Steidl Herbst 2014 Bücher sind im Grunde wie du und ich: sie wollen Inhaltsverzeichnis gesehen, berührt, gerochen, kurzum, mit allen Sinnen —

erfahren und gewürdigt werden. Das geht aber nur, Literatur wenn man sie auch in Händen halten und nicht nur herunterladen kann. Deshalb wird es Steidl Bücher Astrid Dehe und Achim Engstler Nagars Nacht 5 weiterhin analog geben, gedruckt auf schönstem Papier, Robert Edric In finsteren Himmeln 7 gebunden in feinstes Leinen. Erstmals werden Sie in Günter Grass Sechs Jahrzehnte 9 diesem Programm aber auch eBooks entdecken. Alle Hundejahre (2. Auflage) 13 Romane und Sachbücher des Verlags werden nach und Hundejahre in 136 Radierungen 15 nach elektronisch zu haben sein, selbstverständlich auch die Werke von Günter Grass und Halldór Laxness. Aber: HörBuch 19

ein Steidl eBook ist noch immer ein Steidl Buch, auch George Tabori Theater Band 1 und 2 23 digital wollen wir unseren Leserinnen und Lesern die gewohnte Sorgfalt und Qualität bieten. Lassen Sie sich Romane Band 1 bis 4 25 überraschen! Unsere Hörbücher gibt es ab sofort nur noch auf USB- L.S.D. Stick oder zum Download. Den Anfang machen die Alexandra Harris Virginia Woolf 29 Lesungen von Günter Grass: 173 Stunden Grass-Sound Virginia Woolf Beau Brummell 31 auf einem einzigen Stick, zum Neu- und Wiederhören, Michel Onfray Leben und Tod eines Dandys 33 für Unterwegs und Zuhause. Wir wünschen Ihnen viel Freude an unserem neuen Immanuel Kant Köche ohne Zunge 35 Herbstprogramm! Gustave Flaubert Bouvard und Pécuchet 37 — Ihr Steidl Verlag Sachbuch Oskar Negt Werkausgabe Band 1 bis 19 39

Günter Schwarberg Der SS-Arzt und die Kinder vom Bullenhuser Damm 41

Leseproben

Astrid Dehe und Achim Engstler Nagars Nacht 46

Robert Edric In finsteren Himmeln 50

Adressen Verlag und Vertreter 55

4 5 »Wir werden sie trennen, deinen Eichmann, meinen Eichmann. Aber der Tag wird kommen, Nagar, da treff en sie aufeinander. Einer wird hängen. Der andere? Warten wir ab. Erzähle du, ich schreibe weiter.« — Shalom Nagar erzählt um sein Leben. Er wiederholt sich, widerspricht sich, seine Geschichten haben Löcher, durch die passt eine ganze Faust. Doch das spielt keine Rolle. Darum geht es nicht. Um Adolf Eichmann geht es hier, immer wieder um Eichmann. Shalom, sein Henker wider Willen, muss Blut vergießen, um Eichmanns Blut abzuwaschen, er muss von ihm erzählen, um seinen Fluch zu übertönen. Nur so übersteht er die Nacht des 31. Mai 1962, in der Eichmann gerichtet wurde und die fü r Shalom nicht enden will. Moshe und Ben hören ihm zu, am Feuer auf dem staubigen Rastplatz hinter den Schafställen. Trinken Tee und teilen Birnen mit ihrem kauzigen und zutiefst berührenden Freund, lauschen seinen Geschichten. Doch dann beginnt Moshe zu schreiben, schreibt um sein Leben, wie Nagar um seines er- zählt. Zwei ganz unterschiedliche Stimmen erheben sich, jede auf ihre Weise, in ihrer Tonlage, ringen miteinander, ringen um Frieden, endlich. — Astr id Dehe und Achim Engstler bilden seit 2008 ein Autoren- team. Nach Projekten zum Aphorismus und zum Tagebuch- schreiben erschien 2011 ihr erstes gemeinsames Buch, der Essayband Kafk as komische Seiten. 2013 folgte ihr belletristi- sches Debut, die Novelle Aufl aufend Wasser. Seit 2014 sind Dehe und Engstler Mitglieder des PEN-Zentrums Deutschland. — Foto: Anita Schiff er-Fuchs Anita Schiff Foto:

Die Autoren stehen fü r Lesungen zur Verfü gu ng. Kontakt: Steidl Verlag, Claudia Glenewinkel; [email protected]; (0551) 4960650

Astrid Dehe und Achim Engstler Nagars Nacht — Roman 208 Seiten 12,5 × 20,8 cm Bitt e bestellen Sie Ihr persönliches Leseexemplar. Leineneinband mit Schutzumschlag September 2014 — € 20,00 / SFr 28,90 ISBN 978-3-86930-829-6 — eBook € 14,99 / SFr 21,00 ISBN 978-3-86930-847-0 6 7 In einer aus den Fugen geratenen Welt wird ein Schweizer Kurort zum Kaleidoskop menschlicher Tragödien: Eine berührende Geschichte von Schuld und Trauer und die Kraft menschlicher Begegnungen. — »Ein Roman von düsterer Perfektion.« Sunday Times — »Nach und nach, verstohlen, Detail fü r Detail, enthüllt Edric das Geheimnis seiner Figuren … Ein großartiger, unvergesslicher Roman.« Scotland on Sunday — Ein Kurort in der Schweiz, Spätherbst 1919. Elizabeth Mortlake und ihre Schwägerin sind aus Oxford angereist, um sich in der kleinen Stadt am See von ihrem Verlust zu erholen. Michael, Marys Ehemann und Elizabeths Bruder, ist im Krieg gefallen. Viel Gesellschaft hat der Ort am Ende der Saison nicht zu bieten, nur ein deutscher Waff enhändler und seine langweilige Tochter zeigen ein unwillkommenes Interesse an den beiden jungen Frauen. Während Mary sich mehr und mehr in ihrer Trauer vergräbt, gerät Elizabeth in den Bann des geheimnis- vollen Captain Jameson, der eines Tages im Speisesaal des Hotels auftaucht und dort kein gern gesehener Gast ist. Jeder im Ort scheint den abweisenden Engländer zu kennen, jeder etwas über ihn zu wissen. Angeblich hat er Geld, angeblich handelt er mit seltenen Büchern und Manuskripten. Ein gebildeter Mann von zweifelhaftem Ruf, dessen Geheimnis Elizabeth zu ergründen sucht. Das fü hrt sie zu einem nahe- gelegenen Kloster und in ein Militärkrankenhaus. Sie lernt eine alte Nonne kennen, die alles über die Abgründe des Lebens weiß, eine eifersüchtige Novizin, einen Offi zier und Gentleman, dem ein Todesurteil droht, einen Arzt, der den schwer verwundeten Soldaten neue Gesichter machen kann. Und sie lernt, wie fragwürdig ihre eigenen moralischen Urteile sind. Die Stadt am See entpuppt sich fü r die Gäste als bizarres Zwischenreich: das alte Leben ist zu Ende, was das neue bereit- hält, ist ungewiss. In dieser gefü hlstauben Welt, zwischen all den Verkrüppelten und Versehrten, fi ndet Elizabeth eine unge-

Foto: Jerry Jerry Bauer Foto: kannte Freiheit und vielleicht den Mut fü r einen Neuanfang. — Robert Edric ist das Pseudonym des englischen Schriftstellers Gary Edric Armitage. Edric wurde 1956 in Sheffi eld geboren. Nach seinem Studium der Geographie an der Universität von Hull, widmete er sich der Schriftstellerei. Mittlerweile hat er über zwanzig Bücher verfasst. Er wurde mit dem renommier- ten »James Tait Black Price« (1985) ausgezeichnet, außerdem waren seine Romane fü r den »Guardian Fiction Award« (1986) und den »Booker Prize« (2002, 2006) nominiert. —

