Erläuterungen

Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung der räumlichen Struktur des Landes...... 1 1.1 Entwicklung der räumlichen Struktur des Landkreises Hameln-Pyrmont...... 1 1.2 Entwicklung der Regionen...... 15 1.3 Ländliche Räume...... 16 1.4 Ordnungsräume – entfällt...... 18 1.5 Siedlungsentwicklung, Wohnen, Schutz siedlungsbezogener Freiräume...... 18 1.6 Zentrale Orte, zentralörtliche Funktionen, Standorte mit besonderen Funktionen...... 29 1.7 Naturräume...... 32 1.8 Vorranggebiete und Vorrangstandorte...... 34 1.9 Vorsorgegebiete ...... 34 2 Schutz, Pflege und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Kulturland- schaften und der kulturellen Sachgüter ...... 36 2.0 Umweltschutz allgemein...... 36 2.1 Naturschutz und Landschaftspflege ...... 37 2.2 Bodenschutz ...... 43 2.3 Gewässerschutz...... 46 2.4 Luftreinhaltung, Lärm- und Strahlenschutz ...... 50 2.5 Schutz der Erdatmosphäre, Klima...... 51 2.6 Schutz der Kulturlandschaften und der kulturellen Sachgüter...... 52 3 Nutzung und Entwicklung natürlicher und raumstruktureller Standortvoraus- setzungen ...... 59 3.0 Umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung der Wirtschaft und der Infrastruktur ....59 3.1 Gewerbliche Wirtschaft und Fremdenverkehr...... 59 3.2 Landwirtschaft...... 70 3.3 Forstwirtschaft...... 80 3.4 Rohstoffgewinnung...... 87 3.5 Energie ...... 89 3.6 Verkehr und Kommunikation...... 94 3.6.0 Verkehr allgemein...... 94 3.6.1 Öffentlicher Personennahverkehr...... 95 3.6.2 Schienenverkehr...... 96 3.6.3 Straßenverkehr ...... 98 3.6.4 Schifffahrt...... 99 3.6.5 Luftfahrt ...... 100 3.6.6 Fußgänger- und Fahrradverkehr...... 101 3.6.7 Information und Kommunikation...... 102 3.7 Bildung, Kultur und Soziales ...... 106 3.8 Erholung, Freizeit, Sport...... 110 3.9 Wasserwirtschaft...... 115 3.9.0 Wasserwirtschaft allgemein ...... 115 3.9.1 Wasserversorgung...... 116 3.9.2 Abwasserbehandlung ...... 116 3.9.3 Hochwasserschutz...... 119 3.10 Abfallwirtschaft...... 120 3.10.0 Abfallwirtschaft allgemein...... 120 3.10.1 Siedlungsabfall, Sonderabfall ...... 125 3.10.2 Altlasten ...... 125 3.11.2 Militärische Verteidigung...... 126

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Vergleich der Bevölkerungsentwicklung des Landkreises Hameln-Pyrmont mit der des Landes Niedersachsen und des Regierungsbezirks Hannover (1987=100) ...... 2 Abb. 2: Vergleich der Bevölkerungsentwicklung der Landkreise im südlichen Niedersachsen von 1992 bis 1998 ....3 Abb. 3: Relative Bevölkerungsentwicklung der Städte und Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont seit 1992 4 Abb. 4: Bevölkerungsbewegung im Landkreis Hameln-Pyrmont von 1988 bis 1999 ...... 4 Abb. 5: Bevölkerungsveränderung (natürliche Bevölkerungsbewegung sowie Wanderungen) in den Städten und Gemeinden des Landkreis Hameln-Pyrmont zwischen 1988 und 1992 ...... 5 Abb. 6: Bevölkerungsveränderung (natürliche Bevölkerungsbewegung sowie Wanderungen) in den Städten und Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont zwischen 1992 und 1999...... 6 Abb. 7: Relative Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Städten und Gemeinden des Landkreises von 1992 bis 1995 und von 1995 bis 1999 ...... 6 Abb. 8: Vorausschätzung der Bevölkerung bis 2016 (Basisjahr 1999); Landkreis Hameln-Pyrmont und Land Niedersachsen im Vergleich (1999=1) ...... 7 Abb. 9: Wanderungssaldo der Nachbarlandkreise des Landkreises Hameln-Pyrmont (1992-1998) ...... 8 Abb. 10: Wanderungssaldo des Landkreises Hameln-Pyrmont in den Jahren 1993 bis 1998 mit ausgewählten Kreisen und Bundesländern; nach folgenden Kriterien ausgewählt: mehr als 450 Wanderungsbewegungen in den Jahren 1995 – 1998 und mehr als 0,01 % Wanderungssaldo je Einwohner im Herkunftsgebiet...... 9 Abb. 11: Wanderungsbewegungen innerhalb des Landkreises Hameln-Pyrmont (1992-1997)...... 10 Abb. 12: Wanderungsbewegungen über die Kreisgrenze des Landkreises Hameln-Pyrmont von 1987 bis 1998: Wanderungssaldo der Deutschen nach Altersklassen...... 11 Abb. 13. Wanderungssaldo des Landkreises Hameln-Pyrmont von 1987 bis 1998...... 12 Abb. 14. Wanderungsbewegungen über die Kreisgrenze des Landkreises Hameln-Pyrmont von 1987 bis 1998: Wanderungssaldo der Ausländer nach Altersklassen ...... 13 Abb. 15. Wanderungssaldo der Ausländer des Landkreises Hameln-Pyrmont innerhalb Niedersachsens (nach Altersklassen)...... 13 Abb. 16. Wohnungsbau von 1988 bis 1999 im Landkreis Hameln-Pyrmont...... 25 Abb. 17. Wohnungsbau von 1992 bis 1999 in den einzelnen Städten und Gemeinden des Landkreises Hameln- Pyrmont ...... 25 Abb. 18. Relative Wohn- und Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Hameln-Pyrmont ...... 26 Abb. 19. Jährliche zusätzliche Nachfrage nach Wohnfläche im Landkreis Hameln-Pyrmont von 2000 bis 2015 (errechnet aus der Bevölkerungsentwicklung (ohne Wanderungen) unter Beachtung der Wohnungsflächenzuwachsrate)...... 28 Abb. 20. Jährliche zusätzliche Nachfrage nach Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern im Landkreis Hameln- Pyrmont von 2000 bis 2015 in Abhängigkeit von der Bevölkerungsentwicklung der 25- bis unter 45 jährigen (ohne Wanderungen)...... 29 Abb. 21. Naturräumliche Gliederung des Landkreises Hameln-Pyrmont ...... 33 Abb. 22: Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Landkreis Hameln-Pyrmont 1993-1998 ...... 59 Abb. 23: Entwicklung der Arbeitslosenquote von 1995 bis 1998 im Vergleich: Landkreis Hameln-Pyrmont, Land Niedersachsen und Bundesgebiet (West) ...... 60 Abb. 24: Arbeitslosenquoten in den Gemeinden des Landkreises mit über 20.000 Einwohnern 1995-1998...... 60 Abb. 25: Beschäftigungsquote: Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Männer am Arbeitsort im Landkreis Hameln-Pyrmont im Verhältnis zu den 18- bis 65jährigen Einwohnern nach Wirtschaftsabteilungen...... 61 Abb. 26: Beschäftigungsquote: Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen am Arbeitsort im Landkreis Hameln-Pyrmont im Verhältnis zu den 18- bis 65jährigen Einwohnern nach Wirtschaftsabteilungen ...... 62

Abb. 27: Erwerbstätige nach Wirtschaftsabteilungen in den Städten und Gemeinden des Landkreis Hameln-Pyrmont je 18- bis unter 65jährige im Jahr 1997...... 64 Abb. 28: Entwicklung der Gästeübernachtungen in den Städten und Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont (1988 = 100)...... 67 Abb. 29: Tourismus im Landkreis Hameln- Pyrmont im Jahr 1998...... 68 Abb. 30: Richtfunkverbindungen im Landkreis Hameln-Pyrmont...... 105 Abb. 31: Zusammensetzung des getrennt erfassten Abfallsim Landkreis Hameln-Pyrmont 1998...... 122 Abb. 32: Entwicklung der Abfallbilanz und der Zusammensetzung des getrennterfassten Abfalls im Landkreis Hameln-Pyrmont von 1992 bis 1998 (Menge pro Einwohner und Jahr) ...... 122 Abb. 33: Entwicklung des Verhältnisses von Wertstoffmenge zu Restmüll im Landkreis Hameln-Pyrmont...... 124

Verzeichnis der Tabellen

Tab. 1: Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Hameln-Pyrmont (1988-1999)...... 3 Tab. 2: Wanderungssaldo des Landkreises Hameln-Pyrmont für den Zeitraum von 1993 bis einschließlich 1997 unterschieden nach Deutschen und Ausländern ...... 10 Tab. 3. Siedlungsentwicklung über eine Eigenentwicklung hinausgehend ...... 20 Tab. 4: Ausgewiesene Naturschutzgebiete im Landkreis Hameln-Pyrmont (Stand: Januar 2000) ...... 41 Tab. 5: Ausgewiesene Landschaftsschutzgebiete im Landkreis Hameln-Pyrmont (Stand: Januar 2000 ...... 42 Tab. 6: Durchschnittliche Nitratwerte ausgewählter Trinkwasserbrunnen im Landkreis Hameln-Pyrmont (IG- WESER 1996/1997)...... 49 Tab. 7: Veränderungen der Betriebsgrößen ü ber und unter 50 ha LF von 1991 zu 1995 auf Gemeindeebene nach Angaben der Agrarberichterstattung...... 70 Tab. 8: Betriebsgrößenentwicklung: Betriebe mit 1,0 und mehr ha LF...... 71 Tab. 9: Landwirtschaftliche Flächennutzungen im Landkreis Hameln-Pyrmont ...... 71 Tab. 10: Beschreibung der landwirtschaftlichen Teilräume im Landkreis Hameln-Pyrmont...... 73 Tab. 11: Geltungsbereiche des Planzeichens 'Vorsorgegebiet für Landwirtschaft aufgrund besonderer Funktionen der Landwirtschaft'...... 75 Tab. 12: Ausgewählte landwirtschaftliche Erzeugerzusammenschlüsse und Vermarktungsorganisationen im Landkreis Hameln-Pyrmont und Umgebung ...... 76 Tab. 13: Waldflächen der Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont ...... 86 Tab. 14: Möglichkeiten bzw. Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs in Gebäuden ...... 90 Tab. 15: Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen...... 91 Tab. 16: Schulstandorte im Landkreis Hameln-Pyrmont ...... 107 Tab. 17: Einrichtungen für Kultur und außerschulische Bildung im Landkreis Hameln-Pyrmont...... 109 Tab. 18. Bestand an Kindertageseinrichtungen im Landkreis Hameln-Pyrmont ...... 110 Tab. 19: Anschlussgrade an eine zentrale Kanalisation in den Städten und Gemeinden des Landkreises Hameln- Pyrmont...... 117 Tab.20: Abfallbilanz des Landkreises Hameln-Pyrmont von 1992 bis 1998 ...... 121

Erläuterungen

1 Entwicklung der räumlichen Struktur des Landes

1.1 Entwicklung der räumlichen Struktur des Landkreises Hameln- Pyrmont Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und räumlichen Rahmenbedingungen haben sich seit der Aufstellung des letzten Regionalen Raumordnungsprogrammes 1986 für den Landkreis Hameln- Pyrmont gravierend geändert. Dies betrifft insbesondere die Bevölkerungsentwicklung und Altersstruktur, den wirtschaftlichen Strukturwandel, die technologische Entwicklung sowie eine Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen. Das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) legt die angestrebte räumliche und strukturelle Entwicklung im Planungsraum fest, wobei die entsprechenden Ziele aus dem Landes- Raumordnungsprogramm (LROP) zu entwickeln sind. Mit der Neuaufstellung des RROP sollen – wie im LROP 1994 (mit Ergänzung 1998) vom Land Niedersachsen vorgegeben – die Voraussetzungen für die nachhaltige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie für einen umwelt- und sozialverträglichen Strukturwandel geschaffen werden. Den ökologischen Zielsetzungen, insbesondere dem Vorsorgeprinzip im Natur- und Umweltschutz, soll weiterhin ein starkes Gewicht beigemessen werden. Wirtschaftliche und soziale Zielsetzungen sollen unter Beachtung arbeitsmarktorientierter und infrastruktureller Gesichtspunkte mit ökologischen Erfordernissen ausgewogen verknüpft werden. Spezifisch frauenpolitische Zielsetzungen sollen durch geeignete räumliche Maßnahmen gefördert werden. Im Gegensatz zum bisherigen Ansatz, eine Standort- und Flächenvorsorge für raumbeanspru- chende Nutzungen der Bevölkerung und der Wirtschaft zu betreiben, wendet sich das neue RROP – entsprechend den Vorgaben des LROP – einem umweltbezogenen koordinierenden Planungsansatz zu, der • eine räumliche Strukturentwicklung verfolgt, die möglichst ressourcensparend und wenig umweltbelastend ist und die sicherstellt, dass in allen Teilräumen gesunde Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen erreicht werden, • die Art und Intensität der Nutzung der natürlichen und gesellschaftlichen Potenziale an den Maßstab der Umwelt- und Sozialverträglichkeit knüpft, • Umweltpotenziale sichert, die ökologisch besonders wertvoll und gegenüber Beeinträchtigun- gen besonders sensibel sind und die für künftige Generationen existenzielle Lebensgrundla- gen darstellen. Im Landkreis Hameln-Pyrmont folgt die Siedlungsentwicklung und damit verbunden die räumliche Verteilung der Bevölkerung dem bundesweiten Trend eines zunehmend außerhalb der größeren und auch mittleren Städte stattfindenden Wachstums. Die Grundzentren im Umland gewinnen an Bedeutung gegenüber den Ober- und Mittelzentren. Die mehr ländlich geprägten kleineren Orte sind für einkommensstärkere Haushalte verstärkt Ziel der Wohnortwahl. Zudem zeichnet sich ab, dass sich die Entwicklung des Agglomerationsraumes Hannover mittelfristig stärker auf die Städte und Gemeinden im so genannten zweiten Ring ausrichten wird. Auch für gewerbliche Zwecke muss mittelfristig mit einer anhaltenden Flächennachfrage gerechnet werden. Dies gilt vor allem für den Handel und für konsumnahe Dienstleistungen. Die gewerbli- che Expansion findet derzeit überwiegend am Stadtrand und im weiteren Umland statt und forciert so den Zersiedlungsprozess. Die hier aufgezeigten, sich abzeichnenden Perspektiven sind unter der Zielsetzung einer nachhaltigen Raum- und Siedlungsentwicklung kritisch zu bewerten.

1 Erläuterungen

E 1.1 02 Die Bevölkerungsentwicklung und die räumliche Bevölkerungsverteilung sind als grundlegende Strukturmerkmale in die Steuerung der zukünftigen Raum- und Siedlungsentwicklung des Landkreises einzubeziehen. Daher sind im Folgenden die wichtigsten statistischen Daten zusammengestellt, die als Grundlage für die Ermittlung der zu erwartenden Entwicklung sowie zur Abschätzung zukünftiger Raum- und Flächenansprüche dienen.

Bevölkerungsentwicklung Die Bevölkerungsbewegung setzt sich zusammen aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, bestimmt durch die Komponenten Geburten- und Sterbefälle, sowie aus den Wanderungsbewe- gungen, zusammengesetzt aus Zu- und Fortzügen. Die Wanderungsbewegungen hatten auf die Einwohnerentwicklung im Landkreis Hameln- Pyrmont einen wesentlich größeren Einfluss als die natürliche Bevölkerungsentwicklung. Der Vergleich der Bevölkerungsentwicklung des Landkreises Hameln-Pyrmont mit der Entwick- lung in Niedersachsen sowie im Regierungsbezirk Hannover zeigt (s. Abb. 1), dass der durch die deutsche Vereinigung und die Spätaussiedler bedingte Anstieg bis 1992 etwa parallel verläuft. Der Bevölkerungsanstieg seit 1993 ist im Landkreis als ländlicher Raum jedoch deutlich geringer ausgefallen. Allerdings hat der gesamte Raum Südniedersachsen in diesem Zeitraum eine sehr geringe Bevölkerungszunahme und in einigen Landkreisen sogar eine deutliche Bevölkerungsabnahme zu verzeichnen (s. Abb. 2). Der Landkreis Hameln-Pyrmont liegt daher trotz seines geringen Zuwachses von 0,19 % (von 1992 – 1998) im mittleren Bereich. Es sind vor allem die Ordnungsräume 1, in denen in diesem Zeitraum stärkere Bevölkerungszuwächse stattgefunden haben.

Abb. 1: Vergleich der Bevölkerungsentwicklung des Landkreises Hameln-Pyrmont mit der des Landes Niedersachsen und des Regierungsbezirks Hannover (1987=100) Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen 110

108

106

104

102 Niedersachsen Reg.Bez. Hannover 100 Landkreis Hameln-Pyrmont 98

1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997

1 Das LROP legt Ordnungsräume und Ländliche Räume fest. Der Landkreis Hameln-Pyrmont gehört zu dem Ländlichen Raum. Nördlich und östlich grenzen die Ordnungsräume der Oberzentren Hannover – zu dem der östliche Teil des Landkreises SHG gehört – und an. 2 Erläuterungen

Abb. 2: Vergleich der Bevölkerungsentwicklung der Landkreise im südlichen Nieder- sachsen von 1992 bis 1998 Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen 6 5,22 5,01 5 4,31 4 4 3,65 3,44

3

2 1,05 1 0,74 % 0,19 0

-0,43 -0,38 -1 -1,26 -2

-3 -3,18 -3,43 -4

t e n er en rg rg m e l v eim u slar tedt i el o o s he ein rmo n mb rt P C y esh u G lm -P Han ld Nienbu No ln cha He Hi Holzmind S me Ha Osterode am Harz Im Landkreis Hameln-Pyrmont hat die Einwohnerzahl im Zeitraum von 1988-1999 von 153.658 auf 162.891 um 9.233 Personen zugenommen (s. Tab. 1). Der Zuwachs verlief jedoch nicht kontinuierlich und nicht in allen Gemeinden in gleichem Ausmaß (s. Abb. 3).

Tab. 1: Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Hameln-Pyrmont (1988-1999) Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

Wohnbevölkerung 1988 - 1999 (jeweils am 31.12.) Zunahme 88-99 Anteil(%) Bev.dichte

Gemeinde 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 abs. % Einw./Lk E/qkm Aerzen, Flecken 10.630 10.849 11.050 11.223 11.598 11.757 11.876 12.057 12.205 12.247 12.223 12.297 1.667 15,7 7,5 117,0 219 201 173 375 159 119 181 148 42 -24 74 Bad Münder, 18.457 18.885 18.977 19.293 19.705 19.530 19.345 19.274 19.250 19.287 19.159 19.194 737 4,0 11,8 178,2 Stadt 428 92 316 412 -175 -185 -71 -24 37 -128 35 Bad Pyrmont, 20.437 21.221 22.012 22.432 22.729 22.768 23.051 23.180 23.145 22.733 22.465 22.210 1.773 8,7 13,6 358,5 Stadt 784 791 420 297 39 283 129 -35 -412 -268 -255 Coppenbrügge, 7.597 7.783 7.758 7.831 7.902 7.902 7.953 8.025 8.048 8.023 8.124 8.173 576 7,6 5,0 91,0 Flecken 186 -25 73 71 0 51 72 23 -25 101 49 Emmerthal, 10.703 10.828 10.936 10.931 10.922 11.019 11.004 11.175 11.261 11.231 11.242 11.386 683 6,4 7,0 99,3 Gemeinde 125 108 -5 -9 97 -15 171 86 -30 11 144 Hameln, Stadt 57.642 57.945 58.539 58.906 59.294 59.209 58.923 58.781 58.762 58.973 58.762 58.544 902 1,6 35,9 572,2 303 594 367 388 -85 -286 -142 -19 211 -211 -218 Hess. Oldendorf, 17.558 17.834 18.088 18.913 19.546 19.577 19.855 20.125 20.081 20.132 20.099 20.108 2.550 14,5 12,3 167,1 Stadt 276 254 825 633 31 278 270 -44 51 -33 9 Salzhemmend. 10.616 10.779 10.943 10.995 11.103 11.182 11.208 11.181 11.079 11.097 11.029 10.979 363 3,4 6,7 116,4 Flecken 163 164 52 108 79 26 -27 -102 18 -68 -50

Hameln-Pyrm., 153.658 156.124 158.303 160.524 162.799 162.944 163.215 163.798 163.831 163.723 163.103 162.891 9.233 6,0 100,0 204,6 Landkreis 2.466 2.179 2.221 2.275 145 271 583 33 -108 -620 -212

3 Erläuterungen

Abb. 3: Relative Bevölkerungsentwicklung der Städte und Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont seit 1992 (Der Index gibt die relative Veränderung zum Ausgangsjahr 1992 an) Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen 1,06 Aerzen 1,05 Bad Münder 1,04 Bad Pyrmont 1,03 Coppenbrügge 1,02 Emmerthal Index 1,01 Hameln 1,00 Hess.Oldendorf 0,99 Salzhemmend. 0,98 Hameln-Pyrmont 0,97 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Die Bevölkerungsentwicklung seit 1988 lässt sich in zwei etwa gleich große Zeitabschnitte teilen: von 1988 bis einschließlich 1992 und von 1993 bis 1999 (s. Abb. 3). Die Entwicklung von 1988 bis 1992 ist von der Grenzöffnung und der Deutschen Einheit geprägt, d.h. starke Zuwanderung aus den neuen Bundesländern, von Aussiedlern sowie in wesentlich geringerem Umfang von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern. Die starken Wanderungsgewinne haben in diesen Jahren trotz eines kontinuierlichen Sterbeüberschusses von 400 bis 800 EW/Jahr zu einer Bevölkerungszunahme von ca. 2.100 bis 2.400 EW/Jahr geführt. Etwa ein Viertel der Wanderungsgewinne entfiel auf die Städte Bad Pyrmont und Hessisch Oldendorf (s. Abb. 4). Diesem hohen Anteil liegen die Erstaufnahmeeinrichtungen für Spätaus- siedler sowie die Konversion ehemals militärisch genutzter Liegenschaften zugrunde. Hinzu kam, dass im gleichen Zeitraum die ‘Babyboomgeneration’ der 60er Jahre ihre Haushalte gründete. Im Jahr 1993 sind die Wanderungsbewegungen drastisch zurückgegangen. Von 1993 bis 1996 waren zwar weiterhin Bevölkerungszunahmen zu verzeichnen, jedoch in wesentlich geringerem Umfang. Eine negative Entwicklung setzte im Landkreis erstmalig 1997 ein (-108 EW); diese war durch den deutlichen Sterbeüberschuss begründet. Nur im Jahr 1998 war auch der Wande- rungssaldo negativ, so dass die Einwohnerzahl um 620 zurückging. 1999 nahm die Einwohner- zahl des Landkreises trotz Wanderungsgewinnen um 212 ab (s. Abb. 4). Die Entwicklung der letzten drei Jahre knüpft im Wesentlichen wieder an die Entwicklung vor der Deutschen Einheit an.

Abb. 4: Bevölkerungsbewegung im Landkreis Hameln-Pyrmont von 1988 bis 1999 4 Erläuterungen

Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen 3500 Geburten- bzw. Sterbeüberschuß 3000 Wanderungsgewinne bzw. Verluste 2500 Bevölkerungs Zu- od. Abnahme

2000

1500

1000 Personen

500

0

-500

-1000 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Die einzelnen kreisangehörigen Städte und Gemeinden zeigen zwar etwas unterschiedliche Bilder der natürlichen Bevölkerungsentwicklung sowie der Wanderungsbewegungen, tendenziell folgen sie jedoch dem Gesamtverlauf des Landkreises. Im Zeitraum von 1988 bis 1992 hatten die Städte Hessisch Oldendorf (+11,3 %) und Bad Pyrmont (+11,2 %) sowie der Flecken Aerzen (+9,1 %) die größten Bevölkerungszuwächse zu verzeichnen (s. Abb. 5). Von 1992 bis 1999 waren die Bevölkerungszunahmen in den Gemein- den Emmerthal (+4,3 %), Aerzen (+6,0 %) und Coppenbrügge (+3,4 %) sowie in der Stadt Hessisch Oldendorf (+2,9 %) am größten (s. Abb. 6). In Bad Pyrmont kann der hohe Sterbeüber- schuss von 7,2 % trotz hoher Wanderungsgewinne (4,9 %) nicht vollständig kompensiert werden. Die Bevölkerungsentwicklung war daher von 1992 bis 1999 negativ (-2,3 %).

Abb. 5: Bevölkerungsveränderung (natürliche Bevölkerungsbewegung sowie Wanderungen) in den Städten und Gemeinden des Landkreis Hameln-Pyrmont zwischen 1988 und 1992 Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

Lk Hameln-Pyrmont Hessisch Oldendorf Hameln Bevölkerungsveränderung insgesamt Emmerthal aus Wanderungen aus Geburten- bzw. Gestorbenen Coppenbrügge Bad Pyrmont Bad Münder Aerzen

-5 0 5 10 15 Veränderungen gegenüber 1988 (%)

5 Erläuterungen

Abb. 6: Bevölkerungsveränderung (natürliche Bevölkerungsbewegung sowie Wanderungen) in den Städten und Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont zwischen 1992 und 1999 Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

Lk Hameln-Pyrmont Salzhemmendorf Bevölkerungsveränderung insgesamt Hessisch Oldendorf aus Wanderungen aus Geburten- bzw. Gestorbenen Hameln

Emmerthal

Coppenbrügge

Bad Pyrmont

Bad Münder

Aerzen

-8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 Veränderungen gegenüber 1992 (%)

Wie Abb. 7 verdeutlicht, waren in den letzten fünf Jahren von 1995 bis 1999 Bevölkerungszu- nahmen vornehmlich im Flecken Aerzen sowie in der Gemeinde Emmerthal und im Flecken Coppenbrügge zu verbuchen. Negative Entwicklungen waren besonders in der Stadt Bad Pyrmont und im Flecken Salzhemmendorf zu beobachten. Dagegen hat sich die Situation in den Städten Bad Münder und Hameln in den letzten Jahren (1995–1999) gegenüber dem Zeitraum zwischen 1992 und 1995 deutlich entspannt.

Abb. 7: Relative Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Städten und Gemeinden des Landkreises von 1992 bis 1995 und von 1995 bis 1999 Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

7 6,0 6 Veränderung 1992-95 (%) Veränderung 1995-99 (%) 5 4,3 4,0 Veränderung 1992-99 (%) 4 3,4 3,0 2,9 3 2,3 2,0 2,0 1,8 1,9 2 1,6 1 0,7 0,6 0,1 0 % -0,1 -0,4 -0,4 -0,6 -1 -0,9 -1,3 -1,1 -2 -1,8 -2,2 -2,3 -3 -2,6 -4 -4,2 -5

en ont hal eln orf orf ont erz m ert m nd nd rm A Pyr m Ha lde me Py ad Em . O em ln- B ess lzh me H Sa Ha

Für die zukünftige Entwicklung des Landkreises ist die sich vollziehende Änderung der Alters- struktur von großer Bedeutung. Als Folge der fortschreitenden Vergrößerung des Anteils älterer Menschen wird der Sterbeüberschuss ansteigen. Wie die Prognose in Abb. 8 zeigt, ist in den 6 Erläuterungen

nächsten Jahren von einem überdurchschnittlichen Bevölkerungsrückgang auszugehen. Von 1999 bis 2016 wird im Landkreis ein Rückgang von 5,3 % (8675 Einw.) prognostiziert. Im Land Niedersachsen zeigt die Vorausschätzung der Bevölkerungsentwicklung dagegen zunächst eine leicht ansteigende Tendenz; erst ab dem Jahre 2009 wird eine negative Entwicklung vorausge- sagt.

Abb. 8: Vorausschätzung der Bevölkerung bis 2016 (Basisjahr 1999); Landkreis Hameln- Pyrmont und Land Niedersachsen im Vergleich (1999=1) Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

1,02

1,01

1,00

0,99

0,98 Index 0,97

0,96 Landkreis Hameln-Pyrmont

0,95 Land Niedersachsen

0,94 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Wanderungen Die zu beobachtenden Wanderungsbewegungen lassen sich nach den Wanderungsmotiven in fünf verschiedene Kategorien gliedern: • Aussiedler, Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge (diese Wanderungsbewegungen prägten aufgrund ihrer Dimension die Zu- und Abwanderun- gen des Landkreises) • Arbeitsplatzwanderungen (1997 machten Erwerbstätige mehr als 80 % des Wanderungssaldos aus) • Wohnraumwanderungen (Wohnraumbedingte Wanderungen sind besonders nachhaltig, insbesondere wenn damit der Bau eines Eigenheimes verbunden ist) • Ausbildungs- und Berufseinstiegswanderungen (Hauptzielgebiete dieser Gruppe sind die Universitätsstädte Göttingen und Hannover) • Seniorenwanderungen (aus Nordrhein-Westfalen und aus dem Landkreis Hannover ziehen überdurchschnittlich viele ‘Junge Alte’ (50 bis unter 65jährige) in den Landkreis Hameln-Pyrmont)

Die Graphik der Wanderungssalden der Nachbarlandkreise (s. Abb. 9) verdeutlicht, dass die wanderungsbedingte Bevölkerungsentwicklung in den Nachbarlandkreisen einen ähnlichen Verlauf nimmt wie im Landkreis Hameln-Pyrmont. Die abnehmende Tendenz ist in allen Nachbarlandkreisen zu beobachten; d.h., dass relevante Bevölkerungsströme aus diesen Gebie- ten für den Landkreis nicht zu erwarten oder zumindest nur schwer aktivierbar sind.

7 Erläuterungen

Abb. 9: Wanderungssaldo der Nachbarlandkreise des Landkreises Hameln-Pyrmont (1992 bis 1998) Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

9000 Hameln-Pyrmont 8000 Hannover 7000 Hildesheim 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 -1000 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

Wanderungen über die Kreisgrenze: Ziel- und Herkunftsgebiete (vgl. Abb.10) Von 1988 bis 1992 konnte der Landkreis Hameln-Pyrmont Wanderungsgewinne – abgesehen von den Zuwanderungen aufgrund der Grenzöffnung – vor allem aus den Landkreisen Göttingen (+1001) und Osnabrück (+883) sowie aus dem Bundesland Schleswig-Holstein (+1247) erzielen. Dies hängt jedoch auch mit den Umverteilungen im Rahmen der Aussiedlerzuweisungen zusammen. Wanderungsverluste waren vor allem in die Stadt Hannover (ca. -1000) sowie in die Landkreise Schaumburg und Hildesheim zu verzeichnen (-200 bis -300). Nach 1992 (d.h. in den Jahren 1993 bis 1998) waren im Landkreis Hameln-Pyrmont größere Wanderungsgewinne nur aus den Landkreisen Göttingen (+542), Holzminden (+56) und der Stadt (+179) sowie aus den Bundesländern Sachsen-Anhalt (+514), Sachsen (+261) und Berlin (+139) zu beobachten. Die Wanderungsverluste des Landkreises gingen in diesen Jahren, insbesondere in die Stadt Hannover (-1586) sowie in die Landkreise Schaumburg (-828), Osnabrück (-507), Hannover (-428), Osterode a. H. (-416), Nordheim (-406), (-388) und Hildesheim (-220) (s. Abb. 9). Daraus geht hervor, dass Wanderungsverluste überwiegend in die benachbarten und in der Nähe liegenden Ordnungsräumen zu verzeichnen waren.

8 Erläuterungen

Abb. 10: Wanderungssaldo des Landkreises Hameln-Pyrmont in den Jahren 1993 bis 1998 mit ausgewählten Kreisen und Bundesländern; nach folgenden Kriterien ausgewählt: mehr als 450 Wanderungsbewegungen in den Jahren 1995 – 1998 und mehr als 0,01 % Wanderungssaldo je Einwohner im Herkunftsgebiet. Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

Landkreise Göttingen 542 Braunschweig Stadt 179 Holzminden 56 29 Hildesheim -220 Vechta -388 -406 Osterode -416 Hannover -428 Osnabrück -507 Schaumburg -828 Hannover Stadt -1586

Bundesländer 514 Sachsen-Anhalt Sachsen 261 Berlin 139 Schleswig-Holstein 76 Nordrhein-Westfalen 72 Hessen -118 Baden-Württemberg -136 Hamburg -159 Bayern -211 -5294 Niedersachsen

-1800 -1600 -1400 -1200 -1000 -800 -600 -400 -200 0 200 400 600 Personen

Unterschiede der Wanderungsbewegungen deutscher und ausländischer Bevölkerung Aus Tab. 2: Wanderungssaldo des Landkreises Hameln-Pyrmont für den Zeitraum von 1993 bis einschließlich 1997 unterschieden nach Deutschen und Ausländern wird deutlich, dass sich die Ziel- und Herkunftsgebiete der deutschen und ausländischen Bevölkerung erheblich unterschei- den. Die Ausländer machen zudem den weitaus größten Anteil der Wanderungsbewegungen auch innerhalb Deutschlands aus. Sie zeigen eine wesentlich höhere Mobilität als die deutsche Bevölkerung. Ohne den Zuzug aus dem Ausland hätte der Landkreis erheblich an Bevölkerung verloren.

9 Erläuterungen

Tab. 2: Wanderungssaldo des Landkreises Hameln-Pyrmont für den Zeitraum von 1993 bis einschließlich 1997 unterschieden nach Deutschen und Ausländern Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen Zusammengefasster Wanderungssaldo 1993 - 1997 Davon Davon 1997 insgesamt Deutsche Ausländer insgesamt Nachbarlandkreise H,HI,HOL,SHG -1288 38 -1326 -408 übriges Niedersachsen -3713 -426 -3227 -693 alte Bundesländer ohne Niedersachsen -283 -129 -154 -192 alte Bundesländer -5289 -577 -4707 -1293 neue Bundesländer (ab 1991) 1.250 1.199 51 147 Ausland 7.670 1.845 5.825 1.416 Insgesamt 3.636 2.467 1.169 270

Die Wanderungsbewegungen der deutschen Bevölkerung nach 1992 zeigen leichte Zuwanderungen aus dem Landkreis Holzminden in den Landkreis Hameln-Pyrmont (+76). In den Landkreis Schaum- burg und in die Region Osnabrück bestanden dagegen Abwanderungstendenzen (-84 bzw. -44 Personen). Auch an die Landeshauptstadt verlor der Landkreis von 1993 bis 1997 über 500 deutsche Einwohner, davon entfielen jedoch bereits 469 Personen auf das Jahr 1993. In den darauffolgenden Jahren gingen die Abwanderungsbewegungen der deutschen Bevölkerung in die Stadt Hannover erheblich zurück. 1995 und 1997 war der Wanderungssaldo sogar leicht positiv (+13 bzw. +33). Die hohen Abwanderungszahlen in den Landkreis Schaumburg halten dagegen unvermindert an. Es handelt sich überwiegend um junge Familien (25- bis 45jährige mit Kindern). Mit den anderen Nachbarlandkreisen bestehen nur geringe Wanderungsbeziehungen. Bei den Wanderungen von Ausländern ist zwischen der Zuweisung an bestimmte Standorte und der freien Wohnortwahl zu unterscheiden. Während erstere offensichtlich Städten und Landkreisen mit negativer Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung zugewiesen wurden (z.B. Landkreis Osterode), entscheiden sich Ausländer selbst vor allem für die großen Städte und für wirtschaftlich prosperierendere Landkreise. Dies wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass der Landkreis Hameln-Pyrmont in den Jahren 1993 bis 1997 etwa 1000 Ausländer an die Landeshauptstadt verlor. Ein Hauptziel der abwandernden Ausländer ist jedoch das Ausland. Über 40 % sind in den zurückliegenden Jahren wieder zurückge- wandert.

Wanderungsbewegungen innerhalb des Landkreises Zwischen den Städten und Gemeinden des Landkreises besteht eine deutliche Umzugsdynamik (s. Abb. 11) Einige Kommunen wachsen auf Kosten der anderen. 1997 gleichen sich die Wande- rungsbewegungen mit Ausnahme der Städte Hameln und Bad Pyrmont stark aus; sie gehen tenden- ziell gegen null. Die Stadt Hameln hat dagegen eine deutliche Zunahme der Wanderungsgewinne innerhalb des Landkreises und Bad Pyrmont gleichbleibende Verluste aufzuweisen.

Altersstruktur der Wandernden Da die deutsche und ausländische Bevölkerung sehr unterschiedliche Wanderungsverhalten zeigen, sind diese getrennt zu betrachten. Seit 1992 – wie bereits vor 1989 – sind im Landkreis Wanderungs- verluste bei den Deutschen nur in den Altersklassen der 18- bis 25jährigen und der 25- bis 30jährigen zu verzeichnen. Der Landkreis kann diese Gruppe der Ausbildungs- und Berufsanfänger sowie Familiengründer nur begrenzt halten. Die Ursachen für diese Verluste sind in der wirtschaftlichen Entwicklung des Landkreises zu suchen. In allen anderen Altersklassen weist der Landkreis Wanderungsgewinne in unterschiedlicher und wechselnder Höhe auf (s. Abb. 12), so dass das Wanderungssaldo der Deutschen in den letzen 10 Jahren durchgehend positiv war (s. Abb.13) wachsenden Zu- und Fortzüge der älteren Bevölkerung (>50jährige) verdeutlichen, dass die Mobili- tät der ‘Jungen Alten’ stetig ansteigt.

10 Erläuterungen

Abb. 11: Wanderungsbewegungen innerhalb des Landkreises Hameln-Pyrmont (1992-1997) Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

200 Aerzen Bad Münder 150 Bad Pyrmont Coppenbrügge 100 Emmerthal Hameln 50 Hess. Oldendorf Salzhemmendorf 0

-50 Wanderungssaldo

-100

-150 1992 1993 1994 1995 1996 1997

Abb. 12: Wanderungsbewegungen über die Kreisgrenze des Landkreises Hameln-Pyrmont von 1987 bis 1998: Wanderungssaldo der Deutschen nach Altersklassen Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

11 Erläuterungen

900

800

700

600

500

400

300

200

100

0

-100 Im Alter von ... bis ... unter Jahren -200 < 18 18 - 25 25 - 30 30 - 50 50 - 65 65 u.ä. -300 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

Abb. 13. Wanderungssaldo des Landkreises Hameln-Pyrmont von 1987 bis 1998 Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen 3500 Insgesamt 3000 Deutsche 2500 Ausländer

2000

1500

1000

500

0

-500 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 Die Wanderungsbewegungen der Ausländer lassen keine eindeutigen Tendenzen erkennen. Die Schwankungen von Jahr zu Jahr und in den einzelnen Altersklassen sind teilweise sehr groß (s. Abb. 14). Auffallend ist jedoch, dass das Wanderungssaldo insgesamt der Ausländer bis 1997 fast durchgehend positiv war (s. Abb. 13), der Landkreis innerhalb Niedersachsens jedoch deutliche Wanderungsverluste der Ausländer in allen Altersgruppen aufweist (s. Abb. 15). Sie zogen insbe- sondere in größere Städte (z.B. Hannover und Osnabrück). Ausgeglichen bzw. überkompensiert wird dies überwiegend durch Zuwanderungen aus dem Ausland. Erst 1998 waren im Landkreis erstmalig seit 1987 wieder deutliche Wanderungsverluste der Ausländer zu verzeichnen; insbesondere bei den Familien mit Kindern, d.h. den (25-) 30- bis 50jährigen und den über 18jährigen.

12 Erläuterungen

Abb. 14. Wanderungsbewegungen über die Kreisgrenze des Landkreises Hameln-Pyrmont von 1987 bis 1998: Wanderungssaldo der Ausländer nach Altersklassen Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

500

450

400

350

300

250

200

150

100

50

0

-50

-100 < 18 18 - 25 25 - 30 30 - 50 50 - 65 65 u.ä. -150 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

Abb. 15. Wanderungssaldo der Ausländer des Landkreises Hameln-Pyrmont innerhalb Niedersachsens (nach Altersklassen). Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen 250

200

150

100

50

0

-50

-100

-150

-200

-250

-300

-350 < 18 18 - 25 25 - 30 30 - 50 50 - 65 65 u.ä.

-400 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997

Auch die Betrachtung der Ziel- und Herkunftsgebiete der Wandernden bestätigt die Annahme, dass insbesondere Auszubildende und Berufsanfänger aufgrund mangelnden Angebotes aus dem Landkreis Hameln-Pyrmont abwandern, denn die 18- bis 25jährigen Deutschen wandern vorwiegend in die Städte Hannover und Göttingen ab. Auch mit den Bundesländern Schleswig- 13 Erläuterungen

Holstein, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen und Hamburg sind Wanderungsverluste vor allem in der Altersklasse der 18- bis 25jährigen und teilweise auch der 25- bis 30jährigen zu verzeichnen; in den anderen Altersklas- sen sind die Wanderungsbewegungen ausgeglichener und der Landkreis Hameln-Pyrmont weist zum großen Teil sogar Wanderungsgewinne auf (zum Wohnbaulandbedarf s. E 1.5 05).

E 1.1 03 Aus einer zunehmenden Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Bodenabbau sowie Straßen- und Leitungsbau folgt ein steigender Ressourcenverbrauch, eine zunehmende Zer- schneidung noch zusammenhängender Landschaftsräume sowie eine steigende Belastung der Schutzgüter Boden, Wasser, Luft und Landschaftsbild. Hinzu kommt die überwiegend intensive land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung sowie eine zunehmende Erholungsnutzung. Die Summe dieser Nutzungsansprüche kann zu deutlichen Veränderungen und Belastungen des Naturhaushaltes führen. Eine unkoordinierte Siedlungsentwicklung führt darüber hinaus zu einer Vergrößerung der räumlichen Diskrepanz zwischen Wohnen und Arbeiten sowie zu steigenden Verkehrsbelastungen. Diesem Prozess kann durch eine nachhaltige Raum- und Siedlungsent- wicklung 2 unter Beachtung und Nutzung der endogenen Entwicklungspotenziale und regionalen Besonderheiten entgegengewirkt werden. Auch im Landkreis Hameln-Pyrmont als ländlicher Raum ist eine zunehmende Nutzungsdichte zu beobachten, die die Sicherung und verstärkte Vernetzung zusammenhängender unbelasteter bzw. nur gering belasteter Räume notwendig macht. Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse als grundsätzliches Ziel der Raumordnung ist eine kontinuierliche Entwicklungsaufgabe. Die Gleichwertigkeit der Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen ist eine situationsabhängige, dynamische Zielsetzung und kein absoluter Maßstab. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse kann von staatlicher Seite nur in be- stimmten Bereichen der Daseinsvorsorge im infrastrukturellen Bereich (Sozial- und Bildungsinf- rastruktur, technische Infrastruktur, regionale Standort- und Umweltvorsorge) gesichert werden. Gleichwertigkeit ist demnach nicht misszuverstehen als pauschale Gleichartigkeit sowie Anspruch auf gleiche, undifferenzierte Förderung und auf Nivellierung. Wichtige Ansätze zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ländlichen Raum sind die Funktionsmischung und -bündelung, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und eine ausreichende verkehrliche Erreichbarkeit. Zu diesem Zweck ist der Erhalt und Ausbau von Infrastruktureinrichtungen von besonderer Bedeutung, die den heutigen und künftigen Anforde- rungen des Wirtschafts- und Arbeitslebens sowie den persönlichen Lebensbedürfnissen der Menschen gerecht werden. Regionale Besonderheiten eines Raumes liegen in seinem endogenen Potenzial; dazu ist seine individuelle Attraktivität zu steigern und damit die Identifikation der Bewohner mit Ihrer Region zu stärken. Diese regionale Identität gilt es zu erhalten und weiter zu entwickeln. Das Institut für Solarenergieforschung GmbH Hameln/Emmerthal sowie die Erdfunkstelle Hameln / Aerzen gehören z.B. zu den besonderen Entwicklungspotenzialen als wirtschaftlicher Standortvorteil für den Landkreis. Der sog. weißen Industrie ist auf Grund des attraktiven Landschaftsbildes, der Rattenfängerstadt Hameln, der bestehenden Angebote im Gesundheitswesen, der historischen Bauten (insbesondere im Stil der Weserrenaissance) sowie einer noch relativ intakten Natur eine besondere Bedeutung beizumessen. Kooperation und gemeinsame Werbung von Landwirtschaft, Gastronomie und Handel durch die Tourismuseinrichtungen sowie der Ausbau von Übernachtungsmöglichkeiten (u.a. für Radwan-

2 Nachhaltige Entwicklung ist sinngleich mit zukunftsbeständiger und dauerhafter Entwicklung zu verstehen. Es ist ein Prozess der Veränderung, in dem die Nutzung der Ressourcen, die Struktur der Investitionen, die Art der technischen Fortschritts und die institutionellen Strukturen in Übereinstimmung gebracht werden mit den zukünftigen und mit den gegenwärtigen Bedürf- nissen. 14 Erläuterungen

derer) sind Stichworte für entsprechende Maßnahmen. Speisen aus der Region mit Produkten aus der Region haben auch Rückwirkung auf den Anbau regionaler Produkte; Kernpunkt eines modernen Tourismusmanagement bedeutet, das regionale Produktangebot verstärkt in den Mittelpunkt zu stellen.

1.2 Entwicklung der Regionen Der Begriff der Region gewinnt bundesweit und insbesondere im europäischen Zusammenhang als Verwaltungs-, Planungs- und Handlungsebene an Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass auch viele Aufgabenfelder der Politik künftig regionalisiert werden. Aufgaben des Landes werden auf die kommunale Ebene delegiert wie der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Wo einzelne Landkreise bzw. größere Städte für die Wahrnehmung derartiger Aufgaben räumlich zu klein oder überfordert sind, bietet sich eine Kooperation mit anderen Gebietskörperschaften an. Die öffentlichen Fördermittel zum Ausbau der Infrastruktur stehen nur sehr begrenzt zur Verfügung; als Folge werden diese im Rahmen einer regionalisierten Strukturpolitik auf einige wenige regional bedeutsame Projekte konzentriert. Kooperationen ermöglichen, die vorhandenen Potenziale zu bündeln, den Verwaltungsaufwand zu minimieren und gegenüber Dritten eine stärkere Position einzunehmen. Eine der Perspektiven wird in der wachsenden Bedeutung der Europäischen Union gesehen. Ein „Europa der Regionen“ bedingt eine neue, auch europäisch orientierte Verantwortlichkeit der regionalen Akteure. Eine systematische Nutzung dieser Möglichkeiten erfolgte bisher nur vereinzelt, wie z.B. im Regionalverband Süd-Niedersachsen. In Erkenntnis dieser Notwendigkeit haben Bund und Länder zur Umsetzung der erklärten EU-Politik regionale Zusammenschlüsse unterstützt. Das Land Niedersachsen vertritt dabei die Position, dass eine moderne Regionalpoli- tik nur dezentral ausgerichtet an den jeweiligen Problemen und Besonderheiten der Teilräume und im abgestimmten Zusammenwirken regionalen Akteure erfolgreich gestaltet werden kann.

E 1.2 04 Mit den Weseranrainer-Landkreisen Schaumburg und Holzminden bestehen neben wirtschaftli- chen und verkehrlichen Beziehungen landschaftlich, touristisch, kulturell und historisch enge Verflechtungen. Daneben ist der Landkreis Hameln-Pyrmont wirtschaftlich, arbeitsmarktpoli- tisch und verkehrlich mit dem Großraum Hannover verflochten (raumordnerisch ist der Land- kreis vorrangig dem Oberzentrum Hannover zugeordnet). Daraus abgeleitet empfiehlt sich eine flexibel gestaltete sach- und aufgabenbezogene Zusammenarbeit mit den jeweils benachbarten Gebietskörperschaften, was den Landkreis Hildesheim und den Kreis Lippe einschließt. Eine anzustrebende Zusammenarbeit bezieht sich insbesondere auf die Bereiche Wirtschaftsförde- rung/Tourismus, Verkehr, Abfallwirtschaft und Naturschutz. Ein bedarfsgerechtes und zukunfts- beständiges Entwicklungskonzept für mögliche Aufgabenfelder ist nur mit einer über die Kreisgrenze hinausgehenden Kooperation zu erreichen. Nach Beschluss der EU-Kommission werden die Landkreise Hameln-Pyrmont und Holzminden in die Zielgebietskulisse der zukünftigen EU-Strukturförderung (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Ziel 2-Gebiet) in Niedersachsen aufgenommen; daneben stehen dem Landkreis Schaumburg Mittel aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung. Für die künftige Entwicklung der Weserregion und insbesondere des Landkreises Hameln-Pyrmont ergeben sich gute Chancen, wenn diese Mittel gezielt eingesetzt werden. Diese Aufgabe kann aber nur in Kooperation mit den angrenzenden Landkreisen zum Erfolg führen, denn wirtschaft- liche Entwicklungen orientieren sich an Wirtschaftsräumen und nicht an Kreisgrenzen.

15 Erläuterungen

Entsprechend wird für die Landkreise Hameln-Pyrmont, Schaumburg und Holzminden ein gemeinsames Regionales Entwicklungskonzept (REK) erstellt. Das REK – welches zusammen mit allen gesellschaftlich relevanten Interessengruppen erarbeitet wird – soll die Stärken, Schwächen und Chancen der wirtschaftlichen Entwicklung der beteiligten Landkreise analysie- ren, bewerten und geeignete förderungsfähige Maßnahmen aufzeigen. Mit dem REK, welches die Ziele und Schwerpunkte für den künftigen Einsatz der EU-Mittel entwickelt, soll u.a. auch der Förderung konkurrierender Projekte entgegengewirkt sowie der notwendige Einsatz nationa- ler bzw. kommunaler Kofinanzierungsmittel minimiert werden. Dieses Projekt soll den ländlichen Raum nachhaltig stärken und die Region zusammenbinden, um künftig bei allen Ausrichtungen des Landkreises Hameln-Pyrmont auf den Ballungsraum Hannover das eigene wirtschaftliche Gewicht zu erhalten und zu stärken. Die Erarbeitung des REK soll darüber hinaus die Initialzündung einer kreisübergreifenden Zusammenarbeit auch in anderen Aufgabenfeldern sein. Diese Vorgehensweise steht auch im Einklang mit der Empfehlung der Ministerkonferenz für Raumordnung, wonach künftig solche Förderanträge Vorrang erhalten, die sich aus einem Regionalen Entwicklungskonzept ableiten lassen. Am Städtenetz Expo-Region sind die Städte , Hameln, Hannover, Hildesheim, , Peine, Stadthagen, Walsrode und der Kommunalverband Großraum Hannover (KGH) beteiligt. Mit dem Zusammenschluss dieser Städte wollen diese die Chance nutzen, gemeinsam eine höhere Leistungskraft zu erwirtschaften, um im schärfer werdenden internationalen Wettbewerb zu bestehen. Das Städtenetz beschäftigt sich in Form von interkommunalen Arbeitskreisen bzw. Projektgruppen mit den Handlungsfeldern „Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing“, „Ver- kehr“, „Energie&Umwelt / Nachhaltige Entwicklung“, „Kultur und Tourismus“ sowie „Stadt- und Regionalplanung“. Das Städtenetz „EXPO-Region“ soll Leistungskraft und Handlungsspiel- raum der kooperierenden Städte durch freiwillige und gleichberechtigte interkommunale Zusammenarbeit sowie Bündelung der Ressourcen und Fähigkeiten stärken. Im Interesse der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Teilräumen der „EXPO- Region“ ist es erforderlich, die betroffenen Landkreise als Träger der Regionalplanung in die Arbeit des Städtenetzes einzubeziehen.

E 1.2 07 Die zukünftige Gewerbe- und Baulandentwicklung und die wirtschaftliche Entwicklung bedürfen innerhalb des Landkreises einer verstärkten Abstimmung, um die regionalen Entwick- lungschancen besser zu nutzen und Hemmnisse durch unkoordiniertes Planen zu verhindern. Hierzu dienen regionale Konzepte für eine abgestimmte Siedlungsentwicklung – ggf. mit Ausweisung interkommunaler Gewerbegebiete – sowie für touristische Angebote und den großflächigen Einzelhandel. Diese haben die Entwicklungsvorstellungen sowohl der Mittelzent- ren als auch der Grundzentren angemessen zu berücksichtigen. Es ist wünschenswert, dass die Regionalplanung durch fachspezifische Aktionsprogramme und Initiativen auf breiter Front ergänzt und abgestützt wird. Dabei kommt der engen Zusammenar- beit der Städte und Gemeinden mit dem Landkreis eine besondere Bedeutung zu.

1.3 Ländliche Räume In Ländlichen Räumen hat der Strukturwandel in der Landwirtschaft, der fortwährend zur Aufgabe vieler Betriebe führt, entscheidende Veränderungen mit sich gebracht. Mit der Umorientierung der vorher in der Landwirtschaft Beschäftigten auf andere Wirtschafts- zweige geht der Verlust typischer ländlicher Strukturen einher; die wirtschaftliche Leistungsfä- higkeit der ländlichen Räume geht deutlich zurück. Durch diese Konzentration der Arbeitsstätten haben sich Abhängigkeiten und Verflechtungen mit starker Orientierung insbesondere auf die

16 Erläuterungen

Ober- und Mittelzentren ergeben. Damit war auch ein starkes Anwachsen der Verkehrsströme verbunden. Diese Entwicklung führt zu einem Verlust der traditionellen dörflichen Strukturen; das relativ starke Wachstum vor allem in den Grundzentren gefährdet das soziale Gemein- schaftsleben und das historische Ortsbild der Dörfer. Intakte Dörfer und Orte sowie ein attrakti- ves Wohnumfeld gehören zu den Grundvoraussetzungen für lebensfähige strukturschwache ländliche Räume. Die große Zahl der Berufspendler in die Mittel- und Oberzentren verdeutlicht die starke Abhängigkeit des ländlichen Raumes von diesen. Innerhalb des Landkreises haben nur die Mittelzentren Hameln und Bad Pyrmont ein positives Pendlersaldo zu verzeichnen (30.06.1997: Hameln +7570, Bad Pyrmont +618). In den übrigen Gemeinden des Landkreises ist das Pendlersaldo negativ. Der gesamte Landkreis Hameln-Pyrmont gehört zum Ländlichen Raum. Er zeigt mit seiner geringen Besiedlungsdichte und seinem großen Anteil landwirtschaftlich genutzter Flächen ein Bild typischer ländlicher Strukturen.

