Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Friedrich-Naumann-Stiftung Jahresbericht 2015

Jahresbericht 2015 02 Vorwort 03

Jahresbericht 2015

das Jahr 2015 war für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ein Jahr der Verän- derungen. Wir haben uns in unserer politischen Bildungsarbeit auf die liberalen Kernthe- men Bildung, Soziale Marktwirtschaft und eine offene, freie Gesellschaft angesichts des digitalen Wandels fokussiert.

Unsere Kommunikationsstrategie ist neu aufgesetzt und soll mehr Bürgerinnen und Bür- ger für unsere Themen und Veranstaltungen interessieren. Mit neuem Anspruch an uns und auch mit einem neuen Design wollen wir begeistern und so für die Freiheit werben.

Das ist auch bitter nötig, denn die Freiheit ist in Deutschland, Europa und weltweit unter Druck. Wir können aus unserer Präsenz in mehr als 60 Ländern feststellen: Demokra- tie und Soziale Marktwirtschaft entwickeln sich weltweit zurück. Zugleich steigt der Ein- fluss von Religion auf politische Institutionen und Rechtsordnungen. Viele Regierungen schränken Freiheit und Bürgerrechte immer stärker ein, um ihre eigene Macht zu sichern. Selbst in relativ stabilen Demokratien sind Regierungen oft nicht in der Lage, politische und soziale Konflikte zu entschärfen.

Diese Entwicklungen schränken unsere Arbeit in der Welt zunehmend ein. Ebenso gerät das europäische Integrationsmodell durch die unkontrollierte Zuwanderung, die schwelen- de Schuldenkrise und autoritäre Regierungen in einigen EU-Ländern in Bedrängnis. Selbst in unserem Land werden zunehmend die Erfolgsfaktoren der letzten Jahrzehnte weniger geschätzt und beachtet: ein effektiver Rechtsstaat, die Soziale Marktwirtschaft und Investi- tionen in Bildung und Innovationen und nicht zuletzt die Freiheit als normativer Wert.

Die Stiftung für die Freiheit ist vor fast sechs Jahrzehnten gegründet worden, um solchen Herausforderungen zu begegnen. Wir machen uns fit, um für Sie auch in Zukunft die Stif- tung für die Freiheit zu sein.

Wurzeln. Werte. Der Jahresbericht 2015 vermittelt Ihnen einen Überblick, wo wir stehen und wo wir hinwol- len. Sie sind herzlich eingeladen, sich am Projekt der Freiheit zu beteiligen: Neue Wege. Hier in der Stiftung für die Freiheit!

Steffen Saebisch Hauptgeschäftsführer der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit 04 Inhalt 05

Jahresbericht 2015

06 Highlights 50 Digitale Gesellschaft

08 Zukunftswerkstatt: Innovationsmotor Stiftung 52 freiheit-digital.de: Die Kampagne für Freiheit in der digitalen Welt 10 Die neue Online-Heimat der Freiheit: freiheit.org 54 Datensammelwut versus Privatsphäre: Eine Herausforderung 12 Zhanna Nemzowa: Meinungsfreiheit in Russland für den Rechtsstaat 14 Raif Badawi Award: Pressefreiheit in Marokko 56 Big Brother nach der Revolution: Tunesien im Kampf 16 25 Jahre Einheit: Was wir jetzt brauchen um Datenschutz 58 #turnaroundcamp: Umkehr im Denken

18 Offene Gesellschaft 60 Internationale Politik

20 Nach den Paris-Attentaten: 62 Die USA im Wahlkampffieber: Moderne Strategien Drei Fragen an Dr. 64 Ende einer populistischen Irrfahrt: Neuanfang für Argentinien 24 Liberale Antworten: Thesen zur Flüchtlingssituation 66 Europas Zukunft im Comic: Animate Europe 26 Liberals should welcome migration: 68 Liberalismus in der Ukraine: Interview mit Stiftungspartner 60. Kongress der Liberal International Anatoli Grizenko

28 Bildung 70 Allgemeines

30 Kiron Open Higher Education: Bildung für Flüchtlinge 72 Mit starker Stimme für die Freiheit: Dr. Wolfgang Gerhardt im Interview 32 Bildung vernetzt: Stipendiaten in Aktion 73 Die Stiftung für die Freiheit im Wandel: Bericht des Kuratoriums 34 Seminar mit System: Ideenwerkstatt für Bildungsexperten zur Gremienarbeit 2015 aus dem Ausland 74 Zum Selbstverständnis politischer Stiftungen 36 Hilfe zur Selbsthilfe: Syrische Flüchtlinge im Libanon 75 Im politischen Dialog in über 60 Ländern der Erde und in Jordanien 76 Die liberale Bilanz

78 Die finanziellen Mittel der Stiftung 38 Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft 79 Quellennachweis der Gesamteinnahmen 80 Die Aufteilung der Mittel 40 Mehr Wachstum und Transparenz mit TTIP: Neues Zeitalter 81 Mitarbeiter für die EU-Handelspolitik 81 Begabtenförderung 42 Mindestlohn zur Unzeit: Integration von Flüchtlingen 82 Das Geschäftsjahr 2014 44 E-Commerce: Start-ups in die Startlöcher 84 Danksagung an Stifter, Spender und Sponsoren 46 Klebefleisch und Analogkäse: Lebensmittelsicherheit oder 84 Impressum Panikmache? 48 Vereinte Jungunternehmer: Israelis und Palästinenser gehen gegen Fundamentalisten vor 06 Highlights 07

Jahresbericht 2015

Für Demokratie und Meinungsfreiheit.

Damit Diktaturen und politische Dogmen in keinem Land der Erde eine Zukunft haben.

Zhanna Nemzowa Russische Journalistin und Moderatorin 08 Highlights 09

Jahresbericht 2015

Deutschland ist ein Land mit großen Potenzialen und vol- ler innovativer Ideen. Diese Potenziale für die Gesellschaft vermittelbar zu machen, ist unsere Aufgabe. Wir wollen mehr Menschen mit unserer Arbeit erreichen und gehen so neue Wege: innovativ, kommunikativ, neugierig und ehrgeizig.

Am 25. September 2015 haben wir damit angefangen – und eine Zukunftswerkstatt an unserem Sitz in Potsdam veranstaltet. Unsere Mitarbeiter trafen 350 politisch interes- sierte Gäste und Stakeholder aus dem gesamten Bundes- gebiet. Sie vernetzten sich und erarbeiteten in zahlreichen Workshops Thesen und Lösungen für die künftige Arbeit der Stiftung.

Namhafte Vertreter aus Politik, Journalismus und Wissen- schaft beteiligten sich: Sabine Leutheusser-Schnarrenber- ger, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Martin Zeil, Markus Löning, Jimmy Schulz, Dr. , Prof. Dr. Wilfried Bos (Schulentwicklungsforschung, TU Dortmund), Michael Efler (Bundesvorstandsmitglied Mehr Demokra- tie e.V.) und Annika Arras (Campaignerin der Estnischen Reformpartei), ebenso wie die Journalisten Günter Ederer, Ingo Hoppe, Boris Reitschuster und Ursula Weidenfeld.

„Die Zukunftswerkstatt war notwendig und wichtig“, so Steffen Saebisch, Hauptgeschäftsführer der Friedrich-Nau- Ò Wie fit ist Deutschland für die Zukunft? mann-Stiftung für die Freiheit, „sie brachte viele Impulse und Ideen hervor, welche wir in die Konzepte und Planun- Ò Wie wollen wir in einer offenen Gesellschaft leben? gen der Stiftung aufnehmen werden.“ Ò Wie wandeln sich politische Organisationen? Ò Welche Kommunikationsform ist die beste für mich und mein politisches Engagement? Zukunftswerkstatt: Innovationsmotor Stiftung

Die Zukunftswerkstatt bot vielfältige Angebote zum Informieren, Kontaktieren und Mitmachen. 10 Highlights 11

Jahresbericht 2015

Für ein verbessertes Online-Erlebnis können wir die auf Auf der Website freiheit.org gibt es natürlich auch die freiheit.org veröffentlichten Artikel crossmedial verbreiten: Möglichkeit, den Newsletter zu abonnieren und so Neuig- Die neue Online-Heimat Die Einbindung von Videos, Social-Media-Posts und Links keiten aus der Stiftung zu verfolgen. Wer nur über ein be- sowie der Möglichkeit, sich Hintergrundinformationen he- stimmtes Thema informiert werden möchte, für den sind runterzuladen, bietet unseren Nutzern nun einen erwei- die neu eingeführten personalisierten News-Alerts genau der Freiheit: freiheit.org terten Blick auf die Stiftungsthemen. Nicht nur inhaltlich, das Richtige. Ein großer Bereich für unsere Stipendiaten sondern auch technisch erlaubt die neue Stiftungsweb- sowie eine genaue Auflistung unserer Auslandbüros stellt site mehr als je zuvor: Alle Inhalte lassen sich auch perfekt sicher, dass auch diese wichtigen Arbeitsbereiche der Stif- von Pads und Smartphones abrufen. Die Nutzer können tung auf der neuen Website vertreten sind. Für den digitalen Auftritt unserer Stiftung hat eine neue Stiftung für die Freiheit, doch stehen jetzt noch mehr als ein Profil anlegen, das die Anmeldung zu Veranstaltungen Zeitrechnung begonnen. Freiheit.org ging am 25. Septem- früher die politischen Fragen im Fokus. und das Bestellen von Publikationen erheblich erleichtert. ber 2015 in neuer Form online. Dafür ließen wir das ge- samte Layout überarbeiten, so dass es dem aktuellen Sta- Ob Bildung, offene Gesellschaft oder TTIP – auf diversen Die unmittelbare Integration der eigenen Social-Media-Ka- te of the Art entspricht. Darüber hinaus richteten wir den neuen Themenseiten sind aktuelle Beiträge, anstehende näle ermöglicht es, interessante Inhalte mit der großen Auftritt inhaltlich neu aus. Die aktualisierte Website dient Veranstaltungen und neue Publikationen zum jeweiligen liberalen Familie direkt zu teilen. Zudem stärkt sie liberale weiterhin als digitale Visitenkarte der Friedrich-Naumann- Thema mit nur einem Klick zu finden. Positionen im immer relevanter werdenden Online-Diskurs.

Auf der Zukunftswerkstatt fiel der Startschuss für die neue Website der Stiftung für die Freiheit.

freiheit.org Videoclip 12 Highlights 13

Jahresbericht 2015

Mitte 2015 musste Zhanna Nemzowa Russland verlassen, nachdem sie sich massiv bedroht fühlte.

Zhanna Nemzowa ist die Tochter des russischen Oppositionsführers Boris Nemzow, der im Februar 2015 in Moskau ermordet wurde.

„Nein, Angst habe ich nicht, die Putin-Regierung zu kritisieren.“

Trotz der großen Wellen, die der spektakuläre Tod des Pu- Dr. Wolfgang Gerhardt bewunderte den großen Mut seines Zhanna Nemzowa: tin-Kritikers international schlug, sprach sie offen über die Gastes. Er versicherte, auch weiterhin auf die Menschen russische Innenpolitik, den Krieg in der Ukraine und das in Russland zu bauen, die sich dort für Demokratie, Rechts- staatlich gelenkte russische Fernsehen. „Der Kreml führt staatlichkeit und freie Marktwirtschaft einsetzen. Deshalb einen Informationskrieg gegen die russische Opposition.“ halte die Stiftung auch an ihren Prinzipien und ihrem En- Meinungsfreiheit in Russland Die russischen Medien seien in ihren Augen eine effektive gagement vor Ort fest. Das Interesse an der Veranstaltung Maschinerie der Massenpropaganda. Im anschließenden war so groß, dass kein Platz im Allianz Forum frei blieb. Gespräch mit Alexander Graf Lambsdorff sah Zhanna Nemzowa die internationale Gesellschaft in der Pflicht, die Verantwortlichen in Russland „zur Räson“ zu bringen. Am 27. Mai 2015, Berlin Mitte, auf der Dachterrasse vom Freiheit einzuladen. Es zeugte vom großen Mut der ange- Allianz Forum am Pariser Platz – für die Deutschen ein sehenen Wirtschaftsjournalistin, nur wenige Wochen nach Symbol für Freiheit. Der Ort, an dem die Stiftung jedes Jahr dem Attentat dieser Einladung nach Berlin zu folgen, auf im Frühling die Berliner Rede zur Freiheit veranstaltet. In die Bühne zu treten und auf der 9. Berliner Rede zur Frei- diesem Jahr verbindet sich mit der Einladung ein trauriger heit öffentlich zu berichten, was aus ihrer Sicht Freiheit in 9. Berliner Rede Anlass. Boris Nemzow, strategischer Kopf der liberalen Russland bedeutet. zur Freiheit Opposition in Russland, wurde am 27. Februar in Moskau Videoclip in unmittelbarer Nähe des Kreml auf offener Straße er- „Nein, Angst habe ich nicht, die Putin-Regierung zu kriti- schossen. Im Angedenken an Boris Nemzow hatte sich sieren“, sagte Zhanna Nemzowa gegenüber Journalisten unser Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Gerhardt ent- beim Pressegespräch am frühen Morgen. „Schließlich bin schieden, die Tochter von Boris Nemzow als Rednerin zur ich die Tochter von Boris Nemzow!“ 14 Highlights 15

Jahresbericht 2015

Ali Anouzla unterstrich in seiner Danksagung die Bedeu- in den demokratischsten und liberalsten Ländern unserer tung des Preises für seinen persönlichen Weg und ge- heutigen Welt. Sie ist, wie alle kostbaren Werte, zerbrech- Raif Badawi Award: dachte besonders Raif Badawis: „Mein erster Gedanke gilt lich und muss stets durch Bildung erhalten, durch Wissen dem Namensgeber Raif Badawi in seiner weit von uns geschützt und durch unseren Mut, sie jeden Tag voll und entfernten Zelle und seiner Familie, ganz besonders sei- ganz auszuleben, gewahrt werden. Dieser Preis würdigt Pressefreiheit in Marokko ner mutigen Frau. Gleichzeitig bin ich stolz auf diese Aus- die Pressefreiheit, Garant der Demokratie. Denn sie er- zeichnung, die der Freiheit gewidmet ist. Freiheit ist nie- möglicht uns, andere Freiheiten zu schützen und zu vertei- mals eine sichere Angelegenheit für die Ewigkeit, selbst digen, wenn diese verletzt oder angegriffen werden.“

„Beleidigung des Islam“ lautete die Anklage: Der liberale Blogger Raif Badawi gründete 2008 das Online-Forum „Der Preis bedeutet Raif und mir sehr „Die Saudischen Liberalen“, eine Website über Politik und Religion in Saudi-Arabien. Deshalb verurteilte ihn seine Re- viel. Wir wollen diejenigen unterstützen, gierung mehrmals und zuletzt im Mai 2014 zu zehn Jahren Haft und 1.000 Peitschenhieben sowie einer hohen Geld- die sich wie Raif mit ihrem Einsatz für strafe. Im Januar 2015 wurde er erstmals mit 50 Stock- hieben öffentlich ausgepeitscht, was ihn derart lebensbe- Freiheit in Gefahr gebracht haben.“ drohlich verletzte, dass eine weitere Bestrafung vorerst ausgesetzt werden musste.

