Papst Benedikt XVI.: „Unsere Sendung verlangt vollkommene Treue“ Schluss 275

Prof. Dr. Hubert Gindert: „Stark im Kampf am Tag des Herrn“ Das geistliche Erbe von Erzbischof Dyba 279

Prälat Dr. Wilhelm Imkamp: Ist Jesus politikverdrossen? 285

Katholisches Wort in die Zeit 40. Jahr Oktober 2009

DER FELS 10/2009 273 Am 19.06. hat Papst Benedikt den Brief „Unsere Sendung ver- langt vollkommene Treue“ an die Liebe Leser, Priester mit der Aufforderung zu einer geistlichen Erneuerung ge- Wer nach Urlaub und Ferien mit richtet. Wenn die Priester dieses neuem Schwung in die Normalität Anliegen aufgreifen, wird auch seiner Berufung zurückgekehrt ist, eine religiöse Erneuerung in den sollte sich nicht einfl üstern las- Pfarrgemeinden stattfi nden. INHALT sen: Mach dir keine Illusionen. Der Widersacher hat noch ei- Das Leben geht seinen gewohnten nen Einwand parat: Was kannst Trott. Es ändert sich nichts. du schon mit deinen geringen Die kleinen und großen Helden Fähigkeiten in dieser Welt aus- des Alltags beweisen das Gegen- richten? Vor der gleichen Frage Papst Benedikt XVI.: teil: Pfarrer, die mehrere Gemein- standen auch einmal Benedikt, „Unsere Sendung verlangt vollkommene den betreuen und keine Büro- Franz von Assisi, Ignatius von Treue“ Schluss ...... 275 stunden kennen, Mütter, die ihre Loyola, Theresa von Kalkutta kleinen Kinder selber aufziehen, usw. In der Zeit Ludwig XIV. gab Prof. Dr. Hubert Gindert: obwohl sie sich deshalb fi nanziell es den Kanzelredner Bossuet. Er „Stark im Kampf am Tag des Herrn“ war berühmt wegen seiner Rheto- Erinnerung an das geistliche Erbe einschränken müssen. von Erzbischof Dyba ...... 279 Wer seinen Lebensstil ändern rik. Die Menschen bewunderten will, sieht sich mit mächtigen ihn wegen seiner geschliffenen „Alles aus Liebe zu Gott“ Einwänden konfrontiert: Es gibt Sprache. Wie weit er die Herzen Am 4. Oktober wird Bruder Eustachius keine Vorbilder mehr! Wer kennt der Zuhörer und ihre Bekehrung Kugler OH in sie nicht, Manager, die sich maß- erreicht hat, ist wenig bekannt. seliggesprochen ...... 282 los bereichern, Politiker, die über Der Pfarrer von Ars, Jean Ma- Dienstwagen- und andere Affären rie Vianney, war in jeder Weise Prälat Dr. Wilhelm Imkamp: stolpern, Spitzensportler, die we- unscheinbar. Er hatte kein rheto- Ist Jesus politikverdrossen? ...... 285 gen Drogenmissbrauchs entzau- risches Talent. Aber er hat nicht bert werden. nur seine Pfarrgemeinde zum Raymund Fobes: Glauben zurückgeführt, sondern Eine bekennende, betende und frohe Als die Schlacht von Waterloo Kirche auf dem Weg zur Erneuerung für die Franzosen aussichtslos darüber hinaus Hunderttausen- der Gesellschaft ...... 286 geworden war und Wellington die de aus ganz Frankreich. französische Eliteeinheit zur Ka- Wer trotz aller Einwände be- Nathanael Liminski: pitulation aufforderte, erwiderte reit ist, das Abenteuer seiner Bei Wind und Regen ...... 292 General Pierre Cambronne: „Die Berufung mit Gott zu gehen und alte Garde stirbt, aber sie ergibt seinen Lebensstil zu ändern, P. Canisius Friedrich OP: sich nicht“. Eine Haltung, die Be- sollte nicht erwarten, dass ihm Seelsorge in dünner Luft ...... 294 wunderung hervorgerufen hat und viele sogleich begeistert folgen. zum gefl ügelten Wort geworden Das kann auch eine einsame Jürgen Liminski: ist. Die Kirche hat mehr zu bieten. Wüstenwanderung sein. Wir sind Zurück in die Barbarei ...... 295 Im vorigen Jahrhundert haben 20 gut beraten, nicht allein auf die Millionen ihr Leben für Christus eigene Kraft zu setzen. In einem Auf dem Prüfstand ...... 299 hingegeben, weil sie das Knie nicht Fürbittgebet an den seligen Kai- Zeit im Spektrum...... 300 vor den Götzen ihrer Zeit und dem ser Karl kommt das so zum Aus- Bücher ...... 301 Mainstream gebeugt haben. druck: „Wir bitten Dich, tritt bei Leserbriefe ...... 302 Uns fehlt heute die Orientie- Gott für uns ein und erfl ehe uns Veranstaltungen ...... 302 rung, lautet ein anderer Einwand. Vertrauen und Mut, damit wir Stimmt nicht! Es mag für weite selbst in menschlich aussichtslo- Bereiche in Medien, Film und sen Situationen nicht verzagen, Theater zutreffen. Papst Benedikt sondern gläubig den Weg Christi Impressum „Der Fels“ Oktober 2009 Seite 302 XVI hat mit seinem Schreiben gehen.“ Redaktionsschluss ist jew. der 5. des Vormonats „Caritas in Veritate – Liebe in Titelbild: Forum Deutscher Katholiken der Wahrheit“ Wege aufgezeigt, Freude am Glauben, Fotos: Renate Gindert wie die moralische Krise, die der Finanz- und Wirtschaftskrise zu- Fotos: 275, 276, 277, 279 Archiv Pater Hermes; 276, 284 Schauber/Schindler: Heilige und Namenspatro- grunde liegt, überwunden werden ne; 282 Bischöfl . Ordin. Regensburg, Abt. Selig- und kann. Es geht dem Papst vor allem Heiligsprechungen; 280, 286, 287, 288, 289, 290 291, um die ganzheitliche Entwicklung 293 Renate Gindert, 292 WJT; 294 P. Friedrich OP; Mit den 296, 297 Liminski; des Menschen. „Fortschrittliches besten Wünschen Denken“ wurde Benedikt XVI. aus aus Kaufering Quelle S. 304: Athanas Recheis in Martyrologium Kreisen hochrangiger Fachleute „Zeugen für Christus“ II, 2006, Seite 726-729. bescheinigt. Ihr Hubert Gindert

274 DER FELS 10/2009 Papst Benedikt XVI.:

„Unsere Sendung verlangt vollkommene Treue“

Schluss

ist das! “ Und er lehrte sie zu beten: Papst Benedikt XVI. hat in seinem Brief an „die Mitbrüder im „Mein Gott, erweise mir die Gnade, priesterlichen Dienst“ vom 19. Juni 2009 ein „Jahr der Priester“ dich so sehr wie nur möglich zu lie- ausgerufen. In seinem Schreiben erläutert der Papst worum es ihm ben.“ dabei geht: Dieses Jahr soll „dazu beitragen, das Engagement einer inneren Erneuerung aller Priester für ein noch stärkeres und wirk- Der Pfarrer von Ars hat in sei- sameres Zeugnis für das Evangelium in der Welt von heute zu för- ner Zeit das Herz und das Leben dern“. Der Hl. Vater stellt darin das beispielhafte Wirken des Pfar- so vieler Menschen zu verwandeln rers Johannes Maria Vianney von Ars vor Augen, sein persönliches vermocht, weil es ihm gelungen ist, Beispiel, das eine verlotterte Pfarrei zu einer blühenden Gemeinde sie die barmherzige Liebe des Herrn werden ließ. Der Papst zeigt auch, wie groß der demütige Pfarrer wahrnehmen zu lassen. Auch in un- von Ars von der Priesterberufung und –aufgabe dachte (August/ serer Zeit ist eine solche Verkündi- September-Heft des „Fels“) Hier folgt der zweite und abschließen- gung und ein solches Zeugnis der de Teil dieses Briefes. Wahrheit der Liebe dringend: Deus caritas est (1 Joh 4, 8). Mit dem Wort und den Sakramenten seines Jesus wusste Johannes Maria Vianney Priester müssten alle der Schönheit: „Der liebe Gott weiß sein Volk aufzubauen, auch wenn er, Wir spüren, dass jene Worte, alles. Noch bevor ihr sündigt, weiß überzeugt von seiner persönlichen die er Christus in den Mund legte, er schon, dass ihr wieder sündigen Unzulänglichkeit, oft schauderte, so uns persönlich angehen: „Ich beauf- werdet, und trotzdem vergibt er dass er mehrmals wünschte, sich der trage meine Diener, den Sündern zu euch. Wie groß ist die Liebe unseres verkünden, dass ich immer bereit Gottes, der so weit geht, freiwillig bin, sie zu empfangen, dass meine die Zukunft zu vergessen, nur da- Barmherzigkeit unbegrenzt ist.“ Vom mit er uns vergeben kann!“ Wer sich heiligen Pfarrer von Ars können wir dagegen lau und fast gleichgültig Priester nicht nur ein unerschöpfli- anklagte, dem bot er durch seine ches Vertrauen in das Bußsakrament eigenen Tränen die ernste und er- lernen, das uns drängt, es wieder ins littene deutliche Einsicht, wie „ab- Zentrum unserer pastoralen Sorge scheulich“ diese Haltung sei: „Ich zu setzen, sondern auch die Metho- weine, weil ihr nicht weint“, sagte de des „Dialogs des Heils“, der sich er. „Wenn der Herr bloß nicht so darin vollziehen muss. Der Pfarrer gut wäre! Aber er ist so gut! Man von Ars hatte gegenüber den ver- muss ein Barbar sei, um sich einem schiedenen Büßern eine jeweils un- so guten Vater gegenüber so zu ver- terschiedliche Verhaltensweise. Wer halten!“ Er ließ die Reue im Herzen zu seinem Beichtstuhl kam, weil der Lauen aufkommen, indem er sie er von einem inneren und demüti- zwang, das im Gesicht des Beicht- gen Bedürfnis nach der Vergebung vaters gleichsam „verkörperte“ Lei- Gottes angezogen war, fand bei ihm den Gottes wegen der Sünden mit die Ermutigung, in den „Strom der eigenen Augen zu sehen. Wer sich göttlichen Barmherzigkeit“ einzu- dagegen voll Verlangen und fähig tauchen, der in seiner Wucht alles zu einem tieferen geistlichen Leben mit sich fortreißt. Und wenn jemand zeigte, dem öffnete er weit die Tie- niedergeschlagen war beim Gedan- fen der Liebe, indem er ihm erklär- ken an seine Schwäche und Unbe- te, wie unbeschreiblich schön es ist, P. Rupert Mayer – Priester, Or- ständigkeit und sich vor zukünftigen mit Gott vereint und in seiner Ge- densmann, Männerseelsorger. Rückfällen fürchtete, offenbarte der genwart zu leben: „Alles unter den * 13.1.1876 in Sigmaringen, Pfarrer ihm das Geheimnis Gottes Augen Gottes, alles mit Gott, alles, + 1.11.1945 in München; am mit einem Ausspruch von rühren- um Gott zu gefallen … Wie schön 3.5.1987 seliggesprochen.

DER FELS 10/2009 275 Adolph Kolping – Priester, Grün- P. Maximilian Kolbe – Priester, Or- Bernhard Lichtenberg – Priester, der des Gesellenvereins / Kolping- densmann, Märtyrer. * 7.1.1894 in Märtyrer. * 3.12.1875 in Ohlau, familie. * 8.12.1813 in Kerpen, ­ Zdunska Wola/Polen, + 14.8.1941 + 5.11.1943 auf dem Weg ins KZ + 4.12.1865 in Köln; am 27.10.1991 im KZ Auschwitz; am 10.10.1982 Dachau in Hof; am 23.6.1996 selig- seliggesprochen. heiliggesprochen. gesprochen.

Verantwortung des Dienstes in der der Kern seiner Lehre für alle gültig: bei ihm sein sollten (vgl. Mk 3, 14), Pfarrei zu entziehen, dessen er sich die Seelen sind mit dem Blut Jesu und sie erst danach zum Predigen unwürdig fühlte. Trotzdem blieb er erkauft, und der Priester kann sich aussandte, so sind auch in unseren in vorbildlichem Gehorsam stets an nicht ihrer Rettung widmen, wenn Tagen die Priester berufen, jenen seinem Posten, denn die apostoli- er sich weigert, sich persönlich an „neuen Lebensstil“ anzunehmen, sche Leidenschaft für das Heil der dem „teuren Preis“ ihrer Erlösung den Jesus, der Herr, eingeführt hat Seelen verzehrte ihn. Durch eine zu beteiligen. und den die Apostel sich zu eigen strenge Askese versuchte er, seiner gemacht haben. Berufung völlig nachzukommen: In der Welt von heute ist es eben- „Das große Unglück für uns Pfar- so nötig wie in den schwierigen Zei- Gerade die rückhaltlose Annahme rer“, beklagte der Heilige, „besteht ten des Pfarrers von Ars, dass die dieses „neuen Lebensstils“ war ein darin, dass die Seele abstumpft“, Priester sich in ihrem Leben und Merkmal des priesterlichen Einsatzes und er meinte damit ein gefährliches Handeln durch ein starkes Zeug- des Pfarrers von Ars. In der Enzyk- Sich-Gewöhnen des Hirten an den nis für das Evangelium auszeich- lika Sacerdotii nostri primordia, die Zustand der Sünde oder der Gleich- nen. Paul VI. hat zu Recht bemerkt: 1959, hundert Jahre nach dem Tod gültigkeit, in der viele seiner Schafe „Der heutige Mensch hört lieber auf von Johannes Maria Vianney, publi- leben. Mit Wachen und Fasten zü- Zeugen als auf Gelehrte, und wenn ziert wurde, stellte Johannes XXIII. gelte er den Leib, um zu vermeiden, er auf Gelehrte hört, dann deshalb, dessen asketische Wesensart unter be- dass dieser sich seiner priesterlichen weil sie Zeugen sind.“ Damit in uns sonderer Bezugnahme auf das Thema Seele widersetzte. Und er schreck- nicht eine existenzielle Leere ent- der „drei evangelischen Räte“ dar, die te nicht davor zurück, sich selbst zu steht und die Wirksamkeit unseres er auch für die Priester als notwendig kasteien zum Wohl der ihm anver- Dienstes nicht gefährdet wird, müs- erachtete: „Auch wenn dem Priester trauten Seelen und um zur Sühne sen wir uns immer neu fragen: „Sind zur Erlangung dieser Heiligkeit des all der Sünden beizutragen, die er wir wirklich durchtränkt vom Wort Lebens die Verwirklichung der evan- in der Beichte gehört hatte. Einem Gottes? Ist es wirklich die Nah- gelischen Räte nicht aufgrund seines priesterlichen Mitbruder erklärte er: rung, von der wir leben, mehr als klerikalen Standes auferlegt ist, bie- „Ich verrate Euch mein Rezept: Ich vom Brot und von den Dingen die- tet sie sich ihm wie allen Jüngern des gebe den Sündern eine kleine Buße ser Welt? Kennen wir es wirklich? Herrn doch als der normale Weg der auf, und den Rest tue ich an ihrer Lieben wir es? Gehen wir innerlich christlichen Heiligung an.“ Der Pfar- Stelle.“ Jenseits der konkreten Buß- damit um, so dass es wirklich unser rer von Ars verstand es, die „evange- übungen, denen der Pfarrer von Ars Leben prägt, unser Denken formt?“ lischen Räte“ in der seiner Situation sich unterzog, bleibt in jedem Fall Wie Jesus die Zwölf rief, damit sie als Priester angemessenen Weise zu

276 DER FELS 10/2009 P. Werenfried van Straaten – Pries- Karl Leisner – Priester, 1944 im KZ Ludwig Maria Grignion von Mont- ter, Ordensmann, Gründer des Dachau geweiht. * 28.2.1915 in Kle- fort – Priester, Volksmissionar, Liebeswerkes „Kirche in Not“. ve, + 12.8.1945; am 23.6.1996 selig- Ordensgründer. * 31.1.1673 in * 17.1.1913 in Mijdrecht bei Ams- gesprochen. Montfort-sur-Meu, + 28.4.1716 in terdam, + 31.1.2003 in Königstein/ St-Laurent-sur-Sevre; am 20.7.1947 Taunus. heiliggesprochen.

