Migration – Integration Beiträge Zur Debatte Unter Den Linken Geschlecht – Migration – Integration
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Hella Hertzfeldt, Jane Angerjärv (Hrsg.) Geschlecht – Migration – Integration Beiträge zur Debatte unter den Linken Geschlecht – Migration – Integration 94 94 MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 1 Rosa-Luxemburg-Stiftung Manuskripte 94 MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 2 MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 3 Rosa-Luxemburg-Stiftung HELLA HERTZFELDT, JANE ANGERJÄRV (HRSG.) Geschlecht – Migration – Integration Beiträge zur Debatte unter den Linken Karl Dietz Verlag Berlin MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 4 Rosa-Luxemburg-Stiftung, Reihe: Manuskripte, 94 ISBN 978-3-320-02271-6 Karl Dietz Verlag Berlin GmbH 2011 Satz: Elke Jakubowski Druck und Verarbeitung: MediaService GmbH Druck und Kommunikation Printed in Germany MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 5 Inhalt Einleitung 7 Theoretischer Hintergrund Susanne Spindler Statt Integrationsgipfel: In den Niederungen des Verständnisses von Integration in Politik, Wissenschaft und Medien 10 Esra Erdem Facetten der Integrationsdebatte: Die SINUS-Studie zu Migrantenmilieus und die Logik post-ethnischer Gouvernmentalität 22 Tobias Pieper Wer soll sich woran anpassen? Homogener Kultur-Container und die Integrationsdebatte 34 Lena Lübke Gegen Normierungen zur Verwertung als Ausgang für Diskriminierungen für interdependente Betrachtungsweisen 41 Ceren Türkmen Diskontinuität und Kohärenz. Gastarbeitsmigration und die Organisierung der Arbeitsteilung in Deutschland 51 Politische Lösungsansätze Sevim Dag˘delen Wie sieht eine linke Integrationspolitik aus? 65 Kemal Bozay Denkanstöße für eine fortschrittliche Migrationspolitik 77 MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 6 Erfahrungen aus der Praxis Cano Turan Empowerment aus der Perspektive von People of Color und das Move on Up!-Netzwerk 82 Ayla Güler Saied Migrationsgeschichte(n) im HipHop 87 Karin Cudak Vielfalt in der Schule: Ein Plädoyer für inklusive Bildung 98 Politische Bildung Eva Schäfer Das Themenfeld Geschlechterverhältnisse – Gender – Feminismus in der Rosa-Luxemburg-Stiftung – Bestandsaufnahme und zukünftige Entwicklungslinien 110 Melanie Stitz Feministische und geschlechtergerechte Bildung in der Rosa-Luxemburg-Stiftung Nordrhein-Westfalen 119 Autor_innen 126 MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 7 Einleitung »Was haben Geschlecht und Migration mit Integration zu tun? Die Thematik Mi- gration/Gender im Hinblick auf die Programmatik der Partei DIE LINKE« – unter diesem Titel führte das Studienwerk der RLS am 19. und 20. Juni 2010 eine Diskus- sionsveranstaltung in Köln durch. Das Anliegen war, die Themen Migration und Gender in ihrer gegenseitigen Verschränkung intensiv und aus verschiedenen Blickwinkeln zu diskutieren. Als Kristallisationspunkt und Reibefläche diente da- bei »Integration«. Die vorliegende Publikation gibt einerseits das Gros der Beiträge der Veran- staltung wieder und andererseits kommen weitere Beteiligte zu Wort. An dieser Stelle möchten wir allen Autor_innen für ihr Mitwirken danken. Am Anfang erläutert Prof. Dr. Susanne Spindler die Handhabung des Begriffs Integration in den wissenschaftlichen und politischen Debatten. In ihren Aus- führungen verdeutlicht sie, dass der Integrationsbegriff »ein schweres Erbe mit sich herumschleppt: Er enthält ein postkoloniales Denken sekundärer Integration, verortet den Begriff als Bringleistung und unterstellt wenig Leistungs- und An- passungsbereitschaft seitens MigrantInnen«. So ist es beinahe unmöglich an die Debatten ohne die Problematisierung des Begriffes anzuknüpfen. Wer aber muss sich integrieren? Wer soll diese Leistungen bringen? Auf diese Fragen suchen vor allem Dr. Tobias Pieper und Dr. Esra Erdem in ihren Beiträgen nach Antworten. Pieper zeichnet die Bedeutung der Kultur innerhalb des Integrationsdiskurses. Der Begriff der Kultur fungiert als vielfach besetzte Schimäre, der den Zuge- wanderten Eigenschaften als Ethnie zuschreibt und gleichzeitig nach innen die Weißen-Deutschen einer deutschen Leitkultur zuordnet. Mitgedacht wird dabei immer eine weiß-ethnisch bestimmte deutsche Kultur mit einer langen histori- schen Geschichte. Das ist einer der zentralen Mythen innerhalb der Debatte, denn gelebte kulturelle Praxen sind vor allem sozio-kulturelle Aspekte der eigenen Le- bensweise und keine Folge deutsch-ethnisch definierter Eigenschaften. Auch bei der Historie deutscher Hochkultur überwiegt die Konstruktionsleistung hegemo- nialer Geschichtsschreibung. Besonders bedenklich ist in der Integrationsdebatte in Deutschland »die Verbindung mit antimuslimischen Argumentationsfiguren und deren Umsetzung in scheinbare Integrationsforderungen«. Esra Erdem schaut sich die SINUS-Studie zu Migrantenmilieus an, inwieweit