Robert Edric In fi nsteren Himmeln — Roman Aus dem Englischen von Friedhelm Rathjen 352 Seiten 12,5 × 20,8 cm Bitt e bestellen Sie Ihr persönliches Leseexemplar. Leineneinband mit Schutzumschlag September 2014 — € 24,00 / SFr 34,90 ISBN 978-3-86930-830-2 — eBook € 19,99 / SFr 28,00 ISBN 978-3-86930-848-7 8 9 Günter Grass bei der Arbeit über die Schulter sehen: der reich bebilderte Werkstattbericht — »Bei mir ist immer was los« sagt Günter Grass oft, und damit ist zuallererst Arbeit gemeint: Worte, die auf Papier gebracht, Skulpturen, die geformt, Zeichnungen, die angefertigt werden wollen. Seit nunmehr sechs Jahrzehnten ist der Literatur- nobelpreisträger ununterbrochen produktiv – als Schriftsteller, Bildhauer, Zeichner, engagierter Bürger. Jedem Jahrzehnt hat er in seinen großen Romanen den Puls genommen. Neben den Hauptwerken sind Th eaterstücke, Gedichte, Erzählungen, Radierungen, Skulpturen, Zeichnungen, Lithographien, Essays entstanden. Grass war auf Wahlkampftour, hat Stiftungen gegründet, sich wieder und wieder eingemischt. Sechs Jahrzehnte erlaubt einen Blick hinter die sonst geschlos- sene Tür seines Ateliers: sein Werkstattbericht lädt uns ein, dem Nobelpreisträger von Buch zu Buch, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zu folgen. Er lässt uns teilhaben an privaten Krisen und Glücksmomenten, gewährt Einblick in seinen Schaff ens- prozess: Gedichte, Ideenskizzen, redigierte Manuskriptseiten, Umschlagentwürfe, Arbeitspläne. Wir lernen den hungernden und frierenden jungen Mann kennen, der sich 1946/47 in den Kopf setzt Bildhauer zu wer- den, den älter gewordenen Autor, der letzte Tänze tanzt und dem sich, zum Glück, immer wieder abzeichnet, »was zu tun noch möglich sein könnte«. — Günter Grass, geboren 1927 in Danzig, ist Schriftsteller, Bild- hauer und Graphiker. 1999 wurde er mit dem Nobelpreis fü r Literatur ausgezeichnet. Zuletzt erschienen von ihm u.a. Grimms Wörter, der Gedichtband Eintagsfl iegen und jüngst die Jubiläums-Ausgabe seines 1963 erstmals publizierten Romans Hundejahre. — Foto: Gerhard Steidl Gerhard Foto:

Günter Grass Sechs Jahrzehnte — 544 Seiten 18,5 × 24 cm Leineneinband mit Schutzumschlag, Fadenheftung, Lesebändchen August 2014 — € 44,00 / SFr 58,90 ISBN 978-3-86930-831-9 10 11 12 13 »Die Hundejahre sind eine burlesk-ingeniöse Geschichte, die es in einer wunderschön aufgemachten Edition neu zu entdecken gilt. Vielleicht ist diese prachtvolle Jubiläumsausgabe ja sogar der Auftakt zu einer kleinen Grass-Renaissance. Zu wünschen wäre es jedenfalls.« literatu rkriti k.de — Drei Erzähler schreiben zur Jahreswende 1960/61 gleichzeitig drei Bücher und werden so in Vorkriegs-, Kriegs- und Nach- kriegszeit Chronisten der »Hundejahre« unseres Jahrhunderts: Eddi Amsel, das Opfer, Harry Liebenau, der Zeuge, und Walter Matern, der Täter. Mit Hundejahre manifestierte Günter Grass 1963 eindrucksvoll seinen Weltruhm. Selbst fü nfzig Jahre nach ihrem Erscheinen hat diese »dunkle verzweigte Geschichte« nichts von ihrer betörenden Sprachkraft verloren. Mehr noch, die Fabulierlust des Autors wird durch die faszinierenden Radierungen des Künstlers Günter Grass, der diesen komplexen Weltentwurf bis heute fü r eines seiner reizvollsten Werke hält, nachhaltig unterstrichen. —

Günter Grass Hundejahre — Die illustrierte Jubiläumsausgabe in drei Büchern Mit zahlreichen Illustrationen von Günter Grass Buchgestaltung: Klaus Detjen und Sarah Winter Buch 1: 162 Seiten Buch 2: 288 Seiten Buch 3: 248 Seiten 17,5 × 25 cm 3 Bände im Schuber 1. Aufl age Oktober 2013 2. Aufl age August 2014 — € 65,00 / SFr 86,90 ISBN 978-3-86930-666-7 14 15 Grass’ großer Roman als faszinierende Bilderzählung — »Der 1963 publizierte Roman Hundejahre hatte mich bereits während der Zeit des Entstehens zu Zeichnungen provoziert. Das sollte nun umfassend fortgesetzt werden. Ich entschloß mich zu Radierungen, mithin zu einer graphischen Technik, die ich zuletzt Anfang der 90er Jahre in Begleitung zur Manu- skriptarbeit der Erzählung Unkenrufe geübt hatte. Ab Sommer 2010 entstanden eine Fülle von Vorzeichnungen, dann auf Kupferplatten in verschiedenem Format die ersten Ätz- und Kaltnadelradierungen. Die Stahlnadel als Werkzeug. Nach eineinhalb Jahren Rückblick auf ein Buch, das ich als junger Autor geschrieben hatte, lagen eine Fülle von Skizzen und über hundert Motive fü r die Jubiläumsausgabe des Romans Hunde- jahre vor, darunter auch Radierungen in Aquatinta.« — Fünfzig Jahre nach dem Erscheinen der Hundejahre hat Günter Grass einen 136 Radierungen umfassenden Bilder- zyklus erschaff en. Er hat sich seinem Buch noch einmal rückblickend genähert und ihn visuell interpretiert. Legt man die Radierungen nebeneinander oder blättert sie um wie die Seiten eines Buchs entsteht eine eigenständige Bilderzählung, die einen neuen Blick auf den ganzen Kosmos dieses großen Romans ermöglicht. —

Drei Sammelmappen aus Graukarton

Günter Grass Hundejahre in 136 Radierungen —

— Erstes Buch: 16 Blatt Zweites Buch: 19 Blatt Drittes Buch: 16 Blatt Gedruckt auf Lanaroyalkarton, Leinenkassett e 300 g, 100 % Hadern Blattformat 55 × 45 cm Jedes Blatt von Günter Grass signiert, nummeriert. Die Blätter des jeweiligen Buches befi nden sich in einer Graukarton-Sammelmappe, alle drei Mappen liegen in einer handgefertigten Leinenkassette. — Subskriptionspreis € 12.000,00 / SFr 14.000,00 Ab 1.2.2015 € 18.000,00 / SFr 22.000,00 ISBN 978-3-86930-895-1 16 17 Aus Mappe 1: Frühschichten Aus Mappe 2: Liebesbriefe

Aus Mappe 2: Liebesbriefe

In der Werkstatt von Günter Grass, Behlendorf 2011 Aus Mappe 3: Materniaden

18 19 Der einmalige Sound von Günter Grass: zum Neu- und Wiederhören, fü r Unterwegs und Zuhause, über 174 Stunden auf einem USB-Stick. — Im Gegensatz zu anderen großen Autoren, deren Romane und Gedichte durch die Stimmen von Schauspielern ihren Weg in unser Ohr fi nden, hat Günter Grass seine Texte stets selbst fü r Hörbücher eingelesen – und das mit gutem Grund: Kein anderer liest seine Texte so gut, so lebendig und mit so hypno- tischer Wirkung. Es liegt Musik in der Sprache des Literatur- nobelpreisträgers, wenn er gemeinsam mit Oskar Matzerath die Blechtrommel schlägt, auf dem Sportplatz heimlich die Katze auf Joachim Mahlkes übergroßen Adamsapfel ansetzt, oder mit Harry Liebenau versucht, dessen Cousine Tulla endlich aus der Hütte des schwarzen Schäferhundes Harras zu locken. Und es wird noch musikalischer, wenn er sich auf die Jagd nach lyrischer Beute begibt, mit poetischem Köcher Eintagsfl iegen fä ngt oder mit dem Jazzmusiker Günter »Baby« Sommer seinem Jahrhundert rhythmisch auf den Zahn fü hlt. Günter Grass’ HörBuch hält in unzähligen Stunden Spielzeit sein gesamtes gesprochenes Wort bereit – im Krebsgang entlang der Chronologie seines so umfassenden wie viel- schichtigen literarischen Werkes. Erstmals wird hier auch die Lesung von Günter Grass aus den Hundejahren zu hören sein: ein besonderes Vergnügen, denn sie kombiniert drei Lesungen aus dem Entstehungsjahr 1963 mit zwei Lesungen, die fü nfzig Jahre später, 2013, in seiner Werk- statt aufgenommen wurden. — Foto: Gerhard Steidl Gerhard Foto:

Günter »Baby« Sommer und Günter Grass: »Es war einmal ein Land« 1986

Günter Grass HörBuch — Mit einem Vorwort von Jörg-Dieter Kogel Laufzeit 173 Stunden 34 Minuten Ein USB-Stick mit MP3-Hördateien in einem Buch im Format der Göttinger Werkausgabe September 2014 — € 88,00 / SFr 117,00 ISBN 978-3-86930-832-6 20 21 Was zu hören ist: —

Die Vorzüge der Windhühner Da sagte der Butt Aufgenommen im März 1961 in Hamburg und im Günter Grass / Günter »Baby« Sommer, Aufgenommen November 1969 in Berlin 18 m 27 s am 20. Juli 1992 im RIAS Studio Berlin 1 h 44 m