leben. Seine Armut war nämlich nicht geisterung seinen Gläubigen reicht. möchte ich die Priester in diesem die eines Ordensmannes bzw. eines Man sagte von ihm, „die Keuschheit ihnen gewidmeten Jahr gern ganz Mönches, sondern die, welche von strahle in seinem Blick“, und die besonders dazu aufrufen, den neuen einem Weltpriester erwartet wird: Gläubigen bemerkten es, wenn er Frühling zu nutzen, den der Geist in Obwohl er mit viel Geld wirtschaf- mit den Augen eines Verliebten zum unseren Tagen in der Kirche hervor- tete (da die wohlhabenderen Pilger Tabernakel schaute. Auch der Ge- bringt, nicht zuletzt durch die kirch- nicht versäumten, sich seiner kari- horsam von Johannes Maria Vianney lichen Bewegungen und die neuen tativen Werke anzunehmen), wusste war ganz und gar verkörpert in der Gemeinschaften. „Der Geist ist viel- er, dass alles seiner Kirche, seinen leidvoll errungenen inneren Einwilli- fältig in seinen Gaben … Er weht, Armen, seinen Waisen, den Mädchen gung in die täglichen Anforderungen wo er will. Er tut es auf unerwartete seiner „Providence“, den am meis- seines Amtes. Es ist bekannt, wie sehr Weise, an unerwarteten Orten und in ten notleidenden Familien zugedacht ihn der Gedanke an seine Unzuläng- vorher nicht ausgedachten Formen war. Darum war er „reich, um den lichkeit für den Dienst des Pfarrers … aber er zeigt uns auch, dass er auf anderen zu geben, und sehr arm für quälte und wie sehr ihn der Wunsch den einen Leib hin und in der Einheit sich selbst“. Er erklärte: „Mein Ge- umtrieb, zu fliehen „um in Einsam- des einen Leibes wirkt.“ In diesem heimnis ist einfach: Alles geben und keit sein armes Leben zu beweinen“. Zusammenhang gilt die Anweisung nichts behalten.“ Wenn er mit leeren Nur der Gehorsam und seine Lei- des Dekretes Presbyterorum ordinis: Händen dastand, sagte er zufrieden denschaft für die Seelen konnten ihn „Sie [die Priester] sollen die Geis- zu den Armen, die sich an ihn wen- überzeugen, an seinem Platz zu blei- ter prüfen, ob sie aus Gott sind, und deten: „Heute bin ich arm wie ihr, bin ben. Sich selbst und seinen Gläubi- die vielfältigen Charismen der Lai- einer von euch.“ So konnte er am En- gen erklärte er: „Es gibt nicht zwei en, schlichte und bedeutendere, mit de seines Lebens in aller Ruhe sagen: gute Arten, Gott zu dienen. Es gibt Glaubenssinn aufspüren, freudig an- „Ich habe nichts mehr. Nun kann der nur eine einzige: ihm so zu dienen, erkennen und mit Sorgfalt hegen.“ liebe Gott mich rufen, wann er will!“ wie er es will.“ Die goldene Regel Diese Gaben, die viele zu einem Auch seine Keuschheit war so, wie für ein Leben im Gehorsam schien höheren geistlichen Leben drängen, sie für den Dienst eines Priesters nö- ihm diese zu sein: „Nur das tun, was können nicht nur den gläubigen Lai- tig ist. Man kann sagen, es war die dem lieben Gott dargebracht werden en, sondern den Priestern selbst hilf- angemessene Keuschheit dessen, der kann.“ reich sein. Aus dem Miteinander von gewöhnlich die Eucharistie berühren geweihten Amtsträgern und Charis- muss und der sie gewöhnlich mit der Im Zusammenhang mit der Spi- men kann nämlich „ein gesunder ganzen Begeisterung seines Herzens ritualität, die durch die Übung der Impuls für ein neues Engagement betrachtet und sie mit derselben Be- evangelischen Räte gefördert wird, der Kirche in der Verkündigung und DER FELS 10/2009 277 im Zeugnis des Evangeliums der übermitteln, deren enorme geistliche Hoffnung und der Liebe in allen Tei- Resonanz seit einem Jahrhundert len der Welt“ entspringen. Außer- wohlbekannt ist. Tatsächlich war das dem möchte ich in Bezugnahme auf Leben des heiligen Priesters, dessen das Apostolische Schreiben Pastores Gedenken wir feiern, im voraus ei- dabo vobis von Papst Johannes Paul ne lebendige Darstellung der großen II. ergänzen, dass das geweihte Amt übernatürlichen Wahrheiten, die der eine radikale „Gemeinschaftsform“ Seherin von Massabielle vermittelt hat und nur in der Gemeinschaft der wurden. Er selbst hegte für die Un- Presbyter mit ihrem Bischof erfüllt befleckte Empfängnis der Allerse- werden kann. Es ist nötig, dass diese ligsten Jungfrau eine glühende Ver- im Weihesakrament begründete und ehrung - er, der 1836 seine Pfarrei in der Konzelebration ausgedrückte der ohne Sünde empfangenen Maria Gemeinschaft der Priester unterein- geweiht hatte und dann die dogma- ander und mit ihrem Bischof sich in tische Definition von 1854 mit so den verschiedenen konkreten For- viel Glauben und Freude aufnehmen men einer effektiven und affektiven sollte.“ Der heilige Pfarrer erinnerte priesterlichen Brüderlichkeit ver- seine Gläubigen immer daran, dass wirklicht. Nur so können die Pries- „Jesus Christus, nachdem er uns al- ter die Gabe des Zölibats vollends les gegeben hatte, was er uns geben leben und sind fähig, christliche Ge- konnte, uns noch das Wertvollste als meinschaften aufblühen zu lassen, Erbe hinterlassen wollte, das er be- in denen sich die Wunder der ers- sitzt, nämlich seine Mutter“. ten Verkündigung des Evangeliums wiederholen. Der Allerseligsten Jungfrau ver- traue ich dieses Jahr der Priester Das Paulusjahr, das sich seinem an und bitte sie, im Innern jedes Ende zuneigt, richtet unsere Ge- Priesters eine großherzige Wieder- danken auch auf den Völkerapos- belebung jener Ideale der völligen tel, in dem vor unseren Augen ein Hingabe an Christus und an die glänzendes Beispiel eines ganz und Kirche auszulösen, die das Denken gar seinem Dienst „hingegebenen“ und Handeln des heiligen Pfarrers Priesters aufleuchtet. „Die Liebe von Ars bestimmten. Mit seinem Christi hat uns in Besitz genom- eifrigen Gebetsleben und seiner lei- men“, schreibt er, „da wir erkannt denschaftlichen Liebe zum gekreu- haben: Einer ist für alle gestorben, zigten Jesus nährte Johannes Maria also sind alle gestorben“ (vgl. 2 Vianney seine tägliche rückhaltlose Kor 5, 14). Und er fügt hinzu: „Er Hingabe an Gott und an die Kirche. ist aber für alle gestorben, damit die Möge sein Beispiel die Priester zu Lebenden nicht mehr für sich leben, jenem Zeugnis der Einheit mit dem sondern für den, der für sie starb Bischof, untereinander und mit und auferweckt wurde“ (2 Kor 5, den Laien bewegen, das heute wie 15). Gibt es ein besseres Programm, immer so notwendig ist. Trotz des das man einem Priester vorschlagen Übels, das es in der Welt gibt, sind könnte, der damit beschäftigt ist, auf die Worte Christi an seine Apostel dem Weg der christlichen Vollkom- im Abendmahlssaal stets aktuell: menheit voranzuschreiten? „In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt be- Liebe Priester, die Feier des 150. siegt“ (Joh 16, 33). Der Glaube an Todestags des heiligen Johannes den göttlichen Meister gibt uns die Maria Vianney (1859) schließt sich Kraft, vertrauensvoll in die Zukunft unmittelbar an die kaum abgeschlos- zu schauen. Liebe Priester, Christus senen Feiern zum 150. Jahrestag der rechnet mit euch. Nach dem Bei- Erscheinungen von Lourdes (1858) spiel des heiligen Pfarrers von Ars an. Schon 1959 hatte der selige Papst lasst euch von ihm vereinnahmen, Johannes XXIII. bemerkt: „Kurz be- dann seid in der Welt von heute auch vor der Pfarrer von Ars seine lange ihr Boten der Hoffnung, der Versöh- verdienstvolle Laufbahn beendet nung und des Friedens! hatte, war in einem anderen Teil Franreichs die Unbefleckte Jungfrau Von Herzen erteile ich euch mei- einem demütigen und reinen Mäd- nen Segen. chen erschienen, um ihm eine Bot- Aus dem Vatikan, am 16. Juni 2009 schaft des Gebetes und der Buße zu BENEDICTUS PP. XVI

278 DER FELS 10/2009 Hubert Gindert:

„Stark im Kampf am Tag des Herrn“ (hl. Bonifatius)

Erinnerung an das geistliche Erbe von Erzbischof Dyba

rzbischof Dyba könnte in die- Um Erzbischof Dyba zu charak- Alle Zentralstellen, Planstellen, Leit- sem Jahr seinen 80. Geburts- terisieren und zu würdigen, lässt und Schaltstellen sind besetzt, von Etag (15.09.25), sein 50jähriges man ihn am besten selber zu Wort der Organisation her ist alles bestens Priesterjubiläum (2.02.59) und seine kommen. Er war nicht ein Mann der vorbereitet – manchmal mehr als das 30jährige Bischofsweihe (13.10.79) vielen Worte. Er hatte die Gabe, mit – , und doch beschleicht uns oft das feiern. Sie fragen zu Recht, warum wenigen Worten viel zu sagen. Ich Gefühl einer gewissen Leere, als ob möchte deshalb hier einige Stellen die Grundwasser sinken, als ob der aus seinen „Predigten, Ansprachen ganze Boden, auf dem wir stehen, und sonstigen Beiträgen“ aus der doch absackt, als ob da eigentlich der Zeit vom 4. September 1983 bis 29. zündende Funke fehlt, der allein dem September 1993 herausgreifen, die so gut organisierten Volk Gottes den im Buch „Dyba – Worte in die Zeit“ letzten Impuls zum Aufbruch geben abgedruckt sind. Außerdem standen könnte. mir für dieses Referat zwei Vorträge von Frau Dyba-Roth zur Verfügung. So haben wir heute in der Kirche viele Pastoralexperten – aber wenige Der Wahlspruch von Erzbischof Heilige; viele Medienexperten – aber Dyba „Kinder Gottes sind wir“ kaum noch Propheten; viele Theolo- drückt sein unerschütterliches Ver- gen -- aber wenig Priester; viel Enga- trauen in Gott aus. Er trennt aber gement und finanzielle Opfer – aber diesen Glauben an Gott und die wenig Gehorsam; viel Kritik – aber Liebe zu ihm niemals – wie das op- wenig Begeisterung; einen riesigen portunistisch gelegentlich geschieht kirchlichen Apparat – aber schrump- – von seiner Beziehung zur Kirche, fendes kirchliches Leben.“ so wenn er sagt: „Diese Kirche, das Geschenk Gottes an uns, soll man Selbst ein Mann der eindeutigen lieben und achten. Sie ist ja, gerade Sprache zitiert Dyba gerne Gestalten auch heute, für so viele Völker ein der klaren Worte, so in der Christmet- ich hier stehe, um an das geistige Erbe Zeichen der Hoffnung – und für so te 1985, wenn er die heilige Hilde- von Erzbischof Dyba zu erinnern. Es manche Völker, deren Kultur in einer gard erwähnt, die „in ihren Forderun- gibt viel Berufenere, das zu tun, vor Krise, deren Wirtschaft im Schlamm gen aufs Ganze gegangen ist, weil sie allem seine Schwester, Frau Barba- steckt und deren Politik mit Kugeln wusste, dass Erneuerung der Kirche ra Dyba-Roth, Kuratoriumsmitglied und Stacheldraht gemacht wird –, nie durch ein Weniger, sondern nur unseres Kongresses. Ich stelle mich das einzige Zeichen der Hoffnung durch ein Mehr an Hingabe erreicht diesem Thema auf ihren ausdrückli- und menschlicher Erlösung.“ wird“. Dieses Zitat aus dem Brief der chen Wunsch hin und empfinde das heiligen Hildegard an den Klerus von als eine große Ehre. Es gibt aber ei- Aus Liebe zur Kirche trieb ihn stets Köln lautet: nen Grund, der nicht unerwähnt blei- die Sorge um ihre innere Erneuerung ben darf: um. Das ist auch der Grund, wes- „Ihr aber lasst euch durch jeden halb er die Situation der Kirche ohne daherfliegenden weltlichen Namen Bei einem ersten Treffen der Ver- falsche Rücksichten analysierte. Er lahm legen. Mit eurem leeren Getue treter von Initiativkreisen und weite- wollte damit „Kälte in Wärme“, „Ab- verscheucht ihr aber bestenfalls im ren Gemeinschaften am 3. Juni 2000, stieg in Aufstieg“ und „Gleichgültig- Sommer ein paar Fliegen.“ das dann am 30. September 2000 zur keit wieder in Begeisterung“ umwan- Gründung des „Forums Deutscher deln. In der Predigt am 4. September Selbstkritisch fragte Dyba dann Katholiken“ geführt hat, war Erz- 1983 stellte er nüchtern fest: sogleich: bischof Dyba anwesend und hat zu diesem Schritt ermutigt. Das war ein „Das Konzil haben wir gehalten. „Sollte das womöglich auch für wichtiger Impuls für die Gründung Die Synoden auch, die Räte und uns gelten? Für uns, die wir so große des „Forums Deutscher Katholiken“. Körperschaften sind konstituiert. und breite kirchliche Apparate und DER FELS 10/2009 279 Gebetsgedenken an Erzbischof Johannes Dyba zum Abschluss des Kongresses 2007. Erste Reihe von li. nach re.: Bischof Heinz-Josef Algermissen, Fulda; Erzbischof Josef Clemens, Rom; Frau Barbara Dyba-Roth; Prof. Dr. Hubert Gindert pastorale Programme aufgebaut ha- lenden Mut des heiligen Bonifatius Glaubens. Aber manchmal hat man ben und doch so wenig erreichen an wünschen. Denn sollte es in unserer den Eindruck, dass trotz dieses Auf- Begeisterung und Wachstum?“ Zeit leichter sein, das Wort Gottes zu wands das Ganze immer schwächer vertreten? und dünner wird. Wenn wir von Wei- Präsident Kennedy hat zu Beginn tergabe des Glaubens an die kom- seiner Amtszeit seine Landsleute Darf ich aus der Schule plaudern? mende Generation sprechen, dann mit den Worten aufgerüttelt: „Fragt In zwanzig Jahren auf dem spiegel- gehört dazu zuerst eines: Wir müssen nicht, was dieses Land für euch tun glatten Parkett des vatikanischen dip- selber fest im Glauben stehen, sonst kann, fragt vielmehr, was ihr für die- lomatischen Dienstes ist mir nicht so können wir Glauben nicht weiterge- ses Land tun könnt.“ Erzbischof Dy- oft bedeutet worden: „Das darf man ben. Wenn wir uns jedoch selbst mit ba wandelt dieses Wort auf das Ver- aber nicht sagen!“ wie in einem einzi- einer ganzen Bürde von Wenn und hältnis der Gläubigen zur Kirche hin gen Jahr als Bischof in Deutschland.“ Aber belasten, wenn wir selbst voller um (24.06.1986): Probleme sind, dann können wir eben Erzbischof Dyba wusste, dass nur nur Probleme weitergeben. Wenn wir Unter diesem Schwall von ver- eine erneuerte Kirche den Glauben selbst unsicher sind, können wir nur schiedenen, mehr oder weniger be- an die nächste Generation weiterge- Unsicherheit weitergeben. rechtigten „Forderungen“, ist jene ben und nur eine solche Kirche die Frage, die immer wieder kommt, der Gesellschaft erneuern kann. Deswe- Erst einmal muss mein Glaube da wir uns auch stellen sollen: Was wol- gen war auch seine Kritik nie Selbst- sein. Dazu muss ich den Glauben na- len die Menschen von der Kirche heu- zweck. Der Weitergabe des Glaubens türlich kennen. Und da hapert es heu- te? Dabei kommt eigentlich zu kurz galt seine Hauptsorge als Bischof. Er te. Wir sehen, wie die Kinder heute die andere, wesentliche Frage: Was machte sie an drei Säulen fest: Im zur Schule kommen, und wie alles, will Gott von den Menschen heute, Glauben stehen – den Glauben ken- was die Religionslehrer früher von was will Gott von mir? Denn das ist nen – den Glauben bekennen. Mit der Familie her voraussetzen konn- die einzige Forderung, die wirklich seinen Worten: ten, auf weiten Strecken fehlt. wesentlich ist, auf die es einmal an- kommt an dem Tag, da Gottes Ewig- „Nun sagen wir, wir brauchen Seinen Glauben kennen. Was kön- keit einbricht in unsere Zeit.“ heute Männer und Frauen, die den nen wir noch weitergeben an bibli- Glauben lebendig erhalten. Damit scher Geschichte, an Heiligenlegen- Erzbischof Dyba, der selbst immer sind wir bei dem großen Thema der den? Da müssen wir etwas zulegen, an vorderster Front stand und Mut Weitergabe des Glaubens in unserer wir müssen unseren Glauben wieder bewies, konnte sich deswegen auch Zeit. Wir wissen, dass das zu einem kennen, und dann müssen wir unse- einmal an seine Mitbischöfe wenden, ganz großen Problem geworden ist. ren Glauben bekennen. z.B. mit den Worten: Dazu gibt es Papiere, Kommissi- onen und zentrale Pastoralstellen. Ich habe manchmal den Eindruck, „Man darf unseren Bischöfen ru- Eine Riesenanstrengung, die da un- selbst da, wo Menschen noch ihren hig ein wenig von dem eichenfäl- ternommen wird zur Weitergabe des Glauben kennen, fehlt ihnen der Mut,

280 DER FELS 10/2009 ihn auch zu bekennen. Manchmal solche Gestalt, wie sie Pater Rupert letzten Jahren bereits zweimal ge- mangelt es weniger an der Kenntnis Mayer seinerzeit war? Und es ist klar, gen die Normen des Grundgesetzes als am Mut, in unserer Zeit sich auch dass wir uns nicht damit begnügen zum Schutze der Wehrlosesten sei- wirklich klar zu unserem Glauben können, die Erinnerung an ihn wach- ner Bürger, der ungeborenen Kinder, zu bekennen. Heute, in der moder- zurufen, sondern dass es gilt, den verstoßen hat. nen Zeit, gilt man womöglich als Geist, den er in seiner Zeit entfacht unmodern, als altmodisch gegenüber hat, in unserer Zeit zu entfachen, den Ich glaube daher, dass der Zeit- dem, was durch die Medien an Welt- Mut, den er gezeigt hat in seiner Zeit, punkt gekommen ist, an dem wir ein anschauung auf uns zukommt. Viele in unserer Zeit zu zeigen. Den Mut deutliches Signal des Widerspruchs haben selbst nicht einmal mehr den zu zeigen zu klaren Wahrheiten, auch und der Umkehr zu setzen haben. Mut, den eigenen Kindern gegenüber wenn sie keinen Applaus bringen.“ Es ist an der Zeit, sich aus Einbin- den Glauben wirklich zu bekennen. dungen zu lösen, die der Würde und Das gehört jedoch dazu!“ Wie alle Großen, blieb Erzbischof Freiheit der katholischen Weltkirche Dyba bei all seinen Bemühungen nicht entsprechen. Nach reiflicher Was die Kirche braucht, was sie re- Realist, einmal, was die Erneuerung Überlegung ordne ich daher an, dass formiert, das sind mit Dybas Worten der Kirche betrifft, wenn er anmerkt im Bistum Fulda die zur staatlich (4.09.83): zugestandenen Tötung ungeborener „nicht so sehr Pharisäer, die sie Kinder erforderlichen ,Bescheini- dauernd auf die Probe stellen, nicht „Das ist keine leichte Aufgabe, da gungen‘ bei künftigen Beratungen so sehr Schriftgelehrte, die sie dau- wollen wir uns nichts vormachen. seitens kirchlicher Stellen nicht mehr ernd kritisieren, nicht so sehr Tem- Das ist ein Aufbruch, bei dem uns der ausgestellt werden. Wind ins Gesicht bläst, ein Aufbruch gegen sinkende Zahlen und sinken- ,Man muss Gott mehr gehor- den Mut – stromaufwärts! Weil wir chen als den Menschen‘ (Apg 5,29). aber der Wahrheit treu sein müssen, Kirchliche Beratung muss sich am werden wir eben oft in dieser Welt christlichen Glauben orientieren – keine Mehrheit finden, sondern in aus unchristlichen Zwangsjacken der Minderheit bleiben. Oft sogar in müssen wir uns einfach befreien.“ der verfolgten Minderheit.“ Ich fasse zusammen: Erzbischof Dyba war aber auch Realist, was Dyba ist eine herausragende Bi- ihn persönlich betraf. Ich zitiere aus schofsgestalt der katholischen Kirche dem Vortrag von Frau Dyba-Roth in Deutschland. Er erinnert an Boni- vor dem Initiativkreis Rottenburg/ fatius, der an einen seiner Bischöfe Stuttgart. Sie sagte damals: „Er lebte schrieb: „Wir sind stark im Kampf nicht zeitgemäß, sondern ewigkeits- am Tag des Herrn, weil Tage der Be- gemäß“ und sie bringt das Wort, das trübnis und des Elends gekommen er an ihren Sohn Cornelius, den heu- sind. Wir sind keine stummen Hunde, tigen Regens des Priesterseminars in noch schweigsame Zuschauer, noch Fulda, gerichtet hat. Es lautet: „Ich Söldner, die vor den Wölfen davon- werde doch nicht irgendwelche fei- laufen. Wir sind im Gegenteil auf- gen Kompromisse eingehen, wenn merksame Hirten, die über die Herde ich weiß, dass ich in nicht allzu lan- Christi wachen, die den bedeutenden ger Zeit vor meinem ewigen Richter und den gewöhnlichen Menschen, stehen werde“. den reichen und den armen den Wil- len Gottes verkünden, sei es gelegen pelbeamte, die selbst das Allerhei- Die Führungsqualität des Fuldaer oder ungelegen“ (OR, 13.5.09). Auf ligste nicht betreten und auch die Erzbischofs und seine Entschlossen- ihn trifft der Wahlspruch des größ- anderen noch davon abhalten – nein, heit, im entscheidenden Moment zu ten Wittelsbachers, des Kurfürsten was diese Kirche braucht sind Heili- handeln, notfalls auch allein und ohne Maximilian I. von Bayern zu, der in ge – viele kleine und, so Gott will, Rücksicht auf Gegenwind, zeigt seine der Zeit des 30jährigen Krieges un- auch ein paar große –, die ihr den Entscheidung, aus der staatlich ein- endlich viel für die Erhaltung des ka- Weg weisen“. gebundenen Schwangerenkonflikt­ tholischen Glaubens in Bayern und beratung auszutreten. Hier zeigt er darüber hinaus in Deutschland getan Und er erinnerte an Pater Rupert eine Größe, die an antike Vorbilder hat. Der Wahlspruch lautete: „Aliis Mayer: erinnert: Lucendo Consumor“ zu Deutsch „Ich verbrauche mich im Leuchten „Wenn wir an Pater Rupert May- Am 29. September 1993 erklärte für andere“. Erzbischof Dyba hat er denken, weiß ich nicht, ob wir uns der Erzbischof von Fulda: seine ganze Lebenskraft für die ihm von einer Art Heimweh, einer gewis- anvertrauten Gläubigen, für die Kir- sen Nostalgie freisprechen können. Er „Wir leben in einem Land, des- che, für Deutschland eingesetzt. Das war die große Vaterfigur, der Fels in sen Parlament nach den Urteilen des „Forum Deutscher Katholiken“ wird der Brandung seiner Zeit. Wo ist eine Bundesverfassungsgerichtes in den sein geistiges Erbe bewahren. q DER FELS 10/2009 281 „Alles aus Liebe zu Gott“