Wenige Monate danach rief Badawis Ehefrau, Ensaf Hai- dar, gemeinsam mit der international media alliance e. V. den Raif Badawi Award for courageous journalists ins Le- ben. Er soll den mutigen Einsatz für Meinungsfreiheit von Journalisten in der arabischen Welt auszeichnen.

„Der Preis bedeutet Raif und mir sehr viel. Wir wollen die- jenigen unterstützen, die sich wie Raif mit ihrem Einsatz für Freiheit in Gefahr gebracht haben“, so Ensaf Haidar. Um Badawis Kampf für eine freiheitliche Gesellschaft zu unter- stützen, engagieren auch wir uns als Mitträger des Awards.

Die achtköpfige Jury würdigte den marokkanischen Jour- nalisten Ali Anouzla als ersten Preisträger. Sie wählte ihn wegen seiner unabhängigen Berichterstattung aus und vergab den Preis am 13. November 2015 auf dem Bun- desmedienball in Berlin.

Vorstandsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger würdigte den Preisträger in ihrem Grußwort: „Die unabhän- gige Jury hat mit Ali Anouzla einen – wie ich finde – ganz besonders würdigen Preisträger ausgewählt. Sein Mut und seine Unbeugsamkeit sind uns ein Ansporn und eine Verpflichtung zugleich – für unsere weltweite Arbeit, aber auch für unser Leben hier in Deutschland.“

Raif-Badawi-Award Themenseite

Ali Anouzla und Ensaf Haidar, Ehefrau von Raif Badawi, bei der Preisverleihung im November 2015 in Berlin 16 Highlights 17

Jahresbericht 2015

Die Begegnungsstätte „Deutsche Einheit“ in Halle/Saale Im 25. Jahr der Wiedervereinigung ließen wir Bürgerrechtler hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Wissen um die und vom DDR-Regime verfolgte Menschen auf Podien und 25 Jahre Einheit: deutsche Geschichte und den steinigen Weg der Freiheit in Gesprächen zu Wort kommen. Zudem klärten wir über ins Zentrum ihrer Arbeit zu rücken. Das erreicht sie mit die Methoden des DDR-Regimes in Kooperation mit der Ge- Veranstaltungen wie Lesungen, Diskussionen und per- denkstätte „Roter Ochse“, einem ehemaligen Gefängnis der Was wir jetzt brauchen sönlichen Erfahrungsberichten zu veranschaulichen. Staatssicherheit, auf.

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich- Naumann-Stiftung für die Freiheit, Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, veröffentlichte im Debattenmagazin liberal, was Deutschland jetzt brauche, um noch immer bestehende Ungleichgewichte zwischen den alten und neuen Bundes- „Der Osten braucht – mehr noch als ländern auszugleichen. Seine drei Thesen lauten:

der Westen – risikobereite Start-up- 1 Gründerszene stärken! „Der Osten braucht – mehr noch als der Westen – risiko- Unternehmer.“ bereite Start-up-Unternehmer. Sie sind Träger jener Kultur der Innovation, die allein verspricht, den verbleibenden Rückstand zum Westen zu beseitigen. Vor allem gilt es, Bürokratie abzubauen und dem Mittelstand das Leben zu erleichtern. Dazu braucht es keine großen Förderprogram- me, wohl aber einen wachsenden Markt für Risikokapital, auch – wo nötig – mit angemessener Anschubfinanzie- rung durch den Staat.“

2 Bildung und Forschung stärken! „Der Osten braucht – mehr noch als der Westen – eine Fortsetzung der erfolgreichen Entwicklung seiner Univer- sitäten und Fachhochschulen. Sie sind es, um die jene At- mosphäre der Innovation entstehen kann, die Talente erst schafft und von außen anzieht. Trotz knapper Kassen müs- sen diese Zentren der Exzellenz wettbewerbsfähig bleiben. Dafür müssen die ostdeutschen Länder selbst, aber auch der Bund sorgen – egal, was derzeit noch überkommene Regeln des Föderalismus festschreiben.“

3 Wachstumszentren stärken! „Der Osten braucht – mehr noch als der Westen – dynami- sche Ballungszentren. Diese werden immer mehr zu den Wachstumspolen der Innovation, nicht zuletzt infolge der demografischen Veränderung unserer Gesellschaft. Dies gilt für die Metropole Berlin mit ihrer enormen Ausstrah- lungskraft. Es gilt aber auch für die Universitäts- und Indus- triestädte Dresden, Erfurt, Halle, Leipzig, Magdeburg und Rostock und ihr Umfeld. Sie alle gilt es, zu stärken und at- traktiv zu machen.“

Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué Artikel

Im Oktober fanden in Berlin die Deutschen Gründer- und Unternehmertage mit mehr als 6.000 Teilnehmern statt. 18 Offene Gesellschaft 19

Jahresbericht 2015

Für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Sie sind das Fundament für die demokratische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung jedes Landes.

Helen Zille Premierministerin der Provinz Westkap in Südafrika und Trägerin des Freiheitspreises 2014 © Bea Uhart/flickr 20 Offene Gesellschaft 21

Jahresbericht 2015

Dr. Wolfgang Gerhardt Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Nach den Paris-Attentaten: „Es ist ein Angriff auf die Kultur der Freiheit und des friedlichen Drei Fragen an Zusammenlebens.“ Dr. Wolfgang Gerhardt

Die Menschen stehen unter Schock nach den Anschlägen Die Attentate gehen über das bisher Gewohnte hinaus. Von einer weltweiten, aktiven Allianz gegen den Terror sind von Paris am 19. November 2015. Sind die Angriffe nur Lassen sich Attentate wie diese mit den Mitteln der Politik wir aber weit entfernt. Gibt es dafür überhaupt Perspektiven? eine Reaktion auf das französische Militärengagement in überhaupt verhindern? Oder müssen wir vielleicht lernen, Am Beispiel Syriens sehen wir: Jedermann will den Terror Syrien oder Angriffe auf den Westen insgesamt und seine mit solchen Ereignissen zu leben? bekämpfen, aber jeweils die Konfliktpartei, die er für die liberale Lebensart? Das will ich nicht hoffen. Solche Anschläge sind in freiheit- eigentlichen Terroristen hält. Das sieht man daran, wie Die Anschläge mögen mit dem militärischen Engagement lichen Gesellschaften kaum zu verhindern, wenn die Täter Russland dort interveniert. Wir müssen uns wieder auf die Frankreichs zu tun haben – doch zielt dieser Anschlag, dabei entschlossen vorgehen. Denn es kann bei uns nicht Basis der Werte besinnen, die alle in der Charta der Ver- wie andere zuvor, auf den sozialen Zusammenhalt freiheit- an jeder Tür ein Polizist stehen. Wir könnten uns jedoch einten Nationen unterzeichnet haben. Jede Staatsführung licher Gesellschaften. Es ist ein Angriff auf die Kultur der stärker unsere eigenen Werte bewusst machen. Das ist in muss man fragen, ob sie diese Charta noch trägt. Es darf Freiheit und des friedlichen Zusammenlebens. den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt worden. hier keine billigen Ausreden geben. Auch wenn wir als Eu- Der Historiker Heinrich August Winkler hat dem Westen ropäer mit autoritären Staaten Beziehungen pflegen müs- vorgeworfen, seine Werte in letzter Zeit zu viel dementiert sen, sollen diese immer wissen, mit wem sie es zu tun Herausgefordert: zu haben. Das ist auch mein Eindruck. Es geht darum, sich haben. Es ist unverzichtbar, sich gegenseitig zu erinnern, Freiheit und Demokratie gegenüber jedermann entschlossen argumentativ vertei- wie wir eigentlich auf unserem Planeten leben wollen. Von in Europa digen zu können. Das erfordert Mut im Alltag statt igno- Albert Einstein stammt der Satz, dass die Welt nicht nur Dossier ranter Toleranz. Alles zu verstehen bedeutet nicht, alles zu von jenen bedroht wird, die das Böse wollen, sondern auch billigen. Beileidsbekundungen kamen nach den Anschlä- von denen, die das Böse zulassen. gen aus aller Welt. 22 Offene Gesellschaft 23

Jahresbericht 2015

„Es geht darum, sich gegenüber jedermann entschlossen argumentativ verteidigen zu können. Das erfordert Mut im Alltag statt ignoranter Toleranz.“

Dr. Wolfgang Gerhardt Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit 24 Offene Gesellschaft 25

Jahresbericht 2015

Einwanderung steuern Europa – stark und handlungsfähig Ein entscheidender Baustein, um ungesteuerte Zuwan- Die Europäische Union muss dringend Initiativen entwi- Liberale Antworten: Thesen derung zu vermindern, ist die Schaffung legaler Zugangs- ckeln, um einen Konfliktregelungsplan für Syrien zu ent- möglichkeiten – in begrenztem Maße und gesteuert nach wickeln. Alle Akteure im Konflikt sind einzubeziehen. „Fai- den legitimen Wünschen der Staaten. Ein Einwanderungs- led states“ an Europas Außengrenzen sind ein Risiko für zur Flüchtlingssituation gesetz, in vielen Staaten seit Jahren selbstverständlich, Europa! Grenzstaaten außerhalb der EU müssen bei der wird auch in Deutschland gebraucht. Ein ordnungsge- Bewältigung ihrer Flüchtlingslasten mehr als bisher fi- mäßes Migrationsverfahren beginnt mit einer sofortigen nanziell und organisatorisch unterstützt werden. Europas und bundeseinheitlichen Erfassung der ankommenden Außengrenzen müssen gesichert werden, um die Zahl der Menschen. Diese Daten sollten auch auf der Flüchtlings- insgesamt in die EU drängenden Menschen auf die zu be- karte gespeichert werden, deren Vorlage für die Inan- grenzen, die Anspruch auf Schutz haben. Die Durchsetzung Weltweit sind rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht, Integrationsstrukturen schaffen Integration spruchnahme weiterer Leistungen notwendig ist. Zudem vereinbarter Regeln ist entscheidend, um die Handlungsfä- viele davon kommen nach Europa. Der Zerfall der regio- Es sollen verpflichtende Sprachkurse und Kurse zu Demo- würden kürzere Bearbeitungszeiten helfen – zum Beispiel higkeit der Europäischen Union wiederherzustellen. nalen Ordnung im Nahen und Mittleren Osten durch Krieg kratie und Rechtsstaat, zu Geschichte und Kultur angebo- um schneller über die Anträge von Migranten aus sicheren und Bürgerkrieg, durch extremistische Tendenzen und to- ten werden. Die Integration von Flüchtlingskindern gelingt Herkunftsländern entscheiden zu können. talitäre Regimes nehmen den Menschen jede Perspektive, mit einer Bildungsoffensive für Schule, Berufsausbildung bedrohen Leib und Leben. und Universität. Flüchtlinge mit Bleibeperspektive sollten arbeiten dürfen. Für Deutschland und Europa steht in dieser Situation viel auf dem Spiel: Werte und Errungenschaften der Europäi- Hindernisse für ihre Beschäftigung wie Einschränkungen „Das Engagement vieler Bürger für Flüchtlinge schen Union – ob beispielsweise die Solidarität unter den bei Leiharbeit und Werkverträgen oder durch den Mindest- Mitgliedsstaaten oder die Freizügigkeit im Schengen- lohn darf es nicht geben. Finanzielle Mittel des Bundes war und ist überwältigend. Jetzt ist die Politik Raum. Unsere offene und plurale Gesellschaft, unsere frei- für die Kommunen müssen direkt dort ankommen. Mehr heitliche Verfassung, die dem Grundrecht auf Asyl einen Wohnungen sind nur mit mehr Neubau zu erreichen. am Zug. Die liberalen Antworten lauten: hohen Stellenwert zumisst. Diese Werte und Errungen- schaften müssen verteidigt werden: gegen das Erstarken zurück zur staatlichen Handlungsfähigkeit – von Rechtspopulismus und Extremismus oder zunehmen- de Renationalisierungstendenzen. mit Integration, mit gesteuerter Einwanderung

Dabei ist klar: Für unser Zusammenleben sind Maßstab und mit einem solidarischen Europa mit siche- die im Grundgesetz verankerten freiheitlichen Werte. Alle Formen von politischem Extremismus, politisch motivier- ren Außengrenzen.“ ter Gewalt oder religiösem Fundamentalismus werden werden nicht toleriert und mit den Mitteln der wehrhaften Demokratie bekämpft. Integration, gesteuerte Einwande- rung und ein handlungsfähiges Europa mit gesicherten Außengrenzen sind unsere Antworten auf die Flüchtlings- situation mit all ihren drängenden Fragen und Herausfor- derungen, die es zu lösen gilt.

Liberale Thesen zur Flüchtlingssituation Publikation

Ehrenamtliche Helferinnen sortieren gespendete Kleidung im Warenhaus für Flüchtlinge in Mühlheim. 26 Offene Gesellschaft

Jahresbericht 2015

Migration ist eines der bestimmenden Themen während des 60. Kongresses der Liberal International (LI) in Mexiko Liberals should gewesen. Er dauerte vom 28. bis 31. Oktober 2015 und endete mit einem gemeinsamen Beschluss. Die General- versammlung der LI, bestehend aus fast 150 Delegierten welcome migration: liberaler Parteien weltweit, verabschiedete am letzten Tag als Resolution Nr. 1 „Die Rechte von Flüchtlingen und Asylbewerbern“. An erster Stelle stehen für die Liberalen weltweit der Schutz von Menschenleben und Menschen- 60. Kongress der Liberal rechten. Die LI spricht sich in der Resolution dafür aus, „Wege für sichere Migration zu schaffen und Schutz zu gewähren, wo er gebraucht wird“. Dabei fordert sie, „dass International alle Länder das Recht auf Asyl respektieren und an der UN- Juli Minoves HCR-Flüchtlingsquote teilnehmen“. Präsident der Liberal International

„Liberals should welcome migration“, so das Credo von „Die zentrale Idee des Liberalismus Helen Zille, Vizepräsidentin der LI und unerschrockene Kämpferin für Bürger- und Menschenrechte. Sie erhielt ist das Primat der Freiheit.“ 2014 für ihre Verdienste im langjährigen Kampf gegen die Apartheid, gegen Korruption sowie Selbstbereicherung der politischen Elite in ihrem Land den Freiheitspreis der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Auch Juli Minoves, Präsident der LI, sieht Migration als Chance, vor allem vor dem Hintergrund einer immer stär- ker alternden Bevölkerung in Europa.

Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung für die Freiheit, weist darauf hin, dass die deutsche Gesellschaft künftig nicht mehr so homogen sein wird wie bisher.