E 1.3 01/02 Die Schaffung außerlandwirtschaftlicher Erwerbsmöglichkeiten bzw. die allgemeine Verbesse- rung der wirtschaftlichen Situation im Ländlichen Raum sollte vornehmlich durch die Erschlie- ßung und Förderung des vorhandenen Entwicklungspotenzials vorangetrieben werden. Dazu gehört neben der Förderung des Handwerks die Sicherung und der Ausbau der Freizeit-, Erholungs- und Tourismusinfrastruktur sowie des Gesundheitswesen als bedeutende Wachs- tumsbranche. Der Landkreis kann als Naherholungs- und Ferienziel von dem Trend zur naturna- hen und gesunden Erholung (Stichworte ‚Fitness/Wellness‘, ‚Ferien auf dem Bauernhof‘) und zu mehr Freizeit erheblich profitieren. Hierbei kommt auch der Sicherung und Verbesserung der naturräumlichen Potenziale und der ökologischen Funktionen eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere an den Standorten mit der besonderen Entwicklungsaufgabe Erholung und Fremdenverkehr (s. D 1.5 07) ist ein besonderes Augenmerk auf eine ökologisch und sozial vertretbare Ausweitung der Infrastruktureinrichtungen zu richten; denn die vergleichsweise gering belastete Natur, welche die Attraktivität des Landschaftsbildes ausmacht, bildet ein wichtiges Standbein der Erholungs- und Fremdenverkehrsnutzung. Zur Sicherung bzw. Wieder- herstellung des ländlichen und landschaftstypischen Charakters sollten auch Dorferneuerungs- programme verstärkt auf dieses Ziel ausgerichtet werden. Mangelnde Auslastung und zu geringe Nachfrage führen zum Rückzug von Waren- und Dienstleistungsangeboten aus dünn besiedelten Räumen des Landkreises. Nur wenn dieser Prozess gestoppt und eine dezentrale Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs sichergestellt werden kann, haben auch diese Räume eine Überlebenschance. Sofern Waren und Dienstleitungen allein nicht rentabel anzubieten sind, muss dies gebündelt gesche- hen. Nachbarschaftsläden, Bürgerbüros, Postagenturen, mobile Versorgungseinrichtungen und landwirtschaftliche Betriebe können neben Waren auch öffentliche und private Dienstleistungen vorhalten. Angesichts der großen Bedeutung der flächendeckenden Kreditversorgung für die Entwicklung von Handel und Wirtschaft muss das dezentrale Netz von Kreditinstituten erhalten bleiben. Die sozialen Strukturen und das gemeindliche Zusammenleben sind im Landkreis Hameln- Pyrmont i.d.R. noch intakt; funktionierende Dorfgemeinschaften und verschiedene Vereine sind Beleg dafür. Ein ausgeprägtes Kultur- und Bildungsangebot und das damit verbundene Image eines Landkrei- ses und seiner Städte und Gemeinden trägt wesentlich dazu bei, sich im Standortwettbewerb um Betriebe und qualifizierte Arbeitsplätze zu behaupten. Die Finanzlage hindert die Kommunen jedoch zunehmend, das soziale und kulturelle Leben ausreichend finanziell zu unterstützen. Einrichtungen wie Vereine, Volkshochschulen und Musikschulen bilden das Fundament des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens, so dass es eine vordringliche Aufgabe ist, die

17 Erläuterungen

notwendigen Fördermittel auch weiterhin zu erbringen. Da Schulen Ausgangspunkt vieler kultureller und gesellschaftlicher Aktivitäten sind, sollten weitere räumliche Konzentrationspro- zesse in allen Schulformen unterbleiben. Ferner ist der Landkreis als ländlicher Raum auf eine dezentrale Infrastruktur im Gesundheits- wesen angewiesen, die neben den vorhandenen Krankenhäusern, Praxen für Allgemeinmedizin und Ärztehäusern auch ambulante, teilstationäre und stationäre Pflegeeinrichtungen als sinnvolle Verzahnung umfasst. Ziel der Verkehrspolitik im Landkreis ist die Erhaltung und Modernisierung des Schienennetzes, die verkehrsstromabhängige Optimierung traditioneller ÖPNV-Angebote ergänzt durch flächen- deckend vorgehaltene differenzierte Bedienungssysteme mit den Komponenten Anruf-Sammel- Taxi (AST), Anruf-Linien-Fahrt (ALF) und HOME-Bus sowie kombinierte Verkehrsformen wie Park&Ride (P&R) und Bike&Ride (B&R). Ein gut ausgebautes Straßennetz und eine gute Anbindung an das Fernstraßennetz sind unverzichtbar.

1.4 Ordnungsräume – entfällt

1.5 Siedlungsentwicklung, Wohnen, Schutz siedlungsbezogener Freiräume Die städtebauliche Entwicklung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden basiert im Wesent- lichen auf der jeweiligen zentralörtlichen Funktion i.V.m. den anderen raumordnerischen Zielen des RROP. Sie muss deshalb den jeweiligen übergemeindlichen Aufgaben Rechnung tragen, die raumordnerischen Ziele für ihren Bereich und das historisch gewachsene Siedlungsgefüge beachten. Die räumliche Entwicklung der Städte und Gemeinden und der damit verbundene Bedarf an Bauland für verschiedene Nutzungsarten hängt von der zukünftigen Bevölkerungs- entwicklung, der Entwicklung der Erwerbsbevölkerung bzw. der Arbeitsplätze sowie der Entwicklung der Haushalte einschließlich deren Struktur ab. Unter besonderer Berücksichtigung eines schonenden Umgangs mit der Ressource “Boden“ hat sich die städtebauliche Entwicklung am begründeten Bedarf unter Berücksichtigung der Funktion der jeweiligen Stadt bzw. Gemein- de und an einer kostengünstigen Infrastruktureinrichtung und -unterhaltung zu orientieren.

E 1.5 01 Die Ziele unter Pkt. 1.5 unterstreichen die Verantwortung der Gemeinden im Rahmen der kommunalen Planungen. Unbeschadet dessen sind die Gemeinden verpflichtet, ihre raumrele- vanten Planungen den Zielen der Raumordnung anzupassen. Daher sind aus regionaler Sicht bedeutsame Ziele zur Siedlungsentwicklung der Gemeinden in diesem Kapitel festgelegt. Als Maßstab für die weitere Siedlungsentwicklung im Landkreis Hameln-Pyrmont gilt das Prinzip der dezentralen Konzentration, d.h. die Konzentration der Siedlungsentwicklung auf geeignete Standorte sowie Beschränkung der übrigen Ortsteile auf Eigenentwicklung. Die Konzentration auf ausgewählte Standorte begründet sich aus einer Vielzahl einzelner Aspekte: • Auslastung von Infrastruktureinrichtungen: Durch die Konzentration der Siedlungsentwick- lung und Bevölkerungszunahme auf Standorte mit aufwendigen Infrastruktureinrichtungen wird deren optimale Nutzung und Auslastung gewährleistet. • Verkehrsvermeidung und damit Umweltschutz: Unnötige Pkw-Fahrten zum Einkaufen, Arbeitsplatz, Kindergarten etc. können unterbleiben, wenn sich entsprechende Einrichtungen vor Ort befinden, fußläufig erreichbar sind und öffentliche und private Einrichtungen für große Teile der Bevölkerung gut erreichbar an zentralen Orten gebündelt werden. • Verlagerung von Fahrten auf den ÖPNV: Bei der Siedlungsentwicklung in Orten, die in ein leistungsfähiges ÖPNV-Netz eingebunden sind, besteht die Möglichkeit, für notwendige 18 Erläuterungen

Wege statt des Pkw den Bus oder ggf. die Bahn zu benutzen. Gleichzeitig stärkt dies den ÖPNV, kann ihn wirtschaftlicher machen und schafft die Voraussetzung für seine Attraktivi- tätssteigerung. Dieses hilft gleichzeitig, den Vorrang des Individualverkehrs auf disperse Strukturen zu begrenzen. Es kommt darauf an, die Leistungsfähigkeit der Hauptachsen des straßengebundenen ÖPNV durch gezielte Maßnahmen bei der Entwicklung der Siedlungs- struktur auszuschöpfen. Der gegenwärtige Anteil des ÖPNV am gesamten motorisierten Verkehrsaufkommen von 6 bis 12 % ist verbesserungsbedürftig. • Geringere Folgekosten für die öffentliche Hand: Entstehen größere Siedlungsgebiete in Ortsteilen ohne bzw. nicht ausreichender Infrastruktur, kann dieses Kosten z.B. für Schülerbe- förderung, neue Kindergartenplätze oder technische Infrastruktur nach sich ziehen. • Verhinderung einer Zersiedlung der Landschaft und Gebot der sparsamen Rauminanspruch- nahme: Es soll eine größtmögliche Schonung der Ressourcen v.a. des Gutes Boden erreicht werden, denn jede Siedlungsflächenerweiterung bedeutet zugleich auch Verbrauch von Frei- raum. Da Freiräume eine große Bedeutung haben für den Ressourcen- und Klimaschutz, für Erholungszwecke, für land- und forstwirtschaftliche Nutzungen sowie für die Gestaltung des Landschaftsbildes, sind mit der Siedlungsentwicklung häufig Nutzungskonflikte und negative Beeinträchtigungen der Natur verbunden. • Zentrale Orte können als „Motoren“ der regionalen Entwicklung gezielt gestärkt werden, wenn sowohl Private als auch die öffentliche Hand ihre Aktivitäten dort konzentrieren. • Erhaltenswerte dörfliche Strukturen in den kleineren Ortsteilen werden bewahrt. Die städtebauliche Entwicklung der Gemeinden mit mittelzentraler Funktion – Stadt Hameln und Stadt Bad Pyrmont – und die Erfüllung ihrer übergemeindlichen Aufgaben sind eng miteinander verknüpft; die Siedlungsentwicklung hat diesen übergemeindlichen Aufgaben Rechnung zu tragen. Entsprechend wurden den Mittelzentren im LROP Schwerpunktaufgaben für die Sicherung und Entwicklung von Wohn- und Arbeitstätten zugewiesen (s. auch E 1.6). Die Siedlungsentwicklung soll abgestuft in der Reihenfolge Mittelzentrum – Grundzentrum – weitere geeignete Ortsteile – übrige Ortsteile erfolgen. In Konkretisierung dieser Zielsetzung ist es geboten, neben den zentralen Orten (Mittel- und Grundzentren) eine Auswahl weiterer Ortsteile zu treffen, bei denen ein aufgezeigter Bedarf an Siedlungsentwicklung, die über eine Eigenentwicklung hinausgeht, gerechtfertigt ist. Die Festsetzung des Standortes der Siedlungsentwicklung erfolgt lagegenau. Die Kriterien sind hierbei: Das Vorhandensein einer Grundschule, eines Kindergarten und/oder einer Kindertagesstätte, einer leistungsfähigen ÖPNV-Anbindung (über Schiene oder Bus), eines Nahversorger (Lebensmittelgeschäft) sowie von Arbeitsplätzen (s.

Tab. 3.) Anmerkung: Der Ortsteil Löwensen der Stadt Bad Pyrmont erfüllt zwar die genannten Kriterien, dort ist aufgrund der einschränkenden topographischen Lage eine über die Eigenent- wicklung hinaus gehende Siedlungsentwicklung nicht möglich.

19 Erläuterungen

Tab. 3. Siedlungsentwicklung über eine Eigenentwicklung hinausgehend Kriterienkatalog für die Bestimmung einzelner Ortsteile im Landkreis Hameln- Pyrmont Quelle: eigene Erhebung Einwohner HW

KiTa % ÖPNV und/oder und/oder Bus - Bus gute 1990 2000 Anbindung Anbindung Mitarbeiter Betriebe >20 Grundschule Grundschule Arbeitsplätze Kindergarten Nahversorger ÖPNV Schiene Wachstum Wachstum 1990-2000 Stadt Hameln Afferde 3.794 5.377 41,72 X X X X X Groß Hilligsfeld 687 840 22,27 X X X Halvestorf 1.092 1.137 4,12 X X X X Hameln 42.153 40.008 -5,09 X X X X X X Hastenbeck 1.348 1.394 3,41 X X X X X Haverbeck 750 745 -0,67 X X Holtensen 1.295 1.295 0,00 X X X X Klein Berkel 4.408 4.874 10,57 X X X X X Klein Hilligsfeld 120 155 29,17 Tündern 2.247 2.714 20,78 X X X X X Unsen 496 482 -2,82 X Wehrbergen 456 465 1,97 X X Welliehausen 316 471 49,05 X

20 Erläuterungen

Einwohner HW

KiTa % ÖPNV und/oder und/oder Bus - Bus gute 1990 2000 Anbindung Anbindung Mitarbeiter Betriebe >20 Grundschule Grundschule Arbeitsplätze Kindergarten Nahversorger ÖPNV Schiene Wachstum Wachstum 1990-2000 Stadt Bad Pyrmont Baarsen 309 294 -4,85 X Bad Pyrmont 16.859 16.736 -0,73 X X X X X X Eichenborn 251 266 5,98 Großenberg 166 205 23,49 1.299 1.443 11,09 X X X X Kleinenberg 183 199 8,74 X Löwensen 975 1.010 3,59 X X X X Neersen 300 286 -4,67 Thal 588 588 0,00 X X X Stadt Bad Münder Bad Münder 7.751 8.114 4,68 X X X X X X Bakede 1.501 1.476 -1,67 X X X X Beber 386 384 -0,52 X X Böbber 199 218 8,54 Brullsen 246 216 -11,38 Egestorf 372 398 6,99 Eimbeckhausen 2.378 2.425 1,98 X X X X X Flegessen 9.55 1.024 7,23 X X X Hachmühlen 1.303 1.286 -1,30 X X X Hamelspringe 1.039 992 -4,52 X X Hasperde 280 298 6,43 X Klein Süntel 339 349 2,95 Luttringhausen 141 146 3,55 Nettelrede 766 861 12,40 X Nienstedt 1.078 1.104 2,41 X X X Rohrsen 390 387 -0,77 Stadt Hessisch Oldendorf (1991) Barksen 426 495 16,20 Bensen 369 383 3,79 Fischbeck 2.729 3.095 13,41 X X X X X Friedrichsburg 153 145 -5,23 Friedrichshagen 433 429 -0,92 Fuhlen 789 865 9,63 X Großenwieden 921 1.022 10,97 X X X Haddessen 379 356 -6,07 X Hemeringen 1.379 1.415 2,61 X X X X X Hessisch Oldendorf 4.820 5.717 18,61 X X X X X X Heßlingen 637 712 11,77 X X X Höfingen 508 473 -6,89 Kleinenwieden 97 98 1,03 Krückeberg 356 338 -5,06 X Lachem 349 346 -0,86 Langenfeld 204 253 24,02 Pötzen 491 521 6,11 Rohden 707 775 9,62 X Rumbeck 705 766 8,65 X Segelhorst 461 514 11,50 X Weibeck 351 420 19,66 X Welsede 586 559 -4,61 Wickbolsen 95 86 -9,47 Zersen 367 401 9,26 X Gemeinde Emmerthal Amelgatzen 606 588 -2,97 X X Bessinghausen 68 54 -20,59 Börry 645 688 6,67 X Brockensen 135 111 -17,78 Emmern 1.346 1.451 7,80 X X X X Esperde 402 476 18,41 X Frenke 118 120 1,69 Grohnde 1.270 1.254 -1,26 X X X X X Hämelschenburg 588 563 -4,25 X X Hagenohsen 445 439 -1,35 X Hajen 378 374 -1,06 X Kirchohsen 2.899 3.221 11,11 X X X X X X Latferde 248 242 -2,42 Lüntorf 545 571 4,77 X Ohr 512 631 23,24 X

21 Erläuterungen

Einwohner HW

KiTa % ÖPNV und/oder und/oder Bus - Bus gute 1990 2000 Anbindung Anbindung Mitarbeiter Betriebe >20 Grundschule Grundschule Arbeitsplätze Kindergarten Nahversorger ÖPNV Schiene Wachstum Wachstum 1990-2000 Voremberg 395 372 -5,82 Welsede 272 264 -2,94 X Flecken Aerzen Aerzen 3.944 4.458 13,03 X X X X X Dehmke 329 334 1,52 Dehmkerbrock 483 472 -2,28 Egge 246 293 19,11 Gellersen 243 244 0,41 Grießem 344 350 1,74 X Groß Berkel 2.843 3.529 24,13 X X X X X Grupenhagen 612 585 -4,41 X X Herkendorf 248 287 15,73 Königsförde 310 299 -3,55 X Multhöpen 128 147 14,84 X Reher 710 737 3,80 X X X Reinerbeck 419 476 13,60 X X Selxen 129 137 6,20 X Flecken Salzhemmendorf Ahrenfeld 150 153 2,00 Benstorf 810 715 -11,73 Hemmendorf 849 862 1,53 X Lauenstein 2.086 2.093 0,34 X X X X X Levedagsen 192 155 -19,27 Ockensen 250 236 -5,60 Oldendorf 1.318 1.370 3,95 X X X X X Osterwald 1.451 1.362 -6,13 X X X X Salzhemmendorf 1.948 2.214 13,66 X X X X X Thüste 660 619 -6,21 X X Wallensen 1.185 1.102 -7,00 X X Flecken Coppenbrügge Bäntorf 110 128 16,36 Behrensen 301 370 22,92 X X Bessingen 395 387 -2,03 X Bisperode 1.470 1.513 2,93 X X X X Brünnighausen 550 579 5,27 X X Coppenbrügge 2.267 2.479 9,35 X X X X X X Diedersen 460 520 13,04 X Dörpe 373 410 9,92 Harderode 392 362 -7,65 Herkensen 332 370 11,45 Hohnsen 208 214 2,88 Marienau 851 805 -5,41 X X X X X: vorhanden

In den übrigen Ortsteilen des Landkreises soll die Siedlungsentwicklung auf eine angemessene Eigenentwicklung begrenzt werden. Eine örtliche Eigenentwicklung lässt vorrangig die Berück- sichtigung der Bedürfnisse der ansässigen Bevölkerung (Bereitstellung von Bauland für Bauwil- lige aus dem Ort selbst und auch die Umnutzung vorhandener Nichtwohngebäude), der Erfor- dernisse der örtlichen gewerblichen Wirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft sowie Maßnah- men der Städtebauförderung und der Dorferneuerung zu, schließt aber zur Vermeidung der o.g. Effekte ausdrücklich eine sich durch wesentlichen Zuzug entwickelnde oder gezielte Bevölke- rungs- und Gewerbeansiedlung aus. Eine Quantifizierung von Eigenentwicklung ist pauschal schwer möglich; vielmehr muss sich diese an die bisherige Entwicklung des entsprechenden Ortsteiles anlehnen. Als Anhaltspunkt gilt ein grober Richtwert von Bauland für max. 10 % der Einwohner in einem Zeitraum von 10 bis 15 Jahren (Geltungsdauer eines Flächennutzungspla- nes). Zusätzlich sollte die spezifische Eignung des Standortes im Sinne der Zielgruppe geprüft werden, d.h. die Siedlungsentwicklung ist auf die Interessen der definierten Zielgruppe abzu-

22 Erläuterungen

stimmen. Je genauer die Zielgruppe bekannt ist, desto besser kann generell über die Bauleitpla- nung der Entwicklungsprozess gesteuert werden. Für ältere Menschen sind angemessene Wohnformen (z.B. betreutes Wohnen), wohnungsnahe Versorgungseinrichtungen und bedarfsge- rechte soziale Infrastruktureinrichtungen von besonderer Bedeutung. Auch die Mobilitätsbedürf- nisse älterer Menschen, die häufig auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, sollten berücksichtigt werden. Deshalb kann das Kriterium „verkehrliche Erschließung“ nicht nur durch eine ausreichende Straßenanbindung erfüllt werden, sondern muss auch eine nachfragegerechte ÖPNV-Erschließung beinhalten. Die bisherigen Untersuchungen der Wanderungsbewegungen (s. E 1.1 02) haben gezeigt, dass sich die Altersstruktur der zugewanderten Bevölkerung in den Städten und Gemeinden des Landkreises deutlich unterscheidet. Daraus lässt sich schließen, dass bei den unterschiedlichen Gruppen eindeutige Standortpräferenzen für ihren Wohnstandort vorhanden sind. Allein die Größe und besondere Bedeutung der Stadt Hameln bedingt, dass verschiedene Zielgruppen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen anzutreffen sind. Hameln verfügt jedoch in bestimmten Bereichen nur über ein begrenztes Angebot an Standorten, die der Qualität bestimm- ter Zielgruppen gerecht werden; insbesondere aus der häufig anzutreffenden Gruppe der Familiengründer. Aufgrund des Zuzugs der letzten Jahre sind für Hameln die Gruppen der ‘Jungen Leute’ und der ‘Jungen Alten’ von besonderer Bedeutung. Für diese Gruppen sind die urbanen Qualitäten der Stadt für die Wohnortwahl ausschlaggebend. In der Stadt Bad Pyrmont wurden die Wanderungsbewegungen in den zurückliegenden Jahren stark von der Erstaufnahmeeinrichtung für Spätaussiedler überdeckt. Dadurch ist die Einschät- zung der Situation sehr schwierig. In Bad Pyrmont werden sehr unterschiedliche Zielgruppen angesprochen. Derzeit mangelt es an geeignetem Bauland für die bereits ansässigen hausbauen- den Familiengründer. Aus dieser Zielgruppe haben sich in den letzten Jahren viele in Richtung Aerzen oder Barntrup und auch Lügde orientiert. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Gruppe der ‘Jungen Alten‘ zu lenken. Für Bad Pyrmont bietet sich hier eine gute Gelegenheit, eine wirtschaftlich starke Bevölkerungsgruppe anzuwerben. Voraussetzung ist jedoch, das Woh- nungs- und Baulandkonzept genau darauf auszurichten. In der Stadt Bad Münder fallen die neuen Einfamilienhäuser überdurchschnittlich groß aus. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Standort für eine sozial gehobene Zielgruppe interes- sant ist. Die hauptsächliche Ursache für diese Spezialisierung des Standortes liegt höchstwahr- scheinlich in dem Kurbetrieb; dies gilt jedoch nur für den Zentralen Ort. Die anderen Ortsteile weisen eine völlig andere Standortnachfrage auf, etwa die stark gewerbeorientierten Ortsteile Eimbeckhausen (Autobahnnähe) und Hachmühlen (Nähe von Hannover). Bei den Zuwanderern in die Stadt Hessisch Oldendorf handelt es sich vornehmlich um junge Familien mit überdurchschnittlich vielen Kindern (bzw. mit dem Wunsch nach vielen Kindern). Die Attraktivität des Wohnstandortes liegt insbesondere in den 24 sehr individuellen Ortsteilen sowie der Überschaubarkeit und Sicherheit an den Standorten . Auch die Nähe des Autobahnan- schlusses ist hier von Bedeutung. In der Gemeinde Emmerthal und in den Flecken Aerzen und Coppenbrügge dürfte eine ähnliche Nachfrage bzw. Zielgruppe vorliegen wie in Hessisch Oldendorf. Um diese Vermutung zu verifizieren, sind standortbezogene Analysen durchzuführen . Der Flecken Salzhemmendorf bietet angesichts der landschaftlich reizvollen Lage die Möglich- keit, bestimmte Zielgruppen anzuwerben; hierzu kann insbesondere die Gruppe der 45- bis 56 jährigen gehören (Erbengeneration). Gute Wohnqualität und Wohnumfeldbedingungen sowie Kultur- und Freizeitangebote definieren im Wesentlichen die Attraktivität der Städte und Gemeinden. Auch historisch wertvolle Gebäude (Baudenkmale), prägnante Ortsbilder und harmonische Siedlungsränder erhöhen die Attraktivität der Siedlungen (vgl. E 2.6 03). Sie fördern die Identifizierung der Bevölkerung mit ihrem Ort und den typischen Merkmalen der Region.

23 Erläuterungen

Um die Attraktivität von Siedlungsbereichen zu erhalten und wiederherzustellen sind bei der weiteren Siedlungsentwicklung landschafts- und denkmalpflegerische Belange zu berücksichti- gen. In den Dorferneuerungsplanungen werden diese Ziele bereits verfolgt. Die Dorferneuerung ist zudem ein wichtiges Instrument zur Erhaltung und Wiederherstellung der dörflichen Funkti- onsvielfalt, der Dorfgemeinschaft und dient damit der Wohnqualität in den Dörfern. D.h., Dorferneuerungsmaßnahmen sind nicht nur auf den Erhalt historischer Bausubstanz und die Gestaltung des innerörtlichen Grüns ausgerichtet, sondern schließen auch die Förderung von Infrastruktureinrichtungen, die die Funktionsvielfalt, die soziale Gemeinschaft und die Wohn- qualität der Orte verbessern, ein. Die Umsetzung der Dorferneuerungspläne in der gemeindli- chen Bauleitplanung trägt entscheidend zum Erhalt und zur Wiederherstellung traditioneller regionstypischer Strukturen bei.

E 1.5 02 Im Landkreis Hameln-Pyrmont bleibt die flächenmäßige Ausdehnung der Städte und Gemeinden in einer Größenordnung, die noch genügend Freiraum lässt. Dennoch sollte im Sinne einer ökologisch orientierten Innenentwicklung mit dem Erhalt von Grün- und Freiflächen in bebauten Ortslagen die Attraktivität sowie die Umwelt- und Lebensqualität der Siedlungsräume gesteigert werden. Die wichtigsten Anforderungen an innerörtliche Freiräume sind, dass sie in ihrer Gestaltung den Nutzungsansprüchen der Bewohner entsprechen und in zumutbarer Entfernung vom Wohnstandort liegen, eine gefahrlose Erreichbarkeit gewährleistet ist (über Fuß- und Radwege) sowie geringe Beeinträchtigungen durch Lärm und Immissionen sowie eine geringe Beeinträchtigung des Landschaftsbildes z.B. durch Hochspannungsleitungen, Hochhäuser und nicht eingegrünte Gewerbegebiete gegeben ist. Das Hamelner Stadtgebiet ist beispielsweise überwiegend nur unzureichend mit allgemein nutzbaren, öffentlichen Freiräumen versorgt. Der Bürgergarten ist als einzige Parkanlage zu klein, um die Freiflächenversorgung ausreichend zu sichern. Auch mit der Werderinsel und den kleineren bestehenden Grünflächen im Stadtgebiet (unter 1 ha) sind einige Wohngebiete der Stadt Hameln mit Freiräumen unterversorgt; insbesondere das Weserufer sollte verstärkt für die Naherholung erschlossen werden.

E 1.5 04/05 Das Angebot an Wohnraum dem Bedarf entsprechend bereitzustellen, stellt sich als eine schwierige Aufgabe dar. Aufgrund der verhältnismäßig hohen Kosten für Wohnfläche sind insbesondere geringer Verdienende und soziale Randgruppen betroffen. Dieser Situation soll insbesondere in zentralörtlichen Lagen durch sozialen Wohnungsbau entgegengesteuert werden. Dem Wohnungsbau kommt eine Schlüsselfunktion für die gesamträumliche Entwicklung zu. Mit einer ausgewogenen Zuordnung von Wohn-, Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten lassen sich Pendlerbewegungen reduzieren, Zeitverluste vermeiden und die Lebensqualität erhöhen. Durch Modernisierung des Bestandes und Wohnungsneubau in Ortslagen soll ein bedarfsgerechtes, differenziertes und sozialverträgliches Wohnungsangebot bereitgestellt werden. Der Wohnungs- bzw. Siedlungsflächenbedarf wird nicht nur von der Bevölkerungszahl be- stimmt, sondern viel mehr vom Wandel der Lebensformen, von den stetig zunehmenden Wohnflächenansprüchen und von der Veränderung der Altersstruktur. Diese Entwicklung wird auch künftig zu einer Zunahme der Wohnungsgrößen (d.h. Wohnfläche je Einwohner) und zu einer Abnahme der Wohnungsbelegungsdichten, d.h. der durchschnittlichen Haushaltsgrößen führen. Der Neubaubedarf von Ein- und Zweifamilienhäusern resultiert zudem überwiegend aus dem Wunsch, im eigenen Haus zu wohnen.

Wohnungsbestandsentwicklung

24 Erläuterungen

Als Grundlage für eine Wohnungsbaubedarfsanalyse veranschaulichen die folgenden Diagram- me zunächst die Entwicklung des Wohnungsbaus im Landkreis sowie in den einzelnen Städten und Gemeinden seit 1988 bzw. 1992: in den Jahren 1994 und 1995 hat es den stärksten Zuwachs an Wohnungen gegeben (s. Abb. 16), insbesondere in Aerzen, Emmerthal, Hess. Oldendorf und Bad Pyrmont (s. Abb. 17). 1996 und 1997 ist der Wohnungsbau im Landkreis deutlich zurück- gegangen, 1998 und 1999 ist wieder ein Aufwärtstrend zu verzeichnen.

Abb. 16. Wohnungsbau von 1988 bis 1999 im Landkreis Hameln-Pyrmont Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Wohnungszuwachs je 1000 Einw. 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

In den zurückliegenden Jahren wurden im Landkreis relativ viele Wohnungen in Mehrfamilien- häusern gebaut. Dagegen wurde in einigen Städten und Gemeinden nicht ausreichend Bauland für Einfamilienhäuser zur Verfügung gestellt. In dieser Folge kam es zu Wanderungsbewegun- gen zwischen den Städten und Gemeinden des Landkreises und zu Abwanderungen in die Nachbarlandkreise, vornehmlich in den Landkreis Schaumburg und den Kreis Lippe (vgl. D 1.1 02). Ein Vergleich des Wohnungszugangs mit der Bevölkerungsentwicklung speziell mit den Wanderungsbewegungen in den einzelnen Städten und Gemeinden lässt jedoch keinen direkten Zusammenhang erkennen, selbst wenn die natürliche Bevölkerungsentwicklung ausgeklammert wird. Damit wird deutlich, dass die Zusammenhänge sehr viel komplexer sind und von unter- schiedlichen Einflussfaktoren abhängig sind. Zum Beispiel löst der Bau von Wohnungen häufig eine Kette von Wanderungsbewegungen aus. Abb. 17. Wohnungsbau von 1992 bis 1999 in den einzelnen Städten und Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

25 Erläuterungen

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2 Wohnungszuwachs Einwohner 1000 je 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Hameln-Pyrmont, Lk Hameln, Stadt Aerzen, Flecken Bad Münder,Stadt Bad Pyrmont,Stadt Coppenbrügge, Fl. Emmerthal, Gem. Hess.Oldendorf, St. Salzhemmendorf, Fl. Derzeit weisen einige Städte und Gemeinden des Landkreises sehr viel Bauland aus. Häufig geschieht dies ohne ausreichende Klärung der spezifischen Nachfrage an den Standorten und ohne Abschätzung der Folgen einer Realisierung dieser Baugebiete auf das Gemeinwesen. Es entsteht zudem teilweise ein unerwünschter nachteiliger Wettbewerb zwischen den einzelnen Städten und Gemeinden des Landkreises um die gleiche bauwillige Bevölkerungsgruppe. Um dem entgegenzuwirken, ist vor allem eine nachfrage- und zielgruppenorientierte Baulandauswei- sung anzustreben; d.h., dass Baugebiete den Standortpotenzialen und dem Bedarf entsprechend auf bestimmte Zielgruppen zugeschnitten und gestaltet werden (siehe auch E 1.5 01). Der Landkreis Hameln-Pyrmont wird – wie bereits in E 1.1 02 dargestellt – bis auf absehbare Zeit eine negative Bevölkerungsentwicklung aufweisen. Daraus wird deutlich, dass sich zusätzlicher Wohnraumbedarf überwiegend aus der demographischen Veränderung (Singulari- sierung durch hohe Scheidungsrate und Zunahme älterer Menschen) sowie der stetigen Zunahme der Wohnfläche je Einwohner ergeben wird (s. Abb. 18). Dieser Bedarf lässt sich als spezifische Nachfrage bestimmter Gruppen an den von ihnen bevorzugten Standorten bestimmen. Es handelt sich also immer um eine standortbezogene Wohnraumnachfrage verschiedener Gruppen. Eine Siedlungsentwicklung kann nur dann erfolgreich gesteuert werden, wenn die tatsächlichen Prozesse erkannt, berücksichtigt und zur Steuerung genutzt werden. Wichtige Hinweise, die Nachfrage nach Wohnraum betreffend, liefert Abb. 18. Daraus geht deutlich hervor, dass es im Landkreis von 1992 bis 1998 einen kontinuierlichen nahezu parallel verlaufenden Anstieg der Wohnfläche je Einwohner (von 37,9 auf 41,0 m²) und der Wohngebäude gegeben hat, wobei die Bevölkerungszahl nahezu gleich geblieben und die Belegungsdichte entsprechend geringer geworden ist (von 2,34 auf 2,18 Einw/Whg). Demnach begründen der Anstieg der Wohnfläche je Einwohner sowie die abnehmende Belegungsdichte den bestehenden Wohnungsbaubedarf trotz abnehmender Bevölkerungszahl. Aus diesem Grunde ist es entscheidend, für die Berechnung des Wohnungsbedarfes – neben der quantitativen Bevölkerungsentwicklung – insbesondere die Wohn- und Lebensgewohnheiten der Bevölkerung und die Entwicklung der Haushaltsgrößen- und Altersstruktur zu berücksichtigen. Auf diese Weise ist auf die Gewährleistung eines bedarfsgerechten Wohnraumangebotes hinzuarbeiten. Abb. 18. Relative Wohn- und Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Hameln-Pyrmont Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, eigene Berechnungen

26 Erläuterungen

1,10 Bevölkerung 1,08 1,06 Wohngebäude 1,04 1,02 Belegungsdichte ( Einw./Whg.) 1,00 Index Wohnfläche je 0,98 Einwohner 0,96 0,94 0,92 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

Zur Grobabschätzung des Wohnungsbaubedarfes des Landkreises Hameln-Pyrmont wurde mit Hilfe einer Computersimulation ein Null-Szenario erstellt, d.h. ohne Berücksichtigung von Wanderungsbewegungen. In diesem Szenario werden Geburten- und Sterbefälle sowie der Alterungsprozess simuliert. Die Nachfrageveränderungen durch Wanderungen über die Kreis- grenzen blieben unberücksichtigt, da diese im Landkreis Hameln-Pyrmont voraussichtlich unbedeutend gering bleiben werden (vgl. E 1.1 02). Als Ausgangsdatenbasis wird die Zahl der Einwohner nach Geschlecht und Alter im Landkreis Hameln-Pyrmont am 31.12.1997 verwendet. Unter Zugrundelegung der Wohnflächenzuwachsra- te (die Wohnfläche je Einwohner wird voraussichtlich von derzeit 41 m² auf 52 m² ansteigen), errechnet sich für den Landkreis Hameln-Pyrmont für den Zeitraum von 2000 bis 2015 eine zusätzliche Nachfrage von 740.000 bis 900.000 m² Wohnfläche. Wie in Abb. 19 ersichtlich, geht die Nachfrage zunächst deutlich und anschließend kaum noch zurück. Für das Jahr 2000 errechnet sich beispielsweise eine Nachfrage von etwa 60.000 bis 70.000 m², für das Jahr 2015 liegt die Nachfrage nur noch bei 40.000 bis 45.000 m² Wohnfläche. Da ein Teil davon durch Anpassung und Erweiterung bestehender Wohnungen gewonnen werden kann, reduziert sich das erforderliche Bauland entsprechend (etwa um ein Zehntel). Eine weitere Differenzierung der Nachfrage ist auf Kreisebene nur näherungsweise möglich. Bei- spielsweise wird im Mehrfamilienhausbau nur noch in Hameln, Bad Pyrmont und bedingt Bad Münder eine über die bestehenden Reserven an Bauland hinausgehende Nachfrage gesehen. Die spezifische Nachfrage an einem bestimmten Standort ist jedoch von der jeweiligen Zielgruppe abhängig. Für die häufigste hausbauende Zielgruppe der Familiengründer lässt sich die Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern weiter eingrenzen. Aus dem Zusammenhang von Wanderungs- bewegungen und Wohnungsbau lässt sich im Landkreis eine Entwicklung von 6-8 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern je 1000 Einwohner der Altersgruppe der 25 bis 45 jährigen beschreiben. Über den gesamten Zeitraum von 2000 bis 2015 ergibt sich daraus eine Nachfrage bei Ein- und Zweifamilienhäusern von 3.700 bis 5.000 Wohnungen (s. Abb. 20). Ein nicht unerheblicher Teil dieser Nachfrage kann jedoch durch bestehende Bausubstanz gedeckt werden, da zunehmend Wohneigentum durch den Tod der Eigentümer für nachfolgende Generationen genutzt werden kann. Diese Ergebnisse sind allerdings mit einer großen Unschärfe behaftet, da auch andere Gruppen Ein- und Zweifamilienhäuser bauen und die Altersgruppe relativ groß gefasst wurde.

27 Erläuterungen

Abb. 19. Jährliche zusätzliche Nachfrage nach Wohnfläche im Landkreis Hameln-Pyrmont von 2000 bis 2015 (errechnet aus der Bevölkerungsentwicklung (ohne Wanderungen) unter Beachtung der Wohnungsflächenzuwachsrate).

Bei Neubauten sind die differierenden Grundstücksgrößen an den verschiedenen Standorten zu beachten. Sie reichten 1996 für Einfamilienhäuser je nach Standort im Landkreis von 550 bis 820 m² (ohne Erschließung). Bei der quantitativen Ermittlung des Wohnbaulandbedarfes in den einzelnen Städten und Gemeinden des Landkreises ist nachfolgendes zu berücksichtigen: Kern einer jeden Wohnraum- und Wohnbaulandermittlung ist die Feststellung der Bevölke- rungsentwicklung am Standort und soweit erforderlich in den Herkunftsgebieten der zuwandern- den Bevölkerung. Die Bevölkerungsentwicklung ist andererseits wiederum von der Arbeitsmarktsituation und der daraus folgenden Wohnungsbestandsentwicklung abhängig. Wir haben es hier demnach mit einem komplexen dynamischen System zu tun mit nicht linearen Zusammenhängen, Rückkoppelungen, etc. Für eine realistische Einschätzung der möglichen Entwicklung ist daher die Anwendung computerisierter Simulationsmodelle hilfreich. Hierbei wird die Vielfalt der möglichen Kombinationen externer Einwirkungen in ‘Szenarien’ zusam- mengefasst. Dabei kann die natürliche Bevölkerungsentwicklung, die Wohnungsbautätigkeit und die verschiedenen Wanderungsbewegungen einer Stadt oder Gemeinde teilräumig und schritt- weise bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in alternativen Szenarien prognostiziert werden. Da die Nachfrage nach einer neuen Wohnung oder einem Baugrundstück nur begrenzt hinausge- schoben werden kann, ist das Angebot möglichst zeitnah zur Nachfrage bereitzustellen.

28 Erläuterungen

Abb. 20. Jährliche zusätzliche Nachfrage nach Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern im Landkreis Hameln-Pyrmont von 2000 bis 2015 in Abhängigkeit von der Bevölkerungsentwicklung der 25- bis unter 45 jährigen (ohne Wanderungen).

E 1.5 07 Die besondere Entwicklungsaufgabe Erholung wurde an Ortsteile vergeben, die sich aufgrund ihrer Lage zu Erholungsgebieten (‘Vorsorgegebiete für Erholung’) bzw. der Vielfalt und Schönheit des Landschaftsbildes sowie der vorhandenen Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten mit entsprechender Infrastruktur besonders für die Kurzzeit- und Naherholung eignen. An diesen Standorten soll aufgrund dieser besonderen Eignung das Erholungsangebot weiter verbessert werden. Eine detailliertere Darstellung gibt E 3.8 06. Die Voraussetzungen bzw. Auswahlkriterien für die ‘Standorte mit der besonderen Entwick- lungsaufgabe Fremdenverkehr’ waren das Vorhandensein und die derzeitige Frequentierung von Tourismusseinrichtungen, Übernachtungsmöglichkeiten, Freizeitangeboten und Sehenswürdig- keiten sowie ihre Lage in reizvoller und abwechslungsreicher Landschaft. Die Standorte sollten sich zudem positiv auf die gesamte touristische Entwicklung des Landkreises auswirken. Eine detailliertere Darstellung gibt E 3.1 08.

1.6 Zentrale Orte, zentralörtliche Funktionen, Standorte mit besonderen Funktionen Das dreistufige System der Zentralen Orte – Ober-, Mittel- und Grundzentren – stellt eines der wesentlichen Instrumente zur raumordnerischen Gestaltung und Steuerung der Raum- und Siedlungsentwicklung dar. Zentrale Orte wirken als Kristallisationspunkte der Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung und dienen als Orientierungspunkte für Wirtschaft, Verwaltung und Versorgung. Durch die räumliche Bündelung zentraler, administrativer wirtschaftlicher, sozialer, medizinischer und kultureller Einrichtungen soll eine ausreichende und ausgewogene Versor- gung bei einer gleichzeitig günstigen Erreichbarkeit gewährleistet werden. Abgestimmt auf die verschiedenen Stufen werden den Zentren bestimmte Funktionen und Schwerpunktaufgaben zugewiesen, wobei Zentrale Orte höherer Stufe zugleich Versorgungsfunktionen nachrangiger Zentraler Orte wahrnehmen. Der Landkreis Hameln-Pyrmont liegt im Einzugsbereich der Oberzentren Hannover und Hildesheim (für den Bereich Bad Pyrmont wirkt sich auch das Oberzentrum Paderborn aus). Die

29 Erläuterungen

benachbarten Mittelzentren und Rinteln haben für die Städte Bad Münder und Hess. Oldendorf als Gemeinden mit grundzentraler Funktion eine nur unwesentliche Versor- gungsfunktion.

E 1.6 01-03 Im Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) 1994 wurde Hameln und Bad Pyrmont die Funktion eines Mittelzentrums zugewiesen. Die Standorte sind in der zeichnerischen Darstellung des LROP festgelegt (Kernstadtbereich). Hier sind zentrale Einrichtungen und Angebote für den gehobenen Bedarf bereitzustellen. D.h., dass die städtebauliche Entwicklung der Städte Hameln und Bad Pyrmont als Gemeinden mit mittelzentraler Funktion und die Erfüllung ihrer überge- meindlichen Aufgaben eng miteinander verknüpft sind; die Siedlungsentwicklung hat diesen übergemeindlichen Aufgaben Rechnung zu tragen. Entsprechend sind den Mittelzentren im LROP Schwerpunktaufgaben für die Sicherung und Entwicklung von Wohn- und Arbeitstätten zugewiesen worden. Das Mittelzentrum Hameln besitzt für das Versorgungs- und Dienstleistungsangebot innerhalb des Landkreises eine besondere Bedeutung: Es ist wirtschaftlicher, kultureller und geographi- scher Mittelpunkt des Landkreises, regionales Arbeitsmarkt- und Einzelhandelszentrum, Verkehrsknotenpunkt dreier Bundesstraßen, Standort von Behörden des Bundes, des Landes sowie der Kreisverwaltung. Darüber hinaus nimmt die Stadt Hameln als bedeutender Finanz- dienstleistungsstandort und weiterer Wirtschaftsunternehmen mit überregionalem Einzugsgebiet sowie einem Bildungs- und Kulturangebot, welches über die Kreisgrenzen hinaus angenommen wird, sowie mit der Weserrenaissance-Altstadt und dem Rattenfänger als internationalen und kontinentalen Werbeträger unter den benachbarten Mittelzentren im Weserraum eine herausra- gende Stellung ein. Das Mittelzentrum und Staatsbad Bad Pyrmont hat als staatlich anerkanntes Heilbad ebenfalls einen internationalen Ruf und besitzt mit seinen zahlreichen Gesundheitseinrichtungen ein umfassendes Dienstleistungsangebot; Bad Pyrmont ist ein traditioneller Krankenhausstandort von regionaler bzw. in Spezialdisziplinen von überregionaler Bedeutung. Der Kur- und Touris- musverkehr nimmt ebenfalls eine besondere Bedeutung ein; ca. 75 % aller Übernachtungen pro Jahr (ca. 1 Mio.) des gesamten Landkreises werden hier abgewickelt. Ferner ist Bad Pyrmont als Heilbad ein Standort kultureller Einrichtungen und Aktivitäten mit einem über die Stadtgrenzen hinausgehenden Einzugsgebiet. Den übrigen Städten und Gemeinden im Landkreis wird an den Zentralen Orten die Funktion eines Grundzentrums zugewiesen. Hier sind zentrale Einrichtungen und Angebote für den allgemeinen, täglichen Grundbedarf bereitzustellen. In allen sechs Grundzentren des Landkreises ist ein gutes Angebot an Dienstleitungen und Einkaufsmöglichkeiten vorhanden. Die festgeleg- ten Standorte, an denen die grundzentralen Einrichtungen bereitgestellt und gesichert werden sollen, sind aus der vorhandenen Versorgungsstruktur abgeleitet. Für den grundzentralen Standort von Hessisch Oldendorf ist darüber hinaus die Schwer- punktaufgabe „Sicherung und Entwicklung von Arbeitsstätten“ festgelegt. Auf Grund der besonderen Standortvorteile wir Nähe zum Autobahnschluss Rehren (BAB 2), der Ortsumgehung im Zuge der B 83 und eines Schienenanschlusses (DB-Strecke 372) sowie einer größeren Industriebrache ist hier eine regionale Sondersituation vorzufinden. Die räumliche Struktur des Landkreises Hameln-Pyrmont stellt sich so dar, dass jede politische Gemeinde über einen Standort mit zentralörtlicher Funktion verfügt. Damit sind die raumordne- rischen Grundvoraussetzungen zur wirtschaftlichen und infrastrukturellen Ausstattungssicherung i.S. der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen gegeben. In den festgelegten Ortsteilen befinden sich neben den administrativen auch zu einem großen Teil die sonstigen öffentlichen und privaten Einrichtungen der Daseinsvorsorge.

30 Erläuterungen

E 1.6 04 Im Bereich des Einzelhandels hat sich ein tiefgreifender Umstrukturierungsprozess in Richtung Standortkonzentration und Vergrößerung der Verkaufsflächen vollzogen; dies betrifft auch den ländlichen Raum (Handel im Wandel). Der Flächenbedarf und das durch ihren Betrieb verur- sachte Verkehrsaufkommen erschweren i.d.R. eine städtebauliche Eingliederung in bestehende Siedlungs- und Versorgungszentren. Einzelhandels-Großprojekte bevorzugen deshalb Standorte in Stadtrandnähe und im ländlichen Raum in verkehrsgünstiger Lage; sie sind auf Massenumsatz angewiesen, wofür die Käufer aus dem weiten Umland gewonnen werden müssen. Der Konzentrationsprozess im Einzelhandel hat die herkömmlichen Versorgungsstrukturen gravierend verändert. Die Folge ist, dass sich zahlreiche kleine und mittlere Betriebe im Wettbewerb um Marktanteile nicht mehr behaupten können und somit auch die flächendeckende Versorgung insbesondere der nicht mobilen Bevölkerungsanteile nachteilig beeinflusst wird. Neben diesen marktwirtschaftlichen Auswirkungen besteht die Gefahr raumstruktureller Veränderungen wie Abziehen von Kaufkraft aus benachbarten Zentren, Beeinträchtigung innerörtlicher Versorgungsstrukturen, Gefährdung städtebaulicher Entwicklungspotenziale wie sanierter Kernbereiche, Verursachung eines erhöhten Verkehrsaufkommens etc. Diese Entwicklung muss, bezogen auf die Größe, die Standorte und die angebotenen Waren aus Sicht der Raumordnung und Landesplanung differenziert betrachtet werden. Es ist nicht Aufgabe der Raumordnung, in marktwirtschaftliche Prozesse einzugreifen; jedoch ist es ihre Pflicht, Fehlentwicklungen vorzugreifen, die zur Unterversorgung von Teilräumen und damit zur Verminderung der Lebensqualität führen. Einzelhandels-Großprojekte sind die in § 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) definierten Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandels- und Handelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung nicht nur unwesentlich auswirken können. Nach der Rechtsprechung beginnt die Großflächigkeit bei etwa 700 m² Verkaufsfläche. Der Landkreis als zuständige untere Landesplanungsbehörde hat zu prüfen, ob ein geplantes Einzelhandels-Großprojekt • nach Umfang oder Zweckbestimmung der jeweiligen Stufe der zentralen Orte entspricht und • ausgeglichene Versorgungsstrukturen und die Funktionsfähigkeit des jeweiligen zentralen Ortes nicht wesentlich beeinträchtigt. Die Ansiedlung und Erweiterung großflächiger Einzelhandelsbetriebe ist mit Hilfe des geltenden Raumordnungs- und Städtebaurechts grundsätzlich steuerbar. Zentrale Bedeutung kommt dabei der städtebaulichen Vorschrift des § 11 Abs. 3 BauNVO 1990 zu, die solche Betriebe nur in Kern- oder Sondergebieten für zulässig erklärt, wenn sich diese Betriebe negativ auf die Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder die städtebauliche Entwicklung auswirken können. Diese Vorschrift kann ihre lenkende Wirkung jedoch nur dann voll entfalten, wenn klare Vorgaben der Landesplanung und Einzelhandelskonzepte der Gemeinden bestehen und konse- quent umgesetzt werden. Mit dem Ziel der Sicherung ausgeglichener Versorgungsstrukturen sollen • bestehende Bebauungspläne an die geltende Fassung des § 11 Abs. 3 BauNVO angepasst werden, • Baurechte für Einzelhandel in Gewerbe- und Industriegebieten weitgehend ausgeschlossen werden. • Baurechte für Einzelhandel im Mischgebieten möglichst dann ausgeschlossen werden, wenn die Funktion gewachsener Versorgungsfunktion beeinträchtigt wird. Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind aufgefordert, für ihr Gebiet ein Rahmenkon- zept zur Entwicklung der Einzelhandelsversorgung (Einzelhandelskonzept) aufzustellen. Dies soll als Grundlage für die bauleitplanerische Standortvorsorge, für Entscheidungen über geplante Vorhaben sowie für die notwendige regionale Abstimmung und Konsensbildung über Neuan- 31 Erläuterungen

siedlungen und Erweiterungen großflächiger Einzelhandelsprojekte dienen. Derartige Konzepte liegen z.T. bereits vor. Großflächige Einzelhandelsbetriebe an nicht integrierten Standorten, d.h. nicht im baulichen Zusammenhang mit dem Siedlungsbereich, haben negative Auswirkungen auf das System Zentraler Orte mit ihren leistungsfähigen Innenstädten bzw. Kernbereichen. Bei der Regelung des großflächigen Einzelhandels in der Regional- und Bauleitplanung wird zwischen „zentrenre- levanten“ und „nicht zentrenrelevanten“ Sortimenten unterschieden. Als „nicht zentrenrelevant“ gelten Sortimente, die wegen ihrer Größe und ihrem Flächenbedarf große Flächen in Anspruch nehmen und i.d.R. nur mit dem Auto transportiert werden können. Bei den Sortimenten handelt es sich z.B. um Möbel, Baumaterialien und -geräte, Gartenartikel, Fahrzeuge etc. Verkaufsein- richtungen mit Waren dieser Art, die nicht zur Attraktivität der Zentren (Innenstädte bzw. Kernbereiche) beitragen, sind in diesen weder sinnvoll noch erstrebenswert. In erster Linie sind Möbelmärkte und danach Bau- und Gartenmärkte neu entstanden; diese Entwicklung hält weiter an und wird sich in Zukunft hinsichtlich der Größe der neuen Vorhaben eher verschärfen. Das sog. Randsortiment derartiger Fachmärkte beinhaltet i.d.R. „zentrenrele- vante“ Angebote wie z.B. braune und weiße Ware. Der Anteil dieses Randsortimentes wird i.d.R. auf 10 % des Gesamtsortimentes beschränkt. Eine Begrenzung des Randsortimentes ist erforderlich, da dies mit dem Warenangebot der Zentren konkurriert und Kaufkraft und Attrakti- vität von diesen abzieht. Zu beachten ist hierbei, dass die Zentren vielerorts mit öffentlichen Mittel saniert worden sind, woraus sich eine weitere Verpflichtung ableitet, diese in ihrer Attraktivität und Anziehungskraft zu erhalten und zu stärken. Die Erhaltung der kleineren Geschäfte im Landkreis ist – im Interesse der Bevölkerung – anzustreben. Dies bedeutet für die Regionalplanung, dass sie einerseits bestrebt sein muss, einer Beschleunigung der Ausdünnung der Lebensmittel-Versorger entgegenzusteuern und anderer- seits, dass sie auf die Optimierung der Standorte von neuen Betrieben im Hinblick auf die unmittelbare Versorgung der wohnansässigen Bevölkerung hinwirken muss. Die kleinen Einzelhandelsbetriebe tragen hier zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität und damit zur Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse insbesondere für die weniger mobilen Bevölkerungsgruppen bei. Zur Stärkung dieser Einrichtungen ist die Bündelung mit anderen Funktionen oder eine Form von Nachbarschaftsläden zu unterstützen.

Konsensprojekt großflächiger Einzelhandel Die Stadt- und Regionalplaner der Städte des Städtenetzes EXPO-Region (Städte Celle, Hameln, Hannover, Hildesheim, Peine, Stadthagen, Nienburg/Weser und Walsrode) und die Landkreise Celle, Hameln-Pyrmont, Schaumburg, Hildeheim, Nienburg/Weser, Soltau-Fallingbostel und Peine sowie die Region Hannover und der Zweckverband Braunschweig als Träger der Regio- nalplanung haben sich unter Beteiligung der Niedersächsischen Staatskanzlei, der Bezirksregie- rung Hannover, der IHK Hannover-Hildesheim sowie weiterer Institutionen zum Forum zur Stadt- und Regionalplanung zusammengeschlossen. Ein Arbeitsschwerpunkt ist das „Konsensprojekt großflächiger Einzelhandel in der erweiterten Wirtschaftsregion Hannover“. Dessen Ziel ist es ist, die Versorgung in den Städten und Gemeinden entsprechend ihrer Größe und Funktion sicherzustel- len, die Innenstädte und Ortskerne als zentrale Einkaufslagen zu stärken, die wohnortnahe Versor- gung zu gewährleisten, Standorte für großflächige Einzelhandelsbetriebe frühzeitig mit Nachbarn abzustimmen sowie ein interkommunales Abstimmungs- und Moderationsverfahren zu erarbeiten.

1.7 Naturräume Das Gebiet des Landkreises Hameln-Pyrmont gehört zu ca. 95 % zum Naturraum „Weser- und Leinebergland“ nur ein kleiner Teilbereich südöstlich von Coppenbrügge liegt im Naturraum 32 Erläuterungen

„Börden“ (s. Abb. 21). Der Landkreis ist aufgrund der geomorphologische Vielgestaltigkeit, die sich in einem Wechsel lössbedeckter Becken und Senken und den Höhenzügen aus Kämmen, Schichtstu- fen und Hochflächen präsentiert, durch eine große landschaftliche Vielfalt gekennzeichnet. Das Relief und der geologische Aufbau spiegelt sich auch in typischen Bodenausprägungen, hydrologi- schen Merkmalen, einem spezifischen Regionalklima und entsprechenden Biotoptypen bzw. Nutzungsformen wieder. Charakteristisch für das Landschaftsbild im Landkreis Hameln-Pyrmont ist der Wechsel von landwirtschaftlich geprägten Offenlandschaften bzw. Tälern und bewaldeten Höhenzügen. Die höchsten Erhebungen treten in Ith und Süntel, die tiefsten Flächen im Wesertal auf. In weiten Teilen des Landkreises dominiert heute das Bild einer agrarisch genutzten, relativ dicht besiedelten Landschaft. Abhängig von den naturräumlichen Voraussetzungen und den jeweiligen Nutzungsformen ist das Landschaftsbild mehr oder weniger stark von den anthropogenen Einflüssen geprägt. Es finden sich nur noch vereinzelt Bereiche, die im Sinne einer traditionellen Kulturland- schaft von extensiver Nutzung und kleinflächiger Landschaftsstruktur geprägt sind (z.B. im Lipper Bergland, auf der Pyrmonter Hochfläche und am Thüster Berg).

Abb. 21. Naturräumliche Gliederung des Landkreises Hameln-Pyrmont

E 1.7 01 Die fortschreitende Intensivierung der landwirtschaftlichen Bodennutzung, der zunehmende Flächenverbrauch durch die Siedlungsentwicklung, die Zerstörungen durch den fortschreitenden Bodenabbau (v.a. Kies und Sand in der Weseraue) und die Beeinträchtigungen durch die zunehmende Freizeit- und Erholungsnutzung sowie durch Grundwasserentnahmen haben zu einer erheblichen Landschaftsbeeinträchtigung geführt. Demzufolge sind heute nur noch wenige ursprüngliche bzw. naturnahe Ökosysteme vorzufinden. Es gilt daher, die Landnutzung im Landkreis Hameln-Pyrmont nach einem System auszurichten, dass die Naturgüter dauerhaft schont bzw. die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes erhält. Dies kann langfristig nur durch den Erhalt und die Wiederherstellung eines Biotopverbundsystems erreicht werden, in dem

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naturnahe Ausprägungen der verschiedenen Biotoptypen mit erforderlichen Mindestgrößen enthalten sein müssen (s. D 2.1 02). Es ist ausschlaggebend, die Individualität der verschiedenartigen Landschaftstypen der Region mit ihrer charakteristischen Erlebniswirksamkeit zu erhalten. Zugleich müssen die Funktionen, insbesondere auch die Regenerationsfähigkeit der einzelnen Schutzgüter erhalten bzw. wieder- hergestellt werden. Grundlegende Voraussetzung dafür ist der Erhalt der Biodiversität, d.h. der naturraumtypischen Vielfalt der Arten- und Lebensgemeinschaften der Region.

E 1.7 02 Auf Grund der naturräumlichen Gegebenheiten sind im Landkreis attraktive Erholungsland- schaften vorzufinden. Durch die zunehmende Naherholungs- und Tourismusnutzung treten teilweise bereits Belastungserscheinungen auf, beispielsweise am Hohenstein. Schwerwiegende Überlastungserscheinungen durch intensive touristische Nutzung sind jedoch kaum zu beobach- ten. Von der touristischen Erschließung sind insbesondere die bewaldeten Höhenzüge (Süntel, Ith, Deister, Hamelner Stadtwald, Pyrmonter Berg) und Teilbereiche der Weseraue betroffen. In diesen Gebieten ist besonders darauf zu achten, das die für den Naturschutz wertvollen Bereiche entsprechend ihrer spezifischen Belastbarkeit durch Lenkungsmaßnahmen vor Beeinträchtigun- gen durch Erholungs- und Freizeitnutzungen gesichert werden. In einigen Gebieten ist hierzu eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit erforderlich. Das RROP wird diesem Ziel durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorsorgegebieten für Natur und Landschaft sowie für Erholung gerecht.

