Ausg. Nr. 98 • 02. August 2011 Unparteiisches, unabhängiges und kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at Österreich hat die Balance gewahrt

Österreich hat in der Krise erfolgreich Balance gewahrt zwischen Sparsamkeit, Wettbewerbsfähigkeit und sozialem Ausgleich – und beeindruckt auch in einem Wirtschaftsbericht der OECD. Foto: BKA/HBF / Andy Wenzel

Am 8. Juli wurde im Dachfoyer der Wiener Redoutensäle der Wirtschaftsbericht 2011 vorgestellt. Im Bild (v.l.) Bundeskanzler , Verkehrsministerin , Finanzministerin Maria Fekter und Wirtschaftsminister .

ie Zusammenarbeit in Österreich sei vor- (ÖVP), vorstellte. „Länder wie Österreich „Österreich hat in der Wirtschaftskrise Dbildlich, „dafür werden wir in anderen und Deutschland, die nicht nur auf rigoroses nicht versucht, gesellschaftliche Gruppen Ländern beneidet. Der Wirtschaftsbericht Kürzen und Sparen gesetzt haben, haben die gegeneinander auszuspielen. Wir wollten 2011 spiegelt das wider“, sagte Bundeskanz- Krise am besten bewältigt. Wir haben die auch nicht, daß die Hoffnung in den Staat ler Werner Faymann (SPÖ) am 8. Juli bei der Balance gewahrt, indem wir neben einer erschüttert wird. Vielmehr haben wir der Präsentation des Berichtes, den er gemein- sparsamen Ausgabenpolitik auch die Wett- Kaufkraft und dem sozialen Ausgleich große sam mit Finanzministerin Maria Fekter bewerbsfähigkeit und die Kaufkraft ange- Bedeutung zugemessen“, sagte der Bundes- (ÖVP), Infrastrukturministerin Doris Bures kurbelt haben. Österreich hat es auch ge- kanzler vor Vertretern von Politik, Wirtschaft (SPÖ) und dem Herausgeber des Berichts, schafft, seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhö- und der Presse. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hen, das zeigt sich im Export“, so der Kanzler. Lesen Sie weiter auf der Seite 3 ¾ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 2 Die Seite 2

Liebe Leserinnen und Leser, die Trauerfeierlichkeiten zum Tod Otto von Habsburgs waren an mehreren Orten abgehalten worden: in Pöcking, München, Mariazell, Wien, Pannonhalma und Budapest. Tausende Menschen nahmen vom Sohn des letzten regierenden Kaisers Abschied. Das Requiem im Stephansdom führte nicht nur gekrönte Häupter und Vertreter vieler Länder nach Wien, sondern setzte durch die Teilnahme von Bundes- präsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann und ande- ren hochranigigen Sozialdemokraten einen Schlußstrich unter die 25 Jahre Landeshauptstadt St. Pölten S 13 Differenzen vergangener Jahrzehnte. Auch durch seinen Tod hat der Demokrat Otto von Habsburg zu einer Aussöhnung beigetragen. Michael Mössmer

Der Inhalt der Ausgabe 99

Wirtschaftsbericht der OECD 8 AIRPOWER11 übertraf alle Kärnten bekommt 164 zwei- Erwartungen 69 sprachige Ortstafeln 10 Kaiserliche Geburtstagsparty 70 25 Jahre NÖ Landeshauptstadt 13 Würdigung für Andreas Khol 72 Otto von Habsburg ist gestorben S 60 Steiermark schafft Porporz ab 15 Zahlreiche renommierte Preise Polens Ministerpräsident auf Staatsbesuch 16 für IST 75 Jerzy Buzek zu Gast in Wien 20 Intelligente Äste von Nervenzellen 77 Doppelt Grund zur Freude für Neue Erkenntnisse zum Kroatien, Österreich und die EU 24 »wundersamen« Stern Mira 78 Donauraumstrategie bietet Prostatakrebs: Forscher tüfteln Chancen für NÖ und OÖ 25 an verbesserter Therapie 79 Jung, engagiert, freiwillig… 27 Tirol: Ein Land auf der »Couch« 80 »Burgenland Journal« Effizientes Notarztwesen 66. Bregenzer Festspiele S 82 Modernisierung der bgld. in Niederösterreich 81 Wirtschaft wird fortgesetzt 30 66. Bregenzer Festspiele 82 Sparen durch nachhaltige 32 91. Salzburger Festspiele 86 Auch Alleinerziehende haben Anspruch auf erholsamen Urlaub 33 Aufklärung auf Alt-Österreichisch Umfahrung Oberwart feierlich Von Gerhard Gutruf 90 eröffnet 35 Ein Haus aus Licht und Schatten Neue Anrufsammeltaxis gebaut. 300 Jahre Schloß Halbturn im Seewinkel 36 Von Georg Halbgebauer 93 Sommerspaß für die ganze Familie 37 Neusiedlersee. Das Meer der 91. Salzburger Festspiele S 86 Die Geschichte des Burgenlandes 39 Wiener. 97 LH Durnwalder: Zwei Mal Rom 48 »Paradies der Blicke« neben dem Durnwalder gratuliert Bergbahnhof der Schneebergbahn 100 neuem Bischof 49 5. Schrammel.Klang.Festival Unionsbürger in Not haben Von Gerhard Schiller. 102 Anspruch auf Hilfe! 50 Abschied von den »Stoanis« 106 Österreich profitiert 51 Wiltener Sängerknaben reisen Erfreuliches aus dem Tourismus 52 nach China 107 Agraraußenhandel 2011 schlägt alle bisherigen Rekorde 54 Serie K.u.K. Jugendstil von Österreichs Banken bestehen Prof. Peter Schubert. Diesmal: Schrammel.Klang.Festival in Litschau S 102 den EBA-Streßtest 56 Österreichischer Jugendstil Soziale Produktion: Nachhaltiger im Ausland 108 Pluspunkt für die NÖ Wirtschaft 57 Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Serie »Österreicher in Hollywood« Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- Jede 3. Haupturlaubsreise findet v. Rudolf Ulrich. Diesmal: Schau- ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- im Winter statt 58 spieler u. Regisseur Paul Henreid 112 ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- Kontaktloses Zahlen kommt torat: Maria Krapfenbauer. Jede Art der Veröffentli- nach Österreich 59 Der Wienerwald 116 chung nach Rückfrage und Quellenangabe ausdrück- lich erlaubt. Fotos Seite 1: BKA/HBF / Andy Wenzel. Otto von Habsburg ist gestorben 60 Nie war heiraten romantischer Seite 2: mss / Vorlaufer; Ottovonhabsburg.org; Bre- Die schönsten Oldtimer auf dem Traumhochzeiten in Bayerns prächtig- genzer Festspiele / Karl Forster; Salzburger Fest- höchsten Berg Österreichs 68 sten Burgen und Schlössern 119 spiele; Karl Satzinger

In Zusammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher-Weltbund und »Rot-Weiss-Rot« – http://www.weltbund.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 3 Innenpolitik

Andere Länder hätten unter anderem päischer Ebene ein gemeinsames, soziales einem starken Aufschwung“, erklärte Wirt- nicht nur große Probleme wegen der enor- und nachhaltiges Wirtschaftsprojekt“, so der schaftsminister Reinhold Mitterlehner. „Die men Schuldenlast, sondern auch wegen Bundeskanzler. guten Wirtschaftsdaten sind allerdings kein mangelnder Wettbewerbsfähigkeit. Das sei „Wir müssen daher Reformen vorantrei- Anlaß zur Selbstzufriedenheit. Jetzt geht es mitunter auch der Grund, weshalb sich ben und eine aktive Rolle in der Gestaltung vielmehr darum, den Aufschwung nachhal- Europa so unterschiedlich entwickle. „Wir übernehmen. Bei allen politischen und ideo- tig zu stärken und den Strukturwandel vor- müssen also vor allem auf die Wettbewerbs- logischen Unterschieden müssen wir die Ge- anzutreiben. Neben guten Rahmenbedingun- fähigkeit achten, dabei aber auch bedenken, meinsamkeit in den Vordergrund stellen“, gen braucht es dafür auch eine optimistische daß wir diese Unterschiede in Europa nicht sagte Faymann und bedankte sich abschlies- Grundstimmung, die ein entscheidender von heute auf morgen beseitigen können. send noch einmal für die gute Zusammen- Faktor für die Kaufkraft der Bürger und die Das erfordert unser aller gemeinsames Han- arbeit. Investitionsentscheidungen der Unterneh- men ist. Denn die Wirtschaftsforschungsin- stitute prognostizieren uns für 2012 ein etwas schwächeres Wachstum. Hier sollten wir nicht zu weit zurückfallen“, so Mitter- lehner. Neben den steigenden Investitionen sieht Mitterlehner vor allem die Exporte als Trieb- feder für das Wachstum. Die Ausfuhren sind allein in den ersten vier Monaten 2011 ge- genüber dem Vorjahreszeitraum um 19,7 Pro- zent auf ein Volumen von 39,5 Milliarden Euro gewachsen. „Wir profitieren von der Stärke Deutschlands und unserer Zuliefer- Funktion dorthin. Gleichzeitig sind wir auch in neuen Märkten gut aufgestellt. Mit unse- rer Internationalisierungs-Offensive wollen wir daher vor allem die Erschließung von Ländern wie Brasilien, Indien, Rußland und Foto: BKA/HBF / Andy Wenzel China weiter forcieren. Eine stärkere Diver- Bundeskanzler Werner Faymann: »Der Wirtschaftsbericht zeigt, daß es in vielen Bereichen sehr gut gelaufen ist.« sifizierung ist hier der Schlüssel zum Er- folg – auch weil uns das hilft, unser Risiko deln und eine sichere Hand innerhalb der Europäischen Union.“ Faymann freute sich über den durchwegs positiven Wirtschaftsbericht: „Wir müssen stolz sein auf jene Maßnahmen, die wir ge- setzt und die geholfen haben. Der Wirt- schaftsbericht zeigt, daß es in vielen Berei- chen sehr gut gelaufen ist. Österreich hat während der Krise nicht zugeschaut, sondern agiert“. Die Wirtschaft und die Politik müß- ten gemeinsam dafür sorgen, daß Österreich in Europa und international wettbewerbsfä- hig bleibe. In der Vergangenheit hätten derartige Kri- sen oft zu Radikalismus, Nationalismus bis hin zu Kriegen geführt, doch die Europäi- sche Union sei ein Garant dafür, daß solche Entwicklungen keinen Boden fänden. „Wir haben aus der Vergangenheit gelernt und die Foto: BMWFJ / Georges Schneider Europäische Union als Friedensprojekt auf- Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sieht neben den steigenden Investitionen gebaut. Jetzt gilt es mit längerem Atem und vor allem die Exporte als Triebfeder für das Wachstum. im Sinne der Nachhaltigkeit das Projekt Eu- ropa zu gestalten. Wir wollen dabei die Mitterlehner: Aufschwung stärken, besser zu verteilen“, so Mitterlehner unter Europäische Union aber nicht schönreden. Strukturwandel vorantreiben Verweis auf die kürzlich verlängerte Export- Österreich hat als Modell-Region in Europa „Unsere Wirtschaft boomt. Nach der förderung „go international“, in die allein auch viele Standards, die oft verteidigt wer- Krise des Jahres 2009 sind wir nicht mehr in das Wirtschaftsministerium 35 Millionen den müssen. Dennoch wollen wir auf euro- der Phase der Erholung, sondern schon in Euro investiert.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 4 Innenpolitik

Breiten Raum widmet der neue Wirt- Bures: Wachstum durch Investitionen Straßennetz investiert wird, die Hälfte davon schaftsbericht dem Wettbewerbsbereich, wo in Infrastruktur und Forschung für Verkehrssicherheit. „Meine Vorgaben Mitterlehner vor allem das Wettbewerbsbe- „Die OECD bestätigt die österreichischen beim Straßenbau sind klar: Investieren ja, wußtsein der Konsumenten weiter fördern Schwerpunkte der Investitionen, nämlich In- aber intelligent investieren, denn nicht jede will – zum Beispiel über mehr Transparenz frastruktur, Bildung und Forschung“, erklär- Straße muß eine Autobahn sein.“ am Treibstoffmarkt durch die neue Sprit- preis-Datenbank sowie die Erhöhung der Wechselraten im Energiebereich. So liegt etwa das Sparpotential beim Wechsel vom regionalen Standardanbieter zum Billigstbie- ter von Strom und Gas bei bis zu 210 Euro pro Jahr. „Neben dem effizienteren Einsatz von Energie hilft uns auch das Ankurbeln des Wettbewerbs gegen die Inflation“, so Mitterlehner. Um den Aufschwung weiter zu beschleu- nigen, setzt das Wirtschaftsministerium heuer eine Mittelstands-Offensive um. „Mit einer ,Triple-I-Strategie‘ unterstützen wir vor allem kleine und mittlere Unternehmen beim Strukturwandel – also tendentiell weg von der starken Ausrichtung auf In- vestitions- und Sachgüter hin zu wissensba- sierten Dienstleistungen und Innovationen. Daher wollen wir auf allen Ebenen entspre- Foto: bmvit / Peter Rigaud Infrastukturminiserin Doris Bures: »Die Österreicherinnen und Österreicher fordern chende Innovationspotentiale heben, Inve- Antworten für die wichtigen Zukunftsfragen.« stitionen unterstützen und die Interna- tionalisierung fördern“, bekräftigte Mitter- te Infrastrukturministerin Doris Bures. Auch In die angewandte Forschung investiert lehner. die EU stelle in ihrem Budgetvorschlag die das Infrastrukturministerium heuer 420 Mil- Ein Schwerpunkt liege dabei auf der Un- Weichen in diese Richtung. Im ersten Ent- lionen Euro. Das sind fünf Prozent mehr als terstützung von nachhaltigen Forschungs- wurf zum EU-Budget sei auch die Süd- im Vorjahr. „Wir bleiben auf dem Wachs- aktivitäten und Öko-Innovationen. „Damit strecke als prioritäre TEN-Strecke enthalten. tumspfad. Bis 2014 steigern wir diesen Be- können wir uns gerade im internationalen „Damit haben wir die Chance, daß die für trag um 2,5 Prozent jährlich“, so Bures. Vier Wettbewerb hervorragend positionieren“, so Österreich so wichtige Südstrecke weiter klare Themenfelder seien für diese Investi- Mitterlehner, der in diesem Zusammenhang aufgewertet und ihre europäische Bedeutung tionen definiert: Verkehr und Mobilität, auch auf das neue Ökostrom-Gesetz ver- bestätigt wird“, so die Ministerin. Energie und Umwelt, IKT und intelligente wies. „Bis 2020 lösen wir mit unserem Aus- Österreich sei wegen kluger Investitionen Produktionstechnologien. „Denn die Öster- bauprogramm Investitionen von rund zwölf vergleichsweise gut durch die Wirtschafts- reicherinnen und Österreicher fordern Ant- Milliarden Euro in grüne Technologien aus“, krise gekommen. „Die Wirtschaft nimmt worten für die wichtigen Zukunftsfragen: sagte Mitterlehner. Weitere Impulse in die- Schwung auf, in keinem Land gibt es weni- Wie schaffen wir es, Energie effizient zu sem Bereich setze die Förderoffensive für ger Menschen ohne Arbeit. Auch deswegen, nutzen und künftig ohne Atomstrom auszu- die thermische Sanierung. weil wir in die Forschung und eine moderne kommen? Wie machen wir den Produktions- Der „Wirtschaftsbericht Österreich 2011“ Infrastruktur investiert haben“, so Bures. Die standort fit für die Zukunft? Wie können wir wurde unter Federführung des Wirtschafts- Rekordinvestitionen von 19,5 Milliarden die Produktion in Österreich halten?“, so die ministeriums in enger Abstimmung mit dem Euro in Bahn und Straße und die 420 Mil- Ministerin. Finanzministerium verfaßt. Weitere wichtige lionen Euro im heurigen Jahr für angewand- Bereits heute schafften österreichische Inputs und Informationen kommen von allen te Forschung schaffen Wachstum und Arbeit. Unternehmen in den Bereichen Biomasse, Ressorts der Bundesregierung sowie von der Allein die 13,5 Milliarden für den Schienen- Photovoltaik, Solarthermie und Wärmepum- Europäischen Kommission, OECD, WIFO, ausbau bis 2016 erwirken im Bau und in der pen 28.000 Arbeitsplätze. Diese Unterneh- IHS und der Bundeswettbewerbsbehörde. Betriebsphase 80.000 Arbeitsplätze – außer- men sind international gefragt, so stamme Dazu kommt das Kapitel „Stimmen aus halb der ÖBB. Auch die EU setze beim jeder dritte Sonnenkollektor aus Österreich. Österreich“, in dem Analysen von re- neuen Budget auf Infrastruktur- und For- Das sieht Bures auch als einen Erfolg von nommierten Ökonomen aus der Wissen- schungsinvestitionen. Nach dem Entwurf langjähriger, gezielter Forschungsförderung. schaft sowie von den wichtigsten Banken der Kommission werden die Mittel für diese Gerade bei der Energieforschung gebe es dargestellt werden. „Der Wirtschaftsbericht Zukunftsbereiche massiv erhöht. enorme Wachstumsraten, die öffentliche soll nicht nur eine Dokumentation der Ver- Beim Infrastrukturausbau bekräftigte Bu- Förderung lag im Vorjahr bei 120 Mio. Euro, gangenheit sein, sondern vor allem auch Per- res den Vorrang für die Schiene. Zugleich viermal so viel wie im Jahr 2007. Genauso spektiven für die Zukunft aufzeigen“, sagte wies sie aber auch darauf hin, daß bis 2016 zielgerichtet und strategisch sei die Förde- Mitterlehner. rund 6,5 Milliarden Euro in das hochrangige rung in den anderen Forschungsbereichen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 5 Innenpolitik aufgestellt. „Österreich muß dort dabei sein, wo Innovation passiert, unsere Unternehmen brauchen sich nicht zu verstecken.“ Als Beispiele führte die Ministerin das Innovationszentrum Skolkovo nahe Moskau an. Dort entstehe gerade ein zweites Silicon Valley – mit österreichischen Unternehmen. „Vor sechs Wochen habe ich in Moskau erste Gespräche geführt, diese Woche habe ich in Wien eine Kooperationsvereinbarung unter- zeichnet“, erinnerte Bures. Auch in China sei Österreich ganz vorne dabei. Die Stadt Nan- chang mit fünf Millionen Einwohnern soll eine Smart City werden. Bis zu drei Milliar- den Euro würden für die energiesparende, klimaverträgliche Stadt der Zukunft inve- stiert. Die Planung und Konzepterstellung dafür kommt aus Österreich, vom Austrian Institute of Technology (AIT). „Die Verant- Foto: BMF / Georges Schneider wortlichen in China wollten die Besten und Finanzministerin Maria Fekter: »Derzeit zahlen wir … pro Stunde rund eine Million Euro alleine für die Zinsen der Schulden der Vergangenheit. Das ist zuviel!« wir haben uns gegen viele Bewerber durch- gesetzt“, so die Ministerin. Wachstum schaffen zu können. Konkretisiert die Staatsschulden auf Rekordhöhe zu tra- bedeutet das, die Internationalisierung vor- gen. Wenn die Regierung nicht rasch den Fekter: Brauchen soliden Staatshaus- anzutreiben, neue Wachstumsquellen zu er- Ernst der Lage erkennt und einlenkt, dann halt und funktionierendes Währungs- schließen, den Fokus auf Bildung, For- steuert Österreich in den kommenden Jahren und Finanzsystem schung und Innovation zu setzen sowie sta- auf eine ähnlich dramatische Situation zu, Finanzministerin Maria Fekter stellte bile Rahmenbedingungen für den Kapital- wie sie jetzt Griechenland hat. Deshalb brau- fest, ein Staat könne erst das verteilen, was markt zu schaffen. Darüberhinaus gilt es ein chen wir eine in der Verfassung verankerte zuvor erwirtschaftet worden sei: „Zentrale wettbewerbsfähiges Steuersystem zu gene- Schuldenbremse“, so Bucher. Die Schulden, Aufgabe des Bundesministeriums für Finan- rieren. „Ich habe klare Vorstellungen, in wel- die heute von Rot und Schwarz gemacht zen werden daher auch in Zukunft Defizit- che Richtung wir in Zukunft gehen wollen - würden, müßten die nächsten Generationen abbau und die Attraktivierung des heimi- mein Motto: weniger, einfacher, leistungsge- bezahlen. „Die ÖVP soll nicht von einer schen Wirtschaftsstandorts sein.“ rechter und die Familien entlasten“, so Schuldenbremse fantasieren, sondern diese „Um eine sichere Zukunft in Wohlstand Fekter. BZÖ-Forderung auch rechtlich verpflich- für alle Generationen zu gewährleisten, Als dritten Eckpunkt nannte Fekter die tend einführen“, so Bucher, der darauf ver- brauchen wir einen leistungsfähigen Staat, Wichtigkeit der Stabilisierung des Euro und wies, daß die ÖVP seit 26 Jahren ununter- eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und eine der Finanzmärkte. „Die österreichische Wirt- brochen in Regierungsverantwortung sei und innovative und eigenverantwortliche Gesell- schaft hat im vergangenen Jahrzehnt enorm alle Schuldenbudgets mitbeschlossen habe. schaft“, so Fekter weiter und sprach sich vor von der Europäischen Erweiterung und der Bucher kritisiert auch ÖVP-Wirtschafts- diesem Hintergrund daher ganz klar für das gemeinsamen Währung profitiert. Daher minister Mitterlehner, der vor einem schwä- aktive Vorantreiben der Budgetkonsolidie- müssen wir unser Möglichstes tun, dies auch cheren Wachstum warnt. „Die BZÖ-Lösung rung aus: „Für mich steht die konsequente für die Zukunft sicherzustellen – durch Ver- ist unkompliziert: Steuern mittels BZÖ-Flat- Rückführung des Budgetdefizits bis 2013 besserung der wirtschaftspolitischen Steue- Tax senken und durch die dadurch gestärkte auf unter 3 Prozent und dadurch mittelfristig rung und die Schärfung von Sanktionsme- Kaufkraft das Wachstum stärken. Auch mit eine Rückführung der Verschuldungsquote chanismen bei Verstößen gegen den Stabili- der BZÖ-Business-Tax für die Wirtschaft klar im Vordergrund. Denn wer Schulden täts- und Wachstumspakt“, so die Finanzmi- wird der Aufschwung gefestigt. Fürs Jam- macht, nimmt sich den Gestaltungsspiel- nisterin. mern wird die Regierung nicht bezahlt, sie raum von morgen. Mein Credo ist: Klarer soll endlich handeln“, so Bucher. Fokus auf Zukunftsausgaben statt Vergan- Bucher fordert Schuldenbremse genheitsbewältigung.“ in der Verfassung Lichtenecker: Mehr Mut für Fekter: „Derzeit zahlen wir – also die BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher nachhaltige Reformen Republik Österreich – pro Stunde rund eine fordert anläßlich der Präsentation des Wirt- „Die Regierung scheut sich auch weiter- Million Euro alleine für die Zinsen der schaftsberichtes eine verfassungsmäßig ver- hin vor nachhaltigen Reformen des Wirt- Schulden der Vergangenheit. Das ist eindeu- ankerte Schuldenbremse, wie es sie bei- schafts- und Finanzsystems“, kritisierte tig zu viel und ich werde daher konsequent spielsweise in Deutschland gibt. „Die ÖVP Ruperta Lichtenecker, Wirtschafts- und For- auf der Schuldenbremse stehen.“ und hier insbesondere Finanzministerin schungssprecherin der Grünen. „Mit keinem Einen weiteren Schwerpunkt sieht Fekter Maria Fekter warnt immer herzzerreißend Wort erwähnte Finanzministerin Maria Fek- in der Verbesserung und Weiterentwicklung vor neuen Schulden und hat mit ihren ter die längst überfällige Steuerreform, die der Rahmenbedingungen, um künftiges Finanzministern aber die Verantwortung für seit Jahren von der Regierung auf die lange

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 6 Innenpolitik

Bank geschoben wird“, zeigt sich Lichten- stärkt in den „boomenden Zukunftsmarkt“ denn Arbeitsplätze brächten Steuereinnah- ecker erstaunt. „Dabei bietet die Reform des investieren: „Innovationen machen sich men und würden Sozialausgaben reduzieren. veralteten Steuersystems die Chance auf bezahlt und sichern Wachstum, Arbeitsplätze „Daher brauchen wir nun rasch Investitionen eine ökosoziale Ausgestaltung des Steuersy- und die Zukunft des Standortes.“ in Bildung, Forschung, Pflege, Gesundheit, stems. Damit können Anreize zum Ressour- Der Wirtschaftskammerpräsident schließt Green Jobs – Investitionen in diese Bereiche censparen gesetzt werden und die Entlastung sich auch den im Bericht zu Wort kommen- sind nicht Schulden der Zukunft, sondern der Arbeitskosten werden den Wirtschafts- den Expertenmeinungen von Wifo-Chef der Treibstoff, der den Wachstumsmotor in standort Österreich stärken“, betont Lichten- Karl Aiginger und IHS-Chef Bernhard diesen wichtigen Zukunftsbranchen antrei- ecker, die die Internationalisierungs- und Felderer an, die weitere Reformen als not- ben wird.“ „Ein kluger Mix aus Wachstums- Exportoffensive der Bundesregierung be- wendig erachten, um Österreichs Spitzen- förderung, Investitionen und Stärkung der grüßt und sich in ihrer langjährigen Forde- positionen in der Beschäftigung oder im Pro- Systeme der sozialen Sicherheit ist erfolg- rung nach der Steigerung der Innovations- Kopf-Einkommen zu halten. „Der Wirt- versprechender als ein zu heftiger Tritt auf kraft heimischer Unternehmen am Welt- schaftsbericht zeigt, die österreichische die Schuldenbremse“, sagte Foglar. „In dem markt, insbesondere im Bereich der Ökoin- Bundesregierung und die heimischen Be- Zusammenhang ist es völlig verfehlt, Pen- novationen, gestärkt sieht. „Der Erfolg der triebe haben die Krise besser gemeistert als sionsleistungen als ,Altlasten der Vergangen- Initiative wird sich jedoch daran messen las- viele andere Staaten. Diese Leistung muß heit‘ zu bezeichnen“, kritisiert Foglar dies- sen, wie gut die Maßnahmen ausgestaltet honoriert werden. Doch auf den Lorbeeren bezügliche Aussagen der Finanzministerin. sind, welche Mittel dafür vorhanden sind dürfen wir uns nicht ausruhen. Bereits 2012 „Auch starke Systeme der sozialen Sicher- und in der Folge darin ob die Betriebe die wird das Wachstum wieder abflachen. Nun heit stärken die Wirtschaft. Die Finanzmini- Förderinstrumente und Investitionsanreize gilt es Reformen in der Bildung, Verwaltung, sterin bräuchte sich nur einmal auszurech- auch annehmen. Wirtschaftsminister Mitter- im Gesundheitssystem und vor allem bei den nen, was die Schwächung der Kaufkraft der lehner muß daher auch den Ablauf der Pensionen endlich anzugehen.“ großen Gruppe der PensionistInnen volks- Fördervergabe im Sinne der Wirtschaftstrei- Nicht zuletzt würden die Bundesländer wirtschaftlich bedeuten würde.“ benden effizient und unbürokratisch gestal- zeigen, was möglich sei. Oberösterreich und ten“, so Lichtenecker, die von den Regie- die Steiermark hätten im vergangenen Jahr Tumpel: Vom Wachstum rungsparteien mehr Mut für nachhaltige die besten Wachstumsentwicklungen aller müssen alle profitieren Strukturreformen forderte. „Wir brauchen Bundesländer verzeichnen können. Die Wirt- „Es ist schade, daß die enormen Preisstei- die besten Köpfe, um Österreich als attrakti- schaftskammer habe dies mit dem Wachs- gerungen im Bereich der Nahrungsmittel ven Wirtschaftsstandort zu stärken und tumspreis 2010 ausgezeichnet. „Diese Top- und der Treibstoffe nicht thematisiert wer- umfassende Investitionen in Ökoinnovatio- Performance kommt nicht von ungefähr. den“, kritisiert AK Präsident Herbert Tumpel nen“, ist Lichtenecker überzeugt. Oberösterreich und die Steiermark gehen die den von der Regierung vorgelegten Wirt- Reformen zielgerichtet an, verschlanken ihre schaftsbericht. Tatsache sei, daß die Roh- Leitl: Fokus auf Exportwirtschaft Strukturen und optimieren die wirtschaftli- ölpreise und die meisten Rohstoffpreise für und Forschung ist »goldrichtig« chen Rahmenbedingen“, sagte Leitl. Nahrungsmittel seit Mitte 2010 angestiegen Wirtschaftskammerpräsident Christoph seien – und zwar nicht um einige Prozent- Leitl zeigt sich über „die nachhaltigen Stra- Foglar: Weiterhin Priorität punkte, sondern um zweistellige Beträge, tegien des Wirtschaftsberichtes 2011“ für Beschäftigung manche Preise hätten sich sogar verdoppelt. erfreut. Die Maßnahmen seien geeignet, um „Es ist positiv, daß es mit der heimischen Ausschlaggebend für diese enormen Preis- den Aufschwung zu stärken. „Wirtschafts- Wirtschaft wieder aufwärts geht, das gilt al- steigerungen ist die nach wie vor ungezügel- minister Mitterlehner und die Bundesregie- lerdings nur, wenn wir uns weiter anstren- te Spekulation, wie zuletzt auch die UNC- rung setzen auf den Strukturwandel. Hier gen, und es gilt auch nicht für ausnahmslos TAD in einer Studie festgestellt habe. Dies ziehen wir gemeinsam an einem Strang“, so alle Wirtschaftsbereiche“, sagte ÖGB-Prä- habe zur Folge, daß die Erholung der Wirt- Leitl, der besonders die gemeinsame In- sident Erich Foglar zum Wirtschaftsbericht. schaft nicht bei den ArbeitnehmerInnen ternationalisierungs-Offensive von WKÖ „Sowohl die Sozialpartner, als auch die Bun- ankomme, weil die Realeinkommen auf- und Wirtschaftsministerium hervorhebt: desregierung haben enorm viel dazu beige- grund der hohen Inflation zurückgingen. Da- „Mit ,go international‘ treiben wir den tragen, den krisenbedingten Anstieg der Ar- her fordert Tumpel: „Die Preistreiberei bei Strukturwandel unserer Exportwirtschaft beitslosigkeit einzudämmen, auch deshalb Rohstoffen durch Spekulation und fehlende zukunftsweisend voran. Nur wenn wir uns liegen wir im Schnitt besser als andere EU- Markttransparenz muß wirkungsvoll unter- auf die Wachstumsmärkte fokussieren, läßt Staaten“, so Foglar. Auf diesen Daten dürfe bunden werden.“ sich der Aufschwung nachhaltig stärken.“ man sich allerdings nicht ausruhen, es müsse Die AK fordert, die Regierung müsse sich Die Initiative wurde erst Anfang dieser weiterhin höchste Priorität auf der Schaffung auf EU-Ebene für Maßnahmen gegen Spe- Woche um weitere zwei Jahre verlängert. von Wachstum und Beschäftigung liegen. kulationen auf den Rohstoffmärken, insbe- Auch die weitere Schwerpunktsetzung „Trotz erfolgreicher Arbeitsmarktpolitik und sondere auf dem Ölmarkt, einsetzen; die EU- auf die Forschung sei „goldrichtig“ gewählt. monatlich sinkender Arbeitslosenzahlen Kommission müsse die Preisbildung beim Leitl nennt in diesem Zusammenhang bei- braucht es weiterhin massive Anstrengun- Rohöl und Sprit prüfen; würden bei uns spielsweise die Gesundheitsforschung oder gen, denn wir sind noch lange nicht auf dem Grundnahrungsmittelpreise steigen, müsse die Energie- und Umwelttechnik. Hier haben Vorkrisenniveau von 2008.“ Je mehr gut der Wirtschaftsminister prüfen lassen, ob es einige heimische Betriebe bereits die bezahlte Arbeitsplätze es gebe, desto schnel- für die Preissteigerungen rechtfertigende Zeichen der Zeit erkannt und würden ver- ler würden auch die Schulden reduziert, Gründe gebe und ob sie stärker als in ver-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 7 Innenpolitik gleichbaren Nachbarländern ausfallen – das Expertenstimmen aus Österreich heißt, ob es einen „Österreich-Aufschlag“ Auszug aus dem Wirtschaftsbericht 2011 gibt. Weiters wird die Einführung einer Fi- nanztransaktionssteuer zur Eindämmung von Karl Aiginger: »Die Krise ist gemeistert, ergänzt so derzeit den teilweisen Nachfrage- Spekulationen ebenso gefordert wie die Be- nur Reformen sichern Spitzenposition« ausfall infolge der Wachstumsabschwä- steuerung für die höchsten Vermögen und der Österr. Institut für Wirtschaftsforschung chung in Osteuropa. Österreich hatte seit der verstärkte Kampf gegen die Steuerhinter- Die österreichische Wirtschaft hat die Ostöffnung bis vor der großen Krise gegen- ziehung für mehr Verteilungsgerechtigkeit. Krise besser überstanden als erwartet und über Deutschland – bedingt auch durch die auch besser als die meisten anderen europäi- Kosten der Wiedervereinigung – einen jähr- Neumayer: Wachstumsphase für schen Länder. Dazu beigetragen hat einer- lichen Wachstumsvorsprung von über einem strukturelle Veränderungen nutzen seits die Wirtschaftspolitik – durch frühe und halben Prozentpunkt. Die große Rezession „So sehr die aktuelle wirtschaftliche große Pakete –, andererseits die wirtschaftli- 2009 hat Deutschland (-4,7% reales BIP) Situation erfreulich sein mag, so ist unser che Leistungsfähigkeit Österreichs. In den dann stärker getroffen als Österreich Wachstum keineswegs langfristig abgesi- letzten 10 Jahren ist Österreich deutlich stär- (-3,9%). Aus der Krise ist aber Deutschland chert“, warnte der Generalsekretär der In- ker gewachsen als der Euroraum und in die dank der über mehrere Jahre akkumulierten dustriellenvereinigung (IV), Christoph Neu- Spitzengruppe der Pro-Kopf-Einkommen vor- preislichen Wettbewerbsfähigkeit und ihrer mayer vor zu viel Euphorie angesichts des gestoßen. Besonders erfolgreich war Öster- hochwertigen Qualitätsprodukte wie der Phö- Wirtschaftsberichtes. „Mit einer Export- reich am Arbeitsmarkt, wo regelmäßig das nix aus der Asche aufgestiegen. Mit Wachs- intensität von 56 Prozent ihrer gesamten beste oder zweitbeste Ergebnis erzielt wer- tumsraten von 3,5% (2010) sowie erwarteten Umsätze trägt die Industrie direkt und indi- den kann und die Beschäftigung das Vorkri- 3,4% (2011) und 2,5% (2012) ist die größte rekt drei Viertel des heimischen Auf- senniveau bereits deutlich überschritten hat. Volkswirtschaft der EU (BIP-Anteil rund schwungs seit 2009. Da sich die Exporterfol- Die Wirtschaftsdynamik liegt auch 2010 20%) auch wieder zur europäischen Kon- ge der vergangenen 12 Monate zunehmend und wahrscheinlich noch stärker 2011 höher junkturlokomotive geworden. Österreichs in steigende Unternehmensinvestitionen als im europäischen Schnitt. Dies ist zu Wachstum liegt seit 2010 (2,1%) nach langer übersetzen, können wir von einem sich einem erheblichen Teil den Exporterfolgen Zeit wieder unter jenem der Deutschen selbst tragenden Aufschwung ausgehen“, so zu danken, auch der Erholung der für Öster- (2011 +2,9%, 2012 +2,1%)… Neumayer. reich besonders wichtigen zentral- und ost- Problematisch sei, daß Österreich derzeit europäischen Länder. Aber auch die Exporte Bernhard Felderer: »Die aktuelle wirt- „im Windschatten der globalen Konjunktur“ in die USA, nach China und in den Schwarz- schaftliche Lage in Österreich« wachse, wie Neumayer hervorhob. „Dieser meerraum verbreitern die Exportbasis. Ob Institut für Höhere Studien Erfolg darf nicht darüber hinwegtäuschen, und wann die Investitionen an die Erholung Die österreichische Wirtschaft hat sich daß unser eigenes Wachstumspotenzial auf der Exporte anschließen können, wird die rascher von den Folgen der Wirtschaftskrise einen jährlichen Wert von deutlich unter weitere Dynamik bestimmen. Der Konsum erholt als ursprünglich vermutet wurde. Ge- zwei Prozent gesunken ist. Sich angesichts leidet unter der gestiegenen Inflation. Die tragen wurde die Konjunkturerholung von des Aufschwungs zurückzulehnen oder an Preissteigerung könnte geringer sein, wenn der kräftigen Expansion der Weltwirtschaft. das Verteilen neuer Geschenke zu denken, es stärkere Einsparungen bei Energie und Dementsprechend haben im Vorjahr die Ex- wäre fahrlässig und eine Gefährdung der einen stärkeren Wettbewerb gäbe… porte kräftig zugelegt. Wegen des Rück- Zukunft dieser und der kommenden Genera- http://www.wifo.ac.at gangs der real verfügbaren Haushaltsein- tionen. Wir müssen die aktuell gute Lage kommen ist die Konsumnachfrage der priva- vielmehr unbedingt dazu nutzen, um hier Fritz Breuss: »Von der Osteuropa- ten Haushalte schwach ausgefallen. Verhalten entscheidend gegenzusteuern und das Bud- zurück zur Deutschlandlokomotive« entwickelten sich auch die Anlageinvesti- get zu konsolidieren. Der Industrie- und Wirtschaftsuniversität Wien, WIFO, Leiter tionen, wobei die Bauinvestitionen bereits Arbeitsstandort braucht dringend nachhalti- des FIW-Projekts – Forschungsschwerpunkt das zweite Jahr in Folge rückläufig waren. ge und strukturelle Reformen insbesondere internationale Wirtschaft) Aufgrund der kräftigen Exportnachfrage hat in den Bereichen Bildung, Pensionen, Ver- Seit der Ostöffnung 1989 und verstärkt sich die Konjunkturdynamik im Jahresverlauf waltung und Gesundheit“, forderte der IV- durch die EU-Erweiterungen 2004 und 2007 verstärkt. Seit Ende des Vorjahres hat sich Generalsekretär. hat Österreich von der hohen Dynamik in die Wachstumsdynamik etwas abgeschwächt, Österreich habe nicht zuletzt durch seine den osteuropäischen Nachbarländern profi- bleibt bisher allerdings auf hohem Niveau. starke industrielle Basis die Krise besser als tiert. Nach eigenen Modellberechnungen Die positive wirtschaftliche Entwicklung andere Staaten meistern können und profitie- haben Ostöffnung und EU-Erweiterung rund wird sich fortsetzen, allerdings muß in der re nun von der Durchsetzungskraft heim- 0,6 Prozentpunkte zum jährlichen BIP- zweiten Jahreshälfte von einer spürbaren ischer Unternehmen auf den expandierenden Wachstum beigetragen. Als Folge der globa- Verlangsamung des Wachstumstempos aus- Weltmärkten. Über die Erhöhung bestehen- len Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich der gegangen werden … Getragen von der der oder die Einführung neuer Steuern dürfe Wachstumsboom in den neuen Mitglieds- Entwicklung in Deutschland hat die Kon- hingegen „im Hochsteuerland Österreich staaten der EU deutlich eingebremst. Dage- junktur im Euroraum deutlich angezogen, nicht einmal geredet werden, bevor wir nicht gen läuft seit 2010 die Konjunkturlokomo- wobei allerdings eine beträchtliche Hetero- konsequent alle Einsparungspotentiale ge- tive Deutschland wieder mit Volldampf. Ös- genität in der europäischen Wachstums- hoben haben. Neue Steuern kosten Arbeits- terreich profitiert – wie in Vor-Ostöffnungs- dynamik zu beobachten ist… plätze“, so Neumayer zeiten – wieder vom großen Nachbarn und http://www.ihs.ac.at/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 8 Innenpolitik Wirtschaftsbericht der OECD Österreich beeindruckt auch kurz nach der weltweiten Finanzkrise mit sehr guten wirtschaftlichen Leistungen bei gleichzeitig starkem sozialen Zusammenhalt. Foto: BKA/HBF / Andy Wenzel Präsentierten den OECD-Länderbericht Österreichs im Bundeskanzleramt: Finanzministerin Maria Fekter, Staatssekretär (links, in Vertretung von Bundeskanzler Werner Faymann) und OECD-Generalsekretär Angel Gurria.

m 11. Juli präsentierte OECD-General- zuziehen, um auch für künftige Herausforde- Finanzministerin Fekter sieht Asekretär Angel Gurría gemeinsam mit rungen, wie die immer älter werdende Ge- Reformbedarf bei Frühpensionen Finanzministerin Fekter (ÖVP), Gesund- sellschaft, gerüstet zu sein. Die Finanzministerin stellte zum Länder- heitsminister Alois Stöger und Staatssekretär Steuerpolitisch riet der OECD-Vertreter, bericht fest, Österreich habe die Krise besser Andreas Schieder (beide SPÖ) den OECD- daß einerseits auf Steuervereinfachung ge- überstanden als die meisten anderen Länder, Bericht 2011 im Bundeskanzleramt. setzt werden sollte, aber auch die Besteue- zum Wohle unserer Bevölkerung. Trotzdem Und Gurría überbrachte Österreich viel rung der Arbeit reduziert werden sollte, hin- sehe auch sie Reformbedarf, etwa bei den Lob: „Österreich ist auf der richtigen Spur. gegen Eigentum und Emissionen höher be- Frühpensionierungen: „Noch immer herrscht Die Wirtschaft ist dank Exportorientierung steuert werden sollten, seien diese in Öster- ein großer Unterschied zwischen gesetzli- und hoher Investitionen gut aufgestellt, das reich doch weit geringer als im europäischen chem und tatsächlichem Pensionsantritts- Land hält sein Triple-A und sein Arbeits- Durchschnitt belastet. alter. Hier müssen wir aktiv werden und markt hat sich nach der Krise schnell erholt. Das Gesundheitssystem, das diesmal Schlupflöcher schließen. Erste Schritte dazu Vor allem die Jugendarbeitslosigkeit ist in Schwerpunkt der OECD-Prüfung war, kann haben wir bereits im Rahmen der letzten Re- Österreich erfreulich niedrig.“ Das habe als sehr gut eingestuft werden, sagte Gurría, gierungsklausur beim Nachkauf von Versi- seine guten Gründe. Der Standard der sozia- und es würde auch von der Bevölkerung cherungszeiten gesetzt.“ len Sicherheit sei hoch, Österreich verfolge hochgeschätzt. Doch auch hier seien weitere Zur Anregung der OECD, die Steuern auf eine erfolgreiche Exportpolitik, habe moti- Kostensteigerungen erwartbar, sodaß Öster- den Faktor Arbeit zu reduzieren, gab Fekter vierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und reich auf Strukturreformen wie auch auf ge- zu bedenken, daß der reine Steueranteil ge- dank der Sozialpartnerschaft eine konsens- sündere Lifestyles setzen solle. Es sollten ring sei und der Großteil auf die Sozialver- orientierte Gesellschaft. Ziele formuliert werden, etwa wie man sicherungsbeiträge entfalle. Große Sorgen Gurría regte nun dringend an, die gute durch Bildung auch die sozial Schwachen mache sich die Ministerin über den Schul- Wirtschaftslage dazu zu nützen, das Budget- und gering Qualifizierten zu gesünderer denstand, denn „er nimmt uns den Gestal- defizit wieder zu reduzieren und Ausgaben- Lebensweise, aber auch in den Arbeitsmarkt, tungsspielraum für die Zukunft“. Hier müsse grenzen – auch für die Bundesländer – ein- integrieren könne. man noch größere Anstrengungen zum

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 9 Innenpolitik

Schuldenabbau setzen. Beim Budgetdefizit heitliches Spitalsgesetz und die Bündelung schaftlichen Entwicklung Österreichs spie- sehe sie dagegen eine erfreuliche Entwick- der Mittel des Bundes. Diese Ziele wollen len aber auch Gewerkschaften und Unter- lung: „Aufgrund der guten Zahlen bei der wir gemeinsam mit allen Verhandlungspart- nehmerverbände. OECD-Generalsekretär Beschäftigung und dem Wirtschaftswachs- nern erreichen“, sagte Stöger. Auf die An- Angel Gurría sagte bei der Vorstellung des tum können wir uns ambitionierte Ziele set- regung der OECD zu „mehr Marktdenken“ Berichts in Wien: „Daß Wachstum und sozi- zen. Bis zum Jahr 2015 sollten wir daher ein im Gesundheitswesen zeigte sich der Ge- ale Gemeinschaft in Österreich so gut zu- maximales Budgetdefizit von zwei Prozent sundheitsminister zurückhaltend. Bei Priva- sammengehen, liegt nicht zuletzt an den aufweisen.“ tisierungen sehe er die Gefahr, daß „die Sozialpartnern. Sie beschränken sich nicht auf ihre traditionelle Aufgabe, sondern brin- Staatssekretär Schieder: Das wohlbe- gen sich aktiv in Reformprozesse ein.“ gründete Lob spornt uns weiter an Der momentane Aufschwung bietet nach Staatsekretär Andreas Schieder hieß die Ansicht der OECD eine gute Gelegenheit, OECD-Vertreter in Vertretung des Bundes- die Empfehlungen vergangener Wirtschafts- kanzlers willkommen. „Es ist doppelt begrüs- berichte zu berücksichtigen und Reformen in senswert, wenn die OECD bei ihrem Län- den Bereichen Bildung, Finanzen, Renten derbericht nicht nur reine Wirtschaftskenn- und Gesundheit zu vertiefen oder auf den zahlen sondiert, sondern auch auf sozialen Weg zu bringen. So existieren in Österreich Zusammenhalt, Gesundheit, Bildung und selbst nach den jüngsten, lobenswerten Än- Arbeitsmarkt achtet. Denn das ist notwendig derungen im Pensionssystem noch Anreize für eine nachhaltige ökonomische Diskus- für eine Frühverrentung. Im Durchschnitt sion.“ In Österreich sei man sich der Heraus- erfolgt der Renteneintritt hier früher als in forderungen bewußt. Mit dem Stabilitätspakt fast allen anderen OECD-Ländern. Ein und dem Haushaltsgesetz werde Transparenz Zustand, den sich Österreich vor allem mit geschaffen und werden Ausgabenobergren- Blick auf die Alterspyramide nicht mehr zen eingezogen, auch wenn es mitunter lange wird leisten können. schmerzhaft sei. „Wir wollen in Österreich Auch die Ausgaben für Soziales können aber auch weiterhin auf Wachstum setzen. noch gezielter eingesetzt werden. Mehr als Foto: bgf So werden wir 15 Millionen Euro in den ein Viertel des österreichischen BIP fließt in Gesundheitsminister Alois Stöger Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen Sozialsysteme, also in Gesundheit, Familien- investieren, und auch für das Pflegesystem Brieftasche der Patienten über die Qualität zulagen, Wohngeld oder – anteilig am höch- Finanzmittel mobilisieren.“ Schieder unter- der Behandlung entscheidet“. sten – in Renten. Häufig kommen diese strich, daß Österreich die Anregungen der Österreich beeindruckt auch kurz nach Posten allen Bevölkerungsgruppen zugute, OECD ernst nehmen werde: „Das wohlbe- der weltweiten Finanzkrise mit sehr guten auch jenen, die nicht unbedingt darauf ange- gründete Lob ist die richtige Methode, um wirtschaftlichen Leistungen bei gleichzeitig wiesen sind. uns weiter anzuspornen.“ Abschließend bat starkem sozialen Zusammenhalt. Das Brut- Der Effizienzsteigerung bei Gesundheits- er den OECD-Generalsekretär, Österreich toinlandsprodukt (BIP) erreichte bereits im diensten widmet der Bericht ein Sonderka- bei seiner Initiative für eine europaweite ersten Quartal 2011 ein höheres Niveau als pitel. Das österreichische Gesundheitssystem Finanztransaktionsteuer zu unterstützen. zu Vorkrisenzeiten. Pro Kopf gerechnet liegt genießt bei seinen Bürgern ein hohes An- das Land damit an Platz vier im Euro-Raum. sehen. Im Vergleich mit anderen Ländern ist Gesundheitsminister Stöger sieht Anders als die meisten OECD-Mitglieder es aber teuer, fragmentiert und zu stark dar- Reformvorschläge unterstützt verzeichnet Österreich zudem eine äußert auf ausgerichtet, Patienten in Krankenhäu- Gesundheitsminister Alois Stöger freute positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: sern zu behandeln. Die OECD empfiehlt, die sich ebenso über das gute Zeugnis: „Die Mit 4,4 Prozent ist die Arbeitslosigkeit so Verantwortung für Gesundheitsleistungen, OECD bestätigt, daß Österreich beim Zu- niedrig wie in kaum einem anderen Land der Finanzierung und Ausgaben zwischen Län- gang zu medizinischen Leistungen interna- Eurozone (ausgenommen die Niederlande dern und Bund klarer zuzuteilen. Der natio- tional gesehen im Spitzenfeld liegt und die und Luxemburg). Dennoch sollte das Öster- nale Kapazitätsplan für öffentlich finanzierte heimische Bevölkerung mit unserem Ge- reich seine Reformanstrengungen aber den- ambulante und stationäre Behandlungen sundheitssystem zufrieden ist.“ Trotzdem noch weiterverfolgen. sollte optimiert und von der Bundesregie- wolle man die OECD-Kritikpunkte aufgrei- Das kräftige Wachstum der Vorkrisen- rung mit Unterstützung der Länder und Kran- fen: „Wir wollen die Qualität und Transpa- jahre und die schnelle Erholung nach der kenkassen durchgesetzt werden. In bestimm- renz im Gesundheitswesen verbessern, wir Krise gehen zu großen Teilen auf positive ten Fällen könnte sich auch die Einrichtung müssen die Kostensteigerungen in den Griff Impulse durch die europäische Erweiterung eines gemeinsamen Finanzierungstopfes für bekommen und wir haben Handlungsbedarf und Integration zurück, die den österreichi- Mittel aus verschiedenen staatlichen Einhei- im Bereich der Prävention, besonders bei schen Export- und Finanzmarkt beflügelt ten als sinnvoll erweisen. Darüber hinaus den durch falschen Lebensstil bedingten haben. Diese Effekte werden mit der Zeit würden leistungsbezogene Bezahlung von Erkrankungen“, so der Gesundheitsminister. jedoch schwächer werden. Die OECD emp- Dienstleistungen, intensiverer Wettbewerb „Österreich hat sich bereits klare Ziele fiehlt deshalb, Strukturen zu schaffen, die bei Medikamenten und Kampagnen für einen bis zum Jahr 2013 gesteckt. Es braucht ein- verstärkt das heimische Wachstum ankur- gesünderen Lebenswandel die Gesundheits- fachere Kompetenzstrukturen durch ein ein- beln. Eine konstruktive Rolle bei der wirt- kosten erheblich senken.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 10 Innenpolitik Kärnten bekommt 164 zweisprachige Ortstafeln Die Abgeordneten zum Nationalrat gaben am 6. Juli grünes Licht zum Verhandlungsergebnis über die Kärntner Ortstafelregelung. Am 21. Juli erteilte der Bundesrat die verfassungsmäßige Zustimmung.

ie seit Jahrzehnten geführte Diskussion Dum die Anbringung zweisprachiger Ortstafeln in Kärnten wurde damit einer Lö- sung zugeführt, die auf breite Akzeptanz aller maßgeblichen Gruppen stößt. Nach der Zustimmung des Bundesrats vom 21. Juli müssen nunmehr in 164 Kärntner Ortschaf- ten verpflichtend zweisprachige Ortstafeln angebracht werden. Die Kärntner Liste um- faßt dabei alle Ortschaften aus der geltenden Kärntner Topographieverordnung, alle Ort- schaften, zu denen ein Erkenntnis des Ver- fassungsgerichtshofs vorliegt, sowie alle Ortschaften mit einem Anteil der gemischt- sprachigen Bevölkerung von mindestens 17,5 Prozent. Zudem wird auch die Zu-

lässigkeit der Verwendung der kroatischen, Foto: LPD/Josef Bodner slowenischen und ungarischen Sprache als Festakt im Bundeskanzleramt: (v.l.) Staatssekretär Josef Ostermayer, Bgm. Jakob Amtssprache verfassungsgesetzlich geregelt. Strauß, Bundeskanzler Werner Faymann, Bgm. Franz Josef Smrtnik, LH Gerhard Dem Nationalrat lagen auch in Form von Dörfler mit Gattin Margreth und Vladimir Smrtnik fünf Ausschußfeststellungen des Verfas- schriften anzubringen. Eine spezielle Be- unendliche Geschichte der Ortstafeln im sungsausschusses Klarstellungen zu einzel- stimmung stellt außerdem sicher, daß be- Sinne eines Miteinander zu beenden. Er nen Gesetzespassagen vor. Unter anderem reits bestehende zweisprachige topographi- dankte allen, die zur Einigung beigetragen geht der Verfassungsausschuß im Hinblick sche Aufschriften in nicht vom Gesetz hatten, und meinte, es sei einmal mehr auf die Gemeindeautonomie davon aus, „daß umfaßten Ortschaften nicht wieder abmon- gelungen, in einem guten Kompromiß das es wie bisher auch weiterhin rechtlich zuläs- tiert werden. Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. sig ist, bei entsprechender Beschlußlage im In das Volksgruppengesetz integriert wer- Mit Nachdruck unterstrich der Kanzler, es Gemeinderat weitere zweisprachige Ortsbe- den auch die drei geltenden Amtssprachen- sei dabei von Anfang an klar gewesen, daß zeichnungstafeln sowie Bezeichnungen oder verordnungen, die die Verwendung der slo- es kein Diktat von Wien an Kärnten geben Aufschriften topographischer Natur aufzu- wenischen, kroatischen und ungarischen könne. Inhaltlich erwartete er sich von dem stellen“. Außerdem wird festgehalten, daß Sprache bei österreichischen Behörden, Ge- Paket eine Förderung der Vielfalt und des der verankerte Bestandschutz für alle beste- richten und öffentlichen Dienststellen re- Zusammenlebens der Volksgruppen in Kärn- henden zweisprachigen Aufschriften und geln. In diesem Zuge werden auch einzelne ten und meinte, die Lösung im Wege eines Bezeichnungen gilt. Adaptierungen vorgenommen. So können Verfassungsgesetzes biete die Möglichkeit Die Verpflichtung zu zweisprachigen künftig etwa auch VertreterInnen von Volks- der Dauerhaftigkeit. topographischen Bezeichnungen in den im gruppenvereinen und anderer mit Volksgrup- Vizekanzler Außenminister Michael Spin- Gesetz festgelegten Gebieten Kärntens und penfragen befaßter juristischer Personen für delegger (ÖVP) meinte, man könne es dre- des Burgenlands betrifft ausschließlich Orts- Anbringen vor Ort die jeweilige Volksgrup- hen und wenden, wie man wolle: der Natio- tafeln und offizielle Wegweiser. Nicht um- pensprache verwenden. Ist eine Gemeinde nalrat fasse „heute einen bemerkenswerten faßt sind demnach etwa Hinweise auf das im gemischtsprachigen Gebiet aufgrund zu Beschluß“. Er sieht dadurch die Chance auf Gemeindeamt, Landkarten, Straßennamen geringer Ressourcen nicht in der Lage, eine einen Neuanfang in Kärnten im Verhältnis und Wanderweg-Beschilderungen. Auch für Verwaltungssache in der Minderheitenspra- zwischen der slowenischen Volksgruppe und Unternehmen wie ÖBB und Post, also etwa che abzuwickeln, kann sie diese Angelegen- der deutschsprachigen Mehrheitsbevölke- für Bahnhöfe, gilt die Verpflichtung nicht. heit an die Bezirkshauptmannschaft übertra- rung. Gleichzeitig bekräftigte er, daß es Gemeinden haben allerdings das Recht, über gen lassen. durch den vorliegenden Kompromiß in kei- die Vorgaben des Volksgruppengesetzes hin- Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ner Weise zu einer Einschränkung der im aus auch weitere zweisprachige Ortsbezeich- würdigte die Lösung als Ausdruck eines Staatsvertrag festgelegten Minderheiten- nungen bzw. andere topographische Auf- breiten Wunsches in der Bevölkerung, die rechte kommen werde.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 11 Innenpolitik

Großes Lob äußerte Spindelegger für Rede sei, und zeigte sich erfreut darüber, daß säumnis“ und meinte, Jubelstimmung sei Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ), der die Zeiten, in denen die Grenzen Europas nicht angebracht, auch von einer Sternstunde seiner Ansicht nach Drehscheibe der Ver- mit Gewalt verschoben werden konnten, könne keine Rede sein. Sie klagte über handlungen gewesen sei und „tausende vorbei seien. Je mehr der Kontinent zusam- Kleingeistigkeit und Feilscherei, sprach von Steine“ aus dem Weg gerollt habe. Er be- men wachse, umso weniger stehe schließlich einem Diskurs, der bis zuletzt von Gehäs- dankte sich aber auch beim Kärntner Landes- das Bedrohliche und Trennende im Vorder- sigkeiten geprägt war, und kritisierte über- hauptmann Gerhard Dörfler und den Slo- grund. Die zu beschließende Lösung hielt dies willkürliche „Schlaglöcher“ durch zahl- wenen-Vertretern. Österreich erwarte sich Plassnik für einen Ausdruck eines neuen reiche Ausnahmen von der Lösung. Die Red- jetzt auch von Slowenien Unterstützung für Kärntner Selbstbewußtseins: Die 164 zwei- nerin äußerte aber ausdrücklich Respekt vor den Erhalt der Sprache und der Kultur der sprachigen Ortstafeln, die nunmehr aufge- diesem politischen Kompromiss und kün- altösterreichischen Minderheit in Slowenien, stellt würden, seien deshalb auch nicht als digte die mehrheitliche Zustimmung seitens sagte Spindelegger. großzügiges Zugeständnis einer Mehr- an ihrer Fraktion an. Staatssekretär Josef Ostermayer zeigte eine Minderheit, sondern als Ausdruck „ur- BZÖ-Klubobmann Josef Bucher wies sich überzeugt, daß im Ortstafelkonflikt die alter Gemeinsamkeit“ zu bewerten. Aus der auf die besondere Geschichte Kärntens hin, „beste Lösung“ gefunden worden sei. Es ge- Geschichte dieses Konflikts gelte es zu ler- die, wie er sagte, von Heimatstolz und Hei- he nicht nur um die Anbringung zusätzlicher nen: Kärnten profitiere schließlich ungemein matliebe gezeichnet ist, und stellte fest, zweisprachiger Ortstafeln, sondern generell von seiner Zweisprachigkeit, schloß sie. kaum ein anderes Land habe so viel Leid um die Förderung der Volksgruppenspra- Zuletzt verabschiedete sich Plassnik von mitgemacht und so viel Patriotismus und chen, betonte er. 164 zweisprachige Orts- den KollegInnen und MitarbeiterInnen im Glaube an Österreich bewiesen wie Kärnten. tafeln sind für ihn außerdem, wie er ausführ- Hohen Haus sowie von den Menschen, die Mit scharfen Worten wandte er sich in die- te, mehr als ursprünglich erwartet, schließ- zu vertreten sie in den letzten Jahren berufen sem Zusammenhang gegen Vorwürfe des Na- lich hätten sich die bisherigen Lösungsvor- war. Sie wird in Kürze Österreich als Bot- tionalismus, bedauerte allerdings, die Kärnt- schläge zwischen 141 und 163 Ortstafeln be- schafterin in Frankreich vertreten. ner Heimatliebe sei allzu oft für parteipoliti- wegt. Wesentlich ist für Ostermayer auch, FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian sche Auseinandersetzungen mißbraucht wor- daß die Tafeln erhalten bleiben, auch wenn Strache bezeichnete Kärntens Landeshaupt- den. Klar war dabei für Bucher, daß in den die Volksgruppe schrumpfen sollte. Der mann Gerhard Dörfler als „Vater“ des Medien ein falsches Kärnten-Bild präsentiert Staatssekretär bedankte sich ausdrücklich gegenständlichen Kompromisses und sprach werde. Die Bevölkerungsgruppen lebten in bei allen Verhandlungs- und Gesprächspart- wie seine VorrednerInnen von einem „histo- Kärnten längst miteinander und nicht neben- nern und versicherte, daß auch mit den ande- rischen Tag“: Nach 56 Jahren käme schließ- einander, der Ortstafelstreit sei nur ein Stell- ren Volksgruppen gesprochen worden sei. lich eine endgültige und tragfähige Lösung vertreterstreit für einige wenige gewesen, Die Debatte wurde vom Obmann des Ver- der Ortstafelfrage zustande. Mit besonderer die sich profilieren wollten. Die vorliegende fassungsausschusses, Abgeordnetem Peter Freude erfülle ihn dabei, so Strache, die Tat- Lösung kommentierte Bucher mit den Wor- Wittmann (SPÖ) eingeleitet. Er sprach an- sache, daß man sie unter einer Freiheitlichen ten: „Was lange währt, wird endlich gut.“ gesichts der Tatsache, daß man nach 56 Jah- Landesregierung zu Wege gebracht habe. Abgeordneter Martin Strutz (FPK) sprach ren eine Lösung betreffend der im Staats- Das illustriere, daß die Ausgrenzung der von einer für beide Seiten akzeptablen Lö- vertrag festgeschriebenen Verpflichtungen FPÖ keinen Sinn mache und kontraproduk- sung, bei der sich alle konstruktiven Kräfte Österreichs gefunden habe, von einem tiv sei. Als richtig und wichtig charakteri- gemeinsam auf ein Miteinander zubewegt „historischen Moment“. Die Vorgeschichte sierte der Klubobmann die Tatsache, daß hatten. Durch den Beschluß werde ein für des heute vorliegenden Gesetzesentwurfs sei man nicht „über die Köpfe der Menschen“ alle Male klargestellt, daß der Artikel 7 des nicht gerade friktionslos verlaufen, stellte hinweg entschieden, sondern sie im Rahmen Staatsvertrags erfüllt ist und keine weiteren der Mandatar fest, man müsse sich deshalb einer Volksbefragung eingebunden habe. Forderungen von Seiten Sloweniens und der umso erfreuter über den breiten Konsens zei- Diese wäre auch nicht unnötig gewesen, wie Minderheit mehr an Österreich herangetra- gen, auf den er stoße. Es sei auch „müßig“, von einigen Seiten moniert: Ihr Ergebnis sei gen werden können. Strutz erwartete sich zu diskutieren, wer was wann verhindert zwar nicht rechtlich, sehr wohl aber mora- nun, daß auch Slowenien gegenüber seiner habe, stellte Wittmann fest: Man solle lieber lisch bindend, stellte Strache fest. Daß die deutschsprachigen Minderheit ein ähnliches in die Zukunft blicken und an der vorliegen- gefundene Lösung in den Verfassungsrang Verhalten an den Tag legen werde. Im übri- den Lösung festhalten, die jene 164 Ort- gehoben werde, hielt er für notwendig, um gen gab er zu bedenken, es gehe bei dem schaften, die zweisprachige Ortstafeln auf- zu verhindern, daß sie „torpediert“ werde: Paket nicht so sehr um die Ortstafeln, son- zustellen hätten, taxativ aufzähle und die Schließlich seien beide Seiten an einer end- dern vielmehr um den Umgang zwischen der Zulässigkeit der Verwendung der kroati- gültigen Beilegung des alten Konflikts inter- Minderheit und der Mehrheitsbevölkerung. schen, slowenischen und ungarischen Spra- essiert. Die Lösung werde deshalb auch von Das Volksgruppengesetz wurde in Dritter che als Amtssprache verfassungsgesetzlich der großen Mehrheit der Kärntner Slowenen Lesung vom Nationalrat mehrheitlich ange- regle. Daß man die Bestimmungen in den mitgetragen, skizzierte Strache, der ein- nommen, nur drei Abgeordnete der Grünen Verfassungsrang hebe, sei auch notwendig, mahnte, auch der deutschsprachigen Min- stimmten ihm nicht zu. Zuvor hatten in Zwei- um eine stabile und dauerhafte Basis zu ge- derheit in Slowenien die entsprechende An- ter Lesung die einzelnen Teile des Gesetzes währleisten, stellte Wittmann fest. erkennung zu gewähren. mehrheitliche (ohne die Stimmen der Grü- ÖVP-Mandatarin repli- Die Klubobfrau der Grünen, Eva Gla- nen) bzw. einhellige Zustimmung erhalten. zierte auf die Kärntner Landeshymne, in der wischnig-Piesczek, sah im Beschluß eine Von den Grünen und dem BZÖ einge- von einer durch Blut gezogenen Grenze die „späte Lösung für ein langes, langes Ver- brachte Abänderungsanträge hatten nur die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 12 Innenpolitik

Zustimmung der jeweils einbringenden Partei erhalten und wurden somit abgelehnt.