Am 4. Oktober wird Bruder Eustachius Kugler OH in Regensburg seliggesprochen

ten ihre berechtigten Sorgen wegen der hohen Schuldenlast. Schlicht und einfach räumte er ihre Beden- „Alles aus Liebe zu Gott“ war einer der Leitsätze, nach denen Fra- ken mit dem Hinweis aus: „Ich habe ter Eustachius Kugler von der Bayerischen Provinz der Barmherzi- die Sache mit meinem Herrgott aus- gen Brüder sein Leben führte (1867-1946). Am 4. Oktober wird der gemacht. Es wird nichts fehlen!“ Diener Gottes im Hohen Dom zu Regensburg seliggesprochen – ein Insgesamt fünf Mal hinterein- Ereignis von hoher Bedeutung für unsere Zeit – nicht zuletzt auch ander hielten ihn die Mitbrüder für im Hinblick auf die derzeitigen großen Probleme im Gesundheits- den besten und geeignetsten an der wesen, von den „Finanzierungslücken“ allenthalben und den Ärzte- Spitze der Ordensprovinz. Doch Warnstreiks bis hin zum „Pflegenotstand“ und zur „Sterbehilfe“. – Es die turnusgemäß erste Wahl nach ist die erste Seligsprechung in Bayern, seit Papst Benedikt XVI. im Kriegsende erlebte Eustachius Kug- Jahr 2005 entschieden hat, dass Seligsprechungen in der Regel in den ler nicht mehr. Am 10. Juni 1946 Heimat-Diözesen der neuen Seligen stattfinden sollen. Der Präfekt der erlag der Provinzial im Regensbur- Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Erzbischof ger Krankenhaus der Barmherzigen Angelo Amato, wird als Vertreter des Papstes an den Feierlichkeiten Brüder einem Krebsleiden. Eine teilnehmen. Das Bayerische Fernsehen wird die Feier ab 14.00 Uhr unübersehbar große Menschenmen- live ausstrahlen. ge begleitete den Sarg zum Brüder- Im Folgenden einige Beiträge zu Leben und Bedeutung von Frater friedhof. Der Ruf eines heiligmäßi- Eustachius Kugler gen Ordenslebens ging ihm voraus. Frater Eustachius war ein Or- densmann von tiefem Glauben und echtem Gottvertrauen, ein Ordens- mann, der in Treue für Gott und für hilfsbedürftige Menschen lebte. teten. Zwei Jahre beobachtete Josef Sein Leben war einfach, ehrlich, „Ein Ordenmann von tiefem Kugler die aufopferungsvolle Arbeit durchschaubar. Für die Barmher- Glauben und Gottvertrauen“ der Brüder. Dann war ihm klar, wo- zigen Brüder selbst ist Eustachius für er künftig leben wollte. Mit dem Kugler ein überzeugendes Vorbild Eintritt ins Noviziat 1894 wurde aus in der Nachahmung des Ordens- Wer war Eustachius Kugler, was tat Josef Kugler Frater Eustachius. stifters, des heiligen Johannes von er? Das Bistum Regensburg stellt auf Von 1905 bis 1925 wurde Frater Gott. Viele Kranke und Leidende seiner Homepage Leben und Wirken Eustachius die Leitung der Einrich- des Krankenhauses, der Stadt Re- des neuen Seligen kurz vor: tungen für behinderte Menschen in gensburg und der Oberpfalz und da- Straubing und Gremsdorf und des rüber hinaus kommen an sein Grab An einem Wintertag, dem 15. Ja- Krankenhauses St. Wolfgang in Neu- in der Sankt-Pius-Kirche des Kran- nuar 1867, wurde Josef Kugler in burg/Donau übertragen. Der Orden kenhauses der Barmherzigen Brü- Neuhaus bei Nittenau geboren. Als der Barmherzigen Brüder traute dem der und bitten um seine Fürsprache jüngster Sohn eines Kleinlandwirts einstigen Schlosserlehrling noch bei Gott. Die vielen „Anliegenbü- und Hufschmieds lernte er den Be- mehr zu: Im Jahr 1925 wählten ihn cher“ geben dafür Zeugnis. ruf des Bauschlossers in München, seine Mitbrüder zum Provinzial der bis er vom Gerüst fiel und sich ei- Bayerischen Ordensprovinz. Für 16 * ne Beinverletzung zuzog, an der er Einrichtungen des Ordens in Bayern Der kirchliche Prozess zu seiner sein ganzes Leben leiden sollte. Die trug er die Verantwortung: für Kran- Seligsprechung wurde im März 1953 Schwester holte den „hinkenden kenhäuser, Pflege- und Altenheime, durch den Bischof von Regensburg, Sepp“ nach Reichenbach, wo die für eine Erziehungsanstalt und für Dr. Rudolf Graber eröffnet und im Barmherzigen Brüder im ehemali- ein Priesterhospiz. Im Vertrauen auf Frühjahr 2009 abgeschlossen. Die gen Kloster eine Pflegeanstalt für Gottes Beistand wagte er von 1927- Seligsprechung wurde auf den 4. die Ärmsten der Armen, für Epi- 1930 den Bau der Krankenhäuser in Oktober im Hohen Dom zu Regens- leptiker und Geisteskranke einrich- Regensburg. Seine Mitbrüder äußer- burg festgelegt. 282 DER FELS 10/2009 „Uns immerfort beispielhaft voraus“

Die Barmherzigen Brüder des heili- gen Johannes von Gott legen außer den Gelübden der Armut, der ehelo- sen Keuschheit und des Gehorsams ein viertes ab: das der „Hospitali- tät“, das Versprechen christlichen Dienstes an den Kranken. Was Fra- ter Matthias Heidenreich, von 1980 Bruder Eustachius Kugler (1867- bis 1992 Provinzial der Bayerischen 1946) – „Ich muss Christus in Provinz der Barmherzigen Brü- jedem Menschen und in jedem der, über den Geist der Hospitalität 1 Kranken vor Augen haben“ (1895) schreibt , gilt gewiss nicht nur für die – „Der schnellste und sicherste Weg Mitglieder seines Ordens: zur Vollkommenheit ist der Weg der Liebe. Alles aus Liebe zu Gott“ Über Fr. Eustachius haben Sie ja (1897). alle schon einmal etwas gehört oder gelesen, wenigstens­ über die markan- testen Stationen seines Lebens wie: Geburt, Schulbesuch, Schlos­serlehre sein Unvermögen, darum betet er ver- in den Krankenhäusern und Behin- in München, Sturz vom Baugerüst, Or- trauensvoll zu Gott. Er bittet nicht um derteneinrichtungen die alte Caritas denseintritt in Reichenbach, Noviziat, Klein­liches oder gar Überflüssiges, er mit neuen und modernen Mitteln. Profess, die Wahl zum Prior und Pro- bittet demütig für seine Kranken und Herzstück der Hospitalität müssen vinzial, Bau des Regensburger Kran- für seine Mitbrüder.­ Das Wort Chris- Güte, erbarmende Liebe und Zuwen- kenhauses, Gestapo-Verhöre, sein ti: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ dung zum kranken und behinderten heiligmäßiges Sterben, seine bis heu- (vgl. Joh. 15,6), nimmt er ganz wört- Menschen sein, was natürlich genaue te andauernde öffentliche Verehrung, lich. Wissend um seine Abhängigkeit Diagnostik und eine sachgerechte sein Seligsprechungsprozess usw. Das lobt er Gott und empfängt von Gott. Pflege einschließt. Unsere Zeitver- sind zwar wichtige Marksteine auf Von Jugend an weiß er: „An Gottes hältnisse ... verlangen nicht minder seinem Lebensweg, aber sie spiegeln Segen ist alles gelegen!“. das Gebet, damit weiterbestehe,­ was nicht den ganzen Ordensmann Eusta- Den Kranken und Behinderten 1622 in Neuburg beginnt2 und in al- chius Kugler wider. Denken wir nur gegenüber schiebt er jeden Unter- len Wechselfällen der Zeiten stand- an seine „geistlichen Vorsätze“. Das schied von Herkunft und Religion hält. Das kann aber nicht das Werk sind zwar nur einige wenige Blätter, beiseite. Für ihn sind sie alle Kinder von Menschen sein. Die Menschen jedoch von großer Aussagekraft. Sie Gottes, denen er nahe sein will. Ihre – in diesem Fall unsere­ Vorfahren im gewähren einen tiefen Einblick in das Krankheit oder Behinderung sieht er Orden – sind dabei die Werkzeuge. Ringen eines Mannes auf dem Weg nicht als rein medizinischen „Fall“, Ein Werkzeug von erlesener Art hat der Nachfolge Christi und zeugen sondern seine Sorge gilt dem gan- Gott in seinem Diener, Fr. Eustachi- von einem unaufhörlichen gei­stigen zen Menschen mit Leib und Seele. us Kugler, sichtbar gemacht. Für uns, Kampf von 1893 bis 1946. Fr. Eusta- Nicht in perfekter Organisation und die Barmherzigen Brüder, gehört Fr. chius ist nicht der Mann großer Worte. reibungslosem Ablauf der Kranken- Eustachius nicht der Vergangenheit Er spricht nicht viel. Frater Eustachius pflege kann er die Hospitalität des an; er ist uns immerfort beispielhaft meidet jede geschwätzige und ober- Ordens er­blicken, vielmehr fördert er voraus. flächliche Öf­fentlichkeit, die sich in ihrer Prahlsucht wohl fühlt. Musste es dennoch sein, dann bleibt er beschei- den im Hintergrund. Fr. Eustachius sucht die Stille, die Gemeinschaft mit Gott im Gebet. Und gerade das ist die Quelle, aus der er sein Leben lang schöpft. Das Ge- bet bezeichnet er als „die Seele des Ordensmannes“ (1940). Wir tun uns heute schwer, das beharrliche Gebet Ein Blick in die Eustachius- eines Eustachius Kuglers in rechter Kugler-Gedächtnisstätte Weise zu verstehen. Gebet verlangt in der St. Pius-Kirche des Stille. Christus geht in die Einsamkeit, Krankenhauses der Barm- um zu beten (Lk 5,16). Frater Eusta- herzigen Brüder in Regens- chius weiß um seine Schwachheit und burg.

DER FELS 10/2009 283 gegeben sind. Das Vorbild der Seligen erkannt. Aber abgesehen davon, dass Der Kern seiner Persönlichkeit lässt dann auch Tugend-Defizite des jede soziale Wirksamkeit von Chris- Zeitgeistes klarer erkennen. Der Rela- ten auf der Nächstenliebe beruht, tor des Seligsprechungsprozesses für fragt fast niemand nach der Gottes- Die Liebe ist die Mutter aller Tugen- Bruder Eustachius Kugler, P. Prof. Dr. liebe, ohne die es keine Nächstenlie- den. Die Liebe zu Gott entspricht dem Ambrosius Eßer OP, schreibt in die- be geben kann. Selbst innerhalb der Gebot, das den Israeliten im Alten sem Sinne über den Diener Gottes:³ katholischen Kirche ist das Bewusst- Bund eingeschärft (vgl. Dt 6,5) und sein hiervon weithin verschwunden. von Jesus Christus, dem Herrn, als In einer Gesellschaft, die weitge- Dennoch ist es ein Unterschied, ob „größtes Gebot“ bestätigt wird (Mt hend nicht mehr an die Wirklichkeit ein Arzt in einem Entwicklungsland 22,36 par): „Du sollst den Herrn, dei- eines Jenseits glaubt, ist es Mode für seine Tätigkeit ein enormes Gehalt nen Gott, lieben aus ganzem Herzen, geworden, christliche Tätigkeit aus- erhält oder ob ein Entwicklungshelfer mit ganzer Seele und mit all deinen schließlich an ihrer sozialen Wirkung oder Ordensbruder dieselbe Tätigkeit Gedanken“. – In einem Seligspre- zu messen. Was den Kranken, Armen praktisch für Gotteslohn ausübt. Nur chungsprozess wird systematisch und und den Opfern einer postchristlichen die Gottesliebe vermag einem Men- streng geprüft, ob bei dem Kandidaten Gesellschaftsordnung zugutekommt, schen die Kraft zu geben, jahre- und die Tugenden in „heroischem Maße“ wird notgedrungen gerade noch an- jahrzehntelang Übermenschliches zu vollbringen. Fr. Eustachius Kugler war einer dieser Menschen, die durch die Gottesliebe über ihre bescheidene Der hl. Johannes Ciudad, später Jo- menschliche Natur hinauswuchsen. hannes von Gott genannt (Gemälde Schon seine häufigen Gebete, sei- von Pedro da Raxis; Granada) - * ne Anbetung des Altarssakramentes 8.3.1495 in Montemór o Novo (Por- hätten sich bald als hohle Formalis- tugal), + 8.3.1550 in Granada. 1691 men erwiesen, wären sie nicht erfüllt heiliggesprochen. 1886 von Papst gewesen von einer mächtigen Got- Leo XIII. und 1930 nochmals von tesliebe. Er wäre schnell lächerlich Papst Pius XI. zum Patron der Kran- geworden, was freilich nie der Fall kenhäuser, des Krankenhausperso- war. Vielmehr war er immer überzeu- nals und der Kranken ernannt. Ge- gend, auch in seiner Frömmigkeit. Es denktag: 8. März. gibt keinen bekannten Zeitgenossen, Nach einem abenteuerlichen Leben der in ihm nicht eine zutiefst bewe- als Hirte, Soldat und hausierender gende Persönlichkeit gesehen hät- Buchhändler änderte Johannes Ci- te. Ohne die Gottesliebe hätten die udad im Alter von 44 Jahren unter Verfolgung durch die Nazis und die dem Eindruck einer Predigt des Jo- anderen verheerenden Ereignisse, hannes von Avila sein Leben radikal; denen er widerstehen musste, zu er widmete sich hinfort den Kranken, einer Verhärtung des Charakters ge- den Geistesgestörten, den Ausgesto- führt. Aber gegen Ende seines Le- ßenen. Mit seinem Spital in Granada bens wurde Fr. Eustachius eher noch wurde er ein Bahnbrecher methodi- milder als vorher. Ansonsten muss scher Krankenpflege. Aus dem Kreis man feststellen, dass die Gotteslie- seiner Helfer und Gefährten entwi- be immer nur mittelbar aufgefunden ckelte sich der Orden der Barmher- werden kann, eben weil sie sich auf zigen Brüder. Gott richtet. Die Mitbrüder konnten sie an der Ausdauer und Glut seiner Gebete feststellen, aber auch vor al- lem an seinen Rundschreiben, die am besten sein Denken zum Aus- druck bringen. Seine strenge Aszese sollte alles aus dem Wege räumen, 1 Mitgeteilt im Geleitwort zu Amb- Dienst an kranken und behinderten was ihn in der Gottesliebe behinder- rosius Eßer, Frater Eustachius Kugler Menschen; Regensburg 1993; S.95 f te, Gedanken, Sorgen, Gefühle, Zor- – Barmherziger Bruder im Dienst an nesanfälle. Andererseits ertrug er kranken und behinderten Menschen; Literaturhinweise: schweigend die Wutausbrüche an- Regensburg 1993, S.VII. Gabriele Russotto: Geist und Herz eines derer. Es wurde ihm ein „Fluidum“ 2 vorbildlichen Ordensmannes – Geistli- In Neuburg an der Donau stiftete der Gottesliebe zugeschrieben, das Wolfgang Wilhelm, Pfalzgraf von Pfalz- che Aufzeichnungen und Vorsätze des Neuburg und Herzog von Jülich-Berg, Dieners Gottes Frater Eustachius Kugler sich auf seine Umgebung übertrug. im Jahr 1622 das Hospital St.Wolfgang, O.H. Aus dem Italienischen von Dr. Karl Seine Haltung drückte sich in dem die erste Wirkungsstätte der Barmherzi- Braun; Regensburg 1960. Wahlspruch aus: „Alles aus Liebe gen Brüder in Bayern. Frater Magnus Morhardt: Gottvertrauen zu Gott.“ q 3 Ambrosius Eßer, Frater Eustachi- und Nächstenliebe. Ein geistl. Profil von us Kugler – Barmherziger Bruder im Frater Eustachius Kugler. München 2008. Dokumentation: Heinz Froitzheim

284 DER FELS 10/2009 Wilhelm Imkamp: den, wo die Glaubenswahrheiten in organisierter Verantwortungslosig- keit weichgespült werden, da kommt es zur Kirchen- und Glaubensver- Ist Jesus politikverdrossen? drossenheit. Mk 10, 35-45 Mit unserem Abschnitt aus dem Evangelium lässt sich natürlich präch- tig Kritik an dem, was man gerne Predigt zu einem aktuellen Thema „Amts“kirche nennt, betreiben. Aber schon ein kurzer Blick in 20. Jahr- hundert zeigt uns etwas ganz ande- res. Wohl noch nie in der Geschichte ihrer Grundausbildung gehört. Jesus haben so viele Christen den Leidens- Prälat Dr. Wilhelm Imkamp, ge- weiß das, und dagegen setzt er be- becher Christi trinken müssen, haben boren 1951 in Kaldenkirchen/ wusst seine „Anti-Gesellschaft“, die Verantwortung bis zum Tod übernom- Niederrhein, wurde 1976 in Kirche. men. Das 20. Jahrhundert ist wirklich Rom zum Priester geweiht. Der das „Jahrhundert der Märtyrer“. Kein promovierte Dogmenhistoriker Es fängt mit der Klarheit an, Ja- Grund zur kirchlichen Zufriedenheit, ist seit 1988 Wallfahrtsdirektor kobus und Johannes kommen nicht nein nur ein Grund mehr, kleinkarier- von Maria Vesperbild/ Baye- gleich zur Sache, sie reden um den te Kirchenkritik gelassener zu sehen. risch Schwaben. Er ist Mitglied „heißen Brei“ herum. Jesus zwingt Und ein Grund, mit den Worten Jesu der Päpstlichen Theologenaka- sie, deutlich zu sagen: „Ja, wir wol- bei uns selbst anzufangen: Wie üben demie in Rom, wissenschaft- len zwei Spitzenposten“. Die beiden wir denn in unserem Alltag die Macht, licher Berater der Selig- und wollen „mit und neben Jesus die pri- die wir haben, aus? Wie verkünden wir Heiligsprechungskongregation vilegierten Richter Israels sein“ (Ru- den Glauben im Alltag? Als Diener sowie der Kongregation für den dolf Pesch). Christi oder als Sklaven der öffentli- Gottesdienst und die Sakramen- chen Meinung? Als „Kleinpolitiker“, tenordnung Da macht Jesus ihnen die Richtung die der „political and clerical correct- klar, die Richtung geht nämlich nicht ness“ verpflichtet sind? Sind wir be- auf hohe Posten, sondern auf Dienst reit, in Verantwortung zu dienen? Mit olitikverdrossenheit nimmt in- im Leid, ja bis zum Tod. Auch dazu allen Konsequenzen? Welche Rolle zwischen für jede freiheitlich- sind die beiden bereit, wenn es nur spielt Jesu Opfer- und Sühnetod in Pdemokratische Grundordnung ihrer Karriere dient. Ein Versprechen unserem Alltag? Fangen wir mit der ein bedenkliches Ausmaß an. Ten- mit schnellem Verfallsdatum, vier Kritik bei uns an und nehmen wir Je- denz steigend, wie alle Umfragen Kapitel später stellt Markus knapp sus als Maßstab. zeigen. fest: „Da verließen ihn alle und flo- Aus: Wilhelm Imkamp: Fit für die hen“ (Mk 14,50). Ewigkeit, Sankt Ulrich Verlag Augs- Die Ursachen dieser Verdrossen- burg, ISBN 978-3-86744-104-9, heit liegen im Misstrauen gegenüber Die beiden wussten tatsächlich 1142 S., Euro 9,90 q den „irdischen Herrschern“. Jesus nicht, um was sie baten. Wie vielen stellt in unserem Evangelium schlicht Karrieristen in Politik und Kirche die Tatsache fest: „Ihr wisst dass die geht es genauso? Jesus nimmt den irdischen Herrscher ihre Völker un- „apostolischen Karrierismus“ der terjochen und dass die Mächtigen ihre beiden zum Anlass, den zu Recht Macht über die Menschen missbrau- verärgerten anderen Aposteln zu zei- chen“ (Mk 10,42). Eine allgemeine gen, wie es in seiner Gesellschaft zu- Feststellung, zeitlos gültig, durch Er- gehen soll. Nicht wie in der Politik fahrung immer wieder bestätigt! der Mächtigen: es geht um Dienst und dienen. Und der Maßstab die- Macht wird um ihrer selbst willen ses Dienstes ist Jesus selbst. Sein erstrebt. Politik wird oft nur noch als Opfer- und Sühnetod ist letztlich der Gerangel um Pöstchen und Diäten, Maßstab für jeden Dienst in seiner als Steuerschraubenmechanik und Kirche. Nur als Dienst zum Heil ist Dienstwagenfetischismus wahrge- Machtausübung legitim, das heißt nommen. Und das alles in einer Spra- ganz konkret: im Dienen Verantwor- che, die in wabbelnden Nebelwolken tung übernehmen bis zum Tod. Das Wohlfühlillusionen erwecken und genaue Gegenteil von der Politik, die bedienen soll. Klarheit, Deutlichkeit, Macht will, aber sorgfältig alles Un- Mut zum Aussprechen auch unan- angenehme in gut organisierter Ver- genehmer Wahrheiten haben für die antwortungslosigkeit aufgehen lässt. Politikerkasten aller Zeiten immer Überall, wo Diener Christi sich wie nur eher selten zur Grundausstattung Politiker verhalten, wie Politiker re- DER FELS 10/2009 285 Raymund Fobes:

Eine bekennende, betende und frohe Kirche auf dem Weg zur Erneuerung der Gesellschaft

Bericht vom 9. Kongress „Freude am Glauben“ in Aschaffenburg

Der Kongress ist Licht und Leben. 1800 Teilnehmer waren in diesem Soldaten Christi spricht, der sich Der Kongress ist Sauerteig. Und der Jahr dabei – und das Motto des Kon- mit Wahrheit gürten soll (Eph 6,14), Kongress macht Mut zum frohen Be- gresses war: „Mit einer starken Kir- der zum Schild des Glaubens (V.16) kenntnis des Glaubens. Zum neun- che die Gesellschaft erneuern“, et- und nach dem Wort Gottes (V. 17) ten Mal fand heuer der vom „Forum was, was die grundlegende Aufgabe greifen und vor allem nicht mit dem deutscher Katholiken“ veranstaltete eines jeden Christen ist – Nachfol- Gebet aufhören soll (V. 18). Kongress „Freude am Glauben“ statt, ge Christi, das Mitbauen an Gottes diesmal vom 11. bis zum 13. Septem- Reich, das mit der Menschwerdung Ohne eine tiefe ber in der Stadthalle Aschaffenburg. Gottes angebrochen ist. Gottesbeziehung geht nichts Der Anstoß, einen solchen Glaubens- Gott sichtbar machen in der Welt, kongress zu initiieren, kam von dem um damit das Antlitz der Erde zu In seiner Predigt beim Eröffnungs- früh verstorbenen Erzbischof von erneuern – und dies in der Gemein- gottesdienst des Kongresses, die in Fulda Johannes Dyba, dem es lebens- schaft der Kirche, Schulter an Schul- der altehrwürdigen Stiftsbasilika lang Anliegen war, die Botschaft des ter mit dem Heiligen Vater, dem St. Peter und Alexander stattfand, katholischen Glaubens unverkürzt diese Erneuerung der Gesellschaft betonte der Würzburger Bischof und ganz im Sinne des Lehramtes ebenfalls ein Herzensanliegen ist: Dr. Friedhelm Hofmann, in dessen zu verkünden. Was damals im Jahr das alles impliziert dieser Auftrag, Bistum Aschaffenburg liegt, gera- 2000, kurz vor dem Tod des genauso der sich im Motto des Kongresses de auch die Bedeutung des Betens, unerschrockenen wie für die Zeichen niederschlug. Und der Kongress der Anbetung und der Eucharistie. der Zeit sensiblen und ideenreichen lieferte dabei nicht weniger als das Denn, so zeigte er, eine Erneuerung Fuldaer Oberhirten, ausgesät wurde, geistlich-geistige Rüstzeug, mit dem der Gesellschaft gelingt nur mit einer hat bald – mit dem ersten Kongress man sich der Herausforderung stel- Kirche, in der die Menschen in der 2001 – angefangen, Frucht zu tra- len kann. Dabei standen viele der tiefen Beziehung zu Gott leben. Und gen – im Lauf der Jahre immer mehr: Impulse in der Tradition des sechs- wer diese Beziehung lebt, der wird zwanzigfach, fünfzigfach, hundert- ten Kapitels des Epheserbriefes, in auch Freude erfahren. Unerlässlich fach … dem der heilige Paulus über den für eine gute Gottesbeziehung sei

286 DER FELS 10/2009 auch das Bußsakrament, stellte Hof- schen Hochschule, seit einiger Zeit mann ebenfalls heraus – und wies mit seinen Mitbrüdern Plattenstar Zum Altare Gottes will ich treten auf die eigentümliche Diskrepanz in – jedoch in erster Linie Ordens- unserer Gesellschaft hin, dass man mann aus Freude, Leidenschaft Und – auch das machte der Zister- offenbar weniger Probleme damit und Hingabe. Dass Zisterzienser zienser aus Heiligenkreuz deutlich habe, eigene Schuld in Talkshows fröhliche Menschen seien, stellte P. – Gott will zu uns Verbindung auf- herauszuposaunen als sie anonym in Karl zunächst einmal heraus. Dies nehmen. An uns ist es zu antworten, einer Beichte zu bekennen. seien sie aber deswegen, weil sie und wenn wir das tun, würden wir Zur gelungenen Gottesbezie- den Glauben ernst nehmen. Wahre „Apostel authentischer Spiritualität“ hung gehöre aber auch die gelebte und christliche Freude, das mach- werden und in die Welt ausstrahlen. Nächstenliebe, die Diakonie. Für te Wallner im Lauf seines Vortrags Diese Verbindung zwischen Gott das Glaubensleben sei es ganz zen- deutlich, kann deshalb entstehen, und Mensch, von der P. Wallner tral, im Nächsten Christus zu er- weil Christen zielorientiert leben. sprach, geschieht kaum anderswo so kennen. Zielorientierung – das bedeutet intensiv wie im Sakrament der Eu- Die Freude am Herrn thematisier- nichts anderes, als dass uns Chris- charistie. Über dieses Thema sprach te Hofmann abermals in seinem Be- ten bewusst sein muss, dass wir für Bischof Karl Heinz Wiesemann. Der grüßungswort in der Stadthalle. Er den Himmel geschaffen sind und es Oberhirte von Speyer zeigte sehr warnte vor fi nsteren Gesichtern un- unser erster Wunsch sein muss, in eindrucksvoll, warum das Altarsak- ter den Christen und plädierte statt- diesen Himmel auch hineinzugelan- rament Leben in Fülle schenkt – frei- dessen für ein optimistisches ge- gen. In diesem Zusammenhang er- lich nur dann, wenn es im Sinn der winnendes Christentum – mit einer innerte Wallner auch an die CD mit Kirche gefeiert wird. Denn die Fei- Weisheit, die sich schon viele hei- gregorianischem Choral, die er mit er dieses Sakramentes beruht ja auf ligmäßige Christen wie etwa Franz seinen Mitbrüdern aufgenommen einer Vorgabe, die von Jesus Chris- von Sales oder Don Bosco zueigen hatte und die bald darauf die Hit- tus, dem Sohn Gottes, selbst kommt. gemacht haben: „Mit einem Tropfen paraden gestürmt hat. In den Cho- Gerade deshalb sei eine willkürliche Honig fängt man mehr Fliegen als rälen sei es nämlich um Gesänge Auslegung – gegen die Vorgaben Je- mit einem ganzen Fass Essig“. aus der Begräbnisliturgie gegangen su und seiner Kirche – nicht statthaft. – ernste Texte und hoffnungsvolle Besonders plädierte Wiesemann auch Unser Ziel: der Himmel Weisen wie „Ins Paradies mögen für die Eucharistische Anbetung und Engel dich geleiten.“ So wurde erinnerte daran, dass wir aufgrund Schließlich stand diese Freude deutlich: Eine Kirche, die nicht der dauernden Realpräsenz, die uns auch im Mittelpunkt des ersten Re- die Sehnsucht nach dem Himmel in der konsekrierten Hostie geschenkt ferates des Kongresses. Referent weckt, wird keine fröhliche Kirche ist, jederzeit die Möglichkeit haben, war Prof. P. Dr. Karl Wallner, Zis- und damit auch keine starke Kirche mit Christus zusammenzukommen. terzienser im Stift Heiligenkreuz sein können. „Das große Glück“, so Deshalb solle auch die Anbetung bei Wien, Rektor und Professor für P. Karl, „liegt in der Begegnung mit nicht gegen den Kommunionemp- Dogmatik an der dortigen theologi- der anderen Welt.“ fang ausgespielt werden, sagte der

DER FELS 10/2009 287 Bischof und verwies damit auf eine dere als ausschmückendes Beiwerk Aussage unseres Heiligen Vaters, die war, sondern auf das wesentliche Um die Berufung wissen er noch als Kardinal gemacht hatte. Mysterium der Eucharistie hinwies: Kirchen seien, so Wiesemann, durch- die reale und dauernde Präsenz Je- Die Predigt bei dem Gottesdienst, betete und durch die Eucharistie su Christi. Die ganze Messfeier war der am Fest „Maria Namen“ gefeiert durchwirkte Räume – und, so sagte dadurch, dass sie sich auf den in ihr wurde, hielt der Eichstätter Bischof er am Schluss seines Vortrags: „Man anwesenden eucharistischen Chris- Gregor Maria Hanke. Ausgehend ist nie derselbe wie vorher, wenn man tus konzentrierte, ausgerichtet auf von der Berufung Mariens, Mutter kommuniziert hat.“ die Sehnsucht des Christen und ihre Gottes zu werden, sprach er davon, Natürlich hatte die Vielfalt sak- Erfüllung, die bereits im Psalm „Iu- dass auch jeder Mensch ganz per- ramentaler und liturgischer Feiern, dica“ (Ps 43) ausgedrückt wird, der sönlich von Gott gerufen wird. Wer die die katholische Kirche kennt, am Anfang der Feier gebetet wird: aber auf diesen Ruf Gottes hört, ihm auch einen wichtigen Platz auf dem „Introibo ad altare Dei, ad Deum, qui also gehorsam ist, dessen Leben wird Kongress: eucharistische Anbetung, laetificat meam – Zum reicher. Gott ruft unseren Namen, so eine Lichterprozession und die Fei- Altare Gottes will ich treten, zu Gott, der Bischof weiter, durch die Kirche. er der heiligen Messe, die sowohl der mich erfreut von Jugend an.“ Verstopft man sich nicht die Ohren, im „ordentlichen“ Ritus im dem Er- Doch auch die heiligen Messen wenn man das eigene Urteil über das öffnungs- und Schlussgottesdienst nach dem ordentlichen Ritus beim Wort der Kirche stellt, fragte Hanke. gefeiert wurde, wie auch im „außer- Kongress waren auf das Mysterium Doch wenn der Mensch Gottes Wil- ordentlichen“ Ritus nach dem vom der Eucharistie ausgerichtet. Auch len annimmt, dann wird er nicht klei- seligen Papst Johannes XXIII. pro- da wurde deutlich, dass den Kirch- ner, sondern größer. mulgierten Messbuch von 1962. gängern hier die Gnade Gottes zuteil Die unterschiedlichen Berufungen Diese heilige Messe, die in der ba- wird, Ihm persönlich im Sakrament in der Kirche standen im Mittelpunkt rocken Muttergotteskirche als levi- der Eucharistie zu begegnen; dies der Referate von P. Dr. Peter Willi, tiertes Drei-Herren-Amt stattfand – freilich, weil die Messe ordentlich – international Verantwortlicher der Zelebrant war P. Axel Maußen, Leiter und nicht unordentlich, also willkür- Priestergemeinschaft der geistlichen des deutschsprachigen Distrikts der lich – gefeiert wurde, worauf im Üb- Familie „Das Werk“ und von Dom- Priesterbruderschaft St. Petrus – be- rigen schon die Konzilsväter, großen herr Christoph Casetti, Bischofsvi- eindruckte durch ihren symbolischen Wert legten, mit ihrer Sorge, Neue- kar für Glaubensverkündigung und Reichtum, der allerdings alles an- rungen sehr behutsam anzugehen. Katechese im Bistum Chur in der

288 DER FELS 10/2009 Schweiz. P. Dr. Willi sprach über die Laien in der Kirche. Dabei nahm er auch wirklich kompetent sein, also wichtige Frage „Wie erkenne ich eine die Konstitution über die Kirche des von solider und umfassender theo- geistliche Berufung?“ Dabei stellte er Zweiten Vatikanums „Lumen Genti- logischer Kenntnis gerade auch der heraus, dass Gottes Ruf eine Unruhe, um“ in den Blick und zeigte, wie das kirchlichen Dokumente getragen ein Drängen, den geistlichen Weg zu Konzil die Rolle der Laien bestimmt. sein. Dazu kommt, dass das Recht gehen, im Menschen hervorruft. Wer Casetti erinnerte daran, dass es eine auf Kritik nach den Aussagen von eine solche Unruhe in sich spürt, der ganz zentrale Aussage des Konzils „Lumen Gentium“ nicht die Pfl icht sei gut beraten, sie ernst zu nehmen. gewesen sei, dass ausnahmslos alle zum Gehorsam gegenüber der kirch- Wen Gott nun in seinen beson- Christen zur Heiligkeit berufen sind lichen Autorität aufhebt. Und was die deren Dienst beruft, den fordert er – was auch bedeutet, dass alle Chris- Rechte der Laien betrifft, wies Caset- ganz; er will, dass der Berufene sich ten, Laien wie Kleriker, die gleiche ti darauf hin, dass die Gläubigen das voll und ganz für ihn einsetzt. Übri- Würde haben. Die Kirche, die das Recht darauf haben, das Wort Gottes gens – auch das stellte P. Willi her- Konzil vorstellt, ist eine Kirche aus so zu hören und die Sakramente so aus – seien es gerade nicht immer die Laien und Klerikern. Kirche sind alle zu empfangen, wie die Kirche sie bereits perfekten Menschen, die Gott – und darum gibt es auch keine von vorgibt. Wenn also Priester oder auch erwählt – oft genug sind es schwa- den Laienchristen getrennte „Amts- Ordensleute und Laien die kirchli- che Menschen gewesen wie Petrus kirche“. Den Laien aber kommt eine chen Vorgaben für sakramentale Fei- oder sogar Sünder wie der vor sei- besondere Aufgabe zu. Sie sollen in ern eigenmächtig verändern, miss- ner Bekehrung auf vielen Irrwegen ihrer Welt das Evangelium verkündi- achten sie im Grunde das Recht der wandelnde heilige Augustinus. Gott gen, in ihrem Beruf und – was auch Glaubigen, die Sakramente im Sinn ruft aber auch zu einer Liebe, die ganz wichtig ist – in der Familie. Die- der Kirche zu empfangen. Anstrengung und Schweiß kostet. se Verkündigung geschieht in erster Berufung braucht Opfergeist, stellte Linie durch das Lebenszeugnis, dann Mit dem Heiligen Vater P. Willi heraus, und darum hat die aber auch durch das Sprechen über verbunden Tugend der Keuschheit hier ihren gu- den Glauben und seine Inhalte. ten Sinn. Sie verleiht die Stärke des Was das Verhältnis der Laien zur Ganz konkret über die Verbunden- Charakters, um Gottes Ruf mit dem Hierarchie betrifft, so ist nach „Lu- heit der Kirche mit dem Stuhl Petri gebührenden Ernst zu beantworten. men Gentium“ ehrliche Kritik er- sprach der Nuntius in Deutschland Bischofsvikar Casetti sprach in sei- laubt – sie soll aber offen und vor Bischof Jean-Claude Périsset. Er nem Referat über die Bedeutung der allem liebevoll sein, und sie muss zeigte zum einen, dass bereits für die

DER FELS 10/2009 289 Kirchenväter in der frühen Kirche merkenswerte Aufbrüche bei einer Gerade der Erfahrungsbericht von der Bischof von Rom eine Sonder- Jugend gibt, die sich nach Treue und Christoph Lehmann machte deutlich, stellung gegenüber den anderen Bi- tragendem Sinn sehnt, – eben das, dass alle Christen auch überkonfes- schöfen hatte. Périsset erinnerte an was die Kirche bietet. sionell zusammenhalten müssen, John Henry Newman (1801–1890), wenn es gilt, den Glauben an Chris- der sich als anglikanischer Theo- Der not-wendende Auftrag: tus gegen den wachsenden Atheis- loge mit der Alten Kirche befasste das gemeinsame mus zu verteidigen. Deutlich wur- und entdeckte, dass es die römisch- Bekenntnis zu Christus de das in einer Podiumsdiskussion katholische Kirche war, die sich nie mit dem bezeichnenden Titel „Wo abgespalten hatte und sich so am Starke Kirche – das bedeutet auch Christen zusammenstehen müssen.“ ehesten auf den Ursprung zurück- eine sich zum Glaubensgut und zum Diese Diskussion, die zeigte, dass führen ließ. Newman wurde dar- Heiligen Vater bekennende Kirche. die Chance wahrer Ökumene in dem aufhin katholisch – und dies, weil Gerade darauf wurde auch immer gemeinsamen Bekenntnis zu Chris- er seinem Gewissen treu bleiben wieder beim Kongress hingewiesen. tus als dem Sohn Gottes und dem musste, das ihn rief, der Wahrheit So erinnerte bereits bei der Eröff- Einsatz für christliche Werte liegt, entsprechend zu leben. nungsansprache Prof. Dr. Hubert mündete in die Verabschiedung ei- Périsset verlas auch das Grußwort Gindert, der Leiter des Forums Deut- ner Resolution, in der eine Zusam- des Heiligen Vaters Papst Benedikt scher Katholiken, an die unerschro- menarbeit aller Christen gefordert XVI., der die Teilnehmer ermutigte, ckene Haltung von Bischof Johannes wurde: beim Ja zum Lebensschutz, die Gesellschaft aus dem Geist des Dyba, der nicht zeit-, sondern ewig- im Einsatz zur Verstärkung der Palli- Evangeliums mitzugestalten – so keitsgemäß lebte. Er fühlte sich im- ativmedizin und Hospizbewegung, in insbesondere, wenn es um die Men- mer dem Willen Gottes verpfl ichtet der Förderung von Ehe und Familie schenwürde geht oder die Rechte und lehnte es deshalb ab, aus bloßer gegenüber nichtehelichen Formen der sozial Schwachen. „political correctness“ zu schweigen des Zusammenlebens, bei einem In besonderer Verbindung mit oder sich zu verbiegen. Bekennermut Nein zur Adoption durch Homosexu- dem Heiligen Vater weiß sich auch bewies auch Christoph Lehmann, der elle, im Einsatz zur freien Ausübung die „Generation Benedikt“, in der in Berlin die Initiative „Pro Reli“ an- der Religion und zur Heiligung des sich Jugendliche und junge Erwach- gestoßen hat, die per Volksentscheid Sonntags. sene zusammengefunden haben, um den Religionsunterricht als ordentli- Für das klare Bekenntnis zum den Geist der Botschaft von Papst ches Lehrfach in der Bundeshaupt- christlichen Glauben – gepaart je- Benedikt durch ihr Leben zu bezeu- stadt etablieren wollte. Wenn auch doch mit tiefem Respekt gegenüber gen. Eines ihrer Gründungsmitglie- der Volksentscheid nicht die nötige dem Andersgläubigen – machte sich der, der Student Nathanael Limin- Mehrheit erhielt, so konnte Lehmann auch eine zweite Resolution stark, ski, sprach über die Situation der doch ein großes Interesse an seiner die die Beziehung der Christen zu Jugend heute. Er machte deutlich, Initiative feststellen – und damit den Muslimen thematisierte. Der dass es trotz nicht zu übersehendem auch an Gott über Partei- und Kon- Verabschiedung vorausgegangen Desinteresse am Christentum be- fessionsgrenzen hinaus. war eine Podiumsdiskussion, die