E 1.7 03 Im ‘Weser- und Leinebergland‘ liegen nicht nur wertvolle, gut ausgeprägte Magerrasen mit Orchideen und Enzianen, deren Bestände durch Verbuschung und Nährstoffeintrag zunehmend gefährdet sind, sondern auch für den Naturschutz z.T. landesweit bedeutsame Feuchtbiotope und Fließgewässer. Daher sind die zum Teil bereits bestehenden Pflegekonzepte weiter fortzuführen.

1.8 Vorranggebiete und Vorrangstandorte Eine nähere Erläuterung der verschiedenen Vorranggebiete und Vorrangstandorte erfolgt in den betreffenden Fachkapiteln.

1.9 Vorsorgegebiete Eine nähere Erläuterung der verschiedenen Vorsorgegebiete erfolgt in den betreffenden Fach- kapiteln.

34 Erläuterungen

35 Erläuterungen

2 Schutz, Pflege und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Kulturlandschaften und der kulturellen Sachgüter

2.0 Umweltschutz allgemein Die meisten raumbeanspruchenden Planungen und Maßnahmen greifen in den Naturhaushalt ein und verändern und beeinträchtigen dadurch sein Wirkungsgefüge; diese müssen sich daher an ökologischen Kriterien orientieren, um so den nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu erreichen, da die Stoffkreisläufe und die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes die Lebensgrundlage für Mensch und Natur darstellen. Eine vorsorgende räumliche Planung, die auf den Schutz von Leben und Gesundheit der Menschen sowie der natürlichen Lebensgrundlagen (Luft, Wasser, Boden, Pflanzen- und Tierwelt) im Landkreis ausgerichtet ist, soll dazu beitragen, dass Umweltbelastungen und -risiken gar nicht erst entstehen oder auf ein unvermeidbares Minimum reduziert werden. Die Grenze, die im Interesse der jetzt lebenden Menschen und der künftigen Generationen nicht überschritten werden darf, muss bei der Abwägung einander widersprechender öffentlicher Belange und bei Entscheidungen über Nutzungskonflikte in jedem Einzelfall bestimmt werden. Die Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit gilt hierbei als Orientierungsmaßstab.

E 2.0 02 s. E 2.1 10.

E 2.0 05 Der Landkreis Hameln-Pyrmont hat sich bereits 1996 der Europäischen Kampagne für zukunfts- beständige Städte und Gemeinden angeschlossen und ist damit eine Selbstverpflichtung zur Umsetzung der Ziele der Agenda 21 eingegangen. In den Beschlüssen der Konferenz der Vereinigten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio (Kapitel 28: Lokale Agenda 21) werden die Kommunen aufgefordert, im Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft, Aktionspläne und Lösungsmöglich- keiten zu entwickeln und umzusetzen, die auf eine Verbesserung der Umweltsituation hinwirken. Die Lokale Agenda 21 beschränkt sich nicht auf die traditionellen Handlungsfelder wie Klima- schutz, Gewässerschutz, Bodenschutz und Artenschutz, sondern fordert die Einbeziehung der sozialen, wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Dimensionen. Als Themenfelder der Lokalen Agenda 21 sind zu nennen: • Energie und Klimaschutz • Verkehr • Umwelt und Wirtschaft • Natur und Landschaft • Wasserhaushalt und Bodenschutz • Luftreinhaltung und Lärm • Umweltbildung und Öffentlichkeitsbeteiligung Die Koordination und Akzeptanz der über die verschiedensten Themenbereiche gestreuten Handlungsfelder, ist durch breite aktive Beteiligung (z.B. Runde Tische) und die Einrichtung einer verwaltungsinternen Koordinierungsstelle zu erreichen. Ebenso wichtig ist die Zusammen- arbeit der kreisangehörigen Kommunen, um eine regionale Identität zu entwickeln. Für die Umsetzung und Erfolgskontrolle der Lokalen Agenda 21-Ziele ist die Aufstellung eines langfris-

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tigen Handlungsprogramms mit messbaren Zielen geeignet (z.B. Umweltbelastungsindikatoren wie Materialentnahme, Primärenergieverbrauch, Wasserentnahme, Flächennutzung etc.). Zurzeit laufen nur in den Städten Hameln und Hessisch Oldendorf Lokale Agenda 21-Prozesse. Es ist vorgesehen, den Agenda-Prozess in ein Stadtentwicklungskonzept zu integrieren. In der Stadt Hameln wurde die Lokale Agenda 21 bereits 1996 von der Kommunalverwaltung und den Fraktionen initiiert (Ratsbeschluss am 12.06.1996) Zur Erarbeitung des Prozesses wurden drei Arbeitskreise gebildet mit den Themenschwerpunkten: CO 2-Reduzierung, Verkehr sowie Natur und Wasser. Es konnten bereits konkrete Projekte realisiert werden; insbesondere Programme und Projekte für Kinder und Jugendliche in Schulen (z.B. zur Energieeinsparung) sowie im Bereich Bauen und Wohnen (z.B. Regenwasserrückhaltung etc.) und Natur und Landschaft. Die Weitergabe des Agenda-Gedankens an die breite Öffentlichkeit erweist sich jedoch als schwierig, vor allem hinsichtlich der Beteiligung der Bevölkerung. Die Erarbeitung und Umsetzung der Lokalen Agenda 21 wird zudem durch Informationsdefizite, Finanzknapp- heit und Personalmangel erschwert und gehemmt. Es sind daher vor allem Anstrengungen erforderlich, neue Mitwirkende für den Agenda-Prozess zu gewinnen, um eine breitere Basis zu schaffen.

2.1 Naturschutz und Landschaftspflege

E 2.1 01 Der Mensch hat die natürliche Umwelt geprägt und durch die von ihm bewirkten Veränderungen eine Kulturlandschaft entstehen lassen, in der nur noch wenige weitgehend unbeeinflusste Landschaftsteile erhalten sind. Naturschutz und Landschaftspflege gehen deshalb auch nicht von der unberührten Natur aus, sondern von einer vielfältigen Kulturlandschaft, die von Resten mehr oder minder unveränderter Natur durchsetzt ist. Eine an ökologischen Maßstäben ausgerichtete Nutzung unserer Kulturlandschaft und die Erhaltung und Entwicklung der verbliebenen naturbe- tonten Landschaftsteile bietet eine Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, die Pflanzen- und Tierwelt mit ihren Lebensräumen sowie Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft nachhaltig zu sichern und zu entwickeln. Die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen bildet die Voraussetzung für die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines intakten Naturhaushaltes. Für einen Teil der erhaltenswerten Gebiete und Objekte sind über den eigentlichen Schutz hinaus bestimmte Maßnahmen zur Herstellung oder Entwicklung des jeweils angestrebten Zustandes notwendig. Teilweise genügen Erstinstandsetzungsmaßnahmen (z.B. Entwässerungen unterbin- den, Abwassereinleitungen abstellen, Wegeverbindungen aufheben oder Nachpflanzungen vornehmen), in anderen Fällen sind extensive Bewirtschaftungsformen oder Dauerpflegemaß- nahmen erforderlich: z.B. Feuchtgrünland, Halbtrocken- und Magerrasen sowie Nieder-, Mittel- und Hudewälder. Beispiele für gegenwärtig laufende Pflegemaßnahmen sind die Extensivbewei- dung und Mahd der Magerrasen am Südhang des Thüster Berges, am Nordhang des Düths und am Kalkofen in Hameln, jährliche Mahd der Borstgrasrasen am Scharfenberg bei Emmerthal, regelmäßige Mahd der Salbeiwiese am Rebenstein sowie Handmahd des Kalkquellsumpfes bei Ockensen. Die Landschaftsrahmenpläne liefern anhand der flächendeckenden Erfassung und Beschreibung von Biotoptypen und Biotopkomplexen eine detaillierte Darstellung und Bewertung des Zustandes von Natur und Landschaft im Landkreis Hameln-Pyrmont. Die Schutzbedürftigkeit verschiedener Biotoptypen ist abhängig von ihrer Verbreitung und Seltenheit im Kreisgebiet, von ihrer Naturnähe sowie von der Regenerierbarkeit des Biotoptyps. Auch strukturreichen Siedlungen und Siedlungsrändern kommt eine besondere Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz zu. Hervorzuheben sind Siedlungen, die in größeren Teilbereichen alte Baumbestände aufweisen oder durch alte Bausubstanz (landwirtschaftliche Höfe, Gutshöfe,

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Kirchen etc.) und andere naturnahe Grünstrukturen wie Obstwiesen, alte Friedhöfe, Bauerngär- ten usw. geprägt sind (Beispiele s. E 2.6 02). Dieser Strukturreichtum lässt Vorkommen von Fledermausarten, siedlungstypischen Vogelarten, Pflanzenarten der dörfliche Ruderalflora etc. erwarten. Siedlungen, die von strukturarmen (Neu-)Baugebieten sowie naturfernen Gärten und Grünanlagen (Grünflächen mit hoher Pflegeintensität, Sportanlagen, Scherrasen, standortfremde Gehölze etc.) eingenommen werden, haben dagegen eine überwiegend geringe Bedeutung für den Naturschutz.

E 2.1 02 Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war auch im Landkreis Hameln-Pyrmont noch ein intensiver Biotopverbund gegeben. Ein dichtes Netz von Hecken schloss sich nahezu lückenlos an Feldge- hölze, Baumreihen und Wälder an. Auch Bäche, Flüsse, Kleingewässer und Seen bildeten ein Netz, dass den an diese Standorte angepassten Tierarten eine fast uneingeschränkte Wanderung ermöglichte. Die zunehmenden Beeinträchtigungen und Zerstörungen der Natur, verursacht durch die Intensivierung der anthropogenen Nutzungen, haben diesen Biotopverbund zerstört und damit einerseits zu einer teilweisen Ausräumung der Landschaft und andererseits zu einer Verinselung von Landschaftselementen geführt. Mit der Wiederherstellung eines Biotopverbundsystems wird versucht, verschiedene Populatio- nen miteinander zu vernetzen, um den durch die Ausräumung und Verinselung der Landschaft hervorgerufenen Artenschwund von Flora und Fauna aufzuhalten. Ein wirksames Biotopver- bundsystem erfordert neben dem Erhalt bzw. der Wiederherstellung großflächiger ungestörter naturnaher Gebiete als stabile Dauerlebensräume das Vorhandensein von kleineren naturnahen Biotopen bzw. Kleinstrukturen als Rückzugs- und Regenerationsräume (z.B. Feldgehölze und Kleingewässer) sowie als Wanderleitlinien (z.B. Hecken, Baumreihen und Bäche) in ausreichen- der Dichte. Die kleinen naturnahen Biotope dienen damit als Trittsteine zwischen den größeren Inseln. Mit einem Biotopverbundsystem wird der Erhalt bzw. die Wiederherstellung des dynamischen Gleichgewichtes der Ökosysteme und des genetischen Austausches zwischen unterschiedlichen Populationen angestrebt. Da verschiedene Arten auf unterschiedliche Vernet- zungsmöglichkeiten angewiesen sind, ist die Vernetzung jeweils gleicher Biotoptypen nicht ausreichend. Aus diesem Grunde ist es wichtig, die Vielgestaltigkeit der Landschaft zu erhalten. Jeder Landschaftstyp erfordert ein individuell auf seinen Lebensraum abgestimmtes Biotopver- bundsystem, das den dort typischen Pflanzengesellschaften und Tierpopulationen einen geeigne- ten Lebensraum bietet. Beispiele für gut strukturierte Landschaftsteile stellen die als ‘Kulturelles Sachgut‘ ausgewiesenen Heckenlandschaften dar (s. E 2.6 01). Die Wiederherstellung eines Biotopverbundes ist vor allem in den ausgeräumten strukturarmen Ackergebieten, die als ‘Gebiete zur Verbesserung des Landschaftsstruktur und des Naturhaushal- tes‘ festgelegt wurden, von großer Bedeutung. Ein unverändertes Problem ist jedoch, dass dem Erhalt und der Wiederherstellung eines Biotop- verbundsystems eine gleichbleibende bzw. verstärkte Belastung auf den übrigen Flächen (dem Großteil der Gesamtfläche) gegenüber steht: Qualitätsverschlechterungen von Boden, Wasser, Luft und Klima durch Schadstoffeinträge sowie eine Zunahme von Wanderbarrieren wie Straßen, Siedlungsflächen und großflächig intensiv genutzte Ackerflächen, die die Austausch- und Wanderungsprozesse erschweren. Mit den unten genannten Förderprogrammen des Landkreises stehen für bestimmte Maßnahmen Mittel zur Verfügung, die die Umsetzung unterstützen und vorantreiben sollen. Förderprogramme des Landkreises: • Heckenschutz- und Anpflanzungsprogramm • Ackerrandstreifenprogramm • Gewässerrandstreifenprogramm • Extensivierungsprogramm bei Trockenrasen und Feuchtwiesen

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In Siedlungsbereichen sollte der Strukturreichtum durch Kommunale Baumschutzsatzungen gesichert werden. Darüber hinaus sollten die Städte und Gemeinden verstärkt von der Möglich- keit des § 28 NNatG Gebrauch machen und in eigener Zuständigkeit Satzungen über geschützte Landschaftsteile erlassen, die das Orts- und Landschaftsbild gliedern, zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes beitragen und das Kleinklima verbessern.

E 2.1 03 Das Landschaftsbild entsteht durch die sinnliche Wahrnehmung des Betrachters. Neben dem visuellen Erscheinungsbild gehören dazu auch charakteristische Geräusche und Gerüche. Kultur- und naturhistorische Besonderheiten prägen die Eigenart einer Landschaft ebenso wie die Gestalt der Siedlungsränder und ihre visuelle Wirkung auf die umgebende Landschaft. Das Landschaftsbild im Planungsraum ist charakterisiert durch einen stetigen Wechsel zwischen den weiten Offenlandschaften der Talräume (mit Ausprägungen von ausgeräumter Ackerland- schaft bis strukturreicher Kulturlandschaft) und den zusammenhängend bewaldeten Höhenzügen des Weser- und Leineberglandes. – Eine detailliertere Beschreibung des Landschaftsbildes ist den Landschaftsrahmenplänen zu entnehmen. Der Erhalt und die Entwicklung der Vielgestaltigkeit der charakteristischen Kulturlandschaft gilt als Aufgabe der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft. (s. auch D/E 2.1 02)

E 2.1 04 Zur Existenzsicherung vieler Tier- und Pflanzengesellschaften ist ein ausreichend großer ungestörter Lebensraum erforderlich. Daher ist es besonders wichtig, die wenigen noch vorhan- denen großflächigen naturnahen Räume im Landkreis vor der Zerschneidung durch Verkehrs- und Leitungstrassen zu schützen. Auch im Hinblick auf die Erholung der Bevölkerung ist es wichtig, großflächige, unzerschnittene Räume zu erhalten. Es sollten unzerschnittene Räume auch über die Grenzen des Landkreises hinweg berücksichtigt werden.

E 2.1 05 Bei raumbedeutsamen, umweltrelevanten Vorhaben wird es – trotz vorgeschriebener Umwelt- verträglichkeitsprüfungen – auch künftig zu Entscheidungen kommen, die den Zielvorstellungen des Naturschutzes nicht entsprechen. In solchen Fällen soll durch Planungsalternativen die Nutzung ökologisch verträglich gestaltet werden, so dass in Verbindung mit der naturschutzge- setzlichen Eingriffsregelung die Summe der Naturgüter qualitativ erhalten werden kann. Die geänderte Naturschutzgesetzgebung zur Eingriffsregelung ermöglicht den Kommunen, die Einrichtung eines Ökokontos, in dem von Ihnen durchgeführte Naturschutzmaßnahmen gutge- schrieben und im Falle erforderlicher Ersatzmaßen als solche herangezogen werden können. Allgemeine Zielsetzung der Ökokonten bzw. Flächenpools ist es, den erforderlichen Kompensa- tionsbedarf im Rahmen der Bauleitplanung oder anderer Fachplanungen, z.B. Straßenbaumaß- nahmen, nach naturschutzfachlichen Entwicklungszielen zu ordnen und zu steuern. Durch die Einrichtung von Ökokonten lassen sich die Zielsetzungen der kommunalen Bauleitplanung (Bereitstellung kostengünstigen Baulandes durch Reduzierung der Grünfestsetzungen innerhalb des Baugebietes auf das städtebaulich und landschaftsplanerisch verträgliche Maß sowie die Verlagerung eines Teils der Kompensationsmaßnahmen in die freie Landschaft) mit denen des Naturschutzes (Entwicklung zusammenhängender wertvoller Naturräume sowie Schutz ökolo- gisch wertvoller Biotoptypen durch Anlage von Pufferzonen) sinnvoll verknüpfen. Für zukünftige Kompensationsmaßnahmen ist es daher sinnvoll, bereits in Flächennutzungsplä- nen potenzielle Gebiete auszuweisen. Voraussetzung ist hier auch eine qualifizierte Landschafts- planung der Gemeinden. Beispielhaft ist hierfür das Vorgehen der Stadt Hameln, die bereits für Kompensationsmaßnahmen geeignete Gebiete im Hinblick auf die Einrichtung eines Ökokontos vorgeschlagen hat. 39 Erläuterungen

Für das Stadtgebiet von Hameln basieren die ‘Gebiete zur Verbesserungsstruktur und des Naturhaushaltes’ auf den für das Ökokonto vorgeschlagenen Flächen. Es sind überwiegend Gebiete mit hohem Entwicklungspotenzial und schützenswerten Biotopen. Im übrigen Kreisgebiet handelt es sich bei den ‘Gebieten zur Verbesserung der Landschafts- struktur und des Naturhaushaltes’ um Bereiche, die aufgrund intensiver anthropogener Nutzung stark beeinträchtigt sind, so dass die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes deutlich einge- schränkt ist und die Attraktivität des Landschaftsbildes gering ist. Es sind überwiegend ausge- räumte Ackerlandschaften. Mit geeigneten Maßnahmen sollen diese Gebiete wieder aufgewertet bzw. zunächst weitere Verschlechterungen verhindert werden. Als geeignete Instrumente können hier Kompensationsmaßnahmen und die Förderprogramme des Landkreises genutzt werden. Bei den ‘Gebieten zur Verbesserung der Landschaftsstruktur und des Naturhaushaltes’ im Landkreis handelt es sich um die ausgeräumten strukturarmen Ackergebiete • zwischen Lauenstein, Hemmendorf und Oldendorf, • im Bereich der Pyrmonter Bergdörfer, • im Talraum der Weser westlich von Hess. Oldendorf sowie südlich von Latferde bei Hajen, • im Talraum der Humme zwischen Reher und Klein Berkel, • zwischen Hamelspringe, Bakede und Eimbeckhausen • sowie zwischen Hachmühlen, Hasperde und Herkensen. In diesen Gebieten (s. auch zeichnerische Darstellung) ist ein System miteinander in Verbindung stehender linien- und flächenhafter Kleinstrukturen mit ökologischem Wert wiederherzustellen. Weitere für die Entwicklung im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen geeignete Bereiche sind Flächen mit besonderem ökologischem Entwicklungspotenzial. Hierfür kommen im Wesentlichen die Gley- und Auenböden des Weser- und Emmertals sowie die Bachniederungen von Humme, Hamel, Remte, Saale, Ilse und einiger weiterer Bäche in Betracht. Weiterhin bieten Ackerflächen auf flachgründigen, trocken-warmen Sonderstandorten (u.a. im Raum Börry/ Esperde, bei Grießem und auf der Pyrmonter Hochebene) sowie Wasserschutzgebiete – wie im WSG Hameln-Süd bereits geplant – geeignete Entwicklungsräume.

E 2.1 10 Zum Erhalt der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes ist die Sicherung noch erhaltener naturraumtypischer Ökosysteme (s.u.) vorrangig, die als Lebensraum seltener und bedrohter Pflanzen- und Tierarten und ihrer Gesellschaften besonders wertvoll sind. Diese besonders wertvollen Bereiche werden zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in der zeichnerischen Darstellung als ‘Vorranggebiete für Natur und Landschaft’ festgelegt. Dazu gehören die Vorschläge zum Schutzgebietssystem Natura 2000 (FFH-Gebietsvorschläge), die bereits ausgewiesenen Naturschutzgebiete sowie als Naturschutzgebiete geeignete Bereiche, Natur- denkmale flächenhafter Ausprägung und die Auen der Hauptgewässer des Niedersächsischen Fließgewässerschutzsystems (Saale und Waltershagener Bach) sowie weitere naturnahe Bachab- schnitte. Auch die gemäß § 28a/b NNatG besonders geschützten Biotope gelten als ‘Vorrangge- biete für Natur und Landschaft‘. Die europäischen Bestrebungen, im Rahmen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) ein europaweit vernetztes ökologisches Schutzgebietssystem zu installieren, werden durch die Festlegung der drei vorgeschlagenen FFH-Gebiete (‘Emmer’, ‘Süntel, Wesergebirge, Deister’ und ‘Ith’) als ‘Vorranggebiete für Natur und Landschaft’ unterstützt. Die in der zeichnerischen Darstellung enthaltenen Vorranggebiete für Natur und Landschaft bewirken keine Beeinträchtigung bestehender Nutzungen in den entsprechenden Gebieten. Im Landkreis Hameln-Pyrmont sind 20 Naturschutzgebiete mit einer Größe von insgesamt ca. 2792 ha ausgewiesen. Die Gebiete sind in Tab 1 aufgeführt. Es liegen ca. 3,4 % der Landkreis- fläche in Naturschutzgebieten. Der Landkreis liegt damit etwas über dem Landesdurchschnitt von etwa 3 %.

40 Erläuterungen

Tab. 4: Ausgewiesene Naturschutzgebiete im Landkreis Hameln-Pyrmont (Stand: Januar 2000) Nummer Bezeichnung Größe in ha 1 NSG HA 2 Hohenstein 915,5 NSG HA 15 Schweineberg 169,1 NSG HA 20 Heineberg 13,1 NSG HA 25 Saupark 2 683,7 NSG HA 58 Rinderweide 6,5 NSG HA 71 Kalkofen 3,2 NSG HA 72 Töneböns Teiche 28,0 NSG HA 91 St. Avold 8,1 NSG HA 92 Alte Teichanlage an der Rinderweide 4,8 NSG HA 97 Naturwald Saubrink/ Oberberg 241,9 NSG HA 117 Im Heidsieke 8,0 NSG HA 124 Walterbachtal 2 5,6 NSG HA 128 Auf Kuhlmannsberge 6,7 NSG HA 140 Südhang des Thüster Berges 59,1 NSG HA 146 Nagelbrink 2,7 NSG HA 163 Tonstich bei Goldbeck 2 3,4 NSG HA 167 Tiefe Sohle 2 1,1 NSG HA 169 Sollberg 15,3 NSG HA 171 Emmertal 586,9 NSG HA 186 Beberbach-Humme-Niederung 229,7 Summe: 2.792,4

Erläuterungen: 1 Bei landkreisübergreifenden Schutzgebieten wird nur der Flächenanteil angegeben, der sich innerhalb des Landkreises Hameln-Pyrmont befindet. 2 Gebiet liegt mit Teilflächen im angrenzenden Landkreis.

Den überwiegenden Teil aller Flächen mit sehr hoher Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz bilden naturnahe Wälder mit hohem Altholzanteil. Nahezu jeder Bergzug des Kreisgebietes weist größere Anteile derartiger Altholzbestände auf. Die größten naturnahen Waldbestände befinden sich in Süntel und Ith. Von vergleichbarer Wertigkeit sind auch einige nur noch kleinflächig vorkommen- de Wälder auf trocken-warmen sowie auf nassen Extremstandorten (z.B. am Thüster Berg). Auch viele Fließgewässer einschließlich ihrer Auen im Landkreis, insbesondere die naturnahen, durch Wald verlaufenden Oberläufe und Quellbereiche der Bäche, haben eine herausragende Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz sowie als gliedernde und belebende Teile der Land- schaft. Im Landkreis sind von den naturnahen Bachabschnitten – ergänzend zu den Gewässern des Nds. Fließgewässerschutzsystems – neben der Emmer vor allem die Hamel und ihre Nebenbäche mit angrenzendem Feuchtgrünland und Sümpfen, die Remte sowie Goldbach, Humme und Beberbach sowie die zahlreichen Quellbereiche im Süntel als ‘Vorranggebiete für Natur und Landschaft‘ zu nennen. Weiterhin weisen großflächige Magerrasengebiete eine z.T. überregionale Bedeutung und Schutzbe- dürftigkeit auf: vor allem am Südhang des Thüster Berges, Südostbereiche des Ith bei Wallensen, im Raum Bad Pyrmont bei Grießem, im Bereich der Pyrmonter Bergdörfer sowie an Düth, Kalkofen und Liethberg. Neben diesen hier genannten Biotopkomplexen gibt es im Kreisgebiet eine Reihe kleinflächiger Bereiche bzw. Objekte mit hoher Wertigkeit für den Arten- und Biotopschutz: die gemäß § 28a/b NNatG besonders geschützten Biotope (ca. 1700 wurden z.Z. im Landkreis und ca. 100 im Hamelner Stadtgebiet von der jeweiligen UNB erfasst). Hierunter fallen insbesondere kleine naturnahe Stillgewässer und Sümpfe, Quellbereiche, kleine Fließgewässer, Feuchtgebüsche, Magerrasen, einzelne Felsen und Erdfälle. Diese gemäß § 28a/b NNatG besonders geschützten Biotope liegen überwiegend innerhalb von ‘Vorranggebieten für Natur und Landschaft’. Außerhalb geschlossener ‘Vorranggebiete für Natur und Landschaft‘ liegende gemäß § 28a/b NNatG besonders geschützte 41 Erläuterungen

Biotope, konnten aufgrund zu geringer Ausdehnung nicht dargestellt werden. Die Ausweisung der ‘Vorranggebiete für Natur und Landschaft’ schließt in diesen Gebieten den Naturschutzinteressen entgegenstehende raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen aus; diese müssen hier mit den Erfordernissen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar sein. Mit diesem Instrument sollen demnach alle seltenen schützenswerten Biotoptypen vor nutzungsbedingten Beeinträchtigun- gen und Zerstörungen geschützt werden. Auch der Schutz erhaltenswerter geowissenschaftlicher Objekte gehört zur Aufgabe des Naturschutzes. Geowissenschaftlich erhaltenswerte Objekte (Geotope) werden jedoch häufig erst durch den Bodenabbau neu aufgeschlossen und bekannt. In diesen Fällen kann erst gegen Ende des Abbaus sachgerecht festgelegt werden, durch welche Maßnahmen bzw. welche Folgenutzung schutzwürdige Geotope erhalten werden können. Beispiele im Landkreis sind der nördliche Bereich des Ithkammes, der Kamm des Thüster Berges, das Gebiet des Hohenstein, der Wasserbaum südlich von Ockensen, mehrere Felsformationen am nordöstlichen Ith (Hohenstein) sowie der Düth als quartärer Schmelzwasserberg.

E 2.1 11 Tab. 5: Ausgewiesene Landschaftsschutzgebiete im Landkreis Hameln-Pyrmont (Stand: Januar 2000) 2000) Bezeichnung Größe in ha Nummer LSG HM 1/ HM-S 1 Westlich des Schecken 428,1 LSG HM 2/ HM-S 2 Hameltal 274,3 LSG HM 4 Saaletal 101,0 LSG HM 7 Park Sophienhof 2,0 LSG HM 8/ HM-S 3 Hummetal 260,1 LSG HM 9/ HM-S 4 Remtetal 124,2 LSG HM 10 Beberbachtal 7,9 LSG HM 11 Lammergrund 11,6 LSG HM 13 Pulvermühle 6,1 LSG HM 20 Kanstein-Thüster Berg 673,8 LSG HM 21 Emmertal 2.314,0 LSG HM 24 Süntel 2.878,9 LSG HM 26 Hessisch Oldendorfer Wesertal / Nord 2.788,7 LSG HM 27 Hessisch Oldendorfer Wesertal / Mitte 1.034,5 LSG HM 28 Hessisch Oldendorfer Wesertal / Süd 1.578,2 LSG HM 29/ HM-S 9 Hamelner Fischbecker Wälder und Randbereiche 2.719,8 LSG HM 30 Ith 3.533,9 LSG HM 31 Süd-Deister 2.238,5 LSG HM 32 Osterwald-Saupark 1.609,7 LSG HM 33/ HM-S 10 Wesertal 1.346,3 LSG HM 34 Eichberg 257,9 LSG HM 35/ HM-S 11 Schecken 1.200,0 LSG HM 36 Kirchberg / Mosterholz 144,8 LSG HM 37 Böbberbachniederung 86,3 LSG HM 38 Neersener Bergland 282,9 LSG HM-S 5 Dütberg 40,1 LSG HM-S 6 Süntel 303,8 LSG HM-S 7 Töneböns Teiche 30,4 LSG HM-S 8 Hamelner Stadtforsten 680,4 Summe: 27.958,2 Die in der zeichnerischen Darstellung ausgewiesenen ‘Vorsorgegebiete für Natur und Land- schaft’ sind unter Berücksichtigung der Ergebnisse der aktuellen Landschaftsrahmenpläne des Landkreises und der Stadt Hameln abgegrenzt.

42 Erläuterungen

Als ‘Vorsorgegebiete für Natur und Landschaft’ sind vorhandene und geplante Landschafts- schutzgebiete, die häufig als Pufferbereiche für Naturschutzgebiete dienen sowie geschützte Landschaftsbestandteile flächenhafter Ausprägung festgelegt. Zudem ist die Weser als Verbindungsgewässer des Niedersächsischen Fließgewässersystems als ‘Vorsorgegebiet für Natur und Landschaft’ dargestellt. Ihre Wasserqualität und Biotopstrukturen müssen Mindestanforderungen genügen, damit keine unüberwindbaren Hindernisse für wan- dernde oder sich ausbreitende Tier- und Pflanzenarten bestehen. Im Landkreis Hameln-Pyrmont sind 29 Landschaftsschutzgebiete mit einer Größe von insgesamt ca. 30.956 ha festgelegt. Sie nehmen ca. 36 % der gesamten Kreisfläche ein. Der Landkreis liegt damit deutlich über dem Landesdurchschnitt von ca. 21,3 %.

2.2 Bodenschutz Aufgrund des Querschnittscharakters des Bodenschutzes sind relevante Ziele bereits in anderen Kapiteln des Programmes abgehandelt. Die besondere Bedeutung des Bodenschutzes wurde in den letzten Jahren herausgestellt, was sich im Erlass eines Bundes-Bodenschutzgesetzes zeigt. Der Boden ist Teil der natürlichen Lebensgrundlage für Pflanzen, Tiere und den Menschen. Zusammen mit Luft, Wasser und Sonnenlicht bildet er die Basis allen Lebens. Der Boden hat eine Vielzahl von Funktionen zu erfüllen: 1. Natürliche Funktionen als • Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen, • Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen (z.B. Grundwasserspeicher), • Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter- , Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grund- wassers, 2. Nutzungsfunktionen als • Rohstofflagerstätte (Bodenschätze und Energiequellen), • Fläche für Siedlung und Erholung, • Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung (Produktionsgrundlage für die Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln sowie von nachwachsenden Rohstoffen), • Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Ent- sorgung (BBodSchG). 3. Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte

Aus diesen unterschiedlichen Funktionen und Nutzungen des Bodens resultieren zum Teil erhebliche Belastungen und Veränderungen, die sich auch auf andere Teilbereiche unserer Umwelt auswirken. Stoffeinträge aus den verschiedensten Quellen, Änderungen der Bodenbe- wirtschaftung in Landwirtschaft und Gartenbau sowie wachsender Bedarf an Siedlungs- und Infrastrukturflächen zeigen, dass ohne notwendige Korrekturen der bestehenden Belastungen und insbesondere ohne Vermeidung bzw. deutliche Verminderung weiterer Beeinträchtigungen, der Boden in seinen Funktionen und Potenzialen erheblich geschädigt wird. Bodenschutz darf nicht nur die Abwehr von Beeinträchtigungen des Bodens bedeuten, sondern muss auch die Vorsorge umfassen, damit Beeinträchtigungen erst gar nicht entstehen. Im Zusammenhang mit der Entwicklung der räumlichen Struktur des Landes umfasst Bodenschutz auch die Pflege und Entwicklung im Sinne eines Gestaltens, Verbesserns und Wiederherstellens. Nur wenn der Umgang mit dem Boden als Schutzgut in diesem umfassenden Sinne verstanden wird, kann er in seinen vielfältigen Funktionen auf Dauer geschützt werden.

43 Erläuterungen

Grundlage der Zielaussagen sind die vom Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung durchgeführte flächendeckende Kartierung der Böden und ihrer Eigenschaften – festgehalten im Niedersächsischen Bodeninformationssystem (NIBIS) – sowie die Landschaftsrahmenpläne.

E 2.2 01 Im Landkreis Hameln-Pyrmont werden 11 % der Gesamtfläche von Siedlung und Verkehr in Anspruch genommen. Der Landkreis liegt damit etwas unter dem Landesdurchschnitt von 11,7 %. Die ländlich geprägten Gemeinden des Landkreises weisen mit 9 % einen unterdurch- schnittlichen Anteil von Siedlungs- und Verkehrsflächen auf. In den verstädterten Gemeinden (Hameln, Bad Pyrmont, Hess. Oldendorf und Bad Münder) liegt der Anteil teilweise deutlich höher. Auch der Versiegelungsgrad der Siedlungs- und Verkehrsflächen variiert sehr stark. Er reicht von weniger als 30 % in Kleinsiedlungsgebieten bis zu 90 % in hochverdichteten Innen- stadtbereichen.

Die Flächeninanspruchnahme durch Siedlung und Verkehr führt dort zum Verlust der vielfälti- gen Funktionen des Bodens als Lebensgrundlage und Bestandteil des Naturhaushaltes. Die ‘gewachsenen’ Böden werden zum größten Teil beseitigt, verlagert, verdichtet und versiegelt. Es muss das Ziel sein, diese Flächeninanspruchnahme zu minimieren und wenn möglich vorhande- ne Bodenversiegelungen zurückzubauen.

E 2.2 06 Bodenverdichtung und Bodenerosion sind Folgen unsachgemäßer Bodenbearbeitung und mangelnder Bodenpflege: Bodenverdichtungen entstehen durch hohen Belastungsdruck bei der Bearbeitung des Bodens mit schweren landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten (insbesondere nach hohen Nieder- schlägen). Die Folge sind Strukturschäden der Böden, die eine Beeinträchtigung der Bodenfunk- tionen nach sich ziehen. Betroffen sind der Bodenwasserhaushalt (Verringerung der Wasserspei- cherung und Wasserleitfähigkeit), die Grundwasserneubildung (Verminderung durch erhöhten Oberflächenabfluss), der Landschaftswasserhaushalt (Wasserrückhaltung, Filter- und Speicher- funktion), die Behinderung des Gasaustausches zwischen Boden und Atmosphäre sowie die Beeinträchtigung der Bodenorganismen. Das Verdichten des Bodens ist daher zu vermeiden, wobei festgestellt werden muss, dass im Landkreis Hameln-Pyrmont insbesondere dem Anbau von Zuckerrüben eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Im Kreisgebiet ist die Gefahr der Bodenverdichtung besonders hoch, da die Ackernutzung zum großen Teil gerade auf den strukturlabilen Böden erfolgt. Besondere Belastungen werden durch den Anbau so genannter ‘Risikofrüchte’ hervorgerufen, mit deren Kultur besonders intensive Bodenbearbeitung einhergeht (Mais und Hackfrüchte). Der Anbau dieser Kulturen ist dement- sprechend auf den stark verdichtungsempfindlichen Böden zu vermeiden. Die Verdichtungsempfindlichkeit der Mineralböden ist auf 15 % des Plangebietes ‘äußerst hoch’ (NLFB 1996). Hierzu gehören tonige Schluffe der Auen (Gleye im Wesertal und Nebentäler) und der Lössgebiete (Pseudogleye) insbesondere am Südwesthang des Osterwaldes sowie einige flach- bis mittelgründige Lehmverwitterungsböden (Braunerde-Rendzina und Braunerde- Ranker) im Bereich des Pyrmonter Berges und des Pyrmonter Hochlandes. Eine hohe bis sehr hohe Verdichtungsempfindlichkeit weisen zwei Drittel des Plangebietes auf. Es sind vor allem die überwiegend ackerbaulich genutzten Lössgebiete und die Auenlehme des Wesertales (Pseudogley-Parabraunerden und Parabraunerden).

E 2.2 07 Auen (Auenböden, Gley-Auenböden) stellen aufgrund der Ausprägung des Wasser- und Nährstoffhaushaltes wertvolle Sonderstandorte dar. Ihre Merkmale und Eigenschaften sind durch 44 Erläuterungen

das charakteristische Wasserregime der Aue mit stark schwankendem Grundwasserstand und periodischen Überflutungen geprägt. Diese Standortbesonderheit und die damit verbundene natürliche Retentionsfunktion der Auen soll langfristig erhalten bzw. wiederhergestellt werden. Auch grundwasserbeeinflusste Standorte stellen Sonderstandorte dar. Reliktische Gley- Merkmale deuten darauf hin, dass der Grundwasserstand in der Weseraue, vermutlich durch Tiefenerosion der Weser infolge von Ausbaumaßnahmen, um 2 bis 5 dm abgesunken ist. Beeinträchtigungen oder Veränderungen des Bodenwasserhaushalts, wie z.B. durch Eingriffe in das natürliche Abflussgeschehen von Fließgewässern (Ausbaumaßnahmen, Begradigungen etc.) durch übermäßige Grundwasserentnahme, durch das Entwässern von Feuchtgebieten sowie großräumige Veränderungen des natürlichen Reliefs sind zu vermeiden (vgl. E 2.3 03 u. 08).

E 2.2 10 Erosion durch Wasser oder Wind führt zum Verlust humus- und nährstoffhaltiger Feinerde und durch die Verringerung der Gesamtbodenmächtigkeit zu erheblichen Beeinträchtigungen bei der Nährstoffversorgung, der Wasserspeicherung und der Filterleistung des Bodens. Die Winderosion spielt im Kreisgebiet eine untergeordnete Rolle. Nur die wenigen sandigen Bodeneinheiten (0,6 % des Plangebietes) sind überhaupt gegenüber Winderosion empfindlich. Die aktuelle Erosionsgefährdung ist jedoch gering, da diese Böden fast ausschließlich unter Wald liegen. Lediglich der Hahnenberg bei Herkensen befindet sich teilweise in Ackernutzung. Hier ist das Winderosionsrisiko entsprechend hoch. Die Wassererosion stellt auf den schluffigen Böden im Plangebiet ein gravierendes Problem dar. Das aktuelle Erosionsrisiko hängt von der Erosionsanfälligkeit der Bodenart, der Hangneigung und der Flächennutzung ab. Besonders hoch ist die Gefährdung bei ackerbaulicher Nutzung in Hanglage, insbesondere beim Anbau von so genannten ‘Risikofrüchten’, die mit einer sehr geringen Bodenbedeckung einhergehen (z.B. Mais und Hackfrüchte). Die Wassererosion kann durch Mulchsaatverfahren vermindert werden. Zudem ist die Art der Bewirtschaftung zu berücksichtigen, denn die heute eingesetzten Großgeräte erfordern eine Bestellung der Felder in Hangneigung. Früher wurde quer zum Hang bearbeitet, wodurch die Erosionsgefahr deutlich gemindert werden konnte. Bei Grünlandwirtschaft ist die Bodensubstanz durch die geschlossene Grasnarbe wesentlich besser geschützt. Der beste Schutz des Bodens ist unter Wald gegeben. Räumliche Schwerpunkte hoher Wassererosionsgefährdung bilden reliefierte Hanglandschaften, vorwiegend in den oberen Lagen der Höhenzüge. Hierzu zählen zum einen die zertalten, ackerbaulich genutzten Hanglagen des Weserberg-Vorlandes nördlich der B 83 bei Fischbeck und Welsede sowie zum anderen die Hanglagen zwischen Dehmke und Königsförde. Weitere Gefährdungsbereiche geringerer Flächenausdehnung liegen bei Aerzen, Gellersen, Bessinghau- sen, zwischen Bisperode und Voremberg, südlich Dörpe am Osterwald, nördlich des Thüster Berges, am Ith südlich Wallensen und nördlich von Bad Münder. Eine mittlere Erosionsgefähr- dung kommt in größerer Flächenausdehnung vor allem an den schwach geneigten Hängen in den Lösslandschaften des östlichen Planungsgebietes vor. Ein weiteres Problem liegt im Über- schwemmungsgebiet der Weser. Bodenabschwemmungen sind insbesondere bei sehr frühen Winterhochwässern zu verzeichnen, da die Feldfrüchte dann noch keine ausreichende Wurzeltie- fe erreicht haben. Durch standortangepasste Bewirtschaftungsformen, erosionshemmende Flurgestaltung, Schutz- pflanzungen und hangparallele Wegeführung zur Verkürzung der erosionswirksamen Hanglän- gen können Bodenabtrag und -verlagerung auf erosionsgefährdeten landwirtschaftlichen Nutzflächen zu verringert bzw. vermieden werden. Eine Übersicht über die Lage der Gebiete mit potenzieller Erosions- und Auswaschungsempfind- lichkeit geben die Landschaftsrahmenpläne.

45 Erläuterungen

2.3 Gewässerschutz Entsprechend dem Niedersächsischen Wassergesetz (§ 2 Abs. 1 NWG) sind „die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern. Sie sind so zu bewirtschaften, dass sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen einzelner dienen und vermeidbare Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen unterbleiben.“ Dem Schutz des Wassers ist auch mit raumordnerischen Mitteln Rechnung zu tragen. Dies beinhaltet die nachhaltige Sicherung sowohl der Nutzbarkeit des Naturgutes Wasser als auch der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer und Feuchtgebiete. Oberflächengewässer erfüllen vielfältige Funktionen, insbesondere • für den Wasser- und Stoffhaushalt der Landschaft (Wasserabfluss bzw. -rückhaltung: Retentionsvermögen, Selbstreinigung sowie Transport von Geschiebe und Sedimenten), • als Lebensraum für Pflanzen und Tiere sowie • für das Landschaftsbild und das Landschaftserleben. Diese wichtigen Funktionen gilt es auch für die Zukunft zu sichern. Durch das Gebiet des Landkreises Hameln-Pyrmont fließt die Weser mit ihren Nebentälern Emmer, Humme und Hamel sowie die Rodenberger Aue und die Saale. Zudem entwässern insbesondere die aus Sandstein aufgebauten Bergzüge (Süntel, Osterwald, und Lipper Bergland) mit einer Vielzahl kleinerer Bäche in die Hauptgewässer. Darüber hinaus sind in den letzten Jahrzehnten zahlreiche größere Kiesteiche in der Weseraue entstanden (v.a. in Hessisch Oldendorf, Hameln und Emmerthal).

E 2.3 03 Unter natürlichen Verhältnissen wären alle Gewässer des Kreisgebietes höchstens mäßig belastet (Güteklasse II), die Oberläufe und Quellregionen sogar gering belastet bzw. unbelastet (Güte- klasse I-II bzw. I). Die tatsächliche Wasserqualität der meisten Gewässer weicht allerdings von diesem Zustand ab: Eine geringe bis sehr geringe Belastung (Güteklasse I-II und I) kommt ausschließlich bei Gewässeroberläufen mit bewaldeten Einzugsgebieten vor, wie am Goldbach, Ockenser Bach, Wehlbach, bei den Oberläufen von Rohder Bach und Laatzener Bach sowie bei den Waldbächen der Gewässer 3. Ordnung. Eine mäßige Belastung (Güteklasse II) liegt bei etwa der Hälfte der Gewässer vor, wie bei Emmer, Saale, Humme (unterhalb Einmündung Grießebach) und Abschnitten der Remte (im Hamelner Stadtgebiet) sowie bei einigen kleineren Nebengewässern. Kritisch belastet (Güteklasse II-III) sind über 40 % aller untersuchten Gewässer im Kreisgebiet. Hierunter fallen insbesondere lange Abschnitte von Hamel, Hastebach, Ilse, Mainbach und Humme (oberhalb Einmündung Grießebach) sowie die Weser in ihrem gesamten Verlauf. Eine starke bis sehr starke Verschmutzung (Güteklasse III und III-IV) liegt nur bei kurzen Gewässerabschnitten im Bereich häuslicher oder gewerblicher Abwassereinleitungen vor (z.B. ein Abschnitt des Hellbaches bei Völkerhausen). Beeinträchtigungen der Wasserqualität der Fließgewässer erfolgen insbesondere durch Nähr- stoff- und Schadstoffeinträge aus der landwirtschaftlichen Nutzung im Einzugsgebiet und aus kommunalen und industriellen Abwässern (trotz Kläranlagen sind Restgehalte an Schad- und Nährstoffen in Abwässern enthalten) sowie durch saure Niederschläge (gefährdet sind insbeson- dere die Waldbäche in Gebieten mit saurem Ausgangsgestein). Die Wasserqualität der Emmer wird zudem durch den Emmerstausee bei Schieder erheblich beeinträchtigt (v.a. Erwärmung und Sauerstoffzehrung). Auch für die Weser sind weitere Beeinträchtigungen zu nennen: • Wärmebelastung durch Abwasser und Betriebswasser, hauptsächlich durch das Kernkraft- werk Grohnde

46 Erläuterungen

• Schwermetallbelastungen in den Sedimenten (v.a. Cadmium, Nickel, Kupfer, Chrom und Arsen) • Belastungen durch Halogenverbindungen (z.B. PCB) • Salzbelastung aus der hessischen und thüringischen Kaliindustrie Vor zehn Jahren hatte die hohe Versalzung der Weser zur Folge, dass die Lebensgrundlagen für Fauna und Flora schwer gestört waren und das Weserwasser für viele Nutzungen nicht mehr verwendet werden konnte. Inzwischen hat sich durch die Stillegung von Kaliwerken in den letzten Jahren der Chloridtransport erfreulicherweise von 200 kg/s auf durchschnittlich 18 kg/s verringert. Jetzt gilt es weiterhin an der Salzreduzierung zu arbeiten und durch die Vergleichmä- ßigung der Salzwassereinleitungen die Spitzen zu brechen. Durch die Reduzierung des Salztransportes in der Weser haben sich die Lebensbedingungen für Fauna und Flora bereits erheblich verbessert. Gleichwohl muss auch an der Verringerung der Belastung mit sauerstoffzehrenden Substanzen, Schwermetallen und chlororganischen Verbin- dungen weiter gearbeitet werden. Aufgrund des Verlaufs der Weser durch mehrere Bundesländer ist die Verbesserung der Wasserqualität der Weser eine gemeinsame Aufgabe der betroffenen Länder. Bereits bestehende Belastungen der Gewässer, insbesondere des Grundwassers, sind nachträg- lich kaum zu sanieren oder erfordern einen großen finanziellen Aufwand. Deshalb sind durch geeignete Maßnahmen der Vorsorge neue Verunreinigungen der Gewässer zu vermeiden. Eingeschlossen ist dabei auch das Gewässerbett der Oberflächengewässer, die Böschungen und der Nahbereich der umgebenden Landschaft sowie die Wechselwirkungen zwischen Wasser, Sediment, Tier und Pflanze. Ein unbewirtschafteter, standortgerecht bewachsener Gewässerrand- streifen ist wichtiger Bestandteil des Gewässerlebensraumes. Um langfristig die angestrebte Gewässergüte II als Mindeststandard in allen Gewässern zu erreichen ist neben den Bemühungen zur verbesserten Abwasserklärung und Reduzierung des Einsatzes von Dünger- und Pflanzenschutzmitteln, die Einrichtung von Gewässerrandstreifen als Pufferzone gegenüber Stoffeinträgen von benachbarten Flächen das wichtigste Handlungsfeld. Neben der Verschlechterung der Gewässergüte durch stoffliche Belastungen unterliegt auch die Struktur der Fließgewässer des Landkreises – vor allem durch Ausbau- und Unterhaltungsmaß- nahmen – ständiger Beeinträchtigung und starker Veränderung (seit dem Mittelalter, insbesonde- re aber im 20. Jh.). Der überwiegende Teil der Bäche wurde begradigt, tiefer ausgehoben und z.T. auch über größere Abschnitte verlegt oder verrohrt. Die ständiger Beeinträchtigung und starker Veränderung Gewässermorphologie der ausgebauten bzw. begradigten Bäche hat oft nur noch geringe Ähnlichkeit mit den ursprünglichen Verhältnissen. Die vielgestaltigen Ufer- und Sohlstrukturen gehen verloren und damit auch die gewässerspezifischen Kleinstrukturen. Da strukturell verarmte Gewässer eine deutlich verringerte Pufferkapazität gegenüber chemischen Belastungen aufweisen, muss auch um die Gewässergüte weiter zu verbessern vordringlich die Struktur der Gewässer und ihrer Auen und damit das Selbstreinigungsvermögen gesteigert werden. Auf das Selbstreinigungsvermögen wirken sich insbesondere vielfältige Ufer- und Sohlstrukturen positiv aus. Sie führen aufgrund stärkerer Durchmischung des Wasserkörpers zu einem erhöhten Sauerstoffgehalt des Wassers und bieten Wasserorganismen geeignete Lebens- bedingungen, wodurch der Schadstoffabbau gefördert wird. Weitere Beeinträchtigungen der Fließgewässer werden durch Ufer- und Sohlbefestigungen sowie durch Verrohrungen, Sohl- und Querbauwerke hervorgerufen, die die Durchgängigkeit der Gewässer beeinträchtigen. Die starke Überprägung bzw. Zerstörung der Fließgewässerökosysteme hat zu einem Verlust vieler Lebensräume geführt. Gewässer mit Gehölzsäumen, größeren Auewald- und Bruchwald- zonen, Rieden, Röhrichtzonen, und ähnlichen natürlichen Uferrandbereichen sind im Planungs- raum auf kleine Restflächen geschrumpft. Sie haben hohe Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz, ebenso für die Biotopvernetzung. Dies gilt auch für kleine Feucht- und Nassbioto- pe (Tümpel, Weiher, Quellen, usw.). Daher ist es von großer Bedeutung, die noch vorhanden 47 Erläuterungen

naturnahen Gewässerabschnitte im Landkreis zu erhalten und dauerhaft schädigende Eingriffe generell zu vermeiden. Entscheidende Maßnahmen zur Verbesserung der Fließgewässerökosysteme und damit auch der Gewässergüte sind: • Die Ausweisung ausreichend breiter Uferrandstreifen als Entwicklungs- und Pufferzone, • die Unterlassung störender Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen, • die Beseitigung von Uferverbau, • der Umbau von Sohlabstürzen zu Sohlgleiten, • eine schonende Unterhaltung der Gräben und • die Sicherung von Kleingewässern zur Vernetzung der verschiedenen Feuchtbiotope unter- einander. Mit diesen Fließgewässerentwicklungsmaßnahmen werden folgende Ziele angestrebt: • die Förderung der Eigendynamik, • die Entwicklung eines unregelmäßigen Gewässerprofils mit geringer Eintiefung (flach), • eine sukzessive Wiedereinstellung eines geschwungenen Verlaufs der Gewässer, • eine Verringerung der Fließgeschwindigkeit, • die Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Gewässer, • die Wiederherstellung der Retentionsfunktion der Auen, • die Entwicklung eines auentypischen Grundwasserhaushaltes und • der Erhalt bzw. die Verbesserung der Wasserqualität auf Gewässergüte II.

E 2.3 04 s. E 3.9.3 (Hochwasserschutz).

E 2.3 08 Das Grundwasser ist ein wichtiges Schutzgut sowohl als Lebensgrundlage des Menschen als auch als Bestandteil des Naturhaushaltes. Außer der Nutzfunktion als Trinkwasser erfüllt es wichtige Funktionen im Naturhaushalt, insbesondere im Landschaftswasserhaushalt. Vor allem in der Weseraue und den anderen Niederungen des Landkreises ist das Grundwasser ein prägender Faktor. Die stofflichen Beeinträchtigungen des Grundwassers und die Risiken der Grundwasserver- schmutzung stehen im Zusammenhang mit der Schutzwirkung der Deckschichten, die ein Maß für die Verschmutzungsempfindlichkeit darstellt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Belastungen in der Deckschicht zurückgehalten und unschädlich gemacht werden, ist beispielsweise in den Lösslandschaften und in der Weserniederung mit ihren Auenlehmdecken wesentlich größer als in den Gebieten mit klüftigen Kalk- und Sandsteinen. Aufgrund vielfältiger horizontaler und vertikaler Grundwasserströme und Austauschprozesse ist die Einschätzung der Grundwasserver- hältnisse jedoch schwierig, da belastetes Grundwasser aus angrenzenden weniger gut oder schlecht geschützten Grundwasserleitern zuströmt. Tatsächlich ist der Grundwasserstrom im Planungsgebiet häufig so gerichtet, dass er von den gering geschützten Bereichen, die gleichzei- tig aufgrund ihrer hohen Durchlässigkeit eine hohe Sickerwasserrate aufweisen, zu den besser geschützten, beispielsweise lössüberdeckten Gebieten führt. Daher kann die Qualität und die Funktionsfähigkeit des Grundwassers im Naturhaushalt nicht wie beim Boden flächenscharf bewertet werden. Grundwasserbelastungen in einem Gebiet sind nicht mit dem aktuellen Konfliktschwerpunkt gleichzusetzen. Die Entnahme unbelasteten Tiefengrundwassers kann u.U. die beschleunigte Verlagerung belasteten oberflächennahen Grundwassers in tiefere Grundwasserleiter begünstigen, soweit hydraulische Verbindungen bestehen. Die Grundwasserentnahme kann ferner durch Grundwas- serabsenkung zur Beeinträchtigung der Funktionen des Grundwassers im Naturhaushalt führen. Die ausreichende Grundwasserneubildung stellt daher einen besonderen Wert für die Regenera-

48 Erläuterungen

tion des Schutzgutes Grundwasser dar. Als Voraussetzung hierfür gilt, die natürlichen Regenera- tionsvorgänge nicht zu stören bzw. wiederherzustellen. Entscheidend ist die Minimierung von Versiegelungen des Bodens, denn die Flächeninanspruchnahme z.B. durch Siedlung und Verkehr führt zum Verlust bzw. zur Verringerung der Grundwasserneubildung. Für die Grund- wasserneubildungsrate bedeuten Versiegelungsgrade von 30 bis 90 %, wie sie in Kleinsiedlun- gen bzw. in hochverdichteten Innenstadtbereichen vorkommen, Verluste zwischen 50 und knapp 100 %. Daneben bewirken Siedlungs- und Verkehrsflächen meist nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qualitative Beeinflussung des Grundwassers, indem Schadstoffe über den Boden oder mit Abwässern in das Grundwasser gelangen.

E 2.3 09 Die ‘Vorrang- und Vorsorgegebiete für Trinkwassergewinnung‘ sollen dazu beitragen, die Qualität des Trinkwassers auch langfristig zu sichern bzw. zu verbessern (s. C 3.9.0 07/08). Durch entsprechende Bewirtschaftung und durch Schutz vor Veränderungen der natürlichen physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften der Deckschichten ist es möglich, die Qualität des Grundwassers dauerhaft zu erhalten. Das Grundwasser im Landkreis Hameln-Pyrmont ist überwiegend von relativ guter Qualität, so dass es ohne aufwendige Aufbereitung für die Trinkwasserversorgung genutzt werden kann. Die Nitratbelastung des Grundwassers stellt jedoch zunehmend ein Problem für die Trinkwas- sernutzung und -aufbereitung dar. In den Wassergewinnungsgebieten des Landkreises ist die Nitratbelastung seit 1990 teilweise deutlich gestiegen. In einigen Gebieten wurde der Grenzwert von 50 mg NO 3/l zeitweise überschritten.

