sein und dabei auch praktische Fertigkeiten bewerten. Am Initiative zur Veränderung des Medizinstudiums: Anamnese- Ende des fünfjährigen Hochschulstudiums wird allerdings im gruppen, Veranstaltungen zu ethischen Fragestellungen und bundesweiten MC-Examen geprüft. Auch das daran anschlie- die sich verbreitenden problemorientierten Lerngruppen. Auch ßende, fragwürdige Praktische Jahr und die Reform einzelner Kurse geht auf die Abschlußprüfung müssen im studentisches Engagement zurück: Reformstudiengang absolviert werden. Stationspraktika in Würzburg, Notfall- Die Absolventinnen des Reform- praktika in Kiel, Naturheilkunde in studienganges sollen sich gegenüber München. Besonders interessant ist aber jenen aus dem herkömmlichen Studien- die ebenfalls von Studierenden ausgehen- gang besser und schneller im Berufsle- de Initiative zur Reform des gesamten ben zurechtfinden. Sie sollen fachliche Studiums im ,$erliner Modell". Entscheidungen wissenschaftlich Diese gemeinsam mit Lehrenden fundiert treffen, praktische Fertigkeiten weiterentwickelte Initiative ist am bereits beherrschen und ein gerütteltes Virchow-Klinikum angesiedelt und somit Maß an kommunikativer Kompetenz im Zuge der Klinikafusion an die besitzen. Humboldt-Universität gekommen. Der Akademische Senat und die medizinischen Fakultätsräte haben die Fortführung Wenn das Modell Schule macht, können bald auch andere dieser Pläne begrüßt. Der Berliner Senat hat sogar eine Fakultäten diese Richtung einschlagen. Denn im Bundesge- Bundesratinitiative eingeleitet, die eine Ergänzung der sundheitsministerium wird an einer Neuordnung der „Appro- bundesweiten „Approbationsordnung für Ärzte" zum Ziel hat. bationsordnung für Ärzte" gebastelt. Mit Hilfe dieser Modellversuchsklausel wäre ein wesentliches Annette Riesberg, FU-Berlin Hindernis für den Reformstudiengang aus dem Weg geräumt. Leitfaden zur Studienieform in Human- und Zahnmedizin, Der Reformstudiengang stellt ein studentenzentriertes, mit einem Überblick über Studienreformprojekte und Studienre-formvorschläge. fächerübergreifendes und praxisorientiertes Studieren in den Eberhard Göbel und Sven Remstedt (Hrsg.) Mabuse Verlag, Frankfurt am Mai, 179 Seiten, br„ DM 24,80 ' 10 Psychologische Beratung "Hilfe! Bin ich verrückt?" Seit einem guten Jahr wird auch an der Humboldt-Universität psychologisch beraten. Diplom-Psychologe Holger Walther legte im Juli diesen Jahres den ersten Tätigkeitsbericht für die Zeit von Sommer 94 bis Winter 94/95 vor.

Die Universität als problemgeschwängerter Großbetrieb ein wesentlich höherer Bedarf als sich real zeigt, so daß bedeutet für eine immer größer werdende Zahl an mit größerer Bekanntheit der Psychologischen Bera- Studierenden eine Fülle von Anforderungen und Schwie- tungsstelle mit steigender Nachfrage gerechnet wird. rigkeiten, die eine Bewältigung des Studiums gefährden Leider sind nach wie vor falsche Vorstellungen und können. Ziel der psychologischen Beratung an der Vorurteile Ursache dafür, daß persönliche Probleme als Humboldt-Universität ist es, Studierenden ein Hilfsan- Schwächen empfunden, verschwiegen und versteckt gebot in für sie ausweglosen Situationen zu geben. Dabei werden. Die Aussage "Wer zum Psychiater geht, muß kommt es darauf an, Lösungswege zu finden, die eine völlig durchgeknallt sein", weckt immer noch Scham und selbständige Bearbeitung ermöglichen, also Hilfe zur die Befürchtung, es könnte einen ja einer sehen, wenn Selbsthilfe zu geben, über spezielle weitere Angebote in man hinter dieser Tür verschwindet. Dabei ist erstens ein therapeutischen und sozialen Einrichtungen Berlins zu Diplom-Psychologe kein Nervenarzt (wie ein Psychia- informieren und an solche zu vermitteln. ter), zweitens ist es mehr als normal, daß man mit Ein Kontakt mit Diplom-Psychologen Holger Walther Problemen nicht immer allein zurechtkommt und sich kann auf verschiedene Weisen zustande kommen: als also nach Hilfe umsieht, drittens kann gerade ein Außen- Beratungsgespräch von meist einer Stunde, Teilnahme an stehender, der einige Distanz zur konkreten Situation hat, einem der Gruppenangebote zu Prüfungsangst, Rede- unabhängig von emotionalen Verzerrungen neue Per- training, Lern- und Arbeitstechniken u. a., durch Nut- spektiven aufschließen und andere Möglichkeiten öffnen, zung des Informationsangebotes oder als kurze Anfrage als das nahestehende Personen und man selbst können. zur Information. Auch die bremsenden Erwartungen, der Psychologe Mit bis zu fünf Gesprächen ist die Beratung der intensiv- würde nur einmal hinsehen und schon stünde der Mensch ste Kontakt. Hier soll die Situation geklärt und die wie ein offenes Bilderbuch vor ihm, oder jeder Satz Entwicklung möglicher Krisen gebremst oder verhindert würde ihm alles Unbewußte des eigenen Ich erzählen, werden. Häufig kann schon mit einem Treffen geholfen ohne daß man es wollte, sind unbegründet: Jeder, der die werden. Die Anlässe sind zu einem großen Teil primär persönlichen und individuellen Zusammenhänge verste- aufs Studium bzw. Studieren bezogen, wie Lernschwie- hen will, ist darauf angewiesen, ob und was man bereit rigkeiten, Prüfungsängste, Orientierungslosigkeit, ist zu sagen und zu zeigen. betreffen darüber hinaus auch nicht selten ganz private Die Erfahrung des letzten Jahres hat gezeigt, daß es eine Verhältnisse, so Partnerschaft, Ablösung von den Eltern, Notwendigkeit für die Psychologische Beratungsstelle oder fehlendes Selbstwertgefühl. Grundsätzlich steht die gibt. Dem steigenden Bedarf an psychologischem Beratung allen offen, auch wenn die Probleme scheinbar "Service" und dieser Hilfestellung gerecht zu werden, kaum etwas mit dem Universitätsleben zu tun haben. sieht die Konzeption der Allgemeinen Studienberatung Menschen mit Depressionen, Suchtverhalten, Eßstörun- vor; dazu gehört u. a. die Einrichtung einer Infothek X • gen, Psychosen usw., die studieren, sind oftmals darin einschließlich einer Infowand, die auf Veranstaltungen eingeschränkt, das heißt, zuallererst ist es nicht das andefer Anbieter, zum Beispiel des Studentenwerks, Studiewproblcm, sondern eines, mit dem der ganze aufmerksam machen soll. Mensch zu tun hat, und das alle Bereiche seines Alltags rebus schneidet. In erster Linie ist es also eine psychologische, und erst dann eine Studienberatung. Der zweite Hauptpfeiler der Einrichtung ist das Grup- penangebot, das bisher drei Themenkomplexe umfaßte: Psychologische Beratung Lern- und Arbeitstechniken, Prüfungsangst und Be- Information und Anmeldung: Stud.abteilung, werbungstraining. Sowohl als Vorbeugung oder Vorbe- Ref. Allgemeine Stud.beratung reitung als auch zum Erlernen von Strategien zum Dtpl.-Psych. Holger Walther, Umgang mit solchen Schwierigkeiten haben die Gruppen Unter den Linden 6, Zi. 1101, Tel. 2093 2615 ihren Sinn und ihre Wichtigkeit; nach Umfragen besteht Mo 9-11 Uhr und Do 13-15 11 Studieren in .... lodz „Wudsch", nicht „lotsch", wie Vicky Leandros mich einst glauben machte, wird Polens zweitgrößte Stadt von ihren Bewohnern genannt. Nur wenige unserer östlichen Nachbarn würden sie deutschen Bekannten als reizvolles Ausflugsziel beschreiben und wohl noch weniger als geeigneten Ort für Auslandsstudien.

Dabei beherbergt die Stadt nicht weniger als sieben tungen im westeuropäischen Ausland einen Studienaufent- Hochschulen mit mittlerweile fast 40.000 Eingeschriebe- halt in Polen nicht allzu attraktiv erscheinen. Wer sich nen, deren Kursangebote alle erdenklichen Disziplinen trotzdem auf den Weg nach Osten macht, tut das wohl in abdecken. Die renommierte polnische Filmakademie, an einer Stimmung, die Pioniergeist mit dem Hang zur Exotik der auch Wajda und Kieslowski ihr Handwerk erlernten, verbindet, die von einer zugleich von Aufbruch und Verfall, hat ihren Sitz in der Stadt und seit dem vergangenen Jahr von Wirtschaftswundern und von sozialen Verwerfungen auch die „Universite de la Mode", die in Zusammenarbeit geprägten Gesellschaft ausgeht. Voyeurismus? Dekadenz? mit der Lyoner Universite Lumiere einen zweijährigen Nicht unbedingt! Angehende Volkswirtschaftler und Aufbaustudiengang für Modema- cher anbietet, den man - sofern die Abschlußarbeit auf franzö- sisch vorliegt - auch mit einem Diplom aus Lyon abschließen kann. Doch abgesehen von diesen Ausnahmeeinrichtungen zieht die nur ca. 120 km südöstlich von der Hauptstadt Warschau gelegene Provinzmetropole (bisher?) nur wenige ausländische Studierende an. Die Alma Mater von Lodz etwa zählte im vergangenen Studienjahr nur 202 Ausländer unter 21.732 Eingeschriebenen (= 0.92%), darunter sicher weitaus mehr Gaststudenten aus den ehemaligen „sozialistischen Bruderländern" als von der Partneruniversität in Gießen und den anderen deutschen Hoch- schulen. Ein Wunder ist das nicht. Neben der für viele unüberwindlichen Sprachbarriere, läßt auch der nach Aussagen ehemaliger Gast- studenten noch hochgradig verschulte und schematische Studienaufbau, sowie der - trotz der Vernachlässigung der Hoch- schulen hierzulande - nach wie vor gravierende Aus-stattungs- rückstand der meisten Institute gegenüber vergleichbaren Einrich- Hauptgebäude der Universität Lodz — 12

Geographinnen aus dem Westen könnten dort Dinge Europas Studenten lernen, die zu Hause keine Vorlesung vermittelt, meint ein Student aus Rotterdam, der bereits vor ein paar Jahren kommen sich näher - neugierig nach Lodz gezogen ist, dort studierte und die Ein nachahmenswertes Stadt inzwischen seine zweite Heimat nennt. Wenn ich ihn recht verstanden habe, sieht er das krasse Beispiel Einkommensgefälle und manch frühkapitalistisch anmu- tende Begleiterscheinung, die dort im Gefolge des Zusam- Nach Ankara und Berlin war im vergangenen Sommer menbruchs des RGW, aufgrund von Autoritätsverlust und Lodz Schauplatz des dritten AEStOP*-Workshops, eines Reformunfähigkeit der staatlichen Verwaltungen und jährlichen Arbeitstreffens von Studierenden aus den Be- durch die neoliberale Schocktherapie der ersten Solidar- reichen Architektur, Stadtplanung und Geographie aus nosc-Regierungen entstanden sind, als unvermeidbare „ganz Europa". Begleiterscheinungen eines Transformations-prozesses „Ways of architectural and urbanistic utilization of unused Lodz factory areas and their inclusion into the von der Plan- zur Marktwirtschaft. Das Attribut „sozial", surrounding city landscape" hatten die polnischen Gast- das ihr sowohl in Holland wie hierzulande angeheftet ist geber zum Thema des zweiwöchigen Workshops ge- und das in den „sozialdemokratischen Siebzigern" mit macht. Die erste Hälfte bestand aus einem abwechs- einer Aufblähung der Bürokratie erkauft wurde, hält er in lungsreichen, wenn auch vielleicht mit durchschnittlich Polen (und anderswo) für längst nicht mehr erreichbar; zwei Vorträgen und einer Exkursion pro Tag manchmal den weltweiten Trend zur „Deregulation" sieht er als etwas überladenen Einführungsprogramm, für das die notwendig und unumkehrbar an. Ob er diesen Reim in Studenten aus Lodz Professoren von der „Politechnika" seiner - seit jeher kaufmännisch geprägten - Heimat sowie „echte" Stadtplaner, Architekten, Stadtführer und gelernt oder sich selbst erst in Lodz gemacht hat, wage Fabrikdirektoren gewinnen konnten. Nach soviel „In- ich nicht zu entscheiden. put" gingen die ca. 20 aus Amsterdam, Berlin, Istan- bul, Rotterdam und Wuppertal Angereisten zusammen mit ihren Gastgebern in interdisziplinär und internatio- Kostenneutrale Konzerttickets? nal zusammengesetzten Kleingruppen an die Arbeit und entwarfen in wenigen Tagen (und einigen Nächten) ihre Behielte er recht, würde der Blick auf die „Landschaften Visionen von der Zukunft der überkommenen im Osten" zur Vorschau auf das werden, was auch dem Industriedenkmäler und verlassenen Fabrikgelände. „Westen" bald blüht. „Studieren in Lodz" bedeutete für die Teilnehmer selbst- Da verdient ein Psychologiestudent durch seinen Feier- organisiertes Lernen und Arbeiten, bei dem kein Gedan- abendjob am Tresen mehr als der Vater - immerhin Leiter ke an Scheine verschwendet zu werden braucht, und „Völ- einer Zweigbibliothek an der Uni. kerverständigung pur" - trotz mancher Mißverständnis- Ein Reiseveranstalter bietet für eine Handvoll zahlungs- se zwischen Gästen, die durch ihre Kritik am Gesehenen kräftiger Enthusiasten eine Fahrt zum Stones-Konzert im und Gehörten manchmal auch vor den Kopf stießen, über 400 km entfernten Prag samt Übernachtung im Hotel und Gastgebern, deren Zuvorkommenheit so sprichwört- an, während die Jugend in der 845.000 Einwohner-Stadt lich war, daß man sich ihrer Fürsorge zuweilen schon mit Lodz seit Jahren vergeblich auf das Gastspiel irgendeiner List entziehen mußte. Band der MTV-Playlist wartet. - Im Vertrauen auf die Ähnlich wie ein Jahr zuvor die Ausrichter des Berliner Gesetze des Marktes folgere ich: Kostenneutrale Ticket- Workshops hatten auch die Studierenden aus Lodz ih- preise sind dort nicht realisierbar. (Hallen in ausreichender ren Gästen gegen einen - dank Sponsorengeldern nied- Größe sind vorhanden.) rig gehaltenen - Unkostenbeitrag jede Sorge um Un- terbringung, Verpflegung, ÖPNV-Tickets und Arbeits- Zwei Blöcke hinter der Hauptgeschäftsstraße „Piotrkow- material abgenommen. Zu Frühstück, Abendessen, ska" liegen Nachbarschaften, in denen manche Häuser Gruppenarbeit und Grillparties im Grünen kam man unbewohnbar sind und um die meine Freunde bei Nacht im sogenannten „Artists' Museum" zusammen, einer et- einen Bogen machen. Ihnen, die fast alle in einer Ein- was heruntergekommenen, aber wunderschönen familienhaussiedlung aus den Zwanziger Jahren aufge- Industriellenvilla, die sich noch zu Jaruzelskis Zeiten eine wachsen sind, ist das Viertel mit verfallenen Mietskaser- Gruppe von Künstlern als Arbeitsplatz und Ausstellungs- nen aus Lodz's Gründerzeit, wo viele Leute arbeitslos, ort sicherte. hoffnungslos und skrupellos zu sein scheinen, höchst Auch im nächsten Sommer soll wieder ein europäischer suspekt. Planerworkshop stattfinden. Amsterdam wird sein Ziel Die Konstellation erinnert mich an ähnliche Situationen, seiil. Nichts spricht dagegen, daß dort auch Studieren- die ich in den USA erlebt habe. Wie dort machen mich die de des Fachbereichs Geographie (Kulturwissenschaftler? Schilderungen unerfreulicher Erlebnisse mutlos und als Europäische Ethnologen??) ihre Sicht auf Stadt einbrin- Kurzzeitbesucher - noch dazu ohne Aussicht auf Verstän- gen. (Vielleicht nehmen sich interessierte Leute aus sol- digung - verzichtete ich darauf, den angeblichen „Slum" chen, von Hause aus international orientierten Studien- zu erforschen. gängen aber auch ein Beispiel an den Stadtplanern und Stattdessen beschäftige ich mich als Teilnehmer am Architekten und knüpfen ähnliche Netze...?) Unter den diesjährigen AEStOP-Workshop (siehe Kasten) 14 Tage angegebenen Adressen gibt es weitere Informationen zum lang vor allem mit dem reichen, aber heute nur schwer zu Thema. Geck erhaltenden Erbe aus Lodz' industrieller Boomzeit Mitte * AEStOP (Association of European Students Of Planning) Berlin: Reemt Abelbeck, Dunckerstr.86, 10437 B., Tel: 030/4434930 o. 4415147 bis Ende des letzten Jahrhunderts. AEStOP-Workshop '96: Frank den Hertog, Scheldestraot, 1031V, 1078 GJ Amsterdam, Tel: 0031-20-6627520, e-mail: [email protected] — 13 —

Das Symbol für den damaligen, natürlich höchst ungleich schaft anzukurbeln und so vielleicht auch die alten verteilten Reichtum der Stadt ist „Poznanski", ein Ensem- Fabriken wieder mit Leben zu füllen. ble aus Fabrikgebäuden, Werkswohnungen und Fabrikan- Für die Jugend, die heute, nicht irgendwann, einen tenpalast, nur ein paar hundert Meter nordwestlich des vernünftigen Job und eine Stadt mit guter Lebensqualität Wolnosci-Platzes, der den Abschluß von Lodz' Haupt- und kulturellem (Konsum-)Angebot haben will, ist diese geschäftsstraße bildet. Zwar ist die 1852 von einem Situation höchst unbefriedigend. Die trüben Aussichten jüdischen Unternehmer gegründete Fabrik nur einer von auf Lodz's Arbeitsmarkt lassen viele - trotz ungleich vielen über die ganze Stadt verteilten Standorten der stärkerer Bindungen an das Elternhaus, als in Deutschland Textilindustrie. Doch kein Ort ist besser geeignet, sich die üblich - nach Warschau oder ins westliche Ausland Dynamik der stürmischen Industrialisierung, die krasse schielen und läßt jeden, dem die Zensuren es erlauben, an Ausbeutungssituation der nach der Aufhebung der Leibei- den Universitäten und Fachhochschulen nach einer genschaft in die Stadt geströmten Arbeiter, ihre Kämpfe Chance suchen, seine Qualifikationen zu verbessern. für mehr Gerechtigkeit und die Prunksucht der sich wie Gegenüber 1990 verdoppelte sich in Lodz die Zahl der Fürsten gerierenden (in der Mehrzahl deutschen) Fabri- Eingeschriebenen auf fast 40.000. Wirtschafts- und kanten zu vergegenwärtigen. Die imposante, mehrere Ingenieurs Wissenschaften sind der Renner und kaum hundert Meter lange und fast 30 Meter hohe, rußig rote eine(r) von ihnen hat in den letzten Jahren nicht angefan- Fassade des Hauptgebäudes und der eklektizistische gen, Englisch oder Deutsch zu lernen. Palast des Firmengründers, der heute neben dem Stadtamt Für sprachunkundige Lodzbesucher ein Glücksfall - Wer und dem Stadtmuseum auch einen vor kurzem gegründe- Lust hat, die Stadt zu entdecken, dort zu studieren (oder ten „Klub des Kapitals" beherbergt, sind ein Industrie- sich „eigene Reime auf die Geschichte" zu machen), findet denkmal, das auf die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes unter den angegebenen Adressen mit Sicherheit gastfreund- gehört. liche und hilfsbereite Menschen, die weiterhelfen. Seit dem Zusammenbruch des RGW 1991 befanden sich Geck Verwaltung und Arbeiterschaft des volkseigenen Betriebs, der zu einem Großteil noch mit Maschinen aus den Adressen: Dreißiger Jahren und in Fabrikhallen aus dem letzten Uniwersytet Lodzki - Narutowicza 65*, tel. 78-85-55 Jahrhundert produzierte, schlagartig in Konkurrenz mit 88** westlichen und fernöstlichen Anbietern. Nach Entlassun- Politechnika Lodzka (TU) - Skorupki 6/8*, tel. 36-55-22 gen, Teilprivatisierungen und Stillegungen liegt das mitten 127** in Lodz gelegene Gelände weitgehend brach, große Teile Panstwowa Wyzska Szkola Filmowa, Telewizyjna i der Fabrik stehen leer - symptomatisch für den Zustand Teatralna - Targowa 61/63*, tel. 74-39-43 108** eines hinter dem weltweiten wirtschaftlichen Strukturwan- del zurückgebliebenen Standorts. Wie in ähnlichen •Postleitzahl Lodz 91-... Regionen im „rust belt" der Vereinigten Staaten, dem ** Vorwahl in Polen 0-42, aus Deutschland 0048-42 Ruhrgebiet oder dem englischen Manchester, der Stadt, mit der Lodz schon immer verglichen wurde, stehen Politiker und Planer vor der schwierigen Aufgabe, neue Investitionen in eine im postfordistischen Zeitalter wenig attraktive Gegend zu locken. Das Vorhandensein industri- eller Altlasten, die durch fortgeschrittene Rationalisierung und Automatisierung obsolet gewordene Ausbildung der meisten ortsansässigen Arbeitsuchenden und wohl vor allem das wenig hilfreiche Image von Schweiß, Staub und Siechtum, das Lodz vorauseilt, hindert die Stadt und vor allem ihr von zahlreichen alten Industrieanlagen geprägtes Unsere SpezialStrecke - STUDENTEN/INNEN „Zentrum", an der rasanten Entwicklung der polnischen SCHÜLER/INNEN Wirtschaft Anteil zu nehmen. Flugtickets weltweit! JEDERMAN/FRAU- Die vom Staat eingesetzten Liquidatoren von POLTEX Linienflüge aller namhaften Airlines: LAST MINUTE-, CHARTER- UND LINIENFLÜGE gaben 1993 ein Konzept zur Konversion der markanten - für lugendliche, Studenten und Industrieanlage in Auftrag, die eine Umnutzung in ein Lehrer Messezentrum mit großem Hotel, Konferenzzentrum, - für „ledermann" Sprachreisen nach Banken und Büros vorschlug. Aber die Stadtväter konter- England, Malta, Kanada karierten diese aus Sicht der Planer einzige Chance, die Cruppenreisen nach Ihren Wünschen Gebäude vor dem Verfall zu retten, durch die Genehmi- gung einer Messehalle in vergleichsweise peripherer Lage. Individuaireisen nach Israel, Irland, So wird „Poznanski" und vieles andere in Lodz wohl Preiswerte Unterkünfte in London STUDENTEN weiter verfallen. Einstweilen warten die Experten sehnlich Internationale Studentenausweise, REISESERVICE auf eine Verkehrsplanung, welche die Stadt zum Kreu- Jugendherbergsausweise MARIENSTR. 25 10117 Berlin-Mitte zungspunkt neuer Autobahnen u.a. von Berlin nach und neu: Warschau, bzw. Moskau und von Danzig nach Katowice Clara-Zetkin-Str. 30 Öffnungszeiten: MO-FR 10-18 Uhr 10117 Berlin-Mitte machen soll. Nur den Autobahnen wird noch zugetraut, Lodz aus dem Dornröschenschlaf zu wecken, die Wirt- 14 Bücher-Spezial Beraten geht über Studieren!