290 DER FELS 10/2009 vor allem zeigte, dass eine religi- Willen Gottes Liebe ist. Und da, wo ös indifferente, also von religiösem Gottes Willen ist Gottes Liebe wir Gottes Liebe begegnen, entde- Desinteresse oder falscher Toleranz und Grund unserer Freude cken wir die Freude. So ging es den getragene Haltung, bei unseren mus- Jüngern, die nach der Rede Jesu vom limischen Mitmenschen gar nicht gut Seinen feierlichen Abschluss fand „Brot des Lebens“ (Joh 6,22–71), die ankommt, mehr dagegen eine tiefe der Kongress mit dem Pontifi kalgot- für viele ein Skandal war, vom Herrn Glaubenspraxis, auch wenn sie eine tesdienst, dem Nuntius Périsset vor- gefragt wurden: „Wollt auch ihr ge- christliche ist. Doch die Unterschie- stand. Er thematisierte in seiner Pre- hen?“ Sie gaben zur Antwort: „Wo- de im Gottesbild dürfen nicht unter digt nochmals das, was Grundlage hin sollen wir gehen? Du hast Worte den Tisch gekehrt werden, zumal es jedes christlichen Engagements und ewigen Lebens.“ für einen Muslimen unmöglich ist, jedes unerschrockenen Bekenntnis- Wenn der nächste Kongress „Freu- zu glauben, dass Gott dem Menschen ses sein muss: die Freude am Herrn. de am Glauben“, der vom 27. bis 29. so nahe sein kann, wie es der Mensch Dabei stellte er allerdings einen Dia- August 2010 wieder in Fulda stattfi n- gewordene Gott der Christen ist. log des heiligen Franziskus mit sei- det, das Thema hat: „Die Kirche: Säu- Nicht unerwähnt blieb in der Dis- nem Sekretär Bruder Leo über die le der Wahrheit und Zeichen des Wi- kussion auch, dass es gerade heute in Freude vor, der provoziert. Da sagt derspruchs“, so steht er nach Ansicht islamischen Ländern starke Benach- der Poverello nämlich: „Wenn wir des Verfassers dieser Zeilen ganz im teiligungen von Christen gibt. Dass am Ende unseres Weges durchnässt Licht der Brotrede. Hier spricht Je- es aber auch hierzulande mit den und hungrig zum Konvent kommen sus, das Haupt der Kirche, die Wahr- Menschenrechten nicht zum Besten und der Bruder uns wie Verbrecher heit aus „Ich bin das lebendige Brot, bestellt ist, war Inhalt einer weiteren wegschickt, dann ist das für uns voll- das vom Himmel herabgekommen Resolution des Kongresses. So wird kommene Freude, wenn wir es als ist. Wer von diesem Brot isst, wird durch das Recht auf Abtreibung das etwas, das Christus uns geschickt hat leben in Ewigkeit.“ (Joh 6,51) Ge- Lebensrecht für alle ganz klar ver- und das wir um seiner Liebe willen nau das erzeugt Widerspruch, wie es letzt, aber auch die Meinungsfrei- erleiden dürfen, annehmen und nicht die Wahrheit immer wieder tut. Aber heit und die Freiheit der Religions- gegen den Pförtner murren.“ Dieses die Kirche – das sind die, die sagen: ausübung sind bedroht. Aus diesem Wort des Heiligen von Assisi macht „Wohin sollen wir gehen? Du hast Grund fordert der Kongress die Deut- deutlich: Ich darf mich freuen, weil Worte ewigen Lebens“ – wird trotz sche Bischofskonferenz auf, einen ich herausgefordert bin mich zu be- des Widerspruchs ihrem Haupt treu Menschenrechtsbeauftragten zu be- zwingen, um mich nach Gottes Wil- bleiben. stellen, der die Lage der Menschen- len auszurichten. „Worte ewigen Lebens“ waren rechte beobachten und darüber einen Denkt man diesen Gedanken von auch bei „Freude am Glauben 2009“ jährlichen Bericht erstellen soll, und Nuntius Périsset – auch im Sinn der zu vernehmen. Vergelt’s Gott allen darüber hinaus die Aufgabe hat, Vor- Frömmigkeit des heiligen Franzis- Organisatoren, Referenten, Zeleb- schläge für eine Strategie der Kirche kus – weiter, so kommt man zu dem ranten und allen anderen, die diesen für den Schutz der Menschenrechte Schluss, dass Freude an Gottes Wil- Kongress durch ihre Unterstützung in Deutschland zu erarbeiten. len deshalb aufkommt, weil Gottes mitgetragen haben. q

DER FELS 10/2009 291 Nathanael Liminski:

Bei Wind und Regen

Joachim Kardinal Meisner segnet Gedenk-Stelen auf dem Marienfeld bei Köln

wäre es wohl kein Sonst wirkliches Weltju- „Die Hunderttausenden sollen weiter gendtagsgedenken gewesen: Sturm- hierher kommen: Der Papsthügel auf böen, Regen und Kälte bestimmten dem Marienfeld bei Köln kurz vor der das Wetter pünktlich zur Einweihung Vigilfeier mit Papst Benedikt XVI. am der Gedenkstelen auf dem Papsthügel 20. August 2005.“ des Marienfelds bei Köln am Samstag, dem 5. September 2009. Die im Um- kreis gelegenen Gemeinden hatten ge- meinsam mit der Jugendseelsorge im Erzbistum Köln dazu eingeladen, die feierliche Einsegnung gemeinsam mit dem Gastgeber des XX. Weltjugend- tags 2005, dem Kölner Erzbischof Jo- achim Kardinal Meisner, zu begehen. Über 300 Menschen jeden Alters wa- ren auf den nachträglich befestigten Papsthügel gekommen. Mit der Auf- stellung der Stelen auf dem Marien- feld endet vorerst die Gestaltung des Hügels, auf dem Papst Benedikt XVI. 2005 den Abschlussgottesdienst des Weltjugendtags gefeiert hatte.

Ein sichtlich froh gestimmter Kar- dinal schritt den neu eingerichteten „Dreikönigsweg“ ab und segnete dabei die drei neugestalteten Statio- nen. Der Düsseldorfer Künstler und Professor Thomas Kesseler hatte das theologische Konzept künstlerisch umgesetzt. Die Aufgabe, die vielen Künstlern in einem Wettbewerb ge- stellt worden war, lautete, künstle- risch darzustellen, was vor genau vier Jahren der Papst und mehr als eine Million junger Menschen beim Welt- jugendtag auf dem Marienfeld getan hatten: Wie die Heiligen Drei Könige hatten sie sich auf den Weg gemacht, um Jesus Christus zu suchen, zu fin- den und ihn anzubeten. Zusammen mit den anderen Mitbewerbern war Kesseler vor zwei Jahren mit einem Bus zum Marienfeld gebracht wor- den. Zuvor waren die Künstler über die theologische Konzeption infor- miert worden, die Weihbischof Dr. Heiner Koch und Pater Manfred Kol- lig ss.cc. entwickelt hatten. Auf dem 292 DER FELS 10/2009 „Als Gastgeber des XX. Weltjugendtags sichtlich froh gestimmt bei der Einweihung des neuen Pilger- wegs zum Papsthügel: Joachim Kardinal Meisner“

Papsthügel konnten sie sich umsehen, sich Jesus als der neugeborene König denkveranstaltungen Hunderte Wind, um eine erste Idee für ihre ganz per- in einem Kind zeigt. In der Kapelle, Regen und Sturm getrotzt hätten. Erst sönliche Umsetzung zu entwickeln. gestiftet vom langjährigen Chefre- im Mai war unter ähnlich schwierigen Eigenen Aussagen nach stellte sich dakteur der Kirchenzeitung des Erz- Wetterbedingungen im Rahmen einer der Bildhauer und Maler damals die bistums, Prälat Erich Läufer, ist eine der Feierlichkeiten auf dem Kölner Frage: „Bekomme ich die Spannung, Kopie des Marienbilds von Loreto zu Roncalli-Platz eine Gedenktafel ein- die von diesem welthistorischen Ort sehen, die Jugendliche aus Italien als geweiht worden, welche mit Johannes ausgeht, der viele Menschen anzieht, Gastgeschenk zum XX. Weltjugend- Paul II. und Benedikt XVI. die beiden und die zu religiöser Erfahrung führt, tag mitgebracht hatten. Es entspricht Päpste des XX. Weltjugendtags dar- in den Gesichtern und der Körperhal- mittlerweile einer Tradition, dass die stelle, so der Kölner Erzbischof. tung der Figuren hin?“ Der Pilgerweg stets zahlreich vertretenen jungen auf den Papsthügel passiert die drei Menschen aus Italien die Madonna In seiner Homilie wies der Erzbi- mit Stelenkompositionen versehe- von Loreto bei den Weltjugendtagen schof auf die Bedeutung der Erinne- nen Stationen als Orientierungs- und auf der ganzen Welt mit sich tragen. rung an den XX. Weltjugendtag für Meditationspunkte. Jeweils drei Ste- „Wie die Drei Weisen überrascht sind, die Gesamtkirche hin. Dabei hob er len aus Basaltlava umrahmen eine den König im Stall von Betlehem und besonders die eucharistische Anbe- Stahlskulptur, die einen der heiligen in ihm Gott zu fi nden, vor dem sie nie- tung im Rahmen der Vigilfeier hervor. drei Könige mit seiner Gabe – Gold, derknien, so gilt es auch für uns, den Diese Momente der stillen Anbetung Myrrhe oder Weihrauch – darstellt. für uns so oft überraschenden Gott in des Herrn durch Hunderttausende sei- Diese Stationen sollen das Suchen unserem Leben zu entdecken“, erläu- en nicht nur dem Papst in guter Erin- gerade auch junger Menschen darstel- terte Weihbischof Dr. Heiner Koch als nerung geblieben, sondern auch für len, wie Meisner in seiner Predigt im einer der Autoren das theologische die Weltkirche von großer Bedeutung. Rahmen des anschließenden Wortgot- Konzept. So hätten die bischöfl ichen Mitbrüder tesdienstes erläuterte. bei der Synode zum Thema „Eucha- Von der Kapelle aus führt der Pilger- ristie“ im Oktober 2005 zahlreich auf Das Gold der ersten Station reprä- weg zu Altar und Kreuz im Zentrum die Erfahrung auf dem Marienfeld sentiere dabei besonders die Jugend, des Hügels, auf dem Papst Benedikt hingewiesen. Meisner folgerte, dass welche mit „dem Gold der Zukunft“ XVI. im August 2005 die Vigil und die eucharistische Anbetung das Zen- an Gott herantrete. Das Gold solle da- die Abschlussmesse des XX. Weltju- trum kirchlichen Handelns darstellen zu anregen, über das Leben als Schatz gendtags mit rund 1,2 Millionen Teil- müsse, wie es vor allem die Gastge- nachzudenken und das Kostbare im nehmern gefeiert hatte. Das Kreuz berländer der vergangenen Weltju- eigenen Leben zu betrachten. Die als Thron Gottes, der eben nicht aus gendtage alle gleichermaßen erfahren mittlere Figur stehe für die Menschen Gold, sondern aus Hingabe und Liebe und gelernt hätten. mittleren Alters, die mitten im Leben bestehe, stellt damit das Zentrum des stehend mit der Myrrhe ihre ganze Ar- neu gestalteten Hügels dar. Der Papsthügel als Ort der katho- beitskraft dem Reich Gottes zur Verfü- lischen, all umfassenden Weltkirche gung stellten. Die Myrrhe rücke auch Bei den Besuchern dieses Ortes der – so wünscht es sich der Kölner Erz- die Schattenseiten des Lebens in den Erinnerung und des Gebets kommt die bischof und sieht viele Gründe dafür. Blick. Sie stehe für Leiden und Tod, neue Gestaltung gut an. Diejenigen, Neben dem Charakter als gemeinsa- doch verweise sie zugleich auf ihre die damals dabei waren, erinnerten mer Erinnerungsort sei auch die Tatsa- heilende Kraft. Die letzte Stele wiede- sich an die klirrende Kälte der Nacht che zu bedenken, dass der Hügel nicht rum zeige vor allem die alte Generati- vom 20. auf den 21. August 2005. Un- zuletzt dadurch entstand, dass im Rah- on, die mit ihrer Weisheit – dargestellt ter Mülltüten und Plastikplanen hat- men einer Vorbereitungskonferenz im in Form des Weihrauchs – dem Werk ten damals über 800.000 Menschen Vorfeld des XX. Weltjugendtags Erde Gottes dienen wolle. Der Weihrauch im Schlafsack die Nacht auf dem Feld aus über 90 Ländern mitgebracht wur- lade zum Gebet in Stille ein. Nach verbracht. Für Meisner ein Zeichen, de, die genau dort in den Hügel ein- diesen Stationen des Suchens führt der dass man auf „die Menschen des Welt- gelassen wurde, wo heute das Kreuz neu eingerichtete Pilgerweg auf dem jugendtags“ zählen kann. Das habe steht. Die Botschaft ist klar: Auf dem Hügel zu Stationen des „Findens“: sich nach Ansicht des Kardinals auch Fundament der Weltjugendtage kann etwa zur kleinen Marienkapelle, wo gezeigt, als bei allen bisherigen Ge- noch viel gebaut werden. q DER FELS 10/2009 293 P. Canisius Friedrich OP: Seelsorge in dünner Luft

Ein Brief aus Bolivien

urzer, zusammenfassender Be- keine Ruhe mehr. Ich bin danach von Kricht über das Wirken eines deut- Zeit zu Zeit immer wieder in Potosí schen Dominikaners in Bolivien. gewesen, um dort nach dem Rechten Die Zeit eilt wie im Fluge dahin. zu sehen. Insgesamt bin ich inzwischen 46 Erst im November 1986 konnte ich Jahre in Latein-Amerika, hauptsäch- mich von den Arbeiten in unserem Ge- lich in Bolivien, und davon nun 22 ½ biet frei machen und ging dann nach Jahre in Potosí. Ganz einfach ist das Potosí, um vor Ort zu sehen, was sich Herumlaufen und Arbeiten hier oben da machen ließ. Es fehlte nicht mehr nicht. Die Luft ist dünn und oft recht viel, und die Kirche wäre rettungs- „frisch“, so dass man besonders in los verloren gewesen. Auf dem Dach den hiesigen Wintermonaten Juni, Ju- wuchsen Kakteen, sogar Sträucher li und auch noch im August den Ein- und sonstige Gewächse verschiedens- druck hat, die Weltraum-Kälte würde ter Art. Ich wurde für die Rettung der Potosí irgendwie heimsuchen, und das Kirche freigestellt, sollte mir aber das ist nicht einmal so verwunderlich. Wir Geld für mein Unternehmen selbst in liegen nämlich nicht direkt in einem der Welt selbst zusammensuchen, er- Tal, sondern auf einer beträchtlichen predigen, erlaufen, je nach Umstän- Höhe, und es geht rauf und runter. Der den, und auch erbetteln. In etwa ist Hauptplatz von Potosí vor der Kathe- mir das auch gelungen. drale liegt auf 4080 Metern Höhe. Die Kirche ist restauriert und auf des hl. Albertus Magnus, zum Priester Trotzdem haben wir hier oben noch jeden Fall gerettet. Vor einigen Jah- geweiht. Weitere vier junge Männer eine recht üppige Vegetation. Das er- ren erhielt ich von der bolivianischen sind noch in der Ausbildung, und für klärt sich dadurch, dass wir uns noch Regierung auch den Konvent für den die Seligsprechung unseres „Heiligen in Subtropischer Zone befi nden. Predigerorden zurück. Es wurde ein Paters von Santo Domingo“ fehlt uns Zunächst war ich auf dem Lande neues Stadtgefängnis gebaut und die im Moment nur noch das dafür er- etwas weiter unten, auf nur 1800 m Inhaftierten zogen im April 2001 in forderliche Wunder. Alles andere ist Höhe tätig. ihre neuen Behausungen um. bewältigt. Die „Positio“ ist erarbeitet Doch wie kam ich nach Potosí? Mittlerweile sieht nun auch unser und eine neue Biographie des Paters Als P. Vinzenz Bernedo, unser „Hei- Konvent, der über 175 Jahre Gefäng- liegt ebenfalls vor, und damit habe liger Pater von Santo Domingo“ – so nis war, wieder nach Kloster aus. Al- ich meine Arbeit hier auf der Höhe in sein Titel bereits zu Lebzeiten – 350 lerdings habe ich noch etwas mehr als groben Zügen umrissen und in etwa Jahre tot war, erhielten auch wir deut- „einiges“ an Schulden zu begleichen. beschrieben. schen Dominikaner eine Einladung zu Auch der Konvent ist gerettet, und das Bis vor kurzem hatte ich auch noch den aus diesem Anlass vorgesehenen ist gewiss nicht wenig. allwöchtenlich einen Fernsehauftritt Feierlichkeiten. Ich fuhr damals als Der schwedische Botschafter in von einer halben Stunde bis 40 Minu- Vertreter unserer Gruppe nach Potosí, Bolivien und Perú besuchte mich ei- ten. Hin und wieder, soweit die Zeit und das war im August 1969. nes Tages, um unsere restaurierte Kir- reicht, halte ich auch Exerzitien für Die alte Dominikanerkirche „San- che nebst Konvent kennenzulernen. Schwestern. to Domingo“ in Potosí befand sich Er fragte mich bei der Gelegenheit, Sodann muss ich unsere Kirche in einem jämmerlichen Zustand und was meine Hauptaufgabe in Potosí mit Leben füllen. An Sonntagen habe der dazugehörige Konvent des Predi- wäre. Meine Antwort war folgende: ich stets drei Hl. Messen mit den ent- gerordens war über 150 Jahre Stadt- Ich bin so etwas wie ein Apostolischer sprechenden Predigten. Auch an den gefängnis von Potosí und bot jedem Prediger und dazu als Päpstlicher Al- Wochentagen bleibt unsere Kirche Fremden einen noch erbärmlicheren mosensammler für nahezu ewige Zei- natürlich nie geschlossen, und damit Anblick. ten bestellt. komme ich zum Schluss meiner Aus- Die Leute jammerten und baten Bislang bin ich als Dominikaner führungen. mich schon in jenen Tagen, doch in noch alleine hier oben und daher prak- Potosí zu bleiben. Das ging natürlich tisch für alles zuständig. Das ist nicht Spendenkonto: Kongregation der nicht. Ich hatte erst einige Jahre davor immer ganz einfach, und trotzdem ist Arenberger Dominikanerinnen in unserem eigentlichen Gebiet auf mein Wirken auch, was Ordensberu- e.V. Mission, Sparkasse Koblenz dem Lande die Arbeit aufgenommen, fe angeht, nicht ganz ohne Erfolg ge- Konto-Nr.: 26003780 und vieles musste weitergeführt wer- blieben. Der erste Dominikaner aus BLZ 570 501 20 den. Doch die Sache als solche ließ- der Diözese Potosí wurde am 15. No- Bitte mit Vermerk: für mir wegen unseres heiligen Paters vember vergangenen Jahres, am Fest P. Canisius, Potosi 294 DER FELS 10/2009 Jürgen Liminski:

Zurück in die Barbarei

Was uns nach der Wahl in der Familien- und Gesellschaftspolitik erwartet

gab mal eine Zeit, da rechtliche Grundlage für die Entsor- Von Kollektiverziehung wie in der war die Würde des gung der Alten via Altenkrippe und DDR, „feministischer Ideologie“ Es Menschen unantastbar. Pflege-Durchgangsstation. und der Missachtung von Müttern als Da galt Artikel 1 unserer Verfassung „Gebärmaschinen“ ist die Rede. Die noch. Diese Zeit ist Vergangenheit Die Zeiten, in denen wir heute im Ministerin zeigt sich empört, eine seit es die Abtreibungsgesetze und Jahr 2009 des Herrn leben, sind Zei- enge Mitarbeiterin beruhigt sie: „Das die hunderttausendfache Praxis der ten neu aufkommender Barbarei. Die sind doch nur Sektierer.“ Parteifreun- De-facto-Fristenregelung in Deutsch- Alten und ihre Würde? Das ist nicht de der Ministerin werden verständigt, land gibt. Seither sind ungeborene nützlich für die Erwerbsbevölkerung. Flath durch Anrufe zurechtgewiesen Kinder in dieser Praxis vogelfrei. Zur Die Eltern und ihre Erziehungskom- – „der hat eins auf den Deckel bekom- Betäubung der Gewissen hat man die petenz? Da müsste man ja Vertrauen men“, freut sich die Mitarbeiterin. Beratungsregelung erfunden. Sie zu Eltern haben. Die Ungeborenen Flath aber bleibt standhaft. In einem dient einer im Grunde radikalfemi- und ihr Potential? Das müsste doch Interview mit dem Deutschlandfunk nistischen Politik als Alibi, sie ist der zu heben sein, ohne dass man die legt er nach. Das alles erinnere ihn – durchsichtige – pseudomoralische Frauen bindet. Familie wird seziert doch sehr an die DDR. Und: Eltern Lendenschurz der Gutmenschen mit in Funktion wirtschaftlicher und hätten sich schon daran gewöhnt, und ohne hohes C. ideologischer Bedürfnisse. Eltern dass sie von der Politik wenig Aner- wird misstraut, wenn sie Eltern sein, kennung für ihre Leistung bekämen, Und es gab mal eine Zeit, da stand also Kinder bekommen und diese lie- aber dass sie sich „jetzt ausgerechnet die Familie, „der Kern aller Sozial- ben und auch noch selber erziehen noch vor der CDU rechtfertigen müs- ordnung“, wie Papst Benedikt XVI. wollen. Erst recht, wenn sie auch sen, wenn sie sich liebevoll um ihren sie definiert, auch unter dem beson- noch für ihre eigenen Eltern sorgen, Nachwuchs zu Hause kümmern“, das deren Schutz des Staates, auch da sie pflegen wollen. Dafür gibt es Ki- „verschlägt den Leuten regelrecht die galt die Verfassung noch und das „na- tas und Altenkrippen. Wir haben es Sprache“. Auch in anderen CDU-ge- türliche Recht“ und die „zuvörderst“ hier mit dem Vollzug eines Paradig- führten Bundesländern grollt es. In den Eltern „obliegende Pflicht“, ih- menwechsels zu tun, mit der Vorstel- Berlin dagegen waltet die Ministerin re Kinder zu pflegen und zu erzie- lung von einem neuen Menschen, unangefochten. Sie steht unter dem hen (Art. 6, Abs.2, GG). Heute aber „ge­gendert“ selbstverständlich und besonderen Schutz der Kanzlerin. nimmt die Politik nur noch den letz- absolut verfügbar für den Arbeits- In einem Interview mit der laut ap- ten Satz des Artikels 6 wirklich ernst. markt. Ziel ist der erwachsene, total plaudierenden Süddeutschen Zeitung Dort heißt es: „Über ihre (also der verfügbare Arbeitnehmer. Das ist der kündigt sie an, in den nächsten Jah- Eltern) Tätigkeit wacht die staatliche Hauptzug der neuen Gesellschafts- ren 500.000 zusätzliche Betreuungs- Gemeinschaft.“ Es ist ein furchtbarer politik in der Großen Koalition, und plätze für Kinder unter drei Jahren zu Ernst. Denn es geht nicht mehr um auch die neue Regierung, wie immer schaffen. Das Programm läuft. das Kindeswohl, sondern um das Ob- sie sich zusammensetzt, wird diesen jekt Kind, um die Funktionseinheit Zug fortsetzen. Denn der Paradig- Es ist kein neues Programm. Noch Familie, um die Verfügung über die menwechsel ist vollzogen. in der Amtszeit von Renate Schmidt einzelnen Familienmitglieder mittels hatte die Bundesregierung 2004 das eines rechtlich-chirurgischen Instru- Wie ist das passiert? Still und Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) mentariums der Familien- und Re- heimlich, nur bisweilen schlugen beschlossen: Bis 2010 etwa 250.000 produktionspolitik. die Wellen hoch. Erinnern wir uns. Betreuungsplätze für Kleinkinder Krippenkrieg im Winter 2007: In der einzurichten. Damit sollte die Krip- Und es gab mal eine Zeit, da galt Bildzeitung wirft Steffen Flath, da- penversorgung in Westdeutschland die Ehrfurcht vor dem Alter noch, mals Kultusminister in Sachsen, der auf „das westeuropäische Niveau“ das heißt vor allem vor der Würde CDU-Familienministerin Ursula von angehoben werden. Jetzt sollten zu- des Lebensabends. Auch diese Zeit der Leyen vor, mit ihrer Krippenpoli- sätzlich zum „TAG“ noch eine halbe ist seit einem Monat vorbei; seit dem tik die DDR „wiederauferstehen“ zu Million Plätze dazukommen. Damit 1. September gilt das Gesetz über die lassen. Sekundiert wird er von Ex- würden – so hieß es – für 35 Prozent Patientenverfügung. Es ist die schie- perten und Verbänden, die die neue der Kleinkinder Plätze angeboten – fe Ebene in die Euthanasie, es ist die Familienpolitik kritisch beobachten. wie es auch die EU vorgebe. Einige DER FELS 10/2009 295 Unionspolitiker und Experten äu- müssten“. „Sie wären gezwungen, formiert und ersetzt durch das unter ßern Zweifel an dieser Zahl. Andere sich neu zu orientieren, weil vieles Renate Schmidt konzipierte Eltern- wissen, dass es sich um eine Emp- von dem, was sie bisher gearbeitet geld. Es zahlt zwölf Monate Lohn- fehlung (keine Richtlinie!) des Eu- haben, wo sie das Sagen, also die ersatz. Früher erhielten geringer ropäischen Rates im Rahmen einer Macht haben, von anderen erledigt verdienende Eltern bis zu 24 Monate „Beschäftigungsstrategie“ handelt. würde. Die unterschwellige Angst Erziehungsgeld. Nun sollen Mütter Und auch die Rechnung ist einfach: stellt sich ein, dann überflüssig zu schneller ins Erwerbsleben zurück- Im Jahr 2013 werden angesichts der werden.“ kehren – wie es in der Gesetzesbe- Geburtenzahlen – Prognosen in der gründung heißt. Das Erziehungsgeld Demographie gehören zu den treffsi- Diese Sätze sind decouvrierend sollte dagegen „als Beitrag zur finan- chersten überhaupt – maximal zwei oder auch verräterisch. Familienpo- ziellen Grundsicherung einer festen Millionen Kinder unter drei Jahren litik wird gesehen als Machtpolitik. Kinderbetreuung durch die Eltern“ in Deutschland leben. Wenn ein Drit- Das sind nicht nur feministische Pa­ dienen und ihre „Erziehungsleistung tel aufgrund des Elterngelds zuhause rolen. Familie wird betrachtet als in der besonders wichtigen Sorge um betreut wird, bleiben 1,3 Millionen. Machtfaktor, als Objekt von Einfluss, das Wohl ihrer Kinder in den ersten 750.000 Plätze machen da schon rund als Instrument einer Gesellschafts­ Lebensjahren“ würdigen. Jetzt sieht 60 Prozent aus. Berlin kann Übersoll politik. Dieses Funktions-Denken man das Kindeswohl in der Krippe nach Brüssel melden. liegt der neuen Familienpolitik zu- gewährleistet. Denn die Betreuung grunde. Familie, die Institution Fami- in der Familie solle durch das Eltern- Soviel Plätze werden weder ge- lie, ist nicht mehr Ziel einer Politik, geld „keinesfalls zur Norm erklärt braucht noch von den Müttern ge- sie besteht nicht mehr aus sich selbst, werden“, erläutert der 12. Kinder- wünscht. Seriöse Untersuchungen geht nicht mehr jeder staatlichen und Jugendbericht. In dem Bericht ist zeigen es, das Institut für Demogra- Autorität voraus, sondern sie unter- ferner zu lesen, dass die „Vorstellung phie, Allgemeinwohl und Familie hat liegt – so soll es künftig sein – der von „der ausschließlichen und un- in seinem wöchentlichen Newsletter staatlichen Verfügungsgewalt. Sie unterbrochenen Betreuung“ kleiner eine Grafik dazu erstellt (www.i- daf.org). Die meisten Mütter wollen demnach ihre Kinder selber erziehen und einer Teilzeitbeschäftigung nach- gehen. Das will das Volk. Aber das stört nicht. Berlin geht seinen Weg der Familienpolitik mittels Ausbau der Infrastruktur. Auch in Paris, wo die OECD offenbar seit einiger Zeit mit Argusaugen die Betreuung und Bildung der Kinder in Deutschland verfolgt, kann jetzt Meldung erstattet werden. Noch 2004 hatte die OECD der Bundesrepublik „einen ekla- tanten Rückstand bei der Kinderbe- treuung für die unter Dreijährigen in Westdeutschland“ bescheinigt – und zugleich den hohen Versorgungsgrad in Ostdeutschland als vorbildlich ge- würdigt.

Als Vorbild diente die Krippenpo- litik der DDR nicht nur der OECD, sondern auch Renate Schmidt: Sie hat keine originären Rechte mehr, sie Kinder „durch eine einzige Bezugs- wollte „die Chance nutzen, positive soll nur Funktionsträger sein im In- person, in der Regel durch die Mut- Entwicklungen in der Bundesrepu- teresse einer arbeitsmarktorientierten ter“ von der modernen Bindungsthe- blik – wie die allmähliche Emanzi- Gesellschaftspolitik. Wahlfreiheit, orie „aufgegeben“ worden sei. Eine pation der Männer – mit positiven Subsidiarität, Lastenausgleich – das nicht belegbare Behauptung. Das Ge- Entwicklungen der DDR – wie aus- war gestern. Es handelt sich um ei- genteil gewinnt vor allem im Ausland reichende Betreuungsmöglichkeiten nen Paradigmenwechsel politischen durch neue wissenschaftliche Ergeb- – zu verbinden“. Die in Westdeutsch- Denkens, wie ihn die Republik nach nisse in der Hirn-und Bindungsfor- land verbreitete Skepsis gegenüber dem Krieg noch nicht erlebt hat. Und schung immer mehr Befürworter. In der Ganztagsbetreuung von Kindern die CDU kann sagen: Wir haben mit- Deutschland dagegen heißt es: „Die führte von der Leyens Vorgängerin gemacht. Verantwortung dafür, dass Kinder darauf zurück, dass, wie sie in ihrem sich positiv entwickeln“ dürfe „nicht Buch SOS-Familie schreibt, „viele Die Nachhaltigkeit begann im Jahr einseitig der einzelnen Familie über- Mütter ihre derzeit einzige Macht- 2000. Das von der Regierung Kohl tragen werden“. Das 2008 verab- position, die sie innehaben, räumen eingeführte Erziehungsgeld wird re- schiedete „Kinderförderungsgesetz"

296 DER FELS 10/2009 (KiFöG) zieht aus diesen Erkennt- Weg vom Christlichen, weg vom bringt positive Einnahmeeffekte für nissen die praktische Konsequenz: Ordo-Liberalen (stattdessen Diri- die öffentliche Hand, Mehreinnah- Demnach „ist ein Kind, das das dritte gismus – siehe Kindergartenpflicht men in den Sozialversicherungen Lebensjahr noch nicht vollendet hat, im Wahlprogramm der CDU) und und zusätzliche Steuereinnahmen.“ in einer Kindertageseinrichtung oder weg von bildungsbürgerlichen Ide- in Tagespflege zu fördern, wenn die- alen (stattdessen „one-size-fits all“, Auch die Kanzlerin unterstützt die se Leistung für seine Entwicklung für alle das gleiche, in der Kinder- Gutscheinideologie. In einem Inter- zu einer eigenverantwortlichen und erziehung). Im offiziellen Monitor view mit der Feministenzeitschrift gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit Familienforschung Ausgabe 12, Emma hat sie sich noch kurz vor der geboten ist“. Begründet wird dies Stuttgart 2007 ist zu lesen: „BMFS- Wahl dafür ausgesprochen, statt des mit dem Anspruch des Kindes auf FJ und BMF sollten in Gesprächen Betreuungsgeldes, das eh nur für „frühkindliche Förderung“. Krippen mit Ländern und Kommunen für eine 2013 in Aussicht gestellt wird, den und Kitas ergänzen nicht die elterli- ernsthafte Prüfung einer gutschein- Eltern Gutscheine zu geben, damit che Erziehung, sondern gelten somit basierten Förderung insbesondere sichergestellt sei, dass das Geld für als unerlässlich für die Sozialisation im Bereich frühkindlicher Förderung (staatlich vordefinierte) Musikkur- der Kinder. Aus dieser Perspektive werben“. […] Es soll aufgezeigt se und anderes ausgegeben werde. macht die Zahl von 750.000 Betreu- werden, wo Gutscheine sinnvoll als Hier kommt ein Misstrauen gegen- ungsplätzen Sinn – außerfamiliäre Unterstützung für Familien einge- über den Eltern zum Ausdruck, das Betreuung soll von frühesten Kin- setzt werden können, insbesondere unerträglich wird. Warum gibt man desbeinen an zur Regel werden. Und wenn es um Förderung und Betreu- den Politikern nicht Gutscheine oder Vater Staat wacht darüber. ung der jüngsten Familienmitglie- den Journalisten für ihre Leistungen? der geht. […]Nach Auszahlung des Auch diese Haltung entspricht kei- Eine weitere Lieblingsidee der Geldbetrags kann nicht nachverfolgt neswegs den Wünschen der Bevöl- Strategen im Familienministerium werden, ob dieser zweckbestimmt kerung. sind in diesem Zusammenhang „Gut- ausgegeben wird oder nicht“. Zitat Es geht bei den Fragen um Gut- scheine oder Betreuung nicht um Wirtschaft oder Konsum. Geld hat auch mit Freiheit zu tun. Geld ist geprägte Freiheit, sagt Dostojewski und Paul Kirchhof führt in seinem Buch Das Gesetz der Hydra – Gebt den Bürgern ihren Staat zurück aus: „Geld ist eines der großartigs- ten Werkzeuge zur Freiheit, die der Mensch je erfunden hat. […] Das Geldeigentum sichert individuelle Existenz und stützt persönliche Frei- heit, befähigt den Eigentümer zum Tausch seines Geldes gegen die von ihm ausgewählten Güter. Das So- zialhilferecht gibt dem Bedürftigen deshalb grundsätzlich Geld und nicht nur Sachgüter, behält ihm damit die freie Entscheidung zur Nachfrage nach eigenem Belieben vor. Würde die Sozialbehörde dem Bedürftigen Nahrungsmittel und Kleidung zutei- scheine“. Mit Gutscheinen lässt sich Ende. Der Gutschein ersetzt in ge- len, würde sie den Konsum des Emp- wirksam steuern: Gutscheine einlö- wisser Weise den Blockwart. Und fängers bevormunden. Geld hingegen sen kann man nur für staatlich vorde- steuert die Erwerbsarbeit, denn es überlässt ihm die Kaufentscheidung finierte Angebote. Eine individuelle heißt weiter: „…Es lässt sich gezielt und vermittelt damit Freiheit.“ Auch Förderung von Kindern nach spezi- die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit der neoliberale August von Hayek fischen Präferenzen (z. B. Vorliebe beider Elternteile unterstützen, wenn sah diesen Zusammenhang. Er mein- für eine bestimmtes Musikinstru- sich die Gutscheinhöhe für eine Kin- te, die zwei grundlegenden Institu- ment) ist dann kaum mehr möglich, dertagesbetreuung an der Anzahl tionen eines freiheitlichen Systems statt dessen müssen die Gutscheine der Arbeitstage der Eltern orientiert. seien das private Eigentum und die für „Massenangebote“ (Krippenplät- Kinderbetreuungsgutscheine unter- Familie. In der Tat: In der Familie ze, Musikschulkurse etc.) eingelöst stützen die Vereinbarkeit von Familie entsteht das Bewusstsein für Liebe, werden. Das entspricht dem anti- und Erwerbsleben unmittelbar, weil mithin für Solidarität, in der Familie bildungsbürgerlichen Zug der neuen sie strukturelle Änderungen herbei- lebt man auf der Grundlage des Ver- Politik. Und für die CDU bedeutet führen.[…] Höhere Frauenerwerbs- trauens, mithin der Ehrlichkeit und das einen dreifachen Kulturbruch: tätigkeit wird damit gefördert. Das Wahrheit. In der Familie lernt man