Tab. 6: Durchschnittliche Nitratwerte ausgewählter Trinkwasserbrunnen im Landkreis Hameln-Pyrmont (IG-WESER 1996/1997). Nitratgehalt 1995 Nitratgehalt 1996 Wasserversorger WSG/WEG Brunnen / Quelle [Mittelwert [Mittelwert

mg NO 3/l] mg NO 3/l] Stadtwerke Bad Hohenborn Hauptbrunnen 24,5 26,7 Pyrmont Hohenborn Westfalenbrunnen 23,5 23,8 Amelgatzen Brunnen 21,5 27,8 Glessequelle Glessequelle 41,0 43,9 Wasserwerk Emme Emme Wasserwerk 23,2 23,1 Stadtwerke Hameln Hameln-Süd WW2 Horizontalbrunnen 37,3 30,0 Hameln-Süd WW 1 Brunnen 2-4 24,1 20,6 Haarbach Brunnen Ost 40,7 37,6 Haarbach Brunnen West 38,2 38,1 Stadtwerke Hess. Herrenteich Brunnen I 37,3 22,0 Oldendorf Herrenteich Brunnen IV 57,9 53,0 Rumbeck Brunnen 34,0 31,7

Als Folge der landwirtschaftlichen Nutzung (Düngung), aber auch als Folge der atmosphärischen Deposition, gelangt Stickstoff in den Boden und wird mit dem Sickerwasser ins Grundwasser verfrachtet. Die Gefährdung des Grundwassers durch Nitrateinträge hängt von der Nitratauswa- schungsempfindlichkeit und von der Höhe der Stoffeintragsraten ab. Die fruchtbaren Lössböden, die überwiegend landwirtschaftlich genutzt sind, bieten aufgrund ihrer hohen Sorbtionsfähigkeit eine gute Rückhaltung der Bodenlösung bzw. eine geringe Nitratauswaschungsempfindlichkeit. Auch die intensiv landwirtschaftlich genutzten Weserauen 49 Erläuterungen

bieten dank der feinkörnigen Auenlehme (toniger Schluff) eine gute Nitratrückhaltung. Im Falle intensiver Nitratbelastungen ist jedoch auch in den Lösslandschaften und gerade in den Niede- rungsbereichen aufgrund der Grundwasserschwankungen und der teilweise Oberflächennähe des Grundwassers mit einem Eintrag von Nitrat ins Grundwasser zu rechnen. Ein hoher Nitrateintrag ins Grundwasser ist bei Ackernutzung auf hochempfindlichen Standorten wie auf der Baarsen-Eichenborner Hochfläche, bei Thal und Welsede, südlich von Grießem, westlich von Grohnde, am Großen und Kleinen Eichberg, westlich von Bakede sowie bei Nienstedt, Eimbeckhausen und Nettelrede zu erwarten. Die nachteiligen Grundwasserbelastungen aus bestehender intensiver Landbewirtschaftung werden bereits in den Wasserschutzgebieten und einigen Einzugsgebieten von Wassergewin- nungsanlagen durch die eingeführte grundwasserschutzorientierte Bewirtschaftung behoben. Grundlage ist eine enge Kooperation der Land- und Wasserwirtschaft. Es ist anzustreben, die Zusammenarbeit im Landkreis flächendeckend auszudehnen. Die unsachgemäße Lagerung von Gärfutter und Mist sowie die Ausbringung von Gülle und Klärschlamm können aufgrund von Einträgen in den Boden sowie Auswaschungen in Grund- und Oberflächenwasser eine weitere erhebliche Umweltbelastung darstellen. Die Belange des Boden-, Grundwasser- und Gewässerschutzes sind daher zu berücksichtigen sowie Beschrän- kungen einzuhalten. Weitere Nitratbelastungen der Böden sowie des Grund- und Oberflächenwassers werden durch falsche Ausbringungstechniken und das Nichteinarbeiten von Gülle sowie nicht abgedeckte Güllebehälter verursacht, die durch Stickstoffemissionen in die Luft eine zusätzliche Versaue- rung der Niederschläge hervorrufen (siehe D 2.5 03). Auch hier sind angemessene Bewirtschaf- tungsmethoden anzuwenden. Grundsätzlich ist Wald als relativ grundwasserschonende Nutzung anzusehen, abgesehen von der Nitratauswaschungsgefahr bei starker Versauerung (‘saurer Regen’) auf basenarmen Standorten. Extensive oder mäßig intensive Grünlandnutzung verbindet die Vorteile hohen Stoffumsatzes und damit hoher Stoffrückhaltung mit dem Vorteil bewirtschaftungsbedingt relativ stabiler Milieubedingungen und ist daher ebenfalls grundwasserschonend. Intensive ackerbauliche Nutzung oder Intensiv-Grünland mit regelmäßigem Umbruch und Neueinsaat sind in der Regel mit Stoffeinträgen ins Grundwasser verbunden. Das Ausmaß der Stoffverlagerung hängt von den Standortbedingungen sowie von der Bewirtschaftungsweise und der Kulturart ab.

2.4 Luftreinhaltung, Lärm- und Strahlenschutz Die Luftverunreinigungen im Landkreis Hameln-Pyrmont sind aufgrund der ländlich geprägten Struktur und geringen Industrieansiedlung im Vergleich zu anderen Regionen gering. Dennoch sind geeignete Maßnahmen erforderlich, um das derzeitige Niveau zu halten und weiter zu verbessern. Luftverunreinigungen beeinträchtigen bzw. gefährden das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen sowohl über die Atemluft als auch durch Einträge in Boden und Wasser. Außerdem tragen Luftschadstoffe wesentlich zu den Schäden an der Vegetation sowie an Sach- und Kulturgütern bei. Die natürliche Selbstreinigungskraft der Luft ist nur beschränkt in der Lage, durch Ablagerung, Niederschläge und oxidativen Abbau von Schadstoffen Luftverunreinigungen abzubauen. Luftverunreinigungen sind daher nur durch geeignete vorsorgende Maßnahmen an der Entste- hungsquelle zu vermeiden oder zu vermindern. Die zunehmende industrielle und gewerbliche Produktion, der gestiegene Energieverbrauch sowie die fortschreitende Motorisierung sind die wesentlichen Ursachen für die Anreicherung der Luft mit luftverunreinigenden Stoffen.

50 Erläuterungen

E 2.4 05/06 Von allen Umweltbelastungsfaktoren wird der Lärm als besonders störend empfunden. Lärm kann je nach Intensität und Dauer seiner Einwirkung von der einfachen Beeinträchtigung bis zur gesundheitlichen Schädigung führen. Während Luftverunreinigungen in erheblichem Maße auf unkontrollierbare Ferneinträge zurückzuführen sind, sind Lärmquellen und ihre Auswirkungen lokalisierbar und einzugrenzen. Deswegen ist bereits in einer Frühphase der Planung – durch die Einhaltung ausreichender Abstände – vorbeugender Lärmschutz möglich. Nachträglich ist Schallschutz nur noch mittels technischer Schutzmaßnahmen realisierbar. Insbesondere in Wohn- und Erholungsgebieten ist durch verschiedene Maßnahmen ein weitrei- chender Schutz der Bevölkerung vor Lärm zu erreichen. Hierzu zählen von administrativer Seite die Festlegung von Grenzwerten und von Lärmschutzbereichen, von der technischen Seite Maßnahmen an der Quelle wie die Entwicklung und Produktion lärmarmer technischer Geräte oder auf dem Ausbreitungsweg des Lärms durch Errichtung von Lärmschutzwällen oder - wänden sowie planerische Maßnahmen in der Raumordnung und im Städtebau wie die Einhal- tung ausreichender Abstände empfindlicher Nutzungen zu bzw. von Lärmquellen (z.B. Ver- kehrswege und Anlagen). Am wirkungsvollsten und in der Gesamtbilanz letztlich auch am kostengünstigsten ist die Lärmbekämpfung an der Quelle. Sie sollte dort, wo es technisch möglich ist, Vorrang vor anderen Maßnahmen haben. Für den Schutz der Bevölkerung vor Lärm gilt folgende Priorität der Maßnahmen: 1. Vermeidung lärmerzeugender Aktivitäten 2. Lärmminderung durch Maßnahmen der Verursacher an der Lärmquelle 3. vorsorgende Planung ausreichender Abstände zwischen lärmerzeugenden und lärmempfindli- chen Nutzungen durch räumliche Planung 4. Maßnahmen des passiven Lärmschutzes an Gebäuden.

Eine entscheidende Lärmquelle stellt der Verkehr dar. Zur Lärmminderung sind insbesondere folgende Maßnahmen vorzusehen: • stärkere Verlagerung des Verkehrs vom Pkw auf den ÖPNV bzw. im Güterverkehr von der Straße auf die Schiene oder Wasserstraße • Bau von Ortsumgehungen zur Entlastung der Ortslagen • Verkehrsberuhigung der Ortskerne und Wohngebiete • Verkehrslenkende und -regelnde Maßnahmen (Verkehrsleitungen, Geschwindigkeitsbegren- zung, Sperrungen u.Ä.).

2.5 Schutz der Erdatmosphäre, Klima Die weitaus größten klimarelevanten Immissionen kommen aus den Bereichen Energie und Verkehr. Deutliche Verringerungen der Schadstoffemissionen sind daher vorrangig in diesen Bereichen zu bewirken.

E 2.5 04 Wälder erfüllen aufgrund ihres Bindungsvermögens von CO 2 in organischen Substanzen, ihrer Wirkung als Sauerstoffproduzent und Filter von Luftschadstoffen sowie als Kaltluftentstehungs- gebiet, Windschutz sowie als Regulator von Luftfeuchtigkeit und Temperatur für Klima und Erdatmosphäre wichtige ausgleichende Funktionen. Insbesondere bei den an die Städte bzw. größeren Siedlungsgebiete angrenzenden Waldgebieten ist die kleinklimatische Funktion des Waldes von Bedeutung.

51 Erläuterungen

E 2.5 05 Die Ortsteile des Landkreises, die eine Flächenausdehnung von mehr als einem Quadratkilome- ter haben, bedürfen unter bestimmten weiteren Voraussetzungen eines lokalklimatischen Ausgleichs in Form von Abkühlung, Verdünnung bzw. Verdrängung belasteter Luft. Diese für besiedelte Bereiche wichtigen Klimaausgleichsfunktionen können von unbebauten Räumen durch Bildung und Zufuhr kühlerer, frischerer Luft erfüllt werden und dadurch eine Verminderung oder den Abbau bioklimatischer oder lufthygienischer Belastungen bewirken. Entsprechende Räume mit klimaverbessernder Wirkung sind bei Planungen zu berücksichtigen und durch geeignete Maßnahmen in ihrer Funktion zu erhalten bzw. zu stärken. Sie sind von Bebauung freizuhalten. Hohe Gewerbeflächenanteile in Verbindung mit einer hohen Verkehrsbelastung auf Ein- und Ausfallstraßen geben einen Hinweis auf möglicherweise problematische klimaökologische und lufthygienische Situationen. Eine Tal- oder Muldenlage kann sich ebenfalls ungünstig auswir- ken. Schließlich ist auch die bauliche Verdichtung zu berücksichtigen, die sommerliche Über- wärmung mit entsprechend ungünstigen bioklimatischen Wirkungen hervorrufen kann. Anhand dieser Kriterien sind im Landkreis die folgenden Ortsteile ermittelt worden, für die lokalklimatische Ausgleichsfunktionen relevant sind: Hameln, Bad Pyrmont, Bad Münder, Hessisch Oldendorf, Emmern, Aerzen, Groß Berkel, Klein Berkel, Afferde und Coppenbrügge. Anhand der Flächennutzung und der Orographie (Hangneigung > 2 Grad) können in einem Modell mögliche Kaltluftflüsse und Kaltluftsammelgebiete ermittelt werden. Kaltluftentste- hungsgebiete sind insbesondere Flächen, die sich während der Nacht überdurchschnittlich stark abkühlen, so dass ein Temperaturgefälle gegenüber der Siedlungsfläche entsteht. Dieses löst eine Luftbewegung zur Siedlung hin aus und sorgt damit für Frischluftzufuhr. Aufgrund der Lage Hamelns in der Talweitung des Wesertales entsteht bei Inversionswetterla- gen das Problem des verminderten vertikalen Luftaustausches, so dass es zur Bildung einer ‘Dunstglocke‘ kommt. Dem Erhalt und der Entwicklung von günstigen bodennahen horizontalen Luftaustauschbedingungen kommt eine besondere Bedeutung zu. Kaltluftentstehungsgebiete für die Stadt Hameln sind insbesondere die unbebauten Hanglagen entlang der Remte, der Hamelner Stadtforsten, die Weseraue zwischen Tündern und Hameln und das landwirtschaftlich genutzte Vorland des Scheckens zwischen Hastenbeck und Afferde. Als Frischluftschneise in der Hauptwindrichtung kommt dem Hummetal besondere Bedeutung zu. Die Betrachtung der lokalklimatischen Situation in Bad Münder und Umgebung hat ergeben, dass die Hanglagen nordwestlich der Stadt eine bedeutende Funktion für den thermischen Ausgleich im Siedlungsgebiet haben. Auch die Hamelniederung im innerörtlichen Bereich von Bad Münder, die als Kaltluftsammelgebiet der Durchlüftung der Innenstadt dient, ist von weiterer Bebauung möglichst freizuhalten. Die Bebauung im Bereich Tiefen- tal/Süntelstraße/Bahnhofstraße behindert den Luftstrom bereits, da sie teilweise quer zu der schmalen Niederung ausgerichtet ist. Die im Norden (Terhardt’s Höhe), Westen (Papenberg und Hohenberg) und Südwesten (Oster- berg und Hamberg) von Bad Pyrmont liegenden Hänge dienen als Kaltluftentstehungsgebiete für das Stadtgebiet. Auch der Königsberg im Osten von Bad Pyrmont und die westlich angrenzen- den Freiflächen haben eine lokalklimatische Bedeutung. In den Höhenlagen grenzen an diese Gebiete ausgedehnte Frischluftentstehungsgebiete an. Die für die Siedlungsräume wichtigen klimatischen Ausgleichsfunktionen sind durch die Freihaltung dieser Gebiete zu bewahren.

2.6 Schutz der Kulturlandschaften und der kulturellen Sachgüter

E 2.6 01 Kultur- und naturhistorische Landschaftselemente dokumentieren die jüngere und ältere Landschaftsgeschichte. „Historische Kulturlandschaften und -landschaftsteile von besonderer

52 Erläuterungen

Eigenart“ sind gemäß § 2 NNatSchG Nr. 13 zu erhalten. „Dies gilt auch für die Umgebung geschützter oder schützenswerter Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler, sofern dies für die Erhaltung der Eigenart oder Schönheit des Denkmals erforderlich ist“ (§ 2 NNatSchG). Kulturgüter und Kulturlandschaften haben über den zeitgeschichtlichen Wert und den Kunstwert hinaus einen hohen Identifikationswert für die Bürger, denn die kulturelle Identität mit Räumen hängt stark mit dem Vorhandensein dieser Strukturen zusammen. Ihr Erhalt und ihre Pflege sind damit wesentliche Voraussetzung für die Stärkung der regionalen Identität. Historisch und gesellschaftlich Wertvolles sollte daher vor Ort in seinem geschichtlichen und räumlich- gesellschaftlichen Kontext so aufgearbeitet und gepflegt werden, dass es zur kulturellen Stabili- tät von Regionen beiträgt und eine vom regionalen Kulturbewusstsein und Gegenwartsbezug getragene ausgeglichene Weiterentwicklung in den Städten und Gemeinden fördert. Von besonderer Bedeutung für den Erhalt der Kulturlandschaft ist auch die Siedlungsentwick- lung. Dörfliche Siedlungen unterliegen im Zuge des Funktionswandels in der Landwirtschaft und der Aufgabe vieler kleiner landwirtschaftlicher Betriebe und fehlender Ersatzarbeitsplätze vor Ort einem starken Veränderungsdruck. Es besteht nicht nur die Gefahr, dass historisch wertvolle Strukturen und Zeitzeugnisse verloren gehen, sondern auch die Gefahr, dass Ortsbilder vereinheitlicht werden und Dörfer ihr unver- wechselbares Profil und ihre kulturelle Identität einbüßen. Dem sollte durch den Erhalt und die Wiederherstellung traditioneller Siedlungsstrukturen und dörflicher Funktionen entgegengewirkt werden. Lösungen müssen vor Ort zusammen mit den Bewohnern gefunden werden. Sie sollen einen verträglichen Ausgleich zwischen der Bewahrung des Kulturerbes und der notwendigen funktionalen Erneuerung der Siedlungs- und Nutzungsstrukturen, insbesondere der landwirt- schaftlichen Nutzung, darstellen. Die Forderung nach Wiederherstellung von Streuobstwiesen bezieht sich nicht auf Baulücken und Baulandreserven innerhalb bebauter Ortsteile.

Historische Landnutzungsformen haben heute ihre wirtschaftliche Bedeutung verloren und kommen nur noch kleinflächig (z.B. Streuobstwiesen) und z.T. ‘museal’ (z.B. Nieder- und Mittelwaldwirtschaft) als Zeugnisse der Landnutzungsgeschichte vor. Wie auch andere traditio- nelle Nutzungen, die eng an den standörtlichen Gegebenheiten orientiert sind, z.B. Grünland in Auen oder Hanglagen, bieten sie die Gelegenheit, den Landschaftscharakter abseits des an die Erfordernisse moderner Landnutzung angepassten ‘Normalstandortes’ nachzuvollziehen. Beispiele historischer Nutzungsformen sowie eine detailliertere Beschreibung der Nutzungsfor- men und Vorkommen im Landkreis ist den Landschaftsrahmenplänen zu entnehmen.

Strukturreiche Heckenlandschaften Besonders gut ausgeprägte Heckenlandschaften bzw. reich strukturierte, reliefgeprägte Kultur- landschaften wurden als ‘Kulturelles Sachgut‘ festgelegt, um die große Strukturvielfalt dieser Gebiete zu erhalten. Diese gehölzreichen Offenlandbereiche mit meist hohem Grünlandanteil, Obstwiesen, strukturreichen Feldgehölzen und arten- und strukturreichen Brachflächen haben eine sehr großen Wert für das Landschaftsbild und sie bieten aufgrund Ihrer vielfältigen Standortbedingungen günstige Lebensverhältnisse für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.

Beispielräume für strukturreiche alte Heckenlandschaften mit Gebüschstrukturen und Feldgehöl- zen sind: • der gesamte Südhang des Thüster Berges 3 als besonders gut von Hecken, Gebüschen und Feldgehölzen strukturierter Bereich, der durch seine exponierte Lage eine landschaftsprä-

3 Das Gebiet liegt in einem ‘Vorranggebiet für Natur und Landschaft‘, daher entfällt die zeichnerische Darstellung. 53 Erläuterungen

gende Wirkung innerhalb der gesamten Ith-Hils-Mulde ausübt. Zu nennen sind hier auch die südlich angrenzenden Gebiete um Wallensen mit mehreren kleinen gehölzbestimmten Kup- pen und Hügeln, • Die Heckenlandschaft am Nordhang des Ith zwischen Coppenbrügge und Bessingen • die stark zertalten Südhangbereiche des Hellberg / Hasselburg / Rebenstein-Komplexes; besonders hervorzuheben einige alte Hohlwege mit artenreichen Gebüschen und Feldgehöl- zen • die südwestlichen Hangbereiche des Eichberges 3 • die Nordosthänge der Rumbecker Berge (zwischen Rumbeck und Hohenrode) • die Randbereiche der Baarsen und Eichenborner Hochfläche, insbesondere die Taleinschnit- te mit hohem Anteil an Obstwiesen (Südlich von Neersen und südwestlich von Großenberg) • der Dütberg 3 mit seine markanten Gehölzbeständen • die deutlich ausgeprägte Terrassenkante der Weseraue südöstlich von Haverbeck.

E 2.6 02 Ein Großteil der Kulturdenkmale ist im Verzeichnis der Kulturdenkmäler (geführt vom Lan- desamt für Denkmalpflege) erfasst. Diese Kulturdenkmäler sind daher in der zeichnerischen Darstellung dieses RROP nicht als ‘Kulturelle Sachgüter’ gekennzeichnet, da sie bereits einem Schutz unterliegen. Denn vor jedem bedeutsamen Eingriff (Umbau, Abriss, Bodeneingriff, …) hat der Planungsträger bei der unteren Denkmalschutzbehörde anzufragen, ob bekannte Denk- male betroffen sind bzw. bestimmte denkmalpflegerische Auflagen zu erfüllen sind. Im Landkreis Hameln-Pyrmont sind insgesamt 2358 Gebäude als Kulturdenkmäler erfasst; der Landkreis gehört damit zu den denkmalreichsten Regionen in Niedersachsen. Zu den kulturhisto- risch bedeutsamen Bauwerken gehören Guts-, Schloss- und Burganlagen, die zu einem großen Teil der Epoche der Weserrenaissance zuzuordnen sind, sowie Kirchen, Kapellen und alte Mühlen. Auch einige Parkanlagen sind denkmalgeschützt. Mit ihren Türmen prägen Kirchen und Kapellen meist als Landmarken ihre Umgebung. Der Landkreis ist zudem reich an Schlössern (Hämelschenburg, Bad Pyrmont), Burgen und Gutshäu- sern, bei denen es sich z.T. um schlossähnliche Bauten handelt. Häufig sind mit Nebenanlagen ganze denkmalgeschützte Ensembles erhalten (z.B. das ‘Rittergut Schwöbber’). Im Landkreis Hameln-Pyrmont ist die Hämelschenburg das stattlichste und bedeutendste Schloss im Stil der Weserrenaissance. Zeugnisse der Wirtschafts- und Technikgeschichte sind die alten Mühlen z.B. in Bakede, Rahlmühle, Flegessen, Tündern, Hämelschenburg, Grießem, Fischbeck und Langenfeld, die in unterschiedlich gutem Zustand erhalten sind. Desweiteren befindet sich in Klein Süntel die ehemalige Glashütte, in Osterwald und Bisperode ehemalige Stollenmundlöcher und in Rohden ein Kalkbrennofen. Der ‘Glockenturm’ in Deitlevsen aus den 20er Jahren, stellt aus architektoni- scher Sicht eine Besonderheit dar. Beispiele für historische Parkanlage mit gartenkünstlerischem und wissenschaftlichem Wert sind die Kurparks in Bad Pyrmont und Bad Münder, der denkmalgeschützte Englische Garten auf dem Ohrberg mit seinen zahlreichen Azaleen- und Rhododenronarten sowie der Park des Schloss Schwöbber. Im Lipper Bergland, z.B. in Egge stellen die als Einfriedungen verwendeten Sandsteinplatten, eine landschaftliche Besonderheit dar. Als Kulturdenkmäler geschützt sind darüber hinaus verschiedene Mauerreste, Einfriedungen, Tore und Torpfeiler sowie Grenzsteine. Auch die geologischen und archäologischen Besonderheiten im Landkreis, sind als Zeugnisse der geologischen und frühen anthropogenen Landschaftsentwicklung schützenswert. Fundstellen archäologischer Besonderheiten (bauliche Anlagen und Nutzungen) sind zerstreut im gesamten Planungsgebiet vorhanden. Sie haben ehemals die Landschaft und damit auch das Landschaftsbild geprägt und sind heute als Dokumente der älteren Kulturgeschichte von

54 Erläuterungen

Bedeutung. Archäologische Besonderheiten im Landkreis sind beispielsweise die Reste mittelal- terlicher Burganlagen (die Amelungsburg, die Burg Rohden am Hohenstein, die Burg Lauenstein am Ith etc.), die Flachs-Rottekuhlen bei Posteholz, das Bodendenkmal Sankt Annenkirche bei Bad Münder, die Holzkohlemeiler bei Hasselburg und am Rande des Dehmker Waldes, Altäcker (Wölbäckers) in der Lösslandschaft, ein Hohlweg am Schafenberg, einige Höhlen im Bereich des Hohenstein (Langenfelder Tropfsteinhöhle) sowie die Hügelgräber in den Waldlandschaften (z.B. im Deister, im Mosterholz und am Pyrmonter Berg). Mittelalterliche Wüstungen wie im Bereich von Börry dokumentieren die Siedlungsgeschichte. Weitere Fundstellen von Einzelfun- den und Spuren von Siedlungstätigkeit sind verstreut im gesamten Landkreis vorhanden. Die geowissenschaftlichen und geomorphologischen Besonderheiten dokumentieren die naturgeschichtliche Landschaftsentwicklung über geologische Zeiträume hinweg. Während die Mehrzahl der Bodendenkmale, Bodenaufschlüsse und geologischen Formationen für Erholungs- suchende als Besonderheiten nicht erkennbar sind, bilden einige geologisch-geomorphologische Formen spektakuläre Landschaftselemente mit Relevanz für das Naturerleben. Neben Findlingen (Hohenstein und bei Hemeringen) und geologischen Aufschlüssen (v.a. in Steinbrüchen) sind vor allem besondere Gesteine sowie eiszeitlich geformte Stauchungen, Abtragungen und Aufschüttungen zu erwähnen. Auch Erdfälle, die auf Auswaschungs- und Aushöhlungsvorgänge im Untergrund zurückzuführen sind, sind vertreten (bei Bad Pyrmont und südwestl. von Flegessen). Gebietsbesonderheiten sind schließlich noch der Schwefelbrunnen bei Bessingen, die Klippen an Ith und Hohenstein sowie die Kalksinterquelle (‘Wasserbaum’) bei Ockensen. Bodendenkmale sind durch Baumaßnahmen und landwirtschaftliche Nutzung extrem gefährdet. Um das Ausmaß der Zerstörung zu reduzieren, ist bei jedem bedeutsamen Bodeneingriff zu untersuchen, ob geowissenschaftliche oder geomorphologische Besonderheiten beeinträchtigt werden.

E 2.6 03 Historisch gewachsene und landschaftstypisch ausgeprägte Siedlungen besitzen eine besondere landschaftliche Eigenart. Die Wirkung der Ortsränder trägt zum Erscheinungsbild der Siedlun- gen entscheidend bei. Zur langfristigen Erhaltung dieser kulturgeschichtlichen Zeugnisse, ist eine schonende, diese Aspekte berücksichtigende Entwicklungsplanung notwendig. Darüber hinaus ist es dringend geboten, erhaltenswerte Teile der Kulturlandschaft, die noch keinem anderen oder ausreichenden rechtlichen Schutz unterliegen, mit den Möglichkeiten der Raumordnung zu sichern. Siedlungsbereiche mit historisch gewachsenen und landschaftstypisch ausgeprägten Siedlungsstrukturen, d.h. mit besonderer landschaftlicher Eigenart sowie mit harmonischen, landschaftsgerecht eingegrünten Ortsrändern wurden daher als ‘Kulturelle Sachgüter’ ausgewiesen. Das Ziel dieses Planzeichens ist die Freihaltung bzw. der Erhalt und die Pflege der landschaftsgerechten Siedlungsränder und historischen Ortsbilder sowie der damit einhergehenden gewachsenen sozialen, kulturellen und städtebaulichen Identität. Auch ihr besonderer Wert für das Landschaftsbild ist zu erhalten und zu steigern. Eine besondere landschaftliche Eigenart wird geschlossenen Siedlungsbereichen ohne Zersiede- lungserscheinungen mit harmonischen, landschaftsangepassten Ortsrändern, traditioneller, z.T. historischer Bausubstanz und -materialien, charakteristischen Grünelementen sowie einem geringen Anteil an Neubausiedlungen oder technisch-funktional anmutenden landwirtschaftli- chen oder gewerblichen Zweckbauten zugesprochen. Ortsränder sind als harmonisch eingestuft, wenn sie landschaftsgerecht eingegrünt sind, sich der Topographie anpassen, häufig historische Nutzungsformen sowie gewachsene Siedlungsstruktu- ren mit traditionellen Bauweisen und Materialien erkennen lassen. Diese Ortsränder sind demzufolge landschaftlich reizvoll. Eine detailliertere Abgrenzung der Bereiche mit harmoni- schen Ortsrändern ist den aktuellen Landschaftsrahmenplänen zu entnehmen.

55 Erläuterungen

Ortsteile, die reich an traditionellen und landschaftstypischen Elementen sind, sind z.B. Egge mit Einfriedungen aus Sandsteinplatten sowie Selxen, Multhöpen und Gellersen mit gut erhaltenem Streuobstgürtel. In einigen abseits der Hauptverkehrsstraßen gelegenen Ortsteilen, deren traditioneller dörflicher Charakter kaum durch Neubauten verändert wurde, scheint die Zeit stehengeblieben zu sein (z.B. in Ahrenfeld, Voremberg und Levedagsen). Als typische Streu- siedlung des Lipper Berglandes ist Friedrichsburg hervorzuheben. Größere Ortsteile sind meist in Teilen durch intensive jüngere Siedlungsentwicklung geprägt, so dass eine besondere landschaftliche Eigenart in oben beschriebenem Sinn nicht besteht.

E 2.6 04 Bedeutende kultur- und naturhistorische Landschaftselemente und Kulturdenkmäler tragen zur Förderung des Kulturbewusstseins und Stärkung der Identifikation mit dem Kulturraum bei. Diese positive Wirkung kann durch eine Öffnung für die Allgemeinheit bzw. für den Tourismus verstärkt werden.

56 Erläuterungen

57

Erläuterungen

3 Nutzung und Entwicklung natürlicher und raumstruktureller Stand- ortvoraussetzungen 3.0 Umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung der Wirtschaft und der Infrastruktur

E 3.0 01 Eine große gesellschaftliche Aufgabe besteht gegenwärtig darin, neue, möglichst qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Diesbezüglich wird aus regionalplanerischer Sicht das Ziel formuliert, ein ausgeglichenes Verhältnis von Wohn- und Arbeitsplätzen herzustellen. Auf diese Weise sollen zahlreiche Umweltprobleme entschärft werden, die insbesondere durch das erhöhte Pendleraufkom- men ausgelöst werden. Ein rein quantitativ ausgeglichenes Verhältnis garantiert jedoch noch keine Entlastung der Umwelt. Eine nachhaltige Stadtentwicklung wird nur erreicht werden, wenn das Ziel verfolgt wird, ausreichend Arbeitsplätze sowohl für Männer als auch für Frauen in räumlicher Nähe zum Wohnort zur Verfügung zu stellen. Damit werden auch die Grenzen dieser Vorgehensweise sichtbar. Es wird kaum flächendeckend gelingen, die Berufskombination der (Ehe)Partner am Ort zu realisieren. Das Berufspendleraufkommen lässt sich verkehrstechnisch jedoch besser erfassen und steuern als das Freizeitverhalten und die damit verbundene Mobilität. Angesichts der Probleme auf dem Arbeitsmarkt sind den Handlungsmöglichkeiten der Regionalpoli- tik Grenzen gesetzt. In erster Linie gilt es die endogenen Entwicklungspotenziale (s. E 1.1 03) zu nutzen, die Kräfte zu bündeln und unnötige Konkurrenzkämpfe unter den Städten und Gemeinden des Landkreises zu vermeiden. Es ist anzustreben, dass die Städte und Gemeinden des Landkreises miteinander kooperieren, um ein zukunftsorientiertes und für potenzielle Investoren attraktives und hochwertiges Angebot an Gewerbestandorten bzw. -flächen vorhalten zu können.

3.1 Gewerbliche Wirtschaft und Fremdenverkehr Entwicklung der Arbeitslosenquote im Landkreis Hameln-Pyrmont Im Zeitraum zwischen 1995 und 1998 ist die Zahl der Arbeitslosen im Landkreis Hameln-Pyrmont von 7384 (Juni 1995) auf 9476 (Juni 1998) angestiegen (s. Abb. 22). Daraus ergibt sich ein Anstieg der Arbeitslosenquote von 11 % (1995) auf 14,3 % (1998).

Abb. 22: Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Landkreis Hameln-Pyrmont 1993-1998 Quelle: Arbeitsamt Hameln

12000

10000

8000

6000

4000

2000

0

93 94 95 95 95 96 97 97 97 97 z z 95 z 96 e rz p rz n ep D M Jun 94 Sep 94 Dez 94 Mr Jun Se Dez Mrz 96 Jun 96 Sep De M Ju S Dez Mrz 98 Jun 98 Arbeitslose insgesamt Frauen Langzeit >1 Jahr

59 Erläuterungen

Die Arbeitslosenquote des Landkreises Hameln-Pyrmont lag im Zeitraum zwischen 1995 und 1998 über dem jährlichen Landes- und Bundesdurchschnitt (West). Land und Bundesgebiet (West) verzeichneten 1998 rückläufige Quoten 4 (s. Abb. 23).

Abb. 23: Entwicklung der Arbeitslosenquote von 1995 bis 1998 im Vergleich: Landkreis Hameln-Pyrmont, Land Niedersachsen und Bundesgebiet (West) Quelle: Arbeitsamt Hameln

14

12

10

8 in % in 6

4

2

0 1995 1996 1997 1998 Landkreis Hameln-Pyrmont Land Niedersachsen Bundesgebiet (West)

An der hohen Arbeitslosenquote des Landkreises haben vor allem die Städte Hameln und Bad Pyrmont großen Anteil (s. Abb. 24). In Hameln stieg die Arbeitslosenquote von 13,9 % (1995) auf 18,5 % (1998). In Bad Pyrmont war im gleichen Zeitraum ein Anstieg von 11,3 % auf 17,4 % zu verzeichnen. In den Städten Bad Münder und Hess. Oldendorf war dagegen ein wesentlich geringerer Anstieg zu beobachten. In Hess. Oldendorf stieg die Arbeitslosenquote von 11 % (1995) auf 13,8 % (1998) und in Bad Münder von 11,8 % (1995) auf 13,8 % (1998). Die v.g. Daten verdeutlichen die Strukturschwäche des Landkreises im Verhältnis zu anderen Regionen Niedersachsens und der Bundesrepublik (West).

Abb. 24: Arbeitslosenquoten in den Gemeinden des Landkreises mit über 20.000 Einwohnern 1995 - 1998. Quelle: Arbeitsamt Hameln 2 0

1 8

1 6

1 4

1 2

1 0

8

6 Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote in % 4

2

0 1995 1996 1997 1998 H am eln Bad Pyrmont Bad M ünder Hess. Oldendorf

4 Bei der Betrachtung der Arbeitslosenquoten ist zu berücksichtigen, dass ab 1998 die selbstständig Beschäftigten erstmals in die statistische Berechnung einbezogen wurden. Die Arbeitslosenquote verringerte sich dadurch um bis zu 2,5 %. 60 Erläuterungen

Die Zahl der Arbeitslosen korrespondiert mit der Zahl der Erwerbstätigen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Beschäftigten am Ort des Arbeitsplatzes, die der Arbeitslosen dagegen am Wohnort gezählt werden. Hiermit ist zu erklären, dass in Hameln trotz überdurchschnittlich hoher Beschäftigung die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist.

Beschäftigungsentwicklung im Landkreis Hameln-Pyrmont In den letzten Jahren nahm die Beschäftigung im Landkreis Hameln-Pyrmont deutlich ab. 1997 ging die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr im Landkreis um 2,8 % auf 49.403, in der Stadt Hameln um 2,2 % auf 25.987 und im übrigen Kreisgebiet um 3,5 % zurück. Die Beschäftigungsquote (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Verhältnis zu den 18- bis 65jährigen Einwohnern) ermöglicht eine Einschätzung der Beschäftigungsentwicklung unter Beachtung der demographischen Entwicklung. Im Landkreis liegt die Beschäftigungsquote zwar mit 52,6 % noch deutlich über dem Wert des Landes Niedersachsen mit 46,6 %, jedoch geht sie – wie auch die absolute Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – im Landkreis stärker zurück als im Land. Der Rückgang ist bei den Männern stärker als bei den Frauen (vgl. Abb. 25 und Abb. 26). Die Beschäftigungsquote liegt in größeren Städten, wie auch in Hameln gewöhnlich über der des Umlandes. Die Stadt Hameln erreicht mit 83 % die höchste Beschäfti- gungsquote aller Kommunen im Landkreis, gefolgt von der Stadt Bad Pyrmont mit 68 %. Besonders niedrig ist sie im Flecken Salzhemmendorf und in der Stadt Hessisch Oldendorf.

Abb. 25: Beschäftigungsquote: Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Männer am Arbeitsort im Landkreis Hameln-Pyrmont im Verhältnis zu den 18- bis 65jährigen Einwohnern nach Wirtschaftsabteilungen

Land-/Forstwirtschaft,Fischerei 70

Verarbeitendes Gewerbe,Bergbau 60

Baugewerbe 50

Handel 40

Verkehr, Nachrichtenübermittlung 30

Dienstleistungen 20

Banken,Versich.,Gebietskörpersch. 10

0 1980 1987 1992 1997

61 Erläuterungen

Abb. 26: Beschäftigungsquote: Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen am Arbeitsort im Landkreis Hameln-Pyrmont im Verhältnis zu den 18- bis 65jährigen Einwohnern nach Wirtschaftsabteilungen

70 Land-/Forstwirtschaft,Fischerei

60 Verarbeitendes Gewerbe,Bergbau

50 Baugewerbe

Handel 40 Verkehr, Nachrichtenübermittlung 30 Dienstleistungen 20 Banken,Versich.,Gebietskörpersch.

10

0 1980 1987 1992 1997

Die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den verschiedenen Wirt- schaftsabteilungen weist große Veränderungen auf: In den Wirtschaftsbereichen, in denen im Landkreis Hameln-Pyrmont bislang insgesamt und anteilsmäßig sehr viele sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren – in den Bereichen Kreditinstitute und Versicherungen, Holz-, Papier- und Druckgewerbe und im Bereich Elektro- und Feinmechanik – gingen und gehen noch immer die meisten Arbeitsplätze verloren – weit mehr als durchschnittlich im Land Niedersachsen. In den Wirtschaftsbereichen, in denen in Niedersachsen insgesamt ein hohes Beschäftigungs- wachstum zu verzeichnen ist, liegt die Beschäftigungszunahme im Landkreis weit unterhalb der des Landes.

Fazit: Dort wo bislang die Stärken des Landkreises lagen, sind die größten Verluste zu verzeich- nen. Gleichzeitig fällt der Landkreis in den Wachstumsbereichen zurück. Das Produzierende Gewerbe umfasst im Landkreis Hameln-Pyrmont viele Betriebe im Bereich der Antriebstechnik (Hameln und Aerzen) und der Möbelbranche (Bad Münder und Coppen- brügge). Die Unternehmen gehören zu den Führenden ihrer Branche. Hier liegt eine stabile Beschäftigungssituation vor. In fast allen übrigen Bereichen des Produzierenden Gewerbes geht die Beschäftigung zurück. Wachstumsbereiche sind vor allem das Gesundheitswesen und das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe in den Städten Hessisch Oldendorf und Bad Münder sowie im Flecken Aerzen und Organisationen ohne Erwerbscharakter in der Stadt Hameln.

Entwicklung der Erwerbstätigkeit im Landkreis Hameln-Pyrmont von 1992 bis 1996 Innerhalb des Zeitraumes von 1992 bis 1996 ging im Landkreis die Zahl der Erwerbstätigen um 6 % (4.100) zurück. Der Rückgang fällt damit annähernd doppelt so hoch aus wie im Land Niedersachsen. Im ‘Verarbeitenden Gewerbe‘ gingen mit einer Abnahme von ca. 3000 Stellen die meisten Arbeitsplätze verloren. Die größten prozentualen Verluste waren dagegen mit fast 40 % Rückgang im Bereich ‘Verkehr und Nachrichten‘ zu verzeichnen (1100 Erwerbstätige weniger). 62 Erläuterungen

Im ‘Baugewerbe‘ gingen innerhalb der vier Jahre über ein Fünftel (21,5 %) der Arbeitsplätze verloren (ca. 1000). Dieser Verluste ist deutlich höher als bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesem Bereich. In der ‘Landwirtschaft‘ ging die Zahl der Erwerbstätigen in diesem Zeitraum um 350 zurück (-16 %). Ebenso hohe Verluste wurden bei den ‘Gebietskörperschaften und Sozialversicherun- gen‘ festgestellt. Im Dienstleistungsbereich wurde dagegen von 1992 bis 1996 ein Anstieg von 18 % erreicht – eine Zunahme von 1900 Erwerbstätigen. Auch bei den ‘Organisationen ohne Erwerbscharakter‘ erhöhte sich die Zahl der Erwerbstätigen um über 700 Personen (+15 %).

Erwerbstätigkeit in den Städten und Gemeinden des Landkreises Die Darstellung der Situation der Erwerbstätigen in den Städten und Gemeinden des Landkreises beruht auf einer Hochrechnung auf der Basis der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Juni 1997, der Handels- und Gaststättenzählung 1993, der Handwerkszählung 1995, der Zählung handwerksähnlicher Betriebe 1996, der Beschäftigten im öffentlichen Dienst 1997 und der Agrarberichterstattung 1995: Die Beschäftigungssituation in den Städten und Gemeinden des Landkreises weist sehr große Unterschiede im Umfang, in den Wirtschaftsabteilungen, bei den Männern und Frauen und in der Entwicklung auf (s. Abb. 27). In der Stadt Bad Münder, der Gemeinde Emmerthal sowie in den Flecken Aerzen und Salzhem- mendorf überwiegt die Wirtschaftsabteilung ‘Verarbeitendes Gewerbe‘, wobei in Bad Münder die ‘Dienstleistungen‘ bereits einen annähernd gleich hohen Wert erreichen. In diesen Gemein- den ist dadurch auch der Männeranteil der Beschäftigten besonders hoch. In der Stadt Hessisch Oldendorf und im Flecken Coppenbrügge übertrifft die Wirtschaftsabtei- lung ‘Dienstleistungen‘ bereits den Bereich ‘Verarbeitendes Gewerbe‘. Die Städte Hameln und Bad Pyrmont weisen ein eigenständiges Profil auf. In Hameln erreicht das ‘Verarbeitende Gewerbe‘ eine etwa gleich hohe Quote wie die ‘Dienstleistungen‘. Hier ist im Gegensatz zu allen anderen Gemeinden die Wirtschaftsabteilung ‘Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen‘ besonders stark vertreten. In Bad Pyrmont überragt die Wirtschaftsabtei- lung ‘Dienstleistungen‘ alle anderen Bereiche beträchtlich. Zudem ist der ‘Handel‘ hier stärker vertreten als der Bereich ‘Verarbeitendes Gewerbe‘.

Die Beschäftigtensituation in den Städten und Gemeinden des Landkreises (vgl. Abb. 27) Im Flecken Aerzen wird die Beschäftigtensituation sehr stark vom ‘Verarbeitenden Gewerbe‘ und hier von nur wenigen großen Betrieben geprägt. Da es sich bei den Produktionsbereichen der Unternehmen um typische Tätigkeitsfelder und Berufe von Männern handelt, ist der Männeranteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten außerordentlich hoch. In der Stadt Bad Münder gleicht sich die Beschäftigung von Männern und Frauen tendenziell an, bleibt jedoch auf nur zwei Wirtschaftsbereiche konzentriert – auf das Holz-, Druck- und Papiergewerbe bei den Männern und auf den Gesundheitsbereich bei den Frauen. Beide Bereiche sind nicht krisen- und zukunftssicher, wenn auch die Unternehmen in Bad Münder zu den innovativsten der Branche zu rechnen sind. In der Stadt Bad Pyrmont wird die Beschäftigungssituation von der Wirtschaftsabteilung ‘Dienstleistungen‘ geprägt. In diesem Bereich sind 73 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Frauen. Demzufolge sind in Bad Pyrmont mit 61 % auch insgesamt deutlich mehr Frauen als Männer beschäftigt. Die Beschäftigungssituation entwickelte sich bis 1996 sehr gut, insbesondere im Vergleich zu den anderen Standorten im Landkreis. Erst in jüngster Zeit scheint dieser zeitweise sehr dynamische Wachstumsprozess gestoppt zu sein. 1997 ging erstmalig in vielen Bereichen die Beschäftigung zurück. Als entscheidende Ursache für diese Entwicklung ist die Gesundheitsstrukturreform zu sehen, da Rückgänge vor allem im Dienstleistungsbereich 63 Erläuterungen

insbesondere im Gesundheitswesen zu beobachten sind. Insgesamt bleibt die Beschäftigungsquo- te insbesondere bei den Frauen jedoch weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.

Abb. 27: Erwerbstätige nach Wirtschaftsabteilungen in den Städten und Gemeinden des Landkreis Hameln-Pyrmont je 18- bis unter 65jährige im Jahr 1997 Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, Berechnungen Dipl. Ing. P. Kramer

Salzhemmendorf Dienstleistungen

Hess. Oldendorf Banken,Versich., Gebietskörpersch.

Hameln Verkehr, Nachritenübermittlung Handel Emmerthal Baugewerbe

Coppenbrügge Verarbeit. Gewerbe,Bergbau

Land-/Forstwirtschaft, Bad Pyrmont Fischerei

Bad Münder

Aerzen

Landkreis Hameln-Pyrmont

0 5 10 15 20 25 30 35 %

Im Flecken Coppenbrügge war die Beschäftigungssituation in den letzten Jahren durch den zwischenzeitlich sehr starken Anstieg in der Möbelbranche gekennzeichnet. Im Wirtschaftsbe- reich der ‘Dienstleistungen‘ stieg die Beschäftigung dagegen sehr stetig an. Beide Bereiche werden jedoch jeweils von nur einem Betrieb geprägt. In der Gemeinde Emmerthal weist die Beschäftigungssituation eine relativ heterogene Struktur auf. Ausgesprochen große Betriebe oder ein Branchenschwerpunkt sind nicht auszumachen. Der Anteil der Männer bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist überdurchschnittlich hoch. Die Ursache liegt in der geringen Anzahl Beschäftigter in der Wirtschaftsabteilung ‘Dienstleistungen‘, in der i.d.R. weit mehr Frauen als Männer beschäftigt sind. Der ohnehin bereits unterdurchschnittliche Anteil des Dienstleistungsbereiches nimmt weiter ab. Die Stadt Hameln hat in der Wirtschaftsabteilung ‘Kreditinstitute und Versicherungen‘ einen weit über dem Durchschnitt des Landes Niedersachsen liegenden Beschäftigungsanteil (bedingt durch ein national bedeutendes Finanzdienstleistungsunternehmen). In diesem Wirtschaftsbe- reich sind jedoch deutliche Beschäftigungsverluste zu verzeichnen.

64 Erläuterungen

In der Stadt Hessisch Oldendorf gibt es zwei bedeutende Wachstumsbereiche: An erster Stelle ist der Gesundheitsbereich zu nennen; die Einführung der Pflegeversicherung wird hier einer der Hauptantriebe der Entwicklung gewesen sein. An zweiter Stelle steht das ‘Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe‘; hier hat sich die Zahl der Beschäftigten innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Auch der ‘Handel‘ hat für die Beschäftigung in der Stadt Hessisch Oldendorf eine große Bedeutung. Hier ist jeder Fünfte der Beschäftigten tätig; der Anteil der Selbständigen ist besonders hoch. Im Flecken Salzhemmendorf hängt die Beschäftigung wesentlich von der Entwicklung nur eines Unternehmens ab. Als Folge hiervon durchlebte Salzhemmendorf mit deutlichem Abstand die größten Veränderungen aller Kommunen im Landkreis. Alle anderen Wirtschaftsbereiche spielen für die Beschäftigungssituation Salzhemmendorfs eine untergeordnete Rolle. Besonders auffällig ist die niedrige Beschäftigungsquote bei den Frauen, vor allen Dingen auch im sonst stark frauen- und wachstumsorientierten Dienstleistungsbereich.

E 3.1 01 Eine Wirtschaftsentwicklung, die der erwerbsfähigen Bevölkerung eine ausreichende Erwerbs- möglichkeit bietet, ist Voraussetzung für die Sicherung der Lebensverhältnisse und für die Erreichung gleichwertiger Lebensbedingungen. Dazu gehören gezielte Förderkonzepte finanziel- ler und beratender Art zum Anreiz von Entwicklungen sowie eine möglichst große Branchen- vielfalt, um bei einem etwaigen Einbruch spezifischer Wirtschaftsabteilungen die Verschlechte- rung der Gesamtsituation zu minimieren oder zu vermeiden. Ferner stellen qualifizierte Arbeits- kräfte sowie praxisorientierte Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen und ein breit gefächertes Angebot an privater und öffentlicher Infrastruktur wesentliche Standortfaktoren dar. Die Wirtschaftsstruktur des Landkreises Hameln-Pyrmont ist geprägt von einer Vielzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, die letztlich die Mehrzahl der im Landkreis vorhandenen Dauerar- beitsplätze zur Verfügung stellen. Unternehmen in dieser Größenordnung haben es im Allgemei- nen besonders schwer, wettbewerbsfähig zu bleiben. Ihnen fehlt oft das Innovationspotenzial, um der schnellen Entwicklung des Marktes zu entsprechen. Unternehmen, deren Existenz durch den Strukturwandel bedroht ist, sind bei notwendiger Reorganisation beratend zu unterstützen; dabei sollten ein Personalabbau sozialverträglich gestaltet und gezielte Qualifizierungsmaßnahmen für die Betroffenen angestrebt werden. Ein verstärkter Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft unter Ausnutzung des Forschungs- und Entwicklungspotenzials der Universitäten (Hannover uni transfer), Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen kann dazu beitragen, das Innovationspotenzial in den Unternehmen im Landkreis durch gezielte Beratung und Betreuung zu stärken. Der in Trägerschaft des Landkreises eingerichtete Medienpark soll das enorme Wachstumspotenzial der innovativen Informations- und Kommunikationstechnologie fördern und entsprechenden Unternehmen, die in diesem modernen, zukunftsfähigen Bereich arbeiten, als Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum günstige Standortvoraussetzungen bieten. Parallel dazu ist mit dem Technologie- und Gründerzentrum der Stadt Hameln ein weiteres Förderungs- instrument und eine wichtige Starthilfe für innovative Unternehmen gegeben. Die “Impuls - Gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit und Qualifizierung Landkreis Hameln-Pyrmont mbH“ hat die Aufgabe, Langzeitarbeitslose wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Sicherung vorhandener und die Schaffung neuer (qualifizierter) Arbeitsplätze sind das originäre Ziel. Wie die oben beschriebene Entwicklung zeigt, werden in der Industrie und in der Landwirtschaft jedoch fortwährend Arbeitsplätze abgebaut. Aufgrund der ungünstigen Standort- bedingungen des Landkreises – insbesondere im verkehrlichen Bereich – sind Neuansiedlungen im produzierenden Gewerbe in wesentlichem Umfang nur schwer zu erreichen, daher kommt der Sicherung bestehender Betriebe eine besondere Bedeutung zu. Bezüglich neuer Betriebe sollte sich auf die Ansiedlung weniger standortgebundener Wirtschaftsbereiche konzentriert werden.

65 Erläuterungen

In der Wirtschaftsförderung steht die verordnungsgerechte Verteilung von Fördermitteln im Vordergrund. Dieses Instrument ist äußerst risikobehaftet, zumal es verhältnismäßig leicht geändert werden kann (und daher keine Nachhaltigkeit besitzt). Für die gewerbliche Entwick- lung ist heute das Standortmanagement von entscheidender Bedeutung.

E 3.1 02 Im Vordergrund aller regionalwirtschaftlicher Bemühungen steht die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Raum-, sozial- und umweltverträglich ist es, wenn dies in vorhandenen Betrieben geschieht. Darüber hinaus ist es jedoch unverzichtbar, die Anstrengungen im Bereich von Neugründungen, insbesondere möglichst arbeitsplatzintensiver Betriebe aus Wachstumsbran- chen im Rahmen der Wirtschaftsförderung zu erhöhen. Die Bereitstellung eines ausreichenden Angebotes an Flächen für die Ansiedlung und Erweite- rung von Betrieben ist eine notwendige Voraussetzung für die Entfaltung der wirtschaftlichen Potenziale einer Region. Auch ohne Neuansiedlungen werden allein für die Bestandssicherung von Betrieben zusätzliche Gewerbeflächen benötigt. Nach Untersuchungen des Niedersächsi- schen Institutes für Wirtschaftsforschung in mehreren niedersächsischen Regionen kommen i.d.R. mehr als die Hälfte der Betriebe in Gewerbegebieten aus der eigenen Gemeinde, und zwar als Erweiterungen oder Umsiedlungen von Betrieben. Bei diesen Zielgruppen, die auch in Zukunft stark im Vordergrund stehen dürften, handelt es sich nicht nur um die Gruppe der ‘expandierenden‘ Betriebe, sondern auch um solche, die im Zuge von Modernisierungen und grundlegenden Umstrukturierungen auf der zur Verfügung stehenden Fläche keine modernen Produktionsabläufe installieren können. Die Ansiedlung von neuen Betrieben ist i.d.R. nur in Gewerbegebieten aussichtsreich, die über eine hohe Standortgunst verfügen. Regionalplanerisch wird das Ziel verfolgt, gewerbliche Standorte durch eine Bündelung vorhandener leistungsfähiger Infrastruktur zu konzentrieren und zu entwickeln. Um eine ausreichende Entwicklung gewerblicher Flächen an geeigneten Standor- ten zu ermöglichen, sollten die kreisangehörigen Städte und Gemeinden in eine interkommunale Zusammenarbeit eintreten und eine gewisse Bodenvorratspolitik betreiben. Damit könnten auch personelle und finanzielle Kapazitäten beim Konkurrenzkampf um gewerbliche Ansiedlungen optimiert, kanalisiert und effektiv eingesetzt werden. Im Umkreis von Ballungsgebieten bestehen z.B. eine Reihe von Kooperationsmodellen gemeinsamer Erschließung und Verteilung von Kosten und Erträgen.

E 3.1 03 Das Institut für Solarenergieforschung Hameln/Emmerthal als zentrale Forschungseinrichtung in Niedersachsen, die im Entstehen befindliche Solarfabrik in Hameln sowie die jährlich in der Stadt Hameln stattfindende Messe für Solartechnik (Soltec) bieten günstige Standortbedingun- gen und Synergieeffekte für die Ansiedlung weiterer Unternehmen aus der Solarbranche.

E 3.1 04 Die ehemalige Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hameln-Pyrmont hat eine Erhebung der bestehenden Industriebrachen und Gewerbeflächen durchgeführt. Die Nutzung dieser Flächen ist Neuausweisungen vorzuziehen.

E 3.1 05 Die Standorte mit der ‘Schwerpunktaufgabe Sicherung und Entwicklung von Arbeitsstätten‘ in den Mittelzentren Hameln und Bad Pyrmont sind im Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) festgelegt (s. auch LROP B 6 07). Zusätzlich wird das Grundzentrum Hessisch Oldendorf als Standort mit der ‘Schwerpunktaufgabe Sicherung und Entwicklung von Arbeitsstätten‘ ausge-

66 Erläuterungen

wiesen. Die Wahrnehmung dieser Schwerpunktaufgabe gilt für den zentralörtlichen Bereich von Hameln, Bad Pyrmont und Hessisch Oldendorf (s. auch E 1.6 01-03).

E 3.1 07 Im Hinblick auf den wachsenden Freizeit- und Tourismusmarkt, können im Tourismusbereich erhebliche Entwicklungspotenziale des Landkreises gesehen werden, die es zu nutzen gilt. Im Zuge des Strukturwandels kann der Tourismus Defizite ausgleichen, die durch den Wegfall von Arbeitsplätzen in anderen Bereichen entstehen. Aus Abb. 28 geht deutlich hervor, dass nicht alle Gemeinden des Landkreises in den letzten zehn Jahren steigende Übernachtungszahlen 5 aufwiesen. Auf die Städte Bad Pyrmont und Bad Münder hat sich vor allem die Gesundheitsstrukturreform (1997) negativ ausgewirkt.

Abb. 28: Entwicklung der Gästeübernachtungen in den Städten und Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont (1988 = 100) Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik

230 220 Hameln-Pyrmont 210 Aerzen 200 190 Bad Münder 180 Bad Pyrmont 170 160 Hameln 150 Hessisch Oldendorf 140 Salzhemmendorf Index (1988 = 100) 130 120 110 Die Gemeinden Emmerthal und 100 Coppenbrügge sind aufgrund der 90 geringen Größe der vorhandenen Unterkünfte (< 9 Betten) in der 80 Statistik des NLS nicht aufge- 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 führt.

