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www.ssoar.info "Nicht ob, sondern wie?" Oder: Schrittchen für Schrittchen ins Paradies Völker, Wolfgang Veröffentlichungsversion / Published Version Rezension / review Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Völker, W. (2013). "Nicht ob, sondern wie?" Oder: Schrittchen für Schrittchen ins Paradies. [Rezension des Buches Wege zum Grundeinkommen: Zukunft des Sozialen, hrsg. von D. Jacobi, & W. Strengmann-Kuhn]. Widersprüche : Zeitschrift für sozialistische Politik im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich, 33(130), 121-129. https://nbn- resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-48368-7 Nutzungsbedingungen: Terms of use: Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine This document is made available under Deposit Licence (No Weiterverbreitung - keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Redistribution - no modifications). We grant a non-exclusive, non- Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares, transferable, individual and limited right to using this document. persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses This document is solely intended for your personal, non- Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für commercial use. All of the copies of this documents must retain den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. all copyright information and other information regarding legal Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle protection. You are not allowed to alter this document in any Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen way, to copy it for public or commercial purposes, to exhibit the Schutz beibehalten werden. 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Bildungswerk Berlin der Hein ein Grundeinkommen eingeführt wer rich-Böll-Stifiung, Berlin 2012, ISS S., den könnte. Aus dieser Debatte wollen sie ISBN 978-3-92799S-02-4 auch „Schlussfolgerungen für die Einfüh rung anderer gesellschaftlicher Reform Dass die Herstellung dieses Sammelban projekte ziehen“ (8). Unter realpolitischen des aus der den Grünen nahestehenden Gesichtspunkten der Weiterentwicklung Heinrich-Böll-Stiltung von der Stiftung des Sozialstaats in einer ökologisch-sozi der Deutschen Klassenlotterie unterstützt alen Reformperspektive sind das sicher worden ist, mag manche Leserinnen und notwendige Fragestellungen. Aber auch Leser zum Schmunzeln bringen. Schließ die hier ausgebreitete Debatte leidet dar lich nährt sich die Lotterie-Stiftung aus unter, letztlich ein gemeinsames Konzept dem Geld, dass Menschen ausgeben, um des В GE oder zumindest die realpolitische das große Los zu ziehen und unabhängig Vereinbarkeit disparater BGE-Ansätze von der Lohnarbeit zu werden oder um zu unterstellen. Schließlich gibt es, wie sich zumindest mit mehr Geld auch mehr auch der vorliegende Band zum Ausdruck Muße und soziale Sicherheit für ihr wei bringt, sehr unterschiedliche Konkretisie teres Leben leisten zu können. Ein Lotte rungen des В GE, die sich sowohl in ihren riegewinn wird wohl von kaum jemandem Gesellschaftsanalysen und Begründun unter normativen Aspekten der Gerech gen als auch in ihren Zielen und in ihrer tigkeit diskutiert werden, denn er gilt als konkreten Ausgestaltung unterscheiden. Produkt zufälligen Glücks. Die Idee eines Hier von politischen Vereinbarkeiten und bedingungslosen Grundeinkommens für Gemeinsamkeiten auszugehen oder diese alle ist dagegen heftig umstritten. Ja, selbst anzustreben ist wenig überzeugend. die unzulänglichen und an reichliche Bedingungen geknüpften Regelsätze der Den Herausgebern zufolge sind „drei aus Grundsicherungen werden immer wieder strategischer Sicht grundlegende Ent mit dem Vorwurf konfrontiert. Normen scheidungen“ (9) zu treffen. Die erste der Leistungsgerechtigkeit zu verletzen. lautet. „Soll ein Grundeinkommen in Dirk Jacobi weist in der Einleitung einem Schritt eingeführt werden“, um des vorliegenden Buches zu Recht darauf die vorhandenen sozialen Sicherungssys hin, dass die Diskussionen um ein (bedin teme „auf einen Schlag“ umzugestalten, gungsloses) Grundeinkommen (im Fol oder soll es „mittels einer schrittweisen genden: В GE) nicht nur in Deutschland Reform [...] angestrebt werden?