Diskussionskonsens auf dem Kongress war, dass Migra- tion geordnet organisiert werden müsse. Dennoch bleibt der Grundsatz liberalen Denkens richtig, für den Helen Zille sich erneut stark machte: „Die zentrale Idee des Liberalis- mus ist das Primat der Freiheit. Damit verbunden ist das Recht eines jeden Individuums, die Freiheit zu haben, das Leben zu führen, das es führen will, und auch dahin zu ge- hen, wo es leben möchte.“

Auf der politischen Ebene ist für die ehemalige Parteivor- sitzende der Democratic Alliance jedoch klar, dass die internationale Staatengemeinschaft die Wurzeln des Pro- blems von Flucht und Migration und nicht nur die Symp- tome bekämpfen muss. „Solange sich in den Herkunfts- ländern von Flucht und Migration nichts ändert, schaffen auch noch so geordnete Verwaltungsverfahren in den Auf- nahmeländern keine wirkliche Abhilfe.“ Zille unterstrich, dass die internationale Gemeinschaft und insbesondere die Liberalen Druck auf autoritäre Regierungen ausüben müssen: „Wenn die (Herkunfts-)Länder weiterhin gefähr- liche und intolerante Diktaturen bleiben, werden wir die Probleme nie lösen, sondern nur verlagern.“ 28 Bildung 29

Jahresbericht 2015

Für eine herausragende Bildung und Forschung

Weil sie uns Chancen bieten, von unseren Talenten und Möglichkeiten zu profitieren.

Anna Köbrich und Duy Phuong Ta Stipendiaten der Begabtenförderung 30 Bildung 31

Jahresbericht 2015

Flüchtlingskrise 2015. Wer das Elend der Geflüchteten hautnah erfährt, der wird entweder von Ohnmacht über- mannt – oder motiviert. Unsere Stipendiaten Markus Kreß- ler und Vincent Zimmer hat es motiviert: „Wir haben mit Ge- flüchteten gesprochen, mit ihnen gearbeitet. Viele von ihnen haben in den Ländern, aus denen sie flüchten mussten, stu- diert. In Deutschland können sie das zunächst nicht, es fehlen anerkannte Abschlüsse und Deutschkenntnisse. Ar- beiten dürfen sie auch nicht. Sie wissen nicht, wohin mit ihrer Zeit. Sie wissen nicht, wohin mit sich. Zu groß sind die Hürden der Bürokratie. Daher haben wir nach einer Lösung gesucht.“ Auf dem Konvent der Stipendiaten der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit entwickelten sie eine Idee: Kiron.

Kiron ist eine Plattform, die Flüchtlingen den Zugang zu einer Universitätsbildung bietet – kostenfrei. Dabei kön- nen Zeugnisse nachgereicht werden, zunächst ist nur ein Nachweis über den Flüchtlingsstatus zu erbringen. Sobald das geschehen ist, können die Flüchtlinge ein ein- jähriges Studium Generale und eine Spezialisierung able- gen. Die Kurse finden in den ersten beiden Jahren online und hauptsächlich auf Englisch statt. Dabei können sich die Studentinnen und Studenten eines massiven Pools an Onlinekursen von Universitäten Harvard oder dem MIT be- dienen – alle Kurse sind frei zugänglich.

Vincent Zimmer (l.) und Markus Kreßler „Langfristig wollen wir mit Kiron Millionen haben 2014 Kiron gegründet. von Geflüchteten weltweit das Studieren ermöglichen. Dafür arbeiten schon jetzt Teams in Deutschland, London, Paris, Kiron Open Higher Education: Istanbul und anderen Städten.“ Bildung für Flüchtlinge

Kiron kombiniert die Onlinekurse mit E-Learning-Tools und Unterstützt wird das Team von Kiron durch Partneruniver- Markus Kreßler und Vincent Zimmer sieht man nicht an, Vernetzungstreffen in Berlin, mit Teamwork-Projekten und sitäten, zum Beispiel aus Aachen, Eberswalde, Heilbronn was sie tun. Doch wenn man mit ihnen spricht, hat man Mentoringprogrammen. Im dritten Jahr folgt die Spezia- und Westafrika. Kiron finanziert sich noch durch Spenden das Gefühl, mit jungen Managern zu reden: „Langfristig Markus Keßler und lisierung auf einen der fünf Studiengänge wie etwa Busi- und Förderungen von Stiftungen. wollen wir mit Kiron Millionen von Geflüchteten weltweit Johannes Vogel ness, Intercultural Studies oder Architecture – das sind das Studieren ermöglichen. Dafür arbeiten schon jetzt Interview die populärsten Studienentscheidungen von Geflüchteten. Um den sozialen Sektor zu stärken, um sich selbst mone- Teams in Deutschland, London, Paris, Istanbul und ande- Sie erfolgt an einer der Partneruniversitäten vor Ort, bei tarisierende, funktionierende Projekte zu ermöglichen, wur- ren Städten.“ denen sich die Studenten nach einem abgeschlossenen de zusätzlich „Kiron Ventures” gegründet, ein Start-up-In- Studium Generale bewerben können. Die Abschlüsse von kubator. Das Ziel: Unterstützung bei Gründungen von und Kiron sind international anerkannt. Das reduziert die Büro- für geflüchtete Menschen sowie Projekte, die einen Bezug kratie erheblich. Durch den Studiennachweis bekommen zum Thema Migration aufweisen. die Studenten automatisch ein Studentenvisum. 32 Bildung 33

Jahresbericht 2015

Ò Der Alumniverband der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat heute mehr als 2.100 Mitglieder aus fast 40 Ländern.

Unser Verband der Stipendiaten und Altstipendiaten (VSA) Eine weitere wichtige Veranstaltung war der Altstipendi- Im Rahmen des Konvents ist es zu lebhaften Diskussionen ist ein generationenübergreifendes Netzwerk. Als solcher aten-Konvent mit anschließender Mitgliederversammlung rund um die Förderung der Start-up-Kultur in Deutschland unterstützte er auch 2015 die hervorragende Arbeit stipen- vom 23. bis 25. Oktober 2015 in der Theodor-Heuss-Aka- gekommen. Zudem gaben die Referenten anhand indivi- diatischer Arbeitskreise und Initiativen. demie in Gummersbach. Die Stipendiaten und Altstipen- dueller Erfahrungsberichte wertvolle Tipps an zukünftige diaten zeigten sich in ihrem „zweite Zuhause“ wie immer Gründerinnen und Gründer weiter. Zu einem Höhepunkt des Jahres zählte im Juni das Sym- kreativ, innovativ und belebend – eine perfekte Vorausset- posium „Wie machen wir unser Gesundheitssystem zu- zung für das Konvent-Thema „Gründerland Deutschland? Im Zuge der Veranstaltung verlieh der Verband auch kunftssicher?“ im westfälischen Münster unter der Schirm- Liberale unternehmen was!“ Als Referenten konnten Jo- wieder zwei Preise in Höhe von je 1.000 Euro. Die Aus- herrschaft des ehemaligen Bundesministers . hannes Vogel, Generalsekretär der FDP NRW, Thomas Ba- zeichnung für herausragende Studienleistungen und ge- Die Teilnehmenden diskutierten Fragen zur Gesundheit in chem, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands sellschaftliches Engagement im liberalen Geist gingen für Liane Knüppel Deutschland und den USA sowie der Erfolg bzw. Misser- Deutsche Startups, und Hendrik Braun, Geschäftsführer die beste Promotion an Prof. Dr. Alexander Wulf und für die Präsidentin des Verbandes der folg deutscher Apotheken kontrovers diskutiert. tracdelight GmbH, gewonnen werden. beste Examensarbeit an Thomas Wagenknecht. Stipendiaten und Altstipendiaten

Der VSA wurde 1987 in Eigeninitiative gegründet und ist seit 2009 der offizielle Alumniverband der Stiftung für die Freiheit. Liane Knüppel ist seit 2010 Präsidentin des VSA und gleichzeitig stellvertretende Vorsitzende des Kuratori- ums der Stiftung. Der Verband ist gemeinnützig und finan- Bildung vernetzt: ziert sich im Wesentlichen aus Beiträgen der Mitglieder und Fördermitglieder und aus Spenden. Damit unterstützt er auch die stipendiatischen Arbeitskreise und Initiativen. Gemeinsam mit Stipendiaten gibt der Verband das Maga- Stipendiaten in Aktion zin freiraum heraus. Zu weiteren Aktivitäten zählen das Mentorenprogramm und die Vermittlung von Kontakten zu potenziellen Arbeitgebern. Mittlerweile gehören dem Verband mehr als 2.100 Mitglieder in gut 40 Ländern an, darunter auch viele aktuell geförderte Stipendiaten. 34 Bildung 35

Jahresbericht 2015

18 Bildungsexperten und Politiker aus 15 Ländern gingen Leidenschaftliche Diskussionen, zähes Ringen um gute Das Seminar begann mit einer dreiwöchigen Onlinephase. im Seminar: „Education Policies – the Key to Enlightenment, Konzepte und intensiver Austausch charakterisierten die In dieser Zeit trugen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Participation and Progress” der Internationalen Akademie Veranstaltung – und die Hoffnung auf Ideen, die die Refor- zunächst die Eckdaten zur Bildungslandschaft in ihrer Hei- für Führungskräfte den Fragen nach: Wie organisiert und men weiter bringen könnten. Denn in 11 der 15 Herkunfts- mat zusammen und arbeiteten sich durch eine Vielzahl an vermittelt man am besten Aufklärung, Teilhabe und Fort- länder der Gäste können zehn Prozent der Menschen im- Materialien. So näherten sie sich nicht nur dem Thema, schritt anhand einer Bildung, wie sie sich Liberale für künf- mer noch nicht lesen – die Qualität der Bildung ist sehr sondern auch einander an – im Chat. tige Generationen wünschen? Aufklärung, Teilhabe und schlecht. Ein Zustand, den Liberale nicht tolerieren können, Fortschritt – diese drei Worte waren mehr als nur der Titel wissen sie doch um den hohen Preis, den Menschen und Ein internationales Seminarleiter-Team führte die Gäste der Veranstaltung: Sie fassten auch zusammen, was die ihre Gesellschaften für schlechte Bildung bezahlen: Armut, durch ein sehr intensives und interaktives Programm. Ein Teilnehmer als Schlüsselziele für Bildung im 21. Jahrhun- fehlende Zukunftsperspektiven oder Unterlegenheit im glo- 12-tägiger Prozess der gemeinsamen Erkenntnisfindung, dert empfanden. Angesichts steigender Intoleranz und Ra- balen Wettbewerb. an dessen Ende ein Papier erarbeitet war: Ein Katalog von dikalisierung fügten sie noch ein viertes Ziel hinzu: Frieden. Voraussetzungen, die geschaffen, Qualitätskriterien, die erreicht, und Aufgaben, die erfüllt werden müssen, um bestmögliche Bildung für die nächsten Generationen zu garantieren.

Mit diesem Kompass und Ideenkoffer kehrten die Teilneh- Seminar mit System: menden in ihre Heimatländer zurück, um weiter an den Bil- dungssystemen zu arbeiten. „Liberale Werte und Prinzipi- en sehen wir dabei als Fundament für den Aufbau eines Ideenwerkstatt für Bildungs- gut funktionierenden Bildungssystems, in dessen Mitte wir gute Qualität und Wahlmöglichkeiten stellen möchten“, experten aus dem Ausland sagte ein Teilnehmer.

Ò Wie organisiert und vermittelt man am besten Aufklärung, Teilhabe und Fortschritt anhand einer Bildung, wie sie sich Liberale für künftige Generationen wünschen? 36 Bildung 37

Jahresbericht 2015

Die Arbeit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Dies hat im Libanon wie in Jordanien zu Kampagnen junger mit syrischen Flüchtlingen verbindet konkrete Hilfe mit Syrer und Libanesen bzw. Jordanier geführt, die mit Bus- Hilfe zur Selbsthilfe: Angeboten politischer und wirtschaftlicher Grundbildung. sen – dem „Friedensbus“ im Libanon und dem „Bus der So unterstützen wir Trainings zur Konfliktbearbeitung für freien Gedanken“ in Jordanien – durch Gegenden mit Frauen und Jugendliche, die Einheimische und Flüchtlinge hoher Flüchtlingskonzentration fahren. Ihre erworbenen Syrische Flüchtlinge im zusammenbringen, um Begegnung und Dialog bis hin zu Erkenntnisse zur Konfliktschlichtung im Libanon und zu gemeinsamen Aktivitäten zu gestalten, denn angesichts Demokratie und guter Regierungsführung in Jordanien ge- des großen Zustroms von Flüchtlingen gehören Spannun- ben sie an andere Flüchtlingsjugendliche weiter. gen und Feindseligkeiten hier zum Alltag. Libanon und in Jordanien Traumatisierungen und seelische Notlagen sind durch den Vor allem den jüngeren Syrern bieten wir Orientierung zu Bürgerkrieg und die Entwurzelung im Zuge der Flucht weit den Werten einer freiheitlichen Ordnung, die ihnen in Syri- verbreitet. Häusliche Gewalt, Kindesmissbrauch und Ju- en verweigert wurde. Gewaltenteilung und die Begrenzung gendkriminalität sind Alltag, ihrer Prävention widmet sich von Macht, der Schutz der Menschenrechte, Korruptions- die Stiftung. Wir arbeiten hierzu mit NGOs der humanitären bekämpfung und Good Governance – zu allen Themen Flüchtlingsarbeit sowie mit „Family Protection Units“ zu- entwickeln sich in unseren Veranstaltungen intensive sammen, spezialisierten jordanischen Polizeistellen zum Diskussionen zwischen jungen Flüchtlingen, die wir in die Schutz von Frauen, Kindern und Familien. Dabei sollen sy- Lage versetzen wollen, einmal ein besseres Syrien aufbau- rische Flüchtlingsfrauen in die Lage versetzt werden, in auf- en zu können. tretenden Fällen zu intervenieren bzw. Hilfe zu organisieren.

Eine aus Seminaren der Stiftung hervorgegangene, libane- „Vor allem den jüngeren Syrern bieten wir sisch-syrische Frauengruppe hat sich zur Initiative „Drops of Hope“ zusammengeschlossen und organisiert Fortbil- Orientierung zu den Werten einer freiheit- dungen für andere Flüchtlingsfrauen zu sensiblen Themen wie familiäre Gewalt, Kinderheirat, sexuelle Belästigung, lichen Ordnung ...“ Familienplanung und Erziehungsfragen. Hierzu vermitteln sie Einsichten und schaffen es, wirkliche Gespräche zu den in der konservativen syrischen Gemeinschaft tabuisierten Themen anzuregen.

Während der Dreharbeiten zum Film „The Next Destination“ 38 Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft 39

Jahresbericht 2015

Für Wettbewerb und Wachstum

Wir brauchen Freiräume für Innovationen und kreative Geister in unserer Wirtschaft.