Der Landkreis Hameln-Pyrmont liegt im Fremdenverkehrsgebiet Weserbergland. Erholung und Tourismus haben aufgrund der natürlichen Gegebenheiten und der vorhandenen Freizeitinfra- struktur im Landkreis einen besonderen Stellenwert. Eine Analyse der touristischen Infrastruktur des Landkreises Hameln-Pyrmont ergab eine Fremdenverkehrsdichte von 0,034 Betten pro Einwohner. Der Landkreis weist damit einen für die Region durchschnittlichen Wert auf. Die Unterschiede innerhalb des Landkreises sind jedoch sehr hoch. Sie liegen zwischen 0,2 Betten/EW in der Stadt Bad Pyrmont und 0,009 im Flecken Aerzen, wobei sich die übrigen Städte und Gemeinden lediglich zwischen 0,015 und 0,034 Betten/EW bewegen. Der Durch- schnitt im Landkreis wird demnach durch die hohe Fremdenverkehrsdichte in Bad Pyrmont stark angehoben und vermittelt ein unzutreffendes Gesamtbild. Diese Unterschiede des Tourismus zwischen den Städten und Gemeinden des Landkreises werden auch in der Abb. 29 deutlich. In Bad Pyrmont liegt sowohl die Anzahl der Gästeübernachtungen je Einwohner als auch die Aufenthaltsdauer sowie die Bettenauslastung deutlich über den Werten der übrigen Gemeinden.

5 Die für Abb. 28 und Abb. 29 verwendete offizielle Statistik vom Niedersächsichen Landesamt für Statistik erfasst nur Betriebe mit mindestens 9 Betten. Demzufolge wird ein Großteil der Übernachtungsmöglichkeiten (insbesondere in den kleineren ländlichen Gemeinden) nicht verzeichnet. Diese Daten liefern daher auch für die Übernachtungszahlen und die Aufenthaltsdau- er kein vollständiges Bild. z.B. ist die Übernachtungsdauer in Ferienhäusern und -wohnungen auf dem Land, die häufig weniger als 9 Betten anbieten, meist deutlich länger als in Hotels u.ä.. Daher ist diese Statistik entsprechend zu interpretieren. 67 Erläuterungen

Abb. 29: Tourismus im Landkreis Hameln- Pyrmont im Jahr 1998 Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik

55 51 50 43,9 45 43 40 36,7 35 29,2 28,9 29,1 30 25 21 20 15 8,2 9,2 10 6,4 5 6 3,2 5 1,1 2,4 2,6 1,9 1,9 1,5 2,3 0

t t f f n n r r n e n l o z o e o o r d d m m m r e r n n a e e y A y H d P l m - P n d O m l a e e h B c h m s z i l a s a H s S e H Gästeübernachtungen je Einw. Aufenthaltsdauer [Tage] Bettenauslastung [%]

In der Weserregion wird der Landkreis Hameln-Pyrmont vor allem angesichts seiner landschaft- lichen Qualitäten und aufgrund des Bekanntheitsgrades seiner Städte sowie des Reizes seiner Landschaft und Dörfer als Zielgebiet des Tourismus nachgefragt. Gedrängt durch die starke Konkurrenz anderer Regionen ist es notwendig, mit neuen Organisationsstrukturen auf regiona- ler Ebene, insbesondere durch Bündelung der Budgets, die Marketing-Schlagkraft zu steigern. Eine Möglichkeit der Zusammenarbeit ergibt sich vor allem in Form gemeinsamer Werbung und einem im Landkreis vorhandenen Direktbuchungssystem, dessen weiterer Ausbau anzustreben ist. Wettbewerbsstärke erreicht eine Region jedoch nur, wenn sie ihre Kernfähigkeiten hervorhebt, die der jeweiligen Region einen nachhaltigen Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern verschafft; d.h., der ‘Alleinstellungswert’ des Landkreises muss erkannt und geschickt vermarktet werden. Die Angebotsvielfalt sollte auf die Wünsche ausgewählter Gästegruppen bzw. bestimmter ‘Lebensstilgruppen’ abgestimmt sein, anstatt verschiedene Leistungen unterschiedlicher Qualität nebeneinander anzubieten. Im Rahmen des ‘Offenen Forums Tourismus Weserbergland’ wurde daher ein Leitbild für das Weserbergland entwickelt, in dem die folgenden Punkte als die wichtigsten Erfolgspotenziale der Region angesehen werden: • Märchen / Sagen / Legenden • Romantik (Burgen, Schlösser, historische Städte, Weserrenaissance) • Naturerlebnis (Wandern, Rad fahren) • Wellness / Fitness / Gesundheit • Tagungen in besonderer Atmosphäre Die ‘Region Weserbergland‘ bietet Ruhe zum Auftanken vor der Haustür größerer Städte und Ballungszentren, aber auch verdeckte Werte, ‘einzigartige Kleinodien’, die es zu entdecken gilt. Demzufolge wurde das Weserbergland als das Entdecker-Land mit den fünf Säulen Märchen, Überraschung, Heile Welt, Auftanken und Business positioniert, womit die Stärken der Region getroffen werden und eine Einzigartigkeit im Wettbewerbsumfeld gegeben ist. Das Entdecker- Land soll als ‘Leitfaden’ die Möglichkeit zum vielfältigen Ausbau des Tourismus bieten.

68 Erläuterungen

In ländlichen Räumen wie dem Landkreis Hameln-Pyrmont haben touristische Anforderungen an den Komfort von Hotels und Gastronomie meist weniger Bedeutung als funktionale Originali- tät und Einrichtungsstil in Haus und Mobiliar. Besonderer Wert wird auf eine regionaltypische Küche unter Verwendung von Produkten aus heimischer Erzeugung oder Verarbeitung gelegt. Professionelle Dienstleistungen und Informationsmaterial sind insbesondere in den Bereichen Kultur und Natur wichtig. Auch die Umweltqualität hat bei der Reiseentscheidung von Urlaubs- gästen eine hohe Bedeutung. Das wird auch durch den Trend zum ‘sanften Tourismus’ hervor- gehoben. Im Landkreis Hameln-Pyrmont sind die Voraussetzungen für den ‘sanften Tourismus’ in weiten Teilen gegeben, insbesondere in den Gebieten mit hohem Waldanteil.

E 3.1 08 Die Voraussetzungen bzw. Auswahlkriterien für die ‘Standorte mit der besonderen Entwick- lungsaufgabe Fremdenverkehr’ waren das Vorhandensein und die derzeitige Nutzung von Tourismusseinrichtungen, Übernachtungsmöglichkeiten, Freizeitangeboten und Sehenswürdig- keiten sowie ihre Lage in reizvoller und abwechslungsreicher Landschaft. Die Standorte sollten sich zudem positiv auf die gesamte touristische Entwicklung des Landkreises auswirken. Demzufolge sind die zentralörtlichen Bereiche der Städte Hameln, Bad Pyrmont und Bad Münder sowie des Fleckens Salzhemmendorf als derartige Standorte mit den folgenden Schwer- punkten festgelegt: Stadt Hameln: Städtetourismus (Rattenfängerstadt), Bad Pyrmont / Bad Münder / Salzhemmendorf: Kur- und Gesundheitswesen. Hier sollte eine dem Bedarf angepasste qualitative Verbesserung des bestehenden Angebotes Vorrang vor einer quantitativen Erweite- rung von Tourismuseinrichtungen haben.

E 3.1 09 Der Tourismus gewinnt im Landkreis Hameln-Pyrmont als Wirtschaftszweig und Erwerbsgrund- lage (auch als Zuerwerb) in zunehmendem Maße an Bedeutung. Die Voraussetzungen für die weitere Entwicklung des Fremdenverkehrs sind daher zu erhalten bzw. zu verbessern. Dazu gehören sowohl der Schutz und die Pflege der Landschaft, als auch die Verbesserung des Angebotes an Beherbergungsstätten und Tourismuseinrichtungen sowie einer erholungsrelevan- ten Infrastruktur. Die gegenwärtigen Übernachtungszahlen im Landkreis Hameln-Pyrmont zeigen, dass der Schwerpunkt der Übernachtungen im Sommerhalbjahr liegt. Durch geeignete infrastrukturelle Maßnahmen können Bestrebungen zur Saisonausweitung wirksam unterstützt werden, um eine gleichmäßigere Bettenauslastung im Jahresverlauf zu erreichen. Mit einer nachhaltigen Tourismuspolitik ist es möglich, qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen, sowie einen rücksichtsvollen Umgang mit Mensch und Landschaft durchzusetzen. Der Touris- mus stellt daher eine solide Grundlage für die weitere Entwicklung des Landkreises dar. Zur Aufstellung eines erfolgversprechenden auch wirtschaftlich lukrativen regionalen Touris- mus-Management-Konzeptes, ist es empfehlenswert, die Vorstellungen der Bevölkerung der jeweiligen Region einzubeziehen. Zur Entwicklung von Tourismuskonzeptionen oder Touris- mus-Leitbildern hat sich die Einrichtung von regionalen Foren bewährt. Die touristischen Leistungsträger haben die Möglichkeit, die Existenz der Landwirte direkt und indirekt zu unterstützen, indem sie die heimischen Produkte aus der Landwirtschaft beziehen. Die meisten attraktiven Urlaubsgebiete sind landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaften. Der Tourismus ist andererseits der einzige Wirtschaftszweig, der auch ein besonderes Interesse an nicht bewirtschafteten naturnahen Flächen hat. Der überwiegende Teil der Erholungslandschaf- ten ist jedoch vom Menschen beeinflusst, weil hier über Jahrhunderte die Landnutzung domi- nierte. Darin liegt ein Problembereich des Tourismus, denn ein sehr großer Anteil der wertvollen Kulturlandschaften wird von Nebenerwerbsbetrieben bearbeitet, die aufgrund der stattfindenden Entwicklung kaum noch existenzfähig sind. Die Leistungsträger des Tourismus müssen den Wert dieser Landschaften und ihrer Produkte erkennen, denn nur wenn es gelingt, gerade diese

69 Erläuterungen

landwirtschaftlichen Betriebe dauerhaft zu halten, kann auch die Landwirtschaft weiterhin ihre Funktion zum Erhalt der Erholungslandschaft erfüllen. Landwirte haben so die Möglichkeit, durch die Vermarktung traditioneller regionaltypischer Produkte (bestenfalls aus ökologischem Anbau) und das Angebot von Quartieren (Ferien auf dem Bauernhof), im Tourismus ein zweites Standbein zu finden.

3.2 Landwirtschaft

E 3.2 01 Die Agrarpolitik wird maßgeblich von der Europäischen Union (EU) geprägt. Die dadurch in der Vergangenheit hervorgerufenen erheblichen Veränderungen der Landwirtschaft sind auch im Landkreis Hameln-Pyrmont feststellbar. Ziel der Regionalplanung ist es, die vorgegebenen Entwicklungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten raumverträglich zu steuern. Die Landwirtschaft stellt im Landkreis Hameln-Pyrmont in weiten Bereichen einen raumbedeut- samen und die Kulturlandschaft prägenden Wirtschaftszweig dar. Der Anteil der landwirtschaft- lichen Nutzfläche (LF) liegt im Landkreis bei 51 % der Gesamtfläche. Im Rahmen der von Land, Bund und EU gesetzten Vorgaben sind günstige Betriebs- und Produktionsfaktoren der Land- wirtschaft zu sichern. Vor allem in den stark ländlich geprägten Gemeinden des Landkreises kommt der Existenzsicherung landwirtschaftlicher Arbeitsplätze eine besondere Bedeutung zu. Erwerbskombinationen bieten insbesondere kleineren landwirtschaftlichen Betrieben die Möglichkeit, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Eine Kombination von Landwirt- schaft und Tourismus insbesondere im Bereich ‘Urlaub auf dem Bauernhof‘ leistet zudem einen positiven Beitrag für das touristische Angebot im Landkreis. Die Land- und Forstwirtschaft hat im Landkreis Hameln-Pyrmont durch direkte und indirekte Beschäftigungseffekte (z.B. Mitarbeit von Familienangehörigen) sowie durch die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche eine deutlich höhere wirtschaftliche Bedeutung als der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesem Wirtschaftsbereich in Höhe von 1,3 % (NLS 1998) ausdrückt. Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe hat sich in den vergangenen Jahren im Landkreis deutlich verringert. Während 1991 noch 1.126 landwirtschaftliche Betriebe wirtschafteten, waren es 1997 nur noch 892 Betriebe. Dies entspricht einem Rückgang um 20,8 %. Das in den letzten Jahren anhaltende Höfesterben zeigt sich vor allem in dem Rückgang der Betriebe unter 50 ha. Die Verpachtung oder der Verkauf nicht mehr bewirtschafteter Flächen an Großbetriebe trägt zu der allgemeinen Entwicklung zu wenigen, aber flächenintensiven Betrie- ben bei. Tab. 7veranschaulicht diese Entwicklung. Im Jahr 1995 wurden im Landkreis 502 Haupterwerbsbetriebe gezählt. Dies ist ein Anteil von 51 % der Gesamtanzahl der Betriebe. Sie bewirtschaften 34.511 ha LF und damit rund 85 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche. Auf den verbleibenden 6.234 ha LF (15 %) wirtschaften 482 (49 %) Nebenerwerbslandwirte. Die unterschiedlichen landwirtschaftlichen Flächennutzungen und ihr Anteil an der gesamten LF des Landkreises sind in Tab. 8 dargestellt.

Tab. 7: Veränderungen der Betriebsgrößen über und unter 50 ha LF von 1991 zu 1995 auf Gemeindeebene nach Angaben der Agrarberichterstattung Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik 1991, 1995.

Betriebe insgesamt Betriebe unter 50 ha LF Betriebe über 50 ha LF Veränd. Veränd. Veränd. Gemeinden 1991 1995 in % 1 1991 1995 in %1 1991 1995 in % 1 70 Erläuterungen

Aerzen 203 165 -18,7 166 114 -31,3 37 51 +37,9 Bad Münder 135 106 -21,5 88 62 -29,6 47 44 - 6,4 Bad Pyrmont 121 100 -15,4 102 79 -22,6 19 21 +10,5 Coppenbrügge 124 103 -16,9 78 58 -25,6 46 45 - 2,2 Emmerthal 142 127 -10,6 89 77 -13,5 53 50 - 5,7 Hameln 114 94 -17,5 84 66 -21,4 30 28 - 6,7 Hess. Oldendorf 235 207 -11,9 193 157 -18,7 42 50 +19,1 Salzhemmendorf 99 83 -16,2 66 47 -28,8 33 36 +9,1

LK Hameln-Pyrmont 1.173 985 -16,0 866 660 -23,8 307 325 +5,9

Erläuterung: 1 Veränderung von 1991 zu 1995 in %

Tab. 8: Betriebsgrößenentwicklung: Betriebe mit 1,0 und mehr ha LF Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik.

Größenklassen Veränderung (ha LF) 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1991-1997 von 1 – 2 125 128 116 121 124 127 137 + 9,6 von 2 – 5 149 136 133 127 116 113 105 - 29,53 von 5 – 10 102 91 89 77 75 64 67 - 34,31 von 10 – 20 134 119 111 108 103 100 85 - 36,57 von 20 – 30 117 104 94 87 74 73 68 - 41,88 von 30 – 50 192 176 160 147 131 123 109 - 43,23 50 u. mehr 307 310 320 321 325 323 321 + 4,56 Insgesamt 1.126 1.064 1.023 988 948 923 892 - 20,78

Im Landkreis sind traditionell weite Bereiche typische Ackerbaustandorte, insbesondere die schwachwelligen Lössböden und flachhängigen Hangfußlagen des Weserberglandes sowie (nach Meliorationen) die großflächigen, selten überfluteten Bereiche der Weseraue. Es zählen nur noch 12,7 % der LF zum Dauergrünland, i.d.R. auf Grenzertragsstandorten. Die anteilig größten Grünlandbereiche liegen in Aerzen, Hessisch Oldendorf und Bad Pyrmont.

Tab. 9: Landwirtschaftliche Flächennutzungen im Landkreis Hameln-Pyrmont Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik Nutzung Fläche 1991 Fläche 1997 Fläche 1991 Fläche 1997 (in ha) (in ha) (in %) (in %) LF gesamt 41.090 40.422 100 100 Ackerbau 35.439 35.211 86,25 87,11 Dauergrünland 5.526 5.124 13,45 12,68 Sonstige Flächen 1 125 87 0,3 0,22 Erläuterung: 1 Haus- & Nutzgärten, Obstanlagen, Baumschulen

Veränderungen im Pflanzenbau ergaben sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund agrarpoliti- scher Signale. Beispielhaft ist hierfür der relativ hohe Anteil von Brachen an der gesamten LF. In den Betrieben mit Tierhaltung hat in der Vergangenheit eine zunehmende Spezialisierung stattgefunden. Kleine Mischbetriebe werden immer häufiger durch auf einzelne Nutztierarten spezialisierte Betriebe, oft mit größeren Viehbeständen, ersetzt. Generell ist jedoch ein Bedeu- tungsverlust dieses Produktionszweiges festzustellen. So hat die Gesamtzahl der Betriebe mit Viehhaltung von 1991 bis 1995 um 21 % abgenommen. Diese Tendenz gilt für alle wirtschaft- 71 Erläuterungen

lich relevanten Nutztierarten. In der Rindviehhaltung ging in dem genannten Zeitraum die Zahl der Betriebe um 28,5 % zurück. Hierin enthalten ist die Verringerung der Milchviehbetriebe um 33,1 %. Der Produktionsbereich Schweinemast und Zuchtsauenhaltung wurde in den letzten vier Jahren von 34,8 % der Betriebe aufgegeben. Ein Rückgang in der Milchviehwirtschaft hat in den letzten Jahren zu einer Reduzierung des Grünlandes in weiten Teilen des Landkreises geführt. Festzustellen ist, dass die Viehhaltung in Räumen mit hohem landwirtschaftlichem Ertragspotenzial der Böden und gleichzeitig überwie- gend gut ausgebildeter Agrarstruktur heute von relativ geringer Bedeutung ist. Dagegen spielt die Viehhaltung in Räumen mit vergleichsweise geringer Ertragsfähigkeit der Böden sowie entwicklungsbedürftiger Agrarstruktur noch eine verhältnismäßig große Rolle. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang viele Ortsteile in Bad Pyrmont und Aerzen, aber auch in Hessisch Oldendorf und Coppenbrügge. Die Viehhaltung in diesen Räumen ist unter anderem aus folgenden Gründen in besonderem Maße zu sichern und zu entwickeln: • Sicherung des Betriebseinkommens in Bereichen mit geringem standortbezogenem Ertragspo- tenzial, • Bewahrung der Kulturlandschaft und Sicherung der Eigenart des ländlichen Raumes als wichtige Voraussetzung für die Erholungsqualität der Landschaft sowie • Sicherung und Verbesserung der Umweltqualität im Weserbergland.

Grundlage der landwirtschaftlichen Nutzung soll die Einhaltung der Maßgaben einer ordnungs- gemäßen Landwirtschaft sein. Hierzu stellen die von den Landwirtschaftskammern Hannover und Weser-Ems (1991) herausgegebenen „Leitlinien Ordnungsgemäßer Landbewirtschaftung“ die Richtschnur dar und sind im Sinne von Mindestanforderungen an die Landwirtschaft zu verstehen. Tierhaltungsbetriebe haben in diesem Sinne die "Leitlinien Ordnungsgemäßer Tierhaltung" zu befolgen (Landwirtschaftskammern Hannover und Weser-Ems 1994). Die Weiterentwicklung und Förderung umweltgerechter Produktionsweisen und eine artgerechte Nutztierhaltung im Landkreis ist für den Ressourcenschutz und den Erhalt der Kulturlandschaft von großer Bedeutung. Aus Sicht einer vorsorgenden Regionalplanung steht eine Extensivierung der landwirtschaftli- chen Produktion im Vordergrund, um so einen Beitrag zum Ressourcenschutz (Boden, Grund- wasser) zu leisten und den Erhalt der Kulturlandschaft mit ihren prägenden und für den Arten- und Biotopschutz bedeutsamen Elementen zu sichern. Auf diese Weise soll der Tendenz der Stillegung einzelner Flächen (zumeist Grenzertragsstandorte) bei gleichbleibend intensiver Nutzung der verbleibenden Flächen entgegengewirkt werden. So sind beispielsweise Reduzierungen des Düngeraufkommens und damit die Verringerung von Nitratauswaschungen in das Grundwasser durch die Anwendung einzelbetrieblicher N-Bilanzen – wie in der Düngeverordnung vorgeschrieben – und die Nutzung von Fruchtfolgeeffekten über das derzeitige Maß hinaus erreichbar. Vergleichbares gilt für die Reduzierung von Pflanzenbe- handlungsmitteln (vgl. E 3.2 03). Die positive Entwicklung der vergangenen Jahre sollte weiter verfolgt werden. Die Präzisionslandwirtschaft kann hierzu wirksam beitragen. In Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Naturhaushalt oder die Erholungsvorsorge sollte eine Konkretisierung der allgemeinen Leitlinien zur ordnungsgemäßen Landbewirtschaftung von den Landwirtschaftsbehörden und Interessenvertretungen erarbeitet werden, um auf diese Weise die unterschiedlichen Anforderungen einer umweltschonenden und gleichzeitig existenzfähigen bäuerlichen Landwirtschaft erfüllen zu können.

Neue Fördermöglichkeiten der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes ergeben sich durch Mittel der EU – Stichwort Agenda 2000. Für Niedersachsen wurde ein spezielles auf die besondere Situation zugeschnittenes Programm PROLAND entwickelt. Die Fördermittel sollen dazu beitragen, dass nicht nur die Landwirtschaft in eine günstige Wettbewerbssituation

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gebracht wird, sondern auch deutliche Impulse zur Konjunkturbelebung und zur Diversifizierung der Wirtschaft im ländlichen Raum gesetzt werden

E 3.2 02 Die mit dem Planzeichen 4.1 als ‘Vorsorgegebiete für Landwirtschaft’ zeichnerisch dargestellten Bereiche sind Gebiete, die ein hohes, natürliches, standortgebundenes landwirtschaftliches Ertragspotenzial besitzen. Diese Vorsorgegebiete sollen daher für eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Produktion zur Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln sowie zur Gewähr- leistung der Existenz einer ‘bäuerlich‘ strukturierten Landwirtschaft gesichert werden. Sie sollten möglichst nicht durch andere Nutzungen beeinträchtigt werden. Grundlage zur Festsetzung dieser Gebiete ist bezüglich des natürlichen Ertragspotenzials die entsprechende Karte des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung (1: 50.000). Im Rahmen der Abwägung wurde eine Überlagerung mit ‘Vorranggebieten für Rohstoffgewinnung‘ und ‘Vorranggebieten für Natur und Landschaft‘ ausgeschlossen. Eine Überlagerung mit ‘Vorranggebieten für Trinkwassergewinnung‘ wird nicht ausgeschlossen, wobei die Landwirt- schaft in diesen Gebieten Einschränkungen unterliegt. Die hoch ertragreichen Standorte liegen nahezu ausschließlich in den landwirtschaftlichen Teilräumen II (Weserniederung) sowie in dem Teilraum Ia (Ebene bis schwach wellige Lössbe- cken und flachhängige Hangfußlagen) (s. Tab. 10).

Landwirtschaftliche Teilräume Die Agrarstruktur ist aufgrund natürlicher Standortfaktoren in einzelnen Bereichen des Land- kreises sehr unterschiedlich. Um diesen Rahmenbedingungen der Landwirtschaft in der Planung gerecht zu werden, werden in Anlehnung an die naturräumliche Gliederung zwei landwirtschaft- liche Teilräume mit z.T. weiteren Untergliederungen unterschieden.

Tab. 10: Beschreibung der landwirtschaftlichen Teilräume im Landkreis Hameln- Pyrmont. Teilraum I – Weserbergland

I a Ebene bis schwachwellige Lössbecken und flachhängige Hangfußlagen Räumliche Zuordnung Großflächige Beckenlandschaft, zwischen den einzelnen Höhenzügen gelegen. Diese Einheit kommt im gesamten Gebiet verbreitet vor, lediglich im Pyrmonter Raum tritt sie nur kleinflächig auf. Sie nimmt mit ca. dreiviertel der LF den größten Flächenanteil im Landkreis ein. Standörtliche Gegebenheiten Tiefgründige, tonige Schluffböden mit mittlerem bis hohem Basen- und Nährstoffgehalt sowie hohem Wasserbindungsvermögen, häufig mit Staunässe. Neigung zu Verschlämmung, Pflugsohlenbildung und Bodenerosion durch Wasser (v.a. Hangfußlagen). Acker- und Grünlandstandorte in Abhängigkeit vom Stauwassereinfluss mit mittlerem bis hohem Ertragspotenzial. Hauptnutzung Großflächige Ackernutzung, zusammenhängende Grünlandflächen i.d.R. nur in Waldrandlagen und Siedlungsberei- chen sowie auf staunassen Böden und an Nassstellen.

I b Schwach bewegte Sättel und Hochflächen Räumliche Zuordnung Langenfelder Hochfläche, Ottensteiner Hochfläche sowie Hochlagen am Deister-Südhang, bei Dehmkerbrock und im Raum Egge/Reine (Lipper Bergland); Flächenanteil: < 10% der LF. Standörtliche Gegebenheiten Frische bis mäßig trockene, örtlich staunasse, mittel-, vereinzelt flachgründige Mergel-, Kalk- oder Sandsteinverwitterungsböden mit fehlender bzw. geringmächtiger Lössauflage. Basen- und Nährstoffgehalt je nach Ausgangsgestein stark schwankend. Durch die Höhenlage (ca. 200 - 350 m ü. N.N.) klimatisch benachteiligt (kürzere Vegetationsperioden, erhöhte Windexposition), zudem erschwerte Bodenbearbeitung durch hohen Stein- oder Tongehalt. Acker- und Grünlandstandorte mit geringem bis mittlerem

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Ertragspotenzial. Hauptnutzung Überwiegend Ackernutzung, jedoch z.T. noch großflächige Grünlandnutzung auf nur schwach bewegtem Terrain. I c Stark reliefierte Hanglandschaften Räumliche Zuordnung Im gesamten Kreisgebiet mit Häufung in den Randbereichen. Vorwiegend in den oberen Lagen der einzelnen Höhenzüge (v.a. Ith, Thüster Berg, Süntel, Deister, Lipper Bergland, Talungen der Ottensteiner Hochfläche) jedoch auch kleinflächig an Kuppen innerhalb der Beckenlandschaften; Flächenanteil: < 20% der LF. Standörtliche Gegebenheiten Mäßig trockene bis trockene, mittel- bis flachgründige Mergel-, Kalk- oder Sandsteinverwitterungsböden mit fehlender bzw. geringmächtiger Lössauflage, Basengehalt je nach Ausgangsgestein stark schwankend, Nährstoffgehalt i.d.R. gering. Erschwerte maschinelle Nutzung und Bodenbearbeitung durch starke Reliefierung sowie hohen Steingehalt im Boden. Teilweise durch Höhenlage klimatisch benachteiligt und in starkem Maße vom Kleinklima beeinflusst. Oftmals Lagen mit ungünstiger Erschlie- ßung. Acker- und Grünlandstandorte nur mit vergleichsweise geringem Ertragspotenzial. Hauptnutzung Aufgrund der starken Reliefenergie i.d.R. nur Grünlandnutzung (insbesondere Beweidung) möglich, in den letzten Jahren verstärkte Tendenz zu Brache bzw. Aufforstung. I d Bachniederungen Räumliche Zuordnung Talungen der Hamel, Humme, Emmer, Saale, Ilse, Remte sowie weiterer kleinerer Nebengewässer; Flächenanteil: < 5% der LF. Standörtliche Gegebenheiten Tiefgründige, fruchtbare Aueböden mit hohem Basen- und Nährstoffgehalt und stark schwankendem, jedoch meist tiefstehendem Grundwasser. Nutzung z.T. durch kurze Überflutungen in den Wintermonaten erschwert (v.a. Hamel, Emmer). Häufige Nebelbildung sowie Spätfrostgefährdung durch Kaltluftabfluss. Acker- und Grünlandstandorte mit z. T. hohem Ertragspotenzial. Hauptnutzung Nach erfolgten Meliorationen überwiegend Ackernutzung. Höherer Grünlandanteil nur in tiefer eingeschnittenen Bachtälchen sowie in den Niederungen der größeren Bäche (Hamel, Humme). In der Emmeraue überwiegend Grünlandnutzung (mehr oder weniger geschlossenes Grünlandgebiet vom Pyrmonter Talkessel bis zur Mündung in die Weser).

Teilraum II – Weserniederung Räumliche Zuordnung Weseraue von Hajen bis Kleinenwieden mit bis zu 4 km breitem Talboden. Standörtliche Gegebenheiten Tiefgründige, fruchtbare Aueböden mit hohem Basen- und Nährstoffgehalt und stark schwankendem, jedoch meist tiefstehendem Grundwasser. Nutzung z.T. durch kurze Überflutung in den Wintermonaten erschwert. Acker- und Grünlandstandorte mit hohem Ertragspotenzial. Hauptnutzungen Nach erfolgten Meliorationen überwiegend Ackernutzung, Grünland häufig bandartig in schmalen Streifen direkt am Weserufer, jedoch keine größeren, mehr oder weniger zusammenhängende Grünlandgebiete.

Wie in der Darstellung zum Planzeichen 4.1 deutlich wird, kommt der Landwirtschaft aufgrund des Ertragspotenzials in großen Teilen des Landkreises eine hohe Bedeutung zu. Insbesondere gilt dies für die Weserniederung nördlich der Stadt Hameln und in der Gemeinde Hessisch Oldendorf, für ein Band, das sich von der nördlichen Kreisgrenze bei Bad Münder über Coppen- brügge und Salzhemmendorf bis zur südlichen Kreisgrenze bei Thüste erstreckt und nur vom Ith unterbrochen wird, und für große Bereiche um Aerzen und Emmerthal, die z.T. von den Pyrmonter Bergen sowie einigen Bachtälern begrenzt bzw. zerteilt werden. Im südlichen Teil des Landkreises kommen dahingegen großflächig nur Böden mit mittlerem bis geringem Ertragspo- tenzial vor. Hierzu zählt vor allem das südliche Gemeindegebiet von Emmerthal sowie weite Bereiche von Bad Pyrmont. Vor allem die landwirtschaftlichen Flächen in den hügeligen Regionen des Weserberglandes und in den Überschwemmungsbereichen der Flüsse sind durch Wassererosion gefährdet. In diesen Gebieten mit besonderer Empfindlichkeit des Naturhaushaltes (hohe Erosionsanfälligkeit, hohes 74 Erläuterungen

Grundwassergefährdungspotenzial, etc.) muss die Landwirtschaft über eine ordnungsgemäße Landbewirtschaftung hinausgehende Leistungen erbringen (s. auch D 2.2 10). Hier sind ggf. Ausgleichszahlungen oder Fördermaßnahmen erforderlich.

E 3.2 03 Der Landkreis Hameln-Pyrmont zählt vollständig zu dem im LROP 1994 (C 1.3) festgesetzten ‘Ländlichen Raum‘. Gemäß dieser Zweckbestimmung hat der gesamte Planungsraum eine hohe Bedeutung für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, die bei allen Entwicklungszielen zu berücksichtigen sind. Für die Landwirtschaft gilt hier, dass die Kultur- und Erholungslandschaft durch eine umwelt- schonende Landbewirtschaftung erhalten und wiederhergestellt werden soll und die Entwicklung eines funktional und räumlich zusammenhängenden Systems naturnaher Flächen in ausreichen- der Ausdehnung angestrebt wird. In diesem Zusammenhang steht die Festlegung von Bereichen mit hohem Grünlandanteil als ‘Vorsorgegebiete für Landwirtschaft aufgrund besonderer Funktionen der Landwirtschaft‘. Die Grünlandnutzung übt hier besondere Funktionen sowohl für den Ländlichen Raum als auch für den Naturhaushalt, die Landschaftspflege, Boden- und Gewässerschutz sowie die Erholung aus. In den ‘Vorsorgegebieten für Landwirtschaft aufgrund besonderer Funktionen der Landwirt- schaft‘ sind die Voraussetzungen für eine Bewirtschaftungsweise, die diese besonderen Funktio- nen erfüllt, zu erhalten und zu fördern. Das Planzeichen 4.2 dient zur Sicherung und Weiterent- wicklung der aktuell bedeutsamen Werte und Funktionen (s. Tab. 11). Der Landwirtschaft kommt eine große Verantwortung für den Erhalt der Kulturlandschaft zu. Besonders in den heute noch kleinräumig strukturierten Landschaftsteilen (Teilräume I b, I c, z.T. I d) ist die langfristige Sicherung der wirtschaftlichen Existenz landwirtschaftlicher Betriebe von großer Bedeutung, um so durch eine flächendeckende Landbewirtschaftung zur Pflege und Entwicklung der Kulturlandschaft beizutragen. Ausschließlich durch eine freie Entscheidung der Landwirte zur Teilnahme an Förderprogram- men (Vertragsnaturschutz) kann sichergestellt werden, dass eine Akzeptanz für die Honorierung der ökologischen Leistungen erreicht wird und die Landwirte die Bereitschaft aufbringen, ihre Betriebe langfristig zu extensivieren und auf die Grünlandnutzung auszurichten.

Tab. 11: Geltungsbereiche des Planzeichens 'Vorsorgegebiet für Landwirtschaft aufgrund besonderer Funktionen der Landwirtschaft'.

Flächenkategorie Spezielle Entwicklungshinweise und Maßnahmen Räumliche Zuordnung Zusammenhängende Erhalt und Weiterentwicklung großflächiger Grünlandgebiete als • Niederungen von Hamel und Grünlandgebiete (hoher Bestandteil der Kultur- und Erholungslandschaft und zum Schutz der Humme Grünlandanteil) biotischen Ressourcen, insbesondere: • Teilraum I c • Erhaltung extensiv genutzter Flächen bzw. Extensivierung intensiv • Teilraum I b, insbesondere genutzter Flächen durch Reduzierung durch Reduzierung der Nut- im Raum Egge / Rheine zungsintensität und -häufigkeit (Düngung, Mahd, Beweidung, Pflanzenschutz) • Umwandlung von Acker in Grünland Erhaltung und Neuanlage von Gehölzstrukturen (Obstwiesen, Hecken, Feldgehölze)

E 3.2 04 Eine enge räumliche Verknüpfung von Produktion, Verarbeitung und Handel ist aus regionaler Sicht sinnvoll, um neben der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze auch Transportwege und Verpackungsaufkommen zu reduzieren. In dieser Beziehung ist insbesondere die Vermarktung von umwelt- und artgerecht erzeugten Produkten verstärkt zu fördern. Hierzu ist die Unterstüt- zung durch Landwirtschaftsbehörden und Institutionen sowie Interessenvertretungen zur

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Entwicklung regionaler Absatzkonzepte und zur Koordination von Angebot und Nachfrage notwendig. In ländlichen Gemeinden mit unzureichender Versorgungsinfrastruktur kann die mobile Direktvermarktung und die Vermarktung über Nachbarschaftsläden, die mehrere Versorgungs- funktionen bündeln, die Versorgungssicherheit der Bevölkerung stützen. Tab. 12 gibt eine Übersicht über ausgewählte Produktions-, Verarbeitungs- und Vermarktungs- strukturen im Landkreis Hameln-Pyrmont.

Tab. 12: Ausgewählte landwirtschaftliche Erzeugerzusammenschlüsse und Vermarktungsorganisationen im Landkreis Hameln-Pyrmont und Umgebung (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) Quelle: (Marketing-Gesellschaft für niedersächsische Agrarprodukte e. V., 1997) Erzeugergemeinschaften, -organisationen - Erzeugergemeinschaft für Qualitätsgetreide “Weserhafen” w.V., Hameln, Rinteln - Erzeugergemeinschaft für Qualitätsgetreide Hameln u. U. e.G., Hameln - Erzeugergemeinschaft für Qualitätsraps Springe w. V., Coppenbrügge - Erzeugergemeinschaft für Qualitätsraps Deister-Weser e.G., Hameln - Erzeugergemeinschaft für Qualitätsraps Rohrsen-Lauenau e.G., Hülsede - Ferkel-Erzeugergemeinschaft Coppenbrügge w. V., Hameln - Erzeugergemeinschaft Bioland GmbH Nord, Wunstorf - Erzeugerorganisation Calenberger Feinfrost w.V. (in Vergleich), Bad Nenndorf Vermarktungsunternehmen - RHG-Lagerhaus Hameln, Hameln - WLV-Region Oberweser, Bodenwerder - Rudolf Meyer GmbH, Rintelner Lagerhaus, Rinteln Sonstige landwirtschaftliche Zusammenschlüsse und Initiativen - Bauernmarkt Hameln (Direktvermarktung) - “Die Pflückfrischen e. V.” (einzelne Erdbeerdirektvermarkter in der Region) - Egea-Projekt Hess. Oldendorf (Vermarktung von Produkten aus WSG) - Landfrauen-Service GmbH, Hameln Ernährungsindustrielle Unternehmen - Kampffmeyer Mühlen GmbH, Werk Wesermühle Hameln, Hameln - Eicker Mühle, Lemgo - Aerzener Brot H. + H. Schweckendiek GmbH, Aerzen - Lady Cake - Feine Kuchen GmbH & Co KG, Duingen - Vogeley´s Lebensmittelwerke, Hameln - RiHa WeserGold, Rinteln --- Iglo Langnese, Wunstorf

Die Fleischverarbeitung erfolgt zum Teil durch kleine, örtliche Schlachter. Ein Schlachthof existiert im Landkreis nicht mehr. In der Regel wird auf den Schlachthof in Holzminden ausgewichen. Derzeit verbleiben rund 50 % des erzeugten Fleisches in der Region. Die Molkerei Hameln e.G. wurde im Frühjahr 1999 geschlossen. Sie war ein Beispiel für ein regionales Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen, das durch Flexibilität und eine breite Produktpalette lange Zeit gegenüber den großen, überregional wirtschaftenden Molkereien konkurrenzfähig gewesen ist. Die Vermarktung von Bioland-Produkten aus Wassergewinnungsgebieten wird im Rahmen des Egea-Projektes gefördert. Eine langfristige Zusammenarbeit mit Großküchen, dem Lebensmit- teleinzelhandel und Lebensmittelgroßhandelsketten (z.B. Dixi) soll den Ökolandbau, insbeson- dere in Wassergewinnungsgebieten, unterstützen und sichern. Diese Entwicklung sollte aus regionalplanerischer Sicht fortgeführt und auf eine größere Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe sowie weitere Bereiche des Landkreises ausgedehnt werden.

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Die Direktvermarktung ist eine im ökologischen Landbau verbreitete Form der Vermarktung. Im Raum Hameln-Pyrmont bieten 13 Biolandbetriebe ihre Produkte in Hofläden bzw. als Ab-Hof- Verkauf an. Davon stammen allein sechs aus Aerzen. Weiterhin gibt es einige Naturkostläden und Bäckereien sowie Wochenmärkte, die Produkte aus ökologischem Anbau im Angebot haben (Aerzen, Bad Pyrmont, Hameln und Hess. Oldendorf). Im konventionellen Landbau ist der Anteil der Direktvermarkter nur schwer nachvollziehbar, da es in diesem Bereich wenig Zusammenschlüsse gibt. Sieben Anbieter werben in einem von der Landwirtschaftskammer veröffentlichten Anbieterverzeichnis, doch ist der tatsächliche Anteil wahrscheinlich weit höher. Insbesondere die vom Verbraucher nachvollziehbare Herstellung und Verarbeitung in der Region produzierter Nahrungsmittel kann langfristig einen stabilen Absatz umwelt- und tiergerecht erzeugter Produkte unterstützen. Der persönliche Kontakt zwischen Landwirt und Kunde und eine Qualitätsgarantie sind Grundlage eines funktionierenden regionalen Handels. Die Einführung regionaler Absatz- und Vermarktungskonzepte, erstellt in Zusammenarbeit mit Landwirten, Behörden, Interessensvertretern und Institutionen, sollten aus regionalplanerischer Sicht eine solche Entwicklung unterstützen.

E 3.2 05 Die Möglichkeiten, die das Flurbereinigungsgesetz zur Sicherung der Landwirtschaft und zum Schutz von Natur und Landschaft bietet, sollten ausgeschöpft werden. Ziel heutiger Flurbereini- gungsverfahren ist, die Land- und Forstwirtschaft zu unterstützen, die regionale und gemeindli- che Entwicklung zu fördern und die natürlichen Lebensgrundlagen nachhaltig zu schützen. Zentrale Bedeutung hat das Boden- und Flächenmanagement, z.B. um Flächennutzungskonflikte zwischen land- und forstwirtschaftlicher Nutzung sowie anderen, beispielsweise ökologischen und baulichen Nutzungen aufzulösen, um Flächen für Bauland und Verkehrsinfrastrukturen innerhalb und außerhalb von Dörfern bereitzustellen und um Flächen für den Natur-, Boden- und Gewässerschutz im Tausch gegen andere Grundstücke, geeigneten Eigentümern zu übertragen. Derzeit sind 4 Flurbereinigungsverfahren als Unternehmensverfahren nach § 87 FlurbG oder als Vereinfachte Flurbereinigungsverfahren nach § 86 FlurbG eingeleitet. Weitere Vereinfachte Flurbereinigungsverfahren befinden sich in der Planung In der Weserniederung treten erhebliche Nutzungskonflikte zwischen der Landwirtschaft und dem Bodenabbau (Kies) sowie großräumigen Straßenbauvorhaben auf. Dem Kiesabbau wird auch auf ertragreichen Böden meist der Vorrang eingeräumt, so dass die Landwirtschaft weichen muss. Eine Flurneuordnung in Bereichen konzentrierten Bodenabbaus sichert, dass vernünftig zu bewirtschaftende Flächeneinheiten und dazugehörige Verkehrsinfrastruktur sehr früh und möglichst lange genutzt werden können. Ferner können durch Flurneuordnungsmaßnahmen Genehmigungsinhalte von Planfeststellungen zu Kiesabbauvorhaben in der Verwirklichung erleichtert werden. Maßnahmen der Dorfentwicklung dienen im Ländlichen Raum hauptsächlich der Erhaltung und Entwicklung des ländlichen und landschaftstypischen Charakters, des Gemeinwesens und der soziokulturellen Eigenart der Dörfer und Siedlungen. Im Landkreis wurden insgesamt 40 Dörfer in das Niedersächsische Dorferneuerungsprogramm aufgenommen, von denen 14 Vorhaben noch nicht abgeschlossen und vier Vorhaben neu sind. Die Dorferneuerungsverfahren sind auch zukünftig für die sozio-ökonomische, bauliche, ökologische und kulturelle Entwicklung des Ländlichen Raumes von besonderer Bedeutung. Vor dem Hintergrund des gravierenden Strukturwandels in der Landwirtschaft mit deren vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen, aber auch dem Abbau von Versorgungseinrichtungen gilt es, die Dörfer als Wohn-, Arbeits-, Sozial- und Kulturraum entsprechend der gewachsenen Eigenart den sich wandelnden Erfordernissen anzupassen. Bei Dorferneuerungsverfahren sollen

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Ansätze einer eigenständigen Regionalentwicklung des Ländlichen Raumes stärker berücksich- tigt werden. Wichtige Bausteine einer solchen Dorfentwicklung sind unter anderem: • Initiierung und Unterstützung wirtschaftlicher Maßnahmen, insbesondere zur Verbesserung der Versorgung mit den Gütern des täglichen Bedarfs (z.B. Nachbarschaftsläden, Direktver- marktung landwirtschaftlicher Produkte) sowie des Arbeitsplatzangebotes (z.B. Möglichkei- ten der Mehrfachbeschäftigung in der Landwirtschaft, Existenzgründungen). • Erarbeitung umfassender Leitbilder der Dorfentwicklung mit über die bisherige Praxis hinausgehender Bürgerbeteiligung zur Aktivierung von Selbsthilfepotenzialen. Dabei sollten die „benachteiligten“ Personengruppen (u.a. Jugendliche, alte Menschen, Frauen) gezielt einbezogen werden. • Durchführung flächenhafter Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege von Natur und Umwelt sowie zur Entwicklung der Kulturlandschaft. Ferner besteht die Möglichkeiten der Durchführung agrarstruktureller Entwicklungsplanungen (AEP). Die AEP soll vorrangig Konfliktbereiche, Entwicklungsmöglichkeiten und Entschei- dungsbedarf in der Agrarstruktur und in den ländlichen Räumen aufzeigen sowie zur Bildung sachlicher und räumlicher Schwerpunkte Vorschläge, Handlungskonzepte und umsetzbare Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur unterbreiten; sie kann auch veranlasst werden, gebietsspezifische Leitbilder oder Landnutzungskonzeptionen für den Planungsraum zu entwi- ckeln. Im Zusammenhang mit der Rohstoffgewinnung werden im Bereich des Wesertales zwischen Hameln, Hessisch Oldendorf, Rinteln im Rahmen einer AEP die unterschiedlichen Nutzungsansprüche (z.B. Bodenabbau, Straßenplanung, Wasser- und Naturschutz) und dabei besonders die Entwicklungen in der Landwirtschaft aufgezeigt. Eine weitere AEP wird seit 2001 für den Raum Aerzen erstellt.

E 3.2 06 Im Landkreis Hameln-Pyrmont wird die Fischerei vornehmlich auf der Weser und ihren Zuflüssen sowie in den entstandenen Gewässern des Bodenabbaus ausgeübt. Daneben sind verschiedene Teichanlagen für die Fischproduktion und Fischversorgung im Umland von regionaler Bedeutung. Früher stellten natürlich entstandene Altarme, Nebengewässer, Flutmulden usw. für die Flusstal- aue der Weser mit seinen Fischbeständen einen ökologisch wertvollen Lebensraum dar. Infolge des starken Ausbaus der Weser als Schifffahrtsstraße sowie durch weitere zivilisationsbedingte Einwirkungen in der Flusstalaue sind diese flussökologisch wertvollen Bereiche jedoch weitge- hend zerstört worden. Durch die Änderung der ökologischen Verhältnisse sind die Fischbestände heute ein Naturgut, das sich nicht immer von selbst ergänzt, sondern der systematischen Hege bedarf. Die Vielzahl der vorhandenen Gewässer des Landkreises Hameln-Pyrmont wird vor allem von zwei Interessengruppen genutzt: • den Berufsfischern und • den Sportfischern. Die Berufsfischerei ist im Landkreis Hameln-Pyrmont von untergeordneter Bedeutung. Es gibt zwei Haupterwerbsbetriebe, die die Weser befischen (Statistik der Landwirtschaftskammer Hannover) und insbesondere den Aal in der Region vermarkten. Eine Stabilisierung der Fisch- fänge in der Weser ist durch die sich verbessernde Wasserqualität zu erwarten. Neben der erwerbsmäßigen Binnenfischerei durch wenige Nebenerwerbsbetriebe ist die Sportfischerei zu erwähnen. Im Gegensatz zu den Berufsfischern verfolgen die in den anerkannten Fischereivereinen (gem. § 54 Nds. FischG) organisierten Mitglieder des Landessportfischerverbandes Niedersachsen e.V. keine kommerziellen Zwecke. Die Sportfischerei hat einen nicht zu unterschätzenden

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sozialen und gesellschaftlichen Stellenwert und beinhaltet praktizierten Biotop- und Artenschutz am Gewässer. Die Bewirtschaftung von Fischteichen kann durch die intensive Fischzucht auf relativ engem Raum zu Konflikten in Form von Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes führen. Bei den potenziellen Beeinträchtigungen handelt es sich um: • Schadstoffeinträge, Eutrophierung und Schlammeinträge aus Fischteichen in angrenzende Fließgewässer (insbesondere in Quellbäche der Höhenzüge und Gewässer des niedersächsi- schen Fließgewässerschutzsystems), • Erwärmung von Fließgewässern unterhalb von Fischteichen, • Wanderhindernisse durch Fischteiche oder Ableitungsvorrichtungen, • Faunenverfälschung durch Fischteichanlagen und Fischbesatz mit nicht autochthonen Jungfischen.

E 3.2 07 Insbesondere vor den sich seit einigen Jahren verschärfenden Problemen in der Veredelung (Stichworte: Schweinepest) gewinnt die Etablierung einer umwelt- und tiergerechteren landwirt- schaftlichen Produktion an Bedeutung. Vor allem um den Ansprüchen der Verbraucher gerecht zu werden und die betriebliche Existenz langfristig sicherzustellen, ist eine stärkere Orientierung an Aspekten des Ressourcen- und Umweltschutzes auch von landwirtschaftlicher Seite ge- wünscht. Eine qualitativ hochwertige, umweltschonende Nahrungsmittelproduktion kann als Gütesiegel für den regionalen Absatz eine große Rolle spielen und ist in diesem Sinne besonders förderungswürdig. Die Honorierung von Umweltleistungen ist den jeweiligen (klein-)räumlichen Gegebenheiten anzupassen und sollte alle für den jeweiligen Raum zutreffenden Fördermöglichkeiten, die als Anreizinstrumente zur Umsetzung ökologischer Leistungen zu verstehen sind, berücksichtigen. Der Landkreis Hameln-Pyrmont fördert z.Z. eine umweltschonendere Landwirtschaft im Rahmen folgender Programme: • Gewässerrandstreifenprogramm, • Ackerrandstreifenprogramm, • Heckenschutz- und Anpflanzungsprogramm, • Extensivierungsprogramm bei Trockenrasen oder Feuchtwiesen. Es ist anzustreben, diese Förderprogramme auch künftig fortzuführen und auszuweiten. Deswei- teren besteht die Möglichkeit durch Kooperationsmodelle mit der Landwirtschaft gezielt für einzelne Naturgüter spezielle Schutzmaßnahmen zu fördern. Ein Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit im Landkreis Hameln-Pyrmont ist das Kooperationsmodell zwischen der IG-Weser als Interessengemeinschaft einzelner Wasserver- sorger im Wesertal und den in Wassergewinnungsgebieten wirtschaftenden Landwirten. Ziel des Kooperationsmodells ist es, durch eine grundwasserschutzorientierte Beratung und einen Katalog freiwilliger Vereinbarungen, die je nach Umfang in unterschiedlicher Höhe honoriert werden, bestehende Belastungen des Grundwassers (insbesondere Nitrat) zu verringern bzw. eine weitere Verschärfung der Situation zu vermeiden. Eine Nitratbelastung ist in unterschiedlicher Höhe an fast allen Brunnen der verschiedenen Wassergewinnungsgebiete feststellbar. Handlungsbedarf besteht vor allem in Hessisch Olden- dorf am Brunnen Herrenteich IV, dessen Wasser aufgrund der extrem hohen Nitratwerte und Überschreitung des Grenzwertes von 50 mg/l nur verschnitten in die öffentliche Trinkwasserver- sorgung eingespeist werden darf. Gründe für diese hohen Nitratwerte liegen zum einen in der Abnahme des Grünlandanteils besonders in den Niederungsbereichen bzw. in der hohen Viehdichte. Die gewässerschutzorien- tierte landwirtschaftliche Beratung ist auszuweiten, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen.

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Die zu beobachtende Verringerung der Nitratgehalte an einigen Brunnen zwischen 1995 und 1996 lässt bislang keine Rückschlüsse auf eine dauerhafte Verbesserung der Situation zu, da aufgrund der hydrogeologischen Bedingungen verringerte Nitrateinträge erst mit erheblicher Zeitverzögerung im geförderten Rohwasser feststellbar sind. Die Zusammenarbeit zwischen der IG-Weser und der Landwirtschaft ist vorbildlich und sollte in Zukunft fortgeführt werden. Es ist zu überprüfen, welche Möglichkeiten einer Kooperation in anderen Gebieten und zum Schutz anderer Ressourcen bestehen. Wünschenswert sind weitere Initiativen zum Bodenschutz sowie zum Natur- und Landschaftsschutz. Gleichzeitig ist eine Orientierung aller in der landwirtschaftlichen Beratung Tätigen an den Erfordernissen des Umwelt- und Tierschutzes als Basis für eine effektive Umsetzung geeigneter Maßnahmen erforderlich. Die Richtlinien des ökologischen Landbaus entsprechen grundsätzlich den Anforderungen an eine umwelt- und tiergerechte landwirtschaftliche Produktion. Betriebe, die nach diesen Grundsätzen wirtschaften, leisten einen hohen Beitrag zum Umwelt- und Ressourcenschutz sowie zur artgerechten Tierhaltung. Sie sind daher zu fördern und in ihrem Bestand zu sichern. Im Landkreis Hameln-Pyrmont gibt es 14 Betriebe, die nach den Grundsätzen des Ökologischen Landbaus wirtschaften und ihre Produkte in Direktvermarktung vertreiben. Es handelt sich dabei um drei Milchviehbetriebe, zwei Marktfruchtbetriebe, drei Gartenbaubetriebe (inkl. Land- schaftspflege, Garten- und Landschaftsbau) und sechs Gemischtbetriebe (davon zwei mit Milchvieh-, einer mit Hühner- und drei mit Mastrinderhaltung). Von den 14 genannten Betrieben zählt einer zu „Naturland“ und 13 zu „Bioland“. Sowohl für den konventionellen als auch für den Ökolandbau bietet sich eine Förderung durch das seit 1995 bestehende Projekt „Egea-Grundwasserschonender ökologischer Landbau“ an. Das zunächst auf drei Jahre angelegte Projekt der IG-Weser verfolgt die Zielsetzung, einen grund- wasserschonenden möglichst ökologischen Landbau in Wasserschutzgebieten durch Öffentlich- keitsarbeit und Förderung der Vermarktung zu unterstützen und so die positiven Wirkungen zum Schutz des Grundwassers zu erhalten. Parallel wird durch Feldversuche und Versuchsreihen eine Optimierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsweisen angestrebt. Auch dieses Projekt zählt zu den beispielhaften und unterstützenswerten Vorhaben.

E 3.2 08 Die Jagd ist im Landkreis Hameln-Pyrmont in der freien Landschaft durch Eigenjagden des Bundes, des Landes, der Städte und der Genossenschaftswälder sowie Privateigentümer und durch gemeinschaftliche Jagdbezirke flächendeckend vertreten. Aufgaben und Ziel der Jäger- schaft sind der Schutz und die Erhaltung einer artenreichen und gesunden freilebenden Tier- und Pflanzenwelt und die Sicherung ihrer Lebensgrundlagen unter Wahrung der Landeskultur sowie die Förderung.

3.3 Forstwirtschaft Die heutige Waldverteilung im Landkreis Hameln-Pyrmont ist deutlich von den kulturbedingten Gegebenheiten, den Jahrhunderte lang gestaltenden Tätigkeiten des Menschen geprägt. Das heutige Landschaftsbild ist das einer Kulturlandschaft. Die Waldflächen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Kuppen- und Hanglagen der Höhenzüge des Wesergebirges, des Süntels, des Iths, von Teilen des Thüster Berges, des Osterwaldes, des Sauparks, Scheckens, - burgs, Hellbergs, Pyrmonter-Grohnder Berglandes, Lüningsbergs, Hamelner Berglandes, des nördlichen Teils des Lipper Berglandes und Teile des Deisters. In Abhängigkeit vom geologischen Ausgangsgestein lassen sich unterschiedliche Ausprägungen der Waldlandschaften feststellen: Während auf Kalkstandorten, wie z.B. im Deister, Süntel, Ith und Pyrmonter Berg großflächig naturnahe Laubwälder dominieren, werden auf den Sili-

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katstandorten z.B. im Osterwald, Nesselberg, Schecken, Lüningsberg, Hauben sowie im südöstlichen Süntel große Flächenanteile von Nadelforsten eingenommen. Aufgrund der topographischen Verhältnisse mit teilweise stark ansteigenden Berghängen liegt der Waldflächenanteil mit rd. 31 % über den Werten des Landes Niedersachsen (rd. 23 %). Die Waldflächen sind im Planungsraum vergleichsweise ausgewogen verteilt. Neben den bewaldeten Höhenzügen des Weserberglandes stehen die z.T. vollkommen waldfreien Bereiche der Niede- rungen und Auen sowie der Pyrmonter Hochflächen.

