Ausg. Nr. 67 • 23. Dezember 2008 Unparteiisches, unabhängiges und kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at Frohe Weihnachten! Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien frohe Weihnachten und alles erdenklich Gute für ein gesundes und glückliches neues Jahr. © Steiermark Tourismus / Foto:Herbert Raffalt Diese einzigartige Aufnahme von Herbert Raffalt bietet einen Blick ins steirische Untertal bei Schladming

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Aus dem Inhalt

Faymann: Erfolgskriterium der Politik muß der Mensch sein 3 Pröll: 5 Wochen verhandelt für 5 Jahre Arbeit 6 Der neue Außenminister 9

Werner Faymanns Regierungserklärung S 3 In Between. Contemporary. Österreichs jüngster Uni-Absolvent S 36 Schau der jungen Kunst in und aus Österreich. 10 Aus Südtirol: Beginn der Zukunft« 11 Europa: Staatliche Beihilfen 12 Quo vadis, Europa? Von Ivan T. Berend 13 Europas Wirtschaft in der Rezession 19 Bund und aws setzen einen Kraftakt zur Konjunkturbelebung 20 Kraftakt für die Wirtschaft S 20 Der Struwwelpeter S 40 Lufthansa übernimmt die AUA 22 Der UrlaubsEuro Winter 2008 23 Rückgang der Inflation: 2,3% 24 Teilinbetriebnahme beim Projekt Lainzer Tunnel 26 Villach ist Kärntens innovativste Gemeinde 28 Zukunftskonzept für den Wienerwald 29

Der Wert des UrlaubsEuro im Winter S 23 Genussvoll feiern mit dem Das Technische Museum Wien S 46 Weingut Wien Cobenzl 32 Großes Silbernes Ehrenzeichen für Othmar Raus 33 Sicherheit kann gelernt werden – und das hilft gegen Depressionen 34 Einzigartiger Überblick über die Alpen 35 Österreichs jüngster Uni-Absolvent an der TU Wien 36 M. Lassnig Das neunte Jahrzehnt 38 Zukunftskonzept für den Wienerwald S 29 Diue lustigen Nibelungen S 55 The Artist as Troublemaker im Österr. Kulturforum New York 39 Der Struwwelpeter 40 Intervention: Franz Kapfer 43 Theater zu Hause 45 Das Technische Museum in Wien 46 Auftakt des Haydn-Jahres an der Botschaft Berlin 53 Die lustigen Nibelungen in der Wiener Volksoper 55 Mögliche Hilfe gegen Depressionen S 34 Musik und Tanz bauen Echte Wiener im Kino S 57 interkulturelle Barrieren ab 56 Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Echte Wiener Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- Edmund »Mundl« Sackbauer – ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- diesmal im Kino 57 ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- torat: Maria Krapfenbauer. jede Art der Veröffentli- Serie "Österreicher in Hollywood" chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. Fotos – die Schauspielerin Nora Gregor 59 S. 1: Stmk. Tourismus/H.Raffalt; BKA/HBF/A. Wen- »Die Weihnachtsandacht des Zimmer- zel; Bilderbox (2); Biosphärenpark Wienerwald; TU manns« von Peter Rosegger 61 Wien; Ingrid Ramsauer; ÖJ; Volksoper/D. Dimov; Thiemfilm Verleih; Salzburger Land/F. Hauswirth Pisten für jeden Geschmack 64 Oberösterreich – Land der Vielfalt S 64

In Zsuammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher-Weltbund und »Rot-Weiss-Rot« – http://www.weltbund.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 3 Innenpolitik Erfolgskriterium der Politik muß der Mensch sein Bundeskanzler hielt, einen Tag nach der Angelobung der neuen Bundesregierung, am 3. Dezember seine Regierungserklärung im Nationalrat Fotos: BKA/HBF / Andy Wenzel Die erste Regierungserklärung der neuen Bundesregierung fand am 3. Dezember 2008 im Parlament statt. Dort gab Werner Faymann (Mitte) seine erste Regierungserklärung als neuer Bundeskanzler im Plenum des Nationalrats ab. Im Bild v.l.: Wissenschaftsminister , Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll (beide ÖVP), Unterrichtsministerin , Verteidigungsminister (beide SPÖ) und Innenministerin (ÖVP).

as Erfolgskriterium der Politik muß der mann, der deutlich machte, daß „kein samen Arbeit und die Bereitschaft zum poli- DMensch sein – und nicht der Umsatz Arbeitnehmer dieses Landes Schuld an der tischen Kompromiß“, so Faymann, der das oder der Gewinn“, so Bundeskanzler Werner Krise der Finanzmärkte und an der Rezes- Finden des gemeinsamen Nenners als Wesen Faymann bei seiner Regierungserklärung. sion hat“. Klar bekannte sich Faymann zur der Demokratie bezeichnete. „Wenn zwei Die SPÖ-geführte Bundesregierung werde Förderung von Leistung und Wettbewerb, Parteien sich in allen Fragen diesen gemein- weiters „alles tun, um die Konjunktur zu sta- genauso klar sei aber auch: „Wettbewerb und samen Nenner zum Ziel machen, dann ist bilisieren, die Arbeitsplätze zu erhalten und Spitzenleistungen für sich alleine machen ihre Kraft nicht nur mit zwei, sondern mit die Kaufkraft der ÖsterreicherInnen zu stär- noch kein funktionierendes Gemeinwesen. vier zu multiplizieren“. Was es zur Bewälti- ken“, so Faymann mit Blick auf die beiden Das Erfolgsprinzip ist die Festschreibung gung der Herausforderungen daher auch bereits beschlossenen Konjunkturpakete, die von Solidarität“ – daher habe die neue brauche, seien „Partnerschaften auf allen durch eine vorgezogene Steuerreform ergänzt Bundesregierung auch die „Solidarität zum Ebenen“ – etwa im Gesundheits- und Bil- werden, die alle Steuerzahler und besonders Leitmotiv“ ihrer Tätigkeit gemacht. Im Vor- dungsbereich mit den Bundesländern oder den Mittelstand im Ausmaß von 2,2 Milliar- dergrund stehe weiters „das Prinzip des Ver- mit den Seniorenverbänden in Pensionsfra- den Euro entlastet. Faymann bekannte sich handelns und nicht des Streitens“ sowie das gen. Ebenso wie in Österreich müsse auch auch zur Absicherung unserer solidarischen „Prinzip der gemeinsamen Entscheidungsfin- die Union „die Ziele einer sozialen und einer Systeme: „Österreich hat ein solidarisch dung statt des Diktats einer Gruppe und das Arbeitnehmerunion voranstellen“, um die finanziertes Gesundheits- und Pensions- Prinzip des Augleiches und nicht des Gegen- Herauforderungen zu bewältigen. system – und das soll auch so bleiben.“ satzes“, so Faymann, der die Sozialpartner- Es gelte, „die Verantwortung für den schaft als „Erfolgsmodell“ hervorhob. Vorgezogene Steuerreform und Menschen über die Logik des Marktes zu Familienentlastung erhöhen stellen“. Gleichzeitig müsse der Arbeitsplatz Wille zur gemeinsamen Arbeit Einkommen spürbar in den Wirtschaftsbilanzen wieder zentrale- Was SPÖ und ÖVP „in dieser Bundes- Jetzt gehe es für SPÖ und ÖVP darum, ren Stellenwert bekommen, unterstrich Fay- regierung verbindet, ist der Wille zur gemein- „Probleme zu orten sowie rasch und gemein-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 4 Innenpolitik sam an Lösungen zu arbeiten“. Geschehen nen stehen müssen“ – etwa durch ein trans- schieben“, unterstrich Bundeskanzler Fay- sei dies schon beim ersten Konjunkturpaket, parentes Wartezeitenmanagement und besse- mann. das wichtige Maßnahmen zur Förderung der re Öffnungszeiten. Im Spitalsbereich gelte mittelständischen Wirtschaft umfaßt, für die es, in engster Kooperation mit den Ländern Besonderes Augenmerk auf bis 2012 jährlich eine Milliarde Euro budge- zu erheben, ob das aufgewendete Geld richtig Jugendbeschäftigung legen tiert sind. Für die nächsten beiden Jahre sei eingesetzt wird und dann Schlußfolgerungen Faymann betonte, daß die Arbeitsmarkt- darüber hinaus ein 1,9 Milliarden Euro schwe- daraus zu ziehen. Im Bereich der Kinder- Situation in Österreich im internationalen res Konjunkturpaket vereinbart, mit dem In- und Jugendgesundheit solle eine Gesund- Vergleich nach wie vor sehr gut sei. „Die vestitionsanreize für Unternehmen geschaf- heitsstrategie für erwerbstätige Jugendliche absehbare Wirtschaftsentwicklung wird aber fen werden, so Faymann mit Hinweis darauf, und das Projekt der gesunden Schule weiter- auch auf den österreichischen Arbeitsmarkt daß die Bundesimmobiliengesellschaft Pro- entwickelt werden. erhebliche Auswirkungen haben.“ Es gelte jekte um 850 Millionen Euro vorzieht und so Weiters sollen in der Gesundheitspräven- nun, neue und zusätzliche Beschäftigungs- Impulse für die Wirtschaft setzt. Ergänzt tion nationale Gesundheitsziele erarbeitet potentiale zu erschließen, Arbeitnehmerin- werden diese Maßnahmen durch die vorge- werden, die betriebliche Gesundheitsförde- nen und Arbeitnehmer wie auch Unterneh- zogene Steuerreform: „Wir werden sicher- rung solle massiv ausgearbeitet werden und men auf die strukturellen Änderungen vor- stellen, daß künftig erst ab einem Ein- im Bereich der Frauengesundheit gelte es, zubereiten, bei der Bewältigung dieser Än- kommen ab 11.000 Euro Steuern zu bezah- „meßbare Qualitätsziele für alle Versorgungs- derungen zu unterstützen. „Und vor allem len sind“, so Faymann, der klarmachte, daß bereiche zu formulieren“. Für die im Ge- ist – und das will ich ganz besonders beto- die Entlastung der Familien ein weiterer sundheitssystem Beschäftigten gelte es, Be- nen – präventiv, also vorsorglich alles zu Schwerpunkt ist. Dafür gebe es 500 Millio- rufsbilder zu modernisieren und für stärkere tun, um drohende Arbeitslosigkeit möglichst nen Euro, was u.a. die Einführung eines Kin- Durchlässigkeit zwischen den einzelnen zu verhindern.“ derfreibetrags, die Erhöhung der Kinderab- Berufsbildern zu sorgen, so Faymann. Ganz besonderes Augenmerk müsse auf setzbeträge und die Absetzbarkeit von Kin- die Jugendbeschäftigung gerichtet werden. derbetreuungskosten ermögliche. Steuerre- Klare Absage an Wetten auf Kurse Jugendliche müssen möglichst reibungslos form und Familienentlastung zusammen Die Wirtschaftskrise stelle nicht nur Ös- von der Schule in das Beschäftigungssystem werden „etwa eine Alleinerzieherin mit zwei terreich, sondern auch Europa und die ganze integriert werden. Die Maßnahmen der Aus- Kindern jährlich um ca. 1700 Euro“ entla- Welt vor große Herausforderungen – den- bildungsgarantie – und allen voran der Aus- sten, rechnete Faymann vor. noch dürfe man auch „ein wenig optimisti- bau überbetrieblicher Lehrwerkstätten – müs- Die Bundesregierung bekenne sich auch scher sein als uns Kommentatoren weisma- sen zügig umgesetzt werden. „Unsere Ju- zu „Haushaltsdisziplin“, daher sei es „not- chen wollen“, weil laut Prognosen die gend ist für unsere Gesellschaft und natür- wendig, Konsolidierungsmaßnahmen vorzu- Weltwirtschaft im kommenden Jahr um rund lich auch für unsere Wirtschaft das wichtig- sehen“, so Faymann mit Verweis auf Vor- zwei Prozent bescheiden zulege soll. Gleich- ste Potential für die Zukunft. Wer bei der schläge seitens des Rechnungshofes etwa in wohl brauche es jetzt eine „sachliche Ana- Jugendbeschäftigung spart, der verspielt die Richtung Beseitigung von Doppelgleisigkei- lyse der Situation, rasche und ausreichende Zukunft unserer Wirtschaft“, so Faymann. ten in der Verwaltung. Eine Arbeitsgruppe Maßnahmen zur Absicherung von Arbeit Was die Öffnung des Arbeitsmarktes für bestehend aus dem Finanzminister, zwei Lan- und Einkommen und ein gemeinschaftliches Arbeitskräfte aus den neuen Mitgliedsstaa- deshauptleuten, renommierten Wirtschafts- Handeln“, betonte Faymann. So müßten ten betrifft, so werde man die Übergangsfri- forschern und dem Bundeskanzler solle Staaten und Notenbanken jetzt akkordiert sten ausschöpfen und parallel dazu den bereits im ersten Quartal des nächsten Jahres vorgehen – etwa dahingehend, daß die No- Arbeitsmarkt stufenweise für Fachkräfte öff- hierzu konkrete Vorschläge erarbeiten. tenbanken den Banken deutlich mehr Bar- nen. geld zur Verfügung stellen. Gleichzeitig Starkes öffentliches Gesund- müsse eine neue, weltweite Finanzstruktur Chancengleichheit und heitssystem sichern erarbeitet werden, die auch die Finanzierung Vereinbarkeit vorantreiben Ein zentrales Anliegen der Bundesregie- der Entwicklungsländer auf stabile Beine Die Chancengleichheit, die Gleichstel- rung sei auch die Sicherung und Reform des stellt. Und es brauche freilich auch „einheit- lung von Frauen in der Arbeitswelt sowie die Gesundheitswesens, so Faymanns Bekennt- liche Regeln in einer globalen Finanzwelt“, Herstellung der Einkommensgerechtigkeit nis zur Sicherung eines starken öffentlichen um die Entstehung neuer Finanzblasen zu stellen wesentliche Ziele der österreichischen Gesundheitssystems. Daher werde zuvor- verringern. Am wichtigsten aber seien Bundesregierung dar. In diesem Zusammen- derst – aus Bundesmitteln – die Sanierung „Kontrolle und neue Regeln in einer interna- hang werde es darum gehen, das Kinderbe- des Krankenversicherungssystems angegan- tionalisierten Wirtschaft“. Anerkannte Öko- treuungsgeld weiterzuentwickeln sowie die gen – und der mit der Halbierung der Mehr- nomen würden hier einen „Weg der Mitte“ Väterbeteiligung zu schaffen. Der Ausbau wertsteuer auf Medikamente eingeschlagene vorschlagen, bei dem es weder zu Deregulie- der Kinderbetreuungen soll weiter vorange- Weg müsse „partnerschaftlich mit Kranken- rung noch zu einer Verhinderung von Inno- trieben werden. „Das gilt insbesondere für kassen, Bundesländern, ÄrztInnen, Apothe- vationen komme. Entgegengewirkt werden die Betreuung der unter Dreijährigen.“ ken und der Pharmawirtschaft“ weitergegan- müsse auch dem „moralischen Defizit der gen werden. Klar sei aber, „daß es keine Märkte“, so Faymann: „Dem Vorrang für Sicherung der Pensionen neuen Selbstbehalte geben darf“, so Fay- Profitmaximierung, Wetten auf fallende oder Faymann bekannte sich zur nachhaltigen mann, der deutlich machte, daß „im Mittel- steigende Kurse und für undurchschaubare Absicherung der Pensionen. Damit der ös- punkt des Gesundheitssystems die PatientIn- Finanzprodukte sind deutliche Riegel vorzu- terreichische Nationalrat und die Bundesre-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 5 Innenpolitik gierung ein klares Bild über die Situation der ersten Säule der Alterssicherung haben, soll ein Berichtswesen etabliert werden, das alle Beitragsleistungen und öffentlichen Mittel, die zur Alterssicherung aufgewendet wer- den, darstellt. „Fachexpertise ist wichtig und unverzichtbar, politische Entscheidungen sind aber von der Politik zu treffen und auch von dieser zu verantworten“, betonte Fay- mann. Die Invaliditäts- und Schwerarbeits- pensionen sollen unter Einbeziehung der So- zialpartner reformiert werden. Bei der Lang- zeitversichertenregelung gelte es eine Lö- sung zu finden, die einerseits ungerechte Härten vermeidet, aber andererseits leistbar ist. Die Bundesregierung plant eine weitere Verbesserung der pensionsrechtlichen Berück- sichtigung von Kindererziehungszeiten. „Auch hinsichtlich der sozialversicherungs- rechtlichen Absicherung von Menschen, die ihre Angehörigen pflegen oder betreuen, gibt es sozialversicherungsrechtliche Schutzdefi- zite, die wir abbauen wollen.“

Pflege absichern, erweitern und nachhaltig finanzieren Insgesamt bekenne sich die Bundesregie- rung zu einer „umfassenden Absicherung, qualitätsvollen Erweiterung und nachhalti- gen Finanzierung der Pflege und Betreu- ung“. Gemeinsam mit den Ländern und Ge- Ein Blick auf das Plenum des Nationalrats und auf die Regierungsbank meinden sollen bestehende Betreuungs- lücken aufgespürt und geschlossen werden. her, das Bildungssystem – ob Kindergarten Entwicklung eines öster- Der sozialversicherungsrechtliche Schutz oder Schule, tertiäre Ausbildung oder Wei- reichischen Hochschulplans der pflegenden und betreuenden Angehöri- terbildung – „aktiv zu gestalten“. Für alle Die Bundesregierung bekenne sich auch gen soll ausgebaut werden. Maßnahmen im Bildungsbereich stünde dazu, sämtliche Sektoren des österreichi- zusätzlich ein Budget von 50 Millionen Euro schen Hochschulraums ganzheitlich zu be- Armutsbekämpfung – pro Jahr zur Verfügung. trachten. „Dies betrifft gleichermaßen Uni- Mindestsicherung einführen Die Bundesregierung bekenne sich dazu, versitäten, Fachhochschulen sowie pädago- Bei der Bekämpfung von Armut sei in der bereits den Kindergarten als Bildungsein- gische Hochschulen und Privatuniversi- vergangenen Legislaturperiode gemeinsam richtung zu sehen. „Aus diesem Grund wol- täten.“ Hier sei die Entwicklung eines öster- mit den Sozialpartnern einiges gelungen, len wir ein verpflichtendes Kindergartenjahr reichischen Hochschulplans geplant, der etwa der Mindestlohn, aber die Einführung für alle Fünfjährigen einführen und werden strategische Leitlinien und Standortoptimie- der bedarfsorientierten Mindestsicherung sei dafür jährlich 70 Millionen Euro zur Verfü- rungen enthält sowie die Durchlässigkeit noch offen, „die uns ein wichtiges Anliegen gung stellen“, erklärte Faymann. „Tagesbe- innerhalb des österreichischen Hochschul- darstellt“. treuung, ganztägige Schulformen und Ganz- wesens sicherstellt. „Ein besonderes Augen- tagsbetreuungsangebote, Ausbildungsgaran- merk wird auf die Weiterentwicklung des Zusätzlich 50 Mio. Euro für Bildung – tie bis zum 18. Lebensjahr, Weiterentwick- Universitätsgesetzes 2002 zu legen sein, um 70 Mio. jährlich für verpflichtendes lung des dualen Ausbildungssystems, aber die österreichischen Universitäten für den Kindergartenjahr auch die erfolgreichen Modellversuche der internationalen Wettbewerb fit zu machen „Für die Zukunft unseres Landes ist es Neuen Mittelschule der 10- bis 14jährigen und gleichzeitig die bestmöglichen Ausbil- von entscheidender Bedeutung, neues Wis- sollen weiterentwickelt werden und ver- dungsplätze für Studierende zu garantieren.“ sen zu nutzen und zu fördern“, so Faymann, gleichbare Modelle in allen Bundesländern In den vergangenen Jahren sei die der betonte, daß die Forschung, ob in Uni- eingerichtet werden.“ Ausbildung an österreichischen Fachhoch- versitäten oder außeruniversitären For- Auch soll ein leistungsorientiertes schulen ein Erfolgsmodell gewesen. „Es soll schungszentren, eine der wesentlichen Dienst- und Besoldungsrecht für alle neu daher die Erhöhung der Studienplatzfinan- Schlüsselfaktoren für die wirtschaftlichen eintretenden Lehrer verwirklicht werden und zierung vorgezogen werden und die Zahl der Chancen des Landes darstellt. Ein weiterer über eine Reform der Organisation der berufsbegleitenden Studiengänge deutlich Schlüsselfaktor ist die Bildung. Es gelte da- Schulverwaltung nachgedacht werden. ausgebaut werden.“ „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 6 Innenpolitik 5 Wochen verhandelt für 5 Jahre Arbeit Zusammenfassung der Rede von Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll im Nationalrat

m 23. November haben SPÖ und ÖVP geben: „Ich will, daß sich Fleiß und Leistung kommenssteuersenkung, die es bisher gege- Asich dazu entschlossen, gemeinsam für wieder mehr lohnen. Deshalb wird es schon ben hat. Österreich zu arbeiten. Zwei Parteien mit ab 1. Jänner 2009 eine Steuer-Entlastung ge- unterschiedlicher Geschichte und Ideologie, ben, die mehr Nettoeinkommen für all jene 500 Mio. für Entlastung aber einem gemeinsamen Ziel: Österreich in bringen wird, die Steuern zahlen“, so Pröll. und Stärkung von Familien den nächsten fünf Jahren weiter nach vorne „Die Entlastung der Familien ist uns viel zu bringen. „Was Österreich jetzt braucht, ist wert – und das ist richtig so. Je mehr Kinder eine Regierung, die sich der Zeit stellt. Die eine Familie hat, desto weniger Steuern hat tut, was sich die Menschen von ihr erwarten. sie zu entrichten. Das Familienpaket in der Die hilft, wo Hilfe gefordert ist. Diese Re- Höhe von 500 Millionen Euro ist ein fami- gierung hat ein großes Projekt: Die Bewäl- lienpolitischer Meilenstein. Familie ist dort tigung der weltweiten Wirtschaftskrise. Es wo Kinder sind. Daher entlasten wir Fami- kann derzeit kein größeres, anspruchsvolle- lien mit Kindern und verbessern die Ver- res Projekt für eine Regierung geben“, so einbarkeit von Familie und Beruf. Die Stär- ÖVP-Chef Josef Pröll. „Wir haben dabei kung von Familien ist kein Lippenbekennt- eine bessere Ausgangslage als viele andere nis, sondern tiefe Überzeugung. Das ,Ja‘ zu Länder, trotz der weltweiten Turbulenzen Kindern darf nicht zu einem Nein aus finan- auf den Finanzmärkten und der konjunktu- ziellen Gründen werden“, so der Finanz- rellen Abkühlung.“ Österreich verfüge über minister. qualifizierte ArbeitnehmerInnen, einen wett- Daher: bewerbsfähigen Exportsektor, Wohlstand  Kinderfreibetrag in Höhe von 220 Euro der Bevölkerung, soziale Ausgeglichenheit pro Kind/Jahr für alle Kinder und über eine solide Staatsbilanz  Kinderabsetzbetrag von 610 Euro auf rund „Die Grundlagen sind gelegt“ so Pröll, 700 Euro pro Jahr für alle Kinder erhö- die Arbeit an drei großen Zielen und Her- hen. Der Kinderabsetzbetrag wird monat- ausforderungen könne jetzt beginnen – lich direkt den Familien ausbezahlt. Das- wobei man bei allem der Verantwortung für Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll selbe gilt für die 13. Familienbeihilfe. Foto: ÖVP / Christian Jungwirth künftige Generationen gerecht werden muß:  Das heißt: Auch Eltern, die keine Steuern  Die Krise meistern. „Unsere 100%ige Energie gilt der Ent- bezahlen, profitieren von der Erhöhung Österreich stehe vor Herausforderungen lastung. Für mich ist klar: Mit uns wird es des Kinderabsetzbetrages und von der wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das be- keine neuen Steuern geben! Denn mehr Geld Einführung der 13. Familienbeihilfe –> deute auch neue Dimensionen dafür, was in den Geldbörsen der Menschen bedeutet 250 Mio €. eine Regierung tun kann und tun muß. mehr Einkommen für die privaten Haus-  Vereinbarkeit von Familie und Beruf för-  Die Wirtschaft stärken. halte, mehr Konsum und mehr Geld für dern, da Familien Kinderbetreuungs- Es müssen Konjunktur-Programme erar- Investitionen und Arbeitsplätze. kosten künftig steuerlich absetzen kön- beitet werden, um kleine und mittlere Un- nen bis zur Höhe von 2300 Euro/ Jahr/ ternehmen zu stärken und Arbeitsplätze Bekenntnis zu den Leistungsträgern Kind und zu sichern. Die Steuerentlastung 2009 wird auch ein  Arbeitgeber für Kinderbetreuung zusätz-  Den Menschen helfen. Bekenntnis zu den Leistungsträgern in unse- lich 500 Euro/Jahr bezahlen und absetzen Das bedeute die Umsetzung einer Steuer- rem Land: 13 Prozent der Steuerzahler zah- dürfen, ohne daß dieser Vorteil beim Entlastung, eines Familien-Pakets und len heute 60 Prozent des Lohnsteuerauf- Dienstnehmer versteuert wird. einer Sicherheits-Offensive. Dabei spielt kommens. „Ohne diese Leistungsbereitschaft das Finanzministerium eine zentrale Rol- ist unser Sozialstaat unfinanzierbar und un- Das bedeutet konkret: le, das nicht nur Kopf der Finanzver- ser Wohlstand gefährdet. Leistung muß sich  Doppelverdiener Haushalt, drei Kinder waltung, sondern Herz der Politikgestal- lohnen. Daher ein klares ,Ja‘ auch zur Ent- Familieneinkommen 3.800 Euro tung sein soll. lastung der Leistungsträger. Die Steuerent- 3.663 Euro jährliche Entlastung Spürbar entlasten und vernünftig haushalten, lastung 2009 hat ein Volumen von 2,7 Mrd.  Alleinverdiener Haushalt, zwei Kinder das ist unser Weg, um den Menschen Euro. – 2,2 Mrd. Einkommenssteuertarifent- Familieneinkommen 4.000 Euro Optimismus, Zuversicht und Sicherheit zu lastung: das ist die größte Lohn- und Ein- 2.296 Euro jährliche Entlastung

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 7 Innenpolitik

 Alleinverdiener Haushalt, ein Kind  700 Mio. Euro für zusätzliche Bahnin- reich weiter sicher fühlen. Deshalb haben Familieeinkommen 1.400 Euro vestitionen, wir eine Sicherheits-Offensive durchgesetzt: 1.320 Euro jährliche Entlastung  100 Mio. Euro für thermische Sanierung,  1000 Ausbildungsplätze für Polizisten  75 Mio. Euro für regionale Beschäfti- mehr pro Jahr, Meine Vision: Österreich – das familien- gungsprogramme,  härtere Bekämpfung von Asylmißbrauch, und kinderfreundlichste Land Europas.  50 Mio Euro für Forschung und Entwick-  Menschen, die Schutz und Hilfe brau- „Mit diesen Entlastungen und dem neuen lung, chen, haben auch weiterhin das Recht auf einkommensabhängigen Kinderbetreuungs-  Höhere Haftungen des Bundes für KMU Asyl in Österreich, geld kommen wir diesem Ziel ein großes  Asylmißbrauch und Kriminalität unter Stück näher. Zur größten Lohn- und Einkom- Damit auch unsere Landwirtschaft wett- dem Deckmantel des Asyls müssen aber menssteuersenkung, die Österreich je gese- bewerbsfähig bleibt, Arbeitsplätze im länd- bekämpft werden. hen hat“, so Pröll. Die Entlastung pro Steuer- lichen Raum erhalten werden und benachtei-  Bisherige Maßnahmen haben sich be- zahler reicht von 400 Euro/Jahr bis zu 1350 ligte Regionen einen Ausgleich erhalten, währt: Asylanträge haben sich von Euro/Jahr und Steuerzahler“ wurde vereinbart: 22.500 im Jahr 2005 auf 11.800 im Jahr Für jene Menschen die keine Steuern  auch in Zukunft wird jeder Euro aus 2007 halbiert; bezahlen, wurde der Arbeitslosenversiche- Brüssel abgeholt;  Bessere Regelung für Zuwanderung: rungsbeitrag bereits ab 1. Juli 2008 gesenkt  für Umwelt- und Klimaschutz gilt ge- Einführung der "Rot-weiß-rot-Card", (300 Mio Euro). Das bedeutet eine Ent- nauso: man will Lebensqualität erhalten ähnlich der Green-Card in den USA lastung von bis zu 420 Euro/Jahr. und Arbeitsplätze schaffen; – Kenntnis unserer Sprache  Klimaschutz hat viel Potential für Öster- – Qualifikation und Ausbildung Alle Einkommenssteuer- reich und seine Menschen: die Import- – Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sätze werden gesenkt abhängigkeit von Fossilen soll verringert, – Unbescholtenheit Der Spitzensteuersatz gilt künftig ab Arbeitsplätze sollen durch den Ausbau „Damit erreichen wir eine geregelte und am einem Einkommen von 60.000 Euro (bisher erneuerbarer Energie geschaffen und Bedarf orientierte Zuwanderung im Interesse war die Grenze bei 51.000 Euro). Das heißt: Exportchancen durch Umwelttechnologie Österreichs. Die Finanzkrise hat gezeigt: Künftig greift der Spitzensteuersatz erst ca. gewahrt werden. Europa ist ein Schutzschild für Österreich ab einem Monatsgehalt von 6.000 Euro (bis- „Daher bekennen wir uns zu den europä- und Europa gibt uns Chancen und Sicher- her bereits ab 5.200 Euro). Und für die ischen Klima- und Energiezielen und einer heit“, so Pröll. geringeren Einkommen gilt: künftig werden ambitionierten Klimapolitik. Die Wirtschaft Einkommensbezieher ab einem Einkommen stärken, den Menschen helfen: das sind Europa bis 11.000 Euro jährlich von der Steuer unsere zentralen Herausforderungen“, so der „Gerade für junge Menschen ist Europa befreit – bisher 10.000 Euro. Vizekanzler. eine wichtige Perspektive: Wir wollen, dass jeder zweite Studierende bis 2020 minde- Jeder Steuerzahler profitiert Bildung und Wissen stens ein Auslandssemester absolviert hat. Auch Selbständige werden entlastet. „Bildung und Wissen sind dafür Voraus- Ein uneingeschränktes Bekenntnis zu Euro- Selbständige und KMUs sind Rückgrat der setzungen, für den persönlichen und den pa ist daher ein zentraler Punkt im gemein- heimischen Wirtschaft. Zwei Drittel der beruflichen Erfolg“, setzte Pröll fort. „Wenn samen Regierungspakt.“ Beschäftigten arbeiten in KMUs. Entlastung wir über Bildung sprechen, dann geht es uns von Selbständigen und KMUs ist Stärkung nicht um Strukturfragen sondern um Quali- Resumé des Arbeits- und Wirtschaftsstandort Öster- tät. Eltern können daher auch weiterhin frei „Die Schulden von heute sind die Spar- reichs. „Wir entlasten daher auch die Unter- den besten Bildungsweg für ihre Kinder pakete von morgen – das hat die Vergan- nehmer. Denn das Land braucht mehr eigen- wählen: Das differenzierte Schulwesen wird genheit gezeigt. Mit der einen Hand jetzt zu verantwortliches Unternehmertum. Für ein- beibehalten.“ Das heißt: geben und später mit beiden Händen kräftig kommensteuerpflichtige Selbständige wird  Erhalt und Verbesserung von Gymnasien zu nehmen, kann nicht Ziel einer verantwor- der Freibetrag von derzeit 10 auf 13 Prozent und Hauptschulen, tungsvollen Budgetpolitik sein. Ich bekenne erhöht und auf alle betrieblichen Einkunfts-  mehr Angebot für besonders Begabte und mich ganz klar zu den notwendigen In- und Gewinnermittlungsarten ausgeweitet.“  Ausbildungsgarantie bis zum 18. Lebens- vestitionen in Wirtschaft, Arbeit, Infrastruk- Das heißt: Alle Gewerbetreibenden, Ein- jahr. tur und Bildung. Gleichzeitig dürfen wir Mann-Unternehmen und Selbständigen zah- Dazu kommt: nicht über unsere Verhältnisse leben. Es ist len weniger Steuern.  die Einführung eines kostenlosen letzten für mich eine Verpflichtung mit jedem ein- „Ich will, daß Österreichs Betriebe in die- Kindergartenjahrs und die zelnen Steuer-Euro sorgsam und gewissen- ser schwierigen Phase auf uns bauen kön-  Stärkung des Kindergartens als Bildungs- haft umzugehen“, erläuterte der Vizekanzler. nen! Deshalb haben wir auch Konjunktur- einrichtung. Daher sei ein Budgetpfad bis 2013 erstellt programme von 3 Milliarden Euro auf den worden mit dem Ziel, einen ausgeglichenen Weg gebracht – gezielt zur Stärkung unserer Sicherheit Haushalt über den Konjunkturzyklus zu Klein- und Mittelbetriebe und für Investiti- „Ein weiterer Standortfaktor, der für un- schaffen. „Denn noch heute bezahlen die ös- onen in die Zukunft, unter anderem: sere Zukunft ganz besonders bedeutsam ist: terreichischen Steuerzahler pro Jahr sieben  Investitionsanreize in Form vorzeitiger Das Recht der Bevölkerung auf Sicherheit. Milliarden Euro Zinsen für die Schulden der Abschreibung: 570 Mio. Euro, Ich will, daß sich die Menschen in Öster- Vergangenheit. Auch der Staat muß wirt-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 8 Innenpolitik schaften wie ein ordentlicher Kaufmann. bürokratie vorgelegt. Denn Steuergeld spa- Dabei suchen wir den Dialog mit allen im Dieser ambitionierte Haushaltsplan bis 2013 ren in der Verwaltung heißt weniger Büro- Parlament vertretenen Parteien. Ich persön- bedeutet auch, daß wir Konsolidierungs- kratie, mehr Effizienz und Servicequalität. lich werde zu allen Parteien sehr intensiven schritte umsetzen. Österreich muß noch lei- Wir wollen die Umverteilung weg vom Staat Kontakt pflegen, wie wir es bereits mit den stungsstärker und dynamischer werden.“ hin zu den Menschen. Ich will, daß Öster- Österreich Gesprächen begonnen haben. Und Pröll weiter: „Jetzt investieren wir be- reich in dieser schwierigen Zeit eine Regie- Es ist mir bewußt, daß wir für wichtige wußt, vor dem Hintergrund einer internatio- rung hat, in der mit Sachverstand, Hausver- Reformen eine 2/3-Mehrheit im Nationalrat nalen Finanz- und Vertrauenskrise. Diese In- stand und Anstand gearbeitet wird. Deshalb benötigen. Ich möchte Sie daher alle einla- vestitionen dürfen keine ungedeckten Schecks bin ich dafür, daß die ÖVP in der neuen Bun- den, gemeinsam mit uns am Erfolg Öster- werden. Daher brauchen wir Einsparungen desregierung Verantwortung wahrnimmt. reichs zu arbeiten“, wandte sich Pröll an die in der Verwaltung. Wir müssen den Staat Die beiden Koalitionsparteien SPÖ und Oppositionsparteien FPÖ, BZÖ und Grüne schlanker und effizienter machen. Ausge- ÖVP wollen in der Bundesregierung und im und schloß seine Rede vor dem Nationalrat hend von Vorschlägen des Rechnungshofes Parlament zusammenarbeiten, um Öster- mit den Worten: „Mit neuer Kraft für Öster- werden bereits im 1. Quartal 2009 konkrete reich in den nächsten Jahren weiter nach reich. Für diesen Weg stehen wir. Für diesen Maßnahmen zum Abbau der Verwaltungs- vorne zu bringen. Weg kämpfen wir.“ „

Erste Arbeits-Ministerratssitzung Die erste Sitzung des Ministerrates vom 16. Dezember stand ganz im Zeichen der Konjunkturbelebung

undeskanzler Werner Faymann berich- Btete im Pressefoyer nach der Minister- ratssitzung von den Ergebnissen des EU- Rates: „Österreich trägt alle Anstrengungen der EU mit, um der Wirtschaftskrise entge- gen zu wirken“. Das sei fixer Tagesord- nungspunkt aller politischen Beratungen. In diesem Zusammenhang ist auch die Steuerreform zu sehen, für die nun ein Fahr- plan beschlossen wurde. Gleich nach den Weihnachtsferien starten die Verhandlungen, damit rund um Ostern alle legistischen Maß- nahmen gesetzt werden können, um rück- wirkend mit 1. Jänner 2009 in Kraft zu tre- ten. Um das Budget auf der Ausgabenseite zu entlasten, wird es bis Mitte 2009 einen Aufnahmestopp im Bundesdienst geben. Ausgenommen davon sind Lehrerinnen und Lehrer, Polizistinnen und Polizisten sowie im Asylwesen Tätige. Auch die Budgetpla- nung steht fest: Die Budgetrede des Finanz- ministers im Parlament ist für die zweite Foto: BKA/HBF / Andy Wenzel Bundeskanzler Werner Faymann (r.) und Vizekanzler und Finanzminister Josef Aprilhälfte geplant. Pröll (l.) nach dem Ministerrat am 16. Dezember 2008 im Bundeskanzleramt Einigkeit im Ministerrat wurde auch über die weitere Vorgangsweise zum Verkauf der Parlament und im Bundesrat abgeschlossen Geplant sei, daß „in der Woche des 21. April AUA erzielt. Die ÖIAG wird ermächtigt, an sein, „damit das Paket rückwirkend mit 1. Jän- die Budgetrede und die Finalisierung der die Austrian Airlines 500 Millionen Euro zur ner 2009 auch schon wirksam werden kann“, Budgetplanung entsprechend über die Bühne Schuldentilgung zu transferieren und ein betonte Pröll. Es brauche diesen „Input, auch gehen“ könne. Überbrückungsdarlehen von 200 Millionen was die Frage der Stärkung der Kaufkraft“ Weiters verkündete Pröll einen Aufnah- Euro zu gewähren. betreffe. mestopp im Bundesdienst bis Mitte des „Die Steuerreform wird Mitte Jänner in Die Budgetplanung werde Mitte Jänner nächsten Jahres – mit Ausnahme der Polizei, Begutachtung gehen. Wir arbeiten mit Hoch- beginnen und somit die Kuchenstücke an die Lehrer und des Asylbereichs sowie für Ver- druck an der legistischen Umsetzung“, so Ministerien verteilt. "Wir werden vom 16. träge die bereits abgeschlossen worden sind. Finanzminister Josef Pröll im Pressefoyer bis 23. Februar 2009 mit Hochdruck die Ein- „Dieser Aufnahmestopp gilt als wichtiger nach dem Ministerrat. Rund um Ostern soll- zelverhandlungen mit den jeweiligen Res- Beitrag für notwendige Konsolidierungs- ten alle legistischen Notwendigkeiten im sorts führen“, stellte der Finanzminister klar. maßnahmen“, betonte Pröll abschließend. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 9 Österreich, Europa und die Welt Michael Spindelegger Der neue Außenminister vor dem Parlament, zum auslaufenden französischen Ratsvorsitz und zum Umgang des Europäischen Rats mit der Wirtschaftskrise

n seiner „Antrittsrede“ vor dem Natio- Abschließend lud Spindelegger alle Frak- Inalrat nahm der neue Außenminister tionen ein, „den gemeinsamen Konsens in Michael Spindelegger am 3. Dezember zu drei der Außenpolitik zu erhalten.“ Schwerpunkten Stellung, die für ihn auf der außenpolitischen Prioritätenliste stehen: Bilanz des französischen EU-Vorsitzes Am 1. 1. 2009 wird Österreich am Tisch „Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat im des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Europaparlament heute eine Bilanz des fran- in New York für zwei Jahre Platz nehmen. zösischen EU-Vorsitzes präsentiert, die Bei- „Damit übernehmen wir eine große Auf- fall verdient“, erklärte der Außenminister am gabe“, sagte Spindelegger und dankte seiner 16. Dezember. Frankreich habe in einer Amtsvorgängerin und dem schwierigen Zeit gezeigt, „daß die EU-27 ebenfalls aus der Regierung ausgeschiede- geeint und in der Lage sind, richtungweisen- nen Staatssekretär Hans Winkler, die in vie- de Entscheidungen zu treffen“. len Kontakten den österreichischen Stand- Zu den Maßnahmen gegen die Finanz- punkt und die Ziele unserer Mitgliedschaft krise erklärte Spindelegger: „Dynamik und im UNO-Sicherheitsrat erklärt und vorge- Effizienz des EU-Vorsitzes waren wesent- stellt haben und damit schlussendlich erfolg- liche Voraussetzungen, um mit abgestimmter reich waren. „Wir gehen somit gut vorberei- nationaler Politik die Schockwellen zu mil- tet in die Aufgabe, die für die nächsten zwei Foto: Hopi-Media dern und bei den Bürgern für neues Vertrau- Außenminister Michael Spindelegger Jahre vor uns liegt.“ „Wir wollen aus den en zu sorgen.“ zwei Jahren unserer Tätigkeit für den UNO- Beruflicher Werdegang Spindelegger ging auch auf den Europäi- Sicherheitsrat einen konkreten Nutzen für 1982 – 1983 Assistent an der Uni Wien schen Rat der vorhergegangenen Woche ein: unser Land ableiten. Meine große Zielvor- 1983 – 1984 Gerichtspraxis „Die Beschlüsse zu Konjunkturmaßnahmen stellung ist es, das positive Echo und das in und Klimaschutz haben auf beeindruckende 1984 – 1987 Bediensteter des Landes NÖ uns gesetzte Vertrauen der internationalen Weise europäischen Geist gezeigt, der von 1987 – 1990 Mitglied des Kabinetts des Staatengemeinschaft weiter zu nützen und Gemeinsamkeit ebenso wie von Zukunfts- Verteidigungsministers Wien stärker als Drehscheibe des Friedens festigkeit geprägt ist. Frankreich hat dabei 1990 – 1993 Mitarbeiter der Vereinigung zu etablieren. Mit einem engagierten Pro- wichtige Vorarbeit geleistet. Beim Gipfel ist Österreichischer Industrieller gramm können wir auch nach den zwei Jah- es auch gelungen, einen Zeitplan auszuarbei- ren für die Welt einen guten Dienst leisten“, 1993 – 1994 Mitarbeiter der GiroCredit ten, der ein Inkrafttreten des Lissaboner Ver- ist Spindelegger überzeugt. Politische Tätigkeit trages gegen Ende 2009 erlauben sollte. Ös- Ein weiteres Thema, das dem neuen Aus- 1989 – 1991 Europareferent des ÖAAB terreich hat stets klargemacht, daß der Re- senminister am Herzen liegt, ist Europa. Er seit 1991 ÖAAB-Bundesobmann-Stv. formvertrag einen wichtigen und bewahrens- möchte „nicht gleich mit einer großen Wer- 1992 – 1993 Mitglied des Bundesrates werten Schritt für unser Europa bedeutet.“ bekampagne auffahren“, er hält es für wich- 1993 – 1995 Abg. zum Nationalrat Der Außenminister wies abschließend tiger, „den Dialog zu führen, zuzuhören, hin- 1995 – 1996 Mitglied des Europäischen darauf hin, daß sich das Projekt Europa zuhören und zu ergründen, wo in der Tiefe Parlamentes (ÖVP-EVP) immer wieder zu beweisen habe – in der die Gründe für die Skepsis liegen. Erst dann 1996 – 2006 Abg. zum Nationalrat, Außen- Wahrnehmung durch die Menschen und an- kann man gezielt Maßnahmen setzen.“ politischer Sprecher der ÖVP gesichts neuer Herausforderungen. Spindel- Spindelegger hob hervor, daß es notwen- seit 1998 Landesobmann des NÖ-AAB egger: „Europa ist unsere tägliche Arbeit, hat dig sei, „Dinge zu erkennen, die noch in wei- 2000 – 2007 Mitglied der Parlament. Ver- Präsident Sarkozy zu Recht beim jüngsten terer Ferne liegen und wo es gilt, künftige sammlung des Europarates Gipfel formuliert. Mut, Entschlossenheit und Chancen für Österreich zu erschließen.“ 2000 – 2006 Stv. Klubobmann der ÖVP klare Standpunkte, sind die wichtigsten Zu- Österreich sei mit seiner Balkanstrategie er- 01/2002 – 10/2006 Leiter der österr. Dele- taten, um Europa weiterzubringen, das ha- folgreich. Nun gelte es aber auch darüber gation der Parlament. Ver- ben die vergangenen sechs Monate unter hinaus zu blicken und die österreichische sammlung des Europarates französischem Vorsitz eindrucksvoll bewie- Nachbarschaftspolitik weiter zu fassen. „Ich 10/2006 – 11/2008 Zweiter Präsident des sen. Ich bin zuversichtlich, dass Tschechien nehme mir daher vor, den Bereich der Nationalrates ab Jänner diese Linie konsequent fortsetzen Schwarzmeerregion zu einem Focus der ös- wird. Der künftige EU-Vorsitz hat in Öster- seit 2. Dezember 2008 Bundesminister für terreichischen Außenpolitik zu machen und reich einen verläßlichen europäischen Part- europäische und internatio- den Boden für eine verstärkte Zusammen- ner und Nachbarn.“ „ nale Angelegenheiten arbeit in dieser Zukunftsregion zu legen.“ http://www.bmeia.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 10 Österreich, Europa und die Welt In Between. Austria Contemporary. Kunstministerin Claudia Schmied eröffnete in Israel eine Schau der jungen Kunst in und aus Österreich.