Mitarbeiter der KUKKO Werkzeugfabrik in Hilden 40 Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft 41

Jahresbericht 2015

Wie die neue Handelsstrategie der EU-Kommission konkret Gesprächspartner Alexander Graf Lambsdorff unterstrich Die Schiedsgerichte sind ein zusätzlicher Kritikpunkt in Investitionspartnerschaft TTIP, dem europäisch-kanadi- aussieht, diskutierten am 3. Dezember 2015 EU-Kommis- die Notwendigkeit und Dringlichkeit für Europa, sich zu der Debatte um TTIP, da diese scheinbar abseits der na- schen Handelsabkommen CETA und dem Abkommen zum sarin Cecilia Malmström und Alexander Graf Lambsdorff, beteiligen. „90 Prozent der globalen Nachfrage wird au- tionalen Gesetzgebung stattfinden. Hier können zum Bei- Dienstleistungshandel TiSA sei. Vizepräsident des Europäischen Parlaments, in Berlin auf ßerhalb Europas stattfinden“, sagte er. „Es ist unsere Ver- spiel Investoren gegen Regierungen auf Schadensersatz Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. pflichtung, unseren Unternehmen den bestmöglichen Zu- klagen. Um diese Verfahren transparenter zu gestalten, Die kleinen und mittleren Unternehmen profitierten insbe- gang zu ermöglichen. Was in Deutschland häufig verges- strebe die EU-Kommission mittelfristig einen internationa- sondere vom Bürokratieabbau und von einfacheren Pro- Malmström hob hervor: „In diesem Land hängen sieben sen wird: Europa ist derzeit keineswegs aus der Krise und len Investitionsgerichtshof an, so Malmström. duktionsbedingungen. Außerdem müsse Europas Innova- Millionen Jobs vom Export außerhalb der EU ab.“ Für Euro- das Wachstum beschränkt.“ tionskraft gesichert werden. „Die Hälfte unserer Exporte pas Wettbewerbsfähigkeit zähle neben dem Außenhandel Die Mehrheit der Europäer unterstützt das Freihandels- und sind Dienstleistungen“, sagte Malmström und verwies da- von Gütern und Dienstleistungen auch der Import: 80 Pro- Mit der neuen EU-Strategie begäbe sich die Handelspolitik Investitionsabkommen zwischen der EU und den USA. Nur rauf, dass über den Online-Handel hinaus unsere Handels- zent der Importe seien Energie oder Rohstoffe, mit denen in ein neues Zeitalter. Es ginge nicht mehr nur um Waren in drei der 28 EU-Länder ist die Mehrheit dagegen: Deutsch- vereinbarungen zeitgemäß gestaltet und damit wieder an auch Arbeitsplätze verbunden sind. Die neue Handelsstra- und Zölle, sondern auch um Dienstleistungen, Online-Han- land, Luxemburg, Österreich. Paradox, urteilte Malmström, Relevanz gewinnen müssten. tegie setze auch auf mehr Transparenz, kein Freihandels- del, Mobilität von Fachkräften, Zugang zu Rohstoffen, Ver- da neben gesamtwirtschaftlichem Wachstum, Arbeits- abkommen wäre jemals öffentlicher als dieses gewesen. meidung von Doppelbelastungen, Schutz von Innovationen plätzen und Produktvielfalt der deutsche Mittelstand ein Und falls TTIP nicht kommt? Dann würde alles beim Alten Europäische Werte würden grundsätzlich verteidigt. und vieles mehr. großer Gewinner von der transatlantischen Handels- und bleiben – eine vertane Chance, so Lambsdorff.

„Keines der Freihandels-Abkommen wird die Standards von Verbraucher-, Umwelt-, Arbeitsschutz oder von anderen so- zialen Standards senken“, versicherte Malmström. TTIP, TiSA und CETA würden konkreten wirtschaftlichen Nutzen bringen.

Mehr Wachstum und Transparenz mit TTIP : Neues Zeitalter für die EU-Handelspolitik

„In diesem Land hängen sieben Millionen Jobs vom Export außerhalb der EU ab.“

Was bringt Europa die neue Handelsstrategie? Videoclip 42 Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft 43

Jahresbericht 2015

„Neben Bildung ist Arbeit das Wichtigste, was Zuwanderer brauchen, wenn sie schnell in unserer Gesellschaft einen produktiven Platz finden sollen.“

Eine von zahlreichen Ausbildungs- und Berufsinitiativen zur Integration von geflüchteten Menschen

Niemand rechnet damit, dass die Flüchtlingsströme plötz- Gerechnet hatte die Große Koalition mit einer eher abneh- lich im Jahr 2016 abreißen. Ein riesiges Integrationspro- menden Zahl von Erwerbspersonen – aufgrund der Alte- Mindestlohn zur Unzeit: blem! Es ist das größte seit den frühen neunziger Jahren, rung der Gesellschaft. Es kommt aber ein riesiger Schub nachdem die Berliner Mauer und der Eiserne Vorhang in an jungen, motivierten Menschen, die allerdings noch Europa gefallen waren. Was tun? Alle Fachleute sind sich etwas Zeit brauchen und lernen müssen, um ihr großes Integration von Flüchtlingen einig: Neben Bildung ist Arbeit das Wichtigste, was Zuwan- Potenzial voll auszuschöpfen. Die Politik ist deshalb ge- derer brauchen, wenn sie schnell in unserer Gesellschaft fordert, die Tür zum Arbeitsmarkt wieder weiter zu öffnen: einen produktiven Platz finden sollen. Nichts wäre fataler durch Aussetzen des Mindestlohns, bis die große Heraus- als eine riesige Zahl junger, hoch motivierter Menschen, die forderung der Integration von Flüchtlingen im Wesent- meisten männlich, die unter kasernierten Verhältnissen lichen bewältigt ist und wieder einigermaßen normale Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit beschäftigt nichts Sinnvolles zu tun haben. Es entstünde ganz schnell Verhältnisse einkehren. Eine Auszeit von fünf Jahren wäre sich im Rahmen ihrer politischen Bildungsarbeit mit aktu- ein Nährboden für Frustration, Konflikte und Kriminalität. angemessen, als Teil eines Gesetzes zur Integrationsför- ellen politischen Themen, die für die Bürgerinnen und Bür- Viele von ihnen hätten ihr Leben auf der Flucht riskiert, nur derung, das noch manches mehr enthalten muss. ger von Interesse sind. Dieser Beitrag erschien im Oktober um dann ohne Arbeit in einer Art Lager zu landen – eine 2015 auf unserer Website www. freiheit.org: fürchterliche Perspektive. Dann ließe sich Anfang des nächsten Jahrzehnts prüfen, ob die Welt sich wieder verändert hat, wenn Schritt für Seit dem 1. Januar 2015 hat Deutschland einen gesetzli- Allerdings: Die wenigsten der Ankömmlinge haben beruf- Schritt die Generation der Babyboomer aus dem Markt chen Mindestlohn. Pro Stunde erhält jeder Arbeitnehmer – liche Qualifikationen, die ihnen am hiesigen Arbeitsmarkt ausscheidet. egal wer es ist und egal was er tut – mindestens 8,50 Euro. den Einstieg mühelos erlauben. Es gibt viele ohne abge- Für einen Vollzeit-Beschäftigten sind dies fast 1.500 Euro schlosse Ausbildung, es fehlt an sprachlichen Kenntnis- Bis dahin gilt: Je schneller die Integration, umso besser monatlich. Noch gibt es ein paar Übergangsregeln, aber sen, manche sind sogar Analphabeten. Der sprichwörtli- für alle! Ende 2016 ist auch damit Schluss. che syrische Arzt, auf den unsere Krankenhäuser sehn- lichst gewartet haben, wird die Ausnahme bleiben. Wir Pünktlich zur Einführung des Mindestlohns wird Deutsch- brauchen deshalb mehr denn je einen offenen flexiblen land von einer Welle der Zuwanderung überschwemmt. Arbeitsmarkt, in den die Ankömmlinge schnell einsteigen Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué 2014 waren es rund 400.000 Menschen, die zu uns ström- können, um dann nach dem Einstieg Schritt für Schritt Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes ten, 2015 wird es nach letzten Prognosen rund eine Mil- auch den Aufstieg zu schaffen – mit verbesserter Sprach- der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit lion sein. Es sind Asylsuchende und Wirtschaftsflüchtlin- kenntnis, beruflicher Qualifikation und Erfahrung am Ar- ge. Insofern weiß niemand so genau, wie viele von ihnen beitsplatz. Ganz offensichtlich ist dafür der Mindestlohn schließlich bleiben werden. So gut wie sicher ist allerdings, ein Integrationshindernis. Er ist im Rückblick genau zum dass es Hunderttausende sein werden. falschen Zeitpunkt eingeführt worden. 44 Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft 45

Jahresbericht 2015

Rishab Chandra verdient seit einigen Jahren sein Geld im Internet.

„In diesem Jahr haben wir achtzig Unter- nehmer ausgebildet, die nun mit ihren Produkten im Internet Geschäfte machen.“

Big Basket ist Indiens größter Online-Store für Lebensmittel E-Commerce: mit mehr als 1.000 Produkten und über 100 Marken.

Sie arbeiten als Trainer und Berater für E-Commerce für Wenn Sie Regierungschef Indiens wären, was wäre das Start-ups in die Startlöcher die Stiftung der Freiheit. Was kommt dabei heraus? Erste was Sie ändern würden, um das Geschäftsklima zu Wir haben greifbare Erfolge. In diesem Jahr haben wir verbessern? achtzig Unternehmer ausgebildet, die nun mit ihren Pro- Ich glaube stark daran, dass Wissen und Bildung die Men- dukten im Internet Geschäfte machen. In unserem Lehr- schen im Leben voranbringen. Da würde ich sofort den gang für Fortgeschrittene sehen wir, dass die Teilnehmer Schwerpunkt setzen. Dann würde ich Service Center grün- ihre Umsätze erhöhen konnten, nachdem sie unsere Hin- den, wo die Menschen lernen, wie sie ein Unternehmen Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit betreibt im Was ist das Erfolgsgeheimnis im Online-Business? weise beherzigten. Einige Teilnehmer haben Kunden im aufziehen, wie sie an einen Kredit kommen und wie sie das südindischen Bundesstaat Tamil Nadu ein mehrstufiges Vor allem geht es darum, erstklassige Leistung oder Pro- Ausland gefunden. Es ist ein gutes Gefühl, dass die Pro- Internet einsetzen können. Ich würde auch ins Ausland Ausbildungsprogramm für Start-up-Unternehmer. So wol- dukte zu liefern. Das muss schnell und pünktlich passie- gramme ein konkretes, ja greifbares Ergebnis für die Teil- schauen, um mit internationalen Partnern die Infrastruktur len wir auch Klein- und Kleinstunternehmer in die Lage ver- ren. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Kunden zusammen. nehmer haben. auszubauen und die Konnektivität zu erhöhen. Das Gebot setzen, am Geschäft im Internet teilzuhaben. Heute sind Nur wenn wir ehrlich und zuverlässig sind, können wir eine der Stunde ist es, Politiken für Start-ups zu entwickeln, auf knapp 400 Millionen Inder im Internet unterwegs; diese langfristige Beziehung aufbauen. Indien gilt in einigen Bereichen als führend, wenn es um dass die innovativen Unternehmer loslegen können. Zahl, vor allem die der Smartphone-Nutzer, wird in naher die Umsetzung digitaler Technologien geht. Die Regierung Zukunft sprunghaft steigen. Das Online-Business wird in Indien von einigen großen Fir- propagiert das „Digital India“-Programm. Ist das nur Pro- men kontrolliert. Wie gelingt es Quereinsteigern wie Ihnen, paganda oder sehen Sie konkrete Ergebnisse? Rishab Chandra ist ein indischer Unternehmer, der seit ein Stück vom Kuchen abzubekommen? Indien ist ein riesiges Land und auch deshalb dauert es mehreren Jahren sein Geld im Online-Geschäft verdient. Das Geschäftsfeld in Indien ist noch sehr jung. Nur all- hier bisweilen länger, bis tiefgreifende Veränderungen grei- Im Interview spricht er über sein Erfolgsgeheimnis, das mählich kommen die Menschen auf den Gedanken, im fen. Die Regierung meint es ernst mit der digitalen Trans- „Digital- India“-Programm und über seine Idee von Service Internet Geschäfte zu machen. Es gibt einen gewaltigen, formation. Bei der Steuererklärung und Bankgeschäften Centern. noch völlig unberührten Markt. Daher bieten sich allen etwa sind wir schon weit vorangekommen. Gleichwohl Spielern große Gelegenheiten. Ein innovatives Produkt, ein muss die digitale Infrastruktur dringend ausgebaut wer- kompetitiver Preis, pünktliche Zulieferung und eine pro- den. In den entlegeneren und weniger entwickelten Lan- fessionelle digitale Marketingstrategie sind die zentralen desteilen muss die digitale Medienkompetenz gefördert Elemente des Erfolges. werden. Da bleibt viel zu tun! 46 Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft 47

Jahresbericht 2015

Kaum ein Bereich bestimmt unser Leben derart grundsätz- Am Ende einer intensiven Woche mit Experten und Refe- lich wie der unserer täglichen Ernährung. Im Zentrum renten unterschiedlichster Richtung – von Ökotest und Klebefleisch und Analogkäse: dieser Inlandsakademie stand deshalb die Lebensmittelsi- foodwatch bis zu Bauernverband und Lebensmittelindus- cherheit – existenziell für den Verbraucher, aber auch für trie – konnten viele Fragen beantwortet werden und es Erzeuger und Unternehmen. bestand Einigkeit, dass Ernährungssicherheit und Freiheit Lebensmittelsicherheit oder keine Gegensätze sind: Die eigene Verantwortung des Ver- Welche Verantwortung tragen die Verbraucher selbst, wel- brauchers kann durch Regulierung des Marktes nicht er- che die Medien? Welche Herausforderungen stellen sich setzt werden; zugleich ist die Kontrolle der Erzeugung und politisch im Spannungsfeld von Freiheit und Regulierung die Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel zur Qualitätssiche- Panikmache? bzw. Kontrolle? rung erforderlich. Gerade in dieser Hinsicht vermittelten die Werksbesichtigungen von Unternehmen der Aromen- und Kein Wunder, dass die Lebensmittelproduktion im Fokus Lebensmittelherstellung einen nachdrücklichen Eindruck – großer Kontroversen steht: vermeintliche oder tatsächli- Qualitätsmanagement mit Sorgfalt und Akribie. In unserer Sommerakademie analysierten 20 Stipendi- Konzipiert wurde die Akademie von unseren Stipendiaten, che Skandale, Skepsis gegenüber technologischem Fort- atinnen und Stipendiaten eine Woche lang die gesamte die selbst Experten auf diesem Gebiet sind: Sandra Bött- schritt in der Herstellung, Lobbyismus und die Interessen Keine Akademie ohne besonderen Höhepunkt! Diesmal Wertschöpfungskette der Lebensmittel. Sie verfolgten die cher, Kenneth Kieserling, Swen Straßberger. Was steckt von Erzeugern und Verbrauchern. Ein weites Feld für ak- faszinierten die Labor-Workshops alle Teilnehmer: Mikro- spannende Reise unserer Nahrung vom Bauernhof zum wirklich im „Lebensmittel“? Und wer trägt die Verantwor- tuelle politische Debatten! Ist Risikobewertung ohne Pa- organismen unter dem Mikroskop und Lebensmittel selbst Verbraucher – von den Ackerflächen über die Forschung tung dafür, was vom Acker auf den Teller kommt? nikmache überhaupt möglich? Wie wirkt sich TTIP auf die herstellen, die schließlich selbst erprobt und, mit sehr unter- und industrielle Verarbeitung bis zum Handel. Lebensmittel aus? Bedeutet die „Ampel“ mehr Aufklärung schiedlicher Begeisterung, verkostet wurden: Klebefleisch, für den Verbraucher oder doch nicht eher Entmündigung? Analogkäse und Gummibärchen.