Den Schlußstein setzte der Bundesrat An der Spitze der umfangreichen Tages- ordnung für die 799. Sitzung des Bundes- rates – mehr als 140 Redner waren bei Sit- zungsbeginn um 9 Uhr zu Wort gemeldet – stand am 21. Juli die Änderung des Volks- gruppengesetzes mit der als historisch emp- fundenen Kärntner Ortstafelregelung und Neuerungen bei der Amtssprache sowie im zweisprachigen Schulsystem Südkärntens. Nach Reden von Staatssekretär Josef Os- termayer und Kärntens Gerhard Dörfler und nach Wortmeldungen von einigen Mitgliedern des Bundesrates wurde bei der folgenden Abstimmung kein Einspruch erhoben, die verfassungsmäßige Zustimmung wurde somit erteilt. Foto: BKA/HBF / Harald Minich Sichtlich erleichtert, mit kräftigem Händedruck: Staatssekretär Josef Ostermayer (l.) und Landeshauptmann Gerhard Dörfler nach der Abstimmung im Bundesrat. Festakt im Bundeskanzleramt „Die Lösung der Ortstafelfrage ist ein be- „Wir haben ein gemeinsames Ziel er- und beurkundete Gesetzestext wäre vor zehn deutender Schritt für Österreich, der am reicht“, sagte auch Ostermayer. „Auch die Jahren wohl noch gescheitert, meinte Ende eines langwierigen, aber demokratisch Finanzierung und Sicherung der zweispra- Fischer und wies auf die positiven Änderun- vorbildlichen und konstruktiven Diskussions- chigen Musikschulen, Kindergärten und vie- gen hin, die es seither gegeben habe. „Alle, prozesses steht“, betonte Bundeskanzler les mehr“ sei darin behandelt worden. die sich um die Lösung bemüht haben und Werner Faymann am 26. Juli bei einem Fest- „Uns lagen nicht Stolpersteine, sondern daran beteiligt waren, haben etwas Gutes für akt anläßlich der Finalisierung der Ortstafel- Stolperberge im Weg – es waren einige Groß- Kärnten und Österreich getan.“ lösung für Kärnten. Am Ende stehe ein Er- glockner. Doch wir haben daraus Pflaster- Vizekanzler und Außenminister Michael gebnis, „das vorbildlich in Österreich und in steine für unseren gemeinsamen Weg ge- Spindelegger sagte, daß nun diese immer der internationalen Diskussion ist“, sagte macht“, beschrieb Landeshauptmann Ger- wieder diskutierte Frage von der Tagesord- Faymann. Staatssekretär Josef Ostermayer hard Dörfler den Prozeß hin zur historischen nung gestrichen werde. Damit sei eine bekräftigte, daß unter Einbindung aller be- Ortstafellösung. Diese sei auch ein neues außenpolitische Flanke geschlossen, die uns troffenen Gruppen und der fast einstimmi- Modell politischer Kultur, die Diskussion sei immer wieder belastet habe. Es sei ein gen Zustimmung aller Parteien, die beste nämlich in Freundschaft, mit Respekt und Meilenstein gesetzt worden und damit eine Lösung gefunden wurde. Vertrauen geführt worden. gute Grundlage für die Zukunft und zur „Ich bin sehr froh, daß diese Diskussion Dörfler erklärte auch seine Vorstellungen Stärkung der regionalen Zusammenarbeit mit gegenseitigem Respekt geführt wurde“, von Zukunftspolitik. Diese brauche Werte gelegt worden. so Faymann. Gerade angesichts der Gräuel- wie Respekt, Würde, Freundschaft und Ver- Volksgruppenvertreter Marjan Sturm taten in Norwegen und der Diskussion um antwortung. Er betonte, daß Kärnten anders wies auf die große emotionale Belastung von eine „Abrüstung der Worte“ und Austra- funktioniere, als viele gemeint hätten, was Volksgruppenfragen hin. Hier brauche es gungsweisen von Konflikten stelle sich die auch die erzielte Lösung bestätige. Sieger sei eine besondere Sensibilität, um die Minder- Frage, „ob wir gerade jungen Leuten auch in das Land Kärnten. Volksgruppe und Mehr- heit nicht zu enttäuschen und die Toleranz unserer Republik diese solidarische Diskus- heitsbevölkerung würden sich hier auf glei- der Mehrheit nicht zu überfordern. Gerade sion, diese konstruktive Diskussion, die die cher Höhe bewegen. Die Volksgruppe sei Kärnten müsse mit so vielen Bruchlinien Demokratie braucht, auch vorleben“. Die auch Brücke zum Nachbarn Slowenien. In zurecht kommen wie sonst kein anderes Frage eines respektvollen Zusammenlebens der Zusammenarbeit in der Region sieht Land, zitierte er den Historiker Stefan stelle sich auch im politischen Prozeß. Die Dörfler enormes Potential: „Ich freue mich Karner. Er sei froh über diesen Kompromiß, Verhandlungen zur Ortstafelfrage seien hier auf die gemeinsame Zukunft.“ der für ganz Kärnten als wertvoll gesehen positiv hervorzuheben, da „in guter österrei- Es sei ein guter Kompromiß, erklärte werde. Auch die Diskussion in der Konsens- chischer Tradition das Gemeinsame vor das Bundespräsident Heinz Fischer, weil er mit gruppe habe ihn persönlich bereichert. Nun Trennende gestellt“ wurde. Die Lösung im einem erfreulich hohen Maß an Zustimmung gehe es darum, alle Kritiker ins Boot zu Verfassungsrang, „die 56 Jahre nach dem zustande gekommen sei und weil er der holen durch Dialog und Überzeugungsar- Staatsvertrag ein sehr bedeutender Schritt Reputation Kärntens und Österreichs diene. beit. Es gebe keine Alternative zum Dialog, ist“, sei ein vorbildliches Beispiel dafür, daß Die sehr guten Beziehungen zwischen Öster- so Sturm. Ein Kapitel sei abgeschlossen, viel auch bei Beteiligung vieler Gruppen eine reich und Slowenien seien von einem Arbeit sei noch zu tun. ernsthafte und respektvolle Diskussion mög- Problem befreit worden, das immer wieder Quellen: Parlamentsdirektion/Parlamentskorrespon- lich sei, betonte Faymann. im Raum gestanden habe. Der beschlossene denz, Kärntner Landespressedienst

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 13 Innenpolitik 25 Jahre Landeshauptstadt Vor 25 Jahren, im Juli 1986, fiel im NÖ Landtag der einstimmige Beschluß für die neue Landeshauptstadt Niederösterreichs. mss / Vorlaufer Foto: Autor Alfred Komarek, Bürgermeister a. D. Willi Gruber, Landeshauptmann a. D. Siegfried Ludwig, Landeshauptmann Erwin Pröll, Bürgermeister Matthias Stadler und Landeshauptmann-Stellvertreter a. D. Ernst Höger. (v.l.) im St. Pöltner Rathaus

or 25 Jahren fiel die Entscheidung für seien „neue Kräfte im ganzen Land freige- Niederösterreich habe durch die neue VSt. Pölten als Landeshauptstadt im setzt worden“, so der Landeshauptmann. Landeshauptstadt an Selbstbewußtsein, Ima- Rahmen einer Volksbefragung. 61,4 Prozent Dies vor allem deshalb, „weil zentral in der ge und Gestaltungsspielraum gewonnen, so der niederösterreichischen Stimmberechtig- Landeshauptstadt investiert wurde und weil Pröll abschließend: „Dieses Land ist ge- ten hatten teilgenommen. 56 Prozent von gleichzeitig regional im ganzen Land inve- wachsen, wird geliebt und hat Zukunft.“ ihnen sagten „Ja“ zu einer eigenen Landes- stiert wurde“, verwies Pröll auf rund 3 Mil- Der Präsident des NÖ Landtages, Hans hauptstadt, 44,6 Prozent sprachen sich für liarden Euro an Investitionen in der Landes- Penz, der zur Feierstunde eingeladen hatte, St. Pölten aus. hauptstadt und rund 2,4 Milliarden Euro in bezeichnete in seinen Worten die Haupt- Dieses historische Jubiläum stand am den Regionen. „Das gemeinsame Miteinan- stadt-Entscheidung als einen „Modellfall di- 7. Juli im Mittelpunkt der Festsitzung des der über Parteigrenzen hinweg hat dem Land rekter Demokratie in Österreich“. Im Rück- NÖ Landtages, an der u. a. auch Landes- unglaublich viel gebracht“, so der Landes- blick auf die vergangenen 25 Jahre könne hauptmann Erwin Pröll, Landeshauptmann hauptmann. man „mit Fug und Recht sagen: Wir haben a. D. Siegfried Ludwig, Landeshauptmann- Durch die Hauptstadt-Entscheidung seien unsere Chance genutzt.“ Stellvertreter a. D. Ernst Höger und der auch „wesentliche Zukunftsweichen ge- Als weiterer Festredner sprach der Präsi- damalige St. Pöltner Bürgermeister, Willi stellt“ worden, betonte Pröll weiters. Als Bei- dent des Sächsischen Landtages, Matthias Gruber, teilnahmen. spiele dafür nannte er zum einen den Bereich Rößler, zum Thema „Starke Region – starkes Die Landeshauptstadt und die Landesent- der Verwaltung: „Wir haben die Übersied- Europa.“ In seiner Rede bezeichnete er den wicklung seien im Rückblick auf die vergan- lung genutzt für mehr Bürgernähe, moderne- Hauptstadt-Beschluß als „eine Zäsur von hi- genen 25 Jahre zu einer „Erfolgsgeschichte“ re Dienstleistung und schnellere Verfahren.“ storischen und zukunftsweisenden Dimen- geworden, sagte Landeshauptmann Erwin Zum anderen führte er auch den Bereich der sionen“ und als „Auftakt für eine internatio- Pröll in seiner Festrede. So sei die Haupt- Kultur („In St. Pölten ist ein neuer Kultur- nal beachtete Entwicklung des Bundeslandes stadt-Entscheidung nicht nur „eine demokra- Bezirk entstanden, im Land ist ein neues Niederösterreich“. tiepolitische Vorzeigeleistung“ gewesen, Kultur-Klima entstanden“) sowie den Wis- Landeshauptmann a. D. Siegfried Lud- sondern habe auch „einen Entwicklungs- senschaftsbereich an: „Niederösterreich ist wig erzählte vom damaligen Entscheidungs- schub im ganzen Land ausgelöst“, betonte heute Universitätsstandort und hat eine Wis- prozeß und meinte rückblickend: „Es ging Pröll. Durch die neue Landeshauptstadt senschaftsachse quer durch das Land.“ damals um die Landeshauptstadt, es ging da-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 14 Innenpolitik mals aber auch um die Regionen. Heute kön- nen wir mit Stolz auf das gelungene Werk zurückblicken.“ Landeshauptmann-Stv. a. D. Ernst Höger betonte im Rückblick auch die Bedeutung von „Dialogfähigkeit, Konsensfähigkeit und Respekt voreinander“: „Die Zukunftsgestal- tung durch die Kraft der Zusammenarbeit ist ein wesentliches Element des Erfolges.“ Der damalige St. Pöltner Bürgermeister, Willi Gruber, zeigte sich überzeugt, daß es „ein gutes Werk“ geworden sei. Sein Nach- folger, Matthias Stadler, bedankte sich „bei allen, die diese Grundsteine für die Landes- hauptstadt gelegt haben“, denn man könne „auf ein tolles Fundament aufbauen … Das Landesbewußtsein und das Selbstbewußt- sein der Bevölkerung haben sich durch die Landeshauptstadt deutlich gesteigert.“ Großer Andrang herrschte tags darauf, am 9. Juli, vor dem Haupteingang des NÖ Foto: NÖ Landespressedienst/Filzwieser Landhauses in St. Pölten. Beim „Fest für Landeshauptmann Erwin Pröll, der Präsident des Sächsischen Landtages, Matthias Niederösterreich“ nutzten rund 1000 Lan- Rößler, und der Präsident des NÖ Landtages Hans Penz. (v.l.) desbürgerInnen die Gelegenheit, im 6. Stock „Durch eine starke Zusammenarbeit kön- Rathausplatz gefeiert: „Biggis Band“ sorgt des Landhauses das Büro des Landeshaupt- nen wir unsere Kräfte bündeln. Wir tun so mit lateinamerikanischer Jazz-Musik sowie manns zu besichtigen, der die BesucherIn- weiter, daß auch jene, die 50 oder 100 Jahre Samba- und Rumbarhytmen für Lebens- nen persönlich empfing und über sein Ar- Landeshauptstadt feiern stolz auf unsere freude und Tanzstimmung. Um die Unter- beitsumfeld informierte. gemeinsame Arbeit sein können“, hob Pröll haltung der kleinen Festgäste kümmerten hervor. sich die Kinderfreunde mit einem kreativen Ein guter Grund zum Feiern Und wie sehen die Hauptstadtväter die Mitmach-Programm. Für italienisches Flair Unter großem Andrang honoriger Fest- Entwicklung der Landeshauptstadt? „Durch- von Adriano Celentano bis Conte sorgten gäste fand am 8. Juli eine Sondersitzung des wegs positiv. Die Zusammenarbeit ist unser „Cosa Nostra“. „Lukascher“, der sich weit St. Pöltner Gemeinderates im Rathaus statt. Erfolgsgeheimnis“, so Ludwig, Höger und über die Grenzen der Landeshauptstadt Unter ihnen die Hauptstadtväter Bürger- Gruber unisono. Letzteren habe übrigens einen Namen gemacht hat und bereits ganze meister a.D. Willi Gruber, Alt-Landes- „schon in der Schule gewurmt, daß Nieder- Konzerthallen füllt, gab ein Heimspiel. hauptmann Siegfried Ludwig und dessen österreich keine eigene Hauptstadt hat…“ Ab 20 Uhr hat die „Egon Backstage ehemaliger Stellvertreter Ernst Höger sowie Band“, eine Soul-Funk-Cover-Band in oft- Landeshauptmann Erwin Pröll, Landes- Stadt und Land feierten mals wechselnder Besetzung, ausgewählte hauptmann Stellvertreter Sepp Leitner, gemeinsames Jubiläum Eigeninterpretationen bekannter Lieder zum Hausherr Bürgermeister Matthias Stadler Ein Vierteljahrhundert Landeshauptstadt Besten gegeben. sowie die Landtagsabgeordnete Heidemaria des größten Bundeslandes der Alpenrepublik Um 24 Uhr begeisterte ein großes Feuer- Onodi und noch viele weitere Vertreter aus nahmen die Stadt St. Pölten und das Land werk über den Dächern der Landeshaupt- Politik und Wirtschaft. Am Programm stan- Niederösterreich gemeinsam zum Anlaß, um stadt. den Interviews mit den drei Hauptstadtvätern ein dreitägiges Fest zu zelebrieren. Das „Fest für Niederösterreich“ stand sowie mit Landeshauptmann Erwin Pröll „Mich freut ganz besonders die Tatsache, nicht nur im Zeichen des Jubiläums, sondern und Bürgermeister Matthias Stadler und der daß nahezu alle wichtigen Institutionen ihre auch in dem der Freiwilligen: Neben einer Festvortrag von Autor Alfred Komarek. Landeszentralen nach St. Pölten verlegt ha- beeindruckenden Leistungsschau der NÖ Während dieser über die ersten Schritte der ben, beziehungsweise diese in der nächsten Einsatzorganisationen unter dem Titel „He- jüngsten Landeshauptstadt – die er mit einer Zeit hierher verlegen werden“, so Bürger- roes of life“ fand auch die Siegerehrung des tüchtigen Hausfrau verglich – sprach, richte- meister Matthias Stadler zum bedeutenden Wettbewerbes „Lieblingsverein“ statt. ten der amtierende Landeshauptmann und Jubiläum. Auch im Landesregierungsviertel wurde der Bürgermeister ihren Blick in Richtung Am 7. Juli wurde im Rathaus ein das 25jährige Bestehen der jüngsten Landes- Zukunft. Sonderpostamt eingerichtet. Neben drei per- hauptstadt gefeiert. Zu den musikalischen „Niemand stellt mehr St. Pölten als Lan- sonalisierten Sonder-Briefmarken gab es Höhepunkten zählen unter anderem die Stars deshauptstadt in Frage, wir haben jedoch ge- auch Schmuck-Kuverts, ein Gedenkblatt des ORF NÖ Schlagerfestes Jazz Gitti, Udo meinsam noch viel vor“, so Stadler, der auch sowie die Sondermarke „850 Jahre Stadt St. Wenders und Superstar Nik P., sowie die aus Herbert von Karajan wie folgt zitierte: „Wer Pölten“ zu betrachten und zu kaufen. Stermanns & Grissemanns Sendung „Will- schon alle Ziele erreicht hat, der hat sie sich Bei einem bunten Programm wurde das kommen Österreich“ bekannte Band Russ- wohl zu niedrig gesetzt.“ Jubiläum im Zuge des Sommerfestivals am kaja.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 15 Innenpolitik Steiermark schafft Porporz ab Größte Reformanstrengung in der 2. Republik – der Steirische Landtag wird verkleinert Foto: Landespressedienst / Leiss Beschlossene Sache: Der Proporz in der Landesregierung wird abgeschafft, die Landesregierung und der Landtag verkleinert. Nach der Sitzung: rechts am Pult Landeshauptmann Franz Voves mit LH-Stv. Hermann Schützenhöfer (li.). ine „historische Reform“ hat die steiri- Reform ist die österreichweit größte in der mit Judenburg ein erster klarer Schritt. Die Esche Reformpartnerschaft im Anschluß Zweiten Republik.“ Expositur Bad Aussee wird durch eine Bür- an die Regierungssitzung vom 30. Juni vor- Beide hoben hervor, daß man bei allen gerservicestelle ersetzt. Im Bereich der Ge- gestellt: Der Proporz in der Landesregierung Reformvorhaben wie z.B. bei der Gemeinde- meinden gibt es einen Auftrag zur Erarbei- wird abgeschafft, die Landesregierung und strukturreform oder auch der Verwaltungsre- tung eines Vorschlags zur Gemeindestruk- der Landtag verkleinert. Neben dem Landes- form mit allen Beteiligten Gespräche führe turreform mit dem Ziel einer deutlichen Re- hauptmann und seinen zwei Stellvertretern und versuche zu einer Einigung zu kommen. duzierung der Anzahl der Gemeinden. soll es künftig nur mehr drei bis fünf Regie- „Letztlich müsse dann aber die Politik eine Bereits Mitte Juni hatten Finanzlandesrä- rungsmitglieder geben. Im Landtag wird mit Entscheidung treffen“, so Voves und Schüt- tin Bettina Vollath (SPÖ) und ÖVP-Budget- Beginn der kommenden Gesetzgebungspe- zenhöfer. Unterstützt wurden beide nicht nur verhandler Landesrat Christian Buchmann riode die Zahl der Abgeordneten von 56 auf vom Regierungsteam, sondern auch von den bei der Präsentation der Budgetvorschau bis 48 sinken. Außerdem wird in Graz der Stadt- Klubobleuten Walter Kröpfl und Christopher 2014 betont, daß die Steiermark den mit dem senat von neun auf sieben Mitglieder ver- Drexler. Kröpfl betonte, daß diese Reformen Bund unterzeichneten Stabilitätspakt einhal- kleinert und der Gemeinderat von 56 auf 48. „uns wieder Spielräume schaffen, um ten werde. Durch den steirischen Konsoli- „Das Doppelbudget mit primär ausgaben- Schwerpunkte für die Zukunft zu setzen“ dierungsweg solle bereits 2014 das Defizit seitigen Maßnahmen war nur der erste und Drexler brachte die heutige Botschaft deutlich unter der erlaubten Grenze liegen Schritt der Reformpartnerschaft, aber auf der auf den Punkt: „Wir sind Reform!“ und 2015 die strukturelle Lücke geschlossen heute präsentierten Reformagenda steht we- In der Verwaltung sei das Einsparungs- sein. „Der finanzpolitische Rahmen für die sentlich mehr. Um die Steiermark mit neuen ziel eines dreistelligen Millionenbetrages bis kommenden Jahre ist eine große Herausfor- Strukturen zukunftsfit zu machen, haben wir 2015 absolut realistisch, bislang wurde ein derung für alle Verantwortungsträger inner- historische Reformen eingeleitet, die wir auch Einsparungspotential von 118 Millionen Euro halb der Landespolitik“, sagte Vollath. „Wir gemeinsam umsetzen werden“, betonte Lan- erhoben und zwölf konkrete Reformprojekte werden in den kommenden Jahren das struk- deshauptmann Franz Voves (SPÖ). bereits eingeleitet, auch die Halbierung der turelle Defizit im steirischen Landeshaushalt Landeshauptmann-Stv. Hermann Schüt- derzeit 50 Fachabteilungen werde ange- konsequent und Schritt für Schritt zurück- zenhöfer (ÖVP): „Wir werden die Steier- strebt. Weiters sei der Auftrag zur Neuorga- fahren.“ Durch den Landtagsbeschluß vom mark neu ordnen – in der Politik, der Ver- nisation der Bezirkshauptmannschaften er- 30. Juni wurde jedenfalls bereits ein wesent- waltung und bei den Gemeinden. Diese teilt, die Zusammenlegung von Knittelfeld licher Schritt in diese Richtung gesetzt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 16 Österreich, Europa und die Welt Polens Ministerpräsident auf Staatsbesuch Besuch beim Bundespräsidenten in der Hofburg – Gedankenaustausch im Hohen Haus und im Außenministerium – Besuch des NS-Konzentrationslagers Mauthausen

olens Staatspräsident Bronislaw Komo- Zusammenhang kommt den Verhandlungen sparsamen Einsatz der EU-Mittel zentrale Prowski traf am 13. Juli zu einem offiziel- zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU Bedeutung zu. Er unterstrich außerdem die len Besuch in Wien ein. Nach einem Treffen 2014, die während der polnischen Präsident- Wichtigkeit der Vertiefung des Integrations- mit Bundespräsident Heinz Fischer am Vor- schaft beginnen, besondere Bedeutung zu. prozesses in Europa vor dem Hintergrund mittag gab es am der derzeitigen Fi- Nachmittag Gespräche nanz- und Währungs- mit Nationalratspräsi- krise im Euroraum. dentin Barbara Pram- Komorowski befür- mer und Vizekanzler wortete in diesem Zu- und Außenminister sammenhang wirksa- Michael Spindelegg- me Mechanismen des er. Monitorings für natio- Themen bei dem nale Haushalte, um Besuch beim Bundes- mehr Transparenz in- präsidenten waren un- nerhalb der EU zu er- ter anderem die polni- reichen. Er sprach sich sche EU-Ratspräsi- auch für die Einfüh- dentschaft, die am 1. rung einer „Schulden- Juli begonnen hat, bremse“ für die Haus- sowie die Hilfspakete halte von EU-Mit- der EU-Staaten für gliedsstaaten aus. Po- überschuldete Euro- len habe eine solche länder und die Annä- bereits im Grundge- herung des Westbal- setz festgeschrieben. kan an die Europäi- Prammer gab in die- sche Union, hieß es Bundespräsident Heinz Fischer (l.) und Staatspräsident Bronislaw Komorowski sem Zusammenhang aus der Präsident- zu bedenken, daß es schaftskanzlei. Nationalratspräsidentin Prammer zeigte zweifellos notwendig sei, von verschiedenen sich überzeugt, daß Polen in seiner ersten Seiten an die Aufgabe der Bewältigung der Besuch bei Nationalrats- EU-Präsidentschaft seine Rolle effizient und Finanzkrise heranzugehen. Die angespro- präsidentin Barbara Prammer erfolgreich ausfüllen werde. Sie sprach dann chenen Mechanismen stellten aber eine sehr Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Fragen in Zusammenhang mit der Erstellung komplexe Herausforderung dar, da die Mög- begrüßte Präsidente Komorowski zu einem des EU-Finanzrahmens ab 2014 an. Öster- lichkeit zu budgetären Schwerpunktsetzun- Gedankenaustausch im Hohen Haus. An reich unterstütze Überlegungen hinsichtlich gen jedenfalls im autonomen Entschei- dem Gespräch, in dessen Mittelpunkt wichti- der Erschließung neuer Eigenmittel der EU dungsbereich der Mitgliedsstaaten verblei- ge Vorhaben der derzeitigen polnischen und sei von Anfang an vehement für die Ein- ben müßte. Ratspräsidentschaft standen, beteiligten sich führung einer Finanztransaktionssteuer ein- Im Zusammenhang einer nachhaltigen auch der Zweiter Nationalratspräsident, Fritz getreten. Es herrsche nicht nur Übereinstim- und wettbewerbsfähigen Energieversorgung Neugebauer, und Abgeordneter Karl Dona- mung zwischen Regierung und Parlament, unterstrich Prammer den breiten Konsens bauer als Obmann der parlamentarischen im Nationalrat gebe es auch einen partei- über den Verzicht auf Nuklearenergie in Ös- Freundschaftsgruppe Österreich-Polen so- übergreifenden Konsens in dieser Frage, er- terreich. In diesem Zusammenhang sei erst wie Abgeordneter Johannes Hübner. läuterte Prammer. unlängst im Sinne einer konsequenten Atom- Die polnische Ratspräsidentschaft hat mit Komorowski betonte, daß das EU-Bud- politik auch beschlossen worden, daß Öster- der zweiten Jahreshälfte 2011 begonnen und get auf eine solide Grundlage gestellt wer- reich auch auf Importe von Atomstrom ver- erfolgt im Trio mit Dänemark und Zypern. den müsse. Zur Finanztransaktionssteuer sei zichten werde. Präsident Komorowski hielt Einen der Schwerpunkte stellen dabei die die Meinungsbildung von Seiten Polens noch dazu fest, daß Polen derzeit kein Kernkraft- Vertiefung des europäischen Integrationspro- nicht abgeschlossen, es zeichne sich aber ab, werk besitze und auch kein dezidierter zesses und die damit verbundene Stärkung daß man sie befürworten werde. Aus polni- Befürworter der Nuklearenergie sei. Aller-

Foto: Hofburg / Dragan TATIC des Wirtschaftswachstums dar. In diesem scher Sicht komme einem effektiven und dings sei eine erneute Diskussion über die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 17 Österreich, Europa und die Welt Foto: Parlamentsdirektion / HBF Georg Stefanik Im Bild links: österreichische Delegation mit Fritz Neugebauer (Zweiter Nationalratspräsident, 1.v.li.), Barbara Prammer (Nationalratspräsidentin, 2.v.li) und Johannes Hübner (Nationalratsabgeordneter, 4.v.li.). Im Bild rechts: die polnische Delegation mit Bronislaw Komorowski (polnischer Staatspräsident, 1.v.re.) mögliche Option einer Nutzung der Atom- Komorowski: Europäische Integration Wirtschaftswachstum. Im Vorjahr lag das kraft durch Polen, selbstverständlich unter ist Medizin gegen Probleme Europas polnische BIP-Plus bei rund 4 Prozent und es Berücksichtigung strengster Sicherheitsauf- „Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen wäre ohne die verheerenden Überschwem- lagen, entstanden. Diese Debatte müsse im Polen und Österreich sind eine Erfolgstory – mungen im Frühjahr 2010 noch höher aus- Zusammenhang mit der Frage, wie Polen, egal ob beim Warenverkehr, im Dienst- gefallen. Wachstumsträger waren im Vorjahr dessen Hauptenergieträger nach wie vor leistungsaustausch oder bei Investitionen“, die Industrieproduktion, die Bauwirtschaft Braun- und Steinkohle sind, die CO2-Ziele mit diesen Worten eröffnete Richard Schenz, und der Privatkonsum. Für heuer wird wie- erreichen könne, und einer Debatte über die Vizepräsident der Wirtschaftskammer Öster- der mit einem Wirtschaftswachstum von bis Sicherheit grenznaher Kernkraftwerke gese- reich (WKÖ), am Abend des 13. Juli das „Ös- zu 4 Prozent gerechnet. Komorowski: „Polen hen werden. terreichisch-Polnische-Wirtschaftsforum“ hat aus seiner Geschichte seit der politischen Wende gelernt, daß Krisen genützt werden müssen, um Entscheidungen zu treffen, die die Politik in wirtschaftliche guten Zeiten nicht treffen würde.“ Das sei ein Grund da- für, warum Polen heute so gut dastehe. Ein weiterer Glücksfall war für Polen der Beitritt zur Europäischen Union. „Ich betrachte die europäische Integration generell als die wichtigste Medizin gegen viele der vergan- genen und auch noch aktuellen Probleme in Europa“, so Komorowski. Im Rahmen des Besuchs des polnischen Präsidenten im Haus der Wirtschaft wurde ein Kooperationsab- kommen zwischen der Austrian Business Agency (ABA) und der polnischen Investi- tionsagentur unterschrieben. Für den bilateralen Außenhandel zwi- schen Polen und Österreich erwartet WKÖ-

Foto: BMeiA / Mahmoud Ashraf Vizepräsident Schenz heuer einen neuen Vizekanzler und Außenminister (l.) traf mit Staatspräsident Rekordwert in der Höhe von etwa 5,5 Mrd. Bronislaw Komorowski zu einem Gespräch zusammen. Euro: „Polen belegt unter den österreichi- Die polnische Präsidentschaft wird auch der Außenwirtschaft Österreich (AWO), schen Außenhandelspartnern den zehnten intensiv mit Erweiterungsfragen der EU anläßlich des offiziellen Besuchs des polni- Rang und wird in Zukunft sicherlich noch an befaßt sein. Komorowski plädierte in diesem schen Staatspräsidenten in der WKÖ. Bedeutung gewinnen, wie auch die Außen- Zusammenhang dafür, neben den Ländern Komorowski ging in seiner Festrede auf handelsdaten für das laufende Jahr eindrucks- des Westbalkans auch der Ukraine und Mol- die allgemein positive wirtschaftliche Posi- voll beweisen.“ So legten die österreichi- dawien eine europäische Perspektive zu er- tion Polens ein. So war Polen im Krisenjahr schen Exporte nach Polen im ersten Jahres- öffnen. 2009 das einzige Land der EU mit einem drittel um 39,9 Prozent gegenüber der Vor-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 18 Österreich, Europa und die Welt Foto: BM.I / E. Weissheimer Die beiden Präsidenten bei der Kranzniederlegung am polnischen Denkmal in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

jahresperiode auf 1,1 Mrd. Euro und die Im- wird der derzeit größte Business Park Polens Mauthausen stehe ich jedes Mal mit Demut, porte um 40,7 Prozent auf 750 Mio. Euro zu. in Warschau, ein 50-50 Joint Venture von Trauer und Fassungslosigkeit darüber, mit Zurzeit sind rund 600 österreichische Un- UBM und CA Immo, bei dem Porr als Ge- welcher Mißachtung des Lebens, mit wel- ternehmen mit Niederlassungen in Polen ver- neralunternehmer auftritt. Die STRABAG cher grenzenlosen Inhumanität Menschen treten und Österreich ist mit einem Inve- errichtet in Stettin ein Einkaufszentrum und und Nationen gegeneinander vorgehen kön- stitionsvolumen von fünf Milliarden Euro baut 106 km der polnischen Autobahn A2. nen. Wenn ich aber heute diesen Ort hier mit unter den Top-acht der Auslandsinvestoren Kapsch gewann die Ausschreibung zur Ein- unseren polnischen Gästen besuche, dann in Polen – vor Ländern wie Großbritannien, führung der elektronischen Maut für Fahr- empfinde ich auch Dankbarkeit und Hoff- der Schweiz oder Japan. zeuge über 3,5 Tonnen. Wienstrom, Bewag nung, weil sie in den letzten Jahrzehnten be- „Für österreichische Produkte bleibt Po- und Raiffeisen errichten einen Windpark mit reit waren, mit allen Menschen guten Wil- len ein attraktiver Markt und österreichische einer Kapazität von 60 Megawatt. lens einen Weg aus dieser dunklen Geschich- Unternehmen werden in Polen als erfahrene te in eine gemeinsame friedliche Zukunft zu und gute Geschäftspartner geschätzt“, beton- Besuch der KZ-Gedenkstätte suchen und einzuschlagen“, so Fischer. Für te der österreichische Wirtschaftsdelegierte Mauthausen Polinnen und Polen sei Mauthausen ein in Polen, Ernst Kopp. Besondere Chancen Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin Symbol für das polnische Martyrium. Bis zu- für österreichische Produkte und Dienstlei- besuchte Komorowski als erster polnischer letzt hätten Häftlinge aus Polen die größte stungen sieht Kopp vor allem in den Be- Präsident mit seiner Frau auch die KZ- nationale Gruppe im Konzentrationslager ge- reichen Lebensmittel, Umwelttechnologie, Gedenkstätte Mauthausen. Begleitet wurde stellt, deren Arbeitskraft zunächst in Stein- Alternativenergien, Energieeffizienz sowie er von Bundespräsident Heinz Fischer und brüchen, später in der Rüstungsindustrie Bau und Infrastruktur – letztere auch im dessen Frau Margit, Staatssekretär rücksichtslos ausgebeutet worden sei, er- Zusammenhang mit der in Polen (und der Wladyslaw Bartoszewski, ein Überlebender innerte der Bundespräsident. „Die unmensch- Ukraine) stattfindenden Fußball-Europamei- des Konzentrationslagers Auschwitz, von lichen Haftbedingungen, die Brutalität der sterschaft 2012. Kopp nannte auch exempla- Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Wachmannschaften und nicht zuletzt geziel- risch einige Erfolge österreichischer Unter- dem oberösterreichischen Landeshauptmann te und systematische Massentötungen trugen nehmen aus jüngster Vergangenheit in Po- Josef Pühringer sowie von ehemaligen pol- zu einer immens hohen Sterblichkeit bei. len: Im Immobilienbereich etwa eröffnete nischen Häftlingen des KZ Mauthausen. Weniger als die Hälfte der inhaftierten Polen Warimpex ein Hotel in Katowice und be- Nach einer Schweigeminute und dem und Polinnen überlebte das Lager.“ gann mit der Errichtung eines Bürokomple- Niederlegen eines Kranzes hielten Komo- „Der Größe des geschehenen Verbre- xes in Warschaus Innenstadt. Alpine Bau hat rowski und Bundespräsident Fischer Reden chens halten wir unseren unbedingten Willen als Konsortialmitglied die Aufträge zum Bau und besuchten die polnische Gedenkstätte in nach einem friedvollen und toleranten Mit- bzw. zur Renovierung der EM-Stadien in Mauthausen. einander entgegen, sowie das Versprechen, Warschau, Gdansk, Poznan sowie eines wei- Der Bundespräsident eröffnete seine Rede alles in unserer Macht stehende zu tun, den teren Stadions in Krakau gewonnen. Eröffnet mit den Worten: „An der KZ-Gedenkstätte Weg der Toleranz in einem vereinten Europa

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 19 Österreich, Europa und die Welt

Erinnerung keine Naben wachsen, die sie völ- lig auslöschen“ und betonte die Notwendig- keit der Versöhnung der Völker als Grund- voraussetzung für ein gemeinsames Europa. „Man kann es kaum glauben, wenn man die- se wunderschöne Landschaft Österreichs sieht, daß sich hier eine der Höllen Europas befunden hat“, so Komorowski. Seit der Errichtung von Mauthausen seien rund 70 Jahre vergangen, sagte das polnische Staatsoberhaupt. Das entspreche drei Gene- rationen und genügend zeitlicher Distanz, um erkennen zu können, welchen Weg Euro- pa seither hinter sich habe. „Es ist auch eine gute Perspektive, um es zu schätzen zu wis- sen, daß wir gemeinsam in einem sich inte- grierenden Europa zusammenleben kön- nen.“ Dies sei aber nur möglich, wenn sich die Völker aussöhnen. Dazu müsse man sich der Wahrheit stellen und das Gedenken an die Opfer pflegen. Und Komorowski dankte all jenen, die sich um die Gedenkstätte küm- mern, „damit über diese Erinnerung keine Narben wachsen, die sie völlig auslöschen“. „Wir leben so lange, so lange die leben, die sich an uns erinnern“, mahnte Bun- despräsident Heinz Fischer angesichts der Mauthausen-Überlebenden im Troß seines Gedenkminute der beiden Staatspräsidenten beim polnischen Denkmal in der polnischen Amtskollegen. „In diesem Sinne Gedenkstätte Mauhausen zu gehen. Gerade an dieser Stätte des Ge- denkens soll bekräftigt werden, daß wir im Kampf um Demokratie und Menschenrechte sowie gegen jede Art von Fremdenfeindlich- keit und Antisemitismus über alle nationalen und politischen Interessen hinweg verbündet sind“, strich der Bundespräsident hervor. Die Konzentrationslager seien ein Symbol für Leid, Terror und jene menschenverach- tende Politik, die den Tod abertausender Men- schen verursacht habe. „Wir haben die Pflicht, dieser Tragödie eine auf gemeinsa- men Werten basierende Zukunft entgegenzu- stellen. Und wir tun dies nicht nur im natio- nalen Rahmen, sondern auch durch unsere bewährte polnisch-österreichische Zusam- menarbeit. Ich denke hier z.B. an das Koope- rationsabkommen zwischen den Gedenk- stätten Auschwitz-Birkenau und Mauthau- sen oder an die am 7. Mai 2011 eröffnete Ausstellung ,Der Mensch dem Menschen. Fotos: BM.I / E. Weissheimer Bundespräsident Heinz Fischer (l.) und Staatssekretär Wladyslaw Bartoszewski Die Vernichtung der polnischen Intelligenz mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in den Jahren 1939 – 1945. KZ Mauthau- sen/Gusen‘, die wir in Kürze besuchen wer- Nach der Kranzniederlegung vor dem wollen wir gemeinsame Taten gegen das den. Diese Ausstellung ist Ausdruck unseres polnischen Denkmal, wurde im Anschluß Vergessen setzen im Sinne des Ehrengrund- festen Willens, dem Vermächtnis der einst- eine Schweigeminute aller Anwesenden ab- satzes ,Niemals wieder‘, schloß Fischer. mals hier Gefangenen zu entsprechen, wel- gehalten. Präsident Komorowski dankte in http://www.mauthausen-memorial.at cher lautet: ,Wir leben so lange, solange die seiner Ansprache all jenen, die sich um die Quellen: Hofburg, Parlamentsdirektion/Parlaments- leben, die sich an uns erinnern‘.“ Gedenkstätte kümmern, „damit über diese korrespondenz, WKÖ, BM.I

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 20 Österreich, Europa und die Welt Jerzy Buzek zu Gast in Wien Der Präsident des Europaparlaments traf mit Bundeskanzler Werner Faymann, Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zusammen und diskutierte mit Parlamentariern im EU- Hauptausschuß über aktuelle politische Fragen.

undeskanzler Werner Faymann empfing BJerzy Buzek, den Präsidenten des Euro- päischen Parlamentes, im Rahmen von des- sen Österreich-Besuch am 8. und 9. Juli zu einem Arbeitsgespräch im Bundeskanz- leramt. „Dabei hat Präsident Buzek Öster- reich großes Lob ausgesprochen“, so der Kanzler nach dem Gespräch, „vor allem dafür, wie wir die Krise bewältigt haben, wie wir die guten Lebensbedingungen und die Wettbewerbsfähigkeit erhalten konnten.“ Weiters diskutierte der Bundeskanzler mit seinem Gast über das nächste EU-Budget sowie über die Zukunftsthemen Forschung und Entwicklung, Infrastruktur, Bildung. In dem Zusammenhang erörterten die beiden Gesprächspartner besonders das Thema Fi- nanztransaktionssteuer. Faymann unterstrich: „Präsident Buzek nimmt eine sehr aktive Rolle zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäi- schen Rat ein. Ich unterstütze ihn bei den Herausforderungen, die durch die gestärkte Rolle des Parlaments entstehen.“ Foto: BKA/HBF / Andy Wenzel Dr. Alois Mock-Europa-Preis verliehen Am 8. Juli empfing Bundeskanzler Werner Faymann (r.) den Präsidenten des Im Marmorsaal des Außenministeriums Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, zu einem Gespräch im Bundeskanzleramt. wurde Jerzy Buzek für seinen Einsatz für ein freies und geeintes Europa der diesjährige Lissabon die neuen Kompetenzen des Euro- im Hohen Haus zu einer Aussprache zusam- „Dr. Alois Mock-Europa-Preis“ verliehen. päischen Parlaments voll ausgeschöpft hat men. Im Zentrum stand dabei die Entwick- „Jerzy Buzeks Engagement für die Stär- und das Parlament zu einem gleichberechtig- lung der interparlamentarischen Zusammen- kung der Demokratie und die Verteidigung ten Gesprächs- und Verhandlungspartner in arbeit nach dem Vertrag von Lissabon. der Menschenrechte in seiner Heimat und in der EU werden ließ“ würdigte Spindelegger Prammer unterstrich, daß deren Vertiefung Europa sind beispielgebend“, so Vizekanzler in seiner Laudatio. nur auf der Basis eines Prinzips der Gleich- und Außenminister Michael Spindelegger Buzeks Engagement für Freiheit und wertigkeit aller Parlamente beruhen könne. über den Präsidenten des Europäischen Par- Demokratie in Polen und in Europa geht auf Die Rolle der nationalen Volksvertretungen laments und früheren polnischen Minister- seine Zeit als Vorsitzender des Unabhän- innerhalb der EU sei durch den Vertrag von präsidenten. Der Preis selbst wurde Buzek gigen Gewerkschaftsbunds „Solidarno¶æ“ Lissabon aufgewertet worden. Nun gehe es vom Namensgeber und Präsidenten der Stif- Anfang der 1980er Jahre zurück und wurde darum, die Kooperation der nationalen Par- tung, Vizekanzler und Außenminister a.D. insbesondere mit dem Beitritt Polens zur EU lamente und ihre Beziehungen zum Euro- Alois Mock, persönlich überreicht. gekrönt. päischen Parlament konkret auszugestalten. Jerzy Buzek wurde im Juni 2009 zum Bisherige Preisträger des 1997 geschaffe- Für Österreich als neutralem Staat sei insbe- ersten Präsidenten des Europäischen Parla- nen Dr. Alois Mock-Preises sind Paul sondere die Frage von zentraler Bedeutung, ments aus den 2004 beigetretenen Mitglieds- Lendvai, Elmar Brok, Dimitrij Rupel, Hugo in welcher Form die künftige parlamentari- staaten gewählt. Zuvor hatte er sich als pol- Bütler, Roland Dumas, Magdalena Vasaryo- sche Kontrolle der GASP erfolgen solle, nischer Abgeordneter und Ministerpräsident va, Hans-Gert Pöttering, Otto von Habsburg meinte Prammer. sowie als Abgeordneter Polens zum Euro- und Hans-Dietrich Genscher. Buzek stellte fest, der europäische Inte- päischen Parlament hohe Anerkennung er- grationsprozeß habe sich auch in der Vergan- worben. „Es ist Parlamentspräsident Buzek Zu Mittag trafen dann Nationalratsprä- genheit immer wieder durch entscheidende der nach dem Inkrafttreten des Vertrags von sidentin Barbara Prammer und Jerzy Buzek Weichenstellungen definiert, bei denen die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 21 Österreich, Europa und die Welt

Mitgliedsstaaten zu einer engeren Zusam- menarbeit gefunden hätte. Derzeit spiele sich dieser Prozeß vor allem auf den Gebieten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspoli- tik ab. Er könne die in diesem Zusammen- hang bestehenden Bedenken Österreichs sehr wohl nachvollziehen.

Buzek: Wir sind ein einziger parlamentarischer Körper Der EU-Hauptausschuß des Nationalrats durfte dann einen ganz besonderen Gast in seiner Mitte begrüßen: Buzek diskutierte mit den österreichischen ParlamentarierInnen aktuelle politische Fragen. Dabei unterstrich er besonders die Bedeutung der Zusammen- arbeit zwischen Europäischem Parlament und nationalen Parlamenten, insbesondere vor dem Hintergrund der Stärkung der Volksvertretungen im Rahmen des EU-

Gesetzgebungsprozesses durch den Lissa- Foto: BMeiA / Bernhard J. Holzner HOPI-MEDIA bon-Vertrag. „Wir sind ein einziger parla- Außenminister Michael Spindelegger (l.) überreicht EU-Parlamentspräsident Jerzy mentarischer Körper“ rief er den Anwesen- Buzek den »Dr. Alois Mock-Europa-Preis« im Außenministerium. den zu. „Das Europäische Parlament braucht die Unterstützung der nationalen Parlamen- te, denn wir beschäftigen uns mit den selben Gesetzen, die alle europäischen BürgerInnen betreffen.“ Buzek warb auch für eine sachliche Diskussion des Finanzrahmens für die EU bis 2020 und appellierte angesichts notwen- diger Investitionen in Forschung, Bildung, Kultur und Umweltschutz Mut zu haben, nicht allzu sparsam zu sein. Die Nationalratspräsidentin wies in ihrer Begrüßung auf die eindeutigen Beschlüsse des Nationalrats und der Bundesregierung nach Einführung einer Finanztransaktions- steuer auf europäischer Ebene hin. Diese werde vom Europäischen Parlament ange- dacht, informierte Buzek. Prammer erinnerte aber auch an die öster- reichischen Wurzeln von EP-Präsident Bu- zek. Sein Großonkel Josef Buzek war von Foto: BMeiA / Bernhard J. Holzner HOPI-MEDIA 1907 bis 1918 Mitglied des Abgeordneten- Preisstifter Alois Mock gratuliert Jerzy Buzek zur Preisverleihung. hauses des österreichischen Reichsrats. Bu- zek selbst erzählte, seine Familie habe das des Bundesrats sowie die österreichischen che aus den Parlamenten gegeben, davon Leben in Galizien in guter Erinnerung. Auch Mitglieder des Europäischen Parlaments hätten 113 das Subsidiaritätsprinzip betrof- innerhalb der österreichischen Monarchie dazu eingeladen. fen, erläuterte Buzek, räumte aber gleichzei- hatte man die Freiheit, sich in der eigenen tig ein, daß kein Rechtsakt die gelbe oder Sprache auszudrücken und sich frei zu be- Buzek: Europäische Bürger- orange Karte, die zum Stoppen eines EU- wegen, zog er einen Bogen zum heutigen initiative aktiv fördern Gesetzesvorschlags führen könnte, erhalten Abbau der Grenzen in der EU. Europa könne In seinem Einleitungsstatement ging habe. Zu einer guten Vorbereitung bedürfe es nur funktionieren, wenn man Grenzen öff- Buzek zunächst auf die Stärkung des Euro- einer engen Zusammenarbeit aller, betonte net, bekräftigte er. päischen Parlaments und der nationalen er und forderte die nationalen Parlamente An der Sitzung des EU-Hauptausschus- Parlamente im europäischen Gesetzge- auf, ihre Einflußmöglichkeiten auf die ses nahmen nicht nur die Ausschußmitglie- bungsprozeß aufgrund der Bestimmungen Haltung ihrer Regierungsmitglieder in den der selbst teil, sondern es waren alle Abge- des Lissabon-Vertrags ein. Seither habe es europäischen Gremien auch wahrzunehmen. ordneten zum Nationalrat, alle Mitglieder zu Gesetzesvorschlägen über 300 Einsprü- Das Europäische Parlament sei für alle The-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 22 Österreich, Europa und die Welt

men offen und um eine Intensivierung der Kontakte auf sämtlichen Ebenen bemüht. Bereits jetzt kooperierten die Ausschüsse der Parlamente, und die BerichterstatterInnen der Ausschüsse seien gerade dabei, ein enges Kontaktnetz aufzubauen. Buzek hielt es fer- ner für notwendig, daß sich die nationalen Parlamente auch im Bereich der Verteidi- gung, der Sicherheit und der Außenpolitik besser koordinieren. Der EP-Präsident ging auch kurz auf die Europäische Bürgerinitiative ein, die ab 2013 eingeführt wird. „Wir sollten diese ak- tiv fördern“, sagte er, „und die BürgerInnen dazu bringen, mehr persönlichen Einfluß auf den europäischen Entscheidungsprozeß aus- zuüben.“ Die Rotation der Präsidentschaft in der EU hielt Buzek für wichtig und stellte fest, daß der Präsidentschaft innerhalb der euro- päischen Gesetzgebung eine zentrale Bedeu- Foto: Parlamentsdirektion / HBF Livio Srodic tung zukomme. Das Europäische Parlament Präsident Jerzy Buzek und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer nehme seine gestärkte Verantwortung wahr und arbeite eng mit dem Rat zusammen. Das menarbeit noch Verbesserungen in Angriff anlegen und sollte den Mut aufbringen, das sei auch notwendig, denn nunmehr hätte das zu nehmen, die ungarische Präsidentschaft Budget nicht allzu sparsam zu gestalten, Europäische Parlament bei über 90 Prozent habe dazu wichtige Schritte gesetzt. konstatierte er. Dies deshalb, weil die Stra- aller EU-Gesetzesvorschläge das Recht der Einen Schwerpunkt seiner Stellungnah- tegie 2020 nicht nur helfen soll, Europa ge- Mitbestimmung, hielt er fest, während dies me widmete Buzek dem kommenden EU- sunden zu lassen, sondern vor allem auch da- früher nur bei 40 Prozenz der Fall gewesen Finanzrahmen bis 2020. Dabei dürfe man zu beitragen soll, daß Europa in 10 Jahren sei. Man habe aber in der Form der Zusam- nicht den Maßstab heutiger Schwierigkeiten voll wettbewerbsfähig ist. Vieles sei auf EU Foto: Parlamentsdirektion / HBF Livio Srodic linke Bildhälfte: Delegation mit Jerzy Buzek (2.v.re.), rechte Bildhälfte: v.li. Veranstaltungsteilnehmerin, Martin Wasserer (Parlamentsdirektion), Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Parlamentsdirektor Georg Posch

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 23 Österreich, Europa und die Welt Foto: Bürgerforum Europa 2020/APA-Fotoservice/Hautzinger Othmar Karas (EU-Parlamentarier der ÖVP und Sprecher des »Bürgerforum Europa 2020«), Univ.-Prof. Sonja Puntscher- Riekmann (Moderatorin), Jerzy Buzek (Präsident des Europäischen Parlaments), Sophie Karmasin (Geschäftsführerin der Karmasin Markt- und Meinungsforschung) und Johannes Voggenhuber (EU-Parlamentarier der Grünen) Ebene besser zu lösen, etwa Fragen der Weitere wichtige aktuelle Themen sind gehe auch nicht darum, innerhalb Europas Energie- und der Umweltpolitik. Als eine laut EP-Präsident neben Griechenland auch wieder Grenzen aufzubauen sondern viel- Stärke bezeichnete Buzek die Internetver- der Beitritt Kroatiens, der Nahe Osten sowie mehr müsse die Kontrolle an den Außen- bindungen und forderte dazu auf, die Syner- die südliche und die östliche Partnerschaft. grenzen wieder effektiver werden. gien von Wissenschaftszentren zu nützen. Nach diesem Statement hatten die öster- Die größte Gefahr für Europa sieht der Für die Zukunft Europas haben vor allem reichischen ParlamentarierInnen die Gele- EU-Parlamentspräsident im Aufkommen Wissenschaft und Forschung besondere Be- genheit, über anstehende EU-Themen zu von Spannungen, der bewußten Teilung von deutung, unterstrich Buzek und warb daher diskutieren. Meinungen, der Unfähigkeit, Entscheidun- für den Vorschlag der Kommission und des gen zu treffen, wie dies Europa schon einmal Europäischen Parlaments, mehr Geld in Buzek: »Mehr Europa heißt auch in den 30er-Jahren erlebt hat. Forschung, Bildung und Kultur zu investie- mehr Investieren in Europa« Othmar Karas, Sprecher des Bürger- ren. „Die Probleme, mit denen Europa zu forums sieht vor allem ein Informations- und Buzek verteidigte auch den oft in der Öf- kämpfen hat, kommen von außen. So war Kommunikationsdefizit, mit dem die EU fentlichkeit kritisierten Europäischen Außen- dies auch bei der Finanzkrise der Fall. Wir aktuell zu kämpfen hat und fordert daher dienst, denn die Bedrohungen der EU kämen müssen daher gemeinsam überlegen, wie wir auch entsprechende Aktivitäten und Initia- in erster Linie von außen, der Außendienst die Probleme gemeinsam lösen. Eine Ant- tiven. Buzek plädierte dafür, engagiert und habe die Aufgabe, diesen Gefährdungen der wort“, Buzek, auf einer Diskussionsver- verstärkt den Bürgern zu erklären, daß EU zu begegnen. anstaltung des „Bürgerforum Europa 2020“ „mehr Europa die Antwort ist, um die Pro- Bis zur Beschlußfassung des Finanzrah- am 9. Juli, „heißt, gemeinsam auf dem euro- bleme zu bewältigen. Das gilt auch für jene, mens habe man noch eineinhalb Jahre Zeit, päischen Markt zu investieren und diesen die Zweifel am Euro hegen“. bemerkte Buzek, doch man müsse bereits weiter zu stärken.“ Tatsächlich seien die Euro-Skeptiker die heute intensiv darüber diskutieren, weil jetzt Buzek sprach sich in diesem Zusammen- größten Populisten. „Europa ist wirtschaft- die Grundlagen dafür gelegt würden. Das hang auch dafür aus, den Nachbarn zu hel- lich ein Riese, aber – global gesehen – poli- EU-Budget werde zu 94,5 Prozent für Initia- fen, wobei unter Nachbarn nicht nur die tisch ein Zwerg. Wir brauchen in Europa, in tiven und Aufgaben der Union verwendet, Länder am Balkan sondern auch jene Nord- der EU, eine gute Politik. Das ist die Heraus- nur 5,5 Prozent flössen in die Verwaltung, afrikas zu verstehen sind. Durch die Schaf- forderung an die Zukunft“, so Buzek. versuchte der EP-Präsident der oftmals vor- fung von Arbeitsplätzen in Ägypten und Quellen: Bundeskanzleramt, Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, Par- gebrachten Kritik am EU-Budgetvollzug zu Tunesien etwa könne wirksam dem Problem lamentsdirektion/Parlamentskorrespondenz, Bürger- begegnen. der Emigration entgegengewirkt werden. Es forum Europa 2020

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 24 Österreich, Europa und die Welt Doppelt Grund zur Freude für Kroatien, Österreich und die EU Außenminister Michael Spindelegger traf mit dem kroatische Vizepremier und Außenminister Gordan Jandrokovic´ bei einer Podiumsdiskussion anläßlich des 20jährigen Unabhängigkeitsjubiläums in Wien zusammen.

ie heutige Veranstaltung bietet doppelt DGrund zur Freude: 20 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung konnten Ende Juni auch die EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien abgeschlossen werden“, so Außen- minister und Vizekanzler Michael Spindel- egger am 13. Juli im Rahmen einer gemein- samen Podiumsdiskussion mit seinem kroa- tischen Amtskollegen Gordan Jandrokovic anläßlich des 20jährigen Unabhängigkeits- jubiläums Kroatiens an der Diplomatischen Akademie Wien. Neben einem historischen Rückblick wa- ren allem voran Kroatiens Zukunftsperspek- tiven innerhalb der EU das zentrale Thema der Veranstaltung: „Der Abschluß der Bei- trittsverhandlungen ist Ergebnis jahrelangen Reformeifers. Jedoch erwarten Kroatien auch in den kommenden Jahren große Heraus- forderungen. Nach meiner Teilnahme am ,Croatia Summit 2011‘ vergangenes Wochen- ende in Dubrovnik bin ich ermutigt, daß Außenminister Michael Spindelegger (r.) mit seinem kroatischen Amtskollegen, Vizepremier und Außenminister Gordan Jandrokovic´ Kroatien sich zur Fortsetzung des Reform- kurses bekannt hat, etwa im Bereich der Spindelegger weiter, der gegenüber Jandro- einem anschließenden Arbeitsmittagessen Rechtssicherheit und Korruptionsbekämp- koviæ auch die vor kurzem von der kroati- der beiden Außenminister diskutierten sie fung oder auch bei der Verbesserung des schen Regierung angenommene Vorlage für mit österreichischen Wirtschaftstreibenden Investitionsklimas, damit das Land von der ein Restitutionsgesetz sowie die Verbesse- und Investoren über die Möglichkeiten ver- EU-Mitgliedschaft voll profitieren kann“, so rung des Investitionsklimas ansprach. In stärkter Kooperation zwischen Österreich und Kroatien. Nach den Eröffnungsworten durch Hans Winkler, Leiter der Diplomatischen Akade- mie und Staatssekretär a.D., nahmen auch der Vertreter der Europäischen Kommission in Wien, Richard Kühnel, sowie hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft an der Diskussion teil. „Wir haben Kroatien bei den Bei- trittsverhandlungen stets unterstützt. Zuletzt war ich noch Ende April mit Mikuláš Dzurinda in Zagreb, um Kroatien für den Endspurt anzuspornen. Für die Europäische Union und insbesondere auch Österreich geht die baldige Mitgliedschaft Kroatiens in der EU mit großen Vorteilen einher und das nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene, son-

Fotos: BMeiA / Mahmoud Ashraf dern vor allem im gesellschaftlichen, wis- Außenminister Michael Spindelegger bei seiner Ansprache in der Politischen senschaftlichen und technischen Bereich“, Akademie aus Anlaß des Symposiums zur 20jährigen Unabhängigkeit Kroatiens so Spindelegger abschließend.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 25 Österreich, Europa und die Welt Donauraumstrategie bietet Chancen für NÖ und OÖ Oberösterreich koordiniert Europaregion Donau-Moldau: Sechs Regionen wollen mit einer Stimme sprechen – Grenzüberschreitende Themen Arbeitsmarkt, Wissenschaft und Verkehr – Bohuslav und Sigl: Donau als umweltfreundlichenTransportweg nutzen Foto: Region Oberpfalz v.l.: Günther Knötig (Abteilung Raumordnung Land OÖ), Franz Löffler (Bezirkstagspräsident der Oberpfalz), Hans Schaidinger (Oberbürgermeister von Regensburg), Friedrich Bernhofer (Landtagspräsident von OÖ), František Štangl (Bürgermeister von Nové Hrady und Kreisrat »Südböhmischer Kreis«), Ivo Grüner (stellvertretender Präsident der Region Pilsen) und Kaspar Sammer (Geschäftsführer Euregio)

m die Gründung der Europaregion Krumau und heuer Regensburg als Gast- 14. Jahrhundert enge Kontakte zur Entwick- UDonau-Moldau voranzutreiben, haben geber an der Reihe war, wird der Tag der lung Österreichs gehabt, die Donau habe als Oberbürgermeister Hans Schaidinger und Europaregion Donau-Moldau 2012 in Ober- alter Verkehrsweg den Prozeß gefestigt. der Oberpfälzer Bezirkstagspräsident Franz österreich stattfinden. „Für die deutsch-böhmische Geschichte Löffler zum Europaregionstag 2011 nach Re- Der Regensburger Oberbürgermeister war Regensburg schon früh ein lebendiger gensburg eingeladen. Getagt wurde am 11. ging in seiner Begrüßungsanspache auf den Knotenpunkt“, so Schaidinger. „Ich erwähne und 12. Juli im Historischen Reichssaal des altehrwürdigen Reichssaal ein, in dem die nur, daß die Gründung des Bistums Prag 973 alten Rathauses, im dem über Jahrhunderte Tagung abgehalten wurde und der noch im- durch eine Übereinkunft zwischen Kaiser die Reichstage des Heiligen Römischen mer europäische Geschichte einatme: „Die Otto I. und dem böhmischen Herzog Boles- Reiches stattfanden. hier abgehaltenen Reichstage und im beson- lav II. sowie dem Regensburger Bischof Wolf- Die Europaregion Donau-Moldau als ge- deren Maß der sogenannte immerwährende gang erfolgt ist. Böhmen gehörte damals meinsames Anliegen haben politische Ver- Reichstag von 1663 bis 1806 waren ja so zum kirchlichen Juristikationsbereich des treter aus Oberösterreich, dem niederöster- etwas wie eine Vorläuferinstitution des euro- Regensburger Bischofs. Über ein Jahrhun- reichischen Wald- und Mostviertel, den päischen Parlaments. Das wohlhabende dert davor hatten sich 14 slawische Fürsten tschechischen Regionen Südböhmen, Pilsen Königreich Böhmen war hier genau so ver- in Regensburg taufen lassen.“ und Vysoèina, dem Regierungsbezirk Nieder- treten wie die österreichischen und deut- „Meine Damen und Herren, Sie sehen, bayern und dem Landkreis Altötting beim schen Landesfürsten.“ Die Reichsstadt Re- daß die angestrebte Europaregion Donau- Tag der Europaregion in Regensburg in gensburg habe rege Handelbeziehungen do- Moldau einen soliden historischen Hinter- Bayern erneut bekräftigt. Aus Oberösterreich nauabwärts, über Linz, Wien und Budapest grund hat. In ihm spielte die alte Reichsstadt war Landtagspräsident Friedrich Bernhofer hinaus gepflegt. Regensburg als altbayeri- Regensburg eine wichtige Mittlerrolle. Es in Vertretung von Wirtschafts-Landesrat sches Zentrum neben Passau und Salzburg geht heute also nicht nur darum, als Euro- Viktor Sigl angereist. Nachdem im Vorjahr habe in der Zeit zwischen dem 8. und dem paregion Donau-Moldau eine günstigere

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 26 Österreich, Europa und die Welt

Ausgangsposition beim Wettlauf um Förder- mittel aus Brüssel bei der INTERREG- Förderperiode 2013 bis 2019 zu haben“, so Schaidinger, „es geht auch nicht allein dar- um, sich neben den übermächtigen Mono- polregionen Prag, München, Wien und Nürn- berg wirtschaftlich zu behaupten. So wichtig das alles auch ist: Es geht in erster Linie um die Menschen hier, um kulturelle Gemein- samkeiten und Sicherung des Friedens durch Anhebung und Ausbalancieren der Lebens- und Arbeitsbedingungen.“