Die Blechtrommel Ein weites Feld Lesung im Deutschen Theater Göttingen, Lesung im Gerhart-Hauptmann-Haus auf Hiddensee, Juli /August 1989 28 h 12. – 25. September 1998 30 h

Katz und Maus Mein Jahrhundert Aufgezeichnet 1981 im Atelier von Günter Grass 4 h 47 m Lesung im Deutschen Theater Göttingen vom 28. April bis 1. Mai 1999 11 h Hundejahre Aufzeichnung der öffentlichen Veranstaltungen vom Im Krebsgang 26. 11. 1963 in Berlin, 27. 11. 1963 in Göttingen und Lesung im Buddenbrookhaus der Hansestadt Lübeck im 28. 11. 1963 in Lübeck. Aufzeichnung in der Werkstatt Januar 2002 7 h 50 m von Günter Grass am 8. und 9. März 2013 5 h 45 Min. Mein Jahrhundert Die Plebejer proben den Aufstand Günter Grass / Günter »Baby« Sommer, Produktion Aufzeichnung einer Veranstaltung im Berliner Ensemble vom 14. bis 16. Mai 2001 im Sendesaal von Radio am 17. Juni 2003 1 h 54 m Bremen 1 h 35 m

örtlich betäubt Lyrische Beute Aufgezeichnet im November 1969 in Berlin 22 m 51 s 140 Gedichte aus fünfzig Jahren Lesung im Günter Grass-Haus Lübeck am 8. und 9. Februar Der Butt 2003 3 h 16 m Aufgezeichnet vom 26. Januar bis 11. Februar 2008 im Günter Grass-Haus in Lübeck 29 h Beim Häuten der Zwiebel Aufgezeichnet vom 17. bis 27. September 2006 im Günter Das Treffen in Telgte Grass-Haus in Lübeck 17 h 17 m Mit dem Kammerchor Stuttgart, Leitung Frieder Bernius. Aufgezeichnet 1982 im Rahmen der Ludwigsburger Die Box Schlossfestspiele 5 h 13 m Lesung im Günter Grass-Haus Lübeck im März 2009 6 h 44 m Es war einmal ein Land Günter Grass / Günter »Baby« Sommer, Aufgenommen am Grimms Wörter. Eine Liebeserklärung 28. Februar 1986 (Die Blechtrommel) und am 3.Juni 1986 Aufgezeichnet vom 3. bis 12. Mai 2010 in Lübeck 13 h 50 m (Die Rättin) in Berlin 1 h 40 m Eintagsfliegen. Gelegentliche Gedichte Wer lacht hier, hat gelacht? Aufgezeichnet in der Werkstatt von Günter Grass am Günter Grass / Günter »Baby« Sommer, Aufgenommen am 8. und 9. März 2013 2 h 27 m 24. und 25. September 1988 von Jost Gebers live im FMP Studio Berlin 1 h 19 m

22 23 »Glory, Glory George Tabori.« Volker Ludwig — Diese Edition versammelt in zwei Bänden erstmals alle Dramentexte von George Tabori, entstanden in den Jahren 1952 bis 2007. Die Spanne reicht von den frühen, hier zum ersten Mal in deutscher Übersetzung vorgelegten Stücken wie »Flucht nach Ägypten« und »Des Kaisers Kleider« bis zu seinen Klassikern wie »Mein Kampf« und »Die Goldberg- Variationen«; von den bahnbrechenden »Kannibalen« bis zur »Brecht-Akte« und den anderen Stücken fü r das Berliner Ensemble; von den Textgrundlagen fü r sein experimentelles Th eater der siebziger Jahre bis zu den intensiven Monologen des Spätwerks. Viele der rund vierzig Texte erscheinen hier erstmals in Buch- form, einige wurden zuvor noch nie publiziert. Seit vor zwan- zig Jahren eine Ausgabe mit insgesamt 14 Stücken herauskam und rasch vergriff en war, war Taboris Th eaterwerk nicht mehr lieferbar. Jetzt ist es in seiner ganzen Fülle wieder erhältlich. Sämtliche Texte wurden auf der Basis oft zahlreicher Fassun- gen gründlich durchgesehen. Ein Kommentarteil erschließt Hintergründe und Kontexte. — George Tabori, geboren 1914 in , emigrierte 1935 nach London, lebte nach dem Zweiten Weltkrieg als Romanautor und Dramatiker in den USA und kam 1969 in die Bundesrepu- blik, um sein Th eaterstück »Die Kannibalen« zu inszenieren. Viele Jahre lang erprobte er einzigartige Formen von Ensemble-Th eater, in den achtziger Jahren feierte er am Wiener seine größten Erfolge als Stückeschreiber und Regisseur. Tabori, der u. a. den Mülheimer Dramatiker- preis, den Berliner Th eaterpreis und den Georg-Büchner- Preis erhielt, starb 2007 in Berlin. — Maria Sommer leitet den Kiepenheuer Bühnenvertrieb, einen der wichtigsten deutschen Th eaterverlage, der u.a. das drama- tische Gesamtwerk von George Tabori vertritt. Sie hat Taboris Arbeit jahrzehntelang intensiv begleitet. Der Lektor und Autor Jan Str ümpel hat Taboris Werk als einer der ersten zum Gegenstand der Literaturwissenschaft gemacht. — Foto: Maurice Weiss / Ostkreuz Weiss Maurice Foto:

George Tabori Theater Band 1 George Tabori — Theater Herausgegeben von Maria Sommer Band 2 und Jan Strümpel — Aus dem Englischen von Ursula Herausgegeben von Maria Sommer Grützmacher-Tabori u.a. und Jan Strümpel Band 1 der Edition des dramatischen Gesamtwerks von George Mit einem Vorwort Aus dem Englischen von Ursula Tabori ist bereits zu seinem 100. Geburtstag am 24. Mai 2014 von Peter von Becker Grützmacher-Tabori erschienen. Er umfasst die zwischen 1952 und 1985 entstande- 816 Seiten ca. 800 Seiten nen rund 20 Stücke: die frühen amerikanischen Arbeiten, die 13 × 20,3 cm 13 × 20,3 cm Texte aus dem Bremer Th eaterlabor und den Münchner Kam- Dünndruck, Leineneinband, Dünndruck, Leineneinband, merspielen, Stücke wie »Brouhaha«, »Die Kannibalen«, »Pink- Lesebändchen Lesebändchen ville«, »Hungerkünstler«, »Mutters Courage« und »Jubiläum«. Lieferbar September 2014 Band 2 der Edition seines dramatischen Gesamtwerks um- — — fasst die seit 1985 entstandenen rund 20 Stücke: von seiner € 49,80 / SFr 66,50 € 49,80 / SFr 58,90 berühmten Hitler-Farce »Mein Kampf« über »Die Ballade vom ISBN 978-3-86930-753-4 ISBN 978-3-86930-834-0 Wiener Schnitzel« bis zu den späten, noch nie in Buchform — — publizierten Arbeiten fü r das Berliner Ensemble wie »Das eBook € 19,99 / SFr 28,00 eBook € 19,99 / SFr 28,00 Erdbeben-Concerto«. ISBN 978-3-86930-849-4 ISBN 978-3-86930-850-0 24 25 »Taboris ganzes Leben ist ein Feldzug gegen die Langeweile gewesen, ein Feldzug gegen die wichtige, bedeutende, moralische, humane, gut gemeinte Langeweile.« Péter Esterházy — Die Welt könnte so schön sein – wären da nicht die anderen, die sie einem ständig zur Hölle machen. In George Taboris vier Romanen kollidieren die Wünsche, Triebe, Moralvorstellungen ihrer Helden unentwegt mit der Außenwelt. Und diese Welt ist aus den Fugen geraten: Es herrscht Krieg, und jeder kämpft gegen jeden. Kunstfertig versetzt Tabori seine Figuren in Situ- ationen, in denen der Boden unter ihnen zu wanken beginnt. Vor bunter, multikultureller Kulisse wird der Leser in eine vertrackte Geschichte hineingezogen und erst wieder losgelas- sen, wenn nach einer Folge wohlkalkulierter Ereignisse und Konfrontationen nichts mehr von der sicher geglaubten Moral der Protagonisten übrig ist. — Das Opfer Während des Zweiten Weltkriegs in einem sloweni- schen Dorf: Was zunächst wie ein geistiges Gentleman-Duell zwischen einem Nazi-Offizier und einem englischen Haupt- mann aussieht, mündet in ein undurchdringliches Dickicht aus Lügen und Rätseln, Showdown inbegriffen. — Gefährten zur linken Hand In einem italienischen Badeort regt sich Unmut über die faschistische Herrschaft. Stefan Farkas, Autor gefeierter Boulevard-Stücke, fühlt sich dadurch in seinem Urlaub gestört. Doch das ist erst der Anfang, aus den Unruhen wird ein Sturm. — Ein guter Mord Wer hat meine Frau ermordet, die da tot in der Badewanne liegt? Das fragt sich Tristan Manasse. Ein guter Mord rollt die zunehmend dramatische Vorgeschichte auf, fördert unliebsame Wahrheiten zutage und blickt tief in das verschlungene Innenleben eines zur Verdrängung neigenden Mannes. — Tod in Port Aarif Ein arabischer Provinz-Gouverneur bittet den Chirurgen Francis Varga um Behandlung seiner Krebskrank- heit. Andere wollen El Bekkaa lieber sterben sehen, denn er ist ein Despot. Im Geflecht der Interessen stößt Varga auf erbitter- ten Widerstand von vielen Seiten. —