nläßlich ihres Israel Besuches eröffnete ABundesministerin Claudia Schmied in Anwesenheit des österreichischen Bundes- präsidenten am 16. Dezember in der „Genia Schreiber Galerie“ in Tel Aviv die Ausstellung „In Between. Austria Con- temporary“. Die Werke sind bis zum 15. Januar 2009 in Israel ausgestellt. Von Karin Zimmer kuratiert, präsentiert die Ausstellung die wichtigsten Kunstankäu- fe des Bundes aus den letzen beiden Jahren, wobei das Schwergewicht auf dem Jahr 2008 liegt. Sie umfaßt die Werke von über 36 österreichischen Kunstschaffenden bzw. in Österreich arbeitenden jungen Künst- lerInnen und Künstlergruppen. Dabei wird der Versuch unternommen, einen repräsentativen Querschnitt aktueller Arbeiten einer jungen Künstlergeneration in Österreich zu zeigen. Die Ausstellung ver- Foto: BMUKK sammelt 15 Künstlerinnen und 26 Künstler, Der Präsident der Universität von Tel Aviv, Prof. Zvi Galil, BM Claudia Schmied, Bundespräsident Heinz Fischer, die Kuratorin der Ausstellung, Karin Zimmer, der zum großen Teil jünger als 40 Jahre. Kurator der Genia Schreiber Universitäts Galerie, Prof. Mordechai Omer (v.l.) Für die als Wanderausstellung konzipier- te Werkschau, die durch mehrere Länder in „Wir müssen aufeinander zugehen, einander stützen ist, damit Neues wachsen kann und und außerhalb Europas touren wird, ist die vertrauen, die Interessen des jeweils Ande- eine lebendige, heutige Kunstszene entsteht. Genia Schreiber Galerie der Universität in ren verstehen und respektieren. Viele Kon- Und drittens bemühe ich mich, die junge Tel Aviv die erste Station. flikte könnten vermieden, viel Leid verhin- Generation von Kunst und Kultur zu begei- Begleitet wird die Ausstellung von einem dert werden, wenn es diesen Zugang der stern. Wir müssen die Jugend für die mensch- zweisprachigen reich bebilderten Katalog. Menschen zueinander gäbe. Die Ausstellung lichen Werte gewinnen, um sie gegen alle Sie soll nicht nur zur Verbreiterung des Wis- ,in between’ will Ähnliches leisten, wie Ihr Fremdenfeindlichkeit und gegen Rassismus sens über zeitgenössische österreichische Botschafter in unserem Land. Sie will“, so zu immunisieren. Wir wollen die menschli- Kunst sondern auch zur Stärkung der Prä- die Ministerin weiter, „ein Baustein für ein chen Werte gegen das Dunkle und Dumpfe senz österreichischer Kunstschaffender im zeitgemäßes Österreich-Bild sein.“ „In bet- setzen.“ Ausland beitragen. ween“ sei als Wanderausstellung konzipiert Die Europäische Union, der Österreich Bundesministerin Schmied erklärte in und werde durch mehrere Länder touren. angehört, hat für 2008 das „Jahr des inter- ihrer Eröffnungsrede, es sei ihr Ehre und „Den Beginn macht sie hier in Israel, wo es kulturellen Dialogs“ ausgerufen. „Die Aus- Freude, in Israel, in einem mit ihrer Heimat mehr als anderswo gilt, eine alternative, kri- stellung ,in between’ und ihre erste Präsen- Österreich freundschaftlich verbundenen tisch-reflexive Seite Österreichs zu zeigen.“ tation in Israel folgen diesem Leitmotiv. Wir Land, die Ausstellung „in between“ eröffnen Die österreichische Kulturpolitik, die ich sind aufgerufen, an einer Welt zu bauen, die zu dürfen. im Ressort für Unterricht, Kunst und Kultur nicht mehr von nationalen Grenzen be- Vor kurzem habe der Botschafter Israels vertrete, arbeitet daran vor allem drei An- stimmt wird, sondern vom friedvollen Dia- in Österreich, Dan Ashbel, vom PR Verband sprüchen gerecht zu werden: log der Menschen miteinander“, so die Mi- Austria die Auszeichnung zum „Kommuni- „Erstens: Es gilt die kulturellen Werte aus nisterin. Die Künstlerinnen und Künstler der kator des Jahres“ erhalten. In der Würdigung vielen Jahrhunderten zu bewahren und zu Ausstellung „in between“ ermöglichten hieß es dazu, daß Dan Ashbel es auf das pflegen. Österreich hat auf dem Gebiet der einen neuen Blick auf die Wirklichkeit nicht Beste verstehe, in der Öffentlichkeit ein von Bildenden Kunst, der Architektur und der nur Österreichs, sondern der gemeinsamen allen Klischees befreites Bild des Staates Musik, um nur einige Bereiche zu nennen, Welt. Und mit den Worten „ich freue mich Israel und seiner Politik zu zeichnen. Großartiges zu zeigen. über diese Grenzüberschreitungen in geogra- Genau darum gehe es in den Beziehungen Zum zweiten nehmen wir uns mit Freude fischer, inhaltlicher und formaler Art“, eröff- zwischen Menschen und zwischen Ländern: der zeitgenössischen Kunst an, die zu unter- nete Claudia Schmied die Ausstellung. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 11 Aus Südtirol »Beginn der Zukunft« LH Luis Durnwalders Regierungserklärung

andeshauptmann Luis Durnwalder hat Sachen Personal und Umwelt abzurücken. Lam 16. Dezember in seiner Regierungs- Auch müsse die Rolle des Landes überdacht erklärung klar gemacht, daß die Politik sich werden: „Der Aufbau ist geschafft, nun geht in den kommenden Jahren ändern werde, es um größere Handlungsspielräume für die weil sich die Rahmenbedingungen geändert Unternehmen“, so Durnwalder. Die Vollbe- hätten. Die Konzentration gelte nun weniger schäftigung bringe in Form des Arbeitskräf- der Infrastruktur als der Begleitung der temangels aber auch ein besonderes Problem Bürger durch alle Abschnitte ihres Lebens. mit sich, betonte der . Die- In den letzten 15 Jahren habe man Süd- ses wolle man lösen, indem man 2000 der- tirols Infrastruktur den neuen Herausforde- zeit Arbeitslose – Frauen nach der Baby- rungen angepaßt, habe Schulen, Straßen und pause, Menschen mit Behinderung, Senio- Krankenhäuser errichtet, den öffentlichen ren – wieder in den Arbeitsmarkt eingliedere. Nahverkehr ausgebaut und die Erschließung Zudem sei in diesem Zusammenhang die mit schnellem Internet vorangetrieben. „Wir Einwanderer-Thematik anzugehen, was in haben“, so Durnwalder, „Südtirol im Zeit- erster Linie eine bessere Steuerung bedeute: raffer entwickelt.“ Nachdem das Aufholpro- quantitativ, indem nur so viele Einwanderer gramm aber so gut wie abgeschlossen sei, ins Land geholt würden, daß der Arbeits- könne man den Fokus verschieben, hin zu markt sie auch aufzunehmen imstande sei, einer Politik, die noch mehr als bisher den und eine strenge Regelung der Familien- Landeshauptmann Luis Durnwalder Menschen in den Mittelpunkt stelle. „Es Foto: LPA/Südtirol zusammenführung gefunden werde, qualita- geht, wenn Sie so wollen, in Zukunft in allen tiv, indem mehr auf die Ausbildung der Bereichen mehr um die Soft- als um die men heiße nun einmal, Prioritäten zu setzen. Einwanderer geachtet werde, und kulturell, Hardware“, so der Landeshauptmann. „Den Anspruch, gleichzeitig alles haben zu indem „wir darauf achten, daß sich in Sa- Die Menschen stärker in den Mittelpunkt wollen, können und werden wir nicht erfül- chen Sprache und Lebensart keine unüber- zu stellen, heiße aber auch, die Menschen len“, so Durnwalder. windlichen Hürden für die Integration erge- wieder mehr in die Verantwortung zu neh- Angesprochen hat er auch mögliche ben“, so Durnwalder, der auch betonte, daß men, ihnen mehr Spielraum einzuräumen, Kompetenz-Abtretungen an die Gemeinden. Integration nicht mit Assimilierung ver- ihre Kreativität anzukurbeln. Bevor jemand Es werde einen Runden Tisch mit den Ge- wechselt werden dürfe. „Aus Einwanderern einen für seine persönliche Zukunft ein- meinden geben, an dem über Übertragungen, müssen keine Tiroler werden, sollen keine schneidenden Schritt setze, dürfe er nicht Delegierungen und Beteiligungen verhan- Tiroler werden. Jeder wird vielmehr seine fragen, ob es dafür einen Beitrag vom Land delt werde. Entscheidungen, so Durnwalder, Eigenheiten behalten und pflegen, solange gebe, „sondern ob dieser Schritt in der jewei- müßten näher an die Bürger gebracht wer- sie mit den geltenden Regeln im Einklang ligen Lebenssituation der richtige ist, ob er den, im Mittelpunkt müssten aber immer die stehen. ihn als Individuum weiterbringt und besten- Vorteile für den Bürger sowie die Kosten ste- Als konkrete Zukunftsthemen sieht er falls vielleicht auch die Gesellschaft“. Das hen, die er zu tragen habe. Energie und Mobilität an. In ersterem Be- Land wolle, dürfe und könne individuelle Der Landeshauptmann forderte zudem, reich habe man den Grundstein für eine Entscheidungen nicht konditionieren, weder das Land durch die Augen der Kinder und eigenständige Energiepolitik gelegt, die nun mit dem Zuckerbrot noch mit der Peitsche, Jugendlichen zu sehen. „Sie sind es, an deren fortzuführen und zu konkretisieren sei, in betonte der Landeshauptmann. Lebenswelt wir basteln, sie sind es, deren letzterem Bereich müsse man weiter an der Als Beispiel nannte Durnwalder Eltern, Lebensbedingungen wir mit unseren Ent- Verlagerung des Güterverkehrs von der die vor der Entscheidung stünden, arbeiten scheidungen am meisten beeinflussen.“ Des- Straße auf die Schiene arbeiten, ebenso wie zu gehen oder Vollzeit zu Hause zu bleiben. halb sei auch größter Wert auf die Bildung am Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die Landesregierung werde sie unterstützen, zu legen. Diese sei offen – im Sinne keines Dies vor allem, weil die Ära des Individual- egal wie ihre Entscheidung ausfalle, etwa im festen Wissenskanons, sondern eines Ler- verkehrs vorbei und die vorhandene Infra- Wohnbau, durch Beiträge zur Rentenfortzah- nens zu lernen –, europäisch und vielfältig – struktur bestmöglich zu nutzen sei, damit lung, Ausbildung, familienfreundliche Tari- etwa im Bereich der Sprachen – auszurichten. „die Bürger den Untergang der Ära des fe, flexible Arbeitszeitmodelle, Kinderbe- Als größte Herausforderung der nächsten Individualverkehrs nicht als Einschränkung treuungs-Strukturen oder Mittelstands-För- Jahre nannte der Landeshauptmann die Wirt- empfinden, sondern als Bereicherung“, so derung. Aber: „Unterschiede werden blei- schaftskrise und das Halten der Vollbeschäf- der Landeshauptmann. ben, egal, welche Entscheidung man fällt: tigung. Dies sei nur möglich, wenn man Be- „Südtirol“, so Durnwalder, „steht am Be- beim Einkommen, bei der Rente, bei der trieben beste Voraussetzungen biete (eine ginn der Zukunft. Zukunft passiert nicht ein- Zeit, die für die Betreuung der Familie übrig schlanke Verwaltung, gut ausgebildete Ar- fach, Zukunft will gestaltet werden. Und ge- bleibt, bei der Lebensqualität“, so der Lan- beitskräfte, eine Vernetzung mit Forschungs- nau dies werden wir in den kommenden fünf deshauptmann. Verantwortung zu überneh- Instituten), ohne von den Standards in Jahren tun.“ „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 12 Europa Staatliche Beihilfen Kommission veröffentlicht Leitlinien für die Rekapitalisierung von Banken, um den Kreditfluss in die Realwirtschaft anzukurbeln

ie Europäische Kommission gibt den Wirkung sogar gegenseitig verstärken. Die Banken in Schieflage die Gefahr von Wett- DMitgliedstaaten detaillierte Leitlinien Absteckung eines Rahmens, der ein stimmi- bewerbsverzerrungen größer ist, müssen zur Bankenrekapitalisierung in der Finanz- ges Vorgehen bei der staatlichen Rekapitali- strengere Sicherheitsvorkehrungen und zu- krise an die Hand, um die Kreditvergabe an sierung von Banken gewährleistet und dem eine umfassende Umstrukturierung vor- die Realwirtschaft zu sichern und die gleichzeitig auch verschiedenen anderen gesehen sein. Finanzmärkte zu stabilisieren, ohne Wettbe- Umständen Rechnung trägt, zeugt abermals Konkret werden in der Mitteilung Leit- werbsverzerrungen zu bewirken, die mit linien für die Vergütung staatlicher Kapital- dem EU-Beihilferecht unvereinbar sind. Die zuführungen für grundsätzlich gesunde Leitlinien tragen der Tatsache Rechnung, Banken aufgestellt, die sich auf Basissätze daß die Kreditkrise jetzt auch die Realwirt- der Zentralbanken zuzüglich eines Risiko- schaft erreicht hat und daß zur Gewähr- zuschlags stützen. Dieser Zuschlag muß dem leistung eines angemessenen Kreditflusses Risikoprofil der begünstigten Bank entspre- finanziell gesunde Banken unter Umständen chen. In den Leitlinien werden ferner die Art staatliche Gelder benötigen. Die Mitteilung des verwendeten Kapitals und die Sicher- der Kommission ergänzt und präzisiert die heitsvorkehrungen präzisiert, die einen Miß- allgemeineren Leitlinien vom 13. Oktober brauch der öffentlichen Gelder verhindern 2008, die als Orientierungshilfe für die Mit- sollen. Banken, die mit einem höheren Ri- gliedstaaten herausgegeben worden waren, siko behaftet sind, müssen eine höhere Ver- damit sie rasch angemessene Vergütungen gütung zahlen. Der Vergütungsmechanismus für Kapitalspritzen zur Stabilisierung des muß geeignete Anreize bieten, das staatliche Bankensektors festlegen konnten. Nach den Engagement so gering wie möglich zu halten neuen Leitlinien muß ferner durch geeignete (z. B. durch einen mit der Zeit steigenden Sicherheitsvorkehrungen dafür Sorge getra- Vergütungssatz). gen werden, daß die staatlichen Gelder zur Neelie Kroes Von Insolvenz bedrohte Banken erhalten Kreditvergabe an die Realwirtschaft verwen- EU-Wettbewerbskommissarin staatliche Hilfen grundsätzlich gegen ein (aus den Niederlanden) det und nicht zur Finanzierung von aggressi- Foto: EC / Berlaymont höheres Entgelt; zudem gelten für sie stren- vem Geschäftsgebaren zulasten von Wettbe- gere Sicherheitsvorkehrungen. Die Verwen- werbern mißbraucht werden, die ohne staat- von der wichtigen Rolle, die der Kommis- dung staatlicher Mittel in solchen Fällen ist liche Beihilfen auskommen. Diese Sicher- sion bei der Überwindung der derzeitigen nur dann zulässig, wenn weitreichende Um- heitsvorkehrungen müssen auch Anreize bie- Krise zukommt.“ strukturierungsmaßnahmen zur Wiederher- ten, die staatliche Hilfe im Finanzsektor nur Die Mitteilung, in der alle Empfehlungen stellung der langfristigen Rentabilität der be- so lange aufrechtzuerhalten, wie es die Fi- der Europäischen Zentralbank berücksich- troffenen Bank ergriffen werden, die gege- nanzmarktkrise erfordert. Durch diesen An- tigt sind und die mit den Mitgliedstaaten er- benenfalls auch Management und Corporate satz wird fairer Wettbewerb zwischen den örtert wurde, basiert auf demselben Grund- Governance betreffen können. Mitgliedstaaten einerseits und den Banken satz wie die Leitlinien vom 13. Oktober: Die Mitgliedstaaten haben die Möglich- andererseits sowie eine baldige Rückkehr Staatliche Hilfen für Banken dürfen nicht keit, Rekapitalisierungsregelungen zu verab- zum normalen Marktgeschehen gewährlei- dazu führen, daß den Empfängern solcher schieden, die allen Banken offenstehen, so- stet. Hilfen künstlich ein Wettbewerbsvorteil ge- fern ein vorab festgelegter Vergütungssatz EU-Wettbewerbskommissarin Neelie genüber Banken gewährt wird, die keine angemessene Rückflüsse gewährleistet. Kroes erklärte in diesem Zusammenhang: Beihilfen erhalten (z. B. Banken in anderen Die Kommission wir die Rekapitalisie- „Das rasche, gezielte Handeln der Mitglied- Mitgliedstaaten). Die neue Mitteilung er- rungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten über- staaten hat das Finanzsystem stabilisiert – gänzt die Leitlinien vom 13. Oktober inso- wachen und überprüfen. Sechs Monate nach jetzt müssen wir unser Augenmerk auf die fern, als zwischen zwei Gruppen von Ban- Einführung einer Einzelmaßnahme oder Realwirtschaft richten. Mit der neuen Mit- ken unterschieden wird: einerseits zwischen einer entsprechenden Regelung, muss der teilung wurde ein ausgewogenes Verhältnis grundsätzlich gesunden Banken, die vor- Mitgliedstaat der Kommission über die Ver- zwischen den Bemühungen um einen steti- übergehend unterstützt werden, um die wendung der staatlichen Mittel Bericht er- gen Kreditfluss in die Realwirtschaft, die Finanzmärkte zu stabilisieren und Bürgern statten. Handelt es sich um grundsätzlich Stabilisierung der Finanzmärkte und die und Unternehmen ungehinderten Zugang zu gesunde Banken, so muß mit dem Bericht Wahrung gleicher Ausgangsbedingungen für Krediten zu ermöglichen, und andererseits in eine Ausstiegsstrategie vorgelegt werden; Banken in Europa geschaffen. Dies zeigt, Schwierigkeiten geratene Banken, die auf- bei Banken in Schwierigkeiten ist ein Um- daß diese Ziele nicht nur in Einklang ge- grund ihres Geschäftsmodells von Insolvenz strukturierungsplan erforderlich. „ bracht werden können, sondern sich in ihrer bedroht sind. Da bei staatlichen Hilfen für http://europa.eu/index_de.htm

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 13 Europa Quo vadis, Europa? Wirtschaftliche Supermacht: Prognosen und Probleme Von Ivan T. Berend.*)

ach dem Zweiten Weltkrieg war Europa beträchtlich über jenem Amerikas mit 21 %1. lediglich 17 in südamerikanischen, asiatischen Nschwer zerstört, geschwächt und schon Ein weiteres Jahrzehnt später erreichte der und afrikanischen Entwicklungsländern. bald in zwei feindliche Hälften geteilt. Der Bestand an ausländischen Direktinvestitio- Anders als nach dem Krieg gingen die Westen brauchte die finanzielle und militäri- nen, die akkumulierte Summe europäischer transatlantischen Investitionen in beide sche Unterstützung Amerikas zum Wieder- Auslandsinvestitionen, den Wert von Richtungen. Um die Mitte der 1990er Jahre aufbau seiner Wirtschaft sowie zur Absiche- 4,930.228 Millionen $, mehr als zweimal kamen fast 60% aller ausländischen Direkt- rung gegenüber Gefahren von außen. 30 Jah- soviel wie die 2.399.224 Millionen $ der investitionen in den USA von europäischen re später begann jedoch sein Aufstieg zur Vereinigten Staaten. Der Bestand an auslän- multinationalen Unternehmen, während die wirtschaftlichen Supermacht. Neben dem dischen Dircktinvestitionen bildet die aggre- USA weniger als die Hälfte aller ausländi- Aufschwung in der Nachkriegszeit und der – gierte lnvestitionssumme bis zu einem be- schen Direktinvestitionen in Europa tätigten. nach dem Schock der 1970er Jahre – erfolg- stimmten Jahr ab. Er spiegelt also die Ver- Amerikanische Niederlassungen in Europa reichen Anpassung an die Globalisierung gangenheit wider. Im Hinblick auf die produzieren ein Drittel der europäischen Im- war der rasche Integrationsprozeß, d. h. die Gegenwart ist der jährliche durchschnittliche porte aus den USA, europäische Niederlas- Gründung und Ausweitung der Europäi- Geldfluß an Direktinvestitionen aussage- sungen in den USA hingegen sind für 38% schen Union, der wichtigste Faktor für Eu- kräftiger. Dieser wurde schon bald stärker der amerikanischen Importe aus Europa ver- ropas Aufstieg. von Europa als von Amerika bestimmt: In antwortlich.4 2005 lag das Bruttoinlandsprodukt der der ersten Hälfte der 1980er Jahre erreichte Europäischen Union mit 14.300 Milliarden $ Europas Anteil am durchschnittlichen jähr- Europa ohne Peripherien? etwas über jenem der Vereinigten Staaten lichen Geldfluß an Direktinvestitionen 41% Die gesamte Geschichte der Neuzeit hin- mit 13.185 Milliarden $. 2008 überschritt die der weltweiten Summe, während jener der durch läßt sich eine sehr uneinheitliche wirt- Bevölkerungszahl der Europäischen Union USA lediglich bei 31% lag.2 Betrachtet man schaftliche Entwicklung Europas beobach- die 500-Millionen-Grenze gegenüber den die Geldflußsumme an Direktinvestitionen, ten. Seit der frühen Neuzeit bildete sich 300 Millionen Einwohnern in den USA. Die womit die gegenwärtige Aktivität ausge- Westeuropa als Herzstück des Weltsystems Europäische Union wurde zum wichtigsten drückt wird, im Jahr 2005, so zeigt sich Eu- heraus, während die nordischen Länder, die Akteur der Weltwirtschaft. Die europäischen ropas Vormachtstellung noch deutlicher: Die- Mittelmeerländer sowie Mittel- und Ost- Exporte von Gütern und Dienstleistungen – se lag bei 427.329 Millionen $ gegenüber europa an dessen Peripherie rückten, wo lediglich 0,14 Billionen (140 Mrd.) $ im Jahr US-amerikanischen Investitionen im Ausland Lebensmittel und Rohmaterialien für das 1950 und 0,90 Billionen (900 Mrd.) $ im in der Höhe von 109.754 Millionen $.3 Kerngebiet produziert wurden; ihr Einkom- Jahr 1973 – betrugen 2005 mehr als 4,1 Bil- Dabei ging es aber nicht bloß um eine mensniveau lag bei 50 bis 60% von jenem lionen (4100 Mrd.) $, im Vergleich dazu 1,3 quantitative Entwicklung. Europa vermochte Westeuropas. In den skandinavischen Län- Billionen (1300 Mrd.) $ in den USA. Die sich am besten an die aufkommende neue dern, die Getreide, Fisch, Holz und Eisenerz Exporte wurden für die wirtschaftliche Per- Art der Arbeitsteilung anzupassen, welche produzierten und exportierten und wo 70% formance Europas immer wichtiger und die Jahrzehnte der Globalisierung charakte- der Bevölkerung in der Landwirtschaft und machten Ende des Jahrhunderts 36% des risierte. Die geografische Ausrichtung der in primären Produktionssektoren beschäftigt aggregierten BIP aus, doppelt soviel wie der ausländischen Direktinvestitionen Deutsch- waren, setzte ab den 1870er Jahren ein weltweite Durchschnittsexport und der mit lands erfuhr eine drastische Veränderung: rascher Aufholprozeß ein. Es kam zur In- Abstand höchste Wert, verglichen mit allen 1961 gingen 46% der deutschen Auslands- dustrialisierung, und in weniger als einem anderen Ländern oder Regionen der Welt. investitionen in Entwicklungsgebiete oder halben Jahrhundert näherten sie sich dem Ebenso wichtig: Europa wurde zum Ka- weniger entwickelte Regionen und nur 14% westlichen Kerngebiet an und erreichten vor pitalinvestor Nummer eins der Welt. Nach in andere Länder der Europäischen Gemein- dem Ersten Weltkrieg 60 bis 76% des dorti- dem Zweiten Weltkrieg wurden die ausländi- schaft. 1990 gingen weniger als 20% der gen Niveaus. Weitere 30 Jahre später, um schen Direktinvestitionen von Amerika be- Investitionen in Entwicklungsländer und 1950, lag das skandinavische BIP pro Kopf herrscht: 1973 machten Amerikas Investi- 41% in andere entwickelte europäische Län- um 7% über jenem Westeuropas und die tionen weltweit fast die Hälfte aus, während der. 1990 wurden nur zwei Prozent der deut- Region wurde integrativer Bestandteil des der Anteil des kontinentalen Westeuropa bei schen Auslandsinvestitionen in der Bergbau- Kerngebiets. Ende des 20. Jahrhunderts lediglich 25% lag. Ende des Jahrhunderts lag industrie angelegt, während fast 40% in den wiederholte dann Finnland den Erfolg der der Anteil Europas an den weltweiten aus- Handels-, Banken- und Versicherungssektor skandinavischen Länder: 1950 lag das Pro- ländischen Direktinvestitionen mit 39% flossen sowie ein weiteres Drittel in die Kopf-Einkommen noch bei 64% der sechs Chemie-, Elektro-, Maschinenbau- und traditionell führenden westeuropäischen *) Ivan T. Berend ist Professor an der University of Autoindustrie. Schwedische multinationale Länder, 2005 überflügelte es diese um 16%. California, Los Angeles. Dieser Beitrag entstammt der „Europäischen Rundschau“ 2008/4 – Informa- Unternehmen errichteten Niederlassungen in Für die Mittelmeerländer und den mittel- tionen darüber finden Sie am Ende dieses Textes. 83 anderen entwickelten Ländern, hingegen und osteuropäischen Raum hingegen änderte

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 14 Europa sich mehr als eineinhalb Jahrhunderte hin- den. Wird dies in Zukunft auch für die neuen Transformationsländer. Wenn von Aufholen durch nichts an dem historischen Erbe; sie Mitgliedsländer aus Mittel- und Osteuropa die Rede ist, so handelt es sich immer um lagen weiter an der Peripherie. Hier setzte gelten? Trotz wiederholter Versuche ver- einen Prozeß, der sich über eine oder zwei der Wandel nach dem Zweiten Weltkrieg mochte diese Region sich nicht aus ihrer Generationen erstreckt. Mit anderen Worten: und verstärkt nach 1980 ein. Europa, wo es deutlichen Rückständigkeit zu lösen und ist Die mitteleuropäischen Länder könnten sich im Zuge der Integration nach und nach zur zu Beginn des 21. Jahrhunderts das einzige etwa zwischen 2025 und 2030 dem Durch- Bildung eines Binnenmarktes kam und das relativ rückständige Randgebiet des Konti- schnittseinkommen der Europäischen Union in den 1970er und 1980er Jahren auch das nents. Die lougue duree von nahezu zwei von 2005 annähern oder dieses erreichen. damals weniger entwickelte Irland und drei Jahrhunderten zeigt eine verblüffend stabile Um dieses Wunder zu vollbringen, müssen Mittelmeerländer in diesen aufnahm, ver- relative Rückständigkeit. 1820 lag das Pro- diese Länder aber ein zwei- bis dreimal folgte eine freiwillige Kohäsionspolitik zur Kopf-Einkommen in Mittel- und Osteuropa höheres Wirtschaftswachstum erreichen als Unterstützung der rückständigen Regionen bei 59% von jenem im Westen, 1913 waren die alten Mitgliedsländer der Union. und Länder durch eine zentrale Einkom- es 46%, 1950 51% und 1989 40%.7 mensumverteilung aus dem Budget der Der Impuls zu Industrialisierung und »Vorteil der Rückständigkeit« Gemeinschaft. Die neu aufgenommenen Modernisierung in diesen Ländern wurde Es ist eine statistische Binsenweisheit, Länder Irland, Griechenland, Spanien und nach dem Krieg lediglich zu einem Abste- daß die Wachstumsrate stark vom Niveau Portugal waren alle förderungswürdig. Die cher von der Peripherie an die Peripherie. des Ausgangsjahres oder des Ausgangszeit- Gemeinschaft ließ diesen Ländern massive Der Balkan und die Nachfolgestaaten der ehe- raumes abhängt. Von einem niedrigeren Ein- Unterstützung zukommen. Vielleicht noch maligen Sowjetunion verfielen in den 1990er kommensniveau ausgehend ist es leichter, wichtiger aber waren die Integration dieser Jahren in einem dramatischen Ausmaß in eine höhere Wachstumsrate zu erzielen. Länder in die europäische Wirtschaft sowie Rückständigkeit. Auf dem Höhepunkt des Der Wirtschaftshistoriker Alexander Ger- die riesigen Summen an ausländischen Di- Niedergangs im Jahr 1998 lag das Pro-Kopf- schenkron aus Harvard sprach vom „Vorteil rektinvestitionen amerikanischer und japani- Einkommen in Rußland, der Ukraine und der Rückständigkeit“: der Möglichkeit, Tech- scher Unternehmen, die diese neuen Kandi- Weißrußland lediglich bei 22% des westeu- nologien, Management, das gesamtes Wis- datenländer als Sprungbrett auf die europäi- ropäischen Niveaus. Andere ehemalige Sow- sens-Pool von entwickelten Ländern zu schen Märkte nutzten. jetrepubliken erreichten lediglich 14 bis 18% übernehmen, um ein rascheres Wachstum zu All diese Faktoren trugen das Ihre zu des westeuropäischen Niveaus. Die Kluft, erreichen. Das stimmt für eine gewisse einer außerordentlichen Wachstumsrate in oder besser gesagt: der Abgrund, war noch Rückständigkeit auf mittlerem Niveau, aber den neu aufgenommenen Ländern bei: Zwi- nie so groß wie Ende des 20. Jahrhunderts. nicht, wenn Rückständigkeit die soziale Fä- schen den späten 1980er und Mitte der Die meisten Balkanländer und Nachfolge- higkeit ausschaltet, moderne Technologien 1990er Jahre verzeichneten Irland, Portugal staaten der Sowjetunion wurden stärker denn und modernes Wissen zu übernehmen. Die und Spanien ein zwei- bis viermal höheres je an den Rand gedrängt. meisten mitteleuropäischen Länder liegen Wachstum als die acht wirtschaftlich hoch- Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts über dieser Schwelle. Theoretisch ist ein entwickelten Mitgliedsländer.5 Der erfolgrei- setzte dann, vor allem in der Russischen Fö- Aufholen also tatsächlich möglich. che Beitritt zur Europäischen Union förderte deration, mit einem jährlichen Wirtschafts- Ob das westliche Niveau erreicht werden den Aufholprozeß und half dabei, Irland und wachstum von 7-8% eine Erholung ein, wo- kann, hängt stark vom zukünftigen Kapital- die Mittelmeerländer im letzten Viertel des bei man enorm von den neuen Ölkrisen und fluß in diese Region ab. Die Europäische 20. Jahrhunderts an das Niveau der Kern- der Preisexplosion profitierte. Bis 2008 ist Union und ihre Hilfszahlungen könnten eben- länder heranzubringen – oder sie sogar zu im Hinblick auf eine strukturelle und tech- falls eine große Rolle spielen. Am 17. De- überflügeln. 1950 schwankte das durchschnitt- nologische Modernisierung jedoch noch zember 2005 beschloß die Union ihr Budget liche Pro-Kopf-Einkommen in Spanien, wenig geschehen. Im Falle Rußlands betref- für den Siebenjahreszeitraum von 2007- Portugal und Griechenland zwischen 39% fen 80% der Exporte Energie- und Rohstoffe 2013. Fast 36% des Budgets, etwa 337 Mil- und 48% des Niveaus in Westeuropa, 1973 lag und in den anderen Ländern der genannten liarden $, gehen in den Kohäsionsfonds der es bereits bei knapp zwei Drittel und Ende Region handelt es sich bei der Mehrzahl der Union, mit dem die weniger entwickelten des Jahrhunderts bei etwa drei Viertel des- Exporte um Billigtechnologie-Produkte. Länder und Regionen unterstützt werden. selben. Irland kam 1973 auf lediglich 57% Diese Länder stehen nicht einmal auf der Die neuen Mitgliedsländer werden 140 Mil- des westeuropäischen Niveaus, 2005 jedoch Warteliste der Europäischen Union und liarden $ (oder 100 Milliarden Euro) erhal- wies es ein um 15% höheres Einkommens- Rußland möchte überhaupt nicht beitreten. ten und Polen knapp die Hälfte davon niveau auf als die zwölf traditionell reichsten 2004, dem Beitrittsjahr der mitteleuropä- (56 Milliarden Euro). Der Haushalt sieht west- und nordeuropäischen Länder. Spanien, ischen Länder zur EU, lag das Durch- weitere 60 Milliarden $ vor, die unter die Portugal, Irland und Griechenland erreichten schnittseinkommen in den acht höchstent- Partnerländer der Union am Balkan verteilt 1950 gemeinsam nur 49% des BIP pro Kopf wickelten Ländern der Region bei lediglich werden sollen. Die Region wird auch von in Westeuropa; 1973 stieg dieses Verhältnis 45% des Niveaus jener 15 Länder, die den Agrarförderungen der Union profitieren. auf 63% und lag 2005 bei 93%.6 bereits der Union angehörten. Die geradezu Insgesamt werden Mittel- und Osteuropa Nach ihrem Beitritt zur Europäischen unglaubliche wirtschaftliche Performance im Budgetzeitraum 2007-2013 mehr Unter- Union stehen Irland und die Mittelmeer- Irlands und Spaniens im letzten Drittel des stützung von der Europäischen Union erhal- länder als einstige Länder der Peripherie um Jahrhunderts könnte als Vergleich dienen ten, als der Westen nach dem Krieg aus dem die Jahrhundertwende im Begriff, zu einem und nährt die Hoffnung auf die Möglichkeit legendären Marshall-Plan erhielt. Diese Teil des europäischen Kerngebiets zu wer- eines spektakulären Aufholprozesses der Hilfszahlungen könnten gemeinsam mit den