E 3.3 01 Die Sicherung und Entwicklung naturnaher Waldbestände ist aufgrund ihrer Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen von großer Bedeutung. Die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der vollen natürlichen Leistungskraft der Waldböden bekommt hierbei vorrangige Bedeutung, da sie die Grundlage für gesunde, vielfältige und leistungsstarke Wälder bilden. Die vielfältigen Funktionen des Waldes sind im Folgenden näher erläutert: Nutzfunktion Neben den forstwirtschaftlichen Produkten wie Saatgut und jagdliche Erzeugnisse wächst in den Wäldern das hochwertige, vielseitig verwendbare Produkt Holz. Bei nachhaltiger Forstwirtschaft stellen Wälder eine unerschöpfliche Rohstoffquelle für zukünftige Generationen dar. Ob Forstbetriebe ihre Wälder nach wirtschaftlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der ökologischen Erfordernisse und gesellschaftlichen Ansprüche aus eigener Kraft gestalten können, hängt jedoch stark von einer stabilen Ertragslage ab. Strukturverbessernde oder sichernde Maßnahmen sind daher durch öffentliche Mittel zu fördern. Besonders im ländlichen Raum sind auch die Arbeitsplätze in der Forst- und Holzwirtschaft zu erhalten, denn wie auch in anderen Bereichen der ‘Urproduktion’ hat die Bedeutung der Arbeitsfunktion in den letzten Jahren in ganz Niedersachsen stetig abgenommen. Schutzfunktion Die Schutzfunktionen des Waldes sind vielfältig. Sie untergliedern sich in folgende Formen: Klimaschutz: Der Wald fördert durch seine Oberflächenrauigkeit und seine im Vergleich zum Freiland ausgeglichenen Temperaturverhältnisse die Luftbewegung und den Luftaustausch. Er bewirkt durch Frischluftzufuhr, insbesondere in Siedlungsbereichen eine wirksame Klimaverbesserung. Zudem tragen Wälder zur Minderung des Treibhauseffektes bei, indem sie in großem Umfang CO 2 aus der Luft binden. Wälder schützen Wohngebäude, Erholungsanlagen, landwirtschaftliche Nutzflächen vor allem empfindliche Sonderkulturen vor Kaltluftschäden und schädigenden Windeinwirkungen (durch Herabsetzen der Windgeschwindigkeiten). Lärmschutz: Waldflächen stellen einen guten Schallschutz dar. Sie können dadurch den Menschen vor schädlichen Lärmeinflüssen abschirmen. Ein 100 m breiter immergrüner Nadelwald senkt Lärm beispielsweise um etwa 10 dB bzw. auf ca. die Hälfte des Ausgangslärms.

Wasserschutz: Waldflächen tragen zur Reinhaltung des Grundwassers sowie stehender und fließender Gewässer bei. Sie verzögern durch ihre außerordentlich hohe Rückhalterate den Oberflächenabfluss der Niederschläge und sorgen damit für eine stetige Grundwasserspende. Wälder haben damit auch für die Wasserwirtschaft (Trinkwassergewinnung) eine besondere Bedeutung Bodenschutz. 81 Erläuterungen

Die vordringliche Bedeutung des Bodenschutzes ist erst in letzter Zeit stärker beachtet worden. Der Wald schützt einerseits seinen eigenen Boden vor Wasser- und Winderosion sowie vor Rutschvorgängen, andererseits stellen Wälder auch für benachbarte landwirtschaftliche Nutzflä- chen einen wirksamen Schutz gegenüber Winderosion und Bodenabschwemmung dar. Schutz gegen Schadstoffemissionen: Waldflächen verbessern die Luftqualität insbesondere durch Ausfiltern von Schwebstoffen, durch verstärkte Sedimentation von Staub, durch Absorption von Gasen sowie durch die Aufnahme von mit Schadstoffen angereicherten Wassertröpfchen. Zusätzlich tragen auch verstärkte Thermik und Turbulenzen, die zu besserem Luftaustausch und -durchmischung führen, zur Minderung gesundheitsschädlicher Immissionen bei. Sichtschutz: Wälder können sich auch durch ihre Sichtschutzfunktion, d.h. durch die Verdeckung störender Objekte positiv auf das menschliche Empfinden auswirken. Insgesamt betrachtet kommt den vielfältigen Schutzfunktionen des Waldes eine entscheidende Bedeutung für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen sowie für die Sicherung der Lebens- qualität zu. Erholungsfunktion des Waldes Die Erholungsfunktion des Waldes beruht auf seinen idealen Voraussetzungen zur Entspannung. Das Mikroklima im inneren des Waldes mit ausgeglichenen Temperaturen und stark abge- schwächten Winden und die saubere, sauerstoffreiche Luft bedingen den Erholungswert der Wälder. Die Ruhe im Wald gewinnt insbesondere durch den Gegensatz zu den Reizüberflutun- gen des Alltages in unserer hochtechnisierten Gesellschaft an Bedeutung. Wälder und Gehölzstrukturen steigern auch durch ihre landschaftsgliedernde Funktion den Erholungswert einer Landschaft. Die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen der Wälder sind i.d.R. gleichrangig und sollten daher auf der gesamten Fläche gleichzeitig erfüllt werden. Der Wert des Waldes für den Umweltschutz und die Erholung hat deutlich zugenommen, zugleich gewinnt jedoch auch seine Rohstofffunktion bei künftig knapper werdenden nicht erneuerbaren Rohstoffvorräten an Bedeutung. Holz wird im Vergleich zu anderen Rohstoffen umweltfreundlich und nachhaltig erzeugt und gilt aufgrund seiner Eigenschaften als begehrter Rohstoff. Eine ökologisch orientierte Forstwirt- schaft ist in der Lage, in hohem Maße Umwelt- und Naturschutz, Erholung und Holznutzung zu harmonisieren. Eine besondere Bedeutung für den Naturschutz haben v.a. gut ausgebildete, strukturreiche Wälder mit hohem Alt- und Totholzanteil, naturnahe Wälder auf alten Waldstandorten sowie Relikte ehemaliger Mittel-, Nieder- und Hudewaldnutzung. Im Kreisgebiet besonders hervorzuhebende Waldbestände mit landesweiter Bedeutung sind: • die ausgedehnten Buchenwälder in Süntel und Ith, • die großflächigen mesophilen Wälder auf Kalk- und Mergelgestein mit hoher standörtlicher Vielfalt und nennenswerten Altholzanteilen: v.a. am Deister, Thüster Berg, Hasselburg / Schecken, Eichberg bei Brockensen, Pyrmonter Berg und Randlagen der Ottensteiner Hoch- ebene, • die großflächigen Buchenwälder bodensaurer Standorte mit hohen Atholzanteilen im Südostsüntel, im Nesselberg / Osterwald und in den Keuperbergzügen im Süden und Westen des Kreisgebietes: v.a. der Komplex Schierholzberg / Schafenberg / Waldau / Grohnder Forst sowie Bereiche am Ahornberg / Hängerholz bei Reinerbeck und im Mosterholz bei Baarsen. • darüber hinaus gibt es in nahezu jedem Höhenzug weitere für den Naturschutz bedeutsame Altbestände.

82 Erläuterungen

Waldschadensentwicklung Der Wald und damit auch seine vielfältigen Funktionen sind durch die in den letzten Jahrzehnten verstärkt auftretenden Krankheiten der Bäume, bezeichnet als ‘neuartige Waldschäden’, gefährdet. Die ‚neuartigen Waldschäden’ werden seit 1984 durch bundeseinheitliche Prüfmethoden erhobenen. Im Wuchsgebiet Weserbergland, in dem der Landkreis Hameln-Pyrmont liegt, lag der Anteil deutlich geschädigter Bäume 1994 bei 21 % (1991 17 %). Die Bestände mit einem Alter von über 60 Jahren waren besonders schwer betroffen. Örtliche Schwerpunkte der ‘neuartigen Waldschäden’ sind besonders in Kamm- und Westhanglagen (Hauptwindrichtung) der bewaldeten Höhenzüge festzustellen. Neben der Fichte sind in diesen Regionen auch die Buche und Eiche betroffen. Eine starke Zunahme der Schäden ist vor allem bei der Eiche zu verzeichnen. Aktuellere Waldschadensuntersuchungen liegen nur für ganz Niedersachsen vor. Der Gesundheitszustand der Wälder hat sich insgesamt seit 1994 leicht verbessert, wobei die Entwicklung in den einzelnen Jahren und bei den verschiedenen Baumarten sehr unterschiedlich ausgefallen ist. Die Waldzustandserhebung 1998 hat einen Rückgang der deutlichen Schäden bei den meisten Baumarten und Altersgruppen ergeben. Der Flächenanteil deutlich geschädigter Wälder (aller Baumarten und Altersstufen) lag 1998 bei 13 %; 1997 waren es 15 %. Eine intensive Überwachung sowie die Erforschung von Ursachen und Wirkungen ist aufgrund dieses Zustandes unbedingt weiterzuführen, um Risiken abschätzen und entsprechende Gegenmaßnah- men ergreifen zu können. Die ‘neuartige Waldschäden’, werden durch einen ganzen Komplex von Schadstoffen und Wirkungsketten hervorgerufen. Dem Eintrag, der Umsetzung und dem Verbleib von Luftschad- stoffen in den Wäldern bzw. Waldböden kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Trotz sinkender Schwefelemissionen sind die Eintragsraten von Schwefel- und Stickstoffverbindungen in den niedersächsischen Wäldern mit die höchsten in Europa. Weitere Folgen der Schadstoffeinträge sind die zunehmende Bodenversauerung, Nährstoffungleichgewichte, Artenverarmung von Flora und Fauna und damit verbunden die Destabilisierung bzw. Minderung der Vitalität der Wald- ökosysteme. Die Bäume sind demzufolge anfälliger gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Das Ausmaß dieser Auswirkungen ist stark von den jeweiligen Standortbedingungen abhängig. Daraus wird deutlich, dass diesen Waldschäden durch forstliche Maßnahmen kaum entgegenzu- wirken ist. Die Verbesserung der gegenwärtigen Situation hängt vielmehr im Wesentlichen von der Reduzierung des Schadstoffgehaltes in der Luft ab. Dieser Tatsache ist bei Entscheidungen auf allen Ebenen, sowohl für den Bereich der Industrie, der Energieversorgung, des Handwerks und des Verkehrs als auch im Bereich der privaten Haushalte, Rechnung zu tragen. Dennoch sind Bodenschutzkalkungen (sog. Kompensationskalkung) und eine nach ökologischen Gesichtspunkten ausgerichtete Forstwirtschaft wichtige Maßnahmen, um der Destabilisierung der Wälder entgegenzuwirken.

E 3.3 02 Die Vermehrung von Mischwäldern gegenüber Reinbeständen trägt zur Erhöhung und zum Schutz der Artenvielfalt bei. Reinbestände sind daher auf die wenigen extremen Standorte zu beschränken, die sich aufgrund der Klima- oder Bodenbedingungen nur für bestimmte Baumar- ten eignen. Ziel ist ein artenreicher und gesunder Waldbestand, der eine Waldverjüngung der Hauptbaumarten Buche, Esche, Bergahorn und Fichte ohne Zaun in ausreichender Zahl und Qualität ermöglicht. Nebenbaumarten sowie standortgemäße Gräser und Kräuter sollen sich auch ohne Zaunschutz entwickeln können. Die Schalenwildbestände zählen in unserer Kulturlandschaft zu den begünstigten Tierarten. Da die natürlichen Regulationsmechanismen (z.B. Seuchenzüge wie Schweinepest oder Tollwut, Hungertod in kalten oder schneereichen Wintern, große Beutegreifer wie Bär oder Wolf ausgestorben) gestört sind oder eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen und ein gutes 83 Erläuterungen

Nahrungsangebot gegeben ist, werden die Bestände durch jagdliche Maßnahmen reguliert. Das Planungsgebiet umfasst Rot-, Dam- und Muffelwildvorkommen in bestimmten Wäldern und ein fast flächendeckendes Vorkommen von Reh- und Schwarzwild. Mit Ausnahme des Schwarzwil- des werden jährlich Abschusspläne in Abstimmung mit den Vertretern der Forst, der Landwirt- schaft, dem Naturschutz, den Grundeigentümern und der Jagd durch den Landkreis Hameln- Pyrmont im Rahmen des Jagdbeirates erstellt und durch ein Meldesystem kontrolliert. Ziel ist ein artenreicher und gesunder Wildbestand, der eine Waldverjüngung ohne Zaun ermöglicht (LÖWE 1992) oder Schäden des Wildes an landwirtschaftlichen Kulturen verhindert. Um diese Schäden zu vermeiden, werden die Wildbestände durch die ökologisch ausgerichtete Jagd und Wildhege so reguliert, dass eine naturnahe Waldentwicklung zunehmend leichter ermöglicht wird. Überhöhte Wildbestände würden sonst zur Artenverarmung durch Verbiss und zu Baum- schäden durch das Schälen der Rinde führen. Der Waldrand stellt eine breitgefächerte Übergangszone zwischen Wald und angrenzenden Flächen dar. Die natürliche Ausprägung der Waldränder zeigt einen großen Strukturreichtum mit einer Vielfalt heimischer Baum- und Straucharten und einem ausgeprägten Krautsaum. Eine dynamische Waldrandgestaltung ist für den Wald und die angrenzenden Flächen von großer Bedeutung. Strukturreiche Waldränder stellen einen besonders wertvollen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten dar, bieten Schutz z.B. vor Wind und Brand und tragen zur Sicherung und Förderung der Arten- und Strukturvielfalt der Wälder bei. Neben diesen ökologischen und wirtschaftlichen Funktionen steigern Waldränder auch den ästhetischen Wert der Landschaft und tragen somit zur Verbesserung der Erholungsqualität bei. Zur Sicherung dieser Funktionen der Waldränder ist dem Wald vorgelagert eine mindestens 100 m breite Schutz- und Pufferzone grundsätzlich von jeglicher Bebauung und sonstigen störenden Nutzungen freizuhalten.

E 3.3 03 Naturnahe Wälder auf alten Waldstandorten beherbergen besonders komplexe und daher wertvolle Lebensgemeinschaften. Die Erhaltung dieser Wälder sowie ihrer natürlichen Standort- bedingungen ist daher von großer Bedeutung.

E 3.3 04 In waldreichen Gebieten ist es auf bestimmten Flächen sinnvoll, auf eine Erstaufforstung zu verzichten, wenn dadurch ein vielfältiges und abwechselungsreiches Landschaftsbild oder seltene und wertvolle Pflanzen- und Tierarten sowie deren Lebensgemeinschaften erhalten bzw. geschaffen werden. Zu den Offenlandbereichen, die von Aufforstungen freigehalten werden sollen, gehören nach dem NNatG geschützte Biotope und Flächen mit besonderer Bedeutung für den Artenschutz wie beispielsweise Wald-, Feucht und Streuwiesen, Trocken- und Magerrasen- standorte und sonstige Feuchtbiotope sowie vielfältig gegliederte Landschaftsteile. Die genann- ten Standorte sind grundsätzlich vor Beeinträchtigungen zu schützen. In der zeichnerischen Darstellung wurden keine ‚von Aufforstung freizuhaltende Gebiete’ festgelegt. Es ist dennoch sinnvoll, Gebiete mit hoher Bedeutung für das Landschaftsbild von Aufforstung freizuhalten. Im Landkreis betrifft dies neben Talsituationen insbesondere Wald- randlagen. Bei letzteren ist allerdings die Gefahr einer Bebauung größer als die Umgestaltung durch waldbauliche Maßnahmen. Nach einer eventuellen Nutzungsaufgabe ist die Freihaltung dieser Flächen in Form des Vertragsnaturschutzes anzugehen.

E 3.3 05 Die Bewirtschaftung der Wälder soll sich auch in den Privatwäldern an den Grundsätzen der „langfristigen ökologischen Waldbauplanung für die Niedersächsischen Landesforsten“ (RdErl. d. ML. v. 05.05.94, 403/406 F 64210-56.1) orientieren. Das Ziel einer ökologisch orientierten 84 Erläuterungen

Forstwirtschaft bzw. Waldbauplanung ist der Erhalt und die Entwicklung standortgerechter und artenreicher Wälder. Der Wald wird nach den Erkenntnissen der Wissenschaft und den bewähr- ten Regeln der Praxis genutzt, verjüngt, gepflegt und geschützt. Diese Wirtschaftsweise dient der dauerhaften Sicherung sowohl der ökologischen als auch der ökonomischen Leistungsfähigkeit des Waldes und damit der Nachhaltigkeit seiner materiellen und immateriellen Funktionen. Angesichts der anwachsenden Umweltbelastungen gewinnt der Schutz der natürlichen Lebens- grundlagen zunehmend an Bedeutung. Eine wichtige Grundlage hierbei ist es, eine möglichst große ökologische Vielfalt zu erhalten bzw. zu schaffen, um die Vitalität und Selbstregulie- rungskraft innerhalb des Waldökosystems zu stärken und damit langfristig die Widerstandskraft und Stabilität der Waldbestände zu gewährleisten bzw. zu erhöhen. Die von der Niedersächsischen Landesregierung beschlossenen Grundsätze der ökologischen Waldentwicklung liefern die Grundlage für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder. Das Programm zur Ausweisung von Naturwäldern in den Niedersächsischen Landesforsten ist abgeschlossen. Weitere Ausweisungen sind im Landeswald nicht vorgesehen. In privaten Wäldern können Naturwaldflächen nur im Rahmen des Vertragsnaturschutzes festgelegt werden. Als standortgerecht bzw. standortgemäß gelten Wälder, deren Baumarten in ihren ökologischen Ansprüchen mit den erfassten Standorteigenschaften (Umweltbedingungen) übereinstimmen und der Baum oder Baumbestand vital und bei angemessener Pflege ausreichend stabil ist und keine nachteiligen Einflüsse auf den Standort hat.

E 3.3 06 Maßnahmen, die zu einer Beeinträchtigung bzw. Zerstörung von Waldökosystemen führen, sind zu vermeiden und bei unvermeidbaren Eingriffen durch Schaffung neuer Waldflächen zu kompensieren. Zur Ermittlung der erforderlichen Flächengröße von Ersatzwaldflächen mit gleichwertiger ökologischer Bedeutung sind vor allem Naturnähe und Alter des zerstörten Waldes sowie die Siedlungsnähe zu berücksichtigen. Wenn durch Umwandlungen weitere Beeinträchtigungen für den verbleibenden Wald entstehen, ist ein Ersatzverhältnis von mindes- tens 1:3 anzustreben. Ersatzaufforstungen sollen in räumlicher und zeitlicher Nähe zum umge- wandelten Wald erfolgen. Bei Umwandlungen in waldreichen Gebieten kann die Ersatzauffors- tung auch in waldarmen Gebieten erfolgen. Die Gemeinden des Planungsraumes sollten sich im Zuge der Bauleitplanung potenzielle Aufforstungsflächen i.S. eines „Ökokontos“ für erforderliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Vorgriff auf zukünftige Kompensationsmaßnahmen anlegen. Große zusammenhängende Waldgebiete haben eine hohe Bedeutung für Waldfunktionen wie ruhige Erholung, Trinkwasserschutz und die ungestörte Entwicklung von Waldlebensgemein- schaften. Eingriffe und Belastungen wie die Zerschneidung durch Verkehrs- und Versorgungs- trassen, die Inanspruchnahme für andere Nutzungen (z.B. Bodenabbau) sowie Veränderungen der Grundwasserstände sind daher unter einem strengen Maßstab abzuwägen.

E 3.3 07 Alle im Maßstab 1:50.000 darstellbaren Waldbestände sind aufgrund der ständig wachsenden Bedeutung ihrer Funktionen in der zeichnerischen Darstellung als ‘Vorsorgegebiete für die Forst- wirtschaft’ festgelegt. Der Begriff „Forstwirtschaft“ bezeichnet hier die Bewirtschaftung des Waldes im Interesse der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen (s. E 3.3 01). Die Leistungen der Forstwirt- schaft dürfen deshalb nicht primär an ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit gemessen werden, auch wenn die vielfältigen Leistungen der Forstwirtschaft für den Naturhaushalt und die Erholung sich nicht monetär bewerten lassen. Eine wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung aller Waldfunktionen ist die Sicherung und Entwicklung leistungsfähiger Forstbetriebe mit ausreichendem Fachpersonal. Die privaten Waldbesitzer müssen deshalb, z.B. im Rahmen strukturverbessernder Maßnahmen, gefördert werden, um ihren Wald langfristig erhalten und ordnungsgemäß bewirtschaften zu können. 85 Erläuterungen

Als Grundlage sind flächendeckende Waldinventuren sowie forstliche Standort- und Waldbiotopkar- tierungen zu fördern und zu unterstützen. In der zeichnerischen Darstellung werden große Teile der Vorsorgegebiete für die Forstwirtschaft mit Vorranggebieten für Natur und Landschaft überlagert. Dies beinhaltet auch künftig keine Beeinträchtigung der forstwirtschaftlichen Nutzung nach LÖWE (Langfristige ökologische Wald- entwicklung) einschließlich des Forstwegebaues. Ebenso bleibt dadurch die Zulässigkeit der Verwendung standortgerechter Holzarten sowie die nachhaltige Nutzung von Altholzbeständen unberührt.

E 3.3 08 Auch wenn der im Landkreis vorhandene Waldflächenanteil deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt (vgl. Tab. 13), sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, den Waldanteil noch zu vergrößern. Weitere Neuanlagen von Wald sollten auf den meist erosionsgefährdeten steileren Hanglagen und sonstigen ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen, die mit den heutigen Betriebseinrichtungen nicht mehr sinnvoll bearbeitet werden können sowie auf ehemaligen Bodenabbau- und Ablagerungs- flächen vorgenommen werden. Auf die Verwendung standortgerechter Baumarten ist besonders zu achten. Bei allen Neuaufforstungen sind landschaftsbestimmende Elemente weitgehend in ihrem bisherigen Zustand zu belassen. Keinesfalls darf durch eine Aufforstung eine störend wirkende Landschaftsveränderung bewirkt werden. Zudem sollte Waldvermehrung nicht grundsätzlich synonym mit Erstaufforstung gesehen werden, sondern auch durch Sukzession und Initialpflanzungen erreicht werden. Die Gefährdung der biologischen Vielfalt, angezeigt durch den zunehmenden Artenrückgang, ist nicht nur durch die Zerstörung von Biotopen, sondern auch durch den Verlust vieler natürlicher dynamischer Prozesse in der Landschaft begründet. Eine stärkere Zulassung natürlicher Sukzessionsprozesse zur Entstehung neuer Waldbestände wäre geeignet, diesem Trend entgegenzuwirken. Im Verlauf der Sukzession entstehen Gehölzstadien, die sich durch hohe Diversität und Strukturreichtum auszeichnen.

Tab. 13: Waldflächen der Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont (1997), Quelle: NLS

Waldfläche(ha) Waldflächenanteil (%) Aerzen, Flecken 3429 32,6 Bad Münder 3927 36,5 Bad Pyrmont 2217 35,8 Coppenbrügge 2158 24,0 Emmerthal 3667 32,0 Hameln 2958 28,9 Hess. Oldendorf 3634 30,2 Salzhemmendorf 3562 37,8 Hameln-Pyrmont 25553 32,1

Die als ‘Gebiete zur Vergrößerung des Waldanteils’ ausgewiesenen Flächen nordwestlich von Behrensen sowie südlich von Lüntorf sind nach Lage und Größe aufforstungsgeeignet. Sie schließen an vorhandene Waldgebiete an und runden diese zu größeren Waldkomplexen ab. Diese Gebiete sind bevorzugt für Aufforstungsvorhaben heranzuziehen. Die Aufforstung der Fläche zwischen Baarsen und Neersen würde zur Verbesserung der Landschaftsstruktur der derzeit ausgeräumten Ackerlandschaft beitragen. Zudem kann eine Sichtverschattung der südlich des Gebietes aufgestellten Windkraftanlagen erzielt werden. Es können jedoch keine pauschalen Mindestgrößen für den Waldflächenanteil vorgegeben werden, denn die räumliche Verteilung des Waldes und seine Funktionen sind von wesentlich größerer Bedeutung als allein der Flächenanteil. Eine vielseitige, abwechslungsreiche Verteilung der Wald- und Baumbestände erhöht zudem deren ökologischen und erholungswirksamen Wert.

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Die Erhaltung bzw. Schaffung von Feldgehölzen und kleinen Restwaldparzellen ist wegen ihrer Bedeutung als Refugium für die Tier- und Pflanzenwelt sowie wegen ihrer Vernetzungsfunktion als Ergänzung zu den geschlossenen Waldgebieten von besonderem Interesse.

3.4 Rohstoffgewinnung

E 3.4 02 Abgebauter hochwertiger Rohstoff steht nachfolgenden Generationen nicht mehr zur Primärnut- zung zur Verfügung. Neben der planerischen Flächensicherung für die Rohstoffgewinnung kommt daher auf Grund des begrenzten Vorkommens dieser Ressourcen dem schonenden Umgang eine besondere Bedeutung zu. Dies impliziert die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft; der Bedarf an Primär-Rohstoffen muss durch Substitution und Recycling soweit wie möglich verringert werden. Als Substitution wird der Ersatz natürlicher Rohstoffe durch andere natürli- che Rohstoffe oder durch verwertbare Abfälle angesehen; als Recycling hingegen wird bezeich- net, wenn ein verwendeter Stoff durch technische Aufbereitungsmaßnahmen wieder verwertbar gemacht werden kann. Dabei gilt es, neue Technologien zur Substitution und zum Recycling von Rohstoffen zu berücksichtigen und zu fördern. In diesem Zusammenhang kommt den öffentlichen Auftraggebern – auch vor dem Hintergrund der Agenda 21 – eine besondere Verantwortung zu.

E 3.4 03/05 Im Landkreis Hameln-Pyrmont sind eine Vielzahl oberflächennaher Rohstoffe vorzufinden. Diese sind im Wesentlichen Kies und Sand, Naturstein, Ton, Quarzsand und Quarzit sowie Dolomit. Die Vorrang- und Vorsorgegebiete für Rohstoffgewinnung basieren auf den Rohstoff- sicherungskarten des Nds. Landesamtes für Bodenforschung. Bei der näheren Festlegung der im LROP vorgegebenen Vorranggebiete sind die regional notwendigen Erfordernisse der übrigen (konkurrierenden) Fachplanungen wie Natur- und Landschaftsschutz, Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft etc. berücksichtigt. Gemeinsam mit den Landkreisen Holzminden, Schaumburg und Nienburg ist unter Federführung der Bezirksregierung Hannover ein Bodenabbauleitplan für den Weserraum erarbeitet worden (Bodenabbauleitplan Weser, Veröffentlichung 1998). Dieser Plan erfasst ausschließlich den Abbau von Kies und Sand. Ein Großteil dieses Rohstoffes aus dem Weserraum wird in fernere Regionen geliefert, u.a. in die Regionen Bremen und Hannover sowie nach Nordrhein- Westfalen. Ein vergleichbares Konzept für die übrigen Rohstoffarten ist wegen der geringeren Rohstoffbedarfslage nicht erstellt worden. Die Ausweisungen von Vorrang- und Vorsorgegebieten für Rohstoffgewinnung im Landes- Raumordnungsprogramm (LROP) 1994 und in den Regionalen Raumordnungsprogrammen (RROP) der Landkreise haben Auswirkungen auf den gesamten Weserraum über die Landkreis- grenzen hinaus. Dies betrifft insbesondere den Naturraum sowie die Hochwasserproblematik. Wegen dieser Verflechtungen ist in dem Bodenabbauleitplan Weser für den Weserraum eine nähere Festlegung bzw. Ausweisung der Vorrang- und Vorsorgegebiete für Rohstoffgewinnung auf der Basis gleicher Ausschluss- und Abwägungskriterien vorgenommen worden. Damit ist eine zwischen den vier Landkreisen abgestimmte Handlungshilfe zur raumordnerischen Steue- rung des Bodenabbaus im Wesertal erstellt worden, welche als Grundlage für die Festlegung der v.g. Gebiete in den jeweiligen RROP herangezogen werden soll; er ist mit den betroffenen Trägern öffentlicher Belange abgestimmt. Durch den Bodenabbauleitplan Weser sind die im LROP festgelegten Vorranggebiete und die in der Beikarte als Abwägungsgrundlage dargestellten Vorsorgegebiete für den Rohstoff Kies und Sand konkretisiert. Neben seiner Funktion als fachliche Grundlage dient er auch der Unterstüt- zung bei Genehmigungsverfahren zum Bodenabbau. Er beinhaltet auch eine Festsetzung der 87 Erläuterungen

Folgenutzungen „Naturschutz“ (mit naturnaher Erholung) und „Erholung“ (mit umweltgerechter Infrastruktur). Nach abgeschlossener Abbauleitplanung kann bei Anträgen auf Bodenabbau, die in diesen Vorranggebieten für Rohstoffgewinnung (Kiese und Sande) im Weserraum des Landkreises Hameln-Pyrmont liegen, i.d.R. auf Raumordnungsverfahren verzichtet werden. Dabei bleibt die Zuständigkeit der betroffenen Landkreise bei der Aufstellung des RROP und abbaubezogenen Einzelgenehmigungen unberührt. Durch die Neuausweisung des Vorranggebietes für Rohstoffgewinnung im Bereich Ohr (sog. Ohr II) wurden gem. Beschluss des Kreisausschusses vom 27.04.1999 einige Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung im Wesertal, die im Bodenabbauleitplan Weser enthalten sind, herausge- nommen. Die hohe Mächtigkeit des anstehenden Materials in Ohr II (bis 80 m) rechtfertigt eine Streichung mehrerer kleiner Gebiete, um die Belastung der Natur und Landschaft und der Bevölkerung durch den Bodenabbau in Grenzen zu halten. In der zeichnerischen Darstellung sind für den Landkreis Hameln-Pyrmont im Weserraum als Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung in der Zeitstufe I (kurzfristige Inanspruchnahme) ca. 350 ha und in der Zeitstufe II (langfristige Inanspruchnahme) ca. 500 ha in diesem RROP enthalten; als Vorsorgegebiete sind ca. 360 ha ausgewiesen. Darüber hinaus sind auf der Grundlage des Abbauleitplanes sowie der Bauleitplanung der Stadt Hess. Oldendorf weitere Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung (Ton) differenziert nach den Zeitstufen I und II festgelegt. Die Zeitstufe I umfasst einen Zeitraum von ca. 30 Jahren; hierfür sollen Vorräte in Vorrangge- bieten für Rohstoffgewinnung gesichert werden. In dieser Zeitstufe sind vor allem Flächen enthalten, für die bereits Planungen für Bodenabbauten vorlagen; ergänzt wurden diese um Gebiete, die zusätzlich erforderlich sind, um den Zeitrahmen von ca. 30 Jahren abzudecken. Die Flächen der Zeitstufe II dienen der langfristigen Sicherung von Lagerstätten mit Kies und Sand; Ihre Ausbeute ist i.d.R. erst nach Auskiesung der Lagerstätten der Zeitstufe I geboten ist. Sie werden aber gleichwohl als Vorranggebiete gem. LROP in dem RROP ausgewiesen. Eine Überprüfung und ggf. Fortschreibung der räumlich festgesetzten Zeitstufen I und II soll bei Vorliegen neuer Erkenntnisse bzw. im Rahmen der Neuaufstellung des RROP erfolgen. Als Gebiete, die auf Grund ihrer Eignung für den Abbau von Kies und Sand von besonderer Bedeutung sind, wurden ergänzend ‘Vorsorgegebiete für Rohstoffgewinnung‘ aufgenommen. In der Regel ist davon auszugehen, dass diese Gebiete erst nach vollständiger Ausbeutung der Vorranggebiete in Anspruch genommen werden. Sie sind aber deshalb in der raumordnerischen Festlegung zu berücksichtigen, da die ortsgebundenen Lagerstätten vor Nutzungskonkurrenzen geschützt werden sollen (s. auch Bodenabbauleitplan Weser). In den Stadtgebieten von Hess. Oldendorf und Hameln ist die Festlegung der Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung mit dem Ausschluss dieser Nutzung an anderer Stelle verbunden. Diese Städte sind durch die Ausweisung von Vorranggebieten für Rohstoffgewinnung – d.h. durch einen potenziellen Abbau – besonders belastet. Entsprechend ist im Rahmen der gemeindlichen Bauleitplanung in Abstimmung mit den Festlegungen des Bodenabbauleitplanes Weser eine Konzentrations- und Ausschlusswirkung für Rohstoffgewinnungsgebiete im Wesertal vorge- nommen worden. Die Stadt Hess. Oldendorf hat darüber hinaus auf der Grundlage ihres kommu- nalen Abbauleitplanes diese Konzentrations- und Ausschlusswirkung (mit Zeitstufen) auch auf die anderen, im Stadtgebiet vorkommenden Rohstoffarten (Ton, Naturstein) angewandt; diese Planung ist für die entsprechenden Festlegungen in der zeichnerischen Darstellung zugrunde gelegt worden ( in der Stadt Hameln beschränken sich die Rohstoffarten auf Kies und Sand).

E 3.4 08 Für den Abbau der verschiedenen Rohstoffarten und Abbautiefen sind die jeweils geeigneten Techniken einzusetzen. Dabei ist auf eine vollständige Ausbeute beim Abbau der Lagerstätten hinzuwirken. Der Abbau ist abschnittsweise vorzunehmen, damit zur Minimierung der Umwelt-

88 Erläuterungen

auswirkungen parallel eine Rekultivierung bereits abgebauter Abschnitte vorgenommen werden kann. Die Folgenutzung des Kies- und Sandabbaus im Weserraum ist in der zeichnerischen Darstel- lung entsprechend dargestellt: Als ‘Vorsorgegebiet für Natur und Landschaft‘ bei ökologischer Schutzfunktion und als ‘Vorsorgegebiet für Erholung‘ bei anschließender Erholungs- bzw. Freizeitnutzung; die Folgenutzungen haben Auswirkungen auf die Abbaugenehmigungsauflagen (s. a. E 3.4 03). Für die übrigen Abbaugebiete sind in der zeichnerischen Darstellung die nach- folgenden Vorsorgenutzungen ebenfalls überlagernd dargestellt. Gestalterische Entscheidungen zur Folgenutzung sind in den Genehmigungsverfahren zu entwickeln.

3.5 Energie Bis Herbst 1999 erfolgte die Stromversorgung des Landkreises Hameln-Pyrmont überwiegend durch die Wesertal Elektrizitätswerk GmbH, die im September 1999 infolge der Liberalisierung des Strommarktes von der finnischen ‘Fortum Energie GmbH’ aufgekauft wurde. Lediglich im Bereich der Stadt Bad Münder unterlag die Komplettversorgung von Strom, Gas und Wasser der Avacon AG. Die Avacon ist ein Zusammenschluss der fünf Energieversorger: Hastra (Hanno- ver), EVM (Magdeburg), Ferngas GmbH, Landgas Niedersachsen und der Überland- zentrale . Der Mehrheitseigener PreussenElektra (55 %) hat seine zahlreichen kleinen regionalen Stromversorger zu drei großen Unternehmen zusammengelegt, von denen die Avacon das größte ist. Die Stromversorgung von Hameln und Bad Pyrmont erfolgt durch die jeweiligen Stadtwerke.

E 3.5 01 Die Energienutzung, d.h. hauptsächlich die Verbrennung der festen und flüssigen fossilen Energieträger (Kohle, Erdöl etc.) inklusive dem Verkehr, ist für den überwiegenden Teil der Emissionen luftverunreinigender Stoffe und klimawirksamer Gase verantwortlich. Eine nachhaltige Energienutzung soll daher dazu beitragen, die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems vermieden wird. Die Nutzung von Erdgas anstelle von festen und flüssigen Brennstoffen trägt aufgrund geringe- rer Emissionswerte (insbesondere CO x und SO x) zum Klimaschutz bei. Positive Ansätze zur verstärkten Nutzung von Erdgas und zur Energieeinsparung bietet das Förderprogramm 2000 der GWS Stadtwerke Hameln. Neben der Umstellung von Heizungsanlagen auf Erdgas wird der Ersatz alter Haushaltsgeräte und die Anschaffung von Erdgas-Fahrzeugen finanziell unterstützt. Der Einsatz von Solarenergie zur Warmwasserbereitung ist im Vergleich zur Nutzung für die Stromgewinnung (Fotovoltaik) noch kostengünstiger und hat deutlich kürzere Amortisationszeit- räume.

E 3.5 02 Die privaten Haushalte verbrauchen in der Bundesrepublik rund ein Drittel der gesamten Endenergie, die übrigen Anteile verteilen sich auf Industrie und Verkehr. Mit diesem Energie- einsatz sind erhebliche Belastungen für die Umwelt verbunden (Treibhauseffekt, Abbau der Ozonschicht, saurer Regen, etc.). Diese Umweltbelastungen sind durch eine verstärkte Substitu- tion traditioneller Energieträger durch regenerative Energiequellen (wie Umgebungswärme, Sonnenenergie, Wind- und Wasserkraft etc.) zu reduzieren. Die Wasserkraftanlagen an der Weser produzieren bereits 13 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Über die Anlage an der Pfortmühle und die gegenüberliegenden zwei Turbinen auf dem Werder gewinnen die Stadtwer- ke Hameln zurzeit 6 % ihres verkauften Stroms. Zudem speisen Fotovoltaikanlagen rund 35.000 Kilowattstunden Strom ins Hamelner Versorgungsnetz ein (Stadtwerke Hameln, 2000). 89 Erläuterungen

Das technisch mögliche Substitutionspotenzial regenerativer Energiequellen ist im Landkreis jedoch bei weitem noch nicht ausgeschöpft, ihr Anteil am Endenergieverbrauch soll daher kontinuierlich erhöht werden. Ein Teil der Abwärme des Heizkraftwerkes Afferde und die in der Müllverbrennungsanlage entstehende Wärme werden nach entsprechender Aufbereitung in die Anlagen der Fernwärme- Versorgung Hameln GmbH eingespeist und über ein spezielles Leitungssystem zum Verbraucher gebracht. Entsprechend könnte bzw. sollte in all den Fällen, in denen wesentliche Mengen Abwärme anfallen, die vom Erzeuger nicht mehr genutzt werden können, diese als Fernwärme bereitgestellt werden. Als positives Beispiel ist auch das Blockheizkraftwerk der Kläranlage der Stadt Hameln zu nennen, in dem die Faulgase zur Energieerzeugung genutzt werden. Der weitaus größte Verbrauchsanteil der privaten Haushalte entfällt auf die Raumheizung. Insbeson- dere im älteren Gebäudebestand sind durch Sanierungsmaßnahmen große Energie- Einsparpotenziale zu erzielen. Mit den in Tab. 14 aufgeführten Maßnahmen lässt sich eine deutliche Reduzierung des Energieverbrauchs erreichen, wobei einige der Maßnahmen nur für Neubauten relevant sind bzw. für diese bereits durch die bestehende Wärmeschutz- und Heizan- lagenverordnung vorgeschrieben sind. Anfang 2001 soll darüber hinaus eine neue Energiespar- verordnung (EnEV) in Kraft treten, die den Standard für Neubauten um 20 bis 35 % verschärft, so dass das heutige Niedrigenergiehaus zur Mindestanforderung wird. Die energetische Bewer- tung von Gebäuden hängt dann nur noch vom Energieverbrauch ab. Langfristige Zielsetzung ist eine autarke Energieversorgung in Wohnhäusern (Passivhaus), indem der Energiebedarf durch Fotovoltaik, Solarthermie, Wärmerückgewinnung etc. gedeckt wird.

Tab. 14: Möglichkeiten bzw. Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs in Gebäuden Einsatz eines optimalen Heizungssystems • z.B. Brennwerttechnik (für Einfamilienhäuser) oder Blockheizkraftwerk (für Häusergruppen oder Geschosswohnungsbau). Erfüllung des Niedrigenergiehausstandards • gute Wärmedämmung (deutlich über den Anforderungen der Wärme- schutzverordnung von 1995) • luftdichte Gebäudehülle Nutzung von Passivsolareffekten • Orientierung und Öffnung der Gebäude nach Süden / Südwesten / Südosten sowie • möglichst geschlossenen Fassaden nach Norden. • Wintergärten als Pufferzone (sind jedoch nur dann energetisch sinnvoll, wenn sie nicht direkt oder indirekt (durch offenen Türen) beheizt werden. Wahl einer kompakten Gebäudeform • Verzicht auf Vor- und Rücksprünge sowie Erker etc., die das Verhältnis von Gebäudeoberfläche zu Gebäudevolumen negativ verändern. Bau eines Passivhauses • Installation von Fotovoltaik, Wärmerückgewinnungsanlagen, etc., die eine vollkommen eigenständige Energieversorgung gewährleisten.

Zur Windenergiegewinnung siehe E 3.5 05.

E 3.5 03 Die Aufstellung eines Energiekonzeptes soll dazu beitragen, Möglichkeiten der Energieeinspa- rung und rationellen Energieverwendung aufzuzeigen und auszuschöpfen.

E 3.5 04 Die bestehenden Standorte des KKW Grohnde (1300 MW) und des Heizkraftwerkes Hameln / Afferde (60 MW) sind als Vorrangstandorte für Großkraftwerke bzw. Kraftwerke festgelegt.

E 3.5 05

90 Erläuterungen

Windkraft kann einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Erdatmosphäre und des Klimas leisten. Trotz der Bedeutung der Windenergie für eine umweltfreundliche Energieerzeugung darf jedoch nicht übersehen werden, dass Windkraftanlagen (WKA) bei falscher Standortwahl gravierende Auswirkungen auf den Menschen sowie auf Natur und Landschaft zur Folge haben können. Einige Beeinträchtigungen durch Windenergieanlagen lassen sich nicht gänzlich vermeiden. Konfliktpotenzial bieten insbesondere die mechanischen und aerodynamischen Geräusche, der Schattenwurf der Anlagen und die Lichtreflexe der Rotoren. Desweiteren bergen Windenergieanlagen ein Risiko für Vögel. Windenergieanlagen führen zudem aufgrund ihrer Fernwirkung – große Höhe und Bewegung sowie häufig offene, exponierte Lage – zu einem deutlichen Eingriff in das Landschaftsbild. Aufgrund der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes kann die Errichtung von Windenergieanlagen besonders in Erholungsgebieten problematisch sein. Aus diesen Gründen sind bei der Standortwahl für Windenergieanlagen eine Reihe von Kriterien einzuhalten. Als Hilfestellung sind bereits empfohlene Richtlinien bzw. Ausschlusskriterien festgelegt, mittels derer Bereiche definiert werden, in denen eine Errichtung von Windkraftanla- gen ausgeschlossen ist. Die Festlegung der ‘Vorrangstandorte für Windenergienutzung‘ ist auf der Grundlage der entsprechenden Bauleitplanung der Städte und Gemeinden erfolgt. Dabei sind zwischen diesen Standorten Abstände von mindestens ca. 5 km (Erlass des Nds. MI vom 11.07.1996 – Abstands- empfehlungen) berücksichtigt sowie standortspezifische Landschaftsbildaspekte in die Stand- ortwahl einbezogen worden. Mit diesen Standorten wird für zukünftige Planungen insbesondere hinsichtlich der fortschreitenden technischen Weiterentwicklung der WKA ein Entwicklungspo- tenzial zur Verfügung gestellt, wobei die Nabenhöhe der Anlagen auf 85 m begrenzt werden soll. Die Standorte ‘Scharben’ und ‘Am Berge’ im Flecken Aerzen sowie die Flächen nördlich von Fischbeck und südwestlich von Haddessen in der Stadt Hess. Oldendorf sind dabei nicht berücksichtigt. Bei diesen Standorten ist der empfohlene Mindestabstand von 5 km zu benach- barten Windenergiestandorten nicht gegeben. Ferner ist zu beachten, dass kleine Standorte mit nur ein oder zwei WKA ein ungünstiges Verhältnis zwischen Energieertrag und ihren negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt besitzen. Daher wurde auch der Windenergiestandort bei Bäntorf im Flecken Coppenbrügge nicht als Vorrangstandort aufgenommen. Der Standort ‘Scharben’ – für nur eine Windenergieanlage – bildet zwar mit den Anlagen auf nordrhein-westfälischem Gebiet einen zusammenhängenden raumbedeutsamen Standort; die Mehrzahl der Anlagen befindet sich jedoch in Nordrhein Westfalen. Da deren Planungsrecht kein entsprechendes Planzeichen vorsieht, entfällt die Darstellung dieses Standortes. Grundsätzlich ist die Errichtung von Windkraftanlagen trotz der damit verbundenen Auswirkun- gen auf den Menschen sowie auf Natur und Landschaft – aufgrund ihres Beitrags zur umwelt- freundlichen Energieerzeugung – zu fördern und die dafür notwendigen Flächen vorzuhalten. Eine Konflikt- und Eingriffsbegrenzung kann durch die Konzentration auf die ausgewählten Standorte erreicht werden.

Tab. 15: Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen Quelle: LRP Landkreis Hameln-Pyrmont Kriterien Abstand / Pufferzone nach NDS. MI (1996) weitere Quellen Naturschutzgebiete (§ 24 NNatG) Naturdenkmale (§ 27 NNatG) 200 m, im Einzelfall bis 200-500 m 1) Besonders geschützte Biotope (§ 28a/b NNatG) 500 m Wallhecken (§ 33 NNatG) Landschaftsschutzgebiete (§ 26 NNatG) keine Abstandsempfeh- Einzelfallprüfung1) Geschützte Landschaftsbestandteile (§ 28 NNatG) lung Avifaunistisch wertvolle Bereiche gemäß NLÖ-Karte und NLÖ-Kriterien bis 200 m 1)

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nach Erkenntnissen der Biotopkartierung naturschutzrechtlich schutzwür- dige Bereiche k. A. 200-500 m 1) Einzurichtende Schutzgebiete gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie Wald 200 m 200-500 m3) Überschwemmungsgebiete k. A. 4) alte Deichlinien, Geestkanten 100 m k. A. Vorranggebiete für Natur und Landschaft (LROP) 200 m, im Einzelfall bis k. A. 500 m Vorsorgegebiete für Natur und Landschaft (RROP) Vorranggebiete für Trinkwassergewinnung (Zone I u. II) (RROP) Vorranggebiete für Freiraumfunktion, Erholung (RROP) k. A. bis 200 m3) Vorrang- und Vorsorgegebiete für Rohstoffgewinnung (RROP) Gebiete zur Vergrößerung des Waldanteils (RROP) Reine Wohngebiete 750 m 750 m3) Allgemeine Wohngebiete, dörfliche Siedlungen, Campingplätze 500 m 500 m3) Fremdenverkehrsbetonte Siedlungen 500 m 300 m3) Einzelhäuser 300 m 300 m3) Hauptverkehrsstraße Kipphöhe der Anlage, mind. 50 m 2) Gewässer I. Ordnung 50 m, mind. Kipphöhe 100 m der Anlage 2) Bahnlinien, schiffbare Kanäle, Hochspannungsleitungen Kipphöhe der Anlage, mind. 50 m 2) Richtfunktrassen 100 m 100 m 2) Flugplätze und Landeplätze Bauschutzzone k. A. militärische Anlagen äußere Schutzbereichs- k. A. zone Erläuterungen: 1) Einzelfallprüfung notwendig (NABU 1996) 2) beidseitig der jeweiligen Anlagen (KGH 1998) 3) KGH (1998) 4) k. A. = keine Angabe

E 3.5 06 Erdgas ist im Vergleich zu Kohle und Erdöl der weitaus umweltfreundlichere Energieträger. Der Anteil des Erdgases am Energieeinsatz sollte daher zu Lasten von Kohle und Erdöl vergrößert werden. Durch das vorhandene Netz an Gasleitungen im Landkreis (siehe E 3.5 07 sowie zeichnerische Darstellung) ist die Möglichkeit gegeben, die größeren Siedlungsbereiche mit dem die Umwelt weniger beeinträchtigenden Erdgas zu versorgen. Diese Möglichkeit sollte auf weitere Ortsteile ausgeweitet werden. Von ganz besonderer Bedeutung ist die Versorgung mit Gas für den Bereich der Städte Bad Pyrmont und Bad Münder, da aufgrund der Heilquellenschutzverordnung im Bereich der Schutzzonen II und III eine Beheizung mit Öl sehr problematisch und durch erhöhte Sicherheits- vorkehrungen kostenaufwendig ist. Im engeren Schutzbereich ist eine Lagerung von Rohöl grundsätzlich ausgeschlossen. Insofern waren in den Schutzzonen I und II nur Kohleheizungen möglich, bis Erdgas als Ersatzenergie angeboten wurde.

E 3.5 07 Aus dem Ruhrgebiet kommend führt eine Ferngasleitung bis unmittelbar an die Stadtgrenze von Hameln. Über die Übergabestation ‘Fischbecker Straße’ wird der Stadtbereich von Hameln als größtes konzentriertes Siedlungsgebiet im Landkreis mit Gas versorgt. Ab 1978 wurde von der

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Übergabestation Wehrbergen eine regionale Verteilungsleitung über Groß Berkel mit Abzweig nach Aerzen, Kirchohsen nach Grohnde und nach Bodenwerder geführt, von welcher bei Kirchohsen eine Stichleitung nach Bad Pyrmont abzweigt. Auch die Stadt Bad Münder ist an die Erdgasversorgung angeschlossen; die Flecken Salzhemmendorf und Coppenbrügge teilweise

Im Landkreises bestehen folgende Elt-Leitungen und Umspannwerke: PreussenElektra Umspannwerk Bad Münder • 110 kV-Leitung Hannover / West – Bad Münder Kraftwerk (KW) Grohnde (1300 MW) Umspannwerk Grohnde • 110 kV-Leitung KW Grohnde – Umspannwerk Grohnde • 380 kV-Leitung KW Grohnde – Umspannwerk Grohnde • 380 kV-Leitung Landesbergen – Grohnde • 380 kV-Leitung KW Grohnde/380 kV Algermissen-Grohnde • 380 kV-Leitung Algermissen – Grohnde • 380 kV-Leitung Grohnde – Würgassen Elektrizitätswerk Wesertal Kraftwerk Afferde (157 MW) Umspannwerk Coppenbrügge Umspannwerk Afferde • 110 kV-Leitung Kraftwerk Afferde – Umspannwerk Coppenbrügge • zwei 110 kV-Leitungen Kraftwerk Afferde – Umspannwerk Grohnde • 110 kV-Leitung von der Abzweigung Kraftwerk Afferde / Umspannwerk Grohnde von Hastenbeck in Richtung Bremke • 110 kV-Leitung Kraftwerk Afferde – Hess. Oldendorf – Richtung Deckbergen • 110 kV-Leitung Kraftwerk Afferde – Aerzen – Richtung Alverdissen • 110 kV-Leitung Umspannwerk Grohnde – Richtung Schieder • geplant :110 kV-Leitung (Verbindung 110 kV-Leitung Groß Berkel zur 110 kV-Leitung Kirchohsen)

Avacon Die Avacon AG, Helmstedt, beliefert im Bereich des Landkreises Hameln-Pyrmont die Stadt Bad Münder mit elektrischer Energie. Die elektrische Energie für diesen Versorgungsbereich wird aus dem 110 /-120 kV-Umspannwerk der HASTRA in Bad Münder bereitgestellt.

E 3.5 09 Die negativen Auswirkungen der Hochspannungsleitungen und bis zu 80 m hohen Masten beziehen sich sowohl auf das Landschaftsbild als auch auf die jeweiligen ökologischen Verhält- nisse (Zerstörung naturnaher Biotope, Veränderung des Mikroklimas, Bedrohung der Tierwelt etc.). Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ist besonders gravierend, wenn – wie in großen Teilräumen des Landkreises Hameln-Pyrmont – das Landschaftsbild von hohem ästhetischem Wert ist und als Voraussetzung für Erholung und Fremdenverkehr dient. In den letzen Jahren sind darüber hinaus auch die Auswirkungen der elektromagnetischen Felder (Elektrosmog) auf den Menschen in den Blickpunkt gerückt. Auch wenn hierüber noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen, ist eine vorsorgende Planung beim Bau von Hochspannungs- leitungen unerlässlich. Im Rahmen der Verbundnetze wird der Planungsraum von Leitungen mehrerer Unternehmen durchzogen. Teilweise laufen diese parallel nebeneinander auf eigenen Masten. Da die Eltlei-

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tungstrassen einen wesentlichen Eingriff in das Landschaftsbild darstellen, muss die Zahl der Leitungstrassen so gering wie möglich gehalten werden. Deshalb sollten parallel laufende Leitungen gebündelt auf einem Leitungsträger geführt werden, auch wenn es sich um Leitungen verschiedener Unternehmen handelt.

3.6 Verkehr und Kommunikation

3.6.0 Verkehr allgemein

E 3.6.0 01 Als Folge der deutschen Vereinigung, der fortschreitenden internationalen Arbeitsteilung, der Intensivierung des Warenaustausches im sich ausweitenden Europäischen Markt sowie der weiter steigenden Motorisierung wird das Verkehrsaufkommen im Landkreis künftig weiter steigen. Der Ost-West-Strom wird langfristig etwa die gleiche Stärke aufweisen wie der Nord- Süd-Strom in den alten Bundesländern; dies betrifft auch den Landkreis Hameln-Pyrmont mit der Bundesstraße 1 sowie der DB-Strecke Herford-Braunschweig. Für die Festlegung des überregional und regional bedeutsamen Verkehrsnetzes ist die Hierarchie der Zentralen Orte maßgeblich. Zwischen den Zentren bestehen abgestufte Verkehrsbeziehun- gen, die durch die Einstufung in überregional und regional bedeutsame Verkehrswege zum Ausdruck kommen. Der Verkehr trägt in erheblichem Maße zur Belastung der Umwelt bei. Zu den ökologischen Folgen des Verkehrs zählen insbesondere die Emissionen von Lärm und Schadstoffen, darunter das klimaschädigende CO 2 sowie der wachsende Energie- und Flächenverbrauch. Die Vermeidung von Verkehr durch ein Angebot kurzer Wege zwischen den Funktionen Wohnen, Arbeiten und Erholung bei Standortentscheidungen soll in der Bauleitplanung ange- strebt werden. Neben der Begrenzung des Flächenverbrauchs soll dabei eine Reduzierung der Emissionen des motorisierten Verkehrs erreicht werden. Die künftige Siedlungsentwicklung soll stärker SPNV/ÖPNV-orientiert ausgerichtet werden. Hierdurch wird den veränderten verkehrspolitischen Zielsetzungen des Landes und des Land- kreises zur Stärkung umweltverträglicher Verkehrsmittel Rechnung getragen.

E 3.6.0 02 Zur Erreichung einer umweltfreundlichen und zugleich wirtschaftlichen Verkehrsentwicklung muss die Vernetzung und Arbeitsteilung der Verkehrsträger Schiene, Straße, Luft und Wasser verbessert werden; dabei soll in allen Bereichen den umweltverträglichen Verkehrsträgern ein hoher Anteil zukommen. Die unvermeidliche Verkehrszunahme bedarf einer Steuerung; die Entlastung der Straßen wird dringlicher. Dazu gehört insbesondere eine verstärkte Verlagerung des Verkehrs auf die Schienenwege und Wasserstraßen; ferner ist eine bessere Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger insgesamt notwendig. An die Logistik des Verkehrs stellen sich neue Anforderungen, auch die Produktionsstruktur wird auf die Entwicklung reagieren müssen. Das Gesamtsystem des Verkehrsnetzes soll entsprechend seiner Umweltverträglichkeit dabei so ausgebaut und gestaltet werden, dass es nicht zum Engpass der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung wird. Dazu ist ein regionaler Verkehrsentwicklungsplan notwendig.

E 3.6.0 05 Gute Verkehrsanbindungen gewährleisten die Erreichbarkeit der zentralen Orte und die Wahr- nehmung öffentlicher und privater Dienstleistungen sowie von Kultur- und Freizeitangeboten. Sie bestimmen u.a. die individuelle Mobilität hinsichtlich der Wahl des Wohnortes und der Wahrnehmung von Ausbildungs- und Arbeitsplatzangeboten.