Ein Wegweiser durch die unzähligen Lern-, Schreib-, Bewerbungs- und Finanzierungshilfen für Studenten.

5_} -;.', I Auch dieses Jahr wieder auf der Buchmesse in Frankfurt, akkreditiert hat die UnAUF GEFORDERT die Gelegenheit £:', i genutzt, bei den Verlagen nachzufragen, was sie Neues für Studenten bereithalten. Diesmal ging es uns um die zahlrei- •' chen Lern-, Schreib-, Finanzierungs- und Bewerbungshilfen für Studenten. Inzwischen gibt es hier eine Menge von Büchern, die Studenten weiterhelfen oder zumindest so tun. Neben den klassischen Studienführern für einzelne Fächer und BAföG-Ratgebern gibt es auch Bücher, die Lernen tiefenpsychologisch erklären, das Verhalten beim Bewerbungs- gespräch bis zur Handbewegung vorbereiten wollen oder einfach nur trösten: „Haben Sie Mut! Sie können jede Prüfung bis zu dreimal wiederholen." Auch für finanzkräftige Studenten gibt es inzwischen Bücher, Steuertips werden ebenso angeboten wie Einkaufsführer in europäischen Universitätsstädten. Kurzum: zuviel, um alles vorzustellen. Das, was uns empfehlenswert erschien, wird nachfolgend vorgestellt. Außerdem haben wir zwei Lernspiele und je einen Roman eines Hamburger und eines Berliner (Humboldt-) Professors mitgebracht. Die Spiele wurden getestet, und auch die prosaischen Ambitionen der Gelehrten rezipiert. Auf zu einem Streifzug durch den deutschen Bücherwald, Abtei- 'i lung Hochschule, einige Abstecher in die Materie nicht ausgeschlossen...

1. Lernhilfen - Poesie des Wissens

(schriftlich) zu überzeugen. Bei den sogenannten „Sieb- Lernstreß muß nicht sein. Fächern" (fremdsprachliche Philologien, Medizin) kommt es auch auf das richtige Lern Verhältnis zum Professor an. Man sagt, Lernstreß vor Prüfungen führe viele Studenten Ist der enttäuscht vom Prüfungskandidaten (schlechte zur Frage nach dem Sinn ihres Studiums. Die einen kratzen Kleidung und dumme Antworten), findet er immer Fragen, sich während des Paukens vor Aufregung Arme und die den Studenten zu „nicht bestanden" befördern. Auf die Kopfhaut wund, die anderen drehen derartig ab, daß sie richtige und vollkommene Lernstrategie kommt es also an. nach abgeschlossener Kant-Lektüre in einen Schuhladen Nun läuft bei den Medizinern, Biologen, Chemikern und gehen und nach Sechs-Korn-Joghurt fragen. Viele halten anderen Naturwissenschaftlern das Lernen während des diesen Streß für eine logische Folge des Studienalltags und Studiums immer gleich ab: Man lernt, verliert fast die sind hinterher froh und stolz, diese Bewährungsprobe Nerven, erzählt sich untereinander, wie schlimm alles ist überstanden zu haben. Andere verweigern sich diesem und lernt weiter. Irgendwann besteht man die Prüfung und System und studieren ewig um die Prüfungen herum. ist stolz, den Streß erfolgreich bewältigt zu haben. In der Tat stellen fast alle naturwissenschaftlichen Fächer Vorlauter Freude und Stolz über das Vollbrachte gönnt sowie die Medizin und die Rechtswissenschaften harte man den Nachkommenden keine Erleichterung, die sollen Lernforderungen an ihre Studenten. Das Physikum und diese Bewährungsprobe auch überstehen. Bei den Geistes- dessen Vorbereitung empfinden Medizinstudenten als wissenschaftlern ist es ähnlich, hier spielt sich der Lern- Horrortrip in Monatslänge und für die Juristen gibt es streß im Spannungsfeld von falsch verstandenen Thesen einen imaginären Tag im April nächsten Jahres, an dem und zerstreuten Professoren ab. Die nicht bereit sind, das Paradies oder die Hölle beginnt. Während viele diesen Streß mitzumachen, sind entweder Genies oder Naturwissenschaftler für ihre zahlreichen Klausuren und verlassen die Universität. Doch neben den herkömmlichen mündlichen Prüfungen das Pauksystem und die Spick- Wegen des Paukens gibt es auch innovative Wege, zettelverwendung aus der Schule weiterentwickeln „hochschulisches Lernen und Lehren" mit neuem Leben können, müssen Geisteswissenschaftler lernen, ihren zu verbinden. Wer sich - wie die meisten - dennoch im Prüfer vor allem rhetorisch (mündlich) oder stilistisch Büffelstadium befindet und sich nicht sicher ist, ob die 15 gewählte Methode der Wissensaneignung auch die richtige ist, dem helfen einige Bücher zum Thema Lernen „Verzeichnis empfohlener weiter. Lehrbücher" Eine Art Bibel des Lernens hat Gustav Keller verfaßt. Sein „Lernknigge" will Verhaltensmaßregeln für den Wissenserwerb* aufstellen. Es geht um die Anwendung Vor einem Jahr hatte die UnAUFGEFORDERT versprochen, Listen wichtiger Studienliteratur für die einzelnen Studiengän- von Studiertechniken, um die Erhaltung der Motivation ge zu veröffentlichen. Das hat sie nicht getan (das Chaos!), (unmittelbar vor der Prüfung wichtig) und um die Aufbe- und das braucht sie auch nicht mehr zu tun - denn solche reitung des Stoffes. Dabei geht es Keller nicht darum, Listen gibt es bereits! sture Lernmechanismen einzupauken. An konkreten Die „Verzeichnisse empfohlener Lehrbücher" sind eine alt- Beispielen aus einzelnen Studiengängen und Schulfächern bundesdeutsche Erfindung aus den hochschulbewegten 70er (das Buch wendet sich an Schüler und Studenten) werden Jahren. Neben vielen neuen Ordnungen, Paragraphen und Zulassungsregeln zur Öffnung der Hochschulen entstanden damals auch Ratgeber für den Weg zum und durch das Vom Bücherkaufen Studium. Am bekanntesten ist wohl der Ausbildungsführer „Studien- und Berufswahl", welcher seit 1970 an vielen Gymnasien verteilt wird. Das grün-gelbe Buch, das wahr- Man liest die Bücher, scheinlich inzwischen Millionen von Schülern bei der Suche die man kauft, am wenig- nach dem geeigneten Studiengang behilflich war, ist ein Produkt der „Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung sten. und Forschungsförderung für Arbeit." Als Nebeneffekt wurde Drum, um es nicht zu damals angeregt, doch auch Listen mit empfohlenen lesen, Lehrbüchern zu erstellen, denn an den Hochschulen gab es kauft' ich manches Buch: schon längst keine genormten einheitlichen Lehrbücher mehr Das Geld ist ausgegeben, und das Angebot für die einzelnen Fächer wurde immer doch die Zeit erspart. größer und unüberschaubarer. Es entstanden die „Verzeichnisse empfohlener Lehrbücher", die an den Universitäten allerdings kaum Einzug gehalten Friedrich Rückert haben und hier wenig bekannt sind. Sehr sinnvoll sind die Verzeichnisse für Studienanfänger, die sich zunächst einen Überblick über ihr Fach erarbeiten wollen. Fast jedes Ver- zeichnis enthält die Rubrik „Allgemeines", in der höchstens 50 Titel zur Einführung in das gewählte Fach angeboten werden. innovative Wege des Lernens aufgezeigt, verbunden mit Sinnvoll für eine Nutzung erscheint außerdem, daß die kleinen Lernübungen. Wer spezielle und umfangreiche Verzeichnisse jährlich (jeweils zum Beginn des Winterseme- Ratschläge für sein Studienfach erwartet, wird auf den nur sters) überarbeitet werden und man so jeweils den relativ 124 Seiten des „Lernknigge" nichts finden. Dabei helfen aktuellen Bestand an Lehrbüchern vermittelt bekommt. die „Verzeichnisse empfohlener Lehrbücher" (siehe Die „Verzeichnisse empfohlener Lehrbücher für einzelne Kasten), in denen auch die jeweiligen Studienführer oder Studiengänge", herausgegeben vom kleinen Heinrich-Bock- aber Ratgeber für das gewählte Fach aufgeführt werden. Verlag in Bad Honnef, sind in Buchhandlungen kostenlos (!) Daß Lernen nicht nur langweilig, anstrengend und nervtö- erhältlich. Nachfragen bei den umliegenden Buchhandlungen tend sein muß, glaubt Prof. Gerd Koch von der Alice- des HUB-Hauptgebäudes (Kiepert, Akademische Buchhand- lung) brachten positive Rückmeldungen über vorhandene Salomon-Fachhochschule für Sozialarbeit in Berlin. Der Verzeichnisse. Es gibt nicht für alle Studiengänge Verzeichnis- Pädagoge erinnert an die „Poetik des Wissens", die beim se, grundsätzlich gilt: Lernintensive Fächer (Naturwissenschaf- Lernen entstehen kann. Er ruft Studenten und Lehrende ten, Sprachen, Medizin, Jura) haben gute Chancen - auf, Lernprozesse zu „theatralisieren", den Lernstoff in Historiker, Ethnologen und Kulturwissenschaftler werden didaktischen Prozessen sichtbar zu machen". Was hier vergeblich nach empfohlenen Lehrbüchern suchen. etwas geschraubt klingt, ist die einfache Forderung, Lernen öfter mit Spielen zu verbinden. Koch und die Aktuell liegen folgende Verzeichnisse vor: Mitautoren geben in verschiedenen Beispielen Vorschläge, - Erziehungswissenschaften und Lehramt (alle Kombinatio- wie solche spielenden Lehr- und Lernprozesse während nen) (3.000 Titel in 20 Rubriken) eines Seminars oder während der Vorbereitung auf eine - Mathematik und Naturwissenschaft (3.000 Titel für Prüfung aussehen können, angesprochen werden aber in Mathematik und andere Naturwissenschaften) der Regel die Hochschuldidakten, für „normale" Studen- - Medizin und Zahnmedizin (2.000 Titel, aufgeteilt in vorklinisches und klinisches Studium) ten bleibt die Fachsprache des Buches oft unverständlich. - Natur- und Technische Wissenschaften (3.000 Titel für alle Man muß aber nicht immer zu komplizierten Rollenspie- Naturwissenschaften sowie Maschinenbau und Elektro- len oder selbstentwickelten Spielsystemen greifen, oft technik) stehen Spiele für das gewählte Studienfach schon bereit! - Psychologie und Sozialwissenschaft (1.900 Titel in 79 Rubriken) - Rechtswissenschaften (2.000 Titel für alle Jura-Gebiete) - Sprach- und Literaturwissenschaft (3.600 Titel, getrennt nach Sprachen und Literaturwissenschaft) ' Gustav Keller: Der Lernknigge für Jugendliche und junge Erwachsene. - Volks- und Betriebswirtschaft (2.000 Titel, getrennt nach K.H. Bock 1994, 14,80 DM. VWL, BWL und angrenzende Wissenschaften) " Gerd Koch u.a.: Theatralisierung von Lehr- Lernprozessen. Schibri (Alle genannten Verzeichnisse können auch bei der UnAUF- 1995, 19,80 DM. GEFORDERT zum Kopieren ausgeliehen werden.) Bücher-Spezial — 16 2. Lernspiele - nicht direkt vor Prüfungen Studenten und Professoren der Pharmazie und der Rechtswissenschaften testeten zwei Lernspiele3. "Wissensfragen liegen mir nicht so../' - 10.08 Uhr: „Los geht's!" Herr Herzog verliest die /ex comp/ex für Juristen Gebrauchsanweisung und alle Klarheiten sind beseitigt, daher einigt man sich auf „learning by doing". Das Spiel Neu zur diesjährigen Buchmesse brachte der Hirzel Verlag beginnt bei Start und verläuft entgegen dem Uhrzeigersinn Stuttgart ein neues Spiel auf den Markt, das Jurastudenten auf einem bunten Paragraphenzeichen. Es gibt Ereignis, den Weg zum 1. Staatsexamen ebnen soll. Das sehr Fall- und Wissensfelder und dazu die entsprechenden umfangreiche Spiel (1.000 Karten mit 2.500 Fragen) für Karten. Wenn man Zivilrecht und/oder öffentliches Recht sechs Personen ist als Frage- und Antwortspiel gedacht, spielen will, braucht man zudem noch Haus- und Autokar- zum Gewinnen ist allerdings neben viel Wissen auch viel ten. Zuerst entscheidet der Würfel, wer anfängt. Glück notwendig. 10.22 Uhr: Georg beginnt und gewinnt. Obwohl die erste Wir haben das Spiel bei Prof. Felix Herzog (Strafrecht) Frage ganz schön schwer war. Aber er steht ja auch mitten abgeliefert und dann die drei angehenden Juristen und im Examen und muß das wissen. Wie immer. UnAUF-Redakteure Ulrike, Georg und Klaus zum Spielen 10.27 Uhr: Dann ist Ulrike dran und dann Professor geschickt. Georg und Klaus befinden sich mitten im Herzog, und beide müssen passen. Examen, ideale Kandidaten also für ein Spiel, das vom 10.32 Uhr: Klaus weiß was, gewinnt und bekommt einen Verlag als therapeutische Maßnahme bei „steigender Punkt. Obwohl ihm, wie er erklärt, Wissensfragen nicht so Torschlußpanik in Examensnähe" empfohlen wird. Hier liegen. der Abschlußbericht der Jura-Spielsitzung: 10.35 Uhr: Ulrike landet auf dem Feld Urlaub. Professor Herzog hat die Spielanleitung fest im Griff und sucht die 10.04 Uhr: Zur Spielsitzung haben sich vier Personen in für diesen Fall geplante Vorgehensweise. Die steht aber der Strafrechtsbibliothek eingefunden. Prof. Herzog als nicht drin. Kommentar des wissenden Lehrkörpers: „Das Spielvorsitzender begrüßt alle Anwesenden und ermahnt Spiel ist noch nicht so richtig ausgereift." zum fairen Spielverhalten. Nach Aufbau des Spiels 10.42 Uhr: Klaus soll Rechenschaft über die bereits beginnt die Sitzung. Es ist ganz ruhig. gesammelten Chips abgeben und lächelt milde in sich Kiepert an der Humboldt-Uni Die Buchhandlung in der Georgenstraße 2, in 10117 Berlin-Mitte, nahe Bhf. Friedrichstr. Telefon 208 18 44 und 45 Fax 208 18 29 — 17

hinein. Obwohl ihm Wissensfragen nicht so liegen. Ab Staatsbibliothek jetzt wird er zum Staranwalt des Spieles. Weil er eine leichte, mittelschwere und eine schwere Frage richtig Kemma beantwortet hat. 10.48 Uhr: Ulrike hat keine Ahnung, was Schlüssigkeit Rumrenna eines Vortrages vor Gericht sein soll. Alle freuen sich, Si ned auskenna weil sie nichts weiß. Wo stähd des nua 10.51 Uhr: Prof. Herzog wird erst Wald- und Wiesen- Koa Signatua anwalt, scheitert aber dann an der Frage zur Parteien- Glei hob i finanzierung. Den Staranwalt freut das, denn er bleibt die Gnua Nummer 1. Prof. Herzog nimmt's gelassen, denn er ist ja auch schon Professor und weiß viel. Lesesaal drom 10.54 Uhr: Die Spielsitzung kommt zu einem Punkt, an Biacha vazong dem sie an Brisanz verliert. Georg gähnt. 10. 57 Uhr: Das Spiel bekommt eine neue Seite. Nach Aufsicht frong Auftauchen des seltsamen Wortes VERTIKUTffiRER Guad hihean kann der Staranwalt dieses erklären: es handelt sich dabei Bläd o' gredt wean um ein Gerät zum Entfernen von Moos auf Grünrasen. Er Nix vasteh wird nun endgültig zum Staranwalt bestimmt. Geh 11.12 Uhr: Der Staranwalt pokert. Aufgrund seiner übermächtigen Favoritenrolle beschließen alle Teilnehmer, Fritz Fenzl das Spiel hier abzubrechen und über den Sieger offen abzustimmen. 11.18 Uhr: Der Staranwalt wird in offener Abstimmung Überarbeitung aufgefordert. Seine Bemühungen um das zum Sieger bestimmt, die Teilnehmer beginnen mit einer Wohlergehen lernender Jura-Studenten werden aber abschließenden Beratung. zustimmend zur Kenntnis genommen. Es wird daher 11.32 Uhr: Nach langer und eingehender Beratung ergeht entschieden, auch dieses unfertige Spielexemplar in einer über lex complex folgendes Urteil: geeigneten Form den Studenten der juristischen Fakultät Keiner weiß zu sagen, ob die Strafrechts- oder BGB- zur weiteren Erprobung zu überlassen Wissensfragen spannender gewesen wären. Die ersteren Der Vorsitzende Herr Prof. Felix Herzog erklärt abschlie- waren nämlich nicht da. Auch die Fall-Felder gab's bloß ßend, daß es zu dem neuen Spiel schon ein konkurrieren- zweimal auf dem ganzen Spielfeld, obwohl dafür deutlich des gibt. Er kann aber den Namen nicht sagen. mehr Karten vorhanden waren und Fälle lösen viel 11.48 Uhr: Die Sitzung wird geschlossen. spannender als Wissensfragen ist. Auch die Funktion der 12.54 Uhr: Klaus erkennt nach Lektüre der Spielanleitung Auto- und Hauskarten wurde nicht klar. Zum einen, weil den Sinn des Spieles. sie zwar in den Spielvoraussetzungen, nicht aber in den protokolliert von Rike Spielerklärungen genannt waren. Zum anderen, weil sich zwar mehrere weiße Karten im Spielkasten befanden, aber keine, auf denen „Haus" oder ., Auto" stand. Es ergeht eine Rüge an den Hersteller. Über eine Einsatzfähigkeit des Spiels kann daher nicht ab- schließend entschieden werden. Das Spiel wird eingezogen und der Verlag zu einer gründlichen

"lex complex" Ein Spiel von Andre Becker und Mirko Schulte. S. Hirzel Verlag Stuttgart 1995. DM 128,- (Das Testspiel-Exemplar wird an die Fachschaft der Juristischen Fakultät weitergegeben. Ob es hier auf einer Tombola Ende des Jahres versteigert wird oder aber in der Jura-Bibliothek landet, ist noch unklar.) "Das Spiel ist noch nicht so richtig ausgereift.' Bücher-Spezial 18 —

Grenzen bei der Wissensüberprüfung - Die Art der kurzen Fragestellung und der kurzen Antworten Quiz-pharm für Pharmazeuten setzt natürlich Grenzen bei der Wissensüberprüfung. Aber häufig wurde im Kreis der Mitspielerinnen über das Umfeld Bereits seit 1991 gibt es vom Deutschen-Apotheker-Verlag der Frage diskutiert, so daß es doch sehr interessant und auch das Spiel Quiz-pharm. Es wird vom Verlag empfohlen für lustig war. Studenten und Praktikanten, die kurz vor der Prüfung stehen. Die Mitspieler schätzen ein, daß das Spiel erst für höhere 3.000 Fragen und Antworten sollen Wissen aus dem gesam- Semester des Studienganges Pharmazie geeignet ist, da sich tem Pharmaziestudium auffrischen; mitspielen können bis zu viele Fragen auf Inhalte des Hauptstudiums beziehen sowie sechs Personen oder Spielgruppen. einige Praxiserfahrung voraussetzen. Zur Prüfungsvor- Wir haben das Spiel Dr. Gabriele Beyer übergeben, die es bereitung wird das Spiel als nicht so geeignet angesehen, da gemeinsam mit vier Pharmazie-Studentinnen des 8. Semesters es in Prüfungen doch mehr auf das Erfassen komplexer testete. Hier das abschließende Fachgutachten von Dr. Beyer: Zusammenhänge ankommt. Insbesondere sollte man das Bei Quiz-pharm handelt es sich um ein Spiel, bei dem Fragen Spiel nicht kurz vor der Prüfung spielen, damit man nicht aus den verschiedenen Bereichen der Pharmazie sowie aus nervös wird, wenn man merkt, was man alles nicht weiß. dem Gebiet „Verschiedenes" beantwortet werden müssen. Es Das Spielniveau der Partner sollte etwa gleich sein, da es handelt sich um die Gebiete „Pharmakologie/Medizin", keinen Spaß macht, wenn ein,,Freak" immer an der Reihe ist, „Technologie, Physik, Chemie, Analytik", ,$iologie, und die anderen nicht zum Zuge kommen. Biochemie, Phytotherapie" und das Gebiet „Verschiedenes". Von jedem Gebiet gibt es Fragekarten unterschiedlicher - Quiz-pharm. Ein Spiel von Michael Winzer. Deutscher Apotheker Farbe mit mehreren Fragen, die nach Wissenschaft und Verlag 1991. DM 98,- (Ab sofort ist auch ein Satz mit Ergänzungs- Praxis unterteilt sind. In welchem Gebiet man antworten karten [33 Karten pro Fachgebiet] für DM 24,- zu erwerben. muß, wird durch Würfeln und Schieben auf einem Spielplan (Das Testspiel-Exemplar wurde der Fachschaft Pharmazie übergeben und kann dort zum Spielen ausgeliehen werden.) bestimmt. Da man in verschiedene Richtungen ziehen kann, ist es in begrenztem Umfang möglich, die Art der Fragen auszuwählen. Ziel des Spiels ist es, möglichst schnell drei Fragen jedes Gebietes richtig zu beantworten und an einem 3. Schreibhilfen - bestimmten Feld des Spielplans anzukommen. Bei den Mitspielerinnen waren zunächst die Fragen aus dem Gebiet der Biologie und Phytotherapie besonders beliebt. Vermeidung von Auf diesem Gebiet fühlten sie sich am sichersten. Auch seien hier die Antworten am besten herzuleiten. So hatten alle Ungetümen nahezu gleichzeitig die drei Fragen aus diesem Gebiet Hausarbeiten müssen zwar Fußnoten beantwortet. Mit der Beantwortung der Fragen aus den enthalten, sie brauchen aber nicht anderen Gebieten klappte es aber auch ganz gut, obwohl die langweilig zu sein. Grundlagen der anorganischen Chemie und der Physik im Studium schon drei Jahre zurücklagen. Bei den Fragen aus Wissenschaftliches Schreiben ist etwas ganz Seltsames. Viele dem allgemeinen Gebiet mußte teilweise geraten werden meinen, ein wissenschaftlicher Aufsatz muß so geschrieben (Wer weiß schon, wieviel Medaillen die vier deutschen sein, daß er schwer lesbar ist, möglichst viele Fremdwörter Schwimmerinnen bei den Weltspielen der Medizin 1989 in und Fußnoten enthält und immer wieder Kausalketten Montreal gewannen?). aufbaut, die im Gehirn des Lesers reißen müssen und dort eine unendliche Leere hinterlassen. Einige Studenten, In der Regel wurde von den Spielteilnehmern lieber das vornehmlich der Geisteswissenschaften (Naturwissenschaft- Fragegebiet Praxis gewählt als Fragen aus dem Bereich ler müssen doch eh nur Klausuren schreiben!), haben ihre Wissenschaft. Hausarbeiten schlecht benotet mit der Begründung zurückbe- Insgesamt kann das Spiel als recht unterhaltsam einge- kommen, sie seien zu flüssig geschrieben. Wissenschaft ist schätzt werden.

