Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ...

MA­Verlag Elektronische Zeitung Schattenblick Samstag, 7. Dezember 2013

BÜRGER / REPORT Flucht der Fremden ­ Mitverschuldet, fortverdrängt

Lampedusa in ­ Nebel­ "Eines Rechtsstaates nicht würdig ­ bomben, Absichten, Wirklichkei­ ten... Rechtsanwältin Britta Eder Diskriminierung und Abschiebung der Roma und Sinti" im Gespräch Gespräch mit der Rechtsanwältin Menschenrechtssalon am 20. November 2013 Britta Eder am 15. November 2013 im Hamburger Museum für Völkerkunde in Hamburg Ist der Mensch tatsächlich des Men­ schen Feind, wie vielfach zur Letzt­ begründung staatlicher Herrschaft, die aufgrund ihres Gewaltmonopols einzig in der Lage sei, ein friedliches gesellschaftliches Zusammenleben zu ermöglichen ... (Seite 9)

UMWELT / REPORT

Fukushima ­ Kondolation der Profite "Energie, Macht und soziale Kämpfe in Japan nach Fukushima" Teil 2: Kommentar von Marina Sitrin und Fragen des Publikums Eine Veranstaltung des Bildungswerks der Heinrich­Böll­Stiftung am Rolf Becker zitiert aus Dokumenten schen Hintergrund der Problematik. 22. November 2013 ... (Seite 18) bürokratischer Verächtlichkeit Mittels Berichten und Fotos wurde Foto: © 2013 by Schattenblick ein Bild der derzeitigen Lage in den Herkunftsstaaten gezeichnet, Lesun­ Am 20. November fand im Foyer des gen und Musik bereicherten das Pro­ KALENDERTÜRCHEN Hamburger Museums für Völker­ gramm der Veranstaltung. kunde die Auftaktveranstaltung des Menschenrechtssalons statt, die un­ Unter der Moderation von Michail ter dem Thema "Eines Rechtsstaates Paweletz (NDR) diskutierten der nicht würdig ­ Diskriminierung und Schauspieler Rolf Becker, der An­ Abschiebung der Roma und Sinti" walt Dr. Christian Schneider, Bernd stand. Auf Einladung der Kirchli­ Mesovic von Pro Asyl, die Flücht­ chen Hilfsstelle für Flüchtlinge lings­ und Menschenrechtsbeauf­ "fluchtpunkt", des Ida Ehre Kultur­ tragte der Nordkirche Fanny Deth­ vereins und des Republikanischen loff, Matthäus Weiß vom Landesver­ Anwältinnen­ und Anwältevereins band Deutscher Sinti und Roma informierten Experten über den Schleswig­Holstein und nicht zuletzt rechtlichen, historischen und politi­ Tornado Rosenberg, der mit seinem Elektronische Zeitung Schattenblick

Trio auch das vorzügliche musikali­ schen Zigeuners, der sich auf einer Im Jahr 1956 lehnte der Bundesge­ sche Rahmenprogramm gestaltete. nie endenden Bußfahrt befindet. richtshof Ansprüche von Roma, die Der Abend war in drei Gesprächs­ das KZ überlebt hatten, ab und be­ runden mit unterschiedlichen Die Frage, was bei der Begegnung zeichnete dabei ihre Deportation als Schwerpunkten gegliedert, was den dieser Volksgruppe mit der damali­ bloße Umsiedlung. In der Urteilsbe­ Zuhörerinnen und ­hörern Gelegen­ gen Gesellschaft schiefgelaufen ist, gründung wurden die "Zigeuner" als heit gab, sich mit verschiedenen müßte man nach Ansicht von Mat­ solche der Kriminalität bezichtigt. Aspekten des Themas vertraut zu thäus Weiß an die Mehrheitsgesell­ Ihnen fehle der sittliche Antrieb zur machen und zwischendurch wie auch schaft richten. Sie liebt den soge­ Achtung vor fremdem Eigentum, im Anschluß an die Veranstaltung re­ nannten Zigeuner, wenn er Musik weil ihnen ein ungehemmter Okku­ ge auszutauschen. macht, beim Lagerfeuer sitzt und pationstrieb eigen sei, urteilten unter Geschichten erzählt, doch neben und anderem Richter, die bereits der NS­ In Mühsal verbringe ich den Tag mit ihm leben will sie nicht. Staaten Justiz treue Dienste geleistet hatten. und die Nacht in Schmerz. grenzen Menschen aus, die einfach Daß dieser rassistische Blick keines­ Seufzer bringt die Dämmerung mir, nur leben wollen, aber die man nicht wegs ein bloßes Relikt vergangener weinend geht die Sonne auf. leben läßt. Sinti und Roma waren ur­ Zeiten ist, belegte Rolf Becker mit sprünglich seßhaft, sie arbeiteten als der Aussage eines Bremer SPD­Bür­ Nach dieser einleitenden Rezitation Goldschmiede, Restauratoren, Maler gerschaftsabgeordneten: "Sie kom­ las Rolf Becker aus den Akten drei­ und Musiker, bis man ihnen ihre Le­ men aus einer archaischen Welt. Vä­ er Roma aus Mazedonien und Mon­ bensgrundlage entzog. In den Län­ ter haben keine Hemmungen, ihre tenegro, deren Asylverfahren mit ei­ dern des Westbalkans leben die Ro­ Kinder zum Anschaffen und Stehlen ner Ablehnung endeten. "Eine allge­ ma heute von Müllhalden, indem sie statt zur Schule zu schicken. Sie meine extreme Gefahrenlage liegt aus den gesammelten Überresten ge­ schlagen ihren Frauen die Zähne aus, nicht vor, ergibt sich auch nicht aus ringfügigste Einkünfte erzielen. gönnen sich selbst Stahlzähne. Viele der wirtschaftlichen Situation", hieß junge Roma­Männer schmelzen sich es gleichlautend in den Begründun­ Die Zeiten, als sich der Komponist mit Klebstoffdünsten das Gehirn gen. Der niedrigste Lebensstandard Franz Liszt stolz als "Ersten Zigeu­ weg." Ähnliche Aussagen finde man auf dem Westbalkan abgesehen vom ner des ungarischen Königreiches" auch in Protokollen des Deutschen Kosovo, eine extrem hohe Arbeitslo­ bezeichnete, gehören der Vergan­ Bundestags, als Schröder und Fi­ senquote und massive Benachteili­ genheit an. Wie Rolf Becker berich­ scher neuen Kurs anlegten. Wie wol­ gung bei Bewerbungen, miserable tete, wird das Thema Sinti und Ro­ le man da von der breiten Bevölke­ Wohnungen, geringe Einkünfte, feh­ ma heutzutage in den Künsten rung erwarten, daß sie zur Besinnung lende Schulbildung der Kinder und kaum umgesetzt. Es gebe fast keine kommt! unablässige Anfeindungen geben aus sie betreffenden Theaterstücke, da Sicht deutscher Behörden mithin man andernfalls Angehörige dieser Wie Christian Schneider berichtete, keinerlei Anlaß, von menschenun­ Volksgruppen ins Ensemble holen waren Sinti und Roma in den 1970er würdigen und gefährdenden Lebens­ müßte. Darum aber machten Thea­ Jahren in Hamburg Mitbegründer der verhältnissen in den Herkunftslän­ terleute und Kulturpolitiker einen Stiftung "Hilfe für NS­Verfolgte". dern auszugehen. großen Bogen. Er selbst machte als Entschädigungsansprüche gibt es Kind in einem kleinen Dorf Schles­ demzufolge in unterschiedlichster Wie ein kurzer Blick in die Ge­ wig­Holsteins erstmals Bekannt­ Form, wobei die Hamburger Stiftung schichte zeigt, hat die Ausgren­ schaft mit dem "fahrenden Volk". Menschen helfen will, die anderswo zung und Drangsalierung der Sin­ Nach dem Krieg waren die Dorfbe­ nichts bekommen und nur über ge­ ti und Roma eine lange Tradition. wohner zunächst erleichtert, als ringe Einkünfte verfügen. Nach dem Im 15. Jahrhundert kamen die Sin­ Sinti und Roma als Scherenschlei­ Zweiten Weltkrieg dauerte es Jahr­ ti als Flüchtlinge vor den Türken fer und Kesselflicker wieder auf­ zehnte, bis Sinti und Roma über­ nach Mitteleuropa, und weil sie tauchten. Wohnen durften sie je­ haupt als Opfer wahrgenommen Christen waren, erhielten sie zu­ doch nicht im Dorf, da man ihnen wurden. Nicht selten waren die Tä­ nächst Schutzbriefe. Schon 1498 nachsagte, daß sie des nachts Wä­ ter von einst längst wieder in Amt wurden sie jedoch als angebliche sche oder gar kleine Kinder stehlen. und Würden. türkische Spione vom Freiburger Nicht zuletzt zog man in Zweifel, Reichstag für vogelfrei erklärt. Es daß die "Zigeuner" im KZ umge­ Dennoch bekräftigt Matthäus Weiß, war ihnen daraufhin jahrhunderte­ bracht wurden ­ über 500.000, wie daß man aus der grausamen Vergan­ lang nicht erlaubt, sich niederzu­ man heute weiß. So wurden die Tat­ genheit keinen Haß begründen dür­ lassen und einen Beruf auszuüben. sachen verdrängt, die Vorurteile fe, da dieser wiederum zu neuem So entstand das Bild des teufli­ hatten weiterhin Bestand. Haß führe. Die Generation der Groß­

Seite 2 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick mütter und Großväter, die das KZ überlebten, habe ihre Selbstachtung bewahrt: "Sie haben die Sinti und Roma damals nicht ausgerottet, und das wird auch nie passieren, außer man nimmt uns den Stolz und den Respekt voreinander. Aber das wird keinem gelingen." Viele Menschen der Mehrheitsgesellschaft erzählten ihren Kindern, was die "Zigeuner" angeblich alles machen. Dabei ver­ halte es sich genau umgekehrt. Sei­ ne Familie habe mehr als 100 Men­ schen im KZ verloren, und doch has­ se er nicht, wenn er einem blonden Deutschen auf der Straße begegne. Man müsse begreifen, daß die heuti­ ge Generation nichts mit den Greu­ eln von damals zu tun hat. Was man Kleine Gesprächsrunde ­ aber nicht begreifen und den eigenen Christian Schneider, Matthäus Weiß, Moderator Michail Paweletz Kinder und Enkeln nicht erklären Foto: © 2013 by Schattenblick könne, sei dies: Die überlebenden Täter haben ihre Kinder nicht aufge­ rellen Menschenrechte, die ihnen sy­ ge auf höhere Weisung umsetzt. So klärt, sondern im Gegenteil in neuen stematisch vorenthalten werden. werden die Verfahren gegen Roma Posten und Ämtern weitergemacht Dem fügte Rolf Becker hinzu, daß im Zuge einer Entmutigungsstrategie wie zuvor und Urteile über Sinti und die Roma im Kosovo unter unmittel­ vorgezogen, damit schneller abge­ Roma gefällt, die im KZ waren. Er barem Druck der UCK­Nachfolgeor­ schoben werden kann. Kurze Fristen selbst habe 22 Jahre gebraucht, um ganisationen stehen, während ihre reduzieren wiederum die Möglich­ Schutz und Förderung der Sinti und wachsende Ablehnung in Serbien keiten der Antragsteller, Zugang zu Roma in der Landesverfassung insbesondere mit der Verarmung der Anwälten zu erlangen. Zudem habe Schleswig­Holsteins festschreiben serbischen Bevölkerung zugenom­ der Bundesinnenminister angekün­ zu lassen: Schutz für die Kinder und men habe, denen die eigenen Betrie­ digt, Serbien und Mazedonien auf Enkel, Förderung der Bildung, eine be, Wohnungen und vieles mehr die Liste der sogenannten sicheren Rente für die Alten, Wohnrecht statt weggenommen wurden. Herkunftsstaaten zu setzen, was vor­ Vertreibung. erst zurückgestellt, aber offenbar Christian Schneider vertrat die Auf­ nicht aufgegeben wurde. Es existie­ Serbien ist seit 2012 offizieller Bei­ fassung, daß sich Deutschland hinter re Antiziganismus bis hinauf in die trittskandidat der EU. Von 2007 bis der europäischen Politik verstecke. Regierungspolitik, und das sei so ge­ 2013 flossen 1,5 Milliarden Euro an Der Kosovo­Krieg unter deutscher wollt, schlußfolgerte Mesovic. das Land, wofür die EU Reformen Beteiligung werde zumeist als Erfolg verlangt, darunter auch die Anerken­ gewertet und dies, obwohl man doch Mögen einzelne Maßnahmen gegen nung der Menschenrechte von Min­ aus der Nazizeit gelernt haben müß­ Roma nicht wie Verfolgung erschei­ derheiten. Bernd Mesovic wies dar­ te, daß Verantwortung, die mit Ge­ nen, so können sie doch in ihrem Zu­ auf hin, daß in Serbien viele Roma­ walt ausgeübt wird, auch Verantwor­ sammenwirken eben dies bedeuten. Flüchtlinge aus dem Kosovo Zu­ tung für die Folgen einschließt. Letz­ Fehlende Gesundheitsversorgung, flucht gesucht haben, wo sie in stän­ teres sei in der deutschen Politik je­ kürzere Lebenserwartung, Duldung diger Furcht vor Übergriffen und doch nicht einmal ansatzweise zu er­ von Übergriffen, keine Reaktion der Verfolgung gelebt hatten. Im Koso­ kennen. Wie Bernd Mesovic aus­ Behörden auf Beschwerden müßten vo schreite die Renationalisierung führte, sei im Falle der Roma bei den eigentlich beim Asylverfahren im und Reethnisierung massiv voran, Asylverfahren die Anhörungsdauer Einzelfall untersucht und zusammen wobei die Roma der Kollaboration sehr kurz, und die Begründungen bewertet werden. Das Bundesamt mit den Serben bezichtigt und ver­ zeigten, daß die Verhältnisse im Her­ produziere jedoch lediglich schema­ trieben werden. Generell leben die kunftsland massiv schöngeredet tisierte Textbausteine und zeige kei­ Roma in den meisten dieser Länder werden. Man habe es dabei offen­ nerlei Interesse an den konkreten am Rande der Müllkippen bar jeder sichtlich mit politischen Vorgaben zu Fällen und Verhältnissen. Auf diese sozialen, wirtschaftlichen und kultu­ tun, die das Bundesamt für Flüchtlin­ Weise werde das Minimum eines