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 15 Europa ausländischen Direktinvestitionen, welche Polen und Estland 20 bis 35 Jahre brauchen Ungarns Wachstumsrate wurde halbiert, die Entwicklung der Region seit 1989 be- werden, um zum Durchschnitt der Europäi- Lettlands Wachstumsrate fiel von 12 auf 4%, stimmt haben, den neuen Ländern dabei hel- schen Union aufzuschließen. Lettland, Bul- die Industrieproduktion ging um 6,4% fen, eine über dem EU-Durchschnitt liegen- garien und Rumänien dürften dies in 40 bis zurück, Estlands Wachstumsrate fiel von 11 de Wachstumsrate zu erzielen und so zum 43 Jahren erreichen, Litauen hingegen wird auf 2,3%. Beide Länder verzeichneten ein Aufholprozeß gegenüber dem Westen beitra- 70 Jahre brauchen.9 Der Aufholprozeß ge- gewaltiges Zahlungsbilanzdefizit und hatten gen. Dieser Annäherungsprozeß wird sehr genüber dem Westen hat bereits begonnen. eine Inflation von 17%. Es kann sein, daß es stark vom gegenwärtigen und zukünftigen Das an der Kaufkraftpartität gemessene BIP sich dabei um ein vorübergehendes Phäno- Wachstum der „alten“ Europäischen Union pro Kopf ist in Ungarn, Polen, der Slowakei, men handelt. In einigen der neuen Mit- abhängen. Ein Aufholen ist extrem schwie- Slowenien und der Tschechischen Republik gliedsländer könnte statt eines Aufschließens rig, wenn die Zielländer eine rasche Ent- zwischen 2000 und 2005 von 55% auf 63% zu den EU-15 jedoch auch eine duale Wirt- wicklung aufweisen. Wo liegt die mögliche gestiegen.10 Von der Annahme ausgehend, schaft entstehen. Noch wahrscheinlicher ist Wachstumsrate der ehemaligen EU der fünf- daß die Europäische Union im kommenden das im Falle der Kandidatenländer auf dem zehn Länder? Zwischen 1950 und 1973 Jahrzehnt eine Wachstumsrate von 2% und Balkan. Bei einem derartigen Szenario wür- erzielte Westeuropa mit 4,08% pro Jahr die mittel- und osteuropäischen Länder eine de sich ihr Entwicklungsniveau nach dem seine höchste je verzeichnete Wachstums- solche von 4% erreichen werden, könnten Beitritt zwar verbessern, dann aber unter rate. Zwischen 1973 und 1998 sank die die erfolgreichsten mitteleuropäischen Län- dem westlichen Niveau eingefroren bleiben. durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der der Region durchschnittlich drei Viertel Multinationale Unternehmen würden den jedoch auf 1,78%. Zwischen 1993 und 2003 des an der Kaufkraftpartität gemessenen BIP Spitzensektor der Wirtschaft besetzen, es kä- hatte die sogenannte Euro-Zone ein jährli- pro Kopf in der EU erreichen. Die Balkan- me nie zur Entwicklung eines entsprechen- ches Wachstum von 2,1 % zu verzeichnen. länder werden 2015 immer noch bei etwas den nationalen Innovationssystems, und die 2005 betrug die Rate lediglich 1,6%. Ein Ein- über einem Drittel dieses Niveaus liegen.11 lokalen Unternehmen könnten sich nicht aus holen Westeuropas wäre illusorisch, wenn die ihrer Rückständigkeit lösen. Einige Länder Region wieder ein Wachstum von 4% jähr- Fragwürdige Prognosen der Region könnten zurückbleiben und mit lich erreichte, wie dies während des Viertel- Prognosen sind von jüngsten Trends aus- einer von den Ressourcen bestimmten Spezia- jahrhunderts nach Kriegsende der Fall war. gehende vorhergesagte Wachstumsraten. Sie lisierung und/oder als Anbieter billiger Ar- Wenn sich die jährliche Wachstumsrate aber entsprechen möglicherweise nur wenig der beitskräfte in Niedrigtechnologie-Sektoren auf etwa 2% einpendelt, könnte in Mittel- künftigen Realität. Während der Übergangs- für höherentwickelte Partner weniger von und Osteuropa eine zwei- oder zweieinhalb- zeit zwischen 1989 und 2007 war das Wirt- der Globalisierung profitieren. Dies hätte ei- mal höhere Wachstumsrate erreicht werden. schaftswachstum davon getragen, daß man nen wesentlich geringeren Lebensstandard Die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts bie- sich von den durch die tiefe Krise und den als in den Kernländern zur Folge. Statt sich ten uns bereits die Möglichkeit eines soliden Zusammenbruch des staatlichen Sozialismus über die Jahre und Jahrzehnte des Aufholpro- Vergleichs zwischen den alten und den sowie den folgenden steilen Absturz hervor- zesses den Kopf zu zerbrechen, gilt es, die neuen (sowie den Kandidaten-)Ländern der gerufenen Einschnitten erholte. In der ver- sehr unterschiedlichen Resultate der jetzigen Union. Nachdem der starke Rückgang in den gangenen Transformationsperiode wurden Transformation in Betracht ziehen, die ein frühen 1990er Jahren eingebremst werden die nicht ausgelasteten Arbeitsplätze am Scheitern des Aufholprozesses in einigen Län- konnte, betrug die durchschnittliche jährli- Land und die überschüssigen (überbeschäf- dern oder Regionen Mittel- und Osteuropas che Wachstumsrate der Länder aus dieser tigten) Arbeitsplätze in der Industrie rationa- nach sich ziehen könnten. Ein Europa ohne Region, die der Union beigetreten waren – lisiert und Wirtschaft und Arbeitsmarkt Peripherie zeichnet sich noch nicht ab, aber allerdings mit signifikanten nationalen Un- umstrukturiert. Die wichtigsten Wachstums- Mitteleuropa ist auf dem Weg, nach und nach terschieden –, 4,3%. Im ersten Jahrzehnt des faktoren waren jedoch der Zustrom von aus- zum europäischen Kerngebiet aufzuschließen. 21. Jahrhunderts stieg die Produktivität in ländischem Kapital, Spitzentechnologien der verarbeitenden Industrie (BIP/Stunde) in und betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten. Föderale europäische Nation – den Transformationsländern 2,5mal rascher Erste Anzeichen, daß sich ausländische Di- oder zerfallendes Bündnis? als in Deutschland, Frankreich und Öster- rektkapitalinvestitionen weiter nach Osten In einem Frühstadium der Entwicklung reich. Steigende Produktivität mag in Mittel- verlagerten, waren bereits Anfang des sahen die Gründerväter der Europäischen und Osteuropa noch eine Zeitlang mit relativ 21. Jahrhunderts zu erkennen. In den kom- Gemeinschaft die wirtschaftliche Integration geringen Löhnen einhergehen und Investo- menden Jahrzehnten müßte eine radikale als Weg zur politischen Integration und zur ren anlocken. UNCTAD-Prognosen zufolge Abkehr von einem extensiven hin zu einem Föderalisierung Europas. In den 1960er Jah- werden die durchschnittlichen Löhne in den intensiven, auf Innovation begründeten Ent- ren wurde diese Sichtweise zwar etwas ge- acht Transformationsländern 2020 39% des wicklungsmodell erfolgen, um das rasche schmäht, aber nie fallengelassen. Mehrere durchschnittlichen Niveaus in den „alten“ Wirtschaftswachstum in Mittel- und Osteuro- große Architekten der Europäischen Union Mitgliedsländern der Union erreichen.8 pa fortzuschreiben. Eine anhaltende hohe arbeiteten systematisch an deren allmäh- Wenn der Wachstumstrend sowohl im Wachstumsperformance erfordert auch eine licher Verwirklichung, indem sie immer Westen als auch im Osten in den kommen- Steigerung der Nebeneffekte, die Einbe- mehr supranationale Elemente und Institu- den Jahrzehnten anhält, könnte Slowenien ziehung lokaler Industrien und Dienstlei- tionen in den Integrationsprozeß einbauten. innerhalb eines Jahrzehnts an das westliche stungen in die multinationale Anbieterkette. John Pinder vom Policy Studies Institute in Niveau herankommen, während die Tsche- Aber die Wachstumsraten sind zwischen London trat 1986 dafür ein, den Weg zu einer chische Republik, Ungarn, die Slowakei, 2006 und 2008 signifikant zurückgegangen: föderalen Neuordnung zu ebnen, und zwar

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 16 Europa auf eben diese allmähliche und bisweilen nale Gemeinschaft – wie es der Titel des Bu- Teilnahme Ägyptens und Syriens waren als indirekte Weise: Föderalisierung ist „nicht ches von Benedict Anderson zum Ausdruck der Beginn einer Einigung der arabischen eine einzelne Handlung, sondern auch eine bringt – nur eine „erfundene Gemeinschaft“ Nation geplant, aber schon 1961 scheiterte evolutionäre Entwicklung“. Er unterschied ist.13 Amerika ging als Nationalstaat aus Ein- das Unternehmen kläglich. zwischen einem „Föderalisierungsprozeß“ wanderern unterschiedlicher Nationen hervor. Mit anderen Worten, die Bildung von Na- und dem „föderalen Ergebnis“. Er war der Europa weist genügend historische und kul- tionen, wie sie das 19. Jahrhundert erlebt hat, Ansicht, daß kleinere Staaten „sich kaum turelle Ähnlichkeiten auf, um darauf aufbau- konnte im 20. Jahrhundert nie erfolgreich Illusionen über die Realität nationaler Un- en und allmählich eine europäische Identität wiederholt werden. Im Europa der Zwischen- abhängigkeit machen“, während andere sich entwickeln zu können. Um die Jahrhundert- kriegszeit wurden nationale Selbstidentifika- Sorgen machen „um die Konkurrenz durch wende werden die Ähnlichkeiten durch die tion und Nationalismus zum politischen und Amerika und Japan … Die wirtschaftlichen neuen Charakteristika der europäischen Ent- ideologischen Mainstream, was sogar kleine und politischen Systeme und die Kultur … wicklung noch verstärkt. Hartmut Kaelble ethnische Gruppen mobilisierte, für ihre Un- sind bei den westeuropäischen Ländern ähn- zeigt in überzeugender Weise den Aufstieg abhängigkeit zu kämpfen. Der europäische lich genug, um ein substantielles Ausmaß an eines europäischen Modells einer Verbrau- Einigungsprozeß ließ Bewegungen nationa- Integration zu erleichtern“. Pinder zitiert chergesellschaft mit stark standardisierten ler Minderheiten aufkommen, die für Auto- eine Studie, die zu dem Schluß kommt: Konsumgütern und Konsumgewohnheiten auf. nomie und Unabhängigkeit eintraten. Ein „Wenn Indien als Nation gesehen wird, dann Man kann von einer zunehmenden Standar- Blick auf die Geschichte ist wenig ermuti- kann Europa sehr wohl als entstehende disierung der europäischen Lebensweise gend im Hinblick auf die Möglichkeit der Nation bezeichnet werden.“12 sprechen.14 Durch den Konsum wurden viele Schaffung einer paneuropäischen Nation. Die Architekten der Integration arbeiten nationale Unterschiede ausgeglichen, was zu Und ebenso schwindet auch der Traum immer noch am „Föderalisierungsprozeß“, einer europäischen Annäherung beitrug. von Vereinigten Staaten von Europa dahin. wenn sie Schulbücher umschreiben, um Wenngleich historisch gut fundiert, ist Nach dem Krieg hatte diese Vorstellung grö- feindselige, nationalistische Konzepte zu eli- dieses Argument doch auch fragwürdig. ßere Anziehungskraft und stieß auf breitere minieren, Regelungen für einen adäquaten Mehrere im 20. Jahrhundert neugegründete Zustimmung als um die Jahrhundertwende. Sprachunterricht festlegen, um – auf lange Staaten versuchten die Geschichte des 19. Für die sechs Gründungsmitglieder war Sicht gesehen – einige, vielleicht zwei oder Jahrhunderts zu wiederholen und ein „künst- diese Vision ein langfristiges Ziel und eine drei linguae francae zu erarbeiten. Sie haben liches“ Nationalbewußtsein und eine natio- Möglichkeit. Die (über Gebühr) erweiterte eine gewisse Harmonisierung der höheren nale Gemeinschaft zu schaffen. Sie alle Europäische Union der 27 Länder weist eine Bildung und deren Abschlüsse initiiert und scheiterten. Die Tschechoslowakei und Jugo- deutlich größere Vielfalt und einen wesent- im Rahmen des „Socrates“-Projekts großan- slawien – beide neu geschaffen – versuchten lich stärkeren Willen zur Bewahrung der gelegte Studentenaustauschprogramme auf ihre unterschiedlichen Ethnien zu vereinheit- nationalen Souveränität (was auch immer allen Bildungsebenen geschaffen. Durch die lichen und nach dem Ersten Weltkrieg eine das heißt) auf, auch wenn beeindruckende Einheitliche Europäische Akte wurden meh- tschechoslowakische und jugoslawische Fortschritte bei der Integration erreicht und rere Hindernisse für den freien Verkehr von Nation zu etablieren. Dies schien nur logisch viel weiter gehende supranationale Institu- Arbeitskräften beseitigt. Die Europäische und natürlich, waren ihre Volksgruppen doch tionen geschaffen wurden. Die Entscheidung Union ist bemüht, eine neue Generation von durchwegs slawische Völker, die dieselbe der Briten, Schweden und Dänen, sich nicht Europäern heranzubilden. Die Union hat die oder eine nahe verwandte Sprache sprachen. der Euro-Zone anzuschließen, das „Nein“ Rolle des Europäischen Parlaments allmäh- So mancher Architekt dieser Staaten hatte der Franzosen und Holländer zur geplanten lich von einem Debattierklub für delegierte selbst einen gemischt-ethnischen Hinter- Verfassung, das irische „Nein“ zum Vertrag Parlamentarier zu einer direkt gewählten grund wie etwa Tomas Masarýk oder später von Lissabon, mit dem versucht wurde, die Körperschaft mit Entscheidungsgewalt über Josip Broz Tito in Jugoslawien. Ihre Bemü- wesentlichen Punkte der gescheiterten Ver- das Budget und als gemeinsamer Gesetz- hungen um die Herausbildung einer Nation fassung umzusetzen, um die politische In- geber mit dem Europäischen Rat, den Vertre- scheiterten jedoch. Die neu geschaffenen tegration voranzutreiben, sind ein deutliches tern der Regierungen der Mitgliedsländer, Länder wurden ab den späten 1920er Jahren Signal für die Schwierigkeiten. Besonders gestärkt. Auch erste, noch zögerliche Schrit- von nationalen Konflikten erschüttert, die überraschend ist, daß sich einige der neuen te in Richtung der Bildung europäischer während des Zweiten Weltkriegs zum Aus- Mitgliedsländer, wie die Tschechische Repu- politischer Parteien wurden gesetzt, indem bruch kamen. Obwohl sie nach dem Krieg blik und Polen, die sich noch vor wenigen aus den auf nationaler Ebene agierenden So- wiederhergestellt wurden und sich darüber Jahren eine Mitgliedschaft erträumt und zialdemokraten, Konservativen, Grünen sowie hinaus beide später eine föderale Struktur ersehnt hatten, nun dem Lager der „Euro- den populistischen Parteien der Mitglieds- gaben, brachen sie auseinander und trennten Skeptiker“ anschlossen. Je weiter die Erwei- länder „Parteifamilien“ gebildet wurden. sich schließlich nach mehr als 60 Jahren ge- terung der Union voranschreitet, desto gerin- Wenn man sich Gedanken über die Zu- meinsamer Existenz wieder. Auch die Sow- ger wurde die Möglichkeit, die ursprüngli- kunft einer „noch engeren Union“ Europas jetunion hegte den ehrgeizigen Traum, eine che föderale Idee der sechs Gründungs- macht, so heißt das auch über die Möglich- „sowjetische Nation“ zu schaffen, scheiterte mitglieder zu verwirklichen. keit der Schaffung einer „europäischen Na- aber ebenfalls, und das traditionell multi- tion“ nachzudenken. Wer dieser Argumenta- ethnische Land zerfiel 1991 . Die Verfechter Nationalistische Konflikte tionslinie folgt, behauptet zu Recht, daß auch einer „arabischen Nation“ und die Gründung und Rückschläge Nationalbewußtsein und Selbstidentifizierung der Vereinigten Arabischen Republik mit 27 Mitglieder für ein gemeinsames Ziel „künstlich“ geschaffen wurden und die natio- föderaler Struktur im Jahr 1958 sowie die „zusammenzutrommeln“ trägt stets die Ge-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 17 Europa fahr von Konflikten und Rückschlägen in wegen beträchtlicher Direktinvestitionen (nach ppp, d. h. nach der Kaufkraftparität). sich. Eine neuerliche Erweiterung könnte und europäischer Hilfszahlungen sowie des Von der Annahme zunehmender Wachstums- auf den Widerstand einiger alter Mit- Imports modernster Technologie und Ge- raten ausgehend, werden sowohl China als gliedsländer stoßen, ja sogar zur Abspaltung schäftskultur auch für die weniger entwickel- auch Indien ihr BIP in einem einzigen führen. So manche nationalen Politiker, die ten Länder von Vorteil. Jahrzehnt zwischen 2005 und 2015 mehr als auf der populistisch-nationalistischen Welle Manchmal hielt die europäische Kara- verdoppeln: China von 8092 Milliarden $ schwimmen, könnten für nationale Interes- wane für einige Zeit inne, letztlich aber zeigt auf 17.533 Milliarden $ – womit es die USA sen gegen die Union eintreten und mit einem sich eine kontinuierliche Bewegung in als Nummer eins in der Welt ablösen wird – Zerfall drohen. Ähnliche Phänomene haben Richtung einer tiefergreifenden Integration. und Indien von 3603 Milliarden $ auf 7015 bereits einige Krisen ausgelöst und dürfen Die wirtschaftliche Zusammenarbeit hat Milliarden $ – womit es auf den dritten Platz im Hinblick auf zukünftigen Szenarien nicht bereits ein bemerkenswert hohes Niveau in der Welt vorstoßen wird; das Einkommen ausgeblendet werden. All den möglichen ne- erreicht. Auch die weitere politische Inte- Brasiliens wird von 1553 Milliarden $ auf gativen Entwicklungen gegenüber steht gration steht auf der Tagesordnung, wie die 2252 Milliarden $ steigen und das Land so jedoch die ein halbes Jahrhundert währende gescheiterten Versuche zeigen. Auf Fehl- mit Großbritannien gleichziehen und auf den Geschichte der europäischen Integration, ein schläge folgten immer wieder neue Ver- siebenten Platz in der Welt vorrücken.15 Weg mit Konflikten und Lösungen, idealen suche, und der Prozeß der Integration wurde Seit 1980 erleben China und Indien einen Zielen und pragmatischen Kompromissen, dadurch nicht gestoppt. Die gescheiterte Ver- dramatischen Aufholprozeß; 1984 überholte ein Stop-and-go-Prozeß mit Zeiten der fassung führte zu einer neuen Version der China Frankreich, 1985 Rußland, 1987 Stagnation und der plötzlichen Durchbrüche. wesentlichen Punkte in Form des Vertrags Deutschland und 1995 Japan – und Progno- Das grundsätzliche Interesse an einem Bei- von Lissabon von 2007, und der gescheiter- sen zufolge wird es 2015 die Vereinigten tritt und daran, ein Mitglied der Union zu te Vertrag von Lissabon wird zweifellos Staaten überholt haben. Indien überholte sein, hat stets alle Zweifel und Vorbehalte neue Bemühungen nach sich ziehen und 1985 Italien und Frankreich, 1992 Rußland besiegt. Integration war und ist von grundle- neue Referenden, um weiter auf das Ziel und 1997 Deutschland. Die Prognosen der gendem Interesse für die europäischen Län- zuzusteuern. Das föderale Europa könnte Weltbank im Jahre 1997 waren nicht über- der. In der Zeit des Kalten Krieges war es durch eine Europäische Konföderation abge- trieben, wenn es dort hieß: „Die Weltwirt- das zentrale Sicherheitsinteresse, im Zeit- löst werden oder durch ein „Zweidrittel“- schaft wird sich in den nächsten 25 Jahren alter der Globalisierung und des halsbreche- Europa mit einem rascher voranschreitenden grundlegend ändern, weil Brasilien, China, rischen weltweiten Wettbewerbs wurde es und stärker integrierten Kerneuropa und Indien, Indonesien und Rußland eine zentra- das grundlegende wirtschaftliche Interesse. einem langsameren, weniger integrierten lere Rolle auf dem Weltmarkt spielen wer- Europa verliert allmählich seine Stellung Rest, wie dies schon wiederholt empfohlen, den.“ Die „großen Fünf“ könnten nach Be- in der Welt. Am Ende seines ruhmreichen immer wieder aber verworfen wurde. Diese rechnungen der Weltbank eine jährliche Jahrhunderts, um 1900, stellte Europa mehr Lösung könnte jedoch wieder aufgegriffen Wachstumsrate von 5 bis 6% erreichen und als 26% der Weltbevölkerung und erzeugte werden. Neue und vielleicht noch nicht ihren Ertrag und ihre Exporte verdoppeln. 45% des gesamten weltweiten BIP. 1950 sichtbare Lösungen könnten die Union vor- „Dies wäre sowohl von der Größenordnung ging Europas Anteil an der Weltbevölkerung anbringen. Nationales Interesse an der In- als auch von der Geschwindigkeit her eine auf weniger als 23% und sein Anteil am tegration ist der stärkste Kitt, der die Union noch nie gekannte Herausforderung.“16 weltweiten BIP auf 39% zurück. Ende des zusammenhält und sie einer höheren Ebene Gegenüber der Konkurrenz von außen an 20. Jahrhunderts stellte Europa nur noch der Vereinigung entgegenführt. Boden zu verlieren, scheint ein offensicht- 13,5% der Weltbevölkerung und erbrachte licher Trend in den kommenden Jahrzehnten 26% des Gesamt-BIPs. Noch beängstigen- Europas zukünftiger Platz in der Welt des 2l . Jahrhunderts zu sein. Ist dies das En- der: Wenn der Trend des Bevölkerungs- Ein revitalisiertes Europa wurde zur Kon- de Europas? Das 19. Jahrhundert war das wachstums anhält, wird Europa innerhalb kurrenz für die Vereinigten Staaten, die füh- Jahrhundert der Briten, das einige andere von weniger als zwei Generationen, um 2050, rende Weltmacht des 20. Jahrhunderts. Im europäische Nationen mit diesen teilten. Das nur noch 4% der Weltbevölkerung stellen. 21. Jahrhundert jedoch sieht die internatio- 20. Jahrhundert wurde zu einem Jahrhundert Die mittleren und kleinen Länder des Konti- nale Lage anders aus, es gibt andere Erfor- der Amerikaner, aber auch Europa erlebte nents waren allein immer weniger in der dernisse. Die Vereinigten Staaten selbst ver- einen Wohlstand wie nie zuvor. Das 21. Jahr- Lage, Hauptakteure im Weltsystem zu blei- lieren in der internationalen Arena und Ge- hundert könnte zum Jahrhundert der Chi- ben. Ihre einzige Chance ist die Integration sellschaft an Boden, Wirtschaft und Politik nesen werden, das einige asiatische Natio- und die Bildung eines Vereinten Europa. werden weltweit nach und nach neu struktu- nen mit diesen teilen. Europa wird seine Eine Integration ist für die entwickelten riert. Neu aufstrebende Supermächte tau- beherrschende Stellung in der Welt sicher Länder Europas von grundlegendem natio- chen am Horizont auf: China, Indien und verlieren, auch wenn es weiterhin eine wich- nalem Interesse, denn die moderne Arbeits- bald auch Brasilien. Europa schrumpft: Ende tige Rolle spielen könnte, die aber mehr auf teilung erfolgt zwischen hochindustrialisier- des Jahrhunderts stellte es 13% der Welt- seine wahre Größe zugeschnitten ist. ten Ländern, unter und zwischen Industrien. bevölkerung, und wenn sich der Trend nicht Mehreren pessimistischen Prognosen zu- Integration liegt in ihrem Interesse, denn sie radikal umkehrt, werden es 2050 nur noch folge kommt die wirkliche Herausforderung bietet die Möglichkeit, Zuliefer- und Pro- 7% sein. aber nicht von außen, sondern von innen. duktionsnetzwerke in den benachbarten Nach Schätzungen des IWF aus dem Walter Laqueur macht in seinem Buch mit Niedriglohnländern mit gut ausgebildeten Jahre 2007 repräsentieren China und Indien dem beängstigenden Titel Last Days of Arbeitskräften aufzubauen. Sie ist aber knapp 16% des weltweit aggregierten BIP Europe: Epitaph for an Old Continent

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 18 Europa anders als das klassische Orakel von Delphi die in Europa das Licht der Welt erblickt hat. European Integration: Building Multi-Levcl Govern- eine unzweideutige Vorhersage. Laqueur Intolerante Religionen können sicher „ge- ance, Oxford: Oxford University Press 6 sagt nichts Neues, interpretiert die bekann- zähmt“ und religiöse Nationen in einem Mo- Basierend auf: Maddison, 2001, op. cit; OECD Fact- book, op. cit. ten Fakten jedoch mit grausamer Offenheit dernisierungsprozeß säkularisiert werden. 7 Maddison, Angus, 1995, Monitoring the World Eco- und „politisch inkorrekt“. Seiner Diagnose Immerhin waren Europa und das Christen- nomy 1820-1992, Paris: OECD, S. 228 und Vorhersage nach untergraben drei große tum noch vor wenigen Jahrhunderten ebenso 8 UNCTAD, 2005, United Nations conference on Trade interne Herausforderungen Europa: Die erste intolerant. Visionen und Prophezeiungen and Development. Handbook of Statistic. Online ist der demografische Rückgang. Die Bevöl- sind wie Kartenhäuser. 9 Simai, Mihály, 2006, „The World Economy and Euro- pe at the Beginning of the 21th Century“, Develop- kerung des Kontinents wird um 2050 um Quo vadis Europa? Es gibt mehrere ment und Finance, Nr. 1 130 Millionen Menschen zurückgegangen Optionen und Alternativen, auch beängsti- 10 Nach Eurosta Yearbooks, Europäische Kommission.

sein und 700 Million Einwanderer werden gende Trends. Historische Vorhersagen aber Luxemburg: Amt für offizielle^ Veröffentlichungen

erforderlich sein, um die Arbeit für die al- 11 Nach Teodorovic,´ Ivan, Zeljko Lovrincevic,^ ´ Davor sind nicht Sache der Geschichtsschreibung. ^ ^ ternde Bevölkerung zu erledigen. Einwan- Die Zukunft von der Gegenwart aus vorweg- Mikulic, Mustafa Nusinovic,´ Stjepan Zdunic´ (Hgg.), derung ist die zweitgrößte Bedrohung, ins- zunehmen, ist mehr als fragwürdig. Ge- 2005, The Croatian Economic Development – Tran- sition Towards the Market Economy, Zagreb: Wirt- besondere weil Europa mit der Last der schichte ist ein komplexes Gewebe aus Schande der kolonialen Vergangenheit und schaftsinstitut, S. 326 Tausenden von Fäden und eine unvorherseh- 12 Pinder, John, [1986] 1998, „European Community umgeben von Multikulturalismus nicht in bare Mischung von Kontinuität und Wech- and Nation-State: A Case for a Neofederalism?“, Inter- der Lage sein wird, die Minderheiten, die sel. Bestehende Trends haben sich immer national Affairs, London, 62.1 , veröffentlicht in Brent nach und nach zu Mehrheiten werden, zu geändert und große Wendepunkte haben oft F. Nelsen und Alexander Stubb (Hgg.), The European integrieren. Der „Kampf der Kulturen“ zu internationalen Konflikten geführt und Union, Readings on the Theory and Practice of Euro- innerhalb Europas ist unvermeidlich. Und pean Integration, London: Lynne Rienner, S. 190, 192 neue Wege eröffnet. Die Frage Quo vadis 13 schließlich ist das Immunsystem des Kon- Anderson, Benedict, 1983, Imagined Communities: Europa? kann unterschiedlich beantwortet Reflection on the Origin and Spread of Nationalism, tinents durch die „Wohlfahrtsstaatsmenta- werden. Optimistische Prognosen können London: Verso; dt. Ausgabe: 1988, Die Erfindung der lität“ geschwächt, ein Zustand der bequemen den Glauben an die Zukunft stärken und Nation, Frankfurt am Main: Campus Verlag Dekadenz. Erleben wir ein allmähliches Bemühungen intensivieren; pessimistische 14 Kaelble, Hartmut, Jürgen Kocka, Hannes Siegrist Verschwinden? Wahrscheinlich nicht, aber Antworten können die Aufmerksamkeit auf (Hgg.), 1997, Europäische Konsumgeschichte. Zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des Konsums die beherrschende Rolle in der Welt ist eine echte Gefahren, die es zu bekämpfen gilt, „Sache der Vergangenheit“. Europa „wird (18. bis 20. Jahrhundert), Frankfurt: Campus Verlag; sowie auf Abgründe, die vermieden werden Kaelble, Hartmut (Hg.), 2004, op. cit., S. 304 nicht umhin können sich zu ändern, viel- 15 17 können, lenken. „ Consensus Economics, Cortsensus Forecast, April leicht bis zur Unkenntlichkeit“. Laqueur 2005 steht nicht allein mit seinen düsteren Pro- Anmerkungen: 16 Weltbank, 1997, Global Economic Prospects and gnosen. So manch andere stimmen ihm zu. 1 Maddison, Angus, 2001, The World Economy. A Mil- Developing Countries, Washington, D. C.: Weltbank Bruce Thorntons Vision nimmt ein islami- lennial Perspective, Paris: OECD, S. 147 17 Laqueur, Walter, 2007, Last Days of Europe: Epitaph siertes Europa unter dem Gesetz der Scharia 2 Jones, Geoffrey Lind Harm G. Schröter (Hgg.), 1933, for an Old Continent, New York: Thomas Dunne vorweg und spricht vom „Decline and Fall: The Rise of Multinationals in Continental Europe, Books; dt. Ausgabe: 2006, Die letzten Tage von Euro- pa, Berlin: Propyläen Verlag Europes Slow Motion Suicide“ (Niedergang Aldershot, Hants: Edward Elgar, S. 4, 10 3 18 Thornton, Bruce, 2007. Decline and Fall: Europe’s 18 OECD Factbook 2007, Economic, Environmental and und Fall: Europas Selbstmord in Zeitlupe). Social Statistics, Paris: OECD, S. 61, 65, 69,77-79 Slow Motion Suicide, New York: Encounter Books Die Einwanderung wird den Kontinent, ja 4 Pollack, Mark A., und Gregory G. Shaffer (Hgg.), 2001, 19 Zilahy, Peter, 2004, „How European“, in Guido Snel die ganze „westliche Welt“ zweifellos verän- Transatlantic Governance in the Global Economy, (Hg.), Alter Ego. Twenty Confronting Views on the dern. Um die Jahrhundertmitte wurden Ein- Lanham: Rowman and Littlefield Press, S. 12-14 European Experience, Amsterdam: Amsterdam Uni- wanderer oder deren Nachkommen, die Min- 5 Hooghe. Lisbet, (Hg.) 1996, Cohesion Policy and versity Press, S. 131 derheiten angehörten, zur Mehrheit in den Vereinigten Staaten. Ähnlich wird die einge- Die „Europäische Rundschau“ erscheint wanderte Bevölkerung auch in Europa einen vierteljährlich und wird vom gleichnami- immer größeren Teil der Bevölkerung stel- gen Verein herausgegeben. Sie bietet auf len. Ist dies das Ende Europas? Der ungari- 144 Seiten im Format 17 x 24 cm an- sche Schriftsteller Peter Zilahy vertritt eine spruchsvolle Beiträge zu unterschiedlich- entgegengesetzte Vision, die sich auf die Ge- sten Europa-Themen und Kritiken zu schichte stützt: Oft, so sagt er, haben „Bar- europabezogenen Veröffentlichungen. – baren“ Europa oder Teile desselben ange- Die Einzelnummer kostet 8 Euro, das Jah- griffen, ja sogar besetzt, aber „alle einst resabonnement 25 Euro zuzüglich Porto. gefürchteten Feinde wurden zu Europäern … Bestellungen richten Sie, bitte, an den Europa hat seine Eroberer immer erobert … Verein „Europäische Rundschau“ und wurde aus den Händen der Barbaren Ebendorferstraße 6/4 19 immer wieder neu geboren“. Man könnte A-1010 Wien hinzufügen, daß sich die „Barbaren“ außer- Telefon: ++43 / (0)1 / 408 34-00 halb der westlichen Welt bereits zum Teil Telefax: ++43 / (0)1 / 408 34-11 assimiliert, der westlichen Kultur angegli- http://www.europaeische-rundschau.at chen haben, der industriell-urbanen Kultur,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 19 Wirtschaft Europas Wirtschaft in der Rezession WIFO Konjunkturprognose für 2009 und 2010

usgehend von den USA hat der Ab- Im II. Quartal setzte ein Rückgang des BIP der Konjunkturlage und der schlechten Un- Aschwung mittlerweile die gesamte ein (real -0,2%), der sich im III. Quartal ternehmensstimmung merklich abnehmen. Weltwirtschaft erfaßt. Die Finanzkrise ver- unvermindert fortsetzte. Die Unternehmens- Dies betrifft sowohl die Ausrüstungsinvesti- stärkt die Abschwächung der internationalen umfragen deuten darauf hin, daß sich diese tionen (2009 real -7%) als auch die Bauten Konjunktur. Im Euro-Raum ist 2009 mit Tendenz gegen Jahresende weiter verstärkt. (-1%). Im Jahr 2010 sollten sich die In- einer Abnahme der Wirtschaftsleistung um Noch zeichnet sich keine Besserung ab, vestitionen wieder stabilisieren. 1,2% zu rechnen. Auch für Österreich ist sodass das WIFO für 2009 in der vorliegen- Ein Rückgang wird für 2009 auch für den trotz massiven Gegensteuerns der Fiskalpo- den Prognose mit einem realen Rückgang Warenexport angenommen (-0,5% nach real litik im Jahr 2009 ein Rückgang des BIP um der gesamtwirtschaftlichen Produktion im +3,6% im Jahr 2008). 2010 sollte wieder ein real 0,5% zu erwarten. Der Wachstumspro- Euro-Raum um 1,2% rechnet. Wie in den Anstieg von 1,5% zu verzeichnen sein. gnose von 0,9% für das Jahr 2010 liegt die USA sollten Ende 2009 positive Tendenzen Einem ähnlichen Muster folgt die Entwick- Annahme zugrunde, daß sich die Wirtschaft einsetzen. Im Jahr 2010 dürfte das Bruttoin- lung des Warenimports. Während sich die gegen Ende 2009 langsam zu erholen be- landsprodukt wieder leicht wachsen (+0,5%). Verringerung der Investitionsnachfrage hier ginnt. Österreich kann sich als kleine, export- dämpfend auswirkt, erhöht die Zunahme der Der Abschwung der Weltwirtschaft ver- orientierte Volkswirtschaft diesem Abwärts- Konsumnachfrage die Wareneinfuhr. stärkte sich gegen Jahresende 2008 deutlich. trend nicht entziehen. Die Auftragseingän- Nahezu alle Wirtschaftszweige werden – Bis vor kurzem beschränkte sich die Krise ge – vor allem jene aus dem Ausland – bre- wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß weitgehend auf die Finanzmärkte, doch nun chen ein, und die ohnedies in den letzten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten – vom überrascht das Ausmaß der Wirkung auf die Jahren nur schwach expandierende Konsum- Konjunktureinbruch betroffen sein. Wegen Realwirtschaft. Zudem hat der Abschwung bereitschaft läßt mehr und mehr nach. Vor der Schwäche der Exportnachfrage wird die mittlerweile alle Weltregionen erfaßt. Die diesem Hintergrund senkt das WIFO seine Wertschöpfung vor allem in der Sachgüter- Wirtschaft geriet in den USA, in Japan und Wachstumsprognose für 2008 von 2% auf erzeugung 2009 real schrumpfen (fast -3%). der EU bereits 2008 in eine Rezession, und 1,8%. Die vorlaufenden Indikatoren für die Der Einbruch der internationalen Tourismus- in den Schwellenländern verlangsamt sich heimische Wirtschaftsentwicklung und die nachfrage wird auch das Ergebnis des heimi- das bis vor kurzem noch sehr dynamische Verschlechterung der internationalen Rah- schen Beherbergungs- und Gaststätten- Wachstum erheblich. menbedingungen weisen auf eine Rezession wesens drücken (Wertschöpfung 2009 real Dem Platzen der Preisblase auf den Im- im Jahr 2009 hin. Allerdings steuert die ös- -2,5%). mobilienmärkten vieler Länder folgte ein terreichische Wirtschaftspolitik durch massi- Weil die Arbeitskräftenachfrage ab- scharfer Rückgang der teilweise spekulativ ve Ausgabensteigerung und Steuersenkun- nimmt, wird die Beschäftigung im Jahr 2009 überhöhten Preise von Rohstoffen und gen dieser Entwicklung gegen. Das Wachs- um 0,4% sinken (-13.000). Da mit einem Agrarprodukten. In der Folge gaben die tum des Konsums der privaten Haushalte sehr elastischen Arbeitskräfteangebot, ver- Notierungen für Erdöl der Marke Brent von kann so bei 1% stabilisiert werden. Dennoch mehrten Schulungsaktivitäten für Arbeits- einem Höchststand von 144 $ je Barrel wird sich die gesamtwirtschaftliche Produk- lose (+7.000) und einer Ausweitung von Anfang Juli 2008 auf 37 $ Anfang Dezember tion im Jahr 2009 um 0,5% verringern. Auch Kurzarbeit gerechnet werden kann, dürfte nach (rund -75%). Aufgrund der weltweiten die heimische Wirtschaft wird von der leich- der Anstieg der offenen Arbeitslosigkeit mit Unsicherheit über die weitere Wirtschafts- ten internationalen Erholung profitieren und +27.000 verhalten ausfallen. Die Arbeits- entwicklung und mangels anderer als sicher 2010 um 0,9% wachsen. Damit ist der Ab- losenquote wird dadurch im Jahr 2009 nach erachteter Anlagemöglichkeiten erhöhte sich schwung etwas geringer, die Erholung etwas traditioneller österreichischer Definition von die Nachfrage nach Staatsanleihen der USA stärker als im Durchschnitt des Euro-Raumes. 5,8% auf 6,5% steigen. Aufgrund der übli- massiv und löste einen Anstieg des Bedarfs Der deutliche Rückgang der Rohstoff- cherweise verzögerten Reaktion des Arbeits- an Dollar aus, sodass der Dollar gegenüber preise, der Wegfall der Studiengebühren und marktes wird sie sich 2010 auf 6,9% erhö- dem Euro beträchtlich aufwertete (von fast die Senkung der Mehrwertsteuer auf Medi- hen. 1,60 $ je Euro im Juli 2008 auf 1,25 $ im kamente tragen dazu bei, daß die Inflations- Die Einkommensteuersenkung, die ver- Oktober). Dies entsprach einer Abwertung rate im Jahr 2009 beträchtlich sinkt. Nach einbarten Schritte zur Konjunkturbelebung des Euro um mehr als 20%. +3,2% im Jahr 2008 wird für 2009 ein und die im Zuge der Neuwahlen beschlosse- Zu Jahresbeginn 2008 zeigte sich die Anstieg der Verbraucherpreise um nur 1,2% nen Maßnahmen werden den Staatshaushalt Wirtschaft im Euro-Raum noch überaus prognostiziert. Dies begünstigt die verfügba- in den kommenden Jahren erheblich bela- dynamisch (I. Quartal +0,7% gegenüber der ren realen Haushaltseinkommen und somit sten. Für 2009 wird ein Anstieg des Fehlbe- Vorperiode). Allerdings trübte sich die den privaten Konsum. trags auf -2,8% des BIP prognostiziert, 2010 Unternehmensstimmung bereits deutlich ein. Die Investitionsnachfrage wird aufgrund wird sich das Defizit auf 3,2% ausweiten. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 20 Wirtschaft Bund und aws setzen einen Kraftakt zur Konjunkturbelebung Konjunkturpaket I bedeutet nahezu Verdoppelung der Fördermöglichkeiten für Betriebe – Mittelstandsmilliarde jetzt die richtige Maßnahme

irtschaftsminister Reinhold Mitterleh- Wner hat am 10. Dezember gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Austria Wirt- schaftsservice GmbH (aws), Peter Takacs, die ersten konkreten Maßnahmen aus dem Konjunkturbelebungspaket I, der sogenann- ten Mittelstandsmilliarde, präsentiert. „Die Mittelstandsmilliarde sorgt für eine Steige- rung der Finanzierungen für kleine und große Unternehmen um nahezu 100 Prozent, sowohl vom Volumen als auch von der An- zahl der möglichen Förderfälle her. Das ist wirklich ein Kraftakt, den hier der Bund und die aws setzen“, betonte der Wirtschafts- minister bei einer Pressekonferenz. Die aws gab an diesem Tag die ersten zinsbegünstigten erp-Kredite im Gesamtum- fang von 168 Millionen Euro aus der im Konjunkturpaket I beschlossenen Aufstok- kung von 400 auf 600 Millionen Euro frei.