t 1897 Chausseestraße 123 Inh.: Michael Motikat Tel./Fax D 10115 Berlin-Mitte (030)2 82 38 73 19 — ein schwieriges Feld, also hat das Schreiben in diesem Metier auch seinen eigenen Schwierigkeitsgrad. Viele Professoren von seinem Studium her erinnerte sich Ginster, daß die denken so und die meisten Studenten sind spätestens am Dozenten, ehe sie ihr eigentliches Thema besprachen, Ende ihres Studiums soweit, daß ihnen folgender Satz völlig stets bei einer Einleitung zu verweilen liebten, die bis ins normal erscheint: „Um die sich im Anschluß ergebende Unendliche reichte; wie die indischen Fakire, die an ei- Frage, ob und wie die Zeitgenossen auf diesen Text, der sie nem Seil zum Himmel emporklettern. Gewöhnlich ka- schockieren mußte, reagierten, zu lösen, stellte der Verfasser men sie dann gar nicht mehr zur Erde zurück. Ein Pro- im folgenden die Rezensionen zu diesem Roman, soweit er fessor in M. hatte sich seinerzeit gelegentlich eines Vor- sie auffinden konnte." trags über Sozialpolitik genötigt gesehen, zunächst die Überhaupt haben es die Studenten mit ihren wissenschaft- Einzelausdrückc sozial und Politik zu erklären; niemals lichen Arbeiten schwer. Wenn ein Romanautor ein Kapitel erfuhr Ginster, was das zusammengesetzte Wort Sozi- schön beginnen kann (,,Es war früher Morgen. Aus den alpolitik selbst bedeutete. Geschah es aber doch einmal, Feldern stiegen weiße Nebel und die roten Blätter der daß die Redner aus ihren Einleitungen heimkehrten, so Buchen wiegten leise im Wind."), muß der wissenschaftliche brachten sie in der Regel Behauptungen mit, die nach Autor sofort zur Keule greifen (, Jm nachfolgenden Kapitel seiner Meinung auch ohne Reise zu erlangen wären. geht es um die Formulierung von Hypothesen zu Kausalzu- sammenhängen in Verbindung mit der Frage nach der Siegfried Kracauer empirischen Ermittlung neuer Produktzusammenhänge"). Davon abgesehen, daß der letzte Satz von bedeutungs- tungsprogrammen (siehe Kasten Seite 20), die anderen schwerer Inhaltsleere war (nochmal lesen!), schreckt so etwas versuchen durch viele Tips zu Stil und Aufbau Studenten von gründlich von weiterer Lektüre ab. (Es gibt ja die Vermutung, der Formel „Seitenzahl mal Fußnotenzahl = unendlich und daß dieses Phänomen des Nicht-Mehr-Weiter-Lesen-Wollen- gut" wegzubringen. Und-Könnens auch die DDR ums Überleben brachte. Wer Der absolute Klassiker (wenn auch nach wie vor Insidertip) hat schon Marx gelesen?) der Studenten der 90er Jahre ist Meyer-Krentlers„Arbeits- Nun müssen aber Hausarbeiten, Diplomarbeiten oder gar techniken Literaturwissenschaft"*. Eigentlich nur für Germa- Dissertationen nicht immer von erwähnter Langeweile nisten geschrieben (und die Ehre dieses Wissenschafts- heimgesucht werden. In Frankreich, aber auch in den USA zweiges maßlos verherrlichend!), gibt Meyer-Krentler auch gilt seit langem der Grundsatz, daß ein gutes Werk auch gut für alle anderen wertvolle und vor allen Dingen ungewöhnli- lesbar sein muß. Und viele amerikanische (Peters), britische che Hinweise zum Abfassen einer Arbeit. Zum Beispiel: (Kershaw) und auch französische (Le Goff) Wissenschaftler „Hier sind zwölf Punkte: Versuche, diese haben inzwischen gut lesbare Werke geschrieben - erstaunli- Punkte als Satzzeichen in Deinem für fertig gehaltenen Text cherweise auch in der deutschen Übersetzung. unterzubringen." Weiter wird auf die häufigste Unart in Hierzulande helfen beim guten Schreiben verschiedene wissenschaftlichen Arbeiten hingewiesen, nämlich die Bücher weiter. Die einen widmen sich den Textverarbei- falsche Verwendung von Fremdwörtern. Viele glauben, Fremdwörter benutzen zu müssen, um die Wissenschaftlich- keit ihrer Arbeit unter Beweis zu stellen. Aber Wörter wie „Kanonalvertitienz" oder Neuschöpfungen wie „Hochapo- strophieren" beweisen nur, daß der Schöpfer eigentlich keine Ahnung hat. (Trotzdem sind diese Wörter zunächst ein gutes Mittel, um Wissen vorzutäuschen, wo keines ist!) Fremdwörter sollte man daher nur verwenden, wenn sie wirklich auf den beschriebenen Sachverhalt zutreffen. Ganz nebenbei liefert e Zeitung Meyer-Krentler auch das nötige Rüstzeug für den Rest der Arbeit. Arten des Bibliographierens und Zitierens werden

Mntionen £s^.ar^>«, erläutert, ebenso der gucheilert 3ä.fs=—~' Umgang mit Quellen und die Art und Weise einer Literatur- recherche. Für alle, die sich vor einer Täglich! größeren schriftlichen Arbeit befinden, ist Wirkt ungemein dieses Buch ein humorvoller und belebend. lehrreicher Einstieg zum Scheiben. Für die Naturwissen- SüddeutscMe Zeitung schaftler gibt es seit Deutschlands große Tageszeitung zwei Jahren drei Ratgeber, die Tips zum Schreiben, ' Eckhardt Meyer-Krentler: Arbeitstechniken Literatur- wissenschaft. Fink (UTB 1582) ca. 10,00 DM Bücher-Spezial — 20 —

„Optische Aufheller" - Schreiben mit dem Computer

Wie schreibt man eine Diplomarbeit? Zuerst wählt man ein Thema aus. Da gibt es einfache bzw. eindimensionale Themen. Zum Beispiel „Relationale Datenbanken" oder „Optische Aufheller". Oder man entscheidet sich für eine höhere Schwierigkeitsstufe und problematisiert sein Thema. Solche Themen heißen dann auch „Problematisierende Themen" und aus den optischen Aufhellern wird dann das Thema „Optische Aufheller auf der Stoffoberfläche". Ganz schlaue Studenten wählen aber ein „kreatives Thema" und machen aus den einfachen optischen Aufhellern einen komplizierten Sachverhalt: „Eine neue Meßan-ordnung zur mikroskopischen Untersuchung von optischen Aufhellern auf der Oberfläche". Diese Studenten haben dann gute Chancen, eine sehr gute Diplom- oder Magisterarbeit zu schreiben. Meint jedenfalls Prof. Dr. Arnold Krumm von der Fachhochschule Augsburg, der sich über all diese Sachen einen Kopf gemacht hat. Denn Krumm glaubt, daß viele Studenten am Ende ihres Studiums nicht wissen, wie sie ihre Abschlußarbeit schreiben. Viele schreiben viele Seiten voll, haben aber wenig zu sagen. Und mindestens genausoviele sitzen vor ihrem Computer und können mit dem Textverarbeitungsprogramm nicht umgehen. All diesen Menschen will der ehrenwerte Krumm helfen und schickt sie zurück in die Schule. In seinem Buch „Die Diplom- arbeit mit WinWord 6.0" beschreibt er zunächst Schritt für Schritt die mögliche Entstehung einer Abschlußarbeit und dann die schriftliche Niederlegung am Computer. Einiges erklärt er dabei so gründlich, daß der böse Verdacht aufkommt, in Augsburg sind die Studenten nicht so helle im Köpfchen. Nun gut, wer wirklich im neunten Semester immer noch nicht weiß, wie man zitiert, wie man ein Literaturverzeichnis anlegt oder daß eine Arbeit eine Gliederung braucht, der ist hier richtig aufgehoben. Im zweiten Teil geht es dann um die Arbeit mit dem Computer. Krumm hat sich aus naheliegenden Gründen für das weitestverbreitete Programm WinWord 6.0 aus dem Hause Microsoft entschieden und erklärt gerade soviel, daß man mit dem Programm arbeiten kann. Einiges, zum Beispiel die Erklärungen zum Drucken und Formatieren eines Dokuments, hätte er sich sparen können. Diese werden bereits im Lernprogramm des Herstellers erklärt. Mit anderen Bestandteilen des typischen Gates-Programms geht der Augsburger Professor etwas unkritisch um. Nicht erklärt hat er beispielsweise, daß man bei der Funktion „ersetzen" unbedingt die Festlegung „Nur ganzes Wort suchen" aufrufen muß, weil sonst das Programm im Text unverständliche Wörter hinterläßt. Daß der arme Computer (zumal wenn er wenig Arbeitsspeicher hat) beim Einbinden von Grafiken oder sehr langen Tabellen (über fünf Seiten) ernsthafte Probleme bekommt und sich bei der Einsetzung eines selbst erstellten Makros oftmals ganz verabschiedet, wird ebenfalls nicht erwähnt. Für all die, die aber noch nicht lange an ihrem Computer arbeiten und nun dringend mit ihrer Magister-, Diplom- oder auch nur Hausarbeit beginnen müssen, ist Krumms Schreibhilfe eine nützliche Grundlage. Den zahlreichen Merksätzen im Buch ist aber einer entgegenzusetzen: Alles erklären, schützt vor üben nicht!

Arnold Krumm: Die Diplomarbeit mit WinWord 6.0. Oldenburg 1995, 38,00 DM

Vortragen und Verfassen der Abschlußarbeit geben*. Den und Schreibens"" soll anhand von Beispielen zeigen, wie Autoren Ebel und Bliefert geht es darum, Naturwissenschaft- man eine Hausarbeit schreibt oder ein Referat hält. Dabei ler im Schreiben von der Scientific Community wegzu- wird auch auf den wichtigen Unterschied zwischen Hausar- bewegen und so Forschungsergebnisse für die Öffentlichkeit beit und Referat hingewiesen, denn ein Referat ist keine lesbar und verständlich zu machen. Eingeflochten werden die vorgelesene Hausarbeit und eine Hausarbeit kein schriftlich dank der Computertechnik zahlreichen Möglichkeiten, fixiertes Referat. Außerdem hat die Hausarbeit in der Regel Forschungsergebnisse visuell darzustellen und anspruchsvoll einen höheren wissenschaftlichen Anspruch als das Referat aufzubereiten. Bei der Abhandlung des Themas Diplom- und und man benötigt spätestens die Diplom- oder Magisterarbeit Doktorarbeit verwenden die Autoren viel Zeit auf das für die nachfolgende wissenschaftliche Karriere - sie Analysedesign, sprich den schlüssigen Aufbau der Gesamt- begründet den Ruf des Autors. arbeit. Damit wäre nach Meyer-Krentier eine wesentliche Konklu- Prof. Lutz von Werder von der Alice-Salomon-Fachhoch- sion geschaffen und gleichzeitig ein Übergang zur nächsten schule in Berlin hat sich ebenfalls mit dem Schreiben Etappe des Bücherstreifzuges. Jetzt geht's ums Geld und beschäftigt. Seine „Rhetorik des wissenschaftlichen Redens die Karriere.

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' Alle drei Bücher sind vom Autorengespann Bliefert und Ebel: - Schreiben und Publizieren in den Naturwissenschaften. VCH 1994. 58,00 DM; - Vortragen. VCH 1994, 52,00 DM; - Diplora- und Doktorarbeit. VCH 1995,41,00 DM. " Lutz von Werder: Rhetorik des wissenschaftli- chen Redens und Schreibens. Schibri 1995,15,00 DM. — 21

lagen geraten zu teuren Präsentationsmappen und das 4. Bewerbungshilfen - Bewerbungsgespräch wird in einem psychotherapeutischen Seminar vorbereitet. Wenn man dann wieder keinen Erfolg Üben für den Sprung hatte, sind leicht Hunderte Mark ausgegeben. Hilfe und Auf die richtige Bewerbung kommt es erfolgreiche Bewerbung versprechenzahllose Bewer- an - aber auch auf das richtige Studium. bungshilfen, die hier alle nicht vorgestellt werden. Aus dem einfachen Grund, weil schon beim Studium des Inhaltsver- Vertreter der Arbeitsämter predigen es seit Jahren: Studen- zeichnisses der Verdacht aufkommt, hier soll dem bewer- ten sollen während ihres Studiums mindestens ein Jahr im bungsgeplagten Studenten neben all dem Geld nur noch Ausland weilen, unzählige Praktika absolvieren und bei der zusätzliches für das Buch entzogen werden. Da ist von Bewerbung eine grenzenlose Motivation präsentieren. „gezielten Handbewegungen" während des Bewerbungsge- Wenn sie dann einen Arbeitsplatz bekommen haben, sollen spräches die Rede, von „bewerbungsunterstützender sie möglichst 24 Stunden am Tag für ihren Arbeitgeber zur Kleidung" (Mini-Rock oder Schiesser-Unterhose?) und von Verfügung stehen und jeden Morgen mit einem ungeheuer- psychologischer Beratung während der Anfertigung der lichen Einsatzwillen zur Arbeit rennen. Daß Studenten, die Bewerbungsfotos. sich diese Tips zu Herzen nehmen, unter ihren Kommilito- Oft sind diese Bewerbungsratgeber nur dazu geeignet, nen eher unbeliebt sind und sich häufig zu typischen noch mehr Unsicherheit zu schüren und damit die Bewer- Vertretern der Ellenbogengesellschaft entwickeln, gilt als bung noch erfolgloser werden zu lassen. Hier nur eine lästige Nebenerscheinung. Überhaupt erscheinen Universi- Empfehlung: Vorsicht vor solchen Büchern! Denn oft wird täten, die ja nicht nur ausbilden, sondern auch die Einheit hier die Grundlage für eine erfolgreiche Bewerbung völlig von Lehre und Forschung realisieren wollen (ach ja), als vernachlässigt - ein erfolgreiches und möglichst vielseiti- Luxus der Gesellschaft. Studenten an Fachhochschulen sind ges Studium. In Frankfurt entdeckten wir nur ein Buch, schneller, näher am Beruf und nicht so vollgequast mit welches genau hier mit den Tips zum erfolgreichen akademischen Floskeln. Sicher, Universitäten sind reform- Berufseinstieg anfängt - bei der Organisation des Studi- bedürftig, auch hinsichtlich ihres Lehraufbaus, aber die ums (siehe Kasten Seite 22). erfolgreiche Alternative zum ewigem Hochschulstudium Natürlich ist eine gute Bewerbung wichtig, sie sollte darf nicht nur Berufsausbildung heißen. Trotzdem wird es deutlich machen, was man von dem Beruf erwartet und langsam eng für Akademiker. Wo vor fünf Jahren nach welche Fähigkeiten man mitbringt. Dies ist aber nur erfolgreich abgeschlossenem Hochschulstudium mindestens möglich, wenn man bereits während des Studiums darauf zwei Firmen darauf warteten, wenigstens einen der begehr- achtet, was aus einem später werden soll. Das muß nicht im ten Architekten, Mediziner, Chemiker oder Juristen zu schlipstragenden Jura-Studenten oder Aktenkoffer schlep- ergattern, sind heute ellenlange Stellengesuche in den penden WiWi-Jungmanager wie eingangs beschrieben Fachzeitschriften die Regel. Das liegt zum einen sicherlich enden, es reichen die Beachtung dreier Dinge: Sprachen, am Untergang der DDR, als Zehntausende Akademiker auf Verbindung von Studium mit Praktika und möglichst den freien Arbeitsmarkt entlassen wurden, aber auch am vielseitige Fächerkombination. Das können Magister- sterbenden Wirtschaftsstandort Deutschland. Und in raren studenten zwar besser als Diplomstudenten, aber auch hier Zeiten wird der Kampf um die Stellen härter, die Methoden gibt es ungeahnte Möglichkeiten. Beispielsweise wird der ausgefallener. Auf den Bewerbungsbogen klebt man heute Gartenbauer, der schon während seines Studiums verschie- nicht mehr ein x-beliebiges Foto, sondern ein model- dene Institutionen und Firmen inklusive Bauernhöfen kennt ähnliches Abbild seiner selbst (in Farbe). Bewerbungsunter- und dort bekannt ist, nach erfolgreichem Abschluß größere

Arnold Krumm Diplomarbeit mit WinWord 6.0 Kompakte und sichere Methodik für alle Studierenden 1995. 205 Seiten, DM/sFr 38,-/öS 297,- ISBN 3-486-23225-8 Dieses Buch bietet allen Studierenden, die Ihre Diplom- oder Magister- arbeit mit MS-Word für Windows erstellen möchten, in kompakter Form genau die Kenntnisse, die sie dazu brauchen: Der erste Teil enthält Erläuterungen zur Methodik beim Erstellen einer wissenschaftlichen Arbeit und liefert praktische Tips zur Themenwahl, dem Aufbau der Arbeit und den Formalitäten. Der zweite Teil umfaßt eine zielgerichtete Einführung in MS-Word für Windows, Version 6.0. Anhand eines Mustertextes werden alle für das Erstellen einer wissenschaftlichen Arbeit wichtigen Funktionen bei- spielhaft zum NachvolLziehen erläutert. R. Oldenbourg Verlag, Rosenheimer Straße 145,81671 München Bücher-Spezial — 22

Chancen auf einen Job haben als der, der fünf Jahre hinter Universitätsmauern gesessen hat. Dabei muß man nicht Keine gesicherten Karrieren immer mit dem Beruf im Hinterkopf durch die Gegend 40 Prozent aller Hochschulabsolventen bewerben sich rennen, oft reicht die Umsetzung der eigenen Interessen Quereinsteiger während des Studiums ist überraschend aus. Auch die langjährigen Mitglieder der UnAUFGEFOR- hoch - 12 Prozent. Wogegen das Arbeitsamt mit seiner Fachvermittlung nur 3 Prozent aller Absolventen vermitteln DERT kriegen das in letzter Zeit häufiger zu spüren. Was kann. sie über mehrere Semester hauptsächlich aus Spaß an der Diese Zahlen und andere interessante Tips, Trends und Freude getrieben haben, wird bei professionellen Kollegen Analysen zum Thema Berufseinstieg nach der Uni haben durchaus als praktikumsähnlich anerkannt. Vera de Hesselle und Dieter Dohmen in ihrem Handbuch Für fast jeden Studiengang gibt es inzwischen eine Art mit selbigen Titel versammelt. Das mit Hilfe der Hans- Berufsführer (siehe Verzeichnisse empfohlener Lehrbü- Böckler-Stiftung entstandene Buch unterscheidet sich cher), man muß nur frühzeitig daran denken, daß es auch wohltuend von anderen Werken zum Thema Bewerbung. ein Leben nach dem Studium gibt. Die Autoren gingen davon aus, daß jeder seine eigene Strategie der erfolgreichen Bewerbung entwickeln muß und verzichteten daher völlig auf Handlungseinleitungen. Ihnen 5. Finanzierungshilfen - geht es vielmehr darum, mögliche Trends der Absolventen- vermittlung aufzuzeigen und daraus Tips für eine Bewer- gedruckte Moneteninfos bung abzuleiten. Das Studium als Lebensabschnitt solle man nicht als Vor dem Feld 76 des jährlichen BAföG-Bescheides haben eindimensionale Berufsausbildung begreifen, sondern den viele B AföG-Empfänger Angst. Ist das Studentenwerk Übergang zum Berufsleben möglichst breit gefächert dahintergekommen, daß mein Job längst den steuerfreien vorbereiten. Zum Beispiel wird der Dienstleistungssektor und der Medien- und Kommunikationsbereich für Studen- Jahresbetrag übersteigt? Denn wenn jetzt auch noch die ten immer wichtiger, hier werden immer mehr Akademiker eigentlich fälligen Steuern abgezogen werden, reicht das gesucht. Dagegen wird es in den klassischen Berufsbildern Geld gar nicht mehr zum Leben. Und aus dem neuen für die einzelnen Studiengänge auf Grund der hohen Videorekorder wird wieder nichts. So denken Nicht-Studen- Studienzahlen immer enger, für eine Stelle beim Gericht ten über Studenten. Nämlich, daß die chronisch zuviel Geld reicht oft ein gutes Staatsexamen für Jurastudenten nicht haben. Das Gegenteil ist der Fall und guter Rat teuer. Die mehr aus. Auch wird die Forderung der Industrie nach vielen BAföG-Ratgeber, die es in 17. Auflage (passend zur Praxiserfahrung und Sprachkenntnissen immer lauter, kein aktuellen BAföG-Novelle) in Frankfurt gab, können mit all Job ohne Berufspraktika und vorherigen Auslandsaufenthalt ihren Tips nicht darüber hinweg helfen, daß viel zu wenig (hierzu gibt es im Handbuch detaillierte Tips). In ihren Geld vom Vater Staat kommt. Und außerdem ist die legendä- Prognosen stellen die Autoren diese Entwicklung mittels re Moneten-Info der UnAUFGEFORDERT Rat genug - hier statistischen Materials sehr genau dar und machen darauf muß zum Thema B AföG nichts mehr gesagt werden. (Zusatz: aufmerksam, daß man möglichst früh noch während des Rüttgers-BAföG-Modell ist nach Meinung der Frankfurter Studiums mit einer Praxisorientierung beginnen sollte. Verlagsvertreter „Scheiße!" und das Modell von Daxner All diese Fragen müssen dann unbedingt in die Stellensu- „nicht umsetzbar!". Man solle doch wieder Stipendien zahlen che einfließen: welche Eignung ist neben dem studierten Fach vorhanden, für welches Berufsbild fühlt man sich - wie zu DDR-Zeiten, bloß mehr.) Auch die Adressen der besonders geeignet (Soll der Beruf interessant und Stiftungen hat die UnAUFGEFORDERT im Rettungsring abwechslungsreich sein oder eine möglichst steile Karriere längst bekannt gemacht, ebenso die Höhe der einzelnen versprechen?). Daraus kann man dann seine persönliche Stipendien und Wege zu ihnen. Strategie der Stellensuche entwickeln, ohne für 100,00 Uns viel nur eine Buchankündigung in Frankfurt bezüglich DM Paßfotos anzufertigen und jedes Detail des Bewer- der Finanzierungshilfen auf, welches uns gleich als böser bungsgesprächs vorzubereiten. Anschlag auf das Bild des armen Studenten vorkam: „Steuer- Neben diesen klassischem Weg des Berufseinstiegs nach tips für Studis". Was da der Schüren-Verlag für nächstes Jahr dem Studium beschreibt das Handbuch auch alternative ankündigt, klingt bösartig: „Viele Studierende arbeiten neben Wege, Es wird erklärt, was man beachten muß, wenn man dem Studium oder haben aus anderen Quellen Einkünfte. (...) sich selbständig macht, welche Chancen ein Quereinstieg Von der Feststellung 'Muß ich überhaupt auf Lohnsteuerkarte noch während des Studiums bringt und wie sinnvoll eine arbeiten?' bis hin zur Frage nach der Versteuerung des Weiterbildung ist. Auch auf die „akademische Laufbahn" Trinkgeldes..." wird eingegangen, wenn auch mit einem schlechten Soll das etwa heißen, daß Studenten soviel Geld hätten, daß Ergebnis: „Die wissenschaftliche Laufbahn bietet keine sie davon noch Steuern bezahlen müssen? Haben die gesicherte Karriere mehr." Autoren nie die zerlumpten Sozialwissenschaftler gesehen, Auch wer nach dem Studium zum Arbeitsamt muß oder die von Senf, Mischbrot und Buttermilch leben? Befragt aber nach kurzer Beschäftigung arbeitslos wird, findet im nach dem Zweck eines solchen Buches, stellte sich die Handbuch Tips, wie man mit dieser Situation umgehen kann und welche Auswege es gibt. Verlagsvertreterin dumm:„Das Buch kommt erst in Januar Für alle die, die spätestens im siebten oder achten Semester und ist noch nicht fertig!" über ihren zukünftigen Beruf nachdenken, ist das „Hand- Nun gut, wir haben schon vorsichtshalber ein Belegexemplar buch für Berufseinsteiger" ein sehr kompetenter und bestellt und werden nächstes Jahr in Frankfurt Herrn Konze hilfreicher Ratgeber, damit der Sprung ins Wasser gut geht.' fragen, ob er spezielle Tips für Studenten hat. Wahrscheinlich nicht, denn Steuerberater wollen für ihre Arbeit ja Geld. Und Vera de Hesselle und Dieter Dohmen: Handbuch für den das behalten Studenten lieber selber... Berufseinstieg nach der Uni. Schüren 1995, 19,80 DM 23