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 3 Elektronische Zeitung Schattenblick fairen und individuellen Asylverfah­ Fanny Dethloff erinnerte daran, daß dies zu unterlassen, verletze eine rens unterlaufen. Dabei lieferten die es in den 90er Jahren zur Kontakt­ menschenrechtliche Verpflichtung. euopäischen Staaten einander einen aufnahme zwischen der Kirche und Es gebe positive Beispiele, wo sich Wettlauf der Schäbigkeit, wobei die verschiedenen Romagruppen kam, ganze Städte wie Münster mit der Anerkennungsquoten in Deutsch­ diese Kontakte jedoch später ver­ "Aktion 302" eingemischt und alle land seit Jahren am schlechtesten nachlässigt worden seien. Heute ste­ Abschiebungen verhindert haben. In sind. Auf diese Weise werde ein Ro­ he wieder eine ganze Reihe von Fa­ Hamburg habe man das ebenfalls tationsprinzip der Flüchtlingsbewe­ milien unter kirchlichem Schutz. Es versucht, doch sei es zu ihrem gungen am Leben gehalten, während sei ein hartes Brot und zerreiße einen großen Bedauern nicht gelungen, substantielle Hilfe ausbleibt. oft, weil in den Familiengeschichten diesem Beispiel zu folgen. Um so so viel an Krankheit, Verfolgung, mehr sei man daher verpflichtet, ge­ Christian Schneider fügte dem hin­ Vergewaltigung in Kriegen und Ver­ nau hinzusehen, wie es den Abge­ zu, daß die Sprache der Roma auf eu­ treibung zusammenkomme. Warum schobenen heute geht. Kinder, die in ropäischer Ebene als Minderheits­ habe man in Europa so viel verges­ Hamburg über Jahre zur Schule ge­ sprache anerkannt ist. Demnach sen, nicht nur, was im Dritten Reich gangen sind, schreiben in ihren müßten Roma in deutschen Asylver­ geschah, sondern auch, daß die Ver­ Schulheften immer wieder die glei­ fahren in ihrer Sprache angehört treibung danach weiterging? In ihren che Seite ab, damit sie bloß das werden, was jedoch nicht der Fall ist. Gesprächen mit Politikern aller Par­ Deutsche nicht verlernen: Zudem war die Aufhebung der Vi­ teien müsse sie immer wieder aus­ sumspflicht für Serbien oder Maze­ handeln, welche moralischen Grund­ Das zerreißt jedem das Herz, der das donien mit der Aufforderung verbun­ lagen man teile. Dabei sei es wich­ mitkriegt. Diese Dinge müssen wir den zu verhindern, daß Roma in die tig, sich zu erinnern und, indem man wissen und weitersagen, da diese EU gelangen. Das hat zur Folge, daß sich erinnere, voranzugehen. Sie fin­ Menschen unsere Nachbarn sind und aus Deutschland abgeschobenen de es erdrückend, welche Rolle uns etwas angehen. Diese überfall­ Menschen aus diesen Ländern die Deutschland in Europa spielt, gera­ artigen Aufgriffe morgens um zwei Pässe bei der Ankunft abgenommen de wenn es um Minderheiten, Asyl­ oder drei in der Unterkunft, damit werden. Wenngleich die betreffen­ recht und Abschottung des reichen um sechs Uhr der Flieger geht. Wo den Staaten in diesen und zahlrei­ Europas gegen die ärmeren Länder kommen wir denn da hin? Abschie­ chen anderen Fällen immer wieder geht. bung im Morgengrauen, damit auch vor dem Europäischen Gerichtshof alle in den Betten anzutreffen sind für Menschenrechte verurteilt wer­ Ganz schlimm finde sie die Pauscha­ und niemand dazwischenkommt, den, hat das keine nennenswerten lisierung, wo es sich doch um ver­ schon gar nicht ein Anwalt, den man Konsequenzen. schiedene Familien mit unterschied­ noch anrufen kann. Erst gestern ging wieder eine Sammelabschiebung von Düsseldorf nach Serbien. Dort ist es kalt, die Leute haben kein Feuerholz, das geht gar nicht. Das ist eine Ab­ schiebung ins Nichts und für die Kranken eine Abschiebung in den Tod.

Machen wir uns nichts vor. Wir müs­ sen das aushalten und sind gefordert, Menschenrechtszeugen zu sein. Menschenrechte sind nicht zu ver­ handeln, und unsere Menschenwür­ de hängt davon ab, daß wir für die Würde unserer geringsten Schwe­ stern und Brüder eintreten. Jetzt. Wir verlieren unsere eigene Würde, wenn wir unsere europäischen Werte preisgeben und so tun, als seien das Kleine Gesprächsrunde ­ lichen Schicksalen handle. Man tue nur irgendwelche Leute, die nach Rolf Becker, Fanny Dethloff, gut daran, noch einmal nachzufra­ Serbien abgeschoben werden. Da Bernd Mesovic gen, aus welchen Gründen diese verlieren wir unser ganzes Erbe mit, Foto: © 2013 by Schattenblick Menschen gekommen sind, denn da riskieren wir unsere eigene Wür­

Seite 4 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick de, denn wir müssen danach in den dern der Flüchtlinge und nicht min­ wiens 1941 einen grausamen Höhe­ Spiegel schauen können. Ich kann der gewollt im deutschen Asylsy­ punkt erreichte. Allein bei den Luft­ das ganz schlecht. stem. Wäre das alles nicht gewollt, angriffen auf die offene, also demili­ würde man in jedem Land die Men­ tarisierte Hauptstadt Belgrad im Was ist zu tun, um die Lage der Sin­ schen als Menschen behandeln. April 1941 im Rahmen der Operati­ ti und Roma zu verbessern? Michail Paweletz warnte vor der Schere im Kopf des Journalisten, und Rolf Becker machte geltend, daß Appelle an Politiker und Medien fruchtlos blieben. Man müsse vielmehr ganz unten ansetzen mit Basisgruppen in der Bevölkerung und in den Gewerk­ schaften. Dann wahre man die klei­ ne Chance, daß sich doch etwas än­ dert. Christian Schneider verwies auf Initiativen von Roma und Sinti in den europäischen Gremien, die dar­ auf abzielten, als Roma und Sinti wahrgenommen zu werden. Sie könnten sich mit Unterstützung von EU­Geldern organisieren und selbst eine Stimme geben, um zu berichten, was in ihrem jeweiligen Land ge­ schieht. Bernd Mesovic schlug vor, Rolf Becker spricht, Tornado on "Strafgericht" sind bis zu 30.000 daß sich Deutschland bereiterklären Rosenberg musiziert Menschen umgekommen. Die Wehr­ könnte, die überschaubare Zahl von Foto: © 2013 by Schattenblick macht ging in ethnisch sortierender Roma, die noch im Kosovo leben, Absicht gegen Serbien vor, weil man aufzunehmen. Allerdings gebe es Hegemonialinteressen erzeugen die gleichfalls zu dem Königreich derzeit nicht einmal das humanitäre Fluchtbewegungen der Südslawen gehörigen Kroaten Minimum wie einen Abschiebestopp bereits auf der eigenen Seite wußte. im Winter. Dennoch müsse man sol­ Die Abschiebung in der Bundesrepu­ Die dort mit Hilfe Deutschlands eta­ che Anliegen immer wieder beharr­ blik lebender Roma in Staaten des blierte Ustascha­Diktatur des Ante lich vortragen und dürfen sich nicht Westbalkan isoliert von dem histori­ Pavelic ermordete im Konzentrati­ entmutigen lassen. schen Hintergrund der deutschen onslager Jasenovac bis zu 700.000 Südosteuropapolitik zu betrachten Serben und weitere 200.000 Juden, Daß Hartnäckigkeit und ständige hieße, dem an den Opfern des deut­ Roma und oppositionelle Kroaten. Präsenz vonnöten seien, unterstrich schen Imperialismus begangenen Während der deutschen Besetzung auch Matthäus Weiß. Auf diese Wei­ Unrecht ein weiteres hinzuzufügen. Jugoslawiens mit einer halben Milli­ se habe man es allen Widerständen So wie es selbstverständlich ist, daß on Soldaten mußte vor allem die ser­ zum Trotz geschafft, die Landesver­ die Bundesrepublik als Rechtsnach­ bische Bevölkerung einen hohen fassung in Schleswig­Holstein zu än­ folgerin Hitlerdeutschlands den Op­ Blutzoll entrichten. dern. Nun gelte es, für eine prakti­ fern des Holocausts und anderer Ver­ sche Umsetzung zu sorgen. Früher brechen von SS und Wehrmacht stets Daß die Bundesrepublik sich vor durften auch die Sinti nicht länger als auf eine Weise entgegentreten sollte, diesem Hintergrund am völker­ zwei, drei Tage an einem Ort bleiben die die blutige Geschichte eigener rechtswidrigen Überfall der NATO und mußten dann weiterziehen. Den Aggressionen in Rechnung stellt, so auf Jugoslawien im März 1999 be­ Roma gehe es noch heute so: Sie gilt dies auch für die heute wieder teiligte, ist für die Geschichte der ju­ würden in Deutschland zwar nicht überall in Europa diskriminierte und goslawischen Roma von besonderem gejagt und geschlagen wie anderswo, verfolgte Minderheit der Roma. Belang. Die damit militärisch unter­ doch verwehre man ihnen ihre Rech­ stützten albanischen Separatisten der te. Was bleibe ihnen übrig, als sich So weist die deutsche Südosteuropa­ serbischen Provinz Kosovo standen an die Straße zu stellen? Hunger sei politik seit Mitte des 19. Jahrhun­ mit ihren bewaffneten Kräften der Krieg für jene Menschen, die jeden derts die bemerkenswerte Kontinui­ UCK zumindest mittelbar in der Tra­ Tag ihre Seele aushungern müssen. tät einer raumgreifenden Expansion dition jener kosovoalbanischen Mi­ Das sei gewollt in den Herkunftslän­ auf, die mit der Besetzung Jugosla­ lizen, die im Zweiten Weltkrieg in

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 5 Elektronische Zeitung Schattenblick

Kooperation mit deutschen Truppen rer stellen heute noch einen Großteil te seit 1999 zu beklagen. (...) Die ak­ an der Vertreibung und Ermordung der albanischen Oligarchie des Ko­ tuell erschütternden so genannten von Serben, Roma und Juden im Ko­ sovo, der sich zwischenzeitlich zu ei­ 'drive­by­shootings', bei denen aus sovo beteiligt waren. Damals wurden ner Drehscheibe der organisierten dem Auto auf Serben, Roma oder an­ 10.000 bis 30.000 Mitglieder dieser Kriminalität entwickelte und ohne fi­ dere Minderheiten geschossen wird, Gruppen ermordet und mindestens nanzielle Unterstützung aus EU­eu­ bleiben unbestraft. Mindere Verge­ 100.000 vertrieben, um Platz für aus ropäischen Kassen nicht überlebens­ hen werden meist gar nicht erst an­ Albanien nachrückende Menschen fähig wäre. gezeigt, da die Opfer Angst vor Ver­ zu machen. Es zeugte mithin von geltungsschlägen haben. Diese bei­ nicht geringer Geschichtsblindheit, Was immer sich die serbischen Be­ nahe vollkommene Straffreiheit bei als Bundeskanzler Gerhard Schröder hörden vor dem Angriff der NATO Straftaten gegen die Minderheiten die Beteiligung Deutschlands am Ju­ bei dem Versuch, den albanischen hat die Opfer so verschüchtert, dass goslawienkrieg am 20. Juli 1999 in Separatismus zu unterdrücken, haben sie ihr letztes Vertrauen in die inter­ einer Ansprache auf einer Gelöbnis­ zuschulden kommen lassen, wurde nationalen Schutzeinrichtungen ver­ feier der Bundeswehr damit rechtfer­ im Nachhinein mit mindestens glei­ loren haben. tigte, daß deren Soldatinnen und Sol­ cher Münze heimgezahlt. Dies er­ daten umsetzten, "was wir alle aus folgte jedoch im Unterschied zur Si­ Schon im Juni 2002 plante die rot­ der Geschichte gelernt haben: Ver­ tuation vor 1999 unter den Augen der grüne Bundesregierung, die nichts antwortung für die Menschenrechte KFOR, der von den Truppenkontin­ unternahm, die Vertreibungen nichtal­ zu übernehmen ­ auch und gerade genten der NATO und anderer Staa­ banischer Minderheiten aus dem Ko­ dort, wo deutsche Armeen in der Ver­ ten gebildeten Besatzungsmacht. sovo zu verhindern, so daß sie unter gangenheit Terror und Verbrechen Dies geht auch aus Untersuchungen den Augen der angeblich so ge­ über die Völker gebracht haben." der Gesellschaft für bedrohte Völker schichtsbewußten Bundeswehr er­ (GfbV) hervor, die schon deshalb be­ folgten, die Abschiebung der rund Dies ist nicht nur anmaßend und in­ sonders glaubwürdig sind, da die Or­ 38.000 jugoslawischen Roma, die als fam, weil der Angriff der NATO auf ganisation den Krieg der NATO ge­ Bürgerkriegsflüchtlinge in der Bun­ Jugoslawien ohne UN­Mandat er­ gen Jugoslawien guthieß und nicht desrepublik lebten. Man könnte mei­ folgte und damit gegen das Gewalt­ die mindeste Sympathie für die Bel­ nen, Bundesinnenminister Otto Schi­ verbot der UN­Charta verstieß, um grader Regierung unter Präsident ly, unter dessen Federführung dies ge­ 2008 in die Abtrennung des Kosovo Slobodan Milosevic erkennen ließ. schah, wollte nichts anbrennen lassen, von Serbien zu münden, wodurch So wurde 2004 berichtet [1]: sprich die Verstetigung eines befriste­ das Prinzip der territorialen Souve­ ten Status zum Gewohnheitsrecht ränität von Staaten durch die westli­ Umso betroffener war unsere Men­ verhindern. Seit 2005 treffen regel­ che Wertegemeinschaft aufgekün­ schenrechtsorganisation, als im Juni mäßig Roma­Familien auf dem Flug­ digt wurde. Die Eroberung des Ko­ 1999 aus der albanischen Mehrheit, hafen in Pristina ein, die aus Deutsch­ sovo führte auch zur Vertreibung die gerade zu Opfer geworden war, land abgeschoben werden und dann von, je nach Quelle, 150.000 bis eine große Tätergruppe wurde, die vor dem Nichts stehen. Die Behaup­ 250.000 Serbinnen und Serben sowie vergleichbare Verbrechen an den tung der rot­grünen Bundesregierung, 70.000 bis 130.000 Roma, Ashkali Minderheiten der Provinz verübte. durch den Krieg gegen Jugoslawien und Balkanägypter. Letztere gelten Besonders von der Verfolgung be­ ein multiethnisches Kosovo sicherzu­ in den Augen der Vertreiber allesamt troffen waren die Volksgruppen der stellen, wurde zumindest in den ersten als Roma und sind bis heute von ras­ Roma und Aschkali. Radikale Alba­ Jahren nach 1999 dadurch ignoriert, sistischen Nachstellungen aus den ner zerstörten 14.000 von 19.000 ih­ daß der kosovoalbanischen UCK freie Reihen der albanischen Mehrheits­ rer Häuser und 75 ihrer Siedlungen Hand bei der Durchsetzung ihrer Ab­ bevölkerung des Kosovo bedroht. und Stadtteile. Zahlreiche Minder­ sicht gelassen wurde, einen serben­ heitenangehörige wurden misshan­ und romafreien Staat unter eigener Diese ethnisch motivierte "Säube­ delt, gefoltert, entführt, vergewaltigt, Herrschaft zu schaffen. rung", die mit der Ermordung, Folte­ ermordet oder verschwanden für im­ rung und Entführung Tausender Be­ mer. In panischer Flucht verließen Völlig unterschlagen wird bei dieser troffener, unter ihnen auch loyal zu 70 % der Roma und Aschkali den Entwicklung, daß die durch Josip Jugoslawien stehender Albanerinnen Kosovo. Broz Tito gegründete Sozialistische und Albaner, einherging, war dem (...) Föderative Republik Jugoslawien nationalistischen Separatismus der Nach Schätzung des Leiters des nicht nur ein sozialistischer Staat kosovoalbanischen UCK geschuldet, GfbV­Teams im Kosovo haben die war, in dem Ansätze einer Emanzi­ die sich als Fußtruppe der NATO un­ Minderheiten der Serben, Roma, pation seiner Bewohner von ökono­ entbehrlich gemacht hatte. Ihre Füh­ Aschkali und anderen über 1 000 To­ mischer Ausbeutung entwickelt wur­