Während des Labor-Workshops wurde getestet, analysiert und probiert.

„Die eigene Verantwortung des Verbrauchers kann durch Regulierung des Marktes nicht ersetzt werden.“ 48 Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft 49

Jahresbericht 2015

Wo Angst, Unsicherheit und Frustration groß sind, lässt Die israelisch-palästinensischen Dialogmaßnahmen der sich Hass leicht mobilisieren. Im israelisch-palästinensi- Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit stellten schon Vereinte Jungunternehmer: schen Konflikt und vor allem in der jüngst wieder aufflam- immer, vor allem nach der 2. Intifada, eine große Heraus- menden Welle der Gewalt findet dieses Phänomen gerade forderung dar. Eine echte Ausnahme und mutige Initiative wieder besonderen Ausdruck. Neben großer Frustration bildet vor diesem Hintergrund das von der Stiftung vor Israelis und Palästinenser und Perspektivlosigkeit, die den gegenwärtigen Alltag be- fünf Jahren ins Leben gerufene Forum von israelischen stimmen, sind es vor allem die über die sozialen Medien und palästinensischen Jungunternehmern ME 2.0 Pales- sich besonders effektiv und viral verbreitenden Hetzkam- tinian-Israeli Young Bussiness Leaders Forum. pagnen, die das Gewaltpotenzial stetig steigern und Be- gehen gegen mühungen um eine friedliche Beilegung des Konflikts im- Einmal monatlich treffen sich die Mitglieder des Forums, mer weniger aussichtsreich erscheinen lassen. auch in angespannten Zeiten, und besprechen ökonomi- sche Aspekte des israelisch-palästinensischen Konflikts, Fundamentalisten vor bauen ihre persönlichen und ihre Geschäftskontakte un- tereinander aus, diskutieren mit führenden Persönlichkei- ten aus den Bereichen der Wissenschaft, Wirtschaft, Poli- tik und Medien auf beiden Seiten und suchen Wege, wie sie Gewaltverherrlichendes palästinensisches als eine junge Generation von Unternehmern wirtschaftli- Graffito am Calandia Checkpoint che grenz-überschreitende Zusammenarbeit zum Wohle aller und als Beitrag zu einer friedlichen Konfliktbeilegung fördern können. Was die jungen Unternehmer vereint, ist die gemeinsame Vision von einer freiheitlichen, auf Res- pekt und Toleranz beruhenden Gesellschaft, insbesondere aber die friedliche Lösung des Konflikts.

Das Forum bietet jungen Mitgliedern nicht nur geschäft- liche Vorteile. Vielmehr schafft es das Gefühl, dass ein Miteinander nicht nur möglich, sondern notwendig ist, um den Konflikt zu überwinden. Das Gefühl, destruktiven fun- damentalistischen Kräften durch ein „Zusammen“ entge- genzuwirken.

„Was die jungen Unternehmer vereint, ist die gemeinsame Vision von einer freiheitlichen, auf Respekt und Toleranz beruhenden Gesellschaft ...“ 50 Digitale Gesellschaft 51

Jahresbericht 2015

Für Datenschutz und Privatsphäre

Denn jeder soll selbst bestimmen, welche Daten von ihm genutzt werden, wann und wie dies geschieht.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Mitglied des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit 52 Digitale Gesellschaft 53

Jahresbericht 2015

Frankreich hat ja gezeigt, dass trotz der dort geltenden Vor- ratsdatenspeicherung die brutalen Anschläge nicht ver- hindert werden konnten. Seit der Entscheidung des Euro- päischen Gerichtshofs im letzten Jahr kann es eine an- lasslose, verdachtslose und flächendeckende Speicherung und Verwertung von Telekommunikationsdaten nicht mehr geben. Das weiß jeder kompetente Innenpolitiker.

Die Menschen sind nach den Geschehnissen in Paris auf- gewühlt. Auch in Deutschland machen sich viele Sorgen über mögliche terroristische Angriffe. Welche Mittel ste- hen Polizei und Justiz zur Verhinderung solcher Taten zur Verfügung? Und welches Potenzial wurde dazu bislang vielleicht noch nicht gut genug genutzt? In Deutschland gibt es ein engmaschiges Sicherheitssystem, weitgehende Strafbestimmungen gegen Terrorismus und eigens eingerichtete Terrorismusabwehrzentren. Die abso- lute Sicherheit gibt es nicht und kann auch nicht verspro- „Die Freiheit der Bürger in der digitalen Welt darf chen werden. Mit Besonnenheit und Wachsamkeit müssen die Sicherheitsbehörden die bestehenden Gesetze anwen- nicht durch Überwachung und Datenausbeutung den. Sie waren in der Vergangenheit in der Verhinderung von Anschlägen erfolgreich. Angesichts der steigenden Anzahl stranguliert werden.“ von verdächtigen Dschihadisten braucht es mehr Polizei- beamte. Daran darf nicht gespart werden! Und es muss viel mehr Gewicht auf die Ursachenanalyse gelegt werden. Mit freiheit-digital.de startet im Frühjahr die Friedrich-Nau- Was führt zu dieser Radikalisierung? Nur mit Prävention mann-Stiftung für die Freiheit eine Online-Kampagne, in kann diesem Terrorismus die Basis entzogen werden. der sie für den Schutz von Privatem und Privatsphäre in der digitalen Welt wirbt. Als Vorstandsmitglied engagieren Sie sich für Bürgerrech- te und politische Bildung in der Friedrich-Naumann-Stif- „Die Freiheit der Bürger in der digitalen Welt darf nicht durch tung für die Freiheit. Wie können wir gemeinsam als Überwachung und Datenausbeutung stranguliert werden. Gesellschaft daran arbeiten, gewaltaffine Personen für freiheit-digital.de: Die digitale Welt braucht Werte und Vertrauen genauso wie Demokratie und die Prinzipien unseres Rechtsstaats zu die analoge Welt“, sagt Sabine Leutheusser-Schnarren- gewinnen? berger, Vorstandsmitglied der Stiftung und zugleich Bot- Zur wehrhaften Demokratie gehört neben der Repression Die Kampagne für Freiheit schafterin von freiheit-digital.de. In ihrer Zeit als Bundes- die frühzeitige Vermittlung der Werte des Grundgesetzes justizministerin kämpfte sie vehement gegen die Vorrats- und des materiellen Rechtsstaates. Verfassungspatriotis- datenspeicherung an. mus als Bildungsziel zählt dazu, genau so wie gute Exit- Programme. Bildung, und Aufklärung müssen zusammen in der digitalen Welt Seit den Anschlägen in Paris auf das Satire-Magazin Char- mit den Muslimen erfolgen. lie Hebdo ist der Streit um die Speicherung personenbe- zogener Daten wieder voll entflammt. Wir sprachen mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über alternative Mit- tel und Wege für Polizei und Justiz und über die wichtige Rolle politischer Bildung.

Frau Leutheusser-Schnarrenberger, es ist fast wie ein Re- flex. Nach den Attentaten in Paris werden auch in Deutsch- land politische Stimmen, die eine Vorratsdatenspeicherung freiheit-digital.de fordern, wieder laut. Wie empfinden Sie diese Reaktion? Themenseite Diese Reaktionen sind der typische politische Aktionismus, der inhaltlich nicht überzeugt. Jeder Anlass wird genutzt, um alte Überwachungsforderungen durchzusetzen, unab- hängig davon, ob mit der totalen Überwachung tatsäch- lich mehr Sicherheit erzielt werden kann. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist Botschafterin von freiheit-digital.de 54 Digitale Gesellschaft 55

Jahresbericht 2015

Frankreich und Brasilien hätten sich beispielsweise ge- Auch Henning Lesch, Leiter der Abteilung Recht und Re- genüber den USA weitaus deutlicher artikuliert. „Es wirkt gulierung vom eco-Verband der deutschen Internetwirt- wie ein Placebo, wenn die Bundesregierung die Bevölke- schaft e. V., vertrat eine klare Position zu dem Thema. Er rung zu Datensparsamkeit im Netz auffordert und damit verwies darauf, dass es nicht Ziel der Politik sein könne, Datensammelwut versus suggeriert, es läge nur am Nutzer selbst, wenn dieser dass Unternehmen im Rahmen der Vorratsdatenspeiche- zu viele Daten über sich preisgibt.“ Sebastian Steinmayr, rung gezwungen würden, massiv Daten von Nutzern zu Chefredakteur des BLR, dem Content-Zulieferer der bay- speichern. Vor allem nicht, wenn darin ein Risiko für die Privatsphäre: erischen Lokalradios, moderierte die anschließende Dis- Privatsphäre der Nutzer liege. So erst entstünden große kussion. In dieser schilderte Torsten Fricke, wie leicht- Datenvolumen, auch „Big Data“ genannt. Thomas Möhle, fertig Nutzer mit ihren Daten umgehen. Fricke ist Autor IT-Experte und Gründer der Bitkomplex UG, ergänzte diese des Buches „Die Akte Google. Wie der US-Konzern Daten Perspektive, indem er erläuterte, wie man sich mit einfa- Eine Herausforderung missbraucht, die Welt manipuliert und Jobs vernichtet“. Er chen Schritten dagegen schützen kann, Daten im Internet führte aus, wie moderne Algorithmen der Suchmaschinen zu hinterlassen. Man werde Terroristen nicht schneller daraus Muster ableiten, die die Privatsphäre der Bürger und sicherer aufspüren, nur weil man alle Bürger unter Ge- für den Rechtsstaat massiv beeinträchtigten. neralverdacht stellt.

Prominente Gäste aus Wirtschaft und Politik diskutierten auf der „Münchner Webwoche 2015“ das Thema Big Data. Im Rahmen der „Münchner Webwoche 2015“ hat am 15. Juni 2015 eine Diskussionsveranstaltung zu einem Schwerpunktthema der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit stattgefunden: zur Privatsphäre in der digita- lisierten Welt. Vor dem Hintergrund des Weltgeschehens war das Interesse mit rund 200 Zuschauern im Literatur- haus in München entsprechend groß.

Vorstandsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erteilte zu Beginn der Diskussion der anlasslosen Vorrats- datenspeicherung eine klare Absage. In Frankreich habe dieses Verfahren keineswegs zu mehr Sicherheit geführt, wie die Anschläge auf die Redaktion von Charlie Hebdo oder den jüdischen Supermarkt in Paris gezeigt hätten. An- lässlich der Überwachung von Regierungsmitgliedern und Unternehmen durch in- und ausländische Geheimdienste müsse man deutsche Interessen weit selbstbewusster ver- treten als es derzeit durch die Bundesregierung geschehe.

„Es wirkt wie ein Placebo, wenn die Bundes- regierung die Bevölkerung zu Datensparsam- keit im Netz auffordert und damit suggeriert, es läge nur am Nutzer selbst, wenn dieser zu Deine Daten sind das neue Öl viele Daten über sich preisgibt.“ Videoclip 56 Digitale Gesellschaft

Jahresbericht 2015

In Deutschland hat die Bundesregierung das Gesetz zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung beschlos- Big Brother nach sen. In Tunesien wird auch um den Schutz personenbezo- gener Daten diskutiert. Die noch junge und verwundbare Demokratie sucht dabei mühsam ihren Weg. der Revolution: Prof. Chawki Gaddes Auch 2015 unterstützt die Friedrich-Naumann-Stiftung für Präsident der Nationalen Behörde die Freiheit dieses Anliegen von globaler Aktualität und zum Schutz personenbezogener Daten schloss eine Kooperationspartnerschaft mit der „Nationa- Tunesien im Kampf len Behörde zum Schutz personenbezogener Daten“ ab.

Prof. Chawki Gaddes, Präsident der kleinen Behörde, ging „Der Schutz personenbezogener Daten ist heute keine bloße um Datenschutz mit einer klaren Vision in die Offensive – medial, politisch Option mehr, sondern ein Imperativ. Der Imperativ der de- und in zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, um in Tu- mokratischen Transformation und unseres Respekts für nesien Schritt für Schritt ein Problembewusstsein für den Bürger- und Freiheitsrechte wurde mit unserer Revolution Datenschutz zu befördern. im Jahr 2011 begründet. Aber auch jenseits der Grund- Das Spielzeugunternehmen Steiff zählt rechte: Beim Datenschutz handelt es sich auch um einen zu den deutschen Investoren, die seit ökonomischen Imperativ! Die internationale Anerkennung vielen Jahren in Tunesien produzieren. Tunesiens als Wirtschaftsstandort mit adäquatem Daten- schutz ist eine zentrale Voraussetzung für ausländische In- vestitionen im Dienstleistungssektor und im Offshore-Sek- tor, Investitionen, auf die wir so angewiesen sind.“

Die Mission des tapferen Leiters der Datenschutzbehörde ist nach seinem Amtsantritt im Mai 2015 wesentlich schwieriger geworden: Nach den blutigen Terroranschlä- gen auf ausländische Urlauber und tunesische Sicher- heitskräfte in Sousse und der Hauptstadt Tunis ist der Krieg gegen den Terrorismus zur wichtigsten nationalen Priorität geworden; der Datenschutz droht zum Kollateral- schaden zu werden.