“ (9). Die immer wieder um die zwei Fragen kreisen, zweite Frage ist, ob ein Grundeinkom ob ein bedingungsloses Grundeinkom men auf lokaler, nationaler oder internati 122 onaler Ebene eingeführt werden soll (10), sich ergänzen) zum BGE und schließ und die dritte Entscheidung betrifft die lich „die Artikulation und Organisation Frage, „ob in einer Ein-Themen-Bewegung der Grundeinkommensbewegung selbst“ Unterstützung für das Grundeinkommen (14). In diesen Hindernissen tauchen die gesucht werden sollte oder ob eine Ein eingangs genannten politisch-normativen bettung und eine Verknüpfung mit ande Konflikte um Gerechtigkeits- und Nor- ren sozial- und gesellschaftspolitischen malitätsvorstellungen wieder auf Was Reformprojekten mehr Erfolg verspricht“ auch kein Wunder ist, denn solche Kon (10). Auch diese Fragestellungen sind in flikte sind ein nicht wegzudenkender einer realpolitischen Reformperspektive Bestandteil der (sozial)politischen Ver zweifellos richtig, selbst wenn sie ange ständigung, egal ob man über das Betreu sichts der realen gesellschaftlichen Kräfte ungsgeld, die Praxisgebühr, einen Min verhältnisse hierzulande jenen fdauch von destlohn oder BGE-Konzepte diskutiert. gänzlicher Andersartigkeit und Utopie Deswegen treten sie auch in vielen der verspüren lassen, der auch Texte zum BGE Texte dieses Sammelbandes wieder her z.B. aus dem politischen Spektrum der vor, auch wenn er sich „Wege zum Grund Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen einkommen“ betitelt. kennzeichnet. Diese politische Wahrneh Unter der Überschrift „Reformpfade“ mung oder dieser Eindruck beim Rezen sind Aufsätze von Stephan Eessenich, von senten rührt wohl daher, dass solche Pro PhÜippe Van Parijs und Yannick Vander- jekte, egal ob realpolitisch oder radikal borght (auf Englisch), Sebastian Duwe/ reformerisch gedacht, nur auf der Basis MÜena Büchs/Nicholas Bardsley, Ulrike starker sozialer und politischer Bewegun Herrmann und Katja Kipprng versam gen wachsen können. Das ist auch den melt. Stephan Eessenich (Professor an der Eierausgebern klar, denn sie benennen Uni Jena, Mitglied der Prokla-Redaktion offen die „Eiindernisse“, die auf dem Weg und Kuratoriums-Sprecher des Instituts zum Grundeinkommen auftauchen wer Solidarische Moderne) führt in seinem den: die widerstreitenden Gerechtigkeits Text „gute Gründe für ein Grundeinkom vorstellungen in der Bevölkerung und men plus“ vor (17-33). Dieser äußerst die - trotz des weit verbreiteten Traums lesenswerte Beitrag - eine Kurzfassung vom Eotterie-GIück - mehrheitliche der Expertise zum BGE für die Fried- Befürwortung von Eeistungsgerechtig- rich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2009 - keit. Elinzu kommt: die mögliche Beein besticht dadurch, dass er das Grundem- trächtigung der wirtschaftlichen Voraus kommen als „unverzichtbaren Baustein bei setzungen, der Ausschluss von Teilen der der politischen Konstruktion eines neuen, Bevölkerung aus der Teilhabe an Erwerbs den gesellschaftlichen Herausforderungen arbeit, die Pfadabhängigkeit sozialstaat- gewachsenen Sozialstaats“ begreift und licher Umbauprozesse, die der BGE-Idee „begründet (...), warum das Grundein unzuträglichen politisch-institutionellen kommen eben nur ein Baustein einer weit Entscheidungsstrukturen, die Position aus umfassenderen gesellschaftspolitischen der Gewerkschaften (und anderer gesell Reformstrategie sein kann“ (17). Eesse- schaftlicher Großorganisationen, so ließe nichs Argumentation passt übrigens gut Rezensionen 123 mit der aus der linken emanzipatorischen senich ein „Dreh- und Angelpunkt“ künf BGE-Diskussion bekannten „Triadenfor tiger sozialpolitischer Konflikte. Denn bei derung“ zusammen (BGE + Mindestlohn der Frage des „freien und gleichen Zugangs + Arbeitszeitverkürzung) und ist auch ver zu öffentlichen Leistungen“ geht es darum, knüpfbar mit grundlegenden Debatten wie universell die Partizipation wirklich um einen „demokratischen Sozialstaat“ ist: Ist sie „geschlechtergerecht und her- (vgl. Lessenich/Möhring-Hesse 2004) kunlfsneutral“? W ie steht es um die „wirt- oder eine „Sozialpolitik als Infrastruk schalfsdemokratischen Ansprüche“, also tur“, wie sie in der Redaktion des links die Demokratie hinter den Unternehmens netz und der Zeitschrilf Widersprüche seit türen? (23). An die Frage der Universa etwa 2004 geführt wird. Er beschreibt das lität unmittelbar anknüpfend steht die BGE als „materielle Fundierung“ solcher Anforderung an zukünftige sozialstaatli Reformprojekte. Das BGE steht bei ihm che Regulierungen, „individuelle A utono für die „Freiheit von...“ und Elementen m ie“ zu gewähren