Weitere Vorgangsweise In Regensburg wurden bei einer Fach- tagung und einer Sitzung des trilateralen Ko- Foto: NLK/Filzwieser v.l.: Christian Steindl (Geschäftsführer der Ennshafen OÖ GmbH), Petra Bohuslav ordinierungsgremiums mögliche Themen so- (Niederösterreichs Wirtschaftslandesrätin), KommR. Viktor Sigl (Oberösterreichs wie die weitere Vorgangsweise des Projekts Wirtschaftslandesrat), LAbg. Michaela Hinterholzer (stv. Ausichtsratsvorsitzende „Europaregion Donau-Moldau“ erarbeitet. der ecoplus GmbH) und Jörg Praher (Geschäftsführer Ennshafen NÖ GmbH) Das Land Oberösterreich nimmt in der professionelle Struktur mit einer Stabsstelle nutzen und gemeinsam mit dem bundeslän- Koordination eine federführende Rolle ein. und hauptamtlichen Mitarbeitern, mit der die derübergreifenden Logistikcluster das Pro- „Der gemeinsame Arbeitsmarkt und die vielen guten Ideen auch umgesetzt werden jekt ,High & Heavy‘ verwirklichen und so Vernetzung in Wirtschaft und Wissenschaft können. Mit dieser Struktur ist die Region Ennsdorf zu einem neuen Knotenpunkt für sind Bereiche, in denen wir als Mitglieder außerdem für eventuelle neue EU-Förder- die Verlagerung von Schwerlastgütern auf der Europaregion Donau-Moldau von der programme gerüstet. Binnenschiffe ausbauen.“ Bereits jetzt sei grenzüberschreitenden Zusammenarbeit pro- Die Politik in allen beteiligten Regionen der Ennshafen ein wichtiger Schnittpunkt fitieren werden“, so Wirtschafts- und Euro- steht geschlossen hinter der Idee „Euro- der Verkehrsträger Straße, Schiene, Wasser pa-Landesrat Viktor Sigl. „Die Vorteile einer paregion Donau-Moldau“. Die Partner sehen und biete eine optimale Infrastruktur für Un- Zusammenarbeit liegen auf der Hand“, sind die Europaregion auch als Chance, um mit ternehmen. Langfristig solle damit erreicht sich Sigl und Bernhofer einig: „Im Wettbe- einer Stimme bei nationalstaatlich veranker- werden, die freien Kapazitäten auf der werb mit anderen europäischen Regionen ten Projekten mit grenzüberschreitenden Donau für Schwerlastgeschäfte auszulasten, können wir gemeinsam eine starke Position Auswirkungen bei Planung und Realisierung so Bohuslav weiter. Generell ergänzten sich einnehmen.“ mitreden zu können. die Donauraumstrategie und die NÖ Wirt- Der oö. Delegationsleiter, Landtagsprä- Am 24. Juni wurde vom Europäischen schaftsstrategie in den Bereichen Internatio- sident Friedrich Bernhofer wies in seinem Rat die Donauraumstrategie verabschiedet nalisierung, Nachhaltigkeit und Cluster bzw. Statement insbesondere auf die bereits ge- (siehe unsere ÖJ-Ausgabe 97 vom 04.07.2011 Innovation und Technologie sehr gut. lebte bilaterale Zusammenarbeit hin: „Zwi- http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_09.htm), Was den Tourismus betreffe, so verzeich- schen Oberösterreich und Bayern gibt es seit am 21. Juli informierten die beiden Landes- ne die Destination Donau Niederösterreich vielen Jahren gemeinsame Projekte wie zum räte aus Niederösterreich und Oberöster- jährlich rund 1,4 Millionen Nächtigungen Beispiel die bayerisch-oberösterreichischen reich, Petra Bohuslav und Viktor Sigl, sowie und eine Wertschöpfung von etwa 40 Mil- Landesausstellungen 2004 und 2012 oder Michaela Hinterholzer von der Wirtschafts- lionen Euro, meinte Bohuslav abschließend. die Europäischen Festwochen Passau. In den agentur ecoplus über die neuen Chancen für Landesrat Sigl hielt fest: „Die Donau hat letzten Jahren wurde auch die Kooperation Wirtschaft, Ökologie und Tourismus. Bei auf Grund der vielen Exporte eine überdi- mit Tschechien verstärkt – etwa durch das einer Pressekonferenz in den Räumen der mensionale Bedeutung für Oberösterreich. Tourismusprojekt ,Radfahren an Donau und Salvagnini Maschinenbaugesellschaft in Der Donauhafen Ennsdorf ist wichtig, um Moldau‘. Im Rahmen der Europaregion soll Ennsdorf sagte Bohuslav: „Die Donauraum- heimische Produkte möglichst effizient und nun die trilaterale Zusammenarbeit zwischen strategie wurde von Österreich und Rumä- kostengünstig zu den neuen Märkten nach Österreich, Bayern und Tschechien auf brei- nien initiiert und umfaßt 14 Länder mit rund Mittel- und Osteuropa zu bringen.“ terer Ebene vorangetrieben werden.“ Viele 115 Millionen Bürgern. Die Wirtschaftslei- Hinterholzer, stellvertretende Aufsichts- Gemeinsamkeiten dafür sind eine gute Grund- stung dieser Donauregion beträgt 11 Prozent ratsvorsitzende der Wirtschaftsagentur eco- lage: „Abwechslungsreiche Erholungsland- des gesamten Bruttoinlandsproduktes der plus, nahm zur dynamischen Entwicklung schaften, berühmte Kurorte sowie histori- Europäischen Union.“ der Region Enns-Perg-Amstetten Stellung: sche Städte, die zum Teil Weltkulturerbestät- Ein gutes Beispiel in diesem Zusammen- „Mit dem Donauhafen Ennsdorf nutzen ten sind. Außerdem handelt es sich um eine hang sei der Ennshafen, der die Donauraum- immer mehr Unternehmen den Wasserweg. der bedeutendsten Bier-Regionen Europas. strategie und die NÖ Wirtschaftsstrategie Gleichzeitig ist die Anbindung zur Westbahn Die Flüsse Donau und Moldau stehen stell- mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit und und Westautobahn gegeben.“ vertretend für diese Region im Herzen Euro- Cluster sehr erfolgreich umsetze, meinte http://www.europaregion-donau-moldau.at/ pas.“ Durch die Institutionalisierung der Zu- Bohuslav weiter. „Wir wollen die Donau als Das Interview mit Peter de Martin (Arge Do- sammenarbeit verfügt man künftig über eine umweltfreundlichen Transportweg stärker nauländer) kommt in der Ausgabe 99!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 27 Österreich, Europa und die Welt Jung, engagiert, freiwillig… Jedes Jahr kommen Jugendliche zum internationalen Jugendtreffen aus mehreren Ländern Europas zusammen, um gemeinsam eine Woche zu verbringen, in der sie neue Freundschaften knüpfen, Niederösterreich besichtigen, Vorurteile beseitigen und neue Kulturen kennen lernen.

as NÖ Landesjugendreferat und die NÖ DLandjugend veranstalteten Anfang Juli ein europäisches Jugendcamp in Tulln zum Thema „Jung, engagiert, freiwillig…“ Rund 70 junge Menschen aus Tschechien, Ungarn, Niederösterreich, Bulgarien, Italien, Slowe- nien, Indien, dem Libanon und der Slowakei trafen sich für eine Woche in Niederöster- reich. „Die jungen Menschen sind die zukünfti- gen Träger unserer Gesellschaft. Der Wille zur Zusammenarbeit, Toleranz und der Re- spekt vor der Identität der Menschen in einem großen Europa werden für die weitere Ent- wicklung wichtig sein. Bei dieser Jugend- begegnung wurden genau diese Werte ent- wickelt“, sagt dazu Landesrat Karl Wilfing. Das Jugendreferat und die NÖ Land- jugend boten den 70 TeilnehmerInnen ein interessantes Rahmenprogramm, von einer Donauschifffahrt bis hin zum Besuch von kulturellen Einrichtungen rund um Tulln. Bei Workshops und Diskussionsrunden erör- Der Wien-Tag ist bereits ein Fixpunkt im Programm des Jugendcamps. Am Graben posieren die Jugendlichen für ein Erinnerungsfoto. terten die jungen Menschen Möglichkeiten zukünftiger Zusammenarbeit in Europa und vor so einer großen Gruppe in einer fremden forderte. Ein Höhepunkt war „Grenzenlos schlossen über alle sprachlichen und politi- Sprache zu sprechen. kochen“, bei dem die jungen Leute gemein- schen Situationen hinweg Freundschaften. Die landschaftliche Vielfalt des Bundes- sam in der Küche der Jugendherberge in Am ersten Tag begannen die Kennen- landes wurde durch einen Aufenthalt am Tulln regionale europäische Köstlichkeiten lernspiele: Es wurden immer neue Gruppen Semmering komplettiert, der die Jugend- zubereiteten und danach den Teilnehmern gebildet und so konnten sich die Jugend- lichen auch in sportlicher Hinsicht beim und Ehrengästen präsentierten. lichen zum ersten Mal bei anderen, nicht der Beach Soccer, Biken, Rollern und Wandern http://www.jugend-ok.at/ eigenen Gruppe Angehörenden, vorstellen. Vom Altarm der Donau gab es eine Do- nau-Schiffahrt durch das UNESCO Welt- kulturerbe Wachau. Die Jugendlichen konn- ten die Stadt Dürnstein auf eigene Faust er- kunden und die Ruine erklimmen. Der Wien-Tag ist bereits ein Fixpunkt im Programm des Jugendcamps und so begab sich die bunt gemischte Gruppe im Bus nach Wien. Nach einer Busrundfahrt um den Ring der Innenstadt mit allen Sehenswürdigkei- ten, gab es wieder einen der Workshops, die die Woche über abgehalten wurden. Jede Gruppe präsentiert ihr Land, indem sie etwas über die Traditionen erzählte, ein Rezept erklärte und manche trauten sich so- gar, etwas vorzutanzen beziehungsweise zu singen. Hier mußten einige an ihre Grenzen Fotos: Sachs, Jugendreferat gehen, da es sehr viel Überwindung kostet, Es galt auch, die Stadt und Ruine Dürnstein auf eigene Faust erkunden.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 28 Speziell für AuslandsösterreicherInnen 17. AuslandsNiederöster- reicherInnen-VIP-Treffen 30. August bis 1. September 2011 im NÖ Landhaus St. Pölten – Generalthema: »Kommunikation 2011+«

Dienstag, 30. August 2011 „Chancen und Risiken von Facebook & Co.“ bis 16.00 Uhr Eintreffen in St. Pölten - Check-in im Hotel Metropol Impulsreferat: Dipl.Ing. Johannes Weber, 16.15 Uhr Bustransfer vom Hotel Metropol zum Fa. internex GmbH in Gmünd Renaissanceschloß Schallaburg Moderation: Mag. Christina Kiehas 17.15 Uhr Besichtigung der Ausstellung „Venedig – Seemacht, Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- Kunst und Karneval“ mittag eine Führung im ORF Landesstudio 18.30 Uhr Gemütliches Beisammensein für die ANÖ Niederösterreich statt. 12.30 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen - 1. TEIL Mittwoch, 31. August 2011 anschl. Mittagsbuffet, NÖ Saal I und II, 2. Stock 9.00 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus vom Hotel Metropol 14.00 Uhr Fortsetzung der Arbeitskreise/Workshops – 2. Teil zum NÖ Landhaus Im Rahmen der Arbeitskreise finden um 14.00, 9.30 Uhr Eröffnungsveranstaltung im Ostarrichisaal, 15.00 und 16.00 Uhr Führungen im ORF Haus 1A, 2. Stock Landesstudio Niederösterreich statt. Begrüßung: Peter de Martin, Leiter der Geschäfts- 17.30 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen – 2. Teil stelle für AuslandsniederösterreicherInnen anschl. Vernissage der ANÖ-Ausstellung, Vortrag: GF und Chefredakteur Prof. Harald Haus 1A, Ausstellungsbrücke: Knabl, NÖ Pressehaus Druck- und Verlags- Prof. Peter Schmid, Niederlande gesellschaft m.b.H. Maria Hofer und Louk Van Kooten, Niederlande Vortrag: FH-Prof. Dipl.Ing. Markus Seidl, 18.45 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus zum Hotel Metropol Fachhochschule St. Pölten, Digitale Medien- 19.00 Uhr Abendessen im Hotel Metropol technologie Moderation: Tom BLäumauer Donnerstag, 1. September 2009 10.30 Uhr Kaffeepause 9.00 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus vom Hotel Metropol 10.50 Uhr Beginn der Arbeitskreise - 1. Teil zum NÖ Landhaus Wirtschaft & Technologie/Umwelttechnik 9.30 Uhr Fortsetzung und gemeinsamer Abschluß aller (Ostarrichisaal) Arbeitskreise im NÖ Landhaus, Landtagssitzungssaal, Thema: „Kommunikationsverhalten – Änderun- Haus 1b, 2. Stock gen in den letzten Jahrzehnten, Kommunikations- Impulsreferat: „Wie kommuniziert das Land kultur, multikulturelles Kommunikationsverhal- Niederösterreich nach außen hin“, ten“ Abteilung LAD1-Informationstechnologie Impulsreferat: Prof.Dir.Mag. Kolarz-Lakenbacher, Moderation: Tom Bläumauer Siemens AG Österreich, Niederlassungsleitung 10.20 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen St. Pölten Kaffeepause im Foyer des Landtagsschiffes Moderation: Mag. Herbert HALBWIDL 10.45 Uhr Abschlußveranstaltung mit Landeshauptmann Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- Dr. Erwin Pröll, im Landtagssitzungssaal mittag eine Führung im ORF Landesstudio Moderation: Tom Bläumauer Niederösterreich statt. Musik - Ensemble der Militärmusik Niederösterreich Kunst, Kultur & Wissenschaft Begrüßung und Kurzbericht: Peter de Martin (Industrieviertelsaal) Präsentation der Ergebnisse der drei Workshops Thema: „Die Kommunikation in den verschiede- Festansprache von LH Dr. Erwin Pröll nen Genres der Kultur“ Überreichung der ANÖ-Nadel an die erstmaligen Impulsreferat: Wirkl.Hofrat Mag. Hermann ANÖ-Teilnehmer Dikowitsch, Leiter der Abteilung Kultur und Schlußworte: Peter de Martin Wissenschaft anschl. Mittagsempfang gegeben von Landeshauptmann Moderation: Dr. Ilona Slawinski Dr. Erwin Pröll, Foyer des Landtagsschiffes Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- 14.00 Uhr Transfer für die TeilnehmerInnen zum Hotel Metropol mittag eine Führung im ORF Landesstudio bzw. Bahnhof St. Pölten. Evtl. Weiterreise zum Welt- Niederösterreich statt. bundtreffen nach Wien (1. bis 4. September) Bildung & Jugend (Mostviertelsaal), Thema: http://www.noel.gv.at/aoe

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 29 Speziell für AuslandsösterreicherInnen Weltbund-Tagung Auslandsösterreichertreffen 2011 1. bis 4. September 2011 in Wien

Der Weltbund veranstaltet jedes Jahr für seine Mitglieder und deren Freunde ein großes, internationales Treffen in Österreich, anläßlich dessen auch die Generalversammlung abgehalten wird. Es ist Tradition, daß diese Weltbund-Tagung im Wechsel immer in einem anderen Bundesland abgehalten wird. Neben den Arbeitssitzungen umfaßt das Programm ein reiches kulturelles Angebot und wird durch repräsentative Empfänge der offiziellen Stellen abgerundet. Sie haben die Möglichkeit sich über Internet für die Weltbund- Tagung/Auslandsösterreichertreffen 2011 in Wien anzumelden. Kontakt: Dr. Irmgard Helperstorfer.

http://www.weltbund.at/aktuelles_termine.asp

Donnerstag, 1. September 2011 „Der Dritte Mann: Wien auf den Spuren eines Filmklassikers“ 09.00 - 18.00 Uhr Registrierung: Palais Ferstel, Erleben Sie die Altstadt von Drehort zu Dreh- Strauchgasse 4, 1010 Wien ort: unkonventionell, lebendig und spannend! 14.00 - 16.00 Uhr Stadtrundgänge Treffpunkt: U4 Stadtpark vis-à-vis Hotel Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Intercontinental Altstadt: „Entdecken Sie das alte Wien!“ Versteckte Hinterhöfe, alte Paläste, Spione 14.00 - 18.00 Uhr Generalversammlung 1. Teil Palais Ferstel, Strauchgasse 4, 1010 Wien und Schmuggler, mit Beethoven und Goethe gespickt usw. 19.30 - 22.30 Uhr Wien-Abend auf Einladung des Bürger- Treffpunkt: Freyung/Schottenkirche meisters und Landeshauptmannes „Geheimnisse der Altstadt“ Dr. Michael Häupl beim Heurigen Wolff, Mit dem Blutgassenviertel, vorbei an der Rathstraße 50, 1190 Wien Synagoge, an ehemaligen Mozart- Samstag, 3. September 2011 Wohnstätten usw. 10.00 - 12.00 Uhr Festakt mit Auszeichnung des „Auslands- Treffpunkt: Freyung/Schottenkirche österreichers des Jahres 2010“ Ort: 19.00 Uhr Abend im Schweizerhaus, Rathaus, Großer Festsaal, Eingang Lichten- Wiener Prater, Prater 116, 1020 Wien felsgasse, Aufgang Feststiege, 1080 Wien Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! 12.15 Uhr Festessen auf Einladung des Bundes- ministers für europäische und internationale Freitag, 2. September 2011 Angelegenheiten, Dr. Michael Spindelegger 09.00 - 18.00 Uhr Registrierung: Palais Ferstel, Ort: Rathauskeller, Rathaus, 1080 Wien, Eingang Rathausplatz 1 Strauchgasse 4, 1010 Wien 14.30 - 17.30 Uhr Generalversammlung 2. Teil 09.00 -10.00 Uhr Führung durch die Staatsoper Palais Ferstel, Strauchgasse 4, 1010 Wien Ort: Staatsoper, Opernring 2, 1010 Wien 20.30 Uhr Abschlußball des Auslandsösterreicher- Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Weltbundes, Ort: Rathaus, Großer Festsaal, 09.00 - 11.00 Uhr Stadtrundgänge Eingang Lichtenfelsgasse, Aufgang Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Feststiege, 1080 Wien Kunst & Architektur: „Architekturspazier- gang: Von der Romanik bis zum Jugendstil“ Sonntag, 4. September 2011 Kostbarkeiten, Ein- und Ausblicke und span- 09.30 Uhr Katholischer Gottesdienst im Stephansdom, nende Besonderheiten … Stephansplatz 1, 1010 Wien Treffpunkt: Stephansplatz (Ecke 10.00 Uhr Evangelischer Gottesdienst in der Evangeli- Jasomirgottstraße) schen Kirche, Dorotheergasse 18, 1010 Wien „Jugendstil und Jhdt.-Wende: Vom Loos- 12.00 Uhr Abschlußmittagessen haus zur Postsparkasse Otto Wagners“, Ort: Brandauers Schloßbräu, Hietzing, Am Architektur und Interieur-Design. Platz 5, 1130 Wien, Essen € 20,– auf eigene Mit Innenbesichtigungen. Rechnung; Getränke auf Rechnung des Treffpunkt: Albertinaplatz (bei Hrdlicka- AÖWB. Denkmal) Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 30 »Burgenland Journal« Modernisierung der bgld. Wirtschaft wird fortgesetzt Umsetzungsbericht Phasing Out 2010 bestätigt effektiven und nachhaltigen Einsatz der EU-Fördergelder

is Ende 2010 wurden in der laufenden BEU-Förderperiode 2007 bis 2013 über 412 Millionen Euro an Investitionen ausge- löst. Dahinter stehen 2535 genehmigte Pro- jekte, mit denen die Modernisierung der bur- genländischen Wirtschaft fortgesetzt wird. Bis dato wurde ein Bruttowertschöpfungs- effekt von 224,1 Millionen Euro ausgelöst, der größte Teil davon, 145,86 Millionen Euro, im Burgenland. Auch der Beschäftigungs- effekt der EU-Projekte ist beeindruckend. „In den geförderten Betrieben ist ein Beschäf- tigungsplus von durchschnittlich 18,1 Pro- zent feststellbar. Nicht zuletzt mit Hilfe der EU-Förderungen hat sich das Burgenland trotz der Wirtschafts- und Finanzkrise in vie- len Bereichen deutlich besser entwickelt als der österreichische Durchschnitt. Das Bur- genland hat von den EU-Förderungen stark profitiert. Wir haben mit den Investitionen Foto: Bgld. Landesmedienservice ganz wichtige wirtschaftliche Impulse ge- Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Burgenlandes: LH Hans Niessl mit Christian Helmenstein (IV) und Georg Schachinger (RMB) setzt“, so Landeshauptmann Hans Niessl, der in einer Pressekonferenz mit Christian Das Burgenland ist besser durch die Krise menstein. Er erwartet, daß das Burgenland Helmenstein, Chefökonom der Industriellen- gekommen als viele andere Regionen. Die auch 2011 die Nase vorne haben wird. vereinigung (IV), und Georg Schachinger, Bonität des Landes ist trotz Folgen der Krise Die Wirtschaftsdaten wirken sich auch Geschäftsführer der RMB – Regionalmana- und der, trotz der Gelder, die wir zur Ko- positiv auf den Arbeitsmarkt aus: „Das Bur- gement Burgenland GmbH, den Umset- finanzierung aufgebracht haben, top. Das genland hat sich 2010, was die Zahl der zungsbericht Phasing Out 2010 präsentierte. Top-Rating ist auch wichtig, um die Zins- Erwerbstätigen betrifft, um 1,5 Prozent- „Das Burgenland hat die Fördermittel der zahlungen niedrigzuhalten“, erklärt Niessl. punkte besser gehalten als Restösterreich. EU maximal ausgeschöpft und effizient ein- Die Neuverschuldung konnte im erträgli- Das hat mit der Flexibilität der Unternehmen gesetzt und dadurch nachhaltige Impulse für chen Maß gehalten werden. ebenso zu tun wie mit der zurückhaltenden die positive wirtschaftliche und soziale Ent- Wie gut das Burgenland die Krise bewäl- Lohnpolitik der Sozialpartner und natürlich wicklung des Landes gesetzt. Über 9000 Ar- tigt hat, belegen die aktuellen Arbeitsmarkt- dem konsequenten Gegensteuern des Lan- beitsplätze wurden abgesichert beziehungs- daten. Dazu der Landeshauptmann: „97.000 des.“ Außerdem würde die Förderkulisse weise geschaffen. Das ist ein sehr beträcht- Beschäftigte im Juni sind ein absoluter Re- dafür sorgen, daß die Entwicklung im Bur- licher Effekt bei der Fördermittelverwen- kordwert. Das ist natürlich sehr positiv. Die genland gut planbar bleibe. dung im Burgenland“, resümiert der Chef- Politik hat die Aufgabe die Rahmenbedin- Zum Großteil wurden die Fördermit- ökonom der IV. gungen für eine nachhaltige Entwicklung zu telkuchen im Burgenland wirksam, betont schaffen. Es wurde offenbar eine sehr gute IV-Chefökonom Helmenstein: „Es gibt eine Die Bonität des Landes ist Arbeit geleistet. Seit 2010 geht die Arbeits- hohe regionale und lokale Wirksamkeit der trotz Folgen der Krise top losigkeit im Burgenland kontinuierlich zu- Fördermittel. 224,1 Millionen Euro wurden 159 Millionen Euro an Fördergeldern rück.“ seit 2007 an Wertschöpfungseffekt ausglöst, flossen seit 2007 bis Ende 2010 ins Burgen- davon 145,86 Millionen im Burgenland. Die land. 80 Millionen hat die EU beigesteuert, Überdurchschnittliches Wachstum, Investitionen sind nachhaltig, sichern über vom Bund kamen 25 Millionen Euro, 54 Mil- hohe regionale und lokale Wirksamkeit Jahre Arbeitsplätze im Burgenland. Außer- lionen Euro hat das Burgenland selbst aufge- der Förderungen dem ist es gelungen, Wertschöpfung im Land bracht. Das sei ein enorm hoher Kofinan- In den letzten Jahren sei die burgenländi- zu halten.“ zierungs-Beitrag, so Helmenstein. „Die Fi- sche Wirtschaft im Österreichschnitt über- Helmenstein geht von einer Abschwä- nanz- und Wirtschaftskrise war der Elchtest. durchschnittlich stark gewachsen, so Hel- chung des Weltwirtschaftswachstums in der

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 31 »Burgenland Journal«

zweiten Jahreshälfte 2011 aus, das Burgen- land werde aber weiter ein stabiles Wachs- tum aufweisen. „Ich habe zu Beginn der Phasing-Out- Phase als Ziel 100.000 Beschäftigte und drei Millionen Nächtigungen bis 2013 genannt. Obwohl dieses Ziel durch die Wirtschafts- und Finanzkrise einen Dämpfer erlitten hat, bin ich optimistisch, daß wir das erreichen können“, betont Niessl. Dazu werde unter anderem auch im Tourismus investiert: „Die Thermen Stegersbach und Bad Tatzmanns- dorf sind in der Ausbauphase. Lutzmanns- burg hat eine Zusage, daß über 22 Millionen Euro in die Attraktivierung der Therme flies- sen sollen.“ Ein wichtiger Schwerpunkt ist Forschung und Entwicklung. Im Rahmen des Aktions- plans „Innovationsoffensive Burgenland 2020“ soll die Forschungs- und Entwick- lungsquote bis 2020 verdoppelt werden. Gespräche mit dem für die EU-Regionalpo- EU-Durchschnitts haben, bekommen einen Förderperiode 2014-2021: Das litik zuständigen österreichischen EU-Kom- Sonderstatus. Darunter fällt auch das Bur- Burgenland erhält bis zu zwei Drittel missar und der Bundesregie- genland. Die Förderhöhe hängt von der des aktuellen Fördervolumens rung. „Wir rechnen mit Förderungen in der Wirtschaftsleistung der jeweiligen Region Um das Maximum an Fördergeldern auch Höhe von rund zwei Drittel der aktuellen ab“, erläutert RMB-Geschäftsführer Georg in der nächsten EU-Förderperiode (2014 bis Fördersumme. Regionen die ein Bruttoin- Schachinger. 2021) auszulösen, laufen längst intensive landsprodukt zwischen 75 und 90 Prozent des http://www.phasing-out.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 32 »Burgenland Journal« Sparen durch nachhaltige Strukturreformen Regierungsklausur: Ziel ist ein ausgeglichenes Budget an 2015, gespart wird in der Verwaltung und durch Strukturreformen bei landesnahen Unternehmen und ausgelagerten Einrichtungen.

as Ziel ist klar definiert: wir wollen ab D2015 ein ausgeglichenes Budget errei- chen. Damit das Burgenland auch in Zukunft das Maximum an EU-Förderungen auslösen kann, müssen wir einen finanziellen Spiel- raum für die Kofinanzierung nach der Pha- sing Out-Phase schaffen. Das Burgenland soll auch in Zukunft die beste Förderung be- kommen. Alle Regierungsmitglieder arbei- ten konsequent, um dieses Ziel zu errei- chen“, teilte Landeshauptmann Hans Niessl am 5. Juli im Anschluß an die Regierungs- sitzung in einer gemeinsamen Pressekonfe- renz mit LH-Stv. Franz Steindl und Finanz- landesrat Helmut Bieler mit. Erste konkrete Schritte wurden bereits gesetzt. Auf Schiene ist die Zusammenführung von BEWAG und BEGAS, auch an der Zusammenlegung der WiBAG und dem Regionalmanagement Bur- genland (RMB) wird gearbeitet. Außerdem Foto: Bgld. Landesmedienservice werden alle Verwaltungseinheiten des Lan- Sehen Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Effizienz als ein Gebot der Stunde (v.l.): des auf Sparpotentiale überprüft. Finanzlandesrat Helmut Bieler, LH Hans Niessl und LH-Stv. Franz Steindl Nach der Regierungsklausur zeigte sich Landeshauptmann Hans Niessl zuversicht- burgenländischen Energieversorger BEGAS rung der Kulturservice Burgenland (KSB) lich, das gesteckte Ziel zu erreichen:„Bis und BEWAG wird mit Nachdruck gearbei- die Kosten um eine Million Euro gesenkt und 2015 soll das Burgenland ein ausgeglichenes tet. Noch in diesem Sommer soll eine dabei gleichzeitig „eine bessere Qualität der Budget haben. Jedes Regierungsmitglied hat Bewertung der Gemeinde-Anteile an der Vermarktung, der Öffentlichkeitsarbeit und konstruktive Vorschläge gemacht, wo noch BEGAS auf dem Tisch liegen. des Services erreicht“, so Bieler. effizienter gearbeitet werden kann.“ Großes Gespart wird auch in der Landesverwal- Im Gesundheitsbereich soll durch ver- Sparpotential sieht Niessl in der geplanten tung. Bezieht man die ausgelagerten Landes- stärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit die Zusammenlegung der WiBAG und dem einrichtungen mit ein, sollen die Personal- Qualität der Gesundheitsversorgung weiter Regionalmanagement Burgenland (RMB). kosten um 700.000 bis zu einer Million Euro verbessert und gleichzeitig im Verwaltungs- Schon wurden die beiden Vorstandsposten sinken. Im Bereich des Landeschulrates und bereich der Krankenanstalten Einsparungs- der WiBAG neu ausgeschrieben, mit dem der Bezirksschulräte werden, wie bereits im potentiale gehoben werden. Als Vorbild gilt klaren Auftrag, die beiden Einrichtungen Vorfeld angekündigt, nicht alle Dienstposten das bereits mit Erfolg laufende „Modell zusammenzuführen. Niessl rechnet langfri- nachbesetzt. „Zudem hat der Bund zugesi- Güssing“. Dieses Modell soll nun „Schritt stig mit einem Einsparungspotential von bis chert, sieben Landesposten in den Bundes- für Schritt an allen burgenländischen Kran- zu einer Million Euro. „Langfristig deshalb, dienst zu übernehmen“, so Niessl. kenanstalten umgesetzt werden“, kündigte weil ja niemand entlassen werden soll. Aber Die Sparvorgaben würden von allen Re- Niessl an. bis Mitte 2012 sollen im Grundsatz die neu- gierungsmitgliedern sehr ernst genommen, Änderungen wird es auch beim Ge- en Strukturen feststehen.“ Bei der WiBAG davon ist Finanzlandesrat Helmut Bieler meinde-Investitionsfondsgesetz geben. Kon- gehe es auch um eine Neuausrichtung, einer überzeugt. Im Budget sei ein Einsparungs- kret sollen die Förderungen für Wasser- und Anpassung an eine neue Förderkulisse, so potential von 30,7 Millionen Euro vorgese- Abwasseranlagen auf einheitliche zehn Pro- LH-Stv. Franz Steindl: „Wir müssen uns dar- hen. So wurden zum Beispiel durch Opti- zent gesenkt werden. Gelten sollen die auf konzentrieren, im Burgenland neue mierung des Finanzmanagements im Finanz- neuen Fördersätze ab 1. Jänner 2012. „Die Betriebe anzusiedeln und darauf, wie wir ressort der Burgenländischen Landesregie- Versorgung des Burgenlandes ist in diesem den Kleinst- und Kleinbetrieben helfen kön- rung 1,4 Millionen Euro eingespart. Im Kul- Bereich hervorragend. Niedrigere Fördersät- nen.“ Auch an der Zusammenführung der turbereich habe man durch die Ausgliede- ze sind gerechtfertigt“, so Steindl.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 33 »Burgenland Journal« Auch Alleinerziehende haben Anspruch auf erholsamen Urlaub Aktion »Urlaub für Alleinerziehende« ist speziell auf die Bedürfnisse und die Lebenssituation alleinerziehender Mütter und Väter abgestimmt.

or drei Jahren haben die Kinderfreunde VBurgenland die Aktion „Urlaub für Alleinerziehende“ aus der Taufe gehoben. Heuer wird das erfolgreiche Projekt des Lan- des Burgenland und der burgenländischen Kinderfreunde wieder angeboten. 30 Allein- erziehende können gemeinsam mit ihren Kindern in Rust Erholung und Entspannung finden. „Alleinerziehende haben es in vielen Lebenssituationen sehr schwer. Eine aktuel- le Studie des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt fest, daß 29 Prozent der Alleinerziehenden ar- mutsgefährdet sind. Dieses Angebot der Kin- derfreunde ist daher speziell auf die Bedürf- nisse und die Lebenssituation alleinerziehen- der Mütter und Väter abgestimmt. Im Mit- telpunkt stehen Entspannung und Erholung aber auch Information und psychologische Betreuung. Ein gesamtes Paket für Eltern und Kind ist uns besonders wichtig“, so Lan- desrätin Dunst und die Vorsitzende der Kinderfreunde Burgenland, Bundesrätin Posch-Gruska unisono. Als Armutsgefährdet gilt, wer ein Einkommen unter 60 Prozent des Medianeinkommens bezieht. Im Burgen- land gibt es 9400 Alleinerziehende, 86 Pro- zent davon sind Frauen. Der Anteil der Frauen bei „Ein-Eltern-Familien“ mit zumin- dest einem Kind unter 15 Jahren. liegt sogar bei 97 Prozent. Das Land Burgenland unter-

stützt die Aktion mit 15.000 Euro. Heuer Foto: Bgld. Landesmedienservice werden rund 30 Alleinerziehende mit ihren Eine Fülle an Broschüren informieren über die Familienförderung im Burgenland: Kindern auf Urlaub geschickt. Familienlandesrätin Verena Dunst (vorne rechts) und die Vorsitzende der Kinder- freunde Burgenland, Bundesrätin Inge Posch mit Astrid Haider-Reisner (Familien- Kinder können mit ihren Müttern oder referat) und Beatrix Schaden (Kinderfreunde Burgenland). Vätern eine unbeschwerte Zeit verbringen. Diese gemeinsame Zeit soll geruhsam und den Kindern ist eine Altersgrenze von zwei eine lange Warteliste, wir haben genügend entlastet von den Alltagsschwierigkeiten und bis zwölf Jahren festgelegt. „Auf Alleiner- Nachfragen für einen dritten Termin.“ Dieser -aufgaben sein. „In diesem Rahmen werden ziehende wird auch bei Familienförderungen müßte allerdings finanziert werden: „Weitere auch Elternbildungsveranstaltungen angebo- oft vergessen. Nicht so im Burgenland. Wir Sponsoren sind gerne willkommen. Immer ten. Während die Kinder ihre Zeit auch mit stehen dafür, daß auch Alleinerziehende mehr Menschen brauchen dieses Angebot. anderen Kindern betreut verbringen, können ihren Kindern etwas bieten können. Dafür Das Land Burgenland unterstützt die Aktion sich die Alleinerziehenden wichtige Kennt- engagieren wir uns sehr“, so Posch-Gruska. mit 15.000 Euro“, so Landesrätin Verena nisse für ihre spezielle Lebenssituation an- Heuer wurden zum ersten Mal zwei Dunst. Je Familie ist lediglich ein Selbst- eignen“, so Dunst. Die Zielgruppe, die hier Termine (8. bis 16. Juli und 27. August bis 3. behalt in der Höhe von 50 Euro zu bezahlen. angesprochen werden soll, sind erwachsene September) angeboten, die beide schnell Im Angebot inkludiert ist auch, falls nötig, Alleinerziehende, die mit ihrem Kind oder ausgebucht waren, 30 Alleinerziehende El- eine psychologische Betreuung. Für die Kin- ihren Kindern alleine leben und nur über ein tern hätten Plätze für sich und ihre Kinder der wurde auch wieder ein Ausflugspro- geringes Familieneinkommen verfügen. Bei ergattert, so Posch-Gruska: „Es gibt auch gramm geschnürt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 34 »Burgenland Journal«

9400 Alleinerziehenden im Burgenland Familienpaß ist kostenlos über das Fa- lien und Alleinerziehenden. Kinderbonus, Statistik Austria hat im März 2011 die milienreferat der Burgenländischen Lan- Gratiskindergarten, Kinderkrippenförderung, neuesten Daten über Familien in Österreich desregierung zu bekommen. Es gibt Preis- Schulstartgeld, Zuschüsse für Familienauto, und den Bundesländern veröffentlicht. Dem- nachlässe von bis zu 50 Prozent. Aktuell gibt Mehrlingsgeburten und unter anderem der nach gibt es im Burgenland 84.200 Familien es rund 350 Vorteilsgeber aus den unter- Familienpaß als auch die Dokumenten- insgesamt, 42.300 mit Kindern aller Alters- schiedlichsten Bereichen wie zum Beispiel mappe sind zu nennen. Ich stelle mich der stufen. 20.500 Familien haben mindestens Tourismus, Gastronomie, Naturparks, Elek- Verantwortung und setze alle vorhanden ein Kind unter 15 Jahren. Das ergibt einen trohandel, Schuhgeschäfte und Sportarti- Mittel zum Wohle der Familien ein. Alleine Durchschnittswert von 1,62 Kindern bezo- kel. 4,3 Millionen Euro für Gratiskindergarten gen auf Familien mit mindestens einem Kind „Die Förderebene liefert eine sehr gute und Kinderkrippenförderung“, so Dunst unter 15 Jahren (Österreichschnitt: 1,63). Grundlage für die burgenländischen Fami- abschließend. Alleinerziehende wurden unter der Rubrik „Ein-Eltern-Familien“ zusammengefaßt. Im Burgenland gibt es 9400 Alleinerziehende. Darunter 8100 Mütter (86 Prozent). Aussa- Startklar für die gekräftiger ist die Zahl der Alleinerziehen- den mit Kindern unter 27 Jahren: Im Bur- genland fallen in diesen Bereich 5000 Al- berufliche Zukunft leinerziehende, wobei 4600 davon Mütter Reintegration und Neuorientierung von Frauen im Fokus sind (92 Prozent). 3400 der Ein-Eltern-Fa- milien im Burgenland haben zumindest ein as benötigt die Wirtschaft? Wo stehen lich für eine langfristige Vermittlung der Kind unter 15 Jahren. Der Anteil der Frauen Wdie arbeitenden, vor allem aber die Frauen. In allen Maßnahmen sind Betriebs- liegt hier bei 97 Prozent. „Diese Zahlen zei- Arbeit suchenden Menschen? Diese beiden praktika inkludiert, die im Idealfall eine gen ganz eindeutig, daß Alleinerziehende Komponenten versucht das BFI, das Berufs- Einstellung der Teilnehmerinnen zur Folge mit Kindern unter 15 Jahren zu einem über- förderungsinstitut Burgenland, seit Jahren haben. wältigen Anteil Frauen sind“, so Dunst. mit gezielten Qualifikations-, aber auch mit Dazu Soziallandesrat Peter Rezar: „Die bedarfsorientierten Aus- und Weiterbil- Burgenländerinnen sollen für die zahlrei- Nummer 1 bei der Kinderbetreuung dungsmaßnahmen zusammenzuführen. Das chen neuen Beschäftigungsmöglichkeiten, Das Burgenland habe die höchste Kin- Projekt „Startklar in die Gastronomie“, das die sich durch die positive Entwicklung in derbetreuungsquote in ganz Österreich, be- sich an burgenländische Frauen richtet, die den vergangenen Jahren ergeben haben, sen- tont Dunst: „Wir sind Österreich-Meister in den (Wieder-) Einstieg ins Berufsleben an- sibilisiert werden. Wir wollen, daß diese der Kinderbetreuung. Exakt 99,9 Prozent bei streben, wobei primär das Ziel der beruf- Frauen ihre Jobchancen erkennen und die den Drei- bis Fünfjährigen bedeutet Platz 1 lichen Reintegration bzw. Neuorientierung neuen Jobs, die in den vergangenen Jahren vor Wien. Bei den bis zu Dreiährigen beträgt verfolgt wird, geht genau in diese Richtung. entstanden sind und mit der permanenten die Quote 26,9 Prozent, das ist Platz 2 in Ös- „Für Frauen, die sich längere Zeit der Angebotserweiterung auch in den kommen- terreich knapp hinter Wien. Im Gegensatz zu Kindererziehung, der Haushaltsführung und den Jahren entstehen werden, ergreifen. Daß laufenden Diskussionen in anderen Bundes- der Pflege der Angehörigen gewidmet ha- die eingeschlagene Richtung in der Arbeits- ländern werden wir mit Sicherheit an der gut ben, ist es sehr schwer, im Berufsleben (wie- marktpolitik stimmt, beweisen die aktuellen funktionierenden Kinderbetreuungsförde- der) Fuß zu fassen. Genau hier soll das Pro- Arbeitsmarktdaten. Wir werden deshalb in rung festhalten. Gratiskindergarten und jekt aber ansetzen und den Frauen mit Hö- den kommenden Monaten unsere Maßnah- Kinderkrippenförderung unterstützen die herqualifizierung die Sicherheit und Motiva- men fortführen, um auch für die Zukunft Familien in finanzieller Hinsicht erheblich. tion geben, am Arbeitsmarkt gefragt zu sein bestens gerüstet zu sein.“ Im Schnitt macht die Summe der Förde- und integriert zu werden. Daher ist es wich- Das Projekt wird vom BFI Burgenland in rungen ein zusätzliches Monatsgehalt aus. tig, die Frauen zu motivieren, ihre Fähig- den Bezirken Oberwart und Oberpullendorf Gerade in einer Zeit, in der die Zahl der be- keiten aufzufrischen und Höherqualifizie- bereits äußerst erfolgreich durchgeführt. rufstätigen Alleinerziehenden immer größer rungen anzustreben, damit alle Beschäfti- Peter Maier, Landesgeschäftsführer BFI Bur- wird, ist diese Unterstützung eine unersetzli- gungspotentiale in Betracht gezogen wer- genland: „Für uns ist es im Projekt ‚Start- che Maßnahme. Kinderbetreuung ist Ar- den“, so Dunst. klar‘ ganz wichtig, die Frauen dort abzuho- mutsbekämpfung.“ Das breite Spektrum der Gastronomie, len, wo sie sich gerade befinden. Neben den des (Gesundheits-)Tourismus, der Pflegehei- fachlichen Inhalten gibt es auch eine ‚Farb- Servicekarte für burgenländische me und die großen Reinigungsunternehmen und Stilberatung‘, oder ‚Kommunikation Familien und Alleinerziehende bieten gerade für diese Frauen große Chan- und Körpersprache‘ genau so, wie ‚Zeit- und Seit September 2001 gibt es den Fami- cen und auch Aufstiegsmöglichkeiten. Bei Streßmanagement‘, um überhaupt wieder in lienpaß im Burgenland, eine Vorteils- und Mobilitätsproblemen und Betreuungspflich- einen Job einsteigen zu können.“ Die Dauer Servicekarte für burgenländische Familien ten verschiedener Art werden im Projekt des Projektes beläuft sich auf vier Monate, und Alleinerziehende. Zahlreiche Preisnach- „Startklar in die Gastronomie“ besondere die Gesamtkosten, die zu 85 Prozent aus lässe und Informationsvorteile in Geschäften Hilfestellungen geboten. Die Kooperationen ESF (Europäischer Sozialfonds) Mittel ge- und Betrieben, bei Freizeit- und Sport- mit großen Reinigungsfirmen und die Be- tragen und vom Land Burgenland kofinan- einrichtungen werden dadurch gewährt. Der triebskontakte der TrainerInnen sind wesent- ziert werden, auf mehr als 90.000 Euro.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 35 »Burgenland Journal« Umfahrung Oberwart feierlich eröffnet 2. Trassenabschnitt mit Gesamtbaukosten von 6,2 Millionen Euro finalisiert Foto: Bgld. Landesmedienservice Beim Durchschneiden des Bandes (v.l.): LT-Präs. Gerhard Steier, LR Peter Rezar, LR Verena Dunst, LR Helmut Bieler, LH Hans Niessl, LAbg. Bgm. Gerhard Pongracz, LR Michaela Resetar, BBS Leiter WHR Erwin Pausz und Bauleiter Harald Rosner

er mit einem Gesamtkostenaufwand Unterschützen wird die Verkehrswirksam- bestehende Kreisverkehr an der B63, mit Dvon 6,2 Millionen Euro errichtete 2. Tras- keit der bestehenden Umfahrung erhöht, die einem Außendurchmesser von 60 m sowie senabschnitt der Umfahrung Oberwart konn- Entlastung des Ortsgebietes von Oberwart, einer Kreisringbreite von 7 m ausgeführt. te am 19. Juli – und somit zwei Monate frü- insbesondere der Anrainer der Grazerstraße, Die Lage der B63 wurde durch den An- her als im Bauplan vorgesehen – mit einem gewährleistet. Es wird wieder ein neues Ge- schluß der neuen Umfahrung Oberwart an Festakt feierlich eröffnet und für den Verkehr werbegebiet erschlossen, das den Wirtschafts- den Kreisverkehr B63/B63a geändert. Die freigegeben werden. Die fertig gestellte Tras- standort attraktiviert und neue Arbeitsplätze neue B63 umfährt die bestehende Salzhalle se befindet sich zur Gänze auf Oberwarter ermöglicht. Diese finanziellen Aufwendun- in nördlicher Richtung und mündet in den Gemeindegebiet, dem Kommassierungsge- gen sind gut investiertes Geld in die Ver- ursprünglichen Straßenverlauf parallel zu biet Oberwart Nord II. Durch eine Grund- kehrssicherheit, in die Wirtschaftsentwick- ÖBB-Strecke ein. Für die Fahrtrichtung Pin- zusammenlegung seitens der Stadtgemeinde lung, vor allem aber in die Lebensqualität kafeld wurde zur Verbesserung des Ver- wurden die benötigten Flächen für den Bau der gesamten Region“, so Landeshauptmann kehrsflusses ein Bypass errichtet. Richtung ausgeschieden. So konnten insbesondere die Hans Niessl und Straßenbaureferent Landes- Oberwart wird über den Kreisverkehr abge- Grundeinlöse und die ökologisch notwendi- rat Helmut Bieler unisono. fahren. Der Anschluß der neuen „Umfahrung gen Ausgleichsmaßnahmen in einfacher Die neue, rund 1 km lange Trasse, be- Oberwart“ an die B50 erfolgte über einen Weise umgesetzt werden. ginnt beim bestehenden Kreisverkehr an der neuen Kreisverkehr, der ca. 50 m von der „Dieser Lückenschluß ist für den Stras- B63 und verläuft über den so genannten bestehenden B50 abgerückt situiert ist. senverkehr von wesentlicher Bedeutung, weil Jesusberg, wo sie in die B50 über einen wei- Dadurch wurde auch die B50 verlegt und an dadurch sämtliche höherrangige Landes- teren Kreisverkehr nördlich von Oberwart den neuen Kreisverkehr angebunden. Die straßen in Richtung Oberwart durch eine eingebunden wird. Die Fahrbahnbreite be- Fahrbahnbreite beträgt – wie im Bestand – Umfahrung außerhalb des Ortsgebietes mit- trägt – wie bei der bereits bestehenden Um- 7,50 m. Zusätzlich wurde ein Bypass von der einander verbunden werden konnten. Mit der fahrung Oberwart – 8,50 m. Der neue Kreis- B50 aus Richtung Eisenstadt zur neuen Anbindung der B50 zwischen Oberwart und verkehr auf der B50 wurde, gleich wie der Umfahrungsstraße errichtet.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 36 »Burgenland Journal« Grenzenlos mobil vernetzt Neuer GreMo-Seebus macht touristische Highlights ganzjährig erreichbar Foto: Bgld. Landesmedienservice v.l.: Bgm. Andreas Steiner (Podersdorf), Dietmar Keller (GF Neusiedler See Tourismus), Roman Michalek (Mobilitätszentrale Burgenland), Bgm. Josef Ziniel (Frauenkirchen), Alois Ometzberger (ÖBB Postbus), KR Heinz Stiastny (GF Postbus GmbH), Landeshauptmann Hans Niessl, KR Bert Jandl (VILA VITA Pannonia), Klaus Hofmann (GF St. Martins Therme & Lodge), Bgm. Helmut Huber (Wallern) und Walter Gisch (GF Podersdorf Tourismus) ahn – Bus – Fahrrad – Fähre – vernetzt linie für den öffentlichen Nah- und Regio- anderen öffentlichen Verkehrsmittel der Re- Bund aufeinander abgestimmt! So prä- nalverkehr. Dabei werden Kriterien festge- gion, gratis in Anspruch nehmen können. sentiert sich die Region Neusiedler See – legt, die über einen Weiterbetrieb nach Be- Dazu der Landeshauptmann abschließend: Seewinkel ab dem 2. Juli 2011 und zwar mit endigung der Testphase entscheiden. Im Zu- „Damit wird kostengünstig ein sehr komfor- dem neuen GreMo-Seebus 365 Tage im Jahr. ge der Projektentwicklung für den GreMo- tables Angebot einer bequemen und umwelt- „Die Welterberegion rund um den Neu- Seebus wurde deshalb besonders auf die freundlichen Mobilität geschaffen, denn siedler See und insbesondere der grenzüber- Vernetzung bestehender Angebote bzw. auf unser vordergründiges Ziel ist es, die wirt- schreitende Nationalpark ist vor allem für die Verknüpfung mit dem überregionalen schaftliche Dynamik und die touristischen Fahrradfahrer und Naturliebhaber eine be- Bahnverkehr geachtet. So wird es in Zukunft Bemühungen in dieser Region mit den In- liebte Ausflugs- und Urlaubsdestination. Das möglich sein, beispielsweise in weniger als teressen der Natur und des Umweltschutzes Projekt ‚GreMo – grenzenlos mobil am See‘ 90 Minuten vom Wiener Südbahnhof in die in Einklang zu bringen und durch Vernet- vernetzt sämtliche touristische Highlights St. Martins Therme zu kommen. zung den Mobilitätsbedürfnissen, aber auch der Region und macht sie für alle Besucher Neben einer Verlinkung der wichtigsten der besonderen ökologischen Bedeutung des ohne Pkw erreichbar“, so Landeshauptmann touristischen Angebote abseits der Bahn- Weltkulturerbes gerecht werden.“ Hans Niessl im Rahmen der Präsentation strecke der Neusiedler Seebahn wurden die Das Projekt „Grenzüberschreitende Mo- dieses innovativen Projektes im Feriendorf Haltestellen weitgehend im Bereich von bilität Burgenland – Westungarn“ („GreMo- Vila Vita Pannonia. „nextbike Verleihstellen“ situiert, wobei Pannonia“) ist ein Projekt der bgld. Landes- Der Probebetrieb im Rahmen des ETZ- über den Fährhafen in Illmitz aber auch das regierung mit der Raaberbahn AG, dem Projektes „GreMo-Pannonia“ läuft bis 30. No- Westufer des Sees an dieses neu geschaffene Verkehrsverbund Ostregion und der ÖBB vember 2012. Ziel ist es, den Bus bis dahin System angebunden werden soll. Der grenz- Postbus GmbH mit der ÖBB Personen- sowohl für Touristen, als auch für die einhei- überschreitende Charakter dieses im Rah- verkehr AG im Rahmen des EU-Programms mische Bevölkerung zu einem unverzichtba- men des ETZ Österreich-Ungarn Programms grenzüberschreitenden Kooperation Öster- ren Bestandteil der Mobilität in der Region umgesetzte Projekt kommt durch die An- reich-Ungarn 2007-2013 „creating the futu- Neusiedler See – Seewinkel zu etablieren. bindung des gesamten Raumes zwischen re“. Das EU geförderte ETZ-Programm Ausgehend vom Bahnhof Frauenkirchen Kapuvar und Sopron über den Bahnhof (Europäische Territoriale Zusammenarbeit) dreht der GreMo-Seebus vier Mal täglich Fertöszentmiklos zum Ausdruck. unterstützt grenzüberschreitende Koopera- seine Runde und bringt Touristen sowie Ein- Bei der Fahrpreisgestaltung für den tionsprojekte im Grenzraum Österreich-Un- heimische in die St. Martins Therme, zum GreMo-Seebus wurde auf die geltende Tarif- garn. Ziel des Programms ist es, die grenz- Zicksee, über Wallern zum Feriendorf VILA struktur des Verkehrsverbundes Ostregion überschreitenden wirtschaftlichen, sozialen, VITA Pannonia, nach Apetlon und Illmitz Rücksicht genommen. So kostet die Einzel- kulturellen und ökologischen Kontakte im bis nach Podersdorf zum Strandplatz und fahrt für Erwachsene 1,80 Euro, für Kinder Grenzraum Österreich-Ungarn zu intensivie- wieder zum Bahnhof Frauenkirchen. die Hälfte. Mit der Neusiedler See Touris- ren, um die regionale Wettbewerbsfähigkeit Der Probebetrieb für den GreMo-Seebus mus GmbH konnte eine Vereinbarung ge- zu stärken und die regionalen Disparitäten ist gleichzeitig ein Testlauf für die derzeit in troffen werden, daß Inhaber der Neusiedler zu vermindern. Ausarbeitung befindliche neue Förderricht- See Card das neue Angebot, ebenso wie alle http://www.b-mobil.info

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 37 »Burgenland Journal« Sommerspaß für die ganze Familie Badespaß und Radvergnügen, Wanderlust und Ritterspiele, Entdeckungstouren und Abenteuer: bei den Sommerangeboten sind Familien bestens aufgehoben.

Abenteuer in Österreichs größtem Freizeitpark Für kleine und größere Besucher hat der Familypark Neusiedlersee passende Ange- bote im Talon. Die Auswahl reicht von Dar- stellungen und Erzählungen bekannter Mär- chen im „Märchenwald“ über zahlreiche Fahrattraktionen und Klettermöglichkeiten in der „Erlebnisburg“, auf der „Abenteuer- insel“ und am „Bauernhof“ bis hin zum Waldrundgang mit Tierpark und Streichel- zoo. Mit der neuen Jahreskarte, die die bis- herige Saisonkarte ablöst, ist der Besuch des Familyparks 365 Tage lang möglich! http://www.familypark.at

Tinte, Salbei, Waffenöl und Draculade bei Mondschein … Kindergerechte Rahmenprogramme und Mitmachführungen lassen die jungen Besu- cher in die Geschichte der mächtigen mittel- alterlichen Burg Forchtenstein eintauchen. Spannende „Kulturvermittlung mit Spaß und Spiel“ ist das Ziel der Kinderprogramme. http://www.esterhazy.at/kinder-burg-forchtenstein/

Auf den Spuren des Sandsteins in die Römerzeit Ein buntes Ferienprogramm mit Rund- gängen voller Geschichte und Geschichten wird in Breitenbrunn geboten. Mit einem Foto: St. Martins Therme & Lodge Leiterwagerl mit Verpflegung durch den Ort, Eine »Summer Island« vom Allerfeinsten lädt in der St. Martins Therme & Lodge in Frauenkirchen zum Baden und Ausspannen ein. in den Wald der Sinne, ein Malkurs im Na- turbad mit einem echten Künstler, Pferde- wechslung und beste Unterhaltung – mit gegenüber der Burg. Ein Erlebnis für die fütterung – bei den Programmen, die jeweils Nachhaltigkeit – ist gesorgt. Die Programme ganze Familie - und das bei jedem Wetter! zu verschiedenen Terminen stattfinden, er- werden von Mag. Uschi Zezelitsch (Heil- http://www.reptilienzoopolaschek.com fahren die Kinder viel Wissenswertes aus der und Sonderpädagogin, Konsulentin für Geschichte des Ortes und über die Natur der Kinder-Kulturprogramme) und Team durch- »Werkstatt Natur« für Abenteurer Region und können sich selbst als Künstler geführt. Personen mit Behinderungen sind Das Abenteuer liegt so nah: Die „Werk- versuchen. herzlich willkommen. statt Natur“ bei Marz – die „erste burgenlän- http://www.breitenbrunn.at/Aktuelles/Veranstaltungskalender http://www.williwulkafrosch.at dische wild- und waldpädagogische Erlebnis- stätte“ – bringt Familien mit Kindern die Der schlaueste Frosch Beim Python »Lilly« auf Besuch Lebensräume Wald, Feld und Wasser näher. wohnt in der Bauermühle Auf Tuchfühlung gehen mit faszinieren- Was es an Geheimnissen rund um Wald, Basteln, Kochen, Forschen, Entdecken – den Reptilien – Anakondas, Pythons, Legua- Wild und Jagd gibt, können Kinder gemein- und das bei jedem Wetter! Willi Wulkafrosch nen, Schildkröten und Krokodilen – das sam mit ihren Eltern erforschen – unter fach- lädt zu seinem spritzig-frischen Ferienpro- kann man nicht nur im Dschungel, sondern kundiger waldpädagogischer Leitung. Hier gramm in die Bauermühle Mattersburg. Lan- bequemer und sicherer im Reptilienzoo der kann man auch unvergeßliche Kinderge- geweile ist hier kein Thema. Für viel Ab- Familie Polaschek in Forchtenstein, gleich burtstage feiern – die Themen richten sich

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 38 »Burgenland Journal«

nen Zuschauer in eine fantastische Welt der Zauberei, des Bauchredens und der Musik- shows. Daneben gibt es auch Mitmachpro- gramme: In der „Werkstatt Orange“ dürfen die Kleinsten ihr handwerkliches Können unter Beweis stellen, im Abenteuer- & Kreativ-Workshop wird getanzt und in „Sunny Bunny’s Filzwerkstatt“ lernen die Kinder eine der ältesten Techniken der Stoff- verarbeitung. Bei der „Family Olympiade“ lösen Familien gemeinsam verschiedene Aufgaben und kassieren am Ende ein tolles Mitmachgeschenk. Spannung verspricht der Rutschenwettbewerb: Jeden Samstag wer- den auf Twister, der längsten Indoor-Was- serrutsche (202 m) Österreichs, das schnell- ste Kind und die schnellste Familie gekürt. Thermenspaß gibt es in der Sonnentherme das ganze Jahr über, versteht sich von selbst.

Foto: Bgld. Naturparke http://www.sonnentherme.com Der südlichste der sechs burgenländischen Naturparks lockt mit Abenteuer am und auf dem Wasser. Bad Tatzmannsdorf nach den Wünschen der Kinder: Waldschatz- deckerclub, in dem die Kinder während der erleben & entdecken… suche oder Bachwanderung und Baudamm- Sommermonate spielerisch erfahren, was Originale der traditionellen Holzarchitek- bauen, Waldkunstwerkstatt – inkusive Jause, man von der Natur lernen kann. So werden tur des südlichen Burgenlandes kann man im Grill am Lagerfeuer und Kaffee für die Ge- mit den Naturmaterialien kleine Schilfboote Freilichtmuseum Bad Tatzmannsdorf erle- burtstagskind-Eltern. gebastelt, als Schatzsucher lernen die Kinder ben. 300 Jahre alte Gebäude, die Einblicke http://www.werkstatt-natur.at die Umgebung um St. Martins kennen, besu- in eine untergegangene bäuerliche Kultur chen einen Kinderkochkurs, mixen ihre geben. Kein Strom, keine Wasserleitung – Radeln (wie) auf Schienen … (alkoholfreien!) Cocktails selbst und tanzen eine spannende Zeitreise. mit Draisinen in der Kinderdisco ab. Und wird's draußen http://www.freilichtmuseum-badtatzmannsdorf.at Auf einer alten Bahnstrecke fährt man doch einmal ungemütlich, genießt man in Die „Langsamkeit“ einer alten Bahn- mit Fahrraddraisinen durch das Mittelbur- vollen Zügen die Thermen- und Saunaland- strecke spüren – die Herkunft des Bad Tatz- genland – vorbei an Weingärten, Sonnenblu- schaft und das umfangreiche Wellness- und mannsdorfer Heilmoores entdecken. Die menfeldern, Schlössern und idyllischen Freizeitangebot der St. Martins Therme & Natur- und Kulturführerinnen Liane Pfeiffer Weinorten. Entlang der Strecke gibt es vieles Lodge. oder Isa Nemeth erklären die Entstehung zu entdecken, wie zum Beispiel das urige http://www.stmartins.at und den Kreislauf des Bad Tatzmannsdorfer Weinbaumuseum in Neckenmarkt oder das Heilmoores. Museum „Der Natur auf der Spur“ auf Schloß Auch Liszt hat einmal http://www.bad.tatzmannsdorf.at Lackenbach. Die „süße Station“ Lackenbach klein angefangen… lädt schließlich zu Kaffee, Eis und Kuchen – und zwar in seinem Geburtstort Raiding im Mit »Schlamm am Zeh und Gras im ein abwechslungsreiches Tagesprogramm Sonnenland Mittelburgenland. Zu seinem Ohr« einen Katamaran bauen für die ganze Familie! Bis zu neun Personen 200. Geburtstag gibt ein umfassendes Kon- Der südlichste der sechs burgenländischen passen auf eine Draisine, die Streckenlänge zert- und Ausstellungsprogramm Einblick in Naturparks lockt mit Abenteuer am und auf beträgt 23 km. An geraden Tagen fahren die das Leben und Werk des Musikgenies. dem Wasser. Katamaranbau (ab 12 Perso- Draisinen von Horitschon/Neckenmarkt nach Spezielle, umfangreiche Erlebnisprogramme nen), eine Kanufahrt auf der Raab oder auf Oberpullendorf, an ungeraden Tagen in ent- bringen Kindern das Phänomen Liszt näher. der Lafnitz (im Juli und August jeden Diens- gegengesetzter Richtung. Mitmachführungen, Kreativworkshops gibt tag, Donnerstag und Samstag) oder die Er- http://www.draisinentour.at es in Raiding und Eisenstadt zu fixen Ter- lebnistour „Schlamm am Zeh und Gras im minen oder nach Vereinbarung. Ohr“, bei der Teilnehmer (mindestens 6) Badestrand mit Wettergarantie – http://www.lisztomania.at spielerisch die Vielfalt der Flora und Fauna Sommer, Sonne, Summer Island kennenlernen, das Alter von Bäumen be- Eine „Summer Island“ vom Allerfeinsten Ein cooler Sommer in der Sonnen- stimmen und die Kunst des Wünschelruten- lädt seit kurzem in der St. Martins Therme & therme: Sunny Bunny's Kids Fun gehens üben. Am abschließenden Lagerfeuer Lodge in Frauenkirchen zum Baden und Bis 11. September heißt es im Zirkuszelt schmecken dann die gebratenen Kartoffel Ausspannen ein. Weißer Kiesstrand, ein vor der Sonnentherme Lutzmannsburg wie- und Kukuruz besonders gut. Die Aktivitäten herrlicher Badesee und eine exklusive Beach der täglich „Bühne frei!“ für Künstlerdar- können auch pro Familie durchgeführt wer- Bar – Karibikfeeling im Seewinkel. Für die bietungen, Spaß und Unterhaltung. Das den. jungen Gäste bietet St. Martins einen Ent- „shows4kids“-Programm entführt die klei- http://www.naturparkraab.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 39 »Burgenland Journal« Die Geschichte des Burgenlandes Anläßlich des Jubiläums »90 Jahre Burgenland« im Jahr 2011 setzen wir mit Teil 6 unsere Serie fort mit dem 19. Jahrhundert – das Land im Zeichen politischer Umgestaltung.