6. Freizeithilfe - ein Mit zwanzig fassen sie einen Entschluß "Uniroman" und geben das Dichten auf Mit dreißig Es beginnt mit einer unangenehmen Situation. Professor Schuldienst Heirat erstes Kind Hanno Hackmann liegt eingequetscht unter einem Kirsch- Promotion Provinzprofessor baum-Bett, den Krallen der Hauskatze ausgeliefert, Mit vierzig während Gabrielle, seine nach fünfzehn Ehejahren finden sie daß man nicht unbedingt biedermeier-verschrullte Frau, mit Wonne ihre 68 Kilo- gramm Lebendgewicht, getreu den Fallgesetzen, auf das jede Woche den Feuilletonteil lesen muß genannte Möbelstück fallen läßt, nachdem sie soeben ein Mit fünfzig Telefonat von Babsi entgegengenommen hat, da Hanno sieht man sie seltener auf der Suche nach seinem Manschettenknopf und also aber sie sind noch da verhindert ist. Das Paar befindet sich in Vorbereitung Wenn sie mit sechzig eines wichtigen wissenschaftlichen Kongresses: Hanno immer noch da sind wird den Vortrag des Abends halten und Gabrielle wird dichten sie wieder sich als seine Gattin repräsentieren. Der besondere Touch der Lage ergibt sich daraus, daß Babsi nicht nur Hack- manns Studentin, sondern auch dessen raffinierte und Heinz Rudolf Kunze: mehrfache Verführerin ist. Büros, in unsinnigen Kommissionen sitzen inkompetente Das Werk „Der Campus" führt auf den nächsten 382 Intriganten, verrückte Idealisten, uninteressierte Selbst- Seiten durch die in allen Hinsichten wüste Landschaft der darsteller und müde Studenten, C4-Professoren sitzen Hamburger Universität, an der Hackmann bislang hohe überarbeitet in der Sprechstunde, während die Sekretärin akademische Ehren genoß. Kaffee kocht und die aufreizenden Studentinnen in Die bekannten Mißstände in der höheren Bildungsland- völliger Überdrehung den Raum stürmen. So auch Babsi, schaft werden ausführlich breitgetreten, in einer Sprache, die erfahren muß, daß Hanno seiner sexuellen Hörigkeit die ist zum Piepen, einem Stil: wie gewollt und manchmal ein Ende bereiten will und ihr das Ultimatum stellt: nicht gekonnt; die Bilder sind bekannt: zu viele zu kleine entweder wir zusammen im Prüfungsraum oder wir zusammen im Bett. Er spekuliert richtig auf Babsis 1 Zukunftsbewußtsein, das Studium für wichtiger zu erachten, und falsch, als er denkt, die Sache sei AKADEMISCHE damit erledigt. Mit souveräner Cool-ness erklärt .BUCHHANDLUNG Babsi der Öffentlichkeit, sie wäre auf entwürdi- . AM GENDARMENMARKT gendste Weise sexuell belästigt und vergewaltigt worden - von Professor Hackmann! Das ist ein Gropius'sche Buch- und Kunsthandlung Skandal, der die ohnehin schwer belastete Universi- Markgrafenstraße 39, 10117 Berlin, Tel.: 2044152 tät erneut aufwühlt und zahlreiche Beziehungs- Der kompetente Partner für's Studium netze, Konfliktpotentiale und institutionelle nur 5 Minuten von der Uni Labyrinthe öffnet, auf Hannos Kosten. Am besten eignet sich die Lektüre für Hochschuler- &p fahrene auf langen Bahnreisen im IC, möglichst •*. - von der Uni weg. Müdigkeit ist kein Hinderungs- grund; die Story enthält viele nichtexistierende Lücken, die unterhaltsam vollgeschrieben wurden. Frustrationen, denen man gerade entfloh, begegnet man mit, wenn auch bissigem, aber doch Humor. Ändern werden sich die so geschilderten Verhält- nisse dadurch nicht, aber da sie sich auch anders nicht ändern, ist das Trotzdem-Lachen noch der beste Umgang damit. rebus

Dietrich Schwanitz: Der Campus. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1995. 38,- DM

DAS BESONDERE BUCH am schönsten Platz BBerlins Bücher-Spezial — 24 y^ 7. Spannung ohne Uni Ob dies ein Buch wird, weiß ich fenn ein Professor Bücher schreibt, ist das völlig nor- nicht; mir geht es um das mal. Dafür ist er ja da. Den Namen Bernhard Schlinks Schreiben. Es ist mir völlig liest man aber nicht nur auf den Deckeln sachlich-lang- gleichgültig, wer das liest. Sonst weiliger juristischer Abhandlungen; und nicht nur Juristen kümmert sich doch auch keiner lasen seine bisherigen Veröffentlichungen mit größtem drum, wer das alles wieder Vergnügen. Im Diogenes Verlag stehen sie in einer Reihe abruft, was wir einspeichern; mit Raymond Chandler und George Si-menon; für das schon jetzt liegen Milliarden vorletzte Werk „Selbst Betrug", erhielt er gar den Deut- Bytes Information herum, mit schen Krimipreis 1994. denen niemand etwas anfan- „Der Vorleser" wechselt das Genre, auch wenn, wie auf gen kann. Das meiste wird den bisherigen Klappentexten, die Frankfurter Rundschau erneut das unangestrengt pointenreiche Deutsch und die schon gar nicht mehr von Men- sarkastischen Plots des Autors lobt. schen produziert, sondern Zum Beispiel, wenn der Ich-Erzähler, mittlerweile Student maschinell, „online". der Rechte geworden, sich anläßlich eines KZ-Prozesses Irgendwo habe ich den Satz mit dem Schrecken der Konzentrationslager, Schuld und gehört: Mit dem Notizbuch Scham auseinandersetzt, ein KZ besichtigt und wegen des entstand das Vergessen. Wie Wetters gezwungen ist, in einem Gasthof in der Nähe zu riesig muß das Vergessen im übernachten: „An einem Nachbartisch spielten lärmend Zeitalter der Datenbank sein! vier Männer Karten. Die Tür ging auf, und grußlos kam ein kleiner alter Mann herein. Er trug kurze Hosen und hatte ein Holzbein. An der Theke verlangte er Bier. Dem Walter E. Richartz: Nachbartisch kehrte er seinen Rücken und seinen viel zu großen kahlen Schädel zu. Die Kartenspieler legten die Karten hin, griffen in die Aschenbecher, nahmen die und die anderen lachten mit, ein dröhnendes Bierlachen. Kippen, warfen und trafen. Der Mann an der Theke „Hören Sie auf, lachten sie und zeigten auf mich, „hören flatterte mit den Händen um seinen Hinterkopf, als wolle Sie auf." er Fliegen abwehren. Der Wirt stellte ihm das Bier hin. Aber der Reihe nach: Michael, der Erzähler, ist fünfzehn, Niemand sagte etwas. Ich hielt es nicht aus, sprang auf als er Hanna, 35, trifft. Die Beziehung dauert zwei Jahre, und trat an den Nachbartisch. „Hören Sie auf!" Ich zitterte ist intensiv - auch wenn auf seiner Seite immer ein großes vor Empörung. In dem Moment humpelte der Mann in Unverständnis bleibt. Nicht nur aus Unerfahrenheit. Als hüpfenden Sprüngen heran, nestelte an seinem Bein., hatte die Frau dann plötzlich verschwindet, nimmt sie ihr das Holzbein plötzlich in beiden Händen, schlug es Geheimnis mit und hinterläßt einen tiefen Eindruck. Der krachend auf den Tisch, daß die Gläser und Aschenbecher Erzähler trifft sie vor Gericht wieder - und muß nun seine tanzten, und ließ sich auf den freien Stuhl fallen. Dabei hehren Ziele der Aufbereitung der Vergangenheit mit lachte er mit zahnlosem Mund ein quiekendes Lachen, seinen ganz persönlichen Gefühlen unter einen Hut bringen. Der Plot ist vielleicht nicht wirklich raffiniert, aber schön, klar und glatt. Und er vermittelt Spannung, die einen sehr wohlgesonnen über Michaels Probleme grübeln lassen. Ohne, daß der Professor nun belehrend wirken würde. Das Ende ist eben nicht einfach glatt. Schlink schreibt das Buch auch nicht als Profes- sor. In dezentem Understatement läßt der (weite- re) Klappentext verlauten, der Autor lebe als Jurist in Bonn und Berlin. •k

Bernhard Schlink: Der Vorleser. Diogenes Verlag 1995, 34,00 DM

Auf der Buchmesse recherchiert haben: Franziska Ahles, Antje Meinhold und Jens Schley. Der Wegweiser durch die Studienliteratur wurde von Jens Schley zusammengestellt. Wenn nicht anders angegeben, liegen alle ausführlich besprochenen Bücher (Kästen) in der Redaktion zur Ansicht bereit, sie können auch zum Kopieren ausgeliehen werden — 25 — Lesung Literaturwoche vom 27.11. - 02.12.1995

mutvilla, die lesbisch-schwule Interessenvertretung an der dergleichen: die Todesfuge in Cancan verwandeln." Detlev Humboldt-Universität, Meyer wird aus seinem neuen Buch „In meiner Seele ist schon veranstaltet Ende November/Anfang Dezember Herbst" lesen. eine Literaturwoche. Ort: Cafe Krähenfuß im Hauptgebäude der Humboldt- Comtesse de Luxe: trägt den wunderschönen Vornahmen Carlo. Universität Als höhere Tochter hat er natürlich etwas Schöngeistiges studiert Zeit: jeden Tag 19 Uhr 30 und sich etliche Jahre mit den subkulturellen Umtriebigkeiten internationaler Hauptstädte beschäftigt. Im irrtümlich so Programm: genannten richtigen Leben vergeudet die Comtesse ihre Zeit in Mo, 27.11.: Micha Schmidt und Detlev Meyer einem Forschungsinstitut für eine belanglose Wissenschaft. Di. 28.11.: Comtesse de Luxe und Martina Marie Liertz Eines Tages entschloß er sich deshalb, lieber sie Abenteuer der Mi. 29.11.: Eike Stedefeld und Anne Köpfcr Helden und Heldinnen homosexueller Lebensweisen der Do, 30.11.: Mario Wirz und Cornelia Sachse Nachwelt zu erhalten. Denn die wahren Dramen schreibt das Fr, 01.12.: Michael Sollorz Leben. Carlo de Luxe ist nicht mehr 25 und lebt in einem Sa. 2.12.: 11 Wir mutvilla Literatur - Brunch Bröckelpalast zu Berlin. 19 Uhr 30 Hanna Amaci und Mara Meyer (Women only!) Martina Maria Liertz: verdankt ihr Coming Out San Francis- co, ist Schauspielerin und arbeitet im Bereich Soziales/Fortbil- dungen. Mitarbeit bei verschiedenen Veröffentlichungen, Zur Zusammenstellung des schreibt kurze und längere Prosa, im Zustand von Verliebtheit auch zuweilen Gedichte und arbeitet seit zwei Jahren an einem Programms Krimi, der nicht fertig wird, weil das Leben so aufregend ist. Bei mutvilla, unserer kurz nach der Wende gegründeten Interessenvertretung, steht die Zusammenarbeit von Eike Stedefeld schreibt wie Anne Köpfer u.a. in der „Anderen Lesben und Schwulen im Vordergrund. Daher haben wir Welt"; gemeinsam haben sie 1994 den Band „Zuviel DDR, uns bemüht, den Proporz zwischen Autorinnen und zuwenig homosexuell" bei Pegasus herausgegeben, und im Autoren einzuhalten und diese - soweit organisatorisch kommenden Frühjahr werden sie ihre gemeinsame Arbeit mit möglich - auch in gemeinsamen Veranstaltungen lesen zu , J)er Frust im Osten" fortsetzten, aus dem sie bei dieser lassen. Gelegenheit lesen werden. Bei der Auswahl der Autorinnen kam es uns auf eine Mischung der verschiedenen literarischen Stile, der Mario Wirz: Ursprünglich Schauspieler, Autor und Regisseur, persönlichen Charaktere sowie auf die Aktualität des lebt heute als freier Schriftsteller in Berlin. Zentrale Themen vorgestellten Materials an. Gemeinsam ist allen Autor- seiner Prosa und Poesie sind die Enge seiner hessischen Heimat innen deren starker Bezug zu Berlin, wohnen und arbeiten und das Leben mit dem AIDS - Virus. Mit „Ich rufe die Wölfe", doch fast ausschließlich alle hier. Es ist spät, ich kanmn nicht atmen" und der „Biographie eines lebendigen Tages" fand Wirz große Beachtung. Die Autorinnen und Autoren: Cornelia Sachse: Gebürtige Berlinerin und Verlagsbuch- händlerin, Prenzlauer-Berg-Literaturszene; Mitarbeit bei „Y" Micha Schmidt: aufgewachsen in Neubrandenburg, mit ganz und „Radio Dissonanzen". 1992/93 sieben Monate Ausflug nach normaler ddr-vergangenheit (pionier, fdj und so...) nennt Micha Amsterdam; daraufhin Veröffentlichung der Erzählung „Amster- Schmidt die hügel und wälder und seen dieser gegend stolz dam Clit Clip": Eine Frau auf der Suche nach Frauenliebe verirrt heimat, obwohl er als jugendlicher nach Berlin floh, zu ano- sich in Amsterdam. Sie trifft Frauen, besucht lesbische Clubs... nymität und freunden, zu sex und gewalt; hin und her zwischen Doch die Liebe läuft ihr davon, sie verstrickt sich stattdessen in Jobs wie hotelbursche und pädagogischer mitarbeiter in einem seltsame sexuelle Begegnungen mit anderen, doch am Schluß kinderheim, busfahrer und geldzähler in einer bank... eine lustvolle Wendung.... auch von erlebnissen der wendezeit schreibt Micha Schmidt in seinem neuen Buch STEFFEN GEHT ÜBER DIE SCHÖN- f HAUSER, aus dem Manuskript wird er lesen und anschließend Michael Sollorz: Geboren in Ostberlin und dort geblieben, werden wir ins Gespräch kommen können. Dachdecker, Zirkusarbeiter u.v.m., seit 1985 freischaffend. Bekannt durch seine Stories in der Detlev Meyer: Gebürtiger Berliner, urspr. Bibliothekar und Siegessäule und die Bände „PAUL und andere Geschichten aus Entwicklungshelfer, u.a. Verfasser der dreibändigen „Biographie dem Osten" sowie „Abel und Joe". der Bestürzungen". FAZ im Hinblick auf seine Literatur im Hanna Amati und Mara Meyer (zu denen wir aus Zeitgründen Zeichen von AIDS: „Wenn Tränen inflationär werden, ist noch keine Informationen zusammenstellen konnten) Lachen wohl die einzige Rettung... Im Reich der Poesie heißt ) {fcc liebst

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•-.w r — 28— Studierendenradio Am Anfang war das Chaos Radiosender für Studierende

Fast jeder hat in letzter Zeit schon einmal etwas davon Aktion. Den gibt es zwar, allerdings hat er für diesen Job gehört oder gelesen. Den rechten Überblick hat aber keiner. eigentlich gar keine Zeit und letztendlich ist er nicht mal Die Rede ist vom UniRadio, dem geplanten Hochschul- von der HU, sondern Student der FU. Hier stellt sich die radio Berlin/Brandenburgs. Innerhalb von Radio Charly1 Frage, inwiefern die HU überhaupt am UniRadio beteiligt 87,9 MHz soll jeweils täglich von 18.00 bis 19.00 Uhr ist, sieht man einmal von den 75.000 DM für Sachmittel Programm für „Akademiker, das gehobene Bürgertum und und ihrem Namen im Vereinsregister ab. Denn bei allen letztendlich auch für Studierende" gemacht werden. Doch weiterführenden Fragen wird man schnell an die FU leider herrscht das Chaos. So mußte der geplante Sendestart verwiesen. bereits zweimal verschoben werden. Ob der nun angestrebte 6. Januar '96 eingehalten werden kann, wagte keiner offiziell zu bestätigen. Prof. Dr. Huhn, Mitglied des Vom 10Osten ins 10O.OOOste Sprecherrates bei UniRadio und ehemaliger Im studentischen Streik 88/89 der Berliner Hochschulen formierte Vorsitzender des Programmausschuß des sich ein kleines Grüppchen radiobegeisterter Leute. Sie waren die SFB, findet es schlichtweg „zum Kotzen", freie Stimme aller 100.000 Studierender und informierten die wie wenig Leute mit Radioerfahrung bei Öffentlichkeit mit den neuesten News von der Streikfront. In diesen diesem Projekt mitwirken. wilden und inovativen Zeiten bot Radio 100.000, wie sie sich von Aber nicht nur Kompetenzschwierigkeiten, da an nannten, täglich 15 Minuten „Kriegsberichterstattung" sondern ajach mangelndes Interesse stellen innerhalb des Programms des ersten kommerziellen Radiosenders ein Problem dar. Das beste Beispiel hierfür „Radio 100". Später im Juni '89 wurde man ruhiger und zu einem ist die Humboldt-Universität selbst. Frau Studienreformprojekt mit Seminar und zwei Tutoren. 14-tägig wurde Dürkop, unsere Präsidentin, vertritt die HU nun einen Stunde lang unter dem Dach der TU über Liebe, Tod und im Sprecherrat. Sicherlich hat sie zu Hause Herbstdepression berichtet. Aufgelockert durch Glossen wie den eine Radioapparat und in ihrer Jugend einmal Publizistik studiert, „kleinen Lauschangriff" oder dem „Datschen- aber inwiefern sie neben ihrem appatsche", Klangexperimenten aus der U- Amt als Präsidentin für diese neue RAD/O Bahn und Musik, die vom Geschmack des Aufgabe Interesse zeigt und Zeit jeweiligen Musikredakteurs abhing, wurde dafür findet, ist fraglich. 100.#00 nunmehr eine eher kleineres Publikum be- Ebenso Herr Prof. Kitler von den glückt. Denn als während einer Sendung eine Kulturwissenschaften, der als Stellvertreter CD angeboten wurde, für die man nur anrufen hätte müssen, von Frau Dürkop fungiert. Ihn ereilte der meldete sich kein einziges kleines Hörerlein. Ob die CD nun Ruf der UniRadio Macher in den Semester- einfach Mist war oder so gut wie niemand den Machern von ferien vollkommen überraschend. Zwar ist 100.000 auf die neue Sendefrequenz im Radioka bei ka na I 92,6 er ein Medienwissenschaftler par ex- MHz gefolgt war, blieb im Dunkeln. cellence, an diesem Projekt aber nicht 1994 sollte das Projekt dann, wie für erfolgreiche Studienreform- sonderlich interessiert. projekte üblich, ins reguläre Lehrangebot der TU übernommen werden. Da sich der Fachbereich I jedoch außerstande sah, finanzielle Unterstützung zu gewähren wurde daraus leider nichts. „Ich sende, also bin ich!" Aber enthusiastisch wurde nun auf eigene Faust meist donnerstags um 21.00 Uhr weiter studentisches Radio produziert. Und die Die Dritte im Bunde wäre hier dann noch Hartnäckigkeit scheint sich gelohnt zu haben: eine Anbindung an Frau Morgner von der Pressestelle, die als die TU und die Einrichtung zweier halber Tutorenstellen wird wohl Ansprechpartnerin für das UniRadio an der nun nächstes Semester klappen. Aber damit nicht genug. Radio HU geführt wird. „Ja, sie sind bei mir 100.000 wird bei dem neu entstehenden UniRadio die einzige eigentlich schon richtig, aber genauer kann studentische Sendung, die zweimal im Monat jeweils Samstag von ihnen das der Christian Walter von der FU 1 8.00 bis 1 9.00 Uhr laufen wird, fabrizieren. Ob ihnen darüber sagen." Eine wahre Informationsquelle! hinaus noch Zeit für Radio 100.000 bleibt oder ob sie mit dem 5 Aber da fehlt doch noch ein Element: Unser neuen Magazine R X lediglich ihre Frequenz und Sendezeit studentischer Vertreter im RefRat für diese wechseln, wird sich zeigen. sw — 29 —

Hier wurde die Idee schließlich auch im Frühjahr '94 geboren. Christian Walter, Pressesprecher, und Andreas Wosnitza, Publizistik -Dozent, planten frei nach Studis on air dem Motto, "ich sende, also bin ich", die Rechte an der von AFN verlassenen Vor drei Jahren wurde in Berlin, ganz nach amerikanischem Vorbild, ein Kiss FM 99 Radiofrequenz zu erwerben. Ein Sender eingerichtet. Hier sah ein Student, Ingo Wohlfeil, die Gelegenheit, einen Ausbildungsradio für Studierende an kleinen studentischen Radiosender zu integrieren. Nach erfolgreichen Verhandlun- der FU schwebte ihnen vor. gen ging Universe City von da ab jeden Sonntag von 1 2.00 bis 14.00 Uhr auf Aber ihr Antrag wurde abgelehnt. Die Sendung. Mit der AOK als Sponsor waren sie lange Zeit das einzige Programm bei Mitgift der Braut war zu klein. Auch von Kiss, das gewinnbringend lief. Das Konzept, studentisches Radio für Studierende zu sechs Stunden Sendezeit pro Tag wollte machen, ging auf. Regelmäßig wird über alles, was mit der Uni zu tun hat, berichtet. die Medienanstalt nichts wissen. Wenn Eine besondere Serviceleistung stellt die Jobbörse dar, die in Zusammenarbeit mit überhaupt, dann eine Stunde und bitte „Heinzelmännchen" und „Kriteria" Stellen für Studis anbietet. Für die humoristischen schön zusammen mit den Einlagen ist „Captain Larsens kleine Welt" anderen Hochschulen Berlin/ zuständig. Die Musik beruht auf einer Brandenburgs. Das ist pluralisti- Playlist, die von Kiss vorgegeben wird. In scher und bringt das nötige UniverseC/fr der Wahl ihrer jeweils vier Beiträge und der Kleingeld in die Kasse. Studierendes Radio aus Berlin # Moderation haben die UniverseCitizens Erst ein Jahr später hatten sich aber freie Hand. die nun 13 beteiligten Hoch- Ihre weitere Zukunft on air ist aber gefähr- schulen auf eine juristische Form det. Der langjährige Sponsorenvertrag mit der AOK ist aufgrund eigener Nachläs- einigen können und wurden zu Uni- sigkeit nicht verlängert worden und ein neuer ist noch nicht in Sicht. Aber nach dem Radio Berlin/Brandenburg e.V.. Als Ausscheiden des Gründers Ingo Wohlfeil, wollen die restlichen Radiofans erst recht Träger des Projektes bekam jede von nicht aufgeben. Unentgeltlich und voller Enthusiasmus planen sie noch für viele ihnen das Recht auf einen Sitz im Semester UniverseCity zu produzieren. Denn der Erfolg gibt ihnen Recht: mit über Programmbeirat. Nur die Studierenden, 10.000 Hörern sind sie die beliebteste Sendung am Sonntag bei Kiss FM 99. welche als arbeitendes, unbezahltes sw Fußvolk auserkoren wurden, blieben bei

Im Studio von "RADIO 100 000" — 30 dieser Regelung ohne Mitspracherecht. Aus diesem Grund lich ist. Geplant ist eine Moderation vom Frühstückstisch, vereinigten sich Campusradio, Radio 100.000, Uni- um dem Klischee des Langschläfers Studi gerecht zu verseCity und sieben Asten von betroffenen Unis zum werden. So werden uns um 18.00 Uhr Tips zum Klo im sogenannten HBBStud, um gemeinsam und als juristische Schrank, Singelparty-Tests im Selbstversuch oder Radio- Person für ihre Vertretung im Programmbeirat zu kämp- Pinups in Form von Persönlichkeitsentblößungen geboten fen. Das wird aber immer wieder verhindert. Denn allen werden. Aber dies ist nur ein kleiner Auschnitt aus der voran der Präsident der FU, Herr Gerlach, stellt sich verrückten Ideenwelt, die uns innerhalb dieses studenti- erfolgreich gegen diesen Wunsch, indem er an die schen Kulturmagazins RX5 erwartet. Mitgliedschaft der Studierenden eine finanzielle Forde- sw rung in Höhe von 10.000 DM knüpft. Diese Forderung erscheint angesichts dessen, daß der Großteil der Berichte von Studierenden unentgeltlich gemacht werden soll, unverschämt. Doch trotz aller Widrigkeiten stürmen die Studierenden verschiedenster Hochschulen die sogenannten Radioein- führungskurse an der FU. Unter sachkundiger Anleitung von Wosnitza und Co wird man in das Mysterium des Sprechens, Recherchierens und Erstellens von Beiträgen und Interviews eingeweiht.