Von Bedeutung ist dabei, daß jetzt auch Ein- Foto: BMWA/HBF personenunternehmen (EPUs) und Kleinst- Wirtschaftsminister Reinholf Mitterlehner (re.) und aws-Geschäftsführer Peter Takacs betriebe durch Mikrokredite im Ausmaß bis zu 30.000 Euro unterstützt werden. Zudem Die einzelnen Maßnahmen tumsprojekte in kleinen und mittleren Un- wurde der Umfang der Haftungen erhöht. Die Um den österreichischen Unternehmen ternehmen, 100 Millionen Euro von der EIB neuen atypisch stillen Beteiligungen aus dem schnell zu helfen und damit den Wirt- für Innovation und Forschung und Ent- Mittelstandsfonds über insgesamt 80 Mil- schaftskreislauf in Schwung zu halten, gibt wicklung und 100 Millionen Euro von der lionen Euro werden ab dem ersten Quartal die aws heute 168 Millionen Euro an erp- deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau angeboten. Krediten frei. Das ist eine erste Tranche aus für Energie und Energieeffizienz. Mit diesen Maßnahmen steigt das För- der sogenannten Mittelstandsmilliarde des Mit dem Konjunkturpaket I wurde zudem dervolumen der aws um 100 Prozent auf 1,8 Konjunkturpaketes I. Es ist dies ein Vorgriff der Haftungsrahmen im Garantiegesetz und Milliarden Euro und die Anzahl der För- auf das erp-Jahresprogramm 2009, das noch im KMU-Fördergesetz ausgeweitet. So derfälle von 5300 auf rund 9700 im kom- heuer im Ministerrat beschlossen werden soll. übernimmt die aws ab sofort um rund 400 menden Jahr. Diese Maßnahmen sichern Neben den bisher existenten Investitions- Millionen Euro pro Jahr mehr an Haftungen. 160.000 bestehende Arbeitsplätze und schaf- krediten werden ab sofort auch erp-Mikro- Damit sollen hauptsächlich Klein- und Mit- fen 18.000 neue Stellen. kredite vergeben. Diese zinsbegünstigen Kre- telbetriebe (KMU) einfach zu Krediten kom- „Wir haben hier wirklich geeignete In- dite entsprechen vor allem den Anforderun- men, vor allem wenn die banküblichen Si- strumente zur Verfügung, um jetzt in einer gen von Einpersonen-Unternehmen (EPUs) cherheiten nicht ausreichend sind. Auch für schwierigen Situation Optimismus nicht nur und Kleinstbetrieben. Sie werden für Inve- größere Unternehmen stellen die Haftungen zu predigen sondern auch mit Maßnahmen stitionen und für Betriebsmittel in einer der aws eine Absicherung für Finanzierun- zu unterstützen“, erklärte der Wirtschaftsmi- Größenordnung von 10.000 bis 30.000 Euro gen dar. nister. Nach den Prognosen der Oesterrei- vergeben. Ab Jahresbeginn können Österreichs Un- chischen Nationalbank sei für das nächste Außerdem werden der österreichischen ternehmen beim aws auch um Eigenkapital Jahr ein Rückgang des Wirtschaftswachs- Wirtschaft schon in wenigen Monaten weite- ansuchen. Für diese atypisch stillen Beteili- tums um 0,3 Prozent zu erwarten. „Um das re 300 Millionen Euro aus Drittmitteln für gungen stehen insgesamt 80 Millionen Euro zu verhindern, setzt Österreich mit den bei- Kredite zur Verfügung stehen: Geplant sind zur Verfügung. Damit wollen das Wirtschafts- den Konjunkturpaketen die nötigen Gegen- 100 Millionen Euro aus der SME-Initiative ministerium und die aws das Wachstum von maßnahmen“, so Wirtschaftsminister Mitter- (Small and Medium Enterprises) der Euro- mittelständischen Betrieben bis 500 Mitar- lehner. päischen Investitionsbank (EIB) für Wachs- beiter fördern. http://www.bmwa.gv.at „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 21 Wirtschaft Oesterr. Nationalbank: Leitl: Österreich bleibt auch 2008 Rückgang des Bayerns wichtigster Handelspartner Sozialprodukts Ein Drittel der österreichischen Exporte geht nach Deutschland

ie Oesterreichische Nationalbank (OeNB) nläßlich des Besuchs des bayrischen einen und Westösterreich auf der anderen Derwartet für die österreichische Wirtschaft AMinisterpräsidenten Horst Seehofer in Seite – offenbare sich aber nicht nur bei Wa- infolge der Finanzkrise und des weltweiten Wien wies WKÖ-Präsident Christoph Leitl renexporten, sondern in verstärktem Ausmaß Wachstumseinbruchs für das Gesamtjahr 2009 auf die engen wirtschaftlichen Verflechtun- bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen eine Rezession. Aufgrund des starken ersten gen zwischen dem Freistaat und Österreich von vielen Klein- und Mittelbetrieben von Halbjahres wird für das Jahr 2008 noch ein hin: „Bayern ist der wichtigste Außenhan- Vorarlberg bis Oberösterreich. Leitl: „Diese Wachstum des realen BIP von 1,6% progno- delspartner Österreichs.“ Ein Drittel der ös- tolle Leistung unterstreicht eindrucksvoll die stiziert. 2009 wird das reale BIP aber um terreichischen Exporte geht nach Deutsch- Konkurrenzfähigkeit der heimischen Unter- 0,3% schrumpfen. „Österreichs Wirtschaft land. Das Exportvolumen nach Deutschland nehmen und die hohe Wertschätzung, die ös- ist bis zum dritten Quartal trotz der schwieri- machte 2007 34,4 Mrd. Euro aus und davon terreichische Produkte in Bayern genießen.“ gen Rahmenbedingungen noch gewachsen. alleine 15,4 Mrd. Euro nach Bayern. „Die Das zeige sich auch in einer Umfrage der ös- In Folge des globalen Abschwungs ergibt sich bilateralen Handelsbeziehungen laufen so terreichischen Außenhandelsstelle München, aber nun eine sehr ernste Lage für die öster- gut, daß wir 2007 erstmals zum wichtigsten wonach sich österreichische Unternehmen in reichische Konjunktur“, meint dazu OeNB- Handelspartner des Freistaates avanciert sind Bayern wohl fühlen und zwei Drittel ihr En- Gouverneur Ewald Nowotny. Für 2010 wird und damit sogar die Wirtschaftsgroßmacht gagement noch verstärken wollen. Abschlies- wieder eine leichte Erholung der österreichi- USA überholt haben. Auch heuer sind wir send begrüßt Leitl den politischen Willen der schen Wirtschaft mit einem Wachstum von die Nummer Eins“, so Leitl. bayrischen Regierung die Zusammenarbeit 0,8% erwartet. Gegenüber der OeNB-Pro- Die enge Verflechtung zwischen den bei- mit Österreich auf wirtschaftlichem Gebiet gnose vom Juni 2008 wurden die Wachs- den Wirtschaftsräumen – Bayern auf der verstärken zu wollen. „ tumserwartungen für die Jahre 2009 und 2010 um 2,0 bzw. 1,6 Prozentpunkte zurück- genommen. Die Inflation erreicht infolge der Golfstaaten: 2008 über 20% Wachs- Rohstoff- und Ölpreisentwicklung im Jahr 2008 mit 3,3% den höchsten Jahreswert seit tum der österreichischen Exporte 1992. Für 2009 und 2010 wird jedoch mit einem deutlichen Rückgang der Inflation auf er Boom in den Golfstaaten geht mitt- Wert von ca. 600 Mio. Euro (+16%) aus Ös- 1,4% bzw. 1,6% gerechnet. Dlerweile ins siebente Jahr und hat den terreich abnehmen, aber auch die anderen Der prognostizierte Konjunktureinbruch Erdöl- und Erdgas reichen Ländern am Per- Staaten des GKR legen kräftig zu. Koren: in Österreich schlägt sich sowohl in einem sischen Golf nicht nur hunderte Milliarden „Gerade die kleineren Golfstaaten im Ge- deutlichen Rückgang der Exporte als auch in an Überschüssen gebracht, sondern auch zu folge der VAE haben sich in den letzten Jah- einem schwachen Wachstum der Inlandsnach- einem neuen Selbstbewußtsein geführt, ren positiv entwickelt, weswegen die AWO frage nieder. Während die Exporte in den ver- wodurch die Region die weltweite Wirt- ein ganzes Netzwerk von Marketingbüros gangenen Jahren den Konjunkturmotor dar- schaftskrise besser bewältigen wird“, sagt und lokalen Konsulenten unter der Leitung stellten, werden sie 2009 um 2,7% schrump- Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaft der Außenhandelsstelle in Abu Dhabi errich- fen. Österreich (AWO) der WKÖ. Die Staats- tet hat.“ Koren erwartet, dass die Exporte in Obwohl auch das Importwachstum mit chefs des Golf-Kooperationsrates „GKR“ diese Region 2008 die 1,3 Mrd. Euro Grenze -2,5% für 2009 negativ ausfallen wird, ergibt (Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emi- deutlich überschreiten werden. In den ersten sich ein negativer Wachstumsbeitrag der Net- rate, Kuwait, Katar, Bahrain und Oman) neun Monaten 2008 stiegen die österreichi- toexporte zum realen BIP von -0,3 Prozent- werden auf ihrem Gipfeltreffen gegen Ende schen Ausfuhren in den GKR-Raum auf punkten. Trotz eines markanten Rückgangs Dezember weitreichende Wirtschafts- und 1,021 Mrd. Euro (+24%). der Bruttoanlageinvestitionen (-1,6%), der Infrastrukturmaßnahmen beschließen, die Die AWO betreibt neben den Außen- von einem Einbruch der Ausrüstungsinvesti- auf eine stärkere Integration und Vernetzung handelsstellen Abu Dhabi und Riyadh Büros tionen getrieben wird und einer im Vergleich der GKR-Staaten zielen. Dies wird sich nicht in Jeddah, Dubai und Kuwait. Diesen folgen zur Juni-Prognose niedrigeren Wachstumspro- nur bei Großprojekten wie Straßen-, Eisen- Anfang 2009 Büros in Katar und später in gnose für den privaten Konsum (+0,5%), geht bahn- und Brückenbau sowie Energieversor- Bahrain, dem Finanzzentrum im Golf. „Da- von der Inlandsnachfrage (exkl. Lager- gung auswirken. Weiters werden eine gemein- mit können wir österreichischen Firmen, die veränderungen) noch ein positiver Wachstums- same Währung und eine engere Verflechtung in den Golfstaaten so wichtigen persönlichen beitrag von +0,1 Prozentpunkten aus. Nach- in Richtung Zollunion besprochen. Kontakte vor Ort bieten und erwarten uns dem das real verfügbare Haushaltseinkom- Für Österreich ist der Golfraum in nur davon eine Fortsetzung des sehr erfreulichen men – vor allem aufgrund der hohen Lohn- wenigen Jahren zu einem ernst zu nehmen- Trends bei Exporten aber auch bei den In- abschlüsse im Jahr 2009 – um 1,3% wachsen den Exportmarkt geworden. Allen voran vestitionen“, meinen Wolfgang Penzias, wird, wird für den Horizont eine steigende werden die Vereinigten Arabischen Emirate Handelsdelegierter in Abu Dhabi, und sein Sparquote (13,6% für 2009) prognostiziert. „ (VAE) exportseitig dieses Jahr Waren im Kollege in in Riyadh, Hartwig Seuchter. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 22 Wirtschaft Lufthansa übernimmt die AUA Der Aufsichtsrat der ÖIAG stimmte am 5. Dezember dem Verkauf der Anteile an der Austrian Airlines an die Lufthansa zu

er Aufsichtsrat der ÖIAG hat am 5. De- terer Schritt auf diesem Weg. Wir stärken Die Austrian Airlines werden eine weit- Dzember grünes Licht zum Verkauf des unsere gemeinsame Wettbewerbsposition gehend eigenständige Fluggesellschaft mit ÖIAG-Anteils an Austrian Airlines in Höhe und werden zum stärksten Luftfahrtunter- Sitz in Österreich, eigener Flotte und Crew von 41,56 Prozent an die Lufthansa gegeben. nehmen in Europa. Die Austrian Airlines bleiben und im Lufthansa-Verbund als Die Vertragsunterzeichnung erfolgte im werden in Zukunft von den Größenvorteilen, Profit-Center geführt werden. Lufthansa hat Anschluß an die Aufsichtsratssitzung der der Marktpräsenz und der Wettbewerbsstär- zugesagt, die österreichische Luftverkehrs- ÖIAG. ke der Lufthansa profitieren können – und infrastruktur unter Berücksichtigung des Der Zuschlag an die Lufthansa ist das Standorts Wien bestmöglich beizubehalten Ergebnis eines am 13. August 2008 gemäß sowie nach Möglichkeit marktgerecht und EU-Privatisierungsvorgaben gestarteten Bie- wirtschaftlich weiter auszubauen. Austrian terverfahrens. Der Prozeß wurde von ÖIAG Airlines werden weiterhin mit einer eigenen und der Investmentbank Merrill Lynch Langstreckenflotte im interkontinentalen strukturiert und durchgeführt. Verkehr präsent bleiben und durch die Peter Michaelis, Vorstand der ÖIAG, zum Fortsetzung ihrer Focus East Strategie ihre Abschluß der Transaktion: „Der heute be- spezifische Kernkompetenz in den Luft- schlossene Verkauf ist für Austrian Airlines hansa-Verbund einbringen. Gleichzeitig und generell für den Standort am Wiener werden die Austrian Airlines durch den Flughafen die richtige Entscheidung. Die Zusammenschluß mit Lufthansa aber auch Partnerschaft mit der Lufthansa festigt den im Europaverkehr an Präsenz gewinnen. Status der Austrian Airlines als führender Vorteile für die Austrian Airlines bestehen Carrier in Mittel- und Osteuropa. Gleich- abgesehen vom besseren Zugang zu interna- zeitig bleiben Austrian Airlines eine recht- Wolfgang Mayrhuber tionalen Passagierströmen und gemeinsamer lich selbständige Gesellschaft mit Sitz in Vorstandsvorsitzender der internationaler Vermarktung in der Nutzung Österreich sowie eigener Marke, Crew und Deutschen Lufthansa AG von Kostenvorteilen und Größeneffekten, Foto: Lufthansa / Rolf Bewersdorf Flotte. Zusätzlich sieht das Konzept der die sich aus der Integration in die Lufthansa Lufthansa eine Aufrechterhaltung der für gleichzeitig in Kernbereichen eine weitge- Gruppe ergeben. In Summe werden die den Standort immens wichtigen Langstrek- hende Eigenständigkeit behalten. Synergien auf Ertrags- und Kostenseite mit kenverbindungen vor. Das Zusammengehen Die Integration in unser Multi-Hub- jährlich rund 80 Mio. Euro eingeschätzt. zwischen Lufthansa und Austrian Airlines System verstärkt das Angebot von Austrian Austrian Airlines CEO Alfred Ötsch zur bietet somit Stabilität und Chancen für den Airlines und kann auch dem Wiener Flug- Entscheidung: „Wir freuen uns, daß eine Wiener Hub und den gesamten Standort. Die hafen gute Chancen bieten. Wir sagen heute Einigung zwischen der ÖIAG und unserem österreichischen Kernaktionärsstrukturen allerdings auch ganz deutlich, dass Austrian langjährigen Allianzpartner Lufthansa er- werden über eine Stiftungslösung geschaf- Airlines wieder profitabel werden müssen. zielt wurde. Das strategische Konzept besei- fen, welche die österreichischen Interessen Dafür müssen alle Beteiligten einen Beitrag tigt unsere strukturellen Schwächen, wie zu wahren hat. Damit hat die ÖIAG den leisten. Wir engagieren uns im Rahmen der mangelnde internationale Vertriebsstärke Privatisierungsauftrag der Bundesregierung heute vorgestellten Transaktion erheblich – oder Einkaufsnachteile, und ermöglicht da- erfüllt und das Bieterverfahren trotz Tur- und wir tun dies gerne. Auch die Österrei- mit gemeinsam mit unseren eigenen Maß- bulenzen ein gutes Ergebnis gebracht.“ chische Bundesregierung hat angekündigt, nahmen die nahezu vollständige Beibehal- Lufthansa-Vorstandsvorsitzender Wolf- ihrerseits zu helfen. Diese Solidarität und tung unserer Netzstärke. So können die gang Mayrhuber betont die Vorteile für beide Verantwortung für die Zukunft der Austrian Vorteile für unsere Kunden erhalten werden. Airlines und den Standort: „Europa braucht Airlines erwarten wir auch von allen anderen All dies wäre bei einem Alleingang – auch eine starke Luftfahrt. Wir können nur mit Partnern, denn nur so können wir gemein- mit viel zusätzlichem Geld – nicht möglich vereinten Kräften eine Antwort auf die glo- sam eine gute und langfristige Perspektive gewesen.“ balen Herausforderungen unserer Industrie für diese traditionsreiche Airline entwickeln. Der Vollzug der abgeschlossenen Verträ- finden. Für die europäische Wirtschaft und Die Lufthansa-Familie freut sich sehr auf ge steht insbesondere unter der aufschieben- für die Europäer insgesamt ist es wichtig, Austrian. Wir kennen uns bereits seit Jahren den Bedingung eines Ministerratsbeschlus- daß wir einen Airlineverbund aus profitabel aus einer sehr partnerschaftlichen Zusam- ses der österreichischen Bundesregierung operierenden Fluggesellschaften schaffen. menarbeit in der Star Alliance. Wir alle sind sowie der kartellrechtlichen Freigabe und Denn nur so können wir eine Infrastruktur stolz, daß wir im Rahmen des Bieterwettbe- der Freigabe einer von der Republik Öster- bieten, die den Anforderungen der Kunden werbs ausgewählt wurden und wir blicken reich zu leistenden Restrukturierungsbei- gerecht wird. Der Zusammenschluß von voller Erwartung, mit Freude und Zuversicht hilfe in Höhe von 500 Mio. Euro durch die Lufthansa und Austrian Airlines ist ein wei- auf unsere gemeinsame Zukunft.“ Europäische Kommission. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 23 Wirtschaft Der UrlaubsEuro Winter 2008 Der »UrlaubsEuro« fällt primär aufgrund höherer Inflation, nicht wegen Euroabwertung, geringer aus

n den meisten Lieblingsurlaubsländern der IÖsterreicher sind die Preise in den letzten 100 Euro sind im Urlaub so viel wert Monaten stärker gestiegen als in Öster- reich“, faßt Stefan Bruckbauer, stellvertre- tender Chefvolkswirt der Bank Austria, die aktuellste Berechnung des UrlaubsEuros zusammen. Insgesamt ist damit der Wert des UrlaubsEuros im Winter 2008 rund 1 Pro- zent unter dem Wert des Vorjahres. Innerhalb der zehn beliebtesten Urlaubsländer der Österreicher lag die Preissteigerungsrate mit Ausnahme von Deutschland und Frankreich über jener in Österreich. In Kroatien ist zu- dem auch die Währung leicht gestiegen. Unter den Top-10-Urlaubsländern konnten lediglich die Türkei und England durch eine Abwertung den höheren Preisanstieg über- kompensieren. Der Wert des UrlaubsEuros Quelle: Bank Austria Economics and Market Analysis (eigene Schätzung), OECD, Eurostat, Statistik Austria ist in der Türkei um rund 5 Prozent und in England sogar um 14 Prozent gestiegen. zent und einer höheren Preissteigerung rund um 12 Prozent. „Für Überseereisende liegt Am meisten für den UrlaubsEuro erhält 15 Prozent weniger wert als noch vor einem der Wert des UrlaubsEuros heuer deutlich man daher weiterhin in der Türkei, gefolgt Jahr. niedriger, allerdings gibt es auch Ausnahmen von Ungarn, Kroatien und Slowenien. Dann Erneut weniger als in Österreich erhält wie Südamerika, Südafrika, Neuseeland folgt bereits England. „In England erhält man man – unter den beliebtesten Destinationen – oder Australien“, so Bruckbauer. Deutlich an derzeit für 100 Euro Waren und Leistungen in Italien, deutlich weniger in der Schweiz. Wert verloren hat der UrlaubsEuro im rest- im Wert von 118 Euro, das sind 14 Prozent „Durch die Aufwertung des Schweizer lichen Afrika, wo die hohe Inflation auch mehr als im Vorjahr“, so Bruckbauer weiter Franken wird die Schweiz heuer im Winter noch von einer Aufwertung begleitet wurde. und ergänzt: „Aufgrund der Abwertung des ihrem langjährigen Ruf als teure Destination Gleiches gilt für Asien, wo der Wert des Ur- Pfund ist England erstmals seit fast 15 Jah- wieder gerecht, der Wert des UrlaubsEuro laubsEuros heuer um rund 9 Prozent gesun- ren wieder günstiger als Österreich.“ liegt nun erneut unter 80“, so Bruckbauer. ken ist, dabei besonders stark in Japan mit Am meisten verloren hat in diesem Die Abwertung des Euro führt heuer im einem Minus von 34 Prozent. Insgesamt Winter unter den Top Urlaubsdestinationen Winter dazu, daß im Durchschnitt der Wert dürfte damit Japan derzeit die teuerste Ur- die USA, der UrlaubsEuro ist dort aufgrund des UrlaubsEuro in Übersee deutlich gegen- laubsdestination für Österreicher sein. der deutlichen Aufwertung um rund 13 Pro- über dem Vorjahr gesunken ist, insgesamt Abschließend weisen die Ökonomen der Bank Austria darauf hin, daß es sich um Durchschnittswerte handelt, einzelne Regio- nen (wie etwa London als Zentralregion) können davon abweichen. Das Preisniveau bezieht sich auf den Durchschnitt der Güter und Dienstleistungen in den einzelnen Län- dern, einzelne Produkte (speziell für Tou- risten) können davon deutlich abweichen. Daher wurde auch für die Ferndestinationen kein Wert, sondern nur dessen Veränderung angegeben. Zudem ist die Tatsache, daß das Preisniveau in einigen Urlaubsländern soviel günstiger als in Österreich ist, vor allem auf das hohe Einkommensniveau in Österreich zurückzuführen. Würde Österreichs Preisni- veau niedriger liegen, wäre auch das Ein-

Foto: http://www.bilderbox.biz kommensniveau geringer – wir könnten uns Am meisten für den UrlaubsEuro erhält man weiterhin in der Türkei Urlaube oft gar nicht leisten. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 24 Wirtschaft / Statistik Rückgang der Inflation: 2,3% Die Inflationsrate für November 2008 betrug nach Berechnungen der Statistik Austria 2,3% (Oktober 3,1%, September 3,8%, August 3,7%). Das ist die niedrigste Veränderungsrate seit September 2007.

er starke Rückgang ist auf die fallenden Die Ausgabengruppe „Nahrungsmittel lich um 2,5% zurück. Hauptverantwortlich DTreibstoffpreise und den Basiseffekt bei und alkoholfreie Getränke“ (durchschnitt- dafür waren vor allem die Preisrückgänge Nahrungsmitteln zurückzuführen. Deren lich +4,3%) verursachte ca. ein Viertel der bei Telefon- und Telefaxdiensten (insgesamt Preisauftrieb erlangte vor einem Jahr einen Inflationsrate, insbesondere die Preise für -2,8%; Grundentgelt Mobiltelefon -5%, In- vorläufigen Höhepunkt, die Preise verblie- Nahrungsmittel, die 0,5%-Punkte der Ge- ternetentgelt -10%). ben seither weitgehend auf hohem Niveau samtinflation erklären. Aber die durch- und haben daher im Jahresvergleich an In- schnittlichen Jahresveränderungsraten bei Kurzfristanalyse: Veränderungen flationsdynamik verloren. Treibstoffe hinge- den Nahrungsmittelpreisen zeigen zumin- zu Oktober 2008: -0,3% gen waren nicht nur bereits deutlich billiger dest im Durchschnitt eine schwächer wer- Die Ausgabengruppe „Wohnung, Wasser als vor einem Jahr, sondern auch Hauptpreis- dende Tendenz (November +4,3%, Oktober und Energie“ (durchschnittlich +1,1%) wur- dämpfer. +5,1%, September +6,7%), die den Einfluß de durch deutliche Preisanstiege bei der Der Indexstand des Verbraucherpreisin- des Basiseffektes widerspiegelt. Allerdings Haushaltsenergie (insgesamt +2,8%) zum dex 2005 (VPI 2005) für den Monat No- waren die Preisentwicklungen sehr unein- Hauptpreistreiber im Monatsabstand. Gas vember 2008 betrug 107,3 (Basisjahr 2005). heitlich. Die Preise für Brot und Getreide- wurde im November durchschnittlich um Gegenüber dem Vormonat (Oktober 2008) erzeugnisse stiegen um durchschnittlich 7%. 16% teurer (Gas, Arbeitspreis +17%), Strom ging das durchschnittliche Preisniveau um Fleisch und Fleischwaren waren insgesamt um 4% (Strom, Arbeitspreis/Tag +4%, Strom, 0,3% zurück. um 6% teurer als vor einem Jahr. Zucker, Arbeitspreis/Nacht +6%) und Fernwärme Die harmonisierte Inflationsrate (HVPI Marmelade, Honig und Süßwaren verteuer- um 3% (Fernheizung, Arbeitspreis +4%). 2005) für den Monat November 2008 betrug ten sich insgesamt um 8%. Die Obstpreise Die Heizölpreise hingegen fielen um 9%. 2,3% (Oktober 3,0%, September 3,7%, waren um 7% höher als vor einem Jahr, die Für den durchschnittlichen Preisanstieg August 3,6%), der Indexstand des HVPI Gemüsepreise hingegen sanken um 1%. von 0,5% in der Ausgabengruppe „Nah- (Basisjahr 2005) lag im November 2008 bei Molkereiprodukte und Eier waren im Jah- rungsmittel und alkoholfreie Getränke“ 107,61 (Oktober revidiert: 107,89). resabstand nur geringfügig teurer (Käse und waren fast ausschließlich Verteuerungen bei Eier jeweils +3%) bzw. sogar wesentlich bil- Nahrungsmitteln (durchschnittlich +0,4%) Inflationsanalyse: liger (z.B. Vollmilch -6%, Butter -16%). verantwortlich. Die Gemüsepreise stiegen Vergleich zu November 2007 Gereiht nach der durchschnittlichen Ver- durchschnittlich um 2%, (Eisbergsalat Hauptpreistreiber im Jahresabstand war änderung zum Vorjahr finden sich unter den +28%, Häuptelsalat +9%), die Obstpreise die Ausgabengruppe „Wohnung, Wasser und Top 5 der Preissteigerungen folgende Pro- um durchschnittlich 3% (Pfirsiche, Nekta- Energie“ (durchschnittliche +3,1%), die ein dukte: Langkornreis (+36%), sortenreines rinen +29%). Zucker, Marmelade, Honig Viertel der Jahresinflation verursachte. Da- Pflanzenöl (+34%), Häuptelsalat (+29%), und Süßwaren verteuerten sich um insge- für waren in erster Linie die Ausgaben für Pfirsiche, Nektarinen (+24%) und Teigwaren samt 3% (Vollmilchschokolade +9%). Preis- Haushaltsenergie (insgesamt +6,3%; Gas (+21%). Auf der entsprechenden Top 5-Liste dämpfer waren hingegen Molkereiprodukte +18%, Strom +5%, Fernwärme +6%, Heizöl der Preisrückgänge stehen Mandarinen und Eier (insgesamt -2%; Butter -6%, +3%) verantwortlich, wobei die Preisan- (-30%), Zwiebel (-27%), Butter (-16%), Vollmilch –3%). stiege für Gas, Strom und Fernwärme haupt- Gurken (-14%) und Karfiol (-11%). Stärkster Preisdämpfer im Monatsab- sächlich Tariferhöhungen widerspiegeln, die Die Ausgabengruppe „Verkehr“ erreichte stand war die Ausgabengruppe „Verkehr“ im November 2008 erfolgten. Der Preisauf- mit einer durchschnittlichen Veränderungs- (durchschnittlich -2,2%), wobei nicht nur die trieb beim Heizöl kam nach Monaten kräfti- rate von -0,2% nahezu Preisstabilität. Dazu Treibstoffpreise (durchschnittlich -7%; Die- ger Teuerungen nun fast zum Stillstand beigetragen haben in erster Linie die Treib- seltreibstoff -6%, Superbenzin und Normal- (Jahresteuerungen: November +3%, Oktober stoffe, deren Preise im November deutlich benzin jeweils -9%) stark zurückgingen, son- +23%, September +32%). Insgesamt sind zurückgingen (durchschnittlich -7% gegen- dern auch die Preise für Flugtickets (-9%). 0,3%-Punkte der Gesamtinflation auf die über November 2007). Im Jahresabstand In der Ausgabengruppe „Freizeit und Preisentwicklung bei Haushaltsenergie zu- wurde Dieseltreibstoff um 2%, Superbenzin Kultur“ (durchschnittlich -1,8%) wurden rückzuführen. Ebenfalls 0,3%-Punkte der um 12% und Normalbenzin um 11% billiger. saisonalbedingt Pauschalreisen um durch- Gesamtinflation wurden durch Teuerungen Die Gesamtinflation wurde dadurch um schnittlich 6,9% billiger (Städteflug -24%, bei der Instandhaltung von Wohnungen ver- 0,3%-Punkte gedämpft. Als Preistreiber in Flugpauschalreisen -3%). ursacht, wo die Preise durchschnittlich um der Ausgabengruppe „Verkehr“ wirkten die 5,2% stiegen (z.B. Material für die In- Ausgaben für Instandhaltung und Reparatur Der harmonisierte Verbraucherpreis- standhaltung und Reparatur von Wohnungen (+4%), PKW neu (+2%), Flugtickets (+6%). index 2005 (HVPI 2005) im November durchschnittlich +6%; Zement +11%, Hy- In der Ausgabengruppe „Nachrichten- 2008: +2,3% dratkalk +10%). übermittlung“ gingen die Preise durchschnitt- Der Indexstand des für die Europäische

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 25 Wirtschaft / Statistik

Währungsunion berechneten Harmonisier- schen Amt der Europäischen Gemeinschaf- Wohnung (4,5%), Nahrungsmittel (3,7%) ten Verbraucherpreisindex 2005 (HVPI ten, veröffentlicht. sowie Alkohol und Tabak (3,5%), die mit 2005) betrug im November 107,61 (Oktober den niedrigsten jährlichen Raten waren revidiert 107,89). Mit 2,3%, dem niedrigsten Preisentwicklung in Nachrichtenübermittlung (-2,1%), Verkehr (- Wert seit September 2007, war auch bei der den EU-Mitgliedstaaten 0,6%) sowie Freizeit und Kultur (0,6%). Bei Inflationsrate des HVPI ein starker Rück- Im November 2008 wurden die niedrig- den Teilindizes hatten Gas (+0,27 Prozent- gang zu beobachten (Oktober 3,0%, Septem- sten jährlichen Raten in Deutschland und punkte), Restaurants und Cafés (+0,13) so- ber 3,7%, August 3,6%), sie war zudem ge- Portugal (je 1,4%) sowie in Frankreich und wie Brot und Getreideerzeugnisse (+0,12) nauso hoch wie die Teuerungsrate des VPI. den Niederlanden (je 1,9%) gemessen, und die stärkste Steigerungswirkung auf die Ge- die höchsten in Lettland (11,6%), Litauen samtinflation, während Kraftstoffe für Der Preisindex für Pensionistenhaus- (9,2%) und Bulgarien (8,8%). Im Vergleich Verkehrsmittel (-0,53) und Telekommunika- halte 2005 (PIPH 2005) im November zu Oktober 2008 ging die jährliche Infla- tion (-0,14) am stärksten senkend wirkten. 2008: +2,7% tionsrate in allen Mitgliedstaaten zurück. Die Hauptkomponenten mit den höchsten Die Teuerungsrate des PIPH 2005 für Die niedrigsten Durchschnittswerte über monatlichen Raten waren Alkohol und Ta- November 2008 betrug 2,7% (Oktober zwölf Monate bis einschließlich November bak, Bekleidung und Schuhe (je 0,4%) sowie 3,3%, September 3,9%, August 3,8%). Da- 2008 verzeichneten die Niederlande (2,2%), Hausrat (0,2%). Diejenigen mit den niedrig- mit verringerte sich die Teuerungsrate für Portugal (2,8%) und Deutschland (2,9%); sten Raten waren Verkehr (-2,7%), Wohnung Pensionistenhaushalte deutlich und wies die während die höchsten in Lettland (15,6%), (-0,5%) sowie Restaurants und Hotels (-0,3%). niedrigste Steigerungsrate seit September Bulgarien (12,3%) und Litauen (11,1%) Insbesondere Restaurants und Cafés sowie 2007 auf. Gegenüber dem VPI 2005 jedoch gemeldet wurden. Bekleidungsartikel (je +0,05) hatten die zeigte der PIPH eine um 0,4%-Punkte höhe- stärkste Steigerungswirkung, während Kraft- re Jahresveränderungsrate. Der Indexstand Eurozone stoffe für Verkehrsmittel (-0,41) und flüssige des PIPH 2005 für den Monat November Die Hauptkomponenten mit den höchsten Brennstoffe (-0,11) am stärksten senkend 2008 lag bei 108,6. jährlichen Raten im November 2008 waren wirkten. „ Hauptverantwortlich für die Teuerung waren die Ausgabengruppen „Wohnung, Wasser und Energie“ (+3,3%) und „Nah- rungsmittel und Alkoholfreie Getränke“ Kfz-Neuzulassungen im November 2008 (+4,2%), welche gemeinsam fast die Hälfte Deutlich rückläufig: -13,3% bei PKW, -15,6% bei LKW der Teuerungsrate für Pensionistenhaushalte verursachten. Die Ausgabengruppen „Ver- m November 2008 wurden 24.566 Kraft- nehmen. Zuwächse verzeichneten nur die schiedene Waren und Dienstleistungen“ Ifahrzeuge neu zum Verkehr zugelassen, Marken Seat (+127,1%), Fiat (+20,8%), (+3,4%) und "Freizeit und Kultur“ (+3,5%) um 12,6% weniger als im November des Audi (+9,7%) und Renault (+7,5%). Rück- waren zusammen für fast ein Drittel der Vorjahres. Wie aus aktuellen Zahlen der gänge mußten indessen Skoda (-41,2%), Teuerung verantwortlich. Statistik Austria hervorgeht, nahm die Zahl Opel (-40,4%), BMW (-19,1%), Peugeot Die gegenüber dem VPI um 0,4%-Punkte der PKW-Neuzulassungen gegenüber Novem- (-18,6%) und Ford (-16,6%) hinnehmen. höhere Teuerungsrate für Pensionisten- ber 2007 um 13,3% ab. Auch am Nutzfahr- Von Jänner bis November 2008 lag die haushalte ist vor allem auf die Preisent- zeugmarkt war bei den LKW-Neuzulassun- Zahl der neu zum Verkehr zugelassenen wicklung in den Ausgabengruppen „Freizeit gen ein deutlicher Rückgang (-15,6%) zu Kraftfahrzeuge mit insgesamt 384.580 nur und Kultur“, „Gesundheitspflege“ (+2,7%) beobachten, die Abnahme bei den Sattelzug- um 0,4% über jener im Vergleichszeitraum und „Verschiedene Waren und Dienstleistun- fahrzeugen betrug mehr als ein Viertel (- des Vorjahres. Die Zahl der PKW verhielt gen“ zurückzuführen. Außerdem haben sich 29,7%). Der Zweiradmarkt zeigte unter- sich mit 277.985 Stück um 0,5% leicht rück- aufgrund des geringeren Gewichtes der schiedliche Tendenzen: Es wurden weniger läufig. Während die Neuzulassungen ben- Verkehrsausgaben im PIPH die Preissenkun- Motorräder (-34,6%) und Leichtmotorräder zinbetriebener PKW um 11.254 Stück gen bei Treibstoffen nicht in dem Ausmaß (-9,3%) neu zugelassen, aber mehr Motor- (+9,9%) zulegen konnten, waren jene der ausgewirkt wie im VPI. fahrräder (+20,4%) als im November 2007. dieselbetriebenen PKW um 13.229 Stück Am PKW-Sektor wurden 19.836 Fahr- (-8,0%) rückläufig. Zunahmen verbuchten In der EU auf 2,8% gesunken zeuge neu zugelassen, das sind um 3.034 allerdings LKW (+2,7%) sowie land- und Die jährliche Inflationsrate der Euro- Stück bzw. 13,3% weniger als im November forstwirtschaftliche Zugmaschinen (+3,1%). zone1 lag im November 2008 bei 2,1%, 2007. Die Zulassungen dieselbetriebener Unter den TOP 10 PKW-Typen verzeich- gegenüber 3,2% im Oktober. Ein Jahr zuvor PKW (Anteil: 50,2%) nahmen um mehr als neten Modelle wie Seat Ibiza (+167,2% durch hatte sie 3,1% betragen. Die monatliche ein Viertel ab (-28,3%; minus 3.943 Fahr- Modellüberarbeitung), Audi A4 (+43,1%), Inflationsrate betrug im November 2008 zeuge); jene benzinbetriebener PKW (Anteil Skoda Fabia (+9,3%), VW Golf (+4,9%) und -0,5%. Die jährliche Inflationsrate der EU3 49,1%) nahmen dagegen um 9,7% zu. Peugeot 207 (+0,5%) gegenüber dem Be- lag im November 2008 bei 2,8%, gegenüber Im Vergleich der TOP 10 PKW-Marken richtszeitraum 2007 Zuwächse. Verluste wur- 3,7% im Oktober. Ein Jahr zuvor hatte sie führte – gemessen an allen PKW-Neuzulas- den für VW Passat (-23,2%), VW Polo 3,1% betragen. Die monatliche Inflationsrate sungen – VW weiterhin mit einem Anteil (-15,3%), Ford Focus (-9,5%), Skoda Octa- betrug im November 2008 -0,4%. Diese von 20,6%, mußte jedoch einen Rückgang via (-5,7%) und Opel Corsa (-5,3%) gemel- Daten werden von Eurostat, dem Statisti- von 5,3% gegenüber November 2007 hin- det. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 26 Chronik Teilinbetriebnahme beim Projekt Lainzer Tunnel Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2008 erfolgte die Teilinbetriebnahme der »Weichenhalle« sowie die Inbetriebnahme der neuen S-Bahn Haltestelle Wien Wolf in der Au

Zum Fahrplanwechsel erfolgte die Teilinbetriebnahme der »Weichenhalle« beim Projekt Lainzer Tunnel. Foto: ÖBB rstmals seit dem Jahr 2000 ist die West- kunftsorientierte Transporte“ betont Projekt- Kreuzung mit beweglichen Herzstücken. Ebahn in dem rund vier Kilometer langen leiter Wolfgang Pistauer. Dies ermöglicht auch im Bereich kreuzender Bereich zwischen der neu errichteten S-Bahn Während der achtjährigen Bauzeit mußte Gleise die Befahrbarkeit mit Geschwindig- Haltestelle Wien Wolf in der Au und der S- der gesamte Betrieb auf der Westbahn in die- keiten von bis zu 150 km/h und reduziert bei Bahn Haltestelle Purkersdorf Sanatorium sem Bereich auf zwei Gleisen abgewickelt der Überfahrt eines Zuges ganz wesentlich wieder viergleisig befahrbar. Die neue S- werden – eine große logistische Herausfor- die Erschütterungen. Bahn Haltestelle Wien Wolf in der Au wurde derung. Mit 14. Dezember wurden nun zusätz- zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember in lich zwei Westbahngleise unterirdisch durch Vorteile für AnrainerInnen Betrieb genommen. die „Weichenhalle“ geführt. und Reisende Die Teilinbetriebnahme stellt einen mar- Die Teilinbetriebnahme bringt für die An- kanten Meilenstein auf dem Weg zur Fertig- Besonderheiten beim Bau der rainer und Anrainerinnen im Bereich zwi- stellung des gesamten Projekts Lainzer Tun- »Verknüpfung Westbahn« schen Wolf in der Au und der Station Sana- nel im Jahr 2012 dar. Dann werden in der Die viergleisige sogenannte „Weichen- torium Purkersdorf eine deutliche Entspan- „Weichenhalle“ die Neubaustrecke Wien – halle“ mit einer Spannweite von über 20 Me- nung der Lärmsituation. Seit dem 14. De- St. Pölten, die Bestandsstrecke der Westbahn tern ist ein imposantes Bauwerk, das techni- zember werden hier Personenfernzüge und und die Gleise Richtung Westbahnhof bzw. sche Besonderheiten aufweist. So ist der Güterzüge auf den beiden unterirdischen durch den Verbindungstunnel Richtung Fahrweg als Masse-Feder-System (MFS) Gleisen geführt. Gleichzeitig schafft die Bahnhof Wien Meidling und Wien Haupt- hergestellt worden. Damit werden Erschüt- Teilinbetriebnahme die Möglichkeit, den bahnhof sowie Richtung Donauländebahn terungen im Rahmen des späteren Betriebs Nahverkehr zu attraktivieren. miteinander verknüpft. und die daraus folgenden Auswirkungen für Während der Hauptverkehrszeiten wer- „Damit wird ein unverzichtbarer Beitrag die AnrainerInnen minimiert. den die derzeit in Wien Hütteldorf endenden zu einem durchgehend leistungsfähigen Eine Neuheit ist die hier erstmals im und aus der Wiener S-Bahn-Stammstrecke Schienennetz geleistet, als Basis für zu- österreichischen Schienennetz eingebaute kommenden S-Bahnen der Linie S15 über