„Die internationale Anerkennung Tunesiens als Wirtschaftsstandort mit adäquatem Datenschutz ist eine zentrale Voraussetzung für ausländische Investitionen ...“

Als liberale, aber auch als deutsche Institution ist die Stif- tung für die Freiheit ein in hohem Maße willkommener Partner: für das „Recht auf informatielle Selbstbestim- mung“, das „Recht auf Vergessenwerden“ und der Schutz personenbezogener Daten von Kindern – viele dieser rechtlichen und gesellschaftlichen Impulse kommen aus Deutschland. Sie auch in seiner Heimat umzusetzen, da- von träumen auch Herr Gaddes und seine Mitstreiter. 58 Digitale Gesellschaft 59

Jahresbericht 2015

„Wenn du eine Regel siehst und du denkst, die macht keinen Sinn für dich, dann darfst du sie brechen.“

#turnaroundcamp: Umkehr im Denken

Auf dem ersten deutsch-österreichischen liberalen Bar- So verschieden wie die Teilnehmer, so verschieden waren Das und die Tatsache, dass die Entwicklung von Wissen Vom Thema „Disruption im Denken” handelte der Vortrag camp sind vom 26. bis 27. Juni 2015 80 Menschen aus al- auch die Themen, die von diesen in den Barcamp-Sessions immer schneller wird, bringe die Politik in die Bredouille. von Gerald Reischl, Leiter von futurezone. Er schaffte es, ler Welt zusammengekommen. In Berlin arbeiteten sie kol- angeboten wurden. „Datensicherheit und Datenschutz”, Es bräuchte nicht nur ein mind shift, also das Verständ- einen Einblick in Entwicklungen zu geben – von Ernäh- laborativ an einem echten #turnaround, an einer Umkehr „Unternehmertum”, „digitale Souveränität”, „Netzaktivis- nis, dass die Digitalisierung die Zukunft ist, sondern auch rungskonzepten mittels Insekten über 3D-Drucker, revo- im Denken. Wir haben die Ideen- und Kreativ-Workshop ge- mus”, „Anders Wirtschaften”, „New Work” waren nur eini- hauptamtliche Experten in der Politik: „Man darf auch Men- lutionäre Entwicklungen in der Krebsdiagnostik bis hin zu meinsam mit der Parteiakademie NEOS Lab organisiert, ge der Themen, über die diskutiert wurde. In seiner Eröff- schen anheuern, die sich mit etwas wirklich auskennen.“ Cyborgs. Sein Aufruf „Man muss sich mit der Zukunft aus- einer Schnittstelle zwischen Politik und Gesellschaft – nungsrede sprach Christoph Borschein, Geschäftsführer Ein weitere Redner, Ali Mahlodji, Mitbegründer, Geschäfts- einandersetzen, um die Zukunft gestalten zu können! Und dem Pendant der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Frei- von „Torben, Lucie und die gelbe Gefahr” impulsiv über führer, Chief Storyteller & Chief Visionary der whatchado um die Zukunft zu gestalten, brauchen wir Anpacker und heit in Österreich, die der Partei der Neos nahe steht. Digitalisierung und Leadership. Er forderte eine neue Art GmbH, einer österreichischem Karriereplattform, ermutig- Umsetzer. Keine Superhelden oder Milliardäre wie Elon der Bildung. Ziel solle sein, junge Menschen so früh wie te die Teilnehmer, Regeln zu brechen und neu zu denken: Musk, denn in einer digitalen Ära kann jeder bzw. jede zum Ziel des #turnaround war es, Zukunftsbilder zu schaffen, möglich in der digitalen Welt zu befähigen. Politik beschäf- „Wenn du eine Regel siehst und du denkst, die macht kei- Superhelden bzw. zur Superheldin werden! Wir brauchen neue Ideen zu denken, neue und ungewohnte Zielvorstel- tige sich seiner Meinung nach zu zögerlich mit den bren- nen Sinn für dich, dann darfst du sie brechen. Es ist sogar Menschen wie Suguta Mitra, Initiator von ‚hole-in-the-wall’, lungen zu definieren. nenden Themen. deine Aufgabe sie zu brechen.“ die den Change vorantreiben und die Welt aktiv verändern!“

Ali Mahlodji Videointerview 60 Internationale Politik 61

Jahresbericht 2015

Für Kooperation, Dialog und Partnerschaft

Das ist der Weg, Vertrauen zu bilden und Konflikte friedlich zu lösen.

Anatoli Grizenko Ehemaliger Verteidigungsminister der Ukraine 62 Internationale Politik 63

Jahresbericht 2015

Die USA im Wahlkampffieber: Moderne Strategien

Bereits Anfang 2015 hat in den USA der Wahlkampf für die Die freiwilligen Wahlkampfhelfer stehen hinter der Partei Aus kostentechnischen, logistischen und datenschutz- Präsidentschaftswahl 2016 begonnen. Das Land befindet und dem Kandidaten und kämpfen an der Basis für den rechtlichen Gründen sind einige der hier vorgestellten sich fast zwei Jahre im Ausnahmezustand der Kandida- Sieg. Daher ist die grundlegende Philosophie der Gras- US-Walkampfstrategien nicht direkt auf die Herkunftslän- tensuche. Der Wahlkampf in den USA ist komplex, tech- sroots Operations die Bedeutung des Einzelnen. Denn der der Teilnehmer der Studienreise übertragbar. Doch der nologisch fortschrittlich und vor allem gezielt. Nichts wird eine einzelne Person kann mindestens vier Freunde und gegenseitige Wissenstransfer und die gewonnenen Ein- dem Zufall überlassen. Bekannte in ihrer Nachbarschaft ansprechen und rekrutie- drücke regen an, Neues auszuprobieren und Wahlkämpfe ren, diese wiederum können weitere vier Personen anspre- interessanter zu gestalten. Eine passende Botschaft lässt Doch mit welchen Strategien und Methoden gewinnen chen, und so kommt der Schneeball ins Rollen. sich schließlich überall auf der Welt formulieren. Kandidaten in den USA ihre Wahlkämpfe? Dieser Frage gingen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studien- reise zum Thema „Political Communication and Campaign Strategies in the USA“ auf den Grund. Die Friedrich-Nau- Ò mann-Stiftung für die Freiheit organisierte die Reise An- Mit welchen Strategien und Methoden fang 2015 im Rahmen des Transatlantischen Dialogpro- gramms. Insgesamt 13 Wahlkampf- und Parteistrategen gewinnen Kandidaten in den USA ihre aus verschiedenen Projektländern der Stiftung kamen in Washington, DC zusammen, um sich mit ihren US-amerika- Wahlkämpfe? nischen Counterparts auszutauschen und Best-Practice- Empfehlungen für den Wahlkampf in ihren Ländern zu ge- winnen. Besonders fasziniert waren die erfahrenen Partei- strategen von den Strategien im Bereich Microtargeting und dem professionellen Aufbau von Basisbewegungen – den sogenannten Grassroots Operations.

Beide Strategien haben sich seit Beginn des Obama-Wahl- kampfes 2008 enorm weiterentwickelt. Obwohl viel Geld in amerikanische Wahlkämpfe fließt, ist es von großer Be- deutung, mit den finanziellen Mitteln, Arbeitskräften und der Zeit ökonomisch sinnvoll zu wirtschaften, um best- mögliche Ergebnisse zu erzielen. Mit der Taktik des Micro- targeting werden tatsächliche und potenzielle Wähler ganz gezielt über traditionelle und neue Medien angesprochen. Umfangreiche Datenbanken, die über Jahre hinweg auf- gebaut wurden, und extra für den Wahlkampf entwickelte Apps ermöglichen zielgruppenspezifisches Marketing.

Das Microtargeting wird auch von den freiwilligen Helfern angewandt, die in amerikanischen Städten auf Wähler- fang von Tür zu Tür gehen, um zu vermeiden, dass sie an den „falschen Türen“ klopfen. Auf dieses sogenannte can- vassing werden die Freiwilligen intensiv vorbereitet und die korrekte Ansprache der Wähler wird trainiert.

Am Super Tuesday müssen die Kandidaten für das Präsidentschaftsamt gut abschneiden. 64 Internationale Politik 65

Jahresbericht 2015

„12 Jahre populistischer Politik hinterlassen der neuen Regierung Argentiniens ein schweres Erbe.“

Der Populismus schwächelt Daniel Scioli, Kandidat der regierenden Peronisten, un- terlag dem oppositionellen Wahlbündnis Cambiemos. Zu diesem Bündnis gehören neben der konservativen Partei PRO von Mauricio Macri auch die Partei Unión por la Liber- tad (UpL). Das Ausbildungsinstitut der UpL (IDEAR) ist un- ser Stiftungspartner in Argentinien. Voraussetzung für den Wahlsieg war die erfolgreiche Koordinierung und der Zu- sammenschluss der Oppositionsgruppen zu einer Allianz.

Neuanfang für Argentinien – mit einem schweren Erbe 12 Jahre populistischer Politik hinterlassen der neuen Re- gierung ein schweres Erbe: hohe Inflation, Unterversorgung und Rückgang der Investitionen im Energiesektor, eine Zen- tralbank ohne Reserven, Zahlungsunfähigkeit im Ausland, hohe Regierungsausgaben und Steuerdefizite.

Der Erfolg der liberalen Ideen Die in der neuen Regierung vertretene Partei Unión por la Ende einer Argentinien hat am 22. November 2015 einen neuen Präsi- Libertad ist Teil des Netzwerkes Red por la Libertad („Netz- denten gewählt. Mit dem Sieg des Oppositionskandidaten werk für die Freiheit“), in dem verschiedene Stiftungspart- Mauricio Macri über den Kandidaten der regierenden Pe- ner und ihr nahestehende Institutionen aus ganz Argenti- ronisten Daniel Scioli endete die 12-jährige Regierungszeit nien zusammenarbeiten. Zusammen mit dem Netzwerk populistischen Irrfahrt: von Nestor und Cristina Fernandez Kirchner. Im Vorfeld junger liberaler Argentinier (Jóvenes Argentinos Libera- der Wahlen führte die Friedrich-Naumann-Stiftung für die les) hat das Netzwerk mehrere erfolgreiche Projekte um- Freiheit mehrere Veranstaltungen mit ihren Stiftungspart- gesetzt, bei denen sich auch Menschen engagierten, die Neuanfang für Argentinien nern und der Konrad-Adenauer-Stiftung zu Themen wie gewöhnlich nicht an Parteipolitik interessiert sind. Zu die- Stärkung von Demokratie und Pressefreiheit durch. sen Projekten zählen innovative Videos des Think-Tank Libertad y Progreso, die in der Netzgemeinde sehr beliebt Wahlbeobachter für transparente Wahlen waren, und die Onlineseminare der Stiftung Fundación Ba- Außerdem engagierten sich Stiftungspartner dafür, dass ses, die ganz gezielt Jugendliche und junge Erwachsene die Wahlen geordnet abliefen. So war der Think-Tank Fe- ansprachen und damit auch in den traditionellen Medien deralismo y Libertad an der Aufdeckung des Wahlbetrugs Aufmerksamkeit erregten. bei den Regionalwahlen in Tucumán im August beteiligt. Dadurch rückte das Thema „saubere Wahlen“ in den Mit- Netzwerktreffen telpunkt der Öffentlichkeit. Unser Stiftungspartner Red Ser des Red por la Libertad Fiscal nahm dabei eine entscheidende Rolle ein. Das lan- Libertad y progreso desweites Netzwerk von Bürgern, die sich als Wahlbeob- Videoclip achter für transparente Wahlen engagieren, beobachtete und analysierte den Ablauf der Wahlen in ganz Argentini- en. Sogar Papst Franziskus würdigte den Verdienst dieser Organisation. Er lud einige der insgesamt 50.000 regist- rierten Mitglieder der Red Ser Fiscal und den Vertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zu einer Privat- audienz im Vatikan ein. 66 Internationale Politik 67

Jahresbericht 2015

Diese Ideale wurden in diesem Jahr auf eine harte Probe ge- Italien eine selten gesehene Welle der Solidarität und Hilfs- stellt. Ob Traiskirchen, Calais, Lesbos oder Brüssel, an vie- bereitschaft unter den Europäern aus; jedenfalls zunächst. Europas Zukunft im Comic: len Orten Europas schossen Zeltstädte wie Pilze aus dem Weitere Beiträge kamen von Sara Ferreira and Gisela Mar- Boden. Hunderttausende Menschen durchquerten unseren tins (Portugal, „Boundless“), Eva Hilhorst (Niederlande, „Af- Kontinent zu Fuß. Während Populisten versuchten, aus ter the tempest“), Maran Hrachyan (Armenien, „Europe is Animate Europe dem Schicksal der Ankommenden politisches Kapital zu a Human Being“) und Jenny Robins (Großbritannien, „Eu- schlagen, lösten Bilder aus Ungarn, aus Griechenland, aus ropeLand“).

Nicole Knötig erhielt für ihr Comic „The Union“ Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat zum den ersten Preis der internationalen Jury. zweiten Mal den internationalen Comicwettbewerb „Ani- mate Europe“ veranstaltet. Den ersten Preis gewann die Baden-Württembergerin Nicole Knötig für ihren Comic „The Union“ im Brüsseler Comicmuseum.

Nicole Knötig erzählt, wie es zur Spaltung der Europäi- schen Union in einen reichen Nord- und einen armen Süd- teil kommt. Ihre Geschichte thematisiert die Sorgen, die derzeit viele Europäer bewegen: Flüchtlingskrise, Finanz- krise, Wohlstandsgefälle zwischen Nord und Süd, wach- sender Euroskeptizismus sowie das zeitlose Streben nach einem glücklichen Leben. „Auf acht Seiten vermag es Nicole Knötig, so zu fesseln, dass man sich wünscht, der Comic ginge noch weiter“, so die Jury. „Nicole Knötig überzeugt mit einem durchdachten Konzept und starken Charakte- ren. Ihre Geschichte bleibt haften und regt zum Nachden- ken an.“ Nicole Knötig, die sich das Comiczeichnen selbst beigebracht hat, setzte sich im Wettbewerb auch gegen professionelle Zeichner durch.

Den zweiten Platz erhielt Bue Bredsdorff (Dänemark) für sein Comic-Gedicht „Europe 2065“, den dritten Domingo Pozanco Torrejón (Spanien) für seinen „Traum für Europa“, „in dem ‚Lampedusa‘ nicht für Tod steht, sondern für die Der dritte Preis ging an Hoffnung auf eine bessere Zukunft“. Mit seiner Protago- Domingo Pozanco aus Spanien. nistin beschreibt der Spanier ein Europa der Bürger, ein Europa der Vielfalt, Partizipation und Menschlichkeit.

Der Zweitplatzierte – Bue Bredsdorff aus Dänemark

Animate Europe 2015 Publikation 68 Internationale Politik 69

Jahresbericht 2015

Wir brauchen in den EU-Mitgliedsstaaten wie in der Ukraine mehr fähige, glaubwürdige und verantwortungsbewusste Entscheidungsträger, um die russische Aggression richtig einzuordnen und zu stoppen, um unsere liberalen und de- mokratischen Werte und unser Lebensmodell zu retten.

Herr Grizenko, wie unterscheidet sich Ihre Partei „Bürger- position” von anderen ukrainischen Parteien? Und wie „Um in der Ukraine einen Durchbruch bauen Sie und Ihre Mitstreiter die Partei auf? Wir bauen unsere Partei – und vereinigen in ihr Bürger – in Sachen gelebter Demokratie zu auf der Basis der Menschenrechte und Grundfreiheiten, betonen Transparenz und Verantwortung von staatlichen erreichen, müssen wir Millionen von Autoritäten, freie Marktwirtschaft, den sparsamen Um- gang mit Energie, die De-Oligarchisierung der ukrainischen Bürgern mobilisieren ...“ Wirtschaft, der Politik und der Medien, eine starke Mittel- klasse und Zivilgesellschaft.