Ausgeschlachtetes Studio

Allerdings geschieht dies nicht in dem fürs UniRadio einstmals vorgesehenen ehemaligen AFN- Studio. Dieses ist nämlich auf geheimnisvolle Weise verschwunden! Die Verhandlungen der FU mit dem amerikanischen Außenministerium um das alte AFN-Gebäude schienen zunächst erfolgreich. Doch sowohl das Verteidigungsmini- sterium der USA als auch der Bund hatten andere Pläne. Die alten AFN-Leute wollten ihr gesamtes Studiomaterial mitnehmen. Und die BRD wollte das gesamte Gebäude, das mit dem Geld deutscher Steuerzahler errichtet worden war, einfach abreißen, um an dieser Stelle dann ein 1 getragen von Voice of America Wohnhaus zu errichten. Aber bevor eine Einigung erzielt werden konnte, war das gesamte Studio schon ausge- schlachtet. Trotzdem bemüht sich die Den Teufel im Leib FU weiterhin um dieses Gebäude. „mephisto 97,6 ist ein nicht kommerzielles, werbefreies und informa- Bis es aber soweit ist, packt man die tionsorientiertes Programm für Leipzig und Umgebung, das bislang Gelegenheit beim Schopf und richtet einzigartig in Deutschland ist. Es informiert, unterhält, bildet und bezieht sich in der Thielallee 50 ein nigelna- Stellung." gelneues Studio mit digitaler Technik So weit die Selbstdefinition des größten Unisenders Deutschlands. Die ein. Von hier aus soll dann das ein- Idee zu diesem Projekt wurde schon 1992 geboren. Zwei Jahre später stündige Nachrichtenmagazin von am 22. November 94 erhielt mephisto 97,6 seine Sendelizenz. Im UniRadio produziert werden. Zur ehemaligen Messegelände wurde mit Unterstützung der Universität ein Hälfte soll es sich aus aktuellen modernes Hörfunkstudio eingerichtet. Von da ab wurde mittels Digital- Tagesgeschehen und zur anderen schnitt und computergestützter Musikverwaltung Radio für „KopfHörer" Hälfte aus hochschulpoitischen gemacht. Zwar handelt es sich hier um ein Radio von Studierenden, Informationen zusammensetzen. Das aber nicht ausschließlich für Studierende. Angesprochen wird jeder Programm wird ohne Werbepausen zwischen 1 8 und 45, der mehr will, als lediglich Mensabeschallung laufen. Es gibt bisher lediglich einen oder Dudelfunk. Gestaltet wird das Programm von circa 50 Studieren- Sponsorenvertrag mit Mercedes Benz, den, die täglich zwei zweistündige Magazine produzieren, jeweils die sich mit einer Startfinanzierung in montags bis freitags von 10.00 bis 12.00 und von 18.00 bis 20.00 Höhe von 50.000 DM beteiligen. Uhr. Informationen aus dem Hochschulbereich und Themen aus dem Ob sich das Konzept von UniRadio gesamten Leipziger Raum sind der Hauptbestandteil der Sendung. Der durchsetzen kann, muß sich erst noch wesentlich kleinere Musikteil ist geprägt durch Jazz, Blues, Klassik oder zeigen. Denn für einen Teil der ange- Deutsch rock. strebten Zielgruppe, die Studierenden, In Leipzig ist es erstmals gelungen, Radio-Programme in die universitäre gibt es lediglich zweimal im Monat Ausbildung zu integrieren. Das Uniradio Berlin/Brandenburg e.V, jeweils ein einstündiges Magazin. Es welches auch ein Ausbildungsort für medienorientierte Leute sein will, wird von der selben Gruppe fabriziert, kann sich mephisto 97,6 nur zum Vorbild nehmen. sw die auch für Radio 100.000 verantwort- 31 Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt „Das ist ein Kindergarten hier//* Über die Aussichtslosigkeit, bei FRITZ einen Praktikumsplatz zu bekommen.

Jeder hat seine eigene Vorstellung, wie und wo er sich oder eine 6- wöchige Ausbildung im Rahmen eines später einmal beruflich betätigen möchte. Daß man Volontariats beim ORB an. irgendwann auf jemanden trifft, der genau den gleichen Für ein Praktikum kann sich theoretisch jeder bewerben, Wunsch hegt, ist nur natürlich. Was tun, wenn es aber der sein Abitur hat (auch ohne abgeschlossenes Studium). nicht nur einer, sondern mehrere Hundert sind, die den Der Wille, das Studium nach dem Praktikum zu beenden, gleichen Traum träumen? Vor dieser Frage steht heute ist aber eine Vorraussetzung. Diese Regelung gilt aller- wohl jeder, da sind auch die Medieninteressierten nicht dings nur für Bewerber bei FRITZ. Für alle anderen ausgeschlossen. Bereiche des ORB ist ein abgeschlossenes Grundstudium ein Muß. Eine schriftliche Bewerbung an FRITZ für das Praktikantencasting folgende Jahr ist zwischen August und Anfang Oktober an die Aus- und Fortbildungsstelle des ORB zu richten. In der Bewerbung sollte man angeben, für welchen Zeitraum Die meisten, die eine journalistische Tätigkeit anstreben, man sich ein solches Praktikum vorstellt, und in jedem haben eine ganz klare Vorstellung, bei welcher Medien- Fall eine Ausweichzeit nennen. Für die Bewerber an den anstalt sie am liebsten beginnen würden. Ganz oben auf ORB ist es auch wichtig, daß sie angeben, ob sie zum der Liste stehen die Rundfunkanstalten, insbesondere die Rundfunk oder zum Fernsehen wollen. Mit der Bewer- sogenannten Jugendsender, zu denen auch FRITZ gezählt bung gilt es vor allem, einen interessierten und aufge- wird. „FRITZ ist automatischer Anziehungspunkt für schlossenen Eindruck zu vermitteln, dafür darf sie auch Berufseinsteiger im journalistischen Bereich," erklärt mal originell ausfallen. Bereits vorhandene journalistische Helmut Lehnen, der Hörfunkdirektor von FRITZ. „Jeder Erfahrungen sind ein großer Vorteil. Vom Mitschicken möchte bei dem Sender arbeiten, der ihm persönlich am besten gefällt." Fritz ist ein Trendset- ter in Sachen Hör- funk. Er spricht eine „aktive, dynamische Generation" an und vermittelt ihr ein entsprechendes Lebensgefühl. Er ist frisch, frech, ab- wechslungsreich oder hip - je nach dem - und das FRITZ- Team, so scheint es, ist eine große, ziemlich glückliche Familie. Da möchte man hin und dazuge- hören. Neben dem 2 bis 3- wöchigen Schüler- praktikum für die Kids um 16, bietet FRITZ die Möglich- keit für ein Praktikum "Fischfütterer" Mike Lehmann im Studio — 32 einer Video- oder Audiokassette sei jedoch dringend ein Praktikant bei FRITZ nicht zum Kaffee kochen abgeraten, da diese unbeachtet wieder zurückgeschickt mißbraucht wird, sondern richtig mit anpacken muß. Das wird. Auf etwa 30 bis 40 Praktikantenplätze kommen etwa läuft allerdings nur, wenn er sich selbst Arbeit verschafft." 1000 Bewerbungen im Jahr, und die Bewerberzahlen Praktikanten müssen kämpfen, um hier etwas zu lernen." steigen stetig an. erklärt Lehnert. Dafür bekommen sie wöchentlich ein Taschengeld von 150,-DM. Nach Meinung einer ehemali- Von Kaffe und Arbeit gen Praktikantin ist es hart, „sein Recht zu bekommen". Man muß fleißig sein, selbst die Initiative ergreifen und vor allem die anderen auf sich aufmerksam machen, Wer trotzdem zum Praktikantencasting eingeladen wird, ansonsten fühle man sich „wie Mobiliar in einem Büro". hat die erste Hürde geschafft und muß nun in einem Von dem Familiengefühl, das über den Äther kommt, sei Bewerbungsgespräch mit Helmut Lehnert sein Talent für bei FRITZ schon gar nichts zu bemerken. Der Kon- die Branche unter Beweis stellen. Für ihn ist das Vor- kurrenzkampf zwischen Praktikanten und auch innerhalb stellungsgespräch das zentrale Auswahlkriterium. Lehnert des Teams ist groß. „Bei FRITZ arbeiten viele gute Leute achtet auf Leute mit festen Persönlichkeitsstrukturen, die mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Bei der kreativ sind und sich perfekt in das Team einfügen. Ein Zusammenstellung meines Teams achte ich auf extreme Kandidat mit Sprachfehler hat keine Chance und wird Persönlichkeiten." So toben sich zum Beispiel die aufge- freundlich auf die Möglichkeiten bei einer Zeitung drehten Typen am Mikrophon aus, während im Hinter- hingewiesen. Das Gespräch dauert maximal 30 Minuten, grund bescheidene und freundliche Kollegen arbeiten." und je nach den Hoffnungen, die in einen gesetzt werden, Viele, die bei jedem anderen Sender die Nummer Eins erhält man einen Praktikumsplatz von 6, 8 oder 12 wären, sind hier eben nur die Nummer Fünf und das führt Wochen. Für ein 18- monatiges Volontariat beim ORB zu Neid," erklärt Lehnert. „Eigentlich sind wir ein Kinder- sind ein abgeschlossenes Studium und journalistische garten hier," und das Ergebnis ist das Programm, das sich Erfahrungen unerläßlich. Während des Volontariats in erster Linie an Studenten richte, weil diese den intellek- verbringt man jeweils 6 Wochen in einem anderen Medi- tuellen Gehalt am besten nachvollziehen könnten. enbereich und erhält somit einen größeren Überblick über die Vielfalt der Tätigkeiten. „Praktikanten und Volontäre werden immer gern genommen." versichert die Aus- Fritz ist (k)ein Team bildungsbeauftragte des ORB, Elke Olizeg. In der Regel trifft man bei FRITZ zwischen 2 und 10 Besonders stolz ist Lehnert auf den „Ohrenzeugen". Mit Auszubildende gleichzeitig an, wobei die Ausbildung ihm hätte FRITZ das Hörspiel neu definiert. Problema- eines jeden individuell abgestimmt ist. Lehnert betont, daß tisch sei es jedoch, sich immer wieder einen neuen Plot

Helmut Lehnert, der Hörfunkdirektor von FRITZ — 33 —

auszudenken und den „Kick" zu behalten, sonst droht es auszuleiern. Ein weiteres Problem sei die zu geringe Fluktuation bei den Mitarbeitern, die unweigerlich zu einem schmerzhaften Generationswechsel führen wird. Eine feste Anstellung zu bekommen, wird immer schwie- riger, obwohl jeder die Chance dazu hätte. Wer einmal bei FRITZ ist, „will hier nicht mehr raus,"so Lehnert. Der Sprung vom Praktikanten zum Freien Mitarbeiter ist schwer, und meistens tut es nur der Zufall. Außerdem sei es schwierig, sich einen Platz in der FRITZfamilie zu erkämpfen. Die meisten Mitarbeiter arbeiten schon lange zusammen, und dementsprechend schotten sie sich Neulingen gegenüber ab. Generell sollten sich angehende Journalisten zunächst bei kleineren Medienanstalten umschauen. Dort ist die Betreuung der Praktikanten intensiver und der Einstieg leichter. „Man sollte FRITZ nicht als allerersten Schritt nutzen, weil man hier selbständig und kreativ sein muß, und weil man alles selbst machen muß," erzählt eine freie Mitarbeiterin. Das Studium ist sinnvoll, wenn man bei FRITZ anfangen will, aber die Praxis ist eben doch alles.

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Achtung, aufgepasst! Haupttarif: Montag bis Freitag 8 -18.00 Uhr pro Min, (Nur für Studenten unter 27 Jahren!) DM 1,64 Nebentarif: alle übrige Zeit (+ ges. Feiertage) pro Grundgebühren sparen Min. DM 0,39

(Kleiner Tip von uns: Sei helle, laß Dich anklingeln I) Unglaublich aber wahr...... und wie geht das? Einfach die Immatrikulationsurkunde kopieren, und hier anrufen: Grundgebühr im E-Plus Netz so billig Tel./Fax: 030 2824103 wie noch nie. Gerald Augustat Ackerstr. 157 10115 Berlin sage und schreibe: Hier gibts auch obergünstige Geräte ab DM 99,-# *(Prels gilt nur in Verbindung mit der Freischaltung einer E- DM fi pro Monat Plus Karte) — 34 Studentenfernsehen Das verflixte siebente Jahr Eine Zeitung über Video

Das siebte Jahr ist immer ein verflixtes. Seit ihrer Entste- Sendung zum Thema Krieg (Neues aus der Rüstungsindu- hung im Streiksemester der West-Berliner Universitäten strie, ein Musikclip einer aus Georgien geflüchteten 1988/89 wird von der "Videozeitung" von Studentinnen Rockgruppe, ein Beitrag vom Studentenfernsehen Trier für Studentinnen in Berlin Fernsehen produziert. Die zur Diskussion des Themas Auschwitzlüge, Aktuelles zu Streikenden mußten über Demos, Seminarraumbe- Out-of-area-Einsätzen des deutschen und des französi- setzungen, U-Bahn-Vorlesungen und dergleichen auf dem schen Militärs u.a.). Im nachhinein gerieten die Video- laufenden gehalten werden. Zunächst wurden Kameras zeitungsmacherlnnen selbst in Zweifel, ob sie sich diesmal von Fachbereichen geliehen, ebenso konnten Schnittplätze nicht übernommen hatten. an FU, TU und HdK vorübergehend genutzt werden. Nach Denn die Ideen von ca. 30 Mitwirkenden unter einen Hut und nach konnte die Videozeitung mit eigenen Kameras zu bringen, ist erwartungsgemäß fast unmöglich, und so und zwei semiprofessionellen Schnittplätzen an der TU entstand wiederum ein buntes Potpourri aus Interviews, und der HdK ausgestattet werden, die den Videotlnnen Musikclips, Reportagen und Experimentalfilmen, teilwei- nun Tag und Nacht zugänglich sind. se von Studentinnen, die zum ersten Mal eine Kamera in Der gleichzeitige Gruppen- und Sendename "Video- der Hand gehabt hatten. So entstand der Eindruck, daß zeitung" wurde von manchen mißverstanden - „eine leichtfertig mit einem ernsten Thema umgegangen wurde, Zeitung über Video?". Dem sollte nach einigen Jahren zumal die Videotürme in den Berliner Mensen, in denen durch die Änderung des Sendenamen Abhilfe geschaffen die "Videozeitung" jeweils in einer Endlosschleife im werden. Zunächst in "TV 1.98 - das besondere Angebot Vorbeigehen konsumiert werden kann, nicht der richtige unter den Fernsehsendungen" umbenannt, dann im Ort für die Ausstrahlung einer solchen Sendung ist. siebten Jahr in "Kopftrommel", einen Namen, der viele vollends verwirrte. Am Ende griff man/frau doch auf Bewährtes zurück, und so wird seit Oktober diesen Jahres Verwackelte Bilder? wieder unter dem Namen "Videozeitung" im Offenen Es gibt doch Stative! Kanal und den Videotürmen der Berliner Unis und Mensen gesendet. Grundsätzlich schließt man/frau bei der "Videozeitung" Die „normale" Sendeform bei der "Videozeitung" sind die Produktion einer weiteren themengebundenen Sen- durchschnittlich fünfminütige Beiträge, die zu einem dung im kommenden Jahr nicht aus, ist bei dieser Frage halbstündigen Magazin zusammengestellt werden. aber vorsichtig geworden . Es bleibt ein schwieriges Inhaltlich sind keine Grenzen gesetzt, wobei hochschul- Unterfangen, zumal die Fluktuation der Mitglieder politische Themen nach wie vor im Vordergrund stehen. zugenommen hat und derartige Projekte mit dem Engage- Über Pläne und Ergebnisse wird in der wöchentlichen ment einzelner stehen und fallen. Das gilt auch für die Redaktionssitzung gesprochen, wo auch die einzelnen neben dem regelmäßig erscheinenden Magazin erstellten Beiträge gemeinsam angeschaut werden. Noch ist kein Livesendungen aus dem Studio des Offenen Kanals. So Meister vom Himmel gefallen, darum mault hier nie- ließ sich die 'Feier' zum 5. Geburtstag der "Videozeitung" mand wegen verwackelter Bilder, sondern weist gegebe- mit Manfred Ehrhardt, Marlies Dürköp und weiteren nenfalls auf die Stative hin, die im Schneideraum stehen, erlesenen Gästen im Studio des OK im Dezember 1993 für's nächste Mal.... Und so reicht die Bandbreite der auf die Initiative eines Einzelnen zurückführen. Bei einem Beiträge von Homevideo-Ästhetik mit intellektuellem Stück Sahnetorte diskutierte damals der Bildungssenator Anspruch bis zu perfekt ausgeleuchteten Werbefilmen mit Studentinnen und Unipräsidentinnen über seinen für eine bessere Zukunft. Hochschulstrukturplan. Die Produktion von Live-Sendun- Nach den legendären Streikzeitungen von 1988/89 und gen aus dem OK-Studio hat sich bei den Videozeitungs- 1993, die neben dem regelmäßig erscheinenden Fernseh- leuten als beliebte Möglichkeit etabliert, unter Einbezie- magazin produziert wurden, entstand zum Jahreswechsel hung vieler ein Projekt zu realisieren, da für die verschie- 1994/95 die erste Themensendung, die diesmal nicht denen technischen Aufgaben jedesmal um die zwanzig direkt den Unibetrieb betraf. Sie stellte alternative Medien Mitwirkenden benötigt werden. Zwei von ihnen übernah- in Berlin vor (die Berliner Obdachlosenzeitungen, ein men in diesem Jahr die Anmeldung eines festen Sende- türkisches Fernsehproduktionsteam u.a.). Im Mai diesen platzes im Offenen Kanal, um dort nun mit Mitgliedern Jahres schließlich, als allerorten 50 Jahre Kriegsende der Videozeitung seit Juli jeden ersten Sonntag im Monat zelebriert wurden, reagierte die Videozeitung mit einer um 22 Uhr live „Aus dem Bild" zu senden. Auch für das — 35

Chaos als System bei der VIDEOZEITUNG traditionnelle Magazin ist ein wöchentlicher fester HdK und TU, am Ende mit Notfinanzierungen überstehen. Sendeplatz im OK im kommenden Jahr geplant. Bei der HdK konstituiert sie nach wie vor einen Teilbe- Doch wird bei der "Videozeitung" nicht nur gedreht, reich des interdisziplinären Interflugs,, an der TU wird sie gemischt und geschnitten . Zuweilen packt es eine ganze nach sieben Jahren Existenz als Studienreformprojekt im Reihe von ihnen, dann fahren sie raus nach Hamburg zum neuen Jahr vom Fachbereich 2 übernommen. Dem Kurzfilmfestival, nicht ohne auch dort ein Video zu Computerzeitalter gemäß wird mittlerweile natürlich auch drehen, oder sie verbringen einige Tage auf dem Gutshof bei der "Videozeitung" schon ein bißchen rumdigitalisiert, der Berliner Kunsthochschulen in Sauen, um dort zu aber verflixt war das Jahr. schnell, zum nächsten filmen, ein kollektives Drehbuch auszutüfteln und natür- Drehtermin!... lich gemeinsam vor der Glotze zu hängen...Warum Inga (eine Videotin) machen sie das alles? Natürlich in erster Linie, weil es Spaß macht. Auch gibt es nur sehr wenige Projekte in Berlin, in denen Studentinnen aller vier Hochschulen der Stadt zusammenkommen und ein entsprechender Aus- Videozeitung-Redaktionssiizung: tausch stattfindet. Und mögliche Berufsaussichten? Montags 19.30 Uhr Hochschule der Künste, Kommt man/frau damit zum Film? Unter den Programm- Hauptgebäude Hardenbergstraße, Raum 310 direktoren der Öffentlichen und Privaten ist bislang noch kein ehemaliger Videozeitungsmensch ausfindig gemacht worden. Aber es soll schon mal vorkommen, daß einzelne Magazin zu sehen auf den Medientürmen in der am Ende an einer der Filmhochschulen landen oder ihr Mensa-Nord der HU, der Mensa von TU und jahrelanges intensives Hobby zum Beruf machen konnten. HdK (Hardenbergstraße), Mensa FU (Silber- Doch dazu gehören natürlich neben Glück, Fleiß, Talent, laube), Mathebau und Architekturgebäude der Kontakten etc eine außergewöhnlich besessene Beschäfti- TU (beide Straße des 1 7. Juni), gung mit Theorie und Praxis dieses Mediums. Und davon sowie jede Woche im Offen Kanal kann die "Videozeitung" nur einen Teil vermitteln. Das (Sonderkanal 8) verflixte siebte Jahr konnte sie trotz Haushaltsstopps an 36 Studentenzeitungen "Nasenbär" und "Zeitung ohne Eigenschaften" Die bunte Welt der vielen Berliner Fachschaftszeitungen.