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 27 Chronik den Bahnhof Wien Hütteldorf hinaus bis Unter Purkersdorf verlängert. railjet verbindet Wien mit Mit dem Fahrplanwechsel am 14. De- Budapest und München zember wurde auch die neu errichtete S- Bahn Haltestelle Wien Wolf in der Au in Betrieb genommen. Der Haltestelle ist eine Park&Ride Anlage mit 150 PKW-Abstell- plätzen und 10 Fahrradabstellplätzen ange- schlossen. Der Zugang zu den Bahnsteigen ist barrierefrei mit Liften (Inbetriebnahme Januar 2009) ausgestattet. Verglaste Warte- kojen mit Sitzmöglichkeiten bieten Witte- rungsschutz. Weiters verfügt jeder Bahnsteig über automatische Zugzielanzeigen. Das Projekt Lainzer Tunnel, die Ver- bindungsstrecke zwischen der West-, Süd- und Donauländebahn, ist eines der wichtig- sten Schieneninfrastrukturprojekte im Raum Wien. Im Süden erfolgt einerseits die Foto: ÖBB / Spirit Design Einbindung Richtung Bahnhof Wien Meid- ndlich ist es soweit! Nach nur zwei Und Kozàk schließt sich der Vorfreude ling und Wien Hauptbahnhof sowie anderer- EJahren intensiver Fertigungsarbeit ver- an: „Mit dem railjet wird die Zusammen- seits Richtung Donauländebahn. bindet der railjet seit 14. Dezember 2008 arbeit von ÖBB und MÁV-START auf neue Die eigentliche Verbindung zwischen drei europäische Metropolen. Peter Klugar, Fundamente gesetzt. Zusammen mit den Süden und Westen ist der Verbindungs- Vorstandssprecher der ÖBB-Holding AG, neuen Nachtzügen zwischen Ungarn und tunnel, welcher zweigleisig auf einer Länge Gabriele Lutter, Vorstandsdirektorin der Deutschland, und dem Zwei-Stunden-Takt- von ca. 6,6 km hergestellt wird. ÖBB-Personenverkehr AG, Karl-Friedrich verkehr mit InterCity-Zügen von Budapest Im Festgesteinsabschnitt zwischen dem Rausch, Vorstand Personenverkehr der nach Rumänien werden Budapest und Wien Wiental und der Veitingergasse/ Ratmanns- Deutschen Bahn, Tamás Kozàk, General- die Doppel-Drehscheibe von Ost- und Mit- dorfgasse im 13. Bezirk (Roter Berg) befin- direktor der MÁV-START und , teleuropa.“ det sich der Vortrieb derzeit etwa im Bereich Bundesministerin für Verkehr, Innovation „Das BMVIT war bereits von Beginn an des Sicherheitsausstiegs Angermayergasse. und Technologie waren sich bei der Pre- in das Projekt railjet eingebunden, um den Von dort bis zum Tunneldurschlag in mierenfahrt am Samstag alle einig: Der rail- Fahrgästen Qualität und Sicherheit zu garan- Richtung des Bauloses LT 31 – Maxing sind jet wird für eine neue Qualität im internatio- tieren“, so Bundesministerin Bures. „Ich bin noch etwa 600 m aufzufahren. nalen Fernreiseverkehr sorgen und die Kun- überzeugt, daß mit dem railjet viele neue Der Vortrieb im Lockergesteinsabschnitt den begeistern! Kunden für die Schiene gewonnen werden.“ zwischen der Veitingergasse / Ratmanns- „Wir sind unglaublich stolz, in Rekord- Der Einsatz des railjet erfolgt stufen- dorfgasse im 13. Bezirk und der Strohberg- zeit einen Hochgeschwindigkeitszug in die- weise: In der ersten Etappe gibt es vier rail- gasse im 12. Bezirk erfolgt von den Start- ser Top-Qualität mit allen notwendigen Zu- jet-Verbindungen. Der erste fahrplanmäßige schächten Lainzer Straße und Klimtgasse lassungen ab morgen international einsetzen railjet der ÖBB – der rj41 – fährt täglich um aus, jeweils in zwei Richtungen. Im August zu können“, so Klugar. „Der railjet bringt für 06:50 Uhr in Wien ab und kommt um 09:49 2008 konnte hier ein erster Tunneldurch- die Kunden viele Vorteile wie Komfort und Uhr in Budapest an. Der rj40 fährt gegen- schlag zwischen den beiden Schächten Qualität und sichert für den ÖBB-Konzern gleich täglich um 20:10 Uhr in Budapest ab erzielt werden. langfristig Arbeitsplätze.“ und kommt um 23:08 Uhr in Wien an. Gesamtvortriebstand „Verbindungstun- „Der railjet stellt das Highlight des dies- Weitere zwei railjet verkehren jeden Tag nel“ (Stand 11.2008): ca. 5.471,20 m von jährigen Fahrplans dar“, so Lutter. „Unsere zwischen Budapest und München: Der rj66 insgesamt 6.600 m des Gesamtvortriebs. Kunden werden ein völlig neues Service- mit Abfahrt 13:10 Uhr in Budapest, Ankunft und Qualitätskonzept erleben. Komfort, um- 20:34 Uhr in München und der rj63 mit Teilabschnitt »Einbindung Südbahn« fassende Kundeninformation im Zug und Abfahrt 9.27 Uhr in München, Ankunft Die Arbeiten in diesem Bereich sind ab- Barrierefreiheit sind wichtige Bestandteile 16:53 Uhr in Budapest. Und ab April 2009 geschlossen. Die endgültige Anbindung des davon.“ werden zusätzliche Verbindungen und Züge Bahnhofs Wien Meidling an den Meidlinger Auch Rausch zeigt sich vom railjet über- zwischen Wien und München geführt. Einschnitt erfolgt bis Ende 2008. zeugt: „Die Kooperation zwischen DB und Der railjet steht für Geschwindigkeit, ÖBB ist bereits heute eine Erfolgsge- Komfort, Design und ein völlig neues Servi- Teilabschnitt »Anbindung schichte. Dazu wird die Verbesserung und cekonzept auf 743 Kilometern zwischen Bu- Donauländebahn« Angebotsausweitung auf der Strecke zwi- dapest und München. Je nach Klasse reicht Die Rohbauarbeiten werden im April schen München und Wien weiter beitragen. das Servicekonzept vom Café im Bistrowa- 2009 fertig gestellt, in der 2. Jahreshälfte Wir hoffen auch in Zukunft so erfolgreich gen bis zum Am-Platz-Service. Das Beste werden die Ausrüstungsarbeiten für den zusammen zu arbeiten und unser gemeinsa- dabei: Für den railjet gelten die Standard- gesamten Lainzer Tunnel beginnen. „ mes Potenzial weiter auszuschöpfen.“ tarife der ÖBB-Personenverkehr AG. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 28 Chronik Villach ist Kärntens innovativste Gemeinde aß Kärntens Gemeinden nicht auf der DStelle treten, sondern stets daran inter- essiert sind, sich zum Wohle der Bürger wei- terzuentwickeln, bewies die am 11. Dezem- ber von Gemeindereferent LHStv. Reinhart Rohr vorgenommene Verleihung des ersten Verwaltungsinnovationspreises für die Kärntner Gemeinden. Ziel des Wettbewer- bes, der mit der Gemeindeabteilung des Landes und dem Verein „Aktive Gemeinde“ durchgeführt wurde, war es, die Innova- tionsfähigkeit der Kärntner Gemeinden und deren Bediensteter aufzuzeigen und zu wür- digen. Prämiert wurden die innovativsten Konzepte zur Sicherstellung einer nachhalti- gen Kommunal- und Regionalentwicklung. „Letztlich wird mit dem Wettbewerb dokumentiert, wie erfolgreich die Kärntner Gemeinden unterwegs sind. Im Zuge der

Evaluation durch eine Experten-Jury wurde Foto: Büro LHStv. Rohr viel weiteres Potential in den zukunftsfähi- Die Bürgermeister Robert Strießnig (Feldkirchen), Helmut Manzenreiter (Villach) gen und bürgernahen Kommunen erkenn- und Franz Zwölbar (Wernberg, v.l. mit Urkunden) mit LHStv. Reinhart Rohr bar“, sagte Rohr. Der erste Preis und damit der Titel der „Innovativsten Gemeinde des Jahres“ ging an die Stadtgemeinde Villach für „City Service – Das Ende der Behördenrallye“. Mit einer einzigen Anlauf- und Erledi- gungsstelle nach außen sowie einer Koordi- nationsstelle nach innen soll eine Ansprech- stelle für alle Anliegen der Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden. Damit werden Kommunikationsabläufe zwischen Bürgern und Gemeinde standardisiert und verkürzt, was die Bearbeitung von Bürgeranliegen transparenter macht und die Kosten für den Verwaltungsaufwand senkt. Zweiter wurde die Gemeinde Wernberg für die Idee der „Auslastungsoptimierung bestehender Gemeinderäumlichkeiten als Ersatz für Neubauten“. Durch eine effizien- tere und mehrfache Nutzung bereits vorhan- dener Ressourcen sollen nicht nur Kosten Foto: Johann Jaritz / GNU General Public License (GPL) wikipedia.org eingespart, sondern auch das Vereinsleben Villach, die innovativste Gemeinde Kärntens (im Hintergrund die »Gerlitzen«) aufgewertet und Bürgernähe und Ortsver- bundenheit gefördert werden. zu schaffen und den gegenseitigen Er- stellen“), Mühldorf („Mölltal.tv“) und Afritz Platz Drei ging an die Stadtgemeinde fahrungsaustausch zwischen öffentlichem („Digitalisierte Gemeindedaten“). Feldkirchen für ihr Konzept „Lehrlingsaus- Sektor und Privatwirtschaft zu fördern. Für Rohr ist das große Engagement ein bildung in Kooperation mit der Privat- Anerkennungsurkunden erhielten die Ge- positives Zeichen für die Zukunft: „Die wirtschaft“. Ziel sei die Zusammenarbeit der meinden Globasnitz („Gemeinsame Lohn- Kärntner Gemeinden sind das Fundament Stadt Feldkirchen mit Betrieben aus der verrechnung“), Schiefling („Digitaler Flä- des Landes. Sie sind der größte öffentliche Privatwirtschaft und mit der Wirtschafts- chenwidmungsplan“), Moosburg („Digitale Investor und bieten den Menschen einen An- kammer, um mittelfristig neue Lehrstellen Zeiterfassung und Zubuchung auf Kosten- ker, der sie mit ihrer Heimat verbindet.“ „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 29 Chronik Zukunftskonzept für den Wienerwald Die Entstehungsgeschichte des »UNESCO Biosphärenparks Wienerwald« Foto: Biosphärenpark Wienerwald Management GmbH Tradition mit Heimvorteil aus dem Biosphärenpark Wienerwald: Regionalität, gentechnikfreies Futter, tiergerechte Haltung, streßfreie Schlachtung und lange Fleischreifezeit sorgen für hervorragende Fleischqualität des »Wienerwald Weiderind«.

uf Initiative der Länder Niederöster- zept“ der UNESCO wurde als das ideale park Wienerwald auf. In enger Zusam- Areich und Wien wurde der Wienerwald Instrument für dauerhaften Schutz der her- menarbeit mit Dienstellen beider Länder am 30. Juni 2005 in das weltweite Netz der ausragenden Naturwerte und eine chancen- koordinierte das von Niederösterreich und UNESCO Biosphärenparks aufgenommen. reiche Entwicklung erkannt. Wien gemeinsam eingerichtete Biosphären- Das Prädikat „Biosphärenpark“ ist eine Aus- Passend zum Bekenntnis zu den Zielen park Wienerwald Management die umfang- zeichnung, die nur an international bedeu- und Maßnahmen der Wienerwald-Deklara- reichen Planungen, die für die angestrebte tende Kulturlandschaften mit hohen Natur- internationale Anerkennung durch die werten vergeben wird. Es ist aber auch ein UNESCO erforderlich waren. Instrument, aktiv den Herausforderungen zu Nach kaum zweieinhalb jähriger Vor- begegnen, die sich durch vielfältige Nut- bereitung wurde im Frühjahr 2005 der An- zungsansprüche der Menschen in wertvollen trag auf internationale Anerkennung des Naturräumen stellen. Wienerwaldes als Biosphärenpark an die Die im „Wienerwald-Millenniumsjahr“ UNESCO übermittelt. Die Vorprüfung durch 2002 im Auftrag der Länder Niederöster- das MaB Nationalkomitee der Österreichi- reich und Wien erstellte „Machbarkeitsstu- schen Akademie der Wissenschaften er- die Wienerwald“ erbrachte eine klare fachli- brachte eine sehr positive Bewertung der che Empfehlung für ein umfassendes Schutz- tion 2002 nahmen die Länder Niederöster- Planungsarbeit. und Entwicklungskonzept für den Wiener- reich und Wien gemeinsam Anfang 2003 die Im Juni 2005 wurden von einem interna- wald: Das moderne „Biosphärenpark-Kon- Vorbereitungsarbeiten für den Biosphären- tionalen Expertengremium der UNESCO in

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 30 Chronik

Paris 28 Anträge geprüft. 22 davon, darunter der Wienerwald, wurden positiv beurteilt und in das weltweite Netz der Biosphären- parks aufgenommen. Diese internationale Anerkennung ist eine Auszeichnung für den Wienerwald. Sie zeigt, daß es in der langen Nutzungsge- schichte des Wienerwaldes gelungen ist, ökonomische, ökologische und kulturelle Entwicklungen in Einklang zu bringen. Gleichzeitig ist der Status eines UNESCO Biosphärenparks auch Herausforderung und Verpflichtung. Es gilt Nutzungsansprüche rücksichtsvoll und abgestimmt mit den Naturwerten zu entwickeln. Die UNESCO Anerkennung bestätigt auch, wie richtig und wichtig es war, daß Niederösterreich und Wien den Biosphären-

park Wien gemeinsam initiiert und vorberei- Foto: Biosphärenpark Wienerwald Management GmbH tet haben. Die enge Zusammenarbeit von Lese in einem der vielen Weingärten im Biosphärenpark Wienerwald Dienststellen beider Länder unter Feder- führung der Landesforstdirektionen und das  Entwicklung und Förderung von ökolo- Entwicklungszonen. Der „Schutz typischer von beiden Ländern gemeinsam getragene gisch, wirtschaftlich und soziokulturell Naturlandschaften“ hat die gleiche Bedeu- Biosphärenpark Wienerwald Management, nachhaltigen Formen der Landnutzung, tung wie die „Erhaltung von Kulturland- waren wesentlich für den erfolgreichen Pla-  Unterstützung von Forschung, Umwelt- schaften“. Mit der Zonierung ist keine Rang- nungsprozeß. beobachtung und Bildungsaktivitäten für folge oder Wertigkeit verbunden. Jede Zone Mit Jahresende 2006 wurde das Bio- besseres Verstehen von Wechselwirkun- hat eine eigenständige Aufgabe zu erfüllen. sphärenpark Wienerwald Management als gen zwischen Mensch und Natur. Der Biosphärenpark will die Nutzungsinter- eigenständige GmbH organisiert, die den Das Biosphärenpark Konzept der UNESCO essen harmonisieren. Biosphärenpark Wienerwald institutionell stellt somit ein umfassendes Schutz- und repräsentiert und seine Entwicklung koordi- Entwicklungsinstrument dar. Da es Schutz Entwicklungszone niert und die Menschen in der Region unter- und Nutzung verbindet und den Menschen Die Entwicklungszone ist Lebens-, Wirt- stützt am Weg zu einer Modellregion für mit einbezieht, ist es maßgeschneidert für schafts- und Erholungsraum der Bevölke- nachhaltiges handeln. Die rechtliche Ver- Kulturlandschaften mit hohen Naturwerten. rung. Hier sollen Wirtschaftweisen entwickelt ankerung des Biosphärenpark Wienerwald werden, die den Ansprüchen von Mensch erfolgte durch jeweils ein Biosphärenpark Zonierung – nicht Bewertung: und Natur gleichermaßen gerecht wird – Wienerwald Gesetz der Länder Nieder- Ein Biosphärenpark ermöglicht eine mo- auch als Vorbild für das ganze Land! Dazu österreich und Wien und darauf basierende saikartige Zonierung in Kern-, Pflege-, und zählt ein umwelt- und sozialverträglicher Verordnungen. Die Zusammenarbeit der Tourismus ebenso wie die Erzeugung und Länder Niederösterreich und Wien bei Die Wienerwald-Deklaration 2002 … die Vermarktung umweltfreundlicher Pro- Errichtung und Betrieb des Biosphärenparks … ist ein Katalog von Schutz- und Ent- dukte. wurde in einer Vereinbarung nach Art. 15a wicklungszielen, die den Wienerwald als Bundes-Verfassungsgesetz geregelt. Natur- und Erholungsraum für künftige Pflegezone Generationen erhalten sollen. Gleich- Die Pflegezone dient der Erhaltung und zeitig kann die Region als hochwertiger Fläche und Bevölkerung Wirtschafts- und Lebensraum für die Pflege von Lebensräumen, die durch die Der Biosphärenpark Wienerwald umfaßt Bevölkerung an Attraktivität gewinnen. menschliche Nutzung entstanden oder beein- eine Gesamtfläche von 105.645 ha, von der Der Biosphärenpark Wienerwald ist das flußt sind (z.B. Wiesen, Weiden). In dieser etwa 9% in Wien liegen. Anteil haben 51 nie- optimale Instrument für die Umsetzung Zone besteht eine erstaunlich hohe Arten- derösterreichische Gemeinden und 7 Wiener dieser Ziele. vielfalt durch die Nutzung durch den Men- Gemeindebezirke. Die Wohnbevölkerung Bisher sind auf Einladung der Länder schen und seine Nutztiere. Sie soll auch die dieser Gebietskörperschaften beträgt zusam- Niederösterreich und Wien die meisten Kernzone vor Beeinträchtigungen abschir- men rund 750.000, rund 250.000 davon leben Wienerwald-Gemeinden in Niederöster- men und beinhaltet die besonders schützens- unmittelbar im Gebiet des Biosphärenparks. reich und Wiener Bezirke mit Anteil am werte und pflegeabhängige Kulturland- Wienerwald freiwillig der Wienerwald- schaft. Deklaration beigetreten. Wie die beiden Hauptfunktionen von Biosphärenparks: Länder bekennen auch sie sich damit zur  Schutz von Ökosystemen und Land- Kernzone Umsetzung der Ziele und Empfehlungen schaften, Erhaltung der biologischen und der Wienerwald-Deklaration in ihrem Die Kernzone ist jene Zone, in der sich kulturellen Vielfalt und der genetischen Wirkungsbereich. die Natur vom Menschen möglichst unbe- Ressourcen, einflußt entwickeln kann. Die UNESCO for-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 31 Chronik dert, daß die Kernzone gesetzlich geschützt wird (z.B.: Naturschutzgebiet). Die Kern- zone im Biosphärenpark Wienerwald umfaßt ausschließlich Waldgebiete.

Kernzonen – Wo die Natur Vorrang hat! Die Kernzone des Biosphärenpark Wie- nerwald setzt sich aus 36 Teilflächen mit einer Gesamtfläche von ca. 5000 ha zusam- men. Die Flächen sind mosaikartig über den gesamten Biosphärenpark verteilt. Die öko- logisch wertvollsten Bereiche des Wiener- waldes sind darin enthalten und können sich fortan natürlich entwickeln. Bäume werden dort mehrere hundert Jahre alt, bis sie eines Tages – bedingt durch Insekten- und Pilzbefall – schließlich abster- ben oder einfach vom Wind geworfen wer- den. Letztendlich vermodert das Holz und gibt die gespeicherten Nährstoffe wieder in den natürlichen Kreislauf zurück. Auf diese Weise wachsen die „Urwälder von morgen“ heran. Manche Tier- und Pflanzenarten kom- men in den genutzten Wirtschaftswäldern nur schwer zurecht. Für diese sind Rück- zugsgebiete – wie unsere Kernzonen – be- sonders wichtig. In Niederösterreich wurden die Kern- zonen verordnet und zu Naturschutzgebieten erklärt. Für den Wiener Teil ist mit einer Verordnung bis Ende 2008 zu rechnen. Dort werden die Kernzonen als Landschafts- schutzgebiete ausgewiesen. Damit ist die Erhaltung der wertvollen Natur auch hoheit- lich langfristig gesichert. Die Eigentümer verzichten auf wirtschaftliche Nutzung und so wird auch keine Holznutzung mehr durchgeführt. Absterbende und tote Bäume verbleiben im Wald. Diese bilden das ökolo- Der Lainzer Tiergarten als Teil des Biosphärenparks Wienerwald ist beliebtes Nah- erholungsgebiet für Wienerinnen und Wiener und Heimat unzähliger bedrohter und gisch wertvolle Totholz. Nur entlang von öf- geschützter Pflanzen- und Tierarten. Foto: Österreich Journal / http://www.moessmer.at fentlichen, markierten Wegen werden Bäu- me zum Schutz der BesucherInnen gefällt. stellt weitweit die Grundlage für das Netz- verabschiedet. Er ist für die Weiterentwick- Die Kernzone ist ein kleiner – aber wich- werk der UNESCO Biosphärenparke dar. lung der Biosphärenparks ein wegweisendes tiger – Teil des Biosphärenparks. Daneben Ein umfangreicher Katalog von Kriterien Strategiedokument. gibt es noch die Pflege- und Entwick- gibt vor, wie sie zu errichten und zu betrei- Alljährlich werden von Staaten bei der lungszone mit ihren speziellen Zielen. ben sind. Er gewährleistet die internationa- UNESCO Anträge auf Anerkennung wert- Weitere Informationen dazu – inklusive len Standards, läßt aber auch ausreichend voller Regionen als „Biosphere Reserve“ ein- einer entsprechenden Karte – sind unter Raum für die Gestaltung von Details auf gebracht. Bisher wurden 533 Gebiete in 105 Zonierung im Biosphärenpark zu finden. nationaler und regionaler Ebene. Staaten in das weltweite Netzwerk der Bio- sphärenreservate aufgenommen. Eine Liste Der Mensch und die Biosphäre Der Aktionsplan von Madrid 2008 aller Biosphärenreservate finden sie hier: In Folge des „Erd-Gipfels“ in Rio de Ja- Beim 3. Weltkongress der Biosphären- http://www.unesco.org/mab/wnbrs.shtml neiro 1992 wurden Biosphärenparke zu parks im Februar 2008 in Madrid wurden vor einem modernen Schutz- und Entwicklungs- allem der Klimawandel, die Bedrohung der Informationen: konzept für Regionen weiterentwickelt. Leistungsfähigkeit von Ökosystemen und Biosphärenpark Wienerwald die zunehmende Urbanisierung als Heraus- Management GmbH Die Sevilla Strategie forderungen des 21. Jahrhunderts erkannt. Deutschwaldstrasse 15/b/1, Die im Rahmen einer Konferenz in Spa- Um Biosphärenparks daran anzupassen, A-3002 Purkersdorf nien 1995 beschlossene Sevilla-Strategie wurde dort der „Aktionsplan von Madrid“ http://www.bpww.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 32 Gastronomie & Kulinarisches Genussvoll feiern mit dem Weingut Wien Cobenzl Das Weingut der Stadt Wien bietet Top-Weine - darunter heuer erstmals auch einen Dessertwein - und ausgewählte Geschenksideen

om fruchtig-frischen Jungwein bis zum Vvollmundigen Tropfen aus dem Bar- rique-Fass – das Weingut Wien Cobenzl bie- tet eine große Auswahl an Spitzenweinen. Lagenweine aus handverlesenen Trauben mit kräftigem Barrique-Ausbau harmonieren besonders mit feinen Feiertagsgerichten und sind ein ideales Geschenk für jeden Wein- liebhaber. Wer eher leichte Weine schätzt, wird mit den neuen Jahrgangs-Weinen große Freude haben – diese sind heuer betont sprit- zig und fruchtig.

Lagenweine: exquisite Weine für besondere Anlässe „Die Trauben für diese Weine gedeihen auf Rebstöcken in den besten Lagen, daher auch der Name Lagenwein. Mit dem Weiß- burgunder Reisenberg 2007 bieten wir heuer erstmals einen Dessertwein an. Diese Wein- spezialität wurde zu 100 Prozent im kleinen Eichenfass ausgebaut und ist dementspre- chend kräftig und süßlich – der krönende Abschluß eines jeden Festessens. Bei den roten Lagenweinen sticht besonders der Pinot Noir Reserve von der Ried Bellevue hervor, ein farbtiefer Burgunder mit Scho- kolade und Kirschfrucht-Noten“, zeigt sich Thomas Podsednik, Betriebsleiter am Wein- gut Cobenzl, mit der exklusiven Weinlinie sehr zufrieden. Sie sind die Vorboten des neuen Jahr- gangs und werden jedes Jahr mit Spannung erwartet: die Jungweine. Der kühle Herbst brachte heuer vergleichsweise leichte Weine mit besonders schöner, sortentypischer Note hervor. Bei der alljährlichen Weintaufe über- zeugten sich Dompfarrer Toni Faber, Pfarrer Michael Hofians aus Heiligenstadt, Bürger- meister Michael Häupl und Umweltstadt- rätin Mag.a. Ulli Sima von der ausgezeich- neten Qualität der neuen Cobenzl-Weine und gaben gleichzeitig den Startschuß für den Verkauf der ersten „2008er“: Junger Wiener, Riesling 2008 classic, Wiener Satz 2008 classic und Grüner Veltliner 2008 classic sind ab sofort im Ab Hof-Verkauf erhältlich

Fotos: Weingut Cobenzl oder auf http://www.weingutcobenzl.at zu Hier reifen die Trauben für die edlen Weine des Weinguts Cobenzl bestellen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 33 Personalia Großes Silbernes Ehrenzeichen für Othmar Raus Die Würdigung erfolgte für Leistungen um die politische Zusammenarbeit der österreichischen Bundesländer

er langjährige frühere Salzburger Lan- Ddesrat und Landeshauptfrau-Stellvertre- ter a.D. Othmar Raus wurde am 11. Dezem- ber im Rahmen einer Ehrung durch Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner in An- wesenheit von Bürgermeister Michael Häupl im Wiener Rathaus mit dem Großen Silber- nen Ehrenzeichen des Landes Wien ausge- zeichnet. Brauner würdigte Raus in ihrer Laudatio für seine konsequente Arbeit für eine enge Partnerschaft der Länder, Städte und Gemein- den. „Othmar Raus war sage und schreibe 8457 Tage als Mitglied der Salzburger Lan- desregierung tätig. In all diesen Jahren hat sich Othmar Raus als starker Verbündeter Foto: media wien aller anderen Länder und der Kommunen im LH-Stv. a.D. Othmar Raus, Vbgmin. Renate Brauner und Bgm. Michael Häupl (v.l.) Kampf für einen lebendigen Föderalismus einen hervorragenden Ruf erworben, der 1962 abschloß. Nach Ableistung seines Prä- Stellvertreter von Landeshauptfrau Gabi ihm immer weit vorausgeeilt ist“, erklärte senzdienstes in Salzburg kehrte Raus nach Burgstaller gewählt. Auch in der SPÖ war Brauner. Raus habe sich vor allem durch Linz in seinen Beruf zurück und wurde 1965 Raus in führenden Positionen tätig, so von seine ungemeine Kompetenz, Stetigkeit und hauptberuflich Angestellter und Jugendbe- 1989 bis 2005 als Landesvorsitzender-Stv. Hartnäckigkeit ausgezeichnet, so etwa mehr- treuer der GPA Oberösterreich. Vom Sep- der SPÖ Salzburg sowie von 1992 bis 2001 mals im Rahmen der Verhandlungen über tember 1966 bis Juli 1967 absolvierte er den als Vorsitzender der SPÖ in der Stadt Salz- den Finanzausgleich zwischen Bund, Län- 18. Jahrgang der Sozialakademie der AK burg. Raus legte am 13. Dezember 2007 als dern und Kommunen. „Dabei sitzen Länder, Wien in Mödling/Hinterbrühl. Anschließend längst amtierendes Mitglied der Salzburger Städte und Gemeinden in einem Boot und war Raus bis 1973 als Fachsekretär der GPA Landesregierung seine politischen Funktio- sind nur dann erfolgreich, wenn sie sich in Oberösterreich u.a. für die Bereiche In- nen zurück. nicht auseinanderdividieren lassen. Auf Oth- dustrie, Gewerbe, Banken und Versiche- In seine Amtszeit fielen u.a. der starke mar Raus und damit auf ein kooperatives rungen zuständig. 1968 begann Raus berufs- Ausbau der Salzburger Sportstätten sowie Vorgehen war dabei immer Verlaß“, unter- begleitend ein rechtswissenschaftliches Stu- die Umsetzung des ambitionierten Salzbur- strich Brauner. Zugleich sei er etwa als Kul- dium, das er 1976 erfolgreich abschloß. ger Kulturstättenprogramms. Zugleich ge- turlandesrat (1989 bis 2007) „stets der Frei- 1974 wechselte Raus als Landessekretär lang es Raus im Umwelt- und Gewässer- heit der Kunst verpflichtet gewesen“ und der Gewerkschaft der Privatangestellten schutz etwa das Ziel einer „grünen Salzach“ habe auch in budgetär schwierigen Phasen nach Salzburg und wurde im Oktober des zu erreichen, bei gleichzeitiger Sicherung immer eine vernünftige Finanzierung der kul- selben Jahres mit 29 Jahren Vizepräsident industrieller Strukturen wie der Papierfabrik turellen Einrichtungen seines Landes sicher- der Arbeiterkammer Salzburg. Parallel dazu Hallein. Besonders am Herzen lag Raus die gestellt. „Die Persönlichkeit Othmar Raus übernahm Raus zahlreiche Funktionen in- Salzburg AG. Raus war einer der entschei- zeichnet sich aber vor allem durch seine nerhalb der SPÖ Salzburg und wurde im denden Akteure bei der Fusion von SAFE große Menschlichkeit und einen wunderba- März 1979 erstmals in den Salzburger Land- und den Salzburger Stadtwerken. ren Humor aus, auch das war und ist eines tag gewählt. Damit begann eine 28 Jahre Derzeit übt Raus noch mehrere wirt- der Geheimnisse seines Erfolgs“, so Brauner. lange Karriere in der Salzburger Landes- schaftliche Funktionen aus. Dazu gehören politik, die ihn 1982 an die Spitze der SPÖ- die Position des Vorsitzenden des Aufsichts- Der Geehrte Fraktion im Landtag führte. 1984 wurde Raus rates der Salzburg AG sowie des Salzburger Othmar Raus wurde am 30. März 1945 in die Salzburger Landesregierung berufen. Flughafens. Raus fungiert darüber hinaus als im oberösterreichischen Bad Hall geboren. Er war in den folgenden 23 Jahren u.a. für Vorsitzender-Stellvertreter des Salzburger Von 1951 bis 1959 besuchte er die Volks- die Ressorts Umwelt, Verkehr, Gemeinden, Ausstellungszentrums (Messe). Raus ist seit und Mittelschule und begann im August Gewerbe, Sport, Kultur, Wohnbau sowie 1969 mit Ehefrau Lieselotte verheiratet und 1959 eine Lehre als Drogist in Linz, die er Finanzen zuständig. 2004 wurde Raus zum Vater zweier erwachsener Töchter. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 34 Wissenschaft & Technik Sicherheit kann gelernt werden – und das hilft gegen Depressionen Das Erlernen eines Gefühls der Sicherheit aktiviert zelluläre und molekulare Vorgänge, die gegen Depressionen wirken.

ies konnte dank eines neuen Tiermo- medikamentösen und verhaltenstherapeuti- wird. Der Stimulus für die Zellen, das zeigte Ddells analysiert werden, mit dessen Hil- schen Behandlungen von Depressionen zu die Arbeit von Pollak, mußte jedoch in einer fe die relevanten zellbiologischen Vorgänge analysieren. Und drittens, Erlernte Sicher- bestimmten Phase nach der Entstehung der besser untersucht und erklärt werden kön- heit führt zu zellbiologischen Reaktionen, neuen Zellen erfolgen, um wirksam zu sein. nen. Die nun im Journal Neuron publizierten wie sie auch durch Antidepressiva hervorge- Weiters konnten Effekte auf die Aktivität Ergebnisse zeigen, daß „Erlernte Sicherheit“ rufen werden – nutzt dafür aber andere mo- verschiedener wichtiger Gene beobachtet eine vergleichbare antidepressive Wirkung lekulare Mechanismen.“ werden. Durch Erlernte Sicherheit werden wie Psychopharmaka haben kann – diese Wir- Konkret konnte das Team um Daniela D. Gene des dopaminergenen und neuropepti- kung aber durch andere molekulare Vor- Pollak folgende zellulären und molekularen dären Systems in der Amygdala in ihrer Ak- gänge gesteuert wird. Durchgeführt tivität reduziert. Interessanterweise wurde das vom Wissenschaftsfonds wurde aber kein Effekt auf das sero- FWF unterstützte Projekt an der Co- tonin-abhängige System beobachtet, lumbia University, Howard Hughes das ein Hauptziel für die medikamen- Medical Institute, USA. töse Behandlung von Depressionen Angst ist gut. Sie schützt uns vor darstellt. allerlei Gefahren. Daher ist sie sowohl Teil unserer Instinkte als auch Zwei Wege – Ein Ziel erlernbar. Angst kann aber auch lästig In Summe führen diese Ergebnis- oder gar krankhaft werden und ver- se dazu, daß Pollak von mindestens schiedene psychische Leiden wie z. B. De- zwei unterschiedlichen Neurotrans- pressionen hervorrufen. Um Erlernte mitter-Systemen für die anti-depressi- Angst zu erforschen, wurde jetzt bei ven Effekte der Erlernten Sicherheit Tieren ein angstreduzierendes Ver- ausgeht. Diese führen zu neuronalen halten untersucht: die so genannte Modifikationen, die denen von Anti- Erlernte Sicherheit. Dabei werden depressiva verursachten ähneln. Doch Tiere so konditioniert, daß sie spe- werden dazu – wie das Fehlen eines zielle Reize mit einem Gefühl der Effekts auf das serotonin-abhängige Sicherheit assoziieren, was in der System nahelegt – andere zellbiologi- Folge erlernte Angst vermindert. Die- sche Vorgänge beeinflußt. ses experimentelle Modell nutzte nun Für Pollak markiert die Veröffent- Daniela D. Pollak als Projektleiterin lichung dieser Arbeit auch einen in der Gruppe von Prof. Eric Kandel. Wendepunkt in ihrer beruflichen So analysierte sie zelluläre und mole- Laufbahn. Ausgestattet mit zwei kulare Vorgänge im Zusammenhang Hoffnung für von Depressionen Geplagte Menschen anerkannten Stipendien aus Öster- mit Erlernter Sicherheit. reich (einem Max-Kade-Stipendium Vorgänge im Zusammenhang mit Erlernter der Österreichischen Akademie der Wissen- Mit Sicherheit gegen Depression Sicherheit beobachten: schaften und einem Erwin-Schrödinger- Die Ergebnisse dieser Arbeit, die vor kur- Es konnte gezeigt werden, daß Erlernte Stipendium des FWF) hatte sie in den letzten zem im „Journal Neuron“ veröffentlicht Sicherheit in einer spezifischen Region des drei Jahren Gelegenheit, im Team um den wurden, waren erstaunlich klar, wie Pollak Hippokampus (dentate gyrus) des Hirns Nobelpreisträger Eric Kandel wichtige Bei- darlegt: „Drei wesentliche Schlußfolgerun- positiven Einfluß auf neu entstandene Zellen träge zur Neurophysiologie zu leisten. Eine gen lassen sich aus den Arbeiten unseres hat. Denn dort überlebten signifikant mehr persönliche Passion, die sie nun zukünftig Teams ableiten: Erstens, Erlernte Sicherheit neue Zellen, wenn sie zuvor einen Stimulus am Institut für Physiologie an der Medizini- ist ein Tiermodell für Verhaltenstherapie ge- durch das Erlernen von Sicherheit erfahren schen Universität Wien forschen lassen wird. gen Depressionen, in dem es zu ähnlichen hatten. Dieser Effekt auf das Überleben der Originalpublikation: An Animal Model of Wirkungen kommt wie durch die Behand- Zellen könnte auf die vermehrte Expression a Behavioral Intervention for Depression. lung mit Psychopharmaka. Zweitens, das des Proteins BDNF (brain-derived neurotro- Neuron 60, 149-161, DOI 10.1016/j.neuron. Tiermodell bietet sich daher auch an, zellu- phic factor) zurückgeführt werden, die eben- 2008.07.041 „

Foto: http://www.bilderbox.biz läre und molekulare Interaktionen zwischen falls durch Erlernte Sicherheit hervorgerufen http://www.fwf.ac.at/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 35 Wissenschaft & Technik Einzigartiger Überblick über die Alpen Der 2008 erschienene Alpenatlas ist aus dem an der Universität Innsbruck koordinierten EU-Projekt DIAMONT hervorgegangen und enthält mehr als 100 alpenweite Karten zu den Bereichen Soziales, Wirtschaft und Umwelt. Er liefert erstmalig vergleichbare Daten auf Gemeindebasis und bildet eine solide Grundlage für übernationale Politiken im Alpenraum.

ie Alpen, das größte und bedeutendste DGebirge Europas, stehen im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen, beispielsweise über Transitverkehr, Klimawandel, Tourismus- entwicklung und Auswirkungen der globalen Marktwirtschaft. Länderübergreifende Daten und darauf beruhende Vergleichskarten fehl- ten jedoch bislang. Das Herausgeber-Team Prof. Axel Borsdorf, Prof. Ulrike Tappeiner und Erich Tasser hat sich daher, gemeinsam mit namhaften Experten und Praktikern aus den einzelnen Alpenstaaten, der Aufgabe ge- stellt, eine solide Grundlage für Forschung, Politik und Wirtschaft zu liefern. „Wir hatten keine vergleichbaren Daten. Das machte die Zukunftsplanung für den Alpenraum bisher so schwierig“, schildert Borsdorf die Situa- tion. Die tatsächliche Umsetzung des Vor- habens wurde im Rahmen des Projektes DIAMONT durch die Kofinanzierung der EU und der Nationalstaaten, allen voran Italiens ermöglicht. Auf der Grundlage einer Datenbank mit international vergleichbaren („harmonisierten“) Daten wurde mit dem Foto: Spektrum Wissenschaftsverlag Alpenatlas ein Kartenwerk geschaffen, das den Anteil an Verheirateten und Geschiede- konnten auf der Basis von 81 Indikatoren erstmalig Strukturdaten und Indikatoren für nen und die Geburtenrate beschrieben. Dar- aus den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft den gesamten Alpenraum auf Gemeinde- über hinaus werden diese Informationen und Umwelt insgesamt acht unterschiedliche basis darstellt – bisher lagen derartige Daten ganz im Sinne der Nachhaltigkeitsdebatte Regionen ausgewiesen werden. nur auf Bezirksbasis vor. Entstanden ist so analysiert und dabei auf einige wenige, dafür ein sehr heterogenes Bild der Alpen. „In je- aber besonders aussagekräftigere Karten Die Herausgeber der Karte steckt sehr viel Information. Die verdichtet. Auf dieser Basis wurde der Al- Prof. Dr. Axel Borsdorf ist Professor am Daten zusammenzutragen und v.a. zu har- penbogen in acht klar voneinander abgrenz- Institut für Geographie der Universität Inns- monisieren war sehr schwierig“, beschreibt bare Regionen mit ähnlichen Entwicklungs- bruck und Leiter der Forschungsstelle Ge- die leitende Herausgeberin Ulrike Tappeiner strukturen eingeteilt. „Der Alpenatlas ist birgsforschung: Mensch und Umwelt (IGF) die Herausfordung. eine einmalige Grundlage für zukünftige der ÖAW. Er leitete das EU-Projekt DIA- Planungsabläufe“, faßt Borsdorf zusammen. MONT (Interreg IIIb). Tirol als Herz der Alpenforschung Tirol habe mit diesem Buch einmal mehr be- Prof. Dr. Ulrike Tappeiner ist leitende Der Alpenatlas enthält mehr als 100 Kar- wiesen, daß es nicht nur das Herz der Alpen, Herausgeberin des Alpenatlas und Leiterin ten aus den Bereichen Soziales, Wirtschaft sondern auch der Alpenforschung sei, so der des Instituts für Ökologie der Universität und Ökologie. Themen wie etwa Erwerbs- Wissenschafler. Innsbruck sowie des Instituts für Alpine Um- situation, Besiedelungsentwicklung, Land- welt der Europäischen Akademie Bozen. schaftszerschneidung oder Arbeitsmarkt- Entwicklungsregionen im Alpenraum Dr. Erich Tasser ist Wissenschaftler am situation werden jeweils mit mehreren In- Ein wesentliches Ziel war es, Regionen, Institut für Alpine Umwelt der Europäischen dikatoren dargestellt und von den Experten auch grenzüberschreitende, mit ähnlichen Akademie Bozen und Lektor an der Uni- interpretiert. So wird etwa die Familien- Entwicklungsstrukturen zu identifizieren. versität Innsbruck. „ struktur durch den Anteil an Alleinerziehern, Mit Blick auf den gesamten Alpenbogen http://www.uibk.ac.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 36 Wissenschaft & Technik Österreichs jüngster Uni- Absolvent an der TU Wien Marian Kogler hat im Alter von nur 16 Jahren sein Bachelorstudium »Software & Information Engineering« an der Fakultät für Informatik der Technischen Universität (TU) Wien abgeschlossen und ist somit Österreichs jüngster Universitätsabsolvent.