sie mit dem post-ethni- schen Ansatz tatsächlich einen Ausweg aus der Sackgasse der Integrationsdebatte zu bieten vermag. Sie zeigt, dass die Studie dem Anspruch nicht gerecht wird; ins- besondere verweist sie auf Mängel durch eine Bagatellisierung der vielseitigen Rassismuserfahrungen der Migrant_innen und das Fehlen einer genderspezifi- 7 MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 8 schen Analyse in der Studie. Beide Autor_innen heben die Bedeutung von Gender und Klasse im Migrationsthema hervor. Die Fokussierung auf Kategorien Gender und Klasse in den Integrationsdebat- ten führen Ceren Türkmen, Lena Lübke, Ayla Güler Saied und Karin Cudak in ihren Analysen weiter. Der Bogen wird dabei vom Zusammenhang des Klassen- begriffs mit Migration insbesondere bei den Erwerbsarbeitenden (Türkmen) über Bildung und Migration (Cudak) bis zum HipHop (Güler Saied) gespannt. Lena Lübke untersucht die Problematik der Normsetzung und Wertigkeit im Zusam- menhang mit einer Kritik an der vorherrschenden Theorie und Praxis einer Zwei- geschlechtlichkeit. Ceren Türkmen widmet sich besonders den Fragen, wie sich die Thematik um Klasse, Rassismus und Migration unter den politischen Bedingungen in Deutsch- land diskutieren lässt und was die Diskussion dieser Fragen für migrationsanalyti- sche Perspektiven und für klassenanalytische Themen bedeuten kann. Im Beitrag von Güler Sayed wird auf den nationalen Kategorisierungszwang und strukturellen Rassismus im HipHop hingewiesen. »Ich bin hier geboren und werde hier draußen alt/ ich bin ein Türke mit unbefristetem Aufenthalt/ du brauchst nicht so gucken Homie/ nur weil ich schwarze Haare habe/ es war nicht leicht hier/ das sind 26 harte Jahre« (Alpa Cun in »Ausländer«). Illustrierend mit Aus- zügen aus Interviews und Liedern stellt Güler Sayed vor, wie rassistische Praxis hergestellt und reproduziert wird. Um die Herstellung und Reproduzierung der rassistischen Praxis in der Bil- dung geht es bei Karin Cudak. Sie zeigt, wie in der Schule soziale Differenzierun- gen zur sozialen Ungleichheit werden. Als Ausweg schlägt sie eine inklusive Bil- dung vor in der versucht wird, sich an der Umverteilung der Macht zu beteiligen und die Konstruiertheit von Grenzlinien wie Migrationshintergrund und anderen Differenzphänomenen offen zu legen. Es geht um das Recht einer gemeinsamen und optimalen Beschulung unabhängig von ethnischer, kultureller und sozialer Herkunft der Kinder. Um neue Ansätze und Widerstandstrategien geht es auch im Beitrag von Cano Turan. Sie erläutert das Konzept von Empowerment. Das Ziel der Empower- ment-Arbeit ist die volle Partizipation aller Gesellschaftsmitglieder unter der Anerkennung der People-of-Color-(POC)-Perspektive. Empowerment gilt als »Selbstermächtigung marginalisierter Gruppen« in geschützten Räumen: »Für uns autonome Sphären zu schaffen, wo der Mainstream keinen Zugriff mehr hat: Das ist für mich Widerstand« (Turan, Katja Kinder, ADERFRA e.V.). Und welcher Widerstand wird von der Linken geleistet? Wie sehen deren Lö- sungsansätze aus? Aus der Perspektive der Linkspartei bieten Sevim Dag˘delen und Dr. Kemal Bozay dazu Antworten. Sevim Dag˘delen betont, dass für DIE LINKE die Integration eine soziale Frage ist. Die Politik muss die Bedürfnisse aller Menschen in den Mittelpunkt stellen und eine gleichberechtigte soziale, poli- tische und gesellschaftliche Teilhabe sichern. Das Programm der Partei DIE 8 MS 94_MIGRATION_D 22.11.2011 11:20 Uhr Seite 9 LINKE hat dafür einige Anhaltspunkte geliefert. Die Aufgabe bleibt, diese weiter- zuentwickeln. Denkanstöße für eine linke Debatte gibt auch Kemal Bozay. Ähn- lich wie Sevim Dag˘delen fordert er, dass die Migrationsfragen mit den Beteiligten und nicht über deren Köpfe hinweg geklärt werden müssen. Linke Politiker müs- sen hierfür politische Initiativen ergreifen und eine offene zugängliche, öffentli- che und handlungsorientierte Plattform schaffen. Ein Rahmen dafür könnte die RLS sein. Auf welchen Arbeitsfeldern sich die RLS bewegt, beschreiben Dr. Eva Schäfer und Melanie Stitz. Die Bildungsarbeit in der RLS NRW in diesen Themenfeldern konzentriert sich vor allem auf vier Schwerpunkte: Geschlechterverhältnisse zu reflektieren; Gegenmacht und Selbstorganisation zu stärken (Empowerment); nach linkem Feminismus zu fragen und Weiterbildungsarbeit zu »gendern«. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung fokussiert sich auf mehrere Entwicklungslinien. Es geht darum, die Geschlechterperspektive im neoliberalen Umbau kapitalis- tischer Gesellschaft sichtbar zu machen, Impulse zur Diskussion über die Ge- schlechterperspektive in der LINKEN zu geben, die Transformationsprozesse in Ostdeutschland zu analysieren und Konstruktionen von Geschlechterrollen und -mustern in Medien zu thematisieren. Allerdings gibt es noch wenige Aktivitäten, bei denen die Themenfelder Klasse und Geschlecht mit Migration verbunden sind. Insoweit versucht