Was braucht man zum Zeitungsmachen? waren. So hatte doch jedes Fach schon einmal seine Fach- Ganz wichtig: einen großen, kreativen schaftszeitung. Kopf. Noch wichtiger: viel Leidensfä- Da war zum Beispiel der kleine „Nasenbär", die Zeitung des higkeit! Am wichtigsten: Enthusias- HUB-Instituts für Informatik. Erst wollte sich die Zeitung mus! „MfS-Info" („Mitteilungen für Studenten der Informatik") Nebenbei braucht man noch einen nennen, scheiterte aber an der Unfähigkeit zum un verkrampf- Computer, wenigstens etwas Geld ten Umgang mit der Geschichte an ihrem Institut. Die Nasen- zum Drucken oder Kopieren und bären, die letztmalig im Dezember letzten Jahres eine Zei- Ideen für Texte. tung herausbrachten, haben wohl inzwischen aufgegeben. „Wir schreiben jetzt nicht Unter dem Titel „Es lebe der Nasenbär!!!" beklagten sich die mehr nur für den eigenen studentischen Redakteure, daß ihnen die Leser jede Reaktion Computer!" begründen vorenthalten und man nicht wisse, wie die Zeitung überhaupt Werner Doye und vier ankommt. Deswegen höre man erstmal auf. Mitstreiter ihr Engage- Etwas besser geht es da der „Zeitung ohne Eigenschaften" ment für die Fachschafts- (ZoE) des Fachbereichs Germanistik der FU. Die Zeitungs- zeitung „Störtebecker" an der FU. macher, denen man die hohe Kunst des Schreibens anmerkt Die Zeitung, die seit mehreren Jahren am (zum Teil sehr, sehr gute Texte!), wollen wie echte Philolo- Institut für Geschichtswissenschaften der FU er- gen nicht immer den Leser erreichen: „Wenn Du Dich nicht scheint, wird immerhin 700 mal gedruckt und führt für den Inhalt interessierst, kannst Du also getrost dieses ein typisches Studentenzeitungsleben. Wann sie erscheint, kön- Heftchen beiseite legen; ich versichere Dir, daß Du dann nen auch die Redakteure frühestens einen Tag vor Druckter- nicht allzuviel verpassen wirst." Dafür haben die Redakteu- min sagen, hergestellt und hinterher gefaltet wird sie in Wer- re ohne Eigenschaften genau wie die Autoren der OSI-Zei- ners WG-Zimmer, wo auch der einzige „Redaktionscomputer" tung den Sprung zum professionellen Journalismus fast ge- steht. schafft. Artikel aus diesen beiden Zeitungen finden sich re- So geht es vielen Studentenzeitungen an einzelnen Fachbe- gelmäßig in der taz, der Frankfurter Rundschau oder der reichen der Berliner Universitäten. Sammi Sandawi, Koordi- Süddeutschen Zeitung. nator der Fachschaften an der HUB und damit bestinformier- Aktive Mitsprache der Studenten in Angelegenheiten des ter Fachschaftszeitungsleser, bedauert diese Schattenexistenz eigenen Fachbereichs, bei der Gestaltung ihrer Studien- und der Kleinst- und Mini-Zeitungen: „Viele merken gar nicht, Prüfungsbedingungen und offene Worte gegenüber den Pro- daß diese Zeitungen wichtige Informationen liefern und zum fessoren - für die meisten Au- Teil sehr gut schreiben!" Und noch weniger wissen wahr- toren sind das die Hauptgrün- scheinlich, wie viele verschiedene Zeitungen es gibt. de für ihr Engagement in ei- Allein an den Berliner Universitäten gibt es neben einigen ner Fachschaftszeitung. großen universitätsübergreifenden Studentenzeitungen min- Als zum Beispiel die Re- destens 20 kleine Publikationen, in denen Studierende re- dakteure der Maschinen- gelmäßig für die Kommilitonen ihres Fachbereichs schrei- bauer-Zeitung „Spreng- ben. Wie viele es momentan wirklich sind, kann wahrschein- zeit" an der TU über- lich niemand sagen. Zu unregelmäßig ist die Erscheinungs- prüften, ob ihre Do- weise, viele Redaktionen bilden sich von Ausgabe zu Aus- zenten auch ihren gabe und sind zwischendurch nicht vorhanden. Und wenn Lehrverpflichtungen es nur wenige Nummern oder vielleicht nur eine Ausgabe nachkommen, war 37 —

die Zeitung plötzlich in aller Munde. Denn sehr viele Pro- fessoren führten fast nur die Hälfte der eigentlich angekün- digten Seminare und Vorlesungen durch. „Die Reaktionen FAUST- ein bundeswei- waren heftig!" berichtet Martin Kiesler von der „Sprengzeit" über die Sternstunde des kleinen Blattes. tes Hochschulmagazin Andere, wie beispielsweise die ambitionierte „ethna" des ethnologsichen Instituts der HUB, haben sich ganz der Wis- Faust ist während der Studentinnenbewegung 1988/1989 senschaft gewidmet. Neben einigen Nachrichten aus dem entstanden und hat sich aus dieser Zeit viele republikweite Institut gibt es in jeder Nummer ein Thema, welches von Kontakte, sowie einen theoretischenAnspruch bewahrt. Man will ein Forum für Texte schaffen, die der gesellschaftlichen allen Seiten volkskundlich durchleuchtet wird. Diskussion entsprimgem. Dafür hat Faust zwei Teile: ein Das Spektrum der Studentenzeitungen ist riesig und für je- aktuelles Schwerpunktthema und ein Magazin zu den gibt es bei der Lektüre etwas zu entdecken. Hauptanlie- Hochschule und Wisenschaft allgemein. Den Titel machten gen aller Zeitungen, ob groß oder klein, ob hochschulpoli- bisher Themen wie „1895 - 50 Jahre vor Auschwitz" oder tisch motiviert oder im Elfenbeintum der Wissneschaft stek- „Die Rechte in Frankreich". Der besondere Service von kend: Informieren und sich ausprobieren am Schreiben. Die Faust ist die Paperbörse, in der Magisterarbeiten und Dissertationen vorgestellt werden. Wer sich für diese Zeitung Wahl der Themen ist dabei fast beliebig. Denn, „liebe Welt, interessiert oder vielleicht zum nachten Schwerpunkt - es ist eines der Grundbedürfnisse des Menschen, sich stän- Psychatrie - etwas schreiben möchte, muß zur offenen dig und überall, oder zumindest hin und wieder, anderen Redaktionssitzung kommen, dienstags um 19 Uhr in der Menschen mitzuteilen." So die „Hermes", WiWi-Zeitung an Astavilla der TU (Marchstr. 6). der HUB. Faust erscheint im Gretchenverlag und scheut keine Fragen. Da dieses Grundbedürfnis in der Tat für Zeitungsredakteure lotte fast existenziell ist, kann man den unermüdlichen Zeitungs- redakteuren auch eine riesige Freude bereiten: Schreibt den Zeitungsmachern Eures Fachbereichs, wie Euch die Zeitung gefallen hat. Das ist besser als jedes Zeilenhonorar. Denn dann weiß man, daß man gelesen wird! jkundjot

An der HUB gibt es derzeit (wahrscheinlich) folgende Fachschaftszeitungen: -ad rem - Informationsblatt der Fachschaft Jura -CULTus - Fachschaftszeitung des Instituts für Kulturwissenschaften -ethna - Zeitschrift für Europäische Ethnologie und so -Hermes - Studentenzeitung der WiWi-Fakultät -NADEL - Neues aus dem Elfenbeinturm (der Germani- sten) -Nasenbär - die Zeitung des Instituts für Informatik -Reißwolf - Fachschaftszeitung der Sozialwissenschaften (Nr. 1 kommt bis Ende des Jahres) -Troika - Studentenzeitung der drei medizinischen Fachberei- che der Berliner Universitäten i Taxi -norröna - die Studentenzei- tung des Nordeuropa-Institutes Taxi- immer (in Zusammenarbeit mit allen Schein- auf dem anderen Universitäten Deutschlands, die dieses Ausbildung neuesten Studienfach anbieten.) langjährige Ausbildungserfahrung Stand Bezug über die Fachschaften. Alt-Moabit 83 3928057 10555 Berlin — 38 — Regionalsender Rasende Reporter im sozialen Umfeld ein Ausbildungssender im Brandenburgischen sendet seit Mitte September Regionalprogramm

Fürstenwalde liegt ruhig am Oder-Spree-Kanal im Bran- me des Verkehrsamtsleiters zu den neuen, unsägliche denburger Land, im Speckgürtel, wie auf ausgleichende Stauungen verursachenden, Baumaßnahmen an der Strukturpolitik hoffende Regionalplaner fast drohend zu Spreebrücke in Fürstenwalde. Und was das Brachland sagen pflegen. Nur eine gute halbe Stunde Zugfahrt trennt augenscheinlich macht: keiner berichtet hautnah darüber! die Nicht-mehr-Kreisstadt im RegionalExpress vom Es gibt also die marktwirtschaftlich so bezirzte Marktlük- Berliner Hauptbahnhof. Doch hat die Nähe ihren Preis: ke. Doch bringt sie Gewinn oder besser: Ernährt sie ihre seit September zwei DM für jede Fahrt im schnellen Zug, Macher? Wenn Reaktion und Zuspruch ein nährendes Brot zuzüglich zur bis in diese Gefilde der Provinz gültigen wären, dann könnte man bereits heute, sechs Wochen nach Umweltkarte. Das schmerzt, seitdem hier bis zu 14 Berliner Studenten einen Arbeits- Dienstag ist Oskartag weg sporadisch beschrei- ten. In Fürstenwalde wird Dienstag ist Sendetag bei Oskar. 1 8 Uhr geht es los. Um zu ergründen, was bis dahin Fernsehen gemacht: im Turm geschah, hatten wir uns bereits zu Mittag eingefunden. Unser Beitrag zur OSKAR-TV, der Oder- Sendung war eigens mitgebrachter frischer Kirschkuchen für die Chefreporterre- Spree-Kanal für bisher dakteuransagerin. Es bleibt aber festzuhalten, daß dieser gar nicht nötig gewesen 13.000 Haushalte in wäre - die gesamte Mannschaft war ohnehin hochmotiviert. Am eigenen Leibe Fürstenwalde, Erkner bekamen wir zu spüren, daß ein Mangel an Arbeit nicht bestand, versuchte man doch und Woltersdorf. mehrfach, uns zweckentfremdet einzusetzen („Geh' mal an's Telefon!"). Auch scheint In einem ausgedienten, es eine hohe Fluktuation von Mitarbeitern zu geben, hielt uns doch gleich jeder für ringsum im Land ins solche. Auge fallenden Wasser- Die Zeit vor der Sendung war geprägt von ständig steigender Betriebsamkeit, jeder turm, festgemauert, ein hatte noch einen Beitrag zu schreiben, zu filmen, zu schneiden. Ein besonderes Klinkerkoloß im märki- Gerangel entwickelte sich in der Umgebung des einzigen Schnittplatzes, von dem aus schen Sand, fast 40 später auch gesendet wurde. Trotz allem ging Oskar pünktlich um 1 8 Uhr auf Sen- Meter hoch, zogen sie dung - sicher konnte kein Zuschauer hinter der professionellen Sendung erahnen, was ein, die Enthusiasten sich kurz vorher im Studio abgespielt hatte. Nur ein einziges Mal drückte der Techniker eines Ausbildungs- versehentlich auf einen falschen Knopf und hielt die Sendung an ... Es sollte außer- senders mit dem Hang zu dem erstmals das Jugendmagazin „SAP" ausgestrahlt werden - die drei verantwortli- Menschen, für die sie chen Knaben hatten sich schon den ganzen Tag in hektischer Aktivität befunden. Aber eine Öffentlichkeit „SAP" war leider nicht fertig geworden und wurde auf 1 9 Uhr vertagt, es folgte also herstellen wollten und ein viertelstündiges gespanntes Warten der Fürstenwalder Jugend. Nach zwei Minuten noch wollen. Geld haben „SAP" klingelte das Telefon zum ersten Mal - eine jugendliche Fürstenwalderin am sie keines, verschuldet Apparat. Wie denn der Ansager hiefjfe und ob er schon eine Freundin habe? Der Tag sind alle bis auf die ging also fröhlich zu Ende, li Knochen, denn die Banken wagten nicht einmal ein geringes Risiko, wie so oft im Osten der Sendestart, in zufrieden blinzelnde Augen der Macher Republik. Und doch umtreibt sie ein nicht geringes blicken. So kommt denn schon mal der Verkehrspolizist Interesse, etwas Handfestes im schier überladenen Medi- vorbei und erkundigt sich nach der Verkehrssicherheits- endschungel zu machen. Denn welcher Student findet aktion, Kinder schauen neugierig in den Wasserturm, um Praktika in etablierten Medien? Im Regionalen wartet sich die Leute anzuschauen, die da dienstags und freitags dagegen Brachland auf eine angemessene Bestellung. live auch auf der elterlichen Mattscheibe erscheinen. Wagt Regional, d.h. vor allem die ausgeraubte Dönerbude hat sich ein Regionalfernsehenthusiast ganz nackt, so ohne einen Informationswert, wie auch die neueste Stellungnah- Kamera und Mikrofon, ins pralle Leben, da wird hinter 39 seinem Rücken allüberall getuschelt: "der is' von OS- Motiviertesten nun für OSKAR-TV und seine weitere KAR-TV". Werden in der Sendung Freikarten für eine Blüte auszuwählen. Diskothek versprochen, klingelt das Telefon gleich nach Wer Brandenburg live erleben will, sollte einsteigen, denn der Bekanntgabe der Telefonnummer. wo bekommt man schon die Gelegenheit, wie Juliane Nähe stellt sich auch ein, wenn man, wie Juliane Kerber, kürzlich, höchsttheoretische Dinge im Medienalltag zur eine der Mitbegründer, bei einer alten Dame vorbeischaut, Medienwirklichkeit hochstilisiert, kurz und knapp, die zu interviewen sie sich anschickte, und eine Vorstel- hautnah serviert zu bekommen: Julianes Weg führte von lung gar nicht mehr vonnöten war, die Dame hatte sie einer Pressekonferenz über die Sicherheit auf Branden- schon erkannt. burgs Straßen zurück ins "Sendezentrum" Fürstenwalde. Eine Kleinstadt hat ihre neuen, zeitweili- gen Mitbewohner mit der selbstgewählten Funktion "wir berich- ten darüber" ange- nommen. Nun muß zu der sozialen Einbet- tung auch noch die finanzielle in der Region gelingen. Werbung bleibt die einzige Einnahme- quelle, bei viel- fältigsten Ausgaben, selbst ohne Personal- kosten. Doch wo Werbung so stark den Charakter von purer Information über günstige Kauf- gelegenheiten in einer bekannten überschau- baren Gegend besitzt, da sollten die nächsten Wochen Fortschritte zeigen. Nach dem guten Anfang und diversen Berichten in Berliner Zeitungen Noch eben hatte sie in Frankfurt/Oder von den gefährlich- stehen nun die Praktikanten, alles Studenten mit der sten Straßen Deutschlands gehört und die exorbitante Zahl Bereitschaft, schon wegen der Möglichkeiten, ohne der Unfalltoten in Brandenburg vernommen, da steckte sie jeglichen finanziellen Ausgleich zu arbeiten, Schlange. im Stau, und als sie das Fenster herunterkurbelte, um sich Für Dr. Rainer Lotz, dem geistigen Vater vom Ganzen und nach draußen zu lehnen, fuhr auch schon ein Leichenwa- von Berufs wegen eigentlich Kameramann, eine bisher gen zum Unfallort am Anfang des Staus vorüber... ungekannt schwierige und dennoch schöne Aufgabe, die Ulli

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Verkehrsmittel eit statt Angst Wie Private Wachschutzfirmen an öffentliche »hrsmittel Sicherheit verkaufen

Die Angst fährt mit auf Berlins S- und U-Bahnen. Kam es 1992/93 zu vielen von Rechtsradikalen verursachten Zwischenfällen, so ist es heute die allgemeine Gewalt- bereitschaft, die immer wieder für Negativschlagzeilen sorgt. Selbst der Chef der BVG, Rüdiger vorm Walde, gibt zu: "Probleme gibt's in der U-Bahn. Nach 20 Uhr be- schleicht dort viele Fahrgäste ein ungutes Gefühl." Als Allheilmittel wird von vielen Fahrgästen, aber auch von verantwortlichen Politikern, noch mehr Sicherheits- personal gefordert. Die Polizei in Berlin hatte und hat mit dem Räumen besetzter Häuser oder dem Bewachen von Tiergarten- tunneln alle Knüppel voll zu tun, so daß BVG und S-Bahn seit 1990 private Wachschutzfirmen für die Sicherung ihrer Linien einsetzen. Zu den größten Anbietern auf dem Markt für private Sicherheit in Berlin gehören BOSS und IHS (Industrie- und Handelsschutz). Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer kleinerer Firmen. Seit April 1994 hat die S-Bahn die Zahl der Sicherheits- kräfte von 250 auf 750 verdreifacht, davon ca. 200 Leute von BOSS. Ebenso rüstete die BVG auf. 217 IHS- Männer und -frauen mit ca. 80 Hunden sind im Dienste der subjektiven Sicherheit unterwegs, hinzu kommen 75 Mitarbeiter des BVG-Ordnungsdienstes, 500 Fahrgast- betreuer, 1000 Zugabfertiger und ca. 75 Polizisten. Man verfüge - wie die UNO - sogar über eine "Mobile Ein- greiftruppe", sagt vorm Walde. Die Sicherheit auf Berlins S-Bahnstrecken habe durch diese Maßnahmen stark zugenommen, versichert deren Pressesprecher und fügt natürlich gleich ein paar Statistiken hinzu: So sei die Gesamtzahl der auf der S- Bahn verübten Straftaten vom 1. Quartal 1994 mit 282 auf 131 im 1. Quartal 1995 zurückgegangen, die Fälle von Körperverletzungen seien im selben Zeitraum von 28 s|if 20 gesunken. Ähnlich prahlt die BVG. Im schönsten Statistikgebabbel heißt es dort, daß die durchschnittliche Rate von Zwi- schenfällen mit Körperverletzungen pro 1 Mio. Beför- derter von 1,8 im Jahre 1991 auf nur noch 0,6 für 1994 gesunken ist. Und doch bietet sich ein Bild, das weit vom demonstrativ nach außen getragenen Optimismus entfernt ist. Gerade die privaten Sicherheitsunternehmen haben in der Öffent- lichkeit nicht immer einen positiven Ruf. Zu oft geraten sie durch das rabiate Auftreten von Kollegen, die Uniform mit Macht gleichsetzen, in negative Schlagzeilen. 41

Uniform ist Macht

"Det is doch keen Wartesaal hier." Die beiden Männer in den BOSS-Unifor- men scheuchen die offensichtlich desorientierte Reisegruppe wieder auf die Füße. Gerade eben erst hatten die etwa 20 jungen Leute eine Pause machen wollen und sich in der Ein- gangshalle des Bahnhofs Friedrich- straße, wo Sitzgelegenheiten schlicht- weg unauffindbar sind, niedergelassen. Dieses Pöbeln ist kein Einzelfall. Ein Teil der Beschützten fühlt sich im Beisein der Beschützer eher unsicher. So meinte in einer von der BVG kürzlich in Auftrag gegebenen Befra- gung immerhin jeder fünfte Fahrgast, die Wachleute könnten freundlicher auftreten. In einer anderen Umfrage gab ein Drittel der Befragten an, mit den Sicherheitsbedingungen auf den "Öffentlichen" unzufrieden zu sein. Und in dem Spagat zwischen Freund- lichkeit und notwendiger Machtpräsenz die Wachleute. "Stecke einen Mann in eine Uniform, und er dreht durch!" besagt ein gängiges Wort, worin wie so oft ein Stückchen Wahrheit liegt. Nun ließe sich das psychologisch sicher nicht nur mit den schicken Uniformen erklären, denn das Personal von BOSS, IHS usw. ist durchaus auch mit realeren Machtbefugnissen ausgestattet. Deren Angestellte haben im Dienst auf dem Gelände und den Einrichtungen der BVG bzw. S-Bahn Hausrecht, d.h. sie können beispielsweise Fahrgäste vom Bahnhof verweisen oder von der Weiterfahrt ausschließen. Dazu gehört auch das Recht, die Fahrscheine zu kontrollieren u.a. Neben diesem wirkt die Machtbasis der oft mitgeführten Diensthunde sicher beflügelnd auf so manch beschränktes Wachmann-Ego. Polizeiliche Befugnisse allerdings haben GSG-9-Psychologie sie nicht, lediglich "wie jeder Bürger das Recht auf vorläufige Festnahme und Notwehr." Die Ansprüche der BVG, zumindest an die Qualifizierung Nun gibt es auch Wachschutzfrauen, ob sie allerdings ihres eigenen Sicherheitspersonals, sind nicht besonders wirklich sanfter sind, war nicht herauszufinden, es wird hoch. Spezielle psychologische Fähigkeiten werden nicht ihnen jedenfalls nachgesagt. Aber auch bei den Männern erwartet. Es gäbe jedoch einen vierwöchigen Grundkurs gibt es etwas Hoffnung, denn durch eine gewisse psycho- über BVG-Tarife. Außerdem führe ein im Fall der Fälle hinzugezogener Psychologe Kurse und Rollenspiele zum logische Befähigung läßt sich die in den meisten von uns Problem "Umgang mit Aggressionen und deren Abbau" Männern schlummernde Lust, Macht auszukosten, in durch. Bei dem Personal der IHS und der anderen privaten Grenzen halten. Wie sieht es nun mit dieser Qualifizierung Wachschutzbetriebe verlasse man sich im übrigen auf die bei dem Sicherheitspersonal von BVG und S-Bahn, von Versicherung der Firmen, daß es sich um qualifiziertes BOSS und IHS aus? Personal handele. — 42 —