DER FELS 10/2009 297 mein und dein, mithin den Sinn von der Linken. Er geht von der gesell- nen, die ein natürliches Interesse an Eigentum und Privatheit. Es geht um schaftsformenden Kraft eines mo- jungen Frauen (in der Regel gut aus- eine freiheitliche Gesellschaft. Die dernen Marxismus durch das Wort, gebildet, statistisch um 22 Prozent fängt in der Familie an. Wer sie ins- durch die Kultur aus, und das erleben billiger, verantwortungsbewusster, trumentalisiert, der treibt die Gesell- wir heute. Ganz allgemein haben die mithin mit geringerer Fluktuations- schaft zurück in die Barbarei einer Begriffe und Schlagworte des neu- neigung) haben, weil der demogra- menschenfeindlichen Ideologie. en familienpolitischen Diskurses phisch und bildungspolitisch beding- einen angenehmen Klang. „Starting te Mangel an Fachkräften auch über Was haben die Ideologen im Fami- strong“, „Babies and Bosses“, „nach- die MINT-Berufe hinaus bald spür- lienministerium nun vor? Sie werden haltige Familienpolitik“. Ein „Me- bar werden wird. Kinder sollen diese bleiben, ganz gleich wie die nächste morandum Zeit für Familie“ gaukelt Frauen auch haben, aber spätestens Regierung aussieht. Sie werden wei- vor, dass die neue Politik innerfami- nach einem Jahr „sind“ diese Kin- ter die Möglichkeit für die Eltern ein- liären Beziehungen Raum lässt; stän- der in Kitas zu fördern (KiFöG). Die schränken, privates Eigentum zu bil- dig ist von „mehr“ die Rede, sei es Förderansprüche der Gesellschaft den. Sie werden ihnen weiter die Zeit mehr Frauenerwerbstätigkeit, mehr werden gegen das Elternrecht zur Er- verknappen, Beziehung aufzubauen Gleichstellung und Gerechtigkeit, ziehung ausgespielt und durch wirt- und zu pflegen. Sie werden weiter die mehr Väterbeteiligung, seien es mehr schaftliche Zwänge durchgesetzt. wirtschaftliche Basis von Familien Geburten oder mehr Betreuungsplät- schmälern und die Zeitfenster für Fa- ze oder gleichzeitig mehr von allem. Familienpolitik ist Querschnitts- milienleben einengen. Sie führen sie Positiver Zuwachs wird suggeriert politik, sie durchzieht fast alle Poli- weiter in „Zeitgefängnisse“, wie man und durch beständige Wiederholung tikfelder. Deshalb greift die Staats- mittlerweile im familienpolitischen zum Mainstream gestylt. Das Mehr tätigkeit zunehmend auch in private Diskurs in angelsächsischen Ländern gilt als Maßstab für Nachhaltigkeit, Lebensbereiche ein, insbesondere in klagt. Das ist die Linie. gemessen und bejubelt wird die Ge- die Gestaltung der Lebenszeit. Es burtenquote – solange die Zahlen das geht bei der neuen „nachhaltigen hergeben. Rückschläge (aus dem Sta- Familienpolitik“ um einen Abschied tistischen Bundesamt) werden relati- von einer subsidiären Gesellschafts- „Die subsidiäre Verantwortung viert oder ganz ignoriert oder durch ordnung, die auf dem Vorrang von des Staates bezieht sich […] nicht Gutachten und Expertisen überlagert. Familie, kleinen Einheiten und der darauf, das Wohl und die Erzie- Gern werden internationale Verglei- Privatinitiative gründet. Es geht bei hung des Kindes zu optimieren, che der OECD und der EU herange- der neuen Politik um das Leitbild des ­d.h. sie den Eltern immer dann zogen, zwei Institutionen, die durch Leviathan, das Bürgertum verstummt. aus der Hand zu nehmen, wenn einen intensiven Austausch von Gen- Der Widerstand in den Unionsreihen die Erziehung nach Auffassung der-Netzwerken den Paradigmen- gegen diesen radikalen Wandel ließ der Behörden bei anderen Per- wechsel pflegen und sich gegenseitig sich durch kleine Kompromisse (So- sonen besser wäre als bei den fördern. So war es bis vor kurzem ckelbetrag und zwei zusätzliche Part- Eltern. Fast allen Eltern müss- üblich, auf skandinavische Model- nerschaftsmonate beim Elterngeld, ten dann die Kinder weggenom- le wie Schweden zu verweisen. Seit Betreuungsgeld für Eltern, die keinen men werden, denn wer erzieht sich herumspricht, dass Schweden, Platz in der Krippe beanspruchen) schon seine Kinder so, dass je- Finnland und Norwegen ein Betreu- relativ leicht besänftigen. Das lässt mand anderes sie nicht vielleicht ungsgeld für die häusliche Betreu- sich wohl dadurch erklären, dass die noch besser erzöge? Aufgabe ung der Unterdreijährigen anbieten, Bundeskanzlerin, deren ostdeutsche des Staates kann es nur sein, die ist fast nur noch von Dänemark die Sozialisation in Gleichstellungsfra- Unterschreitung bestimmter Mi- Rede. Dass auch in Dänemark nur gen sich zugunsten der neuen Fami- nimalforderungen, die sich aus eine Minderheit der Bevölkerung die lienpolitik niederschlug, ihre Minis- der Menschenwürde des Kindes Vollzeiterwerbstätigkeit von Müt- terin bedingungslos unterstützte und ergeben, zu verhindern und tätig tern mit Vorschulkindern befürwortet dass ferner der neue Diskurs aus der zu werden, wenn diese gefährdet und das von Soziologen so genann- rotgrünen Ära über die Parteigrenzen sind“. te „1,5-Verdiener-Modell" mit einer hinweg wirkmächtig war – er fand Robert Spaemann Teilzeit erwerbstätigen Mutter das sich im Leben nicht weniger Abge- Ideal der Mehrheit ist, wird aller- ordneter und Medienleute wieder. All das geschieht unter dem Mantel dings verschwiegen. freundlicher Formulierungen. In der Es ist übrigens erstaunlich, dass Mediengesellschaft spielt die Seman- Weitergehende Pläne für die kom- die Institutionen, die für Wertestif- tik des neuen Diskurses eine Schlüs- mende Legislaturperiode befassen tung und Geist, für Familie und Frei- selrolle, ganz nach dem Konzept der sich mit der „Reform“ (de facto Ab- heit in gewisser Weise zuständig sind, kulturellen Hegemonie des italieni- schaffung) der Kinderfreibeträge, der nämlich die Kirchen, in diesen Fra- schen Marxisten Antonio Gramsci, „Reform“ (dito) des Ehegattensplit- gen so blass daherkommen und nicht des Mitbegründers der kommunisti- tings und mit dem Konzept von „Fa- mit mehr Verve und Leidenschaft die schen Partei Italiens, dessen Thesen milienzeitkrediten“. Hier darf man Familie, „den Kern aller Sozialord- seit den sechziger Jahren des vorigen mit neuen Expertisen der OECD oder nung“ (Benedikt XVI.) verteidigen. Jahrhunderts zunehmend Einfluss ge- anderer Institute sowie mit Kampag- Hat auch bei ihnen Gramsci schon winnen in der theoretischen Debatte nen von Arbeitgeberverbänden rech- obsiegt? q

298 DER FELS 10/2009 einzubringen, ob der beklagenswerte Ein Leben ist 15,- Euro wert Auf Zustand dieser Gesellschaft auch mit dem Gottesverlust, der fehlenden re- dem ligiösen Bindung an Gottesgebote zu Am 12. September 2009 wurde tun hat. Davon hat man wenig gehört. der Manager Dominik Brunner aus Bleibt die Frage, ob diese Gesell- Ergoldsbach/Niederbayern am S- Prüfstand schaft noch reform- und zukunftsfä- Bahnhof München-Solln von drei Ju- hig ist. gendlichen zu Tode geprügelt, weil Hubert Gindert er sich schützend vor Kinder gestellt hatte. Zeitungen mit Überschriften „Es ging um ganze 15,-- Euro“ (Augs- Ein Riesenproblem für die burger Allgemeine Zeitung (AZ), 15. heutige Gesellschaft September 2009), „Bayern verneigt sich vor dem Helden von Solln“ (AZ, sern und das Auseinanderbrechen 17. September 2009) berichteten u.a. einst intakter sozialer Strukturen“. „Die Menschen haben heute kei- über den Vorgang. Mit letzterem ist wohl die Familie ne Leidensfähigkeit mehr“ ist ein Bei der Frage, ob die Gewalttaten gemeint. Interview überschrieben, das Regina zunähmen, wiegelt die Polizei ab und Wenn die Medien „Fremdgehen“, Einig (Die Tagespost, 3.9.2009) mit verweist auf die Statistik. Danach Scheidung, Lebensabschnittspartner- der Vorstandsvorsitzenden Elisabeth gab es 2008 rund 107.000 Strafta- schaften ständig als Normalität hin- Maskos und der Geschäftsführerin ten in München, davon waren 3.950 stellen, dürfen wir uns nicht wundern, des Sozialdienstes katholischer Frau- Gewalttaten. Gegenüber dem Vorjahr dass „schwierige soziale Verhältnis- en in Bayern Monika Meier-Pojda 2007 habe die Zahl der Straftaten um se“ entstehen, aus denen Gewalttäter geführt hat. 3,3% abgenommen. Was diese Statis- stammen, weil sie Vertrauen, Rück- Im Interview wird deutlich, dass tik nicht sagt, nennt Sabrina Hoobs, sicht und Verzicht nie gelernt haben. immer mehr Frauen und Männer Expertin für Jugendkriminalität beim Die Medien sollten sich also zuerst ihrem Alltag nicht mehr gewachsen Deutschen Jugendinstitut in Mün- fragen, was sie beisteuern, dass Mi- sind: „Man wirft alles hin, wenn es chen: „Es ist nicht von der Hand zu lieus entstehen, aus denen die Täter nicht funktioniert, wie man es sich weisen, dass Gewalttaten z.T. bruta- kommen. vorgestellt hat“. Auf die Frage, wo- ler werden“. Die Art der Gewaltta- Bei der Gewalttat in München- ran das liege, antwortet Monika ten habe sich im Langzeitvergleich Solln ging es nach den Medienbe- Meier-Pojda: „Die Ansprüche an die „deutlich gewandelt“. Der Sicher- richten um 15,-- Euro, um die die Menschen werden immer größer“. heitsreport 2008 sagt: „Mit fast vier Täter die Kinder erpressen wollten. D.h. gleichzeitig werden die Ansprü- Fünftel der Gewalttaten schlagen Dafür musste Dominik Brunner sein che der Menschen immer größer. Of- mittlerweile die gefährlichen/schwe- Leben lassen. Das ist also der Wert, fensichtlich sind die Werbesprüche: ren Körperverletzungen zu Buche. den das Leben für die Täter hatte. „Mach dir das Leben leichter, du 1999 waren es noch zwei Drittel“. In dieser Gesellschaft werden lebst nur einmal“ u.a. „in die Breite“ Was ist zu tun? Der Leitartikler der jährlich über 200.000 ungeborene gegangen. Bekanntlich läuft das Le- AZ vom 17. September 2009 Walter Kinder „gesetzwidrig aber straffrei“ ben auf weiten Strecken nicht so, wie Roller nennt fünf Punkte: abgetrieben. In dieser Gesellschaft wir das uns vorstellen. Und nun steht • Keine höheren Strafen, aber stär- wird ernsthaft diskutiert, ob Töten die Spaßgesellschaft hilflos vor den kere Ausschöpfung des bestehenden auf Verlangen ein Recht auf Selbst- Herausforderungen eines normalen Strafrahmens. bestimmung ist. Diese Gesellschaft Lebens. • Mehr Videoüberwachung in Ri- und die politisch Verantwortlichen Was heißt „Leidensfähigkeit“? Es sikozonen. Das erleichtere die Auf- müssen sich fragen lassen, welchen ist die Bereitschaft, etwas durchzu- klärung. Wert das Leben in ihr hat. stehen, was Anstrengung, Verzicht • Mehr Sozialarbeiter. Bemerkenswert ist schließlich das und Opfer kostet. In der Sprache des • Mehr Polizeipräsenz auf den Verhalten von Politikern und Vertre- Christentums heißt das „sein Kreuz Straßen. tern der Kirchen. Politiker sollten tragen“. Ohne diese „Leidensfähig- • Offen reden über gesellschaftli- sich fragen, ob eine Gesellschaft, die keit“ wird ein ordentlicher Schulab- che Ursachen, das Versagen von El- Gott aus ihrem Leben herausdrängt, schluss, die berufliche Ausbildung, ternhäusern, das Auseinanderbrechen human bleiben kann. Diese Frage das Durchstehen von Schwierigkei- einst intakter sozialer Strukturen, die überfordert offensichtlich die aller- ten in der Ehe, die Bereitschaft, Kin- Neigung zum Wegsehen. meisten Politiker. Auch das ist eine der zu wollen und zu erziehen, zur Der letzte Punkt ist derjenige, über Art von Wegschauen und ein Mangel Zumutung und zum Problem. Eines den es sich lohnt, weiter nachzuden- an Zivilcourage und Feigheit gegen- ist sicher, ohne „Leidensbereitschaft“ ken. Über die „Neigung wegzusehen“ über der political-correctness. Dosto- hat Jesus keine Jünger – „wer mein und den Mangel an Zivilcourage ist jewski hat einmal festgestellt: „Ohne Jünger sein will, nehme täglich sein schon viel gesagt worden. Nicht aber Gott ist alles möglich“. Kreuz auf sich und folge mir nach“ – über die „gesellschaftlichen Ursa- Aufgabe von Vertretern der Kirche und die Gesellschaft keine Zukunft. chen, das Versagen von Elternhäu- ist es, die Frage in die Diskussion Hubert Gindert

DER FELS 10/2009 299 Gesandter des Herrn impliziert eine Le- Wie ist es möglich…? Zeit bensweise nach Jesu Vorbild. Nachfol- ge will eine Kontrastgesellschaft, deren „Die Sehnsucht einer Konvertitin nach Mitte die Torheit des Kreuzes ist. heiligen Priestern“ ist der Titel eines im Jüngerschaft beruht nicht auf Weisheit schmalen Bandes, der nun zum Pries- der Welt, auf Politik und Funktionärswe- terjahr vorliegt; es handelt sich um die Spektrum sen, sondern auf Mystik, das heißt auf überarbeitete Fassung eines Vortrages, Einswerden mit dem Herrn. Und wer sich den Frau Gabriele Kuby am 29.Oktober für den Zölibat entschieden hat, will als 2003 im Piesterseminar Eichstätt gehal- ein dem Herrn geweihter „Dienstmann“ ten hat (Fe-Medien Verlag ; D-88353 sich seiner Existenzweise angleichen. Kisslegg 2008; ISBN 978-3-939684-42- Diesen vom Herrn vorgelebten Weg des 8). Daraus der folgende Abschnitt: Verzichtes auf Ehe und Geschlechtlich- keit kann man nur im Glauben ergreifen. Sünden kann der Priester nur verge- Und allein vom Glauben erfüllte Men- ben, wenn es Menschen gibt, die ihre schen werden diesen Weg verstehen. Sünden erkennen. Dazu bedarf es einer Verkündigung, die in den Menschen die Sehnsucht nach dem ewigen Leben nährt Zur Krise deutscher Staatstheologen und nicht verschweigt, was Jesus den Menschen sagt: In „Theologisches“ äußerte sich der „Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur Dogmatiker Prof. Dr. Johannes Stöhr un- wenige, die gerettet werden? Er sagte zu er arbeitete dort im Staatssekretariat und ter dem Titel „Selbstqalifikation? – Zur ihnen: Bemüht euch mit allen Kräften, in der Kongregation für den Klerus; seit Krise deutscher Staatstheologen“ zu ei- durch die enge Tür zu gelangen; denn 1997 ist er Untersekretär der Kongrega- nem schon lange währenden Missstand. viele, sage ich euch, werden versuchen tion für den Gottesdienst. – In einem nun Aktueller Anlass: die öffentlichen „Erklä- hineinzukommen, aber es wird ihnen in deutscher Sprache vorliegenden Buch rungen“ einzelner Theologen wie auch nicht gelingen“ (Lk 13,23-24). erklärt er den priesterlichen Zölibat als theologischer Fakultäten zum Verhalten Darf man den Menschen sagen, ihr „die apostolische Form des Lebens“ (Fe- des Papstes gegenüber den Bischöfen Weg führte in den Himmel, wenn es sein Medien-Verlag; D-88353 Kisslegg 2009; der Pius-Bruderschaft („Theologisches“ kann, dass er in die Hölle führt? ISBN 978-3-939684-5o-3). Der Bischof 7/8-2009, Sp.245 ff; Verlag nova & ve- Es bedarf einer Verkündigung, einer von Eichstätt, Gregor Maria Hanke tera, Bataverweg 21, D-53117 Bonn). – Katechese und eines Vorbilds, welche OSB, hat dazu ein Vorwort geschrieben. Prof. Stöhr kommt zu dem Schluss: die Menschen in eine lebendige Liebes- Daraus die folgenden Zeilen: beziehung zu Jesus und Maria führen. Die Krise insbesondere bei den Dann erfährt man die Sünde als Verlet- Medien haben immer wieder durch „Staatstheologen“ der deutschen Uni- zung der Liebe zu Jesus und als Schmerz Befragungen und durch Verbreitung von versitäten kann nur überwunden werden, im eigenen Herzen. Wer diesen Schmerz Kritik am Zölibat versucht, die Berech- wenn die „prompta voluntas“, die Liebe fühlt und bereut, der eilt zur Beichte, um tigung des priesterlichen Zölibates an zur geglaubten Wahrheit gestärkt und die sich Vergebung schenken zu lassen. die öffentliche Meinung und deren Fas- Berufung des Theologen zuerst darin ge- Ohne Selbsterkenntnis keine Heilig- sungskraft zu koppeln. Mitunter wirkt sehen wird, dass er Zeuge des Glaubens keit, das bezeugen die Heiligen, die es die Berichterstattung so, als ob man einer ist. Zum Glauben wie der daraus folgen- wissen müssen. Wie wunderbar, dass ich in Not geratenen Berufsgruppe zu Hilfe den Glaubenswissenschaft gehört ein mich anschauen und annehmen kann, eilen und sich für deren Rechte engagie- innerer Wesensbezug zur Gemeinschaft wie ich wirklich bin, denn ich darf da- ren müsse. der Glaubenden, d.h. zur Kirche (…) rauf vertrauen, dass die Barmherzigkeit In Zeiten einer breit etablierten Volks- Es bleibt eine offene Frage, wie un- Jesu größer ist als jede Sünde. Ein Pries- kirche und ganz anderer soziologischer kirchlich eingestellte, wissenschaftlich ter, der aus der Barmherzigkeit Gottes Rahmenbedingungen war die zölibatäre und menschlich unzureichend qualifizier- lebt, durch den kann Christus das Herz Lebensform weniger hinterfragt. Heut- te Dozenten auf theologische Lehrstühle des Menschen berühren. zutage jedoch schließen sich viele un- gelangen und dort lange Jahre unbean- Wenn wir glauben, dass es ein Gericht reflektiert der Meinung an, angesichts standet dozieren konnten. Das berührt geben wird, dann glauben wir, dass im veränderter Zeitverhältnisse sei diese auch die Berufungskommissionen und Feuer des Liebesblickes Gottes alles of- Lebensweise nicht mehr ohne weiteres Fakultätskollegen, ja auch die deutsche fenbar wird, jede Lüge, jede Begierde, zumutbar. Die Versuchung, den Zölibat Glaubenskommission. Die deutschen Bi- jede Untreue. In der Beichte stellen wir aufgrund des fehlenden Verständnisses schöfe haben das seit langem bestehende uns schon jetzt in diesem irdischen Le- der Gesellschaft als überholt zu erklären, Problem derartiger Selbstqualifikation ben in den Liebesblick Jesu. Sie ist eine wurde in der jüngsten Diskussion auch noch aufzuarbeiten (…) beständige Vorbereitung auf das Gericht. da und dort innerkirchlich spürbar. Doch Die langdauernde Gefährdung von Wie ist es möglich, dass das Sakrament hier ist die Frage entgegenzusetzen, ob Berufungen zum Priestertum (oder auch der Versöhnung mit Gott in der Kirche nicht gerade die schwierigen Rahmen- zu qualifizierten Religionslehrern) sollte brachliegt? bedingungen von heute die ursprüngli- gerade im Jahr des Priesters sehr ernst che Provokation wieder viel deutlicher genommen – und nicht auf Kommissi- machen, die dem Ruf des Evangelium onen verlagert werden. (…) Die schon Die apostolische Form des Lebens in die Nachfolge Jesu anhaftet. Jesus vor vielen Jahren vorgelegten „Überle- rief und ruft in seinen Dienst, damit der- gungen für die deutsche Bischofskonfe- Prälat Mario Marini, geb 1936 in Cervia/ jenige, den er sendet, ihm ähnlich wird renz zur Zukunft der theologischen Fa- Italien, war nach der Priesterweihe zu- und seine Existenzweise annimmt. Das kultäten“ (in: Michael Müller, Marsch nächst Missionspriester in Mexiko. Papst schließt aus, sich dem Mainstream der auf Rom, Aachen 1993, S.225 ff) haben Paul VI. holte ihn an die Kurie in Rom; Gesellschaft anzupassen. Nachfolge als nichts an Aktualität verloren. (…) 300 DER FELS 10/2009 Bücher

Konrad Löw: Hitler in uns? Vom Justinus C. Pech: „Freiheit & Verant- richtigen Umgang mit unserer Ver- wortung - Wegweisungen in Zeiten der gangenheit. Manuscriptum Verlags- Wirtschaftskrise“, Benno-Verlag, Leip- buchhandlung Thomas Hoof Leipzig, zig, S. 198, ISBN 978-3-7462-2740-5, 2009, ISBN 978-3-937801-48-3; Euro Preis: Euro 9,90 (D), Euro 10,20 (A), sFr 7,80. 64 Seiten. 17,90 Der Benno-Verlag, Leipzig legt mit dem Titel „Freiheit & Verantwortung – Wegweisungen in Zeiten der Wirt- schaftskrise“ einen Sammelband vor, in dessen Mittelpunkt die neue Sozialen- zyklika Papst Benedikt XVI. „Caritas in veritate – Liebe in der Wahrheit“ steht. Die Enzyklika ist „eingerahmt“ durch einige Beiträge: Die Bedeutung des Ge- wissens im wirtschaftlichen Handeln (Fr. Justinus C. Pech OCist), „Zwischen Gier, Demut und Vertrauen“ (Sr. Jordana Schmidt OP), „Die Bedeutung der inne- ren Quelle für einen neuen Geist in der Wirtschaft“ (P. Anselm Grün OSB) und „Wahrheit in der Liebe – ein grundsätz- liches Schreiben“ (Fr. Justinus C. Pech OCist). Direkt zum Text der Enzyklika nehmen Erzbischof Robert Zollitsch („Freiheit fordert uns“) und Erzbischof Reinhard Marx („Worauf kommt es an?“) Stellung. Mit diesem Band hat der Benno-Verlag einen über die Tagespolitik und die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise hinausreichenden Text gebracht, der eine aufmerksame Lektüre verdient. Hubert Gindert