Seite 6 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick den, von denen heutige Lohnsklaven listen um Radovan Karadzic und die Daß für Staaten nur Interessen zäh­ nurmehr träumen können. Titos Jugo­ einflußreiche orthodoxe Kirche seine len und auf humanitäre Linderungen slawien hat antikolonialistische Be­ politischen Gegner waren, leicht zu lediglich in diesem zweckbedingten wegungen in aller Welt unterstützt, widerlegen. Das heißt nicht, daß er Kontext zu hoffen ist, zeigte sich war ein wesentlicher Motor der anti­ nicht gegen die Lebensinteressen be­ auch bei den Verhandlungen um die imperialistischen Blockfreienbewe­ stimmter Menschen und Gruppen Entschädigungszahlungen an NS­ gung und hat niemals einen Krieg ge­ verstoßen hätte, doch wer wollte Zwangsarbeiterinnen und ­Zwangs­ gen ein anderes Land geführt. Ethni­ einen Milosevic dafür verdammen, arbeiter. Von den Verhandlungen um sche Gruppen wie die Roma konnten wenn gleichzeitig die ökonomischen die Modalitäten der finanziellen in Jugoslawien, das schon aufgrund und militärischen Gewaltverhältnis­ Wiedergutmachung blieben Sinti seiner föderalistischen Struktur, in der se, die aus dem machtpolitischen Kal­ und Roma ausgeschlossen. Nachdem verschiedene ethnisch­religiöse Tra­ kül der EU und USA hervorgehen, für sie schon in den 1960er Jahren bei ditionen friedlich nebeneinander exi­ akzeptabel befunden werden? der Verteilung von 60 Millionen stierten, ein hochdifferenziertes Sy­ Mark für Holocaustopfer durch die stem der Wahrung von Minderheiten­ Dieser Hintergrund ist für die Proble­ deutsche Industrie leer ausgingen, rechten entwickelt hatte, weit besser matik der Abschiebung der nach konnten sie trotz vorheriger Zusage leben als in der EU. Dies galt in ge­ Deutschland geflohenen Roma auch durch den damaligen Kanzleramts­ wissem Maße für die gesamte realso­ deshalb nicht belanglos, weil diese minister Bodo Hombach auch an den zialistische Staatenwelt der Region: Gruppe der europäischen Bevölke­ Spitzengesprächen, die 1999 unter rung zusehends einem Rassismus Beteiligung der Bundesregierung, In den südosteuropäischen Ländern ausgesetzt ist, dessen Bekämpfung der deutschen Industrie, des US­Au­ und den sogenannten Visegrád­Staa­ sich die Regierungen der NATO­ ßenministeriums und der Jewish ten lebt die große Mehrheit der euro­ Staaten gleichzeitig ans Revers hef­ Claim Conference geführt wurden, päischen Roma­Bevölkerung. In der ten, um etwa geostrategische Interes­ nicht teilnehmen. Die rot­grüne sozialistischen Phase eröffneten sich sen in der postsowjetischen Staaten­ Bundesregierung, die fast zeitgleich für Roma eine Reihe von individuel­ welt oder im Nahen und Mittleren den Jugoslawienkrieg als Verhinde­ len Möglichkeiten der Qualifizierung Osten zu legitimieren. Der Zerfall Ju­ rung eines neuen Auschwitz insze­ und des sozialen Aufstiegs. Es ent­ goslawiens war nicht zuletzt Ergeb­ nierte, berief sich schlicht darauf, wickelten sich "Roma­Eliten mit ho­ nis des deutschen Hegemonialstre­ daß Hombachs Zusicherung keine her Qualifikation, wie sie in Westeu­ bens innerhalb der EU und darüber Rechtsbindung habe. Bei der an­ ropa nicht zu finden sind." [2] hinaus, so daß die Verpflichtung, den schließenden Auszahlung der Ent­ daraus resultierenden sozialen Ver­ schädigung wurden die betroffenen Milosevic übernahm die tragische werfungen zumindest auf humanitäre Sinti und Roma ebenfalls benachtei­ Rolle, dieses Vermächtnis zu bewah­ Weise Rechnung zu tragen, nicht ligt. [3] ren, obwohl der verbliebene Rest Ju­ minder gegeben ist als in anderen Fäl­ goslawiens den hegemonialen Inter­ len, in denen kolonialistisch und im­ Beim Auftritt im Völkerkundemuseum, der EU und dabei insbesondere perialistisch bestimmte Verwerfun­ Tornado Rosenberg Trio spielt auf Deutschlands im Wege stand. Die gen massenhaftes Elend produzieren. Foto: © 2013 by Schattenblick Unterstellung, es habe sich bei ihm um einen großserbischen Nationali­ sten gehandelt, war zwar ein wichti­ ger Bestandteil des Versuchs, der nach dem Verschwinden der Sowje­ tunion um ihre Existenzberechtigung kämpfenden NATO in den jugoslawi­ schen Sezessionskriegen ein neues Aufgabenfeld zu eröffnen. Sie ist al­ lerdings anhand seiner Aussagen vor dem sogenannten Kriegsverbrecher­ tribunal in Den Haag, vor dem sich zwar die Gegner der NATO, nicht je­ doch die Regierungen der Militäralli­ anz rechtfertigen müssen, anhand sei­ ner Reden als Präsident der Bundes­ republik Jugoslawien wie anhand der Tatsache, daß die serbischen Nationa­

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 7 Elektronische Zeitung Schattenblick

Die Freiheit, die Gauck und Merkel nicht meinen ...

Wie bei dem Thema Flucht und Ver­ treibung, das die voraussichtlich nächste Bundesregierung zugunsten der Vertriebenenverbände in einem neuen Aufschwung geschichtsver­ gessenen Revisionismus stärken will, deutlich mit zweierlei Maß ge­ messen wird, wenn es um die Le­ bensinteressen von Flüchtlingen aus außereuropäischen Ländern geht, unterliegt auch der Anspruch auf Reise­ und Bewegungsfreiheit ganz unterschiedlichen, meist sozial be­ stimmten Kriterien. Die Verfolgung der Sinti und Roma in Europa grün­ det zu einem Gutteil auf dem Ver­ Banner der Veranstaltung werfliche Eigenmächtigkeit erschei­ dacht, eine nomadisierende Lebens­ Foto: © 2013 by Schattenblick nen kann. form verfüge über zu geringe Loya­ lität gegenüber staatlichen Gemein­ ihnen das nomadisierende Element wesen und entziehe sich auch sonst als ein Makel an, der sich aus der Fußnoten: der administrativen Kontrolle, der nicht von vorneherein gegebenen das bürgerliche Subjekt auf immer Verwertbarkeit und Verfügbarkeit [1] http://www.gfbv.de/inhalts­ engere Weise ausgesetzt sein soll. durch die Welt wandernder Men­ Dok.php?id=447&stayInside­ schen ergibt. Das verrät viel über den Tree=1&backlink=veroeffentlichun­ Wo die zur Entfachung von Wirt­ hohlen Charakter jenes Anspruchs gen_archiv_liste.php?bereich=2004 schaftswachstum allseits geforderte auf Freiheit, den die Apologeten der [2] http://de.wikipedia.org/wiki/ Mobilität des Kapitals, der Arbeit neoliberalen Gesellschaft wie eine Roma#cite_ref­68 und Personen keine Grenzen kennt, Monstranz vor sich hertragen. Sie ist sind diese für Menschen, die von an­ als Attribut kapitalistischer Verwer­ [3] http://www.foerdervereinroma. deren Kontinenten in die EU reisen, tungslogik so funktional und zweck­ de/archiv/270103.htm um dort Schutz und Sicherheit zu rational bestimmt, daß die Freiheit finden, um so enger gezogen. Sie se­ autonomen und selbstbestimmten http://www.schattenblick.de/info­ hen sich schnell dem Vorwurf ausge­ Lebens demgegenüber nur als ver­ pool/buerger/report/brrb0024.html setzt, lediglich "Wirtschaftsflüchtlin­ ge" zu sein, die die sozialen Siche­ rungssysteme mißbrauchen wollen. Der globalen Businesselite, die von einer Metropole zur nächsten jettet, BOULEVARD / TEST & SPASS / TAGESSPALT um die Geschäfte weltweit agieren­ der Konzerne zu führen, werden hin­ gegen alle nur denkbaren Annehm­ Kurzweiliges für Samstag, den 7. Dezember 2013 lichkeiten bereitet. Die Realität einer Reisefreiheit, die als zentraler Wert Probleme liberaldemokratischer Staaten propa­ giert wird, ist so sehr von Klassenwi­ Die meisten Menschen verwenden dersprüchen bestimmt, daß das Miß­ mehr Zeit und Kraft darauf, verhältnis zwischen refugee und über Probleme zu diskutieren business class kaum noch in einen statt sie anzupacken. gedanklichen Zusammenhang ge­ (Henry Ford) bracht werden kann. Manches Anpacken allerdings führt erst zu jenen zu diskutierenden Problemen. Auch wenn Sinti und Roma heute HB überwiegend seßhaft leben, so haftet

Seite 8 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick

BÜRGER UND GESELLSCHAFT / REPORT / INTERVIEW

Lampedusa in Hamburg ­ Nebelbomben, Absichten, Wirklichkeiten ... Rechtsanwältin Britta Eder im Gespräch

Gespräch am 15. November 2013 in Hamburg

nem direkten Zusammenhang zu der sogenannten "Flüchtlingsfrage", wie sie beispielsweise in Hamburg seit Monaten besonders akut geworden ist, seitdem sich hier rund 300 Men­ schen, die vor dem Libyenkrieg flie­ hen mußten und auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa nur vor­ übergehend Aufnahme fanden, zur "Gruppe Lampedusa in Hamburg" zusammengefunden haben? Seit über einem halben Jahr stehen diese Menschen in einem gemeinsamen und solidarischen Kampf, um hier bleiben, leben (und arbeiten) zu kön­ nen. Sie sind mit derselben Abwehr­ und Blockadehaltung konfrontiert wie unzählige andere auch, die "Flüchtlinge" zu nennen sich eigent­ lich jede Journalistenfeder sträuben sollte, weil dadurch die Tatsache, daß ein Mensch vor Krieg und Verfol­ gung fliehen mußte, seinen rechtli­ chen oder vielmehr rechtlosen Status für alle Zukunft festzuschreiben droht.

Verstärktes Engagement der EU nen Anspruch, auf diese Weise das Die "Gruppe Lampedusa in Ham­ nach den Flüchtlingstragödien vor Bestmögliche für alle ihre Mitglieder burg" tritt all dem offensiv entgegen. Lampedusa [1] zu erwirtschaften, keineswegs einzu­ Ihre Mitglieder treten nicht wie Bitt­ Graphik: © 2009 by Schattenblick lösen imstande ist? Gibt es in westli­ steller auf. Sie verdeutlichen ihren chen Staaten wie der Bundesrepublik Standpunkt mit den Worten "Wir Ist der Mensch tatsächlich des Men­ Deutschland ein stillschweigendes sind hier, weil ihr unsere Länder ka­ schen Feind, wie vielfach zur Letzt­ Übereinkommen zwischen den Bür­ puttmacht", und stoßen damit bei begründung staatlicher Herrschaft, gern und Bürgerinnen und "ihrem" vielen Hamburgerinnen und Ham­ die aufgrund ihres Gewaltmonopols Staat, der ersteren eine Teilhaber­ burgern auf offene Ohren, wie die einzig in der Lage sei, ein friedliches schaft am großen Raubzug in Gestalt vielfältigen Solidaritätsbekundun­ gesellschaftliches Zusammenleben zu eines sozialen und rechtlichen Status gen, aber vor allem auch die konkre­ ermöglichen, angeführt wird? Oder zusichert, der Menschen aus den Ar­ te und praktische Unterstützung für ist die Bereitschaft, sich von anderen muts­ und Kriegsgebieten dieser Welt die von der offiziellen Politik seit Menschen oder spezifischen Grup­ wie die Erfüllung ihrer sehnlichsten, April sich selbst überlassenen Men­ pen, die anhand welcher Kriterien auf das unmittelbare Überleben ge­ schen beweisen. Die Bruchlinien, die auch immer als anders oder fremd de­ richteten Wünsche erscheinen muß? durch die Gruppe Lampedusa sicht­ finiert werden, abgrenzen zu lassen, bar werden, betreffen keineswegs unverzichtbarer Bestandteil einer Ge­ Und stehen Überlegungen dieser nur den Konflikt zwischen ihr und sellschaftsordnung, die den erhobe­ oder ähnlicher Art womöglich in ei­ dem Hamburger Senat oder auch

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 9 Elektronische Zeitung Schattenblick

Gruppenbild mit Anwältinnen und wälte in einer Pressekonferenz eine die Situation dieser Flüchtlinge, son­ Anwälten ­ Pressekonferenz von 111 Kolleginnen und Kollegen dern endlich auch einmal wieder die am 15. November 2013 in Hamburg unterschriebene Erklärung zur Situa­ Flüchtlingspolitik Europas insge­ Foto: © 2013 by Schattenblick tion der "Gruppe Lampedusa in samt. Nach dem, was der Senat ver­ Hamburg" vor, in der sie die bisheri­ sucht, nach außen darzustellen, wie dem Bundesinnenministerium, das ge Senatspolitik kritisieren und die die Rechtslage angeblich sei und was der geforderten Bleiberechtsrege­ Bleiberechtsforderung nach § 23 die einzige Möglichkeit sei, dieses lung nach § 23 Aufenthaltsgesetz zu­ Aufenthaltsgesetz unterstützen. [2] Problem zu lösen beziehungsweise stimmen müßte, sondern haben im Eine von ihnen war die Hamburger wie die Flüchtlinge sich zu verhalten Grunde die ganze Gesellschaft erfaßt Strafverteidigerin Britta Eder, die im hätten, ist es wichtig, wenn aus an­ und in Hamburg bereits zu einer ge­ anschließenden Gespräch mit dem waltlicher Sicht dargestellt wird, daß wissen Polarisierung geführt. Schattenblick auch aus juristischer das einfach so nicht stimmt und daß Perspektive zur Aufklärung über die es eine andere legale Möglichkeit Mit den humanitären Ansprüchen, wie Flüchtlingspolitik des Senats beitrug, gibt, diese humanitäre Notlage zu lö­ sie von Deutschland, aber auch der Eu­ aber auch zu den politischen Hinter­ sen. Ich denke, daß es auch Aufgabe ropäischen Union insgesamt erhoben gründen der "Festung Europa" Stel­ von Anwältinnen und Anwälten ist, werden, sind die sogenannten Flücht­ lung nahm. sich in diese rechtspolitische Dis­ lingstragödien, die Anfang Oktober zu kussion einzuschalten und gewisse einem kurzfristigen medialen Auf­ juristische Falschmeldungen, die schrei des Entsetzens geführt haben, Schattenblick: Ausländer­ bzw. Auf­ nicht nur der Öffentlichkeit, sondern nicht zu vereinbaren. Lampedusa­ enthaltsrecht sind, wenn ich richtig meinen Informationen nach auch von Flüchtlinge sind immer auch Überle­ informiert bin, nicht Ihre Spezialge­ seiten des Senats bzw. der SPD den bende des aus hiesiger Sicht lautlosen biete. Dennoch haben Sie sich ent­ Flüchtlingen gegenüber geäußert Massensterbens auf dem Mittelmeer. schlossen, den Aufruf der Hambur­ werden, aus fachlicher Sicht einfach Die strikte Trennung zwischen "uns" ger Anwältinnen und Anwälte zur Si­ noch einmal richtig zu stellen. und den vermeintlich Fremden, zwi­ tuation der Gruppe "Lampedusa in schen bundesdeutscher Mehrheitsge­ Hamburg" zu unterschreiben und die SB: Könnten Sie die markanten sellschaft und Menschen aus anderen Forderung, die humanitäre Notlage Punkte kurz umreißen, die die, wie Ländern und Kulturen, scheint auch dieser Flüchtlinge durch eine Lösung Sie sagen, Desinformationspolitik deshalb im Begriff stehen, aufgeweicht nach § 23 Aufenthaltsgesetz zu be­ des Senats betreffen? zu werden, weil viele EU­Bürgerinnen enden, zu unterstützen. Was hat Sie und ­Bürger längst ahnen, daß die so dazu bewogen? BE: Ein Punkt, den die Kolleginnen häufig sogar tödliche Menschenab­ und Kollegen auf der Pressekonfe­ wehr an den Außengrenzen auch etwas Britta Eder: Das ist insgesamt ein ge­ renz heute schon gut dargestellt ha­ aussagt über die gesellschaftlichen sellschaftliches Thema mittlerweile ben, ist die Desinformation des Se­ Verhältnisse und ihre absehbaren wei­ nicht nur in Hamburg, sondern in nats, rechtsstaatlich sei nur die Mög­ teren sozialen Zuspitzungen innerhalb ganz Deutschland und sogar in ande­ lichkeit der Einzelanträge vorgese­ der Europäischen Union. ren Ländern Europas. Ich habe ge­ hen. Das ist aus meiner Sicht schon hört, daß das Schicksal der Gruppe eine Verkennung dessen, was den Am 15. November 2013 stellten "Lampedusa in Hamburg" auch in Begriff des Rechtsstaats ausmacht. Hamburger Anwältinnen und An­ Afrika ein Thema ist, aber nicht nur Der Rechtsstaat ist vor allem deswe­