In den betroffenen Unternehmen ist man offenbar der heit zu machen. Man wolle damit möglichen Racheakten Ansicht, daß diese Fakten niemanden etwas angehen, schon von sich ungerecht behandelt fühlenden Fahrgästen zuvor gar nicht die Presse. Zu groß ist das Mißtrauen gegen kommen. Vielleicht auch möglichen Beschwerden? Medienvertreter, die so oft die Privatschutzleute als Indirekt wird mir bestätigt, daß es Beschwerden gibt, "die Buhmänner hinstellen würden. Bei der IHS gibt man sehr ernst genommen werden und regelmäßige Auswer- unumwunden zu, keine Auskünfte erteilen zu wollen, da es tung finden." sich um Firmenintema handele. Neben ein paar statistischen Der normale Dienstalltag der BOSS-Leute besteht aus Allgemeinplätzen und doch sehr fragwürdigen Behauptun- Acht- bzw. Zwölf-Stunden-Schichten. In der Regel wird gen ("Es gibt keine Beschwerden über das Auftreten eine Streife pro Zug auf den verschiedenen Linien einge- unserer Angestellten!") ist nichts zu erfahren, außer der setzt, die die einzelnen Waggons abläuft. So etwas wie schwer überprüfbaren Versicherung, es handele sich um einen Schichtführer oder Streifenchef gäbe es eigentlich qualifiziertes Personal mit einschlägigen Erfahrungen. Soll nicht, man sei ein gleichberechtigtes Team. das vielleicht ein versteckter Hinweis auf die immer wieder Meine beiden Begleiter arbeiten noch nicht lange bei der kolportierten Gerüchte sein, daß zum Großteil ehemalige Firma. Der eine, nennen'wir ihn Michael, ist seit einem Angehörige der "Bewaffneten Organe" der DDR statt fürs Jahr dabei, der andere, Falko, seit knapp drei Jahren. Dies Vaterland nun für Cash Sicherheit verkaufen? Was ja erst ist auch so beabsichtigt: der Erfahrene geht mit dem mal nicht schlecht sein muß, schließlich gab es da ja weniger Erfahrenen auf Streife und gibt so einiges weiter. wirklich einschlägige Erfahrungen. Und natürlich ist Falko dann auch derjenige, der mir Auch die Dame in der Telefonzentrale von BOSS scheint Auskunft gibt, schließlich habe er schon öfter mit Presse- zunächst auf Medienvertreter allergisch zu reagieren. Erst vertretern sprechen müssen. Mich beschleicht ein Gefühl, nach einem längeren Wortgefecht über das Informations- daß ich hier wohl auch so manches nicht erfahren werde. recht der Öffentlichkeit bekomme ich einen kompetenten Nicht umsonst wurde er wohl von seinem Chef ausge- Gesprächspartner an die Strippe: den Sicherheitsmanager wählt, den offensichtlichen Erzfeind zu betreuen. von BOSS persönlich, Herrn Flaggmeier. Wie reagieren die Fahrgäste auf die Anwesenheit der Er ist zugänglicher, als ich nach der Qualifikation seiner Wachschutzleute? Der Teil der Fahrgäste, der die Anwe- immerhin in der Öffentlichkeit präsenten und teilweise mit senheit der Streife befürworte, sei der weitaus größere, Gewalt konfrontierten Leute frage. Ein Großteil der Aus- wird mir versichert. Aber natürlich gibt es auch Skepsis. und Weiterbildung des Personals bestehe in der psycholo- Falko meint dann auch: "Ich greife ja unter Umständen in gischen Qualifizierung. Dazu greife man u.a. auf den die Rechte des Fahrgastes ein. Da sind ablehnende Sachverstand eines ehemaligen Psychologen der durchaus Reaktionen normal." Ablehnende Reaktionen sind eine berühmt-berüchtigten Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9) verniedlichende Umschreibung - zumindest, wenn ich zurück. Es werden Rollenspiele ersonnen und ein 120 höre, womit sich so mancher Fahrgast seiner Aggressionen Seiten starkes psychologisches Schulungsmaterial wird entledigt. Bei Fahrscheinkontrollen wurden teilweise die regelmäßig genutzt. Außerdem unterrichten Mitarbeiter Kontrolleure von wütenden Schwarzfahrern verprügelt. des Institutes für Konfliktforschung in München die Und das trotz der Vorkenntnisse und regelmäßigen Wachschützerinnen in der Kunst der Deeskalation und Ausbildung in Selbstverteidigung für das Wachpersonal. Konfliktvermeidung. Ebenso soll in Weiterbildungen der Natürlich ist das frustrierend, aber mit der Zeit sei man Mut zum Einschreiten gestählt werden. abgehärtet - irgendwie ist das ja auch nur ein Job. Viel- Zur Ausbildung gehört auch eine regelmäßige Einweisung leicht liegt es daran, daß die meisten Wachschutzleute in Rechtsfragen, denn immerhin müssen die Wach- diesen versteinerten Blick zur Schau stellen, wenn sie schutzleute u.U. in Persönlichkeitsrechte von Fahrgästen durch die Wagen patrouillieren. eingreifen, manchmal gar Gewalt einsetzen - da muß der Rechtsrahmen bekannt sein. Hunde hinterlassen Häufchen Zum Ende des Gespräches unterbreitet mir Herr Flagg- meier ein interessantes Angebot: eine Tour mit seinen Von den Begleithunden ein freundliches Auftreten zu Mitarbeitern auf der S-Bahn zu machen. Ich nehme gerne verlangen ist ein besonders schwieriges Unterfangen, sind an, bietet sich doch so die Chance, mit den Prügelknaben sie doch gerade zur Einschüchterung ausgebildet und vom am unteren Ende der Leiter zu reden. Erscheinungsbild her ausgewählt worden. Insbesondere die riesenhaften Rottweiler vermitteln nicht unbedingt Namen sind top-secret Kuschelinstinkte. Daran ändern auch die Maulkörbe nichts! Ich verabrede mich mit einer Streife. Wir starten auf dem Bei BOSS, wo seit einiger Zeit "größeres Gewicht auf den S-Bahnhof Ostkreuz, fahren mit der S8 bis nach Bernau. Service", also Fahrgastbetreuung, gelegt wird, tauchen Als ich sie nach ihren Namen frage, bekomme ich die immer seltener Hunde bei den Streifen auf. Nur bei Antwort, sie dürften sie mir schon "verraten", wollten das besonders gefährdeten Linien und nachts werden sie noch aber nicht. Auch sie hätten schon zu viele schlechte häufiger mitgeführt. Es handelt sich dabei um speziell Erfahrungen mit Journalisten gemacht. Ein Diktiergerät abgerichtete Diensthunde, zu deren Ausbildung es auch darf ich auch nicht mitlaufen lassen. Der Persönlichkeits- gehört, einen Angreifer abzuwehren. Das Training umfaßt schutz des Personals wird offensichtlich sehr ernst u.a., daß die Tiere auf Arm oder Bein des Angreifers genommen. Bis 1991 war es üblich, an den Uniformen losgehen, "und nicht auf die Kehle", versichern mir die Namensschilder zu tragen. Inzwischen ist man dazu Wachschutzleute. Natürlich sind die Einsatzgrundlagen übergegangen, die Namen zu einer top-secret-Angelegen- genau definiert, denn die Hunde stellen eine potentiell 43 —

O_ io" et gefährliche Waffe dar. Jeder Mensch, auch der Wach- Begleiter. Erstaunlich offen geben sie es zu, sie sind eben schutzbeauftrage, hat innerhalb der deutschen Rechtslage auch nur Menschen. "Natürlich haben wir manchmal ein Recht auf Notwehr. Die exponierte Stellung der Angst, bei Kleinigkeiten überlegen wir schon, ob es Streifen rechtfertige die Mitnahme der Hunde, allerdings verhältnismäßig wäre, jetzt zu reagieren. Auch Fahr- muß auch hier die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt scheinkontrollen werden in der Regel nur bei begründetem bleiben, d.h. der Hund wird nur in Aktion treten, wenn Verdacht durchgeführt. Aber wenn die Gesundheit eines beispielsweise der Hundeführer mit einer Waffe bedroht Fahrgastes bedroht ist, würden wir immer eingreifen, auch wird. wenn wir dabei selbst in Gefahr kämen." Edle Worte, nur Falko erzählt, daß die Hunde darauf abgerichtet sind, bei ist gerade ein Hauptvorwurf von Gewaltopfern an die Unterschreitung eines bestimmten "Sicherheitsabstandes" Wachschutzleute, daß diese oft nicht eingreifen oder gar zum Hundeführer anzuschlagen. Und das kann sehr Waggons mit offensichtlichen Randalierern meiden bedrohlich wirken, trotz Maulkorb. Besonders, wenn der würden. Hund aufspringt und aggressiv zu bellen beginnt und viel Vielleicht läßt sich so manche Reaktion der Wachmänner zu oft der Eindruck entsteht, der Hundeführer hat Proble- und -frauen mit simpler Angst erklären. Und ob sie nun me, das Tier im Zaum zu halten. das Non-plus-Ultra der Sicherheit auf den "Öffentlichen" S-Bahn und BVG, flankiert von den betroffenen Firmen, sind, bleibt zweifelhaft, denn mehr Uniformen brachten wiegeln unisono ab und behaupten, es gäbe keine Proble- bisher noch nie mehr Sicherheit, oft aber das Gegenteil. me mit den Hunden. Das Signal von BOSS, zukünftig Inwieweit allerdings die geplanten helleren Lampen auf weniger Hunde einzusetzen, spricht da eine andere den Bahnhöfen und die mit großem Aufwand von der Sprache. BVG gestartete Plakatkampagne ä la "Mehr Schutzengel Bei der vor allem auf den U-Bahn-Linien präsenten IHS gibt's nur im Himmel." brauchbare Alternativen sein setzt man noch immer mehr auf die abschreckende können, darf bezweifelt werden. Wirkung der immerhin 80 Tiere. Dort sieht man die Und so wird die Angst weiterhin mitfahren auf Berlins S- Probleme lange nicht so kraß wie bei BOSS. Die Presse- und U-Bahnen. Vor allem nachts, wenn andere Fahrgäste sprecherin von IHS räumt lediglich einige Beschwerden fehlen. Es sei denn, es ließen sich auch nach 20 Uhr mehr ein, die mit den Hinterlassenschaften der Hunde zu tun Passagiere locken, mit attraktiven Tarifen beispielsweise. haben. Die Anwohner des zentralen Zwingers der IHS in Ein anderer, ehemaliger Staatsbetrieb, die „ Deutsche der Nähe der Jannowitzbrücke würden öfter mal in die Bahn", exerziert das seit einiger Zeit mit viel Erfolg vor - nicht gerade unbedeutenden Tretminen der entsprechend wie wäre es z:B. mit einem „Gute-Nacht-Ticket" für die großen Hunde treten und das "unschön" finden. BVG. Ob auch sie manchmal Angst haben, frage ich meine ojoff — 44 — Architektur Neuteutonia kommt unaufhaltsam Wem Berlins Mitte nicht gefällt, muß sich eine andere suchen

...oder er reißt sie ab - Blick auf die Ruinen des ehemaligen DDR-Außenministeriums des ehem. DDR-Außenministeriums

Die Studenten der Humboldt-Universität erleben es seit seine Bedeutung als Berlins erste Geschäfts-, Hotel- und Jahren aus der ersten Reihe mit: Berlins Mitte wird Verlagsadresse vor dem Krieg anknüpfen und mit der umgegraben, betoniert, steinern. Den wenigsten behagt, City-West zwischen Wittenbergplatz und Wilmersdorfer was dort gebaut wird, doch das wahre Problem liegt Straße gleichziehen, ja sie vielleicht gar überrunden. hinter den Fassaden... Die Regierung Kohl und der CDU-geführte Senat verstan- den die Wiederaneignung des alten Machtzentrums als Der Fall der Mauer führte zwischen Checkpoint Charlie symbolische Besiegelung des Endes der deutschen Teilung und S-Bahnhof Friedrichstraße, zwischen Brandenburger und versprachen sich Legitimation und „Identitätsstiftung" Tor und Spreeinsel schnell zu einem beispiellosen Bau- durch die Beschwörung der in diesem Sinne verwertbaren boom. Die „historische Mitte" Berlins, wie Unter den Teile wilhelminischer und Weimarer Tradition. Linden, die frühere Prachtstraße der Hohenzollern, und Diese Hoffnungen gingen bisher nur teilweise auf, ja die ab 1688 als barocke Stadterweiterung angelegte müssen in manchem unerfüllbar bleiben, wünschenswert Friedrichstadt oft fälschlicherweise genannt werden, waren sie für die Mehrheit der Berliner (und Deutschen) waren sofort im Mittelpunkt des Interesses deutscher und nie. Die euphorischen Wachstumsprognosen, die direkt internationaler Investoren und wurden nach dem „Haupt- nach der „Wende" ausgesprochen wurden, mußten stadtbeschluß" des Bundestages außerdem ohne große inzwischen bereits deutlich nach unten korrigiert werden. Diskussion zur repräsentativen Kulisse der neuen gesamt- Inzwischen stehen in Berlin mehrere hunderttausend deutschen Regierung bestimmt. Quadratmeter neu gebauter Büroflächen leer. Die in Für die „privaten Bauherren" - in der Regel gesichtslose Erwartung umzugs- und expansionswilliger Edelbouti- Investmentfonds und Abschreibungsgesellschaften - quen, Kaufhausketten und Firmenleitungen überdimensio- verband sich das insgesamt sicher milliardenschwere nierten Friedrichstadtpassagen werden bei ihrer Eröffnung Engagement mit der Hoffnung, das frühere Nobelpflaster durch ein geschicktes „Raummanagement" nicht vermiet- der Reichshauptstadt könne innerhalb weniger Jahre an bare Geschäftsräume schamhaft verstecken müssen. — 45 —

Zwar ziehen Sehenswürdigkeiten wie die Staatsoper, die „historischen Mitte", an „nationale Kranzabwurfstelle" Neue Wache und nicht dem einfach alles falsch zuletzt die „altehrwürdige" Humboldt-Universität Touristen ist. aus dem In- und Ausland in Scharen an. Für den Großteil Durch die Beschränkung der ortsansässigen Bevölkerung bietet die Aneinander- auf die ästhetische Dimen- reihung herrschaftlicher Architektur aber wenig Ansatz, sion der Stadt befördern sich „zu Hause", in einer Gemeinschaft aufgehoben oder sie eine Scheindebatte, die sonstwie wohl zu fühlen. Über alle gesellschaftlichen Kräfte bindet und von den "HuBart" Umwälzungen und die Entwicklung der Baustile hinweg viel grundlegenderen diente die „historische Mitte" immer als Kulisse und Veränderungen, die Berlin Vehikel der Darstellung von Macht. Sie veränderte sich von seit dem Mauerfall erfährt, Cafe - Kneipe der „aufgeklärt-absolutistischen" Macht des preußischen ablenkt. (Neben der Königshauses zur imperialistischen Großmacht des Kaiser- scheinbar selbstverständli- im Ostflügel reiches, war brüchig in der zwischen links und rechts chen Aneignung der Mitte allmählich zerriebenen Weimarer Republik, in deren durch internationales „gehobener Gesellschaft" man sich zum ersten mal auch Kapital sei hier nur an die ohne Titel unantastbar fühlen konnte, träumte einen autogerechte Zurichtung stählernen Traum, der Millionen das Leben kostete, brachte der Stadt durch den offen .Arbeitern und Bauern" ein paar ruhige Jahrzehnte, aber Tiergartentunnel und die betrog sie um die Freiheit. Heute ist wieder jeder seines geplanten Autobahnen eigenen Glückes Schmied, doch eines hat sich zwischen quer durch Ost-Berlin Hotel Adlon und den Palästen nie geändert: Was neu erinnert.) Montag bis entsteht, will mit Masse und Material repräsentieren, Durch das Nachbeten der beeindrucken, wenn nicht einschüchtern. Staunend, doch Formel von der „histori- deplaziert, da ohne Einladung und Eintrittsgeld, steht man schen Mitte" leisten sie nun vor den Manifestationen neuer Mächte. einer Geschichtslosigkeit Freitag (Der Autor möchte nicht mißverstanden werden: Ange- Vorschub, die nicht mehr sichts so einer Vergangenheit fühlt er sich im Heute gut wissen will, daß es vor der aufgehoben; wie die beste aller möglichen Welten kommt „Stadt der Herrschaft" auf 9 - f S Uhr es ihm dennoch nicht vor.) der Spreeinsel und der So wie die Dinge nun einmal liegen - und die Mächte großen Freifläche zwi- verteilt sind -, ist eine Entwicklung der Berliner Mitte zu schen Fluß und Alexan- Donnerstag einem Ort, dessen Gestaltung, Kleiderordnung und derplatz einst eine spät- Spielregeln von anderen als den Reichen und Mächtigen mittelalterliche Bürger- mitbestimmt werden könnten, außerhalb des Möglichen. stadt gab, deren Zerstö- 9-24 Uhr Die im Baugesetzbuch garantierten Partizipations- rung bereits mit dem Bau möglichkeiten des Bürgers - wie das Recht, bei der des Stadtschlosses be- Aufstellung von Bebauungsplänen gehört zu werden - gann, das seinen Unterta- greifen nicht, wo zwischen Senatsverwaltung und Investo- nen demonstrativ den ren Projekte abgesprochen und nach Investitionsvorrang- Rücken zukehrte. Also: gesetz genehmigt werden. Die dezentrale und damit Ihr - nur als Untertanen- bürgernahe Bezirksverwaltung schaut in die Röhre, wenn geist erklärlicher - die Behörde des Landes ihnen Genehmigungskompeten- Wunsch nach einer zen aus „gesamtstädtischem", bzw. „hauptstädischem" Restauration des früheren Interesse entzieht. Und überhaupt ist die demokratische preußischen Machtzen- Raus aus Gestaltung einer Stadt nicht mehr möglich, wenn sie trums soll Identität stiften aufgrund ihrer Schuldenlast in eine Situation gerät, in der und das „Zusammenwach- sie es sich nicht mehr leisten kann, einen potentiellen sen" der Stadt erleichtern. der Mensa Arbeitgeber und Zahler von Gewerbesteuern durch Doch auch die Erbauung unbequeme, weil der Gewinnmaximierung hinderliche, an einer derart riesigen Auflagen zu verprellen. Puppenstube wäre nur Vor diesem Hindergrund ist der vor einem Jahr von dem Blendwerk, das darüber - Reit» ins Kunsthistoriker Heinrich Klotz begonnene „Architektur- hinwegtäuscht, daß man streit", der die von Senatsbaudirektor Stimmann durchge- rund um diesen Ort nur setzten Gestaltungsprinzipien angriff („Rückkehr zum applaudieren und konsu- Klassizismus der Nazis"), und das wenig später von mieren darf (und studieren Vergnügen aufgescheuchten Bildungsbürgern gestartete „Bürgerbe- bald nur noch, wenn die gehren für die historische Mitte Berlins" zu sehen. Doch Kohle stimmt). während Klotz einen „Pluralismus der Bau- und Lebens- Geck Illlllt formen" forderte und statt der „Stadt der Mythen" eine der Menschenrechte, beziehen sich die fleißigen Unter- Siehe auch nächste Seite! schriftensammler genau auf jenen verlogenen Mythos der — 46 — Bürgerbegehren Und grüß mir nicht Unter den Linden Wo ist die historische Mitte Berlins?

Das waren noch Zeiten! Als das Brandenburger Tor noch der ob es eine solche erlebbare Mitte für das ganze Berliner Eingang zu Berlin war, und Max Liebermann seine Adresse Volk jemals Unter den Linden gegeben hat. Auffällig ist in mit „wenn Du reinkommst, gleich links" angeben konnte. diesem Zusammenhang, wie oft von Bürgerwill und Nach dem Aussehen der Stadt der Vorkriegszeit, dem Bürgersinn die Rede ist, wo doch der alte Kaiser in seiner sogenannten, Alt-Berlin" sehnt sich das „Bürgerbegehren für Prachtstraße am liebsten die Kaisertreuen, die Bildungs- die historische Mitte Berlins" - und ist bereit, wider den bürger sah! Es stimmt wohl, daß viele Touristen bei einem Bauboom in Mitte, um jede Unterschrift zu kämpfen. Besuch der Hauptstadt ihr altes Berlin wiederfinden Am 2. Mai diesen Jahres hatte sich die Historikerin und möchten,- sie können es nur nie so gesehen haben: Die Galeristin Annette Ahme via Fernsehen an alle gewandt, die Initiatoren des Begehrs sind in Kriegs- oder Nachkriegs- auch nicht länger die Verschandelung durch moderne Bauten jahren geboren, die Unterzeichner zum größten Teil mitansehen wollten. Derzeit bilden etwa 25 Personen den wesentlich jünger. engagierten, stimmensammelnden Kern der Organisation - Niemand, der den Blick Unter die Linden, einen Bummel zwei Dutzend Berliner mit mindestens ebensovielen ver- durch die Geschichte nicht liebte; aber welche Geschichte, schiedenen Idealen für ihre Stadt Mitte. Daß trotz unablässi- welche Bauepoche soll es sein? Das Bürgerbegehren will gem Einsatz noch nicht einmal ein Zehntel der Stimmen Berlin aus einem „kaiserlichen" Guß. Genau genommen zusammengekommen ist (bisher fünfzehn- von notwendigen sind die schönsten Bauten, wie die Oper und das Alte zweihundertfünfzigtausend!), mag am berühmten Desinteres- Museum, fritzische Idee und schinkelsche Ausführung- se der Berliner liegen, vielleicht aber auch an der unklaren wilhelminisch ist das Wenigste. Hat es diese Nostalgie Vorstellung davon, was passieren soll. „So nicht!" ist bisher wirklich anders als auf Postkarten gegeben? Wie in der die gemeinsam getragene Ansicht des Begehrs, verbunden Geschichte, so auch im Stadtbild - die Deutschen auf der mit dem Wunsch nach einem erlebbaren Zentrum. In Suche nach dem Kaiser? Einzelheiten liest sich der Antrag jedoch noch wie der Vorbild für die Rekonstruktion sollen Dresden und der Wunschzettel eines Kollektivs, die Forderungen reichen vom Frankfurter Römer sein und alles getan werden, um Berlins alten Straßenbelag für die Linden bis zum Wiederaufbau des Zerrissenheit durch (bauliche) Tradition zu glätten. Anhalter Bahnhofes. Die „Monotonie" der derzeitigen Neubauten wird abgelehnt, stattdessen nach „schöneren Gebäuden" verlangt. Die Beteiligten wissen selbst, daß es für Sensibilisierung ist die Bauherren schwer sein muß, solchen Ideen gerecht zu notwendig werden. In der Hauptsache gehe es aber darum, jetzt „das Das Engagement des BB ist beachtenswert, nicht zuletzt, Schlimmste" zu verhindern, z.B. die Neubauten am Pariser weil es die Öffentlichkeit für das Geschehen in Mitte Platz und der Spreeinsel. sensibilisiert. Auch konzentriert man sich auf den Abschnitt vom Brandenburger Tor bis zum Schloß, eine Strecke, für Postkartennostalgie die sich wohl die meisten Berliner eine Promeniermeile wünschen.Es ist wahr, die glatten Fassaden sind nicht jedes Manche Forderungen entsprechen sicher allgemeinem Hauptstädters Geschmack. Dennoch wird die Frage erlaubt Wunsch nach mehr Wohnanteilen und Grün. In anderen sein, ob Schinkel, in seiner Zeit moderner Architekt, 1995 Punkten herrscht unbegrenzte „Detailtreue": so, daß man anders gebaut hätte als 200 Jahre zuvor. Mut zur Moderne, statt quadratischen doch rechteckige Fenster verwenden oder|eine Hauptstadt darf Zeichen setzen. möge, wie es der alten Berliner Architektur entspricht. Genau genommen, bieten die vorhandenen Baulücken in Moderne Architektur wird nicht an sich abgelehnt, nur in Mitte genügend Raum, ein ganzes kleindeutsches Zentrum der bisher gebauten Form eines Kleihues oder Kolhoff. originalgetreu nachzubauen. Klein-Nürnberg auf dem Auch Baudirektor Stimmans Bemühen um eine Beschrän- Schloßplatz - damit wir bei Bratwürstel und Bier über kung auf Traufhöhe und Naturstein wird anerkannt, es sei Berlins Zukunft debattieren können? nur eben nicht genug. Berlin- eine Stadt, die niemals ist und immer wird. Wir Im Hintergrund des Bürgerbegehrs steht die Gesellschaft werden sehen. lotte "Historisches Berlin", die sich seit mehreren Jahren für die Wiederherstellung, Restaurierung und Erhaltung kulturhi- storisch wertvoller Gebäude einsetzt. Ihr Ideal ist der Bürgerbegehren für die historische Mitte Berlins - A. Ahme Vörkriegszustand der Stadt, die Schaffung einer am histori- Friedrichstädtische Galerie / Stresemannstr. 27 / schen Vorbild orientierten Stadtmitte. Wobei zu fragen ist, neben dem Hebbeltheater Treffen jeden Mo 19 Uhr 47 Musikkritik Was ist Sound The Canadiern Brass in Berlin