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3.6.1 Öffentlicher Personennahverkehr

E 3.6.1 01 Die differenzierte Zielsetzung einer nachfrageorientierten ÖPNV-Gestaltung in der Fläche und einer angebotsorientierten ÖPNV-Gestaltung in den Mittelzentren und regional bedeutsamen Relationen dient dazu, mit vertretbarem Aufwand eine größtmögliche Umorientierung vom Individualverkehr zum ÖPNV zu erreichen und dabei der realen Belastung der Verkehrswege und Knotenpunkte Rechnung zu tragen. So werden auch optimale Effekte für die Entlastung der Umwelt erreicht. Das regional bedeutsame Straßennetz ist weitgehend mit den intensiv ÖPNV-genutzten Trassen identisch. Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des ÖPNV ist es deshalb erforderlich, mit Beschleunigungsmaßnahmen an Knotenpunkten und wo möglich durch separate Busspuren auf die Verkürzung der ÖPNV-Reisezeiten und gleichzeitig wirtschaftlichere Wagenumläufe im ÖPNV hinzuwirken. Aus der differenzierten Zielsetzung einer nachfrageorientierten ÖPNV-Gestaltung in der Fläche und einer angebotsorientierten Gestaltung in den Mittelzentren und regional bedeutsamen Relationen leitet sich die Schlussfolgerung ab, dass durch die Bauleitplanung der Städte und Gemeinden die Chance zur Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr zum ÖPNV aktiv beeinflusst werden kann. Während eine Konzentration bevölkerungsstarker Wohnstandorte im fußläufigen Einzugsbereich angebotsorientiert ausgestalteter ÖPNV-Relationen bei hohem ÖPNV-Wirkungsgrad den ÖV-Anteil am Gesamtverkehr (modal split) stärkt, verfestigt die Ausweisung aufkommensrelevanter Wohnstandorte in der nachfrageorientiert bedienten Fläche nicht nur disperse Strukturen, sondern erzeugt zunehmenden Individualverkehr, wachsende Umweltbelastungen und steigende ÖPNV-Kosten für die dort notwendige Mindestversorgung. Der bestehende Kreiseinheitstarif erfüllt alle Voraussetzungen für eine intensive Nutzung der Angebote des ÖPNV auf der Straße einschließlich der Angebote in das Kreisgebiet einpendeln- der Verkehrsunternehmen und bedarf angesichts seiner für unterschiedliche Kundengruppen differenzierten Angebote nur der Bestandssicherung und -pflege sowie permanenter Marketing- aktivitäten. Die wünschenswerte Integration des DB-Tarifes in den Kreistarif steht hingegen unter dem Vorbehalt ihrer Finanzierbarkeit und der Abwägung und Gewichtung der Interessenlagen von Fahrgästen im Kreisbinnenverkehr einerseits und von Pendlern andererseits. Als Minimalziel für die tarifliche Kooperation Bus / Bahn sind die Fortsetzung der bewährten Zusammenarbeit mit der DB AG in Gestalt des Tarifangebotes „kombinierte Zeitkarte Bus/Schiene“ (B-/S-Zeitkarte) und der Einstieg in einen Regionaltarif zunächst im Zuge der S-Bahn-Relationen Hannover – Hameln – Bad Pyrmont anzusehen. Durch die topographischen Verhältnisse überwiegend begünstigt bietet der Radverkehr gute Möglichkeiten, Verkehrsbedürfnisse in der nachfrageorientiert ÖPNV-versorgten Fläche flexibel und umweltschonend zu befriedigen. Es ist deshalb sinnvoll, nicht nur P+R-Anlagen an verkehr- lichen Verknüpfungspunkten Bus / Bahn vorzusehen bzw. einer wachsenden Nutzerzahl anzupassen, sondern diese mit B+R-Anlagen zu komplettieren, sowie B+R-Anlagen auch an zentralen Bushaltestellen in den Grundzentren vorzusehen. B+R-Anlagen an Busendhaltestellen in der Fläche sind darüber hinaus geeignet, die Nachteile systembedingt schwach entwickelter kreisgrenzenüberschreitender Buslinienverkehre kunden- und umweltfreundlich zu kompensieren. Im Kreisgebiet sind die Verkehrsunternehmen Verkehrsgesellschaft Hameln-Pyrmont mbH (VHP), Kraftverkehrsgesellschaft Hameln mbH (KVG) und Stadtwerke Bad Pyrmont (SWP) ansässig und tätig. Sie kooperierten trotz rechtlicher Selbständigkeit sachlich auf dem Niveau einer Verkehrsgemeinschaft. Sie integrieren in das Kreisgebiet einpendelnde Linien weiterer Verkehrsunternehmen angebotsseitig und tariflich. Zu diesen Unternehmen zählen z.Z. die Verkehrsbetriebe Extertal mbH (vbe), Regionalbus Braunschweig (RBB), Busverkehr Ostwest- 95 Erläuterungen

falen (BVO), Schaumburger Verkehrsgesellschaft mbH (SVG), Regio Bus Hannover und Fa. Köhne, Blomberg. Über die Kreisgrenzen hinaus werden seitens der VHP Omnibuslinien in die Landkreise Schaumburg und Holzminden nach Maßgabe der gültigen Nahverkehrspläne sowie in Abstimmung zwischen den jeweiligen Aufgabenträgern betrieben. Die Schülerbeförderung bildet vor allem in der Fläche angebotsseitig und wirtschaftlich das Rückgrad des ÖPNV. Ihre Integration in den Linienverkehr ist deshalb unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben und betriebswirtschaftlichen Folgen überwiegend sinnvoll und beizubehal- ten. Vertakteter Schienenverkehr und die Notwendigkeit des straßengebundenen ÖPNV, sich bei der Angebotsgestaltung im Interesse optimierter Anschlussbeziehungen darauf einzustellen, zwingen allerdings dazu, künftig bei der Fahrplangestaltung in der Schülerbeförderung das bisherige „Bestellerprinzip“ aufzugeben.

E 3.6.1 04 Omnibusverkehr kann seine Vorteile nur mit aufkommensstarken Nutzergruppen zur Geltung bringen. Auf Nebenlinien und im Lokalverkehr muss deshalb außerhalb der Hauptverkehrszeiten mit Elementen der differenzierten Bedienung den sehr unterschiedlichen Beförderungsbedürfnis- sen Rechnung getragen werden. Dafür stehen die Angebotsformen Anruf-Sammel-Taxi-Verkehr, Anruf-Linienverkehr und HOME-Bus-Verkehr zur Verfügung.

E 3.6.1 05 Die Mittelzentren Hameln und Bad Pyrmont verfügen über einen örtlichen Busverkehr; Anstren- gungen zur Aufrechterhaltung eines attraktiven Busnetzes sind hier unerlässlich. Im ländlichen Raum ist eine ganztägige Busbedienung nur in den regional bedeutsamen Relationen zwischen Mittel- und Grundzentren angebotsorientiert sicherzustellen. Regional bedeutsame Buslinien (in der zeichnerischen Darstellung als ‘Regional bedeutsamer Busverkehr’ dargestellt) dienen nicht der Feinerschließung in der Fläche. Sie sollen große Verkehrsmengen gebündelt und schnell befördern. Relationen zwischen Ortsteilen und Grundzentren weisen demgegenüber nur in den Hauptverkehrszeiten und zum Zwecke der Schülerbeförderung eine omnibuswürdige Nachfrage aus und sind im Übrigen mit Elementen der differenzierten Bedienung auf wirtschaftlicher Basis zu sichern und nachfrageorientiert zu gestalten.

E 3.6.1 06 Den vorhandenen Mobilitätsbedürfnissen ist durch die kombinierte Nutzung von AST-Verkehr und SPNV bzw. durch Anruf-Linien-Verkehr nachfrageabhängig Rechnung zu tragen. Im ländlichen Raum ist eine auf bestimmte Relationen konzentrierte Nachfrage gegenwärtig nicht erkennbar.

3.6.2 Schienenverkehr

E 3.6.2 01 Durch die genannten Ziele bzw. Maßnahmen soll der Schienenverkehr im Landkreis soweit verbessert werden, dass er in der Lage ist, erheblich größere Anteile am Verkehrsaufkommen als bisher zu übernehmen Dadurch sollen verkehrliche Zuwächse im Personen- und Güterverkehr erzielt und betriebliche Voraussetzungen für eine Qualitätserhöhung im Personenverkehr geschaffen werden. Der S-Bahn-Betrieb ab / bis Bad Pyrmont ist erforderlich, um die verkehrliche Anbindung und damit die Attraktivität der Kurstadt zu verbessern. Weil der S-Bahn-Betrieb von Hannover bis Bad Pyrmont die Einbeziehung des Haltepunktes Emmerthal beinhaltet, ist gleichzeitig sicherge-

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stellt, dass das Planungsziel innerstädtische Verkehrsentlastung in Hameln auch aus südlichen Einzugsgebieten umgesetzt wird und darüber hinaus den Ortsteilen der Gemeinde Emmerthal und angrenzenden Ortsteilen der Samtgemeinde Bodenwerder, die über traditionelle Bindungen nach Hameln, Springe und Hannover verfügen, ein direkter und zeitgünstiger Zugang zur S- Bahn ermöglicht wird. Die durchgehende Verbindung nach Paderborn ist im Hinblick auf bestehende nennenswerte Pendlerbeziehungen in beiden Richtungen erforderlich. Die mit der Zielsetzung einer wachsenden Einwohnerzahl der Stadt Hameln einhergehende Entstehung peripherer Wohnstandorte wie „Hottenbergs Feld“ im Stadtteil Rohrsen sowie die innerstädtische Verkehrsentlastung als Voraussetzung höherer Lebensqualität erfordern die Wiederinbetriebnahme des Haltepunktes Hasperde einschließlich seines Ausbaus als Park&Ride / Bike&Ride-Anlage. Eine solche Maßnahme reduziert die Reisezeit sowohl der Pendler aus dem Nordosten der Stadt Hameln als auch die der Pendler von am Süntel gelegenen Ortsteilen der Stadt Hess. Oldendorf, von nahegelegenen Ortsteilen der Stadt Bad Münder und des Fleckens Coppenbrügge. Für den Abschnitt Löhne-Hameln- der Schienenstrecke Löhne-Braunschweig- ist im Bundesverkehrswegeplan 1992 (hier: Bedarfsplan für die Bundesschienenwege als Anlage des Bundesschienenwegeausbaugesetz vom 15.11.1993) als Maßnahme ein durchgängiger zweigleisiger Ausbau sowie eine Elektrifizierung festgeschrieben. Realisierungsumfang und -zeitpunkt sind nicht absehbar. Voraussetzungen für die Leistungsfähigkeit der Strecke 372 (Bielefeld-)Löhne-Rinteln-Hameln- Elze(-Hildesheim) bestehen sowohl in der Gestaltungsmöglichkeit effektiver Betriebsabläufe ohne nachteilige Qualitätsfolgen als auch in der Sicherung der gegenwärtigen funktionalen Bedeutung. Deshalb muss die Infrastruktur den Anforderungen des Taktverkehrs einschließlich Verzicht auf einschränkende Randbedingungen bei der Erhaltung von Umsteigebeziehungen genügen und zugleich für Formen der Betriebsführung offen sein, die geeignet sind, eine wirkungsvolle Erschließung bei geringeren Betriebskosten sicherzustellen. Vor diesem Hinter- grund werden die Prüfung der Wiederinbetriebnahme des Haltepunktes Fischbeck und der Neubau eines Haltepunktes Hameln / Süntelstraße als sinnvoll erachtet.

E 3.6.2 03 Die Forderung nach Erhöhung der Bedienungsqualität des Schienenpersonenverkehrs in der Fläche wird differenziert für die Erreichbarkeit von Ober-, Mittel- und Grundzentren in dieser Prioritätenfolge gestellt, wobei für Grundzentren als weitere Voraussetzung ein hohes Fahr- gastaufkommen anzusehen ist. Bei Einführung eines integralen Taktfahrplanes für Niedersachsen und Einbeziehung von Hameln als Systemhaltepunkt ist eine optimale Bedienungsqualität durch Fahrplanabstimmung des zu- / abbringenden Buslinienverkehrs zu erreichen. Anschlussbeziehungen im gebrochenen Verkehr Schiene – Straße sind auch an allen weiteren Verknüpfungspunkten nach Maßgabe der fahrplantechnischen Möglichkeiten herzustellen, für ausreichende Übergangs- / Pufferzeiten ist zu sorgen.

E 3.6.2 04 Mit der zunehmenden Straßenbelastung durch Gütertransporte sind beträchtliche Belastungen für Mensch und Umwelt verbunden; der Güterverkehr hat einen bedeutenden Anteil an den Emissi- onen von Stickoxiden, Rußpartikeln und anderen Luftschadstoffen und ist zudem überproportio- nal an der verkehrsbedingten Lärmbelastung beteiligt. Auch Schäden an Straßenbelägen und Brücken etc. gehen zu einem großen Teil auf den Nutzfahrzeugverkehr zurück. Diese auftretenden Probleme können nur durch die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene eingeschränkt werden. Voraussetzungen dafür sind verbesserte Zugangsbedingungen für

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den Gütertransport auf der Schiene sowie dessen Beschleunigung durch fahrzeug- und anlagen- technische Verbesserungen sowie eine entsprechende Angebotsentwicklung. Aktuelle Planungen der Deutschen Bahn AG gehen davon aus, dass sich die Güterverkehrsmen- gen auf der Schiene mittelfristig nicht signifikant steigern lassen. Daraus leitet sich die Schluss- folgerung ab, dass der für den kombinierten Ladungsverkehr ursprünglich vorgesehene Contai- nerumschlagplatz Hameln in der mittelfristigen Planung zunächst nicht weiter verfolgt wird.

3.6.3 Straßenverkehr

E 3.6.3 01/ 05 Der Landkreis Hameln-Pyrmont verfügt über ein gut ausgebautes Straßennetz, wobei mit den Bundesstraßen 1, 83, 217 und 442 ein dichtes Netz überörtlicher Straßen besteht. Im Jahr 2000 bestehen im Landkreis Hameln-Pyrmont 108,371 km Bundesstraßen, 181,145 km Landesstraßen und 240,887 km Kreisstraßen. Ein direkter Autobahnanschluss ist nicht vorhanden. Die nächsten Anschlusspunkte sind in Lauenau, Rehren und Bad Eilsen (Landkreis Schaumburg) zur BAB 2 und in Hildesheim und Northeim zur BAB 7, so dass der Landkreis im „Verkehrsschatten“ des Autobahnnetzes liegt; dies ist ein erheblicher Standortnachteil. Im „Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen“ (i.d.F. vom 15.11.1993), der auf der Basis des Bundesverkehrswegeplanes 1992 erarbeitet wurde, sind für den Bereich des Landkreises Hameln-Pyrmont folgende raumrelevante Projekte enthalten: Im vordringlichen Bedarf/neue Vorhaben: B 1/217 OU Hameln B 1 OU Coppenbrügge/Marienau B 83 OU Wehrbergen B 442 OU Eimbeckhausen Im weiteren Bedarf: B 1 OU Aerzen/Reher/Groß Berkel B 1 OU Hemmendorf/Oldendorf/Benstorf B 83 OU Grohnde B 442 OU Hachmühlen B 217 Ausbau zwischen den Stadtteilen Hameln und Rohrsen Die v.g. Projekte im „vordringlichen Bedarf“ sind z.Z. nicht planfestgestellt. Die Projekte OU Hameln, OU Eimbeckhausen, OU Wehrbergen, OU Coppenbrügge / Marienau sowie OU Aerzen / Reher / Groß Berkel, sind raumordnerisch abgestimmt und nach dem Fernstraßengesetz linienbestimmt. Die übrigen Vorhaben im „weiteren Bedarf“ sind in der zeichnerischen Darstel- lung als „erforderlich – bedarf weiterer Abstimmung“ festgelegt; wann diese planerisch in Angriff genommen werden, ist nicht zu übersehen. Angesichts der Zunahme der Verkehrsströme besteht auch im Landkreis Hameln-Pyrmont für die Hauptverkehrsstraßen von überregionaler Bedeutung die Notwendigkeit, diese zu leistungs- fähigen Verkehrsverbindungen auszubauen. Hierzu gehört auch die Erhöhung der Verkehrsquali- tät z.B. durch 2+1- Querschnitte (RQ 15,5). Dies gilt besonders für die Bundesstraße 1, die vom Ruhrgebiet über Paderborn- Hameln – Hildesheim bis nach Berlin führt. Sie stellt eine Alternative bzw. großräumige Ausweichstrecke zur BAB 2 / BAB 7 vor allem für den Schwerlastverkehr dar. Gleichzeitig gilt es, die betroffenen Ortsteile und Siedlungsbereiche weitgehend von diesem Durchgangsverkehr zu verschonen. Aus diesem Grund ist der Ausbau der B 1 durch den Bau der v.g. Ortsumgehungen mit den Schwerpunkten Aerzen, Coppenbrügge und Hameln besonders vordringlich. Das Land Nord- rhein-Westfalen ist mit dem Bau von Ortsumgehungen im Zuge der B 1 bereits weit vorange-

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schritten; hier sind z.B. die fertiggestellten Umgehungen Horn / Bad Meinberg, Bad Lippsprin- ge, Paderborn sowie die Eggequerung zu nennen. Ferner ist der Realisierung der OU Eimbeckhausen im Zuge der B 442 zur schnelleren Erreich- barkeit der BAB-Anschlussstelle Lauenau und zur Entlastung der Ortsdurchfahrt wie der Umgehung von Wehrbergen im Zuge der B 83 eine hohe Priorität beizumessen; ferner ist die OU Grohnde von Bedeutung. Hinsichtlich der OU Hachmühlen im Zuge der B 442 ist in der zeichnerischen Darstellung eine Umgehung nördlich der B 217 parallel zur DB-Strecke 360 festgelegt. Die B 442 hat südlich der B 217 (Abschnitt Hachmühlen-Coppenbrügge) lediglich eine regionale Bedeutung und eine Verkehrsbelastung von 3.550 Kfz/24 h (Verkehrszählung 1997). Bei regional bedeutsamen Ortsdurchfahrten mit bis zu 8000 Kfz/24 h sind i.d.R. Ortsum- gehungen als nicht notwendig und zweckmäßig anzusehen. Darüber hinaus würde eine westliche Umgehung in diesem Bereich einen ökologisch empfindlichen Raum durchqueren. Aus diesen Gründen wird abweichend vom v.g. Bedarfsplan von der Ausweisung einer Umgehung des OT Hachmühlen südlich der B 217 in der zeichnerischen Darstellung abgesehen. Für eine bessere Anbindung des Landkreises an das Oberzentrum Hannover ist ein Ausbau der B 217 vordringlich. so dass der Bau der Ortsumgehung Evestorf und Weetzen ebenfalls im Interesse des Landkreises liegt. Seine verkehrliche Anbindung an das Oberzentrum ist verbesse- rungsbedürftig und notwendig für die Wettbewerbsfähigkeit der Region. Umgekehrt ist das Weserbergland eines der wichtigsten Naherholungsgebiete für den Großraum Hannover. Hinsichtlich der Landesstraßen ist festzustellen, dass das Land Niedersachsen den Bau von Straßen auf neuer Trasse nicht mehr verfolgt (Kabinettsbeschluss vom 30.06.1987), so dass sich entsprechende Planungen nur noch als „Kommunale Entlastungsstraßen“ realisieren lassen, wofür Mittel nach dem Gemeinde-Verkehrs-Finanzierungsgesetz (GVFG) beantragt werden können. Als erforderliche Maßnahmen sind hier eine westliche Umgehung von Bad Pyrmont im Zuge der L 426 sowie eine östliche Umgehung des Ortsteiles Fuhlen/Lachem im Zuge der L 434 zu nennen. Ein Ausbau der L 429 im Abschnitt Grohnde-Welsede ist erforderlich, da diese Strecke die L 431 in dem Abschnitt Emmern-Welsede und somit die Ortsteile Hämelschenburg und Amelgatzen entlasten soll. Die Hauptverkehrsstraßen von überregionaler Bedeutung – als Vorgabe des LROP 1994 – verbinden die höherstufigen Zentren untereinander und sichern die Verbindung in die Nachbar- räume. Ergänzt werden diese überregionalen Hauptverkehrsstraßen durch regional bedeutsame Hauptverkehrsstraßen, die u.a. dem Zweck dienen, eine Verbindung von Zentralen Orten und die Verknüpfung mit dem überregionalen Straßenverkehrsnetz herzustellen.

3.6.4 Schifffahrt Für die Schifffahrt ist im Landkreis Hameln-Pyrmont lediglich die Bundeswasserstraße Weser nutzbar; der Fluss ist seit jeher die Binnenwasserstraße dieser Region. Durch den Bau der beiden Weserwehre und der Schleuse waren die Voraussetzungen für die Frachtschifffahrt auf der Oberweser gegeben. Als Verkehrsweg wurde die Weser im Wesentlichen für den Transport von Massengütern wie Kies und Sand, Getreide sowie Steine genutzt. Neben diesen Gütern ist u.a. auch das Kraftwerk Afferde mit Kohle versorgt worden. Die ehemals große Bedeutung des Mühlenwesens für die Stadt Hameln nahm rapide ab, als es wie auch in anderen Branchen zu Konzentrationen kam und der Transport immer mehr auf die Straße verlagert wurde. So hat die Weser ihre Attraktivität als Binnenschifffahrtsweg auch für Getreide verloren, Verladeanlagen der Wesermühlen in Hameln wurden abgebaut.

E 3.6.4 01/05 Ein grundsätzlicher Ausbau bzw. eine Kanalisierung der Oberweser für den Fracht- und Personenverkehr kommt wegen des zu geringen Kosten-Nutzen-Verhältnisses und der damit verbundenen ökologischen Folgen nicht in Betracht. Hinsichtlich der Wasserunterhaltungsmaß- 99 Erläuterungen

nahmen ist ein Abtrag der Sohle der Oberweser ökologisch ebenfalls nicht vertretbar, weil damit die Morphologie des Flusses gestört würde. Andererseits sind die Latferder Klippen durch Unterhaltungsmaßnahmen entschärft worden, so dass hier die Wassertiefe um ca. 15 cm vergrößert werden konnte. Es wäre zu prüfen, ob an anderen Stellen in ähnlicher Weise die Wassertiefe durch Reaktivierungen von Buhnen verbessert werden kann. Angesichts des ökologischen Vorteils der Binnenschifffahrt gegenüber den straßengebundenen Verkehrsträgern ist eine verstärkte Verlagerung des Güteraufkommens auf die Weser – insbe- sondere der aus dem Wesertal gewonnenen Kiese und Sande – anzustreben. Durch den Ausbau des Mittellandkanals und der Schleuse in Minden besteht die Möglichkeit, dass wieder verstärkt Frachtschifffahrt auf der Weser stattfindet. Parallel muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass moderne Binnenschiffe oder andere neue Schiffstypen die Weser befahren können; gleiches gilt für die Personenschifffahrt. Die Transportschifffahrt leidet seit Jahren unter mangelhaften Wasserständen und ist deshalb seit 20 bis 30 Jahren rückläufig. Belief sie sich in den 50er Jahren auf ca. 800.000 t/Jahr, ist sie in den letzten Jahren auf unter 100.000 t /Jahr zurückgegangen. Die Oberweser hat unterschiedliche Wassertiefen und eine stark schwankende Wasserführung. Die Wassertiefe ist insbesondere während der Sommermonate sehr gering. Seit der Fertigstellung der Edertalsperre und der Diemeltalsperre bestehen mehr Möglichkeiten zur Wasserregulierung. Es muss Ziel sein, sowohl der Fracht- als auch der Personenschifffahrt – mit über 200.000 Fahrgästen pro Saison – auf der Oberweser durch entsprechende Bewirtschaftung der Talsperren in Hessen die notwendigen Wassermengen für die Befahrbarkeit zu erhalten bzw. zu verschaf- fen. Die Schifffahrt auf der Oberweser ist auf Fahrwasserverhältnisse von mindestens 1,20 m am Pegel Hann. Münden angewiesen. Bereits kleine Einschränkungen führen zur sofortigen Einstellung der Schiffbarkeit auf der gesamten Strecke. Die touristischen Aktivitäten in Hameln sind stark mit der Weserschifffahrt verbunden (5-tägige Kreuzfahrt, örtliche Rundfahrten, Tages- oder Wochenendausflüge). Im Jahr 1998 wurden in Hameln 58.452 Einstiege und 52.494 Ausstiege gezählt. Die Personen- und auch Sportschifffahrt ist daher für die hiesige Region von großer Bedeutung; der Erhalt dieses Wirtschaftszweiges ist unverzichtbar. Die Ausflugsschiff- fahrt auf der Weser ist als Angebot für die Bevölkerung und für Touristen auch überregional von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Sie sorgt für erhebliche touristische Impulse. Die Schiff- fahrt stellt ein wesentliches Unterscheidungskriterium des Landkreises Hameln-Pyrmont gegenüber anderen Landkreisen mit ähnlichem landschaftlichen Angebot dar. Die Personenschifffahrt ist – insbesondere im Zusammenhang mit dem Radwanderfernweg „Weser“ – Bindeglied zwischen den Städten im Weserbergland und wichtigstes Werbeargument für einen Urlaub bzw. Aufenthalt im Weserbergland. Eine Einstellung oder Einschränkung hätte negative Auswirkungen auf alle Bereiche des Tourismusgewerbes im Weserbergland mit Verlust vieler Arbeitsplätze. Zum Wassersport und Sportboothäfen s. E 3.8 05

3.6.5 Luftfahrt

E 3.6.5 03 Der Landkreis Hameln-Pyrmont wird vorrangig durch den Verkehrsflughafen Hannover an das nationale und internationale Flugnetz angeschlossen. Dessen Erreichbarkeit wird mit der Einführung der S-Bahn mit einer direkten Verbindung von Hameln zum Flughafen wesentlich verbessert. Ferner ist der Regionalflughafen Paderborn für den Landkreis von Bedeutung. Der Sonderlandeplatz Bad Pyrmont (Kleinenberg) fungiert auch als Start- und Landeplatz für kleinmotorige Flugzeuge. Als solcher wird er für den Geschäftsreiseverkehr ebenso genutzt wie für Charterflüge. Als Zubringer für den Flughafen Langenhagen oder für den überregionalen

100 Erläuterungen

Geschäftsverkehr bedeutet der Sonderlandeplatz für das Mittelzentrum Bad Pyrmont wie auch für den Landkreis einen wirtschaftlichen Standortvorteil sowie eine wichtige verkehrliche Infrastruktur. Landeplätze sind gemäß LuftVZO Flugplätze, die nach Art und Umfang des vorgesehenen Flugbetriebes einer Sicherung durch einen Bauschutzbereich nach § 12 des Luftverkehrsgesetzes nicht bedürfen und nicht nur als Segelfluggelände dienen. Gemäß der Genehmigung aus dem Jahr 1983, zuletzt 1984 geändert, ist der Landeplatz zugelassen für Flugzeuge bis zu einem Gesamtgewicht von 2000 kg, Hubschrauber bis zu einem Gesamtge- wicht von 6000 kg, Motorsegler, Segelflugzeuge mit Winden- und Flugschleppstart sowie Freiluftballons. Der Landeplatz ist im Eigentum eines privat geführten Vereins.

3.6.6 Fußgänger- und Fahrradverkehr

E 3.6.6 01 In den Siedlungsschwerpunkten und hier insbesondere in den Städten zeigen sich bezüglich des Fußgänger- und Radverkehrs noch punktuelle Defizite in der Verkehrssicherheit (unattraktive und ungesicherte Querungsstellen) und in der Flächenverfügbarkeit. Zu schmale vom Fußgän- ger- und Fahrradverkehr gemeinsam genutzte Flächen führen zu Nutzungskonkurrenzen und erhöhter Unfallgefahr. Ein zusätzliches Gefahrenpotenzial und verminderte Akzeptanz entstehen auch dadurch, dass die Fahrradspuren nicht immer durchgängig sind, sondern teilweise an ungünstigen Stellen enden. In Hameln fehlen auf großen Abschnitten der hoch belasteten Hauptverkehrsstraßen Radver- kehrsanlagen oder sie sind unzureichend. Auch das untergeordnete Straßennetz abseits der Hauptverkehrsstraßen stellt aufgrund seiner unzureichenden Durchlässigkeit für den Radverkehr keine befriedigende Alternative dar. An den Knotenpunkten ist die Führung des Radverkehrs häufig ungenügend, Abbiegebeziehungen des Radverkehrs sind z.T. nicht berücksichtigt (Stadtentwicklungskonzeption Hameln 1998). Bei Ansätzen zur Verbesserung der Situation sollte berücksichtigt werden, dass das Unfallrisiko für Radfahrer auf einem separaten Radweg wesentlich geringer ist als bei Radfahrstreifen auf dem Gehweg. Radfahrer werden nur so von den Autofahrern als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer angesehen. Das Kollisionsrisiko zwischen Radfahrern und Fußgängern wird auf diese Weise ebenfalls erheblich verringert. Die ungenügende Situation für Radfahrer in Hameln drückt sich im Vergleich zu ähnlich strukturierten Städten in einer äußerst niedrigen Nutzung des Fahrrades aus.

E 3.6.6 02 Von besonderer Bedeutung für den Radverkehr ist auch die Anbindung der siedlungs- bzw. stadtnahen Naherholungsgebiete und Sportstätten an das Fuß- und Radwegenetz. Dazu gehört auch die Instandsetzung der Eisenbahnbrücke in Hameln, da die dritte Weserbrücke im Zuge der Südumgehung Hameln einen Radweg nicht vorsieht. Ferner wäre der Klüt für Fußgänger und Radfahrer besser erschlossen. Der Landkreis Hameln-Pyrmont wird von mehreren Radwanderfernwegen gekreuzt, die in diesen Bereichen eine gute Anbindung an benachbarte Regionen sichern (s. E 3.6.6 05). Viele im Tourismusverband Weserbergland-Mittelweser e.V. organisierte Gemeinden haben bereits im Rahmen eines landkreisbezogenen Marketingkonzeptes eine Ausweisung von Radwegen unter dem Aspekt der Vernetzung aller relevanten touristischen Ziele gefordert. Aufbauend auf bestehenden Radwegen soll die Vernetzung der verschiedenen Landschaftsteile und Sachgüter sichergestellt werden.

E 3.6.6 03

101 Erläuterungen

Das Rad fahren dient auch als Zubringer für die öffentlichen Verkehrsmittel. Dementsprechend ist die Schaffung attraktiver und sicherer Anfahrtsmöglichkeiten sowie akzeptabler (überdacht, sicher, günstiger Standort) und ausreichender Abstellanlagen an den Haltestellen anzustreben.

E 3.6.6 05 Um der zunehmenden Bedeutung des Rad-, Reit- und Wandertourismus im Landkreis gerecht zu werden, ihn zu sichern und weiter auszubauen, sind in der zeichnerischen Darstellung die „Regional bedeutsamen Wanderwege (Rad fahren, Reiten, Wandern)“ festgelegt.

Regional bedeutsame Wanderwege: • Europäischer Fernwanderweg Nr. 1 Nordsee – Mittelmeer • Internationaler Fernwanderweg Niederlande – Harz sowie folgende Hauptwanderwege: • Rinteln – Bodenfelde (Nr. 10) • Hameln – Hermannsdenkmal (Nr. 6) • Nienburg – Bad Gandersheim ( R ) • Münden – Bremen (W)

Regional bedeutsame Radwege : • Radfernwanderweg Weser • R5 Gronau (NL) – Hameln • R3 Haaksbergen/NL – Bad Pyrmont (und Weiterführung bis zum Radfernwanderweg Weser)

Der Radwanderfernweg Weser vom Weserbergland bis zur Nordsee hat sich nicht nur zum touristischen Highlight der Weserregion entwickelt, sondern sogar zum beliebtesten Radwan- derweg in Deutschland. Neben der Naherholung für die ansässige Bevölkerung im engeren Weserbergland hat der Radwanderweg erhebliche positive Auswirkungen auf die Tourismus- wirtschaft, die Kulturangebote, den örtlichen Einzelhandel und steigert damit die regionale Kaufkraft und das Steueraufkommen. Angesichts der zunehmenden Konkurrenz mit anderen Radwanderwegen innerhalb und außerhalb Deutschlands und der guten infrastrukturellen und touristischen Ausstattung bzw. Angebote dieser Wege, muss die Streckenqualität des Weser- Radweges weiter verbessert und ergänzende infrastrukturelle Einrichtungen geschaffen werden. Die Qualitätssicherung sowie eine laufende Streckenkontrolle sind durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Das überregionale Marketing, die zentrale Information und die Weiterentwick- lung des Produktes „Weser-Radweg“ sowie die Öffentlichkeitsarbeit müssen ebenfalls gewähr- leistet werden.

Regional bedeutsamer Reitweg: • Deutscher Reiterpfad

Eine durchgehende und einheitliche Ausschilderung der Wander- und Radwanderwege bewirkt eine bessere Übersichtlichkeit und Orientierung und damit auch bessere Lenkungsmöglichkeiten.

3.6.7 Information und Kommunikation

E 3.6.7 01/ 03

102 Erläuterungen

Die Versorgung des Landkreises mit Post- und Fernmeldediensten muss gesichert und kontinu- ierlich an das wachsende Kommunikationsbedürfnis der Bevölkerung und von Wirtschaft und Verwaltung angepasst werden. Einrichtungen der Nachrichtenübertragung tragen dazu bei, die Nachteile gegenüber Ballungsräumen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Informationen aus- zugleichen. Dazu sind die Potenziale der Informationstechnik in den Bereichen Telekommunika- tion, Medien, Verkehrstelematik und Bildung zu nutzen. Der zuverlässige und schnelle Austausch von Daten, ein effektives Informationsmanagement und weltweite Kommunikation sind für viele Unternehmen die entscheidenden Wettbewerbsfak- toren; gerade im Hinblick auf die zunehmende Globalisierung der Märkte spielt die weltweite Kommunikation eine zentrale Rolle. Die Deutsche Telekom AG hat ihr Satellitengeschäft zum 01.01.2000 vollständig in ihrer 100%igen Tochter DeTeSat gebündelt und ihre Produktpalette erweitert. Die Erdfunkstelle Hameln/Aerzen als eine Niederlassung der DeTeSat realisiert weltweit Kommunikation per Satellit. Als Full-Service-Dienstleister werden hier Komplettlö- sungen für die Übertragung von Sprache, Daten und Bild angeboten. Es werden vor allem Kunden angesprochen, die z.B. über große Filialstrukturen verfügen oder als Informationsanbie- ter eine Vielzahl eigener Kunden mit Daten versorgen wollen; dazu zählen u.a.: Nachrichten- dienste, Börsendienste, Einzelhandelsketten, Behörden, Speditionen, Versandhäuser und Industrie. E 3.6.7 02/ 03 Ein Großteil des Nachrichtenverkehrs bzw. der Datenübermittlung über größere Entfernungen wird von der Telekom über ein weitverzweigtes Richtfunknetz abgewickelt; Knotenpunkte in diesem Netz sind die Funkübertragungsstellen, von denen gerichtete, geradlinige Funkstrahlen (Richtfunk) ausgesendet bzw. empfangen werden. Die Richtfunkverbindungen werden vorwiegend für die Vernetzung des Mobilfunks sowie der TV-Sender genutzt. In Zukunft wird mit einer erheblichen Erweiterung des Richtfunkverkehrs gerechnet. Da auf Grund technischer und physikalischer Eigenschaften die Richtfunkverbindun- gen eine Freihaltung von Bebauungen bzw. Einschränkungen der Bauhöhen erfordern, sind die Nutzungsmöglichkeiten der betroffenen Flächen eingeschränkt. Die Breite der Schutzzone beträgt 100 m beiderseits der optischen Verbindungslinie zwischen den Funkübertragungsstel- len. Bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen – insbesondere bei der Bauleitpla- nung – sind die maximal zulässigen Bauhöhen innerhalb der Schutzbereiche zu beachten. Neben den Richtfunkverbindungen werden von privaten Anbietern weitere Netze (C, D, E) im Mobilfunkbereich mit den entsprechenden Sendeanlagen vorgehalten. Um möglichst wenige zusätzliche Standorte zu beanspruchen und somit die Raumbelastung zu reduzieren, sollten Anlagen verschiedener Anbieter gemeinsame Masten und vorhandene bauliche Anlagen nutzen. Die Richtfunkverbindungen, die den Landkreis Hameln-Pyrmont durchqueren, werden in der zeichnerischen Darstellung dieses RROP nicht festgelegt; sie sind in Abb. 30 dargestellt und nachfolgend aufgeführt:

111 Lauenau-Lügde/Rischenau 121 Hannover/Gr. Buchholz-Salzhemmendorf/Ahrenfeld 225 Salzhemmendorf/Ahrenfeld-Gronau 231 Salzhemmendorf/Ahrenfeld-Lügde/Rischenau 233 Salzhemmendorf/Ahrenfeld-Almstedt 236 Almstedt-Lauenau 246 Alfeld-Salzhemmendorf/Ahrenfeld 247 Moringen/Fredelsloh-Salzhemmendorf/Ahrenfeld 263 Lauenau-Springe/Ebersberg 273 Minden/Jacobsberg-Hameln/Klüt 281 Hameln/Klüt-Lügde/Rischenau

103 Erläuterungen

283 Springe/Ebersberg-Salzhemmendorf/Ahrenfeld 286 Hameln-Minden/Jacobsberg 295 Hameln-Emmerthal 1203 Alfeld/Aerzen-Salzhemmendorf/Ahrenfeld 1206 Hameln/Klüt- Salzhemmendorf/Ahrenfeld 1227 Salzhemmendorf/Wallensen- Salzhemmendorf/Ahrenfeld 528100 Bad Pyrmont-Bad Pyrmont (Hagen/Hohberg) 528101 Bad Pyrmont (Hagen/Hohberg)-Lemgo

Richtfunkverbindung der EON Netz: Annaturm-Grohnde Die Breite der Schutzzone beträgt 50 m beiderseits der optischen Verbindungslinie zwischen den Funkübertragungsstellen.

104 Erläuterungen

Abb. 30: Richtfunkverbindungen im Landkreis Hameln-Pyrmont

105 Erläuterungen

3.7 Bildung, Kultur und Soziales

E 3.7 01 Einrichtungen und Angebote für Bildung, Kultur und Soziales sind wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge und Faktoren der Standortqualität. Mit einer guten Anbindung der Bildungs-, Kultur- und Sozialeinrichtungen an den ÖPNV ist ein wichtiger Beitrag zur allgemeinen Verkehrsvermeidung verbunden. Da Schulen, Gemeinschafts- häuser und öffentliche Versammlungsstätten weitgehend an den öffentlichen Personennahver- kehr angeschlossen sind, eignen sich diese Räumlichkeiten besonders für dezentrale Angebote außerhalb der Mittelzentren.

E 3.7 02 Der Schulentwicklungsplan des Landkreises Hameln-Pyrmont (Stand 1996) beschreibt u.a. die Standorte (s. Tab. 9) und Einzugsbereiche der Schulen im Landkreis sowie die derzeitige Zahl der Schüler und Schülerinnen und ihre Herkunftsorte an den einzelnen Schulen. Auf der Grundlage der Geburtenentwicklung (Geburtenziffer) im Landkreis und der sich daraus ergeben- den Entwicklung der Schüler- und Schülerinnenzahlen (ohne Berücksichtigung von Wande- rungsbewegungen) sowie der Entwicklung der Bildungsbeteiligung der verschiedenen Schulfor- men wurde der weitere Raumbedarf prognostiziert, um auf Veränderungen der Nachfrage reagieren zu können. Die Geburten- bzw. Kleinkinderzahlen lassen eine Fortsetzung des derzeitigen Trends leicht steigender Zahlen von Schülerinnen und Schülern nur bis zum Jahr 2000 annehmen, in den darauffolgenden Jahren wird die Zahl der Einschulungen zurückgehen. Im Sekundarbereich (11–18 jährige) wird sich zeitversetzt annähernd die gleiche Entwicklung abspielen. D.h. die heranwachsenden stärkeren Jahrgänge, die bereits jetzt die Grundschule erreicht haben, wirken sich anschließend auf den Sekundarbereich mit einem kontinuierlichen Anstieg aus. Einen kaum prognostizierbaren aber entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der einzelnen Schulen haben darüber hinaus die Zuwanderungen infolge neuer Baugebiete. Die Ausweisung und Realisierung neuer Baugebiete, ist daher zeitlich und in ihrer Größenordnung auf die Kapazitäten bzw. Aufnahmefähigkeiten der jeweiligen Schulen (gleiches gilt für Kindertageseinrichtungen) abzustimmen, um Engpässe und Erweiterungen, die später nicht mehr benötigt werden, zu vermeiden (vgl. Kapitel 1.5). Die Ermittlungen im Rahmen des Schulentwicklungsplanes haben ergeben, dass im Bereich des Landkreises Hameln-Pyrmont bis etwa 2010 keine entscheidenden schulorganisatorischen Änderungen erforderlich werden, mit Ausnahme der Notwendigkeit, dass beim Humboldt- Gymnasium in Bad Pyrmont in der Oberstufe eine ständige organisatorische und pädagogische Zusammenarbeit mit einem Hamelner Gymnasium erforderlich ist, um ein ausreichend differen- ziertes Unterrichtsangebot bereitstellen zu können. Weiter zu beobachten sind die Auswirkungen der 1996/97 errichteten kooperativen Gesamtschu- le im Einzugsbereich Coppenbrügge / Salzhemmendorf, bestehend aus den Schulzweigen Orientierungsstufe, Hauptschule, Realschule und Gymnasium (bis zum 10. Schuljahrgang); insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung im Sekundarbereich II. Die Grundzentren Aerzen, Bad Münder, Emmerthal, Hess. Oldendorf und Salzhemmendorf verfügen jeweils über eine Orientierungsstufe, Hauptschule und Realschule, meist in kombi- nierter Form. Die Gymnasien und berufsbildenden Schulen des Landkreises befinden sich in den Städten Hameln und Bad Pyrmont. Ergänzend verfügt seit 1996 auch Salzhemmendorf mit der neuen kooperativen Gesamtschule über einen Gymnasialzweig bis zur 10. Jahrgangsstufe. Die im LROP geforderte wohnungsnahe Beschulung gerade im Primarbereich ist im Landkreis vielfach nicht gegeben. Diese Situation wird sich jedoch auch zukünftig kaum verbessern.

106 Erläuterungen

Lediglich die Konzentration der Siedlungsentwicklung an den zentralen Standorten bietet eine Möglichkeit, die Situation für eine größere Zahl von Schülern zu verbessern.

Tab. 16: Schulstandorte im Landkreis Hameln-Pyrmont (Stand 1999) Schulform Aerzen Bad Bad Salzhem- Coppen- Emmerthal Hameln Hessisch Münder Pyrmont mendorf brügge Oldendorf Grund- Aerzen 1 Bad Münder Bad Pyrmont Salzhemmen- Coppenbrügge Kirchohsen 9 in Hameln Hess. schulen Groß Berkel Bakede Baarsen dorf Bisperode Börry Holtensen Oldendorf Eimbeckhausen Hagen Lauenstein Grohnde Afferde Fischbeck Flegessen Holzhausen Oldendorf Amelgatzen Tündern 1 Heßlingen Hachmühlen Wallensen Hastenbeck Großenwieden Klein Berkel Hemeringen Halvestorf Haverbeck Orientie- Aerzen Bad Münder Bad Pyrmont Kirchohsen 3 in Hameln Hess. rungsstufe Oldendorf Haupt- Aerzen Bad Münder Bad Pyrmont Kirchohsen 3 in Hameln Hess. schulen Oldendorf Realschu- Aerzen Bad Münder Bad Pyrmont Kirchohsen 3 in Hameln Hess. len Oldendorf Koop. Salzhemmen- Gesamt- dorf schulen Gymnasien Bad Pyrmont Salzhemmen- 3 in Hameln dorf ( nur Sek I) Sonder- Bad Münder Bad Pyrmont Coppenbrügge Hameln schulen (Lernhilfe) (Lernhilfe) (Lernhilfe) (Lernhilfe) Hameln (Geistig Beh.) Berufsbil- 3 in Hameln dende Schulen 1 Erläuterung: Sprachheilklasse an der Grundschule

Für behinderte Kinder oder solche mit deutlicher Lernschwäche stehen im Landkreis fünf Sonderschulen zur Verfügung. 1988 wurde zudem erstmals ein Schulversuch zur Erprobung der Möglichkeit gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nichtbehinderten Schülern eingerichtet. Seitdem laufen im Landkreis mehrere Integrationsklassen an verschiedenen Grundschulen und einer Orientierungs- stufe. Die Errichtung von „verlässlichen Grundschulen“ und das Angebot von Ganztagsschulen sowie ganztägiger Betreuung im Sekundarbereich ermöglichen Eltern (vor allem Frauen) einen leichteren Wiedereinstieg in das Erwerbsleben. Sie schaffen vielfach erst die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

E 3.7 03 Im Landkreis Hameln-Pyrmont ist seit Jahren eine Abwanderung junger Leute – Ausbildungs- und Berufsanfänger – festzustellen. Dieser Entwicklung gilt es entgegenzuwirken. Die Berufsakademie Weserbergland als Bildungseinrichtung im tertiären Bereich neben den Hochschulen stellt aufgrund ihrer überregionalen Bedeutung eine Entwicklungsperspektive für den Landkreis dar. Gerade im ländlichen Raum kann durch die Erweiterung einer derartigen Bildungseinrichtung ein regional- und bildungspolitischer Entwicklungsprozess ausgelöst werden. Die Berufsakademie bietet zudem qualitativ hochwertige Arbeitsplätze.

Die Erwachsenenbildung ist ein eigenständiger, gleichberechtigter Teil des Bildungswesens und umfasst die allgemeine, politische, kulturelle und berufliche Bildung. Sie soll die Chance bieten,

107 Erläuterungen

sich die für die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Mitgestaltung der Gesellschaft erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen. Um im gesamten Kreisgebiet ein vielseitiges und möglichst gleichwertiges Angebot für die Erwachsenenbildung anbieten zu können, sollte neben der allgemeinen Förderung der bestehen- den Einrichtungen (Volkshochschule Hameln (VHS), Kreisvolkshochschule Hameln-Pyrmont (KVHS), ländliche Erwachsenenbildung, Bildungseinrichtung Arbeit und Leben sowie das Bildungswerk der DAG), das Kursangebot der einzelnen Institutionen inhaltlich und räumlich aufeinander abgestimmt werden, so dass dieses von allen Einwohnern des Landkreises in vertretbarer Entfernung und angemessener Verkehrsverbindung in Anspruch genommen werden kann.

Der sich vollziehende Wandel zur Informationsgesellschaft mit neuen Berufsfeldern und Qualifikationsprofilen sollte als Herausforderung und Chance für den Landkreis gesehen werden. Voraussetzung hierfür ist, das Bildungs- und Ausbildungswesen an die neuen Anforde- rungen anzupassen.

Auch die Erwachsenenbildung soll allen Bewohnern durch Qualifikations- und Weiterbildungs- angebote die Chancen bieten, sich auf Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft rechtzeitig einzustellen. Hierbei sind auch die Belange von Eltern (meist die Frauen) zu berücksichtigen, die vielfach nur vormittags stattfindende Angebote nutzen können. D.h. die Kurszeiten sind auf die Zielgruppe auszurichten.

E 3.7 05/06 Kunst und Kultur stellen in mehrfacher Hinsicht wichtige regionale Entwicklungsfaktoren dar. Der Kulturbereich ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor nicht nur hinsichtlich der Arbeitsplätze, sondern zunehmend auch als ‘weicher Standortfaktor’: das kulturelle Angebot einer Region wirkt als wesentlicher Imagefaktor der Standortattraktivität und kann daher als regionale Anziehungskraft wirken und auch die Standortentscheidungen von Unternehmen, Arbeitskräften und Jugendlichen beeinflussen. Der Sicherung und Ausweitung der Angebotsvielfalt und Qualität der kulturellen Einrichtungen im Landkreis kommt daher ein hoher Stellenwert zu. Der kulturellen Breitenarbeit in den Grundzentren und Ortsteilen parallel zum zentralen Angebot in Hameln und Bad Pyrmont ist hierbei besondere Bedeutung beizumessen. Aufgrund der viel- schichtigen Herausforderungen und finanziellen Gegebenheiten ist eine stärkere Kooperation der beteiligten Akteure erforderlich. Hiermit sollte auch eine Zusammenstellung und Bekanntma- chung des kulturellen Angebotes über einen längeren Zeitraum im Voraus erreicht werden, um den Informationsaustausch nach innen und außen zu verbessern.

Die Einrichtungen der Erwachsenenbildung und die wichtigsten kulturellen Einrichtungen im Landkreis Hameln-Pyrmont sind in Tab. 17 aufgeführt. Zweifelsfrei und raumordnerisch auch wünschenswert ist eine gewisse Konzentration dieser Einrichtungen in den Mittelzentren festzustellen. Da das kulturelle Angebot zur Stärkung der regionalen und örtlichen Identität der Bevölkerung beiträgt, ist die Ausweitung kultureller Veranstaltungen für den Landkreis von besonderer Bedeutung.

108 Erläuterungen

Tab. 17: Einrichtungen für Kultur und außerschulische Bildung im Landkreis Hameln- Pyrmont Theater Veranstaltungshäuser und Museen Einrichtungen der regional bedeutsame Erwachsenenbildung Kultureinrichtungen Aerzen Domänenburg Aerzen Bad Münder Martin-Schmidt-Konzertsaal Heimatmuseum Bad Pyrmont Kurtheater Konzerthaus Museum im Schloss Schlosshof

Coppenbrügge Burganlage Museum in der Burg Emmerthal Museum für Landtechnik und Landarbeit Börry Hameln Theater Hameln Rattenfänger-Halle Museum Hameln Volkshochschule (VHS) Weserbergland-Zentrum Dorfmuseum Tündern Kultur- und Kommunikations- zentrum Regenbogen Kultur- und Kommunikations- zentrum Sumpfblume Hess. Oldendorf Stadthalle Werkhaus Oldendorf Salzhemmendorf Freilichtbühne Osterwald Hüttenstollen Osterwald Landkreis Kreisvolkshochschule Hameln-Pyrmont (KVHS)

E 3.7 09 Die im Landkreis vorhandenen Museen sind in Tab. 17 aufgeführt.

E 3.7 11 Die rechtlichen Grundlagen für die Kindergartenbedarfsplanung sind im Kinder- und Jugendhil- fegesetz (KJHG) zu finden. Die Arbeit in den Kindertageseinrichtungen selbst wird maßgeblich durch das Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) bestimmt. Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem 1.8. 1996 und die daraus resultierenden An- und Neubauten von Kindergärten haben dazu geführt, dass in den Jahren 1996 bis 1998 das Platzangebot um insgesamt 628 Plätze = 14,2 % gestiegen ist. Da gleichzeitig die Geburten relativ konstant geblieben sind, konnte im Landkreis Hameln-Pyrmont zum 1. August 1998 ein Versorgungsgrad von 100 % erreicht werden (vgl. Bedarfsplan für Kindertageseinrichtungen im Landkreis Hameln-Pyrmont 1998). Gleichzeitig wurden im Bereich der Integration, der Einglie- derung behinderter Kinder in Regeleinrichtungen, große Fortschritte gemacht; – die Versor- gungsdichte ist derzeit (1998) die größte in Niedersachsen. Der derzeitige Bestand an Kinderta- geseinrichtungen im Landkreis Hameln-Pyrmont ist in Tab. 18 aufgeführt. Für die sich verändernden Familienstrukturen mit immer mehr Ein-Kind-Familien, allein erziehenden Elternteilen sowie kaum noch Drei-Generationen-Haushalten usw. ist eine außerfa- miliäre Kinderbetreuung mit Erziehungs- und Bildungsangeboten in kindergerechten Einrich- tungen wichtiger denn je. Oftmals wird es insbesondere den Müttern somit erst möglich einer Beschäftigung nachzugehen und für den Lebensunterhalt zu sorgen.

109 Erläuterungen

Tab. 18. Bestand an Kindertageseinrichtungen im Landkreis Hameln-Pyrmont (Stand 1998)

Aerzen Bad Münder Bad Pyrmont Salzhemmend. Coppenbrügge Emmerthal Hameln Hess. Oldend.

K rippen 2 mal in Hameln

K indergärten Aerzen Bad Münder Bad Pyrmont Salzhemmend. 2 in Coppenb rügge 2 in Kirchohsen 14 in Hameln Hess. Oldendorf

Groß Berkel Eimbeckhausen Holzhausen Lauenstein Bispero de Esperde 2 in Klein Berkel Segelhorst

Grupenhagen Hamelspringe Oesdorf Thüste Hajen Afferde Fischbeck

Halvestorf Hachmühlen Oldendorf Grohnde Hastenbeck Zersen

Flegessen Hämelschenburg Holtensen Großenwieden

N ienstedt Tündern Haddessen

Halvestorf Fuhlen

Hilligsfeld Hemeringen

H eßlingen

R umbeck

K inderspiel- Bakede Hagen Hemmendorf Diedersen Emmern 2 in Hameln Fis chbeck

kreise Kleinenberg Osterwald Lachem-Haverbeck

Löw ensen

N eersen

K indertages- Bad Pyrmont

stätten

Sonderkinder- Aerzen: Sprach- Hameln: Sonder-

g ärten heilkindergarten kindergarten

Integration Groß Berkel Bad Münder Holzhausen Thüste Coppenbrügge Kirchohsen 5 mal in Hameln Hess. Oldendorf

behinderter Grupenhagen Eimbeckhausen Oldendorf Bisperode Hämelsche nburg Klein Berkel Fischbeck

K inder Flegessen Hastenbeck Grundschulen mit Eimbeckhausen Lauenstein Hess. Oldendorf 1 V orschulklassen Bakede Fischbeck

H orte 2 mal in Hameln 1 = Vorschulen wird es nur noch bis Sommer 2002 gebe n

Stand der genehmigten Kindergartenplätze im Landkre is Hameln-Pyrmont 1998 vormittags: 3580 Vorschulplätze: 1 8 2 nachmittags: 613 ganztags: 657 4 8 6 8

3.8 Erholung, Freizeit, Sport

E 3.8 01 Das Bedürfnis der Bevölkerung nach Erholung und aktiver Freizeitgestaltung wird auch künftig einen hohen Stellenwert einnehmen. Daher ist es auch unabhängig von der Zuweisung der ‘Standorte mit der besonderen Entwicklungsaufgabe Erholung bzw. Fremdenverkehr’ Aufgabe der Städte und Gemeinden die Einrichtungen und Anlagen für die Nah-, Kurz- und Langzeiter- holung zu sichern, auszubauen und soweit erforderlich im Flächennutzungsplan und der verbindlichen Bauleitplanung festzulegen. Durch die Weiterentwicklung der im Landkreis vorhandenen für Naherholung und Tourismus besonders geeigneten landschaftlichen Gegebenheiten kann erreicht werden, dass sie den Bedürfnissen der Bevölkerung nach Freizeitgestaltung, Kurz- und Langzeiterholung noch besser gerecht werden. Die Erholungsmöglichkeiten kommen nicht nur den Bewohnern des Landkrei- ses sondern auch Besuchern zugute. Kultur- und Naturdenkmale sowie bedeutsame Teile der Kulturlandschaft sind begehrte Anlauf- punkte für die Naherholung. Sie sind daher – soweit aus denkmalpflegerischen und ökologischen Gesichtspunkten vertretbar – der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

E 3.8 03 Die Pflege und Entwicklung von Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft als Voraussetzung für die Erholung des Menschen gehört zu den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 1 NNatG). Diese Zielsetzung bezieht sich jedoch nur auf Erholungsformen, 110 Erläuterungen

die unmittelbar an die natürlichen und kulturhistorisch bedingten Qualitäten der Landschaft gebunden sind. Damit wird deutlich, dass sich das Ausmaß der Erholungsnutzung an der ökologischen Tragfähigkeit des jeweiligen Naturhaushaltes orientieren muss und dementspre- chend zu lenken und zu begrenzen ist. Während einzelne Landschaftsteile im Landkreis zeitweise sehr stark frequentiert und damit belastet sind (z.B. der Hohenstein), steht im unmittelbaren Umfeld der Siedlungsbereiche teilweise kein ausreichendes Erholungsangebot zur Verfügung. Geeignete Maßnahmen und Projekte für Naherholung und naturgebundene Sportarten (z.B. Wander- und Radwege) können diese Defizite ausgleichen.