Seite 10 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick gen auch ein positiv besetzter Be­ BE: Das kann unter Umständen auch der Pressekonferenz schon darge­ griff, weil er klarstellt: Es gibt be­ zwei, drei Jahre dauern, aber ­ und stellt hat: Zuständig ist eigentlich das stimmte Rechte der Bürger gegen­ das ist sozusagen das Problem ­ es Bundesamt für Migration und über dem Staat, die den Schutz vor wurde nach außen und den Flüchtlin­ Flüchtlinge. Die zuständige Person staatlichen Eingriffen sicherstellen, gen gegenüber gesagt: "So lange des Einwohnerzentralamtes, also der was insbesondere auch besagt, daß bleibt ihr hier und bekommt eine Ausländerbehörde, hat dieses Pro­ der Staat für Eingriffe in die Rechte Duldung." In einem Gespräch zwi­ blem erkannt und darauf hingewie­ des Bürgers eine Rechtsgrundlage schen Anwältinnen und Anwälten sen, daß es in § 34a AsylVerfG eine benötigt. Hier wird dieser Rechts­ und hochrangigen VertreterInnen der Änderung zum 1.12. gebe, die die staatsbegriff in sein Gegenteil ver­ Innenbehörde bzw. der Ausländerbe­ Zuständigkeit auf das Bundesamt kehrt, wenn in der Öffentlichkeit von hörde wurde von behördlicher Seite überleite und er auch nicht sagen seiten des Senats behauptet wird, die klargestellt, daß dies zwar eine poli­ könne, ob diese Zuständigkeitsände­ Flüchtlinge müßten sich melden, al­ tisch gewollte Vorgabe des Senats rung auch auf vor dem 1.12. gestell­ les andere sei nicht rechtsstaatlich. sei. Die rechtsverbindliche Umset­ te Anträge anzuwenden sei und inso­ Rechtsstaatlich sei nur ein für den zung dieser Vorgabe sei behördli­ weit das Bundesamt auch diese An­ Einzelfall gestellter Antrag auf Ertei­ cherseits aber nicht möglich. So wur­ träge an sich ziehe, mit der Konse­ lung einer Aufenthaltserlaubnis und de die Frage, ob dies auch rechtsver­ quenz, daß die politische Vorgabe dann die Erteilung einer Duldung. bindlich zugesichert werde, also in des Senats ohne Verbindlichkeit einer Form, die gewährleistet, daß bleibt. Da kann ich mich doch nicht Da wollen die Hamburger Anwältin­ der einzelne vor Gericht sich darauf hinstellen und zu den Leuten sagen: nen und Anwälte noch einmal klarstel­ berufen kann, daß er eine Duldung "Stellt 'mal den Antrag auf Aufent­ len: Nein, so ist das nicht. Es gibt eine bekommt, bis das gerichtliche Ver­ haltserlaubnis, ihr bekommt eine legale Möglichkeit, dieser Gruppe ein fahren abgeschlossen ist, dahinge­ Duldung und die Zusage gilt nach Bleiberecht zu geben, doch das Ver­ hend beantwortet, daß dies aus recht­ Auskunft der Ausländerbehörde ge­ fahren nach § 23 Aufenthaltsgesetz lichen Gründen nach derzeitiger Ein­ nau bis zum 1.12." Niemand weiß, wird einfach ignoriert. Die Möglich­ schätzung nicht möglich sei. was das Bundesamt danach tut. keit wird implizit als nicht rechtsstaat­ lich dargestellt, obwohl sie es natür­ lich ist, denn sie steht ja im Gesetz. Meine Kollegin sagte an diesem Punkt so schön: "Ja, guck ins Gesetz, da steht es, ist ganz einfach." Ich finde es be­ grüßenswert, daß sich auch Anwältin­ nen und Anwälte in diese Diskussion einmischen, gerade auch um der ge­ zielten rechtlichen Fehlinformation et­ was entgegenzusetzen. Schließlich er­ scheint es zudem wichtig, daß sich die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zu diesem Thema äußern.

Ein weiterer Punkt der Desinforma­ tion ist folgender: Der Senat hat ein Angebot gemacht und gesagt: Unse­ re Lösung ist, die Leute sollen sich melden und einen Antrag stellen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Dann bekommen sie eine Duldung, und wenn der Antrag abgelehnt wird Lampedusa­Flüchtlinge sind Über­ Nun scheint es sogar so zu sein, daß ­ wobei der Senat ganz offen gesagt lebende des Massensterbens ­ sich, wie Herr Stehn heute auch hat, daß die Anträge abgelehnt wer­ Gedenktafel am Infozelt der Gruppe schon erklärt hat, die Regelung, die den ­, dürfen die Flüchtlinge aber Lampedusa für die Lampedusa­Flüchtlinge ein­ noch hier bleiben, bis das gerichtli­ Foto: © 2013 by Schattenblick schlägig ist, schon vor dem 1.12. ge­ che Verfahren abgeschlossen ist. ändert hat. Das heißt, der Hamburger Ein entscheidender Punkt dabei ist Senat macht Zusagen, die er gar SB: Das kann schnell gehen? das, was auch der Kollege Stehn auf nicht einhalten kann. So kann man,

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 11 Elektronische Zeitung Schattenblick finde ich, mit Menschen nicht umge­ was passiert und ob ich danach viel­ auch Aufgabe von uns Juristinnen hen. Das sind aus meiner Sicht Des­ leicht nach Italien oder in mein Hei­ und Juristen, diese komplizierte informationen der Flüchtlinge und matland abgeschoben werde. Rechtslage auf eine normale Sprache der Öffentlichkeit. Unklar ist auch, zu übersetzen. wie sich eine Antragstellung und die SB: Sehen Sie denn Möglichkeiten, Erteilung einer Duldung auf die der Entscheidungsfindung des Ham­ SB: Ich möchte einmal versuchen, Wirksamkeit der italienischen Papie­ burger Senats ein bißchen nachzu­ einen Bogen zu schlagen von der So­ re auswirkt. Zwar ist es faktisch der­ helfen? Wie kann man einerseits die­ lidaritätsbewegung, die sich hier in zeit so, daß die italienischen Papiere se relativ komplizierte Materie der Hamburg, aber auch anderswo für bei Antragstellung durch die Auslän­ Öffentlichkeit vermitteln und ande­ Flüchtlinge einsetzt und deren Prote­ derbehörde nur kopiert werden, aber rerseits auch eine Bewegung in die­ ste unterstützt, zu den politischen es wird nicht darauf hingewiesen, ser Richtung unterstützen, damit Kämpfen, die in Gegenwart und Ver­ daß rechtlich die Gefahr des Verlu­ vielleicht mehr Leute hier in Ham­ gangenheit eher ein bißchen rar ge­ stes der italienischen Papiere besteht. burg sagen: "Ja, das ist genau der An­ worden sind. Können Sie sich vor­ satz, die Lösung, die wir auch unter­ stellen, daß da über die reine Flücht­ Und wenn dann in Gesprächen zwi­ stützen. Also Senat, was meinst du lingsfrage hinaus etwas intensiviert schen Abgeordneten der SPD und dazu?" oder in Gang kommen könnte? den Flüchtlingen hochrangige SPD­ Abgeordnete darauf drängen, die BE: Ich glaube, da braucht es sehr BE: Ich glaube, daß sich gerade eine Flüchtlinge sollten doch bitte noch viele Menschen, die etwas dafür tun. ganze Menge Menschen zu diesem vor dem 1.12. die Anträge stellen, Man merkt hier, daß viele, ohne das Thema engagieren, egal, woher sie denn solange sei Hamburg noch zu­ juristisch zu begreifen, sehr genau kommen, ob sie sich nun als links ständig, dann ist das, wie heute auch wissen, was eigentlich richtig ist, verstehen oder nicht. Mein Gefühl, der Kollege Stehn auf der Pressekon­ denn sonst wäre es trotz dieser Des­ wenn ich mit den Leuten spreche, ist, ferenz ausgeführt hat, schlicht eine informationspolitik und den Versu­ daß es für sie zum einen um das falsche Auskunft. Ich will gar nicht chen der Presse, eine Spaltung der Schicksal der konkreten Menschen unterstellen, daß das bösartig war, Gruppe herbeizuschreiben, nicht geht, die Problematik der Flüchtlinge aber die SPD­Abgeordneten wären möglich gewesen, daß mehr als aus meiner Sicht dazu verpflichtet, 15.000 Menschen am vorletzten Wo­ Transparent am Infozelt sich darüber zu informieren, bevor chenende die Forderung nach einem mit der Aufschrift sie den Flüchtlingen gegenüber sol­ Bleiberecht unterstützt haben. [3] Ich 'Wir haben nicht den NATO­Krieg in che Ansagen machen. Ich finde, da denke, die Menschen fühlen das, und Libyen überlebt, um auf Hamburgs muß es eine Transparenz geben. Mit es muß dieser Desinformationspoli­ Straßen zu sterben!' solchen Punkten darf man auf dem tik etwas entgegengesetzt werden, Es kamen Zivilisten, um derentwillen Rücken des Lebens von Menschen auch wenn das bei dieser Materie die NATO Krieg gegen Libyen führte keine falsche Informationspolitik ge­ nicht gerade einfach ist. Da ist es Foto: © 2013 by Schattenblick genüber der Öffentlichkeit betreiben nach dem Motto: "Das ist die einzi­ ge gute Lösung."

Nein. Die einzige gute Lösung haben die Kolleginnen und Kollege heute vorgestellt. Die einzige Lösung, die den Menschen eine Sicherheit gibt, ist die des § 23 Aufenthaltsgesetz. Was diese Menschen nach ihrer Ge­ schichte mit Traumatisierungen in Libyen, mit Traumatisierungen auf dem Meer, in Italien und eigentlich in gewisser Weise auch hier nicht ge­ brauchen können, ist die nächste Un­ sicherheit. Sie brauchen eine Per­ spektive und müssen sich ein neues Leben aufbauen können. Eine solche Perspektive besteht aber nicht darin, daß ich zwei Jahre lang nicht weiß,

Seite 12 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick aber auch ein Ausdruck dessen ist, SB: Wenn ich das auf der Pressekon­ Die denken nur: "Ah ja, jetzt haben was sie schon lange fühlen, nämlich ferenz richtig verstanden habe, ist § 23 sie doch erst einmal 'was. Jetzt be­ daß irgendetwas in diesem System Aufenthaltsgesetz für Flüchtlinge aus kommen sie ein bißchen Geld und nicht stimmt. Ich glaube, daß diese anderen Staaten in Hamburg schon an­ können irgendwo wohnen." Das Pro­ Gruppe es geschafft hat, das relativ gewandt worden, aber bei den Gruppe blem ist dann gelöst und weg aus dem deutlich zu machen an ihrem konkre­ Lampedusa stellt sich der Senat quer. Kopf. Das geschieht gar nicht be­ ten Schicksal. Sie stellt das auch im­ Sie haben uns gerade die Desinforma­ wußt. mer wieder in den Zusammenhang tionspolitik gegenüber dieser Gruppe, der europäischen Flüchtlingspolitik die öffentlich mit ihrer Kritik und ih­ Ich glaube, das passiert unterbewußt, und will das nicht nur als Flücht­ rem Protest sehr viel deutlicher in Er­ und natürlich ist es clever von seiten lingsproblem verstanden wissen. scheinung tritt, als es das in Hamburg des Senats zu versuchen, diesen Und sie fragt: "Woher kommt denn seit langer Zeit gegeben hat, geschil­ Menschen, die auf dieser Weise unser Problem? Weswegen sind wir dert. Halten Sie es für möglich, daß agieren und vielleicht einen eigent­ denn hier?" Auch das thematisiert die das jetzt so etwas wie eine Krisenbe­ lich positiven Anspruch haben, die Gruppe, indem sie sagt: "Ja, wir sind wältigungspolitik des Senats ist, um humanistisch sind, mit den Leuten hier, weil die NATO Krieg geführt diese Entwicklung irgendwie zu arbeiten und irgendwie etwas Gutes hat in Libyen." Kriege allgemein, ob deckeln und wieder in der Versenkung für sie erreichen wollen, zu sagen: nun von der NATO oder von anderen verschwinden zu lassen und daß ihm "Hier gibt es doch ein Lösung." Dann geführt, produzieren Flüchtlinge. gerade die Verknüpfungs­ und Berüh­ ist die Luft erst einmal 'raus, und man Deshalb sind die Flüchtlinge hier, rungspunkte, die es zwischen hiesigen muß sich nicht damit beschäftigen, und deshalb kann man das auch nicht Gruppen und den Flüchtlingen gibt, was in drei Jahren ist, wenn die isoliert von der Ursache sehen. ein Dorn im Auge sind? Menschen, für die es keine gute Lö­ sung gibt, vielleicht schon wieder Das haben die Flüchtlinge in den BE: Das kann ich so nicht sagen. Aber weg sind. Natürlich hat der Senat letzten Gesprächen so auch gegen­ auf jeden Fall versuchen sie natürlich, Angst davor, sich politisch zu über Mitgliedern der SPD­Fraktion dieses Problem von der Agenda weg­ noch einmal deutlich gesagt: "Des­ zubekommen, weil sie merken, daß es Seit einem halben Jahr in der Öffent­ halb habt ihr auch die Verantwor­ eine Menge Menschen gibt, die sich lichkeit präsent ­ Infozelt der tung, dafür hier eine Lösung zu fin­ mit den Flüchtlingen solidarisieren. Gruppe "Lampedusa in Hamburg" den." Ich habe das Gefühl, wenn ich Sie versuchen, eine vermeintliche Lö­ Foto: © 2013 by Schattenblick mit Menschen spreche, die einfach sung zu präsentie­ nur menschlich sind, daß sie das Pro­ ren und versuchen, blem begreifen und wissen, daß es damit insbesondere nicht nur um diese 300 Leute geht. Menschen zu errei­ Und ich glaube auch, daß sich für chen, die vielleicht viele in diesem Kampf etwas verän­ gute Dinge wollen, dern kann. Dadurch, daß es diese 300 aber erst einmal Menschen konkret gibt, die es trotz froh sind, wenn es dieser widrigen Umstände schaffen, für die nächsten drei weiter für ihr Recht zu kämpfen, Monate eine Lö­ merken viele vielleicht auch, daß sung gibt. Ich glau­ man nicht ganz so schnell aufgeben be, es gibt Men­ darf oder muß. Ich glaube, daß diese schen, die können Flüchtlinge es geschafft haben, ein­ ein solches Schick­ fach diese Motivation aufrechtzuer­ sal, wie es diese halten, so daß hier jetzt eine ganze Flüchtlinge haben, Menge Gruppen ­ Gewerkschaften, gar nicht nahe an Anwälte, die Kirche, SchülerInnen, sich ranlassen. Auf linke, linksradikale und alle mögli­ Dauer können sie es chen weiteren Organisationen ­ sich nicht ertragen, und engagieren. Dabei ist mein Gefühl, das heißt, sie wollen daß sie aus der Erkenntnis heraus et­ jetzt erst einmal ei­ was machen, und zwar aus einer ne schnelle Lösung, Sicht, die ein bißchen uneigennützi­ aber wollen nicht ger ist als das, was sie vielleicht sonst daran denken, was manchmal machen. in drei Jahren ist.

