Quick viewing(Text Mode)

A S Bei Bregenz Nach Kohle Geschürft Wurde

A S Bei Bregenz Nach Kohle Geschürft Wurde

HISTORISCH| THEMA | AUSGABE 35 | FEBRUAR 2013 34 A s bei nach Kohle geschürft wurde

Energieautonomie-der Wunsch,sich seineeigenen Energiequellenzu erschließen undsovon den Weltmärkten etwas unabhängigerzu sein, ist keine ErfindungderGegenwart. Daherwurde einst jedes noch so kleine Kohlevorkommen genutzt-auch im Wirtatobel am Pfänderstockzwischen Bregenz und Langen.

Von J. Georg Friebe

in ticfschwarzcs, glänzendes Gestein fällt auf. Wenn cs sich dann noch als Ebrennbar erweist, tritt zur Neugierde der Wunsch, sich dieses Gestein als Encr- gicqucllc nutzbar zu machen. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, wann die ersten Wirtatobel am Bauern in begannen, Pfänderstock die auf ihren Grundstücken in kleinen, zwischen Bregenz Zur Person obertägigen Abbaucn geschürfte Kohle und Langen-hier J.GEORG FRIEBE in Herd und Heizung zu verbrennen. Es dieAnsichtuml953. Geboren 1963 in mag sich auch in der unmittelbaren Um­ Mödling, aufgewachsen in . Studium gebung ein - nicht unbedingt legaler - Ersten Weltkrieg ein, als cs die Energie­ sind der unumstößliche Beweis, dass die der Paläontologie Handel entwickelt haben. Geschichtlich versorgung von Bregenz zu sichern galt. Nagclfluhbänkc von Gebhardsberg und und Geologie in Graz fassbar wird die Gewinnung der Braun­ Die Kohle wurde nun per Seilbahn an Kanzclfcls im Meer entstanden sind. mit Dissertation über das Steirische kohle aus dem Wirtatobel, als die „Tiroli- die Ach zur Brcgcnzcrwaldbahn trans­ Doch zwischendurch änderte sich das Tertiärbecken. Seit 1993 schc Stcinkohlcnschürfungsdircktion“ im portiert, von wo dreimal pro Woche ein Geschehen - das Meer zog sich zurück. Museumskurator an Jahr 1849 erste Untersuchungsbohrun­ Zug mit sechs Waggons in Richtung Bre­ Dieser „Zweite terrestrische Hori­ der Vorarlberger Natur­ schau beziehungsweise gen durchführen ließ. Die Ergebnisse wa­ genz rollte. Bereits 1921/22 kam erneut zont“ ist im gesamten Becken nachweis­ der inatura . ren vielversprechend und so wurde bald das Aus. Auch die Wiederaufnahme des bar. Zwischen Bregenz und Langen fiel ein 60 Meter tiefer Schacht bis zum Koh- Bergbaus nach dem Zweiten Weltkrieg das Flussdclta der „Pfänderschüttung“ lcflöz abgctcuft. 1852 wurden die Bcrg- war nicht von langer Dauer. trocken und cs entwickelte sich ein aus­ baurcchtc durch den Zukauf von Antei­ Die Lagerstätte im Wirtatobel ist der gedehnter Küstensumpf - das Ausgangs- len an den beiden benachbarten Grubcn- einzige Ort in Vorarlberg, wo Kohle in matcrial für die Kohle. Doch bei Über fcldcrn erweitert. Auch wenn aufwendige nennenswerter Menge gefunden wird. schwcmmungcn machte der Fluss seine Aufschlussarbcitcn immer neue Kohlcla- Die Glanz(braun)kohlc („Pechkohle“) Rechte geltend: Er überdeckt die Pflan­ gcr dem Abbau zugänglich machen, bleib ist zwar bereits relativ stark inkohlt. Den­ zen mit Sand und Schlamm. In Tümpeln den Gewerken ein nachhaltiger Erfolg noch konnten an manchen Baumfrag­ konnte sogar Kalk ausgcfällt werden. versagt. Die Qualität der Braunkohle, die menten noch immer Jahresringe wahrge­ Immer wieder überwucherten die Pflan­ oft mit sandigen Ablagerungen verunrei­ nommen werden. Was aber den Abbau zen die neuen Ablagerungen, ja sogar ein nigt war, überzeugte nicht, und hochwcr- erschwerte und die