George Tabori Romane — Herausgegeben und mit Nachworten versehen von Wend Kässens Aus dem Englischen von Ursula Grützmacher-Tabori Band 1 / Das Opfer: 286 Seiten Band 2 / Gefährten zur linken Hand: 336 Seiten Band 3 / Ein guter Mord: 216 Seiten Band 4 / Tod in Port Aarif: 344 Seiten 13 × 20,3 cm Leineneinband mit Prägung, Lesebändchen, im Schmuckschuber Mai 2014 — € 68,00 / SFr 63,90 ISBN 978-3-86930-754-1 — eBook je € 7,99 / SFr 11,00 ISBN 978-3-86930-851-7 ISBN 978-3-86930-852-4 ISBN 978-3-86930-853-1 ISBN 978-3-86930-854-8 26 27 L.S.D. Das neue Programm Ausgewählt von Karl Lagerfeld Alexandra Harris: Virginia Woolf Virginia Woolf: Beau Brummell Michel Onfray: Leben und Tod eines Dandys Immanuel Kant: Köche ohne Zunge Gustave Flaubert: Bouvard und Pécuchet

Lagerfeld, Steidl, Druckerei Verlag 28 29 »Wer also war ich? Adeline Virginia Stephen, Nachfahrin sehr vieler Menschen, hineingeboren in eine große Verwandtschaft, nicht als Tochter reicher, aber doch wohlhabender Eltern, hineingeboren in eine sehr kommunikative,­ belesene, Briefe schreibende, Besuche abstattende, redegewandte Welt des ausgehenden neun- zehnten Jahrhunderts.« — 1907, im Alter von fünfundzwanzig Jahren und als Schriftstel- lerin, die noch nichts veröffentlicht hatte, musste sich Virginia Stephen noch alles beweisen. Sie sah sich an eine Weggabelung gekommen: »Ich werde entweder unglücklich oder glücklich sein, mich wortreich und sentimental verbreiten oder aber ein solches Englisch schreiben, dass die Seiten einmal Funken sprühen.« Und Virginia Woolfs Prosa hat Funken geschlagen, vielleicht brennt sie heute sogar heller denn je. Alexandra Harris erzählt die Geschichte einer jungen Frau mit Notizbuch, die zu einer der größten Schriftstellerinnen aller Zeiten wurde. Virginia Woolfs Leben war in jedem Augenblick intensiv; es war mutig, unabhängig von Konventionen und von psychischem Leid gezeichnet. Die Biografie wirft Schlaglichter auf die einschneidenden Ereignisse dieses Lebens, zeichnet die künstlerische Entwick- lung Woolfs nach und gibt Einblick in ihre Gedankenwelt. Sie führt uns von einer strikt getakteten viktorianischen Kind- heit zur geistigen und künstlerischen Freiheit der Bloomsbury- Boheme und zu den immer neuen schriftstellerischen Herausforderungen, denen sich Virginia Woolf mit Leiden- schaft hingibt. Diese fachkundige und hochspannende Einführung in das Leben und Schaffen Virginia Woolfs betrachtet jeden Roman im Kontext seiner Entstehung und führt uns vor Augen, warum diese einzigartige Autorin noch siebzig Jahre nach ihrem Frei- tod durch unsere Gedanken spukt und uns inspiriert. — Alexandra Harris, geboren 1981 in Sussex, studierte an der Universität Oxford und am Courtauld Institute, London. Schon für ihr erstes Buch Romantic Moderns wurde sie 2010 mit dem »Guardian First Book Award« ausgezeichnet. Alexandra Harris lehrt Englische und Amerikanische Literatur an der Univer­ sität Liverpool. —

Alexandra Harris Virginia Woolf — Biografie Aus dem Englischen von Tanja Handels und Ursula Wulfekamp 248 Seiten 15,2 × 21,7 cm 46 Schwarzweißabbildungen Leineneinband mit Schutzumschlag September 2014 — € 24,00 / SFr 34,90 ISBN 978-3-86930-835-7 — eBook € 19,99 / SFr 28,00 ISBN 978-3-86930-855-5 30 31 »Brummell, dessen Kleider den Neid von Königen erregt hatten, besaß nur noch eine vielgefl ickte Hose, die er so gut es ging unter einem zerschlissenen Mantel verbarg. Sein Haar war auf Anweisung des Arztes geschoren worden.« — In neuer Übersetzung — Am 20. November 1929 strahlte die BBC in der Reihe »Minia- tur-Biografi en« einen Beitrag von Virginia Woolf aus: eine unterhaltsame und trotz ihrer Kürze literarisch bemerkens- werte Lebensbeschreibung George Bryan Brummells. Woolf nähert sich dem »Beau«, der als Begründer des Dandytums und Pionier des guten Geschmacks galt, auf bewundernde aber nicht beschönigende Weise. Gleich zu Beginn des Textes zeich- net sie ein Bild vom alten, fi nanziell ruinierten und verwirrten Brummell, bewegt sich dann mit ihm entgegen der Chronolo- gie seines Lebens durch Glamour, mondäne Gesellschaft und das Glücksspiel. Gerade sein rhetorisches Geschick faszinierte Woolf. Denn allzu oft gab Beau schneidende Bemerkungen über andere Leute von sich. Das waren keine besonders witzigen und erst recht keine tiefsinnigen Kommentare, aber so gewandt, so verschlagen und so spitzfi ndig, dass sie unwei- gerlich im Gedächtnis blieben. Woolf präsentiert uns einen Mann, der lange in Erscheinungs- bild und rhetorischer Gewandtheit vom Schicksal begünstigt zu sein schien, und am Ende seines Lebens mit Armut und Einsamkeit dafü r bezahlen musste. Virginia Woolf veröff ent- lichte ihren Essay über Beau Brummell 1929 zunächst in einem Sammelband und 1930 in einer signierten und auf 550 Exemplare limitierten Sonderaufl age. — Virgi nia Woolf, lebte von 1882 bis 1941. Sie gehört neben Gertrude Stein zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen der Moderne und gilt als Ikone der Frauenbewegung. 1915 wurde ihr erster Roman Die Fahrt hinaus veröff entlicht. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin arbeitete sie als Essayistin und Literatur- kritikerin. Nachdem sie 1941 die Arbeit an ihrem letzten Roman Zwischen den Akten abgeschlossen hatte, wählte sie am 28. März desselben Jahres den Freitod. —

Einband

Virginia Woolf Beau Brummell — Aus dem Englischen von Tanja Handels 16 Seiten 18,5 × 24 cm Halbleineneinband mit handgefertigtem Leimpapier, Fadenheftung, Büttenpapier, im Graukartonschuber September 2014 — € 30,00 / SFr 36,00 Schuber ISBN 978-3-86930-844-9 32 33 »Der Dandy wähnt sich auf einer Stufe mit Napoleon, auch wenn die Truppen, die er befehligt und für die er sich in Schulden stürzt, nur Perückenmacher sind, Parfümeure, Modeschöpfer, Coiffeure, Barbiere, Schneider, Köche, Oberkellner und Pferdekutscher.« — Brummell war der Erste unter den Dandys, so heißt es. Doch er war auch und vor allem eine ungehobelte Person, egoistisch, aggressiv, ironisch, zynisch, unhöflich, verlogen, betrügerisch, beleidigend, arrogant, dünkelhaft, angeberisch und – natürlich – selbstzufrieden, bestand doch sein Lebensinhalt darin, den anderen ihren schlechten Geschmack vorzuwerfen, ihre Plump­heit, ihre Blasiertheit, ihren Mangel an Bildung. Diese reale Persönlichkeit Brummell, umwölkt von ihren Mythen und Legenden, war über zwanzig Jahre hinweg ein strahlender Star der mondänen englischen Gesellschaft, bevor sie sich in einem Vierteljahrhundert auf französischem Boden in eine bejammernswerte Figur verwandelte, in einen kläglichen Versager. Wie hatte ein solch verabscheuenswürdiger Mann zur Schlüs- selfigur des Dandytums werden können, einer Ethik der Eleganz und der Aristokratie, des guten Geschmacks und der Individualität? Dafür sorgte die Huldigung eines anderen Dandys, Jules Barbey d’Aurevillys Du dandysme ou de George Brummell, und dafür sorgte Charles Baudelaire. Brummell war ein Nichtsnutz, doch Barbey machte aus ihm ein schwar- zes Gestirn, Baudelaire aus ihm ein glimmendes Feuer, das nicht zu lodern beliebte. Und was machen wir heute, in diesen nihilistischen Zeiten aus dem Dandy? Hat er uns noch etwas zu sagen? — Michel Onfray, geboren 1959 in Argentan/Frankreich, gründete 2002 in Caen die Université Populaire. Jährlich besuchen Tausende Zuhörer die Vorlesungen des Philosophen, der allen Religionen eine Absage erteilte und sich für ein freies, vernunft­bestimmtes Leben einsetzt. Seine über fünzig Publika- tionen wurden in fünfundzwanzig Ländern übersetzt. —