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 13 Elektronische Zeitung Schattenblick

äußern. So wie er sich jetzt äußert, Bild machen können. Natürlich ist Motto: "Ah, wir sind alle gleich, wir äußert er sich nicht politisch. Das ist das ein ganz, ganz wichtiger Punkt. haben alle Jura studiert und kommen eine ganz typische Sache, wie alles Es ist, glaube ich, tatsächlich eine der aus demselben Stall, da unterhalten hier in Deutschland auf dieser Law­ Stärken dieser Gruppe, daß sie ge­ wir uns jetzt 'mal." Ich glaube, das and­Order­Ebene gelöst wird. sagt hat "wir sind präsent und wir macht diese Gruppe aus, die will das sind da" und genau das Gegenteil anders, und das ist natürlich für ganz SB: Wir haben vorhin von Ihrer Kol­ macht von dem, was der Senat ihnen viele ungewohnt, nicht nur für den legin [4] schon gehört, daß es eine vorwirft. Sie verstecken sich ja gera­ Senat, sondern auch erst einmal für wichtige Rolle spielt, wenn einfach de nicht! jeden von uns. ganz normale Leute mit den Flücht­ lingen in Kontakt treten. In dem Mo­ SB: Das ist auch so ein Widersinn, SB: In die Flüchtlingsunterstüt­ ment, in dem man sich ein bißchen ihnen vorzuwerfen, daß sie ihre zungspolitik mischt sich dann auch näherkommt, ist das Thema nicht Identität verbergen würden, obwohl etwas, was nicht nur die Gruppe mehr so abstrakt. Könnte die Unter­ sie von sich aus an die Öffentlichkeit Lampedusa, sondern auch "The Voi­ stützung für die Gruppe Lampedusa gehen mit Namen und Telefonnum­ ce", die "Karawane für die Rechte durch persönliche Kontakte und Be­ mern. der Flüchtlinge und MigrantInnen" gegnungsflächen noch verstärkt wer­ und viele weitere Organisationen den? BE: Genau. Das macht jeder von ih­ zum Ausdruck bringen, die sagen: nen. "Wir bestimmen unseren Protest sel­ BE: Ich glaube, daß es diese Unter­ ber". Das ist natürlich auch an die stützung sowieso nicht gegeben hät­ SB: Ich könnte mir vorstellen, daß Adresse der Unterstützenden gerich­ te, wenn die Gruppe nicht öffentlich das eine Entwicklung ist, bei der die tet, bei denen sich die Unterstützung in Erscheinung treten würde, z.B. mit Politik oder konkret der Hamburger letztendlich häufig mit der Absicht dem Info­Zelt, das es am Steindamm Senat so ein bißchen Bedenken be­ verbindet, den Flüchtlingen irgend­ gibt. Die Sprecher, aber auch andere kommt, weil eine Gruppe von Men­ wie doch Vorschriften zu machen Mitglieder der Gruppe machen In­ schen, die normalerweise völlig aus­ oder ihnen zu erklären, wie das hier formationsveranstaltungen in Schu­ geblendet wird, plötzlich in Erschei­ so läuft. len und an Universitäten. Die Leute nung tritt und auf einmal ihre eige­ hier haben die Möglichkeit, diese nen Interessen formuliert, so daß BE: Ich glaube, das hängt auch mit Menschen kennenzulernen, und das vielleicht die Gefahr besteht, daß mangelnder Erfahrung zusammen. ist etwas, was normalerweise nicht noch mehr Leute in prekärer Lage Man ist in dem üblichen Ding drin, möglich ist, weil sie im deutschen plötzlich auf solche Ideen kommen 'ich helfe anderen'. Das lernt man Flüchtlingssystem ­ genauso wie in könnten. hier, wenn man aufwächst. Gewisse Italien ­ in Camps gesteckt und weit Dinge finden in einem bestimmten außerhalb untergebracht werden. BE: Es sind Menschen, die sich nicht Rahmen statt, und das ist nicht nur Das war ja hier auch so. Was hier vor nur als Opfer darstellen. Das ist, bei den Flüchtlingen so. Wie gesagt, sechs Monaten zwischen der Kirche glaube ich, auch eine Herausforde­ das geschieht im Strafverfahren ge­ und dem Senat zuerst angedacht rung für viele Unterstützerinnen und nauso, und die meisten akzeptieren wurde, war, daß man die Leute in ei­ Unterstützer. Das sind keine Objek­ das auch so oder merken das gar ner Schule in Langenhorn unter­ te, für die ich etwas tue, sondern nicht. Das ist bei dieser Bewegung bringt. Oder die Leute, die in Horst Subjekte, die ihre eigenen Vorstel­ anders, und das ist sicher ein Vorteil. untergebracht wurden! Die Men­ lungen und Interessen haben. Das ist schen also möglichst da unterzubrin­ tatsächlich etwas, was hier nicht oft SB: Inzwischen kann man überall in gen, wo sie keinen Kontakt mit der stattfindet. Oft werden Konflikte den der bürgerlichen Presse lesen, wo die Bevölkerung haben. eigentlich Betroffenen enteignet. Frage von Frontex aufgeworfen und Wenn ich als Strafverteidigerin tätig ein bißchen recherchiert wurde, daß So haben die Menschen nicht mehr bin, ist es häufig so, daß man sich in gefragt wird, was da eigentlich vor­ das Bild im Kopf, das irgendwo dar­ das Kämmerchen zurückzieht und geht. Das ist ein heikles Thema im gestellt wird und irgendwelche Vor­ die Juristen unter sich 'mal so bera­ Moment, wenn sie darauf stoßen, urteile transportiert, sondern sie ler­ ten, was denn so aus dem Strafver­ daß Frontex zum Beispiel in einigen nen andere Menschen kennen. Ich fahren herauskommen soll. Da redet nachgewiesenen Fällen tatsächlich glaube, das würde allgemein etwas man nicht mit den Menschen, son­ Flüchtlingsschiffe abgedrängt hat. verändern jenseits dieser Gruppe, dern das findet natürlich ohne den Das geht praktisch durch alle Medi­ wenn das anders wäre. Denn dann Angeklagten statt. Man redet über en, wenn Frontex dann sagt: "Ja, das sind es plötzlich Menschen, von de­ die Menschen und das aus der Per­ waren vielleicht Ausnahmefälle, die nen sich andere Menschen selber ein spektive der Juristen, so nach dem werden wir gleich prüfen." Aber es

Seite 14 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick ist schon auffallend, daß es eigent­ lich nicht darum geht, den Flüchtlin­ gen zu helfen. Daß die europäische Flüchtlingspolitik eine aktive Politik gegen die Flüchtlinge ist, kommt schon ein bißchen ins Bewußtsein rein. Im Moment gibt es da eine ge­ wisse Öffentlichkeit, nachdem das jahrelang in den Medien überhaupt kein Thema war.

BE: Sehr häufig ist es doch so, daß es ein bißchen als Verschwörungs­ theorie gilt, wenn man sagt: "Ja, das ist auch tatsächlich gar nicht gewollt, die Flüchtlinge will man hier nicht." In dem Zusammenhang gibt es eine aufschlußreiche Studie von EUISS, dem "European Institute for Securi­ ty Studies" [5]. Das ist der Thinktank der Europäischen Union, der die Eu­ fen auf der Webseite dieses EUISS. Transparent an Demo­Wagen mit der ropäische Kommission berät und Daraus ist dann auch Frontex ent­ Aufschrift 'Hamburg, das Tor zur auch mitbeteiligt gewesen ist an der standen und jetzt EUROSUR. Aus Welt ­ Geschlossen für politisch Ver­ Gründung von EUROPOL und EU­ meiner Sicht ist das eine eindeutige folgte, Menschen ohne Pass, (Bür­ ROJUST. EUROJUST ist so etwas Rhetorik, aber das an die Öffentlich­ ger)Kriegsflüchtlinge, Menschen wie die europäische Staatsanwalt­ keit zu bringen, ist natürlich nicht so ohne Besitz, Menschen...' schaft oder soll es einmal werden. einfach. Die Demonstration vom Das EUISS ist im Grunde so etwas 2. November 2013 setzte ein Zeichen wie die "Stiftung für Wissenschaft SB: Das zeigt dann aber auch auf, an Senat und Öffentlichkeit und Politik", das Thinktank der Bun­ wie tiefgreifend und weitreichend Foto: © 2013 by Schattenblick desregierung. Das EUISS ist das das gesamte Problem eigentlich ist Pendant auf europäischer Ebene und und wie wenig es mit einer reinen "Wie sieht denn die Lage bei uns wird auch aus EU­Geldern finan­ Appellpolitik ­ "Macht doch bitte et­ aus? Können wir nicht auch so eine ziert. was für die Flüchtlinge, lieber Senat" Idee vorantragen?" Oder könnte das ­ getan ist. im ganz, ganz ungünstigsten Fall da­ Die haben Anfang der 2000er Jahre zu führen, daß gesagt wird: "Gut, das eine Studie über die Perspektiven der BE: Ja. Wenn man sich das anguckt, hat doch wunderbar geklappt, aber europäischen Außen­ und Sicher­ weiß man natürlich, unter welchem jetzt kommt wieder der Deckel heitspolitik für die nächsten 20 Jah­ Druck auch so ein Senat oder Politi­ drauf", daß also das Gesamtproblem re herausgegeben. Darin sagen sie, ker stehen, bestimmte Entscheidun­ der Flüchtlingspolitik in einem klei­ daß die Kriege der modernen Zeit gen zu treffen oder eben auch nicht. nen Fall als Zugeständnis geduldet, nicht mehr zwischen Staaten geführt aber danach gleich wieder wegge­ werden, sondern zwischen unglei­ SB: Da sieht man die Kette auf ein­ schlossen wird? chen sozioökonomischen Klassen, mal vor sich und weiß, warum die wozu dann auf der einen Seite Euro­ Hamburger auf keinen Fall der Vor­ BE: Das ist dann eine Frage dessen, pa, die OECD und Staaten wie Bra­ reiter für irgendsoetwas sein wollen. wie stark die Bewegung ist. silien und China gehören, und auf Einmal angenommen, der Senat der anderen Seite die "Bottom Billi­ würde ­ getragen und getrieben ­ SB: Ein klares Schlußwort. Vielen on" (zu deutsch: unterste Milliarde), letztendlich zustimmen: Inwieweit Dank, Frau Eder, für dieses lange so nennt es das EUISS. Und in dem wäre das eine Hamburger Lösung, Gespräch. Zusammenhang schreiben sie auch, bei der man sagt: "Okay, aber die ist daß gegen diese Bottom Billion der nur maßgeschneidert für diese 300 Welt auch im Rahmen der Flücht­ Flüchtlinge", was schon gut wäre, http://www.schattenblick.de/ lingspolitik alle intensiven Kampf­ wenn das klappen würde. Könnte das infopool/buerger/report/ maßnahmen ergriffen werden müs­ eine Signalwirkung haben vielleicht brri0037.html sen. Das kann man ganz offen aufru­ für andere Städte, sich zu überlegen:

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 15 Elektronische Zeitung Schattenblick

Fußnoten: Bisherige Beiträge zu "Lampedusa in Hamburg" im Schattenblick unter BOULEVARD [1] Erstveröffentlichung am www.schattenblick.de → 19.08.2009 im Schattenblick unter: INFOPOOL → BÜRGER/GESELL­ KALTE PLATTE www.schattenblick.de → SCHAFT → REPORT: INFOPOOL → UNTERHALTUNG Klatsch auf krossen Kräckern → SPUCKNAPF: BERICHT/022: Lampedusa in Ham­ Satirische Canapés und SCHNAPPSCHUSS/0005: burg ­ Nachlese (SB) Cocktailbissen http://schattenblick.de/infopool/ BERICHT/023: Lampedusa in Ham­ Medo­Tours 2014 unterhlt/spucknap/usss0005.html burg ­ Säumnisse und Chancen (SB) (ANZEIGE) [2] Siehe auch den Bericht zu dieser INTERVIEW/032: Lampedusa in Pressekonferenz im Schattenblick Hamburg ­ Tor ohne Tür, Flüchtling Sie haben gesundheitliche Probleme und unter A. Tchassei im Gespräch (SB) Ihre Krankenkasse will nur einen gerin­ www.schattenblick.de → INTERVIEW/033: Lampedusa in gen Prozentsatz der Behandlungskosten INFOPOOL → BÜRGER/ Hamburg ­ Christenpflicht und übernehmen? Sie sind anderer Meinung GESELLSCHAFT → REPORT: Staatsräson, Pastor Sieghard Wilm als Ihr Arzt und wollen aufwendigere medizinische Maßnahmen durchgeführt BERICHT/023: Lampedusa in Ham­ im Gespräch (SB) haben als er vorschlägt? Sie stehen auf burg ­ Säumnisse und Chancen (SB) INTERVIEW/034: Lampedusa in einer Warteliste, brauchen den Eingriff http://schattenblick.de/infopool/bu­ Hamburg ­ das fordert die Geschich­ aber möglichst SOFORT?! erger/report/brrb0023.html te, mit Andreas Gerhold im Gespräch (SB) Dann lehnen Sie sich zurück, nehmen den aktuellen Medo­Tours­Katalog zur [3] Siehe auch die Nachlese zu der INTERVIEW/035: Lampedusa in Hand und schmieden Reisepläne. Oder Demonstration vom 2. November im Hamburg ­ und vor der Tür da schreit besuchen Sie unsere Website und wäh­ Schattenblick unter die Welt, Cornelia Gunßer im Ge­ len Sie online in aller Ruhe eine Medo­ www.schattenblick.de → spräch (SB) Tours­Reise aus, die auf Sie und Ihre INFOPOOL → BÜRGER/ INTERVIEW/036: Lampedusa in spezifische Problematik zugeschnitten GESELLSCHAFT → REPORT: Hamburg ­ in des Teufels Ohr, ist. BERICHT/022: Lampedusa in Rechtsanwältin Insa Graefe im Ge­ Auch diesmal sind wieder eine Menge Hamburg ­ Nachlese (SB) spräch (SB) Sonderangebote dabei: http://schattenblick.de/infopool/bu­ 10tägiger Zahnsanierungstrip nach Ru­ erger/report/brrb0022.html www.schattenblick.de → mänien (supergünstige Implantate mit INFOPOOL → POLITIK → Haltbarkeitsgarantie) schon ab 2000,­ [4] Siehe das Interview mit der KOMMENTAR: Euro Rechtsanwältin Insa Graefe im REPRESSION/1509: Wir sind Schattenblick unter Deutschland? ­ Wir sind Lampedu­ 3 Wochen ins sonnige Natal, Südafrika Bauchspeicheldrüsen­Transplantationen www.schattenblick.de → sa! (SB) im Burenland. Erstklassige Kliniken mit INFOPOOL → BÜRGER/ großem Qualitätsspender­Einzugsgebiet GESELLSCHAFT → REPORT: jetzt für nur 13.000,­ Euro INTERVIEW/036: Lampedusa in Siehe auch Beiträge zum Flücht­ Hamburg ­ in des Teufels Ohr, lingssterben im Mittelmeer: Neu! Neu! Neu! Letzte­Reise­Ticket Rechtsanwältin Insa Graefe im Ge­ www.schattenblick.de → Seniorenwochenende in Den Haag. Nur spräch (SB) INFOPOOL → EUROPOOL → Hinfahrt. Inklusive http://schattenblick.de/infopool/ BRENNPUNKT: SEEGRENZE Rundumbetreuung durch erfahrenes buerger/report/brri0036.html http://schattenblick.de/infopool/eu­ Sterbehilfe­Team. ropool/ip_europool_brenn_seegren­ Einführungspreis nur 3000,­ Euro [5] Herunterzuladen in englischer ze.shtml Sie warten auf ein Spender­Organ? Wer­ und deutscher Sprache bei: den Sie mit uns initiativ: 14 Tage im http://www.iss.europa.eu/ Turbotransplant­Mobil durch Syrien. publications/detail/article/what­ Siehe auch Beiträge zu Flüchtlings­ Mit unserem Stand­by­Ärzteteam an den ambitions­for­european­defence­in­ protesten: www.schattenblick.de → Frontlinien unterwegs. Wer sucht, der 2020/ INFOPOOL → BÜRGER/ findet! schon ab 25.000,­ Euro (alles http://www.iss.europa.eu/publicati­ GESELLSCHAFT → inklusive) ons/detail/article/perspektiven­fuer­ TICKER: FLUCHT Vertrauen Sie Medo­Tours ­ die­europaeische­verteidigung­ http://schattenblick.de/infopool/bu­ egal, wohin die Reise geht. 2020/ erger/ip_buerger_ticker_flucht.shtml