Jeder Student der Geschichtswissen- schaft lernt zwar schon im ersten Se- mester, dass Geschichte so darzustellen sei, wie sie abgelaufen ist – und nicht wie man sie haben möchte, oder wie der Anpassungsdruck einer herrschen- Pfadfi ndergesang für alle den Meinung es verlangt. Dieses Wahr- Wer will sich von ju- heitsgebot wird gerade bezüglich der gendlicher Frische und Geschichte des vergangenen Jahrhun- katholischer Lebens- derts leider weithin nicht beachtet. Dies freude begeistern las- belegt Professor Löw in seiner Schrift sen? Eine Möglichkeit anhand von Beispielen, und er benennt dazu bietet die CD „Er- auch die Gründe für diesen bedauerli- frischende Weisen“. Sie chen Zustand. In einer Studie aus dem fasst die 23 besten Titel Jahr 2007 heißt es beispielsweise, alle aus Musik-Wettbewer- Deutschen seien angesichts der Juden- ben zusammen, die jähr- verfolgung schuldig geworden. Hier sind lich von katholischen alle Unbeteiligten, alle Unwissenden und Pfadfi ndern in Neu-Ulm alle Nachgeborenen pauschal mit ein- durchgeführt werden. geschlossen. Die vielen Deutschen, die Herausgekommen ist unter Lebensgefahr Widerstand geleistet eine bunte Mischung haben und Verfolgte gerettet haben, sind von deutschen wie in- von der Verurteilung nicht ausgenom- ternationalen Stücken men. Ihr vorbildhaftes Handeln ist dem (The Cowboy`s Dream, Vergessenwerden überantwortet. Dieses Stenka Rasin) und Neu- Geschichtsbild entspricht weder dem ge- kreationen bis hin zu Beispielen jüdischer Tradition wie „Sag nischt kein- schichtswissenschaftlichen noch dem bi- mol“. Die CD, deren Erlös zu 100 Prozent der katholischen Pfadfi nderarbeit blischen Wahrheitsgebot „Du sollst kein zugute kommt, kostet 12,00 Euro und ist erhältlich über Profi akquise Dr. falsches Zeugnis geben.“ Die Schrift hat Langhans GmbH in Ulm: pfadfi ndergesang@profi -akquise.de, Fax. 0731 das handliche Format eines Reisepasses. 9310601. Sehr zu empfehlen. Eduard Werner

DER FELS 10/2009 301 Leserbriefe

Leserbrief zu Daniel Deckers: Enthal- 2009 unter Beteiligung von Kanzlerin bereinigt hätte – womöglich mit dieser tung (FAZ vom 19.8.2009) und Ministerpräsidenten hat nicht nur „Staatsfrau“ zur Nationalfolklore durch viele deutsche Katholiken verletzt und das Brandenburger Tor zu schreiten. Dass Benedikt XVI. nun auch im Ju- nachhaltig verärgert, sondern auch in Doch nicht nur dilettantisches und an- biläumsjahr der Wiedervereinigung 2010 Rom Irritation hinterlassen. Benedikt maßendes Politikergebaren hat den Staats- keinen Staatsbesuch in Deutschland ma- XVI. selbst zeigte sich betrübt über die besuch des ersten deutschen Papstes seit chen wird, erklärt Daniel Deckers ein- „sprungbereite Feindseligkeit“, die an- Jahrhunderten vermasselt. Auch der in die seitig mit Eigenschaften des Pontifex: lässlich eines innerkirchlichen Gnaden- Bedeutungslosigkeit driftende deutsche Der reise eh nicht gern und sei „als Papst aktes über ihn hereinbrach. Aus keinem Katholizismus hat einen weiteren Besuch noch weniger Deutscher, als die Deut- Land des christlichen Kulturkreises ist des geistlichen Oberhauptes von einer Mil- schen noch Papst sind“; Johannes Paul dem filigranen Startheologen – schon liarde Menschen nicht verdient. Statt des II. „hätte sich auch im hohen Alter nicht als Kardinal – soviel Unverständnis, Papstes Gnadenakt einer uninformierten zweimal bitten lassen, mit seinen polni- Verächtlichmachung und Wut entgegen- Öffentlichkeit differenzierend zu erklären schen Landsleuten eine solch historische geschlagen wie aus seinem Vaterland. und die Massenaufgeregtheit zu versachli- Stunde zu teilen.“ Während sich Schwedens Regierung chen, übten sich Katholisch-Theologische Das klingt fast so, als sei Joseph Rat- jede Verurteilung des Artikels einer Fakultäten in einem Überbietungswett- zinger ein Stubenhocker und „vater- schwedischen Zeitung verkneift, die bewerb der Papst-Belehrung und der Un- landsloser Geselle“. Die naheliegendste schlimmste antisemitische Klischees terstellungen. Das deutsch-katholische Erklärung für die Zurückhaltung des verbreitete, sah Frau Merkel durch die Funktionärs-Juste Milieu klatschte Frau Papstes – der sein Heimatland zweimal bloße Aufhebung einer Exkommuni- Merkels nachgeschobenen Rechtferti- besuchte und bei Visiten in Nachbar- kation „die deutsche Staatsräson“ tan- gungsfloskeln in Katholischen Akademien staaten viele Deutsche traf – erwähnt giert, weil ein beteiligter „britischer artig Beifall, statt sie für ihre diplomatische Deckers nicht: Die antipäpstliche Stim- Kryptobischof aus der argentinischen und kirchenpolitische Grenzüberschrei- mungsmache vom Februar und März Pampa im schwedischen Fernsehen“ tung kritisch zur Rede zu stellen. Und ein (Heinz-Joachim Fischer) den Holocaust Großteil der Bischöfe duckte sich weg. So relativiert hatte. Noch dazu brachte die werden die katholische Weltjugend (2005) Christdemokratin es fertig, das katholi- und die bayerische Volksfrömmigkeit sche Kirchenoberhaupt en passant bei (2006) wohl die einzigen Fluiden bleiben, ihrer Pressekonferenz mit einem asiati- in denen eine persönliche Begegnung eines schen Diktator zu maßregeln. So dumm deutschen Papstes mit seiner Heimat noch muss sich ein Papst nicht anrempeln las- möglich war. sen, um ein Jahr später – ohne dass eine Dr. Andreas Püttmann, öffentliche Entschuldigung die Sache Am Rheindorfer Ufer 6, 53117 Bonn

Kongress: „Freude am Glauben“ Mit einer starken Kirche die Gesellschaft erneuern 11. – 13. September 2009 in Aschaffenburg

Immer deutlicher treten in unserer Gesellschaft die Folgen der in den letzten P. Anselm Günthör OSB: Glau- Jahrzehnten stattgefundenen konsequenten Abwendung von den christ- be und Vernunft, Gegensätze oder lichabendländischen Werten zutage. Vor dem Hintergrund einer weltweiten Verbündete auf dem Weg zu Gott; Wirtschaftskrise und den moralisch-kulturellen Veränderungen in heutiger fe-medienverlag, Kisslegg, S. 64, Zeit bedarf es daher einer starken Kirche, die selbstbewusst die Botschaft ISBN 978-3-939684-59-6, 3,95 Euro Jesu Christi als Alternative und Ausweg vertritt. Wir leben in einer dramatischen Si- Der Kongress steht unter dem Motto: „Mit einer starken Kirche die Gesell- tuation der Glaubenskrise und des schaft erneuern“. Eine „neue“ vage und diffuse Religiosität hilft uns nicht Glaubensschwundes im ehemals weiter. Nur die Kirche mit ihrer konkreten Botschaft gibt uns Orientierung christlichen Abendland. Der Bene- und echte Hilfen. diktiner und Moraltheologe P. Anselm Günthör befasst sich in diesem Buch Neben dem Beitrag auf dieser CD gibt es noch viele weitere interessan- mit Denkweisen und Weltanschau- te Vorträge vom Kongress „Freude am Glauben“ auf CD. ungen, die vom Glauben wegführen Bestellen können Sie diese bei: Angelika Meigel und zeigt geistige Haltungen auf, die Weiherweg 70, 76661 Philippsburg - Huttenheim offen sind für die Wahrheit des christ- Mail: [email protected] lichen Glaubens.

302 DER FELS 10/2009 Veranstaltungen

Messfeiern nach dem Motu Pro- 10.10.2009 Gebetszug, 1000 Kreuze für Mainz: das Leben, http://www.kostbare-kinder.de 10.10.2009, 15:45 Uhr, Aula der FH für prio „“ Ingenieurwesen, Holzstr./Ecke Rheinstr. siehe Heft 1/2009, S. 29 Die NOVA MILITIA IESU CHRISTI lädt Mainz; Pfr. Dr. Hans Martin Lochner: ein zum Herbstkonvent 2009 nach Murg in Sterben und was kommt danach; 18:15 Sühnenacht der Schweiz vom 09.10. bis 11.10. 2009. Uhr Marienkirche, hl. Messe; Hinweise: Sühneanbetung Diese Veranstaltung der Christusritter dient 06725-4556 besonders der religiösen Weiterbildung. München: Leuterod/Ötzingen: 26.10.2009, Maria- Ferner findet eine Investitur am Samstag, 27.10.2009, 19.00, Hansa Haus, Brienner- Hilf-Kirche, Sühnegeb.std. Euch.feier,­ 10.10.2009 während eines Versper-Got- str. 39, Prälat. Prof. Dr. Helmut Moll: Die Predigt, Beichte u. euchar. Anbet. von tesdienstes statt. Die Tagung findet im Bil- Märtyrer des Erzbistums München und 18.00 - 22.00 Uhr m. Pfr. R. Lambert; mo- dungs- und Weiterbildungszentrum Neu - Freising in der NS-Zeit; Tel. 089-605 732 natl. Treffen der Mitglieder des Marian. Schönstatt statt. Hinweise: Herbert Heek, Segenskreises; Hinweise: 02602-7272 0234-490731 Trier: 04.10.2009, 15:00 Uhr, Missionshaus der Klotten: 13.10.2009, St. Maximinus, Fa- Weißen Väter; Thomas Schührer: Weg zur Veranstaltungen der Initiativkreise­ Freude duch lebendigen Glauben. zuvor timagebetsabend, Beginn 19.00 Uhr, mit – Aktionsgemeinschaften: Ro.kr. und Beichte, Lichterprozession, 14:30 Uhr euchar. Andacht i.d. Kirche d. Weißen Väter; Hinweise: 06831-41816 feierl. Hochamt; Hinweise: 02671-3391 : 25.10.2009, Kaufering, Thomas-Morus Liborius Wagner-Kreis Würzburg: München: St. Peter 14.00 · Rosenkranz in der Pfarrkirche Ma- 18.10.2009, Wallfahrt zum Grab des seli- Katechese „Christliche Denkanstöße für riä Himmelfahrt 14.30. P. Steevan und P. gen Liborius Wagner, 15:00 Uhr Beginn ein Leben im Glauben heute ...“ Thomas: Vortrag und Übung. Christliches der Wallfahrt /Ortsausgang Hirschfeld, 02.10.2009, mit Pfarrvikar Peter Duswald, Ashram – Möglichkeiten und Grenzen 16:00 Uhr Andacht mit Predigt in der Pfarr- 17.25 Uhr Ro.kr., 18.00 Uhr Herz-Jesu- im interreligiösen Dialog; Hinweise: Tel. kirche Heidenfeld, 16:45 Uhr, Begegnung Amt, anschl. Katechese, Auss. d. Aller- 08191-22687 im Pfarrsaal; Hinweise: Tel. 06022-20726 heiligsten u. Beichtgel. 20.00 Uhr Euchar. Seg. Hinweise: 089/2716814 Gebetsmeinung des Hl. Vaters im Oktober 2009 Nächtliche Anbetung in Oberhaid: 10./11.10.2009, 19.30 Uhr, Anbetung, 1. dass sich die Christen am Sonn- Beichtgel., 21.00 Uhr, hl. Amt zu Ehren tag um den Altar versammeln, um der Mutter Gottes, 24.00 Uhr. Lat. Choral- den Auferstandenen in der Eucha- amt, Ende ca 2.00 Uhr ristie zu feiern. Wietmarschen: 03.10.2009, 15.30 Uhr 2. dass das ganze Volk Gottes den Ro.kr. andacht i. St. Matthiasstift, anschl. Auftrag Christi, allen Menschen hl. Messe in der Wallfahrtskirche; Hinwei- das Evangelium zu verkünden, als se: 05921-15291 seinen wichtigsten Dienst erkennt.

Anschriften der Autoren dieses Heftes DER FELS - Katholische Monatsschrift. Gegründet 1970 von Pater Gerhard Hermes SAC Verlag: Der Fels-Verein e.V.  Raymund Fobes Herausgeber: Der Fels-Verein e.V. Zillenweg 8, 85051 Ingolstadt Verantwortlicher Redakteur: Prof. Dr. Hubert Gindert Redaktion: Eichendorffstr. 17, D-86916 Kaufering, Tel.: 08191/966744, Fax: 08191/966743,  H.H. Pater Canisius Friedrich e-mail: Redaktion: [email protected] Bestellung: [email protected] Casilla 176 Verlagsleitung: ebendort, Grafik und Layout: Renate Gindert, Bernau; Potosi, Bolivien Druck: Mayer & Söhne, Druck und Mediengruppe GmbH, 86551 Aichach DER FELS erscheint monatlich im Umfang von 32 Seiten.  Prälat Dr. Wilhelm Imkamp Bestellung: An den Fels-Verein e.V., Postfach 1116, D-86912 Kaufering Maria Vesperbild Einzahlung Deutschland: Konto Fels e.V.:, Schallenbacherstr. 4 Landsberg-Ammersee Bank eG, KontoNr.: 514 75 22, BLZ: 700 916 00; 86473 Ziemetshausen Postbank München, KontoNr.: 903 166 809, BLZ 700 100 80 Österreich: Bestellungen wie oben, Landeshypothekenbank Salzburg, Fels e.V.,  Jürgen Liminski Konto Nr.: 2 493 378, BLZ: 55 000; Neckarstr. 13 Schweiz: Bestellungen wie oben, Post Finance, Der Fels e.V., 53757 St. Augustin Konto Nr.: 60-377132-6, (Ausland) IBAN: CH80 0900 0000 6037 7132 6; BIC: POFICHBEXXX Für übrige EU-Länder: Wer Spenden auf unser Konto überweisen möchte, kann dies zu In-  Nathanael Liminski landsgebühren erledigen, wenn er bei der Überweisung anstelle der Kontonummer die IBAN Neckarstr. 13 (=Internationale Kontonummer) DE 46 7009 1600 0005 1475 22 und anstelle der Bankleitzahl 53757 St. Augustin die BIC (Identifikation des Kreditinstitutes) GENODEF1DSS angibt.

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Pater Athanasius Gerster – ein Priesterleben in einer Diktatur

sich heute zu Christus Schicksal in einem Konzentrations- fühlte er sich auch verpflichtet, für die Wer und seinem universa- lager drohte. Wahrheit einzutreten. Sein Warnen len Sittengesetz bekennt, kann Spott vor ideologischen Irrwegen und sein und berufliche Nachteile ernten. Wer Von Heidelberg aus konnte Pater Eintreten für das Christentum wurden sich dagegen unter dem Nationalso- Athanasius in verschiedenen Landge- sofort denunziert, was die Verhaftung zialismus und unter dem Kommunis- meinden als Seelsorger aushelfen. An- zur Folge hatte. P. Athanasius kam in mus zu Christus bekannte, riskierte verschiedene Gefängnisse und wurde Kopf und Kragen. Ein Beispiel dafür schließlich wegen angeblicher Wehr- ist das Schicksal des Benediktiners kraftzersetzung zu einer langen Ge- Athanasius Gerster, das im Marty- fängnisstrafe verurteilt. Ein kritisches rologium „Zeugen für Christus“ do- Wort gegen Hitler wagten damals die kumentiert ist. Gerster ist 1877 im meisten Menschen nur unter vorgehal- südlichen Schwarzwald geboren. tener Hand. Mit seinem offenen Be- Sein erster Beruf war Kaufmann. kenntnis in einer weithin feindseligen 1898 trat er in das österreichische Umwelt ist P. Athanasius bewusst in Benediktinerkloster Seckau ein, um die Kirche der Märtyrer eingetreten. Mönch und Priester zu werden. Als Auf dem Transport in das Zuchthaus Hitler bald nach Kriegsbeginn 1939 Bayreuth wurde er von ebenfalls ge- begann, die meisten Klöster aufzu- fangenen Kommunisten tätlich ange- lösen, wurden auch in Seckau die griffen. Da verteidigte der Mithäftling Mönche aus ihrem Kloster vertrie- Dr. Eugen Gerstenmaier, der spätere ben. Pater Athanasius fand zunächst Bundestagspräsident, den hilflosen Aufnahme im oberschwäbischen lässlich einer Fahrt mit der Eisenbahn alten Pater. Am 15. März 1945 starb Kloster Weingarten. Als wenige Mo- wurde er von Mitreisenden in ein Ge- P. Athanasius an Hunger, Kälte und nate später auch dieses Kloster auf- spräch über die Hitlerjugend verwi- Misshandlungen im Zuchthaus Bay- gelöst wurde, fand P. Athanasius für ckelt. Die dort übliche Erziehung zum reuth. kurze Zeit Unterkunft in St. Matthias Hass auf andere Nationen und Weltan- in Trier. Weil dieses Kloster ebenfalls schauungen musste P. Athanasius na- Wie die Apostelgeschichte berich- bald beschlagnahmt wurde, kam P. türlich ablehnen. Ferner sagte er, dass tet, hat der Erzmartyrer Stephanus Athanasius über Maria Laach nach das Heil für Deutschland weder vom sterbend den Himmel offen gesehen. Gerleve. Als auch dieses Kloster von Nationalsozialismus noch vom Kom- Wir können nur hoffen, dass auch den Nazis beschlagnahmt wurde, munismus kommen könne, sondern P. Athanasius Gerster dieses Glück fand P. Athanasius in dem kleinen nur vom praktizierten Christentum. zuteil wurde. Wir hoffen auch, dass Klösterchen Neuburg bei Heidelberg Die beiden ideologischen und religi- seine Verfolger ihre Schuld erkannt eine bescheidene Unterkunft. Die onsfeindlichen Systeme lehnte er glei- und bereut haben. Das Gewissen des Vertreibung der Mönche und Nonnen chermaßen ab. P. Athanasius kannte ja Märtyrers ist jedenfalls unbesiegt ge- aus ihren Klöstern war eine gezielte die Feststellung der deutschen Bischö- blieben. Im Gedächtnis Gottes bleibt Maßnahme Hitlers, um die katho- fe von 1932, dass eine Mitgliedschaft das Gute wie das Böse aufbewahrt lische Kirche ihrer Kraftquellen zu in der NSDAP und in der Kirche nicht – bis zur Belohnung oder bis zur berauben und sie so mittelfristig zu vereinbar sei. Er kannte auch die En- Sühne. George Bernanos schreibt so vernichten. Die Vertriebenen muss- zyklika „Mit brennender Sorge“ ,mit tröstlich: „Ein paar Sekunden Ewig- ten ihr Los still ertragen. Sie wuss- der Papst Pius XI. 1937 den National- keit werden alles wieder in Ordnung ten ja, dass ihnen sonst das grausame sozialismus verurteilt hatte. Deshalb bringen“. Eduard Werner

304 DER FELS 10/2009