Michel Onfray Leben und Tod eines Dandys Die Konstruktion eines Mythos — Aus dem Französischen von Stephanie Singh 80 Seiten 13,5 × 21 cm Leineneinband mit einer Zeichnung von Karl Lagerfeld, Lesebändchen, Schutzumschlag September 2014 — € 14,80 / SFr 21,90 ISBN 978-3-86930-755-8 34 35 Haben Sie Mut, sich seines Verstandes zu bedienen – und würzen Sie Ihren Alltag mit Kant! — Auf dem Küchenzettel Immanuel Kants stand täglich Senf, eine Würze, die er zu jeder Speise liebte. Dass er auch zum literarischen Hauptgang die Pointenwürze nicht verschmäht hat, zeigt dieses Brevier. Zwar ist Kant kein Aphoristiker gewesen – er hätte es nie und nimmer bei einer Sammlung von zugespitzten und aus dem Augenblick geborenen Formulierun- gen seiner Gedanken bewenden lassen können –, auf Notiz­ zetteln und an den Rändern seiner Lehrbücher aber hat der strenge Systematiker Aperçus aller Art festgehalten: Pikantes und Polemisches, Humorvolles und Tiefsinniges. So fielen neben der Kritik der reinen Vernunft wunderbare Gedanken­ splitter ab: Seufzer über die reine Unvernunft, Steine der Weisheit oder Ratschläge eines Menschenfreunds. — Immanuel Kant (1724–1804) lebte in Königsberg. Er studierte Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften, arbeitete als Hauslehrer und Bibliothekar, war lange Zeit Privatdozent und hatte ab 1770 die dortige Professur für Metaphysik und Logik inne. — Jens Kulenkampff wurde 1946 in Hamburg geboren. Er ist Professor em. für Philosophie an der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg. —

Immanuel Kant Köche ohne Zunge Notizen aus dem Nachlass — Auswahl und Vorwort von Jens Kulenkampff 96 Seiten 13,5 × 21 cm Leineneinband mit einer Zeichnung von Karl Lagerfeld, Lesebändchen, Schutzumschlag September 2014 — € 14,80 / SFr 21,90 ISBN 978-3-86930-836-4 36 37 »Diese verdammte Schwarte wird nur als Ganzes Bedeutung haben.« Gustave Flaubert — Band 1: Bouvard und Pécuchet. Das Romanfragment. Revidierte Übersetzung Zwei kleine Büroangestellte, durch eine Erbschaft unerwartet zu Geld gekommen, verlassen Paris und ziehen aufs Land. Keineswegs jedoch, um sich auf ihrem großzügigen Anwesen zur Ruhe zu setzen! Vielmehr kultivieren sie dort nicht nur versessen ihre Beete, Bäume und Felder, sondern vor allem ihren Wissensfuror. Nichts ist vor ihrem Forschungsdrang sicher: weder Ackerbau noch Medizin, weder Archäologie noch Literatur, weder Politik noch Religion. Alles nehmen Bouvard und Pécuchet sich vor, sogar die Liebe, eine Kunst, in der sie ebenso grandios scheitern wie in allen anderen auch. Erbarmungslos lässt Flaubert den Leser immer wieder aufs Neue mit seinen Helden fiebern, ohne ihnen jemals Erfolg zu gönnen. Nicht nur aus Boshaftigkeit, sondern vor allem um eines zu zeigen: den erheblichen Unterschied zwischen Bildung und Intelligenz, zwischen kennen und können. Über Bouvard und Pécuchet lacht man viel und lacht man leise – froh, dass einem selbst kein Flaubert über die Schulter sieht. — Band 2: Universalenzyklopädie der menschlichen Dummheit. Ein Sottisier. Band 3: Universalenzyklopädie der menschlichen Dummheit. Transkribierte Handschriften und Kommentare Dass Schriftsteller Materialien und Aufzeichnungen hinterlas- sen, ist nichts Neues. Wenn einer aber mehr als dreißig Jahre lang Texte für ein literarisches Vorhaben sammelt, um sich als Autor dahinter zu verstecken, markiert das den Beginn der literarischen Moderne in Europa. Auf 3500 Manuskriptblät- tern hat Flaubert festgehalten, was ihm das zeitgenössische Schriftgut an Plattitüden bot. Ob es sich dabei zunächst nur um eine Recherchearbeit handelte, ist schwer zu sagen. Fest steht, dass Flaubert in seinem Zettel­kasten zur menschlichen Dummheit zuletzt nicht weniger sah als den zweiten Band von Bouvard und Pécuchet. Fertigstellen konnte Flaubert weder den ersten noch den zweiten Teil. Sein eigenes plötzliches Ende kam ihm 1881 dazwischen. 132 Jahre nach seinem Tod erscheint der Werkkomplex nun endlich so, wie er es wollte. Band 3 enthält die Handschriften und Kommentare Flauberts zum Sottisier – in Transkription und in Übersetzung. — Band 4: Wörterbuch der gemeinen Phrasen Dieses Vademekum für den alltäglichen Schwachsinn, diese Gebrauchsanweisung für das hohle Gespräch ist auf erschre- ckende Weise aktuell geblieben. Flaubert liefert in sauberer alphabetischer Ordnung sämtliche Stichwörter samt Redens­ arten, um beim Small Talk zu brillieren. »Ausmerzen: Ein Verb, das ausschließlich für Hühneraugen und Irrlehren bestimmt ist …« »Hinterziehen: Steuern hinterziehen heißt nicht den Staat be- trügen. Sondern beweist Grips und politische Unabhängigkeit. Hat auch noch eine andere Bedeutung …« »Zeitung: Ständig dagegen vom Leder ziehen, aber dennoch alles glauben, was sie schreibt …« —

Gustave Flaubert Bouvard und Pécuchet. Der Werkkomplex — Herausgegeben, aus dem Französischen übersetzt, annotiert und mit einem Nachwort versehen von Hans-Horst Henschen Band 1: 464 Seiten, Band 2: 1040 Seiten, Band 3: 304 Seiten, Band 4: 208 Seiten 13,5 × 21 cm Vier Leinenbände im Schuber, Lesebändchen, mit eingeklebten Vignetten September 2014 — € 128,00 / SFr 166,00 ISBN 978-3-86930-668-1 38 39 »Ich kenne keinen zeitgenössischen Philosophen, der ›Bildung‹, den Grundbegriff jener Epoche von Kant und Herder bis Hegel und Marx, emphatischer, ja inbrünsti- ger nach- und ausbuchstabiert hätte als Oskar Negt.« Jürgen Habermas — Die Werkausgabe umfasst Oskar Negts Schriften in der Reihenfolge ihres Erscheinens. Sie beginnt mit der zweiten verbesserten und ergänzten Aufl age von Oskar Negts Disserta- tionsschrift Konsti tu ierung der Soziologi e als Ordnungs wissenschaft und erstreckt sich über sein umfangreiches Schaff en von den späten 60er Jahren bis zur jüngst publizierten Streitschrift Philosophie des aufr echten Gangs. Die Edition enthält außerdem die Titel, die in gemeinsamer Autorenschaft mit dem Filme- macher, Produzenten und Schriftsteller zwischen 1972 und 1992 entstanden sind, sowie den Titel Königsberg – Kaliningr ad, eine Reise zusammen mit dem Th eo- logen Hans Werner Dannowski auf den Spuren der eigenen Kindheit und gleichzeitig der großen deutschen Philosophen Immanuel Kant und Johann Georg Hamann. Mit dieser Edition sind alle bedeutenden Schriften des großen Sozialwissenschaftlers und Philosophen Oskar Negt endlich

Foto: Gerhard Steidl Gerhard Foto: wieder erhältlich. —

Auch als Einzelbände und eBooks erhältlich:

1. Konsti tu ierung der Soziologi e als Ordnungswissenschaft 11. Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche 176 Seiten — € 20,00 / SFr 28,90 — ISBN 978-3-86930-876-0 448 Seiten — € 44,00 / SFr 58,90 — ISBN 978-3-86930-886-9 eBook € 9,99 / SFr 14,00 — ISBN 978-3-86930-856-2 eBook € 9,99 / SFr 28,00 — ISBN 978-3-86930-866-1

2. Soziologi sche Phantasie und exemplarisches Lernen 12. Oskar Negt und Hans Werner Dannowski: 128 Seiten — € 18,00 / SFr 25,90 — ISBN 978-3-86930-877-7 Königsberg – Kaliningr ad eBook € 9,99 / SFr 14,00 — ISBN 978-3-86930-857-9 176 Seiten — € 20,00 / SFr 28,90 — ISBN 978-3-86930-887-6 eBook € 9,99 / SFr 14,00 — ISBN 978-3-86930-867-8 3. Politi k als Protest 240 Seiten — € 24,00 / SFr 34,90 — ISBN 978-3-86930-878-4 13. Arbeit und menschliche Würde eBook € 11,99 / SFr 17,00 — ISBN 978-3-86930-858-6 752 Seiten — € 48,00 / SFr 63,90 — ISBN 978-3-86930-888-3 eBook € 19,99 / SFr 28,00 — ISBN 978-3-86930-868-5 4. Oskar Negt und Alexander Kluge: Öff entlichkeit und Erfahrung 496 Seiten — € 48,00 / SFr 63,90 — ISBN 978-3-86930-879-1 14. Die Faust-Karriere eBook € 19,99 / SFr 28,00 — ISBN 978-3-86930-859-3 304 Seiten — € 38,00 / SFr 51,50 — ISBN 978-3-86930-889-0 eBook € 16,99 / SFr 24,00 — ISBN 978-3-86930-869-2 5. Keine Demokrati e ohne Sozialismus 496 Seiten — € 48,00 / SFr 63,90 — ISBN 978-3-86930-880-7 15. Oskar Negt und Alexander Kluge: Suchbegr iff e. 26 TV-Dialoge eBook € 19,99 / SFr 28,00 — ISBN 978-3-86930-860-9 272 Seiten — € 18,00 / SFr 25,90 — ISBN 978-3-86930-890-6 eBook € 9,99 / SFr 14,00 — ISBN 978-3-86930-870-8 6. Oskar Negt und Alexander Kluge: Geschichte und Eigensinn 1.232 Seiten — € 78,00 / SFr 105,00 — ISBN 978-3-86930-881-4 16. Der politi sche Mensch eBook € 34,99 / SFr 47,00 — ISBN 978-3-86930-861-6 592 Seiten — € 48,00 / SFr 63,90 — ISBN 978-3-86930-891-3 eBook € 19,99 / SFr 28,00 — ISBN 978-3-86930-871-5 7. Modernisierung im Zeichen des Drachen 640 Seiten — € 48,00 / SFr 63,90 — ISBN 978-3-86930-882-1 17. Nur noch Utopien sind realisti sch eBook € 19,99 / SFr 28,00 — ISBN 978-3-86930-862-3 320 Seiten — € 38,00 / SFr 51,50 — ISBN 978-3-86930-892-0 eBook € 16,99 / SFr 24,00 — ISBN 978-3-86930-872-2 8. Oskar Negt und Alexander Kluge: Maßverhältn isse des Politi schen 336 Seiten — € 38,00 / SFr 51,50 — ISBN 978-3-86930-883-8 18. Kältestr om — Kant und Marx — Wozu noch Gewerkschaft en? — eBook € 16,99 / SFr 24,00 — ISBN 978-3-86930-863-0 Gesellschaft sentw urf Europa 352 Seiten — € 38,00 / SFr 51,50 — ISBN 978-3-86930-893-7 9. Unbotm äßige Zeitgenossen eBook € 16,99 / SFr 24,00 — ISBN 978-3-86930-873-9 288 Seiten — € 34,00 / SFr 46,50 — ISBN 978-3-86930-884-5 eBook € 14,99 / SFr 21,00 — ISBN 978-3-86930-864-7 19. Philosophie des aufr echten Gangs 128 Seiten — € 18,00 / SFr 25,90 — ISBN 978-3-86930-894-4 10. Achtu ndsechzig eBook € 9,99 / SFr 14,00 — ISBN 978-3-86930-874-6 416 Seiten — € 44,00 / SFr 58,90 — ISBN 978-3-86930-885-2 eBook € 19,99 / SFr 28,00 — ISBN 978-3-86930-865-4

Oskar Negt — Die Werkausgabe Oskar Negt zum 80. Geburtstag am 1. Augu st 2014 Werkausgabe — 14 × 21,3 cm 19 Bände in Leinen mit Prägung, Lesebändchen, in Schmuckkassette September 2014 — € 380,00 / SFr 495,00 ISBN 978-3-86930-768-8 40 41 Ein erschütterndes, erschreckendes, auch heute noch wichtiges Buch – ein Denkmal. — »Es gibt Leute, die sagen, man muss vergessen können. Wie kann man seine Kinder und seinen Mann vergessen? Könnten Sie das?«, fragte Rose Grumelin den Journalisten Günther Schwarberg im Interview über ihre Kinder Eleonora und Roman. Beide wurden am 20. April 1945 mit 18 anderen jüdischen Jungen und Mädchen im Keller einer Hamburger Schule auf barbarische Weise ermordet. An den Kindern – die jüngsten fü nf, die ältesten zwölf Jahre alt – hatte der KZ-Arzt Kurt Heißmeyer monatelang pseudowissenschaftliche Expe- rimente durchgefü hrt, sie mit Tuberkulose infi ziert, ihnen die Lymphdrüsen herausoperiert. Kurz vor Kriegsende bekam SS-Obersturmbannfü hrer Arnold Strippel per Fernschreiben den Befehl, »die Abteilung Heißmeyer aufzulösen«, was nicht weniger hieß, als den Kindsmord einzuleiten und alle Beweise zu vernichten. Günther Schwarberg erzählt die traurige Geschichte der Kinder vom Bullenhuser Damm in einem ebenso sachlichen wie sen- siblen Ton. In jahrelanger Arbeit ist er den Spuren der Kinder nachgegangen, hat Eltern und Geschwister ausfi ndig gemacht, die grausame Tat und ihre Hintergründe bis ins Detail rekon- struiert. Zu seiner Recherche gehören auch die juristischen Nachspiele der Taten im Nachkriegsdeutschland, die bis heute Fragen aufwerfen. — Günther Schwarberg, geboren 1926 in Vegesack, war ein deut- scher Journalist und Autor. Er arbeitete mehr als 20 Jahre fü r den stern. Die Recherche und Aufarbeitung des Kindermords am Bullenhuser Damm wurde zu Schwarbergs Lebensaufgabe. Dafü r erhielt er, zusammen mit der Rechtsanwältin Barbara Hüsing, 1988 den Anne-Frank-Preis. Günther Schwarberg starb 2008 in Hamburg. Neben seinem Buch Der SS-Arzt und die Kinder vom Bullenhuser Damm, das 1988 bei Steidl publiziert wurde, erschienen Meine zwanzig Kinder, Die letzte Fahrt der Exodus und Der Juwelier von Majdanek (ebenfalls Steidl). — Foto: pictu re alliance / dpa pictu Foto:

Günther Schwarberg Der SS-Arzt und die Kinder vom Bullenhuser Damm — 160 Seiten 14 × 21,3 cm Broschur Mit zahlreichen Abbildungen September 2014 — € 18,00 / SFr 25,90 ISBN 978-3-86930-837-1 — eBook € 13,99 / SFr 15,99 ISBN 978-3-86930-875-3 42 43 Georges André Kohn als Zwölfjähriger bei Georges André Kohn in Neuengamme, nachdem der Kommunion. Die jüdische Familie ihm die Lymphdrüsen heraus­operiert worden waren. Kohn war zum Katholizismus konver- tiert – auch das schützte sie nicht vor der Deportation.

So sah es am Todestag der Kinder, am 20. April 1945, in Hamburg aus: der heutige Gerhart-Hauptmann-Platz, die Mönckebergstraße, im Hintergrund die Petrikirche. Zum Schutt- und Bombenräumen wurden KZ-Häftlinge aus den Lagern Bullenhuser Damm und Spaldingstraße eingesetzt. Eduard Reichenbaum aus Kattowitz, Sohn eines deutsch-polnischen Buchhandelsvertre- ters. Der Vater wurde in Auschwitz ermordet. Sein Bruder Jizhak lebt heute in Haifa.

SS-Führer Arnold Strippel am Beginn seiner Karriere. Er hinterließ eine Blutspur durch Europa.