Seite 16 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick

POLITIK / REDAKTION / NAHOST

Der Syrienkrieg weitet sich auf den Libanon aus Israel und Saudi­Arabien halten an der Destabilisierung Syriens fest

In Syrien nehmen die Kämpfe zu, Iran einschließlich einer Beilegung sonen wurden durch die Explosionen nachdem vor wenigen Tagen die Re­ des sogenannten "Atomstreits" ab­ verletzt. Zu dem Angriff bekannten gierung in Damaskus und der oppo­ lehnen und weiterhin die Zerschla­ sich die in Syrien und anderswo ope­ sitionelle Syrische Nationalrat ihre gung des "schiitischen Bogens" zwi­ rierenden Abdullah­Azzam­Briga­ Teilnahme an Friedensverhandlun­ schen dem Libanon, wo die Hisb Al­ den, die sich nach Osama Bin Ladens gen, die am 22. Januar in Genf unter lah zu den stärksten politischen palästinensischem Mentor benennen, der Schirmherrschaft von Rußland Kräften gehört, Assads Syrien und der in den achtziger Jahren von Pa­ und den USA beginnen sollen, zuge­ dem von den Mullahs beherrschten kistan aus bei der Versorgung der af­ sagt haben. Militärisch versuchen die Iran anstreben. Mehrere Anschläge ghanischen Mudschaheddin mit aus­ staatlichen syrischen Streitkräfte ih­ gegen Ziele der Hisb Allah in der li­ ländischen Kämpfern eine führende re in den vergangenen Monaten er­ banesischen Hauptstadt Beirut in den Rolle spielte. Zur Begründung des zielten Geländegewinne auszubauen, letzten Wochen verdeutlichen dies. Anschlages wurde auf die Unterstüt­ um sich die bestmögliche Ausgangs­ zung des Irans für die Hisb Allah und position bei den politischen Ver­ Mit Hilfe der schiitischen Hisb­Al­ deren Teilnahme am Syrienkrieg handlungen zu verschaffen. Bei den lah­Miliz hatten die staatlichen hingewiesen. Solange Teheran die Rebellen steht möglicherweise eine Streitkräfte im Syrienkonflikt in den Aktivitäten der Hisb­Allah­Miliz in große Spaltung bevor. Unbestätigten vergangenen Monaten die Oberhand Syrien fördere, würden iranische Berichten zufolge könnte sich die gewonnen. Im Frühjahr haben sie die Objekte Ziel von Anschlägen blei­ mit dem Syrischen Nationalrat ver­ Stadt Kusair nahe der Grenze zu ben, so die Mitteilung der Abdullah­ bundene Freie Syrische Armee, die Nordlibanon erobert und damit den Azzam­Brigaden. hauptsächlich aus abtrünnigen Sol­ Nachschub an Waffen und Kämp­ daten und Offizieren der regulären fern, der über Tripoli lief, unterbre­ In einem am 3. Dezember vom liba­ Streitkräfte besteht, von den sunniti­ chen können. In der libanesischen nesischen Fernsehsender OTV aus­ schen Salafisten, die inzwischen die Hafenstadt flammen seit Jahren ­ in gestrahlten Live­Interview äußerte Mehrheit der Aufständischen ausma­ letzter Zeit verstärkt ­ immer wieder sich Hisb Allahs Generalsekretär chen, trennen, um auf der Seite des Kämpfe zwischen pro­syrischen Hassan Nasrallah von der Echtheit säkularen "Regimes" um Präsident Alewiten und sunnitischen Salafisten der Bekennerschaft der Abdullah­ Baschar al Assad gegen die Gottes­ auf. Am 23. August explodierten vor Azzam­Brigaden zu den Botschafts­ krieger zu kämpfen. Die aktuelle An­ zwei sunnitischen Moscheen Auto­ anschlägen überzeugt. Unter Verweis näherung zwischen den USA, lange bomben, die 47 Menschen töteten auf die saudische Staatsangehörig­ Zeit die Hauptbefürworter eines und mehr als 800 Menschen verletz­ keit des "Emirs" der AAB, Majid bin "Regimewechsels" in Damaskus, ten. Bis heute hat sich niemand zu Muhammed al Majid, behauptete er, und dem Iran, neben Rußland der dem schwersten Bombenanschlag daß zwischen der Gruppe und dem wichtigste Verbündete Syriens, hat seit dem Ende des libanesischen Bür­ Geheimdienst Saudi­Arabiens eine diese Möglichkeit eröffnet. gerkrieges 1990 bekannt. Viele Sun­ "direkte Verbindung" bestehe. Er niten vermuten dahinter die Hisb Al­ warnte zudem vor verstärkten Be­ Die Milizionäre von der Islamischen lah. Diese wiederum hat jede Ver­ mühungen Riads, in den kommenden Front und der al­kaida­nahen Al wicklung bestritten. Alle Versuche Wochen die Verhandlungen um eine Nusra lehnen hingegen Gespräche der Armee des Libanons, die Situati­ Beendigung des Syrienkrieges zu mit "Ungläubigen" wie dem Alewi­ on in der zweitgrößten Stadt des torpedieren. "Das Königreich Saudi­ ten Assad ab und wollen bis zu des­ Landes zu beruhigen, verliefen bis­ Arabien beharrt darauf, in Syrien bis sen Sturz und der Errichtung eines lang erfolglos. zum letzten Bluttropfen zu kämpfen Kalifats ihren "heiligen" Krieg fort­ ... Es kann eine politische Lösung setzen. Bestärkt werden die Dschiha­ Am 19. November sprengten sich nicht tolerieren", so Nasrallah. disten in ihrer unversöhnlichen Hal­ zwei Selbstmordattentäter vor der tung von Saudi­Arabien und Israel, iranischen Botschaft in Beirut in die Der Hisb­Allah­Chef deutete die welche die sich abzeichnende Ver­ Luft und rissen dabei 23 Menschen Anschläge auf die iranische Bot­ söhnung zwischen den USA und dem mit in den Tod. Mindestens 160 Per­ schaft als Reaktion der Saudis auf ihr

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 17 Elektronische Zeitung Schattenblick eigenes "Versagen" in der Nahost­ mandeur der Hisb­Allah­Miliz, wur­ gaden in Baalbek"; besagte Provinz­ Region. Er machte Riad für das mi­ de von unbekannten Tätern erschos­ hauptstadt der libanesischen Bekaa­ serable Verhältnis zwischen Saudi­ sen, als er am Abend des 3. Dezem­ Ebene ist überwiegend von Schiiten Arabien und Teheran sowie für die ber vor seiner Wohnung in Beiruter bewohnt. Zur Begründung der Er­ länderübergreifenden Spannungen Stadtteil Sankt Therese aus seinem mordung von Lakkis hieß es in der zwischen Sunniten und Schiiten ver­ Auto stieg. Über die Täterschaft für Erklärung der bislang unbekannten antwortlich. Mit den Worten, "Sau­ die Ermordung von Lakkis herrscht Gruppe, er wäre für "das Massaker di­Arabien betrachtet den Iran seit Unklarheit. In einer ersten Reaktion von Kusair" ­ eine Umschreibung der längerem als Feind ... doch fehlt den hat die Hisb Allah Israel für das At­ bereits erwähnten Niederlage der sy­ Saudis der Mut, überhaupt mit einem tentat verantwortlich gemacht. Ein rischen Salafisten nahe der Grenze anderen Land in direkte militärische mögliches Motiv wäre die von der in zu Nordlibanon im Frühjahr ­ ver­ Konfrontation zu treten", lieferte Beirut erscheinenden Zeitung Daily antwortlich. Jedenfalls sieht derzeit Nasrallah die Erklärung dafür, Star attestierte Rolle Lakkis bei der alles danach aus, als würden Tel Aviv warum Riad es in der Regel vorzieht, Waffenbeschaffung und ­entwick­ und Riad über ihre verschiedenen seine Drecksarbeit von gewaltberei­ lung der Hisb Allah, darunter von Aktivposten im Libanon versuchen, ten salafistischen Gruppen à la Al unbemannten, ferngesteuerten Flug­ die Hisb Allah zu provozieren und Kaida erledigen zu lassen. zeugen, auch Drohnen genannt. den Konflikt in Syrien am Leben zu halten. Einen Tag nach den ungewöhnlich Israel hat erwartungsgemäß jede offenen Äußerungen Nasrallahs Teilnahme an der Operation gegen http://www.schattenblick.de/ mußte die Hisb Allah einen weiteren einen seiner Hauptfeinde bestritten. infopool/politik/redakt/ schweren Angriff hinnehmen. Has­ Zu der Tat bekannte sich am 4. De­ nhst1278.html san Al­Lakkis, ein führender Kom­ zember die "Freien Sunnitischen Bri­

UMWELT / REPORT / BERICHT

Fukushima ­ Kondolation der Profite "Energie, Macht und soziale Kämpfe in Japan nach Fukushima" Teil 2: Kommentar von Marina Sitrin und Fragen des Publikums Eine Veranstaltung des Bildungswerks Berlin der Heinrich­Böll­Stiftung am 22. November 2013

Drei Kernschmelzen und mehrere stiziert wurde und die Bevölkerung, AR), der Internationalen Atomenergie­ Explosionen im Atomkraftwerk Fu­ insbesondere die ärmere, wie in einem Organisation (International Atomic kushima­Daiichi, aber kein einziger großmaßstäblichen Menschenversuch Energy Agency, IAEA) und der Welt­ Mensch ist an den direkten Folgen mit potentiell tödlichem Ausgang gesundheitsorganisation (World Health des Unfalls gestorben ­ das zeige dauerhaft radioaktiv belastete Nah­ Organization, WHO) auf angeblich in doch, wie sicher Kernkraftwerke rung zu sich nimmt, war für die Indu­ der Bevölkerung verbreitete psychoso­ sind, gab sich ein halbes Jahr nach strievertreter offenbar kein Thema. ziale Auswirkungen der Fukushima­ Beginn der Katastrophe die Atom­ Katastrophe verwiesen. [2] lobby auf der Jahrestagung der Solcher Mißachtung der Unversehrt­ World Nuclear Association (WNA) heit der Bevölkerung durch die Wirt­ in London selbstbewußt. [1] schaft noch nicht genug, wird auch von Angst fressen Seele auf ... oder ist Organisationen wie dem Wissenschaft­ es nicht doch die radioaktive Daß jedoch bei Kindern aus der Prä­ lichen Ausschuß der Vereinten Natio­ Strahlung? fektur Fukushima bereits zwei Jahre nen zur Untersuchung der Auswirkun­ nach der Akw­Havarie vom 11. März gen der atomaren Strahlung (United Ist die japanische Bevölkerung also 2011 ein signifikanter Anstieg an Nations Scientific Committee on the nur verängstigt und bildet sich die Knötchen in der Schilddrüse diagno­ Effects of Atomic Radiation, UNSCE­ Strahlengefahr ein? Oder haben wir

Seite 18 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick es bei dieser Unterstellung bereits Regierung und die Betreibergesell­ Staat verlassen. Entweder weil die­ mit einem Resultat jenes großflächi­ schaft Tepco (Tokyo Electric Power ser tatsächlich nicht in der Lage ist, gen Menschenversuchs zu tun, das Company). Mit dieser Einschätzung die Menschen zu versorgen, weil er da lautet: Die staatliche Ordnung steht Kohso bei weitem nicht alleine es nicht will oder weil die Menschen kann selbst dann aufrechterhalten dar. Stellvertretend für viele kritische den Staat ablehnen. Die repräsenta­ werden, wenn große Menschenmas­ Stimmen sei hier nur der internatio­ tive Demokratie wird durch die di­ sen einer dauerhaft erhöhten radio­ nal anerkannte Nuklearexperte My­ rekte Demokratie ersetzt, so Sitrin, aktiven Belastung ausgesetzt werden cle Schneider genannt, der die Ein­ die von einer tiefen ökonomischen und somit explizit gegen deren Le­ setzung einer internationalen Task Krise spricht, die verschiedene Län­ bens­ und Überlebensinteresse ge­ Force für die Bewältigung der Nu­ der erfaßt hat, Japan inklusive. handelt wird, sofern ihnen nur per­ klearkatastrophe von Fukushima for­ manent, vor allem von vorgeblich dert und ebenfalls davon spricht, daß Dessen Regierung vernachlässige neutralen Institutionen, eingeredet die Bevölkerung hinters Licht ge­ nicht einfach nur die Leute, sondern wird, daß sie nicht bedroht sind? Ne­ führt wird. [3] verteile den Strahlenabfall in Müll­ ben den oben genannten UN­Organi­ säcken im ganzen Land und fordere sationen erfüllt auch das Internatio­ Vor allem aber berichtete Kohso über die Bevölkerung sogar dazu auf, ra­ nale Olympische Komitee (Interna­ die stille Auflehnung der Menschen dioaktiv kontaminierte Nahrung zu tional Olympic Committee, IOC) die gegen die vorherrschende Ordnung essen, erboste sich die Kommentato­ Funktion der Beschwichtigung, in­ und deren Profiteure im In­ und Aus­ rin, die ­ selbst eine junge Mutter ­ die dem es Tokio den Zuschlag als Ver­ land, wie der Schattenblick im ersten Sorge japanischer Mütter nachvoll­ anstalter der Olympischen Spiele Teil über den Vortrag näher ausführ­ ziehen kann, die nicht wissen, ob sie 2020 erteilt hat. te. [4] ihren Kinder verstrahlte oder unver­ strahlte Nahrung zu essen geben. [6]

Selbstorganisation Marina Sitrin ergänzte die Erklärung versus Staat Kohsos, daß die Auflehnung der Ja­ paner nach Fukushima eher im stil­ Im folgenden zweiten Teil len abläuft, aber warnte, daß man sich widmen wir uns dem Kom­ nicht vertun soll, denn sie findet statt. mentar Marina Sitrins zum Beispielsweise in der Selbstorganisa­ Vortrag und der anschlie­ tion, die ja schon eine Form der Ab­ ßenden Diskussions­ bzw. lehnung des Staates ist und große Fragerunde mit dem Publi­ Ähnlichkeiten mit den Formen der kum. Sitrin betonte, wie Selbstorganisation, die man in den wichtig es sei, genau zu oben genannten Ländern beobachten schauen, was in Japan ge­ kann, aufweist. In Japan widersetzen schieht. Dort seien in man­ sich hauptsächlich Frauen der tief cher Hinsicht die gleichen verankerten Kultur des Gehorsams Tendenzen zu erkennen wie und erklären: 'Nein, wir geben unse­ in anderen Konfliktgebieten ren Kindern und den Älteren keine der Welt, sowohl was die verstrahlte Nahrung zu essen!' Sabu Kohso: Es reicht, im Entstehung sozialer Bewe­ Namen Japans sind genug gungen, die eine Repräsentanz ihrer Die Frauen werden stärker, antwor­ Gräueltaten begangen worden! Interessen ablehnen, betrifft als auch tete im weiteren Verlauf der Diskus­ Foto: © 2013 by Schattenblick die Reaktion des Staates darauf. Sie sionsrunde Sabu Kohso auf die Fra­ selbst habe zu den Zapatistas in Me­ ge, ob er neben dem vielen Negati­ Der sich selbst als "antikapitalisti­ xiko und Gruppen in Bolivien und ven aus Japan nicht auch eine positi­ scher und anarchistischer Aktivist" Argentinien gearbeitet. In jüngerer ve Nachricht hat. Was seit Tausenden bezeichnende Sabu Kohso berichte­ Zeit habe sie sich mit der Occupy von Jahren als die Natur der Frauen te in seinem Vortrag "Energie, Macht Movement und mit Bewegungen in aufgefaßt wurde ­ zu kochen und zu und soziale Kämpfe in Japan nach Spanien, Griechenland, Tokio und putzen, etc. ­, diese zugewiesene Fukushima" im Bildungswerk der Brasilien befaßt. [5] Rolle sei nun politisiert. Immer mehr Heinrich­Böll­Stiftung in Berlin von Frauen suchten die Civic Centers der systematischen Verschleierung Eine Gemeinsamkeit dieser Gruppen (Bürgerzentren) auf, um dort die der hohen Strahlenwerte in Nahrung besteht darin, daß sie sich selbst or­ Strahlenbelastung von Lebensmit­ und Umwelt durch die japanische ganisieren und nicht mehr auf den teln messen zu lassen. Zudem wurde