Was ist Sound? Sound ist, wovon jeder halbwegs Canadian Brass war für eine Visite engagiert, die gute ambitionierte Blechbläser nach dem Üben träumt, was Frau verspätete sich leider um eine Stunde, und man leider die wenigsten besitzen, womit fünf liebenswerte entschloß sich spontan zu einem kleinen Konzert für die Holzfällerbrüder jedoch seit nunmehr 25 Jahren einer Wartenden, unter jenen auch die Gattin eines kanadischen bunten Fangemeinde den Glauben an die Musik an sich Plattenkönigs... wiederzugeben vermochten. Die Berliner Pilger feierten Inzwischen ist C.B. ein solides Unternehmen, internatio- am 29.10. im Schauspielhaus Geburtstag, ein mitreißendes nal werden nicht nur die charakteristischen Arrangements Fest wurde es. Was mit Bachs großer kleiner Fuge in g- (für zwei Trompeten, Hörn, Posaune und Tuba), sondern Moll begann und in einer furiosen Carmen-Suite endete, darüber hinaus auch über 40 Alben sowie die handgear- war mehr als nur ein Konzert, es war Show, Rhythmus und beiteten, von den Fünf selbst entworfenen Instrumente Sound, einfach The Canadian Brass. Dabei sind es nicht vertrieben, die Canadian Brass Collection. Die Instrumen- ausschließlich Kanadier: Eines Tages hatte der Posaunist te allein machen den unverwechselbaren Sound jedoch Eugene Watts vom Orchesterleben in der hinteren Reihe nicht aus, es ist auch die Disziplin von Musikern, die seit die Nase voll und suchte sich mit dem gleichgesinnten 25 Jahren zusammenarbeiten, schlafwandlerisch aufeinan- Tubaspieler Charles Daellenbach drei weitere Virtuosen der eingestellt mit dem Gefühl, sich im Spiel aufeinander aus den großen amerikanischen Orchestern. Das erste und auf ihr Publikum verlassen zu können . Es sind die „hauptberufliche" Blechquintett ward geboren. Bevor sie mitreißende Euphorie und tiefe Innerlichkeit. Und die jedoch am 22. April 1980 in New Yorks legendärer 360° Drehung auf dem tiefen B. - Standing ovations! Carnegie Hall dem Erfolg das Herze brachen, wurde getingelt: Kneipen, Weihnachtsfeiern und ungeduldige Weitere Tournee-Daten: Schulkinder harrten ihres Entertainments, letztere gaben 15.1.'96 Bregenz den Anstoß, auch die ernste Klassik mit gehörigem Witz 16.1/96 Innsbruck zu garnieren. Ihnen deshalb Respektlosigkeit vorzuwerfen, 17.1/96 Friedrichshqven wäre ungerecht, dazu sind sie in Bachs Toccata und Fuge 18.1/96 Salzburg in d-Moll zu brilliant, in Gabrielis Canzona zu feinfühlig und Barbers Adagio for strings zu nachdenklich, es sind Wolf-Christian Ulrich im Gegenteil die Ungezwungenheit und das Gespür für den humorig-ironischen Unterton, mit dem sie auch abseits rasender Läufe und haarigster Triller dem gebann- ten Zuhörer Respekt abverlangen, Respekt vor der Musik >TauchsportcRjsrüstungen (mit ihrer charmanten Bescheidenheit aber auch für sich Schlafsäcke & Zelte, selbst). Eine schwarzlockige Carmen-Perücke und >Gore / Sympatex - Bekleidung obligatorischen Chucks zum Frack tragen das ihrige zur >Wanderscnuhe unverkrampften Session bei. Da ist es dann auch weniger >Rucksäcke Störung als vielmehr Notwendigkeit, die idiotischen >u.v.m. Grenzen zwischen U und E-Musik zu durchbrechen, leidenschaftlichen Blues neben feierlichem Händel zu zelebrieren und das ganze schließlich in einem „Oh when the Messiah hallelujahs in" jauchzend zu beenden: Das Konzept wirkt, das Publikum trampelt und tobt, das KoTizerthaus kocht. Die menschenverbindenden Qualitäten des Quintetts wurden früh erkannt und auch politisch genutzt, war IM. :(030) 851 51 60 Canadian Brass doch das erste westliche Ensemble, Fax. :(030) 851 16 21 welches nach Mao durch China touren durfte, die Deut- SchmajanstraB« 19/20 schen erlebten „mit ihnen" die 89er Novembertage und 12161 Berlin - Frieden 1990 spielten sie für frierende Hamburgerhungrige bei Mo.-Fr. 10.00bis 18.00 McDoof's Moskauer Debüt. Zum ersten Plattenvertrag Sa. 10.00 bis 14.00 verhalf übrigens - wenn auch unfreiwillig - Elisabeth II; — 48 — Filmkritik Ohne Gnade lustig! "Stadtgespräch" von Rainer Kaufmann*

Nehmen wir einmal an, wir hätten eine Radiomoderatorin Originelle Einfälle und amüsante Überraschungen machen mittleren Alters, welche zwar beruflich die allwissende aus der eigentlich absehbaren Geschichte doch ganz gutes Beziehungskistenberaterin darstellt, im Privatleben aber Unterhaltungskino, obwohl der Fernsehfilmcharackter gerade in dieser Frage absolut nichts gebacken kriegt. manchmal schon übel aufstößt. Die in diesem Genre zwar Dazu täten wir einen überaus charmanten, ja beinah schon ordentlich durchgeleierte Katja Riemann und der perfekten Zahnarzt, dem nach nichts anderem der Sinn von Kai Wiesinger grandios gespielte schwule Bruder sind steht, als unsere kleine Radiomoderatorin zu vernaschen. nur zwei Mitglieder eines bestechenden Darsteller- Da der Zahnarzt aber leider schon verheiratet ist, haben Ensembles, welches von Rainer Kaufmann hervorragend wir erst einmal die klassische Dreier-Problematik. So in Szene gesetzt wurde. Abgesehen von einem doch recht weit, so gut. Wenn wir jetzt aber Radiomoderatorin und einfallslosen Schluß fehlt eigentlich nichts, was Schmon- Ehefrau des Zahnarztes zu guten Freundinnen werden zetten ähnlichen Typus aus dem „Hause Hollywood" keine lassen, den schwulen Bruder der Radiomoderatorin Konkurrenz machen könnte. ebenfalls auf den Zahnarzt geil machen, dadurch den sasha festen Freund des schwulen Bruders der Radiomo- deratorin verärgern, und letztendlich alle via Radio darüber austauschen lassen, dann hätten wir so ziemlich genügend Stoff für solide 89 Minuten Komödie. Ja, ich *Zur Zeit im: ASTOR /Ku 'dämm 217, EUROPA-Studio / gestehe, dieser Film ist lustig, aber mehr auch nicht! im Europa-Center, ZOO PALAST, INTERNATIONAL/ Gesetzt den Fall,man stört sich irgendwann nicht mehr Karl-Marx-Allee 33, kant-kino /Kantstraße 54, TITANIA/ daran, daß es relativ unmöglich sein dürfte, bei einem Schloßstraße 4-5, PASSAGE/Karl-Marx-Straße 131, Hamburger Radiosender mehrmals beim ersten Anruf Colosseum/ Schönhauser Allee 123, CAPITOL/ durchzukommen, dann kann man sich das eine oder Thieleallee 36, SPUTNIK / Hasenheide 54, DELTA / andere Schmunzeln bestimmt nicht mehr verkneifen. Wolliner Straße Schaubild zum besseren Verständnis

Fester Freund Radiomoderatorin Freundin der (des Bruders des ladiomoderatorin Radiomoderators)

RADIO 49 —

UnAUFGEFORDERT- Die Studentenzei- tung der Berliner Humboldt Uni. Erstmals erschienen am 17. November 1989.

Herausgeber: Studentenparlament der HUB

Redaktion: 6. Ingo Bach (ojoff), Ulrich Miksch (ulli), Antje Meinhold (rebus) (leitende Redakteure) Die letzte Folge schloß: "Sofie, mein Kind, Franziska Ahles (franziska), Stefan Beetz (atze), Franzisca Busse (mit-c), Sylvia mein Allerliebstes, was ist Dir? Sprich, oh bitte, Domes (HeLe), Stephanie Gimmerthal sprich zu mir!" (oha), Klaus Kallenberg (-k), Juliane Kerber (jk), Gerhard Kienast (geck), Alexandra Kolle (alex), Georg Linde (li), Hannah Lund (lotte), Rüdiger Neick (roody), Jens Schley (jot), Martje Schulz (MaS), Ulrike Stangner Schwarz dräuten die Gewitterwolken am (ulr.), Julia Trotha (Schah von Bläh), Sylvia Firmament. Die ersten Regentropfen ließen das Wassermann(sw), Alexander (sasha) mohnrote Samtkleid Sophie-Charlottes in der Farbe des Blutes erscheinen. Vom Schein getrügt, durch die Verzweiflung wutentbrannt, scheuchte der Baron den erschrockenen Kontakt: Wagenknecht davon, Hilfe zu holen im nahen Humboldt-Universität zu Berlin / Unter den Linden 6/10 099 Berlin / Hauptgebäude Raum 3022 Dorfe. Tel.: 2093 2288 /fax: 2093 2770 Augenblicke später öffnete der düstere Himmel donnernd seine Schleusen und durchtränkte Die Redaktionssitzungen sind öffentlich: montags, 18.00 die Kleider des Kutschers bis auf die nackte Uhr HG 3022 Haut. Das Dorf erreichend, erblickte er, nur einige Schritt entfernt, die heimelige Dorf- Redaktionsschluß: schänke. „Nur auf einen winzigen Grog..." 1. November 1995 sprach die Versuchung zu ihm. Satz: Roody, Ingo & Atze Dem Vater indes dehnten sich die Minuten zu Stunden. Von der Ungeduld übermannt, zu Titel: atze lange tatenlos ausgeharrt, machte der Verzwei- Verantwortlich für Anzeigen: Jens Schley felte, den Wagenknecht verfluchend, sich selbst auf den Weg. Im dürftigen Schütze der zerbor- Druck: Contrast / Tempelhofer Damm 210 stenen Kutsche ließ der Baron seine Tochter in 12099 Berlin den Fängen der Ohnmacht zurück. gedruckt auf Recycling - Rapier Kaum warder Alte verschwunden, schälte sich mit einem Mal eine dunkle, bucklige Gestalt aus dem Schatten der Bäume und näherte sich Nachdruck, nach vorheriger Nachfrage möglich. Wir vorsichtig Sophie-Charlotte. Behutsam berühr- bitten aber um Quellenangabe und Belegexemplar te eine knöchrige Hand den zerbrechlichen Für alle Fakten besteht das Recht auf Gegendarstel- lung in angemessenen Umfang. Namentlich gegen- Leib. Das alte Kräuterweib aus den Tiefen des zeichnete Artikel geben nicht in jedem Fall die Waldes nahm sich der jungen Adligen an. Meinung der Redaktion wieder. Kürzel v/erden nur älex von Redaktionsmitgliedern verwendet. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen.

UNAUFGEFORDERT Nr. 7i erscheint am 6. Dezember 1995

Redaktionsschluß für die nächste Nummer: 21. November 1995 — 50 wohnwitz wohnsinnige wahnwitzsofas zum wohnfühlen

Wabenraten

1. wackelndes Hundeteil, auch weihnachtliches Strafsymbol; 2. zwei Zusammengehörige; 3 sprachliches Bild mit doppeltem Boden; 4. für sich gleichende Wörter Alternati- ve zum Gefressen- werden;

5.hin- ten von hinten; 6. Entwicklungs- fyra2»ai 1.190,- stufe zum Eingewöhnen; 7. nicht so weit (vom Rhein) entfernter Ruß; anglikanischer Hochwürden; 9. austeilender Blutschlauch; 10. blasenmachender Pilz zum Backen; 11. unglücklicherweise farbige Augenumrahmung, sonst sittsame Blume; 12. in jeder Bedeutung zum Bauen Brauchbares; 13. körnige Sitzgele- genheit; 14. ausländischer Vogel; 15. 1492 fehlbenannte Rothaut; 16. Mädchen eines Frühlingsmonats; 17. Klammer mit der Nationalität von 14.; 18. historische Landschaft in Südanatolien; 19. Zweidrittel Zimtrinde; 20. immer berechtigter vom französischen Nebenraum abgeleitete Re- sitzhöhe 38 cm gierungsbezeichnung; 21. durch die Farbe Gelb repräsentierte Eigenschaft des Mißgünstigen; 22. Vertausendfacher; 23. Probe aufs Exempel mit Spaltinstrument; 24. Feingefühl mit Konsonantenersatz für eine Sinnbestimmung; 25. Tonintervall einer kleinen Vorderladerpistole. auf zwei etagen: wohnsinnige sofas + Sitzelemente + Sitzgruppen + liegen + Kein Geld, keine Reise auf die Osterinseln und auch keine CD: „Hitpara- schlaf- Se blocksofas + in jedem maß de der Volksmusik", und doch: über 5000 Stoffe, auch vom meter + Im Falle, ein menschliches, (die UnAUF) studierendes Wesen löse dieses Rätsel bettwäsche + ha (erstens), sammle die unterlegten Lettern zu einem Lösungswort (gestiftet von geck, wohnwitz selbstverständliches: aus dem thematischen Umfeld von Krach) zusammen (zweitens), schreibe es mit lieferung berlin und umland ca. 10 tage + 2 jähre garantie + alle bezüge abnehmbar + jedes sofa in farbiger Tinte auf ein andersfarbiges Stück Papier (drittens), übereignete den so jedem maß und jedem stbff + keine ungünstigen entstandenen Verlosungsteilnahmeschein an die UnAUF-Redaktion, Abt. Rätsel- stoff-gruppen-preise forschung&Entwicklung, z. H. rebus (viertens), so besteht für dieses zu fünfterletzt die einmalige Chance, aus der redaktionellen Buchmesse-Rezensions-Bibliothek ein Exemplar des Bandes „Der Vorleser" von Professor Bernhard Schlink (siehe Beitrag in diesem Heft) zuerkannt zu bekommen. Bei mehr als einer richtigen Lösung entscheidet wohnwitz das Los. Massig Geist und Muße! (Trostpreise: UnAUFGEFORDERT-Gratisabos für Selbstabholer!) jeden donnerstag bis 20.30 geöffnet (Oktober - märz) 10629 berlin + rebus mommsenstraße 32 + nähe wilmers- dorfer + tel. 030-324 20 63 51 — Leserbriefe zu: Rettungsring Nr. 5: Alltags für den Aufenthalt in Moskau nicht genügend Über die Darstellung der Zentralen Universitätsverwaltung im Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Rettungsring Nr. 5 bin ich erstaunt, da die Forschungsabteilung Tatsache ist, daß die Autorin an der zweiten Beratung in Vor- als einizige Abteilung nur in der grafischen Darstellung in bereitung auf den Sprachkurs nicht teilgenommen hat, wo Erscheinung tritt. konkrete Hinweise gegeben und Einzelfragen beantwortet Angesichts der Tatsache, daß die beiden tragenden Säulen einr wurden. Universität Forschung und Lehre sind, halte ich die Information 6. Beleidigend und völlig unverständlich sind für einen Sprach- für Studierende, daß es eine Forschungsabteilung gibt, zumin- lehrer, der in der unterrichtsfreien Zeit aus Enthusiasmus mit dest für ebenso wertvoll wie die Informationen über die Existenz seinen Studenten nach Moskau fährt, die Feststellung über die einer Bauabteilung und einer Allgemeinen Abteilung. angeblich fehlenden Führungsqualitäten sowie die Behaup- Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, daß tung und baute sich unter den Studenten kontinuierlich eine derzeit 223 Studentische Hilfskräfte in der Drittmittelforschung Fangemeinde auf." beschäftigt sind, deren Gelder durch die Forschungsabteilung Wahr ist, daß alle Fragen von Teilnehmern des Kurses glei- verwaltet werden. chermaßen ernst genommen und nach Möglichkeit geklärt Dr. Brigitte Lehmann wurden. (Leiterin der Forschungsabteilung) 7. Durch die Feststellung, „Einige aus der Gruppe fuhren schon nach zwei Wochen nach Hause" wird der Eindruck erweckt, Wir sind auch erstaunt darüber, daß wir die Forschungs- als ob die Ursache dafür Unzufriedenheit mit dem Unterricht zeitschrift der HUB „humboldt-spektrum" nicht mehr bekom- war. men, obwohl wir ja scheinbar wichtiger Informationsträger der Wahr ist, daß einige Studenten sich von Anfang an für einen Universität sind. Daher Vorschlag für folgendes Tauschge- Kurzaufenthalt in Moskau eingetragen und auch dementspre- schäft: Wirkriegen das „humboldt-spektrum" wieder und die chend bezahlt hatten. Nur eine Studentin ist einige Tage vor Forschungsabteilung steht im nächsten Rettungsring neben den Abschluß des Kurses abgereist. anderen Verwaltungsabteilungen. Dr. Ernilia Berthold (ZE Sprachenzentrum der HUB) zu: Sprachkurs in Moskau in UnAUF 69 Gegendarstellung zu:„Eintritt ins Paradies - Kloranking " in UnAUF 68 Ohne mich bei den rein subjektiven Wertungen der Autorin und Callboys-Interviews in UnAuf66 und 68 des Artikels und Teilnehmerin am Sprachkurs in Moskau auf- Die Reaktionen auf diese drei Artikel, die schon in der letzten zuhalten verwahre ich mich gegen die leichtfertigen Formu- Nummer ausführlich dargestellt wurden, haben eine Fortsetzung lierungen, mit welchen ein erfolgreiches Projekt in Verruf ge- erfahren. So mußte die UnAUF in einem Live-Interview mit dem bracht wird. Dazu im einzelnen: Radiosender FRITZ klären, ob beispielsweise Kulturwissen- 1. Es wird festgestellt: „Frau Berthold ...glänzte in den Zeiten schaftler bessere Klomanieren hätten, als andere Humboldt-Stu- ihrer raren Anwesenheit im Institut..." denten und welche Klos am besten für's „Geschäft" seien. Das ist eine Unterstellung. Die mit der Begleitungder Gruppe Die von uns interviewten Callboys wurden weiter herumgereicht, verbundene Funktion heißt wissenschaftlicher Betreuer, nicht der ORB hat mittlerweile seinen Bericht gesndet und dabei dar- Mädchen für alles. Ich war bis zu meiner Abreise täglich im auf hingewiesen, daß „durch das Interview einer Studentenzei- Institut, um Fragen unterschiedlichster Art mit Vertretern der tung mit studentischen Callboys ein langjähriges Tabu aufgebro- Institutsleitung und der Administration, den Sprachdozenten chen" worden sei - so eitel sind wir ja nicht, aber den Namen sowie den Aufsichts- und Reinigungskräften zu klären. hätten 's schon mal erwähnen dürfen. Auch „ Schreinemakers Live " 2. Die Aussagen zu den Tests und den Auswahlgesprächen beim Kirchkanal SAT 1 zeigte sich sehr interessiert am Thema, entsprechen nicht den Tatsachen. aber nur, „wenn 'PRO sieben' nichts darüber bringt" - tja, die Die Gruppenbildung erfolgte wie in den vergangenen Kursen Quotenkonkzurrenz ist hart... nach den im Puschkin-Institut üblichen methodisch begrün- deten Kriterien. Abweichungen davon erfolgten nur auf aus- zu: Liebesbriefe in UnA UF Nr. 69 drücklichen Wunsch einzelner Studenten. Es ist unmöglich, in UnAUF nicht verliebt zu sein. Der Verlieb- 3. Die Kritik der Autorin an ungünstigen Anfangszeiten für te nimmt sich die seinen Leserbrief zierende redaktionelle die Fachseminare, der Art und Weise der Durchführung von Nachbemerkung zu Herzen. Er hört auf. Exkursionen und an verlorenenr Zeit im Institut stellt eine Mit bestem Gruß Helmut Schinkel Einzelmeinung dar. Lieber Schinkel, 4. Es wird unterstellt, daß es Visaprobleme gab, die durch den der letzte Satz ihres Briefes stürzte mich bis zu ihrem rettenden wissenschaftlichen Betreuer hätten geklärt werden können. Anruf in höchste Nöte. Was ist eine UnAUFGEFORDERT ohne Wahr ist, daß es den Wunsch einer Studentin gab, nach Been- Schinkel am Ende? Und ich Leserbriefredakteur wäre dann fast digung des Sprachkurses noch in einem Kindergarten zu ar- ohne Arbeit. Schreiben Sie der Schinkel-Verliebten UnAUF beiten. Die russische Konsularabteilung in Berlin konnte das weiter! erforderliche Visum wegen des Fehlens einer offiziellen Ein- Und ganz konspirativ: ladung nicht ausfertigen und das Puschkin-Institut kann nur Ihren Versen fehlt Nr. 6: Doch jeden Tag zur Essenszeit - bei Verlängerung des Studienaufenthaltes einen entsprechen- Volle Mensa, Nerven breit. den Antrag stellen. In diesem Fall konnte ich nicht helfen, Ihr Leserbriefredakteur trotzdem wurde auch dieses Problem positiv gelöst. P.S.: Der neue Layouter hat soeben Ihre Verse gesungen. Es klingt 5. Es wird der Eindruck erweckt, daß den kleinen Fragen des sehr schön! 52 Das Letzte „Frauen sollen nicht Fußball spielen - Frauen sollen kochen!"

Das Defizit, oder besser: die Fehlinitiativen im Angebot abzuholen, denn hinterher gehen sie feministisch und des Hochschulsports läßt alleinstehende Männer verzwei- vegetarisch Pizza essen. feln und die liierten alles unternehmen, um ihre Freundin- 3. Der Mann fühlt sich bedroht. nen vor den Emanzipationstrainingsdisziplinen zu bewah- Selbstverteidigung, Kegelschleudern und technisch- ren. Der Feind heißt Frauensport und schleicht sich taktische Übungen zur (Ball-)Kontrolle per Fuß - da fängt Bf langsam, aber sicher in die Studienpläne der Studentinnen. er an zu zittern, verliert die Kontrolle über die Fernseh- Die „frauenspezifischen Sport- und Bewegungsangebote" Fernbedienung und erleidet infolge des unerwarteten Zap- der Universität sollen die besonderen weiblichen Bedürf- Effektes mit extremem Bilderwechsel einen Nervenzusam- nisse berücksichtigen und darin sieht jeder Mann, der menbruch. noch etwas wertvolle Selbstkenntnis mit dieser Bezeich- 4. Der Mann ist ein schwacher, hilfloser, verletzter und nung verbindet, einen jetzt wird er auch noch Angriff auf die Anerken- als solcher erkannt. nung seiner Fähigkeiten, Die Ergebnisse des 8. Spieltages in der Fuß- Er wird depressiv, die Bedürfnisse der Frau begibt sich in als solcher eben als ball-Bundesliga der Frauen: psychotherapeutische Mann erkennen und Behandlung und im befriedigen zu können. Nordgruppe Grün-Weiß Brauweiler-Tennis Borussia Berlin 4:2 schlimmsten Fall endet Die überschriebene PSV Rostock -FC Rumein- Kaldenhausen 0:4 er als griesgrämiger unmutsreiche Aussage Eintracht Rheine - Sachsenroß Hannover 6:1 Angebotsplaner der eines Redakteurs Rot-Weiß Hillen - Eintracht Wolfsburg 1:1 Zentraleinrichtung während einer span- Turbine Potsdam - TSV Siegen entf. Hochschulsport, dessen nungsgeladenen Diskus- Es führt Grün-Weiß Brauweiler vor dem FC Rumeln- Kursvorschlag „Balan- sion in einer Phase, die Kaldenhausen. Zehnter und Letzter ist der PSV Rostock. ce in der Uni und nach Kaffeepause (also zuhause" (schnellst- einer Sekretärin) schrie, Sudgruppe mögliche Beförderung hat mehrere Aspekte SG Praunheim - FSV Frankfurt 0:0 TSV Crailsheim-TuS Niederkirchen 0:3 voller Tabletts von der und läßt verschiedene TuS Ahrbach - TuS Wörrstadt .'..0:1 Cafeteria zur Biblio- potentielle Aussagen VfR Saarbrücken - SC Klinge-Seckach 0:2 thek) regelmäßig wegen über ein betroffenes VfL Sindelfingen - SC Bad Neuenahr 2:0 fehlender Nachfrage männliches Wesen zu: In dieser Gruppe führt der FSV Frankfurt trotz des abgelehnt wird. Im 1. Der Mann fühlt sich Unentschiedens unangefochten die Tabelle an, gefolgt von der besten Fall kriegt er die unwichtig. SG Praunheim Kurve in der Beschäfti- Ob dieses Gefühl gungstherapie und gerechtfertigt ist, läßt bietet selbst einen Kurs sich nicht einfach bestreiten. Die Vorstellung, abends an: „Maskulin Kochen im Wintersemester: In der Not, in allein in der kalten Küche zu sitzen und sich den übrigge- der Mtat - wir machen was aus Wurst und Brot!". bliebenen Kanten Brot mit salzig-harter Wurst in den Mund zu schieben, während die bisher gewohnt-treusor- gende Frau sich beim Kraftsport die warmen Muskeln stretcht und nicht die Bohne ans Schnitzelbraten denkt, Das Hochschulsportprogramm ist erhältlich in der ZE geschweige denn es vermißt, provoziert die schmerzhafte Hochschulsport, Mittelstr. 49, Tel. 229 10 87; das Frau- Frage: Was ist er denn noch für sie? en-Sportangebot findet sich auf S. 24. 2. Der Mann fühlt sich ausgeschlossen. rebus Wo sie mit ihren Sportsfreundinnen Bälle wechselt, musikalisch fit bleibt oder elegante Flic-Flacs schlägt: er darf nicht einmal zusehen! Und er braucht sie auch nicht •