Sie waren kürzlich zum ersten Mal auf dem Kongress der „ALDE – Alliance for Liberals and Democrats in Europe“ in Budapest, bei dem liberale Politiker aus ganz Europa auf- einander treffen. Welche Rolle spielt internationale Koope- ration für Sie? Wir sind sehr daran interessiert, die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern zu vertiefen, die nicht nur unsere liberalen und demokratischen Werte teilen, sondern auch positive praktische Erfahrungen haben, wie sich diese Anatoli Pawlowitsch Grizenko ist Parteichef einer Partei, Werte in reale Politik und im täglichen Leben umsetzen die sich seit ihren Anfängen 2010 glaubhaft Transparenz lassen. Niemand kann das Rad neu erfinden, deshalb wird Liberalismus in der Ukraine: und Redlichkeit auf die Fahnen geschrieben hat, auch im solche Kooperation der Ukraine sicher helfen, den europä- Hinblick auf die eigene Parteifinanzierung. Anatoli Grizen- ischen Weg – im Rahmen des EU-Ukraine-Assoziierungs- ko war der erste Verteidigungsminister nach der Orange abkommens – schneller zu gehen. Interview mit Stiftungspartner Revolution und ist Autor eines nationalen Sicherheitskon- zepts, das – nach Meinung international anerkannter Si- Warum ist Liberalismus in der Ukraine wichtig? cherheitsexperten – bis heute als „Modelldokument“ gilt. Um in der Ukraine einen Durchbruch in Sachen gelebter Zwar scheiterte seine Partei 2014 an der Fünfprozenthür- Demokratie zu erreichen, müssen wir Millionen von Bür- Anatoli Grizenko de und Anatoli Grizenko selbst belegte bei der Präsident- gern mobilisieren, müssen es für sie möglich machen, ihre schaftswahl 2014 nur den vierten Platz. Aber der „Bürger- Energie, ihr Wissen tatsächlich einbringen und ihre Wün- position“ gelang es 2015 in den Lokalwahlen, die Zahl ihrer sche verwirklichen zu können. Das erreichen wir nur, wenn kommunalen Abgeordneten von 87 auf 502 um mehr als Menschen endlich als Bürger behandelt werden, wenn ihre das Fünffache zu erhöhen. Interessen, Rechte und Freiheiten von der Gesellschaft und vom Staat gleichermaßen respektiert werden. Anderen- Herr Grizenko, wie beurteilen Sie die Situation der besetz- falls werden die fähigsten Ukrainer weiter ihr Land verlas- ten Gebiete der Ukraine und die gegenwärtigen Lösungs- sen und sich im Ausland verwirklichen. ansätze? Wenn die Minsker Vereinbarungen vom 11. Februar 2015 umgesetzt werden, verschwindet die Ukraine als Staat von der Landkarte und die europäische Sicherheit an sich wird in Frage stehen. Wir alle brauchen keine zeitweilige Anäs- thesie, sondern zuverlässigen Frieden und Sicherheit. Im Umgang mit der russischen Aggression und der Krise in der Ukraine ist zweierlei wichtig: erstens, zügige innen- politische Reformen sowie eine effektive Korruptionsbe- kämpfung und die Stärkung der Streitkräfte. Zweitens, den Am 4. Juni 2015 fand in Brüssel fehlerhaften, ineffektiven und von Russland dominierten die Veranstaltung „Europas geteilte Minsk-Prozess durch Gespräche in neuem Format zwi- Sicherheit und der Überlebenskampf schen der Ukraine, Russland, den Vereinigten Staaten und der Ukraine“ statt. der EU insgesamt zu ersetzen. 70 Allgemeines 71

Jahresbericht 2015

Allgemeines 72 Allgemeines 73

Jahresbericht 2015

Mit starker Stimme

Prof. Dr. Jürgen Morlok für die Freiheit Vorsitzender des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Dr. Wolfgang Gerhardt, Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, im Interview zum Stand der Neuausrichtung der Stiftungsarbeit

Herr Dr. Gerhardt, welches Ziel verfolgt die Stiftung mit der Unser Magazin „liberal – Debatten zur Freiheit“ erscheint Neuausrichtung? in komprimierter Form 6 Mal pro Jahr in deutlich erhöhter Die Stiftung für die Freiheit Die Freiheit hat weltweit noch nicht gewonnen. Freiheit- Auflage mit bis zu 250.000 Exemplaren – im Abonnement liche Werte und Ideen werden in Deutschland, Europa ist es kostenfrei. Dieser Ausbau, verbunden mit neuen und der Welt vielmehr zunehmend zurückgedrängt. Men- Konzepten zur Zielgruppenarbeit und zum Netzwerkma- im Wandel schenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Soziale nagement, ist die Voraussetzung, um gezielt deutlich mehr Zu den Sitzungen im Dezember, die anlässlich des 70. Ge- Marktwirtschaft sind aber die Grundpfeiler für ein friedli- Menschen als bisher mit den politischen Bildungsangebo- burtstages des Kuratoriumsvorsitzenden Prof. Dr. Jürgen ches Miteinander und Wohlstand; liberale Gesellschaften ten und Kernthemen unserer Stiftung vertraut zu machen. Morlok in Karlsruhe stattfanden, sprach unter anderem sind der Garant für ein selbstbestimmtes Leben. Freiheit Genau dies wollen wir 2016 erreichen. Prof. Dr. Andreas L. Paulus, Richter des Bundesverfas- bedeutet im Kern nicht, von der Gnade anderer abhängig sungsgerichts, über Grundrechte im Internetzeitalter. zu sein, die stärker sind. Sie muss täglich irgendwo auf Widmet sich die Stiftung dabei auch neuen Themen? Bericht des Kuratoriums zur Gremienarbeit 2015 der Welt verteidigt und erkämpft werden. Für sie arbeitet die Das haben Liberale schon immer getan. Wir wollen da- Nicht zuletzt unterstützte das Kuratorium die Neuord- Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in rund 60 Län- bei aber auch die Kernkompetenzen der Liberalen klar Die Gremien der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Frei- nung der Arbeitseinheiten: Seit September 2015 arbeitet dern, für sie haben wir uns ein gutes Stück neu aufgestellt. hervorheben. Vier Themenschwerpunkte – Bildung und heit leiteten 2014 institutionelle Reformen sowie eine Neu- die Stiftung auf der Grundlage einer neuen Organisations- Forschung, Soziale Marktwirtschaft, offene und digitale ausrichtung der Stiftungsarbeit in Deutschland ein. Im struktur sowie wesentlich optimierter interner Arbeitspro- Wie sehen diese neuen Wege aus? Gesellschaft sowie internationale Politik – werden bear- Jahr 2015 begleiteten das Kuratorium und seine beiden zesse. Das Kuratorium selbst verkleinert sich bis Ende Um mit der Stimme für die Freiheit wieder mehr Men- beitet. Wesentlicher Bestandteil ist die Digitalisierung – Ausschüsse Programm und Finanzen in ihren jeweils drei 2016 von 29 auf 21 Mitglieder; Ende 2015 gehörten ihm 25 schen zu erreichen, müssen wir uns der gesamten Breite die Digitalisierung der Gesellschaft im Allgemeinen, aber Tagungen den Vorstand und die Geschäftsführung inten- Mitglieder vornehmlich aus den Bereichen Politik, Medien, moderner Kommunikation bedienen. Zentraler Pfeiler im auch speziell der Arbeitswelt oder des Unterrichts in siv bei der Initiierung und Umsetzung der Veränderungs- Wissenschaft, Marketing, mittelständische Unternehmen Jahr 2015 war entsprechend der Ausbau unserer Kommu- Schulen. Digitalisierung ist nicht nur ein technologischer prozesse. Zentral waren dabei die Beratungen zu den und Kultur an. nikation, insbesondere unserer digitalen Kommunikation. Sprung; sie wird unsere sozialen Beziehungen betreffen. einzelnen Maßnahmen zur Neuausrichtung und der dafür Die Homepage der Stiftung wurde vollständig neu konzi- notwendigen Finanzausstattung sowie zum Veranstal- Überblick über das Kuratorium piert, der Webshop modernisiert, ein Crossmedia-Zentrum Der Schutz von persönlichen Daten und die Privatsphäre tungsprogramm 2016, das die vier neuen Themenschwer- aufgebaut, eine Strategie für die Auftritte der Stiftung in sind deshalb ständige Herausforderungen – urliberale punkte in innovativen Formaten umsetzt. Vorsitzender: den sozialen Medien entwickelt, das Corporate Design Themen im modernen Gewand. Mit der früheren Bundes- Prof. Dr. Jürgen Morlok überarbeitet und die regionale Presse- und Öffentlichkeits- justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ha- Darüber hinaus befasste sich das Kuratorium eingehend arbeit verstärkt. ben wir eine vehemente Gegnerin der Vorratsdatenspeiche- mit den Entwicklungen im internationalen Bereich, insbe- Ehrenvorsitzender: rung im Vorstand: Sie ist der Kopf unserer 2015 initiierten sondere der Stiftungsarbeit in krisenhaften Regionen, der Dr. h. c. Walter Scheel Kampagne „freiheit digital“ gegen die Datensammelwut Fortentwicklung der Auslandsstrategie und der Einrich- eines Staates, der Sicherheitsinteressen einseitig zulasten tung eines internationalen Journalisten- und Mediendia- Stellvertretende Vorsitzende: der Freiheitsrechte jedes einzelnen Bürgers ausspielt. Ein logprogramms. Auch die Positionierung zur Migrations- Prof. Dr. Ludwig Theodor Heuss und Liane Knüppel völlig anderes, aber ebenso aktuelles Thema greift unser und Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa waren stellvertretender Vorsitzender, der frühere Finanzminister Gegenstand der Beratungen. Weitere Mitglieder: Sachsen-Anhalts Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, unter dem Christel Augenstein, Dr. Gisela Babel (bis 19.12.2015), Titel „Die gekniffene Generation“ mit den Folgen einer al- Zusätzliche Expertise in die Diskussion brachten dabei die Dr. h.c. Hinrich Enderlein, Richard Fudickar, Prof. Dr. Helmut ternden Gesellschaft auf. Wie mit dem demografischen Gastredner der traditionellen Kuratoriumsvorabende ein: Haussmann, Dr. Peter Jeutter, Detlef Kleinert, Karl-Ulrich Wandel erfolgreich umgegangen werden könnte, ist eines Stefan Kapferer stellte als Stellvertretender Generalsekre- Kuhlo, Alexander Graf Lambsdorff MdEP, Heinz Lanfer- seiner Themen. Die entscheidende Frage für unsere Stif- tär die Herausforderungen für die Organisation für wirt- mann, MdL, , tung ist bei alten wie neuen Themen, welche Stärken man schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vor. Dr. Anita Maaß, Gisela Piltz, Walter Rasch, Dr. Horst braucht, um aus Risiken Chancen zu machen. Rehberger, Hermann Rind, Dr. Fritz Schaumann, Renate Zu Ehren des 70. Geburtstages des Vorstandsmitglieds Schneider, Dr. Hermann Otto Solms, Prof. Dr. Thomas Wirklichkeitsflucht ist für uns kein Rettungsweg; wir ermu- Dr. Wolf-Dieter Zumpfort referierte der Stellvertretende Straubhaar, Ruth Wagner, Joachim Werren Dr. Wolfgang Gerhardt tigen Menschen, wir trauen ihnen etwas zu. Es geht um FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki über das Span- Vorsitzender des Vorstandes Spielräume für die Zukunft der nachfolgenden Generatio- nungsverhältnis von Sicherheit und Freiheit im politischen der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit nen, in denen sie ihr Leben freiheitlich gestalten können. Tagesgeschäft. 74 Allgemeines 75

Jahresbericht 2015

Zum Selbstverständnis der politischen Stiftungen

Die Konrad-Adenauer-Stiftung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Hanns-Seidel- Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung haben ihr Selbstverständnis formuliert.

Ihre gemeinsame Erklärung ist Standortbestimmung, Ò durch Vermittlung politischer Bildung die Beschäfti- Selbstverpflichtung und Information der Öffentlichkeit zu- gung der Bürger mit politischen Fragen anzuregen gleich. Die Zusammenfassung der Erklärung: sowie ihr politisches Engagement zu fördern und zu vertiefen; Die Konrad-Adenauer-­ Stiftung,­ Friedrich-Ebert-Stiftung,­ Ò durch Wissenschaftsförderung, politische Forschung Friedrich-Naumann-Stiftung­ für die Freiheit, Hanns-Seidel­ ­- und Beratung Grundlagen politischen Handelns zu er- Stiftung, Heinrich-Böll­ -Stiftung­ und Rosa-Luxemburg­ -­ arbeiten sowie den Dialog und Wissenschaftstransfer Stiftung sind die der Christlich Demokrati­ ­schen Union zwischen Wissenschaft, Politik, Staat und Wirtschaft Deutschlands, der Sozialdemokratischen Partei Deutsch- zu vertiefen; lands, der Freien Demokratischen Partei, der Christlich Ò die geschichtliche Entwicklung der Parteien sowie der ­Sozialen Union in Bayern, der Bundespartei Bündnis 90/ politischen und sozialen Bewegungen zu erforschen; Die Grünen und der Partei Die Linke nahe stehenden poli- Ò mit Stipendien und studienbegleitenden Programmen tischen Stiftungen. die wissenschaftliche Aus­ und Fortbildung begabter junger Menschen zu fördern; Mit der Wahrneh­mung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben Ò durch Veranstaltungen, Stipendien und Pflege und Er- wollen sie zur Gestaltung der Zukunft unseres Gemeinwe- halt von Kulturwerken Kunst und Kultur zu fördern; sens beitragen. Ihre gesellschaftspolitische und demokra- Ò durch Informationen und internationale Begegnungen Im politischen Dialog tische Bildungsarbeit,­ Information und Politikberatung im die europäischen Einigungsbestrebungen zu unterstüt­ In- ­und Aus­land, die auf den Prinzipien der freiheitlich­ zen und zur Völkerverständigung beizutragen; demokrati­schen Grundordnung aufbauen und den Grund- Ò mit Programmen und Projekten entwicklungspolitische sätzen der Solidarität, Subsidiarität und gegenseitigen To- Hilfe zu leisten und zum Aufbau demokratischer, frei- in über 60 Ländern der Erde leranz verpflichtet sind, haben insbesondere zum Ziel: heit­licher und rechtsstaatlicher Strukturen, die den Menschen­ ­ und Bürgerrechten verpflichtet sind, beizu- tragen.