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 19 Elektronische Zeitung Schattenblick auch schon gegen das Schulessen gierung hat wohl auch mit der Men­ Der Referent nahm die Gelegenheit protestiert. talität der Japaner zu tun, wurde sei­ wahr, auf seinen eigenen politischen tens des Publikums angemerkt. Dem Standpunkt näher einzugehen. Koh­ Bestätigung finden die Einschätzun­ stimmte Kohso nur bedingt zu. Da so lehnt es ab, daß auf die oben be­ gen Sitrins und Kohsos durch jüngste sei zwar etwas dran, aber die Antia­ schriebene Weise eine regionale Berichte über Demonstrationen von tombewegung werde nicht durch die Wirtschaft "zum Wohle Japans" ge­ japanischen Frauen, zuletzt am 26. nationale Mentalität geschwächt. schützt werden muß, da in so einer November in der Einkaufsstraße Gin­ Vielmehr habe man es hier mehr mit Aussage Japan als soziales Ganzes za in Tokio gegen ein Geheimhal­ einer Klassenfrage zu tun. In Japan wahrgenommen wird. "Wir Anarchi­ tungsgesetz, von dem anzunehmen ist, gab es sogar militante Momente, sten sind gegen diese Vorstellung", daß es der Regierung die Rechts­ deshalb könne man nicht sagen, daß sagte er, der Japan nicht als eine In­ grundlage verleiht, Informationen die Zurückhaltung eine nationale sel, sondern als "Archipel, der mit über Strahlengefahren als Staatsge­ Mentalität ist. Asien verbunden ist", beschreibt. heimnis zu definieren und jede uner­ Über Okinawa gibt es eine natürliche wünschte Veröffentlichung mit einer Brücke von Japan zu Taiwan. Und langjährigen Haftstrafe zu belegen. [7] Fundamental antinational auch zu Korea besteht eine Verbin­ dung, in dem Fall sogar eine soziale. Der gebürtige Japaner, der seit den Noch immer leben viele Einwohner 1980er Jahren in New York lebt, koreanischer Herkunft in Japan. De­ warnt vor einem aufblühenden Na­ ren Vorfahren waren vor dem zwei­ tionalismus. Einige Jahre vor dem ten Weltkrieg als mehr oder weniger Fukushima­Desaster entstand eine versklavte Arbeitskräfte ins Land xenophische, nationalistische Bewe­ geholt worden. gung, die unter anderem Schulen at­ tackiert, in denen sich koreanische Japan als Nation soll zerschlagen Schüler befinden. Außerdem wird werden, wünscht sich Kohso. "Wir die Bevölkerung regelrecht aufge­ haben genug Grausamkeiten erlebt, fordert, Nahrung aus Fukushima zu die im Namen Japans anderen Völ­ essen, um die lokale Wirtschaft zu kern in Asien und der japanischen retten. Selbst ein in Japan weithin Bevölkerung selbst angetan wur­ bekannter Wissenschaftler, dessen den", spielte er unter anderem auf Meinung er zutiefst ablehne, habe den Expansionismus Japans vor dem behauptet, daß ältere Menschen nicht Zweiten Weltkrieg mit der verhee­ so empfindlich auf radioaktive renden Okkupation von Teilen Strahlung reagieren und deshalb Chinas und der innerjapanischen Nahrung aus Fukushima essen soll­ Verfolgung von koreanischstämmi­ Marina Sitrin: Die Krise vertieft sich ten, damit das den jungen Leuten er­ gen Mitbürgern, Kommunisten, So­ immer mehr, auch in Japan spart bleibt, sagte Kohso. zialisten und anderen mißliebigen Foto: © 2013 by Schattenblick Personen an. Er führte diesen Punkt nicht weiter Eine Anmerkung aus dem Publikum, aus, weshalb hier zwei Dinge ergänzt Die sich an Kohsos Vortrag und Si­ daß ausgerechnet die gefährlichen werden sollen, auch wenn sie für trins Kommentar anschließenden Radionuklide Strontium und Pluto­ manche Leser offensichtlich sind: Es Fragen und Anmerkungen zeigten, nium von den Detektoren nicht er­ trifft nicht zu, daß ältere Menschen daß auch das Publikum nähere faßt werden, bestätigte Kohso, hielt weniger auf radioaktive Strahlung Kenntnisse über die Lebens­ und Ar­ dem Einwand aber entgegen, daß die reagieren als jüngere. Sie haben aber beitsverhältnisse in Japan besaß. Was Geigerzähler immerhin überhaupt ir­ nicht mehr ein so langes Leben vor er von der Bewegung Mina de Ki­ gendeine Strahlungsart anzeigen, sich, was bedeutet, daß sie im Durch­ meyo Genpatsu Kokumin Tohyo was besser ist, als würden gar keine schnitt eher an anderen Krankheiten hält, die versucht, ein nationales Re­ Messungen durchgeführt. Selbst die sterben als erkennbar an einer Strah­ ferendum gegen Atomenergie auf die Meßstellen der Regierung erfaßten lenfolge, die sich unter Umständen Beine zu stellen, wurde er gefragt. Er nicht die Kontamination mit Stronti­ erst nach vielen Jahren zeigt. Außer­ sei mit der Bewegung nicht näher um und Plutonium. dem hat der besagte Wissenschaftler vertraut, fände die Idee aber sehr gut, mit seiner Aussage zugegeben, daß entgegnete Kohso. Allerdings schätzt Die relativ geringe offene Aufleh­ Nahrung aus Fukushima gesund­ er die Chancen für einen bloßen po­ nung der Bevölkerung gegen die Re­ heitsschädlich ist. litischen Wandel in Japan als nicht

Seite 20 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick sehr hoch ein. Er bevorzugt ein Bot­ abwegig, wenn man bedenkt, daß sehr ein nationales Problem, sondern tom­up­Organising, eine Bewegung große japanische Elektronikkonzer­ es existiere überall. Wenn sich also von unten nach oben, nicht umge­ ne versuchen, ihre Nukleartechnolo­ die Bewegungen weltweit noch mehr kehrt, wie es in den 1960er und '70er gie an andere Länder zu verkaufen, zusammenschließen, würde das Jahren selbst von einer linken, auto­ da sie innerhalb Japans nicht mehr deutlich zutage treten. ritären Regierung praktiziert wurde.

Warum mischten sich die USA und andere Staaten, die von der Radioak­ tivität in Japan betroffen sind, nicht stärker in die Bewältigung der Krise ein, lautete eine weitere Frage aus dem Publikum. Möglicherweise wolle die amerikanische Regierung nicht anerkennen, daß es diese Kata­ strophe gibt, übernahm Sitrin die Antwort. Denn das würde die Antia­ tombewegung im eigenen Land stär­ ken. Die sei gegenwärtig nicht be­ sonders entwickelt, was sich aber än­ dern könnte, würden die USA aner­ kennen, wie schwerwiegend die La­ ge in Japan ist. Außerdem müsse sich die US­Regierung die Frage stellen, ob sie selbst in der Lage ist, eine Nu­ expandieren können. Bei solchen Verbreitung von Uranstaub klearkatastrophe dieses Ausmaßes zu Verhandlungen mit Vietnam wurde beim Abbau, Transport und der bewältigen. Sitrin bezweifelte das. vorgeschlagen, den radioaktiven Ab­ Verarbeitung fall in Japan wiederaufzubereiten. Rössing­Mine bei Swakopmund, Zu alternativen Energien, die Kohso Namibia, 2.10.2009 als "sehr wichtig" bezeichnet, hatte Die Regierung hat laut Kohso den Foto: Ikiwaner, freigegeben als er nach der Fukushima­Katastrophe falschen Kurs eingeschlagen, indem nicht gearbeitet. Anfangs waren er sie den radioaktiven Abfall zu ver­ GNU Free Documentation Licen­ und seine Genossen sogar gegen al­ schiedenen Gemeinden bringt und se 1.2 via Wikimedia Commons ternative Energien, räumte er ein. dadurch großflächig im ganzen Land Denn sie wurden als Ausrede miß­ verteilt. Auch macht das Verbrennen Auf der anderen Seite hat Kohso ei­ braucht, um bis heute an der Kern­ von radioaktivem Abfall überhaupt ne Utopie von Japan, das nicht mehr energie festzuhalten und die Zeit zu keinen Sinn, da die Radionuklide als Nation und nicht mehr kriege­ überbrücken. Wegen Kontroll­ und nicht verschwinden. Das sei eine risch auftritt. In dieser Richtung Wartungsarbeiten ist gegenwärtig dumme Lüge der Regierung, die über müsse in der Bevölkerung das Bild kein einziger der 54 Reaktoren Ja­ die Massenmedien verbreitet wird von ihrem Land verändert werden, pans am Netz. und die Intelligenz der Menschen be­ das sei jetzt eine gute Gelegenheit, es leidigt. zu zerlegen. In Japan hat es einmal eine autonome Bewegung von unten Sabu Kohsos Alptraum Fukushima habe in Erinnerung geru­ gegeben, doch hat sie sich seit dem ... und Traum fen, wie weit der Globus bereits ver­ Jahrhundertwechsel nicht mehr wei­ strahlt ist, beispielsweise durch den terentwickelt. Proteste, wie sie im Der japanische Anarchist hegt die Uranbergbau in Kanada und auf in­ Jahr 2008 gegen den G8­Gipfel in "apokalyptische Vorstellung", so sei­ digenem Land in Australien oder Japan aufkamen, haben sich nach ne Worte, daß Japan den Nuklearab­ Afrika; zudem hätten die USA in Fukushima gewandelt. Arbeiter or­ fall von der ganzen Welt aufnimmt verschiedenen Ländern uranhaltige ganisieren sich eher auf einer Gras­ und zu einer "militärisch­pharmako­ Munition eingesetzt. Innerhalb der wurzelebene. Manchmal kommt es logisch­nuklearenergetischen Ge­ Vereinigten Staaten wiederum sind zu Demonstrationen vor dem Bil­ sellschaft" mutiert, in der die Bevöl­ ebenfalls viele Stellen für lange Zeit dungsministerium, doch sind die kerung täglich Medikamente erhält, radioaktiv kontaminiert, nannte verschiedenen Protestformen nicht damit sie die Strahlung übersteht. Kohso potentielle Quellen radioakti­ miteinander verbunden. Einen posi­ Seine düstere Ansicht sei gar nicht so ver Strahlung. [8] Das sei nicht so tiven Ansatz sieht Kohso darin, daß

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 21 Elektronische Zeitung Schattenblick einige Städte den Strahlenmüll, der ihnen aufgehalst werden sollte, ab­ lehnten. Dabei ist es sogar zu direk­ ten Aktionen gekommen.

Die Nukleararbeiter sollen sich erhe­ ben, lautet eine der Kernforderungen von Sabu Kohsos teils konkreten, teils abstrakteren politischen Vorstel­ lungen. Auch wenn es eine verrück­ ten Idee sei, wünsche er sich einen großen Exodus von den kontaminier­ ten Gebieten Japans in den Westen oder den Rest der Welt.

Fazit

Selbstorganisation ­ wie bei vielen anderen gut gemeinten, positiv be­ setzten Ideen vermag der Kapitalis­ dauerhaft erobert haben oder ob er Riesige Demonstration gegen mus (als Mittel der herrschenden In­ ihnen wieder genommen werden Kernenergie teressen) diese zu absorbieren und kann. Anti­Akw­Demo, unschädlich zu machen oder gar in 19. September 2011, seinem Sinne zu instrumentalisieren, In der Menschheitsgeschichte gab es Meiji­Schrein, äußerer Garten das heißt ins Gegenteil zu verkehren. immer wieder Versuche, sich in Foto: freigegeben als public domain Deshalb ist die Idee der Selbstorga­ nicht­hierarchischen Lebenszusam­ via Wikimedia Commons nisation nicht per se wünschenswert. menhängen zu organisieren. Vermut­ Beispielsweise dann nicht, wenn sich lich erfährt man über viele dieser An­ Schwäche. Es wäre nicht verwunder­ der Staat einerseits aus der Verant­ sätze nichts, weil dazu keine Auf­ lich, wenn die japanische Regierung wortung stiehlt, andererseits seine zeichnungen existieren; und wenn die Existenz der Bürgermeßstellen Ansprüche an die Bürgerinnen und doch, dürften sie ziemlich verfrem­ nur noch eine Zeitlang duldete. Bürger, die sich selbst organisieren, det worden sein, weil die Geschich­ nicht reduziert. Man denke nur an die te schon immer von den vorherr­ Spätestens dann stellt sich heraus, Tafeln in Deutschland, über die rund schenden Interessen geschrieben daß die Selbstorganisation zumindest eine Million Menschen regelmäßig wurde und es auch weiterhin wird. in diesem Beispiel lediglich ein zu­ Lebensmittel erhalten. Hier nutzt der Aus deren Sicht darf es keine Alter­ gewiesener, von oben geduldeter Ort Staat das persönliche Engagement nativen geben, durch die die eigene war, nicht jedoch ein herrschaftsfrei­ von Menschen aus, die anderen hel­ Hegemonie in Frage gestellt wird. es Gebiet, von dem Sabu Kohso, fen, und kommt seiner Verantwor­ Marina Sitrin und viele andere Men­ tung nicht nach, allen Mitgliedern Von einem Staat wie Japan, der ver­ schen rund um den Globus wider al­ der Gesellschaft eine sichere Exi­ gleichsweise straff durchorganisiert len Strebens, Menschen solche un­ stenz zu gewährleisten. ist, wäre zu erwarten, daß er Selbst­ vernünftigen Vorstellungen auszu­ organisation bei der Bewältigung der treiben, träumen und das sie ver­ Mit diesen Anmerkungen soll die Nuklearkatastrophe von Fukushima wirklichen. Idee der Selbstorganisation nicht nur solange zuläßt, wo es sich nicht verworfen, sondern im Gegenteil auf vermeiden läßt, ohne einen regel­ ihren Anspruch hin abgeklopft wer­ rechten Aufstand zu provozieren. Fußnoten: den, so daß sie nicht zu einer Selbst­ Beispielsweise dürften dem Staat die täuschung gerät. Wo staatliche Bürgermeßstellen ein Dorn im Auge [1] http://www.rp­online.de/panora­ Strukturen zurücktreten oder zurück­ sein, in denen die Bevölkerung ihre ma/ausland/fukushima­ein­beweis­ gedrängt werden, wie das in man­ Lebensmittel hinsichtlich der radio­ fuer­atomsicherheit­aid­1.2017238 chen Regionen, die Marina Sitrin er­ aktiven Belastung messen kann, las­ wähnt hat, der Fall ist, können sich sen solche Einrichtungen doch die [2] http://apps.who.int/iris/bit­ autonome Bewegungen entfalten. Unzulänglichkeit des Staates offen­ stream/10665/78218/1/9789241505 Die Frage ist, ob sie sich diesen Platz bar werden. Sie symbolisieren seine 130_eng.pdf und