Von Michael Floiger, Karl Heinz Gober, Oswald Guber, Hugo Huber und Josef Naray*)

Die Franzosen in Westungarn n Ungarn hatte ein kleiner Kreis von Ade- Iligen und Bürgern die radikalen Ideen der Französischen Revolution aufgegriffen. Es bildeten sich zwei geheime Gesellschaften. Einer der beiden gehörten Adelige an, die eine gemäßigte gesellschaftliche Verände- rung wollten. Diese Gesellschaft strebte auch die Errichtung einer von den Habsbur- gern unabhängigen Republik an. Die zweite Gesellschaft trat für Freiheit und Gleichheit ein. Ihr gehörten die radikalen Jakobiner an. Hätten diese die Macht ergriffen, hätten sie die Privilegien des Adels abgeschafft und die Errungenschaften der Französischen Revo- lution durchgesetzt. Die beiden Geheimbün- de wurden aber im Sommer 1794 aufgedeckt. Das Gericht fällte 18 Todesurteile, von denen sieben im Mai 1795 vollstreckt wurden. Eine zeitgenössische Darstellung der Stadt Preßburg, wo 1805 der »Preßburger Zu diesem Zeitpunkt lag die Kampflinie Friede« geschlossen wurde. zwischen dem französischen Heer und den und Disziplinlosigkeit waren keine Selten- verbündeten europäischen Mächten noch heit. weit weg von Ungarn. Als aber General Na- 1805 fielen die Franzosen im Nordbur- poleon Bonaparte die Führung der französi- genland ein. Es kam zwar zu keinen Kämp- schen Heere übernommen hatte, verlagerten fen, doch den französischen Soldaten mußte sich die Kriegsschauplätze nach Mittel- und die Bevölkerung Unterkünfte verschaffen. Zu- Osteuropa. Wien wurde von Napoleon sogar sätzlich mußte vieles, was zur Verpflegung zweimal besetzt, und der Krieg erreichte der Truppen notwendig war, abgeliefert wer- auch die westungarische Grenzzone. den. Die Bauern leisteten vorwiegend Hand- Als die fanzösichen Heere herannahten, und Vorspanndienste. Aber bisweilen wei- waren die Menschen in unserem Raum in gerten auch sie sich: Als im Juni 1809 zwan- Angst und Schrecken versetzt. Viele ver- zig französische Reiter einem Bauern aus steckten ihr Hab und Gut. Kanonen und Wiesen das Pferd wegnehmen wollten, wur- Schätze der Burg Forchtenstein wurden nach den sie von den Wiesener Bauern verprügelt! Steinamanger gebracht. An der Grenze zu Als im selben Jahr die französischen Sol- Österreich wurden Schutzwachen aufgestellt daten unseren Raum verließen, atmeten die Napoleon Bonaparte und Schanzen errichtet. Menschen auf. Manche Gemeinden litten Jeder Grundherr mußte seinem Besitz noch jahrelang unter der Last der Schulden, entsprechend Mannschaften stellen. Am 13. die sie machen mußten, um die Versorgung Dezember 1800 fand zwischen Trausdorf der Besatzungstruppen zu bezahlen. und St. Margarethen ein Manöver statt, an dem 32 000 Mann teilnahmen. Meutereien Aus der Sicht eines Zeitzeugen ... Der Gemeindeschreiber Jakob Wittmann *) Wir haben – mit freundlicher Genehmigung des aus Mattersdorf (=Mattersburg) berichtet über Burgenländischen Landesarchivs, des Landesschul- die Franzosenkriege in seinem „Denckbuch“: rats für Burgenland und des Verlags Ed. Hölzel Ge- „Jeder Ort hat nach dem Verhältnis sei- sellschaft m.b.H. Nfg KG, Wien, – Text und Bilder Quittung über die Ablieferungen dieser Serie dem Lehrbuch für die Unterstufe „Ge- des Ortes Dörfl an die fran- ner Größe Soldaten ins Quartier bekommen. schichte des Burgenlandes“ entnommen. zösischen Truppen in Ritzing Ein großer Ort erhielt 12, ein anderer 8, wie-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 40 »Burgenland Journal« der ein anderer 6 Mann (Soldaten). Erhielt ihrer bäuerlichen Untertanen. Für eine Mo- ein Markt 12 Mann, so wurde der ganze Markt dernisierung der Landwirtschaft oder zum in 12 gleiche Teile geteilt und in „Boletten“ Aufbau von Gewerbe und Industrie fehlte (=Zetteln, Scheine) zusammengeschrieben. das Geld. Jede Bolette hatte den ihr zugeteilten Mann Reformfreudige Politiker waren Graf samt seinem Pferd zu verpflegen. Die Ver- István (Stefan) Széchenyi und Lajos (Lud- pflegung wurde nach der Größe eines Hau- wig) Kossuth. Beide erkannten, daß Privi- ses bestimmt ... Der betreffende Nachbar legien des Adels beseitigt werden mußten, mußte dem Soldaten am fälligen Tag 1/8 Ha- wenn wirtschaftliche Maßnahmen wirksam fer, 10 Pfund Heu und 10 oder 12 Kronen in die Tat umgesetzt werden sollten. Geld ins Quartier bringen. Die Bolette mußte Ihre sozialen Reformvorschläge waren ihm auch monatlich ein frisches Bett richten. unter anderem: Über die Qualität der eigenen Truppen: persönliche und wirtschaftliche Freiheit „Die Offiziere der Insurgenten (= eigene der Bauern (Befreiung von den grund- Truppen) waren meistens Studenten, Schrei- herrlichen Lasten), ber, kaufmännische Angestellte und derglei- Abbau der Privilegien des Adels und der chen. Einige wenige sind ihnen vom regulä- hohen Geistlichkeit, ren Militär beigegeben worden. Die Ge- Gleichberechtigung der Religionen, meinen haben diesen Offizieren wenig Gehor- staatsbürgerliche Gleichstellung der sam geleistet, besonders die Magyaren, weil Juden, ihnen bei der Anwerbung versprochen wur- Presse- und Versammlungsfreiheit, Fürst Nikolaus II. Esterházy de, daß sie nicht über die Grenze zu gehen »regierte« zur Zeit der Allgemeine Steuerpflicht: Besteuerung brauchen. Es tat fast jeder, was ihm beliebte. Franzosenkriege in Eisenstadt. auch des Adels und der hohen Geistlich- Die Wirte hatten bald kein Eßzeug mehr und keit, auch kein Trinkgeschirr. Was sie nicht ge- Staatliche Rechtsprechung, stohlen haben, das haben sie mutwillig rui- Schaffung einer bürgerlichen Mittelklas- niert. ... Sie wollten auch nicht exerzieren, se, sondern nur saufen. Geld hatten sie genug, Entwicklung der Städte und das denn einer wie der andere hat 400 - 500 fl Recht auf Muttersprache (Einführung der (=Gulden), ja einer sogar 800 fl Handgeld ungarischen Amts- und Unterrichtsspra- bekommen...“ che). Einquartierung und finanzielle Auspres- sung: Szechényi und Kossuth »modernisieren« Ungarn „Den 22. Juli 1809 sind 40 Mann und 80 Trainwagen im Esterházyschen Pferde einer französischen Truppe ins Quar- Fuhrpark: Fahrzeuge für den Nach- Beide Reformpolitiker setzten wirtschaft- tier gekommen, und zwar von der Artillerie schub der ungarischen Truppen liche Maßnahmen, mit denen sie Ungarn in und dem Nachschub. Walbersdorf hat von eine moderne Gesellschaft nach dem Vorbild den Kürassieren 30 Mann und 30 Pferde und Englands führen wollten: vom Nachschub 16 Mann und 32 Pferde am Gründung von Fabriken und Handelsge- gleichen Tag einquartiert erhalten. Den 10. sellschaften, August haben abermals 1 Wachtmeister, 24 Staatsbanken, die Kredite ermöglichten, Gemeine und 54 Pferde vom Nachschub hier Gründung der Akademie der Wissen- Quartier bezogen. Am 14. August sind sie schaften, alle wieder abmarschiert. In Eisenstadt stan- Flußregulierungen (Ikva, Donau, den 1000 Pferde, für die Futter aufgebracht Theiß …), werden mußte. Als am 27. Juli der Vizekönig Ausbau des Straßen- und Eisenbahnnet- von Italien im Schloß Esterházy Quartier zes (z. B.: die Strecke Ödenburg – Wiener nahm, kamen weitere 1000 Pferde dazu. Am Neustadt), 12. August erhielten wir vom Komitat den Lajos Kossuth Aufbau des Weinbaues, Organisation der Befehl, daß der Markt zur französichen Weinvermarktung und Kontributionskasse 3 505 fl (Gulden) zahlen Die Rückständigkeit Ungarns Errichtung von Mühlen, Aufbau der müsse. An diese Kasse hatten alle Herr- zwingt zu Reformen Pferde- und Seidenraupenzucht. schaften, Edelleute, Beamte und Geistliche Im Vergleich zu Mittel- und Westeuropa Gelder zu entrichten. Fürst Esterházy mußte war Ungarn im 19. Jahrhundert ein beängsti- Das Revolutionsjahr 1848/49 1400 fl. an sie zahlen. Die fünf Judenge- gend rückständiges Land. Hier dominierten Die europäischen Revolutionen des Jah- meinden Mattersdorf, Eisenstadt, Deutsch- nach wir vor die adeligen Großgrundbesitzer res 1848 nahmen von der Feberrevolution in kreutz, Lackenbach und Kobersdorf mußten nicht nur wirtschaftlich, auch ihre soziale Paris ihren Ausgang. 10 000 fl erlegen, obzwar sie 14 Tage vorher Stellung bildete weiterhin eine enorme Kluft Den Revolutionären ging es um liberale schon 9 000 fl bezahlt hatten.“ zur armen und politisch rechtlosen Schicht und nationale Anliegen. Manche Forderung,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 41 »Burgenland Journal« die Széchenyi und Kossuth in Ungarn schon längst gestellt hatten, wurden nun auch in anderen Ländern Europas gestellt. Szécheny und Kossuth zeigten für die nationalen An- sprüche der ungarischen Deutschen, Slowa- ken, Rumänen und Kroaten wenig Ver- ständnis. Kossuth hatte eine ungarische demokrati- sche Verfassung proklamiert, die „Befreiung der Bauern von den grundherrlichen Lasten“, sowie „gleiche politische Rechte für jeder- mann“ gefordert. Ungarn erhob sich zur Re- volution, der Bruch mit Wien war vorpro- grammiert. In Wien hatten die politischen, wirt- schaftlichen und sozialen Anliegen des Bürgertums, der Arbeiterschaft und der Stu- denten am 13. März 1848 zur Märzrevolu- tion geführt. Zwei Tage später brach die Re- volution in Budapest aus. Die Ziele wurden – vorläufig zumindest – erreicht: Graf Ludwig

Ludwig Batthyány (er ist der erste Ministerpräsident Ungarns) und sein Ministerium Der neue Kaiser, Franz Joseph I., ent- Gottlieb August Wimmer – ein schloß sich zum militärischen Eingreifen in Kämpfer für die ungarische Nation Ungarn, aber Kossuths Honvéd-Soldaten Der evangelische Pfarrer Gottlieb August wehrten sich erfolgreich dagegen. Am 14. Wimmer aus Oberschützen war eine der be- April 1849 setzte der Ungarische Reichstag kanntesten Persönlichkeiten des ungarischen in Debrecen die Habsburger ab. Erst mit Protestantismus. Er wollte am Londoner Hilfe des russischen Zaren Nikolaus I. konn- Geldmarkt Kapital für die Revolutionsregie- te sich Kaiser Franz Joseph in Ungarn durch- rung Ludwig Kossuths auftreiben, was nicht setzen. Dreizehn ungarische Generäle wur- gelang. Der Pastor kaufte in London im den in Arad (heute Rumänien) hingerichtet. Auftrag Kossuths eine Banknotenpresse und Auch Graf Ludwig Batthyány entging nicht ließ „Kossuth-Banknoten“ in der Höhe von dem Tod. Im Jänner 1849 hatte er einer Kaiser Franz Joseph I. Abordnung angehört, die Schonung für Budapest erbitten sollte. Der Graf wurde Batthyány bildete die erste von Wien unab- aber verhaftet, vor ein Kriegsgericht gestellt, hängige Regierung. Er wurde am 17. März zum Tode verurteilt und am 6. Oktober 1849 1848 der erste ungarische Ministerpräsident. erschossen. Seine Güter wurden von der Sein Bestreben war es, die politische Union ungarischen Kammer eingezogen. zwischen Österreich und Ungarn aufrecht zu erhalten und einen Ausgleich zwischen bei- den Ländern zu erzielen. Im Herbst 1848 verschärfte sich die Situation. In Wien hatte man Zeit gewonnen. Geschickt benutzte man die nichtmagyari- sche Bevölkerung, um sie gegen die natio- nalgesinnte Batthyány-Regierung aufzuhet- Gottlieb August Wimmer zen. Der Statthalter (Banus) von Kroatien, Josip Jellacic, marschierte im Oktober 1848 42 Mio. Gulden drucken. Auch Waffen und mit seinen Truppen über Westungarn/Bur- Munition sind mit Wissen Wimmers in „Bi- genland Richtung Pest. Kossuths Honvéd- belkisten“ nach Ungarn geschmuggelt wor- Armee (= Heimatwehr) drängte diese zwar den. Der Geistliche übersetzte auch einen nach Wien ab, wo allerdings die österreichi- flammenden Aufruf Ludwig Kossuths ins schen Streitmächte die Oberhand behielten. Deutsche, der in 10.000 Exemplaren unter der Somit war hier die Revolution zusammenge- deutschen Bevölkerung Westungarns ver- brochen. Der Revolutionskrieg 1848 breitet wurde.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 42 »Burgenland Journal«

Darstellung von Podersdorf 1847. In der Region Neusiedler See waren die Zisterzienser seit dem Mittelalter begütert. Winden, Mönchhof und Podersdorf gehörten bis zur »Bauernbefreiung« zur Grundherrschaft des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz im Wienerwald. In diesem Flugblatt rief Kossuth die Bevöl- den Flucht schrieb Gottlieb August Wimmer Mur reiste ich mit Extrapost und kam unge- kerung Westungarns zum organisierten Wi- am 29. Dezember aus Basel: hindert nach Salzburg, von wo ich hierher derstand gegen die durchziehenden Truppen „Meine Rettung war wunderbar. Vom (= Basel) kam und den Schutz der Republik, des kroatischen Statthalters Josip Jellacic 27ten Dezember bis 10ten Januar hetzten der mir freundlich gewährt wurde, genieße.“ auf. Banus (= Statthalter) Jellacic unterstützte mich Soldaten beständig, und wurden desto nämlich die Habsburger Truppen unter Fürst erpichter auf mich, als sie alle ihre Pläne Die sogenannte Bauernbefreiung Windischgrätz gegen die aufständischen vereitelt sahen. Endlich beschloss man 3 Ba- Das Revolutionsjahr 1848 brachte die Be- Ungarn, an deren Spitze Kossuth stand. taillone gegen mich marschieren zu lassen. freiung der Bauern von der Grundherrschaft: Gottlieb August Wimmer gründete einen Aber auch meine Pfarrkinder waren nicht un- sie waren nicht mehr Untertanen ihrer Landsturm (freiwillige Bauern des Pinka- thätig. Ich betete, nur Gott wolle mich in sei- Grundherrn. die Bauern waren jetzt die eige- tales) von 11.000 Mann. Zwischen dem 13. ne, nicht aber in der Menschen Hände fallen nen Herren über Grund und Boden. Sie konn- und 15. Oktober 1848 kam es an der stei- lassen. Das hat er auch erhört. Als Bauer und ten über ihn frei verfügen. All die gesetz- risch-westungarischen Grenze bei Sinners- Krämer verkleidet, verließ ich das Land. Gott lichen Maßnahmen, die das Eigentumsrecht dorf zu einem Aufeinandertreffen der Trup- hielt seine Hand über mir und führte mich über Grund und Boden neu bestimmten und pen des kroatischen Generals Theodorovich auf die wunderbarste Weise. Von Bruck an der die Auflösung des Untertanenverhältnisses und Wimmers Landsturm. Doch die Kroaten wagten es (angeblich) nicht, Wimmers Land- sturm anzugreifen. Sie zogen sich über die Steiermark nach Kroatien zurück. Bei der ungarischen Revolutionsregierung brachte dieses kurze militärische Zwischenspiel dem evangelischen Pfarrer von Oberschützen Anerkennung ein. Von seiten der Habsburger galt Wimmer aber als „Hochverräter“. Gottlieb August Wimmer, ein Mann der Gerechtigkeit, tadelte sowohl das terroristi- sche System des kaiserlichen Feldherrn Windischgrätz als auch den Hochmut Kos- suths. In Wien wartete ein Prozeß auf ihn. Wimmer erhielt am 27. Dezember 1848 vom Hauskaplan des Jormannsdorfer Grafen Bat- thyány, Jeremias Blasovich, die Nachricht, daß ihn kaiserliche Truppen gefangenneh- men würden. Nach der glücklich verlaufen- Die Strebersdorfer Meierefelder vor und nach der Kommassierung von 1865

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 43 »Burgenland Journal«

Oben: Der Österreichisch-Ungarische festlegten, nennt man auch kurz Bauernbe- Viele Bauern waren durch Grundkauf Ausgleich von 1867 freiung. Alle Dienstleistungs-, Natural- und oder auch durch das Hinauszahlen der Ge- Mitte: János Libény, ein ungarischer Geldabgabeverpflichtungen an den Grund- schwister verschuldet. Manchen blieb nichts Nationalist, beim Versuch eines herrn wurden aufgehoben, ebenso die grund- anderes übrig, als sich als Saisonarbeiter auf Attentats auf Kaiser Franz Joseph herrschaftliche Gerichtsbarkeit. Für die nun den Gutshöfen zu verdingen, als industrielle Unten: Ministerpräsident Julius entfallenen Leistungen und Rechte wurden Wanderarbeiter in entfernten Fabriken zu Andrássy bei der Vereidigung seines die ehemaligen Grundherren entschädigt. schuften oder sogar auszuwandern. Kabinetts Der Staat zahlte hohe Entschädigungssum- Nach der Bauernbefreiung wurden kleine men. Die Familie Esterházy erhielt zum Bei- Felder zu größeren Feldern zusammenge- spiel 10 Millionen Gulden aus dieser Grund- legt. Die Grundherren ließen sich ihren Be- entlastungsaktion. sitz möglichst auf eine Fläche zusammenle- Die Bauernbefreiung war ein gutes Ge- gen. Dabei wurde auch das Wegenetz neu schäft für die ehemaligen Grundherren. Einer- angelegt. Auf den kommassierten Flächen seits verblieben ihnen große Besitzungen, an- stellten die ehemaligen Grundherren ihre ex- dererseits bauten sie diese zu großen und mo- tensiven Wirtschaften auf intensive Wirt- dernen Gutswirtschaften aus. Dabei investier- schaften um. ten sie den Großteil des erhaltenen Entschä- Schon durch den Ungarischen Reichstag digungsgeldes. Als „Gutsherren“ hatten sie (1832/36) erhielten die Bauern das Recht der von nun an ihre Beschäftigten zu entlohnen. Kommassierung und der Abtrennung der bis Dem gigantischen Großgrundbesitz der dahin mit der Herrschaft gemeinschaftlichen Esterházy, Batthyány, Erdödy oder Zichy Hutweide. stand eine Vielzahl von Klein- und Zwergbe- trieben gegenüber. Die bei den Bauern übli- Von der Revolution zum che Erbteilung führte schließlich zu einem Ausgleich 1848-1867 schwierigen Problem: Die an sich schon ho- Ungarn nach der Niederwerfung he Kinderzahl (Erbberechtigte!) stieg nach der Revolution von 1848 1848 noch an, was zu extremen Besitzzer- Ungarn mußte nach der Niederschlagung splitterungen führte. Zahlreiche Kleinbauern- der Revolution 1848/49 die zentralistische familien konnten kaum noch überleben. Verfassung und Verwaltung Wiens zur Kennt-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 44 »Burgenland Journal« nis nehmen. Drastische Maßnahmen wurden Damit hatten die Magyaren ihr ersehntes Durch den Krieg gegen Preußen und die durchgesetzt: mit einer deutschsprachigen Ziel erreicht. Niederlage bei Königgrätz 1866 wurde das Polizei, Gendarmeirie und seinem Beamten- Beide Reichshälften waren aber durch Nationalitätenproblem neuerlich akut. Die apparat war der „habsburgische Absolutis- Franz Joseph I., der Kaiser von Österreich Forderungen der einzelnen Völker nach mus“ nicht nur bei den Ungarn, sondern und König von Ungarn war, miteinander mehr Rechten wurden immer dringlicher. auch den anderen Nationalitäten verhaßt. verbunden (= Personalunion). Unter den Ungarn machte sich eine für Gemeinsame Angelegenheiten blieben Magyarisierung in Westungarn Österreich gefährliche Stimmung breit. Sie die Außenpolitik, das Heerwesen und die War eine Volksschule konfessionell ge- hielten unbeirrt an ihrer Forderung fest, Finanzen (= Realunion). führt, konnte meistens in der Mutterspra- Franz Joseph zu ihrem König zu krönen. Das che – deutsch, kroatisch oder ungarisch – war für Wien völlig undenkbar. Eine Krö- unterrichtet werden. Aber durch die Schaf- nung hätte die Anerkennung der ungarischen fung von Staatsvolksschulen durch Kultus- Verfassung vor 1848 vorausgesetzt, in wel- minister Moritz Graf Csáky am Ende des 19. cher die Sonderrechte festgeschrieben wa- Jahrhunders begann die ungarische Sprache ren. die dominierende Unterrichtssprache zu Am 18. Mai 1853 verübte der Ungar János werden. Libényi in Wien ein Attentat auf Kaiser Franz Joseph, bei dem dieser nur leicht ver- »I mog´nit ungarisch leana« letzt wurde. Zum Dank für den glücklichen Ungarn sollte ein moderner National- und Ausgang wurde die Votivkirche errichtet. Zentralstaat werden. Die ungarische Intel- In Kaiserin Elisabeth („Sisi“) fanden die ligenz – der Adel und das Bürgertum – pfleg- Ungarn eine Fürsprecherin. 1857 amnestier- te die ungarische Sprache. Die Arbeiter und te Kaiser Franz Joseph die Revolutionäre Bauern Ungarns sprachen ihre jeweilige Mut- von 1848/49. tersprache. In den Komitaten sorgten eigene Kommissionen dafür, daß die ungarische Der Ausgleich mit Ungarn 1867 Sprache vor allem in den Schulen und Äm- Gyula (Julius) Andrássy als Minister- tern verbreitet und gesprochen wurde. In West- präsident und Ferenc (Franz) Deák als Kaiser Franz Joseph I. ungarn sprach man mehrheitlich deutsch, Justizminister und Führer der liberalen Op- aber auch kroatisch und ungarisch. position, handelten die Bedingungen des Besonders nach dem österreichisch-unga- „Ausgleichs“ zwischen Österreich und Un- rischen Ausgleich 1867 setzte eine verstärk- garn aus. te Magyarisierungswelle ein, die die Schulen Andrássy und Deák hatten erkannt, daß und die Ämter betraf und den Gebrauch der der ungarische Herrschaftsanspruch am ehe- deutschen Sprache fast unmöglich machte. sten im Rahmen der Habsburgermonarchie Straßenschilder, Aufschriften und Ge- aufrechtzuerhalten war. schäftstafeln sollten in Zukunft in ungari- Auch Ungarn hatte nämlich sein Nationa- scher Sprache verfaßt werden. Besonders in litätenproblem: Nur 51 Prozent der Bevöl- Gesangs- und Theatervereinen war es „pa- kerung in den „Ländern der Stephanskrone“ triotische Pflicht“, ungarisch zu singen bzw. gehörten dem ungarischen Volkstum an, die zu spielen. übrigen Einwohner waren Slowaken, Kroa- Unsere deutsch- oder kroatischsprechen- ten, Serben, Deutsche und Rumänen. Ein den Vorfahren sahen diese Magyasierung als Übereinkommen mit Wien schien den Inter- „Schikane von oben“ an und drückten dies essen der Oberschicht besser zu entsprechen im Umgang mit ihren Lehrern oft so aus: als die Ausrufung einer ungarischen Re- „I mog nit ungarisch leana…“ oder „I wü nit publik, wie sie Kossuths Anhänger forder- ungarisch red’n!“ ten. Justizminister Franz Déak Um die ungarischen Interessen Wien ge- Die Arbeiterbewegung in genüber durchzusetzen, drohten Deák und Am 8. Juni 1867 wurde Franz Joseph Westungarn im 19. Jahrhundert Andrássy mit Steuerverweigerung. zum König von Ungarn gekrönt. Die alle Die sozialen Forderungen der Arbeiter So kam es schließlich 1867 zum Aus- zehn Jahre stattfindenden Ausgleichsver- waren im Revolutionsjahr 1848/49 nicht er- gleich mit Ungarn, in dem der Kaiser bedeu- handlungen zwischen den beiden Reichs- füllt worden: kürzere Arbeitszeiten, höhere tende Zugeständnisse machen mußte. hälften regelten Währungs-, Handels- und Löhne, Hilfe in Notfällen wie Arbeitslosig- Das bisher von Wien aus gelenkte ein- Zollfragen. Österreich und Ungarn waren keit, Krankheit oder Unfall blieben ihnen heitliche Kaisertum Österreich wurde in die konstitutionelle Monarchien mit eigenen untersagt. Nach dem Ausgleich mit Ungarn Österreichisch-Ungarische Monarchie um- Parlamenten, eigenen Ministerpräsidenten 1867 forderten auch westungarische Arbeiter gewandelt. Sie bestand aus der österreichi- und eigenen Gesetzen (= Dualismus). Öster- vom Mininsterpräsidenten Eduard Graf schen Reichshälfte (Cisleithanien) und der reich-Ungarn war nun eine Doppelmon- Taaffe grundlegende politische Rechte. Zwei ungarischen Reichshälfte (Transleithanien). archie. ihrer Vertreter, der Korbflechter Martin Ber-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 45 »Burgenland Journal« ka aus Ödenburg und der Stegersbacher Tisch- te aber vielen Arbeitern nicht, diese Steuer lergeselle Friedrich Haecker, forderten im einzuzahlen. Rahmen des „Wiener Arbeiterbildungsver- Abschließend einigten sich die Delegier- eines“ und in Versammlungen das allgemei- ten nach einer Abstimmung mit 69:5 Stim- ne und direkte Wahlrecht. Vor allem in städ- men auf folgendes Programm: tischen Zentren, wie in Preßburg und Öden- „Die Österreichische Arbeiterpartei er- burg, organisierten sich die Arbeiter und strebt im Anschluß an die Arbeiterbewegung gründeten Arbeiterbildungsvereine. Die Ar- aller Länder die Befreiung des arbeitenden beiterschaft Westungarns forderte: Volkes von der Lohnarbeit und der Klassen- das allgemeine Wahlrecht, herrschaft durch Abschaffung der modernen Koalitionsfreiheit, Plakat des Arbeiterbildungsvereins privatkapitalistischen Produktionsweise. Sie gesetzliche Festlegung der Arbeitsdauer, in Mattersdorf (= Mattersburg) erstrebt an deren Stelle die gemeinschaftli- Sonntagsruhe und Invaliditätskassen. che, staatlich organisierte Produktion der Güter.“ Im Oktober 1872 brach ein „Streik der Kurz nach dem Neudörfler Parteitag setz- Schneidergesellen“ in Ödenburg aus, der von ten „nervöse Reaktionen“ der ungarischen der Polizei niedergeschlagen wurde; als Stra- Behörden ein. Das Budapester Innenministe- fe wurde auch der Arbeiterverein verboten. rium erließ eine Weisung an den Obergespan Nur wenige Tage nach Eröffnung der Wie- von Ödenburg, in der den Komitatsbehörden ner Weltausstellung 1873 kam es am 9. Mai „strengste und wachsamste Beobachtung 1873, dem „Schwarzen Freitag“, zum Bör- jeder sozialdemokratischen Tätigkeit und senkrach, zu einem Zusammenbruch von sofortige Vernichtung, wenn nötig mit Bra- Banken und Industrieunternehmungen. Es chialgewalt“ befohlen wurde. Sogar der war die größte Wirtschaftskrise der Doppel- Vizegespan von Ödenburg wies die Stuhl- monarchie und traf die Arbeiterschaft be- richter seines Komitats darauf hin, „jegliche sonders auch im südlichen Wiener Becken, sozialdemokratische Regung mit größter wo einige tausend Wanderarbeiter aus West- Aufmerksamkeit zu beobachten und etwaige ungarn beschäftigt waren, schwer. Tendenzen unverzüglich telegraphisch oder Die westungarischen Arbeiter waren als Wiener Weltausstellung 1873 per Eilpost zu melden.“ „Fremde“ in Österreich besonders gefährdet. Erst am Hainfelder Parteitag 1888/89 ge- Als „unerwünschte Ausländer“ schob man lang es Victor Adler, die Einigung der solzi- sie über die Leitha ab! Die Arbeitslosigkeit aldemokratischen Arbeiterbewegung zu unter ihnen führte zur Verarmung und vollziehen. Im September 1889 berief er Verschuldung. einen Parteitag nach Preßburg ein, der einen Wendepunkt für die Arbeiterbewegung West- Der Neudörfler Parteitag 1874 ungarns darstellte. In den Grundsätzen des Das Gebiet des heutigen Burgenlandes Parteitages wurden Vorrechte aus Geburt trat mit dem Gründungsparteitag der Sozial- und Besitz verurteilt; gefordert wurden das demokratischen Arbeiterpartei Österreichs Recht der freien Meinungsäußerung, das all- in das Rampenlicht der österreichischen Ar- gemeine, gleiche und direkte Wahlrecht, Ar- Leithagasthaus in Neudörfl beiterbewegung. Unter dem Druck der öster- beiterschutz und Beschränkung der Arbeits- reichischen Behörden war der Versamm- zeit, unentgeltlicher Unterricht und Tren- lungsort von Baden bei Wien in das westun- nung von Staat und Kirche sowie der Ersatz garische Neudörfl verlegt worden. des stehenden Heeres durch die allgemeine Man suchte einen Ort, wo der Einfluß der Volksbewaffnung. österreichischen Behörden nicht mehr gege- Als in Neufeld am Tag der Arbeit, am 1. ben war. Der an der Leitha gelegene Grenz- Mai 1890, die Arbeit niedergelegt wurde und ort Neudörfl in Westungarn entsprach den ein Streik ausbrach, verlegte man sofort ein Anforderungen der Tagungsteilnehmer. Am Infanterie-Bataillon und eine Abteilung Ostersonntag, dem 5. April 1874, begann der eines Dragonerregimentes an die Leitha- Parteitag, der am Ostermontag fortgesetzt grenze, um ein Ausbreiten des „revolutionä- wurde. Von den 74 Delegierten, die am 5. ren Funkens“ zu verhindern. und 6. April 1874 im Leithagasthaus tagten In Ödenburg entstand 1892 ein Arbeiter- und etwa 25.000 Arbeiter der Habsburger- Land- und Fabriksarbeiter aus West- bildungsverein, der vom Mattersburger ungarn brachten frühzeitig sozialdemo- monarchie vertraten, stammten drei aus Un- kratisches Gedankengut in ihre Heimat. Schustergehilfen Johann Fiala gegründet garn, und zwar aus Preßburg, Wieselburg wurde. Mitglieder waren Adolf Berczeller, und Budapest. Da die slawischen Delegier- Die Delegierten beschlossen, in Zukunft der eine selbständige Arbeiterkrankenkasse ten aus Baden abgeholt werden mußten, eine „Parteisteuer“ von einem Kreuzer ein- schaffen konnte, und der Journalist Heinrich begann der Parteitag erst um 20 Uhr abends. zuheben. Die wirtschaftliche Not ermöglich- Kalmar.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 46 »Burgenland Journal«

Kunst und Wissenschaft in Der große Pianist und Komponist verlor Karl Goldmark – Musikgenie Westungarn im 19. Jahrhundert nie die Bindung zu seinem Heimatort. Fünf aus Deutschkreutz Franz Liszt - der »Wunderknabe« Mal kam er in seinen Geburtsort Raiding Karl Goldmark gilt als bedeutendster und aus Raiding zurück. erfolgreichster Opernkomponist der Wiener Franz Liszt wurde am 22. Oktober 1811 Ringstraßenära. Als Sohn eines Kantors in Raiding geboren. Sein Vater, Adam Liszt, wurde er 1830 in Keszthely (Ungarn) gebo- war vom Fürsten Nikolaus II. Esterházy ren und starb 1915 in Wien. Er lebte von sei- 1808 von Eisenstadt nach Raiding versetzt nem 4. bis zum 14. Lebensjahr in Deutsch- worden. Hier übte er das Amt des Schäferei- kreutz. Die Familie war zu arm, um eine verwalters aus. Musikausbildung zu bezahlen. Die ersten Ab dem sechsten Lebensjahr besuchte Grundbegriffe hat er vom Dorfschulmeister der kleine Franz die Raidinger Dorfschule erlernt. Mit 12 Jahren trat er in die Schule und fand zunehmend Interesse an der Musik. des Musikvereins in Sopron ein. Wöchent- Sein Vater wurde sein erster Klavierlehrer. lich marschierte er zweimal dorthin. Bald 1820 hatte Liszt seinen ersten musikali- bewies er auf der Geige genügend Kennt- schen Auftritt in Ödenburg. Danach spielte nisse und wurde zur weiteren Ausbildung er vor Magnaten in Preßburg, die ihm dar- nach Wien geschickt. aufhin eine Ausbildungshilfe von 600 Gul- 1847 trat Goldmark in das Konservato- Franz Liszt den sechs Jahre hindurch in Aussicht stell- rium ein, um Musiktheorie und Violine zu ten. Um Franz eine gediegene Musikausbil- studieren. Wegen der politschen Ereignisse dung zu ermöglichen, übersiedelten seine des Jahres 1848 wurde das Wiener Konser- Eltern mit ihrem „Wunderkind“ vom abge- vatorium geschlossen, für Goldmark eine schiedenen Raiding in die Kaiserstadt Wien. folgenschwere Unterbrechung des Studiums; Franz Liszt war vor allem von der Kir- es gab keine Gönner mehr – wer aus dem chenmusik begeistert. Er bezeichnete sich aufständischen Ungarn kam, war von vorn- selbst als „Franziskaner und Zigeuner“. Er herein verdächtig. „zigeunerte“ mit der Postkutsche, später mit Daraufhin nahm Goldmark eine Stelle im der Eisenbahn, durch ganz Europa. Der Theaterorchester von Raab/Györ an. 1850 Künstler führte stets einen kleinen Reisealtar kehrte er nach Wien zurück. Durch ein Kon- und eine Übungstastatur mit sich. zert mit eigenen Werken wurde man 1857 »Concert«-Ankündigung für Die finanzielle Not der Wiener Ausbil- Montag, den 3. August 1846 auf Karl Goldmark aufmerksam. Durch- dungszeit wandelte sich während der „Pari- schlagenden Erfolg hatte er mit der Oper ser Jahre“ zu unerwarteten Einnahmen. Er Franz Liszt wurde also weit über die „Die Königin von Saba“ (1857). konzentrierte in Salons und Königspalästen. Grenzen seiner Heimat bekannt. Er war auch Goldmark schrieb sechs Opern (bevor- Der geadelte, gefeierte und umjubelte Förderer und Schwiegervater von Richard zugt wurden größtenteils historische oder Künstler Franz Liszt folgte den Idealen sei- Wagner, dem deutschen Musiker und Kom- märchenhafte Texte). Man erkannte aber nes Namenspatrons Franziskus: ponisten. Die „Wagner-Stadt“ Bayreuth wid- vielfach auch Einflüsse Wagners. Auch „Ich danke Gott, daß er mir eine fromme met Franz Liszt ein eigenes Museum. Im Johannes Brahms schätzte ihn sehr hoch ein. Kindheit gewährt hat.“ Oktober 1993 wurde es eröffnet. Weitere berühmte Persönlichkeiten Auf dem Gebiet der Musik ist noch der in Preßburg geborene Tonkünstler Johann Ne- pomuk Hummel zu nennen. Er übernahm 1804 das Streichorchester von Joseph Haydn und wirkte hauptsächlich in Weimar. Der Klaviervirtuose und Komponist Joseph Joachim (1831-1907) entstammte der Kittseer Judengemeinde. Auch der Matters- dorfer Lehrer Franz Ermes (1813-1889) erwarb sich große Anerkennung. Zu Weltruhm brachte es die Ballettänzerin Fanny Elßler (1810-1884). Sie war die Toch- ter des Eisenstädter Musikers Johann Elßler, der unter Josehph Haydn Kammerdiener und Notenkopist war. Sie wurde am 23. Juni 1810 geboren. Zwischen 1814 und 1817 trat sie als Mitglied des Kinderballetts des Thea- ters an der Wien auf, wechselte ins Kärntner- Franz Liszts Geburtshaus in Raiding in einer alten Ansicht tortheater und ging als Zehnjährige zur

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 47 »Burgenland Journal«

Schulung nach Neapel. Erste Triumphe die Schule in St. Martin an der Raab besucht. feierte sie 1830 in Berlin und 1834 in Paris. Nach der Hutmacherlehre in St. Gotthard 1841 weilte sie in den USA und 1844 in St. und einer mehrjährigen Gesellenwanderung Petersburg. Im Jahre 1851 beendete sie ihre durch Deutschland, Frankreich und Belgien Karriere in Wien, wo sie 1884 starb. In der versuchte er sich erstmals als Mundart- Kunstform des Ballettanzes hinterließ Fanny dichter. Er setzte sich mit der Tagespolitik, Elßler die damals neue Ausdrucksform des den nationalen Problemen Westungarns und „Charaktertanzes“. den Nöten der Armen auseinander. Zu den Naturwissenschaftlern und Ärzten Auf dem Gebiet der Wissenschaft ist die ist Paul Kitaibel (1757-1817) aus Matters- Forschungstätigkeit des „Marzer Kreises“ dorf zu zählen. Er studierte Rechtswissen- besonders hervorzuheben. Die Mitglieder schaft, wandte sich der Medizin zu und ent- standen im engen wissenschaftlichen Kon- wickelte sich zum Botaniker und Naturfor- takt zur Universität Wien und zur gelehrten scher. Auf vielen Reisen beschäftigte er sich Gesellschaft in Ödenburg. mit der Erforschung der Pflanzenwelt Un- 1876 begann mit der Ausgrabung eines garns. Er starb 1817 in Budapest. Fanny Elßler (1810-1884) römischen Landhauses bei Marz (Schlatten- Der Budapester Arzt Ignaz Phillip Sem- bruckäcker) durch die Brüder Rudolf und melweis (1818-1865) wird „Retter der Müt- Moritz Hoernes die Forschungstätigkeit des ter“ genannt und hatte „burgenländische „Marzer Kreises“. Vorfahren.“ Er besiegte das Kindbettfieber. Dieser Gelehrtenkreis bildete sich um Ihm fiel in der „Ersten Gebärklinik der Uni- Professor Eduard Sueß (1831-1914), den versität Wien“ die hohe Sterblichkeit bei den Begründer der modernen Geologie. Eduard Wöchnerinnen auf. Semmelweis führte in Sueß besaß ein Landhaus in Marz, in dem der Klinik Waschungen mit Chlorkalk seine Neffen Rudolf und Moritz Hoernes die durch; die Sterblichkeit ging zurück! Sommer mit ihrem Onkel verbrachten. Von Joseph Hyrtl (1810-1894) wurde in Marz aus knüpften sie erste Kontakte zum Eisenstadt geboren und wirkte als Anatom „Ödenburger Alterumsverein“. und Universitätsprofessor in Wien und Prag. Die wissenschaftlichen Hauptwerke von Gustav Degen (1834-1903) kam 1834 in Eduard Sueß in der Geologie sind „Das Budapest zur Welt, er studierte Philosophie Antlitz der Erde“ und „Die Entstehung der und Rechtswissenschaften. Er wurde 1861 Alpen“. Sueß wurde weltweit mit dem Be- zum Professor für Politik, Wechsel- und Paul Kitaibel (1757-1817) griff „Gondwanaland – Südkontinent“ be- Handelsrecht an der Preßburger königlichen kannt. Alfred Wegener widerlegte 1915 Akademie ernannt. Ab 1884 vertrat er den durch seine „Kontinentalverschiebungstheo- Bezirk Mattersdorf als Reichstagsabgeord- rie“ die These von Eduard Sueß. neter der Liberalen Partei im ungarischen Parlament. Serie Der Eisenstädter Weingroßhändler San- Teil 1: Von den Jägern und Bauern der Steinzeit bis zum Niedergang des Römischen Reiches dor Wolf (1871-1946) erkannte im 19. Jahr- http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_092.htm hundert die Notwendigkeit, die Kulturgüter Teil 2: Vom beginnenden Frühmittelalter bis zu Westungarns zu sammeln und sie in einem Andreas Baumkircher, dem Herrn von Schlaining. Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_093.htm machen. Als „Eisenstädter Kunstmäzen“ Teil 3: Von der Periode der Türken- und Kuruzzenkriege schuf er damit die Grundlage für das (1529-1711) bis zur Gegenreformation im 17. Jhdt „Burgenländische Landesmuseum“. http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_094.htm Die sprachliche und konfessionelle Viel- Teil 4: Vom Leben im 18. Jahrhundert bis falt Westungarns fand ihren Niederschlag in zum anbrechenden Industriezeitalter http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_096.htm der Literatur und Dichtung. Der evangeli- Ignaz Semmelweis (1818-1865) Teil 5: Von Industrie und Gewerbe im 19. Jahr- sche Pfarrer Ignaz Aurel Fessler (1756- hundert, der einsetzenden Auswanderung und vom 1839), in Zurdorf geboren, war Aufklärer in dischen Kroaten zählt Martin Mersic-Milo- Beginn der Sommerfrische Wien, Lemberg, Breslau und Berlin. Er war radic (1850-1928), der in Frankenau beson- http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_097.htm Bischof der Wolgadeutschen und Superinten- ders verehrt wird. dent in St. Petersburg. Neben Romanen und Unter den deutschsprachigen Mundart- Bildnachweis einer Selbstbiographie schrieb er „Die Ge- dichtern ist Josef Reichl (1860-1924) her- Leopold Banny, Lackenbach; Burgenländisches Landesarchiv, Eisenstadt; Burgenländisches Lan- schichte Ungarns und ihrer Landsassen.“ vorzuheben. Er wurde in St. Nikolaus bei desmuseum, Eisenstadt; Michael Floiger, Loipers- Franz Faludi (1704-1789) galt schon im Güssing geboren, seine Eltern waren Guts- bach; GRU-Mediathek Lutzmannsburg, Foto- 18. Jahrhundert als Bahnbrecher der nationa- arbeiter („Bierisch“) beim Grafen Bat- archiv Atelier am Berg, Mattersburg; Hugo len ungarischen Literatur und Dichtung. Zu thyány. Die Kindheit hat Reichl in Langzeil Huber, Weiden am See, Fotostudio Muik, Güs- den bedeutendsten Dichtern der burgenlän- und in Neumarkt an der Raab verbracht und sing; Gerhard Mollay, Neusiedl am See.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 48 Aus Südtirol Zwei Mal Rom Gleich zwei Minister besuchte Landeshauptmann Luis Durnwalder in Rom: Roberto Calderoli, Minister für die Verfahrensvereinfachung, und Innenminister Roberto Maroni.

war ist das Mailänder Abkommen, mit Zdem die Finanzierung der Südtiroler Autonomie auf neue Beine gestellt worden ist, bereits seit Anfang 2010 in Kraft, die zugehörigen Durchführungsbestimmungen zum Autonomiestatut sind aber noch aus- ständig. Am 28. Juli hat sich Südtirols Lan- deshauptmann Luis Durnwalder mit Mini- ster Roberto Calderoli getroffen, um mit ihm die noch offenen Punkte zu diskutieren. Calderoli, Minister für die Verfahrensver- einfachung, ist einer der Unterzeichner des Mailänder Abkommens, das das Finanz- system Südtirols sowie des Trentino umge- krempelt hat. Um das Abkommen gänzlich umsetzen zu können, bedarf es mehrerer Durchführungsbestimmungen zum Autono- miestatut. „Auf technischer Ebene sind schon

Vorschläge für die Bestimmungen ausgear- Foto: Archiv LPA Bozen beitet worden, allerdings sind einige Punkte Landeshauptmann Luis Durnwalder mit Roberto Calderoni, Minister für die noch offen, weil diese auf politischer Ebene Verfahrensvereinfachung der italienischen Regierung. geklärt werden müssen“, so Landeshaupt- letztere besser gestellt sind als wir“, erklärt scheiden, wie wo wieviel gespart wird“, so mann Durnwalder, der dieses Treffen mit der Landeshauptmann. der Landeshauptmann. Calderoli gemeinsam mit seinem Amtskol- Ein weiterer offener Punkt betrifft die Schließlich ging es auch noch um offene legen aus der Trentiner Landesregierung, Verwaltungsstrafen. Hier fordern Südtirol und Schulden Roms. „Rom schuldet uns noch Lorenzo Dellai, wahrnahm. das Trentino, an den Einnahmen aus den aus den Jahren vor 2010, also noch vor Einer der offenen Punkte betrifft den Strafbescheiden beteiligt zu werden, wann Inkrafttreten des Mailänder Abkommens Spielraum der Länder und Gemeinden in der immer sie auch an der Einhebung der Strafen Gelder, die aus den so genannten Sektoren- Steuergesetzgebung. „Wir wollen erreichen, beteiligt seien. Betroffen sei, so Durnwalder, gesetzen stammen“, so Durnwalder. Die Re- daß die Länder und Gemeinden in Berei- etwa der Bereich des Gesundheitswesens. gierung argumentiere nun, daß das Mai- chen, für die sie zuständig sind, auch eigene Und auch bei Steuerkontrollen wollen die länder Abkommen in diesem Bereich rück- Abgaben einheben können“, so der Landes- Länder künftig mitreden: „Unser Vorschlag wirkend anzuwenden sei, nachdem mit die- hauptmann, der sich am Modell der Touris- ist eine paritätisch besetzte Kommission, die sem die Zuweisungen aus den Sektorenge- musabgabe anlehnt. Zudem soll – wie dies über die zu kontrollierenden Gruppen, aber setzen für Südtirol und das Trentino abge- bereits im Mailänder Abkommen vorgese- auch über Art und Abwicklung der Kontrol- schafft worden seien. „Wir bestehen aber hen ist – noch einmal festgeschrieben wer- len mitbestimmt“, so der Landeshauptmann. darauf, daß die Rechtslage von damals zur den, daß die Länder vom Staat vorgesehene Offen sind darüberhinaus noch einige Anwendung kommt, daß wir die Gelder also Steuerzuschläge auch auf Null reduzieren Fragen zur Anwendung des Stabilitätspak- ausbezahlt bekommen“, so der Landes- können. „Damit würden wir diese Materie tes. So haben Durnwalder und Dellai zum hauptmann. Allein im Gesundheitsbereich ein- für allemal regeln und Anfechtungen wiederholten Male gefordert, daß der Sta- habe sich eine Summe von rund 47 Millio- verhindern, wie sie uns bei der IRPEF-Redu- bilitätspakt bei den selben Geldern nicht nen Euro angehäuft. zierung ins Haus geflattert sind“, so Durn- doppelt angewandt werde, wenn mehrere Minister Calderoli habe sich die Argu- walder. Verwaltungen betroffen seien. Dies sei etwa mente der beiden Landeshauptleute aufmerk- Ebenfalls noch einmal festgeschrieben bei Gemeinden und Körperschaften der Fall. sam angehört, sich allerdings ausbedungen, werden soll das Prinzip, das eine ganz be- „Wichtig ist, daß das Ergebnis stimmt und diese noch in den Ministerien und der Re- sondere Art der Gleichstellung von Ländern die Vorgaben des Stabilitätspakts unterm gierung zu diskutieren. „Spätestens bis zur mit Normal- und solchen mit Sonderstatut Strich eingehalten worden sind“, so Durn- nächsten Sitzung der Sechser- bzw. Zwöl- betrifft: „Wir fordern, daß – wie uns dies be- walder. Letztendlich solle es, so die Forde- ferkommission sollten wir aber eine Antwort reits zugesagt worden ist – Länder mit Son- rung der Länder, um die Einhaltung der Sal- haben“, so Durnwalder. derstatut in jenen Bereichen an solche mit di gehen. „Solange wir die finanzielle Vor- Nach Calderoli stand ein Gespräch mit Normalstatut angeglichen werden, in denen gabe des Staates einhalten, wollen wir ent- Innenminister Roberto Maroni auf dem Pro-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 49 Aus Südtirol gramm, in dem es um die Zweisprachigkeit der Ordnungskräfte und um das Tragen tra- Durnwalder gratuliert neuem Bischof ditioneller Waffen durch auswärtige Schüt- zen ging. Im Gespräch mit dem Innenminister brachte Durnwalder zuerst ein von ihm be- reits seit langem beackertes Problem aufs Tapet: die mangelnde Zweisprachigkeit der Ordnungskräfte. „Ich habe heute noch ein- mal darauf gedrängt, daß endlich ein Wett- bewerb zur Aufnahme von Polizisten ausge- schrieben wird, der auf die Bedürfnisse un- seres Landes zugeschnitten ist, auch weil die Durchführungsbestimmungen dies ermög- lichen“, so der Landeshauptmann. Konkret heiße dies, daß der Dienst im Heer als Voraussetzung für die Aufnahme in den Polizeidienst fallen solle. „Dafür sollte die Zweisprachigkeit als Voraussetzung für die Teilnahme am Wettbewerb gelten, denn nur so kann man den Anteil wirklich zwei- sprachiger Beamter in Südtirol erhöhen“, so Durnwalder, der darauf verwies, daß die Ordnungskräfte ihren Dienst in Südtirol zweisprachig gewährleisten müßten. Mini- ster Maroni wolle, so der Landeshauptmann, nun versuchen, einen solchen Wettbewerb Foto: Presseamt BZ-BX Am 27. Juli 2011 wurde Ivo Muser von Papst Benedikt XVI. zum Bischof der auszuschreiben, um dem Problem Herr zu Diözese Bozen-Brixen ernannt. werden. Daneben ging es um die historischen it großer Freude hat Landeshauptmann Ivo Muser wurde am 22. Februar 1962 in Waffen der Schützen, die heute einmal mehr MLuis Durnwalder die Ernennung von Bruneck geboren. Nach seiner Matura im Thema im Innenministerium waren. Aller- Ivo Muser zum neuen Bischof der Diözese Jahre 1981 begann er mit dem Philosophie- dings ging es diesmal nicht um jene der Süd- Bozen-Brixen vernommen und gratulierte und Theologiestudium an der Theologischen tiroler Schützen, sondern um die Waffen ihm dazu im Namen des Landes und der ge- Fakultät der Universität Innsbruck. Unterge- bayerischer oder österreichischer Schützen: samten Landesregierung. bracht war er in dieser Zeit im Canisianum, „Wenn sie nach Südtirol kommen und ihre Der langjährige Regens des Priestersemi- dem internationalen, von den Jesuiten ge- traditionellen Waffen tragen wollen, dann nars in Brixen und Domdekan Ivo Muser hat führten Priesterseminar in Innsbruck. müßte jeder einzelne ein entsprechendes An- am 27. Juli die Nachfolge von Karl Golser Im Jahre 1986 empfing er die Diako- suchen stellen, was natürlich mit einem end- angetreten. „Ivo Muser ist seit vielen Jahren nenweihe und absolvierte sein Pastoraljahr losen Papierkrieg verbunden ist“, so Durn- als Priester und Hochschulprofessor sowie in in Seis am Schlern. Zum Priester geweiht walder, der Maroni vorgeschlagen hat, diese verschiedenen Berufungen in der Diözese wurde er am 28. Juni 1987 in Brixen. In der Genehmigungspflicht entweder abzuschaf- Bozen-Brixen tätig und kennt die Sorgen Folge wirkte er zwei Jahre lang als Ko- fen, oder ein vereinfachtes Sammelverfahren und Hoffnungen der Gläubigen in Südtirol“, operator in Toblach, bevor er 1991 Privat- für solche Fälle einzuführen. „Was für Süd- erklärte Durnwalder. „Ich bin überzeugt, daß sekretär von Bischof Wilhelm Egger wurde. tiroler Schützen in Österreich und Deutsch- er über alle Voraussetzungen für die Aus- Von 1991 bis 1995 weilte er zum Dog- land möglich ist, sollte schließlich auch in übung eines solch wichtigen Amtes verfügt matik-Studium an der Päpstlichen Universität Italien erlaubt sein“, erklärte der Landes- und wünsche ihm in meinem eigenen Na- Gregoriana in Rom. Anschließend wirkte als hauptmann. men, im Namen der gesamten Landesregie- Dozent, ab 2002 als Professor an der Philo- Maroni habe eine Abschaffung der Ge- rung und des Landes Südtirol alles Beste für sophisch-Theologischen Hochschule Brixen. nehmigungspflicht ausgeschlossen, weil in seine Arbeit.“ 1995 wurde er zudem Spiritual am Vin- diesem Fall das ganze Waffengesetz abgeän- Der Dank des Landeshauptmanns richtet zentinum, von 1996 bis 2010 Regens am Prie- dert werden müsse. Er habe aber zugesagt, sich an Altbischof Karl Golser, der sein Amt sterseminar in Brixen; von 1997 bis 2010 die Möglichkeit einer Sammelgenehmigung mit großer Freude und vorbildlichem Einsatz übernahm er auch die Aufgabe als Referent zu überprüfen. „In diesem Fall könnte ein zum Wohle der Gläubigen ausgeübt hat. für die Ständigen Diakone. 2002 wurde er Ansuchen mit einer Liste der Teilnehmer „Die schwere Erkrankung hat es ihm leider Kanonikus, ab 2005 auch Dekan an der Ka- und ihrer Waffen abgegeben werden, anstatt nicht mehr erlaubt, die verantwortungsvolle thedrale zu Brixen. Am 27. Juli 2011 wurde von jedem einzelnen ein Ansuchen einzuho- Aufgabe fortzuführen“, so Durnwalder. „Wir Ivo Muser von Papst Benedikt XVI. zum Bi- len“, so Durnwalder. wünschen Karl Golser in dieser schweren schof der Diözese Bozen-Brixen ernannt. http://www.provinz.bz.it Zeit viel Kraft, Trost und Gottes Segen.“ http://www.bz-bx.net

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 50 Europa Problem im Urlaub? Unionsbürger in Not haben Anspruch auf Hilfe!

iner von sechs Europäern wird seinen fall Hilfe erhalten können, ohne sich um Ver- Staat dort nicht vertreten ist (siehe Artikel 20 EJahresurlaub in diesem Jahr voraussicht- waltungsverfahren kümmern zu müssen.“ Absatz 2 Buchstabe c und 23 des Vertrags lich außerhalb der EU verbringen. Jährlich Lediglich in den Vereinigten Staaten, in über die Arbeitsweise der Europäischen werden aus geschäftlichen oder privaten China und in Rußland verfügen alle 27 Mit- Union und Artikel 46 der Charta der Gründen 90 Millionen Reisen ins außereuro- gliedsstaaten über eine diplomatische Vertre- Grundrechte der Europäischen Union). In päische Ausland unternommen. Was aber tung. Die Krisen in Libyen, in Ägypten und nahezu allen Staaten dieser Welt ist minde- tun, wenn man im Ausland in eine Notsitua- stens ein EU-Staat nicht durch ein Konsulat tion gerät, das Herkunftsland aber dort, wo oder eine Botschaft vertreten. man sich aufhält, keine Botschaft und kein Obwohl 62 Prozent der Europäer von der Konsulat unterhält? Botschaft eines anderen EU-Mitgliedsstaats Als Unionsbürger haben Sie bestimmte dieselbe Hilfe wie von der Botschaft ihres Rechte: So können Sie in einem solchen Fall eigenen Landes erwarten, ist vielen Euro- von der Botschaft oder dem Konsulat eines päern und Konsularbediensteten die europä- anderen EU-Landes Unterstützung erbitten. ische Komponente des konsularischen Schut- Dies gilt für normale Notfälle wie den Ver- zes noch gar nicht bekannt. lust des Reisepasses oder einen schweren In ihrem Bericht über die Unionsbürger- Unfall oder eine schwere Erkrankung eben- schaft verpflichtete sich die Kommission, so wie für außergewöhnliche Krisensitua- durch entsprechende Legislativ- und Aufklä- tionen, wie wir sie gerade erst in Libyen er- rungsmaßnahmen dafür sorgen, daß die lebt haben. Damit jeder diese Rechte kennt, Unionsbürger ihr Recht auf Unterstützung in sollen alle neuen Pässe in der EU Informa- Drittländern besser wahrnehmen können. tionen zum konsularischen Schutz sowie die Am 23. März 2011 schaltete die Kom- Adresse des EU-Internetportals enthalten, mission ein Internetportal zu diesem Thema über das Sie erfahren können, wohin Sie sich frei, über das EU-Bürger bei Reisen in ein bei Problemen während Ihrer Auslandsreise Land außerhalb der Union Reiseempfeh- wenden können lungen sowie die Anschrift der nächstgelege- http://www.consularprotection.eu nen Botschaft abrufen können. Die Kommis- 20 EU-Staaten haben dieses Vorhaben be- sion wird außerdem noch vor Ende des reits umgesetzt oder erklärt, bei allen neuen Jahres Legislativvorschläge unterbreiten, de- Pässen künftig in dieser Weise verfahren zu ren Ziel es ist, wollen. Die restlichen Länder dürften ihrem die Rechtssicherheit im Bereich des kon- Beispiel in Kürze folgen. Foto: European Union, 2011 sularischen Schutzes, was dessen Gel- „Die Unionsbürger, die in diesem Som- Kommissionsvizepräsidentin und EU- tungsbereich sowie die Bedingungen und Justizkommissarin Viviane Reding mer ins Ausland reisen, sollten über ihre Verfahren betrifft, zu erhöhen und den Rechte Bescheid wissen“, so Kommissions- im Jemen haben nochmals unterstrichen, wie Ressourceneinsatz u. a. in Krisenzeiten vizepräsidentin und EU-Justizkommissarin wichtig konsularischer Schutz für gestrande- zu optimieren, Viviane Reding. „Sie können beispielsweise te ausländische Staatsangehörige ist. So hiel- für die nötige Koordinierung und Ko- jedes Konsulat oder jede Botschaft eines ten sich beispielsweise rund 6000 EU-Bür- operation zu sorgen, damit die Konsulate EU-Mitgliedsstaats um Unterstützung bitten, ger in Libyen auf, als dort die Unruhen aus- ihr Alltagsgeschäft auch in bezug auf wenn ihr Herkunftsland in diesem außereu- brachen, aber nur acht Mitgliedsstaaten besit- Unionsbürger ohne eigene diplomatische ropäischen Land keine Vertretung besitzt. zen in Libyen diplomatische oder konsulari- Vertretung wahrnehmen können, und Sie haben unter denselben Bedingungen An- sche Vertretungen. Konsularischer Schutz ist Fragen des finanziellen Ausgleichs für in spruch auf Schutz wie die Staatsangehörigen aber auch bei alltäglicheren Problemen wie Notsituationen geleisteten konsularischen des Landes, an dessen Botschaft sie sich Verlust oder Diebstahl des Reisepasses, Un- Schutz zu klären. wenden. Damit diese Rechte und der konsu- fall oder Krankheit oder Probleme mit den larische Schutz im Alltag bestmöglich funk- Strafverfolgungsbehörden wichtig. Weitere Informationen tionieren, plant die Europäische Kommis- EU-Internetportal zum konsularischen Schutz sion in den nächsten sechs Monaten die Vor- Hintergrund http://www.consularprotection.eu lage eines Legislativvorschlags zu Fragen Die EU-Verträge garantieren allen Unions- An die Unionsbürgerschaft geknüpfte Rechte der Koordinierung und des finanziellen Aus- bürgern bei Reisen oder Aufenthalten außer- http://ec.europa.eu/justice/citizen gleichs. Konsularischer Schutz ist gleichbe- halb der EU Gleichbehandlung durch die Homepage von Kommissionsvizepräsidentin deutend mit europäischer Solidarität. Die diplomatischen und konsularischen Behör- und EU-Justizkommissarin Viviane Reding Unionsbürger sollten wissen, wo sie im Not- den eines Mitgliedsstaats, wenn ihr eigener http://ec.europa.eu/reding

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 51 Wirtschaft Österreich profitiert Ohne Deutschland liegt der Exportüberschuß mit dem EU-Raum bei jährlich 3 Milliarden Euro – Dank Leistungsbilanzüberschuß ist Österreich heute kein Nettoauslandsschuldner mehr

sterreich zählt heute zu den reichsten den Euro – aber auch der Entwicklung im Nettozahlern. Allen voran liegen die Luxem- Öund am höchsten entwickelten Volks- Euroraum selbst. Österreich hatte vor der burger (rund 200 Euro pro Kopf) gefolgt von wirtschaften der Welt und nimmt hinsichtlich Euro-Einführung noch ein Minus mit dem den Dänen, Belgiern, Finnen, Franzosen, seiner volkswirtschaftlichen Kennzahlen im Euroraum, heute ist die Bilanz ausgeglichen. Italienern. Danach reihen sich die Deutschen internationalen Vergleich eine Spitzenposi- Rechnet man Deutschland heraus, mit dem mit rund 80 Euro pro Kopf, gefolgt von tion ein. Dennoch gibt es in der Bevölkerung Österreich nach wie vor ein Handelsdefizit – Österreich. Da MOE zu den größten Netto- immer wieder Zweifel an der wirtschaft- in Summe seit 1999 35 Milliarden Euro – empfängern der EU zählt, kann Österreich lichen Öffnung der letzten zwanzig Jahre. hat, lag der jährliche Überschuß mit dem hier durch seine starke Position profitieren. Die Bank Austria hat daher den volkswirt- restlichen Euroraum bei rund 34 Milliarden schaftlichen Nutzen der Öffnung analysiert. Euro, fast 3 Milliarden Euro pro Jahr. Zweithöchstes Einkommensniveau „Die österreichische Wirtschaft hat durch Auch bei der Aufteilung der Auslands- „Die positive Entwicklung der österrei- die verstärkte Integration in die globale Welt- vermögen der ÖsterreicherInnen spielt der chischen Wirtschaft in den letzten Jahren wirtschaft durch den EU-Beitritt 1995 einen Euroraum eine entscheidende Rolle. Ohne spiegelt sich auch im Einkommensniveau beachtlichen Schub erfahren. Durch Globali- Berücksichtigung von Direktinvestitionen wider“, so Bruckbauer. „Denn es gibt nur ein sierung, EU-Binnenmarkt und Euroeinführung lagen Ende 2010 fast 60 Prozent des Ver- Land der Welt mit einem höheren Einkom- verbesserte Rahmenbedingungen haben signi- mögens (über 300 Milliarden Euro) im mensniveau als Österreich, das eine „glei- fikant zu einer Beschleunigung des Exporter- Euroraum. Lediglich ein Drittel davon (109 chere“ Einkommensverteilung aufweist, das folges beigetragen“, so Stefan Bruckbauer, Milliarden Euro) in Deutschland, in etwa Erdölland Norwegen.“ Chefvolkswirt der Bank Austria. „Der Anteil derselbe Betrag wie in den Ländern MOE. Österreich ist heute an hervorragender exportierter Waren und Dienstleistungen an Lediglich 40 Milliarden Euro lagen in zehnter Stelle beim realen Medianeinkom- der gesamten heimischen Wirtschaftslei- Amerika, 17 Milliarden Euro in Asien. men, was bedeutet, daß zumindest die Hälfte stung ist von 33 Prozent (vor dem EU-Bei- Mit 200 Milliarden war der größte Teil der Haushalte dieses Einkommen erreicht. tritt) auf heute 58 Prozent angestiegen.“ des Auslandsvermögens der Österreicher in Eine Einkommensverteilung, die die „acht- Die Integration des Finanzmarktes hat Anleihen investiert, rund zwei Drittel davon gleichste“ unter den Industrieländern der sich dabei als noch spektakulärer erwiesen. im Euroraum, mehrheitlich nicht in Deutsch- Welt ist, belegt, daß das hohe Durchschnitts- So wuchs das Vermögen österreichischer land. Gegebene Kredite (vor allem von Ban- einkommen nicht alleine durch extreme Haushalte, Firmen, Banken usw. im Ausland ken) und Einlagen sind für 128 Milliarden hohe Einkommen erreicht wird. Eine glei- seit 1997 um mehr als das Fünffache – von bzw. 153 Milliarden der Auslandsforderun- chere Einkommensverteilung als in Öster- rund 150 auf heute 776 Milliarden Euro, dies gen verantwortlich. Hier war der Euroraum reich zeigen heute nur die drei MOE Länder entspricht fast dem dreifachen BIP (273%). knapp für die Hälfte das Ziel der Investi- Slowenien, Slowakei und Tschechien und Das Vermögen bzw. die Forderungen des tionen. Weitere 65 Milliarden Euro liegen in die vier skandinavischen Länder Dänemark, Auslands in bzw. an Österreich sind im sel- Form von Aktien im Ausland, auch zwei Norwegen, Schweden und Finnland. Nach ben Zeitraum ebenfalls gestiegen, von rund Drittel im Euroraum (davon 1/3 in Deutsch- Finnland hat Österreich damit die „am 190 Milliarden Euro auf heute 778 Milliar- land und 2/3 im Rest). wenigsten ungleiche“ Einkommensvertei- den Euro. War Österreich bis vor kurzem Auch wenn bei Einlagen und Krediten lung im Euroraum. Was dadurch möglich ist, noch Nettoschuldner gegenüber dem Aus- mehrheitlich Banken die Besitzer der Aus- daß Österreich heute nach der Schweiz, land (mit Ende der 90er Jahre noch fast 25% landsinvestitionen waren, bei Aktien, Anlei- Norwegen und Süd-Korea die viertniedrigste des BIP), so ist heute die Position fast aus- hen und Fonds im Ausland sind sie es jedoch Arbeitslosenquote eines Industrielandes auf- geglichen. Der Saldo beträgt nur mehr rund nicht. Diese Investitionen, immerhin die Hälf- weist und die niedrigste im Euroraum. 2 Mrd. Euro oder nicht einmal ein Prozent te des österreichischen Auslandsvermögens, Last but not least rangiert Österreich un- des BIP. „Dank der Trendwende bei der ist mehrheitlich in Besitz von privaten Haus- ter den zehn Industrieländern der Welt mit Leistungsbilanz mit Osteuropa und dem halten oder Firmen, entweder direkt oder in der höchsten Beschäftigungsquote von Men- Euroraum ist Österreich insgesamt heute Form von Fonds oder Versicherungen. schen unter 64 Jahren, obwohl in keinem kein Nettoschuldner mehr gegenüber dem Industrieland – außer Luxemburg – die Ausland“, meint Stefan Bruckbauer. Erst an 8. Stelle der EU-Nettozahler Menschen so jung in Pension gehen. „Auch Auch die jährlichen Nettozahlungen an wenn manche Entwicklungen in den letzten 3 Milliarden Euro Überschuß die EU erscheinen angesichts der Erfolge für Jahren negativ waren, in Summe hat Öster- Die Trendwende der Import-Export- Österreich relativ moderat. Sie betrugen reich enorm durch die Integration profitiert Relationen verdankt Österreich in hohem 2009 knapp über 0,4 Milliarden Euro. Mit und dieser Vorteil ist auch für einen Großteil Maße der Integration Osteuropas in die EU – rund 50 Euro pro Jahr und Einwohner zählt der Bevölkerung nachweisbar“, meint der Überschuß betrug seit 1999 55 Milliar- Österreich damit nicht zu den größten Bruckbauer abschließend.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 52 Wirtschaft Erfreuliches aus dem Tourismus Gästezahl erreicht neuen Höchstwert – Deutsche Gästenächtigungen nehmen wieder deutlich zu – Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner: Tourismus startet mit neuem Gästerekord in den Sommer

ach vorläufigen Ergebnissen von Sta- auf 9,69 Mio. zu (Inländer: +5,4%, Auslän- Rußland (+25,4%), der Schweiz (+12,3%) Ntistik Austria wurden für das erste Drit- der: +20,9%). Die überdurchschnittlich hohe und Belgien (+6,5%). Aber auch die inländi- tel der Sommersaison 2011 (Mai und Juni) Zunahme ist überwiegend auf die Verschie- schen Gästenächtigungen nahmen um 0,5% 15,47 Mio. Nächtigungen gemeldet. Gegen- bung der Pfingstfeiertage und Christi Himmel- auf 16,64 Mio. zu. Im bisherigen Kalender- über derselben Periode des Vorjahres ent- fahrt zurückzuführen, die 2010 in den Mai, jahr 2011 entfielen rund 51% aller ausländi- spricht dies einer Zunahme von 3,7%. So- diesjährig in den Juni fielen; dementsprechend schen Gästenächtigungen auf Deutschland wohl bei den inländischen (+1,4% auf 5,70 waren im Mai 2011 die Nächtigungen rück- (24,18 Mio. Übernachtungen), 11% auf die Mio.) wie bei den ausländischen (+5,1% auf läufig (-11,3%). Das überdurchschnittlich Niederlande und 2% auf den derzeit am 9,77 Mio.) Gästenächtigungen dynamischsten wachsenden Her- war die Entwicklung deutlich kunftsmarkt Rußland. positiv. Im 15-Jahres-Vergleich Eine Betrachtung nach Unter- erreichte damit die Nächtigungs- kunftsarten zeigt, daß das Näch- zahl – hinter dem EM-Jahr 2008 tigungsaufkommen in Hotels der (15,64 Mio.) – das zweitbeste höchsten Kategorie (5-/4-Stern) Ergebnis (einzig zu Beginn der um +0,6% zulegen konnte, und 1990er Jahre war das Niveau der damit einen Marktanteil von 35% Gästenächtigungen im Mai und erreicht, während Privatquartiere Juni noch höher). Zurückzufüh- mit -4,6% weiter rückläufig wa- ren ist die Zunahme auf deutliche ren und im ersten Halbjahr 2011 Nächtigungszuwächse beim wich- einen Anteil von rund 13% hiel- tigsten Herkunftsmarkt Deutsch- ten. land (+5,0%); der Anteil an den gesamten Ausländernächtigun- Mitterlehner: Startet mit gen beträgt rund 56%. Positiv neuem Gästerekord entwickelten sich auch weitere „Österreichs Tourismus ist mit wichtige Herkunftsmärkte wie einem neuen Gästerekord in den die Schweiz (+7,3%), Italien Sommer gestartet und punktet (+6,1%) und Rußland (+31,4%), jetzt auch wieder verstärkt bei während die Niederlande (-1,1%), deutschen Gästen. Das verschafft Frankreich (-2,0%) oder die uns viel Rückenwind für den wei- USA (-3,5%) rückläufig waren. teren Saisonverlauf“, erklärte Hinsichtlich der Zahl der Tourismusminister Reinhold Mit- Gäste wurde im Zeitraum Mai terlehner angesichts der Daten der und Juni 2011 mit 5,19 Mio. An- Statistik Austria. Mitterlehner be- künften (+4,8%) ein neuer Rekordwert seit gute Juniergebnis konnte das negative Mai- tont aber, daß vor allem die Monate Juli und Beginn der statistischen Aufzeichnungen Ergebnis kompensieren und das erste Drittel August richtungsweisend für die Sommer- erzielt. Dabei konnten sowohl die inländi- der Sommersaison ins Positive drehen. saison seien. „Gerade wegen der immer schen (+2,2% auf 2,04 Mio.), aber vor allem kurzfristigeren Buchungen brauchen wir für die ausländischen Ankünfte (+6,6% auf 3,14 Leichte Zunahmen bei Ankünften und ein positives Gesamtergebnis neben innova- Mio.) deutlich zulegen. Nächtigungen im 1. Halbjahr 2011 tiven Angeboten auch einen nachhaltigen Wenn auch in den vergangenen Jahrzehn- Für das erste Halbjahr 2011 (Jänner bis Wetterumschwung“, sagt Mitterlehner. „Die ten die nächtigungsmäßige Bedeutung der Mo- Juni 2011) lagen rund 64,11 Mio. Übernach- ersten zwei Sommermonate dürfen daher nate Mai und Juni laufend zugenommen hat tungen vor, um 0,4% mehr als im gleichen nicht überbewertet werden, können aber (Anteil an den Sommernächtigungen 1981: Vorjahreszeitraum. Bei den Ankünften konn- vielleicht den einen oder anderen Regentag 19,9%; 1991: 20,8%; 2001: 23,8%; 2010: te eine höhere Zunahme um 2,8% auf 16,71 im Juli aufhellen.“ 24,1%), so bleiben im Sommer die richtungs- Mio. beobachtet werden. Für die Mehrzahl Besonders erfreulich sind die starken weisenden Monate Juli und August, in wel- der nächtigungsstärksten Herkunftsmärkte – Nächtigungszuwächse von fünf Prozent im chen mehr als die Hälfte der Sommernächti- mit Ausnahme von Deutschland (-3,7%), dem Mai und Juni bei Gästen aus Deutschland. gungen stattfinden (Sommer 2010: 50,7%). Vereinigten Königreich (-4,8%) und Däne- „Die Österreich Werbung hat mit ihrer Som- Im Juni nahmen die Nächtigungen gegenüber mark (-0,7%) – konnten Zuwächse regi- merkampagne in Deutschland den richtigen dem Vorjahresmonat insgesamt um 15,3% striert werden, die höchsten bei Gästen aus Nerv getroffen und damit zum guten Ergeb-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 53 Wirtschaft nis beigetragen“, freut sich Mitterlehner. Gleichzeitig kommt es zu einer Internatio- nalisierung des Gäste-Portfolios, wie das Plus von 31,4 Prozent bei den Nächtigungen aus Rußland zeigt. „Wir werden die traditio- nellen Herkunftsmärkte weiterhin intensiv bearbeiten, wollen aber auch die enormen Chancen in neuen touristischen Wachstums- märkten nutzen. Diversifizierung ist auch im Tourismus der Schlüssel zum Erfolg.“