er Begriff „Wunderkind“ schmeckt dem Djungen Bachelor der Informatik gar nicht, der treffendere Begriff ist „Hochbe- gabter“. Dies sei „ein völlig normales biolo- gisches Phänomen“. Das Phänomen Marian Kogler ist Österreichs jüngster Universitäts- absolvent. Mit 16 Jahren hat er schon einen Bachelorabschluß in der Tasche und bereits ein Drittel seines Masterstudiums „Compu- tational Intelligence“ erledigt. Zusätzlich ist er noch als Tutor für die Fakultät für Infor- matik tätig. Bei einer Fernsehsendung über hochbe- gabte Kinder entdeckten seine Eltern – der Vater ist Schriftsteller, die Mutter Verwal- tungsangestellte in einem Krankenhaus – viele Parallelen zu ihrem Sohn. Ein IQ-Test im Alter von drei Jahren bestätigte die Ver-

mutung. Nicht verwunderlich, bedenkt man, Fotos: Technische Universität Wien daß der Sohn mit zweieinhalb Jahren schon Marian Kogler: Er startete bereits 13jährig seine akademische Karriere als außer- lesen konnte, ab drei schrieb und bereits ordentlicher Student an der TU Wien. dreistellige Zahlen addieren und subtrahie- ren konnte. außerordentlicher Student an der TU Wien. mit Kogler von dessen Leistungen beein- Was darauf folgte war die verfrühte Ein- Neben dem Informatikbachelor belegte Kog- druckt und sieht in ihm „ein leuchtendes schulung mit fünf Jahren und das Übersprin- ler auch noch „Mathematik in den Com- Beispiel“. gen der dritten Klasse. Im Alter von 8 war puterwissenschaften“ an der TU Wien und Marian Kogler schon am Gymnasium, wo er „Sprachwissenschaften“ an der Universität Auch Genies haben Probleme. ebenfalls die dritte Klasse übersprang. Wien. Die für SchülerInnen vorgesehene Stu- Schon damals nahm er an Schulstunden der Die Wahl des Hauptstudiums fiel zwi- dienförderung war vom Ministerium gestri- oberen Jahrgänge teil (z. B. in der zweiten schen Mathematik und Informatik: Die Ent- chen worden, auf Studienbeihilfe und Sti- Klasse am Informatikunterricht der sechsten). scheidung zugunsten der Informatik ge- pendien bestand als außerordentlicher Stu- Nachdem sein damaliger Klassenvor- schah, da Kogler hier die Nähe zu Anwen- dent kein Anspruch. Um hier helfend einzu- stand festgestellt hatte, daß sich der junge dung besser vertreten sah. Rückblickend greifen, erließ das Rektorat der TU Wien dem Mann öfters langweilte, machte er ihn auf schmunzelt er darüber, da er mittlerweile bei Genie die Studiengebühren ab dem 2. Se- das Programm „SchülerInnen an die Uni“ der theoretischen Informatik angelangt ist. mester. aufmerksam. Beim Österreichischen Zen- Professor Futschek wurde zum Mentor Die Vereinbarkeit von Schulbetrieb und trum für Begabtenförderung und -forschung für das Ausnahmetalent und betreute auch Vollzeitstudium ergab ein zusätzliches Pro- (ÖZBF) war man allerdings der Meinung, dessen Bachelorarbeit. Besonders beein- blem. Nachdem Kogler das Studium mit vol- eine Teilnahme sei aus rechtlichen Gründen druckt zeigt sich der Professor am Institut lem Einsatz in Angriff nahm, bedurfte es noch nicht möglich. So ergriff Kogler selbst für Softwaretechnik und interaktive Systeme einer Sonderregelung mit der Schule. Nach die Initiative und wandte sich an das Rekto- von der raschen Aufnahmefähigkeit, dem Vorlage des Uni-Stundenplans wurden für rat der TU Wien. umfassenden Verständnis und der unglaub- diese Zeiten Freistellungen ausgesprochen, Dort wurde Professor Gerald Futschek lichen Eigeninitiative, die Kogler immer wie- Abwesenheit im Unterricht wurde durch mit der Prüfung des Aspiranten betraut. Die der zeigt: „Er ist ein echter Vollblut-Informa- Feststellungsprüfungen (mit dem Stoff des zwei gestellten Aufgaben wurden auf ein- tiker.“ ganzen Schuljahres) kompensiert. Zitat hier- drucksvolle Weise erledigt, und so startete Der Vizerektor für Lehre der TU Wien, zu: „Das waren immer sehr intensive zwei der 13jährige seine akademische Karriere als Professor Adalbert Prechtl, war im Gespräch Tage der Vorbereitung.“ Für die Unter-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 37 Wissenschaft & Technik stützung durch die Schuldirektion und die TU Wien ist Kogler überaus dankbar. Trotz des raschen Studienfortschritts hatte der Schulabschluß sowohl für Eltern als auch den Mentor oberste Priorität. Ohne Matura auch kein Studienabschluss. So erle- digte Kogler in zwei Jahren Parallelbetrieb Matura und Studium. Nur ein Jahr nach Schulabschluß war das Bachelorstudium in Mindestzeit erledigt. Der parallele Besuch von Schule und Uni führte zu einigen amüsanten Anekdoten. Die Lösung einer Schularbeitsaufgabe mit Me- thoden der höheren Mathematik, die niemals an Schulen gezeigt werden, oder Prüfungs- aufsichten an der TU, die sich über den 13jährigen in der ersten Reihe wundern, sind nur zwei Beispiele dafür. „Sicherlich bin ich mit 13 Jahren an der TU Wien aufgefallen, war aber im Kreis meiner Mitstudierenden Vizerektor Professor Adalbert Prechtl, Marian Kogler und Professor Gerald Futschek immer akzeptiert und gut integriert“, betont Kogler. Die Atmosphäre an der TU empa- gut vorstellbar. Der anstehende Zivildienst TU Career Center wurde deshalb das High- fand er immer angenehm, es wurde ein Ge- wird hier eine akademische Zwangspause Potential-Programm TUtheTop gestartet. fühl von Freiheit spürbar. und genügend Zeit für weitere Planungen Das Dreieck Universität – Wirtschaft – Stu- Was nach dem Masterstudium kommt, ist bringen. dierende soll dabei nachhaltig gefestigt, er- noch nicht genauer geplant. Einen Verbleib Begabtenförderung ist der TU Wien ein weitert und inhaltlich bereichert werden. „ an der Fakultät um ausgiebig zu forschen, ist wichtiges Anliegen. Gemeinsam mit dem http://tuthetop.tucareer.com

Quanten-Wellen auf Professor Burgdörfer. „Das Erstaunliche an dieser Methode ist aber, daß sie mit sehr der Kristalloberfläche schnellen Atomen durchgeführt wird und zu äußerst präzisen Messungen benutzt werden chafft man es, die quantenphysikalischen Tälern gleichzeitig fliegen. Bei Quantenteil- kann.“ Normalerweise sind schnelle Quan- SEigenschaften schneller Atome richtig chen wie den Helium-Atomen ist das anders: tenwellen nämlich höchst empfindlich auf zu berechnen, kann man mit ihnen die Struk- Sie müssen quantenphysikalisch als Wellen Störungen. Einwirkungen von außen können tur von Kristalloberflächen mit hoher Ge- beschrieben werden. So schaffen sie, in meh- leicht zur sogenannten „Dekohärenz“ füh- nauigkeit vermessen. Die Oberflächenstreu- reren „Tälern“ gleichzeitig zwischen den ren – zur Zerstörung der Wellenüberlage- ung schneller Atome (Fast Atom Diffraction, Kristall-Atomreihen dahin zu fliegen. rung – so wie man unterhalb eines reißenden FAD), die vor etwa zwei Jahren experimen- „Dieses quantenphysikalische Wellenver- Wasserfalles keine regelmäßigen Wellen- tell von Forschergruppen in Berlin (Prof. H. halten der Atome führt dazu, daß sich die muster mehr feststellen kann, sondern nur Winter) und Orsay (Prof. P. Roncin) entdeckt Atom-Wellen zu komplizierten Mustern über- noch unregelmäßige Gischt. Ähnliche Ef- wurde, konnte nun am Institut für Theore- lagern, ähnlich wie die Wellenmuster in fekte hatte man vor der Entdeckung der FAD tische Physik der Technischen Universität einem Teich, in den man Steine wirft“, er- auch bei schnellen Helium-Atomen erwartet. (TU) Wien erstmals erklärt und am Compu- klärt Florian Aigner, Assistent in der For- Sie treffen mit großer Wucht auf die ter berechnet werden. Die Forschungsergeb- schungsgruppe von Professor Joachim Burg- Kristalloberfläche, deren Atome ihrerseits nisse werden demnächst im renommierten dörfer am Institut für Theoretische Physik heftig hin und herschwingen. Die Arbeit der Fachjournal „Physical Review Letters“ ver- der TU Wien. „Diese Wellenmuster können Theoriegruppe an der TU Wien erklärt nun, öffentlicht. im Experiment gemessen und dann mit unse- wann die Atom-Wellen-Überlagerungen Bei der neu entwickelten Analysetechnik ren Berechnungen verglichen werden.“ trotzdem sichtbar bleiben, und warum die werden Helium-Atome in sehr flachem Win- Durch diesen Vergleich kann man sehr genau „Dekohärenz“ im Experiment unterdrückt kel auf eine Kristalloberfläche geschossen. erkennen, wie die „Täler“ und „Bergspitzen“ ist. Die Atome der Kristalloberfläche sind sehr der Kristalloberfläche aussehen. Die Topo- Diese Quanten-Meßtechnik könnte bald regelmäßig in Reihen angeordnet, das He- graphie des Kristalls kann man so auf ein ein wichtiges Werkzeug für Oberflächenana- lium-Atom fliegt über sie hinweg wie ein Millionstel eines Millionstel Meters genau lysen werden. Die Struktur von Oberflächen Flugzeug über die Gipfel einer schnurgera- bestimmen – das ist ein Hundertstel eines lässt sich damit erstaunlich genau bestim- den Bergkette. Wenn das Flugzeug an Höhe Atomdurchmessers. men. Vor allem für die Halbleitertechnik verliert, kann es zu jedem Zeitpunkt nur in „Welleneigenschaften von Atomen zu un- könnte das sehr nützlich sein. „ einem einzigen Tal, nie in zwei benachbarten tersuchen ist eigentlich ein alter Hut“, meint http://www.tuwien.ac.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 38 Kultur Maria Lassnig Das neunte Jahrzehnt 13. Februar – 10. Mai 2009 im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien

Photography against painting, 2005; Öl auf Leinwand/Oil on canvas, 150 x 200 cm; Hauser & Wirth Collection © Maria Lassnig

aria Lassnig zählt international zu den ‚Gegenstand‘ Körper, sondern ich male Emp- Visual Arts besucht und erste eigene Zei- Mbedeutendsten Künstlerinnen der Ge- findungen vom Körper.“ (Lassnig, 1999). chentrickfilme realisiert. 1980 kehrt Lassnig genwart. Das MUMOK widmet ihr anläßlich Maria Lassnig wurde 1919 in Kappel am nach Österreich zurück und erhält als erste ihres 90. Geburtstags eine große Personale, Krappfeld, Kärnten geboren. 1941 tritt sie in Frau im deutschen Sprachraum eine Pro- die sich vorwiegend auf Arbeiten der letzen die Meisterklasse Wilhelm Dachauer an der fessur für Malerei an der Hochschule für zehn Jahre konzentriert. Die rund 100 ge- Wiener Akademie der bildenden Kunst ein, angewandte Kunst in Wien. Ihre Arbeit zeigten Gemälde und Zeichnungen belegen die sie bereits 1943 wieder verlassen muß, erfährt große internationale Aufmerksamkeit das feine Gespür der Malerin für die dunklen da man ihre Werke als „entartet“ einstuft. Sie als sie im gleichen Jahr gemeinsam mit Valie Seiten der menschlichen Seele und zeigen zu führt ihr Studium bei Ferdinand Andri und Export Österreich auf der 39. Biennale in welchem vielfältigen und kraftvollen Spät- Herbert Boeckl fort. Mehrere der 1950er und Venedig vertritt und an der „documenta 7“ werk die Künstlerin gefunden hat. Lassnig 1960er Jahre verbringt sie in Paris und 1982 teilnimmt. Für ihr Lebenswerk wurde gilt als Vorreiterin und Visionärin für nach- kommt mit dem Surrealismus und zeitgenös- die Künstlerin mehrfach geehrt und ausge- folgende Generationen von Künstlern und sischen Kunstströmungen in Kontakt, wie zeichnet: u. a. mit dem Großen Österreichi- hat deren künstlerische Entwicklungen ent- der amerikanischen und französischen infor- schen Staatspreis (1988 als erste bildende scheidend mitgeprägt. Im Zentrum ihres mellen Malerei; es entstehen erste Körper- Künstlerin), dem Oskar Kokoschka-Preis Schaffens steht die Beobachtung des Kör- bewußtseinsaquarelle. Von 1968 bis 1980 (1998) und dem Max Beckmann-Preis der pergefühls durch das Medium der Malerei: lebt Maria Lassnig in New York, wo sie Stadt Frankfurt am Main (2004). „ „Es ist sicher, ich male und zeichne nicht den einen Zeichentrick-Kurs an der School of http://www.mumok.at/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 39 Kultur The Artist as Troublemaker 10. Dezember 2008 - 28. März 2009 im Österreichischen Kulturforum New York

as Österreichische Kulturforum New DYork begeht den Jahreswechsel mit der Gruppenausstellung „The Artist as Trouble- maker“ und zeigt damit auch Werke hochka- rätiger österreichischer und internationaler KünstlerInnen aus Sammlungsbeständen des Landesmuseum Joanneum. Künstlerische Positionen haben oftmals einen entscheiden- den Einfluß auf institutionelle Strukturen. Dies gilt besonders für die Institution Mu- seum, die Brennpunkt und Laboratorium dieser Auseinandersetzung ist. Wie greift künstlerisch-kreative Provokation in Abläu- fe der institutionellen Praxis ein? Sind KünstlerInnen „Störenfriede“? Die Ausstel- lung visualisiert Beispiele des Zusammen- treffens dieser unterschiedlichen Zugänge zur Kunst. KünstlerInnen liefern kritische und bewe- gende Impulse, sie reflektieren die bestehen- de gesellschaftliche Ordnung und deren Bedingungen, rekonstruieren, denken und erfinden sie neu. Als „Systemfeinde“ waren sie im Laufe der Geschichte nicht nur we- sentlich an der Weiterentwicklung der Ge- sellschaft und der Überwindung antiquierter Strukturen beteiligt – ihre Kritik am (gesell- schafts)politischen Establishment bewirkte auch heftige Reaktionen. Experimente mit bislang unbekannten Ausdrucksmitteln wur- den als Zerstörung und „Entartung“ der Kunst qualifiziert, und viele KünstlerInnen durchliefen einen langwierigen Prozeß der öffentlichen Ausgrenzung, Verfolgung und Kriminalisierung, bevor man sich wissen- schaftlich und auch „museal“ mit ihrem Werk auseinandersetzte und ihnen dadurch An- Selbstbemalung II – Aktionsdokumentation, 1964/84, 20 SW-Fotos von Ludwig Hoffenreich kasch. auf Karton, je 60 x 50 cm, Bruseum / Neue Galerie Graz am erkennung zollte. Landesmuseum Joanneum Die großangelegte Aktion „Kunst und Revolution“ vom 7. Juni 1968 gilt als eines zum Beispiel Martin Kippenberger, Dorit und als Korrektiv für eine widersprüchliche der zentralsten „Stör“-Ereignisse der Kunst- Magreiter, Sofie Thorsen, Olafur Eliasson, Gesellschaft. geschichte. Im Audimax der Wiener Uni- Diana Thater und Elfie Semotan irritieren The Artist as Troublemaker ist eine Aus- versität formulierten u. a. Oswald Wiener, die Öffentlichkeit mit ihren Zugängen zu stellung des Landesmuseum Joanneum im Otto Mühl und Günter Brus auf drastische utopischen, naturwissenschaftlichen und österreichischen Kulturforum New York und Weise ihre Systemkritik, die in weiterer politisch radikalen Fragestellungen. wurde realisiert mit freundlicher Unterstüt- Folge von der Presse als „Uni-Ferkelei“ be- Kunst- und Kulturschaffende bewegen zung des Amtes der Steiermärkischen Lan- zeichnet worden ist und zur strafrechtlichen sich oft in einem visionären Raum und sind desregierung, Austrian Airlines und NOUS- Verfolgung einiger Künstler geführt hat – in ihrer Radikalität wichtige Sensoren für Guide. vor allem von Günter Brus, dessen aktioni- gesellschaftliche Schwachstellen. Das Mu- Der Eintritt in Ausstellungen, Konzerte stisches Werk in den 1960er-Jahren als In- seum kehrt im Kontext dieser Ausstellung und sonstige Veranstaltungen im österreichi- begriff des „Widerständigen“ galt. Aber auch als Institution an seine Anfänge zurück: als schen Kulturforum ist kostenlos. „ VertreterInnen der jüngeren Generation, wie Ort der Dokumentation, des Widerstandes http://www.museum-joanneum.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 40 Kultur Der Struwwelpeter Zum 200. Geburtstag von Heinrich Hoffmann 29.11.2008–15.11.2009 im Salzburg Museum

m 13. Juni 2009 jährt sich zum 200. Mal Ader Geburtstag Heinrich Hoffmanns, den nur wenige als Autor des Struwwelpeter kennen. Noch weniger wissen Genaueres vom Leben und Wirken des Arztes Heinrich Hoffmann. Seine Pionierleistung auf dem Gebiet der Betreuung psychisch Kranker, vor allem in Frankfurt am Main, kann nicht genug betont werden. Als er 1851 die Stelle des Arztes an der Anstalt für Irre und Epileptische erhielt, begann für die Kranken dieser seit 1819 bestehenden Einrichtung gleichsam eine neue Zeit. In seinen Lebens- erinnerungen findet sich folgender Satz zu seiner therapeutischen Arbeit: Es muß vor allem so sein, daß der Eintritt des Arztes in eine Abteilung etwas vom Sonnenaufgang an sich habe. Diese grundlegende Änderung der Einstellung psychisch Kranken gegenü- ber war eine der Bedingungen, unter denen Hoffmann bereit war, die Stelle als Arzt in der psychiatrischen Anstalt anzutreten. Seine Absicht, einen Neubau dieser Einrichtung als Ersatz für das in jeder Hinsicht ungeeig- nete Gebäude durchzusetzen, stand für ihn bereits bei seinem Amtsantritt fest. Ganz und »Der Fliegende Robert«. Aus: Der Struwwelpeter oder Lustige Geschichten und gar unbeabsichtigt war hingegen der Erfolg drollige Bilder für Kinder von 3–6 Jahren Prachtausgabe Frankfurt am Main, 1881 Salzburg Museum seines Struwwelpeter. Hoffmann selbst äußert in seinen Lebenserinnerungen sein Darüber hinaus wirft die Ausstellung Verbreitungsgeschichte des Struwwelpeter Erstaunen über den internationalen Erfolg auch einen Blick auf die Entstehungs- und genau so, wie auf die unzähligen Struwwel- des Buches: „Ja, ich kann mit Befriedigung petriaden, also auf die Parodien und Nach- sagen, der Schlingel hat sich die Welt ahmungen für Kinder und Erwachsene, die erobert, ganz friedlich, ohne Blutvergießen, es in großer Zahl bis heute gibt. Die Paro- und die bösen Buben sind weiter auf der dien für Erwachsene verwenden den Struw- Erde herumgekommen als ich.“ welpeter zur Anprangerung sozialer Miß- Aus diesem Grund finden sich im stände, gesellschaftlicher Auswüchse und Rahmen der neuen Sonderausstellung im politischer Geschehnisse. Die Nachahmun- Spielzeug Museum unzählige Darstellungen gen für Kinder benutzen die Beliebtheit des des Struwwelpeter und der anderen Figuren echten Struwwelpeter als „Werbemittel“ und aus den zehn Geschichten nicht nur in Bü- führen nach dem eigenen Titel häufig den chern, sondern auch auf Porzellan und Zusatz „In der Art des Struwwelpeter“. Da- Plakaten, als Spiele, Puzzles und in Lied- bei reicht das Spektrum von einer von texten. Wer Lust hat, kann sich als Struw- Heinrich Hoffmann unter dem Pseudonym welpeter fotografieren lassen und das Foto Peter Struwwel verfaßten politischen Paro- als digitale Grußkarte aus dem Spielzeug die über den russischen nachrevolutionären Museum versenden. Auf einem überdimen- Stjopka Rastrjopka (übersetzt: Struwwel- sionalen Spielfeld würfelt man sich durch Stefan), der die russischen Kinder zu die Ausstellung – oder anders gesagt: von Sauberkeit, Reinheit und Lerneifer anhalten Geschichte zu Geschichte. Wer Pech hat, Der Struwwelpeter in seiner zweiten sollte, bis hin zu einem englischen Werk aus fällt ins Tintenfass und muß aussetzen. Wer Gestalt; Rütten & Loening Berlin, 1994 dem Zweiten Weltkrieg mit dem Titel 1. Auflage Faksimile-Ausgabe des Ori- Glück hat, den trägt der Wind wie den ginals von 1858; Baden bei Wien, Struwwelhitler. A Nazi Story Book by Dok- Fliegenden Robert vier Felder weiter. Sammlung Ahrenhof tor Schrecklichkeit (1941).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 41 Kultur

Wie der Struwwelpeter entstand Aber wieso kam der Mediziner überhaupt auf die Idee, dieses Buch zu verfassen und zu veröffentlichen? Weihnachten 1844 such- te Heinrich Hoffmann für seinen dreijähri- gen Sohn Carl ein Bilderbuch als Geschenk. Mit dem Angebot äußerst unzufrieden, be- schloß er, selbst eines zu machen. Dabei konnte er auf den eigenen Vorrat an Skizzen zurückgreifen, die er zwecks Ablenkung widerspenstiger kleiner Patienten gezeichnet hatte. Er reimte und zeichnete in ein Heft sechs Geschichten, bemalte sie bunt und legte das „Bilderbuch“ unter den Christ- baum. Bei der Taufe der Tochter nach Weih- nachten wurde das Buch von den Gästen bewundert. Freunde drängten Hoffmann zur Veröffentlichung. Am 18. Jänner 1845 über- gab er das Manuskript dem befreundeten Porzellanteller »Fliegender Robert« sowie Henkelbecher »Paulinchen« und »Konrad«. Verleger Löwenthal mit der Bemerkung: … Limitierte »Struwwelpeter-Edition« aus Anlaß »150 Jahre Der Struwwelpeter«, Höchster Porzellanmanufaktur, 1994 Baden bei Wien, Sammlung Ahrenhof Meinetwegen! Geben Sie mir 80 Gulden und versuchen Sie ihr Glück! Genau 80 Gulden zung in Dänemark gedruckt. Bis 1849 folg- Die Übersetzer vor allem der frühen schuldete Hoffmann aber noch einem ande- ten zwei englische, eine schwedische sowie Ausgaben sind oftmals unbekannt, doch fin- ren Verleger für die 1843 erschienenen eine russische und eine niederländische Aus- den sich auch literarische Größen, wie z. B. Mondzügler. gabe. Bis heute wurden Übertragungen in Mark Twain (1835–1910), unter den Auto- Im Oktober 1845 wurde im Börsenblatt ungefähr 35 Sprachen herausgegeben. Die ren. Die erste russische Übertragung aus des Deutschen Buchhandels auf eine Neu- „exotischsten“ sind sicher die Übersetzun- dem Jahr 1849 diente Heinrich Hoffmann, erscheinung hingewiesen: Unter dem Pseu- gen ins Chinesische, Japanische und He- dem „Vater“ des Struwwelpeter, als Quelle donym Reimerich Kinderlieb kam die erste bräische. Seit kurzem gibt es sogar Übertra- für das so genannte Zweite Manuskript, das gedruckte Ausgabe von Lustige Geschichten gungen in zwei verschiedene Formen des für die heute allgemein bekannten Darstel- und drollige Bilder in einer Auflage von Kreolischen auf Réunion und Mauritius. Da- lungen die Grundlage bildet. Die Zahl der 3000 Stück heraus, die innerhalb kürzester bei kommt es natürlich mitunter zu Anpas- Mundartausgaben wächst fast jährlich und Zeit vergriffen war. sungen an die kulturellen Gegebenheiten in steht zurzeit bei rund 35 Titeln. Wort und Bild sowie zur Adaptierung der Der Struwwelpeter als Kosmopolit Namen der kleinen Revoluzzer entsprechend Die historischen Hintergründe: Nur wenige Kinderbücher des 19. Jahr- den nationalen Gewohnheiten. So verwei- Erziehung zu Hoffmanns Zeit hunderts fanden so weltweite Verbreitung gert der Suppenkaspar im Kreolischen den Erziehung bedeutete im 19. Jahrhundert wie der 1845 erstmals erschienene Struwwel- „Nana“ (Brei) und Robert wird passender dasselbe wie heute: jemandes Geist und peter. Bereits 1847 wurde die erste Überset- Weise vom Zyklon davongetragen… Charakter zu bilden, seine Entwicklung zu

Die Struwwelpeter-Ausstellung im Spielzeug Museum mit dem großen Struwwelpeter-Spiel – bis 15.11.2009. Salzburg Museum

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 42 Kultur fördern und zum Aufbau der Persönlichkeit beizutragen; einfach ausgedrückt … die möglichst gute Ausrüstung von Kindern und Jugendlichen für ihr Leben (Wolfgang Bre- zinka). Grundsätze und Methoden, dieses Ziel zu erreichen, sind Spiegelbild der Gesell- schaft. Unglücks- und Warngeschichten wa- ren gängige Erziehungshilfen im Rahmen eines autoritären Erziehungsstils, der Mitte des 20. Jhdts zur gegenteiligen Richtung der antiautoritären Erziehung führte. Diese brach- te u. a. den ANTI-Struwwelpeter hervor. Bei der Beurteilung der angeblich grausa- men Geschichten Hoffmanns sind die sozia- len, technischen und sanitären Gegebenhei- ten seiner Zeit zu berücksichtigen. Mit dra- stischen Bildern wollte er vor drastischen Unfällen warnen. Keinesfalls wollte Hoff- mann Angst, Unterdrückung des kindlichen Willens oder Sadismus als Erziehungsmittel Verschiedene Struwwelpeter-Versionen – vom Ur-Struwwelpeter (Der Struwwel- propagieren. Selbstverständlich hat sich der peter in seiner zweiten Gestalt, Rütten & Loening, Berlin, 1994, Erste Auflage, Stellenwert dieses Buchs in der mehr als Faksimile-Ausgabe des Originals von 1858) über die Struwwelliese (Die Struwwel- 160jährigen Geschichte seines Bestehens Liese oder Lustige Geschicht) geändert. Bilder und Reime bieten aber auch folgten nach. Humorvoll und durchaus kri- heute eine Fülle von Anregungen im Rah- tisch seiner Zeit und ihren Auswüchsen men einer zeitgemäßen, auf das Wohl des gegenüber hat Hoffmann mit dem „Jägers- Kindes bedachten Erziehung. mann“ einfach Spaß bereiten wollen und die So gab es beispielsweise zur Zeit Hoff- Verhältnisse von „Erzieher“ und „Erzoge- manns in Frankfurt wie in vielen anderen nem“ auf den Kopf gestellt. Städte keine funktionierende Kanalisation Selbst der Hanns Guck-in-die-Luft hat und Müllabfuhr. Der Unrat wurde vielfach – seine logische, historische Begründung: vor allem in den ärmeren Stadtteilen – ein- Frankfurt liegt bekanntlich am Main, wo es fach auf die Straße geworfen. Eine gewisse offene Schwemmkanäle gab, in die hinein- grundlegende Hygiene war daher geboten. zufallen kein Spaß war. Es war daher ratsam, Daumenlutschen war also unter bestimmten beim Gehen nicht in die Luft zu gucken, son- Voraussetzungen lebensgefährlich. Hoffmann dern auf den Weg zu achten. hatte selbst Typhus- und Choleraepidemien Die Geschichte vom Fliegenden Robert erlebt. zeigt Hoffmanns Verständnis für die kindli- Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das che Seele. Er thematisiert die heimliche „Feuerzeug“ erfunden. Damit ist aber nicht Sehnsucht mancher Kinder, auszubrechen das Feuerzeug im heutigen Sinn gemeint, aus dem engen Korsett der strengen Ver- sondern das Zündholz. Diese technische Der lachende Struwwelpeter haltensregeln. Neuerung war anfangs noch nicht sehr aus- © Ingrid Ramsauer, Salzburg 2008 Wenn heute allerlei Erziehungsprobleme gereift und verlangte äußerste Sorgfalt. unserer Zeit in Hoffmanns Geschichten hin- Durch Unachtsamkeit und unsachgemäße süchtigen Kindes erkennen. Faktum ist aber, eininterpretiert werden, so sind eher der Handhabung kam es zu zahlreichen Brand- dass Hoffmanns Patienten eher so wenig zu klare Blick für die Erziehungsprobleme und unfällen, die Hoffmann in seiner täglichen Essen hatten, daß sie angebotene Speisen die liberal-fortschrittliche Gesinnung des Praxis behandeln mußte. Brandwunden bei sicher nicht verweigert haben. Autors der Grund dafür, aber nicht die Kindern und Jugendlichen lagen damals an Aus anderen Geschichten erkennt man Existenz des hyperaktiven (Zappel-Philipp) fünfter Stelle der Todesursachen. eher die Kinder- und Tierliebe Hoffmanns. oder magersüchtigen (Suppenkaspar) Kin- Auch der Suppenkaspar hat eine ganz Die Tierquälereien des Bösen Friederich an- des in der damaligen Zeit. Den Hanns Guck- reale Basis. Als Armenarzt „verordnete“ zuprangern, lag durchaus im Trend der Zeit. in-die-Luft als Epileptiker zu interpretieren, Hoffmann wahrscheinlich die Armensuppe. 1837 war in Stuttgart der erste deutsche Tier- beruht möglicherweise auf mangelnder Eine wohlhabende Stadt wie Frankfurt schutzverein gegründet worden. Dieses ge- Kenntnis des Menschen Hoffmann. Denn gewährte diese sicher. Vielleicht wollte er schah aufgrund privater Initiativen. Enga- wer im Alter von ungefähr 70 Jahren noch einem kranken Kind die Notwendigkeit des gierte Bürger wurden gegen die immer kras- ein Würfelspiel für die eigenen Enkel ent- Essens nach langer Krankheit klarmachen. ser werdenden Tierquälereien in Stadt und wirft, hat sich unweigerlich ein Stück seines Manche „Fachleute“ wollen in dieser Epi- Land aktiv. 1838 erfolgte die erste gesetzli- Kindseins bewahrt. „ sode das typische Verhalten eines mager- che Verankerung, andere deutsche Staaten http://www.salzburgmuseum.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 43 Kultur Intervention: Franz Kapfer Wunderwürdiges Kriegs- und Siegs-Lager Oberes Belvedere von 22. Oktober 2008 bis 1. März 2009 Foto: Lisa Rastl Franz Kapfer: Wunderwürdiges Kriegs- und Siegs-Lager, 2008; Holzlatten, Sandsäcke, 500 x 800 x 280 cm

as von Lukas von Hildebrandt (1668- initiierten neuen Ausstellungsreihe „Inter- Saales leiten den Blick auf das Deckenfresko D1745) im Auftrag von Prinz Eugen von vention im Oberen Belvedere“. Zweimal von Carlo Carlone mit einer Apotheose Prinz Savoyen erbaute Schloß Belvedere ist welt- jährlich werden zeitgenössische Künstler Eugens im Mittelteil, umgeben von vier weit eines der besterhaltenen barocken Ge- eingeladen, ihre Arbeit in Bezug zum Bel- gefesselten Türkensklaven. Kapfer lenkt mit samtkunstwerke. Die durch eine prachtvolle vedere und seinen Sammlungen zu setzen. seiner Installation den Blick vom Sieger auf Gartenanlage verbundenen zwei Schloß- Nach Gudrun Kampl und Brigitte Ko- die Besiegten, das in die Architektur des bauten Unteres und Oberes Belvedere, wo wanz präsentiert ab Oktober 2008 Franz Belvedere eingeschriebene „Militärzelt“ soll heute die Sammlungen des Belvedere vom Kapfer seine für den Marmorsaal des Oberen den Betrachter in die Position Prinz Eugens, Mittelalter bis zur Kunst des 20. Jahrhund- Belvedere konzipierte Installation „Wunder- vom Feldherrenhügel mit dem Wunderwür- erts präsentiert werden, stehen für das würdiges Kriegs- und Siegs- Lager“. Der digen Kriegs- und Siegs-Lager auf die Stadt barocke Weltbild. junge österreichische Künstler beschäftigt Wien hinabblickend, versetzen. „Ein Museum, das durch seine Architek- sich in dieser Arbeit mit der Symbolsprache Mit dem Rückgriff auf den kulturhistori- tur so stark mit einer bestimmten Kunst- der barocken Repräsentationsarchitektur und schen Fundus an religiösen, mythischen und epoche verbunden ist, muß auch die zeitge- deren künstlerischer Ausstattung. In dem ge- ideologischen Motiven ist Kapfer den nössischen Tendenzen in der Kunst mitden- schichtsträchtigen Prunksaal positioniert Symbolen der Unterdrückung auf der Spur, ken und integrieren, um sich seine Leben- Kapfer ein Lattengerüst, beschwert mit jenen Zeichen der Erniedrigung, mit denen digkeit zu erhalten“, erläutert Belvedere- Sandsäcken, mit dem er die Umrisse eines die Sieger die Verlierer auch nach dem Direktorin Agnes Husslein-Arco einen der Militärzeltes des 17./18. Jahrhunderts nach- Kampf noch strafen. Der Künstler inszeniert Grundgedanken der von ihr im Frühjahr 2007 zeichnet. Vier Spiegel in den Ecken des in seinen Arbeiten das Negativ der Herr-

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wickelte der Künstler seit 2005 eine Reihe von Arbeiten, die er unter dem Titel „Er- rettung des Christentums“ subsumiert. Der Titel spielt auf die widersprüchlichen Er- zeugungen von christlicher Identität und einem Türkenfeindbild an, das auf eine lange Geschichte militärischer Konfrontationen zwischen den Habsburgern und dem osmani- schen Reich verweist. Das Deckenfresko im Marmorsaal des Oberen Belvedere (1721-1723) Im Barock war der höchstrangige Ort für die Anbrin- gung eines Bildes die Decke. Folgerichtig ließ Prinz Eugen hier ein gewichtiges Thema aufgreifen. Dargestellt ist der durch die Ver- dienste des Prinzen Eugen als Feldherrn errungene ewige Ruhm des Hauses Savoyen. Der Kriegsgott Mars, der im prächtigen gold- farbenen Banner den kaiserlichen Doppel- adler führt, hält den immergrünen Lorbeer- kranz des Sieges. Er wird ihn auf das Sa- voyerwappen legen, das der geflügelte Chronos, der Gott der Zeit mit Sense und Stundenglas, soeben enthüllt hat. Unter dem Wappen thront ein mit Prinz Eugen zu iden- tifizierender jugendlicher Held mit Feldher- renstab. Er ist von Göttern und Perso- nifikationen der Tugenden umgeben. Justitia mit dem Schwert reicht ihm die Hand. Unterhalb des Throns fliegt im grün-blauen Gewand die Göttin Fama herbei und verkün- det mit der Posaune den durch den Schlan- genring in ihrer Rechten symbolisierten ewi- gen Ruhm. Jenseits der Fortitudo (Stärke), gerüstet mit Helm dargestellt, erscheinen in diesem „Aufstieg-Sturz-Modell“ mit Ketten gefesselte Gefangene, deutlich kenntlich als kahlköpfige Türken mit Schnurrbart. Daneben häufen sich Siegestrophäen wie eine Kanone mit den Wagenrädern einer zu- gehörigen Lafette, Rüstungsteile sowie Standarten mit typisch türkischen Pferde- schwänzen. Auch ein türkischer Wimpel mit Halbmond und Stern wird neben einem Foto: Österreich Journal / http://www.moessmer.at Futteral mit Pfeilen sichtbar – von zwei Putti Das von Lukas von Hildebrandt (1668-1745) erbaute Schloß Belvedere ist welt- weit eines der besterhaltenen barocken Gesamtkunstwerke. wird er demütigend nach unten gedrückt, während ein weiterer den siegreichen Dop- schaftsposen – und vollführt Grotesken, in Türkenstechen in seinen Skulpturen und peladler emporhält. denen er die Verhältnisse von Verführten und Filmen zitiert, handelt es sich stets um eine Der italienische Künstler Carlo Inno- Verführern, von Besiegten und Siegern, von Revision von Geschichte für deren Neube- cenzo Carlone (1686 – 1775) schuf das figür- Untergebenen und Herrschenden zur wertung. In performativen Selbstinszenie- liche Deckenfresko, der aus Bologna stam- Sprache bringt. rungen schlüpft Kapfer in die Rolle eines mende Gaetano Fanti (1687 – 1749) die Mit seinen Objekten, Filmen und Installa- Fauns, eines Minotaurus oder König Etzels. Architekturmalereien. tionen, die oft performativen Charakter auf- Stets geht es um die Macht des bildnerischen Franz Kapfer wurde 1971 in Fürstenfeld weisen, analysiert Franz Kapfer Gebräuche, Kanons, der eng mit der österreichischen geboren, studierte von 1996 bis 2005 am der Bildtraditionen und Architekturen und ver- Repräsentationskultur verbunden ist. Akademie der Bildenden Künste in Wien mag damit größere Zusammenhänge zu In seiner kritischen Auseinandersetzung (Klasse Textuelle Bildhauerei, Heimo Zo- zeichnen. Wenn der Künstler muslimische mit der in erster Linie römisch-katholischen bernig) und lebt und arbeitet in Wien. „ Rüstungsfiguren, den Türkensturz oder das österreichischen Repräsentationskultur ent- http://www.belvedere.at/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 45 Kultur Theater zu Hause Es war einmal eine Zeit, da pflegte man noch Hausmusik auf wirklichen Instrumenten und spielte in den eigenen vier Wänden Papiertheater. Der Wiener Ulrich Chmel hat sich der Erhaltung dieser alten Tradition angenommen.

erlage in ganz Europa schickten ihre VZeichner in die Opernhäuser und Thea- ter mit dem Auftrag, die Kulissen und Ko- stüme der Theaterstücke, Opern und Mär- chen zu zeichnen. Aus diesen Vorlagen wur- den Ausschneidebögen gestaltet, gedruckt und verlegt. Die konnte man damals im nächsten Papiergeschäft samt Texten in Kurzfassungen zu den Stücken kaufen. Mit einem Wort: Die Familie war im Biedermeier in der Lage, zu Hause kleine Theaterbühnen nach Anleitung zu bauen und Theaterstücke nachzuspielen. Alle waren beschäftigt, galt es doch, die Figuren und Kulissen auf Karton oder dünnes Sperrholz zu kleben und auszuschneiden oder auszusägen. Begabte zeichneten aber auch Figuren selbst und ver- faßten auch Texte zu den Stücken, die sie Fotos: Österreich Journal Ulrich Chmel mit seinem Papiertheater und der Bühne zu »Lohengrin für Eilige« spielen wollten. Man hauchte leblosem Pa- pier Leben ein. Viele, die diese Zeilen lesen, achtliches Repertoire aufbauen konnte. Zur schon viele Gastspiele in ganz Österreich, werden sich vielleicht auch noch daran erin- Zeit können Stücke wie: „Lohengrin für Eili- bei den Internationalen Puppentheatertagen nern können, wie Schellack-Platten für die ge – in knappen 40 Minuten“, „Struwwel- in Mistelbach im Oktober 2005 und Oktober Musik sorgten, während Eltern oder Groß- peter“, „Das Mädchen mit den Schwefelhölz- 2007 sowie in Bad Gastein und im Salz- eltern die Figuren von Fidelio und Florestan chen“, “Das Weihnachtsspiel“ und „Faust – burger Spielzeugmuseum im Februar 2007. oder die vielen Brautjungfern aus dem Frei- in Kürze, mit Goethe bestreut“ sowie „Cin- Mit dem „Weihnachtsspiel“ gastierte er be- schütz auf der kleinen Bühne hin und her derella“ einem interessierten Publikum ge- reits mehrmals beim Krippenverein Wien 1. bewegten. Das Papiertheater war schließlich zeigt werden. und am Heiligen Abend in den Jahren 2006 über Jahrzehnte Kulturvermittler an den Ulrich Chmel’s Papiertheater spielt meist und 2007 im Wiener Naturhistorischen Mu- Nachwuchs, der so die Inhalte einiger Büh- im „Café corto & nero“ in Wien 4., Wiedner seum. Erstmals im März 2008 wurde Ulrich nenklassiker aufnahm. Hauptstrasse 48. Daneben gab es aber auch Chmel mit seinem Papiertheater zum Inter- Die Veränderungen des Alltagslebens und nationalen Figurentheaterfestival Wels ein- der Gesellschaft führten dazu, daß das Pa- geladen. Für die Stücke verwendet Ulrich piertheater in Vergessenheit geriet, von mo- Chmel alte Vorlagen genauso wie selbst dernerer Unterhaltung wie Radio und in wei- gezeichnete Kulissen und Figuren. „Alles ist terer Folge vom Fernsehen abgelöst wurde. erlaubt, was dem Publikum Vergnügen be- Doch gänzlich in Vergessenheit ist es nicht reitet“, wie er sagt. geraten, diese romantische Spielform, für die Wenngleich üblicherweise öffentlich ge- man kein großes Ensemble, ja nicht einmal spielt wird, bietet Ulrich Chmel’s Papier- großen Aufwand zu treiben braucht. Heute theater aber auch an, bei Geburtstagen und kann man sogar Nachdrucke der alten Aus- lokalen Feierlichkeiten zu spielen, wobei schneidebögen kaufen. Da und dort flackert aufgrund der Kleinheit der Bühne eine maxi- in Europa noch immer das „Flämmchen“ des male Zuschaueranzahl von 25 als ideal zu Papiertheaters, zum Beispiel gibt es alle bezeichnen ist. Mit besonderer Freude bietet Jahre wieder ein Treffen in Preetz, einer Ulrich Chmel aber auch Workshops unter Stadt in der Nähe von Kiel (BRD), zu dem dem Titel „Von der Schuhschachtel zum Papiertheaterspieler aus ganz Europa, ja Papiertheater“ an, um Kindern, aber auch sogar aus den USA anreisen, um ihre Kunst Erwachsenen, den Einstieg in das romanti- zu zeigen (Link am Ende dieses Beitrages). sche Spiel mit dem Papiertheater zu ermög- Einer davon ist der Wiener Karikaturist lichen. „ Urlich Chmel, der sein Papiertheater nun http://www.papiertheater.at schon seit 2003 bespielt und bereits ein be- Ein Blick hinter die Kulissen http://www.papiertheater.eu

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 46 Kultur Mehr als nur ein Museum Das Technische Museum in Wien wird im Juni 2009 stolze 100 Jahre alt – und spannt mit seinen vielfältigen Sammlungen und Sonderausstellungen einen weiten Bogen von der Vergangenheit in die Zukunft. Alle Fotos: Österreich Journal / http://www.moessmer.at

nläßlich des 60jährigen Regierungs- Ende der 1980er-Jahre zu einer kompetten Ajubiläums Kaiser Franz Josephs I. im Schließung des Hauses mit September 1992 Jahre 1908 wurde die Gründung eines entschließen. Die im Juli 1994 begonnenen „Technischen Museums für Industrie und Sanierungs- und Umbauarbeiten konnten Gewerbe“ beschlossen. Das Museum, das nach nicht einmal drei Jahren abgeschlossen rund fünf Jahre für die Einrichtung zur Ver- werden. Am 17. Juni 1999 war es dann end- fügung stand, wies eine eine Ausstellungs- lich soweit: In Anwesenheit von nicht weni- fläche von 15.600 m² auf, die Eröffnung fand ger als 2500 geladenen Gästen wurde das noch während des Ersten Weltkrieges am „Technische Museum Wien“ (TMW) feier- 6. Mai 1918 statt. lich wiedereröffnet. Es verfügt nun über eine Die damalige Sammlung basierte auf dem neue Eingangshalle mit Gruppenräumen und „National-Fabriksprodukten-Kabinett“, dem einem Foyer, in dem der Museumsshop un- „Technischen Kabinett“, der „Modellen- tergebracht ist und von dem aus man in die sammlung“ und anderen Beständen, welche neuen Ausstellungsräume im Sockelgeschoß 1842 zum „Technologischen Kabinett“ ver- und in die Mittelhalle im Erdgeschoß ge- einigt wurden. langt. Im Norden wurden Werkstättentrakte In den folgenden Jahrzehnten standen für und ein Tiefspeicher für Archiv und Biblio- Instandhaltungsarbeiten nur bescheidene Mit- thek errichtet. tel zur Verfügung, weshalb das Gebäude im Durch das Anheben der Kuppeln über der Laufe der Jahrzehnte dermaßen an Substanz Ost- und der Westhalle konnten Galeriege- verlor, daß eine Generalsanierung nicht län- schoße eingezogen werden. Der Dachboden- ger aufzuschieben war. So mußte man sich ausbau ermöglichte die Einrichtung der Bü-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 47 Kultur ros, des Lesesaals und weiterer Restaurier- trum reicht dabei von Großbildprojektionen, Mit ihren Informationstexten, ihren zahl- werkstätten. Video-Loops und Hörstationen über interak- reichen Audioeinspielungen und Videoclips Auf einer Ausstellungsfläche von rund tive Filmstationen und Internet-Recherche- sind die Medienstationen ein integraler Be- 22.000 m² bietet das TMW heute Spielraum Stationen bis hin zu den rund hundert Me- standteil der musealen Wissensvermittlung für außergewöhnliche Einblicke in die Welt dienstationen in den einzelnen Bereichen der und sorgen für eine lebendige und spannen- der Technik. Durch einzigartige Exponate Schausammlung. de Präsentation der einzelnen Bereiche. von der Vergangenheit bis in die Zukunft wird das Haus zum Schauplatz spannender technischer Entwicklungen. Doch das Technische Museum Wien ist weit mehr als nur eine Ausstellungsfläche. Es ist Ort kontroversieller Diskurse über das Thema Technik und zeigt nicht nur Ob- jekte, sondern setzt sie auch in Kontext mit dem Menschen. Bilder, Texte, Filme und Ex- perimente veranschaulichen den Einfluß technischer Errungenschaften auf unsere Ge- sellschaft, Wirtschaft und Kultur. Die multi- mediale Präsentation dieser weitreichenden Zusammenhänge ermöglicht jedem Besu- cher einen sehr persönlichen, individuellen Zugang zur Technik und macht so den Be- such des TMW zu einem außergewöhnlichen technischen Erlebnis. Die Schausammlung des TMW besteht derzeit aus den Bereichen „Natur und Er- kenntnis“, „Energie“, „Schwerindustrie“, „Verkehr“, „Musikinstrumente“, der Abtei- lung „Alltag – eine Gebrauchsanweisung“, den „medien.welten“ und dem „Mini“ – dem Bereich für Zwei- bis Sechsjährige. Aktuelle Sonderausstellungen, korrespondierend mit allen Themenschwerpunkten des Hauses, ergänzen das Angebot für den Besucher.