E 3.8 04 Als ‘Vorranggebiete für ruhige Erholung in Natur und Landschaft’ wurden die Waldgebiete im Umland der Städte bzw. größeren Siedlungsgebiete ausgewiesen, die aufgrund ihrer besonderen landschaftlichen Attraktivität und der derzeitigen Nutzung durch Spaziergänger, Jogger, Hundebesitzer etc. bereits eine besondere Bedeutung für die Naherholung besitzen. Zu diesen Gebieten mit sehr hohem Erlebniswert gehören der Klüt und Riepenstrang, der nördliche Hamelner Stadtforst einschließlich der angrenzenden Genossenschaftsforsten (Heisenküche, Schweineberg, Wacholderberg und Rotenberg) sowie der südliche Bereich des Pyrmonter Berges. Ith und Süntel mit dem Hohenstein sind trotz Ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung nicht als ‘Vorranggebiete für ruhige Erholung in Natur und Landschaft’ dargestellt, da eine Überschneidung mit den hier großflächig ausgewiesenen ‘Vorranggebieten für Natur und Landschaft’ nicht möglich ist. Mit der Ausweisung als ‘Vorranggebiete für ruhige Erholung in Natur und Landschaft’ soll gewährleistet werden, die Attraktivität dieser Gebiete für die Naherholung zu erhalten und weiter zu verbessern, um die Nutzung gegenüber anderen stark frequentierten Erholungsgebieten (z.B. Ith und Hohenstein), in denen bei einer weiter steigenden Nutzungsintensität Konflikte mit dem Naturschutz zu erwarten sind, zu fördern und gleichzeitig auch die durch Naherholung hervorge- rufenen Verkehrsströme zu reduzieren; denn diese Erholungsgebiete sind aufgrund ihrer Nähe zu den Städten ohne motorisierte Verkehrsmittel gut erreichbar. In den ‘Vorranggebieten für ruhige Erholung in Natur und Landschaft’ ist die Grundvorausset- zung, dass die Ruhe und Schönheit der Landschaft bzw. das Landschaftsbildes erhalten bleibt. Daher sind private eigengenutzte Erholungseinrichtungen wie z.B. Wochenendhäuser und Wohnwagen aus diesen Gebieten herauszuhalten. Die ruhige Erholung in Natur und Landschaft bezeichnet landschaftsbezogene, ‘naturverträgliche’ Erholungsformen wie wandern, spazieren gehen, Natur beobachten sowie bei entsprechender Lenkung auch Rad fahren und Reiten. Diese Erholungsformen sind durch geringe Ansprüche an Infrastruktur und technische Ausstattung gekennzeichnet, denn Ruhe und Schönheit der Landschaft bilden ihre wesentliche Grundlage. Der Übergangsbereich Waldlandschaft-Offenlandschaft bietet für die ruhige Erholung in Natur und Landschaft eine besonders reizvolle landschaftliche Situation. Waldränder, sofern sie durch Wege erschlossen sind, bieten dem Erholungssuchenden freie Ausblicke in das teilweise vielgestaltige Landschaftsbild der Offenlandschaft. Auch für die landschaftsbezogene Erholung ist ein gewisses Maß an Infrastruktur sinnvoll, um eine Lenkung der Erholungsnutzung zu erreichen. In erster Linie ist ein ausreichendes Wegenetz und eine Beschilderung förderlich. Auch die Erschließung z.B. durch Wanderparkplätze und Rastplätze an geeigneten Standorten, kann eine sinnvolle Lenkung bewirken. An Einrichtungen wie Gaststätten, Aussichtstürmen, Wanderparkplätzen und stark frequentierten Rastplätzen (häufig Ausgangs- und Zielpunkte landschaftsbezogener Erholung) konzentriert sich jedoch der Erholungsbetrieb, so dass hier ruhige Erholung und Naturverträglichkeit häufig nicht mehr gegeben sind.

111 Erläuterungen

Als ‘Vorsorgegebiete für Erholung’ sind aufgrund ihres besonders attraktiven Landschaftsbildes und ihrer Eignung für die Erholungsnutzung bzw. der aktuellen Bedeutung für Naherholung und Tourismus folgende Gebiete festgelegt: Bereiche des Deisters, Bereiche des Süntels und der nördlich von Hameln gelegenen Berge, der Osterwald, der Ith der Thüster Berg, das Bergland beiderseits der Emmer einschließlich der Pyrmonter Hochebene und dem Ruhberg, das Nord-Lipper-Bergland sowie der Hamelner Stadtwald. Die im Bereich zwischen Wallensen und Duingen (Humboldtsee, Bruchsee) nach der Rekultivie- rung des ehemaligen Braunkohleabbaugebietes entstandenen Erholungs- und Freizeiteinrichtun- gen bieten ein vielfältiges Angebot an Naherholungseinrichtungen für die Allgemeinheit Das Gebiet wurde daher als ‘Vorranggebiet für Erholung mit starker Inanspruchnahme für die Bevölkerung’ festgelegt. Die vorhandenen Erholungs- und Freizeiteinrichtungen sind zu sichern und bedarfsgerecht weiter auszubauen. Da das Erholungsgebiet die Kreisgrenze zum Landkreis Hildesheim überschreitet, ist es die gemeinsame Aufgabe beider Landkreise, die Entwicklung der Erholungseinrichtungen so zu steuern, dass sie nicht zu Überlastungen des Naturpotenzials führt und damit den Erholungswert mindern würde.

E 3.8 05 ‘Regional bedeutsamer Erholungsschwerpunkt’ im Landkreis ist der Freizeitpark ‘Rasti-Land‘. Der Landkreis hat neben seiner natürlichen Eignung für vielfältige landschaftsbezogene Erho- lungsaktivitäten (Spazieren gehen, Wandern, Rad fahren, Wassersport, Tauchen, Angeln, Reiten etc.) eine gut ausgebaute Freizeitinfrastruktur (Schwimmbäder, Spielplätze, Sport-, Tennis-, Golf- und Segelflugplätze etc.) aufzuweisen. Aufgrund der überörtlichen Bedeutung bezüglich ihrer Anziehungskraft auf Besucher und ihrer Auswirkungen auf die Umwelt wurden die Golfplätze in Schwöbber, Bad Münder und Bad Pyrmont / Lügde, die Sportboothäfen in Hameln und Rumbeck sowie die Segelflugplätze bei Kleinenberg und Bisperode als ‘regional bedeutsame Sportanlagen’ festgelegt. Im Rahmen des steigenden Interesses am Freizeitangebot hat auch die Nachfrage nach der Sportart Golf zugenommen. Die damit einhergehenden gesellschaftlichen Aktivitäten lassen sich unter Einbeziehung des Gutshofbereiches und des Wasserschlosses Schwöbber gut verwirkli- chen. Durch den Golfplatz wurde auch die Restaurierung des Schlosses und seiner Parkanlagen in Gang gesetzt. Durch günstige Standortvoraussetzungen – aufsteigende Winde – sind im Landkreis mehrere Segelflugplätze eingerichtet worden. Zurzeit haben jedoch nur der Segelflugplatz westlich von Bisperode und der Flugplatz bei Kleinenberg eine überörtliche Bedeutung. Da die Weser relativ wenig von Frachtschiffen befahren wird, eignet sie sich besonders für den Wassersport. Es haben sich deshalb neben einigen auch von Wassersportlern stark frequentierten Campingplätzen mehrere Bootsanleger etabliert. Von überörtlicher Bedeutung sind die Sport- boothäfen in Hameln / Tündern und Rumbeck. Auf der Industriebahn Voldagsen-Thüste(-Duingen) findet in den Sommermonaten ein touris- tisch orientierter und gut frequentierter Museumszugverkehr statt, der in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den dortigen Naherholungs- und Wandergebieten steht.

E 3.8 06 Die besondere Entwicklungsaufgabe Erholung wurde an Ortsteile vergeben, die sich aufgrund ihrer Lage zu Erholungsgebieten (‘Vorsorgegebiete für Erholung’) bzw. der Vielfalt und Schönheit des Landschaftsbildes sowie aufgrund der Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten besonders für die Nah- und Kurzzeiterholung eignen. Auch das derzeitige Angebot an Übernach- tungsmöglichkeiten wurde bei der Auswahl berücksichtigt. In diesen Ortsteilen ist aufgrund ihrer

112 Erläuterungen

besonderen Eignung ein möglichst vielfältiges Angebot an Erholungsinfrastruktur zu sichern, auszubauen und neu zu schaffen. Unabhängig von der Zuweisung der besondere Entwicklungsaufgabe Erholung ist es Aufgabe der Städte und Gemeinden, Einrichtungen und Anlagen für die Nah-, Kurz- und Langzeiterho- lung zu sichern und auszubauen, um ein flächendeckendes und durchgehendes Angebot zu schaffen und die Profilierung des Landkreises mit dem Inhalt ‘Erholung’ insgesamt weiter zu verbessern. Die im Folgenden aufgelisteten Ortsteile sind in der zeichnerischen Darstellung als ‘Standorte mit der besonderen Entwicklungsaufgabe Erholung’ festgelegt: Lauenstein (Flecken Salzhemmendorf) • Günstige Lage direkt am Ith (‘Vorsorgegebiet für Erholung’) mit sehr hoher Bedeutung für die Schönheit des Landschaftsbildes und guten Wandermöglichkeiten; • Freizeitangebote wie Naturbad, Tennisplatz; • Übernachtungsmöglichkeiten (ca. 48 Betten). Osterwald (Flecken Salzhemmendorf) • Lage am Osterwald (‘Vorsorgegebiet für Erholung), dadurch guter Ausgangspunkt für Wanderungen (zwei Ausflugsgaststätten als Ziel- bzw. Anlaufpunkte); • Lage an den zwei Hauptwanderwegen: Hannover-Alfeld und Bad Münder-Elze; • Freizeitangebote wie Freibad, Tennisplatz, Freilichtbühne; • Sehenswürdigkeiten: Bergwerksmuseum und Hüttenstollen; • Übernachtungsmöglichkeiten (ca. 27 Betten). Coppenbrügge: • Günstige Lage am Ith mit guten Wandermöglichkeiten und attraktivem Landschaftsbild (‘Vorsorgegebiet für Erholung’); • Lage am Hauptwanderweg Nienburg – Bad Gandersheim; • Freizeitangebote wie: Campingplatz, Hallen- und Freibad, Tennisplatz; • Vielseitiges Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten (über 80 Betten); • Sehenswürdigkeiten: Burg mit Museum. Hessisch Oldendorf • Nähe zur Weser, als Abstecher vom Radfernweg Weser geeignet; • Vielfältiges Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten (über 100 Betten) und Gastronomie; • Freizeitangebote wie Erlebnisbad, Tennishalle und -platz, Fahrradverleih, Werkhaus (Handwerk); • Freizeitangebote im nahen Umland: Motorboothafen in Rumbeck, Schifffahrt auf der Weser von Großenwieden aus, Wandern im Süntel (Hohenstein); • Sehenswürdigkeiten: Münchhausenschloss sowie zum Teil erhaltene Altstadt mit alten Stein- und Fachwerkhäusern; • Kur- und Gesundheitswesen: Neurologische Spezialklinik. Fischbeck (Stadt Hess. Oldendorf): • Nähe zur Weser, die hier zur Attraktivität der Landschaft beiträgt; • Lage am Weserradweg; • Vielseitiges Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten (ca. 100 Betten) und Gastronomie; • Freizeitangebote: Angeln in der Weser und den Kiesteichen, Windsurfen am Kiesteich, Tennisplatz, Reitstall, geplanter Badesee mit Freizeitinfrastruktur als Folgenutzung des Kiesabbaus nordwestlich von Fischbeck; • Sehenswürdigkeiten: Stift Fischbeck mit der ev. Stiftskirche, teilweise erhaltene alte Bausubstanz;

113 Erläuterungen

• Lage an der Deutschen Fachwerkstraße, an der Deutschen Märchenstraße und an der Wesertalstraße (B 83). Aerzen (Flecken Aerzen): • Domänenburg Aerzen mit vielfältigen kulturellen Veranstaltungen; • Golfplatz Schwöbber sowie Schloss Schwöbber; • Gute Wandermöglichkeiten am Lüningsberg mit Anbindung an den Europäischen Fernwan- derweg Nr. 1 (Nordsee-Mittelmeer); • Weitere Freizeitangebote: Frei- und Hallenbad, Sporthallen und Tennisplätze. • Übernachtungsmöglichkeiten; Hajen (Gemeinde Emmerthal) • Nähe zum Waldgebiet des Hajener Holzes auf der anderen Weserseite mit hoher Land- schaftsbild-Qualität; • Lage am Radfernweg Weser; • Folgenutzung Erholung (Badesee) in Teilbereichen der südlich angrenzenden geplanten Kiesabbaugebiete; • historischer geschlossener Ortskern und gute Einbindung in die Landschaft durch harmoni- schen Ortsrand (‘Kulturelles Sachgut’); • im Verhältnis zur Größe des Dorfes vielfältige Übernachtungsmöglichkeiten (ca. 58 Betten und 30 Plätze im Heuhotel): Gasthaus, Ferienwohnungen, Reiterhof, Ferien auf dem Bau- ernhof, Heuhotel; • Sehenswürdigkeiten: Herrensitz. Hämelschenburg (Gemeinde Emmerthal) • Sehenswürdigkeit: Weserrenaissanceschloss; • Gastronomie; • Vorsorgegebiete Erholung; • Waldlehrpfad; • zwei regional bedeutsame Wanderwege; • regional bedeutsamer Radwanderweg; • Bildhauerei im Forsthaus, Künstler in der Mühle. Hagen (Stadt Bad Pyrmont) • staatlich anerkannter Erholungsort / Luftkurort; • Lage am Radfernweg Radfernweg Haaksbergen / NL – Bad Pyrmont ; • 50 km lokale Wanderwege, Trimmdichpfad,; • Freizeitangebote wie: Modellflugplatz, Golfplatz, Tennisplätze, Sportplatz, Planwagen- fahrten; • Lage in Mitten von Vorsorgegebieten für Erholung; • Übernachtungsmöglichkeiten (86 Betten).

(Erläuterungen zu den ‘Standorten mit der besonderen Entwicklungsaufgabe Fremdenverkehr’ s. E 3.1 08)

E 3.8 08 Der Freizeitgestaltung kommt auch künftig eine hohe Bedeutung zu. Die Bereitstellung eines differenzierten Angebotes an Freizeiteinrichtungen ist daher in allen größeren Ortsteilen – vorrangig aber in den Grund- und Mittelzentren – sicherzustellen. Unabhängig von der Förde- rung des Vereinslebens ist es wichtig, die für die verschiedenen Sportarten mit öffentlichen Mitteln gebauten oder teilweise geförderten Sporteinrichtungen einer nicht vereinsgebundenen individuellen Nutzung zur Verfügung zu stellen.

114 Erläuterungen

Neben dem Segelflugsport stehen als weitere Freizeitbeschäftigung in Lachem, Hagen und Grupenhagen Plätze für den Modellflugsport zur Verfügung. Die Flugmodelle erzeugen intensi- ven Lärm, der sich trotz ständig besser werdender Schallschutzmaßnahmen an den Flugzeugen nicht ausreichend mindern lässt, so dass Beeinträchtigungen anderer Nutzungen – insbesondere der Erholung – auftreten.

E 3.8 09 Die Rohstofflagerstätte (Kies und Sand) nordwestlich von Fischbeck soll nach erfolgtem Abbau gem. Bodenabbauleitplan Weser einer Erholungsnutzung mit bedarfsgerechter umweltverträgli- cher Freizeitinfrastruktur zugeführt werden. Gleiches gilt für das großflächige Kiesabbaugebiet zwischen Hameln, Hastenbeck und Tündern und für einen Teilbereich des Abbaugebietes nördlich von Hajen. Dem Tauchsport – als naturverbundene Sportart – sind entsprechende Bereiche zugänglich zu machen. Aufgrund der überregionalen Bedeutung der Weser als Wasserwanderweg ist an geeigneten Stellen wie Campingplätzen, besiedelten Ufern und Sportboothäfen die Bereitstellung von bedarfsgerechten Anlegestellen sinnvoll. Wassergebundene Freizeit- und Erholungsaktivitäten sollten auf die dafür vorgesehenen Bereiche beschränkt werden. Die Akzeptanz der Tabuzonen muss durch geeignete besucherlen- kende Maßnahmen sowie eine entsprechende Informationspolitik durchgesetzt werden.

3.9 Wasserwirtschaft

3.9.0 Wasserwirtschaft allgemein

E 3.9.0 01 s. Erläuterungen zu Kapitel 2.3: Gewässerschutz

E 3.9.0 02 s. E 2.3 03

E 3.9.0 03 Die flächenhaften Stoffeinträge sind besonders problematische Grundwasserbelastungen. Hauptverursacher sind derzeit die intensive Landwirtschaft (Dünge- und Pflanzenschutzmittel) und die Luftverunreinigung (säurebildende Schwefel- und Stickstoffverbindungen). Abhilfe ist nur möglich durch Vermindern der Emissionen. Dies ist aufgrund der Vielzahl der Verursacher jedoch schwierig. Einen erfolgversprechenden Ansatz zeigen die Kooperationen der Wasser- und Landwirtschaft in den Wassergewinnungsgebieten mit der Förderung einer grundwasserschonenden Bewirtschaf- tung. Das Projekt sollte daher langfristig fortgeführt und auf weitere landwirtschaftlich genutzte Flächen im Landkreis ausgeweitet werden Den Landwirten Ausgleichszahlungen für den Verzicht auf chemisch-synthetische Düngemittel und Biozide zu zahlen und damit die Gewässerbelastung zu reduzieren, wäre nicht so kostenin- tensiv, wie im nachhinein Nitrat und Pestizide bei der Trinkwasseraufbereitung zu entfernen. Ein Kilogramm des – in Deutschland seit Jahren verbotenen, aber immer noch im Grundwasser nachweisbaren – Unkrautbekämpfungsmittels Atrazin kostet z.B. DM 20. Ein Kilogramm Atrazin aus dem Wasser zu entfernen, würde dagegen ein Kostenvolumen von etwa 200.000 DM verursachen.

115 Erläuterungen

Die Gefährdung des Grundwassers vor Verschmutzungen ist im Landkreis aufgrund des geologischen Aufbaus sehr unterschiedlich. Die jeweilige Verschmutzungsempfindlichkeit in bestimmten Gebieten ist dem LRP (Textkarte 8) zu entnehmen (s. a. Erläuterungen Kapitel 2.2 (Bodenschutz) und E 2.3 08 u. 09 (Gewässerschutz)).

3.9.1 Wasserversorgung

E 3.9.1 03 Eine qualitätsbedingte Aufgabe einzelner Wassergewinnungen kann über entsprechende Verbundleitungen ausgeglichen, bzw. durch Mischung der Wässer verhindert werden.

E 3.9.1 04 Die Industrie benötigt für viele Produktionsverfahren und Produkte Wasser. Wasser mit Trink- wasserqualität soll grundsätzlich nur noch für Betriebsvorgänge eingesetzt werden, für die eine solche Wasserqualität zwingend erforderlich ist (z.B. Lebensmittelbetriebe). Um eine rationelle Wasserverwendung zu realisieren, ist die Kreislaufführung und Mehrfachnutzung von Betriebs- wasser erforderlich. Soweit möglich, ist eine Versorgung mit ‘Brauchwasser‘, welches durch Einfachfilterung von Oberflächenwasser gewonnen werden kann, zweckmäßig.

E 3.9.1 06 Eine Erfassung aller Grundwasservorkommen mit Bedeutung für die zentrale Trinkwasserver- sorgung sowie aller vorhandenen Wassergewinnungs-, Speicher- und Verteilungsanlagen ist erforderlich, um die Wasserversorgung im Landkreis langfristig und bedarfsorientiert sichern zu können. Über ein entsprechendes Verbundnetz kann die Versorgungssicherheit weiter erhöht werden.

E 3.9.1 07 Als ‘Vorranggebiet für Trinkwassergewinnung’ sind die bestehenden und geplanten Wasser- schutzgebiete festgelegt. Die Heilquellenschutzgebiete sind bis zur Zone IV in Bad Pyrmont bzw. Zone D in Bad Münder als ‘Vorranggebiet für Trinkwassergewinnung’ festgelegt. Es ist allerdings nicht außer acht zu lassen, dass in Bad Pyrmont eine weitere Zone (Zone V) mit erheblich weiteren Ausmaßen besteht, für die vorgeschriebene Schutzbestimmungen gelten.

E 3.9.1 08 Der Landkreis Hameln-Pyrmont ist ein Gebiet mit großen Trinkwasserreserven. Der tatsächli- chen Wassergewinnung von rd. 6,9 Mio. m³ im Jahr 1997 stehen bereits gesicherte Wasservor- kommen von 11,9 Mio. m³/a gegenüber; dies entspricht 172 % des derzeitigen Bedarfs. Auf das im LROP 1994 als ‘Vorsorgegebietes für Trinkwassergewinnung‘ in Betracht kommende Gebiet im Bereich des neu erkundeten ‘Vorranggebietes für Rohstoffgewinnung‘ zwischen Ohr und Emmern kann daher verzichtet werden. Eine überregionale Bedeutung dieses Gebietes ist bei einer möglichen Entnahmemenge von bis zu 0,5 Mio. m³/a ohnehin nicht gegeben.

3.9.2 Abwasserbehandlung

E 3.9.2 01 Die Abwasserbeseitigung im Sinne des Gesetzes umfasst das Sammeln, Fortleiten, Behandeln, Einleiten, Versickern, Verregnen und Verrieseln von Abwasser. Die Abwasserableitung im Landkreis Hameln-Pyrmont erfolgt überwiegend durch Trennkanali- sation. Mit einem Anschlussgrad an das öffentliche Netz von über 99 % (nach Abschluss des 116 Erläuterungen

Kanalbauprogramms im Jahre 2002) wird für den ländlich strukturierten Landkreis Hameln- Pyrmont ein außerordentlich hoher Anschlussgrad erreicht. Am 30.06.1999 lag der Anschluss- grad im Landkreis Hameln-Pyrmont bei 97,3 % (s. Tab. 19).

Tab. 19: Anschlussgrade an eine zentrale Kanalisation in den Städten und Gemeinden des Landkreises Hameln-Pyrmont Quelle: Angaben der Städte und Gemeinden zur Kleinleiter-Abgabe Einwohner Einwohner angeschlossen Anschlussgrad Kommune Einwohner angeschlossen an an zentraler In % KKA Kanalisation Aerzen 12.251 10.703 1.548 87,36 Bad Münder 19.652 19.509 143 99,27 Bad Pyrmont 22.302 22.183 119 99,47 Coppenbrügge 8.208 8.038 170 97,93 Emmerthal 11.303 9.854 1.449 87,18 Hameln 58.601 58.459 142 99,76 Hess. Oldendorf 20.164 19.464 700 96,53 Salzhemmendorf 11.000 10.789 211 98,08 Landkreis 163.481 158.999 4.482 97,26 Hameln-Pyrmont

Die Abwasserreinigung wird größtenteils durch acht zentrale Kläranlagen gewährleistet. Alle zentralen Abwasserbehandlungsanlagen im Landkreis Hameln-Pyrmont verfügen aufgrund einer kontinuierlichen technischen Modernisierung und Erweiterung über eine sehr hohe Reinigungs- leistung. Sie entsprechen dem Stand der Technik (das ist gemäß §7a Abs.5 WHG „der Entwick- lungsstand technisch und wirtschaftlich durchführbarer fortschrittlicher Verfahren, Einrichtun- gen oder Betriebsweisen, die als beste verfügbare Techniken zur Begrenzung von Emissionen praktisch geeignet sind“) und erfüllen die Anforderungen der EG-Richtlinie an den Abbau der Nährstoffe. In der zeichnerischen Darstellung sind die zentralen Kläranlagen festgelegt. Neue Standorte größerer Anlagen sind z.Z. nicht erforderlich. Zudem ist der Verlauf der überörtlichen Abwas- sertransportleitung Duingen – Quanthof sowie Aerzen – Hameln dargestellt. Nur im äußerst dünn besiedelten Außenbereich (z.B. Splittersiedlungen und Einzelgehöfte) des Landkreises werden dezentrale Abwasserbehandlungsanlagen eingesetzt. Hier kann eine dezentrale Abwasserreinigung durch naturnahe Abwasserreinigungssysteme wie Pflanzenkläran- lagen etc. eine gute Alternative zum aufwendigen und kostenintensiven Anschluss an eine zentrale Kläranlage darstellen. Zur ordnungsgemäßen Abwasserreinigung durch Kleinkläranlagen gehören grundsätzlich eine Mehrkammerausfaul- bzw. absetzgrube und eine biologische Nachbehandlung entsprechend der DIN 4261. In der biologischen Nachbehandlung werden Belebtschlammanlagen, Pflanzenbeet- anlagen, optimierte Sandfiltergräben, Tauch- oder Tropfkörper sowie Teichanlagen eingesetzt. Das Niederschlagswasser wird, sofern es nicht ortsnah versickert, über eine Regenwasserkanali- sation nach entsprechender Rückhaltung entweder unmittelbar oder mechanisch vorbehandelt einem Gewässer zugeführt. Um die anfallenden Abwassermengen in den Kläranlagen möglichst gering zu halten, sind alle Möglichkeiten der Regenwasserversickerung und -nutzung zu fördern (s. D 3.9.2 05). Die Hauptaufgabe in der Abwasserbeseitigung des Landkreises Hameln-Pyrmont liegt in der Sicherung und Sanierung der vorhandenen Kanalisation und der Einleitungskontrolle. Das Vorsorgeprinzip gebietet, Undichtigkeiten auf das unvermeidbare Maß zu minimieren, bzw. Schäden, die eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit bewirken, zu beheben. Dies beinhaltet,

117 Erläuterungen

sowohl Fremdwasserzuführungen zu unterbinden, um die hydraulische Belastung der Kläranla- gen weiter zu reduzieren, als auch das Austreten von Abwasser aus der Kanalisation zu verhin- dern. Diese Maßnahmen führen zu einem noch höheren Wirkungsgrad der Kläranlagen und bewirken somit eine weitere Verringerung der Gewässerbelastungen.

E 3.9.2 02 Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft dient der Einsatz von Klärschlamm als Dünger der Rückfüh- rung wertgebender Substanzen in den Stoffkreislauf. Energetisch besonders effektiv ist es, wenn die anfallenden Klärschlämme in der Nähe der Anlagen, d.h. ohne lange Transportwege, landwirtschaftlich verwertet werden können. Gleichzeitig können Ressourcen geschont werden. Aus der Sicht eines vorausschauenden Stoffstrombewirtschaftung macht es jedoch wenig Sinn, persistente Schadstoffe durch Aufbringung von Klärschlämmen auf Ackerböden in größerem Umfang zurück in die Biosphäre zu schleusen und womöglich einen größeren Teil davon in die Lebensmittel gelangen zu lassen. Es geht darum, die klärschlammbedingten Schadstoffströme so zu lenken, dass bei größtmöglichem Nutzen bei der Verwendung in der Landwirtschaft die Rückführung von persistenten Schadstoffen möglichst gering ist und derart gestaltet wird, dass die Schadstoffe die landwirtschaftlichen Böden nicht unnötig belasten. Der im Landkreis Hameln-Pyrmont in den kommunalen Kläranlagen anfallende Klärschlamm (> 6.000 t/a) wird zur Zeit vollständig landwirtschaftlich verwertet. Der Bedarf in der Landwirt- schaft ist derzeit größer als die anfallende Menge an Klärschlamm. Die Ausbringung der Klärschlämme wird von der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt Hameln (LUFA) auf die Einhaltung der Klärschlammverordnung kontrolliert. Auch die Acker- böden werden im Voraus auf mögliche hohe Werte bestimmter Stoffe untersucht. Die Qualität der Klärschlämme im Landkreis Hameln-Pyrmont ist hoch. Dennoch enthält Klärschlamm geringe Mengen elementarer Schwermetalle und schwer abbaubarer organischer Verbindungen, die sich nicht eliminieren lassen. Daher stellt sich die Frage, ob die Einhaltung der Grenzwerte der Klärschlammverordnung auf Dauer ausreicht. Bei langjähriger Aufbringung ist eine Lang- zeitakkumulation nicht auszuschließen. Um sicherzustellen, dass Böden, Grundwasser und Gewässer keiner Belastung bzw. Gefährdung ausgesetzt werden, sind daher auch weiterhin umfangreiche Kontrollen der Stoffein- und austräge in Boden und Grundwasser erforderlich sowie parallele wissenschaftliche Begleituntersuchungen zur Abschätzungen der Langzeitaus- wirkungen bzw. Folgewirkungen.

E 3.9.2 04 Das angestrebte Ziel, den Wasserverbrauch und die Abwassermenge vor allem in Industrie- und Gewerbebetrieben deutlich zu reduzieren, kann durch Optimierung der Kreislaufführung verwirklicht werden. Mit der 1992 vom Land Niedersachsen eingeführten Wasserentnahmege- bühr besteht für Industrie- und Gewerbebetriebe mit hohem Wasserbedarf auch ein finanzieller Anreiz, Wasser sparsam zu verwenden. Bei Mehrfachnutzung durch Kreislaufführung kann in den Betrieben eine erhebliche Menge Wasser bzw. Abwasser eingespart werden. Zudem soll der Verschmutzungsgrad der Abwässer aus Industrie- und Gewerbebetrieben durch innerbetriebliche Maßnahmen sowie Abwasservorbehandlung so gering wie möglich gehalten werden. Insbesondere industrielle und gewerbliche Abwässer mit problematischen Inhaltstoffen sind vor der Einleitung in das öffentlich Kanalnetz durch betriebliche Vorbehandlung zu reduzieren.

E 3.9.2 05 Die Flächenversiegelung durch Bebauung, Straßenbau und weitere Maßnahmen hat bereits zu erheblichen Störungen des Wasserhaushaltes geführt. Zu den wesentlichen Auswirkungen der 118 Erläuterungen

Flächenversiegelung zählen die Erhöhung des Oberflächenabflussvolumens bei gleichzeitiger Erhöhung des Spitzenabflusses, die Verringerung der Grundwasserneubildung durch Verminde- rung der Versickerung sowie die Herabsetzung der Verdunstung bei gleichzeitigem Anstieg der Oberflächentemperatur. Auch das lange Zeit geltende Prinzip, Niederschlagswasser so schnell wie möglich aus Sied- lungsgebieten abzuleiten, ist aus den gleichen Gründen in Frage zu stellen. Ein ökologisch ausgewogener Wasserhaushalt ist nur durch eine naturnahe Regenwasserbewirt- schaftung zu erreichen. Neben der Regenrückhaltung durch ortsgebundene Regenwasserversi- ckerung und Vermeidung versiegelter Flächen sind weitere Möglichkeiten der Regenwassernut- zung zu fördern. Bei der Regenwasserversickerung ist die natürliche Selbstreinigungskraft des Bodens auszunutzen, durch die das Regenabflusswasser eine wichtige Reinigung erfährt. Durch physikalische, chemische und ggf. auch biologische Vorgänge werden bei der Passage von Bodenschichten Schmutzstoffe aus dem durchströmenden Regenwasser zurückgehalten, gespeichert und abgebaut. Die Niederschlagsentwässerung von Siedlungsgebieten ist von einer reinen Entsorgungsaufgabe zur Bewirtschaftungsaufgabe geworden. Die erforderlichen Entwässerungsmaßnahmen sind von den Standortvoraussetzungen (z.B. Geländegefälle, Untergrund, Grundwasser, Bebauungs- und Freiraumstruktur) abhängig. Es empfiehlt sich daher die Flächenauswahl für eine Entwässe- rungskonzept frühzeitig bereits in übergeordneten Planungen (z.B. Bauleitplanung) mit anderen planungsbeteiligten Fachdisziplinen abzustimmen. Regenwasserspeicher zur Brauchwassernutzung (Regentonnen und Zisternen) können in der Jahresbilanz den Regenabfluss und entsprechend den Verbrauch von Trinkwasser vermindern. Zudem werden die Abflussspitzen im Ableitungssystem verringert. Das Ausmaß dieses Einflus- ses ist von der spezifischen Größe des Speichers und seiner Nutzung abhängig. Eine Ausweitung der Regenwassernutzung ist daher zu fördern.

3.9.3 Hochwasserschutz

E 3.9.3 02, 03 u. 04 In den Gebieten zur ‘Sicherung des Hochwasserabflusses‘ ist die Einhaltung der Bestimmungen des § 93 NWG zu gewährleisten. Die Handlungsempfehlungen der MKRO zum vorbeugenden Hochwasserschutz vom 14.06.2000 sind zu beachten. Die Grenzen der gesetzlichen Überschwemmungsgebiete wurden mit Ausnahme der Weser – neue Festlegung im Jahr 2000 – bereits 1905 und in den darauf folgenden Jahren festgelegt. Eine Überprüfung und neue Abgrenzung ist daher erforderlich. Die genaue Gebietsabgrenzung im Bereich der Weser ergibt sich aus dem nach dem Niedersächsischen Wassergesetz im Jahre 2000 festgesetzten Überschwemmungsgebiet. Die Beeinträchtigungen des Retentionsvermögens durch anthropogenen Einflüsse und damit des Hochwasserschutzes haben dazu geführt, dass Starkregenereignisse und Schneeschmelzen immer wieder Überschwemmungen verursachen, die auch Siedlungsbereiche betreffen bzw. gefährden. Gemäß den Wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen des Nds. Umweltministeriums (1985, 1994, 1995) sind im Landkreis folgende Ortsteile gefährdet: Hessisch Oldendorf (Weser), Groß Berkel (Humme), Hachmühlen (Hamel) und Hameln (Weser). Ergänzend lassen sich Bad Pyrmont, Amelgatzen, Emmern und Kirchohsen hinzufügen, denn für die Emmer liegt kein wasserwirtschaftlicher Rahmenplan vor. Die wesentlichen Ursachen der zunehmenden Hochwasservorkommen sind die Flächenversiege- lung (s. E 2.2 06) und die Beseitigung von Grünlandflächen und in den Überschwemmungsge- bieten der Gewässer, die Einschränkung des verfügbaren Retentionsraumes durch Dammbau- werke sowie der Ausbau bzw. die Begradigung der Fließgewässer selbst. Hinzu kommen

119 Erläuterungen

Bodenverdichtungen (s. E 2.2 05) sowie die Anlage von Entwässerungsgräben, die den Abfluss des Niederschlagswassers aus der Fläche in die Fließgewässer beschleunigen. Hochwasserschutz ist infolgedessen nur mit vorbeugenden Maßnahmen wirkungsvoll zu erzielen. Vorbeugender Hochwasserschutz wird dadurch gewährleistet, dass • im gesamten Einzugsgebiet der Gewässer die Regulationsfunktion des Bodens zur Versicke- rung des Niederschlagswassers erhalten und entwickelt wird; durch eine standortgerechte Bodenbewirtschaftung, durch Minimierung der Versiegelung bzw. Entsiegelung und durch ortsnahe Verzögerung des Niederschlagsabflusses, • die natürlichen Überschwemmungsbereiche erhalten und entwickelt werden, • ehemalige Überschwemmungsbereiche zurückgewonnen werden, • Fließgewässer- und Auenrenaturierungen durchgeführt werden, • abflussverzögernde Weich- und Hartholzauenwälder das Erscheinungsbild der Überschwem- mungsbereiche in zunehmendem Maße prägen, • Unterhaltungsmaßnahmen an Fließgewässern auf den Mindestumfang reduziert werden, • Bach- und Flussauen von weiterer Bebauung freigehalten werden, • nicht an die Hochwasserverhältnisse angepasste Nutzungen (z.B. bauliche Anlagen von Freizeiteinrichtungen und Kleingartenanlagen) unter Anbieten von Ersatzstandorten langfris- tig aus den Auen ausgelagert werden bzw. „hochwasserverträglich“ umgestaltet werden. Flächen mit hohem Retentionsvermögen entlang der Gewässer sind daher zu erhalten und in Bereichen mit geringerem Retentionsvermögen sind die Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation auszuschöpfen. Das Retentionsvermögen nimmt in der Reihenfolge ‘Wald > Grünland > Acker > versiegelte Fläche’ ab. Zusätzlich erhöhen Gehölzstrukturen in der Aue wie Hecken und Gebüsche die abflussdämmende Wirkung. Auch die Naturnähe von Gewässerverlauf und -struktur sowie des Profils beeinflusst die Retention. Naturferne Gewässerabschnitte weisen ein stark beeinträchtigtes Retentionsvermögen auf (z.B. lange Strecken von Ilse, Nährenbach, Welseder Bach und Grießebach). Die Wiederherstellung der natürlichen Gewässerdynamik hat neben der ökologischen auch erhebliche Bedeutung für den Hochwasserschutz. Im Landkreis Hameln-Pyrmont besitzen neben den Siedlungsbereichen vor allem die hängigen Ackerflächen auf bindigen, verdichtungsgefährdeten Böden ein eingeschränktes Retentionsver- mögen, das es durch o.g. Maßnahmen zu verbessern gilt. Hierzu gehören z.B. die großflächig lössüberdeckten Hangbereiche am Südrand von Süntel und Deister, nördlich des Beberbaches sowie südlich der Hasselburg. Alle Wald- und Grünlandgebiete haben dagegen eine positive Wirkung auf die Wasserrückhaltung in den Einzugsgebieten. Diese Flächennutzungen sind, insbesondere an hängigen, verdichtungsgefährdeten Standorten im Sinne des Hochwasserschut- zes besonders zu sichern und zu entwickeln. Eine weitere Maßnahme, dem schnellen Abflussverhalten entgegenzuwirken, liegt in der Anlage von Rückhaltebecken, bevorzugt bereits in den Oberläufen der Bäche. Geeignete Stellen befinden sich im Hameltal zwischen Bad Münder und Hachmühlen sowie zwischen Hasperde und Groß Hilligsfeld, an der Remte zwischen Behrensen und Afferde, am Gelbbach zwischen Brullsen und Hachmühlen, an der Teufelsbeeke oberhalb der B 442 und am Alberbach oberhalb Krückeberg. (s. a. D/E 2.2 05 u. 06 (Bodenschutz) sowie D/E 2.3 03 u. 04 (Gewässerschutz))

3.10 Abfallwirtschaft

3.10.0 Abfallwirtschaft allgemein Der Landkreis Hameln-Pyrmont nimmt seine Aufgabe als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträ- ger in der Organisationsform eines Eigenbetriebes Kreis Abfall Wirtschaft Hameln-Pyrmont

120 Erläuterungen

(KAW) wahr. Daneben ist die untere Abfallbehörde beim Landkreis angesiedelt; von ihr wird u.a. auch eine Abfallberatung wahrgenommen..

E 3.10.0 01 Zusammenfassend ist festzuhalten, das es im Landkreis Hameln-Pyrmont noch deutliche Potenziale zur Verringerung der Resthausmüllmenge gibt. Das Aufkommen an Siedlungsabfällen ist im Landkreis wie auch in Niedersachsen generell rückläufig. Im Jahre 1998 wurden insgesamt 125.882 t Abfälle (ohne mineralische Abfälle und Schadstoffe) erfasst. Das entspricht einer Menge von 769 kg pro Einwohner und Jahr. Gegen- über dem Vorjahr sank damit das Abfallaufkommen um 0,2 % (vgl. Tab. 20). Die Anteile und die Entwicklung der unterschiedlichen Fraktionen des Abfallaufkommens werden in

Abb. 31 und

Abb. 32 veranschaulicht.

Tab. 20: Abfallbilanz des Landkreises Hameln-Pyrmont von 1992 bis 1998

Abfallmengen (t) Veränd. (%) 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1992-1998 Hausmüll 50.972 48.759 45.914 45.169 45.376 45.954 44.840 -12,03 Sperrmüll 5.067 4.168 2.262 2.683 3.374 3.799 4.106 -18,97 MVH-Kleinm.-Anlieferung 4.280 3.158 694 876 813 1.018 1.187 -72,27 Gewerbeabfall 31.804 32.294 32.117 31.922 30.287 27.395 23.332 -26,64 DSD-Sortierreste 236 1.105 370 597 908 893 1.061 349,58 Abfallmenge gesamt 92.359 89.484 81.357 81.247 80.758 79.059 74.526 -19,31

Wertstoffmengen (t) Veränd. (%) 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1992-1998 Grünschnitt 10.725 19.598 21.657 22.304 25.489 29.983 33.457 211,95 Biotonne (Modellversuch Kernstadt HM ab 1.10.1998) 376 Altmetall 1.099 948 424 487 668 759 753 -31,48 Glas 4.311 5.361 5.844 5.697 6.201 6.040 6.035 39,99 Altpapier 3.409 7.071 7.760 7.696 8.401 8.355 8.871 160,22 Leichtverpackungen (DSD) 233 1.071 1.752 1.920 2.060 1.976 1.864 700,00 ('Gelber Sack' ab 1.10.1992) Wertstoffmenge gesamt 19.777 34.049 37.437 38.104 42.819 47.113 51.356 159,68

Gesamtabfallpotential (ohne Schadstoffe) Veränd. (%) 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1992-1998 Verwertung (Wertstoffmenge) 19.777 34.049 37.437 38.104 42.819 47.113 51.356 159,68 Verbrennung (in MVH) 88.419 86.515 81.357 81.247 80.758 79.059 74.526 -15,71 Notdeponierung 3.940 2.969 Gesamtabfallpotential 112.136 123.533 118.794 119.351 123.577 126.172 125.882 12,26

121 Erläuterungen

Abb. 31: Zusammensetzung des getrennt erfassten Abfalls im Landkreis Hameln-Pyrmont 1998

Gesamtabfallmenge 1998 = 125.882 t

(DSD) Leicht- verpackungen Altpapier 1% Rundungsgenauigkeit = 1 % Glas 7% 5% Altmetall 1% Hausmüll 35%

Bio- und Grünabfälle 27%

Sperrmüll DSD-Sortierreste 3% 1% MVH-Kleinm.- Anlieferung Gewerbeabfall 1% 19%

Abb. 32: Entwicklung der Abfallbilanz und der Zusammensetzung des getrennterfassten Abfalls im Landkreis Hameln-Pyrmont von 1992 bis 1998 (Menge pro Einwohner und Jahr) 900 Leichtverpackungen (DSD) 'Gelber 800 Sack' ab 1.10.1992 Altpapier 700 Glas 600 Altmetall 500 Biotonne (Modellversuch Kernst. HM ab 1.10.1998) 400 Grünschnitt Gewerbeabfall 300 Menge in kg/Einw.*a Sperrmüll 200 Sortierreste DSD 100 MVH-Kleinmengen-Anlief. 0 Hausmüll 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

Die Aufgaben der Abfallberatung und der Öffentlichkeitsarbeit werden im Landkreis von der Kreisabfallwirtschaft wahrgenommen. Die Strukturen und Angebote der Abfallberatung sind eng mit der Öffentlichkeitsarbeit verknüpft.

Im Rahmen der Abfallberatung werden derzeit folgende Aufgaben wahrgenommen: • Abfallberatung von privaten Haushalten, Schulen und Kindergärten, Gewerbebetrieben und sonstigen größeren Abfallerzeugern;

122 Erläuterungen

• branchenspezifische Beratungshilfen und pädagogische Konzepte für Kindergärten und Schulen; • Beantwortung telefonischer und schriftlicher Anfragen; • Erstellung von Broschüren und Faltblättern zu verschiedenen Themen der Abfallwirtschaft; • Teilnahme (Infostand) am ‘Tag der Umwelt’ und anderen öffentlichen Veranstaltungen als bürgernahes Darstellungsmittel für abfallwirtschaftliche Belange; • Unterstützung der Einführung der Biotonne durch gezielte Beratung.

Die Abfallentsorgungssatzung des Landkreises Hameln-Pyrmont sieht ab 01.04.2000 eine generelle 14-tägige Abfuhr der Abfallbehälter, die Reduzierung des Mindestvolumens der Restmülltonne von bislang 30 l / Person/ Woche bzw. 15 l / Person / Woche bei Eigenkompos- tierung auf 10 l / Person/ Woche sowie die Einführung einer 60 l-Tonne als kleinste Gefäßgröße vor. Die Möglichkeit der Eigenkompostierung ist weiterhin gegeben. In diesem Fall ist eine Befreiung von der Nutzung der Biotonne möglich.

E 3.10.0 02 Das Abfallwirtschaftsprogramm des Landkreises ist am 14.12.1999 vom Kreistag beschlossen worden. Seit 1978 werden die im Landkreis anfallenden Abfälle in der Müllverbrennung Hameln (MVH) entsorgt. Die Müllverbrennungsanlage hat eine festgeschriebene Kapazität von max. 155.600 t pro Jahr. Sie darf die Abfälle unter bestimmten Bedingungen energetisch verwerten. Seit Juli 1997 besteht zwischen der Müllverbrennungsanlage Bielefeld-Herford GmbH und der Müll- verbrennung Hameln GmbH ein Verbundbetrieb mit dem Ziel, eine wirtschaftliche und zugleich umweltgerechte energetische Verwertung / thermische Behandlung von Abfällen durch die gemeinsame Nutzung der Anlagen zu fördern. Über einen Kooperationsvertrag ist die wechsel- seitige Verbringung von Abfällen geregelt. Die MVH wird u.a. von den Landkreisen Holzmin- den, Schaumburg und Hannover genutzt. Die Reststoffe der MVH (Schlacke und Filterstäube) werden fast ausschließlich durch einen Dritten verwertet. Nur noch äußerst geringe Mengen gelangen zur Deponie Klein Hilligsfeld. Für die Erfassung von Verpackungsmaterial aus Glas, Metall, Kunststoff, Verbundmaterial ist ein Partnerunternehmen der Duales System Deutschland GmbH zuständig. Altpapier wird durch die Kreisabfallwirtschaft gesammelt. Die Sammelmengen für die Wertstoffe Leichtverpackun- gen, Altglas und Papier/Pappe im Rahmen der DSD-Sammlung ist im Landesvergleich als eher unbefriedigend einzustufen. Es wird deutlich, dass der Landkreis die vorgegebenen Verwer- tungsquoten im Rahmen der Verpackungsverordnung nicht für alle drei Fraktionen erfüllt. Ein deutliches Defizit kommt bei den Leichtverpackungen zum Tragen. Auch die Hausmüllanalyse 1997 hat anhand der Anteile dieser Wertstoffe im Restmüll eine Steigerungsmöglichkeit der Getrenntsammlung insbesondere im Bereich der Leichtverpackungen und des Altpapiers ergeben. Eine Erhöhung der Sammelmengen an Verkaufsverpackungen wird grundsätzlich durch die ab April 2000 vorgesehene Reduzierung des Restabfallbehältervolumens von 30 l / Einw. bzw. 15 l / Einw. auf 10 l / Einw. wöchentlich erwartet. Einen Überblick über die Menge und die Entwicklung des Anteils verwerteter Abfälle gegenüber dem Restmüll gibt Abb. 33.

123 Erläuterungen

Abb. 33: Entwicklung des Verhältnisses von Wertstoffmenge zu Restmüll im Landkreis Hameln-Pyrmont. 9 0 0 8 0 0 7 0 0 6 0 0 5 0 0 4 0 0 3 0 0

Menge kg/Einw*a in 2 0 0 W ertstoffm enge 1 0 0 A bfall (R estm üll) 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

Obwohl im Landkreis lediglich 179 Standplätze mit Depotcontainern für Glas, was einer durchschnittlichen Dichte von 911 Einwohnern pro Standplatz entspricht, zur Verfügung stehen, liegt der Landkreis mit seinen gesammelten Glasmengen im Landesvergleich sogar geringfügig über dem Durchschnitt (die Vorgaben der Verpackungsverordnung werden erreicht). Aufgrund dessen wird die Steigerungsrate beim Glas von allen Wertstoffen am geringsten eingeschätzt. Eine Erhöhung der gesammelten Glasmengen lässt sich am ehesten durch eine Verdichtung der Containerstandplätze erreichen. Für die Verwertung von Grünschnitt stehen im Landkreis sieben Kompostplätze zur Verfügung (Klein Hilligsfeld, Bad Pyrmont, Hess. Oldendorf, Bad Münder, Aerzen, Emmerthal und Lauenstein vgl. auch zeichnerische Darstellung). Die getrennte Erfassung von Grünabfällen im Hol- und Bringsystem stellt ein gutes Angebot dar, was auch die hohe Erfassungsmenge von 205 kg pro Einwohner und Jahr belegt. Dennoch hat die Hausmüllanalyse von 1997 sehr hohe Anteile von Bio- und Grünabfällen im Resthausmüll ergeben, die es zu reduzieren gilt. Die flächendeckende Einführung der Biotonne wurde 2000 durchgeführt. Aufgrund der großen Anzahl der Befreier (hoher Eigenkompostieranteil) ist die erwartete Bioabfallmenge eher niedrig. Der Anteil der Eigenkompostierer hat sich mit Einführung bzw. Ankündigung der Biotonne noch einmal deutlich erhöht. Da erste Ergebnisse der Pilotphase außer durch die eingesammelten Bioabfallmengen keine Reduktion der Resthausmüllmengen ergeben haben – was ein Widerspruch zu dem deutlich erhöhten Eigenkompostieranteil ist – ist zu empfehlen, nach Einführung der Biotonne den organischen Anteil im Resthausmüll zu überprüfen. Gegebe- nenfalls ist mit entsprechenden Maßnahmen zu reagieren. Der Landkreis verfügt mit der monatlichen Bündelsammlung für Papier, Pappe und Karton durch die KAW sowie Vereine und Verbände nicht über das effizienteste Erfassungssystem. Die Hausmüllanalyse 1997 ergab dementsprechend erhebliche Anteile an Papier und Pappe im Resthausmüll. Die getrennte Erfassung und Verwertung ist deshalb zu intensivieren. Zur Erfassung des Sperrmülls hat sich im Landkreis das 1994 eingeführte Karten-Abrufsystem bewährt. Altmetalle aus dem Sperrmüllbereich sowie größere Haushaltsgeräte (z.B. Waschma- schinen) werden im Rahmen der Sperrmüllabfuhr getrennt gesammelt. Elektro- und Elektronik- schrott wird derzeit noch nicht getrennt erfasst. Mit dem Angebot jeweils einer Sammelstelle für 124 Erläuterungen

Schadstoffe aus privaten Haushalten in den Gemeinden und einer Annahmestelle für Sonderab- fälle aus dem Gewerbebereich bietet der Landkreis ein weitreichendes Angebot an, um das Schadstoffpotenzial des Restabfalls weitestgehend zu minimieren. Die Verwertung bzw. Ablagerung von mineralischen Abfällen, Straßenaufbruch und Bodenaus- hub wird im Landkreis privatwirtschaftlich geregelt. Bauschutt wird zum größten Teil in Recyclinganlagen aufbereitet, so dass eine Ablagerung kaum noch stattfindet. Drei der vier Bodendeponien werden im Rahmen naturschutz- bzw. baurechtlich genehmigter Rekultivie- rungsmaßnahmen verfüllt. Damit ist eine Verwertung des Bodenaushubs gewährleistet. Neben der stationären Recyclinganlage für mineralische Reststoffe in Hameln-Rohrsen bestehen mobile Recyclinganlagen auf den Boden- und Bauschuttdeponien (s. zeichnerische Darstellung). Aufgrund der Tatsache, dass im Landkreis Hameln-Pyrmont in Zukunft keine Restabfallmengen aus dem Betrieb der Müllverbrennung mehr angedient werden und auch Klärschlämme nicht mehr zur Entsorgung anstehen (vgl. E 3.9.2 02 und E 2.3 09), sollte überprüft werden, ob es alternative Restabfälle gibt, die auf der Restabfalldeponie Klein Hilligsfeld abgelagert werden können. Falls keine alternativen Stoffe zur Ablagerung zur Verfügung stehen, ist eine grundsätz- liche Änderung bzw. Erweiterung des derzeitigen Nutzungskonzeptes zu erarbeiten.

E 3.10.0 03 Der Resthausmüll, hausmüllähnliche Gewerbeabfälle und Sperrmüll werden weiterhin in der Müllverbrennungsanlage thermisch behandelt. Der Landkreis erfüllt damit die Vorgaben der TASi. Die MVH erfüllt auch die Anforderungen der 17. BImSchV (s. a. 3.10.0 02).

3.10.1 Siedlungsabfall, Sonderabfall

E 3.10.1 01/02 Vorrangstandorte für Siedlungsabfalldeponien sind im Landkreis Hameln-Pyrmont nicht vorgesehen, da Siedlungsabfall (Restabfall) in der Müllverbrennungsanlage Hameln entsorgt wird.

3.10.2 Altlasten E 3.10.2 01 Im Rahmen des Altlastenprogramms des Landes Niedersachsen sind für das Gebiet des Land- kreises Hameln-Pyrmont 352 Altablagerungen erfasst worden. Hierfür liegen gezielte Nacher- mittlungen vor, auf deren Grundlage eine Erstbewertung durchgeführt wurde, in der den Altablagerungen anhand von Abfallart, Volumen, Durchlässigkeitsstufe und Entfernung zu schützenswerten Gebieten Bewertungsstufen von 1-100 zugeordnet werden. Diese Erstbewer- tung hat ergeben, dass für knapp ein Drittel der Altablagerungen ein ‘vorrangiger Handlungsbe- darf‘ hinsichtlich der Gefährdungsabschätzung besteht. Es sind vorwiegend Ablagerungen von Sonderabfall (22 Fälle im Landkreis) innerhalb von Wasserschutz- oder Heilquellenschutzgebie- ten (65 Standorte im Landkreis) oder in unmittelbarer Nähe von Wasserschutz- oder Heilquel- lenschutzgebieten gelegen. Für diese Altablagerungen ist zunächst eine ‚Regionale Prioritätenlis- te’ aufzustellen und anschließend durch evtl. Untersuchungen ein Sicherheits- oder Sanierungsbedarf zu belegen, um dann gezielte Maßnahmen einleiten zu können. Gefährdungsabschätzungen sind lediglich für drei Altablagerungen erfolgt, bei denen aufgrund der Ablagerung von Sonderabfall sowie der Lage im Wasserschutz- oder Heilquellenschutzge- biet ein Altlastenverdacht bestand. Der Altlastenverdacht konnten jedoch in keinem dieser Fälle bestätigt werden.

125 Erläuterungen

Die Altstandorte im Landkreis sind bisher nicht vollständig erfasst worden. Allerdings sind sieben Altstandorte mit Altlasten bzw. Altlastenverdachtsflächen bereits saniert oder werden in absehbarer Zeit saniert. Alle weiteren Altstandorte im Landkreis sind zu erfassen und sofern Altlastenverdacht besteht zu untersuchen und ggf. zu sanieren. Desweiteren sind für das Gebiet des Landkreises Hameln-Pyrmont neun Rüstungsaltlastver- dachtsflächen erfasst. Bei acht dieser Flächen hat sich der Verdacht nach Abschluss der Gefähr- dungsabschätzung nicht bestätigt. Für eine Fläche wurde eine Räumung empfohlen; diese wurde bereits saniert.

3.11.2 Militärische Verteidigung E. 3.11.2 02 Bei den im Landkreis vorhandenen militärischen Anlagen handelt es sich um seit Jahrzehnten existierende Einrichtungen der Landesverteidigung; Art und Ausmaß der Lärmemissionen sind bekannt. Im Einwirkungsbereich der Übungsplätze, Sprengplätze und Schießanlagen ist auf jeden Fall mit nachteiligen Emissionen vom dortigen Ausbildungsbetrieb zu rechnen.

Beim Schießen und Sprengen sowie beim Üben mit Land- und Wasserfahrzeugen sind erfah- rungsgemäß Lärmprobleme zu erwarten, wenn von der geplanten Wohnbebauung die nachfol- genden Mindestabstände nicht eingehalten werden: Sprengplätze (Sprengmasse bis 2 kg) > 1500 m Pionier-Übungsplatz (Land/Wasser) > 1500 m Standortübungsplatz > 1000 m Standortschießanlage > 1000 m

Diese Erfahrungswerte beziehen sich auf die Gebietseinstufung „Allgemeines Wohngebiet“. Bei besonderer Schutzwürdigkeit, z.B. bei Krankenhäusern, Pflegeanstalten oder Kurgebieten, wird der Mindestabstand zwischen Emissions- und Immissionsort noch größer sein müssen. Gleich- wohl sind zur Minderung von Geräuschimmissionen von Übungsplätzen und Schießanlagen bereits eine Vielzahl von Maßnahmen wie z.B. Verlagerungen von Schießen, zeitlichen Ein- schränkungen – v.a. nachts -, Einsatz von Simulationsgeräten bei der Schießausbildung, durchgeführt worden. Die Geräuschbelästigungen können überdies durch die Wetterbedingungen erheblich beeinflusst werden. Eine detaillierte immissionsschutzrechtliche Bewertung der Lärmsituation wird erst bei der Bauleitplanung möglich sein.

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