Schenner: Kaltes Naß erhitzt Gemüter Die von der Statistik Austria veröffent- lichten Nächtigungszahlen bestätigen für Hans Schenner, Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), daß aufgrund der Verschiebung der Pfingstfeier- Vorläufige Ankunftsergebnisse der Beherbergungsstatistik Mai bis Juni 2011 tage und Christi Himmelfahrt in dieser Som- mersaison Mai und Juni gemeinsam betrach- tet und kommentiert werden müssen: „Unter dem Strich konnten wir mit dem Plus von 15,3 Prozent (9,69 Mio. Nächtigungen) im Juni das Mai-Debakel wieder wett machen.“ Damit konnte im ersten Drittel der Som- mersaison 2011 ein Plus von 3,7 Prozent bei den Nächtigungen (15,47 Mio. Übernachtun- gen) verzeichnet werden. „Über dieses Er- gebnis kann man sich nur freuen“, so Schenner. Ein Wermutstropfen sei jedoch, daß das Wetter an den verlängerten Juni-Wo- chenenden nicht so mitgespielt habe und es so in einigen Regionen dennoch Verlierer gab. Die Entwicklung der Nächtigungen war im Zeitraum Mai und Juni 2011 sowohl bei den inländischen (+1,4 Prozent auf 5,70 Mio.) als auch bei den ausländischen (+5,1 Prozent auf 9,77 Mio.) Gästen deutlich posi- Vorläufige Übernachtungsergebnisse der Beherbergungsstatistik Mai bis Juni 2011 tiv. Erfreulich ist für Tourismussprecher Schenner hier insbesondere, daß die Nächti- gungen der deutschen Gäste mit einem Plus von 5 Prozent wieder deutlich zugenommen haben. „Deutschland ist und bleibt unser wichtigster Herkunftsmarkt mit einem Näch- tigungsanteil von zum Teil über 50 Prozent gerade in den Sommermonaten. Ein kleines Minus macht da schon viel aus. Umso mehr freut es mich, daß unsere deutschen Nachbarn wieder verstärkt Urlaub in Öster- reich machen“, betont Schenner. Was der Juli bringen wird, sei aufgrund der derzeitigen Wetterlage schwer vorher- sehbar. „Das kalte Naß erhitzt zurzeit sicher- lich die Gemüter. In den Städten wird der positive Trend aber anhalten, im Ferien- tourismus sind dort oder da Einbußen zu befürchten. Für Juli erwarte ich mir deshalb ein ausgeglichenes Ergebnis“, prognostiziert Vorläufige Ankunftsergebnisse der Beherbergungsstatistik im Juni 2011 Schenner abschließend. Q: STATISTIK AUSTRIA, Beherbergungsstatistik. Erstellt am 25.7.2011.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 54 Wirtschaft Agraraußenhandel 2011 schlägt alle bisherigen Rekorde Die neuen EU-Staaten erweisen sich als stabile Zukunftsmärkte.

ie österreichischen land, unserem wichtigsten DAgrarexporte sind Außenhandelspartner, aus. heuer um 21% gestiegen. Auch Italien überraschte 2011 steuert damit in die- mit erwähnenswerten Wert- sem Bereich auf ein noch zuwächsen. Am prächtig- nie da gewesenes All- sten allerdings entwickel- Time-High zu. Deutsch- ten sich zwei Gruppen. land ist dabei unser größ- Das sind zunächst die ter Stabilitätsfaktor und neuen EU-Staaten – allen bleibt unser treuester Ab- voran Ungarn, Slowenien nehmer für agrarische und Tschechien. Produkte. Aber auch die Und schließlich gibt neuen EU-Staaten geben auch der Staatenblock aus- ein sehr deutliches Le- serhalb der EU-Zone be- benszeichen von sich und rechtigten Grund zur Freu- positionieren sich als star- de. Im Vergleich zur Vor- ke Zukunftsmärkte. Be- jahresperiode legten etwa sonders erfolgreiche Seg- die Vereinigten Staaten um mente sind Rind- und rund 20% zu, ebensoviel Schweinefleisch, Käse, die Schweiz und mit etwa Zubereitungen sowie Obst 25% Plus rangiert Frank- und Gemüse. Das ergab Die Welt kaufte in den ersten drei Monaten 2011 reich an dritter Stelle die- österreichisches Rindfleisch im Wert von 90 Millionen Euro. eine Analyse des Außen- ses Rankings. Beachtlich handels im Wertvergleich der ersten Quar- mehr, daß Deutschland der wichtigste Aus- auch der Zuwachs von 90% im Außenhandel tale 2010 und 2011. Basis dafür sind die senhandelspartner war und ist. Seit vielen mit Großbritannien. Die Zuwächse in den Zahlen der Statistik Austria. Jahren exportiert Österreich ein Drittel sei- USA, Frankreich und Großbritannien kom- ner Lebensmittel zum deutschen Nachbarn. men überwiegend aus dem Bereich der Ge- Berlakovich: Mit Qualitätsausrichtung Italien als zweitwichtigster Handelspartner tränke, während in der Schweiz Exporter- auf das richtige Pferd gesetzt und auch die alten EU-Staaten verlieren hin- folge in fast allen Produktsegmenten zu ver- „Dieses Rekordniveau ist der beste Be- gegen prozentuell Anteile. Im „Rest der zeichnen sind. weis dafür, daß die Marke Österreich auch Welt“ allerdings sieht alles anders aus. Ganz auf heiß umkämpften Auslandsmärkten punk- besonders die neuen EU-Mitgliedsländer Europa steht auf tet und wir mit der Qualitätsausrichtung un- erweisen sich von Jahr zu Jahr mehr als Rindfleisch aus Österreich serer Agrarpolitik auf das richtige Pferd set- echte Hoffnungsträger in stabilen Zukunfts- In der Vergleichsperiode legte der Rind- zen. Unsere Bäuerinnen und Bauern sorgen märkten. Immerhin liegt ihr Anteil am Ge- fleischexport um 14,5% zu und das von sehr für beste Lebensmittel, die den Menschen samtexport bereits bei fast 19%. Auch die hohem Niveau ausgehend. Die Welt kaufte in auf der ganzen Welt schmecken. Zusätzlich Länder außerhalb Europas entdecken zuneh- den ersten drei Monaten 2011 österreichisches erfüllen sie aber noch für viele weitere Lei- mend mehr, wie Österreich schmeckt, was Rindfleisch im Wert von rund 90 Mio. Euro. stungen im Sinne der gesamten Gesellschaft. sich mit über 23% in der Exportstatistik nie- Starke Abnehmer waren neben Italien und Ich will, daß die Wettbewerbsfähigkeit der derschlägt. Deutschland die Niederlande, die Türkei und heimischen, bäuerlichen Landwirtschaft und Frankreich. In den neuen EU-Staaten ist Un- Lebensmittelproduktion forciert wird und, Gesamter agrarischer garn ganz weit vorne und Tschechien holt ra- daß das auch im Sinne der Nachhaltigkeit Außenhandel legt um 21% zu sant auf. Österreichisches Rindfleisch punk- geschieht. Dazu ist eine starke Gemeinsame Im 1. Quartal 2010 exportierte Österreich tet ganz besonders mit seiner bekannt hohen Agrarpolitik erforderlich´“, betont Landwirt- Agrarwaren im Wert von 1,8 Mrd. Euro, in Qualität. Aber auch die verläßliche Logistik schaftsminister . der Vergleichsperiode 2011 (Jänner bis März) ist ein wesentlicher Teil des Erfolgs. waren das immerhin fast 2,2 Mrd. Euro, was Agrarexport in die neuen EU-Staaten einem Plus von mehr als 20% entspricht. Wert- Österreichisches Schweinefleisch ist entwickelt sich am prächtigsten mäßig war dabei in absolut allen Betrach- ein Verkaufsschlager in Südkorea Die Analyse des 1. Quartals 2011 im tungsräumen ein klarer Zuwachs zu verzeich- Im Vergleich zur Vorjahresperiode expor-

Foto: © AMA Marketing agrarischen Außenhandel beweist einmal nen. Am deutlichsten fiel dieser in Deutsch- tierten Österreichs Schweinefleischprodu-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 55 Wirtschaft

üblichen „Österreich-Klientel“ fallen in die- sem Lebensmittelsegment auch die Schweiz, Georgien und Rußland besonders ins Auge. Auch dort liebt und schätzt man jedes Jahr mehr alles Zubereitete aus Fleisch, das aus Österreich kommt.

Obst- & Gemüse-Export entwickelt sich überdurchschnittlich Mit einem Exportplus von mehr als 30% ist Obst & Gemüse heuer bislang die erfolg- reichste Produktgruppe von allen. Beson- deren Anteil an dieser Entwicklung hatten zu allererst Deutschland und auch ganz be- sonders Ungarn, das mittlerweile zum zweit- wichtigsten Exportland für österreichisches Obst & Gemüse avancierte. Foto: © AMA Marketing Im 1. Quartal 2011 wurde Käse im Wert von mehr als 100 Mio. Euro ausgeführt. Die Zukunftsmärkte liegen im Osten und in Asien zenten 20% mehr als 2010. Besonders be- omnipräsent zu sein. Die Werte sind hier sta- „Die Entwicklung des Agrarexportes im achtlich schlägt sich dabei die Liebe der bil. Das leichte Plus in diesem Bereich be- 1. Quartal 2011 übertrifft alle gesetzten Er- Südkoreaner zu unserem Schweinefleisch scherte uns der Milchprodukte-Exportzu- wartungen bei weitem. Besonders die Märk- nieder. Japan rangiert dabei bereits auf Platz wachs nach Ungarn. te außerhalb der alten EU-Staaten erweisen zwei im Ranking der außereuropäischen sich als wahre und stabile Zukunftsmärkte. Staaten. Das hat einen konkreten Grund. Die Wurstwaren für Ungarn und Georgien Österreich steht generell für Qualität, Ver- bevölkerungsreichen Staaten Asiens außer- beflügeln den Fleischwarenexport läßlichkeit und Naturnähe. Das sind alles halb von China und Nordkorea können ihren Fleischzubereitungen – also Wurst und Werte, die bei unseren Exportpartnern über steigenden Bedarf an Schweinefleisch nicht auch Schinken – tragen heuer wieder maß- alle Maßen geschätzt werden. Auch die be- selbst decken und greifen deshalb vermehrt geblich zur erfreulichen Exportentwicklung völkerungsreichen Staaten Asiens werden auf europäische Märkte zu. Aber auch bei bei. Ein sattes Plus von 10% in diesem Seg- dabei zunehmend interessanter. Grundsätz- unseren Nachbarn in Osteuropa ist man dies- ment setzt sich aus Verkaufserfolgen in aller lich gilt: die Hoffnungsmärkte für die nahe bezüglich auf den Geschmack gekommen. Welt zusammen. Besonders hervorstechend Zukunft liegen räumlich in der Nähe, und Slowenien, Ungarn und Tschechien sind da- sind hier die Zuwächse in den neuen EU- jene für die ferne Zukunft liegen räumlich in bei besonders treue Abnehmer. Österreichs Staaten. Die Ungarn lieben Schinken und der weiteren Ferne. Insgesamt steht uns aber Schweinefleischproduzenten sind in all die- Wurstwaren, unter anderem auch Hartwürste ein gigantischer Markt offen, der darauf war- sen Ländern bekannt dafür, daß sie sich von ihren österreichischen Nachbarn, was tet, bearbeitet zu werden“, so AMA-Export- besonders gut auf konkrete Kundenwünsche sich wertmäßig in hohen zweistelligen manager Reinhard Schuster. einstellen können und verläßlich das liefern, Zuwachsraten niederschlägt. Außerhalb der http://www.ama.at was gerade gewünscht wird.

Griechenland belebt zusätzlich den heimischen Käseexport Käse ist seit Jahren ein echter Export- schlager und mittlerweile eine Art „Identifi- kationsprodukt“ des österreichischen Ex- ports. Im 1. Quartal 2011 wurde Käse im Wert von mehr als 100 Mio. Euro ausgeführt. Das bedeutet ein Plus von über 14% zur Vorjahresperiode. Der deutliche Exportan- stieg nach Deutschland schlägt sich dabei überaus spürbar zu Buche. Interessant auch die Entwicklung mit Griechenland. Die Griechen importieren österreichischen Frisch- und vor allem Hartkäse. In dem Land, in dem eben eher Schaf- und Ziegenmilch flies-

sen, sind Produkte aus Kuhmilch seltener. Foto: © AMA Marketing Österreichische Milchprodukte (exkl. Käse) Mit einem Exportplus von mehr als 30% ist Obst & Gemüse heuer bislang die scheinen sowieso seit Jahren europaweit erfolgreichste Produktgruppe von allen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 56 Wirtschaft Österreichs Banken bestehen den EBA-Streßtest

er von der Europäischen Bankaufsichts- siert hat und zu deren Beseitigung mit der von anfänglich 8,7 % (Ende 2010) auf 8,1 % Dbehörde (EBA, European Banking ÖVAG bereits ein Maßnahmenpaket verein- (Ende 2012) und jene der Raiffeisen Bank Authority) unter anderem in Zusammenar- bart ist. Dieses ist nun mit einem exakten International von 8,1 % auf 7,8 %. Die Kern- beit mit der österreichischen Finanzmarktauf- Zeitplan bis Ende des Jahres umzusetzen.“ kapitalquoten der beiden Großbanken blei- sichtsbehörde (FMA) und der Oesterreichi- OeNB-Direktoriumsmitglied Andreas Ittner ben also auch im Falle des Streß-Szenarios schen Nationalbank (OeNB) durchgeführte ergänzt: „Für die ÖVAG bestätigt der vorlie- deutlich über der Fünf-Prozent-Schwelle. EU-weite Streßtest 2011 brachte für die drei gende Streßtest die Notwendigkeit der be- Sie liegen damit im Ranking aller 90 teil- direkt teilnehmenden österreichischen Insti- reits eingeleiteten Restrukturierungsmaß- nehmenden Banken deutlich in der oberen tute die erwarteten Ergebnisse: nahmen. Die Aufsicht begleitet diesen Pro- Hälfte. Die Erste Group Bank AG (EGB) und die zeß sehr aufmerksam." Bei der ÖVAG hingegen fällt die harte Raiffeisen Bank International (RBI) verkraf- Der nunmehr bereits dritte auf EU-Ebene Kernkapitalquote von 6,4% auf 4,5% und ten selbst unter der von der EBA gewählten durchgeführte Streßtest für die größten euro- somit unter das von der EBA geforderte Mi- engen Eigenkapitaldefinition den im Streß- päischen Bankengruppen dient der Einschät- nimum. Unter Berücksichtigung der mit der szenario angenommenen Rückfall in eine zung, wie krisenresistent die Institute und der Aufsicht bereits vereinbarten, aber zum Rezession mit jeweils 8,1 % sowie 7,8 % Gesamtmarkt sind. Getestet wurde, wie sich Streßteststichtag noch nicht finalisierten hartem Kernkapital (Core Tier 1 Capital) die Eigenkapitalbasis der Banken im Fall Restrukturierungsmaßnahmen (Verkauf der gut. eines schweren wirtschaftlichen Schocks bis RZB-Anteile, Verkauf der Volksbank Inter- Die Österreichische Volksbanken AG Ende 2012 verändert. Dabei hat die neue national, Spaltung der ÖVAG in die Invest- (ÖVAG) hingegen bleibt im Streßtest mit Europäische Bankaufsichtsbehörde die An- kredit), ergibt sich im EBA-Streßszenario einer Quote von 4,5% unter dem von der nahmen gegenüber den Vorjahren spürbar eine harte Kernkapitalquote von zwischen EBA vorgegebenen Schwellenwert von 5%. verschärft: 6,5% und 7,0%. Grundsätzlich muß berück- Werden aber die mit FMA und OeNB verein- So wurde als Meßlatte für die Risiko- sichtigt werden, daß im EBA-Streßtest barten und bereits eingeleiteten Restruktu- tragfähigkeit hartes Kernkapital (Core Tier 1 bestimmte österreichspezifische Kernkapi- rierungsmaßnahmen fristgerecht umgesetzt, Capital) in einer sehr engen und von der der- talinstrumente (z. B. privates Partizipations- so liegt die Kernkapitalquote auch nach zeitigen europäischen Rechtslage abwei- kapital) von der EBA nicht anerkannt wur- EBA-Kriterien im Streß-Szenario zwischen chenden Definition gewählt, die bereits die den, um eine europaweit einheitliche Kapi- 6,5% und 7,0%. Auf Basis der derzeitigen geplanten Eigenkapitalregeln nach Basel III taldefinition sicherzustellen. Unter Berück- österreichischen Rechtslage (Berücksichti- vorwegnimmt. Nicht berücksichtigt wurden sichtigung dieser verlusttragfähigen Kernka- gung aller gemäß Bankwesengeset verlust- unter anderem Vorzugsaktien, von Privaten pitalinstrumente gemäß derzeitiger österrei- tragenden Kapitalinstrumente) ergibt sich gehaltenes, verlusttragfähiges Partizipa- chischer Rechtslage ergibt sich auch im auch im EBA-Streßszenario eine Kernkapi- tionskapital sowie Hybridkapital. Zusätzlich EBA-Streßszenario für die ÖVAG eine talquote von 7,0%. wurde gegenüber dem Vorjahr das Streß- Kernkapitalquote von 7,0%, die mit der Um- „Der EBA-Streßtest bestätigt unsere szenario verschärft. Im Streßszenario fällt setzung der Restrukturierungsmaßnahmen Erwartungen: Österreichs Bankensektor ist das Wirtschaftswachstum aggregiert über auf 9,8% steigt. generell krisenfest aufgestellt. Die Gesamt- den zweijährigen Beobachtungszeitraum Neben Erste Group Bank, Raiffeisen ergebnisse zeigen, daß unsere Großbanken (2011–2012) um vier Prozentpunkte in der Bank International und ÖVAG, die am EBA- in bezug auf ihre Eigenmittelausstattung im EU bzw. über fünf Prozentpunkte in Öster- Streßtest direkt beteiligt waren, war die oberen Mittelfeld liegen. Eine weitere Stär- reich niedriger aus als in der Prognose der UniCredit Bank Austria indirekt über ihre kung der Eigenkapitalbasis ist aber jeden- Europäischen Kommission von Ende 2010. italienische Eigentümerin, UniCredit Group, falls wünschenswert“, sagte OeNB-Gouver- Das entspricht jeweils einem um einen Pro- in den Streßtest einbezogen. Das Ergebnis neur Univ.-Prof. Ewald Nowotny. FMA- zentpunkt höheren Abschlag im Vergleich der UniCredit Bank Austria wird nicht ge- Vorstand Kurt Pribil ergänzt dazu: „Die zum Vorjahr. Eingerechnet wurden auch sondert ausgewiesen, sondern fließt in das Ergebnisse bestätigen unsere Position, in stark steigende Zinsniveaus und Risikoprä- der italienischen UniCredit ein. Diese vier Vorbereitung auf Basel III und als Präven- mien auf europäische Staatsanleihen (letzte- Banken decken über 50 % des österreichi- tion für Krisen, die Qualität und die Quan- re nach Ländern differenziert). Neben Kre- schen Bankensektors ab. tität der Eigenkapitalausstattung der heimi- dit- und Marktrisiken werden auch steigende Durchgeführt wurde der EBA-Streßtest schen Banken über die gesetzlichen Min- Refinanzierungskosten und ein ausgespro- in Zusammenarbeit mit der Europäischen desterfordernisse hinaus nachhaltig zu ver- chen harter Schock des Verbriefungsport- Zentralbank (EZB), der Europäischen Kom- bessern.“ Zum Streßtestergebnis der ÖVAG folios berücksichtigt. mission sowie den nationalen Aufsichtsbe- hält FMA-Vorstandskollege Mag. Helmut Unter diesen sehr strengen Annahmen hörden und Zentralbanken, unter ihnen die Ettl fest: „Der EBA-Streßtest bestätigt die sinkt die harte Kernkapitalquote der Erste österreichische Finanzmarktaufsicht und die Schwachstellen, die die FMA bereits adres- Group Bank bei Eintreten des Streßszenarios Oesterreichische Nationalbank.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 57 Wirtschaft Soziale Produktion: Nachhaltiger Pluspunkt für die NÖ Wirtschaft Pilotprojekt zur nachhaltigen Kooperation von Wirtschaft und Sozialbetrieben Foto: NLK Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav mit den Teilnehmern des Pilotprojekts »Soziale Produktion«

eit vielen Jahrzehnten erledigen Sozial- stert: „Die Palette der Möglichkeiten ist Ökologisch Sbetriebe Aufträge von Wirtschaftsbetrie- erstaunlich. Die geplanten Aktivitäten rei- Regional produziert, Transparente Pro- ben und öffentlichen Auftraggebern. Neu chen von der sinnvollen Weiterverwendung duktionsstrukturen, Fußabdruck besser als und für alle Beteiligten erfolgversprechend betrieblicher Abfälle bis zum Entwurf neuer bei importierten Produkten. ist der Ansatz des gemeinsamen Erarbeitens Produktideen inklusive ökologischem De- Sozial optimaler Möglichkeiten. Über das Projekt sign.“ Wertschätzung und sinnvolle Tätigkeit für „Soziale Produktion“ werden Interessenten Die vor diesem Hintergrund entwickelten benachteiligte Personen, Qualifizierung, Er- aus Wirtschaft und Verwaltung beim Ent- Ideen reichen von der Verarbeitung von Lkw- möglichen gesellschaftlicher Teilhabe, sozia- wickeln und Vermitteln von praxisgerechtem Planen zu Taschen, über die Zerlegung und ler Ausgleich. Konstruktions- und Design-Know-how ge- Revitalisierung von Bildschirmgeräten und http://www.sozialproduziert.at nauso unterstützt, wie bei der Suche nach Computern bis zur Entwicklung von Design- optimalem Recycling oder sogar „Up“- produkten aus hochwertigen Materialab- Partner im niederösterrichischen cycling von Abfällen. „Ziel ist es langfristig, schnitten und einer Produktinnovation für Projekt »Soziale Produktion«: die Zusammenarbeit von Unternehmen und die Behälterkompostierung. Neun Einzel- Bene Büromöbel AG, Waidhofen/Ybbs öffentlichen Auftraggebern mit Sozialbetrie- projekte sind derzeit im Planungs- bzw. Cafe Maria Theresia, Kaumberg ben zu erweitern. Es gilt dabei, nachhaltige Erprobungsstadium. Sie werden gemeinsam Druckerei Janetschek GmbH, Produkte und Dienstleistungen in guter Qua- mit Betrieben und Sozialeinrichtungen im Heidenreichstein lität zu entwickeln und ihre Marktfähigkeit Herbst präsentiert. Frisch & Frost Nahrungsmittel GmbH, zu fördern“, meint dazu Wirtschafts-Landes- Hollabrunn rätin Petra Bohuslav. Was ist »Soziale Produktion«? IT-Management & Coaching GmbH, In einem Modellprojekt des CSR-Pro- Die Kooperation zwischen Wirtschafts- Waidhofen/Ybbs grammes „Erfolg mit FAIRantwortung“ sind betrieben und Sozialprojekten beschreibt ein Kerschner Umweltservice und Logistik neun niederösterreichische Unternehmen Modell nachhaltigen, Ressourcen schonen- GmbH, Mank dabei, bis zum Herbst dieses Jahres gemein- den Wirtschaftens: Noris GmbH, St. Pölten sam mit Sozialprojekten sinnvolle Lösungen Wirtschaftlich STC Service Technik Consulting GmbH, für innerbetriebliche Problemstellungen zu Regionale Wertschöpfung, Auslasten öf- Pöchlarn erarbeiten, individuelle Praxisbeispiele zu fentlich finanzierter Unternehmen, Stärkung Vermigrand, Absdorf entwickeln und umzusetzen. Die Landes- von kleinen und mittleren Betrieben, „Nut- Beratung und Projektmanagement: rätin zeigt sich vom Projektfortschritt begei- zung von Humankapital“ Komunitas OG, Eschenau

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 58 Wirtschaft Jede 3. Haupturlaubsreise findet im Winter statt Der klassische Sommerurlaub verliert an Bedeutung.

ktuellen Auswertungen von Statistik AAustria zufolge verliert der klassische Sommerurlaub im Juli und August an Be- deutung. Seit einigen Jahren ist die Tendenz zu einer saisonal gleichmäßigeren Verteilung der Reisen beobachtbar. Während 1969 noch 61,5% der Haupturlaubsreisen (Urlaubsrei- sen mit mindestens vier Nächtigungen) in den Ferienmonaten Juli und August gemacht wurden, so waren es 2010 nur noch 35,9%. Die Österreicherinnen und Österreicher verreisen zwar immer noch mehr im Som- mer als im Winter, doch Winterurlaube ge- winnen an Bedeutung. Jede dritte Hauptur- laubsreise findet mittlerweile in den Winter- monaten (Oktober bis März) statt (1969: 11,8% der Haupturlaubsreisen von Novem- ber 1968 bis Oktober 1969; 2010: 33,9% der Foto: Gästeinformation Bad Hindelang / Michael Kaufmann Haupturlaubsreisen). Das Haupturlaubs- Deutschland führt zur Zeit mit 20,8% das Ranking unter den wichtigsten Auslands- destinationen für Urlaube der ÖsterreicherInnen im Winter an. Im Bild: Bad Hinde- reisevolumen in den Wintermonaten hat sich lang im Allgäu/Bayerisch-Schwaben http://www.bad-hindelang.info in den letzten 40 Jahren mehr als verzehn- facht (1969: 267.600 Haupturlaubsreisen; im Winter allerdings mehr als im Sommer Wintermonaten traditionell sehr hoch, und 2010: 3,1 Mio. Haupturlaubsreisen). ausgegeben (Sommer 2010: 110 Euro; Win- dementsprechend bedeutend ist auch der Auf den Rekordsommer 2009 und den ter 2010/2011: 120 Euro). Anteil der Gratisunterkünfte in dieser Reise- Rekordwinter 2009/2010 folgte jeweils ein Auch betreffend Reiseziel und Reise- periode. Bei mindestens jedem vierten Win- Rückgang der Urlaubsreisen: Im Sommer motiv unterscheiden sich die Winterurlaube terurlaub wird unentgeltlich bei Freunden, 2010 (April bis September 2010) wurden von den Sommerurlauben: In den Sommer- Verwandten oder am Zweitwohnsitz genäch- insgesamt 10,3 Mio. Urlaubsreisen mit min- monaten zieht es die ÖsterreicherInnen ins tigt. Neben Verwandten- und Bekanntenbe- destens einer Nächtigung durchgeführt (- Ausland (Sommer 2010: 56,0% Auslandsrei- suchen spielt aber auch der sportliche Ak- 5,8%), im Winter 2010/2011 (Oktober 2010 sen), im Winter wird lieber in Österreich ge- tivurlaub im Winter eine große Rolle; im bis März 2011) waren es 5,7 Mio. (-15,3%), urlaubt (Winter 2010/2011: 60,9% Inlands- Winter 2010/2011 waren der Aktivurlaub wobei die Verschiebung der Osterferien hier reisen). Der Anteil der Auslandsreisen im (26,0%), Verwandten- bzw. Bekanntenbe- zu berücksichtigen ist. Winter steigt allerdings, und seit 2006/2007 suche (20,7%) und Kultur-, Besichtigungs- Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer werden auch im Winter mehr Hauptur- bzw. Städteurlaube (18,3%) die wichtigsten ist bei Sommerurlauben (Sommer 2010: 5,8 laubsreisen ins Ausland als im Inland ge- Reisemotive. Nächtigungen) länger als bei Winterurlauben macht. Anders als in den Sommermonaten – (Winter 2010/2011: 4,7 Nächtigungen), denn wo die Urlaubsreisen vor allem nach Italien, Methodische Informationen, Definitionen die Wintermonate werden mehr für Kurz- Kroatien und Deutschland gehen – führt Vierteljährlich werden Stichprobenerhebungen durch- urlaubsreisen (Urlaubsreisen mit ein bis drei Deutschland (20,8%) zur Zeit das Ranking geführt, deren Ziel es ist, das nationale Reiseverhalten Nächtigungen) genutzt (Winter 2010/2011: unter den wichtigsten Auslandsdestinationen der österreichischen Bevölkerung ab 15 Jahren abzubil- den. Jedes Quartal werden im Rahmen dieser Erhebung 46,5% Haupturlaubsreisen, 53,5% Kurz- im Winter an, gefolgt von Italien (13,4%) rund 3.500 ausgewählte, im Inland wohnhafte Personen urlaubsreisen), während im Sommer Haupt- und Spanien (7,5%). Der Anteil der Fern- ab 15 Jahren (Nettostichprobe), verteilt über Österreich, urlaube überwiegen (Sommer 2010: 58,1% reisen (Urlaubsreisen außerhalb Europas und telefonisch befragt (CATI). Die Teilnahme an der Erhe- Haupturlaubsreisen, 41,9% Kurzurlaubsrei- der Türkei) ist im Winter (Winter 2010/2011: bung ist freiwillig. Der Auswahlrahmen für die propor- tional geschichtete Stichprobe ist das Zentrale Melde- sen). 16,4%) etwa doppelt so hoch wie in den register (ZMR). Die zu erhebenden Daten betreffen Ur- Die Aufenthaltsdauer beeinflußt auch die Sommermonaten (Sommer 2010: 7,4%). Bei laubs- und Geschäftsreisen mit mindestens einer Über- Ausgaben: Zwar geben die Österreicherin- rund der Hälfte (Winter 2010/2011: 49,5%) nachtung sowie Tagesreisen. Daten zum Reiseverhalten nen und Österreicher für den Sommerurlaub aller Auslandswinterurlaube wird per Flug- der österreichischen Bevölkerung sind bereits seit dem Berichtsjahr 1969 verfügbar. Die hier angeführten Da- im Durchschnitt mehr aus als für den Win- zeug verreist. ten zum Sommer betreffen die Monate April bis Septem- terurlaub (Sommer 2010: 640 Euro; Winter Aufgrund der Feiertage ist der Anteil der ber, die Daten zum Winter beziehen sich auf die Monate 2010/2011: 560 Euro), pro Nächtigung wird Verwandten- und Bekanntenbesuche in den Oktober bis März.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 59 Wirtschaft TAP&GO!™ Vollwertige MasterCard Kreditkarte mit Zusatzfunktion – Modern, sicher, schnell und berührungslos bezahlen – Raiffeisen und MasterCard bringen kontaktloses Zahlen nach Österreich

n Sekundenschnelle an der Kassa zahlen, karte über eine eigene Online-Produktseite Iohne Münzen, ohne Code und trotzdem si- an. Interessierte Kunden können mit Anfang cher – das bietet Raiffeisen mit MasterCard® August 2011 über die Raiffeisen Bank Inter- PayPass™ in diesen Tagen erstmals in Ös- national AG Karten bestellen. terreich. Die neue Technologie wird den Komfort an den Kassen weiter verbessern. Erprobte Technologie für Österreich „Mit diesem innovativen Bezahlsystem setzt „Die neuen Services bedeuten eine echte die Raiffeisen Bankengruppe Österreich ein Revolution im Zahlungsverkehr – Bezahlen weiteres Zeichen am österreichischen Kar- an der Kassa wird deutlich schneller und ein- tenmarkt“, so der Sprecher der Raiffeisen facher“, sagt auch Christian Erasim, Vorstand Bankengruppe, Walter Rothensteiner. „Un- von hobex. Der österreichische Anbieter für sere Kundinnen und Kunden bekommen bargeldlose Zahlungssysteme wurde mit Un- eine Karte in die Hand, die noch mehr Lei- terstützung des Raiffeisenverbandes Salz- stungen bietet und dabei so sicher ist wie burg aufgebaut und steht heute im Mehr- eine herkömmliche Kreditkarte.“ heitseigentum der RBG Österreich. Hobex betreut heute mit seinen 78 Mitarbeitern über Innovativ für Kunden, 17.000 Kundenterminals in allen Branchen, Handel und Gastronomie über die jährlich mehr als 12 Millionen Trans- Raiffeisen beweist ein weiteres Mal seine aktionen im Wert von 2,1 Mrd. Euro getätigt Vorreiterrolle im Zahlungsverkehr. Als erste werden. Bank führt Raiffeisen in Österreich das kon- taktlose Zahlen mit Kreditkarte ein. Der Der Start für die neue Technologie erfolg- Bezahlvorgang wird durch die MasterCard® te an ausgewählten Standorten der SV Group PayPass™ Technologie rascher als das her- in Personalrestaurants mit Terminals der kömmliche Bezahlen mit Karte und Unter- hobex payment systems. schrift und wesentlich schneller als mühe- „Wir freuen uns besonders, als einer der volles Hantieren mit Bargeld. ersten Caterer in Europa unseren Gästen die

Kontaktloses Bezahlen bedeutet, daß der Foto: hobex MasterCard® PayPass™ Lösung anbieten Kunde seine Kreditkarte zum Terminal hält hobex-Vorstand Christian Erasim prä- zu können. Mit der MasterCard® PayPass™ - und die Bezahlung unmittelbar erfolgt, ohne sentiert das neue NFC-Terminal zum Kreditkarte wird der Zahlungsablauf in Se- kontaktlosen Bezahlen per Kreditkarte. die zusätzliche Eingabe eines Codes oder kundenschnelle durchgeführt, ohne daß un- einer Unterschrift. Technisch reichen für die- führt wird, ist sichergestellt, daß nur eine sere Kundinnen und Kunden nach Münzen se neue Bezahltechnologie ein kleiner, mit einzige Kartentransaktion erfolgt. „Kontakt- suchen oder eine Karte durchziehen müssen. Antenne versehener Mikrochip in der Kre- loses Zahlen ist um rund 40 Prozent schnel- Durch die einfache, bequeme und sichere ditkarte sowie ein Hochgeschwindigkeits- ler als das herkömmliche Bezahlen mit einer Handhabung können die Abläufe an der Kas- Kartenleser für den einfachen und sicheren Kreditkarte“, zitiert Walter Rothensteiner sa noch effizienter gestaltet werden und das Zahlvorgang. neueste Untersuchungen. Genußerlebnis für unsere Gäste rückt weiter Die neue Technologie spart nicht nur Zeit in den Vordergrund. MasterCard® PayPass™ Sicherheit und Schnelligkeit beim Bezahlen, sondern beschleunigt auch paßt daher bestens zu uns als professioneller stehen an erster Stelle die Abrechnungen für die Handelsbetriebe. Gastgeber“, erklärt Stefan Zanini, Geschäfts- Die Sicherheit der Bezahlung hat auch Besonders gut geeignet ist das berührungslo- führer der SV Group in Österreich. beim berührungslosen Zahlen oberste Prio- se Zahlen bei täglichen Ausgaben und Zah- Raiffeisen bedient sich bei der Einfüh- rität. Ein großer Vorteil für den Kunden ist, lungsvorgängen mit hohem Bargeldaufkom- rung einer bereits in vielen Ländern erprob- daß die Karte nicht mehr aus der Hand gege- men. In den nächsten Monaten wird das ten Technologie. MasterCard® PayPass™ ben werden muß, wie bisher bei Kreditkar- Akzeptanzstellen-Netz zügig ausgebaut. wächst rasant und gewinnt stetig an Akzep- tenzahlungen üblich. In den meisten Fällen Die Karten werden von der Raiffeisen tanz. Derzeit sind weltweit fast 92 Millionen reicht es sogar, wenn nur die Geldbörse, in Bank International (RBI) begeben. Kundin- PayPass™-fähige Karten und Geräte an über der sich die Karte befindet, direkt an den nen und Kunden können die Karte direkt bei 310.000 Kontaktlos-Akzeptanzstellen in Kartenleser gehalten wird. Auch wenn die allen Raiffeisenbanken ordern. Die RBI bie- Gebrauch. Karte mehrmals an den Kartenleser herange- tet auch die MasterCard® PayPass™-Kredit- http://www.r-card-service.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 60 Chronik Otto von Habsburg ist gestorben Der älteste Sohn des letzten regierenden Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn, langjährige Europaabgeordnete und Ehrenpräsident der Internationalen Paneuropa-Union, ist in den frühen Morgenstunden des 4. Juli 2011 in seinem Haus in Pöcking im Alter von 98 Jahren verstorben. Alle Fotos: Ottovonhabsburg.org

Die sterblichen Überreste von Otto von Habsburg wurden ab dem 5. Juli in der Kirche St. Ulrich in Pöcking aufgebahrt.

tto von Habsburg wurde am 20. Novem- sowie für die anderen Länder der ehemali- hangs ein und kämpfte für das Selbstbestim- Ober 1912 in Reichenau/Niederösterreich gen Monarchie vom amerikanischen Exil aus mungsrecht der Völker, für Minderheiten- als Sohn von Erzherzog Karl, dem späteren fort. Am Ende des Zweiten Weltkriegs kehr- rechte und für eine rasche Osterweiterung Kaiser von Österreich und König von Un- te er zurück nach Europa und setzte sich für nach dem Zusammenbruch des Ostblocks garn und Erzherzogin Zita, geb. Prinzessin die Einigung des Kontinents ein. Er arbeite- 1989. Im Jahr 1989 war er der Initiator und von Bourbon-Parma, geboren. Nach dem Zu- te seit dem gemeinsamen Exil in den USA Schirmherr des Paneuropäischen Picknicks sammenbruch der Habsburger-Monarchie eng zusammen mit dem Gründer der Pan- an der österreichisch-ungarischen Grenze, bei mußte die Familie 1919 ins Exil in die europa-Union, Richard Graf Coudenhove- dem mehr als 600 Deutsche aus der DDR in Schweiz, später nach Madeira, wo Kaiser Kalergi, dessen Nachfolger als Internationa- die Freiheit gelangten. Karl am 1. April 1922 verstarb. Otto von ler Präsident der Paneuropa-Union er 1973 Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Habsburg wuchs in Spanien und Belgien auf, wurde. Dieses Amt hatte er 31 Jahre lang bis Europäischen Parlament im Jahre 1999 blieb sein Doktorat legte er 1933 an der Université 2004 inne. Nach Österreich konnte er erst Otto von Habsburg aktiv als Redner und Po- Catholique de Louvain (Löwen in Belgien) 1966 nach 48jährigem Landesverweis und litiker. Er war Träger zahlreicher in- und aus- ab. In den darauffolgenden Jahren widmete fünfjährigem Rechtsstreit wieder einreisen. ländischer Auszeichnungen. er sich dem Kampf gegen den National- Von 1979 bis 1999 war Otto von Habs- Otto von Habsburg war verheiratet mit sozialismus und gegen den Anschluß Öster- burg Abgeordneter der CSU im Europäi- Prinzessin Regina von Sachsen-Meiningen reichs an das Deutsche Reich. Während des schen Parlament. Hier wirkte er insbesonde- (gestorben am 3. Februar 2010). Das Paar Krieges führte er seinen Einsatz für die Be- re im Außenpolitischen Ausschuß, setzte sich lebte seit 1954 in Pöcking am Starnberger See freiung und Wiedererstehung Österreichs für die Völker jenseits des Eisernen Vor- und hat 7 Kinder, 22 Enkelkinder und zwei

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 61 Chronik

Urenkel. Der Chef des Hauses Habsburg ist nun Ottos ältester Sohn, Karl Habsburg- Lothringen, der in Österreich lebt. Karl Habsburg: „Mein Vater war eine überragen- de Persönlichkeit. Mit ihm verlieren wir einen großen Europäer, der uns in allem, was wir heute tun, über die Maßen geprägt hat.“

Die Trauerfeierlichkeiten Aufbahrung in Pöcking Die sterblichen Überreste von Dr. Otto von Habsburg wurden ab dem 5. Juli in der Kirche St. Ulrich in Pöcking aufgebahrt. Während der Aufbahrung wurde durchge- hend Ewige Anbetung vor dem Allerheilig- sten Altarssakrament gehalten. Die Kirche St. Ulrich war rund um die Uhr geöffnet und es lag ein Kondolenzbuch aus, die Öffent- lichkeit war jederzeit zur Teilnahme an der Anbetung eingeladen. Einer der Trauernden begrüßte die Kinder Otto von Habsburg und Foto: Ottovonhabsburg.org / Severin Meister Otto und Regina von Habsburg 2005 in Washington erzählte, was ihn mit dem Verstorbenen ver- band: „Ich bin einer der Fahrer der Busse Requiem in München verfolgen konnten. Im Anschluß an das zwischen den Terminals und den Flugzeugen Am 11. Juli fand in der Theatinerkirche in Requiem fand eine feierliche Verabschie- am Flughafen in München. Einer der Flug- München ein Requiem für Otto von Habs- dung des Sarges von Otto von Habsburg auf gäste, der mich immer mit Handschlag be- burg statt. Hauptzelebrant war S.E. Kardinal dem Odeonsplatz statt, wo auch ein jüdi- grüßte, war Otto von Habsburg. Und ich war Reinhard Marx. Das Requiem wurde auf sches Totengebet abgehalten wurde. Der immer dankbar, daß er mich gesehen und eine Videowall auf dem Odeonsplatz über- ehemalige Oberrabbiner der Israelitischen bemerkt hat. Und jetzt bin ich hier, und will tragen, sodaß Trauergäste, die keinen Platz Kultusgemeinde für München und Ober- auch ihm noch einmal die Hand schütteln!“ in der Kirche gefunden hatten, die Hl. Messe bayern, Steven Langnas, der persönlich mit

Am 11. Juli fand in der Theatinerkirche in München ein Requiem für Otto von Habsburg statt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 62 Chronik

DerTrauerkondukt bewegt sich zur Basilika Mariazell – hinter den beiden Särgen die Familie des Verstorbenen.

Otto von Habsburg bekannt war, hat das ser Ritterordens; drei Regierungschefs: Totengebet „Al Molah Rachamim“ gespro- Bundeskanzler Werner Faymann, Premier- chen. Damit wurde Otto von Habsburgs ministerin Jadranka Kodor von Kroatien, Einsatz für Religionsfreiheit, besseres Ministerpräsident Nikola Gruevski von Ma- Verständnis für die Religionen untereinan- kedonien, der stellvertretende Ministerprä- der, aber auch sein Einsatz für die Juden sident Zsolt Semjen von Ungarn; der während des Zweiten Weltkriegs gewürdigt. Präsident des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, EU-Kommissar Johannes Requiem in Mariazell Hahn; weitere Trauergäste: Simeon von Bul- Anläßlich der Trauerfeierlichkeiten für garien, ehemaliger Zar und Ministerprä- Otto und Regina von Habsburg am 12. und sident, Prinz und Prinzessin Michael von 13. Juli in der Basilika Mariazell wurde das Kent, Bürgermeister Michael Häupl, Außen- Gnadenbild der Muttergottes von Mariazell minister Michael Spindelegger, Finanzmini- besonders geschmückt. Regina von Habs- sterin Maria Fekter, Landeshauptmann Saus- burg schenkte nach ihrer Hochzeit am 10. Mai gruber, Stellv. Landeshauptmann Haslauer 1951 in Nancy mit Otto von Habsburg ihren und viele andere. Brautschmuck der Muttergottes. Die Braut- In seiner Predigt beim Requiem für Otto krone Erzherzogin Reginas stammte aus Familienoberhaupt Karl Habsburg von Habsburg würdigte Kardinal Christoph dem Teil des Familienschmuckes des Hauses mit einem seiner Söhne beim Requiem Schönborn den Verstorbenen als Friedens- Sachsen-Meiningen, der aus der thüringi- in der Basilika Mariazell stifter und als Vorbild für die rechte Haltung, schen Heimat gerettet werden konnte. Sie Requiem im Stephansdom ein Leben voller Umbrüche und unerwarte- wurde nach der Hochzeit für die Gnaden- Zu den Trauerfeierlichkeiten für Otto von ter Situationen zu meistern. Jeder Mensch, statue in Mariazell gewidmet. Das Priorat Habsburg im Wiener Stephansdom hatten so Schönborn, sei von Gott gewollt, einzig- ließ eine dazupassende Krone für das Jesus- sich eine Reihe von prominenten Trauer- artig und habe seine eigene unverwechselba- kind anfertigen, und Papst Pius XII. weihte gästen angekündigt. Es waren sechs Staats- re Berufung. Otto von Habsburg habe so- die beiden Kronen, bevor Kardinaldekan chefs gekommen: Bundespräsident Heinz wohl die Gabe besessen, „sich wach und Eugène Tisserant die Gnadenstatue am 14. Fischer, S.M. König Carl XVI. Gustaf von ohne Scheu auf völlig neue Situationen ein- Juli 1957 damit zum zweiten Mal krönte. Schweden mit Königin Silvia, Großherzog zulassen“. Gleichzeitig habe er den Mut und Zum letzten Mal trug die Muttergottes von Henri von Luxemburg mit Großherzogin die Entschiedenheit gezeigt, „an dem festzu- Mariazell den Brautschmuck am 10. und 11. Maria Teresa, Fürst Hans Adam von Liech- halten, was er als Erbe und Auftrag aus sei- Februar 2011, an den Tagen von Requiem tenstein mit Fürstin Marie, Staatspräsident ner Herkunft ansah“. und Beisetzung von Regina von Habsburg in Mikheil Saakashvili von Georgien, Matthew In seinem Auftrag, seiner Berufung, „das Pöcking und auf der Heldburg. Festing, Großmeister des Souveränen Malte- gedeihliche Zusammenleben der Völker und

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 63 Chronik

Kulturen, der Sprachen und Religionen zu fördern“, sei Otto von Habsburg ein Frie- densstifter gewesen, „im Geist des Evange- liums, das die Friedensstifter preist“. In der „in vieler Hinsicht segensreichen“ Regie- rungszeit Franz Josephs habe es wohl keinen schwereren, folgenreichen Fehler gegeben, als den Krieg zu erklären, der zum I. Welt- krieg wurde und dessen „bittere, giftige Früchte“ auch „die beiden schlimmsten, massenmordenden Ideologien“ der Mensch- heit gewesen seien. „Dürfen wir das Lebens- werk dieses großen Verstorbenen nicht auch als einen unermüdlichen Versuch verstehen, das Unglück, das der I. Weltkrieg über Euro- pa, über die Menschheit gebracht hat, wieder gutzumachen?“, fragte der Erzbischof. Otto von Habsburg habe, so Schönborn, „mit aller Leidenschaft seines Herzens, sei- ner großen Intelligenz und seines Mutes dem Kardinal Christoph Schönborn würdigte den Verstorbenen als Friedensstifter und als Vorbild für die rechte Haltung… Friedensprojekt Europa gedient“. Der Kardi- nal erinnerte an den Mitteleuropäischen Ka- Freudestrahlen“: „Nein, dafür haben wir seiten sehen wollen.“ Otto von Habsburg ha- tholikentag 2004 mit über 100.000 Pilgern doch gelebt!“ be das Gottesgnadentum auch nicht als ein aus acht Ländern. Otto von Habsburg und Habsburg habe das Erbe seiner Familie Anrecht auf eine Herrschaftsposition ver- seine Frau Regina waren dabei – bei eiskal- als Auftrag und Berufung verstanden, aber standen, sondern „zuerst als Verantwor- tem, regnerischem Wetter. Als er, Schön- „nicht der Vergangenheit nachgetrauert“. Er tung“: „als Auftrag, die anvertrauten Auf- born, Otto von Habsburg fragte, ob er nicht habe sich aber „auch nicht von jenen ein- gaben, in die wir hineingestellt sind, in Ver- schrecklich gefroren habe, hatte dieser ge- schüchtern lassen, die die Vergangenheit antwortung vor Gott wahrzunehmen“. So antwortet – „mit einem unvergeßlichen kleinreden möchten und nur deren Schatten- habe Habsburg „vorgelebt, wie wir unver-

Im Stephansdom: unter ihnen Bundeskanzler Werner Faymann (4.v.l.), Bundespräsident Heinz Fischer mit Gattin Margit (M.), S.M. König Carl XVI. Gustaf von Schweden mit Königin Silvia, Fürst Hans Adam von Liechtenstein mit Fürstin Marie u.a.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 64 Chronik

hat. Im ersten Teil der Zeremonie referiert der Zeremonienmeister die Herkunft des Verstorbenen, also die Rolle, die ihm von der Geschichte her zuwuchs. Im zweiten Teil re- feriert er die Ehrungen und Auszeichnungen, die Otto von Habsburg aufgrund seiner eige- nen Leistungen verliehen wurden. Die zwei- malige Antwort des Kapuzinerpaters „Wir kennen ihn nicht!“ bedeutet, daß all dies irdisch ist und auf dieser Erde zurückbleibt. Einlaß in die Kirche findet der Verstorbene

Der Wortlaut der Anklopfzeremonie Der Zeremonienmeister klopft dreimal: „Wer begehrt Einlaß?“ „Otto von Österreich, einst Kronprinz von Österreich-Ungarn, königlicher Prinz von Ungarn und Böhmen, von Dalma-

Foto: Foto: Ottovonhabsburg.org / Jeannette Handler tien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lo- Kardinal Christoph Schönborn in der Kapuzinergruft, der letzten Ruhestätte von domerien und Illyrien, Großherzog von Otto und Regina von Habsburg. Unten: Karl, Ferdinand und Georg von Habsburg Toskana und Krakau, Herzog von Loth- ringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina, Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren, Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Gua- stalla, von Auschwitz und Zator, von Te- schen, Friaul, Ragusa und Zara, gefürste- ter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz und Gradisca, Fürst von Trient und Brixen, Markgraf von Ober- und Niederlausitz und in Istrien, Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnen- berg etc., Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark, Großwojwode der Wojwodschaft Serbien., etc., etc.“ „Wir kennen ihn nicht!“

Der Zeremonienmeister klopft dreimal. „ Wer begehrt Einlaß?“ Foto: Foto: Ottovonhabsburg.org / Jeannette Handler „Dr. Otto von Habsburg, Präsident und krampft aus dem Gestern für das Morgen Die Anklopfzeremonie Ehrenpräsident der Paneuropa-Union, schöpfen können“. In Sachen Umgang mit Im Anschluß an das Requiem im Ste- Mitglied und Alterspräsident des Euro- der Geschichte dürfe Österreich, so Schön- phansdom geleitete der Trauerkondukt den päischen Parlamentes, Ehrendoktor zahl- born, noch von Otto von Habsburg lernen – Sarg des Verstorbenen zur Kapuzinerkirche. reicher Universitäten und Ehrenbürger „und Lernen war noch nie eine Schande“. Wie 1989, bei der Beisetzung von Kaiserin vieler Gemeinden in Mitteleuropa, Mit- Schönborn würdigte an Habsburg auch und Königin Zita, gab es, als der Trauerkon- glied ehrwürdiger Akademien und Insti- die „große Gabe der Demut“. Zahllosen dukt angekommen war, die sogenannte „An- tute, Träger hoher und höchster staatli- Menschen sei an ihm aufgefallen, daß er kei- klopf-Zeremonie“, allerdings in einer ange- cher und kirchlicher Auszeichnungen, nerlei Standesdünkel gehabt habe. „Wie paßten Form. Orden und Ehrungen, die ihm verliehen gut“, so Schönborn, „täte es uns allen, auch Die geistliche Bedeutung dieser Zeremo- wurden in Anerkennung seines jahrzehn- ohne aus dem kaiserlichen Haus zu stam- nie liegt in der christlichen Glaubensüber- telangen Kampfes für die Freiheit der men, uns der königlichen Würde jedes Chri- zeugung, daß der Mensch nicht mit den er- Völker, für Recht und Gerechtigkeit.“ sten, jedes Menschen bewußt zu sein, von erbten Titeln und Würden vor Gott treten „Wir kennen ihn nicht!“ der die jüdisch-christliche Tradition so kann, auch nicht mit den Ehrungen und Der Zeremonienmeister klopft dreimal. mächtig Zeugnis gibt.“ Diese in seinem Auszeichnungen, die ihm – wenn auch ver- „ Wer begehrt Einlaß?“ Glauben wurzelnde Überzeugung habe es dient – in seinem irdischen Leben zuteil wur- „Otto – ein sterblicher, sündiger Otto von Habsburg ermöglicht, „Menschen den. Vor Gott zählen nur der Glaube und die Mensch!“ unterschiedlichster Herkunft auf Augenhöhe aus dem Glauben erwachsenen Guten Wer- „So komme er herein!“ zu begegnen“. ke, die ein Mensch in seinem Leben erbracht

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 65 Chronik Foto: Ottovonhabsburg.org / Jeannette Handler Bild oben: die Beisetzung der Herzurne in Pannonhalma; Bild unten: das Requiem in der Budapester Stephansbasilika

als „sterblicher, sündiger Mensch“ – also so, wie jeder Mensch vor Gottes Richterstuhl tritt: demütig und angewiesen auf die Barm- herzigkeit Gottes. Zeremonienmeister war ein langjähriger Freund der Familie und des Verstorbenen, Ulrich-Walter Lipp. Er hat maßgeblich an der Organisation des 90. Ge- burtstags von Otto von Habsburg 2002 in Wien, an der Organisation der Goldenen Hochzeit von Regina und Otto von Habs- burg 2001 in Mariazell sowie an der Vor- bereitung der Feierlichkeiten rund um die Seligsprechung von Kaiser Karl im Jahr 2004 in Rom mitgewirkt. Er ist auch Trauzeuge der jüngsten Tochter Otto von Habsburgs, Walburga Habsburg Douglas, gewesen. Dann fanden Otto und Regina von Habs- burg ihre letzte Ruhestätte in der Kaisergruft der Wiener Kapuzinerkirche.

Requiem in der Budapester Stephansbasilika Mehrere Hundert Gläubige hatten sich am Nachmittag des 17. Juli in der Budapester Stephansbasilika bei einem Requiem von Otto von Habsburg verabschiedet. Die Mes- se ging der Bestattung der Herz-Urne in der Benediktinerabtei Pannonhalma im Komitat

Gyõr-Moson-Sopron voran. Foto: Ottovonhabsburg.org / Jeannette Handler

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 66 Chronik

Hauptzelebrant war der Alterzbischof von Budapest-Esztergom, Kardinal Laszlo Paskai, mehrere Mitglieder der Ungarischen Bischofskonferenz – darunter der Pannon- halmaer Erzabt Asztrik Varszegi – waren un- ter den Konzelebranten. Staatspräsident Pal Schmit und Vize-Ministerpräsident Zsolt Semjén waren unter den Trauergästen. Vor der Messe bestand die Möglichkeit, sich vom Verstorbenen, dessen Herz-Urne ausgestellt war, in Stille zu verabschieden. Das Herz war nach der Einbalsamierung ent- nommen worden. Zu Beginn der Messe verlas der Diö- zesanbischof von Szombathely, Andras Ve- res, das Beileidstelegramm des Papstes. Georg Habsburg, der zweitälteste Sohn Ottos, trug die Lesung vor, sieben der Enkel sprachen Fürbitten. Zahlreiche Vertreter des Diplomatischen Corps, der Ritterorden und der Traditions- Foto: Bundesheer verbände waren anwesend; Kardinal Paskai Um den Menschen im Kosovo zu helfen, hat die Bundesregierung im Juni 1999 beschlossen, ein Bundesheer-Kontingent (AUCON/KFOR) zu entsenden, das beim ist der Ordenskaplan des Ritterordens des Wiederaufbau der Region hilft. Derzeit liegt die Personalstärke des Kontingents Heiligen Lazarus von Jerusalem (Lazarus- zwischen 400 und 500 Soldaten. Im September 2004 besuchte Otto von Habsburg Orden). die Soldaten im Camp Casablanca in Suva Reka und ließ sich, unter anderem, von Oberst Christian Platzer den Minenroboter »Theodor« erklären. Stimmen aus Österreich Bundeskanzler Werner Faymann gemacht“. Der langjährige Europapolitiker Bundespräsident Heinz Fischer „In seinem Leben haben sich die großen und engagierte Europaparlamentarier sei „Mit dem Tode von Dr. Otto Habsburg ist Zäsuren der österreichischen und europäi- „eine historische Persönlichkeit gewesen, de- eine Persönlichkeit von uns gegangen, deren schen Geschichte widergespiegelt“, sagte ren Leben mit der österreichischen Geschich- Name in vielfältiger Weise mit der Ge- Bundeskanzler Werner Faymann, „die Nach- te vielfältig verbunden war“, so der Kanzler schichte unseres Landes verknüpft ist“, sagte richt von seinem Tod hat mich sehr betroffen weiter. Bundespräsident Heinz Fischer. „Wenn man bedenkt, daß Dr. Otto Habsburg im Novem- ber 1912, also noch vor Beginn des Ersten Weltkrieges, geboren wurde und Zeit seines Lebens politisch interessiert und engagiert war, dann ersieht man daraus, wie weit der Bogen seines Wirkens und seiner politischen Interessen gespannt war. Im Mittelpunkt sei- ner Bemühungen in den letzten Jahrzehnten stand das Thema eines vereinten Europa, dem er sich mit ganzer Kraft – und lange Zeit auch als Mitglied des Europäischen Parla- ments – gewidmet hat. 1961, also vor genau 50 Jahren, gab Dr. Otto Habsburg seine in Österreich zunächst umstrittene Verzichts- erklärung auf alle Herrschaftsansprüche aus der Mitgliedschaft zum Hause Habsburg- Lothringen ab und bekannte sich als getreu- er Staatsbürger der Republik Österreich. Als Bundespräsident darf ich feststellen, daß sich das Verhältnis zwischen der Republik Foto: IMADEC Österreich und Dr. Otto Habsburg in den Otto von Habsburg hatte im Feber 2004 die Ehrenpräsidentschaft der der IMADEC letzten Jahrzehnten in vernünftiger und posi- University in Wien übernommen. »Ein geeintes starkes Europa basiert auf Bildung, tiver Weise entwickelt hat. Ich möchte der Vertrauen und persönlicher Begegnung. Bei IMADEC ist das Miteinander in einem Familie Habsburg meine aufrichtige Anteil- geeinten Europa bereits Realität«, so Otto von Habsburg damals. »Otto von Habs- burgs lebenslanges Ziel eines starken, geeinten Europas in guter Zusammenarbeit nahme zum Tode ihres langjährigen Fami- mit den Vereinigten Staaten von Amerika ist das Leitbild der IMADEC University«, lienoberhauptes zum Ausdruck bringen.“ so Christian Joksch, Christian Joksch, MBA und Gründer der IMADEC (l.).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 67 Chronik

Ganz besonders hervorzuheben sei seine entschiedene Gegnerschaft zu Nationalso- zialismus und Faschismus gewesen, nach dem Zweiten Weltkrieg sein beherztes Auf- treten für ein friedliches und vereintes Eu- ropa und für den Fall des Eisernen Vorhangs. „Ich darf den Angehörigen und Freunden des Verstorbenen meine Anteilnahme und re- spektvolles Beileid aussprechen“, so Fay- mann abschließend.

Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger Betroffen zeigte sich Vizekanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Michael Spin- delegger: „Mit Otto Habsburg verlieren wir einen glühenden Europäer, der als Vorreiter der paneuropäischen Bewegung maßgeblich an einer friedlichen Öffnung des Eisernen Vorhanges mitgewirkt hat. Er hat sich wäh- rend und nach dem Zweiten Weltkrieg mit allen Kräften für den Weiterbestand eines Otto von Habsburg, 20. November 1912 bis 4. Juli 2011. freien und unabhängigen Österreichs einge- setzt. Dafür und für sein unablässiges Wir- Familie Habsburg umgegangen sei, so habe Österreichs Unabhängigkeit und Freiheit zu ken für ein freies und ungeteiltes Europa sich Otto Habsburg doch stets seine Liebe würdigen. Unser Mitgefühl gilt seiner Fa- sind wir im dankbar. Er war vom friedlichen für das Land bewahrt und sich politisch vor- milie“, so Bucher. Zusammenwachsen Europas zutiefst über- bildlich für Österreich engagiert. Zumindest zeugt und hat für dieses Ziel seine gesamte sei ihm noch vergönnt gewesen, die Aufhe- Bundessprecherin der Grünen politische Kraft als langjähriger Europapar- bung des unsinnigen Verbotes für Angehö- Eva Glawischnig lamentarier und anerkannter Buchautor ein- rige der Familie Habsburg, für das Amt des „Mit Otto Habsburg geht ein Teil öster- gesetzt“, würdigte Spindelegger Otto Habs- Bundespräsidenten zu kandidieren, noch reichischer Geschichte. Die Jahrzehnte, in burgs Lebenswerk für ein freies Europa und mitzuerleben, so Strache. der er als politischer Mensch und Politiker sein stetes Eintreten gegen Nationalismus „Unsere Anteilnahme in dieser schweren tätig war, gehörten zu den herausfordernd- und Kommunismus. „Unsere Anteilnahme Stunde gilt seiner Familie“, so Strache. sten Phasen in Österreichs jüngerer Vergan- in dieser Stunde gilt der Familie von Dr. Otto genheit. Viele seine Reden haben auch Dis- Habsburg und seinen zahlreichen Freunden BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher kussionen ausgelöst. Uns bleibt besonders in weltweit“, schloß Spindelegger. „Dr. Otto Habsburg war ein großer Euro- Erinnerung, daß er gemeinsam mit dem un- päer, dem das friedliche Zusammenleben der garischen Staatsminister und Reformer Imre FPÖ-Bundesparteiobmann Bürgerinnen und Bürger immer ein zentrales Pozsgay Schirmherr des ,Paneuropäischen Heinz-Christian Strache Anliegen war. Als beeindruckende Persön- Picknicks‘ war, in dessen Folge Hunderte „Mit dem Tod von Dr. Otto Habsburg lichkeit konnte er im Rahmen der Pan- DDR-Bürger nach Österreich flüchten konn- verliert Österreich einen großen Staats- europa-Union eine große Anzahl an Jugend- ten. Wir sprechen seiner Familie unser mann“, sagte Strache. Der Kaisersohn sei lichen für das Friedensprojekt Europa begei- Beileid aus“, so Glawischnig. immer – auch in den dunkelsten Zeiten – stern. Dr. Otto Habsburg war aber auch ein kompromißlos für Österreich eingetreten Mensch und Politiker, der sich kein Blatt vor Auf der Website der Familie Habsburg und habe sich stets für sein Land eingesetzt, den Mund genommen und viele Mißstände finden Sie unzählige weitere Informationen so Strache. richtigerweise angesprochen hat. Insbeson- über das erfüllte Leben von Otto von Habs- Auch wenn die Republik – namentlich dere ist jedoch der Kampf von Dr. Otto burg. die SPÖ – nicht immer anständig mit der Habsburg gegen das Nazi-Regime und für http://www.ottovonhabsburg.org

Demmerle, Eva mat vertrieben, von den Na- Katrin Unterreiner als römisch-deutsche Köni- Baier, Stephan zis verfolgt, von den Kom- Die Habsburger ge, Kaiser des Heiligen Otto von Habsburg munisten bekämpft, setzte er Eine europäische Römischen Reiches und – Die Biografie sich unerschrocken und un- Dynastie im Porträt ab 1804 – als Kaiser von 608 Seiten mit zahlr. Abb. ermüdlich für die Freiheit 96 Seiten Franz. Broschur Österreich bis zum Ende ISBN: 978-3-85002-486-0 und die Einheit ganz Euro- ISBN: 978-3-85431-564-3 der Monarchie im Jahre Amalthea, 2007 pas ein. Er gewährte den Au- styriabooks, 2011 1918. Das Buch beleuchtet Das faszinierende Leben toren Zugang zu allen pri- Die Habsburger stiegen ab nicht nur die politischen Er- Otto von Habsburgs um- vaten Archiven und Unterla- dem 13. Jahrhundert zu ei- eignisse, sondern auch den spannt fast ein Jahrhundert – gen und ermöglicht so den ner der führenden europäi- Alltag der kaiserlichen Fa- mit all seinen Schrecken und Blick hinter die Kulissen schen Dynastien auf. Sie re- milie und schildert mensch- Hoffnungen. Aus der Hei- eines einzigartigen Lebens. gierten über 640 Jahre lang liche Schicksale…

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 68 Chronik Die schönsten Oldtimer auf dem höchsten Berg Österreichs Die höchst gelegene Automobilausstellung der Welt »Erfolgsgeschichte des Automobils« an der Großglockner Hochalpenstraße wurde feierlich eröffnet.

ie bedeutendsten Menschen, Mythen, DModelle und technischen Errungen- schaften, kurz: Die Meilensteine aus der Automobil- und Motorradgeschichte gibt es seit 7. Juli an der Großglockner Hochalpen- straße zu bewundern: Die Ausstellung ist im Besucherzentrum der Kaiser-Franz-Josefs- Höhe auf 2.369 Metern Seehöhe angesiedelt. „Die Erfolgsgeschichte des Automobils“ ist die höchst gelegene Automobil-Ausstellung der Welt.

30 Meilensteine aus der Auto- und Motorradgeschichte Ob jung oder alt, Experte oder Laie – mit rund 30 historisch wertvollen Fahrzeugen aus der Automobil- und Motorradgeschichte ist die Dauerausstellung ein Muß für jeden Auto- und Motorradfan – und solche, die es Foto: Salzburger Landesarchiv noch werden wollen. Eines der vielen historischen Fotos zeigt die abenteuerliche Fahrt von Hochalpen- Vor der beeindruckenden Kulisse des straßen-Erbauer Franz Wallack und LH Franz Rehrl im Steyr 100 im Jahr 1934. Großglockners und des Nationalparks Hohe Tauern wird den Zuschauern auf ca. 1000 m² im Steyr 100 oder dem bis heute unvergesse- Ausstellungsfläche die Automobil- und Mo- nen Trabi-Ansturm unserer Ost-Gäste ab torradgeschichte auf packende Art und Wei- Anfang der 1990er-Jahre. se näher gebracht – anhand spannender Anek- Auch aus dem Rennsport ist die Groß- doten, historischer Bildaufnahmen und na- glockner Hochalpenstraße nicht wegzuden- türlich einer hochkarätigen Fahrzeugausstel- ken. Von den legendären „Silberpfeilen“ der lung. Vom Benz-Patent-Motorwagen (1886, 1930er-Jahre, den wagemutigen Piloten der Replika) – dem ersten patentierten Automo- „Alpenfahrt“ bis hin zu den Pionieren eines bil der Welt – über den legendären „Zweiten neuen Zeitalters mit ihren Solar- und Elek- Marcus-Wagen“ aus 1889 (Replika) und troautos – sie alle nutzen den höchsten Berg

dem Steyr 100 – Erstbefahrung der Groß- Foto: GROHAG Österreichs, um Mensch und Maschine auf glockner Hochalpenstraße im Jahr 1934 – bis LH-Stv. Wilfried Haslauer, GD Gabriele eine harte Probe zu stellen. hin zum Formel 1-Boliden (Showcar) spannt Zuna-Kratky (TMW), GD Johannes Hörl Zeitgenössische Motorradmodelle und sich dabei der Bogen. (Großglockner Hochalpenstraße) und Zeittafeln, die Auskunft über die technische Vize-Präs. Thomas Burkhardt (ADAC). Entwicklung des Motorrads geben, vervoll- Testparcours, Rennstrecke, Ausflugsziel und Sicherheit des Automobils – und dient ständigen diese interessante Dauerausstel- Der Themenschwerpunkt „Großglock- praktisch allen namhaften Automarken als lung. ner“ beleuchtet zudem die wichtigsten auto- Teststrecke, in den letzten Jahren speziell für Zahlreiche Legenden des Motorsports mobilen Ereignisse aus der Perspektive der Fahrzeuge mit Elektromotor. Die Thematik und echte Oldtimerprofis sind bei der feier- schönsten Alpenpanoramastraße Europas. der umweltschonenden Mobilität findet lichen Eröffnung auf der Kaiser-Franz- Schließlich ist die Großglockner Hochalpen- ihren besonderen Platz am Großglockner Josefs-Höhe mit dabei. Ein Corso organisiert straße seit der Erbauung im Jahr 1935 nicht wie auch in der Ausstellung. Mehr als einmal vom Motor Veteranen Club Salzburg und nur ein beliebtes Ausflugsziel für Auto- und wurde am Großglockner Geschichte ge- Kärnten, angeführt von Rennfahrer Christof Motorradfahrer, Radfahrer und Busreisende, schrieben – etwa mit der Erstbefahrung der Pfeiffhofer und rund 70 Oldtimer eröffnet seit über einem dreiviertel Jahrhundert noch nicht fertiggestellten Großglockner die Ausstellung mit einer Fahrt vom Glock- erfüllt sie zudem die wichtige Funktion des Hochalpenstraße im Jahr 1934 durch den nerhaus zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. „Gradmessers“ für die Leistungsfähigkeit Erbauer Franz Wallack und LH Franz Rehrl http://www.grossglockner.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 69 Chronik AIRPOWER11 übertraf alle Erwartungen 290.000 Fans besuchten am 1. und 2. Juli die AIRPOWER11

in spannendes Programm mit 222 Flug- Egeräten aus 22 Ländern sowie optimales Event-Wetter sorgten bei der AIRPOWER11 für einen neuen Besucherrekord: 290.000 Fans staunten über je zehn Stunden purer Flug-Faszination. Sie bekamen einen Ein- druck vom Können der österreichischen Luftstreitkräfte, die unter anderem den Ab- fang einer C-130 Hercules durch zwei Euro- fighter demonstrierten. Sie sahen die Shows von Kunstflugstaffeln wie Frecce Tricolori, Patrouille Suisse und Turkish Stars. Sie bewunderten die Flotte der Flying Bulls, die sich erstmals in einer großen Formation prä- sentierte. Auch Marco Waltenspiel vom Red Bull Skydive Team sorgte mit seinem Wing- suit-Base-Jump für Begeisterung bei den Zuschauern. Und sie erlebten viele weitere Highlights von F-16 bis Messerschmitt ME 262, vom Helikopter-Kunstflug bis zum Segelflug-Ballett des Blanix-Teams.

»Kommen gerne zurück« Begeistert waren aber nicht nur die Zu- schauer, sondern auch die Piloten. Quer durch alle Teams und Nationalitäten lobten sie die Veranstaltung: „Die Einladung war für uns eine große Ehre“, sagt stellvertretend für viele Major Abdulaziz Al-Sohaimi von den Royal Saudi Hawks. Die Kunstflugstaffel der saudi-arabischen Luftwaffe feierte in Zeltweg ihr Debüt auf europäischem Fest- land und freut sich schon jetzt, „unsere neuen österreichischen Fans und Freunde möglichst bald wiederzusehen“.

15 Mio. € Wertschöpfung für die Region Auch für die Region ist die AIR- POWER11 ein großer Erfolg: „Das Grüne Herz Österreichs darf sich über bis zu 60.000 zusätzliche Nächtigungen freuen“, sagt Lan- deshauptmann-Stellvertreter Hermann Schüt- zenhöfer. Karl Schmidhofer, Obmann der Urlaubsregion Murtal, beziffert die regiona- le Wertschöpfung mit 15 Millionen Euro. Und Landeshauptmann Franz Voves betonte Foto: Red Bull Content Pool bei einem Empfang mit 1000 Gästen im Hochzufrieden war auch Verteidigungsmi- Streitkräfte. Aber auch unsere zivilen Part- Hangar 5 des Fliegerhorsts Hinterstoisser nister : „Die AIRPOWER ner, das Land Steiermark und Red Bull, ha- „die exzellente Chance, die Steiermark im ist eine wichtige Veranstaltung für die Region ben einen wesentlichen Teil zum großen Rahmen der AIRPOWER11 als Urlaubsland und das Bundesheer und sie zeigt die große Erfolg der AIRPOWER beigetragen.“ zu promoten“. Flexibilität und Leistungsfähigkeit unserer http://airpower.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 70 Chronik Kaiserliche Geburtstagsparty Tradition trifft Moderne bei der VIII. »Nacht der Kaiser« Foto: Tourismusverband Bad Ischl Im Anschluß an die Kaisermesse am 18.August 2011 findet der Empfang der Regimenter im Kaiserpark statt.

m 18. August 2011 hätte Kaiser Franz Kongress & TheaterHauses erwartet die AJoseph I. seinen 181. Geburtstag ge- Geburtstagsgäste eine moderne Inszenierung feiert! Sein geliebtes Ischl – Sommerresi- mondäner Monarchie. Historisches k&k- denz des Kaiserhauses und auch Schauplatz Flair trifft auf Akzente des 21. Jahrhunderts. der Verlobung mit Sisi – steht heuer einmal Bis zu 700 Vertreter des österreichischen mehr ganz im Zeichen Seiner Majestät. Epi- Adels, Kaiserfans sowie Prominenz aus zentrum des imperialen Charismas ist das Sport, Wirtschaft und Kultur folgen der Kongress & TheaterHaus im Herzen des Einladung von Veranstalter und Initiator, beliebtesten Kurorts der Monarchie. Vor der Ischls Kurdirektor Robert Herzog. überwältigenden Szenerie des Kurparks geht die VIII. „Nacht der Kaiser“ – eine Charity- Feierlichkeiten für den guten Zweck Veranstaltung zugunsten der Franz Klam- Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht Ski- mer-Foundation – über die Bühne. Bei der Kaiser Franz Klammer. Seiner Foundation rauschenden Abendgala erwartet die Ge- kommt der Erlös aus dem tagsüber stattfin- burtstagsgäste u.a. eine imperiale Fashion denden Charity-Turnier „Kaiser Golf Trophy“ Show, bei der sich Österreichs Jungadel in am GC Salzkammergut sowie der abendli- der edlen Kollektion des Wiener Modelabels chen Gala „Nacht der Kaiser“ zugute. In- „Sisi Vienna“ präsentiert. tention der Stiftung ist die ideelle und mate- Die rauschende Gala „Nacht der Kaiser“ rielle Unterstützung von Menschen, die – bildet auch in diesem Jahr den krönenden insbesondere im Zusammenhang mit Sport – Abschluß der Feierlichkeiten rund um den in schwere Not geraten sind. Die Gründungs- Foto: Foto Hofer Geburtstag von Kaiser Franz Joseph I. und idee kam dabei von Franz Klammer selbst, Skikaiser Franz Klammer wird auch ist mittlerweile fest im Bad Ischler Event- heuer »Sisi« im Golfklub Salz- dessen Bruder seit einem schweren Skisturz kalender etabliert. Im prachtvollen Park des kammergut begrüßen dürfen. gelähmt ist.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 71 Chronik

Kulinarische Reise durch die Kronländer Nach einem Empfang von Schlumberger Habsburg Cuvée erwarten die Galagäste kai- serliche Gaumenfreuden auf der Kongress- terrasse. Ein festliches Buffet verwöhnt mit Gerichten, die Sisi & Franz gemundet hät- ten. Bei einer kulinarischen Reise durch die Kronländer Europas dürfen sich die Gäste mit Gaumenfreuden wie u.a. Esterhazy Rost- braten, Kaiserschöberl, Roulade vom kaiser- lichen Berghenderl und natürlich Kaiser- Schmarren durch ein Reich der Genüsse kosten.

Sisi Vienna am imperialen Catwalk Glamouröser Höhepunkt der „Nacht der Kaiser“ ist eine imperiale Fashion Show. Österreichs Jungadel defiliert für den guten Zweck über den „Aristo-Catwalk“ und prä- sentiert edle Stücke des Wiener Modelabels „Sisi Vienna“. Der prachtvolle und zugleich arrivierte Stil von damals findet sich in Krea- Foto: Lenzenweger tionen wieder, die der modernen Frau von Ankunft des Kaiserzuges am 15.August um 12 Uhr – anschließend findet der tra- heute erlaubt, sich wie eine Kaiserin zu füh- ditionelle Festumzug durch die Stadt an die Ischler Esplanade statt. len – ganz ohne nostalgischen Kitsch. Fe- minine Schnitte, hochwertige Stoffe und ori- ginale Muster von Susanne Bisovsky ma- chen die aktuelle Kollektion einzigartig und zeichnen den unverkennbaren Stil von Sisi Vienna aus. „Die Aura der weltweit populä- ren Elisabeth wird in Kleidung umgesetzt, wie sie Sisi als fortschrittliche Frau heute in den Städten der Welt tragen würde“, atte- stiert Geschäftsführerin Sissy Schranz. Insgesamt zehn aristokratische Models treten ihre Reise in die Welt der Kaiserin der Herzen an, darunter u.a. Gräfin Eva-Maria Abpurg von Reiffeneck, Contessa Josefine Bulgarini d’Elci, Baronesse Julia-Marie Wittmann und Gräfin Coreth zu Coredo und Starkenberg. Nur eine der Damen gehört zu keinem echten Adelsgeschlecht. Als Profi und ob ihres Namens ist ihr Auftritt aber Gebot: die Athletin – und in ihrer Funktion als my phone-Botschafterin offiziell als „Sisi“ bekannte – Model Patricia Kaiser

adelt den imperialen Catwalk zusätzlich. Foto: Lenzenweger Kaiserbummel: 2,5 km roter Teppich für alle Gäste, die an diesem Tag Kaiser Kaiserlicher Humor der Comedy Hirten sind… Die Ehrung der Sieger der Kaiser Golf aber auch Ex-Finanzminister Karl-Heinz mit dabei um unermüdlichen Nachtschwär- Trophy verspricht heuer besonderen Unter- Grasser auf der Bühne auf die Golf-,,Kaiser“ mern richtig einzuheizen. Begleitet wird die haltungswert. Denn erstmals wird diese von treffen. kaiserliche Galanacht von einer Installation einem herrlich ironischen Programm der le- Im Anschluß daran bringen die Bad Po- des Salzburger Aktionskünstlers Jürgen Fux, gendären Ö3-Comedy Hirten Peter Moizi wells mit einem Feuerwerk an Soul- und die unter einem wahrhaft kaiserlichen und Christian Schwab begleitet. So kann Discohits der 70er- und frühen 80er Jahre die Leitgedanken steht und Spielraum für ganz durchaus vorkommen, daß Sportlegenden Stimmung zum Kochen und sorgen für eine individuelle Interpretationen läßt. wie „Schneckerl“ Herbert Prohaska oder unvergeßliche Partynacht. Für Disco-Tunes http://www.franzklammerfoundation.com „Hicke von Flanke“ Josef Hickersberger, zum Abshaken ist auch dieses Jahr DJ Stocki http://www.badischl.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 72 Personalia Würdigung für Andreas Khol Ein durch nichts zu erschütternder Optimist wurde 70 – Festakt im Parlament

in durch nichts zu erschütternder Opti- Emist“, „ein Konservativer, der Reformer sein will“. So beschrieb der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen, Bernhard Vogel, am 5. Juli das Geburtstagskind Andreas Khol. Zum Festakt im Parlament anläßlich sei- nes 70. Wiegenfestes am 14. Juli hatte Natio- nalratspräsidentin Barbara Prammer geladen und konnte dabei zahlreiche Gäste, mit Bun- despräsident Heinz Fischer und seiner Frau Margit an der Spitze, aus allen gesellschaft- lichen Bereichen und, wie sie betonte, fast die gesamte Familie Khols begrüßen. Nicht nur Zweiter Nationalratspräsident Fritz Neu- gebauer und Bundesratspräsidentin Susanne Neuwirth gaben Andreas Khol die Ehre, son- Alle Fotos: Parlamentsdirektion/Carina Ott dern auch Mitglieder der Bundesregierung, v.li. Veranstaltungsteilnehmer, Fritz Neugebauer (Zweiter NR-Präsident), NR- Präsident i.R. Univ.-Prof. Andreas Khol und Barbara Prammer (NR-Präsidentin) die Klubobleute der parlamentarischen Frak- tionen, Abgeordnete und BundesrätInnen Neugebauer: Khol steht für Streitkultur, Eine »Khol-Rose« und ein aller Parteien, Präsidenten und Vizepräsi- Zivilcourage und Menschlichkeit »Khol-Generationenfonds« dentInnen der Obersten Gerichtshöfe sowie Der Zweite Präsident des Nationalrats, Der Jubilar wurde auch reich beschenkt. der ehemalige Vizekanzler Alois Mock. Fritz Neugebauer, ging auf Spurensuche an- Klubobmann Karlheinz Kopf überreichte Für die musikalische Umrahmung sorgte hand von Zitaten und Khols Liebe zur Mu- Khol eine Statue, die vom behinderten das Tritonus Horn Quartett. sik, um dessen Persönlichkeit zu umschrei- Künstler Rudolf Pinter stammt und von Khol ben. Daß als Musikstück der Chor der Prie- selbst für den Klub einmal angeschafft wor- Prammer: Wir haben ster aus Mozarts Zauberflöte gewählt wurde, den war. Kopf bezeichnete Khol, den er in das Haus lieben gelernt sei gut gewählt, meinte er. Der Mythos von seiner ersten Abgeordnetenzeit als Klubob- Nationalratspräsidentin Prammer spannte Isis und Osiris sei das Symbol einer glückli- mann erlebt hatte, als „hart aber herzlich“, einen weiten Bogen über die politische chen Ehe. Zu einer der Kernaussagen der bei dem immer eine Portion Menschlichkeit Tätigkeit Khols und meinte, all seine politi- Oper zähle die Betonung der Menschlich- mit dabei gewesen sei. schen Schwerpunkte aufzuzählen, sei fast keit, daß sich jeder als Mensch erweisen Im Namen des Österreichischen Senio- unmöglich. Sie hob besonders sein Eintreten müsse. Das zeichne auch Andreas Khol aus. renbundes übergab die ehemalige Volksan- für die Erweiterung der EU hervor und wür- Khol brauche die Gemeinschaft und die wältin Ingrid Korosec Khol nicht nur die digte sein Engagement für die regionale Gemeinschaft brauche ihn, formulierte Neu- Gründungsurkunde des „Andreas Khol- Partnerschaft, die er auf die parlamentari- gebauer, Khol habe sich als Nationalratsprä- Generationenfonds“ für Hilfsbedürftige aller sche Ebene gehoben habe. Nicht fehlen dür- sident immer an die Abgeordneten, vor allem Generationen, sondern auch eine für ihn ge- fe dabei selbstverständlich seine Initiative an die neuen Abgeordneten, gewendet. Er sei züchtete weiße Edelrose, die vor den Augen für den Österreich-Konvent, der bedeutende ein Präsident für alle gewesen, die Geschäfts- der anwesenden Gäste als „Andreas Khol- Arbeit geleistet habe. Es liege alles auf dem ordnung habe für ihn als Maßstab der Ge- Rose“ getauft wurde. Die Sorte sei eine Tisch, sagte Prammer, es gehe nun darum, rechtigkeit gegolten. Khol habe das Parlament echte Neuheit, sie sei robust und krankheits- die aufgearbeiteten Themen aufzugreifen. stets als Angelpunkt der Demokratie begrif- resistent, erläuterte sie gegenüber dem be- Besonders hob sie Khols Tätigkeit in Na- fen, seine Tätigkeit als Dienst an der Repu- geisterten Rosenzüchter Khol und zog damit tionalfonds hervor und unterstrich, daß er die blik und letztendlich als Dienst am Menschen. eine Parallelität zu dessen Persönlichkeit. Öffnung des Parlaments durch seinen Vor- Die Person Khols sei auch von dessen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer gänger Heinz Fischer als Nationalratspräsi- Zivilcourage und dessen Streitkultur geprägt. überraschte ihren Vorgänger mit einem gros- dent konsequent weitergeführt habe. Dies sei „Ohne Zivilcourage lebt die Freiheit nicht sen Foto, das Khol mit ausgestreckten Hän- ein Meilenstein gewesen und sie, Prammer, lange“, zitierte Neugebauer das Geburtstags- den vor der Pallas Athene zeigt, sowie mit sei bemüht, dem Rechnung zu tragen und das kind. Eine echte Streitkultur sei Khol ein be- Faksimile-Drucken von Originalplänen von Haus täglich mit Leben zu erfüllen. Fischer, sonderes Anliegen, denn er vertrete die Auf- Hansen. Eine riesige Torte mit Parlaments- Khol und sie hätten eines gemeinsam, unter- fassung, daß es einen Unterschied zwischen Enblem und Spritzkerzen bot (siehe Bild strich Prammer: „Wie haben das Haus lieben harter Auseinandersetzung und persönlicher oben) den richtigen Abschluß der Geschenk- gelernt“, und zwar mit hoher Emotionalität. Gemeinheit gibt. übergabe.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 73 Personalia

Vogel: Khol ist ein Konservativer, der Reformer sein will Auch Bernhard Vogel, Ministerpräsident a.D. und seit gut 30 Jahren mit Andreas Khol befreundet, sprach Khols „Lust am Streit“ im positiven Sinne an. Khols Motto sei es, „lieber ein aufrechter Streiter als ein falscher Fünfziger“. Khol sei Föderalist und Patriot, der für Südtirol, die europäische Integration und den Beitritt Österreichs engagiert einge- treten sei, der aber auch sehr die Freiheit liebe. Er, Vogel, habe den Jubilar als einen durch nichts zu erschütternden Optimisten kennengelernt, der sich mit heiterer Gelas- senheit durch nichts aus der Spur bringen lasse. Khol ginge es immer um das Grund- sätzliche, seine guten Ideen seien ihm auch heute nicht ausgegangen. In diesem Sinne ist er laut Vogel auch ein Konservativer, der Nationalratspräsident .i.R. Univ.- Prof. Dr. Andreas Khol und Ehefrau Reformer seil will, der in Ordnung bringen möchte, was in Unordnung gekommen ist. Diesen Weg habe er geradlinig verfolgt, auch wenn es unpopulär gewesen sei. Khol sei ein Mensch, der nachdenke, lese und schließlich handle. Er sei auch in der Kunst zu Hause, vor allem in der Literatur, und habe selbst viel publiziert. Vogel unterstrich abschließend die Grundüberzeugung Khols, daß die Bürger- gesellschaft, die Stärkung der Verantwortung des einzelnen und die Stärkung der Familie eine Vision sei, die das 21. Jahrhundert prä- gen sollte.

Spindelegger: Andreas Khol ist ein großer Sohn unserer Zeit Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger würdigte in seiner Festrede ein- zelne Facetten der Persönlichkeit Khols. Da Bundespräsident Heinz Fischer, NR-Präsident a.D. Univ.- Prof. Andreas Khol und Ministerpräsident. a.D. Prof. Bernhard Vogel (v.l.) sei zunächst dessen Heimatverbundenheit zu Tirol zu erwähnen, sagte Spindelegger und zollte ihm besondere Anerkennung für sein Südtirol-Engagement. Khol zeichne sich auch als ein Jurist erster Güte aus, der bei Felix Ermacora gelernt habe, er sei Vordenker, Kolumnist und begnadeter Formulierer. Khol habe auch den Großen Europas klar gemacht, daß Österreich in Europa seinen Platz hat, und habe darüber hinaus viel zur Annäherung der Nachbarländer Österreichs an Europa beigetragen. In politischer Hin- sicht sah der Vizekanzler Khol als Wegbe- reiter und prägende Führungspersönlichkeit, wenn auch nicht immer zur Freude aller, merkte er an. Besonders schätze er ihn auch als Familienmenschen und Christen, betonte Spindelegger, der immer konsequent handle. In diesem Sinne sei Andreas Khol ein „gros- ser Sohn unserer Zeit“. NR-Präsident a.D. Univ.- Prof. Andreas Khol und Vizekanzler Michael Spindelegger

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 74 Personalia

Khol: Bin der Republik dankbar „Ich bin der Republik Österreich dank- bar“, bekräftigte schließlich Andreas Khol, indem er sich an die schwere Zeit erinnerte, als er 1947 mit seiner Schwester von Italien über den Brenner abgeschoben wurde und von Null anfangen mußte. Österreich habe ihn großzügig aufgenommen, ihm alle Chan- cen geboten, und er hätte es sich damals nicht träumen lassen, daß er seinen 70. Geburtstag im Budgetsaal des Parlaments feiern könne. Das sei auch die Aufgabe der Politik, al- len jungen Menschen die gleichen Chancen zu eröffnen, appellierte er. Trotz des allge- meinen Ansehensverlusts von Politik und PolitikerInnen habe er Vertrauen in die neue PolitikerInnengeneration, daß diese sichert und weiterentwickelt, was ihr übergeben worden ist. Khol zeigte sich zuversichtlich, Ingrid Korosec und Heinz K. Becker (Abgeordneter zum Europäischen Parlament) daß sich der Abwärtstrend in den Meinungen auch wieder umkehren werde und erwies sich damit als Optimist. Die Republik ist we- sentlich besser als die Stimmung, sagte er, noch dazu, wenn man bedenkt, wie gut Ös- terreich im internationalen Vergleich dasteht. „Ungefragte Ratschläge sind Ausschläge“ zitierte er die ehemalige Unterrichtsministe- rin Gehrer, deshalb wolle er sich auf seine aktuelle Arbeit für die SeniorInnen beschrän- ken und nicht als „Balkon-Muppet“ agieren. Die festliche Stimmung hinderte Khol je- doch nicht daran, seine Sorgen um die Zu- kunft der parlamentarischen Demokratie zu äußern. Sie komme von mehreren Seiten un- ter Druck, sagte er. Einerseits durch die For- derungen nach mehr direkter Demokratie in Richtung „dem Volk auf den Mund schauen“ und Abwälzen der politischen Verantwor- tung, andererseits durch den Zug der „Regie- Bundesrat Gottfried Kneifel und PV-Präsident Karl Blecha (v.l.) rungsgesetzgebung“ am Parlament vorbei. Europäische Verflechtungen machten über- dies oft rasche und unvorhergesehene Ent- scheidungen auf EU-Ebene ohne Parla- mentsbeschluß notwendig. Hier seien Sicher- heitsvorkehrungen zu diskutieren, damit das Hohe Haus der Ort der Entscheidung bleibt, rief der ehemalige Nationalratspräsident den anwesenden PolitikerInnen zu. Auch das Ver- hältnis zwischen den Regierungsfraktionen einerseits und der Opposition andererseits kritisierte er als „viel zu schablonenhaft“. Jedenfalls habe er die Politik als einen schönen Beruf empfunden, resümierte Khol, und sie sei ein schöner Beruf, wenn es ge- lingt, etwas zu bewegen und mitzugestalten. Als eine der „aufwühlendsten“ Tätigkeiten bezeichnete er seine Arbeit als Nationalrats- präsident im Nationalfonds. Quelle: Parlamentsdirektion/Parlamentskorrespondenz Natürlich waren auch Andreas Khols Enkerl zu diesem Festakt mitgekommen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 75 Wissenschaft & Technik Zahlreiche renommierte Preise für IST Austria Drei neue ERC Grants und weitere angesehene, hoch dotierte Preise erhöhen die von IST Austria eingeworbenen Forschungsmittel auf 15 Mio. Euro Foto: IST Austria Das Hauptgebäude am Campus des Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) in Klosterneuburg er Europäische Forschungsrat (Euro- weltweiten scientific community deutlich. gerInnen ein durchschnittliches Budget von Dpean Research Council, ERC) hat soe- Sie sind nicht nur sehr willkommene finan- 1,5 Mio. Euro für die Dauer von fünf Jahren ben die Vergabe von drei ERC Starting In- zielle Zuwendungen, sondern bestätigen die bereit. Folgende Forscher am IST wurden dependent Researcher Grants an Professoren Strategie, auf der die Gründung des Instituts ausgezeichnet: der Computerwissenschaftler des IST Austria bekannt gegeben. Mit dieser basiert. Krishnendu Chatterjee, der Neurowissen- Entscheidung kommt das junge Institut sei- Die jüngsten Förderungen und Preise schaftler Jozsef Csicsvari und der Zellbio- nem Ziel, ein erstklassiges Forschungszen- erhöhen die dem IST Austria seit 2009 zuge- loge Michael Sixt; der Computerwissen- trum zu werden, einen wichtigen Schritt nä- sprochenen Forschungsmittel auf Euro 15 schaftler Krzysztof Pietrzak wird seinen un- her. Die Übertragung eines vierten ERC Grant Mio. Mehr als 90 Prozent dieser Summe längst verliehenen ERC Starting Grant an durch einen erst kürzlich berufenen Profes- stammen aus Quellen außerhalb Österreichs. seine neue Stelle am IST Austria übertragen. sor erhöht die Zahl der vom ERC finan- ERC Starting Independent Researcher zierten IST Professoren auf acht. Zahlreiche Grants (ERC Starting Grants) unterstützen Töchterle: Spitzenforschungsinstitut angesehene Preise und internationale Förde- junge aufstrebende ForscherInnen. Das Pro- auf der Überholspur rungen für Mitglieder der IST-Professoren- gramm fördert gezielt vielversprechende Wissenschafts- und Forschungsminister schaft bestätigen die Qualität der Beru- WissenschaftlerInnen, die nachweislich das Karlheinz Töchterle bezeichnet die aktuellen fungen und den Fortschritt am IST Austria. Potential besitzen, unabhängig exzellente Erfolgsmeldungen des IST Austria als „wei- Präsident Thomas Henzinger: „Das sind Forschung zu betreiben. Die Förderungen tere Bestätigung der Attraktivität der Ein- ausgezeichnete Neuigkeiten. Die Nachrich- dienen sowohl zur Einrichtung neuer erst- richtung und motivierendes Signal für den ten kommen in einer wichtigen Entwick- klassiger Forschungsgruppen als auch zur Forschungsstandort Österreich“. Dank der lungsphase des IST Austria. Die Preise und Stärkung bereits bestehender Forschungs- drei weiteren ERC Grants, die in einem se- Auszeichnungen machen die wachsende gruppen. lektiven Auswahlprozeß durch internationa- Anerkennung des Instituts innerhalb der ERC Starting Grants stellen Preisträ- le Gutachtergremien an WissenschaftlerIn-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 76 Wissenschaft & Technik

nen des IST Austria vergeben wurden und Drittmitteln lukrieren konnte. „Umso wichti- Verarbeitung räumlicher Erinnerungen der erfolgreichen Anwerbung von vier neuen ger ist es, begleitend die richtigen Weichen Der Neurowissenschaftler Jozsef Csics- ProfessorInnen erhöht sich die Zahl des für eine Sicherung und den Ausbau des In- vari wurde für seinen Projektantrag „Memory- künftig 20köpfigen Professorenteams mit stituts zu stellen“, betont Töchterle. Auch Related Information Processing in Neuronal Herbst auf acht ERC Grants und somit auf das Evaluierungskomitee hatte in ihrem Be- Circuits of the Hippocampus and Entorhinal eine Gesamtquote von 40 Prozent. „Das IST richt bereits auf die Wichtigkeit einer lang- Cortex“ mit einem ERC Grant ausgezeich- Austria ist damit weiter auf dem besten Weg, fristigen Finanzierung hingewiesen. net. Mit diesem Projekt wollen Csicsvari sich prägnant und nachhaltig in der Weltelite Dementsprechend wurden auch bereits und sein Team die Schaltmechanismen er- der Spitzenforschungsinstitute zu positionie- Gespräche zwischen dem Wissenschaftsmi- klären, die der Verarbeitung räumlicher Er- ren. Diese Erfolge sind zugleich auch nisterium und dem IST Austria begonnen: innerungen in den miteinander verbundenen Auftrag, die Grundlagenforschung in Öster- Der Wissenschafts- und Forschungsminister Gehirnbereichen des Hippocampus und des reich weiter zu stärken“, so Töchterle. bedankte sich bei Präsident Thomas A. Hen- entorhinalen Cortex (EC) zugrunde liegen. zinger und seinem engagierten Team für die Diese beiden Bereiche ermöglichen räumli- erfolgreiche Aufbauarbeit und verweist da- ches Gedächtnis und kodieren räumliche Er- bei auch auf den wichtigen Beitrag von Haim innerungen in neuronalen Aktivitätsmustern. Harari, der seine Erfahrungen als ehemaliger Die Mechanismen, die der Entstehung und Präsident des Weitzmann Institute of Science Abstimmung des räumlichen Gedächtnisses in Rehovot, Israel, beim Aufbau des IST in diesen Regionen zugrunde liegen, sind Austria maßgeblich einbringt. notwendig, um die Verarbeitung von Erinne- Das Institute of Science and Technology rungen in diesen Schaltkreisen zu verstehen. Austria (IST Austria) in Klosterneuburg ist Demzufolge zielt Csicsvaris Forschung dar- ein Forschungsinstitut mit eigenem Promo- auf, die Darstellung des räumlichen Ge- tionsrecht. Das 2009 eröffnete Institut wid- dächtnisses durch Untersuchungen dieser met sich der Spitzenforschung in den Natur- Mechanismen auf den Organisationsebenen wissenschaften, der Mathematik und den der Schaltkreise und der Synapsen zu klären. Computerwissenschaften. Gegründet wurde IST Austria gemeinsam von der österreichi- Zellfortbewegung schen Bundesregierung und dem Land Nie- Der Zellbiologe Michael Sixt wird sich derösterreich. Seit der Eröffnung wächst das der Zytoskelett-vermittelten Krafterzeugung

Foto: Jakob Glaser ÖVP Institut kontinuierlich, bis zum Jahr 2016 und Kraftübertragung bei wandernden Leu- werden 40 bis 50 ProfessorInnen und bis zu kozyten widmen. Sein Ziel ist es, ein detail- Wissenschafts- und Forschungsminister Karlheinz Töchterle bezeichnet die 500 WissenschaftlerInnen vor Ort sein. liertes mechanochemisches Modell der Leu- aktuellen Erfolgsmeldungen des IST kozytenfortbewegung in komplexen Umge- Austria als »weitere Bestätigung der Verbesserung konventioneller Verifika- bungen zu etablieren. Mechanistische Er- Attraktivität der Einrichtung und moti- tionsmethoden für reaktive Systeme vierendes Signal für den Forschungs- kenntnisse dieser Art sind nicht nur entschei- standort Österreich«. Krishnendu Chatterjee zielt mit seinem dend, um Zellfortbewegung zu verstehen, ERC Projekt „Quantitative Graph Games: sondern auch die Grundlage künftiger Versu- „Nachdem ein international hochkaräti- Theory and Applications“ auf die Verbesse- che, pharmakologisch gezielt einzugreifen. ges Komitee dem IST Austria bereits im rung konventioneller Verifikationsmethoden Rahmen des Evaluierungsberichtes Bestno- für reaktive Systeme. Diese Systeme arbei- Schutz komplexer ten verlieh, belegen die jüngsten Erfolge ten meist mit einem Graphen. Die Verifika- kryptographischer Systeme diese Beurteilung nochmals in eindrucksvol- tion eines solchen Systems erfolgt mit Krzysztof Pietrzak forscht im Bereich ler Weise“, so Töchterle. „Das IST Austria Booleschen Richtwerten oder mit einzelnen „Provable Security for Physical Crypto- stärkt nicht nur die internationale Positionie- quantitativen Richtwerten. Eines der zentra- graphy“. Das Forschungsfeld des beweisba- rung Österreichs, sondern kann aufgrund der len Ziele, die Chatterjee und sein Team ver- ren Schutzes digitaler Kommunikation vor starken Vernetzung auch im eigenen Land folgen, ist die Entwicklung einer mathemati- physischen Angriffen steht erst am Beginn als Forschungsmotor und Antreiber wirken“, schen Theorie sowie mathematischer Algo- und umfaßt noch viele spannende theoreti- erklärt Töchterle und verweist dabei auch rithmen für eine neue Klasse von Spielen mit sche und praktische Fragestellungen. In sei- auf die Forschungstätigkeiten an den heimi- Graphen, die sich aus der Verbindung von nem Projekt möchte Pietrzak die Forschung schen Universitäten, die einen wesentlichen quantitativen und Booleschen Richtwerten zu Gegenmaßnahmen auf den Nebenkanälen Beitrag zur Stärkung des gesamten Stand- ergeben. Daraus sollen praktische Techniken vom Konstruktions- und Sicherheitsaspekt ortes leisten würden. (wie Kompositions- und Abstraktionstechni- zur modernen Kryptographie führen. Seiner Mit dem Einwerben von drei weiteren ken) für die effiziente Implementierung Ansicht nach besteht die einzige langfristige ERC Grants (Preise des European Research algorithmischer Lösungen gewonnen wer- Hoffnung für den Schutz komplexer krypto- Council) erfolge nunmehr zum einen die den, damit große Spielgraphen bearbeitet, graphischer Systeme in „Leakage Resilien- weitere Bestätigung der wissenschaftlichen neue Einsatzgebiete erforscht und die Spiel- ce“. Nur eine solche Theorie bietet beweis- Exzellenz und zum anderen auch ein wichti- theorie zu Graphen mit unbegrenzten Zu- baren Schutz vor Attacken auf die Neben- ger Finanzierungsbeitrag für das Institut, das standsräumen und quantitativen Richtwerten kanäle. seit 2009 bereits rund 16 Millionen Euro an entwickelt werden können. http://ist.ac.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 77 Wissenschaft & Technik Intelligente Äste von Nervenzellen Informatiker entdecken neuen Lerneffekt bei Neuronen

n einem EU-weiten Projekt erforschen Wiederkehrende Muster IInformatiker der TU Graz die grundlegen- „Unsere theoretischen Untersuchungen den Lernmechanismen von Neuronen (Ner- und Simulationen haben ergeben, daß diese venzellen) im Gehirn. Im Rahmen ihrer Un- Äste aus der großen Menge an Impulsen tersuchungen haben sie nun einen neuen nach immer wiederkehrenden Mustern su- Lerneffekt entdeckt: Computersimulationen chen. Genauer gesagt, jeder Ast versucht haben ergeben, daß sich die feinen Äste von sich auf solch ein wiederkehrendes Muster sogenannten Dendritenbäumen selbstständig zu spezialisieren, und dann jedes Wieder- auf wiederkehrende Muster spezialisieren auftreten von diesem Muster dem Zellkörper können – somit wird die Lernfähigkeit eines durch einen Impuls zu melden“, so der Leiter Neurons beträchtlich erhöht. Dieses For- des Instituts für Grundlagen der Informa- schungsergebnis publizierten die Wissen- tionsverarbeitung. Dadurch strukturieren und schaftler am Institut für Grundlagen der filtern sie den hereinkommenden Inputstrom Informationsverarbeitung (IGI) der TU Graz auf intelligente Weise – der Effekt: Die Re- in der aktuellen Ausgabe des renommierten Foto: TU Graz chenfähigkeit des Neurons wird erhöht. So- Fachjournals „Journal of Neuroscience“. Wolfgang Maass, Leiter des Instituts mit erfüllen diese Äste eine zusätzliche Rolle für Grundlagen der Informations- Das menschliche Gehirn besteht aus einem verarbeitung der TU Graz bei der Informationsweitergabe im Gehirn. Netzwerk von mehreren Milliarden Nerven- Diese neuesten Ergebnisse publizierten zellen. Verbunden sind diese durch eigene tionen an den Synapsen. Diese treffen dort in die beiden Wissenschaftler nun in einem Ar- Kontaktstellen, die Synapsen. TU Graz Infor- Form von elektrischen Impulsen ein“, erklärt tikel im international renommierten „Journal matiker beschäftigen sich schon seit mehre- Robert Legenstein, der das Projekt gemein- of Neuroscience“, das eines der führenden ren Jahren mit der Frage, wie Informationen sam mit IGI-Leiter Wolfgang Maass be- Fachzeitschriften auf dem Gebiet der Neuro- an den Synapsen weitergegeben werden. treibt. Im Zuge des dreijährigen EU-Pro- wissenschaften ist. jektes „Brain-i-Nets“ (Novel Brain Inspired http://www.tugraz.at Dendritenbaum Learning Paradigms for Large-Scale Neu- „Wie sich der Stamm eines Baumes in ronal Networks) erforschen die TU Graz Originalarbeit Äste aufteilt, besitzen auch Neuronen einen Informatiker gemeinsam mit Neurowissen- Branch-Specific Plasticity Enables Self- Dendritenbaum, der sich immer feiner ver- schaftlern und Physikern Rechenprinzipien Organization of Nonlinear Computation in zweigt. Während aber ein Baum mit den und Lernmechanismen im Gehirn – in Single Neurons. R. Legenstein, W. Maass. Blättern auf seinen Ästen Sonnenlicht sam- Computer Simulationen konnten sie nun dies Publiziert in „The Journal of Neuroscience“ melt, sammeln diese Nervenzellen Informa- neue Phänomen beobachten. am 27. Juli 2011. Foto: Jesper Sjöström/Alexandre Moreau Dem Soma - heller tropfenförmiger Bereich im unteren Bildabschnitt - entspringen mehrere dendritische Äste, sowie der auf- strebende Hauptstamm des apikalen Dendritenbaumes. An den Dendriten sind Andockpunkte für Synapsen ersichtlich.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 78 Wissenschaft & Technik Neue Erkenntnisse zum »wundersamen« Stern Mira Der Stern Omikron Ceti, ist in doppelter Hinsicht außergewöhnlich. Foto: NASA Miras »Kometenschweif«, der sich über mehr als 13 Lichtjahre erstreckt er Stern Omikron Ceti, genannt Mira, pelsternsystem ist. Es besteht aus dem sehr Universität Wien und Erstautor der aktuellen Dverändert seine Helligkeit in regelmäßi- hellen und pulsierenden Roten Riesen Mira Publikation in Astronomy & Astrophysics. gen Abständen und besitzt einen kometen- A und dem kleineren, sehr leuchtschwachen „Dem liegt wahrscheinlich das Zusam- ähnlichen Schweif. Neue Erkenntnisse zu Weißen Zwerg Mira B. Beide Sterne trennt menspiel zweier Faktoren zugrunde: Einer- Strukturen in der Umgebung des alten Sterns die 55fache Distanz zwischen Erde und Son- seits die Bewegung des Weißen Zwergs liefert ein internationales Forschungsteam ne. Beobachtungen im Röntgenbereich aus durch den Sternenwind, der eine spiralförmi- unter führender Beteiligung von Wissen- dem Jahr 2005 zeigten, daß Mira A einen ge Struktur hinterläßt. Diese Spiralen wer- schaftern des Instituts für Astronomie der Teil ihrer Masse auf Mira B überträgt. den andererseits durch den starken Masse- Universität Wien. Die Forscher publizieren „Massenverlust in Form eines staubreichen ausstrom ,durchbohrt‘ und durch die Bewe- dazu in der aktuellen Ausgabe des Journals Windes ist eines der zentralen Merkmale von gung des interstellaren Mediums zusammen- „Astronomy & Astrophysics“. ,sterbenden‘ roten Riesensternen“, erklärt gedrückt“, erläutert Mayer. Seit rund 20 Jahren steht die Erforschung Franz Kerschbaum, Leiter des Instituts für Roter Riesen im Fokus der Arbeit von Astro- Astronomie der Universität Wien. Herschel: europäisches Projekt nomInnen der Universität Wien. Diese End- mit österreichischer Beteiligung stadien sonnenähnlicher Sterne weisen eine Rasender Stern mit »Kometenschweif« 2009 wurde unter österreichischer Betei- überdurchschnittliche Größe und Leucht- Eine weitere eindrucksvolle Eigenschaft ligung „Herschel“ gestartet, das Infrarottele- kraft auf, die beim bis zu 1000fachen unse- ist Miras Bewegung durch das interstellare skop der Europäischen Weltraumorgani- rer Sonne liegt. Der Rote Riese Omikron Gas. „Mit etwa 110 Kilometern pro Sekunde sation ESA. Es beobachtet den Himmel in Ceti im Sternbild Walfisch ist einer der be- rast der Stern durch das All“, sagt Thomas fernen Infraroten und ist mit einem Spiegel- kanntesten und meistbeobachteten Sterne an Posch vom Institut für Astronomie der Uni- durchmesser von 3,5 Metern das derzeit größ- unserem Nachthimmel. versität Wien. Der staubreiche Wind wird, te Weltraumobservatorium – seine lichtsam- ähnlich wie bei einem Kometenschweif, melnde Fläche ist doppelt so groß wie jene Vermeintliches Verschwinden nach hinten getragen. Spektakuläre Aufnah- des NASA-Teleskops „Hubble“. Am Institut der »Wundersamen« men aus dem Jahr 2007 zeigten dies erstmals für Astronomie der Universität Wien wurde Die Bekanntheit von Omikron Ceti be- und offenbarten einen starken Ausstrom an die Software entwickelt, welche es ermög- ruht auf seinem vermeintlichen Erscheinen Masse entlang der Bewegungsbahn. licht, die Daten noch an Bord des Satelliten und Verschwinden, das bereits Astronomen genügend stark zu komprimieren, um sie zur im 17. Jahrhundert erstaunte. Omikron Ceti Bogenförmige und Erde übertragen zu können. ist in seinen hellsten Phasen leicht mit freiem aufgebrochene Strukturen http://astro.univie.ac.at Auge sichtbar, wird jedoch regelmäßig bis Neue Beobachtungen mit dem Infrarot- zu 1500 Mal schwächer. Seine Helligkeits- teleskop Herschel der Europäischen Welt- Publikation schwankungen wiederholen sich in einer Pe- raumorganisation, die am Institut für Astro- Herschel's view into Mira's head (A. riode von etwa 331 Tagen. In seinem Buch nomie der Universität Wien ausgewertet Mayer, A. Jorissen, F. Kerschbaum, S. Historiola Mirae Stellae aus dem Jahr 1662 wurden, fügen diese Beobachtungen zusam- Mohamed, S. Van Eck, R. Ottensamer, J. A. gab Johannes Hevelius Omikron Ceti deswe- men und erweitern das Wissen um Miras rät- D. L. Blommaert, L. Decin, M. A. T. Groene- gen den Namen Mira – „die Wundersame“. selhafte Erscheinung. „In der Umgebung des wegen, Th. Posch, B. Vandenbussche and Sternsystems sind bogenförmige und aufge- Ch. Waelkens). In: Astronomy & Astro- Mira – ein Doppelstern brochene Strukturen zu erkennen, zusam- physics, Volume 531, July 2011. Heute wissen wir, daß Mira, etwa 300 men mit einem zarten Schweif“, so Andreas DOI: 10.1051/0004-6361/201117203 Lichtjahre von der Erde entfernt, ein Dop- Mayer vom Institut für Astronomie der http://www.aanda.org/articles/aa/abs/2011/07/aa17203-11/aa17203-11.html

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 79 Wissenschaft & Technik Prostatakrebs: Forscher tüfteln an verbesserter Therapie Neuer Hemmstoff erstmals in Zellkulturmodell eingesetzt

rostatakrebs ist der häufigste, bösartige punkte zur Verbesserung der Therapie bei Haben die Krebszellen aber bereits weitere PTumor beim Mann und wird im fortge- fortgeschrittenem Prostatakrebs“, betonen Organe besiedelt, wird eine Hormon- schrittenen Stadium mit Hormonentzugs- Santer und Culig. entzugstherapie durchgeführt. Diese zielt therapie behandelt. Diese Waffe kann der C646 ist ein so genanntes „small molecu- darauf ab, die Aktivität des Androgenre- Tumor mit der Zeit aber entschärfen und wei- le“ und zählt chemisch zur Klasse der „Ace- zeptors zu hemmen. Jedoch treten nach rund terwachsen. Auf der Suche nach einer Verbes- tyltransferase-Inhibitoren“. Durch Bindung zwei Jahren Resistenzen gegen die Hor- serung der gängigen monentzugsbehand- Therapie erzielt ein lung auf und der österreichisch-ame- Tumor wächst erneut. rikanisches Forscher- Diese Anpassung der team nun im Labor er- Tumorzellen auf die ste Erfolge beim Ein- Behandlung ist unter satz eines neuen anderem auf die ver- Hemmstoffes (Inhibi- mehrte Expression tor). Die renommierte von Kofaktoren des Zeitschrift „Molecular Androgenrezeptors, Cancer Therapeutics“ wie z.B. p300, zu- der „American Asso- rückzuführen. ciation for Cancer Re- search (AACR)“ be- Tagung im Herbst richtete darüber online Culigs Gruppe lei- vorab. stet international be- Frédéric R. Santer achtete Forschungen (33) vom Forschungs- zu Entstehung, Voran- team des Molekularpa- schreiten und verbes- thologen Zoran Culig serter Therapie von von der Universitäts- Prostatakrebs. Neue- klinik für Urologie der Frédéric R. Santer ste Arbeiten werden Medizinischen Uni- im Herbst beim Welt- versität Innsbruck konnte in Zusammenar- an das Protein „p300“ kann C646 die Funk- kongress für Urologie in Innsbruck präsen- beit mit dem Pharmakologen und Onkologen tion von „p300“ unterbinden. Der Kofaktor tiert. Diese Tagung findet von 15. bis 17. Philip A. Cole von der Johns Hopkins Uni- „p300“ ist eines jener Proteine, das dem September in der Tiroler Landeshauptstadt versität in Baltimore (USA) den neuen Empfänger der männlichen Hormone, dem statt. Erwartet werden 200 TeilnehmerInnen Hemmstoff „C646“ erstmals im Zellkultur- Androgenrezeptor-Protein hilft, die Ablese- aus Europa und den USA. Thema des von modell erfolgreich gegen fortgeschrittenen häufigkeit verschiedener Gene zu regulieren. der Abteilung für Experimentelle Urologie Prostatakrebs einsetzen. Die von Cole ent- Wird p300 gehemmt, so kommt es zu einer veranstalteten Weltkongresses sind neueste wickelte Substanz hemmt wichtige regulie- verringerten Ablesehäufigkeit dieser Gene, Forschungsergebnisse in der molekularen rende Proteine der Gentranskription und was das Wachstum der Krebszellen ein- Pathologie urologischer Erkrankungen. wurde vom Innsbrucker Team auf ihre Wirk- bremst. Gefördert wurden diese therapie- http://www.zculig.org samkeit bei Prostatakrebs überprüft. „Wir orientierten Grundlagenarbeiten durch das konnten in mehreren Zelllinien nicht nur das Translational-Research-Programm des öster- Publikation: ungebremste Wachstum von Prostatakrebs reichischen Forschungsfonds FWF. Inhibition of the acetyltransferases p300 verhindern, sondern auch das Absterben von Mit der Diagnose „Prostatakrebs“ wird and CBP reveals a targetable function for Tumorzellen einleiten. Als zusätzlichen, jeder zehnte Europäer im Laufe seines p300 in the survival and invasion pathways positiven Effekt entdeckten wir, daß dieser Lebens konfrontiert. Männliche Sexualhor- of prostate cancer cell lines. F. R. Santer, P. Hemmstoff einen entzündungsfördernden mone (Androgene) spielen bei der Entste- P. S. Höschele, S. J. Oh, H. Erb, J. Bouchal, Signalweg blockiert. Auch dies ist für die hung und beim Voranschreiten eine Schlüs- I. T. Cavarretta, W. Parson, D. J. Meyers, P. Weiterentwicklung der Behandlung interes- selrolle. Wird der Tumor im Frühstadium A. Cole and Z. Culig, Molecular Cancer sant. Insgesamt sind die Ergebnisse unserer entdeckt und die Prostata chirurgisch entfernt, Therapeutics, Epub ahead of print.

Foto: Robert Schober/privat Grundlagenforschungen wichtige Ansatz- haben Betroffene gute Heilungschancen. http://dx.doi.org/10.1158/1535-7163.MCT-11-0182

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 80 Wissenschaft & Technik Ein Land auf der »Couch« Tirol zwischen Tradition und Moderne

ie Hälfte der Tiroler und Tirolerinnen sen erleben, stufen immerhin 63 Prozent den stark von konservativen Werten geprägt ist, Dwünscht sich, daß Tirol so bleibt, wie es Zusammenhalt in der Gemeinschaft als läßt sich ebenfalls an den Daten ablesen: ist. Für jede und jeden Vierten wäre eine „schlecht“ ein. Etwa gibt es für die Werte „Respekt vor Au- Modernisierung des Landes notwendig, Den Stolz, in Tirol zu leben, tragen viele toritäten“ (63 Prozent) und „Gehorsam ge- während sich ein Zehntel den Zustand von der Befragten auch nach außen: Zeichen der genüber den eigenen Eltern“ (73 Prozent) „früher“ herbeisehnt: Innsbrucker Wissen- Zugehörigkeit wie die Fahne, die Tiroler hohe Zustimmung. 70 Prozent der Befragten schaftler haben die Einstellungen der Tiro- Tracht oder der Dialekt geben Orientierung stimmen der Aussage zu, daß es jede und lerInnen zu ihrem Bundesland ermittelt. und Sicherheit. Drei Viertel der Befragten jeder in Tirol schaffen kann wenn er oder sie Ende Juni wurde ein einjähriges For- sind auch stolz darauf, daß Tirol so gerne nur hart genug arbeitet – und negieren somit schungsprojekt an der Universität Innsbruck von Touristen besucht wird. Bei dauerhafter behindernde Einflüsse, die außerhalb des Ein- beendet, das sich zum Ziel setzte, ein Stim- Zuwanderung verhärten sich die Fronten flusses der einzelnen Person liegen. Dem- mungsbild der Tiroler Gesellschaft ange- gegenüber stimmt nur ein Drittel der Be- sichts zukünftiger Herausforderungen in fragten der Aussage zu, daß der Vater das einer globalisierten Welt zu zeichnen. Was Oberhaupt in einer Tiroler Familie ist. hält die TirolerInnen zusammen, was treibt „Diese starken Wertestrukturen verhin- sie auseinander? Wie wird mit neuen dern jedoch unter Umständen die Chance, Bewohnern umgegangen? Welche Perspekti- neuen Herausforderungen offen gegenüber ven bieten sich für die Zukunft? „Die Er- zu stehen“, meint Studienautorin Donat: So gebnisse zeigen, daß die Tiroler Gesellschaft ist jeder zehnte Befragte dagegen, daß homo- ein sehr hohes Potential in sich trägt, An- sexuelle Lehrer in Tiroler Schulen unterrich- forderungen stark und selbstbewußt gegenü- ten dürfen. Neben der allgemeinen Werte- ber zu treten“, erklärt Studienautorin Elisa- struktur untersuchte die Studie auch aktuelle beth Donat, „aber auch, daß sie durchlässig Themen wie die Mißbrauchsvorfälle in der gegenüber neuen Herausforderungen blei- katholischen Kirche. Für fast alle Befragten ben muß, um in einer immer komplexeren Foto: Universität Salzburg ist eine Aufklärung der Mißbrauchsfälle Welt bestehen zu können.“ Für die Studie Elisabeth Donat wichtig, doch das bedingungslose Vertrauen wurden 29 biographische Interviews sowie allerdings: 80 Prozent der Befragten wollen, in die katholische Kirche scheint passé zu 500 repräsentative telefonische Interviews daß neue ZuwanderInnen sich unbedingt den sein: So traut nur ein Drittel der Befragten mit TirolerInnen aller Bevölkerungsschich- vorherrschenden Regeln anpassen sollen und der katholischen Kirche zu, diese Miß- ten durchgeführt, seit kurzem liegen die Er- machen sich große Sorgen um eine Benach- brauchsfälle selber lückenlos aufzuklären. gebnisse vor. teiligung der „Alteingesessenen“. Auch, daß mehr als 50 Prozent der Befragten den Bau Zukunftspotentiale Die Tiroler und die anderen weiterer Minarette in Tirol ablehnen, kann Die starke Verbundenheit der TirolerIn- „Die Liebe der Tirolerinnen und Tiroler zumindest als Skepsis gegenüber fremden nen mit ihrem Land läßt Partizipation und zu ihrem Land nimmt manchmal schon kör- Kulturen interpretiert werden. Mitgestaltung in Tirol nicht bloße Schlag- perliche Dimensionen an“, sagt Elisabeth wörter bleiben. Wären etwa die Befragten Donat. „Etwa verwenden die Befragten in Mit Vergangenheit in die Zukunft? vom Bau einer Fernverkehrsstraße in ihrer den biographischen Interviews eine Vielzahl Daß die Geschichte Tirols ein aufwühlen- unmittelbaren Wohngegend betroffen, würde von physischen Metaphern wie das Herz, die des Thema für Tirols Bewohner darstellt, jeder und jede zweite Befragte in Erwägung fünf Sinne oder das Blut für die Verbun- konnte sowohl in den Tiefeninterviews als ziehen, auch öffentlich bei Medien oder denheit mit Tirol.“ Rund 85 Prozent der Be- auch in der Fragebogenerhebung gezeigt Behörden aufzutreten. Besonders erfreulich fragten in der Fragebogenerhebung fühlen werden. Nur ein geringer Teil der Untersu- ist das dichte Netz an Sozialkapital, das die sich in Tirol verwurzelt und lieben ihr Land. chungsteilnehmer weiß nichts mit dem Untersuchung aufzeigen konnte. Gesell- Die Lebensqualität in Hinblick auf Umwelt- Tiroler Freiheitskampf anzufangen. Für rund schaftliche Teilhabe muß dabei nicht immer bedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten 60 Prozent der Befragten ist Andreas Hofer in Form von hochschwelligen, formalen Tä- wird als sehr gut beschrieben, skeptischer noch heute ein Held und viele wünschen tigkeiten (etwa die Mitgliedschaft bei Orga- sind die Befragten bezüglich des Sozial- sich, daß die Tiroler wieder so zusammen- nisationen) sichtbar werden: So geben 73 Pro- systems und der Bedingungen am Arbeits- halten wie am „Bergisel“. Ähnlich das Er- zent der Befragten an, sich um ihre Nachbarn markt. Auch die Einschätzung, ob die Tiroler gebnis zu Südtirol: „Jeder zweite Befragte zu sorgen und zwei Drittel der Befragten Gesellschaft nun als offen oder als geschlos- stimmt der Aussage zu, daß die Trennung helfen ihren Nachbarn regelmäßig. „Gelingt sen und exklusiv bezeichnet werden kann, er- von Südtirol tiefe Wunden hinterlassen hat“, es, dieses dichte Netz aufrecht zu erhalten, zeugt gemischte Gefühle bei den Befragten: bemerkt Elisabeth Donat. Daß die Tiroler kann die Gemeinschaft optimistisch in die Von jenen Befragten, die Tirol als geschlos- Gesellschaft neben ihrer Geschichte sehr Zukunft blicken“, sagt Elisabeth Donat.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 81 Gesundheit Effizientes Notarztwesen in Niederösterreich Das Land Niederösterreich legt größten Wert auf eine bestmögliche medizinische Versorgung. Gerade in Notfällen spielt die rasche Hilfe durch hochqualifizierte Einsatzkräfte eine lebenswichtige Rolle.