Es gehört zum Selbstverständnis der politischen Stiftun­ A Albanien · Ägypten · Algerien · Argentinien · Armenien · Aserbaidschan B Bangladesch · Belgien · Bhutan · Bosnien ­ gen, ihre Ressourcen mit größtmöglichem Nutzen einzu­ Herzegowina · Brasilien · Bulgarien C Costa Rica D Dänemark · Deutschland E Elfenbeinküste · Estland F Finnland · setzen und darüber öffentlich Rechenschaft zu legen. Die Frankreich G Georgien · Griechenland · Guatemala H Honduras I Indien · Indonesien · Irland · Israel und palästinen- Information der Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit und die sische Autonomiegebiete · Italien J Jordanien K Kambodscha · Kanada · Kasachstan · Kenia · Kirgisistan · Koso- Verwendung ihrer Mittel ist eine selbstgesetzte Verpflich­ vo · Kroatien L Lettland · Libanon · Libyen · Litauen · Luxemburg M Malaysia · Mali · Malta · Marokko · Mazedonien · tung der politischen Stiftungen und stärkt das öffentliche Mexiko · Moldau · Montenegro · Myanmar N Nepal · Nicaragua · Niederlande · Nordkorea O Österreich P Pakistan · Vertrauen in ihre Arbeit. Auch aus diesem Grund sind die Paraguay · Philippinen · Polen · Portugal R Rumänien · Russland S Schweden · Senegal · Serbien · Spanien · Simbabwe · politischen Stiftungen übereingekommen, die Empfehlun­ Slovenien · Slowakische Republik · Sri Lanka · Südafrika · Südkorea · Syrien T Tadschikistan · Tansania · Thailand · gen der vom Bundespräsidenten berufenen Kommission Tschechische Republik · Tunesien · Türkei U Ukraine · Ungarn · Usbekistan V Vereinigte Staaten von Amerika · Vereinig- unabhängiger Sachverständiger aufzugreifen, ohne insoweit­ tes Königreich · Vietnam W Weißrussland Z Zypern auf eine etwaige gesetzliche Regelung zu warten. In dieser gemeinsamen Erklärung stellen sie ihr Selbst­verständnis insbesondere im Hinblick auf die staatliche Finanzierung Die Regionalbüros der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Deutschland ihrer Arbeit und die öffentliche Rechenschaftslegung­ dar. Berlin-Brandenburg · Gummersbach · Hannover · Lübeck · Mitteldeutschland · München · Stuttgart · Wiesbaden 76 Die liberale Bilanz 77

Jahresbericht 2015

Die liberale Bilanz 78 Die liberale Bilanz 79

Jahresbericht 2015

Die Friedrich-­Naumann-Stiftung­ für die Freiheit erzielte im sich auf 11,7 % der Gesamtein­nahmen. Die Landesmittel Die finanziellen Mittel Haushaltsjahr 2015 Einnahmen in Höhe von 58,8 Mio. €. mit 1,7 % der Gesamteinnahmen veränderten sich im Jah- Davon bezog sie – gemäß ihrem Aufgabenschwerpunkt – resvergleich nicht und lagen wie im Vorjahr bei insgesamt 42,5 % der Mittel vom Bundesministerium für wirtschaftli- 1,0 Mio. €. Die Zuwendungen der EU und anderer betrugen che Zusammenarbeit und Entwicklung. Gegenüber 2014 be- 0,7 Mio. €, das entspricht 1,2 % der Gesamteinnahmen. der Stiftung deutet dies eine Reduzierung der Einnahmen um 3,0 Mio. €. Sie lagen somit um 0,6 Mio. € unter dem Vorjahresniveau. Der Anteil der Zuwendungen des Bundesministeriums des Die sonstigen Einnahmen mit 11,9 % erhöhten sich von Innern betrug 20,1 % und lag damit bei 11,8 Mio. €. Die Zu- 1,3 Mio. € auf 7,0 Mio. €. wendungen des Auswärtigen Amtes erhöhten sich gegen- Die Zuwendungen von Bund und Ländern an die Friedrich­ Das Volumen der im Jahre 2015 verfügbaren finanziellen über dem Vorjahr um 3,3 Mio. €. Der Anteil an den Gesam- Naumann-Stiftung für die Freiheit sind in den letzten neun Mittel lag damit unter Einbeziehung der Inflationsraten um teinnahmen betrug 10,9 %. Die vom Bundesministerium Jahren nominal um insgesamt 40,6 % gestiegen, aber real 8,3 Mio. € über dem des Jahres 2007. für Bildung und Forschung bereitgestellten Mittel beliefen nur um 22,8 %.

Die Zusammensetzung der Einnahmen 2014 / 2015 (2016 Plan)

Andere EU, Drittmittel BMZ BMI AA BMBF Bundesmittel Landesmittel Ausland Sonstige Gesamt 30 Die Entwicklung der Bundes- und Landeszuwendungen 2007–2015 (2016 = Plan)

25

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 60 20 55 50 45 15 40 35 30 10 25 20

15 5 10 5 0 0

Nominal 36,4 37,6 39,8 42,7 43,9 46,0 48,3 51,3 51,2 54,8 2014 28,0 12,1 3,1 7,1 0,0 1,0 1,3 1,3 53,9 Real 36,4 36,3 38,1 40,3 40,7 41,7 43,0 45,0 44,7 47,7 2015 25,0 11,8 6,4 6,9 0,0 1,0 0,7 7,0 58,8 2016 28,6 11,8 6,5 6,9 0,0 1,0 0,6 5,3 60,7

Angaben in Mio. € Angaben in Mio. € Quellennachweis der Gesamteinnahmen 80 Die liberale Bilanz 81

Jahresbericht 2015

Die Aufteilung Mitarbeiter

der Mittel Die Aufteilung der Mittel weltweit Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ist ein at- noch viele Projektmitarbeiter in aller Welt. Aktuelle Stellen- traktiver Arbeitgeber. 211 Kolleginnen und Kollegen arbei- ausschreibungen finden Sie unter: freiheit.org/content/jobs Europäischer und ten im In- und Ausland für die Freiheit – dazu kommen 7,9% transatlantischer Dialog

Anzahl der Mitarbeiter im In- und Ausland 2015 29,0% Asien Lateinamerika 9,5% Inland Ausland Gesamt

Subsahara- Afrika 12,5% 119,5 7 126,5 Aufteilung der Mittel in Deutschland nach Aufgaben 211 Öffentlichkeitsarbeit, 7,7% Südost- und Publikationen 15,1% Osteuropa 3,5% Archiv, Forschung Überregional 12,8% 58,5 26 84,5

13,2% Nordafrika und 34,9% Politische Mittlerer Osten Bildung Inland

Zentrale Steuerung und 25,4% Verwaltung Begabtenförderung

Die Begabtenförderung erhielt 2015 etwas über 7,8 Mio. € pendiaten mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung für die Förderung von deutschen und ausländischen Studie- und Forschung (BMBF mit 7.011.153 €) und des Auswärti- renden und Promovierenden. Insgesamt wurden 1.023 Sti- gen Amtes (AA mit 810.368 €) gefördert. 28,5% Begabtenförderung

Anzahl der Stipendiaten 2015 Politische Bildung Inland 9,9 8,8 Asien

Begabtenförderung 8,1 4,6 Südost- und Osteuropa BMBF 804 Studienförderung Zentrale Steuerung und Verwaltung 7,2 4,0 Nordafrika und Mittlerer Osten Öffentlichkeitsarbeit, Publikationen 2,2 3,9 Überregional BMBF Archiv, Forschung 1,0 3,8 Subsahara-Afrika 1.023 141 Promotionsförderung 2,9 Lateinamerika 2,4 Europäischer und transatlantischer Dialog 78 Förderung durch das Auswärtige Amt Gesamt 28,4 30,4 Gesamt 58,8 Angaben in Mio. € Verteilung der Mittel 2015

8045,1 BMBF Aufgabenfelder in Deutschland Einsatzgebiete weltweit Studienförderung Im Jahre 2015 umfassten die im Inland ausgegebenen Der Finanzmitteleinsatz in Höhe von insgesamt 30,4 Mio. € entsprach 51,7 % der Gesamteinnahmen. Das als „überre- BMBF Mittel 28,4 Mio. €. Dieser Betrag entsprach 48,3 % der Ge- 1,9 samteinnahmen. Die Aufwendungen für die zentrale Steu- gional“ bezeichnete Segment beinhaltet die Aktivitäten der 7,8 Promotionsförderung erung einschließlich der Planung und Steuerung der Aus- Internationalen Akademie für Führungskräfte sowie inter- landsarbeit sowie für die Verwaltung der Infrastruktur be- nationale Besuchsprogramme und Konferenzen. 0,8 Förderung durch das Auswärtige Amt liefen sich in 2015 auf 12,24 % der Gesamteinnahmen. Angaben in Mio. € 82 Die liberale Bilanz 83

Jahresbericht 2015

Gesamtübersicht aller im Haushaltsjahr 2016 Das Geschäftsjahr 2014 zu erwartenden Einnahmen und voraussichtlichen Ausgaben

Aktiva Passiva I. Einnahmen Stand am Stand am Stand am Stand am € 31.12.14 31.12.13 31.12.14 31.12.13 1. Zuwendungen und Zuschüsse € € € € Zuwendungen der Bundesministerien 53.846.927,00 Anlagevermögen Eigenkapital Zuwendungen der Länder und anderer Gebietskörperschaften 970.223,00 ­ ­ Sonstige Zuwendungsgeber 646.227,00 Immaterielle Stiftungskapital 172.150,00 162.000,00 2. Spenden 19.000,00 Vermögensgegenstände 322.558,00 416.322,00 Rücklagen 7.227,97 5.159,61 3. Teilnehmergebühren 380.815,00 Sachanlagen­ 14.217.179,90 14.919.496,90 Umschichtungsergebnisse -4.495,22 -6.169,95 4. Sonstige Einnahmen 4.874.677,00 Finanzanlagen­ 1.091.471,62 1.076.714,54 Ergebnisvortrag 8.663.114,38 9.024.407,90 Gesamt 60.737.869,00 Gesamt 15.631.209,52 16.412.533,44 Gesamt 8.837.997,13 9.185.397,56

Dem unter dem Posten „Eigenkapital“ ausgewiesenen Posten „Ergebnisvortrag“ Umlaufvermögen stehen teilweise mögliche Wertausgleichsverpflichtungen, insbesondere nach den II. Ausgaben Besonderen Bewirtschaftungsgrundsätzen des Bundes, gegenüber. Die möglichen Wertausgleichsverpflichtungen sind durch entsprechende Grundschulden in Höhe € Vorräte 22.600,00 24.200,00 von TEUR 16.948 besichert. Die Höhe der Wertausgleichsverpflichtungen kann nicht beziffert werden kann, da diese nicht feststehen. Forderungen und sonstige 1. Aufwendungen aus der satzungsmäßigen Tätigkeit/Projektausgaben Vermögensgegenstände 707.903,06 827.144,72 Sonderposten für Investitions- Staatsbürgerliche und gesellschaftspolitische Bildungsarbeit -6.605.011,00 Kassenbestand, Guthaben zuschüsse zum Anlagevermögen 3.074.578,00 3.549.653,00 Förderung von Studenten und Graduierten -4.614.921,00 1 bei Kreditinstituten 5.489.297,58 3.194.851,97 Rückstellungen 4.091.466,85 2.939.400,00 Internationale Zusammenarbeit -31.552.914,00 Gesamt 6.219.800,64 4.046.196,69 Verbindlichkeiten 3.125.324,92 4.398.805,25 Öffentlichkeitsarbeit -1.971.155,00 2. Personalaufwand für Inlandsmitarbeiter -11.707.250,00 Rechnungsabgrenzungsposten 31.709,77 30.012,80 Rechnungsabgrenzungsposten 2.753.353,03 415.487,12 3. Sachaufwendungen Geschäftsbedarf -2.677.055,00 Gesamt 21.882.719,93 20.488.742,93 Gesamt 21.882.719,93 20.488.742,93 Bewirtschaftung und Unterhaltung von Grundstücken und Gebäuden -1.149.353,00 Übrige Aufwendungen -116.700,00 Aufwendungen Erträge 4. Ausgaben für Investitionen -343.510,00

2014 2013 2014 2013 Gesamt -60.737.869,00 € € € €

Satzungsgemäße Tätigkeit, Zuwendungen und Zuschüsse 49.692.057,95 48.956.275,06 III. Voraussichtliches Jahresergebnis Projektaufwendungen 35.473.265,54 35.089.445,04 Einnahmen aus Spenden 10.057,55 63.015,84 € Personalaufwand Teilnehmerbeiträge 455.308,51 481.054,70 für Inlandsmitarbeiter 9.204.308,36 9.263.532,63 Sonstige Einnahmen und Erträge 1.093.783,29 1.088.360,14 0,0 Sachaufwendungen 5.295.111,89 5.366.525,72 Außerordentliche Einnahmen Sonstige Aufwendungen 1.473.596,59 891.563,91 und Erträge 12.612,66 243.264,10 Außerordentliche Einstellungen in den Sonder- 1 inkl. unmittelbar zuzurechnender Personalkosten für Auslandsmitarbeiter Ausgaben und posten für Investitionszu- Aufwendungen 4.651,00 1.040,00 schüsse zum Anlagevermögen -170.437,01 -428.191,81

Gesamt 51.450.933,38 50.612.107,30 Gesamt 51.093.382,95 50.403.778,03

Jahresfehlbetrag -357.550,43 -208.329,27

Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr 9.024.407,90 9.228.119,95 Gemäß der Empfehlung der vom Bundespräsidenten berufenen Kommission unab- Einstellungen in den Posten hängiger Sachverständiger vom 17. Februar 1993 wurde der Jahresabschluss 2014 nebst ergänzenden Angaben am 10.11.2015 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Umschichtungsergebnisse -1.674,73 6.169,95 Einstellungen in die Ergebnis- rücklagen (Kapitalerhaltungs- -2.068,36 -1.552,73 rücklagen)

Ergebnisvortrag 8.663.114,38 9.024.407,90 84 Danksagung/Impressum

Jahresbericht 2015

Danksagung an Stifter, Spender und Sponsoren

Mit Ihrer Hilfe tun wir Gutes! Ihre Zuwendungen ermöglichen die Weiterentwicklung der privaten Finanzierung der Auf- gaben unserer Stiftung. Nur die Steigerung dieses privaten Finanzierungsanteils führt zu mehr Unabhängigkeit von öffentlichen Zuwendungen, und somit zu einer unabhängigeren Arbeit der Stiftung. Dafür möchten wir Ihnen an dieser Stelle herzlich danken.

Unterstützen Sie die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit mit Ihrer Zustiftung zum Stiftungskapital oder mit einer einmaligen Spende zur Aufgabenfinanzierung: Mit einer Zustiftung tun Sie auf Dauer Gutes. Denn die gesamten aus dem Stiftungskapital einschließlich Ihrer Zustiftung erwirtschafteten Zinsen tragen zeitlich unbefristet und in vollem Umfang zur Finanzierung unserer satzungsgemäßen Aufgaben bei. Eine Spende wirkt einmalig und unmittelbar zur Aufgabenfinanzierung. Entscheiden Sie selbst, ob Sie als „Stifter“ oder als „Spender“ die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit unterstützen wollen, um Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen. In beiden Fällen erhalten Sie von uns eine steuerlich absetzungsfähige Bestätigung. Über weitere Einzelheiten beraten wir Sie gern. In beiden Fällen erhalten Sie von uns eine steuerlich absetzungsfähige Bestätigung.

Spendenkonto Commerzbank Berlin IBAN: DE12 1004 0000 0266 9661 04 BIC: COBADEFFXXX

Herausgeber Bildnachweis Friedrich-Naumann-Stiftung Seite 12: Picture-Alliance für die Freiheit Seite 16: deGUT/André Wagenzik Truman-Haus Seite 18: Bea Uhart/flickr Karl-Marx-Straße 2 Seite 21: ddp images 14482 Potsdam-Babelsberg Seite 22: Hannibal [email protected] Seite 24: ddp images Seite 30: Kiron Open Higher Education/Victor Strasse Verantwortlich Seite 38: KUKKO Werkzeugfabrik Boris Eichler Kleinbongartz & Kaiser oHG Leiter Fachbereich Kommunikation Seite 41: Fotolia Seite 42: ddp images Redaktion Seite 44: ddp images Doris Bergmann Seite 56: F.A.Z.-Foto/Christian Schubert Johanna Gabriel Seite 60: Picture-Alliance Seite 62: ddp images Koordination Seite 63: ddp images Martina Schäfer Seite 64: Picture-Alliance COMDOK GmbH Alle anderen Fotos Gestaltung Friedrich­-Naumann-Stiftung­ für die Freiheit kopf-an-koepfe.de