Qualität minderte, fossiler Wurzclbodcn konnte im Berg­ tige französische Steinkohle wurde zur waren die geringe Mächtigkeit und die werk nachgcwicscn werden. Versteinerte übermächtigen Konkurrenz. Als 1877 nur zu oft dominanten Zwischcnmittcl. Landschncckcn über dem Flöz beweisen, der gesamte Grubenbesitz verkauftw ur­ Denn das Flöz bestand nicht aus Koh­ dass sich das Geschehen tatsächlich über de, waren wenige Fabriken und vor allem le allein. Zwei bis fünf einzelne Kohlcla- dem Meeresspiegel abgespielt hat. Und die Bodcnsccschifffahrt die einzigen ver­ gen waren durch Mergel und bituminö­ auch Reste eines Gomphothcriums, eines bliebenen Kunden. sen Kalk getrennt. Erklärbar wird dieses urtümlichen Rüssclticrs, wurden im Zu­ Der neue Besitzer, die „Oberbayrische Szenario durch die geologische Gesam­ ge des Bergbaus gefunden. Aktiengesellschaft für Kohlenbergbau“ tentwicklung. Doch dann drang das Meer ein letz­ in Micsbach, entwarf einen gänzlich an­ Im Zuge der Heraushebung der Al­ tes Mal in unsere Gegend vor. Über dem deren Betriebsplan. Statt mit Fuhrwcr- pen hatte sich nördlich des jungen Ge­ „Zweiten terrestrischen Horizont“ mit ken über die Fluh, sollte die Kohle di­ birges eine Vorsenke gebildet. In diese seinem Kohlcflöz vom Wirtatobel folgen rekt zu den Bodcnsccschiffcn als Haupt- schütteten Flüsse ihre Sand- und Gcr- wieder marine Ablagerungen. So kann nutzer gelangen. Zu diesem Zweck wur­ öllfracht. Nach einer ersten Verfüllung man weiter oben, gegen den Pfänder hin, de im Stadtgebiet von Bregenz, elf Meter des Beckens konnte sich das Meer vor in einem Scitcngrabcn des Tobels verstei­ über dem Wasserspiegel des Bodcnsccs, rund 20 Millionen Jahren diesen Raum nerte Turmschncckcn, Pilgcrmuschcln ein neuer Stollen angeschlagen. Nach zurückerobern. An den Mündungen der und Austern entdecken. Auch seltene 845 Metern erreichte er das Flöz, wel­ Flüsse in das Rcstmccr aber entwickelten Vcnusmuschcln und vcrfülltc Wohnröh- ches hier aber nur 20 Zentimeter mäch­ sich mächtige Schuttkörper. Mccrcsspic- ren von Krebstieren sind Hinweise auf tig war. Zwei zusätzliche, höher gelege­ gclschwankungcn und auch die Dyna­ Salzwasscr. Aber das Becken wurde im­ ne Stollen wurden notwendig, um die mik im Delta selbst führten immer wie­ mer mehr vcrfüllt, bis das Meer schließ­ Hauptlagcrstättc im Wirtatobel zu er­ der zur Verlagerung des Ablagcrungsgc- lich einer weitläufigen Flusslandschaft reichen. Der oberste Stollen folgte dem schchcns. So wechseln die Schottcrbän- mit Rcstsccn Platz machen musste. Zu­ Flöz, doch wurden in seinem gesamten kc der unmittelbaren Flussmündung mit letzt wurden alle diese Gesteine vom her Verlauf keine Kohle-Mächtigkeiten über dem Sand und Schlamm ausgedehnter anrückcndcn Alpcnkörpcr gestaucht und 40 Zentimeter angetroffen. 1887 kam Lagunen. Gezeiten und Wellen bestimm­ schräg gestellt: Ein Phänomen, das sich der Abbau zum Erliegen. Erst 1907 wur­ ten dort, wie weit die unterschiedlich am besten von einem der Bodcnsccschif- de der Bergbau wieder aufgenommen, großen Sandkörner transportiert wur fc aus beobachten lässt - auch wenn die­ aber die Ausbeute blieb bescheiden. Ein den. Versteinerte Austern und Hcrzmu- se längst nicht mehr mit Wirtatobcl-Koh-

geringer Aufschwung trat erst nach dem schcln, aber auch Hai- und Rochcnzähnc lc betrieben werden. FOTOS- SAMMLUNG RISCH-LAU/VORARLGERGER LANDESGIGUOTHEK. WILU SCHMIDT