n Notfällen zählt jede Sekunde! Deshalb Ihat für uns in Niederösterreich eine fun- dierte Fachausbildung der Einsatzkräfte höchste Priorität. Genauso wesentlich ist eine abgestimmte Infrastruktur und die opti- male Koordination der Notfallseinsätze: 32 Stützpunkte und 130 Notärzte aus NÖ Lan- deskliniken sorgen für die bestmögliche Versorgung der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher“, betont Wolfgang Sobot- ka, Landeshauptmann-Stellvertreter. Bei einem Zehntel aller Einsätze kom- men Hubschrauber zum Einsatz, daher in- kludiert das Notarztversorgungskonzept in Niederösterreich auch drei Hubschrauber- standorte sowie einen Intensivtransporthub- schrauber, welche sowohl Primär- als auch Sekundärtransporte in Rekordzeit ermög- lichen. Insgesamt investiert die NÖ Landes- kliniken-Holding rund 12,5 Millionen Euro Foto: NLK Johann Pfeiffer in den Patiententransfer, Transporte ohne v.l.: Michael Sartori (GF der Bezirkstelle St. Pölten, Rotes Kreuz NÖ), Thomas Pöch- Arztbegleitung, notarztbegleitete Transporte acker (GF 144 Notruf Niederösterreich GmbH), Martin Bayer (NÖ Landeskliniken- Holding), Landeshauptmann-Stellvertreter und Christoph Rötzer mit Rechnungsstellung (RK, ASBÖ, IHT) (Notärztekoordinator, Rotes Kreuz NÖ) sowie in die Personalkosten der NÖ Lan- deskliniken-Holding für das primäre und Anliegen“, hebt Christoph Rötzer, Notärzte- land mit einer solch umfassenden und sekundäre Notarztwesen. Die Investitionen koordinator beim Roten Kreuz NÖ, hervor. gleichzeitig verpflichtenden Zusatzausbil- in die notarztbegleiteten Transporte entfallen Die „Ausbildung Neu“ der Notärzte im dung für angehende Notärzte. zu etwa einem Drittel auf Hubschrauber- Land Niederösterreich enthält zwei Schwer- „Notfälle können immer und überall pas- einsätze, zu rund zwei Drittel auf bodenge- punkte: Das „Curriculum Neu“ umfaßt eine sieren. Trotz größter Vorsicht und zahlrei- bundene Transfers. Dabei bemühen sich die Reihe von Ausbildungsstationen, die Not- chen Präventionsinitiativen lassen sie sich NÖ Landeskliniken-Holding, 144 Notruf ärzte durchlaufen müssen, bevor sie zum nicht immer vermeiden. Allein im Jahr 2010 NÖ sowie das Rote Kreuz NÖ um eine kon- Dienst zugelassen werden. Sie inkludiert un- verzeichnen wir 37.000 Notarzteinsätze, fast sequente Effizienz- und Qualitätssteigerung ter anderem die Simulation ausgewählter die Hälfte bei Nacht. Die Mitarbeiter des des Notarztwesens. Einsatzsituationen, wodurch insbesondere 144 Notrufs NÖ koordinieren jährlich rund „Neben Optimierungen bei der Koordi- angehende Notärzte mit Notfällen vertraut 1,5 Millionen Anrufe, davon 291.000 zeit- nierung der verschiedenen Transportsysteme werden und ihre Entscheidungssouveränität kritische Notrufe. Durchschnittlich trifft der und Standpunkte steht dabei insbesondere in Realsituationen verbessert wird. „Ergänzt Notarzt nach weniger als 13 Minuten am das Personal im Vordergrund. Notfälle be- wird die Ausbildung durch Lehr-Einsatz- Unfallort ein. Um den Patienten eine ideale deuten für die medizinischen Einsatzkräfte, fahrten mit dem Notarztwagen sowie spe- Versorgung zu gewährleisten und die Ein- Entscheidungen unter höchstem Zeitdruck zielle Schulungen, insbesondere Schulungen satzmannschaften an die bestmöglichen zu treffen, welche wiederum über Leben in der technischen Rettung in Zusammen- Standorte zu lotsen, werden zunehmend oder Tod bestimmen können. Um optimale arbeit mit der Feuerwehr“, erklärt Martin auch modernste mobile Applikationen aus Maßnahmen in solchen Streßsituationen be- Bayer, der seit einem Monat für den Kom- dem Mobilbereich ebenso wie GPS-Lokali- schließen zu können, bedarf es höchster petenzbereich Notarztwesen in der NÖ sierungen eingesetzt“, so Thomas Pöch- Fachkompetenz der medizinischen Einsatz- Landeskliniken-Holding zuständig ist. acker, Geschäftsführer der 144 Notruf Nie- kräfte. Daher ist uns die bestmögliche Aus- Das Land Niederösterreich nimmt hier derösterreich GmbH. bildung unserer Notärzte ein besonderes eine Vorreiterrolle ein als einziges Bundes- http://www.144.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 82 Kultur 66. Bregenzer Festspiele Mit einem Festakt im Festspielhaus wurden am 20. Juli die 66. Bregenzer Festspiele eröffnet – In seiner Festrede widmete sich Bundespräsident Heinz Fischer vor allem dem Thema Schöpfung, dem diesjährigen Motto des Festivals. Fotos: Bregenzer Festspiele / Karl Forster Eröffnung der 66. Bregenzer Festspiele (v.l.): Bundeskanzler Werner Faymann, Margit und Bundespräsident Heinz Fischer, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, Festspielpräsident Günther Rhomberg und Staatssekretär Josef Ostermayer.

in enorm spannendes Thema“, befand Im Rahmen einer Weiterentwicklung des EBundespräsident Heinz Fischer, als er Kunstverständnisses sei Kunst nicht mehr am 20. Juli die 66. Bregenzer Festspiele brillantes handwerkliches Schaffen, das die eröffnete. Das Motto „Schöpfung“ biete An- Natur abbildet, sondern Kunst werde durch laß, über die Errungenschaften der mensch- die Interpretation des schöpferischen Geistes lichen Erkenntnis nachzudenken, aber auch zu etwas Neuem, zur Creatio: „Was als ,künst- über die sich verändernden Theorien zum lerisch‘ oder ,kreativ‘ gelten will, muß oder Ursprung des Lebens und des Universums, soll über das Altbekannte und Tradierte hin- sagte Fischer bei der Eröffnung. Die Frage ausweisen“, sagte Fischer. Das Neue werde nach der Entstehung des Universums sei zu einem bestimmenden Kriterium der Kunst. eine Zentralfrage der Naturwissenschaften Über diesen Anspruch der Kunst lasse sich und vieler Religionen, die die Menschen sei- im Einzelfall streiten, man sei sich hier aber nes Erachtens für immer faszinieren werde. wohl einig, daß „Andre Chenier als Haupt- Der Schöpfungsakt liege in jedem Fall jen- darsteller des heutigen Abends“ diesen An- seits der menschlichen Ratio. Dies sei der spruch erfülle. Umberto Giordano habe dem Grund, weshalb die Schöpfung seit jeher Dichter mit der Oper ein Denkmal gesetzt. Künstler zu bildnerischen, literarischen oder Fischer bedankte sich bei den Festspiel- musikalischen Auseinandersetzungen mit Verantwortlichen „für ihr Engagement und dem „Anfang aller Dinge“ inspiriert habe, so ihre Kreativität, die für die Zusammenstel- der Bundespräsident. Bundespräsident Heinz Fischer lung eines so erstklassigen und vielschichti-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 83 Kultur

Die Wiener Symphoniker und der Prager Philharmonische Chor unter Paul Daniel am Eröffnungsabend

gen Programmes erforderlich ist“ und gratu- Hausoper „Achterbahn“. Passend zum heuri- Letzte Festspieleröffnung für Fest- lierte zum Abschluß dem Vorarlberger Lan- gen Festspiele-Motto wurden Teile aus spielpräsident Günter Rhomberg deshauptmann Herbert Sausgruber zu dessen Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ präsen- Festspielpräsident Günter Rhomberg kün- 65. Geburtstag. tiert. Die zeitgenössische Schiene der Fest- digte bei der Eröffnung seine „31. und defi- Bei der von Intendant David Pountney spiele „Kunst aus der Zeit“ war mit einem nitiv letzten Eröffnungsrede“ an. Rhomberg unterhaltsam gestalteten Eröffnungsfeier do- Auszug aus dem Auftragswerk „Der Be- hat die Präsidentschaft der Bregenzer Fest- minierten Auszüge aus dem Programm des schwerdechor Bregenz“ von Jorge Sanchez- spiele 1981 übernommen. Dem Alter des Fest- Festivals. So waren etwa zu den Wiener Chiong vertreten. Nach dem Festspiele-Trai- spielpräsidenten ist gemäß Statut das Limit Symphonikern Solisten aus „Andre Chenier“ ler war weiters die „Hymne des Marseillais“ von 75 Jahren gesetzt – Rhomberg wird im zu hören, ebenso „Hassans Arie“ aus der von Hector Berlioz zu hören. nächsten Jahr 74. Fotos: Bregenzer Festspiele / Karl Forster Ein Blick auf die Ehrengäste und das Publikum des Eröffnungsabends im Bregenzer Schauspielhaus

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 84 Kultur

„Bei einem Rückblick auf 65 Jahre Bre- Die Nachkriegszeit sei von einem starken genzer Festspiele“ so Rhomberg, „ist noch- Zusammenhalt der Gesellschaft und dem mals den Gründungsvätern des Jahres 1946 Willen führender Persönlichkeiten geprägt zu gedenken, die als engagierte Bürger unse- gewesen, unser Land wieder aufzubauen und rer Stadt den Entschluß faßten, mit Musik- dabei – im Gegensatz zu heute – nicht vor- festspielen zu beginnen – ohne dabei auf ir- rangig an das eigene Wohlergehen zu den- gendeine Tradition zurückgreifen zu können.“ ken. Wäre es heute noch denkbar, daß Mit- Und an die erste Pionierphase in den glieder des „Vereins der Festspielfreunde“ 50er- und 60er-Jahren des vergangenen Jahr- private Haftungen übernähmen, um den hunderts zu erinnern, als nach den ersten Fortbestand der Festspiele zu ermöglichen? Erfolgen – durch das Geschenk des lokalen „Genau dies ist in den 50 Jahren durch unse- Unternehmers Karl Deuring – eine Holztri- re Vorgänger in der damaligen ,Festspielge- büne für mehr als 4000 Besucher errichtet meinde‘ geschehen“, blickt der scheidende werden konnte und später, an einem neuen Festspielpräsident zurück. Standort, eine aus dem Kies des Bodensees Damit sei der Gründungsgedanke dieser geschüttete Tribüne mit einem Fassungsver- Festspiele gestärkt und auch in schwieriger mögen für 6400 Menschen geschaffen Zeit der Beweis erbracht worden, „daß diese wurde. kulturelle Initiative weiter lebt und nicht Die ehrenamtlich tätigen Funktionäre der mehr verloren gehen konnte. In diesen An- damaligen „Festspielgemeinde“ seien Pio- fangsjahren war die Landespolitik bei kri- Festspielpräsident Günther Rhomberg niere gewesen, in der Regel erfolgreiche Un- senhaften Situationen mit ihrer Hilfe noch engagierte Bürger, Stadt- und Landespoliti- ternehmer, wie beispielsweise Julius Wach- sehr zögerlich, der entscheidende Anstoß ker, welche gemeinsam und überparteilich ter oder Günther Rhombergs Vater Walter, die kam jeweils von Seite privater, unternehme- einen personellen Neubeginn unterstützten. ersten beiden Präsidenten der „Festspielge- risch denkender Kräfte, welche sich uner- Die prägenden Jahre zwischen 1985 und meinde“, welche ihre persönlichen Ziele schütterlich für die Idee dieser Festspiele 2003 unter der Führung Alfred Wopmann, nicht ausschließlich im wirtschaftlichen Er- einsetzten.“ Franz Salzmann und meiner Person – sowie einem komplett neu aufgebauten Team aus- gezeichneter Mitarbeiter – brachten den Durchbruch zu wirklich internationalem Renommee.“ Erstmals waren damals innerhalb von vier Wochen 200.000 und mehr zahlende Besucher nach Bregenz gekommen und die internationalen Medien nahmen verstärkt Notiz von den künstlerischen Eigenleistun- gen, welche in dieser Kleinstadt am Boden- see von Jahr zu Jahr erbracht wurden. „Die künstlerischen Erfolge dieser Zeit – an welchen ab 1989 auch der jetzige Inten- dant David Pountney als Regisseur großarti- ger Opernproduktionen wesentlich beteiligt war – ermutigten die Politiker in Stadt, Land und Bund den Wünschen der Festspiele nach umfangreichen baulichen Erweiterungen des Fotos: Bregenzer Festspiele / Karl Forster Noah Stewart singt Hassans Arie aus Judith Weirs Oper »Achterbahn« Festspielkomplexes zuzustimmen. In den Jahren 1995/1996 und 2005/2006 wurden folg ihrer eigenen Firmen gesucht, sondern Mit dem Bau des Theaters am Kornmarkt von den Gebietskörperschaften große Inve- ihre kreativen Kräfte auch für das Gemein- 1955 und der Eröffnung des Festspielhauses stitionen genehmigt – wiederum nach einer wohl eingesetzt hätten. im Jahre 1980 aus Mitteln der öffentlichen privat gestarteten Geldsammelaktion, wel- „Der Zustrom internationaler Gäste und Hand, wurden dann aber zwei Aufführungs- che über 3,5 Mio. Euro einbrachte. Und so vor allem das Auftreten erstrangiger Künst- stätten geschaffen, die den Festspielen eine konnte hier am Bodensee ein, auch architek- ler – beginnend bei den Wiener Sympho- weitere positive Entwicklung erst ermög- tonisch eindrucksvolles, neues Festspiel- nikern, dem Ensemble des Burgtheaters und lichten. zentrum von europäischem Rang entstehen“, den Sängerinnen und Sängern der Wiener „Schon Anfang der 80er Jahre – dem erinnert sich Rhomberg. Staats- und Volksoper – bewirkten eine all- Beginn der zweiten Pionierphase – war klar Heute sei es ein Leichtes, dieser Investi- mähliche positive Veränderung in der da- erkennbar, daß nur ein mutiger Schritt nach tion in ein kulturelles Großprojekt positiv mals noch eher konservativ strukturierten vorne diese Festspiele vor einer drohenden gegenüber zu stehen. Für die Politiker, wel- Kulturszene und Gesellschaft Vorarlbergs“, Provinzialisierung retten konnte. Dafür gab che dies damals zu entscheiden und gegen- so Rhomberg. es zwar kein Erfolgsrezept, aber nach wie vor über einer kritischen Öffentlichkeit zu ver-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 85 Kultur Foto: Bregenzer Festspiele / Karl Forster Regisseur Keith Warner und Bühnenbilder David Fielding wählten ²Der Tod des Marat«, das bekannteste Gemälde des Revo- lutionsmalers Jacques-Louis David, als Basis, Inspiration und Symbol für ihre Inszenierung der Oper »André Chénier«.

antworten hatten, sei dies weit schwieriger zu bilden, zu arbeiten und am gesellschaft- »Eine große Familie« gewesen. Es gehe ja immer um das Geld des lichen Leben teilzunehmen. Der mexikanische Tenor Hector Sando- „anonymen Steuerzahlers“ und es habe viel Dabei spiele die Kunst in der Persönlich- val, der bereits 2008 bei Tosca als „Cavara- Überzeugungskraft gebraucht, diese extrem keitsbildung eine entscheidende Rolle, be- dossi“ auf der Seebühne zu erleben war, hohen Finanzierungskosten gegenüber der tonte Schmied. Die Ministerin gratulierte schwärmte vom besonderen Flair des Spiels Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Intendant David Pountney zu seinem Mut, auf dem See: „Es ist eine große Herausforde- „Dafür möchte ich heute nochmals allen „niemals den allzu leichten Weg der bewähr- rung, die anspruchsvolle Rolle des André damals tätigen Bürgermeistern, Landes- ten Stücke zu gehen, sondern Auftragswerke Chénier hier am Bodensee zu singen, aber hauptleuten und Ministern den Dank der Bre- und unbekannte Stücke nach Bregenz zu die Atmosphäre hier bei den Bregenzer Fest- genzer Festspiele aussprechen. Die künstle- bringen“. spielen ist einfach einzigartig. Wir sind wie rische Entwicklung konnte unter der Inten- eine große Familie und haben auch sehr viel danz von David Pountney ab dem Sommer Zwischen packender Revolution Spaß zusammen!“ 2004 bis zum heutigen Tag, weiter gefestigt und kreativem Feuer werden – und die risikobereite Haltung des Sowohl Intendant David Pountney als »Kreatives Feuer« im Festspielhaus amtierenden und gegenüber der Öffentlich- auch Regisseur Keith Warner betonten die „Achterbahn“ von Judith Weir ist das erste keit allein verantwortlichen Festspiel-Präsi- epische Breite und packende Dramatik von in einer Reihe von drei Auftragswerken, die diums hat in all den Jahren seinen positiven Giordanos Oper, die sich perfekt für die bis Sommer 2013 als Oper im Festspielhaus Beitrag dazu geleistet“, so Rhomberg. Seebühne eigne: „Es ist mir unverständlich, zu sehen sein werden. Pountney betonte, wie daß dieses wundervolle Werk nicht eine der wichtig es für eine Kulturinstitution sei, nicht »Der Geist des Widerstands zehn meistgespielten Opern der Welt ist“, nur „Museumspflege“ zu betreiben. Die ist angekommen« meinte Warner: „Nicht nur die Geschichte Komponistin schilderte, daß ein neues Werk Kulturministerin zog in rund um die Französische Revolution, jeder ein „lebendiger Organismus“ sei und sich bis ihrer Rede einen Vergleich zwischen der Zeit Takt, jede Zeile von André Chénier ist ein- zur Premiere laufend weiterentwickle. der französischen Revolution, dem Thema fach hervorragend.“ Er habe seine Art und Daß das manchmal für die Sänger nicht des Spiels auf dem See André Chénier, und Weise, Regie zu führen, für die Seebühne ganz einfach sei, da es „101 Ideen“ gebe, er- heutigen Revolutionen. Der „Geist des Wi- nicht verändert, so Warner weiter, aber na- zählte die britische Sopranistin Emma Bell, derstands“ sei in Europa angekommen, so türlich seien nicht nur die Dimensionen eine die die Rolle der „Tina“ singt, während Diri- Schmied. „Wo viele junge Menschen ohne besondere Herausforderung, sondern auch gent Paul Daniel sich begeistert davon zeig- Arbeit und somit ohne Perspektive sind, ist die Tatsache, daß man trotz einer spektaku- te, in der gemeinsamen Arbeit „mit einer le- der soziale Friede in Gefahr“, befand sie. lären Inszenierung nicht „von Effekt zu Ef- benden Komponisten erleben zu können wie Darum sei es so wichtig, dafür zu sorgen, fekt“ springe, sondern eine stringente und das kreative Feuer tatsächlich brennt“. daß jeder die Chance erhalte, zu lernen, sich tiefgehende Geschichte erzähle. http://www.bregenzerfestspiele.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 86 Kultur 91. Salzburger Festspiele Mit einer Festveranstaltung des Landes Salzburg in der Felsenreitschule wurden am 27. Juli die 91. Salzburger Festspiele eröffnet – Joachim Gauck hielt die Festrede Foto: Salzburger Festspiele Bilck über die Hofstallgasse auf den Festspielbezirk auf den Salzburger Dom und die Hohenfeste Salzburg

ach der Begrüßung durch Festspiel- Die wunderbare Stimmung bei den Pro- ganzer Nationen und damit von Millionen Npräsidentin Helga Rabl-Stadler sowie ben gebe berechtigte Hoffnung, daß die Lebensrealitäten und Zukunftshoffnungen Grußworten von Salzburgs Landeshauptfrau künstlerischen Pläne von Intendant Markus entscheiden. Vor diesem Hintergrund wird Gabi Burgstaller und von der Bundesmi- Hinterhäuser und Schauspielchef Thomas Kultur eine wichtige Gegenmacht“, betonte nisterin für Unterricht, Kunst und Kultur, Oberender Wirklichkeit werden. Salzburg Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Claudia Schmied, eröffnete Bundespräsident entwickle auch im Vorfeld der Festspiele viel Für die Verwirklichung einer europäi- Heinz Fischer die Salzburger Festspiele künstlerische Strahlkraft, etwa mit Dirigent schen Einheit brauche es Mut, Tatkraft und 2011. Anschließend folgte die Festrede von Marc Minkowksi als „Leitstern der Mozart- Einheit. „So wie die Kultur ihren Beitrag lei- Joachim Gauck. woche“, mit Christian Thielemann als dem stet, ist es die Aufgabe von uns allen, ein neuen Chef der Osterfestspiele oder mit mögliches Auseinanderdriften von Europa Rabl-Stadler: 35 Tage Cecilia Bartoli als der neuen künstlerischen zu verhindern.“ Die Festspiele müssen auch mit 242 Veranstaltungen Leiterin der Pfingstfestspiele, so die Fest- einmal ein Gewitter aushalten können, so Zu 35 Tagen mit 242 Veranstaltungen in spielpräsidentin. Burgstaller weiter. „Das sei im Rückblick 13 Spielstätten hieß Rabl-Stadler alle Gäste auf ein Jahr mit der einen oder anderen Ge- willkommen und nahm anschließend auf das Burgstaller: Kultur als witterwolke über dem Salzburger Festspiel- bevorstehende Programm der diesjährigen wichtige Gegenmacht bezirk gesagt. Wir haben in dieser Zeit so Festspiele und Festspielredner Joachim „Wir brauchen eine gesellschafts- und manche Lektion gelernt und sehen mit Freu- Gauck bezug: „Das Motto der Festspiele kulturpolitische Gegenbewegung zur Dikta- de und Neugier einer erfolgreichen Fest- 2011 – das Ohr aufwecken, die Augen, das tur des Ökonomismus sowie zum Zynismus spielsaison entgegen.“ menschliche Denken – könnte auch für die der Finanzmärkte und ihrer Rating-Agentu- Burgstaller umschrieb den diesjährigen Lebensleistung des Festredners stehen.“ ren, die mit einem Federstrich über das Wohl Festredner, Joachim Gauck, als „spannende

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 87 Kultur Foto: Landespressebüro/Franz Neumayr Bundespräsident Heinz Fischer, Margit Fischer, Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, Festredner Joachim Gauck, Landes- hauptfrau Gabi Burgstaller und Markus Hinterhäuser, Interimsintendant der Salzburger Festspiele (v.l.)

Persönlichkeit“. Er habe mit Millionen von sondern sie schafft den Rahmen, in dem sich tischen Teil Europas war die Nachkriegs- Menschen den Aufbruch in die Freiheit er- Kunst entwickeln kann. Österreich kann für geschichte eine Erfolgsgeschichte – nicht lebt und gestaltet. „Lange Zeit schien der sich in Anspruch nehmen, unter den aufge- nur der materielle Wiederaufbau, sondern Kampf der Menschen im Osten Europas für klärten Staaten des westlichen Europas eine besonders ideelle Werte: das Bekenntnis zur die Befreiung von einer entmenschlichten Vorreiterrolle eingenommen zu haben.“ Freiheit, zur Festigung von Demokratie und Ideologie aussichtslos. In einem glücklichen Neben der Wahrung der Freiheit der Rechtsstaatlichkeit, ein neues Verständnis Augenblick der Menschheitsgeschichte wur- Kunst und ihrer Unterstützung, auch in von der Notwendigkeit friedlicher Problem- de dieser friedliche Kampf für die Freiheit finanzieller Hinsicht, gelte es heute, eine lösungen sowie die Bereitschaft zur europäi- zum Triumph. Die Selbstbefreiung von 1989 breite kritische Öffentlichkeit als Rezipien- schen Zusammenarbeit und zur Solidarität hat in Deutschland eine Stimme: die von ten der Kunst zu gewinnen. „Denn erst über über Staatsgrenzen hinweg. Österreich hat Joachim Gauck.“ Er habe sich in seinem die gesellschaftliche Wahrnehmung kann zu diesen Entwicklungen wesentlich beige- gesamten Wirken für die Freiheit und Kunst ihre volle gesellschaftliche Wirkung tragen und steht im heutigen Europa an pro- Einheit der Menschen, für politische Auf- entfalten. Förderung von Kunst und Förde- minent guter Stelle.“ Lorbeeren aus der klärung und für Versöhnung eingesetzt. Vor rung einer kritischen Öffentlichkeit gehören Vergangenheit und sogar aktuelle Lorbeeren allem in einer Zeit großer politischer Um- zusammen. Hier verbindet sich Kulturpolitik seien kein Ruhekissen für die Zukunft. brüche sei es erfreulich, den „Reisenden mit Bildungspolitik. Positives und Wertvolles müsse immer wie- Demokratielehrer“ Joachim Gauck in Salz- Demokratische Gesellschaften brauchen der neu erarbeitet und gefestigt werden. burg zu Gast zu haben. die emotionale Reife der Bürgerinnen und Die Lebens- und Arbeitsbedingungen Bürger. Bildung, Kunst und Kultur unterstüt- haben sich seit dem Ende des Zweiten Welt- Schmied: Künstlerisches Schaffen zen uns auf unserem Weg zur Bildung unse- kriegs grundsätzlich verändert, ebenso die nicht als Störung betrachten rer Persönlichkeit und unserer persönlichen Dimensionen der Politik und die Dimensio- „Eine der großen Errungenschaften der Identität. Sie fordern uns, verlangen unsere nen unserer Zivilisation, so Fischer weiter. aufgeklärten Politik hauptsächlich des 20. Stellungnahme und formen unsere „Wir dürfen nicht zulassen, daß unsere öster- Jahrhunderts ist es, daß künstlerisches Schaf- Prinzipien und Haltungen.“ Produktionen reichische Identität gegen unsere europäische fen und intellektuelle Kritik nicht als Stö- zeitgenössischer KünstlInnen seien mittler- Identität ausgespielt wird. Natürlich stellt rung betrachtet werden, sondern als Chance weile selbstverständlicher Bestandteil des uns Europa auch vor Herausforderungen und für Erkenntnis und Kurskorrektur und damit Festspielprogramms. ist nicht frei von Problemen. Aber es ist auf als Motor der gesellschaftlichen Entwick- jeden Fall und dauerhaft eine große Chan- lung“, sagte Bundesministerin Claudia Fischer: Kultur stützt ce.“ Die europäische Kultur sei hervorra- Schmied. „Solch eine Kulturpolitik sieht ihre europäisches Bewußtsein gend geeignet, dieses europäische Bewußt- Aufgabe darin, Rahmenbedingungen für das „Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Euro- sein zu stützen. Immerhin seien heuer künstlerische Schaffen zur Verfügung zu pa bewiesen, daß es lernfähig ist“, betonte KünstlerInnen, Regisseure und Dirigenten stellen. Kulturpolitik gibt keine Inhalte vor, Bundespräsident Heinz Fischer in seiner Er- aus fast 30 Nationen am Programm der Salz- reguliert Kunst nicht und ordnet nicht an, öffnungsansprache. „Zumindest im demokra- burger Festspiele beteiligt. Bundespräsident

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 88 Kultur

Fischer ging auch auf die aktuellen tragi- jährigen Festspiele verständlich: Denn „das schen Ereignisse in Norwegen ein und warn- Ohr aufgeweckt, die Augen, das menschli- te vor einem „Rückzug gegenüber einer che Denken“ haben uns „in den politischen gefährlichen Mischung aus Nationalismus, Einöden des eingemauerten Ostens jene Extremismus und Gewaltbereitschaft“. Künstler, die sich nicht an die Macht ver- kauften“, so Gauck. Gauck: Kunst führt auf die Spur des Überlebens zurück Die Highlights 2011 Für Festredner Joachim Gauck ist das Das Ohr aufwecken, die Augen, das heutige Europa „das nicht vollkommene, menschliche Denken (Luigi Nono) aber lernfähige System aus Freiheit, den Im 91. Jahr ihres Bestehens sind die Salz- Menschen- und Bürgerrechten, der Herr- burger Festspiele mehr denn je ein Magnet. schaft des Rechts und einer so neuen wie Drei Dinge machen den besonderen Zauber erstaunlichen Friedenswilligkeit“. Nicht nur aus, der allsommerlich 230.000 Gäste aus in der dunklen Vergangenheit, sondern im 36 Ländern in die Mozart-Stadt zieht. heutigen Europa brauche es Menschen, die Zum ersten bieten die Salzburger Fest- im Sinne des heurigen Festspiel-Mottos mit spiele ein umfassenderes künstlerisches An- aufgeweckten Sinnen und erwecktem Ver- gebot als jedes andere Festival: 190 Auffüh-

stand reagieren. „Nicht Angst oder Angst- Foto: Landespressebüro/Franz Neumayr rungen in 35 Tagen an 14 Spielorten in den strategien werden Europa retten, sondern Sparten Oper, Konzert und Schauspiel. Von Festredner Joachim Gauck ermächtigtes Handeln von Menschen, die Mozart bis zur Moderne, von der klassischen sich für zuständig erklären – ganz normale ins Bewußtsein zu bringen, was uns auf die Deutung bis zum theatralen Experiment. Menschen und die Künstler, die wir bewun- Spur des Überlebens zurückruft“. Eines aber ist immer oberstes Gebot: die dern.“ In der Festrede ging der ehemalige DDR- Qualität. Deshalb gehören Mozart und das Salz- Bürger Joachim Gauck auch ausführlich auf Zum zweiten kann der Besucher hier burg der Künste und Künstler in das Zen- die Zeit des Kommunismus in den ehemali- Kunstgenuß mit Urlaub verbinden. Tagsüber trum Europas, so Gauck weiter. „Weil hier gen Ostblock-Ländern ein. Es sei „nicht laden die Seen des Salzkammerguts zu Aus- Menschen lernen und leben, dass nicht die selbstverständlich, daß freie Menschen in flügen und abends genießt man die barocke Mängel und Defizite, die Neurosen und Pro- Freiheit und ohne Zensur, ohne den Nach- Altstadt. bleme das Wesen unserer Gesellschaft aus- weis des Wohlverhaltens durch die beteilig- Zum dritten bieten die Salzburger Fest- machen, sondern die Freude an der Freiheit ten Künstler einander in einem Festival be- spiele ein bestimmtes Flair. Die Hofstallgas- und der Verantwortung.“ In Salzburg und bei gegnen, wo die Freiheit der Kunst und der se und die gesamte Stadt sind gleich einem den Festspielen gebe es „Menschen, die Künstler einfach gelebt wird“. Der Blick in hochkulturellen Laufsteg – den Eintritt dazu Fantasie, Energie und Geld aufbringen, um die Vergangenheit mache das Motto der dies- erwirbt man mittels Festspielkarten. Foto: Silvia Lelli Anna Larsson, Dorothea Röschmann, Pierre Boulez, Johan Botha; Wiener Philharmoniker, Konzertvereinigung Wr. Staatsopernchor

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 89 Kultur

Dieses Aufrütteln der Sinne, dieses An- rühren der Seele verleiht den Festspielen ihre wahre Kraft. Die Festspielgäste wählen täglich zwi- schen fünf und neun Veranstaltungen erwar- ten sie von 27. Juli bis 30. August: Das Dream-Team Riccardo Muti und Pe- ter Stein bringt Verdis „Macbeth“, Christian Thielemann und Christoph Loy schaffen mit Richard Strauss’ „Frau ohne Schatten“ einen weiteren Opernhöhepunkt dieser Saison. Erstmals im Großen Festspielhaus ist Leoš Janáceks Oper „Die Sache Makropulos“ zu sehen. In der Titelrolle ist Angela Denoke in der Regie von Christoph Marthaler zu erleben. Die Wiener Philharmoniker spielen unter Esa-Pekka Salonen. Ein Mozartschwerpunkt, wie man ihn sonst nur in den Mozart-Jubeljahren genie- Die Frau ohne Schatten: Anne Schwanewilms, Kinderchor und Statisterie ßen konnte, ist für 2011 geplant. Dieser wird mit drei Orchestern besetzt: Das Orchestra of the Age of Enlightenment übernimmt un- ter dem jungen Briten Robin Ticciati „Le nozze di Figaro“. Les Musiciens du Louvre spielen unter ihrem Gründer Marc Minkow- ski „Così fan tutte“. Die Wiener Philharmo- niker widmen sich unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin „Don Giovanni“. Das programmatische Herzstück der Konzerte 2011 bilden die Reihen „Der Fünfte Kontinent“ und die „Mahler- Szenen“. Die Kontinente stellen im fünften Jahr exemplarische Kompositionen der letz- ten Jahrzehnte einander gegenüber. Im Schauspielprogramm 2011 inszeniert Nicolas Stemann beide Teile von Goethes „Faust“ als Marathonvorstellungen an vier Wochenenden auf der Perner-Insel Hallein. Die Uraufführung „Immer noch Sturm“ Le nozze di Figaro: Simon Keenlyside (Il Conte Almaviva), Uli Kirsch (Cherubim) ist vielleicht Peter Handkes persönlichstes Werk. Dimiter Gotscheff führt Regie. Thomas Ostermeier kehrt mit der Insze- nierung von Shakespeares „Maß für Maß“ nach Salzburg zurück. In den Hauptrollen sind Gert Voss und Lars Eidinger zu sehen. Das schönste Bühnenbild der Welt hat seit 1920 der „Jedermann“ am Domplatz. Roland Schimmelpfennig, dessen „Die vier Himmelsrichtungen“ uraufgeführt wird, sagt: „Gelungene Stücke nehmen ihre Zu- schauer mit, sie machen neugierig, sie stören Gewohnheiten, es entstehen neue Blickrich- tungen. Diese Stücke entwickeln einen Sog, sie sind unberechenbar und – unwidersteh- lich.“ Die Salzburger Festspiele sind sicher, daß das Programm 2011 einen solch unwider- stehlichen Sog entwickeln wird. Foto: Arno Declair Foto: Monika Rittershaus Foto: Monika Rittershaus http://www.salzburgerfestspiele.at Maß für Maß: Franz Hartwig, Bernardo Arrias Porras

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 90 Kultur Aufklärung auf Alt-Österreichisch In Anwesenheit von Bundespräsident Heinz Fischer wurde die Ausstellung »Alt-Österreich: Menschen, Länder und Völker in der Habsburgermonarchie« in der Wiener Nationalbibliothek eröffnet (zu sehen bis 30. Oktober 2011).

Von Gerhard Gutruf *) Foto: Österreichische Nationalbibliothek Kronprinz Rudolf bei einer Redaktionssitzung (v.l.) Hofrat v. Miklosich, Regierungsrat v. Weilen, Kronprinz Rudolf, Graf Wilczek, Nikolaus Dumba, Maurus Jokai, Baron Szögyenyi-Marich und Hofrat von Arneth; Holzstich nach Wilhelm Gause, 1886

Habsburger-Kannibalismus ade! gen-Publikum war auch der bekannte Sozial- Gefahr für die Republik. In diesem Zusam- nser Fremdenverkehr lebt schon lange philosoph Norbert Leser, der in seinen Bü- menhang ist auch erwähnenswert, daß der so Uvon einer Sisi- und Franz Joseph-No- chern, wie in „Der Sturz des Adlers“, zum genannte Habsburger-Paragraph erst vor stalgie. Aber diese Ausstellung visualisiert problematischen, des öfteren künstlich ange- kurzem gestrichen wurde. erst jetzt – beinahe ein Jahrhundert nach dem heizten Thema der Habsburg-Frage deutli- Ende Österreich-Ungarns – ein entspanntes che Klarstellungen lieferte. Kulturelle Diversität Verhältnis der Republik zur Monarchie so- Das provokante Schlagwort vom „Habs- In der Alt-Österreich-Präsentation im wie zu den Habsburgern. Unter dem zahl- burger-Kannibalismus“ prägte der rot-grüne Prunksaal der Nationalbibliothek wird be- reich erschienenen interessierten Vernissa- Querdenker Günther Nenning; er öffnete sonders der ethnographische Aspekt betont: Prof. Leser die Augen im Hinblick auf eine „Auch wenn Nationalitätenkonflikte über *) Prof. Gerhard Gutruf ist Maler, Grafiker und von Broda und Pittermann behauptete, an- Jahrhunderte hinweg ihre Geschichte be- Vermeer-Kenner. http://www.gutruf.at geblich von Otto von Habsburg ausgehenden stimmten, war diese Habsburgermonarchie

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 91 Kultur doch immer stolz auf ihre kulturelle Diver- sität, auf die zahlreichen unterschiedlichen Nationalitäten, Volksgruppen und Sprachen, die unter der Krone vereint waren“, meint etwa Generaldirektorin Johanna Rachinger im Vorwort des Katalogs. Und obwohl seit langem konkretere historische Erkenntnisse vorliegen, wird in einem weiteren Kapitel wieder auf die wohlklingende, deshalb auch populär gewordene Formulierung vom „habs- burgischen Mythos“ zurückgegriffen, der sich laut Claudio Magris angesichts dieser ethni- schen Vielfalt als ordnungsliebendes Streben nach harmonischer Einheit manifestiert haben soll. Die Ausstellung zeigt entsprechende Do- kumentationen, Fotografien, Karten und Beispiele der diesem Vorhaben zugrunde lie- genden Original-Graphiken aus eigenen Achensee in Tirol; J. Gubasegg nach Zeichnung von Karl Ludwig Viehbeck um 1820 Beständen: Landschaften, Dorf- und Stadt- ansichten, Studien zu Brauchtum, Trachten und Szenen des täglichen Lebens bis hin zum Einblick in technische Anlagen. Somit erhält man nicht nur eine Vorstellung unserer einstigen Größe, sondern kann darin auch die Wurzeln eines zeitgemäßen österreichi- schen Selbstverständnisses finden.

In aufklärerischer Tradition Die Sehnsucht nach einer Dokumentation der Monarchie im Sinne der Enzyklo- pädisten d’Alembert und Diderot folgte den aufklärerischen Ambitionen der Habsburg- Lothringischen Toskaner. Demzufolge be- auftragte bereits ab 1800 der im Palazzo Pitti in Florenz geborene, naturbegeisterte Erz- herzog Johann u.a. seine Kammermaler Jo- hann Jakob Gauermann und Thomas Ender Töplitz. Ansicht der Stadt vom Schloßberge, Eduard Gurkum 1825/1830 damit, diverse Landschaften systematisch in Bildern festzuhalten. Nach der Gründung des Kaisertums Österreich 1804 wurden unter dem ebenfalls in Florenz geborenen Franz I. weitere bekannte Maler wie z.B. Ja- kob und Rudolf Alt sowie Carl Heinrich Rahl in diese Dokumentationsarbeit mit ein- gebunden. Das monumentalste Beispiel dieser Be- mühungen entstand ab 1886 auf Anregung und im Auftrag von Kronprinz Rudolf: die 24bändige Enzyklopädie „Die österreichisch- ungarische Monarchie in Wort und Bild“. Über 400 Autoren verfassten dafür Facharti- kel, 264 Künstler illustrierten sie mit mehr als 4500 Grafiken. Angestrebt wurde, ein umfassendes Bild des Vielvölkerstaates zu zeigen, um gemeinsame patriotische Gefühle zu fördern; die Bücher sind heute als „Kron- prinzenwerk“ noch des öfteren am Wiener Fotos: Österreichische Nationalbibliothek Flohmarkt erhältlich. Stift Admont, Jakob Alt, 1835

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 92 Kultur

Projektfortsetzung mit Ludwig Salvator Als sinnvolle Weiterführung dieses Alt- Österreich-Aufklärungsprojekts böte sich eine adäquate Präsentation der zahlreichen Werke Ludwig Salvators (* 1847 Florenz, † 1915 Brandeis), des damals einzigen Profi- Wissenschaftlers aus dem Hause Habsburg- Lothringen, an. Aufgrund seines unstandes- gemäßen Auftretens und des unsteten Le- benswandels mit seinen Yachten „Nixe“ als Außenseiter auffällig, verleitet er zu nicht nur historischen Fakten verpflichteten Auf- sätzen bzw. Lebensgeschichten und droht auf dem Niveau boulevardisierender Vermu- tungen zum Kuriosum zu verkommen. Dagegen hat in mehr als 30, auf umfas- senden Quellenstudien basierenden und größtmögliche Authentizität vermittelnden

Ludwig Salvator-Publikationen die in Fach- Foto: Österreichische Nationalbibliothek kreisen hochgeschätzte Forscherin Brigitta Trachten der Krakowiaken und Goralen (Bukowina), Zygmunt Ajdukiewicz vor 1898 Mader grundlegende Arbeit geleistet: zur Biographie, zum wissenschaftlichen Weg, zu Werk und Methode, zur Archäologie, zur Linguistik, Ethnographie, Speläologie und Entomologie, zur „Yacht Nixe“, zum Natur- schutz und über seine Förderung pazifisti- scher Bestrebungen schreibt sie seit etwa zwei Jahrzehnten. Mehrere von ihr angereg- te bzw. mitorganisierte internationale Sym- posien (u.a. in Brandeis bei Prag, im Öster- reichischen Historischen Institut in Rom und in Muggia) sowie eine von Mader gestaltete Ludwig Salvator-Ausstellung im Österrei- chischen Staatsarchiv 2002 empfehlen sie als Kuratorin eines solchen Vorhabens. Die bibliophilen Werke des gelehrten Erz- herzogs überschreiten allerdings meist die Grenzen der alt-österreichischen Welt: sie brin- gen bekannte und unbekannte Inseln des Mit- telmeers, auch Teile Ägyptens und Syriens zur Kenntnis. Ludwig Salvator fuhr „Um die Welt ohne zu wollen“, schilderte ausführlich Los Angeles, besuchte u.a. die Weltausstel- lungen in Paris, Philadelphia und Melbour- ne, beschrieb Tasmanien und die Antipoden. Er dokumentierte „Das was verschwindet“ (d.h. Trachten und Sitten Dalmatiens); in sei- nen letzten Werken lauschte er den „Lieder(n) der Bäume“ und widmete sich „Zärtlichkeits- ausdrücke(n) in der Friulanischen Sprache“. Seine Bücher – interdisziplinär konzi- piert, systematisch recherchiert und profes- sionell ausgeführt – sind reich mit Xylogra- phien nach meist selbst angefertigten Zeich- nungen ausgestattet. Sie haben Experten und akademische Institutionen beeindruckt, aber auch Jules Verne begeistert und inspiriert. http://www.onb.ac.at Ludwig Salvators Yachten »Nixe«; Gerhard Gutruf, Druckgrafik-Übermalungen, 2005

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 93 Kultur Ein Haus aus Licht und Schatten gebaut 300 Jahre Schloß Halbturn.

Von Georg Halbgebauer *) Alle Fotos: Schloß Halbturn / Österreich Journal Michael Mössmer Schloß Halbturn, der bedeutendste Barockbau des Burgenlandes, diente einst dem Kaiserhaus als Jagd- und Sommerresidenz.

nläßlich des 300jährigen Jubiläums von in einer Götterwelt der Kavaliere, in einem ten werden, betreten Sie in diesem Jahr die ASchloß Halbturn läßt die Schloßherrin, Schloß „aus Licht und Schatten“. Ausstellung „Ein Haus aus Licht und Schat- Marietheres Waldbott-Bassenheim, in einer ten gebaut“, die anläßlich des 300jährigen Sonderausstellung drei Jahrhunderte Ge- st das ein Schloß! Ein Schloß mit einem Jubiläums des Barockschlosses gestaltet schichte Revue passieren. Das Schloß, 1711 I„kunstvollen Wald in der Heydt“ inmitten wurde. Liebevoll wurden zum Großteil aus von Lukas von Hildebrandt erbaut, wurde einer Landschaft von Weingärten und privaten Beständen Exponate und Bilder be- von den Besitzern, darunter auch Kaiserin Feldern lädt zum Besuch ein. Ein Schloß, in schafft, die nicht nur die 300 Jahre illustrie- Maria Theresia, wesentlich mitgeprägt. Bis dem der Hauch von Generationen weht, in ren, in denen das Schloß Halbturn Habs- heute ist das Schloß Privateigentum und im dem die Ideen und Vorstellungen vieler Be- burger Privatbesitz ist, sondern die gesamte Familienbesitz geblieben. sitzer, vieler Architekten und Handwerker Spanne seiner 500jährigen Geschichte – 500 Der Ausstellungstitel „Ein Haus aus Licht Wirklichkeit geworden sind. Ein Schloß, das Jahre kulturelles, politisches und militäri- und Schatten“ umschreibt sehr gut die wech- sein Jubiläum des 300jährigen Bestehens die sches Engagement. Es waren wechselvolle selhaften historischen und auch familiären Menschen, die es geschaffen und erhalten Zeiten mit Bränden und Zerstörungen, Bedeutsamkeiten in allen Höhen und Tiefen. haben, feiert. Die Menschen, die Bauern und Türkenkriegen und Besetzung durch die In Halbturn haben die Kaiser Erholung ge- Weinbauern, die Arbeiter und Verwalter, die ungarischen Aufständischen, die Kuruzzen. sucht, aber auch Politik gemacht mit den durch ihre Arbeitskraft das Bestehen ermög- Doch Schaffenskraft und Mut waren imstan- Mächtigen ihrer Zeit in privater Atmosphäre, licht und das Bestehende bewahrt haben. de, allen Unbilden zum Trotz der Nachwelt Im Schloß Halbturn, in dem seit Jahr- das einzigartige Kulturdenkmal Schloß *) Georg Halbgebauer ist Kurator auf Schloß Halbturn zehnten jährlich große Ausstellungen gebo- Halbturn, zu erhalten.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 94 Kultur

Durch Jahrhunderte war die Herrschaft von Halbturn der größte Arbeitgeber der Region. Mensch, Landwirtschaft und Weinbau wird deshalb viel Raum gewidmet. Das Rad der Geschichte dreht sich von der römischen Pflugschar bis zum Dampfpflug.

Die Ausstellung lädt die Besucher ein, Das Rad der Geschichte dreht sich von der Weinbau auf Halbturn berichtet. Natürlich Geschichte illustriert in einer nicht musea- römischen Pflugschar bis hin zum Dampf- ist dem Thema der Erbauung und Bewah- len, sondern theaterähnlichen Inszenierung pflug. Eine eigene landwirtschaftliche Pfer- rung des Barockschlosses ein eindrucks- zu erleben und sich zwischen Exponaten, deeisenbahn und Modernstes, wie ein von voller Teil der Ausstellung gewidmet. Waren Möbeln, Kostüme und Gegenstände aus den Dampfmaschinen betriebenes privates Elek- es doch bedeutende Meister ihrer Zeit wie Zeitepochen des Bestehens frei zu bewegen. trizitätswerk – als es noch keine öffentliche der Baumeister Lucas von Hildebrandt oder „Wir legen keinen roten Teppich, wir bitten Stromversorgung gab – und das erste Tele- der Maler Franz Anton Maulbertsch, die uns in eine nachempfundene und nachgebaute fonnetz der Region hat die Herrschaft Halb- diese hochbarocke, bereits rokokohafte Welt Lebenswirklichkeit.“ Die Besucher werden turn aufzuweisen. All diese Besonderheiten der Kavaliere hinterlassen haben, mit dem zu Gästen der früheren Generationen. werden in der Ausstellung „300 Jahre Schloß im Festsaal hohen gemalten Himmel, der Halbturn“ gezeigt. „Mensch – Land – Wein“ offener ist als der Himmel draußen, offener »Wie es begann« ist das Motto ist ein Bereich benannt, der von 500 Jahren und voll der wundersamsten Figuren. am Beginn der Ausstellung Die Habsburger werden Könige von Un- garn, was zur Folge hatte, daß Halbturn zu einer der Wiegen der Lipizzaner wurde. Als die Türken Budapest eroberten, fand das Königlich Ungarische Gestüt in Halbturn eine neue Heimat, in der im Laufe der Zeit Lipizzaner Pferde für das Wiener Hofgestüt gezüchtet wurden. Exponate aus unterschied- lichen Zeiten machen dies anschaulich.

Im Anfang war jedoch die Jagd Halbturn wurde vor allem als Jagdschloß genutzt, als Ziel von Landpartien, als ange- nehmer Aufenthalt für heitere Tage, weshalb die Adelsjagd in einer historischen Rück- schau präsentiert wird. Durch Jahrhunderte war die Herrschaft von Halbturn der größte Arbeitgeber der ganzen Region. Mensch, Landwirtschaft und »Betreut und bewahrt durch 10 Generationen« – natürlich ist dem Thema der Er- Weinbau wird deshalb viel Raum gewidmet. bauung und Bewahrung des Barockschlosses ein Teil der Ausstellung gewidmet.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 95 Kultur

Kaiserinnen und Kaiser, Königinnen und Könige, Erzherzoginnen und Erzherzöge – ihnen gilt der zweite Teil der Ausstellung.

Doch nun zu den Menschen, deren Arbeit es zu verdanken ist, daß das Schloß bis heute erhalten werden konnte. Ihnen gilt der zwei- te Teil der Ausstellung: Kaiserinnen und Kaiser, Königinnen und Könige, Erzherzo- ginnen und Erzherzöge. Sie waren berühmte Menschen ihrer Zeit, moderne Menschen, die stets das Neueste wollten, hatten und taten. Mit starker Hand machten sie Weltge- schichte, regierten und führten Kriege, jubel- ten sie und litten sie. In der Jubiläumsausstellung im Schloß Halbturn verlassen die Besucher die trocke- nen Zahlen der Geschichtsbücher und stehen mitten unter der Prominenz der Vergan- genheit, in einem Stück lebendig geworde- ner Geschichte. Mächtig und stolz in ihren ordensgeschmückten Uniformen und präch- tigen Roben sind sie alle anwesend, aber auch ein Kaiser im intimen Familienkreis mit Zipfelmütze, gemalt von seiner Tochter, darf nicht fehlen. Wie sie auch gelebt haben, die ehernen Feldherren, die in Wien ihre Denkmäler haben, läßt die Ausstellungsma- cher aber nicht vergessen, daß hinter jedem starken Mann eine starke Frau steht und wis-

Courschleppe und Rock eines Ensembles, getragen von Gräfin Theresia von Abens- perg und Traun bei den Hochzeitsfeier- lichkeiten von Kronprinz Rudolf mit Prinzessin Stephanie von Belgien.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 96 Kultur sen dies, gestalterisch zu präsentieren. In der Abfolge der Besitzer des Schlosses Halbturn war es auch umgekehrt, und dies ist eben- falls einer der Schwerpunkte der lebendigen, spannend für Vater, Mutter und Kinder ge- stalteten Ausstellung.

Das Schloß Schloß Halbturn – Kultur, Wein, attrakti- ve Ausstellungen und Kulinarisches in histo- rischem Ambiente, diese Kombination ist über das Burgenland hinaus einmalig. Wer auf den Spuren von Kaisern und Fürsten durch den herrlichen Garten schlendern und an- schließend nicht nur gut Essen und Trinken sondern Kultur pur genießen möchte, der fühlt sich auf Schloß Halbturn, dem bedeu- tendsten Barockbau des Burgenlandes, einst kaiserliche Jagd- und Sommerresidenz, rund- Auch dem privaten Leben widmen die Ausstellungsmacher breiten Raum. herum wohl. Kulturelle Veranstaltungen, jähr- lich wechselnde Ausstellungen und Kunst- handwerk haben auf Schloß Halbturn das ganze Jahr über Saison. Schloß Halbturn diente einst dem Kaiser- haus als Jagd- und Sommerresidenz. Heute ist es eines der wertvollsten historischen Tourismusziele des Landes. Der weitläufige Schloßpark, das vielfältige Angebot des Re- staurant Halbturn sowie des Schloßwein- guts, aber auch laufende Veranstaltungen und Konzerte im Kunst- und Kulturbereich bieten ein abwechslungsreiches Programm. Das Schloß liegt im nördlichen Burgen- land nahe dem Neusiedler See. Es wurde im Jahre 1711 von Lucas v. Hildebrandt, einem der bedeutendsten österreichischen Vertreter der spätbarocken Baukunst unter der Regie- rungszeit von Kaiser Karl VI. erbaut. Durch dessen Tochter, Maria Theresia, Ein Blick durch die Innenhöfe auf den von Lukas von Hildebrandt erbauten Trakt. gelangte Schloß Halbturn in den Privatbesitz der Familie Habsburg Lothringen. Sie er- warb es von der ungarischen Krone und schenkte es ihrer Lieblingstochter Erzher- zogin Marie Christine zur Hochzeit mit Her- zog Albert-Casimir von Sachsen-Teschen, dem Begründer der graphischen Kunst- sammlung Albertina in Wien. In Folge blieb Schloss Halbturn im Eigentum dieser Linie des Hauses Habsburg-Lothringen. Ein besonderes Juwel des Schlosses ist das Deckenfresko „Allegorie der Zeit und des Lichtes“, das als Hochzeitsgeschenk für Erzherzogin Marie Christine 1765 von Franz Anton Maulbertsch angefertigt wurde. 1949 wurde das Hauptgebäude durch einen Brand fast zur Gänze zerstört. Dank der Unterstüt- zung von Bund und Land konnte es wieder aufgebaut werden. http://www.schlosshalbturn.com Unter Kaiser Karl VI. (1685-1740) gibt es erste Hinweise auf die Gartengestaltung.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 97 Kultur Neusiedlersee. Das Meer der Wiener. 50 Kilometer von Wien entfernt liegt der westlichste Steppensee Europas, mit dichtem Schilfgürtel und einzigartiger Tierwelt. Foto: Burgenländisches Landesarchiv, Eisenstadt »Das Meer der Wiener«, dargestellt auf einer Correspondenzkarte, die etwa um 1900 entstanden sein dürfte.

ine Gegend, die einst als „fatale, sumpfi- te er nur vereinzelt eine Rolle. Erst nachdem Wiener Künstler und Intellektuelle, die vom Ege Niederung“ bezeichnet wurde, gilt 1921 – vor genau 90 Jahren – das Burgenland Licht und von der Archaik einer Gegend mit heute als „Naturparadies“. Sie ist jedoch Er- zum neunten Bundesland wurde, zog das alten Winzergassen fasziniert waren, rund gebnis eines radikalen Landschaftswandels. nun großteils österreichische Grenzgewässer um den Neusiedlersee ihre „alternative“ Die extremen Wasserschwankungen führten mehr Ausflügler, Badelustige und Segler aus Landschaft. Zu ihnen zählten Roland Rainer, 1865 zur völligen Austrocknung des Sees. Wien an. Auch die Exotik der für die Alpen- Karl Prantl, Wander Bertoni, Otto Muehl Sogar eine dauerhafte Trockenlegung wurde republik untypischen Landschaft faszinierte: oder Gottfried Kumpf: Die pannonische erwogen, erst seit rund 50 Jahren ist sein Die pannonische Heide im Seewinkel wurde Weite wurde zum Land Utopia. In jüngster Wasserstand künstlich reguliert. Die Aus- mit den Steppen Asiens und der Savanne Zeit präsentiert sich die Region als „Genuß- stellung im Wien Museum setzt sich – aus Afrikas verglichen. Doch ihre dauerhafte Iko- landschaft“, aus Doppler-Weinbauern wur- dem Blickwinkel Wiens – mit der Geschich- ne fand diese Landschaft erst nach 1945 im den Edelwinzer – nicht zuletzt als Folge des te des Sees seit dem 18. Jahrhundert ausein- Ansichtskartenmotiv „Schilfhütte mit Zieh- Weinskandals in den 1980er Jahren. ander. brunnen“. Der Slogan „Meer der Wiener“ entstand Im Kalten Krieg spielte der See eine Rundgang durch die Ausstellung in den 1920er Jahren, er war eine Erfindung historisch wichtige Rolle: 1956 gelangten Die Ausstellung beginnt mit den ersten der burgenländischen Tourismuswerbung. Bis zehntausende Ungarnflüchtlinge über die langsamen künstlerischen und landeskundli- dahin war der riesige See, der in der ungari- „Brücke von Andau“ in den Westen. In den chen Erkundungsgängen im 18. und 19. Jahr- schen Reichshälfte der Monarchie lag, in der 1950er Jahren wurde der See auch zum ide- hundert, die in ihren Beschreibungen des kollektiven Wahrnehmung der Städter kaum alen Ausflugsziel – dank der damals einset- Sees zwischen Erstaunen („Naturwunder“) präsent – auch als Motiv in der Kunst spiel- zenden Motorisierung. Bald fanden auch und heftiger Ablehnung („öde, ungesunde

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 98 Kultur

Gegend“, „fataler Sumpf“) changieren. Die- hätte bewältigen sollen. Nach dem Zweiten gers Herbert Alsen – die Seefestspiele eröff- se extremen Reaktionen haben unmittelbar Weltkrieg kam es zu einer neuerlichen Wahr- net. Sie entwickelten sich im Laufe der Zeit mit den erheblichen Wasserstandsschwan- nehmungsverschiebung: Plötzlich war der zur Heimstätte der Wiener Operette und zum kungen zu tun, es gab Überschwemmungen See ein Grenzgewässer zwischen zwei feind- Hauptbezugspunkt für viele WienerInnen zu ebenso wie Trockenheit. Die verschieden- lichen Blöcken, der Exitus ungarischer dieser Landschaft. sten Maßnahmen zur Regulierung dauerten Flüchtlinge 1956 verstärkte dieses Bild. Doch schließlich bis in die 1960er Jahre an. Die nur ein Jahr später wurden in Mörbisch – auf Naturschutz und Massentourismus Niedermoorlandschaft südöstlich des Sees, Initiative des Wahlwieners und Kammersän- Eine zunehmend wichtige Rolle in der der sogenannte Waasen, wurde gänzlich Popularisierung des Neusiedlersees spielten trockengelegt, fast verschwunden ist auch Naturforscher, insbesondere Biologen. Sie die Heidelandschaft des Seewinkels. Im Ge- entdeckten bereits in der Zwischenkriegszeit genzug wuchs der Schilfbestand zum zweit- die Artenvielfalt des Neusiedlersees und der größten Europas nach dem Donaudelta. Was Lacken im Seewinkel. Die Nähe zur Univer- heute als reine Naturlandschaft erscheint, ist sitätsstadt Wien ließ hier ein beliebtes „Frei- also in Wirklichkeit ein gezähmter Steppen- landlabor“ entstehen, erste Naturschutzmaß- see als Ergebnis menschlicher Eingriffe. nahmen wurden gesetzt, 1954 wurde die Nachdem durch den Ausgleich zwischen Ös- erste Biologische Station am Schilfgürtel bei terreich und Ungarn 1867 der See aus dem Neusiedl errichtet. Bedingt auch durch neue Blickfeld Wiens gerückt war, begann in den Medien wie das Fernsehen, errangen For- 1920er Jahren eine „Neo-Kolonisierung“ aus scher nach 1945 eine weitergehende „Defi- dieser Richtung. Die pannonische Land- nitionsmacht“ über diese Landschaft. schaft wurde als Kontrast und zugleich Er- Die massive Zunahme des Tourismus aus gänzung zum alpin geprägten Österreich Wien und dem Ausland übte gleichzeitig gesehen, der Dichter Franz Werfel sprach in einen immer größeren Nutzungsdruck aus. diesem Zusammenhang von „Österreichs Auf der anderen Seite stiegen gesellschaftli- seltsamem Gast“. Um den See noch näher an ches Umweltbewußtsein und Naturschutzge- Wien zu „rücken“, gab es sogar Pläne einer danke. Seinen Höhepunkt erreichte der Kon- Schnellschwebebahn mit Propellerantrieb, flikt in der Debatte um eine geplante Straßen- die die Strecke Wien-Rust in nur 30 Minuten brücke über den See um 1970: Die Ausein- Bild rechts: Postkarte, um 1937 andersetzung eskalierte vor allem zwischen

Bild unten: Podersdorf, 1957 Foto: Privatsammlung Österreichs „Naturpapst“ Otto Koenig und Foto: Otto Kern © ÖNB, BildarchivFoto:

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 99 Kultur

Landeshauptmann Theodor Kery. Auch Puszta“. Das populärste Landschaftsmotiv hin zur Neuerrichtung) gingen dabei eine Konrad Lorenz und Antal Festetics sowie des Neusiedlersees – „Schilfhütte mit Zieh- Wechselwirkung ein. der Afrikaforscher Bernhard Grzimek („Se- brunnen“ – ist nämlich seinerseits so „künst- rengeti darf nicht sterben“) protestierten ge- lich“ wie der See. Denn ursprünglich waren »Die Avantgarde im Weinkeller« gen das Projekt, 200.000 Unterschriften wur- beide miteinander nicht verbunden: Die Mit dem einsetzenden Tourismusboom den österreichweit gesammelt, der Plan zum Schilfhütte war keine Hirtenbehausung der wurde der Neusiedlersee auch von Künst- Brückenbau schließlich aufgegeben. Der Puszta, wie meist angenommen wird, son- lerInnen und Intellektuellen entdeckt. Dabei Interessenausgleich zwischen Naturschutz dern Weinhüter-Unterstand. Erst mit dem lassen sich gewisse Parallelen zum nachbie- und ökonomischer Nutzung der Region führ- Vorrücken der Weingärten wurde sie gemein- dermeierlichen Eskapismus der Plein-Air- te 1992 zur Gründung eines grenzüber- sam mit dem Ziehbrunnen zum Symbol Malerei und ihrer motivischen Entdeckung schreitenden Nationalparks. einer Heidelandschaft, die heute längst ver- Ein weiteres Kapitel der Ausstellung wid- schwunden ist. Bildproduktion und die met sich der „Erfindung der österreichischen künstliche Erhaltung solcher Anlagen (bis Foto: Horvath Druck

Wein-Etikett, 1970er Jahr der ungarischen Pußta zur Mitte des 19. Jahr- hunderts herstellen. Die Anziehungskraft speiste sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus der „burgenländischen Weite“, dem „anderen Licht“ oder gar aus der etwas unheimlichen Randlage am Eisernen Vorhang. Dabei traf diese Metropolenflucht auf die „pannoni- schen Intentionen“ der burgenländischen Kul- turpolitik unter Fred Sinowatz. Zu den wich- tigsten Kristallisationspunkten gehörte das Symposion Europäischer Bildhauer im Stein- bruch von St. Margarethen ab 1959, in des- sen Rahmen auch Arbeiten zur künstleri- schen Gestaltung der Fußgängerzone am Stephansplatz in Wien entstanden. Wichtig waren auch die Werkstatt Breitenbrunn um Fria Elfen und Will Frenken mit ihren inter- national vernetzten Workshops und Semina- ren und die Cselley-Mühle in Oslip, wo Wie- ner Musiker oder Kabarettisten einander die Klinke in die Hand gaben. Die Ausstellung zeigt rund 250 Objekte, darunter Kunstwerke (u. a. von Johann Christian Brand, Jakob Alt, Kurt Moldovan, Karl Prantl und Wander Bertoni), Gebrauchs- gegenstände aus dem Alltag (vom Blechstie- fel der Schilfschneider bis zum Insektizid- Zerstäuber FLIT), Trockenlegungspläne aus dem 19. und 20. Jahrhundert, Filmausschnit- te (u. a. aus der „Mundl“-Folge „Urlaubs- freuden“ oder Otto Koenigs „Rendezvous mit Tier und Mensch“), alte und neue Ansichts- kartenserien sowie Souvenir- Kitsch, Zeug- nisse des frühen Naturschutzes am Neusied- lersee und nicht zuletzt Entstehungsdoku-

Foto: Eduard Adrian Dussek © Wienbibliothek im Rathaus, Plakatsammlung mente des Slogans „Meer der Wiener“. Plakat »Das Meer der Wiener«, 1927 http://www.wienmuseum.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 100 Kultur Paradies der Blicke Am 9. Juli wurde mit dem »Paradies der Blicke« gleich neben dem Bergbahnhof der Schneebergbahn auf 1.800 m Seehöhe die höchst gelegene touristische Attraktion Niederösterreichs durch Verkehrslandesrat Karl Wilfing eröffnet. Foto: NÖVOG/APA-Fotoservice/Preiss Das Kaleidoskop ist architektonisches Highlight des von Nofrontiere konzipierten und produzierten Themenweges »Paradies der Blicke«. Von außen ein zeitloser, architektonischer Akzent in der alpinen Landschaft des Hochschneebergs, bietet das Kaleidoskop im Innenbereich großzügigen Raum für ein Kulturerlebnis sui generis.

ine Galerie mit Werken des Puchberger tätigen kann. „Mit der Schneebergbahn ist EKünstlers VOKA sowie ein Kaleidoskop der Beweis gelungen, daß Bahnunternehmen mit atemberaubenden Bildern des Schnee- wirtschaftlich geführt werden können“, freut bergs einst und jetzt machen den Berg bei sich Verkehrslandesrat Karl Wilfing über jedem Wetter zu einem attraktiven Ausflugs- den Erfolg. „Sie ist Motor und Lebensader ziel. Der Themenweg um den Waxriegel bie- der Region. Das wollen wir auch mit ande- tet auch nicht-bergerfahrenen Besuchern ren Bahnstrecken, die das Land Nieder- einen leicht begehbaren Rundweg. Das österreich und die NÖVOG betreiben, errei- „Paradies der Blicke“ macht den Schneeberg chen.“ für jeden Besucher in allen seinen Dimen- Das „Paradies der Blicke“, also Galerie, sionen erfahrbar. Kaleidoskop und Gestaltung des Rundwegs, Die Schneebergbahn war in den Jahren hat eine Million Euro gekostet, etwa 360.000 seit ihrer Eröffnung 1897 immer wieder von Euro wurden im Rahmen einer Leader-För- der Schließung bedroht. Deshalb übernahm derung aufgebracht. Die restlichen 640.000 das Land Niederösterreich 1997 über die konnte die Niederösterreichische Schnee- NÖVOG (Niederösterreichische Verkehrs- bergbahn m.b.H. aus dem Betriebsergebnis organisationsgesellschaft) 50 Prozent der An- bezahlen. Baubeginn war im Juli 2010 – ein teile, um den Fortbestand sicher zu stellen. knappes Jahr danach erfolgte nun die Fertig- Die Schneebergbahn entwickelte sich in den stellung.