Multimediale Präsentation Das TMW verwendet Neue Medien kon- sequent als Präsentationsmittel: Das Spek-

Oben: Blick in den linken Flügel des TMW: ein original LD-Tiegel der VOEST von 1952 und Informationen über die Schwerindustrie. In den Etagen darüber »massenware LUXUSGUT – Technik und Design zwischen Biedermeier und Wie- ner Weltausstellung 1804 - 1873« und »medien.welten«, die die Geschichte der Medien, von den vergangenen Jahr- hunderten bis heute, in zwei Entwick- lungssträngen zeigen: der Übermitt- lungs- und der Speichermedien. Links: Dem Thema »Energie« wird mit eindrücklichen Beispielen und Experi- menten viel Platz eingeräumt.

Energie Das komplexe Thema der Nutzung von Energie – einerseits die Bereitstellung von Energie und die diversen damit verbundenen Problematiken, andererseits die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten – wird didaktisch aufbereitet dargestellt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 48 Kultur

Anhand von Exponaten, Modellen, Hands- On-Experimenten, Computerstationen, Fil- men, Hörstationen und nicht zuletzt künstle- rischen Installationen werden physikalische und technische Begriffe rund um die Energie erklärt, Zahlen zur Geschichte und Gegen- wart der Energiewirtschaft Österreichs ver- ständlich präsentiert sowie die Funktions- weise von Vorrichtungen, Maschinen und Systemen erläutert.

Schwerindustrie Seit über 100 Jahren ist Stahl weltweit der wichtigste Werkstoff. Maschinen, Autos, Schiffe, Brücken, Hochhäuser, Hallen und Waffen sind zum großen Teil aus Stahl. Im Bereich Schwerindustrie können Sie sich, neben vielen anderen Themen, über die Stahlerzeugung informieren: der LD-Tiegel von 1952 wurde von der VOEST zur Stahl- gewinnung nach dem Linz-Donawitz-Ver- fahren eingesetzt.

Natur und Erkenntnis Experimentieren ist eine der wichtigsten Methoden der Naturwissenschaften, um die Vorgänge in der Natur zu deuten. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse führen oft nicht nur zu neuen Methoden, sondern auch zu neuen Denkweisen. Damit haben die Na- »Natur und Erkenntnis«: faszinierende Demonstration des menschlichen Körpers turwissenschaften weitreichende Konsequen- zen für unser gesamtes Leben. Zahlreiche Demonstrationsexperimente laden zum Erkunden der Materie ein. Le- sematerial und Multimedia-Stationen bieten vielfältige Zusatzinformationen.

Musikinstrumente Ein Musikinstrument steht für Erfindungs- reichtum, handwerkliches Können, Experi- ment, Tradition, Ästhetik und verschiedenste klangliche Qualitäten. Wie wird ein Instru- ment hergestellt? Wie klingt es? Welche Wechselbeziehung ergibt sich zum Kompo- nisten und Interpreten? Ausgeklügelte Tech- niken erlauben das Speichern und die Re- produktion der Musik. Die Musiksammlung im Technischen Museum Wien beschäftigt sich mit der Darstellung der Technik von Musikinstrumenten und Musikautomaten.

Verkehr Im Ostteil des Museums werden ausge- suchte Objekte aus den Beständen der Ver- kehrsabteilung präsentiert, die auf das künf- tige Verkehrsmuseum aufmerksam machen sollen. Die umfangreiche Musiksammlung zeigt, unter anderem, die Orgel der »Wiener Die Ausstellung konzentriert sich auf eine Hofkapelle« aus 1862 von Carl Friedrich Ferdinand Buckow aus Hirschberg Reihe zentraler Themen aus den Samm-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 49 Kultur lungsbereichen Landfahrzeuge, Schiffahrt, Luftfahrt und Eisenbahnwesen. Die Ent- wicklung der Verkehrswege zu Lande, zu Wasser und in der Luft werden ebenso ange- sprochen wie die Fragen der Navigation und der Sicherheit. Aktuelle Themen – wie bei- spielsweise die Diskussion um den Semme- ring, Umweltprobleme durch Schadstoffemis- sionen oder neueste technische Entwicklun- gen – werden aufgezeigt.

Die Rückkehr der Schwergewichte Ein Jahrzehnt mußten die BesucherInnen seit der Wiedereröffnung des TMW im Jahr 1999 auf die Großobjekte der bedeutenden Eisenbahnsammlung warten. Rechtzeitig vor dem 100-Jahr-Jubiläum des Museums kehr- Die »Ajax« (1841) ist die älteste erhaltene Lokomotive außerhalb Englands ten die Schwergewichte zurück und werden wieder in der Mittelhalle präsentiert. Die älteste, außerhalb Englands erhaltene Lokomotive, die 1841 gebaute „Ajax“, wurde neben dem Personenverkehr auch für den Transport von Kohle aus den Kohlere- vieren um Ostrau in Mähren verwendet. Sie spiegelt die typisch englischen Konstruk- tionsmerkmale dieser Zeit wider, wie an der gekröpften Treibachse zu sehen, die wegen der innen liegenden Zylinder notwendig war. Die 1848 gebaute „Steinbrück“ ist für Ös- terreich ein bedeutendes technisches Objekt: Sie ist die älteste Lokomotive heimischer Produktion, gebaut von John Haswell in der Maschinenfabrik der „Wien-Gloggnitzer Eisenbahn“. Die 1883 gebaute „Schnittlok“ wurde be- reits 1926 außer Dienst gestellt und noch im selben Jahr für das Österreichische Eisen- bahnmuseum aufgeschnitten, um die Funk- Die 1848 gebaute »Steinbrück« ist die älteste Lokomotive heimischer Produktion tionsweise einer Dampflokomotive zu ver- anschaulichen. das mini Das TMW bietet für Kinder im Alter zwi- schen drei und sechs Jahren einen eigenen Erlebnisbereich. Das „mini“, das eine Fläche von ca. 350 m² umfaßt, lädt unsere Jüngsten zum spieleri- schen Erstkontakt mit der Technik und der Institution „Museum“ ein. Dabei steht nicht so sehr das Lernen im herkömmlichen Sinne im Vordergrund, vielmehr soll den Kindern die Gelegenheit gegeben werden, in ange- nehmer Atmosphäre – und der Altersstufe entsprechend – physikalische Phänomene zu „be-greifen“, ihre Beobachtungsgabe zu schulen und sich aktiv ins Museumsgesche- hen zu integrieren. Abgerundet wird das Angebot durch stän- dig wechselnde Experimente und Aktionen, Die 1883 gebaute »Schnittlok« veranschaulicht die Funktionsweise einer Dampflok

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 50 Kultur die von speziell geschultem Personal betreut werden. medien.welten Unter der gläsernen Kuppel des TMW gibt es neue Welten zu entdecken: die medien.welten! In der neuen Abteilung des Hauses wird auf einer Fläche von 2500 m² die Geschichte der Medien von der Antike bis zur Gegen- wart mit einem Ausblick in die Zukunft lebendig und innovativ erzählt. Die medien.welten beinhalten über die Ebene musealer Objekte hinaus einen vir- tuellen Informationsraum, den Cyberspace, der die Grenzen des konventionellen Mu- seums sprengt und die vielfältigen Möglich- »medien.welten«: u.a. Radios, Plattenspieler, Tonbandgeräte, Film-, Videokameras, keiten neuer digitaler Medien erleben läßt.

Alltag – Eine Gebrauchsanweisung Auf rund 2300 m² präsentiert das TMW eine lebendige, permanente Ausstellung aus der Sammlung „Bau-Alltags- und Umwelt- technik“, die den „Selbstverständlichkeiten“ des Alltags nachgeht und den Menschen im Umgang mit der Technik in den Mittelpunkt rückt. In diesem Museumsbereich werden tech- nische Verhaltensmuster und Technikprinzi- pien aufgespürt und in den Kontext von Hi- storie und aktuellen Fragestellungen gestellt. Technische Systeme und Geräte begleiten unser tägliches Handeln und prägen dieses auch. Nur selten fragen wir uns nach der Be- deutung all dieser Technik(en) für uns und unseren Alltag, wie wir ihn leben. Mit Hilfe einer erlebnisorientierten, inno- vativen Ausstellungsgestaltung und interak- Schreibmaschinen, Diktiergeärte und Heimcomuter aus mehreren Jahrzehnten … tiven Medien werden für Besucher je nach Bedürfnis, Alter und Vorwissen unterschied- liche Zugänge zu den Themen angeboten!

Bibliothek und Archiv Die reichhaltigen Bestände, es handelt sich dabei um rund 100.000 Bände (Zeit- schriften und Bücher), bilden eine wichtige Informationsquelle für technikhistorische Forschungen. Der neu errichtete Lesesaal steht mit modernster Infrastruktur Interes- sierten täglich zur Verfügung.

Der 100. Geburtstag Das Jubiläum ist Anlaß, das TMW in sei- ner Geschichte, Gegenwart und Zukunfts- perspektive zu analysieren, mit besonderem Augenmerk auf die Menschen, die es bis heute prägten und heute prägen und mit dem Museum im Dialog stehen. Dazu zählen mit Umfangreiche Ausstellung aus der Sammlung »Bau-Alltags- und Umwelttechnik«

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 51 Kultur an vorderster Front all die BesucherInnen, die es als Ort der Freizeitgestaltung, der Zer- streuung, als außerschulischen Lernort, als Diskussionsplattform und „Gedankenanre- ger“ nutzen. Für jene wird das TMW von 13. März bis 20. Juni 2009 – also 100 Tage lang – noch weiter geöffnet. Und es werden ungewöhnliche Möglichkeiten angeboten werden, dieses zu erkunden.

Eine Ausstellung an mehreren Orten So webt sich eine Ausstellung mit über einem Dutzend Ausstellungsstationen im gesamten Haus wie eine Schnitzeljagd ein und öffnet Einblicke in die Geschichte, aber auch in den Alltag des Museums. Für diese andere Art der Jubiläumsausstellung wurden auch in Wien lebende KünstlerInnen einge- laden, zu verschiedenen Themen zu arbeiten. Birgit Knöchel, Ricarda Denzer, Miriam Im Bereich »Flugtechnik« ist auch eine De Havilland DH 104 Dove zu sehen Bajtala, Anja Manfredi, Gerhard Treml, Nikolaus Gansterer, David Moises, Werner Reiterer und Oliver Hangl übernehmen so die Rolle, den Blick der Außenstehenden auf das TMW zu werfen. Von einem besonderen akustisch-visuellem Blickfang im Außen- raum, einem möglicherweise (un-)sinnstif- tenden Hands-on, einem besonderen Team- portrait der Belegschaft bis hin zu einer Per- formance unter dem Arbeitstitel „sammeln – bewahren – ausstellen“ reichen die Themen- stellungen der künstlerischen Beiträge.

Vielfältiges Rahmenprogramm Parallel zur Ausstellung findet während der gesamten 100 Tage ein vielfältiges Pro- gramm statt. Von „g‘schmackigen“ Work- shops und Vorträgen in der parallel laufen- Ein Modell der Wiener Molkereien dokumentiert den gesamten Produktionsablauf den Sonderausstellung „Geschmacksache. Was Essen zum Genuß macht“, einem Kon- zert der TMW-Musikautomaten, die Stücke und Einspielungen aus dem Jahre 1909 zum Besten geben, Führungen in die Depots, Restaurierwerkstätten und Archive, eine „Radio TMW“-Station, Diskussionen zur Rolle eines Technikmuseums für unsere Ge- sellschaft, bis hin zu einem Gastspiel der Sciencebusters, reicht hier die Palette des Angebots.

Ein Fest mit Marathoncharakter Zum Höhepunkt der Jubiläumsfeierlich- keiten von 17. bis 21. Juni 2009 wird das TMW 100 Stunden durchgehend geöffnet sein und bietet ein dichtes und aufregendes Programm in Zusammenarbeit mit namhaf- ten Kulturschaffenden und originellen Bei- trägen aus dem Technischen Museum Wien selbst. Hochspannungs-Show: Elektrizität wird anhand plastischer Beispiele erläutert

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 52 Kultur

Eine Publikation und haben Sie zum Beispiel die Möglichkeit, vir- tomie vorzunehmen. Freuen Sie sich auf fas- eine Webausstellung tuell eine Ultraschalluntersuchung, eine zinierende Einblicke in den menschlichen Für zuhause und von der ganzen Welt Bauchspiegelung an einem Modell oder di- Körper und die moderne Heilkunst! „ über das World Wide Web zugreifbar, entste- gitale Schnitte durch die menschliche Ana- http://www.tmw.at hen eine umfassende Publikation zur Ge- schichte des TMW im Verlag Ueberreuter und eine Webausstellung zum runden Ge- burtstag des Museums, konzipiert von der Österreichischen Mediathek.

Computer.Medizin Ohne Computer ist die heutige Medizin kaum noch vorstellbar. Ob bei der Präven- tion, Diagnose, Therapie oder Rehabilita- tion: Computer und andere Hightechgeräte sorgen heute für Gesundheit und Lebens- qualität. Einen umfassenden Überblick über die Bedeutung computergestützter Techno- logien bietet die Sonderausstellung „Compu- ter.Medizin“ Hightech für Gesundheit und Lebensqualität (Arbeitstitel) von Oktober 2009 bis April 2010. Die einzigartige Sonderaus- stellung wurde vom Heinz Nixdorf Forum (HNF) in Paderborn konzipiert. Das TMW plant die bestehende Ausstellung um öster- reichische Aspekte zu ergänzen. Spektakuläre Ausstellungsobjekte, viele Medienstationen und 35 interaktive Expo- nate laden zum Testen, Ausprobieren und Oben und unten: Das Bergwerk unterhalb des Technischen Museums Wien beein- Entdecken ein. An ausgewählten Stationen druckte schon Generationen von BesucherInnen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 53 Kultur Auftakt des Haydn-Jahres an der Botschaft Berlin Anläßlich des Haydn-Jahres 2009 wurde zum Pressegespräch mit Dr. Walter Reicher mit anschließendem Konzert des Haydn Trio Eisenstadt geladen

um Auftakt der Feierlichkeiten rund um Zden „Vater der Wiener Klassik“ wurde an der österreichischen Botschaft Berlin zu einem Pressegespräch mit anschließendem Konzert des Haydn-Trios Eisenstadt gela- den. Walter Reicher, künstlerischer Leiter von „HAYDN – 2009“, erläuterte vor Journa- listen und interessierten Konzertveranstal- tern aus Berlin, Leipzig, München, Potsdam und Hamburg das Konzept der kommenden Veranstaltungen rund um den 200. Todestag des Begründers der Wiener Klassik. Einen der Höhepunkte des Haydn-Jahres stellt das internationale Kompositionsprojekt „Dedi- cated to Haydn“ (D2H) dar, in dessen Mit- telpunkt das Haydn-Trio Eisenstadt steht. Im kommenden Jahr werden die Musiker rund um den Globus reisen, um in dieser Reihe Werke der Wiener Klassik und zeitgenössi- sche Auftragswerke im Geiste Haydns vor- zustellen. Auch der bekannte deutsche Kom- ponist Dieter Schnebel wird mit einem Kla- viertrio zu dem Projekt beitragen. Die Zusammenarbeit mit dem österrei- chischen Kulturforum Berlin wird in einer umfangreichen Deutschlandtournee des Haydn Trios Eisenstadt seine Fortsetzung finden, für die das Österreichische Kultur- forum Berlin (ÖKF) als Unterstützer in fi- nanzieller Hinsicht und in der Verbreitung des Konzepts von „D2H“ in ideeller Weise zur Seite steht. Foto: Haydn Trio Eisenstadt / Friedl Jankoschek Die Arbeit des ÖKF wird 2009 unter dem Haydn Trio Eisenstadt: Verena Stourzh (Violine), Harald Kosik (Klavier) und Hannes Gradwohl (Violoncello) Jahresmotto „aufeinander hören“ stehen, wobei die Feierlichkeiten um Joseph Haydn wird mit dem Pianisten Eric Schneider im einer der damals führenden, französischen wesentlich dazu beitragen werden: Neben ersten Halbjahr 2009 ein Programm am ÖKF Musikzeitschriften „Revue musicale men- der Realisierung eigener Projekte unterstützt gestalten, in dessen Zentrum Haydn-Kom- suelle de la S.I.M.“ ein Kompositionsprojekt das ÖKF Aktivitäten in Bezug zu Haydn in positionen stehen werden. der sechs führenden französischen Kompo- organisatorischer, logistischer, finanzieller Im Anschluß an das Pressegespräch prä- nisten Maurice Ravel, Claude Debussy, Paul und auch ideeller Hinsicht. Am 14. Mai 2009 sentierte sich das renommierte Kammer- Dukas, Reynaldo Hahn, Vincent d‘Indy und lädt das ÖKF zu einem „Cross-over“- musikensemble in den Räumlichkeiten der Charles Widor. Der Grund: eine Hommage à Konzert der World Music Band „Hotel Botschaft mit einem vielfältigen Programm Joseph Haydn, sechs Kompositionen für Palindrone“ zusammen mit der Pianistin mit Werken von Joseph Haydn und Tibor Klavier, in Auftrag gegeben von Jules Écor- Marialena Fernandes, bei dem vor allem die Nemeth. cheville. für das Schaffen Haydns bedeutende Volks- „Meine Sprache verstehet man durch die musik der Epoche auf Originalinstrumenten D2H-DedicatedToHaydn ganze Welt“ – basierend auf diesem wohl zum Klingen gebracht werden wird. Auch Anläßlich des 100. Todesjahres Joseph berühmtesten Zitat Joseph Haydns haben die der junge deutsche Bariton Stephan Genz Haydns entstand im Jahr 1909 auf Initiative Haydn Festspiele Eisenstadt die Idee von

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 54 Kultur

1909 wieder aufgegriffen und unter der Pro- (Schottische Lieder mit Lorna Anderson, zerten in Paris, Nikosia, Mechelen, Bozen, jektleitung von Harald Kosik, dem Pianisten Sopran, und Jamie MacDougall, Tenor), die Basel, Rom, Mailand, Frankfurt, Dresden, des Haydn Trio Eisenstadt, für das Ge- sich hervorragender Rezensionen erfreuen. Mönchengladbach, Nürnberg, Danzig, War- denkjahr 2009 ein weltweites Kompositions- Mit Bravour meistert das Ensemble den schau, Prag und Sarajewo – um nur einige projekt ins Leben gerufen: Das Projekt Spagat zwischen alter und neuer Musik und europäische Städte zu nennen – wird das „D2H – DedicatedToHaydn“. wird in diesem Sinne 2009 Klaviertrios von Haydn Trio Eisenstadt mit „DedicatedTo 18 KomponistInnen aus aller Welt - sechs und für Joseph Haydn gegenüberstellen. Haydn“ in London gleich eine ganze Woche österreichische, sechs europäische und sechs Sämtliche 18 Werke aus dem Projekt im „Kings Place“, einem nagelneuen Haus KomponistInnen aus allen anderen Konti- „DedicatedToHaydn“ werden in Koopera- für die Musik http://www.kingsplace.co.uk nenten, unter ihnen aufstrebende, junge tion mit dem DeutschlandRadio in Berlin im Herzen Londons, zu Gast sein. Talente ebenso wie bereits bekannte und re- vom Haydn Trio Eisenstadt eingespielt, die Zum TRIOthlon-Festival sind alle 18 Kom- nommierte Namen, widmen dem großen Box des Labels „Phoenix Edition“ mit 3 CDs ponistInnen des Projekts „DedicatedTo Meister und Wegbereiter der Wiener Klassik wird 2009 erscheinen. Haydn“ eingeladen, um der Aufführung ein Klaviertrio, ein Werk „DedicatedTo Ganz im Sinne des Projekts gehen die 18 ihres Werks beizuwohnen und auch den Haydn“. Auftraggeber der Werke sind die Werke 2009 auch auf Weltreise, besser ge- einen oder anderen Einblick in ihre Arbeit Haydn Festspiele Eisenstadt. sagt: das Haydn Trio Eisenstadt mit ihnen, und ihr Werk zu gewähren. Dieses Zusam- Die 18 neuen Werke beziehen sich auf gemäß dem Motto „Meine Sprache verstehet mentreffen der 18 KollegInnen seiner Zunft einen Aspekt aus dem Leben oder der Arbeit man durch die ganze Welt“. an seiner ehemaligen Wirkungsstätte im von Joseph Haydn. Auf ihre ganz unter- Die von den Haydn Festspielen Eisen- Schloß Esterházy wird den Höhepunkt die- schiedliche, nicht zuletzt auch kulturell ge- stadt initiierte Hommage wird das Haydn ser Hommage an Joseph Haydn im Gedenk- prägte Art und Weise gedenken die Kom- Trio Eisenstadt nach Südafrika, in die USA, jahr 2009 darstellen. „ ponistInnen Joseph Haydns und widmen ihm Kanada und Südamerika, nach Japan, China http://www.haydn2009.at/ ihr neues Werk. Besonders reizvoll erscheint und Australien und natürlich in die benach- http://www.haydntrioeisenstadt.at/ hier der unterschiedliche Umgang mit der barten Länder Europas führen. Neben Kon- http://www.kulturforumberlin.at/ kompositorischen Aufgabe des Projektes und dessen Gegenüberstellung. Die Dauer der neuen Werke ist auf 7 bis 10 Minuten be- grenzt. Die Werkgruppe D2H ist zum einen eine Hommage an Joseph Haydn, der die Gattung Klaviertrio überaus geschätzt hat. Nicht um- sonst hat er 39 Klaviertrios komponiert und dadurch die Entwicklung dieser Gattung maßgeblich beeinflusst und vorangetrieben. Zum anderen stellen die 18 neuen Kompo- sitionen von D2H ein besonderes Beispiel einer internationalen Zusammenarbeit und letztendlich selbstverständlich eine Erweite- rung der Klaviertrio-Literatur dar. Die 18 neuen Werke sollen auch nach 2009 häufig aufgeführt werden, ob als Einheit, in einer Auswahl oder als einzelne Klaviertrios.

TRIOthlon 2009 Beim TRIOthlon-Festival der Haydn Fest- spiele Eisenstadt vom 30. April bis 3. Mai 2009 werden alle 18 Werke zur Aufführung kommen. Sämtliche Aufführungen im In- und Ausland wird im Jahr 2009 das Haydn Trio Eisenstadt – Artist in Residence beim TRIOthlon-Festival – übernehmen. Das Ensemble gehört zu den weltweit führenden Interpreten der Musik Joseph Haydns und genießt ebenfalls einen exzel- lenten Ruf für die Interpretation neuer Musik. Die drei Musiker haben 28 CDs mit

Musik von Joseph Haydn eingespielt, darun- Foto: haydn2009.at ter die Gesamteinspielungen der 39 Klavier- Joseph Haydn erwarb 1776 dieses wunderschöne Haus in Eisenstadt als fürst- trios und der 429 Volksliedbearbeitungen licher Kapellmeister am Esterházyschen Hof und bewohnte es 12 Jahre lang.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 55 Kultur Die lustigen Nibelungen Familienrat im Schloß zu Worms: Warum sieht Gunther, der König von Burgund, so miesepetrig aus? Hat er sich an Drachenblutwurst überfressen? Die Antwort gibt die burleske Operette von Oscar Straus in der Wiener Volksoper.

ein! König Gunther plagt die blanke NFurcht vor der schlagkräftigen Königin Brünhilde von Isenland. Sollte er das Match gewinnen, zu dem er sie an seinen Hof gela- den hat, steht die Hochzeit an. Bisher hat Brünhilde die meisten Bewerber jedoch ein- fach totgeschlagen. Allein Siegfried von Niederland, der Drachentöter, konnte sie bis- lang besiegen. Gunther bittet Siegfried daher um Beistand im Zweikampf … Oscar Straus’ „Nibelungen“-Persiflage erlebte ihre umjubelte Uraufführung am 12. November 1904 im Wiener Carltheater. Musikalisch setzte sich der Komponist humorvoll mit dem großen Vorbild Richard Wagner auseinander. Als Straus 1916 die Leitung des Ronacher übernahm, eröffnete er mit den „Lustigen Nibelungen“, seinem ausgesprochenen Lieblingsstück. Die längst fällige Erstaufführung an der Volksoper kann durchaus als augenzwinkernder Kommentar zur Neuproduktion des „Ringes“ am Ring verstanden werden. Neben Richard Wagner nimmt Oscar Straus auch das Nibelungen- lied gehörig auf die Schaufel. Regisseur Robert Meyer – der Volksoperndirektor führt erstmals Regie an seinem Haus – sieht in den

„Lustigen Nibelungen“ aber auch eine Ver- Foto: Volksoper / Dimo Dimov ulkung des deutschen Heldentums und be- Birgid Steinberger als Brünhilde mit tont, daß dabei Anspielungen auf aktuelle Robert Wörle als Siegfried politische Geschehnisse nicht fehlen wer- sie wirbt erfolglos Michael Kraus, der als den. Seine Kompetenz in Sachen Wagner- schwachbrüstiger König Gunther auf die Parodie hat Robert Meyer bereits mit dem Volksopernbühne zurückkehrt. Lars Woldt vom Publikum gestürmten und von der wird als geldgieriger Onkel Hagen dem Presse bejubelten Solostück „Tannhäuser in wohlhabenden und verwegenen Schaum- 80 Minuten“ (seit kurzem auch auf DVD weinfabrikanten Siegfried gefährlich. Dieser erhältlich) unter Beweis gestellt. wird, als einziger Gast dieser Produktion, Bühnenbild und Kostüme stammen von von dem international renommierten Tenor dem in Wien lebenden Cristof Cremer. In Robert Wörle verkörpert. Johanna Arrouas üppiger, humorvoller und teils skurriler verkörpert als Waldvogel eine Mischung aus Ausfertigung wechseln die Stile zwischen Revuegirl und zwitscherndem Paradies- Mittelalter und Historismus und spiegeln die vogel. Die musikalische Leitung liegt in den Walzerseligkeit der Entstehungszeit ebenso Händen von Andreas Schüller, der neben der wider wie die Atmosphäre des Nibelungen- Volksoper auch an der Oper Köln, der liedes. Komischen Oper und als 1. Kapellmeister an Dieses Ensemblestück bietet der Volks- der Oper Leipzig tätig ist. „ oper aber auch die Möglichkeit, eine ihrer Premiere: 20. Dezember 2008 besonderen Stärken auszuspielen. So kann Weitere Vorstellungen am 29. Dezember;

man Birgid Steinberger in einer für sie Foto: Volksoper / Johannes Ifkovits 2., 6., 13., 20., 30. Jänner, 6., 22. Februar durchaus ungewöhnlichen Rolle als stets ge- Führt erstmals an seinem Haus Regie: und 2. März 2009 waltbereite Königin Brünhilde erleben. Um Volksoperndirektor Robert Meyer http://www.volksoper.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 56 Volksmusik Musik und Tanz bauen interkulturelle Barrieren ab Von Irene Riegler*)

usik und Tanz helfen, interkulturelle MBarrieren abzubauen. Sie sind aber auch wichtige Ausdrucksform für Gemein- schaften, die in ein anderes Lebensumfeld auswandern. Zu dieser Erkenntnis kamen die Teilnehmer des ersten Stammtisches zum Thema „Feste Feiern – Musik und Tanz als Potential für den interkulturellen Dialog“, zu dem das Österreichische VolksLiedWerk am 26. November einlud. Anlaß dafür war das Jahr des interkulturellen Dialogs. Die Teilnehmer mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Fachrichtun- gen kamen zu folgenden Erkenntnissen, die allen Kulturen gleich sind:

Jede Kultur, jede Nation hat ihre Festtage. Foto: Österreichisches Volksliedwerk Diese beruhen auf bedeutenden historischen Tiroler Lehrer im Rahmen des Schulprojekts »Mit allen Sinnen« oder auf glaubensbezogenen Ereignissen. Anliegen dieser Feiern ist es, sich zu erin- sich Österreicher und Deutsche zusammen- Bücher können im Österreichischen Volks- nern, für etwas zu danken, sich gegen Unheil finden. liedwerk eingesehen und gekauft werden. zu schützen oder um Glück zu bitten. Nicht Die TeilnehmerInnen sind sich einig, daß Der VolksLiedWerkStammTisch, zu dem selten kommen dabei oft übernatürliche es für eine Integration in eine fremde Kultur sich ausgewählte Personen unterschiedlicher Kräfte ins Spiel. Feste sind auch durch wich- von Bedeutung ist, über deren Feste, Rituale Standpunkte und Fachrichtungen zu einem tige, wiederkehrende Elemente, Rituale und und Verhaltensformen zu erfahren, um so bestimmten Thema treffen, wird seine Fort- Bräuche gekennzeichnet. Dazu gehören Ver- sein neues Lebensumfeld besser zu verste- setzung finden. Ziel dieser Veranstaltung ist, kleidungen, Licht, Essen, Trinken und im hen. Der Österreichische Integrationsfond ver- den informellen Austausch zwischen Wissen- speziellen Musik und Tanz. Sie machen das sucht, Bewohner der Wiener Integrationshäu- schaft, Kultur- und Bildungsarbeit zu för- Fest erst zu einem vergnüglichen Zeitvertreib ser verstärkt mittels Besuchen von Kultur- dern. abseits des Alltags. Kulturelle und familiäre einrichtungen in Österreich zu integrieren. Es Zu dem Thema Feste feiern, ihre Not- Gemeinschaften prägen diese unterschiedlich. wird aber auch die Notwendigkeit gesehen, wendigkeit, damit verbundene Bräuche und Feste dienen damit sowohl zur Identifikation Aktionen zu setzen, um jenen die Augen und musikalische Gestaltungen diskutierten und als auch zur Repräsentation einer Kultur. Ohren für Fremdes und Anderes zu öffnen, musizierten diesmal: Besonders stark kommt das zum Aus- die sich mit neuen Einflüssen in ihrer Kultur  Vertreterinnen des Verein der Griechen, druck, wenn Gemeinschaften in ein neues konfrontiert sehen.  Vertreterin Kultur Kontakt Austria, Lebensumfeld auswandern. So gibt es in allen Auf Grund ihres feierlichen oder fröh- Projekt Schulaktion „Interkulturalität und Ländern Vereine und Gruppen, die soziale lichen Charakters können gerade Musik und Mehrsprachigkeit – eine Chance!“, und kulturelle Anlaufstellen in der Fremde Tanz leicht Barrieren abbauen.  Musiker der Wiener Symphoniker, sind. So erzählt eine Vertreterin des Vereins In den Schulen passiert in diesem Bereich  ein aus Deutschland stammender der Griechen in Wien, daß viele in Wien bereits Einiges: Schulprojekte von Kultur Musikmanager, lebende Griechen griechische Tänze lieben, Kontakt Austria zielen darauf ab, die  Vertreter aus Zypern, Österreich und die zu Hause kaum getanzt werden. Mehrsprachigkeit in der Klasse als Chance Nigeria von „Soho Ottakring“, Für die TeilnehmerInnen ist auch interes- für Projektarbeit zu nutzen. Die aus unter-  Vertreter des „Österreichischen Integra- sant zu beobachten, daß im Ausland Bar- schiedlichen Nationen stammenden Wiener tionsfonds“, rieren zwischen ähnlichen Kulturen plötzlich Symphoniker machen damit in ihrem Schul-  Vertreter des Volksgesangsvereins Wien fallen und man sich in der Fremde gerne in projekt sehr gute Erfahrungen. Das Österrei- und eine Vereinen oder Gemeinschaften zusammen- chische Volksliedwerk betreut erfolgreich  österreichische Anthropologin mit schließt. So findet man überall auf der Welt seit über 10 Jahren das Schulprojekt „Mit Schwerpunktforschungen in Kuba. „ deutschsprachige Kulturvereine, in denen allen Sinnen“. Hier soll mittels Volksmusik, Österreichisches Volksliedwerk -tanz und Spiel der interkulturelle Austausch Operngasse 6, 1010 Wien *) Mag. Irene Riegler ist Geschäftsführerin des Öster- gefördert werden. Die Materialien zu diesem Telefon: ++43 / (0)1 / 512 63 35 DW 14 reichischen Volksliedwerkes in Wien Projekt und interkulturelle CDs, Noten und http://www.volksliedwerk.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 57 Österreichischer Film Echte Wiener Kurz vor seinem 80. Geburtstag muß Edmund »Mundl« Sackbauer den Abriß seines geliebten Kleingartenhäusels erleben. Die Schrebergartensiedlung weicht einer Autobahn. An Mundls Seite nur Ehefrau Toni und Papagei »Schurli« – ein Bild des Jammers. Doch ein »ECHTEr WIENER« geht nicht unter ;-) Fotos: Thimfilm Verleih

Edmund »Mundi« Sackbauer mit Ehefrau Toni (Ingrid Burkhard) und dem Papagei »Schurli« verlassen ihren Schrebergarten.

esen ist der größte Scheiß! Das macht Charakter wird derselbe sein. Aber er wird trotteln“ (Sohn Karli), „Bettbrunzern“ Ldie Leut nur deppert!“ Stimmt! Deshalb sich vielleicht anders ausdrücken müssen.“ (Schwiegersohn Franzi) und „Fetznschedln“ hauen wir uns demnächst einen gepflegten Der Mundl ist wie ein Verkehrsunfall – (alle anderen), wie zum Beispiel die Eltern Film in die Venen, denn die „Bonus Film“ man kann nicht wegschauen. Die einen seiner Schwiegertochter Irma: zwei Bürger- brachte Edmund „Mundl“ Sackbauer Mitte rümpfen vielleicht die Nase – igitt, Arbeiter- liche, die sich im Hause Sackbauer eben Dezember ins Kino. Mit der gesamten Kult- klasse –, die anderen fühlen sich in Mundls nicht wie zu Hause fühlen. Oder Franzis Familie in Original-Besetzung. Nach einem Welt eh zu Hause – aber anschauen tun ihn Mutter und Mundls Bruder Schani, die ver- neuen Drehbuch von Mundl-Erfinder Ernst alle. bandelt sind, die „zwa oiden Scheißer“. Oder Hinterberger! Beinahe 30 Jahre lang war ein Szenenbild: 24 Folgen lang haut Edmund das befreundete Hausmeisterehepaar Fini neues Abenteuer der Familie Sackbauer ein Sackbauer auf den Familien-Tisch, daß es und Kurti Blahovec: Während er sich mit Ding der Unmöglichkeit. nur so kracht. Weil Mundl kein Bier be- Mundl besäuft, kommt sie ganz schön „Da braucht’s schon eine Planierraupe, kommt, weil seine Frau Toni keine Zeit ge- rum… um den Mundl zurückzubringen“, stöhnte so habt hat. Weil ihn die Chefitäten wieder mal Und dann hat der Mundl so hirnverbrann- mancher. Und so war es dann auch: In seiner entlassen haben. Weil sich seine Tochter te Ideen, daß man gar nicht hinschauen kann: letzten TV-Folge feiert Edmund Sackbauer Hanni in den Dichter Franzi verliebt („aus- Da will er sich ein Haus kaufen, um eine seinen 50. Geburtstag. In seinem ersten Kino- gerechnet so a Diptrienotto“). Weil sich seine Million Schilling, die er nicht hat, oder die Film wird Mundl 80 Jahre alt. Frau fast scheiden läßt wegen seiner ewigen Wohnung renovieren für seine Toni und geht Allerdings gilt für den runderneuerten Trinkerei. Aber da kann ja der Mundl nix dabei einem Kredithai auf den Leim. Er be- Mundl: „Man muß ihn heutig spielen. Der dafür, daß er umgeben ist „von lauter Voll- schattet seinen Sohn Karli, der sich mit den

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 58 Österreichischer Film

Peitschallbuam anlegt und erbt ein Haus, das von der alten „Haustratschn“, der Horak Auch Ur-Enkel Edi kriegt sein Fett weg, beim Atomreaktor steht. (Hilde Sochor). Von ihrem Gekeppel läßt seine Freunde bringen ihn als „Alkohol- In 24 Folgen wird er x-mal entlassen, hat sich Mundl trotz seiner Trauer um den leich“ zu René nach Hause, wo prompt ein x verschiedene Jobs, prügelt sich mit Zu- Schrebergarten nur wenig beeindrucken: Streit ausbricht und eskaliert. Am Ende ist hältern, beleidigt die Kieberer, die Tiroler, „Kumm Schurlibub, die Schaastrommel laß Edis Gitarre hin und die Beziehung zwi- die Piefke und überhaupt alle, die mit ihrer ma anglahnt.“ schen Vater und Sohn sowieso. Der Besuch Goschn ka Leiberl reiß’n beim Herrn Mundl. Zu Haus, auf der Loggia, die in Zukunft beim Kurti Blahovec war für Mundl nicht Aber daß sein Enkel nicht nach ihm be- das Gartenhäusl wird ersetzen müssen, er- aufbauend, im Gegenteil. nannt wird, kann er überhaupt nicht verste- hen. Der Mundl motschgert viel, aber nach seinem Betriebsunfall ist er ein wenig zu- traulicher. Nachher bringt er es sogar bis zum Betriebsrat – eh nicht lang – und bekommt zu seinem 50. Geburtstag einen Schreber- garten – da hat er sich gefreut, der Edmund. Am Ende müssen sie aber alle raus aus der Hasengasse, die Fini, der Kurt und die Sackbauers und rein in den 21. (Floridsdorf), vielleicht eine Wohnung mit Balkon. Inter- essiert den Mundl nicht, auf einen „Balkon wird g’schiss’n“. Der Großvater ist in der Hasengasse geboren. Und dann zieht auch noch die Hanni mit dem Franzi nach Hamburg, weil er jetzt doch endlich Erfolg hat mit seine deppaten Bü- cher. Das nimmt alles kein gutes Ende mit der Familie. „Is eh wurscht“ – Mundl geht trotzdem nicht unter.