Lungenfacharzt Dr. Kurt Heißmeyer: SS-Hauptsturmführer und KZ-Arzt Kofferberge blieben in Auschwitz zurück. Damit nichts verlorenging, hatten »Für mich gab es keinen prinzipiel- Dr. Alfred Trzebinski. Seine Mitbeteiligung die Angehörigen Namen und Geburtsdaten auf die Deckel geschrieben. len Unterschied zwischen Menschen am Kindermord war für ihn »eine barm­ und Versuchstieren.« herzige Tat«.

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Quer über das Gelände schiebt ein Mann einen andern, der im Der Alte ist Shalom Nagar. Der Kräftige ist Ben, mein Freund, der Rollstuhl sitzt. Ihr Ziel ist der Rastplatz, ein zwischen Geflügelställen im Rollstuhl, das bin ich, Moshe. und angrenzenden Wohnhäusern improvisiertes Ensemble: eine Mit Nagar ist Eichmann zurückgekehrt in mein Leben. Ich hat- Feuerstelle, auf der sich Fleisch braten und Tee zubereiten lässt, te ihn fast schon vergessen. Die Mappen, in denen Zeitungsartikel ein hölzerner Tresen, ein schlichter hölzerner Tisch, Klappstühle. über ihn und seinen Prozess gesammelt waren, lagen in einer Ecke Das Ganze hat man nachlässig überdacht; den schweren Regen, der meines Regals, begraben unter Partituren, Spinnweben verschlos- hier manchmal fällt, halten die auf sieben Pfosten gelegten Bretter sen die Bücher, die seine Untaten beschreiben, Bücher, die ich frü- kaum ab. her so oft zur Hand genommen und studiert hatte. Irgendwann ließ Der im Rollstuhl wird neben den Tisch gefahren. Den Kopf ich sie liegen. Warum? Darauf habe ich keine Antwort. Vielleicht, hält er starr, man sieht sein schmales, scharfes Profil. Kinn und weil ich nicht begriff, vielleicht, weil ich nicht mehr wusste, was ich Wangen sind glattrasiert, die grauen Haare kurz geschnitten, den begreifen wollte. Eichmann verschwand. mageren Hals wärmt ein karierter Schal. Der andere, ein kräftiger Er tauchte wieder auf, als Ben mich zu einem Filmabend mit- Mann mit Vollbart, legt ihm die Hand auf die Schulter, geht dann nahm. Gezeigt wurde »Der Henker«, ein Dokumentarfilm.­ Es ging zur Feuerstelle, wo er einen Topf Wasser aufsetzt. um Shalom Nagar, Gefängniswärter, Schächter, Heiler – den Hen­ Kurze Zeit später bringt er drei weiße Henkelbecher, in denen ker Adolf Eichmanns. Nagar war eingeladen worden zu dem Abend, Tee dampft. Aus den Jackentaschen holt er drei Birnen und ein hörten wir anschließend, jedoch nicht erschienen. Messer, teilt die Früchte, legt die Hälften neben die Becher, steckt Ich kenne ihn, sagte Ben. Er wohnt hier in Holon, nicht weit von das Messer wieder in die Tasche. Er setzt sich auf einen der Klapp­ dir entfernt. Wenn du willst, besuchen wir ihn. stühle. Von den Ställen dringen die Geräusche der Hühner, Enten Ich wusste nicht, ob ich wollte. Eichmann, dachte ich, wäre es und Gänse herüber, ein an- und abschwellender Wechselgesang, Eichmann, ihn würde ich besuchen wollen. Allein. Aber Eichmanns mit dem die Tiere sich ihres Daseins versichern. Henker? Dem Kräftigen ist sein Stuhl zu klein, immer wieder wechselt er Am nächsten Tag holte Ben mich ab. Er schob mich an Nagars die Position, erweckt den Eindruck, lieber zu stehen als zu sitzen. Häuschen vorbei, er schob mich zum Gelände am Rande des Vier­ Der Mann im Rollstuhl rührt sich kaum. Seine Beine sind gelähmt, tels, er schob mich am Schafstall vorbei und zum Rastplatz. Da war auch die Bewegungsfreiheit der Arme und des Halses ist einge- der Alte, sah aus wie im Film, saß da wie im Film. schränkt: Die Hände kann er nicht weit heben, den Kopf nur in Shalom, das ist Moshe, sagte Ben. Ein alter Freund. Er möchte kleinem Winkel drehen. dich kennenlernen. Der Alte kommt, noch immer in seinem Kittel und der blauen Nagar sah mich an mit dunklen unruhigen Augen, nickte und Schürze, die jetzt blutbefleckt ist. Er singt, während er geht. Als begann zu reden, sagte, was er im Film gesagt hatte, stellte sich er den Rastplatz betritt, wird das Singen ein Summen, summend vor mit seiner Geschichte, dem Text, den er sich auf den Leib ge- legt er dem Kräftigen die Hand auf die Schulter, summend dem im schrieben hat: Woher sollte ich denn wissen, wer Eichmann war. Rollstuhl. Dann setzt er sich zwischen die beiden und nimmt einen Adolf Eichmann, den Namen hatte ich nie gehört. Ich bin aus dem Schluck Tee. Jemen gekommen, als Junge, wisst ihr, dreizehn, vierzehn Jahre alt, Alle drei tragen die Kippa, die runde Mütze, die den Hinterkopf vom Krieg hatte man uns erzählt, von all den andern Sachen nichts. bedeckt und Gottesfurcht anzeigt. Schläfenlocken hat nur der Alte. Eichmann? Wer war das? Erst als ich ihn bewachen musste, habe Er nimmt einen weiteren Schluck aus seinem Becher, lehnt sich ich herausgefunden, wer das ist. zurück, verschränkt die Hände über der Schürze und beginnt zu erzählen: Woher sollte ich denn wissen, wer Eichmann war. Adolf Der Henker Eichmanns? Zweifel bleiben. War es wirklich Shalom Eichmann, den Namen hatte ich nie gehört. Nagar, der am 31. Mai 1962 den Knopf drückte, der die Falltür öff-

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nete, durch die Adolf Eichmann fiel, einen Strick um den Hals? mich hinein und wir fuhren los, zum Gefängnis. Am Abend sollte Waren es Nagars Hände, die in der Nacht jenes Tages Eichmanns Eichmann gehängt werden. Leichnam in den Ofen schoben, der ihn zu Asche verbrennen sollte? Alles ging schnell. Wir ließen den Strick herunter, legten die Schlin­ Nagar besteht darauf; er ist besessen von dem Menschen. Eich­ ge über seinen Kopf, und ich – ich ging dahin, wo der Tisch war. mann ist noch da, glaubt er. Eichmann wird ihn holen. Er, Shalom Ich drückte den Knopf und die Falltür öffnete sich und er fiel. Nagar, Eichmanns Henker, wird Eichmanns letztes Opfer sein. Denn Ich war sechsundzwanzig Jahre alt damals, fast noch ein Kind. eines fehlt noch. Eichmann, glaubt Nagar, ist nicht fertig gewor- Was wusste ich denn? Nie hatte ich einen Mann hängen sehen. den. Ein Jude fehlt ihm in der Rechnung.

Woher sollte ich denn wissen, wer Eichmann war. Adolf Eichmann, den Namen hatte ich nie gehört. Ich bin aus dem Jemen gekommen, als Junge, wisst ihr, dreizehn, vierzehn Jahre alt, vom Krieg hatte man uns erzählt, von all den andern Sachen nichts. Eichmann? Wer war das? Erst als ich ihn bewachen musste, habe ich herausgefun- den, wer das ist. Jetzt kenne ich ihn, jeden Tag ist er da, ich weiß alles – Wer ist jeden Tag da? Eichmann! Eichmann ist tot, Shalom. Ich war sein Leibwächter, Ben. Ich war mit ihm in seiner Zelle. Drei Wächter gab es, einen in der Zelle, einen im Vorraum, einen in dem Raum dahinter. Ich war mit ihm in der Zelle. Überallhin habe ich ihn begleitet, sogar auf die Toilette musste ich mit ihm gehen. (…) Wenn du dich lange Zeit um jemanden kümmerst, kommst du ihm nahe. Er wird dir vertraut. Er tut dir leid. Ich hätte ihn nicht schlagen können. Ich habe überhaupt nie einen Gefangenen ge- schlagen. Nachdem das Urteil verkündet worden war, kam Merhavi zu mir. Eichmann sollte aufgehängt werden, aber er hatte irgendei- nen – er wollte das Urteil nicht annehmen. Er hat Berufung eingelegt? Ja, und keiner wusste, wie lange das dauert. Merhavi kam zu mir und fragte: Shalom, wenn es so weit ist, bist du bereit, den Knopf zu drücken? Ich sagte, ich will nicht. Jeder andere wollte es tun, ich war der einzige, der nicht wollte. Am Ende wurde gelost. Und Merhavi sagte: Das ist ein Befehl, Shalom. Das Los ist auf dich ge- fallen, du wirst es tun. Als der Tag kam, ich hatte frei an dem Tag, haben sie mich ge- holt. Ich war spazieren mit Ora und unserem kleinen Sohn, da hielt ein Auto neben uns, die Tür wurde geöffnet, der Kommandant zog