Jahren seither zu einem Vorzeigebetrieb, der Foto: NÖVOG/APA-Fotoservice/Preiss Rund 130.000 Fahrgäste zählt die Gewinne schreibt und Investitionen selbst NÖ Verkehrslandesrat Karl Wilfing Schneebergbahn alljährlich. Salamander-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 101 Kultur

Triebzüge, Betriebswerkstatt, ein neues Ver- kaufs- und Vertriebssystem und der Neubau des Bergbahnhofs prägten die Entwicklung der vergangenen Jahre. Gerhard Stindl, Geschäftsführer der Niederösterreichischen Schneebergbahnen m.b.H. (NÖSBB) und NÖVOG, sieht in der Flexibilität der Mitar- beiter einen wesentlichen Faktor für den langjährigen Erfolg der Schneebergbahnen: „Alle Mitarbeiter der NÖSBB arbeiten auch als Fahrtbegleiter. Das Werkstättenpersonal ist selbstverständlich auch als Lokführer und als Fahrtbegleiter einsetzbar, umgekehrt sind Fahrtbegleiter auch Lokführer.“ Alexander Szadeczky, Geschäftsführer Nofrontiere Design, erinnert sich anläßlich der Eröffnung an die spannende Phase der Projektentwicklung: „Wir liefern quasi schlüs- selfertige Projekte, aber dafür braucht es einen Auftraggeber mit einer klaren Vision. v.l.: Alexander Scadeczky (GF Nofrontiere), Karl Wilfing (Landesrat für Verkehr), Den hatten wir hier.“ Einfach umzusetzen Petra M. Vogl (Galerie VOKA), Gerhard Stindl (NÖSBB und NÖVOG), Florian Diertl war das Projekt nicht, so schneite es den (Vizebürgermeister von Puchberg/Schneeberg) und Martin Wanzenböck (Obmann Bautrupp mitten im August 2010 auf dem Tourismusverein Puchberg/Schneeberg) höchsten Berg Niederösterreichs ein. Eine neue Erfahrung für das Berg erprobte Team. Martin Wanzenböck, Obmann des Touris- musverein Puchberg, begrüßt die neue At- traktion auf dem Schneeberg mit großer Be- geisterung: „Die Schneebergbahn ist für unsere Region ein wesentlicher Wirtschafts- faktor. Nun gibt es neben 80 km Wanderwe- gen und Alpinsteigen, einer Zahnradbahn und einer Sesselbahn auch ein Schlecht- wetterprogramm direkt auf dem Berg. Das ,Paradies der Blicke‘ ist eine Bereicherung des Angebots.“ Vizebürgermeister Florian Diertl: „Bei uns in Puchberg/Schneeberg ist jeder Gast König, nicht nur die gekrönten Häupter. Tat-

sächlich durften wir Kaiser Franz Josef Foto: leisure communication Foto: NÖVOG/APA-Fotoservice/Preiss ebenso hier begrüßen wie später den König Wenn Spontanrealist VOKA (r.) seinen Zyklus Charakterköpfe präsentiert, findet es auch Mörbischer Seefestspiele-Intendant Harald Serafin »wunderbar« von Spanien. 30.000 Gäste nächtigen alljähr- lich in Puchberg/Schneeberg, dazu kommen einen ganz eigenen, unverwechselbaren Dabei ergründet er das Wesen einzigartiger rund 200.000 Ausflugsgäste.“ Malstil erschaffen, der aus der Dynamik des Persönlichkeiten aber auch das von Leuten Petra M. Vogl, Leiterin der Galerie Augenblickes entsteht. In seinen farbenstar- auf der Straße. Pablo Picasso, Jimi Hendrix, VOKA, schildert die Begeisterung für ein ken Gemälden vermag er es, ein Motiv ein- Marilyn Monroe oder Andy Warhol portrai- ganz besonderes Projekt: „Mit der Galerie drucksvoll und konzentriert auf Leinwand zu tierte er bereits. Alle diese einzigartigen Cha- ,VOKA Top Art 1800‘ im alten Bergbahnhof bannen. Die Basis seines künstlerischen raktere haben eines gemeinsam: VOKA’s der Schneebergbahn wurde etwas in Europa Schaffens wurzelt in einer jahrelangen, in- Anerkennung. Sei es durch ihr Künstlerda- Einzigartiges und Besonderes geschaffen.“ tensiven Auseinandersetzung mit der Kunst sein, durch besondere Taten oder einschnei- des Realismus, die ihn über die Öl- und dende, zufällige Begegnungen. Zu „seinen Multitalent aus Niederösterreich Aquarellmalerei zu seiner nun bevorzugten Köpfen“ sagt der Künstler: „Jede Person hat Der Maler VOKA (* 1965) arbeitet und Acrylmalerei geführt hat. ihre eigene Geschichte. Beim Malen wird lebt im idyllischen Puchberg am Schneeberg Mit dem aktuell präsentierten Zyklus daraus meine Geschichte. Kein gemaltes in Niederösterreich. Seine Werke befinden „Charakterköpfe“ schaffte der Spontanrealist Portrait spiegelt die tatsächliche Person, son- sich sowohl in öffentlichen, als auch in pri- den Sprung ins internationale Feld und war dern ist immer ein Abbild aus der Sicht des vaten Sammlungen internationaler Kunst- Mitte Juli bei den „British Open“ vertreten. Künstlers.“ liebhaber. Voka hat mit der von ihm begrün- Menschen stehen im Zentrum seiner typi- http://www.schneebergbahn.at deten Kunstrichtung „Spontanrealismus“ schen kräftigen und kontrastreichen Bilder. http://www.voka.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 102 Kultur 5. Schrammel.Klang.Festival Im niederösterreichischen Litschau trafen einander rund 6000 Musikliebhaber, um diesmal den 200. Geburtstag von Kaspar Schrammel zu feiern.

Von Gerhard Schiller. Foto: Karl Satzinger Der 24 ha große Litschauer Herrensee war das Zentrum des Schrammel.Klang.Festivals. Links im Bild: das Schrammelfloß.

pätestens 2011 ist das Schrammel.Klang. ist in Zeiten, wo offensichtlich jeder jedem auch den 200. Geburtstag von Kaspar Schram- SFestival in Litschau als Gesamtkunst- nach dem Leben trachtet, nicht nur in Oslo, mel! werk mit Seltenheitswert zu betrachten. auch in Eisdielen und sogar auf der Rax, völ- Folgende Musiker und -Musikgruppen Abgesehen von den zahllosen musikali- lig anachronistisch. beweisen, daß diese Szene nicht nur Ver- schen Köstlichkeiten ist das Konzept, an drei Bei den Künstlern ist es schwer, jemand gangenheit hat, sondern eine absolut leben- Juli-Tagen die Hügeln um den verträumten nicht zu erwähnen. Allen voran gebührt na- dige, erfolgversprechende Zukunft: Walther Herrensee mit verschiedenen Naturbühnen türlich den Urgesteinen Rudi Koschelu, Soyka, rutka.steurer, Roland Sulzer, Wiener zu bespielen, ja ziemlich einmalig. Und da Herbert Bäuml, Kurt Girk, Agnes Palmisano Art Schrammeln, Willi Lehner, Kurt Ober- die Künstler während des Festes die Bühnen u.a. jede Hochachtung. Wie diese Leute die- mair und, nicht zuletzt, natürlich das Kol- untereinander wechseln, kann der interes- se Musik pflegen und hochhalten, ist wirk- legium Kalksburg. Dieses Trio zeigt zwi- sierte Beobachter aus nächster Nähe erken- lich bewundernswert. Schließlich feiern wir schen den massiven Zwerchfellattacken fast nen oder zumindest vermuten, was einstu- zu sparsam, welch famose Musiker sie sind. diert, was spontan ist, wie die Stimmung un- Völlig unfaßbar sind auch die Darbie- ter den Musikern, wie die jeweilige Aus- tungen der beiden Musik- und Textakrobaten strahlung ins Publikum ist. Georg Breinschmid (kb) und Thomas Gansch Auch der Freitagabend, wo sich die (tr + git !). Selten hört man Musik in solch besten Schrammelmusiker des Landes völlig abstrakter Perfektion. furchtlos um das Herrenseetheater gruppie- Im Rahmen der Samstag-Gala fand die ren und gemeinsam musizieren – in innig- Uraufführung der „Litschauer Hetz“ statt, in stem Kontakt mit den begeisterten Zuhörern, Anlehnung an die Johann Schrammel-Kom-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 103 Kultur Foto: Andreas Biedermann Auch die »Sängerhütte« am 24 Hektar großen Litschauer Herrensee wurde von den MusikerInnen abwechselnd bespielt.

position „Dornbacher Hetz“. Alfred Pfleger, immerhin Konzertmeister der Vereingten Bühnen Wien, überließ die Bühne kampflos seinen russischen Gästen Sergej Bolotny und Crisoula Kombotis an der Geige, sowie Martin Breinschmid (vibr), Herbert Pichler und vielen anderen. Von Schrammel- und Strauss Sohn-Kompositionen über Klezmer und Jazz ging die Reise und zurück. Den Abschluß am Sonntag machte Roland Neuwirth mit seinen Extremschrammeln, in seiner Art auch unerreicht. Zeno Stanek, allgegenwärtiger Intendant des Festivals, hat mit seinem Team nicht nur Ideen wie Schrammelfloß, Nachtwanderung, Weinpavillon und Geigenbauhütte zum Durchbruch verholfen, sondern für einige Ta- ge eine neue Heimat geschaffen – für Künst- ler und Publikum.

schrammel.tv Für öffentlich-rechtliche und private Me- dien ist diese Musik noch immer kein The- ma. Darum sei auf das Redaktionsteam des internet TV-Portals http://schrammel.tv hin-

gewiesen, welches wieder viele Stunden des Foto: )Karl Satzinger Festivals festhalten konnte. Festival-Erfinder Zeno Stanek (l.) mit Schrammel-Urenkel Klaus-Peter Schrammel, http://www.schrammelklang.at der – trotz Anwaltberufs – als Jazz-Musiker die lange Familientradition fortsetzt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 104 Kultur Foto: Andreas Biedermann Schrammel.Klang.Session bis in die frühen Morgenstunden: vorne links: Willi Lehner, links hinter ihm Fredi Gradinger, Herbert Bäuml, Kurt »Sinatra von Ottakring« Girk und Rudi Koschelu im Kreise von unermüdlichen Zuhörern.

Ein Rückblick Das 5. Schrammel.Klang.Festival stand 2011 im Zeichen von Kaspar Schrammels 200. Geburtstag. Von 8. bis 10. Juli 2011 würdigten wieder zahlreiche KünstlerInnen vor einer eindrucksvollen Naturkulisse die Musik der Schrammeln. Über 100 Musi- kerInnen aus Österreich sowie dem Ausland traten bei Konzerten, Matineen und im Rah- men des Schrammelpfads rund um den Herrensee auf. Die Liste der illustren Gäste ist lang: unter vielen anderen gaben sich bratfisch, Die Mondscheinbrüder, Die Strottern, Ernst Molden, Georg Breinschmid, Kollegium Kalksburg, die Neuen Wiener Concert Schrammeln, Roland Neuwirth & Extrem- schrammeln und Walther Soyka die Ehre. Erstmals beim Festival mit dabei sind Bil- Foto: Andreas Biedermann Zur Eröffnung wurde das hauseigene Erfolgsstück »Herzfleisch« präsentiert. lisich und Band mit „neuen Wiener Lie- dern“, wienerglühn, die Formation der Ge- stück „Herzfleisch“ von René Freund in frühen Morgenstunden gedauert haben. Die schwister Heidelinde und Rudi Gratzl, die einer aktualisierten Version in der Regie von Samstag-Gala gehörte der Uraufführung der fulminanten Senkrechtstarter Catch-Pop Zeno Stanek präsentiert. „Litschauer Hetz“ (benannt in Anlehnung an String-Strong, der junge Geiger Sergei Bo- Anschließend folgte der erste musikali- Johann Schrammels Komposition „Dornba- lotny, der sowohl als Philharmoniker als sche Höhepunkt mit einem fulminanten cher Hetz“) und vereinte Musik aus der Zeit auch als Klezmer-Musiker Furore macht und Konzert von „Brein’s Café“ mit Georg von Kaspar Schrammel mit Strauss-Me- das in der Szene schon gut bekannte En- Breinschmid und Thomas Gansch, bevor lodien, Klezmer-Klängen, Schrammel-Kom- semble Des Ano rund um Max Gruber. sich ab 22.30 Uhr die anwesenden Künst- positionen und Jazz. Zur Eröffnung am 8. Juli im Her- lerInnen zur Schrammel.Jam.Session im Geleitet wurde die musikalische Erlusti- renseetheater wurde das hauseigene Erfolgs- Strandbad versammelten. Sie soll bis in die gung von Alfred Pfleger, Konzertmeister der

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 105 Kultur

Vereinigten Bühnen Wien und Stehgeiger, der für einen ganzen Abend befreundete Mu- siker um sich geschart hat, die in die mu- sikalische Zeit von Kaspar Schrammel führ- ten. Mit dabei u. a. Sergei Bolotny, Herbert Pichler, der Solokeyboarder der Vereinigten Bühnen Wien, und der Vibraphonist Martin Breinschmid.

Gewiss eine Hetz' in Litschau! Kernstück des Festivals war Samstag wie Sonntag von 13 bis 18 Uhr der Schrammel- pfad auf den Naturbühnen rund um den ma- lerischen Herrensee mit Konzerten, Theater, Schrammelfloß-Fahrten, Lesungen, Picknick- Gastronomie, einem Weinpavillon, dem Schrammelheurigen „Im Gemüthlichen“ und vieles mehr. Weitere Highlights waren das Konzert von dieSTEINBACH mit bodenständig einfühlsamer bis frech-witziger Musik bratfisch am Samstagabend, die Nacht- wanderung (ab 23.30 Uhr) mit vielen Künst- lerInnen des Festivals unter anderen Des Ano und Catch-Pop String-Strong, die Instru- mentenbauhütten für Geige und Kontragitar- re am Gelände, der Schrammel.Klang.Ex- press, der am Sonntag von Gmünd kom- mend mit dem Drehorgel-Spieler Oliver Maar an Bord rechtzeitig zum Schrammel- frühstück am Kulturbahnhof Litschau mit Christina Zurbrügg eintraf, die Schrammel. Golf.Trophy am Golfplatz in Haugschlag, so- wie die bodenständige Gastronomie vor Ort. Im Vorfeld durfte natürlich der schon tradi- tionelle Schrammel.Workshop nicht fehlen. Zum Finale des Festivals spielte einer der „Ahnherren“ des neuen Wienerlieds auf: Ro- land Neuwirth mit seinen Extremschram- meln. Die Mondscheinbrüder Robert Reinagl (l.) und Walter Czipke Schrammel.Klang.Festival 2012 Auch beim Schrammel.Klang.Festival 2012 mit dem Schrammelpfad mit Musik und Theater auf Bühnen in der freien Natur und am Schrammelfloß mitten am See, bei Matineen, Abendkonzerten, einer Dampf- lokfahrt und bei Nachtwanderungen erleben Besucher wieder drei Tage voller Musik- genuß in stimmungsvoller Naturkulisse. Zur Stärkung gibt’s auch im kommenden Jahr kulinarische Schmankerln der Region sowie eine Auswahl heimischer Weine im Wein- pavillon. Ein perfekter und authentischer Spielraum für die Schrammelmusik. Das nächste Schrammel.Klang.Festival findet vom 6.-8. Juli 2012 statt. Der Karten- verkauf für das kommende Festival startet bereits Ende Herbst 2011. Weitere Infor- mationen zum Festival erhalten Sie unter Foto: Karl Satzinger Foto: Karl Satzinger Foto: Karl Satzinge http://www.schrammelklang.at Roland Neuwirth und die Extremschrammeln

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 106 Kultur Abschied von den »Stoanis« Viele Fans und Ehrengäste in der »Stoani«-Heimat Gasen Foto: Land Steiermark Generalleutnant Günter Höfler, Landeshauptmann Franz Voves, LAbg. Bernhard Ederer, LAbg. Franz Gruber, Tourismus- direktor Georg Bliem, LH-Stv. Gerhard Schützenhöfer und CR Gerhard Koch (ORF) (stehend v. l.) mit Justizministerin Beatrix Karl (Bildmitte), den »Stoanis« Reinhold Willingshofer, »Ehrenbruder« Franz Böhm, Fritz und Hans Willingshofer und Gäste

ach über vier Jahrzehnten feierten die liebtesten Volksmusiksendung, dem „Musi- tung absolvierten, gedacht, daß diese Mu- Nlegendären „Stoakogler“ am 8. Juli in kantenstadl“. sikformation auch noch im Jahr 2011 so be- ihrer Heimat Gasen ihren Abschied. Bei die- Ihre Musik führt sie um den ganzen Erd- liebt ist. Der Riesenhit „Steirermen san very sem sentimentalen Fest durften natürlich ball. Sie machen mit ihrer Musik so viel good“, der millionenfach auf Tonträger ver- auch der Steirische Landeshaupmann Franz Stimmung, daß sie zu den olympischen Win- kauft wurde, ließ die vier sympathischen Voves und LH-Stv. Hermann Schützenhöfer, terspielen 1998 nach Nagano in Japan einge- Burschen längst zu einer steirischen Legen- nicht fehlen. Zudem waren unter vielen an- laden werden. Vor 18 Jahren vergrößert sich de werden. Neben vielen Gold- und Platin- deren auch weitere Legenden der volkstüm- das Trio zum Quartett: Der Musikerkollege schallplatten sind sie Ehrenbürger ihres Hei- lichen Musik wie „Die Paldauer“, Andreas Franz Böhm wird 1993 als „Ehrenbruder matortes Gasen und Träger des „Goldenen Gabalier, Harry Prünster oder auch Karl Moik adoptiert“ und ist seither festes Mitglied der Ehrenzeichens des Landes Steiermark“. Zu- vertreten. Voves und Schützenhöfer gratu- „Stoakogler“. dem wurden sie mit dem „Goldenen Ehren- lierten den „Stoanis“ zu ihrem Lebenswerk: Zu ihrer fast schon legendären und natur- ring der Gemeinde Gasen“ ausgezeichnet. „Sie sind wohl die besten Botschafter unse- verbundenen Lebenseinstellung zu Haus, Die Krönung der vielen Ehrungen war die res Landes. Die Stoanis haben auf der gan- Hof und Familie gesellen sich persönliche Auszeichnung mit dem „Großen goldenen zen Welt mit ihrem Gemüt die Herzen Eigenschaften wie Humor, Liebenswürdig- Ehrenzeichen der Republik Österreich“! erobert und die Steirer repräsentiert wie sie keit, Freundlichkeit, Geradlinigkeit und Für die Große Stoani-Gemeinde und alle sind: gemütlich, herzlich und beliebt!“ Weltoffenheit, wie man es selten findet. Ge- Fans gibt es seit nunmehr 13 Jahren das 1968 sind die Brüder Fritz, Hans und nau das alles spiegelt sich in den Liedern der „Stoani-Haus der Musik“ in Gasen. „Eigen- Reinhold Willingshofer aus Gasen als „Edler Stoakogler wider und ist gleichzeitig ein schaften wie Humor, Herzlichkeit und Welt- Trio“ das erste Mal aufgetreten. Nach nur Stück des Erfolgsgeheimnisses der Gruppe. offenheit haben sie zu dem gemacht, was sie zehn Jahren waren sie bereits das beliebteste Und wer hätte sich am 2. Februar 1968, heute sind: Legenden der Volksmusik und österreichische Volksmusiktrio und neben als die Brüder Willingshofer aus Gasen in Vorbild für Generationen“, so Voves und unzähligen Goldenen Schallplatten und Aus- der Oststeiermark ihren ersten Auftritt bei Schützenhöfer abschließend. zeichnungen waren sie Dauergäste in der be- einer eher verhaltenen Seniorenveranstal- http://stoakogler.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 107 Kultur Wiltener Sängerknaben reisen nach China Am 3. August brechen die Wiltener Sängerknaben gemeinsam mit ihrem künstlerischen Leiter, Johannes Stecher, zu einer einmonatigen Tournee in die Volksrepublik China auf.

ie Reise führt die jungen Sänger dabei Dvon Beijing über Lin Yi, Da Lian, Guang Zhou, Zhu Hai, Chang Sha, Shen Zhen, Dong Guan und Kun Ming bis nach Shanghai. Insgesamt wird der Chor 13 Konzerte in den größten Konzerthallen des Landes geben und dabei ein Stück Tiroler Kultur ins Reich der Mitte bringen. Die Auftritte werden zum Teil vom chinesischen Fernsehen übertragen und so einem Millionenpublikum zugänglich. Auf dem Programm stehen u.a. bekannte klassische Werke von W. A. Mozart, G. Verdi, C. Zeller, J. Strauß, F. Schubert und A. Lloyd Webber, eine Auswahl der schönsten Volkslieder aus Tirol und dem Alpenraum und auch zwei traditionelle chinesische Lieder. Seit dem vergangenen Jahr haben die Wiltener Sängerknaben auch eine eigene Volksmusikgruppe, die den Chor beim alpenländischen Programmteil begleiten wird. Die Wiltener Sängerknaben aus Inns- bruck zählen zu den traditionsreichsten und renommiertesten Knabenchören Europas. Ihre Geschichte reicht zurück bis ins 13. Jahr- hundert. Heute besteht der Chor aus etwa 160 Mitgliedern, die in fünf Gruppen – von den Nachwuchschören über den Konzert- chor bis zu den Männerstimmen – zum Teil Foto: WSK/Rupert Larl in Kooperation mit dem Tiroler Landeskon- Die Wiltener Sängerknaben mit ihrem künstlerischen Leiter, Johannes Stecher servatorium ausgebildet werden. Die künst- über eine eigene Volksmusikgruppe, die aus- CDs werden mittlerweile über das bekannte lerische Leitung der Wiltener Sängerknaben schließlich aus Chormitgliedern besteht. Wiener Klassik-Label Gramola international liegt seit 1991 in den bewährten Händen von Ebenso zum Repertoire zählen große vertrieben – dabei handelt es sich um eine Johannes Stecher. Eine von ihm entwickelte Chor-Orchester-Werke wie J. Haydns Schöp- Aufnahme der Carmina Burana (in der von spezielle Gesangstechnik verleiht den Stim- fungsmesse und sein Oratorium Die Schöp- Orff authorisierten Fassung für Chor, Soli- men eine unverwechselbare Strahlkraft und fung, G. F. Händels Messias, F. Mendels- sten, zwei Klaviere und Schlagwerk) und die Tragfähigkeit, sodaß sie auch große Häuser sohn-Bartholdys Elias u.v.m. Jedes Jahr am CD Laudate Dominum mit sakralen Meister- mühelos ausfüllen. vierten Adventsamstag bringen die Wiltener werken aus verschiedenen Jahrhunderten. Das Repertoire des Chores ist breit gefä- Sängerknaben und das Barockorchester Aca- Viele erfolgreiche Konzertreisen haben chert. Es umfaßt sakrale Werke von der Gre- demia Jacobus Stainer unter der Leitung von die Wiltener Sängerknaben in den vergange- gorianik bis zu Andrew Lloyd Webber, Oper Johannes Stecher in der Basilika Wilten in nen Jahren unter anderem durch ganz Öster- und Operette, eine große Auswahl klassi- Innsbruck die ersten drei Kantaten von reich, in die Schweiz, in die Niederlande, scher und romantischer Chorwerke und na- Johann Sabastin Bachs Weihnachtsoratorium nach Deutschland, Italien, Belgien, Frank- türlich traditionelle Volkslieder aus Tirol und zur Aufführung. reich, Dänemark, Rumänien, Israel und Ja- dem Alpenraum. Seit dem vergangenen Jahr Eine Vielzahl von CD-Aufnahmen belegt pan geführt. verfügen die Wiltener Sängerknaben auch die große programmatische Bandbreite. Zwei http://www.saengerknaben.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 108 Serie K.u.K. Jugendstil

Prof. Peter Schubert – der Autor dieser neuen Serie – beschäftigt sich seit mehr als 10 Jahren intensiv mit dem Jugendstil. Er hat zwei Bücher darüber verfaßt und fotografierte inzwischen wahrscheinlich das größte internationale Fotoarchiv zu diesem Thema: Es umfaßt derzeit mehr als 7000 digitale und 500 analoge Fotos aus 15 europäischen Ländern In der ersten Folge zeigt er Hausfassaden aus den Ländern Österreich-Ungarns Österreichischer Jugendstil im Ausland

nders als heute war das Leben um 1900 Aviel weniger international geprägt. Während heute große Architekten sich um Bauprojekte weltweit bewerben und diese in den unterschiedlichsten Ländern verwirk- lichen, war dies für die Architekten um 1900 eher unüblich. Eine Ausnahme bildete da die Firma Helmer & Fellner, die vor allem Theaterbauten in ganz Europa errichtete – und dies im wesentlichen von Wien aus, von wo per Bahn ein Großteil des geplanten Theaters im buchstäblichen Sinn „auf Schie- ne gebracht“ und vor Ort verbaut wurde. Ansonsten war aber die Internationalität bei weitem noch nicht verbreitet – und gera- de auch durch die nationale Komponente des Jugendstils blieb sie gerade um 1900 relativ gering. Drei hervorragende Beispiele für den Export der österreichisch-ungarischen Jugend- stilvariante sind allerdings anzuführen – und zwei von ihnen sind längst als international hervorragende Beispiele gewürdigt worden. Anzumerken wäre, daß eine wirklich er- schöpfende Arbeit über die internationale Tätigkeit der Architekten und die Vernet- zung der Einflüsse fehlt – und dieser Artikel daher nur diese beiden bekanntesten Bei- spiele ausführlicher würdigen kann. Joseph Maria Olbrich aus Mähren war genau genommen kein Schüler von Otto Wagner. Wagner hatte aber Olbrichs zeich- nerischen Fähigkeiten entdeckt und ihn des- halb in sein Team aufgenommen, wo er bald zu einem der führenden Köpfe wurde. Der Dekor vieler Wagner-Bauten – von den mei- sten Stadtbahnstationen bis zu den Häusern am Naschmarkt – tragen daher ganz wesent- lich Olbrichs Handschrift. Ganz selbständig war Olbrich in Wien und Niederösterreich nur für fünf Bauten verantwortlich: Da wäre zunächst das Haus Stöhr in St. Pölten und die Villa Friedmann Alle Fotos: Prof. Peter Schubert in der Hinterbrühl. Dann das Haus für den Italien, Venedig, Biennale-Gelände, ständiger ungarischer Pavillon, 1908/09 Architekt Geza Marot, Mosaiken von Aladar Körösföi Kriesch, Durchführung Dichter Hermann Bahr in Ober-St.Veit (des- Werkstatt Miksa Roth sen endgültigen Entwürfe er aber bereits aus dem Ausland sandte) und der Pavillon für Staatsbeamten im Wiener Prater. (Ein Bau es ein Tennis-Club und der für Olbrich typi- den Radfahrer-Club der Wiener Hof- und mit einer interessanten Geschichte: Heute ist sche Dekor fehlt. Aber erst während der Vor-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 109 Serie K.u.K. Jugendstil bereitung für die große Olbrich-Ausstellung im Leopold-Museum wurde festgestellt, daß es diesen Dekor wahrscheinlich nie gegeben hat und damit das Gebäude original erhalten ist.) Und dann natürlich Olbrichs Haupt- werk, die Secession, das Ausstellungsge- bäude der Künstler, die sich von den bisheri- gen Traditionen abgewandt hatten und den Jugendstil propagierten. Entsprechend wirk- ten an der Ausgestaltung eine Reihe von anderen Künstlern mit – immerhin war z.B. die Eingangstüre von Gustav Klimt… Im November 1898 konnte die Secession eröffnet werden – und knapp ein halbes Jahr später erhielt Olbrich einen neuen traumhaf- ten Auftrag: Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen, plante in seiner Hauptstadt Darm-

oben: Liebe – Mosaik im Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe links: Für Wien geplant, in Brüssel gebaut: Detail vom Palais Stoclet stadt die Einrichtung einer Künstlerkolonie – und Olbrich sollte diesen Plan umsetzen. 1899 wurde die Künstlerkolonie gegründet, 1901 erfolgte die erste Ausstellung. Verlangt waren Wohnhäuser für die Künstler, das Ernst-Ludwig-Haus mit Ateliers und für die Ausstellung entsprechende Bauten, die dann wieder entfernt wurden. Daß die Ausstellung zu ihrer Zeit ein Riesenerfolg geworden wäre, wäre eine Übertreibung, denn die Medien verhielten sich überaus kritisch und überschütteten teil- weise die Künstler mit Spott und Hohn – aber auch in Wien war die Secession nicht nur begeistert angenommen worden. Aber 1904 folgte eine zweite Ausstellung und anläßlich der Hochzeit des Fürsten errichtete Olbrich über einem auf der Mathildenhöhe befindlichen Wasserreservoir den Hochzeits- turm mit Ausstellungsgebäude – heute das Wahrzeichen von Darmstadt. Obwohl der Bombenkrieg die Innenstadt Darmstadts praktisch ausradierte und auch einige Häuser der Künstlerkolonie zerstörte, ist Darmstadt für jeden Jugendstilliebhaber ein Top-Tipp, denn auch der Bahnhof und ganze Straßenzüge sind im Jugendstil – von der Mathildenhöhe gar nicht zu reden. Und wenn die Traditionen stimmen, ist auch die Pflasterung zahlreicher Gehsteige nach Entwürfen von Josef Maria Olbrich durchge- führt worden… Für das zweite Beispiel muß man noch ein Stück weiter fahren – und kann es dann nur von außen besichtigen: Es handelt sich um das Palais Stoclet in Brüssel.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 110 Serie K.u.K. Jugendstil

Adolphe Stoclet, Sohn einer Brüsseler und Stoffen, von den Wandmosaiken und punkte des Wiener Jugendstils in Belgien… Bankiersfamilie, war nach Wien entsandt Möbeln bis hin zu Geschirr und Besteck – Das Palais ist nach wie vor im Familien- worden, um dort eine Bankfiliale einzurich- ganz den Geist des Jugendstils atmen… besitz und eine Besichtigung nicht möglich. ten. Er tat dies, kam aber gleichzeitig mit Der Bankier war von den Entwürfen be- Doch ist Brüssel für den Interessierten als den führenden Künstlern Wiens in Kontakt – geistert – doch da starb plötzlich der Vater einer der Ursprungsorte des Jugendstils mit und wurde so zu einem der wichtigsten und Adolphe Stoclet mußte nach Brüssel zu- den Bauten von Victor Horta sowieso eine Finanziers der Wiener Werkstätte. rück und die Leitung des Bankhauses über- Reise wert. Einer von Hortas Schülern – und Natürlich sollte auch sein Haus, das er nehmen. Im Gepäck hatte er die Pläne für an einigen von dessen Bauten beteiligt – war auf der Hohen Warte zu errichten gedachte, sein Palais von Josef Hoffmann mit Mosai- übrigens Otto Wagner jr. Denn einen gewis- ganz dem modernen Stil verschrieben sein. ken von Gustav Klimt und Mobiliar und sen Drang zur Internationalität gab es eben Josef Hoffmann entwarf die Villa und alles Einrichtungen von allen anderen Größen des doch … was Rang und Namen hatte, sollte an der Wiener Jugendstils. Das dritte Beispiel ist wahrscheinlich we- Ausgestaltung mitwirken: Es sollte ein Mei- Wenn sich Stoclet diesen Traum nicht in niger bekannt und dabei liegt es mitten in sterwerk des Jugendstils werden, bis in jedes Wien verwirklichen konnte – dann eben in Venedig, im Biennale-Gelände: 1908 ent- Detail der Einrichtung – von den Tapeten Brüssel: Und so entstand einer der Höhe- schloß sich Ungarn einen eigenen Pavillon zu errichten – und der entstand im ungari- schen Jugendstil. Bis heute ist er der ständi- ge Pavillon Ungarns, unabhängig vom poli- tischen System. (Österreich brauchte für sei- nen ständigen Pavillon 25 Jahre länger…) Zuletzt noch eine gescheiterte Initiative den Wiener Jugendstil zu einem internatio- nalen Stil zu machen, denn Anfang 1914 hatte Otto Wagner von Wien genug: Zahl- reiche seiner Projekte waren abgelehnt wor- den, die großzügige Stadtplanung für das 1904 neu zu Wien gekommene „Trans- danubien“ war gescheitert. Doch da traf eine australische Delegation in Wien ein: Otto Wagner sollte für Australien eine neue Hauptstadt schaffen: „Canberra“ sollte sie heißen und Wagner sollte sie planen und sich keine Beschränkungen auferlegen, die finan- ziellen Mittel würden aufgetrieben wer- den… An einer Planung ohne finanzielle Be- schränkung kann wohl kein Architekt vorrü- bergehen. Auch Otto Wagner nicht. Er stürz- te sich sofort in dieses Projekt. Doch wenige Wochen später brach der Erste Weltkrieg aus. Wagner wäre in Australien plötzlich feindlicher Ausländer gewesen und mußte froh sein, daß er die Reise noch nicht ange- treten hatte. Canberra wurde ohne ihn ver- wirklicht… Peter Schubert – der Autor dieser Serie – beschäftigt sich seit mehr als 10 Jahren intensiv mit dem Jugendstil. Er hat zwei Bücher darüber verfaßt und fotografierte in- zwischen wahrscheinlich das größte interna- tionale Fotoarchiv zu diesem Thema: Es um- faßt derzeit mehr als 10.000 digitale und 500 analoge Fotos aus 19 europäischen Ländern:

Wahrscheinlich das bedeutendste Ge- samtkunstwerk des österreichischen Jugendstils: Die Mathildenhöhe in Darmstadt, dominierendes Bauwerk und Wahrzeichen der Stadt ist der Hochzeitsturm.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 111 Serie K.u.K. Jugendstil vom Kaliningrader Gebiet Rußlands im Nor- Budapest, Szeged und Keckemet und zuletzt Störendes und Unwichtiges ab – wodurch den bis Apulien im Süden, von Barcelona im im Wiener Leopold-Museum zu sehen) bear- ich zu einem ganz neuen Bild komme. Ich Westen bis Constanta im Osten. Mehr als beitet: „Es sind Details von Fassaden, daher glaube, dass meine Fotos als Dokumentation 200 Fotos davon hat er für Ausstellungen reiße ich sie digital aus. Und ich möchte mit eigenständigem künstlerischen An- (bisher in Klosterneuburg, Tulln, Wien, Schwerpunkte betonen, daher softe ich spruch einen neuen Weg beschreiten…“

Deutschland, Darmstadt, Mathildenhöhe, Tor des »großen Haus Glückert«, 1900-1901 von Joseph Maria Olbrich

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 112 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In dieser Folge portraitiert er Paul Henreid Schauspieler/Regisseur

aul Georg Julius Hernried, Ritter von PWasel-Waldingau, Sohn eines von Kai- ser Franz Joseph geadelten Bankiers, wurde am 10. Jänner 1908 im damals noch österrei- chischen Triest geboren. Seine Mutter weilte zu der Zeit des Klimas wegen in der Stadt, die 1919 an Italien fiel. Hernried verbrachte nach dem Tod des Vaters 1916 die weiteren Kinderjahre in Krems, er absolvierte an- schließend das Gymnasium im traditionsrei- chen Theresianum in Wien, bei der Mit- wirkung in zahlreichen Schultheater-Auf- führungen entwickelte sich seine Neigung zum Schauspielberuf. Obwohl nach dem Ersten Weltkrieg die Adelsattribute verloren gingen, galt eine Karriere als Schauspieler gemäß dem einstigen Rang der Familie je- doch als unangemessen. Nach einem auch aus finanziellen Schwierigkeiten abgebro- chenen Medizinstudium, dem Besuch der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt und gleichzeitiger Ausbildung zum Buchher- steller und Grafiker, fand Hernried, der sei- nem Berufswunsch nicht abgeschworen hat- te, Aufnahme am Neuen Wiener Konserva- torium. Bereits nach einem Studienjahr bei einer Grillparzer-Aufführung des Instituts vom großen Max Reinhardt entdeckt, schuf sich der junge Eleve an dessen Theater in der Josefstadt, bei Rudolf Beer an der Scala so- wie am Deutschen Volkstheater unter Hein- rich Schnitzler einen Namen. Der Bühnen- ruhm trug ihm bald Angebote von Filmpro- duzenten ein, seine Darstellung in den öster- reichischen Produktionen „Hohe Schule“ (1934) und „… nur ein Komödiant“ (1935) neben Rudolf Forster machte maßgebliche Leute in Berlin auf ihn aufmerksam, wo man nach dem Exodus der Elite des deutschen Films auf der Suche nach neuen Talenten war. Man offerierte ihm einen Starvertrag, da Hernried sich aber auch verpflichten sollte, in die NS-Reichsfilmkammer einzutreten, verzichtete er auf eine Ufa-Karriere. Als man deswegen im Dritten Reich seinen Na- Foto: Archiv Ulrich men aus dem Vorspann fertiger Filme elimi- Paul Henreid (diese Namensform entstand auf Wunsch der RKO-Produzenten) vor seinem »Star of Fame« am Hollywood Boulevard. nierte und Produzenten Angebote zurückzo- gen, akzeptierte der Künstler 1936 ein En- In London sprach man in den folgenden Theatre laufende Musical „Café Chantant“ gagement in England. Wintermonaten über das im His Majesty’s von Henry Sherek, in dessen Handlung ein

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 113 Serie »Österreicher in Hollywood«

„Everybody Comes to Rick“, später „Casa- blanca“. Als neuer Star am US-Filmhimmel wollte Henreid nicht der dritte neben dem Duo Bergman/Bogart sein, ein Siebenjahres- vertrag mit dem Headstudio in Burbank und die Zusicherung, im Vorspann zusammen mit den beiden Hauptakteuren genannt zu wer- den, waren schließlich Anreiz genug, Vor- behalte aufzugeben. Die Rolle des antinazi- stischen tschechischen Widerstandskämp- fers Victor Laszlo wurde zur erinnerungs- würdigsten seines Lebens, die ihn in den Hollywood-Olymp katapultierte Das kol- portagehafte Melodram mit zeitgeschichtli- chem Hintergrund geriet den Herstellern zum dreifach Oscar-prämierten Kultfilm und potentiellen Kinohit, der mehrere Publi- kumsgenerationen in seinen Bann schlug. Mit zurückhaltendem, subtilem Charme und aristokratischer Eleganz avancierte Henreid

Foto: Archiv Ulrich mit Top-Partnerinnen wie Bette Davis, Hedy Die beiden Wiener Paul Henreid und Helmut Dantine als deutsche Generäle in Lamarr, Ida Lupino, Katharine Hepburn und »Operation Crossbow«, eine von Carlo Ponti 1965 in den britischen MGM-Studios Merle Oberon zum Prototyp des Continental produzierte zeitgeschichtliche Kolportage über einen Sabotageauftrag der Alliierten Lover und romantischen Helden, brillierte in in Holland gegen deutsche V-Waffen. Dramen, Spionage- und Piratenfilmen sowie verarmter k. u. k. Adeliger im Mittelpunkt stand. Die fashionable Rolle war Paul von Hernried auf den Leib geschneidert. Nach der langen Laufzeit des Stücks in das heimat- liche Österreich zurückgekehrt, holte ihn der Theaterproduzent Gilbert Miller umgehend erneut an die Themse. In Laurence Housmans dramatischer Biografie „Victoria Regina“ übernahm er Ende 1937 die Rolle des Prince Albert, die zuvor Willy Eichberger (Carl Esmond) gespielt hatte. Darüber hinaus machten hervorragende Darstellungen in vier britischen Filmen, darunter der von Sam Wood für MGM in den Denham Studios gedrehte Klassiker „Goodbye Mr. Chips“ („Auf Wiedersehen, Mr. Chips“, 1939) und Carol Reeds „Night Train to Munich“, bei dem der Wiener Otto Kanturek die Kamera führte, auf Hernried aufmerksam. Miller er- möglichte ihm den Wechsel an den Broad-

way in New York, der erfolgreiche Auftritt in Foto: Filmarchiv Austria den ersten Monaten des Jahres 1941 im Guild Burt Lancaster, die Französin Corinne Calvet und Paul Henreid als Commandant Paul Vogel in dem im südafrikanischen Diamanten-Schürfgebiet spielenden Para- Theatre in Elmer Rices Dramatisierung mount-Abenteuer »Rope of Sand«. „Flight to the West“, führte zu einem An- gebot aus Hollywood, das der Schauspieler Lisl (Elisabeth Camilla Julia Glück, Tochter biografischen Streifen und erwarb sich in als schicksalhaftes Erlebnis empfand. des Wiener Historikers und Museumsdirek- William Dieterles „Rope of Sand“ („Blutige Der attraktive Österreicher, nun Paul tors Gustav Glück), einer bekannten Mode- Diamanten“, 1949) als sadistischer Security- Henreid, fand am Pazifik beste Bedingungen schöpferin, den gewohnten Lebensstil wie- Chef einer südafrikanischen Minen-Com- vor, er lernte dabei das Filmgeschäft im der aufnehmen zu können. Nach der beste- pany eine ungewohnte Reputation. Zu her- neuen Licht zu betrachten. Von der Gage für chenden Performance in Irving Rappers Me- ausragenden Titeln zählen: „Between Two die Rolle eines heroischen RAF-Piloten des lodram „Now, Voyager“ („Reise aus der Worlds“ („Zwischen zwei Welten“, 1944), freien Frankreichs im RKO-Debütfilm „Joan Vergangenheit“, 1942) bei Warner Brothers, nach Sutton Vanes Broadwayerfolg, mit der of Paris“ (1942) kaufte er zunächst Henry sah ihn Produzent Hal B. Wallis auch als Musik Erich Wolfgang Korngolds, der Spio- Fondas Haus in Brentwood, um mit Gattin Wunschbesetzung für die Nachfolgearbeit nagethriller „The Conspirators“ („Der Ring

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 114 Serie »Österreicher in Hollywood« der Verschworenen“, 1944), „Devotion“ (1946), die Geschichte der Bronte-Schwe- stern, das Melodram „Deception“ („Trügeri- sche Leidenschaft“, 1946), gleichfalls mit Korngolds Musik und „Song of Love“ („Kla- ra Schumanns große Liebe“, 1947), in dem Henreid den Komponisten Robert Schumann verkörperte. Wie für viele Hollywood-Künstler bedeu- tete das manische Kesseltreiben der McCarthy-Ära eine Stagnation seiner glück- haften Karriere. Durch den Umgang mit Charles Chaplin, Hanns Eisler und Bertolt Brecht als Sympathisant des Kommunismus verdächtigt, sicher auch aufgrund der Teil- nahme an der Protestaktion einiger Holly- wood-Größen gegen die Boykottmaßnahmen, erschien sein Name auf der berüchtigten (angeblich nicht existierenden) schwarzen Liste1). Henreid ging eine Partnerschaft mit seinem Freund Edward Nassour ein, die zur Gründung von H-N Productions führte, mit der man mehrere Filme erstellen wollte. Das in einem College spielende Drama, „For Men Only“ (1952) blieb allerdings, da ein finan- zieller Mißerfolg, die einzige gemeinsame Produktion. Von Ingo, Otto Premingers Bru- der hilfreich betreut, akzeptierte Henreid aufgrund der Umstände auch außeramerika- nische Produktionsstätten, er spielte in Frank- reich in der Komödie „Pardon My French“

(US/F) und der analogen französischen Foto: Archiv Ulrich Version „Dans la vie tout s’arrange“ (beide Die Wienerin Hedy Lamarr als Irene von Mohr und Paul Henreid als Vincent Van der Lyn, beide Nazigegner, im Spionagethriller »The Conspirators«. Warner Brothers 1952), in den englischen Streifen „Stolen versuchte mit der Story Line dieses während des Zweiten Weltkriegs im neutralen Face“ (1952) und „Mantrap“ (in den USA: Lissabon spielenden Films an den Erfolg von »Casablanca« anzuknüpfen. "Woman in Hiding", 1953), zuletzt in der Bundesrepublik in seiner einzigen deutsch- sprachigen Nachkriegsrolle, in Willi Forsts Simmel-Verfilmung „Dieses Lied bleibt bei dir“ (auch: „Kabarett“, 1954). Nachdem die Zeit der Black List endete, nach verlorenen Jahren und dem wieder offi- ziellen Zugang zu den großen Produktions- firmen, wurden Henreids Aufgaben bei den Major Studios kleiner, letztlich agierte der einst hoch dotierte Hauptdarsteller in Filmen wie „Deep in My Heart“ („Tief in meinem

1) Mit einem Flug nach Washington D.C. 1947 ver- suchten Hollywood-Größen wie John Huston, Danny Kaye, Gene Kelly, Humphrey Bogart, Lauren Bacall und Paul Henreid im Weißen Haus gegen die Gesinnungsschnüffelei des Senators Joseph McCarthy im Rahmen der Hearings des House on Un-American Activities Committee (HUAC)) zu protestieren. Die Aktion wurde ergebnislos abge- brochen, nachdem Präsident Truman seine ur- sprüngliche Zusage zur Annahme einer Petition zu- rückzog. Henreid erhielt (gemäß seinen Ausfüh- Foto: Archiv Ulrich rungen in „Ladies Man“, S. 193) erst nach einem Jane Wyman, Paul Henreid, Jill St. John, Clifton Webb und Carol Lynley (v.l.) »on Jahr die Gewißheit, daß er seit diesem ,,historischen“ holiday« in Südamerika, in der romantischen Fox-Komödie »Holiday for Lovers« Flug auf der sogenannten „black list“ stand. (»Ferien für Verliebte«) von 1959.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 115 Serie »Österreicher in Hollywood«

nungen wurde er 1980 im Rahmen einer von CBS-TV übertragenen Zeremonie in der Re- sidenz des österreichischen Generalkonsuls in Los Angeles mit dem Ehrenkreuz für Wis- senschaft und Kunst I. Klasse geehrt, wobei Henreid bei diesem Anlaß Stolz über seine österreichische Herkunft und die seit 1946 bestehende US-Staatsbürgerschaft zum Aus- druck brachte. Bei der Viennale 1982 stellte ihn der Filmemacher Bernhard Frankfurter im ORF-Feature „On the Road to Holly- wood“ vor, 1984 kam seine sophistische, die Hollywood-Karriere reflektierende, mit Julius Fast erstellte Autobiografie „Ladies Man“ her- aus. Auf seinem Anwesen in Pacific Palisa- des, oberhalb des Paul Getty-Museums, zog der detachierte Mann von Welt und pa- triotische „Austrian Gentleman“ alter Schule neben dem Sternenbanner täglich auch die österreichische Flagge auf. Paul Henreid, Va-

Foto: Archiv Ulrich ter zweier Töchter, starb am 29. März 1992 Paul Henreid als Resistanceführer Victor Laszlo mit Ingrid Bergman als seine Frau in Santa Monica, Los Angeles County, Ilsa vor dem deutschen Major Strasser (Conrad Veidt) in »Casablanca« von Kalifornien, seine Gattin Lisl 1993, die Michael Curtiz. gemeinsame Bestattung erfolgte im dortigen Herzen“, 1954) als Florenz Ziegfeld, in hatte ihn überredet, den Part des Kardinals in Woodlawn Cemetery. Vincente Minellis „The Four Horsemen of Warner Brothers Horrormovie „Exorcist II: the Apocalypse“ („Die vier apokalyptischen The Heretic“ („Exorzist II – Der Ketzer“) zu it dem Buch „Österreicher in Holly- Reiter“, 1962), im Rahmen einer Reihe be- übernehmen. Eine Arbeit mit nur drei Dreh- Mwood“ legte der Zeithistoriker Rudolf rühmter Altstars oder in „The Madwoman of Ulrich die lang erwartete Neufassung seines Chaillot“ („Die Irre von Chaillot“, 1969) 1993 erstmals veröffentlichten Standardwer- nach Jean Giraudoux, nur noch in Nebenrol- kes vor. Nach über zwölfjährigen Recherchen len. Regieaufträge bei Film und Fernsehen, konnten 2004 die Ergebnisse in Form einer unterbrochen von gelegentlichen Theaterauf- revidierten, wesentlich erweiterten Buchaus- tritten, sorgten indes finanziell für reichlichen gabe vorgelegt werden. „Diese Hommage ist Ausgleich. Henreid inszenierte neben „For nicht nur ein Tribut an die Stars, sondern Men Only“ vier weitere Kinofilme und führ- auch an die in der Heimat vielfach Unbe- te Regie bei fast 100 Episoden verschiedener kannten oder Vergessenen und den darüber- TV-Serien, gewichtig davon „Schlitz Play- hinaus immensen Kulturleistungen österrei- house of Stars“, deren Scripts auf ausgesuch- chischer Filmkünstler im Zentrum der Welt- ten Werken der Weltliteratur basierten, „Al- kinematographie gewidmet: „Alles, was an fred Hitchcock Presents“, mit fulminanten etwas erinnert, ist Denkmal“, schließt der Short Stories im Suspense Genre, die We- Autor. sternballade „Big Valley“ und abschließend Rudolf Ulrich und der Verlag Filmarchiv 1971 für Universal „The Man and the City“, Austria bieten Ihnen, sehr geehrte Leserinnen wobei er mehrmals selbst als Akteur mit- und Leser, die Mög- wirkte. lichkeit, in den kom- Henreids Karriere umspannte mehr als 50 menden Monaten im

Jahre auf zwei Kontinenten. „Don Juan in Foto: St. Martin's Press „Österreich Journal“ Hell“ von George Bernard Shaw war 1972 »Ladies Man, An Autobiography«, einige Persönlichkei- auf einer Theatertournee durch die größten St. Martin's Press, New York 1984, ten aus dem Buch Städte der USA sein letzter Bühnenauftritt, ISBN 0-312-46384-7 „Österreicher in Hol- 1975 stand er in dem 90-minütigen Warner tagen, einer beachtlichen Gage und Szenen lywood“ kennenzuler- Brothers-TVM „Dead Among Friends“ zum ausschließlich mit dem von ihm bewunder- nen. letzten Mal als Schauspieler vor einer TV- ten Richard Burton. Henreid zog sich danach Kamera, 1977, am Ende seines siebenten in das Privatleben zurück. Rudolf Ulrich Lebensjahrzehnts nach über 40 internationa- Los Angeles widmete ihm 1960 zwei Stars „Österreicher in Hollywood“; 622 Seiten, len Leinwandrollen (von denen er einige in auf dem „Walk of Fame“ (6366 Hollywood zahlreiche Abb., 2. überarbeitete und erwei- Radio Plays bei Lux Radio wiederholte), zum Blvd. für Motion Picture, 1722 Vine Street terte Auflage, 2004; ISBN 3-901932-29-1; letzten Mal vor einer Filmkamera. Sein Agent für Television), neben weiteren Auszeich- http://www.filmarchiv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 116 ÖJ-Reisetip Der Wienerwald Im Wienerwald, in der opulenten Landschaft vor den Toren der Wiener Stadt, wird die Freizeit zum Fest. Und er liegt im Zentrum des Landes Niederösterreich, das man – umgeben von immer wechselnder Naturkulisse – durchwandern kann. Foto: Niederösterreich-Werbung/Lois Lammerhuber »Raum für Visionen«: Das Zisterziensterstift Heiligenkreuz im Wienerwald als Ort der Besinnung und Entschleunigung.

usflügler und Gäste finden Erholung, »einkehren, tafeln und degustieren…« Zeugnis ab von der großen Geschichte der AGenuß und Entspannung – beim Wan- Speis und Trank spielen im Wienerwald Region. Festspiele, Operetten und Konzerte dern und Spazieren durch die Wälder, beim eine bedeutende Rolle. Die edlen Zutaten haben lange Tradition und sind Orte der Zer- Kuren in den noblen Kurorten Baden und der typischen Wienerwaldküche wie Bär- streuung und Treffpunkt Kulturinteressierter. Bad Vöslau, beim Einkehren in den edlen lauch, Maibock, Beeren und Pilze kommen Restaurants, den bodenständigen Gasthäu- aus den Wäldern und von den Wiesen der »reizvolle Wege beschreiten…« sern, Heurigen und historischen Jausensta- Region. Begleitet werden die erlesenen Spei- Unter dem Motto „reizvolle Wege be- tionen und in der Zerstreuung bei sommer- sen von besonderen Weinen. Diese stammen schreiten“ lädt der Wienerwald dazu ein, jen- lichen Kulturhöhepunkten. Doch nicht nur in im Wienerwald aus Klosterneuburg oder aus seits der Stadtgrenze freie Natur und frische der Freizeit schöpft man im Wienerwald aus der Thermenregion und werden im Herbst Waldluft in vollen Zügen zu genießen. Zahl- dem Vollen: die Region rund um Wien bietet im Rahmen zahlreicher traditioneller Feste reiche Spazier- und Wanderwege, Radrouten den perfekten Rahmen für Seminare, Tagun- in ihrer Fülle gefeiert. und Reitstrecken sowie eine Golfarena füh- gen und Kongresse. Gesundes Waldviertel. ren durch die stimmungsvollen Wälder und „Als wärest du in der Wildnis, nicht eine »großen Charakteren begegnen…« laden die Gäste zu Bewegung und Durchat- bis zwei Meilen von einer der lebhaftesten Mit der Hocharistokratie kamen seiner- men ein. Auch die vier Naturparks der Re- Hauptstädte der Welt.“ Worüber sich der zeit auch die schönen Künste und die Künst- gion sind beliebte Ausflugsziele für einen Schriftsteller Adalbert Stifter vor bald 200 ler in den Wienerwald. Schlösser wie Schloß kurzen und langen Urlaub im Grünen nahe Jahren verwunderte, das gilt auch heute Laxenburg, Stifte wie Klosterneuburg oder der Stadt. Auf Grund seiner Einzigartigkeit noch. Keine andere Weltstadt als Wien hat Heiligenkreuz, zahlreiche Burgen und viele und Artenvielfalt steht der Wienerwald seit ein derartiges Paradies direkt vor der historische Plätze des Schaffens und Wir- 2005 als „Biosphärenpark“ unter dem beson- Haustüre… kens berühmter Persönlichkeiten geben deren Schutz der UNESCO.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 117 ÖJ-Reisetip

»baden & sich wohlfühlen« Die Kurorte Baden und Bad Vöslau wur- den schon von den alten Römern für ihre heilenden, schwefelhaltigen Wasser ge- schätzt. Im 19. Jahrhundert erfuhr die Wie- ner Hocharistokratie im Wienerwald Erquik- kung und Genesung, Baden avancierte zum „Nobelkurort“ der Österreichisch-Ungari- schen Monarchie. Heute sorgen die histori- schen Gebäude für das besonderes Flair und die modernen Kurzentren in der Bieder- meierstadt Baden und der Mineralwasser- metropole Bad Vöslau für wohltuende Hei- lung und Entspannung.

»Raum für Visionen…« Der Wienerwald wird von Unternehmen internationaler und nationaler Provenienz

seit jeher als der Impuls gebende Rahmen Foto: Niederösterreich-Werbung/Rita Newman für unternehmerische Strategieplanung, Se- Badener Hof mit Badener Kurzentrum und Römertherme, zum Beispiel… minare und Kongresse genutzt. Als geogra- fisch nah gelegener „Raum für Visionen“ Wandern in Niederösterreich Die Möglichkeiten, diesem spannenden werden hier spezialisierte Hotels mit hohen Für Pilger und Weitwanderer. Für Klet- Land näher zu kommen, scheinen beinahe Standards und der entsprechenden Infra- terer und Klettersteigartisten. Für Forscher unendlich. Denn Niederösterreich bietet all struktur für Tagungen und Meetings mitten in tiefen Schluchten und dichten Auen. Für das auf kleinem Raum, was Österreich so in der Natur geboten. Die Nähe zur Weltstadt Landschaftsgenießer und Gipfelsammler. besonders macht. Nirgends in Mitteleuropa Wien und ihrem Flughafen sind das ideale Für Almgeher und Weingartenspazierer. Für ist die Vielfalt der Landschaft so konzen- Umfeld für hohe unternehmerische An- Sonnenuntergangsjäger und Blumerlexper- triert. Das ist gut für den Fußgänger. 382 sprüche. ten. Für Seelenbaumler und Höhenmeter- Almen liegen auf den Hochflächen des http://www.wienerwald.info sammler. Für alle ist etwas da! Landes, dessen höchster Gipfel – der Foto: Niederösterreich Werbung / K. M. Westermann Wandern Sie vorbei an malerischen Wasserfällen und saftigen Wiesen, ringsum die Bergwelt von »Vaterberg« Ötscher.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 118 ÖJ-Reisetip Foto: Niederösterreich Werbung / K. M. Westermann

Die Wanderwege im Mostviertel führen durch Weinberge, über Hügel, durch Schluchten, bis hinauf auf die Gipfel.

Schneeberg – die 2000 Meter-Marke locker Ende der Etappe trifft der Pilger vielleicht Bis zu 15.000 Kilometer markierte Wan- übertrifft. Üppige Au-Landschaften, wie in auf eine gesellige, sangesfreudige Runde. derwege im weiten Land Niederösterreich den beiden Nationalparks Donau-Auen und Die Geheimnisse eines Proviantweges im helfen dem Wanderer seine bevorzugte Thayatal, locken mit überschießender Vege- Mostviertel bleiben nicht im Verborgenen: Landschaft zu erobern. In zwei National- tation. Im Gegensatz dazu zeigen oft karge Seine historische Bedeutung kann man auch parks und 22 Naturparks erfährt der interes- Landschaften wie in den wilden Erlauf- heute nutzen. Zahlreiche, oft schon seltene sierte Zeitgenosse alles über die Vielfalt der schluchten des Naturparkes Ötscher-Tor- Blumen am Wegrand nimmt der Naturfreund niederösterreichischen Landschaften. Wer mäuer ihre herbe Schönheit. Schroffe Felsen als digitales Bild zur Erinnerung mit nach schließlich alle 99 Aussichtswarten des am Rauhen Kamm des Ötschers bilden den Hause. So läßt sich eine traditionsreiche Landes bestiegen hat, der hat auch den Über- Kontrapunkt zu den sanften Hügeln des vor- Kulturlandschaft direkt neben einer moder- blick. gelagerten Mostviertels oder den wander- nen Welt entdecken. http://www.niederoesterreich.at freundlichen Mugeln des Waldviertels. Zart- grüne Buchenwälder locken den Pilger in den Wienerwald. Dunkler, kühler Tann mit mancher Steinpilz-Kolonie ruft den Wande- rer ins Waldviertel. Eine Sandsteppe im Marchfeld läßt den Freund der pannonischen Flora staunen. Schroffe Felsformationen am Peilstein oder an der Hohen Wand locken die Kletterer in die Senkrechte. Gemütliche Re- fugien auf der Rax laden zum „Hüpfen“ von Hütte zu Hütte ein.

Hinein ins Land! Eine aussichtsreiche Felswanderung am Vogelbergsteig erlebt der Besucher in der Wachau, den langen Abgang macht er bei einem der zahlreichen Heurigen. Die Lang- samkeit beim Weitwandern oder Pilgern durch einsame Wälder läßt sich spüren. Am Eine gemütliche Weinwanderung führt auch oft in eine der legendären Kellergassen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 119 ÖJ-Reisetip Bayern Nie war heiraten romantischer Traumhochzeiten in Bayerns prächtigsten Burgen und Schlössern: In ausgewähl- ten Sightsleeping®-Hotels und im Schloß Dennenlohe erleben Brautpaare den »schönsten Tag des Lebens« in märchenhafter Umgebung und stilvollem Ambiente. Foto: Bayern Tourismus Marketing GmbH In der imposanten Burg Wernberg im Oberpfälzer Wald gaben sich bereits im 12. Jhdt. Burgfräulein und Ritter das Ja-Wort.

a, ich will eine Märchenhochzeit“, das das alle Sinne betört. Auch die kurzen Wege Barocke Pracht und romantisches Flair Jwünschen sich viele verliebte Paare. Für machen den Hochzeitstag perfekt: Vom vereinen das Schloß Weissenstein mit sei- eine romantische Traumhochzeit sind Bayerns Traualtar über das festliche Abendessen im nem angeschlossenen Schloßhotel Pommers- historische Schlösser und Burgen die perfek- eleganten Festsaal bis zur romantischen felden. Die Kulturperle inmitten fränkischer te Adresse. Das Schloß Dennenlohe sowie Hochzeitssuite ist alles zu Fuß erreichbar. Natur zählt zu den bedeutendsten Barock- die Sightsleeping®-Hotels Burg Wernberg, http://www.burg-wernberg.de bauten Süddeutschlands. Der Erbauer war Schloß Burgellern und das Schloßhotel Pom- Schon die prächtige Umgebung prädesti- kein Geringerer als Lothar Franz von Schön- mersfelden haben als Hochzeitsdomizile niert Schloß Burgellern als erstklassiges born (1655 bis 1729), Kurfürst-Erzbischof eine lange Tradition. Hochzeits-Refugium: Umgeben von der von Mainz und Fürstbischof von Bamberg. In der imposanten Burg Wernberg im sanft hügeligen Landschaft der „Fränkischen Heutzutage wohnen die Gäste in den 300 Oberpfälzer Wald gaben sich bereits im 12. Toskana“ liegt das charmante Kleinod aus Jahre alten geschichtsträchtigen Mauern des Jahrhundert Burgfräulein und Ritter das Ja- dem 18. Jahrhundert direkt vor den Toren ehemaligen Marstalls. Die Trauung in der Wort. Heute noch ist das Fachwerkzimmer Bambergs. Ewige Treue schwört sich das altehrwürdigen Schlosskapelle, die herr- in der Burg offizieller Sitz des Standesamtes Brautpaar entweder in der barocken Magda- schaftlichen Festsäle und der traumhafte von Wernberg-Köblitz. Mit kirchlichem Se- lenenkapelle oder unter der 250 Jahre alten Blick auf Schloß Weissenstein versprechen gen besiegeln Braut und Bräutigam den Rotbuche im Schloßpark. Das Hochzeitsdin- eine Traumhochzeit wie im Bilderbuch. Bund fürs Leben im prächtigen Rokoko- ner wird ganz nach Belieben und Größe der http://www.schlosshotel-pommersfelden.de Ambiente der Burgkapelle St. Georg. Nach Gesellschaft im stilvollen Schönborn-Saal, Auch im mittelfränkischen Barockschloß dem Ja-Wort der Frischvermählten und in der Kamin-Lounge, im Schloßrestaurant, Dennenlohe, dessen Schloßpark zu den 20 einem festlichen Empfang im verträumten im Gewölbekeller oder im Pagoden-Zelt, das schönsten Parks in Deutschland gekürt wur- Burginnenhof zaubert der mit einem exklusiv im Schloßpark aufgebaut wird, ser- de, erfüllt man Hochzeitspaaren alle Wün- Michelin-Stern dekorierte Koch Thomas viert. sche für eine einmalige Zeremonie. Egal ob Kellermann ein opulentes Hochzeitsmenü, http://www.burgellern.de symbolischer Taubenflug, üppige Blumen-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 98 / 02. 08. 2011 120 ÖJ-Reisetip Bayern dekorationen, Hochzeitskutsche, Limousi- nenservice oder ein Zelt im „Lustgarten“ des Schlosses – die Gastgeber, Baronin und Baron Süsskind, machen alles möglich. Laut Aussage der Schloßbesitzer ist bisher noch keine Ehe, die auf Schloß Dennenlohe ge- schlossen wurde, geschieden worden. http://www.dennenlohe.de

Sightsleeping® Sightsleeping® ist eine eigene Hotelmar- ke der Bayern Tourismus Marketing GmbH mit einer exklusiven Kollektion von Schlös- sern, Burgen und ausgesuchten Design- Domizilen. „Wir haben in den vergangenen Jahren mit viel Erfolg kulturelle Events in Bayern beworben – Ausstellungen, klassische Kon- zerte, Jazz-Wochen und vieles mehr“, erklärt Hoftaferne des Schloßhotels Neuburg am Inn Produktmanagerin Kristina Bluemcke, „mit Sightsleeping®-Hotels bieten wir den Gästen in diesem Segment nun auch die adäquaten Übernachtungsmöglichkeiten an – genauso wie wir das im Bereich Wellness oder Fami- lienurlaub bereits seit Jahren tun. Die tradi- tionelle Trennlinie zwischen historischen und zeitgenössischen Hotelbauten gibt es dabei nicht“, so Bluemcke weiter, „Sight- sleeping® steht für eine neue, besonders in- tensive Form des Reisens, bei der das Hotel- erlebnis eine zentrale Rolle spielt. Du bist wie Du schläfst – kreiert für Kreative.“ Für die hohe Qualität des Angebots ga- rantiert die strenge Auswahl der Experten- Jury. Entscheidende Kriterien für die Mar- kenqualifizierung sind die Sehenswürdigkeit und das ästhetische Niveau eines Hauses – das können Schlösser oder Burganlagen ge- nauso sein wie zeitgenössische Architektur Das Bio-Restaurant im Nebelhorn Relaxhotel mit modernem Design. Weitere Vorausset- zung ist eine sehenswerte Ausstattung – mit Gemälden, Drucken, Zeichnungen oder Skulpturen, die ein Konzept erkennen las- sen. Häufig zeichnen sich die Hotels durch eigene kulturelle Angebote aus und veran- stalten Autorenlesungen, Konzerte oder Theateraufführungen. Die Sightsleeping®-Jury tagt einmal pro Jahr im Oktober und entscheidet über die Aufnahme neuer Kandidaten. „Es ist wich- tig, daß wir Hotels herausfiltern, die auf dem Markt der kulturell interessierten Reisen- den – und das sind in Deutschland rund acht Millionen – auch wirklich eine Chance ha- ben“, begründet Martin Spantig, Leiter Produktmanagement der Bayern Tourismus Marketing GmbH den hohen Anspruch an die Bewerber. Foto: Bayern Tourismus Marketing GmbH Foto: Bayern Tourismus Marketing GmbH Foto: Bayern Tourismus Marketing GmbH http://www.sightsleeping.by Zimmer im Burg-Hotel Rothenburg ob der Tauber

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at