Seite 22 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick http://www.spiegel.de/wissen­ schaft/medizin/uno­studie­keine­er­ SCHACH UND SPIELE / SCHACH / SCHACH­SPHINX hoehte­krebsgefahr­durch­unfall­im­ akw­fukushima­a­903101.html Freveltaten des Gabor Kadas [3] http://www.bbc.co.uk/news/ science­environment­23779561 Es gibt Eröffnungszüge, die treiben Auflösung letztes Sphinx­Rätsel: einen Theoretiker schier zum Wahn­ [4] http://schattenblick.com/info­ sinn. Sieht er solche, so möchte er Die beiden weißen Türmen drängten pool/umwelt/report/umrb0060.html sich am liebsten auf den Frevler stür­ zum Einsatz. Über die h­Linie muß­ zen und ihm links und rechts ein Dut­ te die erste Etappe des Sieges gehen. [5] Näheres dazu in einem Interview, zend Ohrfeigen geben. Sittsam ist Wolfgang Uhlmann opferte daher das der Schattenblick mit Marina Si­ seine Rache dort, wo er diesen Zügen mit 1.Lh6­c1!! einen Bauern, ge­ trin geführt hat: das schmähende Prädikat "unregel­ wann ein wertvolles Tempo und http://schattenblick.com/info­ mäßig" verpaßt. Ansonsten übergeht konnte nach 1...Ta3xc3 2.Th2xh7 pool/umwelt/report/umri0064.html er in seinen heiligen Werken derarti­ De7xh7 ­ 2...Sf8xh7 3.Df5xg6+ ge Züge in Erinnerung an Siegbert Kg8­h8 4.Lg4­f5 ­ 3.Th1xh7 [6] In Japan werden Lebensmittel in Tarrasch, der bei derartigen Gelegen­ Kg8xh7 4.Df5xf6 auf den entblößten zwei Preisklassen angeboten. Land­ heiten gern vom einem "Stümper­ schwarzen König losgehen. Wegen wirtschaftliche Produkte von außer­ zug" sprach. Indessen, der ungarische der Schachdrohung auf f7 verlor der halb der Präfektur Fukushima sind Internationale Meister Gabor Kadas Nachziehende ein weiteres Tempo; teurer. Sie sind aber nicht unbedingt ficht das nicht an, wenn er mit allem zuviel, um noch irgend etwas konso­ strahlungsfrei, denn erstens wird nur Ernst 1.h2­h4 spielt und wie beiläu­ lidieren zu können: 4...Te8­ e7 ein Bruchteil an Fisch, Gemüse, Obst fig dazu meint, daß er sich damit den 5.Lg4­f5! Te7­g7 6.Lc1­d2 Tc3xd3 und Getreideprodukten auf ihre "Nachzugsvorteil" sichert. Konkur­ 7.Ld2­b4 c6­c5 8.Lb4xc5 Sf8­d7 Strahlenbelastung hin gescannt und renz auf diesem Feld der Eröffnun­ 9.Df6­h4!! ­ Uhlmann, der Alchimist zweitens wird ursprünglich unver­ gen braucht er nicht zu fürchten, wes­ der Schachmaterie ­ 9...Kh7­g8 strahlte mit verstrahlter Nahrung ge­ wegen er sein Geistes Kind mit Stolz 10.Lf5­e6+ Tg7­f7 11.Le6xf7+ und streckt. Das ist gestattet, solange Kadas­Eröffnung nennt. Skurrilität Schwarz gab auf. nach der Vermischung die zulässigen kann man ihr jedenfalls nicht abspre­ Grenzwerte der radioaktiven Konta­ chen, und zuweilen gelingen Kadas http://www.schattenblick.de/infopool/ schach/schach/sph04950.html mination nicht überschritten werden. mit ihr sogar schillernde Siege wie Darüber berichtete der Umweltfoto­ im heutigen Rätsel der Sphinx, wo er graf Alexander Neureuter in einem den ansonsten sattelfesten, das heißt Gespräch mit dem Schattenblick: eben "nur" theoriekundigen Interna­ http://schattenblick.com/info­ tionalen Meister Leon Pliester vom pool/umwelt/report/umri0060.html Pferd riß. Also, Wanderer, Weiß ver­ KALENDERTÜRCHEN und wertete dank einer hübschen Kombi­ http://schattenblick.com/info­ nation den entfernten Freibauern. pool/umwelt/report/umri0061.html

[7] http://mainichi.jp/english/ english/newsselect/news/ 20131201p2g00m0dm037000c.html

[8] Die Vereinigten Staaten sind ei­ nes der am stärksten radioaktiv ver­ strahlten Länder der Erde, und hin­ sichtlich der Belastung mit Cäsium­ 137 ist unter allen Meeren der Welt die Ostsee am stärksten kontami­ niert.

http://www.schattenblick.de/ infopool/umwelt/report/ Kadas ­ Pliester umrb0061.html Budapest 1990

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 23 Elektronische Zeitung Schattenblick

SPORT / BOXEN / MELDUNG

Ruhmeshalle vorerst ohne Maske, schäftsführers Richard Schaefer zum und zwei verlorene Kämpfe zu Bu­ Ottke und Michalczewski führenden Unternehmen der Branche che stehen, die Titel des Britischen De la Hoya, Calzaghe und Trinidad auf. und Commonwealth­Champions werden 2014 aufgenommen niedergelegt. Andernfalls hätte er Der nicht minder legendäre Waliser Pflichtverteidigungen gegen seinen Max Schmeling und der Promoter wurde 1993 Profi und Landsmann Dereck Chisora und den Wilfried Sauerland bleiben vorerst holte sich 1997 im Kampf gegen Australier Lucas Browne bestreiten die einzigen Deutschen in der Ruh­ Chris Eubank den WBO­Titel im Su­ müssen, die derzeit als zu riskant meshalle des Boxsports. Die frühe­ permittelgewicht. Diesen Gürtel ver­ eingeschätzt werden. ren Weltmeister Henry Maske, Sven teidigte er 21mal, 2006 und 2007 ka­ Ottke und Dariusz Michalczewski men durch Siege gegen Jeff Lacy David Price hatte sich die Britische waren für die Aufnahme in die Inter­ und Mikkel Kessler die Titel der Ver­ Meisterschaft im Januar 2012 durch national Boxing Hall of Fame in Ca­ bände IBF und WBA hinzu. Seine einen vorzeitigen Sieg über John nastota (New York) nominiert, müs­ Karriere beendete der ungeschlage­ McDermott gesichert und war bereits sen sich aber weiter in Geduld üben. ne Calzaghe mit Siegen im Halb­ im nächsten Kampf auch Common­ Das Rennen machen 2014 der US­ schwergewicht gegen die US­Stars wealth­Champion geworden. Wie er Amerikaner Oscar de la Hoya, der Bernard Hopkins und Roy Jones. anläßlich der freiwilligen Rückgabe Waliser Joe Calzaghe und der Puer­ der beiden Titel erklärte, sei er sehr toricaner Felix "Tito" Trinidad, die Felix Trinidad nahm bereits im Alter stolz darauf, diese Gürtel getragen zu im Rahmen einer Zeremonie am 8. von 17 Jahren eine Profikarriere auf haben. Die Erinnerung daran bleibe Juni feierlich Aufnahme finden wer­ und gewann 1993 gegen Maurice für ihn unvergeßlich. Jetzt sei es je­ den. Alle drei galten bereits bei ihrer Blocker den IBF­Titel im Welterge­ doch an der Zeit, sich in eine andere Nominierung als sichere Kandida­ wicht, den er in der Folge 16mal ver­ Richtung zu bewegen und seine Kar­ ten. Außerdem werden der Promoter teidigen konnte. 1999 setzte er sich riere wieder aufzubauen. Das ändere Barry Hearn, der Ringrichter Ri­ in einem Vereinigungskampf gegen freilich nichts an seinem Interesse, chard Steele, der Journalist Graham den WBC­Champion Oscar de la Ho­ sich mit Dereck Chisora zu messen, Houston und der Photograph Neil ya durch, wobei das Urteil noch heu­ dessen Wege er im kommenden Jahr Leifer in die Ruhmeshalle aufge­ te als umstritten gilt. Trinidad ge­ zu kreuzen hoffe. Vorrang habe je­ nommen. wann zudem zwei Gürtel im Halb­ doch das große Ziel, eines Tages mittelgewicht, bevor er 2001 ins Mit­ Weltmeister zu werden. Vorerst wird Oscar de la Hoya, seit dem Finalsieg telgewicht aufstieg, um dort ein Tur­ der Brite aber kleinere Brötchen im Boxturnier der Olympischen nier um die Vereinigung der Titel zu backen und am 14. Dezember in Spiele 1992 in Barcelona "Golden bestreiten. Im Finale unterlag er Ber­ Neubrandenburg mit dem russischen Boy" genannt, begann seine Profi­ nard Hopkins, worauf er nur noch Aufbaugegner Ewgenij Orlow in den laufbahn im Leichtgewicht. Den er­ vier Kämpfe bestritt und seine Lauf­ Ring steigen, der bereits 27 Kämpfe sten Titel gewann er 1994 jedoch im bahn nach einer Niederlage gegen bestritten, jedoch fast die Hälfte von Superfedergewicht, worauf er die Roy Jones im Jahr 2008 beendete. [1] ihnen verloren hat. [2] Klassen nach oben wanderte und Weltmeister im Leicht­, Halbwelter­ * , Welter­, Halbmittel­ und Mittelge­ Fußnoten: wicht wurde, bevor er 2008 nach ei­ David Price setzt auf einen ner Niederlage gegen den Philippi­ sorgsamen Wiederaufbau [1] http://www.boxen.de/news/de­la­ ner Manny Pacquiao seine Karriere hoya­calzaghe­und­trinidad­in­die­ beendete. Da er zu den populärsten Der britische Schwergewichtler Da­ hall­of­fame­maske­ottke­und­ und geschäftstüchtigsten Akteuren vid Price, dessen Karriere durch die michalczewski­koennen­sich­nicht­ des Boxsports gehört, verwandelte er beiden diesjährigen K.o.­Niederla­ durchsetzen­30391 seinen Ruhm unablässig in klingen­ gen gegen den erfahrenen US­Ame­ de Münze. Sein Kampf gegen Floyd rikaner Tony Thompson vorerst aus­ [2] http://www.boxen.de/news/price­ Mayweather jun. hielt geraume Zeit gebremst worden ist, plant unter der legt­grossbritannien­und­common­ den Umsatzrekord im US­amerika­ Regie seines neuen Promoters Sau­ wealth­titel­nieder­30389 nischen Bezahlfernsehen, und die erland Event einen sorgsamen Wie­ Golden Boy Promotions stiegen un­ deraufbau. Aus diesem Grund hat der http://www.schattenblick.de/infopool/ ter Leitung des Schweizer Ge­ Liverpooler, für den 15 gewonnene sport/boxen/sbxm1268.html

Seite 24 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick

MUSIK / VERANSTALTUNGEN / JAZZ

Kulturcafé Komm du ­ Januar 2014

SWING on a STRING ­ Swingende Jazz­Improvisationen auf Saiteninstrumenten nach dem Vorbild Django Reinhardts

Freitag, 10. Januar 2014, 20.00 bis 22.00 Uhr im Kulturcafé Komm du

Zu SWING on a STRING gehören: Gary Castle, Gitarre und Gesang Gernot Fricke, Geige und Gesang Jürgen Günther, Gitarre, Banjo, und Gesang Thomas Koch, Kontrabass

Der Abend im Kulturcafé Komm du beginnt um 20:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Das Kulturcafé Komm du in Hamburg­Harburg:

Begegnung und Diskussion, Live­ Musik, Kleinkunst­ und Tanzperfor­ mances, Ausstellungen, Lesungen, freier Internetzugang, Literatur­ und Zeitungsangebot, Spiele, Kaffeespe­ zialitäten, selbstgemachte Kuchen, täglich wechselnder Mittagstisch.

Das Komm du ist geöffnet von: Montag bis Freitag 7:30 bis 17:00 Uhr, Samstag von 9:00 bis 17:00 Uhr und an Eventabenden bis 22:30 Uhr.

Näheres unter: www.komm­du.de www.facebook.com/KommDu

Kontakt: Kulturcafé Komm du Buxtehuder Straße 13 21073 Hamburg E­Mail: [email protected] Telefon: 040 / 57 22 89 52 Swingende Jazz­Improvisationen dem Vorbild Django Reinhardts auf Saiteninstrumenten eröffnen und des Hot Club de France. Komm du­Eventmanagement: das Veranstaltungs­Programm Charmant und voller Begeiste­ Telefon: 04837/90 26 98 2014 im Komm du. SWING on a rung laden die vier Musiker zu ei­ E­Mail: [email protected] STRING präsentieren Jazz­Tradi­ ner Auszeit von Alltagsstreß und tionals und Zigeunermusik nach Hektik ein.

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 25 Elektronische Zeitung Schattenblick

Das Kulturcafé Komm du lädt ein ... Lesungen und Konzerte ­ das Programm im Dezember 2013 http://www.schattenblick.de/info­ pool/bildkult/veranst/bktr0475.html

Blick von außen durch die Bogenfenster in das hell erleuchtete,, gemütliche Café mit Gästen Foto: © 2013 by Schattenblick

http://www.schattenblick.de/ infopool/musik/veranst/ jazz1826.html

MUSIK / VERANSTALTUNGEN / JAZZ

http://www.schattenblick.de/infopool/musik/ http://www.schattenblick.de/infopool/d­brille/ veranst/mvcr0378.html veranst/dbvl4389.html

Seite 26 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick

KINDERBLICK / GESCHICHTEN / ADVENT

Sa, 7. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 27 Elektronische Zeitung Schattenblick

______I n h a l t______Ausgabe 939 / Samstag, den 7. Dezember 2013______

BÜRGER/GESELLSCHAFT Flucht der Fremden ­ Mitverschuldet, fortverdrängt Seite 1 TAGESSPALT Kurzweiliges für den 07.12.2013 ­ Probleme Seite 8 BÜRGER/GESELLSCHAFT Lampedusa in Hamburg ­ Rechtsanwältin Britta Eder im Gespräch Seite 9 PLAUDERSTÜNDCHEN Klatsch auf krossen Kräckern Seite 16 POLITIK ­ REDAKTION Der Syrienkrieg weitet sich auf den Libanon aus Seite 17 UMWELT ­ REPORT Fukushima ­ Kondolation der Profite, Teil 2 Seite 18 SCHACH­SPHINX Freveltaten des Gabor Kadas Seite 23 KINDERBLICK GESCHICHTEN Adventskalender ­ Türchen für den 7. Dezember 2013 Seite 23 SPORT ­ BOXEN Ruhmeshalle vorerst ohne Maske, Ottke und Michalczewski Seite 24 VERANSTALTUNGEN Hamburg ­ Jazz­Traditionals und Zigeunermusik im Kulturcafé Komm du, 10.1.2014 Seite 25 KINDERBLICK GESCHICHTEN Adventskalender ­ Türchen für den 7. Dezember 2013 Seite 27 DIENSTE ­ WETTER Und morgen, den 7. Dezember 2013 Seite 28

DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN Und morgen, den 7. Dezember 2013 +++ Vorhersage für den 07.12.2013 bis zum 08.12.2013 +++

Winde frisch und Schneefrostgrenze führen bestenfalls dahin, daß er sich verdrückt zur Gänze, Frosch Jean­Luc im Bette drin.

© 2013 by Schattenblick

IMPRESSUM Elektronische Zeitung Schattenblick

Diensteanbieter: MA­Verlag Helmut Barthel, e.K. Verantwortlicher Ansprechpartner: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle­Wittenwurth Elektronische Postadresse: ma­[email protected] Telefonnummer: 04837/90 26 98 Registergericht: Amtsgericht Pinneberg / HRA 1221 ME Journalistisch­redaktionelle Verantwortung (V.i.S.d.P.): Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle­Wittenwurth Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle­Wittenwurth ISSN 2190­6963 Urheberschutz und Nutzung: Der Urheber räumt Ihnen ganz konkret das Nutzungsrecht ein, sich eine private Kopie für persönliche Zwecke anzufertigen. Nicht berechtigt sind Sie dagegen, die Materialien zu verändern und / oder weiter zu geben oder gar selbst zu veröffentlichen. Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt, liegen die Urheberrechte für Bild und Text bei: Helmut Barthel Haftung: Die Inhalte dieses Newsletters wurden sorgfältig geprüft und nach bestem Wissen erstellt. Bei der Wiedergabe und Verarbeitung der publizierten Informationen können jedoch Fehler nie mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden.

Seite 28 www.schattenblick.de Sa, 7. Dezember 2013