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Vier Tage danach traf sie Jameson zum ersten Mal. Sie saß im Essens, das ihnen serviert worden war, war Mary übel ge­worden, Speisesaal und schaute den Kellnern und Kellnerinnen dabei zu, und sie hatte den Tisch bei erster Gelegenheit verlassen. Sie er- wie sie das Früh­stück wegräumten. Immer zwei deckten einen zählte Elizabeth, sie wolle über die Straße zum See gehen, aber Tisch ab und trugen die Überbleibsel im zum Bündel gerafften Elizabeth wusste, dass das unwahrscheinlich war und sie stattdes- Tischtuch fort, zwei andere wischten den Tisch ab und legten eine sen in ihr Zimmer zurückkehren würde. neue Decke auf, und wieder zwei andere arrangierten darauf so- Andere Gäste standen auf und gingen, bis nicht einmal mehr ein gleich das Geschirr und das Besteck für die spätmorgendlichen Dutzend übrig blieben. Die Spätankömmlinge wurden zu Tischen Gäste. Sie arbeiteten wortlos, beobachtet vom Mâitre, der sie durch gleich bei Elizabeth und den Gottliebs geführt. Fingerschnipsen und Zeigen dirigierte. Gelegentlich hielt er eins Kaum war das letzte Essen aufgetragen, stellte der Mâitre eine der Mädchen an und inspizierte, was sie gerade herbeibrachte. Auch Karte auf einen Ständer, die verkündete, dass ab jetzt kein Früh­ er arbeitete größtenteils wortlos. Wenn er etwas entdeckte, was ihm stück mehr serviert werde, und gerade, als er das tat, als er die nicht gefiel – einen unzureichend polierten Löffel vielleicht oder Karte ausrichtete und dann einen Schritt zurücktrat, um sich zu eine nicht ganz perfekt gefaltete Serviette –, nahm er den jeweili- vergewissern, dass sie ordentlich platziert war, öffnete sich die Tür gen Gegenstand zwischen Daumen und Zeigefinger hoch, hielt ihn hinter ihm, und ein Mann trat ein, der eine Zigarre rauchte und auf Armeslänge von sich weg, starrte ihn angewidert ein Weilchen eine Zeitung las, die er zu Form und Größe eines Kricketschlägers an und ließ ihn dann zu Boden fallen. Die Kellnerin musste dann gefaltet hatte. Er stieß mit dem Mâitre zusammen und warf beinahe ihr Tablett absetzen und wieder aufsammeln, was immer den den Ständer um. Er sah von seiner Zeitung auf, widmete sich einen Mann so beleidigt hatte. Der Mâitre trug ein Paar gestärkter wei- kurzen Augenblick der Bekanntmachung, sagte »Kaffee bitte« und ßer Handschuhe, die ihm als Maßstab für Perfektion schlechthin schritt dann quer durch den Speisesaal zu einem etwas abseits ge- galten. Kaum jemand von den Gästen sprach ihn jemals direkt an, legenen Tisch. und im Gegenzug kommunizierte auch er selten mit ihnen. Er war Der Mâitre folgte ihm und wedelte mit beiden behandschuhten der Steuermann, und sie waren seine Passagiere – seine Gegenwart Hän­den durch den Rauch, der im Kielwasser des Neuankömmlings musste einfach nur zur allgemeinen Beruhigung spürbar sein. hing, als schlüge er sich durchs Unterholz. Wie vorherzusehen, saßen die Gottliebs an einem Tisch ganz in »Da können Sie nicht sitzen«, sagte er. der Nähe. Insbesondere Herr Gottlieb beobachtete den Mann und »Kaffee bitte. Der Tisch ist frei. Und dort werde ich sitzen.« Der die Kellnerinnen,­ von denen die meisten jünger waren als seine Mann sprach, ohne aufzuschauen, ganz in seine Lektüre versunken. Tochter, und Elizabeth schnappte die Kommentare auf, die er an Seine Zigarre­ nahm er nur hin und wieder aus dem Mund. Er war seine Frau richtete: wie wichtig es doch sei, dass jemand die Mäd­ zweifellos Engländer,­ sprach aber mit einem Akzent, den Elizabeth chen korrigierte und dafür sorgte, dass alles wie geschmiert lief. nicht ausmachen konnte. Weder Frau Gottlieb noch Gerda reagierte mit mehr als einem ver- »Würden Sie bitte die Freundlichkeit haben, sich zu den ande- haltenen, gehorsamen Nicken auf seine Bemerkungen. ren Gästen zu setzen«, sagte der Mâitre, der seinen Zorn nun kaum Zuvor hatte Mary Elizabeth Gesellschaft geleistet. Sie hatte noch unterdrücken konnte. Frühstück für sich bestellt, doch das Essen war nicht angerührt »Ihr Landsmann«, sagte Herr Gottlieb deutlich vernehmbar zu worden. Alles, was Mary zu sich genommen hatte, war ein kleines Eliza­beth. »Wohl kaum der beste Botschafter Ihres Landes. Wun­ Stück trockenen Toastbrots,­ und sie hatte es fertiggebracht, auch dert mich bloß, dass er nicht noch seine Stiefel auszieht, um es sich davon noch das meiste in Krümeln wieder von ihren Lippen zu bequemer zu machen.« Er sprach Deutsch und lachte über seine wischen. Ihr war während der Nacht erneut schlecht gewesen, Bemerkungen. Seine Tochter fing an, zu übersetzen, was er gesagt und der kaum überdeckte Geruch danach war Elizabeth beim Ein- hatte, doch er unterbrach sie. tritt in ihr Zimmer entgegengeschlagen. Sie hatte sich jeder Bemer- »Und würden Sie bitte die Freundlichkeit haben, meinem kung enthalten. Von dem Anblick und dem Duft des gekochten Wunsch nachzukommen und mir ein Kännchen Kaffee zu brin-

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gen«, sagte der Engländer zum Mâitre. Er sprach mit leiser, ruhiger Stimme; er weidete sich nicht an den Unannehmlichkeiten, die er dem Mann bereitete. »Sie sind kein Gast hier.« »Das muss ich auch nicht sein.« Der Mâitre machte kehrt und ging davon. »Er heißt Jameson«, sagte Gerda zu Elizabeth. »Er kommt oft hierher. Ist immer dasselbe mit ihm.« »Und ist der Mâitre auch immer so wenig zuvorkommend?« sagte Elizabeth. Die Antwort bekam sie von Jameson höchstpersönlich: »Der passendere Ausdruck lautet ›unverschämt‹. Oder ›grob‹ womöglich. Aber bitte lassen Sie sich von mir nicht stören.« Er schaute sich im Raum nach den wenigen anderen Gästen um, von denen die meis- ten ihn jetzt beobachteten. »Bitte um Entschuldigung«, sagte er di- rekt zu Elizabeth. Er ließ seinen Blick auf ihr ruhen, schien sie zu taxieren. Um sich herum hörte Elizabeth Flüsterstimmen, die seine Worte übersetzten. Nur noch wenige Kellnerinnen gingen zwischen dem Speisenden hin und her. Das Mädchen, das Elizabeths Tisch ab- deckte, tat das, ohne Jamesons Platz aus den Augen zu lassen. »Kennen Sie ihn?« fragte Elizabeth sie auf Französisch. »Den kennt jeder«, sagte das Mädchen.

»Der Roman ähnelt einem dieser Träume, aus denen man erwacht, nur um wieder einzuschlafen und dort weiterzumachen, wo man stehengeblieben war: er hat diese Kohärenz und innere Notwendigkeit. Von seiner sprachlichen Kraft abgesehen, zeigt dieses Buch, wie wahr Platos Satz ist, dass nur die Toten je das Ende des Krieges sehen.« The Times — »Ein einzigartiges und wichtiges Buch. Was diesen Roman auszeichnet, ist Edrics Gespür für Bilder. Man fühlt die Wände aus Eis, die Schwärze des im Schatten des Berges liegenden Wassers, wie in einem Gemälde von Tissot sieht man die mit steifem schneeweißen Leinen eingedeckten Restauranttische, die schwach- brüstigen Feuer in den Kaminen hoher Zimmer, die auf Betten geworfene Kleidung einsamer Frauen, man riecht die nassen, dunklen Straßen dieser gehässigen kleinen Stadt. Ich glaube keinem, der behauptet, er liest dieses eisige, schmerzhafte Buch nicht in einem Rutsch zu Ende.« Literary Review — 54 55 Vertreter Verlag

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