Der Film Kurz vor seinem 80. Geburtstag muß er dann den Abriß seines geliebten Kleingarten- Auf der Donauinsel (vorne v.l.) Edmund »Mundl« Sackbauer (Karl Merkatz), Ex- häusels erleben. Die Schrebergartensiedlung Schwiegersohn Franzi »Nudlaug« (Alexander Wächter), Kai-Uwe Lemke (Charles weicht einer Autobahn. An Mundls Seite nur Brauer) und Mundl-Tochter Hanni Sackbauer (Erika Deutinger); stehend (v.l.): Ehefrau Toni (Ingrid Burkhard) und Papagei Antonia »Toni« Sackbauer, Ehefrau von Mundl (Ingrid Burkhard), Mundl-Sohn »Karli« Sackbauer (Klaus Rott) und dessen Frau »Irmi« Sackbauer (Liliana Nelska) „Schurli“, ein Bild des Jammers. Der Sohn der Sackbauers, der pensionier- wischt es den Mundl doch noch, da helfen Kaum zu Hause, gerät er ins Grübeln. te Beamte Karli (Klaus Rott), frönt indessen auch etliche „Flaschln“ Bier nicht, denn der Über das Altwerden, über die Kinder und auf dem Golfplatz seinem liebsten Zeit- Schrebergarten ist weg, für immer. Während Enkelkinder. Über die alten Zeiten, die er im vertreib. Irmi, seine Gattin (Liliana Nelska), der hoffnungsvolle Musiker Edi seinen Fotoalbum noch einmal Revue passieren steht mitten in Vorbereitungen zu einer Kummer über den desinteressierten Vater lässt. Und über die Tochter Hanni (Erika Modeschau. Der 13jährige Mundl-Ur-Enkel René in Vodka-Lemon ersäuft, feiern zwei Deutinger) die nach der Trennung von Fran- Edi (Pascal Giefing) mit seiner Band wird andere den Erfolg der Modeschau – Petra, zi „Nudlaug“ Vejvoda (Alexander Wächter) bei diesem Event gleich seinen ersten Gig die Schwester von Renè (Hilde Dalik), ist gar in Deutschland geblieben ist. Pensions- haben, die Spannung steigt und Alkopops mit ihrer Lebensgefährtin, der Fotografin wirtin ist sie geworden in Hamburg und Kai- machen unter den Jungmusikern die Runde. Margot (Doris Hindinger) glücklich, nicht Uwe, einen Geliebten (Charles Brauer) hat In der Osteuropa-Zentrale eines Kon- nur über die Modeschau, auch über die blen- sie dort. Von Wien will sie schon seit Jahren zerns in Bratislava präsentiert Edis Vater denden Zukunftsaussichten. Gemeinsam nix mehr hören. Nein, das ist keine gute Zeit René (Manuel Rubey) gerade seine neue träumen sie von einer großen Karriere als für den Mundl. Nicht nur die treue Toni Software für Mitarbeiterverwaltung und Per- Model und Fotografin in Paris oder London. merkt das, auch der Stanek (Franz Buch- sonalkostenverrechnung. Ein Handyläuten Für Mundl sind die unangenehmen Über- rieser) und alle anderen Nachbarn im Ge- stört René, es ist ein Anruf von Edi, den er raschungen auch am Tag nach seiner großen meindebau haben genug von der lautstarken sofort wegklickt. Zum ersten Auftritt von Trauer noch längst nicht vorbei. In der Früh Verdrießlichkeit des alten Sackbauer. Dabei Edi und seiner Band in Wien wird Renè zu kommt ein Anruf – Kurti Blahovec (Götz hat er doch bald seinen Achtziger. Seinen spät kommen. Mundl und Toni samt Schurli Kauffmann) ißt seit längerem nicht mehr Achtziger? Auf einmal ist sich die Toni si- wohnen in einem 20stöckigen Gemeindebau richtig, schüttet nur Alkohol in sich hinein cher: „Das muß gefeiert werden!“ „ der 70er Jahre. Ihre Wohnung hat eine Log- und ist jetzt kollabiert. Mundl bricht sofort http://www.echtewiener.at/ gia und liegt im 14. Stock, gleich neben der auf ins Spital. http://www.mundl.net/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 59 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In dieser Folge portraitiert er Nora Gregor Schauspielerin

ora (Eleonora) Gregor, geboren am 3. Fe- Österreich neben der Tänzerin Anita Berber Nbruar 1901 im istrischen Görz (heute in „Irrlichter der Tiefe“ (1923), in Deutsch- Gorizia, Italien), in erster Ehe mit dem land in Carl-Theodore Dreyers „Michael“ Pianisten Mitja Nikisch verheiratet, debü- (1924) neben Walter Slezak und Paul tierte 1918 in Wien, trat 1919-1922 am Czinners „Der Geiger von Florenz“ (1926), Stadttheater Wiener Neustadt, danach am in dem Elisabeth Bergner ihre Gegenspie- Raimundtheater, am Theater in der Josef- lerin war. stadt bei Max Reinhardt und dazwischen Die überaus hübsche Darstellerin mit un- 1925 an dessen Deutschem Theater in Berlin übersehbar glamouröser Ausstrahlung, aber auf. Sie fand früh zum Film, spielte u. a. in auch einiger Reserviertheit, hauptsächlich

Nora Gregor

dem Theater verbunden, wurde 1930 überra- schend von Metro-Goldwyn-Mayer für die Produktion deutschsprachiger Filmversio- nen amerikanischer Originalfassungen nach Hollywood verpflichtet und im großen Stil angekündigt. Die Gesellschaftskomödie „Olympia“ nach Franz Molnár („His Glo- rious Night“), Nora Gregors erster Sprech- film, bei dem sie noch das Mikrophonfieber überwinden mußte, das Kriminaldrama „Mordprozeß Mary Dugan“ („Trial of Mary Dugan“) und die All-Star Revue „Wir schal- ten um auf Hollywood“ entstanden in den MGM-Studios in Culver City. Die Schau- spielerin übernahm nach intensivem Sprach- studium einen Minipart in „The Man in Pos- session“ (1931) und spielte (nach einem Zwischenaufenthalt in Deutschland) als Partnerin Robert Montgomerys in ihrem eigentlichen Hollywooddebüt in dem nicht sehr erfolgreichen Streifen „But the Flesh Is Weak“ (1932). Die Rolle in der Adaption des Theaterstücks „The Truth Game“ von Ivor Novello bot ihr keine Chance, besondere Gestaltungsmöglichkeiten zum Ausdruck zu bringen. Obwohl ihre Leistung in „Olympia“

Fotos: Archiv Ulrich überragend war, fanden Hollywoods Produ- Nora Gregor als Partnerin Robert Montgomerys in ihrem eigentlichen Hollywood- zenten letztlich keine richtige Verwendung debüt: in dem nicht sehr erfolgreichen Streifen »But the Flesh Is Weak« (1932) für den Star. Aufgrund fehlender künstleri-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 60 Serie »Österreicher in Hollywood«

„La Fruta mordida“ (aka „Le Moulin des Andes“; 1944 fertig gestellt, die Urauffüh- rung erfolgte erst 1949 in Santiago; Regie: Jacques Rémy), führte sie von Argentinien erstmals in die Andenrepublik. Nach der Kriegserklärung Argentiniens an Deutsch- land in den letzten Kriegsmonaten übersie- delte Nora Gregor auf Wunsch ihres Mannes mit ihrem Sohn nach Chile, in die Nähe von Viña del Mar. Nora Gregor-Starhemberg starb am 20. Jänner 1949 während eines Kurz- aufenthaltes in einem Hotel in der Haupt- stadt Santiago, wo sie sich Reisepapiere für einen Besuch bei ihrem noch immer in Argentinien lebenden Mann besorgen woll- te. (Vgl. Starhemberg, Ernst Rüdiger: Die Erinnerungen, 3. Auflage, Wien/München: Amalthea 1991, S. 319. – Den Ausführungen des Sohnes von Nora Gregor, Heinrich Rü- diger Fürst Starhemberg, wurde der Vorzug vor anderen biografischen Statements gege- ben, die von Scheidung der Eheleute Star- hemberg und einem Selbstmord der Schau- spielerin im chilenischen Seebad Viña del Mar berichten. „

Fotos: Archiv Ulrich it dem Buch „Österreicher in Holly- Jacques Feyder, Regisseur der deutschsprachigen MGM-Produktion »Olympia« Mwood“ legte der Zeithistoriker Rudolf (1930), erwartete seine Hauptdarstellerin Nora Gregor auf dem Bahnhof in Los Ulrich die lang erwartete Neufassung seines Angeles. Neben ihm die monegassische Schauspielerin Tania Fédor, die in der 1993 erstmals veröffentlichten Standardwer- französisch-sprachigen Version der US-Originalfassung mitwirkte. kes vor. Nach über 12jährigen Recherchen scher Perspektiven kehrte die Österreicherin, amerika. Ein Engagement für die franko-chi- konnten 2004 die Ergebnisse in Form einer entgegen den Intentionen ihres Mentors lenische Koproduktion „Le fruit mordu“/ revidierten, wesentlich erweiterten Buchaus- Irving Thalberg, nach fast zweijährigem Auf- gabe vorgelegt werden. „Diese Hommage ist enthalt in Kalifornien nach Europa zurück. nicht nur ein Tribut an die Stars, sondern 1933 drehte Nora Gregor zwei Filme in auch an die in der Heimat vielfach Unbe- Berlin und Wien-Sievering, gehörte 1933 bis kannten oder Vergessenen und den darüber- 1937 dem Burgtheater an, erhielt den Titel hinaus immensen Kulturleistungen österrei- Kammerschauspielerin und wirkte bei den chischer Filmkünstler im Zentrum der Welt- Salzburger Festspielen mit. Im Dezember kinematographie gewidmet: „Alles, was an 1937 folgte die Vermählung mit dem öster- etwas erinnert, ist Denkmal“, schließt der reichischen Heimwehrführer und Vizekanz- Autor. ler Fürst Ernst Rüdiger von Starhemberg. Rudolf Ulrich und der Verlag Filmarchiv Das Paar verlebte die Flitterwochen in der Austria bieten Ihnen, sehr geehrte Leserinnen Schweiz, die zum Auftakt des Exils wurden, und Leser, die Mög- die „Heimholung“ Österreichs Anfang März lichkeit, in den kom- 1938 verhinderte eine Rückkehr. In Paris menden Monaten im brachte Nora Gregor 1939 mit dem Porträt „Österreich Journal“ der Marquise de la Chesnaye in Jean Renoirs einige Persönlichkei- meisterlicher und kritischer Sozialsatire, „La ten aus dem Buch Règle du Jeu“ („Die Spielregel“) ihre be- „Österreicher in Hol- kannteste Charakterzeichnung auf die Lein- lywood“ kennenzuler- wand. Dies gab – vergeblich – Anlaß, von nen. einem Comeback in Hollywood zu träumen, wo ihre beste Freundin Hedy Lamarr eben Rudolf Ulrich erst begann, Triumphe zu feiern. Die Fürstin „Österreicher in Hollywood“; 622 Seiten,

ging nach dem Zusammenbruch Frankreichs Foto: MGM zahlreiche Abb., 2. überarbeitete und erwei- 1940, getrennt vom Ehemann, der noch bei Nora Gregor in der Titelrolle des MGM- terte Auflage, 2004; ISBN 3-901932-29-1; den Forces Francaises Libre diente, nach Süd- Films "Mordprozeß Mary Dugan" (1931). http://www.filmarchiv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 61 Die Weihnachtsgeschichte Die Weihnachtsandacht des Zimmermanns Die Weihnachtsgeschichten von Peter Rosegger zählen zu den bekanntesten und beliebtesten im deutschen Sprachraum. Zum Vorlesen oder selber Schmökern in besinnlichen Stunden. »Die Weihnachtsandacht des Zimmermanns« ist eine davon, die im neuen Rosegger-Buch des L. Staackmann Verlags enthalten sind.*)

ndlich war es vorüber, das schreckliche Fegen, und Scheuern und „Geh’, was du nicht sagst, Mann! Du machst beim Schlafen gera- EStaubjagen, ein taglanges Rasen, bei dem kein Hausrat, kein de den allermeisten Lärm. Wenn du schon beim Herumschlagen mit Möbelstück, kein Wandschmuck an seiner Stelle blieb, bis jedes Holz den Händen keinen Stuhl umwirfst oder der Wand kein Loch gefegt, jeder Stein getüncht, jedes Metall blank gerieben war, nun schlagst, so meint man doch, es gehen mindestens zwei Brettersägen prangte das Haus in klarster Reine. Nach dem Sturm die Ruhe wirkt und eine Dreschmaschine.“ sowieso schon feierlich, nun erst gar, wenn das Christkind kommt. „Die Brettersägen und die Dreschmaschine muss man freilich Irgendwo im Hause steht die Wiege, darin das Göttliche schläft. Wer abstellen am Heiligen Abend“, sagte er gutmütig und setzte sich auf. Schuhe an hat, der ziehe sie aus, und wer in Socken ist, der schleiche „Wer’s nicht gewohnt ist, dein Schnarchen!“, rief sie aus. auf den Zehenspitzen – denn – es schläft. „Aber Frau, bist du das denn immer noch nicht gewohnt?“ Die Hausfrau eilt mit bedeutsamen Gebärden in den Kammern „Nicht so dumm reden sollst, beten sollst. Da, such’ dir heraus ein umher, sie soll überall nach dem Rechten sehen und den Boden nicht Weihnachtsgebet!“ betreten, sie soll alle Kästen und Truhen und Fenster prüfen und doch Sie langte das Buch von der Stelle, wischte den alten, zerschlisse- nichts berühren, auf dass alles in seinem unangetasteten Glanze nen Einband mit der Schürze ab, er war schon wieder staubig, und bleibt. An den Fenstern rüttelt der Wind und wirbelt Schneestaub in legte es auf den Tisch. die Ecken, so dass Wetterdunkel und Schneedunkel die Stube schier „Was hast denn schon wieder für Mucken?“, fragte er sie gelas- nächtig machen. sen, „wenn sie läuten, werd ich ja beten. Jetzt will ich noch ein bis- Der Tisch in der Wohnstube ist überdeckt mit einem weißen sel schlafen. Müde bin ich.“ Tuche, darauf steht ein Kruzifix, eine brennende Weihekerze und in „Zanken und Unfried machen sollst nicht!“, rief sie heftig und einem bunten Wasserkrüglein ein Kirschbaumzweig, der vor drei stieß zornig am Tisch den Fußschemel beiseite. Er schaute sie an und Wochen, am Barbaratag, vom Baume gebrochen worden war und der schmunzelte. „Weib, bei dir hilft nicht einmal das Altwerden was, du dieser Nacht aufblühen soll. Die Knospen an ihm glänzen und bleibst doch alleweil die gleiche.“ schwellen, jede Stunde können die weißen Blättchen sich entfalten. „Weil’s wahr ist!“, sagte sie, „wenigstens an solchen Tagen soll An die Tür eilt die Hausfrau, öffnet sie still, hebt den Zeigefinger der Mensch dran denken, dass er Tauf und Chrisam an sich hat. Hast und macht ein „Psst!“ hinaus in die Küche, wo die Magd mit den denn nicht ein bissel ein Andacht! Weißt’ denn nit, dass morgen Brennscheitern und dem Herdgeschirre nicht leise genug umgeht. Christtag ist?“ Psst! Das Christkind schläft! Die Frau ist in feierlicher Andacht fast „Tu ich denn was Schlechtes?“ versunken. Ihr bleichendes Haar hat sie in zwei Kränzen um das „Aber auch nichts Gutes. Jetzt such dir das Weihnachtsgebet her- Haupt gewunden, das rote Busentuch hat sie umgebunden und die aus, sag’ ich!“ Darauf entgegnete er: „Das Frommsein hab’ ich mir seidene Schürze. Um die gefaltenen Hände den Rosenkranz ge- mein Lebtag nicht schaffen lassen. Wenn’s nicht von selber schlungen, so sitzt sie nun im Armstuhl neben dem Tisch und kann kommt…“ nichts denken als: Der Heilige Abend! Das Christkind. „Bei dir von selber? Max und Josef, da kannst lang warten. Bist Da ist plötzlich im Stubenwinkel ein Gepolter. Ihr Mann, der eh in den Werktagen so unchristlich, dass es eine Schand’ist. Die hei- Zimmermeister, der auf der Wandbank lag, hatte sich umgewendet ligen Tage sind da zum Frommsein.“ und dabei mit dem Ellbogen so derb an die Stuhllehne gestoßen, dass „Ich pfeif’ drauf!“, versetzte der Zimmermeister unmutig. „Wenn es klapperte. „Pssst!“, zischt sie und steht rasch auf, „Mann, was hast der Mensch die ganze Woche schwer gearbeitet hat, in Gottsnam denn für einen Unfried?“ seine Pflicht hat erfüllt und niemandem unrecht getan, da soll er am „Ich? Unfried?“ brummt er und fährt sich mit der Hand über’s Sonntag extra noch fromm sein. Ja, Alte, wie muss man denn das Gesicht. „Soll man denn nicht mehr schlafen dürfen. Lass mich anfangen?“ zufrieden!“ „Beten sollst, hab ich gesagt und still sein. Der heilige Christ wird „Wenn du schon nicht beten willst, so sollst wenigstens keinen dir noch früh genug munter werden, wenn er kommt, zu richten die Lärm machen. Schlafen sollst auch nicht.“ Lebendigen und die Toten. – Jeß Maria, was ist denn das?“ „Aber, Alte, gerade beim Schlafen macht der Mensch am wenig- Ein Augenblick Finsternis in der Stube, als ob ein schwarzes Tuch sten Lärm!“ an den Fenstern vorüberflöge, ein dumpfer Schlag, dann ein Auf- wirbeln des Schneestaubes draußen. Der Zimmermeister wandte sich *) Die schönsten Kurzgeschichten gibt es ab sofort in einem Band zusammengefasst ans Fenster und blickte hinaus. Vom alten Kiefernbaum, der vor dem und in neuer deutscher Rechtschreibung völlig neu überarbeitet. Hause stand, hatte der Sturm einen Ast herabgebrochen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 62 Die Weihnachtsgeschichte

„O Gott, o Gott, der ungestüme Tag heut!“, jammerte das Weib, Kleinen heulend umher und nur zur Not gelang es, sie bei Nachbarn die Hände ringend, „das bedeutet nichts Gutes, das bedeutet ein unterzubringen. Am allerwenigsten mochte man das Scharlachkranke unfriedliches Jahr.“ Kind haben, bis es endlich der Schullehrer ins Haus nehmen wollte; „Wenn dich der Teufel nicht holt, wohl gewiss!“, brummte er in aber gerade ihm wurde es untersagt, die Seuche ins Schulhaus zu ver- gutmütigem Tone. pflanzen. Die kinderlose Zimmermeisterin wurde angegangen, allein „Heut’ streit ich nit mit dir“, sagte sie mit kalter Überlegenheit, diese wollte sich durch ein krankes fremdes Kind den heiligen „aber wart’ nur, bis der heutige Tag vorbei ist. Du wirst schon noch Weihnachtsfrieden nicht stören lassen. Schließlich erinnerte sich der sehen, wen der Teufel holt!“ Pfarrer daran, dass er, der in dieser Nacht erwartet wurde, gesagt hat: Sie ging zum Weihbrunngefäß, das am Türpfosten hing, tauchte Wer so ein Kind aufnimmt, der nimmt mich auf. Mit Güte und List drei Finger ein und besprengte die Stube, besonders aber ihren Alten. setzte er es bei seiner Häuserin durch, dass das Kleine mit der Mutter Der starrte sie verdrossen an und rührte sich nicht. „Nit einmal be- so lange im Pfarrhof sein dürfe, bis das Dach zur Not hergestellt sei. kreuzigen tut er sich, wenn er besprengt wird!“ Sie eilte in die Küche, Der Zimmermeister sei hinausgegangen. Seine Stimme war lauter kam mit einem Gluttopfe zurück und streute Weihrauch hinein und als die des Sturmes, als er jetzt seine Gesellen und die Nachbarn zu- räucherte nach Weihnachtssitte in der Stube herum, an den Tisch, ans sammenrief. Sie kamen mit Werkzeug und Leitern und Balken und Ehebett und endlich auch an den Ehemann, bis diesen der Weihrauch nun begann ein Pochen und Hämmern im Dorf, das bei Fackelschein so sehr in die Nase stieg, dass er anhub zu fluchen und ein Fenster durch den ganzen Abend dauerte, zum Entsetzen der Zimmer- aufriss. mannsfrau, der die heilige Stille, der himmlische Friede dieser Nacht Das war gerade zu rechter Zeit. Von der Gasse, durch das Pfeifen so ganz und gar über alles ging. „Wie soll der Kirschbaumzweig auf- des Windes, hörte man erregte Menschenstimmen. Grob' Schaden blühen, wenn es so unfriedlich zugeht! Und das Christkind, wie soll getan hätte es im Dorf. Der Grabenzenza hätte der Sturm die Hütte es schlafen?“ abgedeckt, dass man gar von oben ins wuselnde Kindernest hinein- Als auf dem Kirchturm die Glocken anhuben zu läuten, schrien sehe. und hämmerten noch die Arbeiter auf dem Hüttendach der Graben- „Weil’s nicht beten wollen, die Leut’!“, jammerte unsere Zim- zenza. Als die Gemeinde in der Kirche ihre Lieder sang, erscholl, mit mermannsgattin, „Maria und Josef, zu geht’s auf der Welt! Der ganze dem Brausen des Sturms um die Wette, immer noch der Lärm, das heilige Abend ist verdorben und statt, dass er jetzt tät Weihnachts- Pochen und Klingen der Dachnägel, dass es für die frommen Frauen, gebeter beten, lauft er davon. Wer, frag’ ich, soll uns denn beschüt- die dergestalt um alle Weihnachtsstimmung kamen, ein wahrer Graus zen, als unser Herrgott!“ war. Endlich, als alle Glocken zusammenklangen und die Orgel der Die Grabenzenza war eine Witwe mit drei kleinen Kindern, wo- Mitternachtsmesse hell ertönte, da sprangen die Arbeiter vom Dach von das älteste im Scharlach darniederlag. Man hatte das Weib nicht und gingen in die Kirche. gern im Dorf, man sagte ihm nach, dass es zur Herbstzeit manchmal Der Zimmermeister sah sich in dem wüsten Bretterwerk mit sei- dort Kartoffeln ernten täte, wo es keine gepflanzt hatte. Nun das Hüt- nen zwei Gesellen allein. Nur der Sturmwind arbeitete tapfer daran, tendach so zerstört war, dass das Dachbretterfletz auf der Gasse lag das wieder zu zerreißen, was Menschenhände eben mühsam aufge- und der Wind den Schnee in die Stube trieb, irrte die Zenza mit ihren stellt hatten.

Peter Rosegger Österreichs großer Dichter Peter Rosegger wird am 31. Juli 1843 in Alpl/Steiermark als Sohn eines Waldbauern geboren. Von Kindesbeinen an hilft Peter am elterlichen Hof mit. Nachdem sich abzeichnet, dass Peter für die anstrengende Arbeit am Bauernhof körperlich zu schwach ist, beginnt er mit 16 Jahren eine Lehre bei einem Schneider. Zwi- schendurch versucht er sich immer wieder als Autor und sendet Erzählungen an die Grazer „Tagespost“. Insbesondere der Grazer Redakteur Adalbert Svoboda macht als erster nachhaltig auf die dichterische Begabung Roseggers aufmerksam. Nach dem missglückten Versuch einer Buchhänd- lerlehre in Laibach (aus Heimweh abgebrochen) besucht er bis 1869 die Grazer Handelsakademie und veröffentlicht schließlich sein erstes Buch „Zither und Hackbrett“. 1876 gründet er die Monatszeitschrift „Heimgarten“. Er widmet sich unermüdlich dem Schreiben und bis 1881 veröffentlicht er 30 Bände. Sein Lebenswerk umfasst insgesamt 43 Bände. Soziale Pro- jekte nehmen einen wichtigen Teil seines Lebens ein. Er finan- ziert Schulen und Kirchen, vor allem in seiner Heimat, in Alpl. Ein Leben lang mit seiner Heimat und den Menschen dort eng ver-

bunden, stirbt er schließlich 1918 in seinem Haus in Krieglach. Peter Rosegger (1843-1918) Foto: Land Steiermark

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 63 Die Weihnachtsgeschichte

Der Meister hatte das Dach bis zum Morgen fertig haben wollen, dem Kirchgang, vom Grabenhäusel her. Mir hat’s gerade frei die Seel nun er sah, dass die Leute ihn bei diesem Werke verlassen, dass sogar herausgeschaudert.“ die Knaben ihre Fackeln in den Schnee geworfen hatten und in die Der Pfarrer saß da, hielt die Hände über dem Schoß gefaltet und Kirche liefen, hub er an abscheulich zu fluchen. „Hol’ sie der Satan, blickte das erregte Weib lächelnd an. „Gehört habe ich wohl etwas“, diese gottverdammte Betbruderschaft! Das hab’ ich schon gar gern! sagte er dann, „aber ich habe das für ein Gebet gehalten!“ Den Herrgott vor lauter Bigotterie schier die Zehen wegschnabeln „Gebet?!“, stöhnte die Zimmermeisterin, hob ihre Hände, legte sie und ein armes Leut’ können sie sterben und verderben lassen. Da hoch in den Lüften zusammen und ließ sie sinken, als ob sie der kräht kein Hahn danach! Hocken in den Kirchenwinkeln herum bis Schlag gestreift hätte. sie stinkend werden. Der da oben, kann eine Freud’ haben mit so „Liebe Frau“, sagte der Pfarrer, „manche Leute haben halt eine einer Brut. Krächzen sie jetzt drin das Gott wir loben dich! Und’s sonderbare Art zu beten. Zum Beispiel die Juden. Die binden, wäh- Christkindl im lockigen Haar, wenn’s von Wachs ist, das herzen sie rend sie beten, mit dem Gebetriemen an den Gliedern so herum. wie eine Spieldockn (Spielpuppe), und so ein todkranker Menschen- Andere wenden dabei im Gebetbüchel die Blätter um. Wieder ande- wurm kann unter ihren Füßen – krepieren, hätt’ ich bald gesagt. re lassen während der Ave-Maria die Rosenkranzgrallen zwischen Meiner Seel’, das ist zum Ausderhautfahren, mit diesem Gesindel, den Fingern gleiten. Nun, und unser Zimmermann tut bei seinem diesem kruzitürken himmelherrgotts Glumpert übereinand.“ Vaterunser halt Dachnägel einschlagen.“ So ging’s los beim Zimmermann und zu größerem Ausdruck warf Das Weib schlug neuerdings die Hände zusammen. „Vaterunser er die Dachbalken durcheinander, dass die Gesellen erschrocken bei- sagen Euer Hochwürden. Ich dank’ schön für so ein Vaterunser! Wie seite sprangen in der Meinung, den Meister hätte die Tobsucht über- der Mensch geflucht und sakermentiert hat während der heiligen fallen. Mette! Wenn unser Herrgott nit so barmherzig wäre! Der Erdboden Als der Mitternachtsgottesdienst vorbei war und die Leute aus der hätt’ sich müssen auftun.“ Kirche strömten, fluchte und polterte er noch immer auf dem Dache. „Ich gebe zu“, sagte der Pfarrer, „dass die Worte recht ungeschickt Da sagte einer zum anderen: „Er wird wahnsinnig, wenn wir ihm gewesen sind, aber die Meinung kann doch gut gewesen sein. Und nicht helfen und sind wir leicht auch mitschuldig an seinem Fluchen. auf das kommt es an. Euer Mann hat bei seinem Fluchen und Saker- Kommt, wir wollen helfen, in einer Stund’ ist das Dach fertig.“ mentieren sicher keinen anderen Gedanken gehabt, als wie er der Darauf stellte sich einer gar würdig hin und sagte: „Glaubst’, armen Witwe mit ihren drei Kindern das zerstörte Haus wieder her- Nachbar, dass ich so schlecht bin und am heutigen Christmorgen richten könnte und die Leute ihm dabei helfen sollten. – Wir werden knechtliche Arbeit’ verricht’?“ Dieses Wort war mit einem solchen ja alle andächtig gebetet haben in dieser Christnacht, aber ich vermu- Hochmut herausgesagt, dass es anders wirkte, als es vermeint gewe- te, dass das Gebet des Zimmermeisters mit Axt und Hammer unse- sen. „Habts’ ihn gehört?“, fragte einer der Männer. „Wie dem seine rem Herrgott am liebsten gewesen ist.“ Scheinheiligkeit ist mir alleweil noch der fluchend’ Zimmermann lie- „Und jetzt“, rief sie, „wo der Christenmensch zum Hochamt ber. Ich geh’ ihm helfen dachdecken.“ gehen soll, schläft er wie ein Murmeltier!“ Dem schlossen sich die übrigen an. Wieder wurden die Fackeln in „Lasst ihn schlafen, liebe Frau. So wie sein Werk ein Gottesdienst Brand gesteckt und neuerdings erhob sich das Pochen und Hämmern, war, so ist es nun auch seine Ruhe.“ so dass die Zimmermeisterin verzweifelt ihre Ohren zuhielt mit bei- Als das Weib den Pfarrhof verließ, wackelte sie fortwährend mit den Händen. „Nit schlafen und nit beten kann man, und ist diesen dem Kopf. Sie kann sich’s nicht reimen. Man kennt sich nimmer aus Heiden das schlecht’ Bettelweib lieber als der kleine Herr Jesus, dem auf der Welt. – Wenn sein Fluchen ein Beten war, was ist nachher ihr sie schon in der Wiegen keine Ruh’ mehr lassen. Unser Herrgott Beten? – So weit hat sie nicht mehr gedacht. „ soll’s verzeihen!“ Am Christmorgen, als die Sonne aufging, fegte noch der eisige Peter Rosegger Wind über die Dächer und über manchem Giebel tanzte noch ein Weihnachtsgeschichten Schneewölklein. Das Dach der Häuslerin aber war festgelegt und L. Staackmann Verlag KG München genagelt, im Ofen der Stube brüllte frisches Feuer und die Graben- Hardcover, 176 Seiten zenza zog mit ihren dichtvermummten Kindern wieder in ihr Heim. ISBN 3-88675-029-9 Der Zimmermeister lag mit Jacke und Stiefeln auf seinem Bett und Preis: 12,90 Eur / 23,50 sFr schnarchte, was das Zeug hielt. Sein Weib stand in der Tür und http://www.staackmann.de schaute mit Verachtung auf ihn hin. – „Jetzt liegt er da wie ein Vieh Weiters verfügbar: Als ich noch der und rührt sich nit. Dass doch immer ein Mensch gar so gottverlassen Waldbauernbub war, Waldheimat sein kann!“ Traumkünstler, Familiengeschichten, Sie selbst fand keine Ruhe. Sie war trostlos. Noch vor dem Fest- Frühlingsspaziergang, Winternacht, amte ging sie zum Pfarrer und brachte vor Weinen kein Wort hervor. Sonnenstrahlen, Abelsberger Was sie für eine unglückliche Frau sei! Einen solchen Mann zu haben! Chronik, Alpensommer, Als ich zum Rechtschaffen brav wäre er sonst, aber halt keine Religion. Deutsch Pfluge kam, Das Buch von den Kleinen, Das ewige Licht, Der gar keine Religion. Und wenn sie hundert Jahr sollt leben, diese Nacht Gottsucher, Der Schelm aus den Alpen, Die Älpler, Die könne sie nimmer vergessen. „Nit ein Vaterunser hat er gebetet, nit Försterbuben, Die Schriften des Waldschulmeisters, Erdsegen, mit einem einzigen Messgebet hat er das liebe Christkind gegrüßt. Heimgärtners Tagebuch, Jakob der Letzte, Mein Himmelreich, Was wird das einmal für ein Sterben werden bei diesem Menschen! Novellen I, II, III, Mein Weltleben, Peter Mayr – der Wirt an der Die Leut’ gehen heut’ von Haus zu Haus und sagen, ihr Lebtag hät- Mahr, Vom Urgroßvater, der auf der Tanne saß (für Kinder zum ten sie noch nie so schrecklich schelten und fluchen gehört, als in die- Selberlesen!), Tiergeschichten, Zither und Hackbrett, Volksleben in ser heiligen Nacht. Hochwürden müssen’s ja auch gehört haben, nach Steiermark und Das große Rosegger Hausbuch.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 67 / 23. 12. 2008 64 ÖJ-Reisetip Pisten für jeden Geschmack Das SalzburgerLand ist ein wahres Dorado für Wintersportler, Skifahrer und Snowboarder. Da das jeder behaupten könnte, wird diese Aussage nun mit Fakten aus den über 20 Skiregionen untermauert. Denn tatsächlich findet hier jeder genau das, was er sucht und mit Sicherheit auch seine »Lieblingspiste«. Foto: SalzburgerLand / Fritz Hauswirth

eschmäcker sind verschieden, auch was Pisten aus. Natürlich gibt es für die Großen könig hat einiges für Familen zu bieten: Elf Gdie Wahl der Skipisten für das persönli- auch die ein oder andere Herausforderung, Family-Skihütten warten mit rauchfreien che Wintervergnügen betrifft. Im Salzbur- aber der Fokus richtet sich auf die Bedürf- Bereichen, verschiedenen Kindergerichten gerLand werden so gut wie alle Wünsche nisse von kleinen Skihasen, Anfängern und zu besonders günstigen Preisen, Hochstüh- und Bedürfnisse berücksichtigt, die Winter- Wiedereinsteigern. Zu den beliebtesten Fa- len, Malunterlagen, Spielen sowie niederge- sportler haben könnten: schwarze Pisten milienskigebieten zählen das Salzburger setzten Garderoben auf die kleinen Skiha- olympischer Ausmaße, rote Abfahrtshänge, Saalachtal mit Lofer, St. Martin, Unken und sen. In den Family-Skischulen in der Region großzügige Familienpisten, schneidige Buk- Weißbach, das Raurisertal, die Skiregion Ten- Hochkönig gibt es Ermäßigungen für Fami- kelpisten und verführerische Pulverhänge nengebirge, die Skiregion Lungau, Dachstein lien, Kinderfeste, Spielunterricht ab 3 Jahren gibt es im SalzburgerLand in allen Tälern, West-Lammertal, die Region Hochkönig und als besonderes Zuckerl werden dort Ecken und Winkeln. Diese werden aktuell sowie Krispl-Gaißau/Hintersee. Diese Orte auch Babysitter vermittelt. im neuen „SalzburgerLand Skiatlas“ und haben auch abseits der Piste viel für Familien nachfolgend in einer kurzen Übersicht prä- zu bieten: in Rauris gibt es Kinderschnee- Die kleinen Hide-Aways sentiert. feste und ein spannendes Kinder-Fackel- als echte Geheimtipps rodeln, in der Skiregion Tennengebirge kön- Geheimnisse sollten ja eigentlich nicht Skigebiete für die ganze Familie nen sich Gäste zudem im Eislaufen, Schnee- verraten werden – das weiß schon jedes Kind. Die familienfreundlichen Skigebiete im schuhwandern oder Langlaufen erproben. Wir machen das trotzdem, denn es wäre ein- SalzburgerLand zeichnen sich durch be- Besonders verlockend ist auch das Angebot fach jammerschade, wenn diese kleinen, fei- sonders günstige Familientarife, Baby- und aus der Skiregion Dachstein West-Lammer- nen Wintersportorte im SalzburgerLand nie- Übungslifte, ein umfassendes Angebot an tal: wer hier nicht innerhalb von drei Tagen mand kennen würde. 21 Pistenkilometer gibt Ski- und Snowboardschulen sowie großzügi- das Skifahren erlernt, erhält unter Garantie es in der kleinen Skiregion Uttendorf-Weiß- ge, übersichtliche und leicht zu befahrende sein Geld zurück! Auch das Skigebiet Hoch- see, doch diese haben es in sich: Sie liegen

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zu den Top-Skiregionen im SalzburgerLand. Zell am See – Kaprun trumpft mit dem Glet- scherskigebiet Kitzsteinhorn auf. Mit 136 Pistenkilometern, 55 Liftanlagen, 18 Ski- und Snowboardschulen und dem internatio- nalen Flair eines traditionellen Skiortes ist die Region bei Jung und Alt beliebt. Auf- regend, jung und szenig präsentiert sich der Wintersportort Obertauern. 100 Pistenkilo- meter, absolute Schneesicherheit bis Mai und ein heißes Après-Ski erwartet Skihasen und Nachtschwärmer.

Eine feine Auswahl aus dem Oberpinzgau Sie sind die Skigebiete, die am weitesten von der Hauptstadt Salzburg entfernt sind. Doch das tut ihrer Faszination und Anzie- hungskraft keinen Abbruch: Die Skigebiete Foto: SalzburgerLand / Fritz Hauswirth Zillertal-Arena, Urlaubs-Arena Wildkogel auf rund 2.600 Meter Seehöhe und sind bis tern. Gemütliche Skihütten und die himmli- Neukirchen & Bramberg sowie Mittersill/ weit ins späte Frühjahr befahrbar. Ein Fun- sche Ruhe im Nationalpark Hohe Tauern Hollersbach-Kitzbühel bieten sowohl Ein- park beim Berghotel Rudolfshütte und machen den besonderen Charme der Region steigern als auch schneidigen Könnern beste traumhafte Tiefschneehänge lassen auch aus.Die unschlagbare Kombination aus Ski, Bedingungen für einen unvergesslichen Ski- Freerider-Herzen höher schlagen. Das Salz- Berge & Therme finden Wintersportler im urlaub. Der Skigroßraum Kitzbühel lockt kammergut kennen die meisten nur als Som- bezaubernden Gasteinertal. Berühmt wurde mit rund 168 Pistenkilometern und bietet auf merdestination: dass man hier auch in wun- Bad Gastein als Kurort, inzwischen kommt der Skisafari zahlreiche Varianten und Mög- derschöner Umgebung Skifahren kann, wis- die ganze Welt zum Skifahren hierher. 200 lichkeiten bei höchster Schneegarantie. sen die wenigsten. Das Familienskigebiet setzt Pistenkilometer, zwei moderne Thermen und Auch die Urlaubs-Arena Wildkogel gilt als sich aus den Regionen Postalm, Zwölfer- 5 Ski- und Snowboardschulen garantieren besonders schneesicheres Skigebiet und horn, Faistenau, Koppl, Hof, Thalgau und unvergessliche Skitage im Gasteinertal. kann neben 55 Pistenkilometern auch noch Ebenau zusammen. Zu den Besonderheiten eine 14 Kilometer lange Rodelbahn vorwei- zählen der „1. Snowkitepark Österreichs“ in Wintersportvergnügen der Superlative sen. Ein absolutes Highlight im Salzbur- Thalgau und der Funpark Postalm mit dem Mit 200 Kilometern bestens präparierten gerLand. Grenzenloses Skivergnügen ver- längsten überdachten Förderband Europas. Abfahrten aller Schwierigkeitsgrade, einer spricht die Zillertal-Arena, die auf 160 Pi- Weltcup-Abfahrtsstrecke, 55 Liftanlagen und stenkilometern die Bundesländer Tirol und Die großen Skigebiete von Ski amadé 19 Ski- und Snowboardschulen zählt der das SalzburgerLand verbindet. „ Sie sind das Nonplusultra des modernen Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang http://www.salzburgerland.com Wintersports: die Skigebiete von Ski amadé, Österreichs größtem Skivergnügen mit 860 Pistenkilometern und 270 Liftanlagen. Olym- pische Ausmaße erwartet Wintersportler in der Salzburger Sportwelt mit den Orten Flach- au, Wagrain, St. Johann-Alpendorf, Radstadt, Altenmarkt-Zauchensee, Kleinarl, Eben, Filzmoos und Hüttau. Skistars wie Hermann Maier oder Michael Walchhofer haben auf den 350 Pistenkilometern das Skifahren erlernt. Wir wissen, was draus geworden ist! Imposant präsentiert sich auch die Re- gion Hochkönig mit den Orten Mühlbach – Dienten – Maria Alm. Vor der Kulisse des mächtigen Hochkönigs kann auf 150 Pisten- kilometern sowohl tagsüber als auch nachts bei Flutlicht dem Pistenspaß gefrönt werden. Das Skigebiet verfügt zudem über das Qua- litätsgütesiegel „Welcome Beginners.“ Etwas beschaulicher präsentiert sich das

Skigebiet Großarltal mit 80 Pistenkilome- Foto: SalzburgerLand / Fritz Hauswirth

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